Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar: Band 9/1 §§ 263-266b [12. Aufl.] 9783899498677, 9783899497861

Der 'Leipziger Kommentar' bietet als der traditionelle Großkommentar zum Strafgesetzbuch die umfassendste Dars

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Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
ERLÄUTERUNGEN
BESONDERER TEIL. Zweiundzwanzigster Abschnitt Betrug und Untreue
Vor §§ 263 ff Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b
Vor § 263 Vorbemerkungen Vor § 263
§ 263 Betrug
§ 263a Computerbetrug
§ 264 Subventionsbetrug
§ 264a Kapitalanlagebetrug
§ 265 Versicherungsmißbrauch
§ 265a Erschleichen von Leistungen
§ 265b Kreditbetrug
§ 266 Untreue
§ 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
§ 266b Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten
Sachregister
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Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar: Band 9/1 §§ 263-266b [12. Aufl.]
 9783899498677, 9783899497861

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Großkommentare der Praxis

Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar

Großkommentar 12., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von

Heinrich Wilhelm Laufhütte Ruth Rissing-van Saan Klaus Tiedemann

Neunter Band §§ 263 bis 283d

1. Teilband §§ 263 bis 266b Bearbeiter: §§ 263, 264, 265, 265a, 265b: Klaus Tiedemann § 263a: Klaus Tiedemann/Brian Valerius § 264a: Klaus Tiedemann/Joachim Vogel § 266: Bernd Schünemann §§ 266a, 266b: Manfred Möhrenschlager

De Gruyter

Stand der Bearbeitung: Oktober 2011

Redaktor: Klaus Tiedemann

ISBN 978-3-89949-786-1 e-ISBN 978-3-89949-867-7

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Datenkonvertierung/Satz: Werksatz Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Verzeichnis der Bearbeiter der 12. Auflage Dr. Dietlinde Albrecht, Referentin im Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin Gerhard Altvater, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Georg Bauer, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Gerhard Dannecker, Universitätsprofessor an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Dr. Karlhans Dippel, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a.D., Kronberg i.Ts. Dr. Robert Esser, Universitätsprofessor an der Universität Passau Dr. Klaus Geppert, em. Universitätsprofessor an der Freien Universität Berlin Dr. Ferdinand Gillmeister, Rechtsanwalt, Freiburg Duscha Gmel, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Michael Grotz, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a.D., Nationales Mitglied von Eurojust, Den Haag Dr. Georg-Friedrich Güntge, Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig Joachim Häger (†), Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Ernst-Walter Hanack, em. Universitätsprofessor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Universitätsprofessor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp, Universitätsprofessor an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Dr. Tatjana Hörnle, Universitätsprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Kristian Hohn, Wissenschaftlicher Assistent an der Bucerius Law School Hamburg Dr. Jutta Hubrach, Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf Dr. Florian Jeßberger, Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Stefan Kirsch, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Dr. Peter König, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der LudwigMaximilians-Universität München Juliane Krause, Staatsanwältin als Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft Hof Dr. Matthias Krauß, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Christoph Krehl, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Perdita Kröger, Regierungsdirektorin im Bundesministerium der Justiz, Berlin Dr. Hans Kudlich, Universitätsprofessor an der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg Annette Kuschel, Richterin am Landgericht Hamburg Heinrich Wilhelm Laufhütte, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Berlin Dr. Hans Lilie, Universitätsprofessor an der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg Dr. Manfred Möhrenschlager, Ministerialrat a.D., Bonn

V

Verzeichnis der Bearbeiter der 12. Auflage

Dr. Jens Peglau, Richter am Oberlandesgericht, Hamm Dr. Andreas Popp, Privatdozent an der Universität Passau Dr. Ruth Rissing-van Saan, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof a.D., Bochum, Honorarprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum Dr. Thomas Rönnau, Universitätsprofessor an der Bucerius Law School Hamburg Ellen Roggenbuck, Richterin am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Henning Rosenau, Universitätsprofessor an der Universität Augsburg Dr. Wolfgang Ruß, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Wilhelm Schluckebier, Richter am Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe Johann Schmid, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Wilhelm Schmidt, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Hendrik Schneider, Universitätsprofessor an der Universität Leipzig Dr. Heinz Schöch, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Dres. h.c. Friedrich-Christian Schroeder, em. Universitätsprofessor an der Universität Regensburg Dr. Dr. h.c. mult. Bernd Schünemann, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Christoph Sowada, Universitätsprofessor an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Werner Theune, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Tiedemann, em. Universitätsprofessor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Dr. Brian Valerius, Universitätsprofessor an der Universität Bayreuth Dr. Joachim Vogel, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Richter am Oberlandesgericht München Dr. Dr. Thomas Vormbaum, Universitätsprofessor an der Fern-Universität Hagen Dr. Tonio Walter, Universitätsprofessor an der Universität Regensburg Dr. Thomas Weigend, Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Dr. Gerhard Werle, Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Hagen Wolff, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a.D., Celle Dr. Frank Zieschang, Universitätsprofessor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

VI

Vorwort Der erste Teil von Band 9 enthält die Erläuterungen des 22. Abschnitts des Strafgesetzbuchs. Betrug und Untreue bilden zusammen mit ihren „Sondertatbeständen“ (zur Terminologie Fußnote 70 Vor § 263) zentrale Pfeiler des Wirtschaftsstrafrechts. Dies wird an massenhaften Begehungsweisen und Großschädigungen kriminalistisch-prozessual sichtbar (vgl. §§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 und 2, 263a Abs. 2, 264 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 266 Abs. 2, 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB, auch § 74c Abs. 1 Nr. 6a GVG) und dogmatisch an der Sonderdeliktsnatur einiger sowie an spezifischen Tatobjekten, Tatmitteln und Tatopfern weiterer Straftatbestände deutlich. Den Betrug versteht die Kommentierung als schädigende Vermögensverschiebung aufgrund kommunikativer Täuschung, also als eigenständige Figur des Besonderen Teils. Vermögen und Vermögensschaden werden mit der neueren Rechtsprechung als (bewertungsbedürftige) ökonomische Erscheinungen in einem normativen Rahmen gesehen. Verstärkt Berücksichtigung finden im Verhältnis zur Vorauflage – entsprechend den Schwerpunkten der heutigen Wirtschaftskriminologie – ärztliche Abrechnungsmanipulationen, geheime Absprachen im Bau- und sonstigen Beschaffungswesen, Bilanz- und Geschäftslagetäuschungen beim Unternehmensverkauf, Kapitalanlageschwindel (auch nach § 264a), Sport- sowie Sozialleistungs- und Subventionsbetrug, letzterer auch nach § 264, dessen Legitimation ebenso wie die des § 264a und des § 265b angesichts anhaltender Angriffe des Schrifttums erneut verteidigt wird. Ähnlich werden (auch bei § 263a) Betrügereien in kartengestützten Zahlungssystemen und im Internet ausführlicher behandelt. – Rechtsvergleichend wird die besondere Weite des deutschen Betrugsverständnisses hervorgehoben (vgl. bereits Tiedemann, in BGH-Festgabe Bd. IV S. 551, 555 f), so dass interpretatorischen Einschränkungstendenzen, neuerdings aus dem EU-Werberecht, besondere Bedeutung zukommt. Die Untreue wird in betontem Bestreben der Erläuterungen nach dogmatischer Durchdringung als schädigende Ausübung eingeräumter Herrschaft über fremdes Vermögen definiert, die Herrschaft als Obhutsgarantenstellung interpretiert. Dabei lehnt sich die Bestimmung förmlicher Rechtsmacht an das Zivilrecht an, während die tatsächliche Herrschaft wesentlich auf die Abwesenheit von Kontrolle gegründet wird. Der Rückgriff auf den Allgemeinen Teil führt in diesem Verständnis dazu, dass die Pflicht(widrigkeit) entsprechend der Behandlung der Garantenpflicht nicht zum Tatbestand gehört, der nur vorsätzliche Schädigung des anvertrauten Vermögens bzw. bei unentgeltlichen Verfügungen – wie allgemein im französischen Gesellschaftsstrafrecht – des Interesses des Geschäftsherrn verlangt. Für einschränkende Kriterien wie die Schwere des Pflichtverstoßes, vom portugiesischen Código penal für den Untreuetatbestand ausdrücklich hervorgehoben, bleibt damit kein Raum. – Von hoher Aktualität ist die Auseinandersetzung mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, zu dem sich bei dem zugrunde gelegten Untreuekonzept keine Friktionen ergeben, und mit dem vor und während der Finanzmarktkrise von 2008 gezeigten Bankenverhalten, das als Erfüllung des objektiven Straftatbestandes des § 266 gedeutet wird. Besonderer Beachtung sicher dürften auch die ausformulierten Gesetzgebungsvorschläge zur Amtsuntreue sein.

VII

Vorwort

Bei dem Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen und dem Veruntreuen von Teilen des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber folgen aus der neueren Wirtschaftskriminologie Vertiefungen der Kommentierung in Fragen der Entsendung und Überlassung von Arbeitnehmern, der Beurteilung faktischer und illegaler Beschäftigung, insbesondere bei Scheingestaltungen, schließlich der Unmöglichkeit oder der Kollision der Zahlung mit § 64 GmbHG bei drohender oder eingetretener Insolvenz des Arbeitgebers. Zum Kreditkartenmissbrauch ist besonderer Wert auf eine aktuelle Darstellung der einzelnen Kartensysteme als Instrumenten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs gelegt. In Anlehnung an ausländische Regelungen wird de lege ferenda Einbeziehung der DebetKarten in § 266b StGB empfohlen. Ein Wechsel der Bearbeiter hat nur bei §§ 266a, 266b StGB stattgefunden. Hier gilt Günter Gribbohm der aufrichtige Dank des Verlages und der Herausgeber für seine Erstkommentierungen, die in den Erläuterungen von Manfred Möhrenschlager fortwirken. Bei § 263a StGB hat Brian Valerius, bei § 264a StGB Joachim Vogel den Mitherausgeber bei der Aktualisierungsarbeit in ebenfalls dankenswerter Weise unterstützt. Der hiermit vorgelegte Teilband befindet sich durchweg auf dem Bearbeitungsstand von Oktober 2011. Berücksichtigt werden konnten damit bei § 264a noch das Vermögensanlagengesetz 2011 und bei § 266a die seit diesem Jahr geltenden und für 2012 vorgesehenen Änderungen des Arbeits- und Sozialrechts, ferner bei der Darstellung der Auslandsrechte die Neuerungen des spanischen Código penal von Ende 2010 sowie selbstverständlich die bemerkenswerte Teilkodifizierung – auch der Untreue – im britischen Fraud Act 2006 mit seinem weiten internationalen Geltungsbereich, der auch vom deutschen Rechts- und Geschäftsverkehr Beachtung fordert. Freiburg im Breisgau, November 2011

VIII

Klaus Tiedemann

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV

ERLÄUTERUNGEN BESONDERER TEIL Zweiundzwanzigster Abschnitt Betrug und Untreue Vor §§ 263 ff Vor § 263 § 263 § 263a § 264 § 264a § 265 § 265a § 265b § 266 § 266a § 266b Sachregister

Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b . . . . . Vorbemerkungen Vor § 263 . . . . . . . . . . . Betrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Computerbetrug . . . . . . . . . . . . . . . . Subventionsbetrug . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalanlagebetrug . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsmißbrauch . . . . . . . . . . . . Erschleichen von Leistungen . . . . . . . . . . Kreditbetrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten . . .

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1 7 66 340 405 494 556 576 605 653 880 962 1005

IX

Abkürzungsverzeichnis AA aA aaO AbfG AbfVerbrG Abg. AbgO abgedr. Abk. abl. ABl. AblEU AblKR Abs. Abschn. abw. AbwAG AcP AdVermiG

AE a.E. AEUV ÄndG ÄndVO a.F. AFG AfP AG AGBG/AGB-Gesetz AHK AIDP AktG AktO allg. allg. M. Alt. aM A&M AMG

Auswärtiges Amt anderer Ansicht am angegebenen Ort Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) Gesetz über die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsgesetz) Abgeordneter Reichsabgabenordnung abgedruckt Abkommen ablehnend Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Union (ab 2003); Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften Amtsblatt des Kontrollrats Absatz Abschnitt abweichend Abwasserabgabengesetz Archiv für civilistische Praxis (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern (Adoptionsvermittlungsgesetz) Alternativ-Entwurf eines StGB, 1966 ff am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Änderungsgesetz Änderungsverordnung alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Archiv für Presserecht Amtsgericht; in Verbindung mit einem Gesetz: Ausführungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Alliierte Hohe Kommission Association Internationale de Droit Pénal Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften (Aktenordnung) allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Arzneimittel und Recht (Zeitschrift für Arzneimittel und Arzneimittelpolitik) Arzneimittelgesetz

XI

Abkürzungsverzeichnis amtl. Begr. and. Angekl. Anh. AnhRügG Anl. Anm. Annalen AnwBl. ao AO 1977 AöR AOStrÄndG AP AR ArchKrim. ArchPF ArchPR ArchPT ARSP Art. AT AtG/AtomG AÜG Auff. aufgehob. Aufl. Aufs. AuR ausdrückl. ausführl. AusfVO ausl. AuslG AusnVO ausschl. AV AVG AWG AWG/StÄG Az. b. BA BAG BAGE BAK BÄK BÄO BAnz.

XII

amtliche Begründung anders Angeklagte(r) Anhang Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) Anlage Anmerkung Annalen des Reichsgerichts Anwaltsblatt außerordentlich Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts) Arztrecht Archiv für Kriminologie Archiv für das Post- und Fernmeldewesen Archiv für Presserecht Archiv für Post und Telekommunikation Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Artikel Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuches Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auffassung aufgehoben Auflage Aufsatz Arbeit und Recht ausdrücklich ausführlich Ausführungsverordnung ausländisch Ausländergesetz Ausnahmeverordnung ausschließlich Allgemeine Verfügung Angestelltenversicherungsgesetz Außenwirtschaftsgesetz Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze Aktenzeichen bei Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und die juristische Praxis Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Blutalkoholkonzentration Bundesärztekammer Bundesärzteordnung Bundesanzeiger

Abkürzungsverzeichnis BauFordSiG BauGB BauR Bay. BayBS BayLSG BayObLG BayObLGSt BayVBl. BayVerf. BayVerwBl. BayVerfGHE BayVGH BayVGHE

BayZ BB BBG BBodSchG Bd., Bde BDH BDO BDSG Bearb. BeckRS begl. BegleitG zum TKG Begr., begr. Bek. Bekl., bekl. Bem. ber. bes. Beschl. Beschw. Bespr. Best. BestechungsVO bestr. betr. BeurkG BewH BezG BFH BFHE BfJG

BG BGB BGBl. I, II, III

Bauforderungssicherungsgesetz Baugesetzbuch Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht Bayern, bayerisch Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts (1802–1956) Bayerisches Landessozialgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Bayerische Verwaltungsblätter Verfassung des Freistaates Bayern Bayerische Verwaltungsblätter s. BayVGHE Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, des Bayerischen Dienststrafhofs und des Bayerischen Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (1905–1934) Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz) Band, Bände Bundesdisziplinarhof Bundesdisziplinarordnung Bundesdatenschutzgesetz Bearbeitung Beck-Rechtsprechung beglaubigt Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz Begründung, begründet Bekanntmachung Beklagter, beklagt Bemerkung berichtigt besonders, besondere(r, s) Beschluss Beschwerde Besprechung Bestimmung Bestechungsverordnung bestritten betreffend Beurkundungsgesetz Bewährungshilfe Bezirksgericht Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Justiz = Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamtes für Justiz Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I, II und III

XIII

Abkürzungsverzeichnis BGE BGH BGHGrS BGHR BGHSt BGHZ BG Pr. BilMoG BImSchG BImSchVO BinnSchiffG/BinSchG BiRiLiG BJagdG BJM BK BKA BKAG/BKrimAG BlStSozArbR Bln. Bln.GVBl.Sb. Blutalkohol BMI BMJ BNatSchG BNotÄndG BNotO BR BRAGO BRAK BranntwMG/BranntwMonG BRAO BRAOÄndG BRD BR-Drs./BRDrucks. BReg. Brem. BRProt. BRRG BRStenBer. BS BSeuchG BSG BSGE BSGE

XIV

Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Großer Senat BGH-Rechtsprechung Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Die Praxis des Bundesgerichts (Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts) Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundes-Immissionsschutzverordnung Gesetz betr. die privatrechtlichen Verhältnisses der Binnenschifffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) Bilanzrichtlinien-Gesetz Bundesjagdgesetz Basler Juristische Mitteilungen Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch; auch: Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bundeskriminalamt Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) Blätter für Steuern, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Berlin Sammlung des bereinigten Berliner Landesrechts, Sonderband I (1806 –1945) und II (1945–1967) Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und juristische Praxis Bundesminister(ium) des Inneren Bundesminister(ium) der Justiz Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) Drittes Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze Bundesnotarordnung Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltskammer Branntweinmonopolgesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentrechtsanwaltsordnung und anderer Gesetze Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bremen Protokolle des Bundesrates Beamtenrechtsrahmengesetz Verhandlungen des Bundesrates, Stenographische Berichte (zit. nach Sitzung u. Seite) Sammlung des bereinigten Landesrechts Bundes-Seuchengesetz Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts (zit. nach Band u. Seite) Entscheidungen des Bundessozialgerichts

Abkürzungsverzeichnis BSHG Bsp. BStBl. BT BT-Drs./BTDrucks. BtMG

bzw.

Bundessozialhilfegesetz Beispiel Bundessteuerblatt Besonderer Teil des StGB; auch: Bundestag Bundestags-Drucksache Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des deutschen Bundestages, Stenographische Berichte (zit. nach Wahlperiode u. Seite) Verhandlungen des Deutschen Bundestages Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beitragsverfahrensverordnung (Bundes-)Verwaltungsverfahrensgesetz Baden-Württemberg bezüglich Bundeszentralregister Gesetz über das Bundeszentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) beziehungsweise

ca. CCZ ChemG CR CWÜAG

circa Corporate Compliance Zeitschrift Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz) Computer und Recht AusführungsG zum Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ-AG)

DA DÄBl. dagg. DAR DAV DB DDevR DDR DDT-G DepotG

Deutschland Archiv Deutsches Ärzteblatt dagegen Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb Deutsche Devisen-Rundschau (1951–1959) Deutsche Demokratische Republik Gesetz über den Verkehr mit DDT Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) derselbe/dieselbe dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung das heißt dieselbe(n) Differenzierung, differenzierend Dissertation Deutsche Justiz, Rechtspflege und Rechtspolitik Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (1896–1936) Deutsche Medizinische Wochenschrift

BTProt. BTRAussch. BTStenBer. BTVerh. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BVV BVwVfG BW bzgl. BZR BZRG

ders./dies. dgl. DGVZ d.h. dies. Diff., diff. Diss. DJ DJT DJZ DMW

XV

Abkürzungsverzeichnis DNA-AnalysG DNutzG DÖV DOGE DR DRechtsw. DRiB DRiG DRiZ DRM DRpfl. Drs./Drucks. DRsp. DRZ DSB DStrR DStR DStrZ DStZ A dt. DtZ DuD DuR DV DVBl. DVJJ DVO DVollzO DVP DVR DWW DZWIR E E 1927 E 62 EAO ec ebd. ebso. EBM ed(s) EDV EEGOWiG EEGStGB EFG EG EGBGB

XVI

Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse Gesetz zur effektiven Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften Die Öffentliche Verwaltung Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Recht, Wochenausgabe (vereinigt mit Juristische Wochenschrift) (1931–1945) Deutsche Rechtswissenschaft (1936 –1943) Deutscher Richterbund Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht, Monatsausgabe (vereinigt mit Deutsche Rechtspflege) Deutsche Rechtspflege (1936–1939) Drucksache Deutsche Rechtsprechung, hrsg. von Feuerhake (Loseblattsammlung) Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946–1950) Datenschutzberater Deutsches Steuerrecht Deutsches Strafrecht (1934–1944); jetzt: Deutsches Steuerrecht Deutsche Strafrechts-Zeitung (1914–1922) Deutsche Steuerzeitung, bis Jg. 67 (1979): Ausgabe A deutsch Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit Demokratie und Recht Datenverarbeitung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Deutsche Verwaltungspraxis Datenverarbeitung im Recht (bis 1985, danach vereinigt mit IuR) Deutsche Wohnungswirtschaft Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entwurf; auch: Entscheidung Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches nebst Begründung (Reichstagsvorlage) 1927 Entwurf eines Strafgesetzbuches mit Begründung 1962 Entwurf einer Abgabenordnung electronic cash ebenda ebenso Einheitlicher Bewertungsmaßstab editor(s) Elektronische Datenverarbeitung Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) Entscheidungen der Finanzgerichte Einführungsgesetz bzw. Europäische Gemeinschaft(en) bzw. Erinnerungsgabe Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis EG-FinanzschutzG/ EGFinSchG EGGVG EGH/EhrenGHE EGInsO EGInsOÄndG EGKS EGMR EGOWiG EGStGB EGStPO EGV EheG ehem. Einf. eingeh. einschl. einschr. Einl. EJF EKMR EmmingerVO EMRK entgg. Entsch. entspr. Entw. Erg. ErgBd. ErgThG Erl. Erw. ESchG EssGespr. EStG etc. Ethik Med. ETS EU EU-ABl EUBestG

EuCLR eucrim EuGH EuGHE EuGRZ EuHbG

Gesetz zum Übereinkommen v. 26.8.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Ehrengerichtliche Entscheidungen der Ehrengerichtshöfe der Rechtsanwaltschaft des Bundesgebiets und des Landes Berlin Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ehegesetz ehemalig Einführung eingehend einschließlich einschränkend Einleitung Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht (1951–1969) Europäische Kommission für Menschenrechte Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege Europäische Menschenrechtskonvention entgegen Entscheidung entsprechend Entwurf Ergebnis bzw. Ergänzung Ergänzungsband Ergotherapeutengesetz Erläuterung Erwiderung Embryonenschutzgesetz Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Einkommensteuergesetz et cetera Ethik in der Medizin European Treaty Series Europäische Union Amtsblatt der Europäischen Union Gesetz zum Protokoll v. 27.9.1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EU-Bestechungsgesetz) European Criminal Law Review The European Criminal Law Associations’ Forum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – Amtliche Sammlung Europäische Grundrechte-Zeitschrift Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG)

XVII

Abkürzungsverzeichnis EuR EurGHMR EurKomMR europ. EuropolG EUV EuZW EV

EV I bzw. II evtl. EWG EWGV EWIR EWiV EWR EzSt

f, ff FA FAG FamRZ FAO FAZ Festschr. FG FGG FGO fin. FinDAG FinVerwG/FVG FlaggRG/FlRG FLF FlRV FMStG Fn. Forens Psychiatr Psychol Kriminol Fortschr Neurol Psychiat fragl. FS G bzw. Ges. G 10 GA GAA GBA GBG

XVIII

Europarecht Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Kommission für Menschenrechte europäisch Europol-Gesetz Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag Anlage I bzw. II zum EV eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Schriftenreihe zum europäischen Weinrecht; auch: Europäischer Wirtschafts-Raum Entscheidungssammlung zum Straf- u. Ordnungswidrigkeitenrecht, hrsg. von Lemke folgende, fortfolgende Fachanwalt für Arbeitsrecht Gesetz über Fernmeldeanlagen Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung Frankfurter Allgemeine Zeitung Festschrift Finanzgericht; auch: Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung finanziell Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Gesetz über die Finanzverwaltung Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) Finanzierung, Leasing, Factoring Flaggenrechtsverordnung Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fußnote Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie Fortschritte der Neurologie. Psychiatrie fraglich Festschrift Gesetz Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, zit. nach Jahr u. Seite (bis 1933: Archiv für Strafrecht und Strafprozeß, zit. nach Band u. Seite) Geldausgabeautomat Generalbundesanwalt Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter

Abkürzungsverzeichnis GBl. GbR GebFra GedS gem. Gemeinsame-Dateien-Gesetz GenG GenStA GerS GeschlKG/GeschlkrG GeschO gesetzl. GesO GesR GesRZ GewArch GewO GewVerbrG gg. GG ggf. GjS/GjSM GKG GKÖD gl. GmbHG GmbHR/GmbH-Rdsch GMBl. GnO GOÄ GoB GoBi grdl. grds. GrS GrSSt GRUR GS GSNW GSSchlH GÜG

GV GVBl. GVBl. I–III GVG GWB

Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts Geburtshilfe und Frauenheilkunde Gedächtnisschrift gemäß Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Generalstaatsanwalt Der Gerichtssaal Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Geschäftsordnung gesetzlich Gesamtvollstreckungsordnung Gesundheitsrecht (Zeitschrift für Arztrecht, Krankenrecht, Apotheken- und Arzneimittelrecht) Der Gesellschafter Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung gegen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte Gerichtskostengesetz Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht gleich Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (vorher: Rundschau für GmbH) Gemeinsames Ministerialblatt Gnadenordnung (Landesrecht) Gebührenordnung für Ärzte Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung grundlegend grundsätzlich Großer Senat Großer Senat in Strafsachen Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Der Gerichtssaal (zit. nach Band u. Seite); auch: Gedächtnisschrift Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen (1945–1956) Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts, 2 Bde (1963) Gesetz zur Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln mißbraucht werden können Gemeinsame Verfügung (mehrerer Ministerien) (auch: Grundlagenvertrag) Gesetz- und Verordnungsblatt Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

XIX

Abkürzungsverzeichnis GwG

Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz)

h.A. HaagLKO/HLKO

herrschende Ansicht Haager Abkommen betr. die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs Heimarbeitsgesetz Halbsatz Hamburg Hamburgisches Justizverwaltungsblatt Hannoversche Rechtspflege Hanseatisch Hanseatische Gerichtszeitung (1889–1927) Hanseatisches Justizverwaltungsblatt (bis 1946/47) Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Strafsachen (1879–1932/33) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (1928– 43), vorher: Hanseatische Rechtszeitschrift für Handel, Schiffahrt und Versicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen sowie für Hansestädtisches Recht (1918–1927) Handbuch Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) Hessen Höchstrichterliche Entscheidungen, Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Strafsachen (1948– 49) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch hinsichtlich Hinweis herrschende Lehre herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Strafrechts, Beilage zur Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (1 zu Bd. 46, 2 zu Bd. 47, 3 zu Bd. 48) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Herausgeber bzw. herausgegeben herrschende Rechtsprechung Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann (Hrsg.) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts

HAG Halbs./Hbs. Hamb. HambJVBl HannRpfl Hans. HansGZ bzw. HGZ HansJVBl HansOLGSt HansRGZ HansRZ

Hdb. HdbStR HeilPrG Hess. HeSt

HFR HGB hins. Hinw. h.L. h.M. HöchstRR

HRR HRRS Hrsg. bzw. hrsg. h. Rspr. HWiStR

i. Allg. i. allg. S. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E./i. Erg. i.e.S. IGH i. gl. S.

XX

im Allgemeinen im allgemeinen Sinne in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Internationaler Gerichtshof im gleichen Sinne

Abkürzungsverzeichnis i. Grds. IHK i.H.v. ILC ILM IM IMT inl. insb./insbes. insges. InsO IntBestG inzw. IPBPR i.R.d. i.R.v. IStGH-Statut IStR i.S. i.S.d. i.S.e. IStGH i.S.v. i. techn. S. ITRB i.U. i. Üb. IuKDG

IuR iuris iurisPR i.V.m. i.W. i.w.S. i.Z.m. JA JahrbÖR JahrbPostw. JA-R JAVollzO JBeitrO JBl. JBlRhPf. JBl Saar JbVerkR jew. JFGErg.

JGG JK

im Grundsatz Industrie- und Handelskammer in Höhe von International Law Commission International Legal Materials Innenminister(ium) International Military Tribunal (Nürnberg) inländisch insbesondere insgesamt Insolvenzordnung Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung inzwischen Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Rahmen der/des im Rahmen von Internationaler Strafgerichtshof – Statut Internationales Strafrecht im Sinne im Sinne der/des im Sinne einer(s) (ständiger) Internationaler Strafgerichtshof (Den Haag) im Sinne von im technischen Sinne IT-Rechtsberater im Unterschied im Übrigen Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) Informatik und Recht Rechtsportal der iuris-GmbH iuris-Praxis-Report (Anmerkungen) in Verbindung mit im Wesentlichen im weiteren Sinne im Zusammenhang mit Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jahrbuch des Postwesens (1937–1941/42) Juristische Arbeitsblätter – Rechtsprechung Jugendarrestvollzugsordnung Justizbeitreibungsordnung Justizblatt; auch: Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes Jahrbuch Verkehrsrecht jeweils Entscheidungen des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts München in Kosten-, Straf-, Miet- und Pachtschutzsachen (= Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts. ErgBd.) Jugendgerichtsgesetz Jura-Kartei

XXI

Abkürzungsverzeichnis JKomG JM JMBlNRW/JMBlNW JÖSchG JOR JR JRE JSt JStGH JStGH-Statut 1. JuMoG 2. JuMoG JurA Jura JurBl./JBl. JurJahrb. JurPC JuS Justiz JuV JVA JVBl. JVKostO JVollz. JW JWG JZ JZ-GD Kap. KastG/KastrG KE KFG Kfz. KG KGJ

Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz) Justizminister(ium) Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit Jahrbuch für Ostrecht Juristische Rundschau Jahrbuch für Recht und Ethik Journal für Strafrecht Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien – Statut Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristische Blätter Juristen-Jahrbuch Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht Juristische Schulung, Zeitschrift für Studium und Ausbildung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums von Baden-Württemberg Justiz und Verwaltung Justizvollzugsanstalt Justizverwaltungsblatt Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung Jugendstrafvollzugsordnung; s. auch JAVollzO Juristische Wochenschrift Jugendwohlfahrtsgesetz Juristenzeitung Juristenzeitung – Gesetzgebungsdienst

Kapitel Gesetz über die freiwillige Kastration Kommissionsentwurf Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen Kraftfahrzeug Kammergericht bzw. Kommanditgesellschaft Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881–1922) KindRG Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts KJ Kritische Justiz KKZ Kommunal-Kassen-Zeitschrift KO Konkursordnung KOM (EU-)Kommission KorBekG/KorrBekG/KorrBG Gesetz zur Bekämpfung der Korruption K&R Kommunikation und Recht KRABl. s. ABlKR KreditwesenG/KWG Gesetz über das Kreditwesen KRG Kontrollratsgesetz KriegswaffKG/KWKG Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen KrimAbh. Kriminalistische Abhandlungen, hrsg. von Exner

XXII

Abkürzungsverzeichnis KrimGwFr Kriminalistik KrimJournal krit. KritJ/Krit. Justiz KritV/KritVj KrW-/AbfG

KTS KunstUrhG/KUrhG KuT KuV/k+v/K+V KWG LegPer. LFGB LG LKRZ lit. Lit. LM LMBG

LPG LPK LRA LRE LS lt. LT Ltd. LuftSiG LuftVG LuftVO/LuftVVO LuftVZO LVerf. LZ m. m. Anm. Mat. m.a.W. m. Bespr. MdB MdL

Kriminologische Gegenwartsfragen (zit. nach Band u. Seite) Kriminalistik, Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis Kriminologisches Journal kritisch Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz) Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (jetzt: Zeitschrift für Insolvenzrecht) Kunsturhebergesetz Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kraftfahrt und Verkehrsrecht, Zeitschrift der Akademie für Verkehrswissenschaft, Hamburg s. KreditwesenG Legislaturperiode Lebens- und Futtermittelgesetzbuch Landgericht Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen/RheinlandPfalz/Saarland littera (Buchstabe) Literatur Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. v. Lindenmaier/Möhring u.a. (zit. nach Paragraph und Nummer) Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) Landespressegesetz Lehr- und Praxiskommentar Landratsamt Sammlung lebensmittelrechtlicher Entscheidungen Leitsatz laut Landtag Limited (Private company limited by shares) Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben (Luftsicherheitsgesetz) Luftverkehrgesetz Verordnung über den Luftverkehr Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Landesverfassung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907–1933) mit mit Anmerkung Materialien zur Strafrechtsreform (1954). Band I: Gutachten der Strafrechtslehrer. Band II: Rechtsvergleichende Arbeiten mit anderen Worten mit Besprechung Mitglied des Bundestages Mitglied des Landtages

XXIII

Abkürzungsverzeichnis MDR MDStV MedR MedSach MfS mit Nachw. MiStra mißverst./missverst. Mitt. MittIKV MK m. krit. Anm. MMR MMW MoMiG MRG MschrKrim./MonKrim. MschrKrimBiol/ MonKrimBiol. MschrKrimPsych/ MonKrimPsych. MStGO m.w.N. m. zust./abl. Anm. Nachtr. Nachw. NATO-Truppenstatut/NTS

Nds. NdsRpfl./Nds.Rpfl NEhelG n.F. Niederschr./Niederschriften Nieders.GVBl. (Sb. I, II) NJ NJOZ NJW NJW-CoR NJW-RR NK NKrimP NPA Nr.(n) NRW NStE NStZ NStZ-RR NuR

XXIV

Monatsschrift für Deutsches Recht Staatsvertrag über Mediendienste Medizinrecht Der Medizinische Sachverständige Ministerium für Staatssicherheit mit Nachweisen Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen mißverständlich/missverständlich Mitteilung Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung (1889–1914; 1926–1933) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch mit kritischer Anmerkung (von) MultiMedia und Recht Münchner Medizinische Wochenschrift Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Militärregierungsgesetz Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Monatsschrift für Kriminalbiologie und Strafrechtsreform Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform (1904/05–1936) Militärstrafgerichtsordnung mit weiteren Nachweisen mit zustimmender/ablehnender Anmerkung Nachtrag Nachweis Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags v. 19.6.1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) Niedersachsen Niedersächsische Rechtspflege Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder neue Fassung Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Sonderband I und II, Sammlung des bereinigten niedersächsischen Rechts Neue Justiz Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Computerreport der Neuen Juristischen Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Neue Kriminalpolitik Neues Polizei-Archiv Nummer(n) Nordrhein-Westfalen Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht, hrsg. von Rebmann, Dahs und Miebach Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht Natur und Recht

Abkürzungsverzeichnis NVwZ NWB NWVBl NZA NZA-RR NZBau NZG NZI NZM NZS NZV NZWehrr/NZWehrR NZWiSt

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht NZA-Rechtsprechungsreport Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht

o. o.ä. ob. dict. OBGer öffentl. OECD ÖJZ/ÖstJZ Öst OGH

OVG OWiG

oben oder ähnlich obiter dictum Obergericht (Schweizer Kantone) öffentlich Organisation for Economic Cooperation and Development Österreichische Juristenzeitung Österreichischer Oberster Gerichtshof; ohne Zusatz: Entscheidung des Öst OGH in Strafsachen (zit. nach Band und Seite) oben genannt Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR Oberster Gerichtshof (Österreich) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen (1949/50) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- u. Strafverfahrensrecht (zit. nach Paragraph u. Seite, n.F. nach Paragraph u. Nummer) Obligationenrecht (Schweiz) ohne Rechnung Organisierte Kriminalität Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

PartG PartGG PatG PAuswG PersV PflanzenSchG/PflSchG PharmR PHI PIF PIN PlProt. PolG

Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Gesetz über Personalausweise Die Personalverwaltung Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) PharmaRecht Produkthaftpflicht International Protection des Intérêts Financiers (EU) Personal Identification Number Plenarprotokoll Polizeigesetz

o.g. OG OGDDR OGH OGHSt OHG OLG OLGSt OR o.R. OrgK OrgKG OrgKVerbG

XXV

Abkürzungsverzeichnis polit. Polizei PolV/PolVO PostG PostO Pr. PrG PrGS ProdSG Prot.

PTV PVT

politisch Die Polizei (seit 1955: Die Polizei – Polizeipraxis) Polizeiverordnung Gesetz über das Postwesen (Postgesetz) Postordnung Preußen Pressegesetz Preußische Gesetzessammlung (1810–1945) Produktsicherheitsgesetz Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform Preußisches Obertribunal Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz Protokolle des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (zit. nach Nummern) Preußisches Oberverwaltungsgericht Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk Personenstandsgesetz Praxis Steuerstrafrecht psychisch Gesetz über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PsychotherapeutenG) Polizei, Technik, Verkehr Polizei, Verkehr und Technik

qualif.

qualifizierend

R

Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (zit. nach Band u. Seite) Recht und Psychiatrie Reichsabgabenordnung Rechtsausschuß/Rechtsausschuss Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung Recht der Arbeit Runderlaß/Runderlass Recht der Jugend und des Bildungswesens Das Recht des Kraftfahrers, Unabhängige Monatsschrift des Kraftverkehrsrechts (1926– 43, 1949–55) Randnummer Rundschreiben Entscheidungen des Reichsdienststrafhofs (1939– 41) Reichsdienststrafordnung Recht der Datenverarbeitung Das Recht, begründet von Soergel (1897–1944) Rechtsmedizin rechtspolitisch Rechtstheorie rechtsvergleichend Referentenentwurf Regierung Regierungsblatt relativ

Pr. OT PrPVG Prot. BT-RA PrOVG PrZeugnVerwG PStG PStR psych. PsychThG

R&P RabgO/RAO RAussch. RBerG RdA RdErl. RdJB RdK Rdn. Rdschr./RdSchr. RDStH RDStO RDV Recht RechtsM rechtspol. RechtsTh rechtsvergl. RefE Reg. RegBl. rel.

XXVI

Abkürzungsverzeichnis RfStV RG RGBl., RGBl. I, II RGRspr. RGSt RGZ RHG RHilfeG/RHG RhPf. RiAA RIDP RiJGG RiOWiG

RiStBV RiVASt RIW RKG/RKnappschG RKGE RMBl. RMG/RMilGE RöntgVO/RöV ROW R&P Rpfleger RpflG Rspr. RStGH RStGH-Statut RT RTDrucks. RTVerh. RuP RVG RVO s. S. s.a. SA SaarRZ SaBremR SächsArch. SächsOLG Sarl SchAZtg ScheckG/SchG

Rundfunkstaatsvertrag Reichsgericht Reichsgesetzblatt, von 1922–1945 Teil I und Teil II Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (1879–1888) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rechnungshofgesetz Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen Rheinland-Pfalz Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts – Richtlinien gem. § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAO Revue internationale de droit pénal Richtlinien der Landesjustizverwaltungen zum Jugendgerichtsgesetz Gemeinsame Anordnung über die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und über die Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten Recht der Internationalen Wirtschaft Reichsknappschaftsgesetz Entscheidungen des Reichskriegsgerichts Reichsministerialblatt, Zentralblatt für das Deutsche Reich (1923– 45) Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts (zit. nach Band u. Seite) Röntgenverordnung Recht in Ost und West. Zeitschrift für Rechtsvergleichung und interzonale Rechtsprobleme Recht und Psychiatrie Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Rechtsprechung Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda – Statut Reichstag Drucksachen des Reichstages Verhandlungen des Reichstages Recht und Politik. Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichsversicherungsordnung siehe Seite oder Satz siehe auch Sonderausschuss für die Strafrechtsreform Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Sammlung des bremischen Rechts (1964) Sächsisches Archiv für Rechtspflege, seit 1924 (bis 1941/42). Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt Annalen des Sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (1880–1920) Societé à responsabilité limitée Schiedsamts-Zeitung Scheckgesetz

XXVII

Abkürzungsverzeichnis SchiedsmZ SchKG SchlH SchlHA Schriften der MGH SchwangUG SchwarzArbG schweiz. SchwJZ SchwZStr. SeemannsG SeeRÜbk./SRÜ Sen. SeuffBl. SexualdelikteBekG SFHÄndG SFHG

SG/SoldatG SGB I, III, IV, V, VIII, X, XI

SGb. SGG SGV.NW SichVG SJZ SK Slg. s.o. sog. Sonderausschuss SortenSchG SozVers spez. SprengG/SprengstoffG SpuRT SSt StA StaatsGH StaatsschStrafsG

XXVIII

Schiedsmannszeitung (1926–1945), seit 1950 Der Schiedsmann Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz) Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schriften der Monumenta Germanicae historica (DDR-)Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz schweizerisch Schweizerische Juristen-Zeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht Seemannsgesetz Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen; Vertragsgesetz Senat Seufferts Blätter für Rechtsanwendung (1836–1913) Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten – Sexualdeliktebekämpfungsgesetz – Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten I: Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil III: Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung IV: Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung V: Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung VIII: Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe X: Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehung zu Dritten XI: Soziale Pflegeversicherung Sozialgerichtsbarkeit Sozialgerichtsgesetz Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblatts für das Land Nordrhein-Westfalen (Loseblattsammlung) Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung Süddeutsche Juristen-Zeitung (1946–50), dann Juristenzeitung Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Sammlung der Rechtsprechung des EuGH siehe oben sogenannt(e) Sonderausschuss des Bundestages für die Strafrechtsreform, Niederschriften zitiert nach Wahlperiode und Sitzung Gesetz über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz) Die Sozialversicherung speziell Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) Zeitschrift für Sport und Recht Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Strafsachen und Disziplinarangelegenheiten Staatsanwalt(schaft) Staatsgerichtshof Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutz-Strafsachen

Abkürzungsverzeichnis StÄG StAZ StB StenB/StenBer StGB StPO str. StrAbh. StRÄndG

StraffreiheitsG/StrFG StraFo strafr. StrafrAbh. StraßVerkSichG/ StrEG StREG StrlSchuV/StrlSchVO StrRG StRR st. Rspr. StS StuR StV/StrVert. StVE StVG StVGÄndG StVj/StVJ StVK StVO StVollstrO StVollzÄndG StVollzG

StVollzK 1. StVRG 1. StVRErgG StVZO s.u.

s. StRÄndG Das Standesamt. Zeitschrift für Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- u. Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Der Steuerberater Stenographischer Bericht Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung streitig, strittig Strafrechtliche Abhandlungen Strafrechtsänderungsgesetz (1. vom 30.8.1951) 18. ~ Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 27. ~ – Kinderpornographie 28. ~ – Abgeordnetenbestechung 31. ~ – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 37. ~ – §§ 180b, 181 StGB 40. ~ – Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen 41. ~ – Bekämpfung der Computerkriminalität 42. – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen Gesetz über Straffreiheit Strafverteidigerforum strafrechtlich Strafrechtliche Abhandlungen, hrsg. von Bennecke, dann von Beling, v. Lilienthal und Schoetensack 1. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (Straßenverkehrssicherungsgesetz – StraßenVSichG) Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum 5. StrRG (Strafrechtsreformergänzungsgesetz) Strahlenschutzverordnung Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. ~, 2. ~, … 6. ~) Strafrechtsreport ständige Rechtsprechung Strafsenat Staat und Recht Strafverteidiger Straßenverkehrsentscheidungen, hrsg. von Cramer, Berz, Gontard, Loseblattsammlung (zit. nach Paragraph u. Nummer) Straßenverkehrsgesetz Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze Steuerliche Vierteljahresschrift Strafvollstreckungskammer Straßenverkehrsordnung Strafvollstreckungsordnung Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – Strafvollzugsgesetz Blätter für Strafvollzugskunde (Beilage zur Zeitschrift „Der Vollzugsdienst“) Erstes Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts Erstes Gesetz zur Ergänzung des 1. StVRG Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten

XXIX

Abkürzungsverzeichnis SubvG SV

Subventionsgesetz Sachverhalt

TDG TerrorBekG

Gesetz über die Nutzung von Telediensten Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) Tierschutzgesetz Titel Telekommunikationsgesetz Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen – Transplantationsgesetz Truppenvertrag Textziffer, -zahl

TerrorBekErgG TierschG/TierschutzG Tit. TKG TPG TV Tz. u. u.a. u.ä. u.a.m. UdG Üb. Übereink./Übk. ÜbergangsAO ü. M. UFITA UG U-Haft UMAG umstr. UmwRG UNO UNTS unv. UPR UrhG UStG usw. UTR u.U. UVNVAG

UWG UZwG UZwGBw

v. VAE

XXX

unten (auch: und) unter anderem (auch: andere) und ähnliche und anderes mehr Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Überblick; Übersicht Übereinkommen Übergangsanordnung überwiegende Meinung Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Unternehmergesellschaft Untersuchungshaft Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts umstritten Umweltrahmengesetz der DDR United Nations Organization (Vereinte Nationen) United Nations Treaty Series unveröffentlicht Umwelt- und Planungsrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Umsatzsteuergesetz und so weiter Umwelt- und Technikrecht, Schriftenreihe des Instituts für Umweltund Technikrecht der Universität Trier, hrsg. von Rüdiger Breuer u.a. unter Umständen Ausführungsgesetz v. 23.7.1998 (BGBl. I S. 1882) zu dem Vertrag v. 24.9.1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen – Zustimmungsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen von, vom Verkehrsrechtliche Abhandlungen und Entscheidungen

Abkürzungsverzeichnis VAG v.A.w. VBlBW VD VDA bzw. VDB VE VerbrBekG VerbringungsverbG VereinfVO

VereinhG

VereinsG VerfGH VerglO Verh. VerjährG

VerkMitt/VerkMitt./VM VerkProspektG vermitt. VerpflG VerschG VersG VersR VerwArch. VG VGH vgl. Vhdlgen VJZ VN VN-Satzung VO VOBl. VOR Voraufl. Vorbem. VorE vorgen.

Versicherungsaufsichtsgesetz von Amts wegen Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verkehrsdienst Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner bzw. Besonderer Teil Vorentwurf Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote Vereinfachungsverordnung 1. ~, VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung und Rechtspflege 2. ~, VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege 3. ~, Dritte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege 4. ~, Vierte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten 2. VerjährG, Gesetz zur Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 27.9.1993 3. VerjährG, Gesetz zur weiteren Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 22.12.1997 Verkehrsrechtliche Mitteilungen Wertpapiere-Verkaufsprospektgesetz vermittelnd Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) i.d.F. v. Art. 42 EGStGB Verschollenheitsgesetz Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche s. Verh. Zeitschrift für Vermögems- und Immobilienrecht Vereinte Nationen Satzung der Vereinten Nationen Verordnung Verordnungsblatt Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht Vorauflage Vorbemerkung Vorentwurf vorgenannt

XXXI

Abkürzungsverzeichnis VRS VStGB VVDStRL VVG VwBlBW VwGO VwVfG VwVG VwZG WaffG/WaffenG Warn./WarnRspr WBl WDO WehrpflG WeimVerf./WV WeinG weitergeh. WHG WiB 1. WiKG 2. WiKG WiStG wistra WissR WiVerw WK WM w.N.b. WoÜbG

WuM WPg WpHG WRP WStG WZG z. (Z) ZAG ZahlVGJG ZAkDR ZaöRV z.B. ZBB ZbernJV/ZBJV

XXXII

Verkehrsrechts-Sammlung, Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts Völkerstrafgesetzbuch Veröffentlichungen der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer (zit. nach Heft u. Seite) Gesetz über den Versicherungsvertrag Verwaltungsblätter Baden-Württemberg Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Waffengesetz Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des RG, hrsg. von Warneyer (zit. nach Jahr und Nummer) Wirtschaftsrechtliche Blätter (Österreich) Wehrdisziplinarordnung Wehrpflichtgesetz Verfassung des Deutschen Reichs (sog. „Weimarer Verfassung“) Weingesetz weitergehend Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wirtschaftsrechtliche Beratung 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht; dann: Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wissenschaftsrecht Wirtschaft und Verwaltung Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise bei Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) v. 24.6.2005 Wohnungswirtschaft und Mietrecht Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über Wertpapierhandel Wettbewerb in Recht und Praxis Wehrstrafgesetz Warenzeichengesetz zur, zum Entscheidung in Zivilsachen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz Gesetz über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934–1944) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins

Abkürzungsverzeichnis ZBl. f. Verk. Med. ZDG ZfB ZfBR Z. f. d. ges. Sachverst.wesen ZFIS ZfJ ZfRV ZfS/ZfSch ZfStrVo ZfW ZfWG ZfZ ZG ZGR ZHR Zif./Ziff. ZInsO ZIP ZIS zit. ZJS ZMR ZNER ZollG ZPO ZRP ZSchwR ZStW z.T. ZUM zusf. zust. ZustErgG

ZustG ZustVO zutr. z.V.b. ZVG ZVS zw. ZWehrR ZWH z.Z. ZZP

Zentralblatt für Verkehrsmedizin, Verkehrspsychologie, Luft- und Raumfahrtmedizin Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz) Zeitschrift für Binnenschifffahrt und Wasserstraßen Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen Zeitschrift für innere Sicherheit Zentralblatt für Jugendrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, begr. v. Goldschmidt Ziffer(n) Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik zitiert Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Neues Energierecht Zollgesetz Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zum Teil Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht zusammenfassend zustimmend Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) Zustimmungsgesetz Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften zutreffend zur Veröffentlichung bestimmt Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) Zeitschrift für Verkehrssicherheit zweifelhaft (auch: zweifelnd) Zeitschrift für Wehrrecht (1936/37–1944) Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozeß

XXXIII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Das Schrifttum zum Kernstrafrecht sowie sämtliche strafrechtlich relevanten Festschriften und vergleichbare Werke finden sich unter 1. Es folgt in alphabetischer Reihenfolge das Schrifttum zum Nebenstrafrecht und zu nichtstrafrechtlichen Gebieten: 2. Betäubungsmittelstrafrecht, 3. Bürgerliches Recht einschließlich Versicherungsrecht, 4. DDR-Strafrecht, 5. Europäisches Recht, 6. Handelsrecht einschließlich Bilanz- und Gesellschaftsrecht, 7. Jugendstrafrecht, 8. Kriminologie, 9. Ordnungswidrigkeitenrecht, 10. Presserecht, 11. Rechtshilfe, 12. Rechtsmedizin und Medizinstrafrecht, 13. Strafprozess- und Strafvollzugsrecht, 14. Straßenverkehrsrecht, 15. Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht, 16. Wettbewerbs- und Kartellrecht, 17. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 18. Zivilprozess- und Insolvenzrecht, 19. Sonstiges (einschließlich Arbeits- und Sozialrecht, Völkerrecht und Waffenrecht).

1. Strafrecht (StGB) und Festschriften AK Ambos AnwK Appel Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT v. Bar Baumann Baumann/Weber/Mitsch BeckOK Beling Binding, Grundriß Binding, Handbuch Binding, Lehrbuch I, II Binding, Normen BK Blei I, II Bochumer Erläuterungen Bockelmann BT 1, 2, 3

Bockelmann/Volk Bringewat

Kommentar zum Strafgesetzbuch – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, Bd. 1 (1990), Bd. 3 (1986) Internationales Strafrecht, 3. Aufl. (2011) AnwaltKommentar StGB, hrsg. v. Leipold/Tsambikakis/ Zöller (2011) Verfassung und Strafe (1998) Strafrecht, Besonderer Teil, Lehrbuch, 2. Aufl. (2009) Gesetz und Schuld im Strafrecht, 1. Bd. (1906), 2. Bd. (1907), 3. Bd. (1909) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. (1975) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 11. Aufl. (2003) Beck’scher Online-Kommentar StGB, hrsg. v. von Heintschel-Heinegg, 17. Edition (2011) Die Lehre vom Verbrechen (1906) Grundriß des Deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (1913) Handbuch des Strafrechts (1885) Lehrbuch des gemeinen Deutschen Strafrechts, Besonderer Teil, 2. Aufl. Bd. 1 (1902), Bd. 2 (1904/05) Die Normen und ihre Übertretung, 2. Aufl., 4 Bände (1890 –1919) Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Niggli/ Wiprächtiger (2003) (s. aber auch 15. Verfassungsrecht) Strafrecht I, Allgemeiner Teil, 18. Aufl. (1983); Strafrecht II, Besonderer Teil, 12. Aufl. (1983) Bochumer Erläuterungen zum 6. Strafrechtsreformgesetz, hrsg. v. Schlüchter (1998) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Vermögensdelikte, 2. Aufl. (1982); Bd. 2: Delikte gegen die Person (1977); Bd. 3: Ausgewählte Delikte gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit (1980) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1987) Grundbegriffe des Strafrechts, 2. Aufl. (2008)

XXXV

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Bruns, Strafzumessungsrecht Bruns, Recht der Strafzumessung Bruns, Reflexionen Burgstaller

Strafzumessungsrecht: Gesamtdarstellung, 2. Aufl. (1974) Das Recht der Strafzumessung, 2. Aufl. (1985) Neues Strafzumessungsrecht? „Reflexionen“ über eine geforderte Umgestaltung (1988) Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht (1974)

Coimbra-Symposium

s. Schünemann/de Figueiredo Dias

Dahs Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Dölling/Duttge/Rössner

Handbuch des Strafverteidigers, 7. Aufl. (2005) Strafrecht und Strafverfahren, 37. Aufl. (1961) Gesamtes Strafrecht, 2. Aufl. (2011)

Ebert

Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege: Beiträge anläßlich eines Symposiums zum 60. Geburtstag von E. W. Hanack, hrsg. v. Ebert (1991) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. (2001) Einführung in das 6. Strafrechtsreformgesetz (1998) (bearb. v. Dencker u.a.) Strafrecht – Besonderer Teil I: Straftaten gegen die Person und die Allgemeinheit (2008); Strafrecht – Besonderer Teil II: Eigentumsdelikte, Vermögensdelikte und Urkundendelikte (2009) Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblattausgabe, 5. Aufl. (1993 ff) Erinnerungsgabe für Max Grünhut (1965) Rechtfertigung und Entschuldigung: rechtsvergleichende Perspektiven. Beiträge aus dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Bd. 1, hrsg. v. Eser/Fletcher (1987); Bd. 2, hrsg. v. Eser/Fletcher (1988); Bd. 3: Deutsch-Italienisch-PortugiesischSpanisches Strafrechtskolloquium 1990 in Freiburg, hrsg. v. Eser/Perron (1991); Bd. 4: Ostasiatisch-Deutsches Strafrechtskolloquium 1993 in Tokio, hrsg. v. Eser/Nishihara (1995)

Ebert AT Einführung 6. StrRG Eisele BT 1, BT 2

Erbs/Kohlhaas Erinnerungsgabe Grünhut Eser et al., Rechtfertigung und Entschuldigung I –IV

Festgabe BGH 25 Festgabe BGH 50 Festgabe Frank Festgabe Graßhoff Festgabe Kern Festgabe Paulus Festgabe Peters

Festgabe RG I–VI

Festgabe Schultz Festgabe Schweizer JT Festschrift Achenbach

XXXVI

25 Jahre Bundesgerichtshof 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band IV: Straf- und Strafprozeßrecht (2000) Festgabe für Reinhard von Frank zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1930) Der verfasste Rechtsstaat, Festgabe für Karin Graßhoff (1998) Festgabe für Eduard Kern zum 70. Geburtstag (1957) Festgabe für Rainer Paulus zum 70. Geburtstag (2009) Wahrheit und Gerechtigkeit im Strafverfahren: Festgabe für Karl Peters aus Anlaß seines 80. Geburtstages (1984) Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben: Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50-jährigen Bestehen des Reichsgerichts (1929) Lebendiges Strafrecht: Festgabe zum 65. Geburtstag von Hans Schultz (1977) Festgabe zum Schweizerichen Juristentag (1963) Festschrift für Hans Achenbach zum 70. Geburtstag (2011)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Amelung Festschrift Androulakis Festschrift Augsburg Festschrift Baumann Festschrift Bemmann Festschrift BGH 50

Festschrift Blau Festschrift Bockelmann Festschrift Böhm Festschrift Böttcher Festschrift Boujong Festschrift Brauneck Festschrift Bruns Festschrift Burgstaller Festschrift v. Caemmerer Festschrift Celle I Festschrift Celle II Festschrift Dahs Festschrift Diestelkamp Festschrift DJT

Festschrift Dreher Festschrift Dünnebier Festschrift Eisenberg Festschrift Engisch Festschrift Ermacora

Festschrift Eser Festschrift Fezer Festschrift Friebertshäuser Festschrift GA Festschrift Gallas Festschrift von Gamm Festschrift Gauweiler

Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts: Festschrift für Knut Amelung zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift für Nikolaos Androulakis zum 70. Geburtstag (2003) Recht in Europa: Festgabe zum 30-jährigen Bestehen der Juristischen Fakultät Augsburg (2002) Festschrift für Jürgen Baumann zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift für Günter Bemmann zum 70. Geburtstag (1997) Festschrift aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof (2000) Festschrift für Günter Blau zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag (1979) Festschrift für Alexander Böhm zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Reinhard Böttcher zum. 70 Geburtstag (2007) Verantwortung und Gestaltung: Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag (1996) Ehrengabe für Anne-Eva Brauneck (1999) Festschrift für Hans-Jürgen Bruns zum 70. Geburtstag (1978) Festschrift für Manfred Burgstaller zum 65. Geburtstag (2004) Festschrift für Ernst von Caemmerer zum 70. Geburtstag (1978) Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle: zum 250-jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle (1961) Festschrift zum 275-jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle (1986) Festschrift für Hans Dahs zum 70. Geburtstag (2005) Geschichte der Zentraljustiz in Mitteleuropa: Festschrift für Bernhard Diestelkamp zum 65. Geburtstag (1994) Hundert Jahre deutsches Rechtsleben: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860 –1960, 2 Bde. (1960) Festschrift für Eduard Dreher zum 70. Geburtstag (1977) Festschrift für Hans Dünnebier zum 75. Geburtstag (1982) Festschrift für Ulrich Eisenberg zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag (1969) Fortschritt im Bewußtsein der Grund- und Menschenrechte: Festschrift für Felix Ermacora zum 65. Geburtstag (1988) Menschengerechtes Strafrecht: Festschrift für Albin Eser zum 70. Geburtstag (2005) Festschrift für Gerhard Fezer zum 70. Geburtstag (2008) Festgabe für den Strafverteidiger Dr. Heino Friebertshäuser (1997) 140 Jahre Goltdammer’s Archiv für Strafrecht: eine Würdigung zum 70. Geburtstag von Paul-Günter Pötz (1993) Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag (1973) Festschrift für Otto-Friedrich Frhr. von Gamm Recht und Politik: Festschrift für Peter Gauweiler zum 60. Geburtstag (2009)

XXXVII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Geerds Festschrift Geilen Festschrift Geiß Festschrift Geppert Festschrift Germann

Festschrift Gleispach

Festschrift Göppinger

Festschrift Gössel Festschrift Grünwald Festschrift Grützner

Festschrift Hamm Festschrift Hanack Festschrift Hassemer Festschrift Heidelberg

Festschrift Heinitz Festschrift Henkel Festschrift v. Hentig Festschrift Herzberg Festschrift Herzog Festschrift Heusinger Festschrift Hilger Festschrift Hirsch Festschrift Honig Festschrift Hruschka Festschrift Hubmann

Festschrift Hübner Festschrift Jakobs

XXXVIII

Kriminalistik und Strafrecht: Festschrift für Friedrich Geerds zum 70. Geburtstag (1995) Bochumer Beiträge zu aktuellen Strafrechtsthemen: Festschrift für Gerd Geilen zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Karlmann Geiß zum 65. Geburtstag (2000) Festschrift für Klaus Geppert zum 70. Geburtstag (2011) Rechtsfindung – Beiträge zur juristischen Methodenlehre: Festschrift für Oscar Adolf Germann zum 80. Geburtstag (1969) Gegenwartsfragen der Strafrechtswissenschaft: Festschrift zum 60. Geburtstag von Graf W. Gleispach (1936) (Nachdruck 1995) Kriminalität, Persönlichkeit, Lebensgeschichte und Verhalten: Festschrift für Hans Göppinger zum 70. Geburtstag (1990) Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift für Gerald Grünwald zum 70. Geburtstag (1999) Aktuelle Probleme des internationalen Strafrechts – Beiträge zur Gestaltung des internationalen und supranationalen Strafrechts: Heinrich Grützner zum 65. Geburtstag (1970) Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag (2008) Festschrift für Ernst-Walter Hanack zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Winfried Hassemer zum 70. Geburtstag (2010) Richterliche Rechtsfortbildung: Festschrift der Juristischen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität Heidelberg (1986) Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag (1972) Grundfragen der gesamten Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Heinrich Henkel zum 70. Geburtstag (1974) Kriminologische Wegzeichen: Festschrift für Hans v. Hentig zum 80. Geburtstag (1967) Strafrecht zwischen System und Telos: Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg zum 70. Geburtstag (2008) Staatsrecht und Politik: Festschrift für Roman Herzog zum 75. Geburtstag (2009) Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968) Datenübermittlungen und Vorermittlungen: Festgabe für Hans Hilger (2003) Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Richard M. Honig zum 80. Geburtstag (1970) Jahrbuch für Recht und Ethik: Festschrift für Joachim Hruschka zum 70. Geburtstag (2006) Beiträge zum Schutz der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Leistung: Festschrift für Heinrich Hubmann zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Heinz Hübner zum 70. Geburtstag (1984) Festschrift für Günther Jakobs zum 70. Geburtstag (2007)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Jauch Festschrift Jescheck Festschrift Jung Festschrift JurGes. Berlin Festschrift Kaiser

Festschrift Arthur Kaufmann (1989) Festschrift Arthur Kaufmann (1993) Festschrift Kern Festschrift Kleinknecht Festschrift Klug Festschrift Koch Festschrift Kohlmann Festschrift Kohlrausch Festschrift Köln Festschrift Krause Festschrift Krey Festschrift Küper Festschrift Lackner Festschrift Lampe

Festschrift Lange Festschrift Laufs Festschrift Leferenz Festschrift Lenckner Festschrift Lüderssen Festschrift Maihofer Festschrift Maiwald Festschrift Mangakis Festschrift Maurach Festschrift H. Mayer Festschrift Mehle

Wie würden Sie entscheiden? Festschrift für Gerd Jauch zum 65. Geburtstag (1990) Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1985) Festschrift für Heike Jung zum 65. Geburtstag (2007) Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin (1984) Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht: Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1998) Jenseits des Funktionalismus: Arthur Kaufmann zum 65. Geburtstag (1989) Strafgerechtigkeit: Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag (1993) Tübinger Festschrift für Eduard Kern (1968) Strafverfahren im Rechtsstaat: Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag (1985) Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1983) Strafverteidigung und Strafprozeß: Festgabe für Ludwig Koch (1989) Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag (2003) Probleme der Strafrechtserneuerung: Eduard Kohlrausch zum 70. Geburtstage dargebracht (1944; Nachdruck 1978) Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln (1988) Recht und Kriminalität: Festschrift für Friedrich-Wilhelm Krause zum 70. Geburtstag (1990) Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift für Wilfried Küper zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag (1987) Jus humanum: Grundlagen des Rechts und Strafrechts, Festschrift für Ernst-Joachim Lampe zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Richard Lange zum 70. Geburtstag (1976) Humaniora, Medizin – Recht – Geschichte: Festschrift für Adolf Laufs zum 70. Geburtstag (2006) Kriminologie – Psychiatrie – Strafrecht: Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag (1983) Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag (2002) Rechtsstaat und Menschenwürde: Festschrift für Werner Maihofer zum 70. Geburtstag (1988) Festschrift für Manfred Maiwald zum 75. Geburtstag (2011) Strafrecht – Freiheit – Rechtsstaat: Festschrift für Georgios Mangakis (1999) Festschrift für Reinhart Maurach zum 70. Geburtstag (1972) Beiträge zur gesamten Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Hellmuth Mayer zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift für Volkmar Mehle zum 65. Geburtstag (2009)

XXXIX

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Meyer-Goßner Festschrift Mezger Festschrift Middendorff Festschrift Miyazawa Festschrift E. Müller (2003) Festschrift E. Müller (2008) Festschrift Müller-Dietz (1998) Festschrift Müller-Dietz (2001) Festschrift Nehm Festschrift Nishihara Festschrift Nobbe Festschrift Odersky Festschrift Oehler Festschrift Otto Festschrift Pallin Festschrift Partsch

Festschrift Peters Festschrift Pfeiffer

Festschrift Pfenniger Festschrift Platzgummer Festschrift Pötz Festschrift Puppe Festschrift Rasch Festschrift Rebmann Festschrift Reichsgericht

Festschrift Reichsjustizamt

Festschrift Richterakademie Festschrift Rieß Festschrift Richter

XL

Festschrift für Lutz Meyer-Goßner zum 65. Geburtstag (2001) Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag (1954) Festschrift für Wolf Middendorff zum 70. Geburtstag (1986) Festschrift für Koichi Miyazawa: dem Wegbereiter des japanisch-deutschen Strafrechtsdiskurses (1995) Opuscula Honoraria, Egon Müller zum 65. Geburtstag (2003) Festschrift für Egon Müller zum 70. Geburtstag (2008) Das Recht und die schönen Künste: Heinz Müller-Dietz zum 65. Geburtstag (1998) Grundlagen staatlichen Strafens: Festschrift für HeinzMüller-Dietz zum 70. Geburtstag (2001) Strafrecht und Justizgewährung: Festschrift für Kay Nehm zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift für Haruo Nishihara zum 70. Geburtstag (1998) Entwicklungslinien im Bank- und Kapitalmarktrecht: Festschrift für Gerd Nobbe zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift für Walter Odersky zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Harro Otto zum 70. Geburtstag (2007) Strafrecht, Strafprozeßrecht und Kriminologie: Festschrift für Franz Pallin zum 80. Geburtstag (1989) Des Menschen Recht zwischen Freiheit und Verantwortung: Festschrift für Karl Josef Partsch zum 75. Geburtstag (1989) Einheit und Vielfalt des Strafrechts: Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag (1974) Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht: Festschrift für Gerd Pfeiffer zum Abschied aus dem Amt als Präsident des Bundesgerichtshofes (1988) Strafprozeß und Rechtsstaat: Festschrift zum 70. Geburtstag von H. F. Pfenniger (1976) Festschrift für Winfried Platzgummer zum 65. Geburtstag (1995) s. Festschrift GA Strafrechtswissenschaft als Analyse und Konstruktion: Festschrift für Ingeborg Puppe zum 70. Geburtstag (2011) Die Sprache des Verbrechens – Wege zu einer klinischen Kriminologie: Festschrift für Wilfried Rasch (1993) Festschrift für Kurt Rebmann zum 65. Geburtstag (1989) Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50-jährigen Bestehen des Reichsgerichts, Bd. 5, Strafrecht und Strafprozeß (1929) Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz, Festschrift zum 100-jährigen Gründungstag des Reichsjustizamtes am 1.1.1877 (1977) Justiz und Recht: Festschrift aus Anlaß des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie in Trier (1983) Festschrift für Peter Rieß zum 70. Geburtstag (2002) Verstehen und Widerstehen: Festschrift für Christian Richter II zum 65. Geburtstag (2006)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Rissing-van Saan Festschrift Rittler Festschrift Rolinski Festschrift Rosenfeld Festschrift Roxin (2001) Festschrift Roxin (2011) Festschrift Rudolphi Festschrift Salger

Festschrift Samson Festschrift Sarstedt Festschrift Sauer Festschrift G. Schäfer Festschrift K. Schäfer Festschrift Schaffstein Festschrift Schewe

Festschrift Schleswig-Holstein

Festschrift Schlüchter

Festschrift N. Schmid Festschrift R. Schmid Festschrift Eb. Schmidt Festschrift Schmidt-Leichner Festschrift Schmitt Festschrift Schneider

Festschrift Schreiber Festschrift Schroeder Festschrift Schüler-Springorum Festschrift Schwind

Festschrift für Ruth Rissing-van Saan zum 65. Geburtstag (2011) Festschrift für Theodor Rittler zu seinem 80. Geburtstag (1957) Festschrift für Klaus Rolinski zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift für Ernst Heinrich Rosenfeld zu seinem 80. Geburtstag (1949) Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag (2001) Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag (2011) Festschrift für Hans-Joachim Rudolphi zum 70. Geburtstag (2004) Straf- und Strafverfahrensrecht, Recht und Verkehr, Recht und Medizin: Festschrift für Hannskarl Salger zum Abschied aus dem Amt als Vizepräsident des Bundesgerichtshofes (1995) Recht – Wirtschaft – Strafe: Festschrift für Erich Samson zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift für Werner Sarstedt zum 70. Geburtstag (1981) Festschrift für Wilhelm Sauer zu seinem 70. Geburtstag (1949) NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift für Karl Schäfer zum 80. Geburtstag (1980) Festschrift für Friedrich Schaffstein zum 70. Geburtstag (1975) Medizinrecht – Psychopathologie – Rechtsmedizin: diesseits und jenseits der Grenzen von Recht und Medizin, Festschrift für Günter Schewe zum 60. Geburtstag (1991) Strafverfolgung und Strafverzicht: Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Staatsanwaltschaft SchleswigHolstein (1992) Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit: kritische Studien aus vorwiegend straf(prozeß)rechtlicher Sicht zum 60. Geburtstag von Ellen Schlüchter (1998) Wirtschaft und Strafrecht: Festschrift für Niklaus Schmid zum 65. Geburtstag (2001) Recht, Justiz, Kritik: Festschrift für Richard Schmid zum 85. Geburtstag (1985) Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag (1961) Festschrift für Erich Schmidt-Leichner zum 65. Geburtstag (1977) Festschrift für Rudolf Schmitt zum 70. Geburtstag (1992) Kriminologie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert: Festschrift für Hans Joachim Schneider zum 70. Geburtstag (1998) Strafrecht, Biorecht, Rechtsphilosophie: Festschrift für Hans-Ludwig Schreiber zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag (2006) Festschrift für Horst Schüler-Springorum zum 65. Geburtstag (1993) Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen: Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (2006)

XLI

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Festschrift Schwinge

Persönlichkeit in der Demokratie: Festschrift für Erich Schwinge zum 70. Geburtstag (1973) Festschrift Seebode Festschrift für Manfred Seebode zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Sendler Bürger-Richter-Staat: Festschrift für Horst Sendler zum Abschied aus seinem Amt (1991) Festschrift Spendel Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift Spinellis Die Strafrechtswissenschaft im 21. Jahrhundert: Festschrift für Dionysios Spinellis, 2 Bde. (2001) Festschrift Stock Studien zur Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Ulrich Stock zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift Stöckel Strafrechtspraxis und Reform: Festschrift für Heinz Stöckel zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift Stree/Wessels Beiträge zur Rechtswissenschaft: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag (1993) Festschrift Stutte Jugendpsychiatrie und Recht: Festschrift für Hermann Stutte zum 70. Geburtstag (1979) Festschrift Tiedemann Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht: Dogmatik, Rechtsvergleich, Rechtstatsachen; Festschrift für Klaus Tiedemann zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Trechsel Strafrecht, Strafprozessrecht und Menschenrechte: Festschrift für Stefan Trechsel zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift Triffterer Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift Tröndle Festschrift für Herbert Tröndle zum 70. Geburtstag (1989) Festschrift Tübingen Tradition und Fortschritt im Recht: Festschrift gewidmet der Tübinger Juristenfakultät zu ihrem 500-jährigen Bestehen 1977 von ihren gegenwärtigen Mitgliedern (1977) Festschrift Venzlaff Forensische Psychiatrie – Entwicklungen und Perspektiven: Festschrift für Ulrich Venzlaff zum 85. Geburtstag (2006) Festschrift Volk In dubio pro libertate: Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift Waseda Recht in Ost und West: Festschrift zum 30-jährigen Jubiläum des Instituts für Rechtsvergleichung der WasedaUniversität (1988) Festschrift Wassermann Festschrift für Rudolf Wassermann zum 60. Geburtstag (1985) Festschrift v. Weber Festschrift für Hellmuth von Weber zum 70. Geburtstag (1963) Festschrift Weber Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag (2004) Festschrift Welzel Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag (1974) Festschrift Widmaier Strafverteidigung, Revision und die gesamten Strafrechtswissenschaften: Festschrift für Gunter Widmaier zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Wolf Mensch und Recht: Festschrift für Erik Wolf zum 70. Geburtstag (1972) Festschrift Wolff Festschrift für E. A. Wolff zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift Würtenberger Kultur, Kriminalität, Strafrecht: Festschrift für Thomas Würtenberger zum 70. Geburtstag (1977) Festschrift Würzburger Juristenfakultät Raum und Recht: Festschrift 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät (2002) Festschrift Zeidler Festschrift für Wolfgang Zeidler (1987) Festschrift Zweibrücken 175 Jahre Pfälzisches Oberlandesgericht: 1815 Appellationshof, Oberlandesgericht 1990 (1990)

XLII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Fischer

Forster/Joachim Frank Freiburg-Symposium Freund AT Frisch, Vorsatz und Risiko Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten Frister Gallas, Beiträge Gedächtnisschrift Delitala Gedächtnisschrift Armin Kaufmann Gedächtnisschrift H. Kaufmann Gedächtnisschrift Keller Gedächtnisschrift Meurer Gedächtnisschrift K. Meyer Gedächtnisschrift Noll Gedächtnisschrift H. Peters Gedächtnisschrift Radbruch Gedächtnisschrift Schlüchter Gedächtnisschrift Schröder Gedächtnisschrift Tjong Gedächtnisschrift Vogler Gedächtnisschrift Zipf Gimbernat et al.

Gössel I, II

Gössel/Dölling Gropp AT Gropp Sonderbeteiligungen Grundfragen

Haft AT, BT Hanack-Symposium Hefendehl

Hefendehl Kollektive Rechtsgüter Heghmanns BT Heinrich

Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kurzkommentar, 58. Aufl. (2011); 59. Aufl. (2012); bis zur 54. Auflage Tröndle/Fischer Alkohol und Schuldfähigkeit (1997) Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetz, 18. Aufl. (1931) s. Tiedemann-Symposium Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (2009) Vorsatz und Risiko: Grundfragen des tatbestandsmäßigen Verhaltens und des Vorsatzes (1983) Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs (1988) Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (2009) Beiträge zur Verbrechenslehre (1968) Gedächtnisschrift für (Studi in memoria di) Giacomo Delitala, 3 Bde. (1984) Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann (1989) Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann (1986) Gedächtnisschrift für Rolf Keller (2003) Gedächtnisschrift für Dieter Meurer (2002) Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer (1990) Gedächtnisschrift für Peter Noll (1984) Gedächtnisschrift für Hans Peters (1967) Gedächtnisschrift für Gustav Radbruch (1968) Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter (2002) Gedächtnisschrift für Horst Schröder (1978) Gedächtnisschrift für Zong Uk Tjong (1985) Gedächtnisschrift für Theo Vogler (2004) Gedächtnisschrift für Heinz Zipf (1999) Internationale Dogmatik der objektiven Zurechnung und der Unterlassungsdelikte: Spanisch-Deutsches Symposium zu Ehren von Claus Roxin, hrsg. v. Gimbernat et al. (1995) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Delikte gegen immaterielle Rechtsgüter des Individuums, 2. Aufl. (1999); Bd. 2: Straftaten gegen materielle Rechtsgüter des Individuums (1996) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 2. Aufl. (2004) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 3. Auflage (2005) Deliktstypen mit Sonderbeteiligung (1992) Grundfragen des modernen Strafrechtssystems, hrsg. v. Schünemann (1984) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl. (2004); Besonderer Teil I, 9. Aufl. (2009); Besonderer Teil II, 8. Aufl. (2005) s. Ebert Empirische Erkenntnisse, dogmatische Fundamente und kriminalpolitischer Impetus. Symposium für Bernd Schünemann zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Hefendehl (2005) Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht (2002) Strafrecht für alle Semester, Besonderer Teil (2009) Strafrecht AT I, 2. Aufl. (2010) und AT II (2005)

XLIII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur v. Hippel I, II HK-GS

Hohmann/Sander

Hruschka

Jäger BT Jakobs AT Jescheck, Beiträge I, II

Jescheck/Weigend Joecks Kienapfel AT Kienapfel, Urkunden Kindhäuser AT, BT I, II

Kindhäuser LPK Kindhäuser, Gefährdung Klesczewski AT, BT

Köhler AT Kohlrausch/Lange Krey/Esser Krey/Heinrich Krey/Hellmann Kühl AT Küper BT Küpper BT

Lackner/Kühl v. Liszt, Aufsätze v. Liszt/Schmidt AT, BT LK

Lutz

XLIV

Deutsches Strafrecht, Bd. 1 (1925), Bd. 2 (1930) Gesamtes Strafrecht. StGB, StPO, Nebengesetze – Handkommentar; hrsg. v. Dölling/Duttge/Rössner, 2. Aufl. (2011) Strafrecht Besonderer Teil. BT I: Vermögensdelikte, 3. Aufl. (2011); BT II: Delikte gegen die Person und gegen die Allgemeinheit, 2. Aufl. (2011) Strafrecht nach logisch-analytischer Methode, 2. Aufl. (1988) Examens-Repetitorium Strafrecht Besonderer Teil, 4. Aufl. (2011) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1993) Strafrecht im Dienste der Gemeinschaft: ausgewählte Beiträge zur Strafrechtsreform, zur Strafrechtsvergleichung, zum internationalen Strafrecht, 1953–1979 (1980) (I); Beiträge zum Strafrecht 1980–1998 (1998) (II), jew. hrsg. v. Vogler Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996) Strafgesetzbuch, Studienkommentar, 8. Aufl. 2009 Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1984) Urkunden und andere Gewährschaftsträger im Strafrecht (1967) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (2011); Besonderer Teil I: Straftaten gegen Persönlichkeitsrechte, Staat und Gesellschaft, 5. Aufl. (2012); Besonderer Teil II: Straftaten gegen Vermögensrechte, 6. Aufl. (2011) Strafgesetzbuch, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. (2010) Gefährdung als Straftat (1989) Strafrecht, Allgemeiner Teil (2008); Besonderer Teil I: Straftaten gegen die Person (2010); Besonderer Teil II: Vermögensdelikte (2011) Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil (1997) Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen, 43. Aufl. (1961) Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (2011) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Besonderer Teil ohne Vermögensdelikte, 14. Aufl. (2008) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 2: Vermögensdelikte, 15. Aufl. (2008) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 6. Aufl. (2008) Strafrecht, Besonderer Teil, 7. Aufl. (2008) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Delikte gegen Rechtsgüter der Person und Gemeinschaft, 3. Aufl. (2007) Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 27. Aufl. (2011) Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, 2 Bde. (1925) Lehrbuch des deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 26. Aufl. (1932); Besonderer Teil, 25. Aufl. (1925) Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 11. Aufl. (1992–2006) hrsg. v. Jähnke/Laufhütte/Odersky; 12. Aufl. hrsg. v. Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann (2006 ff) Strafrecht AT, 5. Aufl. (2009)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Madrid-Symposium Manoledakis/Prittwitz

Matheus Maurach AT, BT Maurach/Zipf Maurach/Gössel/Zipf

Maurach/Schroeder/Maiwald I, II

H. Mayer AT H. Mayer, Strafrecht H. Mayer, Studienbuch Mezger, Strafrecht Mitsch BT 1, 2

MK

Naucke Niederschriften I–XIV Niethammer Niggli/Queloz

NK

Oehler v. Olshausen

Otto AT, BT

Pfeiffer/Maul/Schulte Preisendanz Puppe

Rengier BT 1, 2

Riklin-Hurtado-Symposium Rostock-Symposium

s. Schünemann/Suárez Strafrechtsprobleme an der Jahrtausendwende: DeutschGriechisches Symposium in Rostock 1999, hrsg. v. Manoledakis/Prittwitz (2000) Strafrecht BT 2, 4 Aufl. (2008) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1971); Besonderer Teil, 5. Aufl. (1969) mit Nachträgen von 1970/71 Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilbd. 1: Grundlehren des Strafrechts und Aufbau der Straftat, 8. Aufl. (1992) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilbd. 2: Erscheinungsformen des Verbrechens und Rechtsfolgen der Tat, 7. Aufl. (1989) Strafrecht, Besonderer Teil, Teilbd. 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Vermögenswerte, 10. Aufl. (2009); Teilbd. 2: Straftaten gegen Gemeinschaftswerte, 10. Aufl. (2010) Strafrecht, Allgemeiner Teil (1953) Das Strafrecht des deutschen Volkes (1936) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Studienbuch (1967) Strafrecht, Lehrbuch, 3. Aufl. (1949) (ergänzt durch: Moderne Wege der Strafrechtsdogmatik [1950]) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 2: Vermögensdelikte, Teilbd. 1: Kernbereich, 2. Aufl. (2003); Teilbd. 2: Randbereich (2001) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Joecks/Miebach (ab 2003) Strafrecht, Eine Einführung, 11. Aufl. (2008) Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 14 Bde. (1956 –1960) Lehrbuch des Besonderen Teils des Strafrechts (1950) Strafjustiz und Rechtsstaat: Symposium zum 60. Geburtstag von Franz Riklin und José Hurtado Pozo, hrsg. v. Niggli/Queloz (2003) Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, 3. Aufl. (2010) Internationales Strafrecht, 2. Aufl. (1983) Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 12. Aufl. (§§ 1–246) bearb. von Freiesleben u.a. (1942 ff); sonst 11. Aufl. bearb. von Lorenz u.a. (1927) Grundkurs Strafrecht: Allgemeine Strafrechtslehre/Die einzelnen Delikte, jeweils 7. Aufl. (2005) Strafgesetzbuch, Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (1969) Strafgesetzbuch, Lehrkommentar, 30. Aufl. (1978) Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1 (2002); Band 2 (2005) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Vermögensdelikte, 13. Aufl. (2011); Bd. 2: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit, 12. Aufl. (2011) s. Niggli/Queloz s. Manoledakis/Prittwitz

XLV

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Roxin AT I, II

Roxin TuT Roxin/Stree/Zipf/Jung Roxin-Symposium Sack

Safferling SSW Sauer AT, BT Schäfer/v. Dohnanyi

Schmidt Schmidt/Priebe Schmidt-Salzer Schmidhäuser Schmidhäuser AT, BT, StuB

Schöch

Schönke/Schröder Schramm Schroth BT Schünemann/de Figueiredo Dias

Schünemann/Suárez

Sieber Sieber/Cornils SK sLSK Sonnen Stratenwerth/Kuhlen AT

Tendenzen der Kriminalpolitik

Tiedemann

XLVI

Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 1: Grundlagen – Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Aufl. (2006); Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 2: Besondere Erscheinungsformen der Straftat (2003) Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. (2006) Einführung in das neue Strafrecht, 2. Aufl. (1975) s. Gimbernat Umweltschutz-Strafrecht, Erläuterung der Straf- und Bußgeldvorschriften, Loseblattausgabe, 4. Aufl. (1997 ff) Internationales Strafrecht (2011) Strafgesetzbuch, Kommentar, hrsg. v. Satzger/Schmitt/Widmaier (2009) Allgemeine Strafrechtslehre, 3. Aufl. (1955); System des Strafrechts, Besonderer Teil (1954) Die Strafgesetzgebung der Jahre 1931 bis 1935 (1936) (Nachtrag zur 18. Aufl. von Frank: das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich [1931]) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl. (2010) Strafrecht Besonderer Teil I und II, jeweils 9. Aufl. (2010) Produkthaftung, Bd. 1: Strafrecht, 2. Aufl. (1988) Einführung in das Strafrecht, 2. Aufl. (1984) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1975); Besonderer Teil, 2. Aufl. (1983); Studienbuch: Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1984) Wiedergutmachung und Strafrecht: Symposium aus Anlaß des 80. Geburtstages von Friedrich Schaffstein, hrsg. v. Schöch (1987) Strafgesetzbuch, Kommentar, 28. Aufl. (2010) Internationales Strafrecht (2011) Strafrecht, Besonderer Teil, 5. Aufl. (2010) Bausteine des Europäischen Strafrechts: Coimbra-Symposium für Claus Roxin, hrsg. v. Schünemann/de Figueiredo Dias (1995) Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts: Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann, hrsg. v. Schünemann/Suárez (1994) Verantwortlichkeit im Internet (1999) Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, hrsg. von Sieber/Cornils (2008 ff) Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Loseblattausgabe Systematischer Leitsatzkommentar zum Sanktionenrecht, hrsg. v. Horn, Loseblattausgabe (1983 ff) Strafrecht Besonderer Teil (2005) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 1: Die Straftat, 5. Aufl. (2004) Neuere Tendenzen der Kriminalpolitik, Beiträge zu einem deutsch-skandinavischen Strafrechtskolloquium, hrsg. v. Cornils/Eser (1987) Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union, Rechtsdogmatik – Rechtsvergleich – Rechtspolitik (Freiburg-Syposium), hrsg. v. Tiedemann (2002)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Tiedemann, Anfängerübung Tiedemann, Tatbestandsfunktionen Tiedemann-Symposium

Die Anfängerübung im Strafrecht, 4. Aufl. (1999) Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht (1969) s. Schünemann/Suárez

Walter v. Weber Welzel, Strafrecht Welzel, Strafrechtssystem Wessels/Beulke Wessels/Hettinger

Wolters

Der Kern des Strafrechts (2006) Grundriß des deutschen Strafrechts, 2. Aufl. (1948) Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. (1969) Das neue Bild des Strafrechtssystems, 4. Aufl. (1961) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 41. Aufl. (2011) Strafrecht, Besonderer Teil 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 35. Aufl. (2011) Strafrecht, Besonderer Teil 2: Straftaten gegen Vermögenswerte, 34. Aufl. (2011) Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch – StGB; hrsg. v. Höpfl/Ratz, 2. Aufl. (1999 ff) Deliktstypen des Präventionsrechts – Zur Dogmatik „moderner“ Gefährdungsdelikte (2000) Das Unternehmensdelikt (2001)

Zieschang AT Zieschang, Gefährdungsdelikte

Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (2009) Die Gefährdungsdelikte (1998)

Wessels/Hillenkamp WK Wohlers Deliktstypen

2. Betäubungsmittelstrafrecht Franke/Wienroeder Joachimski/Haumer Körner Webel Weber

Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, 3. Aufl. (2008) Betäubungsmittelgesetz (mit ergänzenden Bestimmungen), Kommentar, 7. Aufl. (2002) Betäubungsmittelgesetz, (ab 4. Aufl.) Arzneimittelgesetz, Kurzkommentar, 6. Aufl. (2007) Betäubungsmittelstrafrecht (2003) Betäubungsmittelgesetz, Verordnungen zum BtMG, Kommentar, 3. Aufl. (2009)

3. Bürgerliches Recht einschließlich Versicherungsrecht Bruck/Möller Erman Jauernig Larenz/Wolf MK BGB

MK VVG Palandt

Prütting/Wegen/Weinreich

Grosskommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 9. Aufl. (2008 ff) Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. (2008) Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, 13. Aufl. (2009) Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. (2004) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Auflage (ab 2000); 5. Aufl. (ab 2008), hrsg. von Rebmann/Säcker/Rixecker Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz (2009) Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz (Auszug), Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Verbraucherkreditgesetz, Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, Kurzkommentar, 70. Aufl. (2011) BGB Kommentar, 4. Aufl. (2009)

XLVII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur RGRK

Schulze/Dörner/Ebert u.a. Soergel Staudinger

Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes (Reichsgerichtsrätekommentar), hrsg. v. Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, 12. Aufl. (1975–1999) Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 6. Aufl. (2009) Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl. (1999 ff) J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl. Bearbeitungen (1993 ff)

4. DDR-Strafrecht StGB-Komm.-DDR StGB-Lehrb.-DDR AT, BT StGB-Lehrb.-DDR 1988 StPO-Komm.-DDR StPO-Lehrb.-DDR

Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar, 5. Aufl. (1987) Strafrecht der DDR, Lehrbuch: Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1976); Besonderer Teil (1981) Strafrecht der DDR, Lehrbuch, Allgemeiner Teil (1988) Strafprozeßrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar, 3. Aufl. (1989) Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, 3. Aufl. (1987)

5. Europäisches Recht Bleckmann Geiger Grabitz/Hilf

Hailbronner/Klein/Magiera/ Müller-Graff HdEuropR Hecker Hobe Immenga/Mestmäcker EG Satzger Schwarze Schweitzer/Hummer Sieber/Brüner/Satzger/v.HeintschelHeinegg Streinz

XLVIII

Europarecht, 6. Aufl. (1997) EUV, EGV, Kommentar, 4. Aufl. (2004), (1. und 2. Aufl. unter dem Titel: EG-Vertrag) Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Loseblattausgabe, Altbd. I, II, hrsg. v. Grabitz/Hilf (1983 ff) (jew. bearb. v. Bandilla u.a.); Bd. 1 EUV/EGV, hrsg. v. Meinhard Hilf (bearb. v. Bandilla u.a.); Bd. 2 EUV/EGV, hrsg. v. Meinhard Hilf (bearb. v. Brühann u.a.); Bd. 3 Sekundärrecht: A EG-Verbraucher- und Datenschutzrecht, hrsg. v. Manfred Wolf; Bd. 4 Sekundärrecht: E EG-Außenwirtschaftsrecht, hrsg. v. Hans Günter Krenzler, 40. Aufl. (2010) Handkommentar zum Vertrag über die Europäische Union (EUV/EGV), Loseblattausgabe (1991 ff) Handbuch des Europäischen Rechts, Loseblattausgabe, hrsg. v. Bieber/Ehlermann (1982 ff) Europäisches Strafrecht, 3. Aufl. (2010) Europarecht, 5. Aufl. (2010) Wettbewerbsrecht EG, 2 Bde., hrsg. v. Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. (2007) (bearb. v. Basedow u.a.) Internationales und Europäisches Strafrecht, 4. Aufl. (2010) EU-Kommentar, hrsg. v. Schwarze, 2. Aufl. (2008) Europarecht, 6. Aufl. (2008) Europäisches Strafrecht, hrsg. v. Sieber et al. (2011) Europarecht, 9. Aufl. (2011)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur 6. Handelsrecht einschließlich Bilanz- und Gesellschaftsrecht Baumbach/Hopt

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn Großfeld/Luttermann Hachenburg Heymann Hopt/Wiedemann Hüffer MK HGB Schmidt/Lutter Scholz Staub Ulmer/Habersack/Winter

Handelsgesetzbuch: HGB mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht, 34. Aufl. (2010) Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. (2009) Bilanzrecht, 5. Auf. (2009) GmbHG, Kommentar, 8. Aufl. (1993 bis 1997) HGB, Kommentar, 4. Aufl. (2004) Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. (1992 ff) Aktiengesetz: AktG, Kommentar, 9. Aufl. (2010) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. (2005 ff) Aktiengesetz, Kommentar (2007) Kommentar zum GmbH-Gesetz in 3 Bänden, 10. Aufl. (2006 ff) Großkommentar zum HGB, 5. Aufl. (2008 ff) GmbHG Kommentar (2008)

7. Jugendstrafrecht AK JGG Brunner Brunner/Dölling Böhm/Feuerhelm Diemer/Schatz/Sonnen Eisenberg JGG Laubenthal/Baier/Nestler Ostendorf JGG Schaffstein/Beulke Streng Walter/Neubacher

Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann (1987) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. (1991) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 12. Aufl. (2011) Einführung in das Jugendstrafrecht, 4. Aufl. (2004) Jugendgerichtsgesetz mit Jugendstrafvollzugsgesetzen, Kommentar, 6. Aufl. (2011) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 15. Aufl. (2011) Jugendstrafrecht, 2. Aufl. (2010) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Aufl. (2009) Jugendstrafrecht, 14. Aufl. (2002) Jugendstrafrecht, 2. Aufl. (2008) Jugendkriminalität: eine systematische Darstellung, 4. Aufl. (2011)

8. Kriminologie Albrecht Dittmann Eisenberg, Kriminologie Göppinger Göppinger/Bock HwbKrim

IntHdbKrim Kaiser Kaiser, Einführung Meier Mezger, Kriminologie

Kriminologie, 4. Aufl. (2010) Kriminologie zwischen Grundlagenwissenschaften und Praxis, hrsg. von Volker Dittmann (2003) Kriminologie, 6. Aufl. (2005) Kriminologie, 4. Aufl. (1980) Kriminologie, 6. Aufl. (2008) Handwörterbuch der Kriminologie, hrsg. v. Sieverts/ Schneider, Bd. 1–3, Ergänzungsband (4. Bd.), Nachtragsund Registerband (5. Bd.), 2. Aufl. (1966 –1998) Internationales Handbuch der Kriminologie, hrsg. v. H.-J. Schneider, Bd 1 (2007); Bd 2 (2009) Kriminologie, Lehrbuch, 3. Aufl. (1996) Kriminologie: eine Einführung in die Grundlagen, 10. Aufl. (1997) Kriminologie, 3. Aufl. (2007) Kriminologie, Studienbuch (1951)

XLIX

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Schneider Schwind

Kriminologie, Lehrbuch, 3. Aufl. (1992) Kriminologie, 21. Aufl. (2011)

9. Ordnungswidrigkeitenrecht Bohnert Bohnert, Grundriss Göhler HK OWiG KK OWiG Mitsch, OWiG Rebmann/Roth/Hermann

Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Aufl. (2007) Ordnungswidrigkeitenrecht, Grundriss für Praxis und Ausbildung, 3. Aufl. (2008) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kurzkommentar, 15. Aufl. (2009) Heidelberger Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz, hrsg. v. Lemke u.a., 2. Aufl. (2005) Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, hrsg. v. Boujong, 3. Aufl. (2006) Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl. (2005) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, Loseblattausgabe (2002 ff)

10. Presserecht Groß Löffler

Löffler HdB Soehring

Presserecht, 3. Aufl. (1999) Presserecht, Kommentar, Bd. 1: Allgemeine Grundlagen, Verfassungs- und Bundesrecht, 2. Aufl. (1969); Bd. 1 (in der 2. Aufl. noch Bd. 2): Die Landespressegesetze der Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. (2006) Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. (2005) Presserecht, 4. Aufl. (2010)

11. Rechtshilfe Grützner/Pötz/Kreß Hackner/Lagodny/Schomburg/Wolf Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner Vogler/Wilkitzki

Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Loseblattausgabe, 3. Aufl. Stand 2011 Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (2003) Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Aufl. (2006); 5. Aufl. (2011) Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), Kommentar, Loseblattausgabe (1992 ff) als Sonderausgabe aus Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 2. Aufl. (1980 ff)

12. Rechtsmedizin und Medizinstrafrecht Foerster/Dreßing Forster Forster/Ropohl Frister/Lindemann/Peters HfPsych I, II

L

Psychiatrische Begutachtung, hrsg. v. Foerster/Dreßing, 5. Aufl. (2009) Praxis der Rechtsmedizin (1986) Rechtsmedizin, 5. Aufl. (1989) Arztstrafrecht (2011) Handbuch der forensischen Psychiatrie, hrsg. v. Göppinger/Witter, Bd. 1: Teil A (Die rechtlichen Grundlagen) und B (Die psychiatrischen Grundlagen); Bd. 2: Teil C (Die forensischen Aufgaben der Psychiatrie) und D (Der Sachverständige, Gutachten und Verfahren) (jew. 1972)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Laufs Laufs/Katzenmeier/Lipp Laufs/Kern Rieger Roxin/Schroth Spickhoff Ulsenheimer Wenzel

Fortpflanzungsmedizin und Arztrecht (1992) Arztrecht, hrsg. v. Laufs/Katzenmeier/Lipp, 6. Aufl. (2009) Handbuch des Arztrechts, hrsg. v. Laufs/Kern, 4. Aufl. (2010) Lexikon des Arztrechts, Loseblatt, 2. Aufl. (2001 ff) Handbuch des Medizinstrafrechts, hrsg. v. Roxin/Schroth, 4. Aufl. (2010) Medizinrecht, hrsg. v. Spickhoff (2011) Arztstrafrecht in der Praxis, 4. Aufl. (2008) Medizinrecht, hrsg. v. Wenzel, 2. Aufl. (2009)

13. Strafprozess- und Strafvollzugsrecht AK StPO

AK StVollzG Arloth BeckOK StPO Beulke Bringewat Calliess/Müller-Dietz Eisenberg Hamm HK StPO Isak/Wagner Joecks Kamann Kammeier Kissel/Mayer KK

Kleinknecht/Meyer-Goßner

KMR

Kramer Kühne, Strafprozeßlehre Kühne, Strafprozessrecht LR

Marschner/Volckart/Lesting

Kommentar zur Strafprozeßordnung – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, Bd. 1 (1988), Bd. 2 Teilbd. 1 (1992), Bd. 2 Teilbd. 2 (1993), Bd. 3 (1996) Kommentar zum Strafvollzugsgesetz – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, 3. Aufl. (1990) Strafvollzugsgesetze, Kommentar, 3. Aufl. (2011) Beck’scher Online-Kommentar StPO, hrsg. v. Graf, 12. Edition (2011) Strafprozessrecht, 11. Aufl. (2010) Strafvollstreckungsrecht: Kommentar zu den §§ 449– 463d StPO (1993) Strafvollzugsgesetz, Kurzkommentar, 11. Aufl. (2008) Beweisrecht der StPO, Spezialkommentar, 7. Aufl. (2011) Die Revision in Strafsachen, 7. Aufl. (2010) Heidelberger Kommentar zur Strafprozeßordnung, hrsg. v. Lemke u.a., 4. Aufl. (2009) Strafvollstreckung, 7. Aufl. (2004); vormals: Wetterich/Hamann; nunmehr: Röttle/Wagner Studienkommentar StPO, 3. Aufl. (2011) Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. (2008) Maßregelvollzugsrecht, Kommentar, 3. Aufl. (2010) Gerichtsverfassungsgesetz. 6. Aufl. (2010) Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz mit Einführungsgesetz, hrsg. v. Pfeiffer, 6. Aufl. (2008) Strafprozeßordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen, Kurzkommentar, 46. Aufl. (2003); nunmehr: Meyer-Goßner Kleinknecht/Müller/Reitberger (Begr.), Kommentar zur Strafprozeßordnung, Loseblattausgabe, 8. Aufl. (1990 ff), ab 14. Lfg. hrsg. von v. Heintschel-Heinegg/Stöckel Grundbegriffe des Strafverfahrensrechts: Ermittlung und Verfahren, 7. Aufl. (2009) Strafprozeßlehre, 4. Aufl. (1993) Strafprozessrecht, 8. Aufl. (2010) Löwe-Rosenberg, Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz mit Nebengesetzen, Großkommentar, 26. Aufl. (2006 ff) Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl. (2010) (vormals Saage/Göppinger)

LI

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Meyer-Goßner

Müller Peters Pfeiffer Pohlmann/Jabel/Wolf Putzke Röttle/Wagner Roxin, Strafverfahrensrecht Roxin/Arzt/Tiedemann Saage/Göppinger Sarstedt/Hamm Schäfer, Strafverfahren Schäfer/Sander/van Gemmeren Schätzler Eb. Schmidt, Lehrkommentar I–III

Schwind/Böhm/Jehle SK StPO Ulrich Volckart Volk Walter, Strafvollzug

Strafprozeßordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen, Kurzkommentar, 54. Aufl. (2011) vormals Kleinknecht/Meyer-Goßner Beiträge zum Strafprozessrecht (2003) Strafprozeß, Ein Lehrbuch, 4. Aufl. (1985) Strafprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz, 6. Aufl. (2008) Strafvollstreckungsordnung, Kommentar, 8. Aufl. (2001) Strafprozessrecht, 2. Aufl. (2009) Strafvollstreckung, 8. Aufl. (2009); vormals Isak/Wagner, 7. Aufl. (2004) Studienbuch, 25. Aufl. (1998); nunmehr Roxin/Schünemann, 26. Aufl. (2009) Einführung in das Strafrecht und Strafprozeßrecht, 5. Auflage (2006) Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl. (1994) (ab der 4. Auflage Marschner/Volckart) Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl. (1998) (ab der 7. Auflage Hamm) Die Praxis des Strafverfahrens, 6. Aufl. (2000) Die Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. (2008) Handbuch des Gnadenrechts, 2. Aufl. (1992) Strafprozeßordnung, Lehrkommentar, Bd. 1: Die rechtstheoretischen und die rechtspolitischen Grundlagen des Strafverfahrensrechts, 2. Aufl. (1964); Bd. 2: Erläuterungen zur Strafprozeßordnung und zum Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung (1957) (mit Nachtragsband 1 [1967] und 2 [1970]); Bd. 3: Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zum Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (1960) Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 5. Auflage (2009) Systematischer Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Loseblattausgabe (1986 ff) Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl. (2007), bis zur 11. Aufl. „Jessnitzer/Ulrich“ Maßregelvollzug, 7. Aufl. (2009) Grundkurs StPO, 7. Aufl. (2010) Strafvollzug, 2. Aufl. (1999)

14. Straßenverkehrsrecht Bär/Hauser/Lehmpuhl Beck/Berr Burmann/Heß/Jahnke/Janker Cramer Full/Möhl/Rüth Hentschel/König/Dauer

LII

Unfallflucht, Kommentar, Loseblattausgabe (1978 ff) OWi – Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. (2011) Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 21. Aufl. (2010), vormals: Jagow/Burmann/Heß Straßenverkehrsrecht, Bd. 1: StVO, StGB, 2. Aufl. (1977) Straßenverkehrsrecht: Kommentar (1980) mit Nachtrag (1980/81) Straßenverkehrsrecht: Straßenverkehrsgesetz, Straßenverkehrs-Ordnung, Fahrerlaubnis-Verordnung, FahrzeugZulassungsverordnung, Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung, EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (Auszug), Bußgeldkatalog, Gesetzesmaterialien, Verwal-

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur

Hentschel Hentschel/Born Himmelreich/Bücken Himmelreich/Hentschel HK StVR Janker Jagow/Burmann/Heß Jagusch/Hentschel Janiszewski Mühlhaus/Janiszewski Müller I–III

Rüth/Berr/Berz

tungsvorschriften und einschlägige Bestimmungen des StGB und StPO, 41. Aufl. (2011), vormals Jagusch/Hentschel Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 10. Aufl. (2006) Trunkenheit im Straßenverkehr, 7. Aufl. (1996) Verkehrsunfallflucht: Verteidigerstrategien im Rahmen des § 142 StGB, 5. Aufl. (2009) Fahrverbot, Führerscheinentzug; Bd. 1: Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 8. Aufl. (1995) Heidelberger Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, hrsg. v. Griesbaum u.a. (1993) Straßenverkehrsdelikte: Ansatzpunkte für die Verteidigung (2002) Straßenverkehrsordnung, Kommentar, 20. Aufl. (2008); vormals: Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht, Kurzkommentar, 40. Aufl. (2009) Verkehrsstrafrecht, 5. Aufl. 2004 Straßenverkehrsordnung, Kommentar, 15. Aufl. (1998); nunmehr: Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht, Großkommentar, 22. Aufl., Bd. 1 (1969) mit Nachtrag 1969, Bd. 2 (1969), Bd. 3 (1973) Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 2. Aufl. (1988)

15. Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht Battis BK Clemens/Scheuring/Steingen

Dreier I–III

Fuhr/Stahlhacke HdStR I–IX

Jarass/Pieroth Kopp/Ramsauer Landmann/Rohmer I, II

v. Mangoldt/Klein/Starck

Maunz/Dürig

Bundesbeamtengesetz, Kommentar. 4. Aufl. (2009) Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), Loseblattausgabe, hrsg. v. Dolzer/Vogel (1954 ff) Kommentar zum Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD). Gesetze, Verwaltungsvorschriften, BAT-O und andere Tarifverträge. Loseblatt. (Stand 2006) Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1: Art. 1–19 (1996), 2. Aufl. (2004); Bd. 2: Art. 20–82 (1998); Bd. 3: Art. 83–146 (2000); Bd. 2, 2. Aufl. (2008) Gewerbeordnung, Kommentar, Gewerberechtlicher Teil, Loseblattausgabe, hrsg. v. Friauf (2001 ff) Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. v. Isensee/Kirchhof, Bd. 1, 3. Aufl. (2003); Bd. 2, 3. Aufl. (2004); Bd. 3, 3. Aufl. (2005); Bd. 4, 3. Aufl. (2006); Bd. 5, 3. Aufl. (2007); Bd. 6, 3. Aufl. (2008); Bd. 7, 3. Aufl. (2009); Bd. 8 (1995); Bd. 9 (1997); Bd. 10 (2000) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Kommentar, 10. Aufl. (2009) Verwaltungsverfahrensgesetz, 12. Aufl. (2011) Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Kommentar, Loseblattausgabe, Bd. 1: Gewerbeordnung; Bd. 2: Ergänzende Vorschriften (jew. 1998 ff) Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1 (Artt. 1–19), Bd. 2 (Artt. 20–82), Bd. 3 (Artt. 83–146), 6. Aufl. (2010); früherer Titel: Das Bonner Grundgesetz Grundgesetz, Kommentar, Loseblattausgabe, 7. Aufl. (1991 ff) (bearb. v. Badura u.a.), 62. Aufl. (2011)

LIII

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Ulsamer v. Münch/Kunig Plog/Wiedow Sachs Schmidt-Aßmann/Schoch Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf Stern I–V

Wolff/Bachof/Stober/Kluth

Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Kommentar, Loseblattausgabe, 3. Aufl. (1992 ff); nunmehr: Maunz/Schmidt/Bleibtreu/Klein/Bethge, 35. Aufl. (2011) Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 5. Aufl. (2000); Bd. 2, 4./5. Aufl. (2001); Bd. 3, 5. Aufl. (2003) Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, mit Beamtenversorgungsgesetz. 293. Erg.-Lfg. (2009) Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage (2011) Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. (2008) Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. (2011) Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. (1984); Bd. 2 (1980); Bd. 3/1 (1988); Bd. 3/2 (1994); Bd. 4 (1997); Bd. 4/2 (2006); Bd. 5 (2000) Verwaltungsrecht, Band 1, 12. Aufl. (2007)

16. Wettbewerbs- und Kartellrecht Baumbach/Hefermehl Emmerich, Kartellrecht Emmerich, Wettbewerbsrecht FK Kartellrecht [GWB]

Fezer Immenga/Mestmäcker GWB Hefermehl/Köhler/Bornkamm

Köhler/Piper

Rittner/Dreher Rittner/Kulka

Wettbewerbsrecht, Kurzkommentar, ab 23. Aufl. als Hefermehl/Köhler/Bornkamm: weitergeführt Kartellrecht, Studienbuch, 11. Aufl. (2008) Unlauterer Wettbewerb, 8. Auflage (2009) Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, mit Kommentierung des GWB, des EG-Kartellrechts und einer Darstellung ausländischer Kartellrechtsordnungen, Loseblattausgabe, hrsg. v. Glassen u.a. (2001 ff) bis zur 44. Lfg. unter dem Titel: Frankfurter Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Lauterkeitsrecht (Kommentar zum UWG) 2 Bände, 2. Aufl. (2010) Wettbewerbsrecht, Kommentar, hrsg. v. Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. (2007) Wettbewerbsrecht: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Preisangabenverordnung, 26. Aufl. (2008), nunmehr: Köhler/Bornkamm, 29. Aufl. (2011) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, 4. Aufl. (2006); nunmehr: Piper/Ohly/Sosnitza, 5. Aufl. 2010 Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. (2008) Wettbewerbs – und Kartellrecht, 7. Aufl. (2008)

17. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Achenbach/Ransiek Belke/Oehmichen Bender/Möller/Retemeyer Bittmann Brüssow/Petri Dannecker/Knierim/Hagemeier Eidam

LIV

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, hrsg. v. Achenbach/ Ransiek, 2. Aufl. (2008); 3. Aufl. (2012) Wirtschaftskriminalität – aktuelle Fragen des Wirtschaftsstrafrechts in Theorie und Praxis (1983) Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht, Loseblatt Insolvenzstrafrecht, hrsg. von Bittmann (2004) Arbeitsstrafrecht (2008) Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl. (2012) Unternehmen und Strafe, 3. Aufl. (2008)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Franzen/Gast/Joecks

Geilen, Aktienstrafrecht

Graf/Jäger/Wittig Greeve/Leipold Hellmann/Beckemper Hübschmann/Hepp/Spitaler HWiStR

Ignor/Rixen Joecks Kempf/Lüderssen/Volk Klein Kohlmann Kohlmann/Reinhart/Ruhmannseder Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/ Weinmann Kudlich/Og˘lakcıog˘lu Kühn/von Wedelstädt Müller-Gugenberger/Bieneck Otto, Aktienstrafrecht

Park Ransiek Rolletschke Schröder (Chr.) Tiedemann, GmbH-Strafrecht

Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht AT, BT Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht I, II Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht EU

Tipke/Kruse

Steuerstrafrecht: mit Steuerordnungswidrigkeiten und Verfahrensrecht; Kommentar zu §§ 369– 412 AO 1977 sowie zu § 80 des ZollVG, 7. Aufl. (2009) Erläuterungen zu §§ 399– 405 AktG von Gerd Geilen, Erläuterungen zu § 408 AktG von Wolfgang Zöllner (1984) (Sonderausgabe aus der 1. Aufl. des Kölner Kommentars zum Aktiengesetz) Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, hrsg. v. Graf/Jäger/ Wittig (2011) (zit. G/J/W) Handbuch des Baustrafrechts (2004) Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. (2010) Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Loseblattausgabe, 10. Aufl. (1995 ff) (bearb. v. Söhn et al.) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, Loseblattausgabe (1985–1990), hrsg. v. Krekeler/Tiedemann u.a. Handbuch Arbeitsstrafrecht, 2. Aufl. (2007) Steuerstrafrecht, 3. Aufl. (2003) Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, hrsg. v. Kempf/Lüderssen/Volk (2009) Abgabenordnung einschließlich Steuerstrafrecht, Kommentar, 10. Aufl. (2009) Steuerstrafrecht, Kommentar zu den §§ 369– 412 AO 1977, Loseblattausgabe, 7. Aufl. (1997 ff), Stand: Juli 2011 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des GmbHGeschäftsführers, 2. Aufl. (2011) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, hrsg. von Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann (1985–1990) Wirtschaftsstrafrecht (2011) Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 20. Aufl. (2011) Wirtschaftsstrafrecht, hrsg. von Müller-Gugenberger/ Bieneck, 5. Aufl. (2011) Erläuterungen zu den §§ 399– 410 AktG (1997) (Sonderausgabe aus der 4. Aufl. des Großkommentars zum Aktiengesetz) Kapitalmarktstrafrecht, Handkommentar, 2. Aufl. (2008) Unternehmensstrafrecht (1996) Steuerstrafrecht, 3. Aufl. (2009) Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl. (2010) GmbH-Strafrecht (§§ 82–85 GmbHG und ergänzende Vorschriften), 5. Aufl. (2010) (Sonderausgabe aus der 10. Aufl. des Kommentars zum GmbHG von Scholz, Bd. III 2010) Wirtschaftsstrafrecht, Einführung und Allgemeiner Teil, 3. Aufl. (2010), Besonderer Teil, 3. Aufl. (2011) Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität, Bd. 1: Allgemeiner Teil; Bd. 2: Besonderer Teil (jeweils: 1976) Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union. Rechtsdogmatik – Rechtsvergleich – Rechtspolitik (Freiburg-Symposium), hrsg. v. Tiedemann (2002) Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung. Kommentar zur AO und FGO (ohne Steuerstrafrecht), Stand: 127. Erg.Lfg. (2011)

LV

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Tipke/Lang Wabnitz/Janovsky Weyand/Diversy Wittig Ziouvas

Steuerrecht, 20. Aufl. (2009) Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. (2007) Insolvenzdelikte, 7. Aufl. (2006) Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. (2011) Das neue Kapitalmarktstrafrecht (2005)

18. Zivilprozessrecht und Insolvenzrecht Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Zivilprozessordnung, 69. Aufl. (2011) FK InsO Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. v. Wimmer, 5. Aufl. (2009) HK InsO Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. v. Kreft, 5. Aufl. (2008) Jaeger, InsO Insolvenzordnung, Großkommentar, hrsg. v. Henckel/ Gerhardt (2004 ff) Kübler/Prütting/Bork InsO – Kommentar zur Insolvenzordnung, Loseblatt Leonhard/Smid/Zeuner Insolvenzordnung (InsO) mit Insolvenzrechtlicher Vergütungsverordnung (InsVV), Kommentar, hrsg. v. Leonhard/Smid/Zeuner, 3. Aufl. (2010) MK InsO Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. (ab 2007) MK ZPO Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl.(2007) Musielak Kommentar zur Zivilprozessordnung, 7. Aufl. (2009) Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht, 17. Aufl. (2010) Stein/Jonas Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 22. Aufl. (2002 ff) Thomas/Putzo Kommentar zur Zivilprozessordnung, 32. Auflage (2011) Zöller Zivilprozessordnung, Kommentar, 29. Aufl. (2012)

19. Sonstiges (einschließlich Arbeits- und Sozialrecht, Völkerrecht und Waffenrecht) Bieneck Brownlie Corpus Juris

Dahm/Delbrück/Wolfrum ErfK Fuchs/Preis Gerold/von Eicken Götz/Tolzmann Hanau/Adomeit Hauck/Noftz Herdegen

LVI

Handbuch des Außenwirtschaftsrechts mit Kriegswaffenkontrollgesetz, hrsg. v. Bieneck, 2. Aufl. (2005) Principles of Public International Law, 7. Aufl. (2008) The implementation of the Corpus Juris in the Member States/La mise en œuvre du Corpus Juris dans les Etats Membres, hrsg. v. Delmas-Marty/Vervaele (2000); Deutsche Version der Entwurfsfassung von 1997: DelmasMarty (Hrsg.), Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union, Deutsche Übersetzung von Kleinke und Tully, Einführung von Sieber (1998) Völkerrecht, 2. Aufl., Band I/1 (1989), Band I/2 (2002), Band I/3 (2002) Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl. (2012) Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. (2009) Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. 18. Aufl. (2008) Bundeszentralregistergesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2000); Nachtrag (2003) Arbeitsrecht, 14. Aufl. (2007) Sozialgesetzbuch – Gesamtkommentar, hrsg. v. Hauck/ Noftz, Loseblatt Völkerrecht, 8. Aufl. (2009)

Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Hoeren/Sieber HwbRW I–VIII

Ipsen Kaiser/Günther/Taupitz KassKomm Keller/Günther/Kaiser Kröger/Gimmy Lüder Rebmann/Uhlig

Schölz/Lingens Seidl-Hohenveldern Seidl-Hohenveldern/Stein Shaw Steindorf/Heinrich/Papsthart

Strupp/Schlochauer Thüsing Tolzmann

Ulsamer LdR Verdross/Simma Vitzthum Waltermann Wannagat Werle

Handbuch Multimedia-Recht, Loseblattausgabe, hrsg. v. Hoeren/Sieber (1998 ff) Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, hrsg. v. StierSomlo u.a., Bd. 1 (1926), Bd. 2 (1927), Bd. 3 (1928), Bd. 4 (1927), Bd. 5 (1928), Bd. 6 (1929), Bd. 7 (1931), Bd. 8 (1937) (unter dem Titel: Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36) Völkerrecht, 5. Aufl. (2004) Embryonenschutzgesetz, Juristischer Kommentar (2008) Kasseler Kommentar Sozialversicherungsgesetz (2011) Embryonenschutzgesetz, Kommentar (1992) Handbuch zum Internetrecht, 2. Aufl. (2002) Materialien zum Völkerstrafgesetzbuch: Dokumentation des Gesetzgebungsverfahrens (2002) Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister, Verkehrszentralregister und ergänzende Bestimmungen, Kommentar (1985) Wehrstrafgesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2000) Lexikon des Rechts – Völkerrecht, 3. Aufl (2001) Völkerrecht, 12. Aufl. (2009) International Law, 5. Aufl. (2003) Waffenrecht: Waffengesetz mit Durchführungsverordnungen, Kriegswaffenkontrollgesetz und Nebenbestimmungen, Kurzkommentar, 9. Aufl. (2010) Wörterbuch des Völkerrechts, 2. Aufl., Band 1 (1960), Band 2 (1961), Band 3 (1962) Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Kommentar, hrsg. v. Thüsing (2005) Bundeszentralregistergesetz, Kommentar, Zentralregister, Erziehungsregister und Gewerbezentralregister, Nachtrag zur 4. Aufl. mit Verwaltungsvorschriften (2003) Lexikon des Rechts: Strafrecht, Strafverfahrensrecht, hrsg. v. Ulsamer, 2. Aufl. (1996) Universelles Völkerrecht, 3. Auflage (1984) Völkerrecht, 5. Aufl. (2010) Sozialrecht, 9. Aufl. (2011) Sozialgesetzbuch IV (2007) Völkerstrafrecht, 2. Aufl. (2007)

LVII

ZWEIUNDZWANZIGSTER ABSCHNITT Betrug und Untreue Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b Schrifttum Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches Besonderer Teil, Straftaten gegen die Wirtschaft (1977); Amelung Rechtsgüterschutz und Schutz der Gesellschaft (1972); Arzt Beweisnot als Motor materiell-rechtlicher Innovationen, FG BGH Bd. IV (2000) 755; Bottke Das Wirtschaftsstrafrecht in der Bundesrepublik Deutschland, wistra 1991 1; Bottke Zur Legitimität des Wirtschaftsstrafrechts (usw.), in Schünemann/Suárez (Hrsg.), Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann (1994) 109; D. Geerds Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz (1990); Geißler Strukturen betrugsnaher Tatbestände: Zur Legitimation und Begrenzung modernen Wirtschaftsstrafrechts (2011); Hefendehl Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht (2002); Hillenkamp Beweisprobleme im Wirtschaftsstrafrecht, in Recht und Wirtschaft Bd. 1 (1985) 221; Jakobs Rechtsentzug als Vermögensdelikt, Festschrift Tiedemann (2008) 649; Jung Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität als Prüfstein des Strafrechtssystems (1979); Kindhäuser Rechtsgüterschutz durch Gefährdungsdelikte, Festschrift Krey (2010) 249; Kindhäuser Zur Legitimität der abstrakten Gefährdungsdelikte im Wirtschaftsstrafrecht, in Schünemannn/Suárez aaO S. 125; Krüger Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff (2000); Lampe Überindividuelle Rechtsgüter, Institutionen und Interessen, Festschrift Tiedemann (2008) 79; Loos Grenzen der Umsetzung der Strafrechtsdogmatik in der Praxis, in Rechtswissenschaft und Rechtsentwicklung (1980) 261; Lüderssen Entkriminalisierung des Wirtschaftsstrafrechts II (2007); H. Mayer Die Untreue im Zusammenhang der Vermögensverbrechen (1926); H. Mayer Die Untreue, in Mat. Bd. I (1954) 333; Muñoz Conde Begriff und Reform des Wirtschaftsstrafrechts, in Schünemann/Suárez aaO S. 61; Nelles Untreue zum Nachteil von Gesellschaften (1991); Otto Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes (1970); Otto Konzeption und Grundsätze des Wirtschaftsstrafrechts, ZStW 96 (1984) 339; Perron Probleme und Perspektiven des Untreuetatbestandes, GA 2009 219; Rönnau (Rechts-)Vergleichende Überlegungen zum Tatbestand der Untreue, ZStW 122 (2010) 299; Roxin Zur neueren Entwicklung der Rechtsgutsdebatte, Festschrift Hassemer (2010) 573; Schünemann Brennpunkte des Strafrechts in der entwickelten Industriegesellschaft, in Hefendehl (Hrsg.), Empirische und dogmatische Fundamente, kriminalpolitischer Impetus (2005) 349; Schünemann Die „gravierende Pflichtverletzung“ bei der Untreue, NStZ 2005 473; Schünemann (Hrsg.), Strafrechtssystem und Betrug (2002); Tiedemann Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht (1969); Tiedemann Der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, ZStW 87 (1975) 253; Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber – Ein Überblick aus Anlass des Inkrafttretens des 2. WiKG, JZ 1986 865; Tiedemann GmbH-Strafrecht (5. Aufl. 2010); Tiedemann (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union (2002); Weigend Bewältigung von Beweisschwierigkeiten durch Ausdehnung des materiellen Strafrechts? Festschrift Triffterer (1996) 695; Wohlers Deliktstypen des Präventionsrechts – Zur Dogmatik „moderner“ Gefährdungsdelikte (2000). Weiteres Schrifttum zum 1. und 2. WiKG in LK11 zu § 264 und § 263a, zum 6. StrRG Vor und zu § 242.

Klaus Tiedemann

1

Vor §§ 263 ff

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Übersicht Rdn. I. Inhalt, Reformen und Rechtsgüter des Betrugsstrafrechts . . . . . . . . . . II. Abstrakte Gefährdungsdelikte und kollektive Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . .

1

Rdn.

2

III. Inhalt, Reformen und Rechtsgüter des Untreuestrafrechts . . . . . . . . . . . .

11

9

IV. Künftig weitere spezielle Untreuetatbestände oder Gesamtreform der Untreue?

14

Der 22. Abschnitt umfasst mit den Betrugs- und Untreuetatbeständen zentrale Materien der Pathologie des Wirtschaftslebens. Die Verbote der Lüge und des Missbrauchs von Verfügungsmacht über fremdes Vermögen stellen neben den Verboten von Drohung und Zwang (§ 240 StGB), von hochriskantem und grob ordnungswidrigem Wirtschaften (§§ 283 ff StGB), von Wucher (§ 291 StGB) sowie von Bestechung (§§ 299 ff, 331 ff StGB) Eckpfeiler des Wirtschaftsstrafrechts dar und sind vom Gesetzgeber – anders als im Nebenstrafrecht – autonom, also relativ unabhängig von außerstrafrechtlichen (wirtschaftsrechtlichen) Regelungen statuiert worden (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 4). Freilich sind konkludente Verweisungen auf solche Regelungen sowie auf die Verkehrssitte durchaus vorhanden, teilweise sogar typisch, wie das Täuschungserfordernis beim Betrug und das Merkmal der Pflichtwidrigkeit bei der Untreue zeigen (Tiedemann aaO Rdn. 5). Auch ergänzt das Nebenstrafrecht mit praktisch wichtigen Straftatbeständen das Täuschungsverbot (vgl. vor allem § 16 UWG, aber auch §§ 399, 400 AktG, 82 GmbHG, 331 ff HGB), mit praktisch weniger bedeutsamen Tatbeständen auch das Verbot ungetreuer Vermögensverwaltung (§§ 34 DepotG, 2 BauforderungssicherungsG).

I. Inhalt, Reformen und Rechtsgüter des Betrugsstrafrechts 2

Der eigentliche Betrugstatbestand (§ 263 Abs. 1 und Abs. 2) ist seit seiner Aufnahme in das Reichsstrafgesetzbuch unverändert geblieben. Er ist einerseits kompliziert, andererseits pauschal gefasst und vom Gesetzgeber auf die Beziehung von zwei oder drei Personen zugeschnitten. Damit hat sich der Tatbestand schon bald nach seinem Inkrafttreten als nur eingeschränkt geeignet erwiesen, den Interessenkonflikten im Verhältnis des Wirtschafters zur Öffentlichkeit und den Schutzbedürfnissen in der arbeitsteiligen Industriegesellschaft gerecht zu werden (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 2). Noch vor der Wende zum 20. Jahrhundert führten die Exzesse der so genannten Gründerzeit zu spezifischen, bereits Rdn. 1 erwähnten speziellen Straftatbeständen des Gründungsschwindels und der Bilanzfälschung im HGB, AktG und GmbHG. Verbreitete unlautere Werbepraktiken, bei denen der Täter das individuelle Opfer nicht kennt, erzwangen wenig später die Einführung eines Straftatbestandes der irreführenden Werbung im UWG unter Beschränkung auf Täuschungseignung. Dabei standen praktische Beweisschwierigkeiten mit dem Betrugstatbestand im Vordergrund.1 Sie wiesen aber zugleich auf neue Schutzbedürfnisse und neue Rechtsgüter hin.2

1

2

Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität Bd. 2 Besonderer Teil (1976) S. 32 mit Nachw., 146 u.ö. – Allgemein und zutreffend dazu Arzt FG BGH Bd. IV (2000) 755.

2

Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität Bd. 1 Allgemeiner Teil (1976) S. 108 ff.

Klaus Tiedemann

Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b

Vor §§ 263 ff

Die Reformbewegung seit dem 49. Deutschen Juristentag 1972 führte zu weiteren, teilweise betrugsähnlichen Spezialtatbeständen, die aus generalpräventiven Gründen in das Strafgesetzbuch eingestellt wurden: Das 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.7.1976 (1. WiKG) brachte mit dem Straftatbestand des Subventionsbetruges (§ 264) einen spezifischen Strafschutz der Wirtschaftssubvention als wirtschaftspolitischem Lenkungsinstrument. Dieses wird wegen seiner Wichtigkeit und Schadensanfälligkeit – der natürliche Kontrollmechanismus der Gegenleistung und ein personales, vom Täter wahrgenommenes Opfer fehlen! – bereits im Vorfeld der Schädigung des Vermögens öffentlicher Haushalte geschützt. Wegen der besonderen Verantwortung des unternehmerischen Empfängers unentgeltlicher Leistungen werden schon leichtfertiges Fehlverhalten bei der Antragstellung sowie Unterlassen der Aufklärung über subventionserhebliche Tatsachen inkriminiert (§ 264 Abs. 4). Auf Grund des Übereinkommens vom 26.7.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der EG wurde der Strafschutz auf die untreueähnliche Verwendung der Subvention entgegen einer dem Subventionsnehmer auferlegten Beschränkung ausgedehnt (§ 264 Abs. 1 Nr. 2) und auf alle subventiven Leistungen aus öffentlichen Mitteln nach EU-Recht erstreckt (§ 264 Abs. 7 Nr. 2). Das Zusammenwirken von § 264 StGB mit dem Gesetz gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen (SubventionsG) vom 29.7.1976 (Wortlaut bei Tiedemann LK § 264 Rdn. 13) ermöglicht zugleich die Erfassung von Umgehungshandlungen, wie sie in spektakulärer Weise am Anfang der Bemühungen Pate zur Einführung des § 264 gestanden hatten. Für EG-(EU)-Subventionen ist insoweit die VO des Rates Nr. 2988/95 vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (VO über Unregelmäßigkeiten) einschlägig (dazu Tiedemann aaO Rdn. 12). Auf dem 1. WiKG beruht ferner der spezifische Straftatbestand des Kreditbetruges (§ 265b), der den Geld- sowie den Warenkredit wegen seiner bedeutenden volkswirtschaftlichen Funktion ebenfalls bereits im Vorfeld der Schädigung des (Vermögens des) Kreditgebers schützt. Die erforderliche Beschränkung ergibt sich daraus, dass nicht auch Verbraucher-, sondern nur Betriebskredite erfasst werden und die Täuschungshandlung auf schriftliche Angaben und Unterlagen („namentlich Bilanzen“ usw.) beschränkt wird. Dies verbessert zugleich die Beweislage. Der Straftatbestand hat daher vor allem zu Beginn der Ermittlungen als „Aufgreiftatbestand“ Bedeutung. Er schließt aber durch Einbeziehung von Bewertungen und Prognosen auch eine durch den Betrugstatbestand gelassene Lücke. Schließlich reformierte das 1. WiKG den bereits 1935 eingeführten Straftatbestand des Erschleichens von Leistungen (§ 265a), der auf alle Datenübertragungssysteme im Fernmeldebereich ausgedehnt wurde und traditionell die Erschleichung der Leistung eines Automaten oder der Beförderung durch ein Verkehrsmittel betrifft. Durch das 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986 (2. WiKG) wurde der praktisch wichtige Tatbestand des Computerbetruges (§ 263a) in das Strafgesetzbuch eingeführt. Er füllt – wie bereits § 265a – eine echte, durch die Entwicklung der Technik bedingte und auch im ausländischen Strafrecht bekannte Lücke des Betrugstatbestandes, da dieser nach ganz h.M. den Irrtum eines Menschen voraussetzt (Tiedemann LK § 263 Rdn. 92). Die Tatbestandstruktur des § 263a lehnt sich weitgehend an § 263 an, um einer ungewollten Kriminalisierung unübersehbarer Bereiche entgegen zu wirken.

3

4

5

6

Der ebenfalls durch das 2. WiKG geschaffene Straftatbestand des Kapitalanlagebe- 7 truges (§ 264a) betrifft wiederum eine Täuschung – auch über Bewertungen und Prognosen – im Vorfeld der (Vermögens-)Schädigung von Anlegern, schützt nach h.M. aber

Klaus Tiedemann

3

Vor §§ 263 ff

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

auch das Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (Tiedemann/ Vogel LK § 264a Rdn. 25 mit Nachw.). Infolge der Eile der Gesetzgebung wurden nicht alle relevanten Formen der Kapitalanlage erfasst. Jedoch ist – anders als bei § 16 UWG, den § 264a StGB insoweit ergänzt – auch das Verschweigen nachteiliger Tatsachen in Prospekten (usw.) strafbar. Damit werden Zweifelsfragen einer Garantenstellung bei § 263 StGB ausgeräumt. Der älteste Spezialtatbestand war bereits im RStGB und zuvor im PrStGB von 1851 8 und PrALR von 1794 enthalten: der Versicherungsbetrug, der durch das 6. StrafrechtsreformG vom 26.1.1998 (6. StrRG) neu gestaltet und in Versicherungsmissbrauch umbenannt wurde (§ 265). Die historische Beschränkung des Strafschutzes auf die Brand- und die Seeversicherung als älteste, volkswirtschaftlich wichtige Versicherungszweige wurde zugunsten einer umfassenden Einbeziehung aller Arten der Sachversicherung aufgegeben, dabei der frühere Verbrechenscharakter beseitigt und das bisherige Erfordernis, dass kein Anspruch des Versicherungsnehmers auf die Versicherungsleistung besteht, fallen gelassen: Als Vergehen strafbar ist nunmehr jede künstliche Herbeiführung des Sachversicherungsfalles, sofern nicht § 263 eingreift (formelle Subsidiarität).

II. Abstrakte Gefährdungsdelikte und kollektive Rechtsgüter 9

Abgesehen von §§ 263a, 265a verzichten alle genannten Spezialtatbestände auf ein Schadenserfordernis. Sie werden daher meist als abstrakte Gefährdungsdelikte im Vorfeld des Betruges bezeichnet und wegen dieser Vorverlegung der Strafbarkeit mit unterschiedlicher Intensität in ihrer Legitimität angezweifelt.3 Hierauf wird bei der Erläuterung der einzelnen Tatbestände ausführlich eingegangen. Vorab und zusammenfassend ist hierzu zu bemerken: Kritik und Zweifel leben von dem alleinigen Bezug des Betrugsstrafrechts auf das 10 individuelle Rechtsgut des Vermögens, wie ihn die Kritiker postulieren oder stillschweigend zu Grunde legen. In Bezug auf kollektive oder überindividuelle Rechtsgüter verliert demgegenüber die Unterscheidung von Verletzungs-, konkreten und abstrakten Gefährdungsdelikten weitgehend ihren Sinn: Die Bezeichnung als abstrakte Gefährdung erfolgt meist nur aushilfs- und auffangweise, weil durch die Straftat weder eine Verletzung noch eine konkrete Gefährdung eines (individuellen) Rechtsgutes eintritt (zust. Hefendehl S. 174). Zutreffend hat sich international die Erkenntnis durchgesetzt, dass das so genannte abstrakte Gefährdungsdelikt die angemessene Reaktionsform des Strafrechts bei dem Schutz kollektiver (überindividueller) Rechtsgüter ist (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 60 mit Nachw.; Rengier BT I § 17, 2). Deren Anerkennung vollzieht sich vor allem über Institutionen des Wirtschaftslebens und des Wirtschaftsrechts, das daher für die Ausbildung schutzwürdiger überindividueller Rechtsgüter zentrale Bedeutung hat: Rechtspflege und Beweisurkunden sind Beispiele im „klassischen“ Strafrecht, Subvention, Kapitalanlage, Kredit und Versicherungswesen sind Beispiele im modernen Wirtschaftsstrafrecht (vgl. näher Rdn. 47 Vor § 263, § 264 Rdn. 10, § 264a Rdn. 26, § 265 Rdn. 4, § 265b Rdn. 8). Die erforderlichen Funktionsbedingungen solcher Institu-

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Zusammenfassend zu der teilweise polemischen Literatur Roxin AT I § 2, 68 ff und zuletzt FS Hassemer (2010) 589 ff sowie bereits Schünemann GA 1995 204 ff, später Schünemann in Hefendehl (Hrsg.), Empiri-

sche und dogmatische Fundamente S. 356 ff, 360; klärend Kindhäuser FS Krey (2010) 253 ff und FS Tiedemann Bd. II (Lima 2011) 1115 ff, je m.w.N.

Klaus Tiedemann

Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b

Vor §§ 263 ff

tionen und Instrumente werden durch gegen sie gerichtete Straftaten verletzt und nicht nur (abstrakt) gefährdet (zust. Bottke in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 111 ff; ebenso Kindhäuser AT § 8 Rdn. 22). Der Strafgesetzgeber bewehrt diese Bedingungen unter dem verfassungsrechtlichen Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit nach den Kriterien der Bedeutung für das Wirtschaftsleben, der Gefährlichkeit ihrer Gegenstände für die Wirtschaftsteilnehmer sowie ihrer Anfälligkeit für Missbrauch und Manipulationen. Diese Grenzen sind bei § 265 überschritten.

III. Inhalt, Reformen und Rechtsgüter des Untreuestrafrechts Der Untreuetatbestand (§ 266) war im Reichsstrafgesetzbuch als absichtliche Nach- 11 teilszufügung für einen kasuistisch benannten Täterkreis unter Strafe gestellt. Das Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften vom 26.5.1933 verallgemeinerte die Tätertauglichkeit und teilte die Tathandlung in zwei Alternativen auf, welche die Missbrauchsund die Treubruchstheorie der früheren Lehre kombinierte und einfachen Vorsatz genügen ließ. Dadurch entstand ein sehr unbestimmter Straftatbestand, der in jüngster Zeit zu vielfachen Einschränkungsversuchen der höchstrichterlichen Rechtsprechung geführt hat (dazu hier nur BVerfGE 126, 170 ff Rdn. 106 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 3, je m.w.N.; eingehend Schünemann LK § 266 Rdn. 24 ff). In der Praxis ist § 266 teilweise ein Auffangtatbestand für pathologisches Wirtschaftsgeschehen geworden. Seine kriminalpolitische Berechtigung ist – auch – insoweit umstritten. Neben § 266 StGB bestanden im Nebenstrafrecht früher zahlreiche Spezialtatbestände 12 der Untreue (dazu auch BVerfG aaO Rdn. 91). Von ihnen wurden in den 1960er Jahren die Tatbestände der gesellschaftsrechtlichen Untreue in den handelsrechtlichen Gesellschaftsrechtsgesetzen als überflüssig gestrichen (dazu Tiedemann GmbH-Strafrecht Rdn. 4 Vor §§ 82 ff mit Nachw.; unten Rdn. 14). Durch das EGStGB von 1974 aufgehoben wurden auch die Tatbestände der Kommissionärsuntreue (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 BörsenG a.F.) und der Untreue des Treuhänders nach dem VersicherungsaufsichtsG (§ 138 VAG a.F.). Das 2. WiKG (Rdn. 6) fasste 1986 die im Nebenstrafrecht verstreuten Straftatbestände des Vorenthaltens von Beitragsanteilen des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung als neuen § 266a StGB zusammen (Möhrenschlager LK § 266a Entstehungsgeschichte) und schuf wegen Unklarheiten der Rechtsprechung4 nach dem Vorbild des AE 1977 den Straftatbestand des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten (§ 266b StGB), der nach Beendigung des von den Banken garantierten Euroscheckverkehrs seit 2001 praktisch nur noch die Kreditkarten betrifft. Beide Spezialstraftatbestände sind untreueähnlich (Möhrenschlager LK § 266a Rdn. 7 und Fn. 44 sowie § 266b Rdn. 2) und schützen neben individuellen Vermögens- auch institutionelle Systeminteressen (BGHSt 47 160, 168 und NStZ 2010 216; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 409, 565, 587; aA Möhrenschlager für § 266b, vgl. dort Rdn. 3). Das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 23.7.2004 hat § 266a auf die vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung ausgedehnt (Absatz 2). Der fortbestehende Spezialstraftatbestand der Depotunterschlagung (§ 34 DepotG) 13 betrifft die rechtswidrige Verfügung über Wertpapiere, die insbesondere Banken verwahren oder in Kommissionsbesitz (usw.) haben (näher dazu AE BT Straftaten gegen die Wirtschaft S. 128; Schünemann LK § 266 Rdn. 222). Er ist praktisch wenig bedeutsam 4

Möhrenschlager LK § 266b Entstehungsgeschichte sowie Rdn. 2, je mit Nachw.

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Vor §§ 263 ff

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

(Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 318 mit Nachw.) und im Verhältnis zu §§ 246, 266 StGB formell subsidiär. Die zweckwidrige Verwendung von Baugeld durch den Baugeldempfänger ist nur bei Zahlungseinstellung oder Insolvenzeröffnung über dessen Vermögen strafbar (§ 5 BauforderungssicherungsG; zu der praktischen Bedeutung der gleichlautenden Vorgängernorm Lemme wistra 1998 41 ff). Der Straftatbestand stammt aus dem Jahre 1909 und war eine Reaktion auf die Erfahrungen der Nachgründerzeit. Er geht § 283 StGB vor (Tiedemann LK § 283 Rdn. 241). Seine Bedeutung liegt jedoch hauptsächlich auf zivilrechtlichem Gebiet (§ 823 Abs. 2 BGB! Vgl. aber auch BGH NJW 2001 2484 f).

IV. Künftig weitere spezielle Untreuetatbestände oder Gesamtreform der Untreue? 14

Offizielle Reformvorhaben zur Einführung weiterer Spezialtatbestände der Untreue sind nicht bekannt. Entwürfe privater Arbeitskreise sehen insbesondere die Wiedereinführung eines verbesserten Straftatbestandes der gesellschaftsrechtlichen Untreue vor (§ 183 AE BT Straftaten gegen die Wirtschaft, Art. 45 Europa-Delikte), wie er im europäischen Ausland vielfach bekannt ist.5 Daneben werden spezielle Tatbestände der Bauträgeruntreue (abredewidrige Verwendung von Finanzierungsmitteln)6 und der Untreue von Angehörigen freier Berater-Berufe (Architekten, Ärzte usw. bei Annahme verdeckter Provisionen)7 empfohlen. Ein altes Reformanliegen ist schließlich ein Spezialtatbestand der Amts- oder Haushaltsuntreue.8 Eine gesetzgeberische Ausdehnung des § 266b auf neue Zahlungsmittel mit Dritt15 garantie wie die Verwendung der ec-Karte im POS- (point of sale-)Verfahren schlägt Möhrenschlager (LK § 266b Rdn. 4) nach dem Vorbild des schweizerischen und des portugiesischen Strafrechts vor; seit dem 23.12.2010 ist auch eine entsprechende Ergänzung des spanischen Código Penal beachtenswert. Eine Gesamtreform der Untreue steht seit den Untersuchungen H. Mayers im Raum 16 und müsste darauf abzielen, den Tatbestand auf eine „in sich geschlossene Gruppe von Handlungen“ zu beschränken, „deren Straflosigkeit unerträglich wäre“ (H. Mayer in Mat. Bd. I S. 339; zust. zuletzt Jakobs Festschrift Tiedemann S. 661, der ein Vermögensdelikt des „Rechtsentzugs“ favorisiert – was im gängigen Strafrechtssystem als „Ver5

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Zusammenfassend Cappel Grenzen auf dem Weg zu einem europäischen Untreuestrafrecht (2009) und Foffani, in Tiedemann (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der EU S. 311, 329 ff sowie FS Tiedemann S. 767, 785 ff (insbesondere auch zum italienischen Recht). Zum französischen Recht Anders ZStW 114 (2002) 488 ff und Foffani ZStW 122 (2010) 374 ff; zum spanischen Recht Luzón-Peña/Roso Cañadillas ZStW 122 (2010) 354 ff und Perron GA 2009 232 f; zum englischen Recht Schünemann LK § 266 Rdn. 273 m.w.N. – Aus dem sonstigen Schrifttum Tiedemann FS Tröndle S. 319 ff; Weber FS Dreher S. 555 ff. AE BT Straftaten gegen die Wirtschaft

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S. 129 f; Holzmann Bauträgeruntreue und Strafrecht (1981); Tiedemann Verh. 49. DJT (1972) Bd. I S. C 85. Franzheim in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft (2. Aufl. 1972) S. 111, 124 f; Tiedemann LK § 299 Rdn. 73. AE BT Straftaten gegen die Wirtschaft S. 129 f; Kohlmann/Brauns Zur strafrechtlichen Erfassung der Fehlleitung öffentlicher Mittel (1979); Munz Haushaltsuntreue (2001); Neye Untreue im öffentlichen Dienst (1981); Perron GA 2009 233; Volk Bewirtschaftung öffentlicher Mittel und Strafrecht (1979). Neuester Entwurf bei Schünemann LK § 266 Rdn. 270.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

mögensentzug“ einschließlich -belastung zu übersetzen wäre). – Breite Zustimmung findet in der strafrechtlichen Literatur der konkretere Vorschlag des E 1962 (§ 263), den Kreis tauglicher Untreuetäter zu spezifizieren und auf Personengruppen mit besonderer Rechtsmacht zu beschränken.9

Vorbemerkungen Vor § 263 Schrifttum Vgl. zunächst die Angaben Vor §§ 263 ff; ferner: Achenbach Vermögen und Nutzungschance – Gedanken zu den Grundlagen des strafrechtlichen Vermögensbegriffes, Festschrift Roxin (2011) 1005; Ahn Das Prinzip der Schadensberechnung und die Vollendung des Betruges bei zweiseitigen Vertragsverhältnissen (1995); Amelung Auf der Rückseite der Strafnorm. Opfer und Normvertrauen in der strafrechtsdogmatischen Diskussion, Festschrift Eser (2005) 3; Appel Verfassung und Strafe (1998); Arzt Viktimologie und Strafrecht, MSchrKrim 1984 105; Arzt Betrug durch massenhafte plumpe Täuschung, Festschrift Tiedemann (2008) 595; Baumann Endlich strafrechtliche Bekämpfung des Submissionsbetruges, NJW 1992 1661; Berger Der Schutz öffentlichen Vermögens durch § 263 StGB (2000); Birnbaum Beitrag zur Lehre von Fälschung und Betrug, insbesondere über die sog. Verletzung des Rechts auf Wahrheit als Hauptmerkmal der Fälschung, Archiv des Criminalrechts n.F. 1 (1834) 527; Bockelmann Der Unrechtsgehalt des Betruges, Festschrift Kohlrausch (1944) 226; Bohnenberger Betrug durch Vertragserschleichung (1990); Borst Der zukünftige Betrugsbegriff, JW 1935 1221; Böse Europäisches Gemeinschaftsrecht und nationales Strafrecht (1998); Buschmann Die Entwicklung des strafrechtlichen Betrugsbegriffs im 19. Jahrhundert, Diss. Rostock 1939; Cramer Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht (1968) (mit Bspr. Tiedemann JurA 1970 261); Dahm Betrug, in Gürtner (Hrsg.), Das kommende deutsche Strafrecht. Besonderer Teil (1935) S. 345; Dannecker Das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, in Leitner (Hrsg.), Aktuelles zum Finanzstrafrecht (1999) S. 9; Graf zu Dohna Erpressung und Betrug seit dem Zeitalter der Aufklärung, Festschrift Zycha (1941) 469; Ellmer Betrug und Opfermitverantwortung (1986); Eick Die Berücksichtigung des Opferverhaltens beim Betrug am Beispiel der Werbung (2011); Eser Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als Betrugsschaden, GA 1962 289; Esser Opferverhalten als Zurechnungskriterium, Festschrift Krey (2010) 81; Fabricius Betrug, Betrugsbegriffe und gesellschaftliche Entwicklung (1985); Fromm Der strafrechtliche Schutz der Finanzinteressen der EG (2004); Gallas Der Betrug als Vermögensdelikt, Festschrift Eb. Schmidt (1961) 401; D. Geerds Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz (1990) (mit Bspr. Tiedemann ArchKrim 1991 61); Grau Sozialadäquate Geschäftstüchtigkeit oder strafbarer Betrug? (2009); Gröblinghoff Die Verpflichtung des deutschen Strafgesetzgebers zum Schutz der Interessen der Europäischen Gemeinschaften (1996); Harbort Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug (2010); H. Hartmann Untersuchungen zum Vermögensbegriff beim Betrug, Diss. Saarbrücken 1965; Hecker Strafbare Produktwerbung im Lichte des Gemeinschaftsrechts (2001); Hefendehl Vermögensgefährdung und Exspektanzen (1994); Heger Perspektiven des Europäischen Strafrechts nach dem Vertrag von Lissabon, ZIS 2009 406; Heger Zur Frage der Legitimität europarechtlicher Straftatbestände, in Schünemann (Hrsg.), Alternativentwurf Europäische Strafver-

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Vgl. nur Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 22 Rdn. 8; Holzmann aaO S. 216 ff; Nelles S. 540; Otto in Tiedemann (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der EU S. 353, 363; Perron aaO S. 232 ff; Rönnau ZStW 122 (2010) 323 f m.w.N.; s. aber auch Schüne-

mann LK § 266 Rdn. 3. – Zur schweizer. Diskussion, zugleich mit Blick auf § 266 StGB, Honsell FS N. Schmid (2001) 225, der S. 236 für den Treubruchstatbestand (Art. 158 Nr. 1 schweiz. StGB) de lege ferenda Bereicherungsabsicht fordert.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

folgung (2004) 82; Hegler Betrug, in VDB Bd. VII S. 405; Hennings Teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes aufgrund von Mitverantwortung des Opfers (2002); Hernández Basualto Strafrechtlicher Vermögensschutz vor irreführender Werbung – § 4 UWG (1999); Hernández Basualto Täuschung und Opferschutzniveau beim Betrug – zwischen Kriminalpolitik und Dogmatik, Festschrift Tiedemann (2008) 605; Hilgendorf Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht, entwickelt am Beispiel des Betruges und der Beleidigung (1998); Hilgendorf Betrug im Internet, in Asada et al. (Hrsg.), Das Recht vor den Herausforderungen neuer Technologien (2005) S. 141; Hillenkamp Vorsatztat und Opferverhalten (1981); Hirschberg Der Vermögensbegriff im Strafrecht (1934); Hofbeck Der Charakter des Betrugs, ein Delikt gegen das Vermögen oder die Redlichkeit im Geschäftsverkehr, Diss. München 1954; Huber (Hrsg.), Das Corpus Juris als Grundlage eines Europäischen Strafrechts (2000); Hupe Falsum, fraus und stellionatus im römischen und germanischen Recht bis zur Rezeption (1967); Jakobs Rechtsentzug als Vermögensdelikt, Festschrift Tiedemann (2008) 649; Joecks Zur Vermögensverfügung beim Betrug (1982); Joerden Zur Versuchsstrafbarkeit beim Betrug und seinen Derivaten im Wirtschaftsstrafrecht, GS Blomeyer (2004) 373; Jordan Untreue und Betrug durch Zweckverfehlung, JR 2000 133; Kamberger Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Garantenstellung im Strafrecht? (1996); Kempermann Wesen und Unrechtsgehalt des Betruges, ZStW 57 (1938) 126; Kindhäuser Täuschung und Wahrheitsanspruch beim Betrug, ZStW 103 (1991) 398; Kindhäuser Der Computerbetrug (§ 263a StGB) – ein Betrug? Festschrift Grünwald (1999) 285; Knauth Das Mitverschulden des Opfers beim Betrug (1984); Knoben Der Grundgedanke des Betrugstatbestandes (1940); Kohler Treue und Glauben im Verkehr, ein Beitrag zur Lehre vom strafbaren Betrug (1893); Krack List als Straftatbestandsmerkmal (1994); Kratzsch Aufgabenund Risikoverteilung als Kriterien der Zurechnung im Strafrecht, Festschrift Oehler (1985) 65; Kühne Geschäftstüchtigkeit oder Betrug? (1978); Kurth Das Mitverschulden des Opfers beim Betrug (1984); Lampe Personales Unrecht im Betrug, Festschrift Otto (2007) 623; Merkel Kriminalistische Abhandlungen II, Erste Abtheilung: Die Lehre vom strafbaren Betruge (1867); Mitsch Die Vermögensdelikte im Strafgesetzbuch nach dem 6. Strafrechtsreformgesetz, ZStW 111 (1999) 65; Mohrbotter Der Bettel-, Spenden- und Subventionserschleichungsbetrug, GA 1969 225; Nagler Bezugsscheine als Objekte von Vermögensverbrechen, ZAkDR 1941 294; Naucke Zur Lehre vom strafbaren Betrug (1964); Naucke Der Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Irrtum beim Betrug, Festschrift K. Peters (1974) 109; Nelles Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, zugleich ein Beitrag zur Struktur des Vermögensbegriffs als Beziehungsbegriff (1991); Otto Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes (1970); Otto Die strafrechtliche Bekämpfung unseriöser Geschäftstätigkeit (1990); Pastor Muñoz Überlegungen zur tatbestandsmäßigen Täuschung beim Betrug, GA 2005 129; Pawlik Das unerlaubte Verhalten beim Betrug (1999); K. Peters Die Begrenzung des Strafrechts bei zivilrechtlichen Verhältnissen als materiellrechtliches Problem, Festschrift Eb. Schmidt (1961) 488; Pérez Manzano Die objektive Zurechnung beim Betrug, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann (1994) 213; Petropoulos Die Berücksichtigung des Opferverhaltens beim Betrugstatbestand (2005); Prieß/Spitzer Die Betrugsbekämpfung in der Europäischen Gemeinschaft, EuZW 1994 297; Rengier Gedanken zur Problematik der objektiven Zurechnung im Besonderen Teil des Strafrechts, Festschrift Roxin (2001) 811; Riemann Vermögensgefährdung und Vermögensschaden (1989); Rommel Der Betrug (1894); Rosenau Zur Europäisierung im Strafrecht, ZIS 2008 9; Ruhs Neue Wege für das Betrugsstrafrecht, Festschrift Rissing-van Saan (2011) 567; Satzger Die Europäisierung des Strafrechts (2001); Schaffstein Abhandlungen zur Strafrechtsgeschichte (1986); Schlüchter Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens beim Betrug – Ärgernis oder Rechtsstaatserfordernis? in Brieskorn/Mikat/Müller/Willoweit (Hrsg.), Vom mittelalterlichen Recht zur neuzeitlichen Rechtswissenschaft [Festschrift Trusen] (1994) 573; Chr. Schröder Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht (2002); Schütz Die Entwicklung des Betrugsbegriffs in der Strafgesetzgebung vom Codex Juris Bavarici Criminalis (1751) bis zum Preußischen Strafgesetzbuch (1851) (1988); Sieber Entwicklungsstand und Perspektiven des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann (1994) 349; Soyka Einschränkungen des Betrugstatbestands durch sekundäres Gemeinschaftsrecht (usw.), wistra 2007 127; Stuckenberg Zur Strafbarkeit von „Phishing“, ZStW 118 (2006) 878; Thomma Die Grenzen des Tatsachenbegriffs, insbesondere bei der betrügerischen Täuschungshandlung (2003); Tiedemann Zur Reform der Vermögens- und Wirtschaftsstraftatbestände, ZRP 1970 256; Tiedemann Welche strafrechtlichen Maßnahmen empfehlen sich für die wirksamere Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität? in Verh. 49. DJT (1972) Bd. I S. C 1;

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Tiedemann Plädoyer für ein neues Wirtschaftsstrafrecht, ZRP 1976 49; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität Bd. II Besonderer Teil (1976); Tiedemann Europäisches Gemeinschaftsrecht und Strafrecht, NJW 1993 23; Tiedemann Strafrecht in der Marktwirtschaft, Festschrift Stree/Wessels (1993) 527; Tiedemann Pour un espace juridique commun après Amsterdam, AGON Nr. 17 (1997) S. 12; Tiedemann Der Subventionsbetrug – Ausgangspunkt eines supranationalen europäischen Strafrechts, AGON Nr. 25 (1999) S. 19; Tiedemann Das Betrugsstrafrecht in Rechtsprechung und Wissenschaft, FG BGH (2000) Bd. IV S. 551; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht in Europa, Festschrift Achenbach (2011) 563; Vergho Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht (2009); Vogel Betrugsstrafrecht (unveröff. Habilitationsschrift Freiburg i.Br. 1999); Vogel, Betrug durch konkludente Täuschung (usw.), GS Keller (2003) 313; Vogel Legitimationsprobleme beim Betrug: Eine entstehungszeitliche Analyse, in Schünemann (Hrsg.), Strafrechtssystem und Betrug (2002) 89; T. Walter Betrugsstrafrecht in Frankreich und Deutschland (1999); Waßmer Untreue bei Risikogeschäften (1997); Weidemann Das Kompensationsproblem beim Betrug, Diss. Bonn 1972; Weigend Strafrecht durch internationale Vereinbarungen – Verlust an nationaler Strafrechtskultur? ZStW 105 (1993) 774; Wittig Das tatbestandsmäßige Verhalten der Betrugs (2005); Zieschang Das Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der EG und seine Auswirkungen auf das deutsche Strafrecht, EuZW 1997 78. Schrifttum zur Kriminologie des Betruges Brettner Betrüger im Gewand des reisenden Kaufmanns (1955); Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bekämpfung von Betrug und Urkundenfälschung (1956); Daniels Die Opfer des Betruges, Diss. Freiburg 1950; Ehrlich Betrüger und ihre Opfer (1967); Haag Betrügerische Hochstapelei und Schwindel, Diss. Freiburg 1977; Hecker Psychosoziale Strukturelemente der Subkultur des Betrügers in kriminologischer Sicht, Diss. Freiburg 1986; v. Hentig Zur Psychologie der Einzeldelikte Bd. III: Der Betrug (1957); Herren Psychogramm des Wirtschaftsverbrechers, Freiburger Universitätsblätter H. 77 (1982) S. 25; Kaiser Brennpunkte der Wirtschaftskriminologie, Festschrift Tiedemann (2008) 1583; Leemann Der junge Betrüger und seine kriminelle Entwicklung (1972); Lenz Der Betrogene (1961); Leßner Betrug als Wirtschaftsdelikt (1984); Middendorff Die Opfer des Betruges, in Schweizer Arbeitsgruppe für Kriminologie (Hrsg.), Viktimologie (Diessenhofen 1986) S. 101; Müller/Wabnitz/Janovsky Wirtschaftskriminalität (5. Aufl. 2011); Nass Der Betrüger, MschKrim 1958 14; Nestler Phänomenologie der Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen, JZ 2009 984 Padowetz Der Heiratsschwindel (Wien 1954); Possehl Moderne Betrüger (1928); Herb. Schäfer Betrug und Betrüger (1963); Herb. Schäfer (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität/Weiße-Kragen-Kriminalität (1974); H. Schneider Der Wirtschaftsstraftäter in seinen sozialen Bezügen, in RoelfsPartner und Universität Leipzig (Hrsg.), Der Wirtschaftsstraftäter in seinen sozialen Bezügen (2009) S. 4; Schulte Betrugskriminalität Heranwachsender, Diss. Mainz 1969; Scriba Zur Kriminologie der älteren Rückfallbetrüger, med. Diss. Göttingen 1965; Siegel Der Hochstapler und seine Tat, Diss. Freiburg 1975; Teufel Zur Kriminologie des Betrügers, Die Polizei 1977 81; Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft (1. Aufl. 1970, 2. Aufl. 1972); Tiedemann Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität und Möglichkeiten ihrer strafrechtlichen Bekämpfung, ZStW 88 (1976) 231; Tiedemann Ziele und Probleme wirtschaftskriminologischer Forschung, Festschrift R. Lange (1976) 541; Tiedemann Handelsgesellschaften und Strafrecht, Festschrift Würtenberger (1977) 241; Tiedemann Phenomenology of Economic Crime, in Council of Europe (Hrsg.), Criminological Aspects of Economic Crime (1978) S. 208; Tiedemann Die kriminologische Erforschung der Wirtschaftskriminalität, in Bundeskriminalamt (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität (1984) S. 113; Tiedemann/Sasse Delinquenzprophylaxe, Kreditsicherung und Datenschutz in der Wirtschaft (1973); Wulffen Die Psychologie des Hochstaplers (1923); Ziegleder Wirtschaftkriminalität im Geschäftsleben (2010); Zirpins Art. Betrug, in Sieverts (Hrsg.), Handwörterbuch der Kriminologie Bd. I (2. Aufl. 1966) S. 81; Zirpins Von Schwindelfirmen und anderen unlauteren (kriminellen) Unternehmen des Wirtschaftslebens (1959); Zirpins/Terstegen Wirtschaftskriminalität (1963). Ausländisches und rechtsvergleichendes Schrifttum Ackermann Submissionskartell als Betrug am Staat? Festschrift N. Schmid (2001) 291; Arroyo de las Heras Los delitos de estafa y falsedad documental (Barcelona 2005); Arroyo Zapatero/Nieto Martín (Hrsg.), Fraude y corrupción en el Derecho penal económico europeo (Cuenca 2006 mit Ein-

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Vor § 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

führung Tiedemann S. 29); Asúa Batarrita Estafa común y fraude de subvenciones, in Universidad Autónoma de Madrid (Hrsg.), Hacia un derecho penal económico europeo (Festschrift für Klaus Tiedemann) (Madrid 1995) 125; Asúa Batarrita Das Verhältnis zwischen Subventionsbetrug und allgemeinem Betrug im spanischen StGB, Festschrift Tiedemann (2008) 663; Bacigalupo Möglichkeiten einer Rechtsangleichung im Strafrecht zum Schutz der Finanzinteressen der Europäischen Gemeinschaft, in Dannecker (Hrsg.), Die Bekämpfung des Subventionsbetrugs im EG-Bereich (1993) S. 146; Bajo Fernández Los delitos de estafa en el Código penal (Madrid 2004); Betschart Grundfragen der strafrechtlichen Erfassung betrügerischen Verhaltens gegenüber dem Staat (Bern 1991); du Bois-Pedain Die Strafbarkeit untreueartigen Verhaltens im englischen Recht, ZStW 122 (2010) 325; Bommer Grenzen des strafrechtlichen Vermögensschutzes bei rechts- und sittenwidrigen Geschäften (Bern 1996); Boog Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Begriff des Vermögensschadens beim Betrug (Basel 1991); Brown Fraud cases in the Scottish criminal justice system, AGON Nr. 16 (1997) 13, Nr. 17 (1998) 9; Choclán Montalvo El delito de estafa (Barcelona 2000); v. Cleric Betrug verübt durch Schweigen. Eine dogmatische wie praktische Studie nach deutschem und schweizerischem Recht (Zürich 1918); Conde-Pumpido Ferreiro Estafas (Valencia 1997); Darby Der Schutz des Vermögens gegen Täuschung, ZStW 108 (1996) 548; Fanelli La Truffa (Mailand 2009); Farrell/Yeo/Ladenburg Blackstone’s Guide to The Fraud Act 2006 (Oxford 2007); Faure Der strafrechtliche Schutz des Vermögens gegen Täuschung in Belgien, Frankreich und den Niederlanden, ZStW 108 (1996) 527; Delmas-Marty (Hrsg.), Corpus Juris portant dispositions pénales pour la protection des intérêts financiers de l’Union Européenne (Paris 1997; deutsche Übersetzung hrsg. von Sieber 1998 unter dem Titel: Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union); Delmas-Marty/Vervaele (Hrsg.), The implementation of the Corpus Juris (Antwerpen 2000); Escher Die Lehre von dem strafbaren Betruge und von der Fälschung nach römischem, englischem und französischem Rechte und den neueren deutschen Gesetzgebungen (Zürich 1840); Gafos To eglima tis apatis (Das Delikt des Betruges) (Athen 1931); Gómez Colomer/González Cussac (Hrsg.), La reforma de la justicia penal (Festschrift für Klaus Tiedemann) (Castellón de la Plana 1998); Grau/Airey/Frick Neuere Strafbarkeitsrisiken im Geschäftsverkehr mit England & Wales – The Fraud Act 2006, BB 2009 1426; Griew The Theft Acts (7. Aufl. London 1995); Kiriakidis Das griechische Betrugsstrafrecht (ungedr. Magisterarbeit Freiburg i.Br. 1999); Landrove Díaz Los fraudes colectivos (Barcelona 1978); Leigh Increasing Controls over Transnational Crime: Some Observations from the British Experience, Festschrift Tiedemann (2008) 1503; Lorca Martines El perjuicio patrimonial en el delito de estafa (Madrid 1990); Lucarelli La Truffa (Padua 2002); Ludwig Betrug und betrugsähnliche Delikte im spanischen und deutschen Strafrecht (2002); Maggini La Truffa (Padua 1988); Marcello de Araújo Dos crimes contra a ordem econômico (Sao Paulo 1995 mit Einführung Tiedemann S. 17); Mayaud Le mensonge en droit pénal (Lyon 1979); Muñoz Conde Über den so genannten Kreditbetrug, Festschrift Tiedemann (2008) 677; Nieto Martín El papel del engaño en el delito de estafa, Festschrift Tiedemann (Lima 2011) Bd. I 537; Parzmayr Zur individuellen Schadenskomponente beim Betrug (Wien 2000); Pastor Muñoz La determinación del engaño tipico en el delito de estafa (Barcelona 2004); Perrez Der Betrug im italienischen und schweizerischen Strafrecht (Winterthur 1963); Rebollo Vargas Propuestas para la controversia en la delimitación típíca del delito de estafa, Festschrift Tiedemann (Lima 2011) Bd. I 617; Riegger Die Regelung des Betrugs im iberoamerikanischen Strafrecht (1981); Niggli Zum System des strafrechtlichen Vermögensschutzes, Festschrift N. Schmid (2001) 237; Romero Los elementos del tipo de estafa (Buenos Aires 1986); Schünemann/Suárez González (Hrsg.), Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts (Madrid-Symposion für Klaus Tiedemann) (1994); Seuvic L’incrimination de l’escroquerie: étude législative et jurisprudentielle, Diss. Nancy II 1984; Silva Sánchez (Hrsg.), Libertad económica o fraudes punibles? (Madrid 2003); Suárez González Der Betrug im Lichte einer neuen Tatbestandskonzeption – Betrug und objektive Zurechnung, in Schünemann (Hrsg.), Strafrechtssystem und Betrug (2002) 115; Tapani Petos liikesuhteessa (Helsinki 2004); Tiedemann Die Regelung von Täterschaft und Teilnahme im europäischen Strafrecht, Festschrift Nishihara (1998) 496; Tiedemann Temas de derecho penal económico y ambiental (Lima 1999); Tiedemann Derecho penal y nuevas formas de criminalidad (2. Aufl. Lima 2007); Tiedemann Betrug und Korruption in der europäischen Rechtsangleichung, Festschrift Otto (2007) 1055; Tiedemann/Cosson Straftaten und Strafrecht im deutschen und französischen Bankund Kreditwesen (1973); Valle Muñiz El delito de estafa (Barcelona 1987); Valls Prieto El fraude de

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

subvenciones de la Unión Europea (Madrid 2005); Vervaele EEG-fraude en Europees economisch strafrecht (Deventer 1991); B. Vogel Grenzen eines beweisfunktionalen Strafrechts: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zu den reformierten Betrugs- und Untreuedelikten des englischen Rechts, Diss. Potsdam 2012; Wagemann Die Geschichte des Betrugsstrafrechts in England und den amerikanischen Bundesstaaten (2005); Walter Betrugsstrafrecht in Frankreich und Deutschland (1999); Wismer Das Tatbestandselement der Arglist beim Betrug, Diss. Zürich 1988; Zannotti La Truffa (Mailand 1993).

Übersicht Rdn. I. Betrugskriminalität im Wirtschaftsleben (Kriminologische Aspekte und Terminologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erscheinungsformen und Tätertypen (Kommunikation und Täuschung in Gesellschaft und Wirtschaftsleben) . a) Terminologie und Tätertypen . . . b) Betrug als Wirtschaftsdelikt? . . . 2. Häufigkeit und Schäden (Statistik und Dunkelfeld) . . . . . . . . . . . . . 3. Täter-Opfer-Beziehung . . . . . . . . II. Geschichtlicher Abriß des Betrugsstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Römisches Recht . . . . . . . . . . . 2. Mittelalterliches und Gemeines Recht 3. Preuß. StGB 1851 . . . . . . . . . . 4. RStGB 1871 . . . . . . . . . . . . .

.

1

. . .

1 1 5

. 8 . 10 . . . . .

12 13 14 15 16

III. Geschützte Rechtsgüter . . . . . . . . . 1. Vermögen und andere Rechtsgüter im Betrugsstrafrecht . . . . . . . . . . . . 2. Zusatzrechtsgüter beim Betrug? . . . . 3. Schutz des wirtschaftlichen Vermögens a) Vermögen als Persönlichkeitsgut? . . b) Vermögen und (Dispositions-)Freiheit c) Zusammenfassung . . . . . . . . .

18 18 21 26 27 28 33

IV. Opfermitverantwortung . . . . . . 1. Mögliche Eingrenzungskriterien . 2. Standpunkt der h.M. . . . . . . . 3. Verbraucherleitbild des § 16 UWG

34 35 37 40

. . . .

. . . .

V. System und Auslegung des Betrugsstrafrechts (§§ 263 ff) . . . . . . . . . . . . 1. Sonderschutz öffentlichen Vermögens 2. Sondertatbestände in technischen und wirtschaftlichen Bereichen . . . . . . a) Immaterielle Leistungen . . . . . . b) „Vorfeld“ des Betruges, Publikumsund Institutionenschutz . . . . . . 3. Fehlende Systemeinheit der §§ 263 ff; Gefährdungsdelikte . . . . . . . . .

Rdn. 4. Auslegung und außerstrafrechtliche Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . 50

. . . .

. 41 . 42 . 43 . 46 . 47

VI. Auslandsrechte und Rechtsvergleichung 1. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . 2. Österreich . . . . . . . . . . . . . . 3. Griechenland . . . . . . . . . . . . 4. Der romanische Rechtskreis . . . . . a) Frankreich (und Hinweise zu den Benelux-Staaten) . . . . . . . . . b) Italien . . . . . . . . . . . . . . . c) Spanien (und Hispanoamerika) . . d) Portugal (und Brasilien) . . . . . . 5. Die nordischen Rechtsordnungen . . 6. Großbritannien . . . . . . . . . . . a) England . . . . . . . . . . . . . . b) Schottland . . . . . . . . . . . . 7. Rechtsvergleichung und Folgerungen für das deutsche Recht . . . . . . . . a) Betrugsmodelle in Europa . . . . . b) Anregungen für das deutsche Recht c) Betrugsbegriff des EG-Übereinkommens 1995 („PIF“) . . . . . . . . VII. Einflüsse des EU-Rechts . . . . . . . . 1. Vorrang des Unionsrechts bei Verweisungsbegriffen . . . . . . . . . . . . 2. Unionsrechtskonforme Auslegung der §§ 263 ff . . . . . . . . . . . . . . . 3. Assimilierung nach Art. 325 Abs. 2 AEUV, Harmonisierung nach dem PIF-Übereinkommen von 1995 und durch Richtlinien; supranationale Verordnung nach Art. 325 Abs. 4 AEUV

. . . . .

51 51 56 60 62

. . . . . . . .

63 69 72 77 81 87 87 91

. 93 . 93 . 94 . 95 . 96 . 96 . 98

. 100

VIII. Reform des Betrugsstrafrechts? . . . . . 1. Amtlicher Entwurf 1962 (§ 252) . . . . 2. Alternativ-Entwurf 1977 (§§ 170 ff) . . 3. Corpus Juris zum Schutz der EU-Finanzinteressen (2000) . . . . . . . . . . . .

105 105 106 107

. 48

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

I. Betrugskriminalität im Wirtschaftsleben (Kriminologische Aspekte und Terminologie) 1. Erscheinungsformen und Tätertypen (Kommunikation und Täuschung in Gesellschaft und Wirtschaftsleben)

1

a) Betrug und Betrügereien bilden im heutigen Wirtschafts- und Sozialleben eine bunte Palette verschiedenster Erscheinungsformen, denen nur das Element der Täuschung, Unehrlichkeit oder Unredlichkeit gemeinsam ist. Die Phänomene reichen vom komplizierten Anlagebetrug in Bezug auf Wertpapiere, Handelsgesellschaften und Immobilien über den eher psychologisch interessanten Heiratsschwindel bis hin zur einfachen Zechprellerei und betreffen neuerdings zusätzlich den Internetbetrug und den Betrug mit Kredit- und Debetkarten sowie das „Phishing“ von Bankkundendaten als Vorbereitung für Kontoplünderungen (vgl. näher Rdn. 4 und 10). Die im geltenden deutschen Strafrecht entgegen volkstümlichem Sprachgebrauch zwingende Notwendigkeit eines durch die Täuschung kausal herbeigeführten Vermögensschadens beim Betrug i.e.S. unterteilt diese Vielfalt in einer kriminologisch nicht immer nachvollziehbaren Weise (dazu Lampe FS Otto S. 645). 2 Als Betrügerei werden demgegenüber Begehungsweisen bezeichnet, die nicht notwendigerweise (voll) den Tatbestand des § 263 erfüllen, insbesondere weil kein nachweisbarer Zusammenhang mit einem Vermögensschaden besteht oder die Handlung keine Täuschung im engeren Sinne beinhaltet, sondern im weiteren Sinne unehrlich oder unredlich ist; eingeschlossen sind Herstellung und Gebrauch inhaltlich unrichtiger Urkunden, Geheimhaltung von Wettbewerbsabsprachen, möglicherweise sogar Korruption und Geldwäsche (vgl. Art. 1 ff Corpus Juris [Rdn. 107]; historisch Schaffstein S. 182). Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) spricht von „betrugsverwandten“ Delikten (PKS 2010 S. 195) und schließt dabei sogar Veruntreuungen und Insolvenzdelikte ein, dagegen z.B. Wettbewerbsdelikte aus. In einem ähnlich weiten Sinne erscheinen die „Betrügereien“ in Art. 325 AEUV als Rechtsbegriff, soweit es um EU-Kompetenzen auf strafrechtlichem Gebiet geht (dazu Rdn. 100 ff; vgl. ferner den EU-rechtlichen Begriff der „Unregelmäßigkeit“, z.B. in VO Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft; dazu Tiedemann LK § 264 Rdn. 12). Ebenso spricht die Begr. zum EG-FinanzschutzG 1998 im Hinblick auf die Umsetzung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften von 1995 von „Betrügereien“ (zu Lasten der Haushalte der Europäischen Gemeinschaften; BTDrucks. 13/10425 S. 1). In einem vergleichbar weiten Sinn verwendet die französische Fassung des AEUV und des Corpus Juris (Rdn. 107) den Begriff „fraude“ (während der Betrug im technischen Sinne nach französischer Terminologie „escroquerie“ heißt, vgl. näher Rdn. 63 ff; entsprechend die italienische Terminologie: „frode“ und „truffa“, vgl. Rdn. 71, und die spanische Unterscheidung von „fraude“ und „estafa“, vgl. Rdn. 72 ff). 3 Wie schon die wenigen in Rdn. 1 genannten Beispielsbereiche zeigen, betrifft die dem Betrug i.e.S. immanente Kommunikation als Informationsmitteilung sowohl individuelle als auch kollektive Beziehungen und greift in der modernen arbeitsteiligen Informationsgesellschaft ganz oder teilweise auch in eher anonyme Beziehungen über: Neben den klassischen Betrüger, der – z.B. als Versicherungsvertreter – sein Opfer physisch aufsucht und überredet, treten massive publikumsorientierte trügerische Werbemaßnahmen in den Massenmedien, im Internet, in Drucksachen usw. Diese Abnahme interpersoneller Beziehungen wird in der Kriminologie als für die Industriegesellschaft typisch

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Vorbemerkungen Vor § 263

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angesehen1 und lässt traditionelle Theoreme zum Verhältnis von Wissen und Freiheit, Vertrauen und Gesellschaft, Vorenthaltung von und Teilhabe an Information zweifelhaft oder einseitig-modellhaft werden. Sie führt zu neuen publikumsschützenden Sondertatbeständen (z.B. § 264a), ist aber – etwa bei den modernen Formen des Warenvertriebs – selbstverständlich auch für § 263 selbst relevant (vgl. nur Schünemann GA 1995 201, 211 f; Schuhr ZStW 123 [2011] 517, 533 f). Damit und mit der Entwicklung moderner Technologien hängt u.a. die als „Profitkriminalität“ eingeordnete, aber keineswegs stets als Betrug strafbare Zunahme des Angebots und der Erbringung wirtschaftlich nicht notwendiger Leistungen zusammen (vgl. nur Eisenberg Kriminologie4 § 47, 12 u. 13; auch P.-A. Albrecht Kriminologie1 S. 316 m.w.N.). Die von der Kriminologie entwickelten Typologien (Gaunerei, Schwindel, Hochstapelei 4 usw.) zeichnen sich, wie bereits in Rdn. 1 erwähnt, dadurch aus, dass sie das Täuschungselement in den Vordergrund stellen und das historisch relativ neue Erfordernis eines Vermögensschadens (Rdn. 14 ff) vernachlässigen. Für die Rechtsanwendung, z.B. im Hinblick auf § 263 Abs. 3 und 5, ergiebiger ist die Aufteilung der Tätertypen in Gelegenheits- und Situationsbetrüger (Einzeltäter), Serien- und Berufsbetrüger sowie bandenmäßig arbeitende Täter2: Berufsbetrüger werden häufig „gewerbsmäßig“ (§ 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt.; hierzu § 263 Rdn. 296) handeln. Sie bereichern sich ausschließlich oder überwiegend in krimineller Weise, arbeiten typischerweise im Anlage- und Kreditgeschäft, vor allem mittels Schein- und Schwindelfirmen, oder betreiben gewerbsmäßig Insolvenzen mit wechselnden Unternehmungen; kleinere Einzelschäden richten Bettel- und Unterstützungsbetrüger, Sammelbetrüger, Wechselfallenschwindler, falsche „Grußbesteller“, Logis-, Zech- und Tankstellenbetrüger an, während Kurpfuscher und Okkulttäter (dazu § 263 Rdn. 10, 12, 242) häufig als Großbetrüger unter Ausnutzung moderner Wirtschaftsmethoden tätig werden. Situationstäter geraten nach anfänglich seriösem Geschäftsbetrieb aus wirtschaftlicher Not oder aus Gewinnstreben in die Versuchung, Betrügereien (z.B. durch Kreditaufnahme trotz hoher Verschuldung) zu begehen. Gelegenheitstäter erzielen bei passender Tatsituation (z.B. einem Versicherungsfall oder einer Dienstreise) zusätzlichen Gewinn (durch zu hohe Schadensangaben oder Beanspruchung von Entschädigung für nicht entstandenen Aufwand), können aber z.B. als Abzahlungsbetrüger auch wiederholt Gelegenheitstaten begehen; sie verhalten sich im übrigen meist legal oder bewegen sich im Bereich der Grenzmoral. Insbesondere der Warenkreditbetrug kann aber als sog. Stoßbetrug auch in serienmäßiger Begehungsform auftreten. Serienbetrugsfälle können § 263 Abs. 3 Nr. 2 2. Alt. (hierzu § 263 Rdn. 299) unterfallen und betreffen neben dem Stoßbetrug sowohl den Anlageschwindel im großen Stil und den ärztlichen Abrechnungsbetrug als auch kleinere Betrügereien insbesondere durch Warenvertrieb (Warenbetrug) an der Haustür („Hausieren“, „Nepperei“ usw.); sie gehen z.T. in den berufs- oder gewohnheitsmäßig begangenen Betrug über. Bandenbetrug (vgl. § 263 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. und Abs. 5) betrifft vor allem den unbaren Zahlungsverkehr durch Einsatz gestohlener oder nachgemachter Scheck- und Kreditkarten, aber auch die Telekommunikation durch gefälschte oder manipulierte Telefonkarten (Tiedemann FS Kaiser S. 1373, 1374, 1379). Der Begriff ist zugleich das gesetzestechnische Mittel zur Erfassung der Organisierten Kriminalität (§ 263 Rdn. 307).

1

2

Eisenberg Kriminologie § 47, 11; Tiedemann in Tiedemann (Hrsg.), Verbrechen in der Wirtschaft2 S. 11 f. Dazu (im Anschluss an Mezger) Teufel Die Polizei 1977 82; Tiedemann Verh. 49. DJT

Bd. I S. C 22 f m.w.N.; zustimmend Herren Freiburger Univ.Bl. 77 (1982) 26 f. Vgl. auch Naucke S. 150 ff und H. Schneider in Göppinger/Bock, Kriminologie § 25, 12 ff, je m.w.N.

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Vor § 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

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b) Ob und inwieweit der Betrug als Wirtschaftsstraftat einzuordnen ist (so „im weiteren Sinn“ Duttge in Dölling/Duttge/Rössner § 263 Rdn. 1), wird im kriminologischen Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Der kriminologisch sog. Schwindel wird terminologisch meist einfachen (evidenten) Betrügereien oder aber Betrugsfällen ohne Bezug zum kaufmännisch-wirtschaftlichen Leben vorbehalten (Eisenberg Kriminologie § 45, 118; Hecker S. 57 f m.w.N.) und scheidet daher hier von vornherein aus. Die vor allem im kriminologisch-kriminalistischen Schrifttum vorgeschlagene Kategorie des „Wirtschaftsbetruges“ 3 hat sich wegen ihrer abgrenzungsarmen Allgemeinheit als rechtliche Bezeichnung bisher nicht durchgesetzt, kann aber in anschaulicher Weise für die (meisten) Sondertatbestände des Betruges (§§ 264 ff) und zusätzliche Teilbereiche des allgemeinen Betrugstatbestandes – insbesondere Kapitalanlageschwindel, auch soweit dieser nicht von § 264a erfasst wird – verwendet werden. Im Einzelnen wird wegen der überindividuellen (sozialen) Schutzrichtung zutreffend der gegen das Sozial-(Finanz-)Vermögen gerichtete Betrug, z.B. in Form von Subventions- und Wiedergutmachungsbetrug, als Wirtschaftsdelikt eingeordnet (vgl. Eisenberg Kriminologie § 47, 24); Entsprechendes gilt für den Versicherungsbetrug und den Versicherungsmissbrauch (Tiedemann LK § 265 Entstehungsgeschichte mit Nachw.). Wegen des typischen Bezugs auf den Umlauf und die Finanzierung von Wirtschaftsgütern heben die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) und das kriminologische Schrifttum in diesem Zusammenhang zusätzlich den Waren- und Warenkredit-Betrug (Lieferantenkredit-Betrug) sowie den Geld- und Geldkredit-Betrug hervor (vgl. nur Eisenberg aaO § 47, 24 und 25). Bei einer derartigen Begriffsbestimmung sind ca. 40 % aller bekannt gewordenen Betrugsfälle als Wirtschaftsdelikt anzusehen (Eisenberg aaO § 47, 25). Unter Einbeziehung der Erfahrungen der „Bundesweiten Erfassung von Wirtschaftsstraftaten nach einheitlichen Gesichtspunkten“ bezeichnet Kaiser (Kriminologie § 74, 24) insgesamt mehr als die Hälfte aller Wirtschaftsstraftaten als Betrug und betrugsähnliche Delikte (vgl. auch Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 1). Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2010 (S. 58) klassifiziert ebenfalls erheblich mehr als die Hälfte aller von der Polizei (also nicht unmittelbar von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Finanzbehörden) verfolgten Wirtschaftsdelikte (102 813 Fälle) – auch – als Betrug (65 648 Fälle) und erwähnt weitere 68528 Fälle von Computerkriminalität i.w.S., die wegen der Dominanz der Automatenmanipulationen „nicht immer Wirtschaftskriminalität“ sei (S. 17). § 74c Abs.1 Nr. 6 GVG rechnet unter kriminalistisch-prozessualen Gesichtspunkten 6 den Betrug dann zu den Wirtschaftsstraftaten, wenn „zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind“. Dies wird z.B. beim kaufmännischen Kreditbetrug (vgl. auch § 265b) sowie beim Kapitalanlagebetrug (vgl. auch § 264a) regelmäßig und beim Subventionsbetrug (vgl. auch § 264) nicht selten der Fall sein. Näher dazu § 263 Rdn. 339. Angesichts dieses statistisch-kriminologischen Befundes kann trotz der umstrittenen 7 Definitionsfrage kein Zweifel daran bestehen, dass der Betrugstatbestand mit seinem Täuschungsverbot einen strafrechtlichen Eckpfeiler bei der Eingrenzung des Wirtschaftslebens darstellt (vgl. nur Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 47, 2; oben Rdn. 1 Vor §§ 263 ff). Er betrifft vor allem den Austausch von Wirtschaftsgütern und die Erbringung von Dienstleistungen. Der Eintritt in das und das Ausscheiden aus dem Wirt3

F. Geerds Handbuch der Kriminalistik Bd. I S. 269 ff („Wirtschaftsbetrügereien“ als Wirtschaftsdelikte i.w.S.); Geisler/Mohr in Poerting (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität Teil 1

14

(1983) S. 74 ff; Leßner S. 6 ff; krit. Kaiser Kriminologie § 74, 25; vgl. auch Tiedemann Verh. 49. DJT Bd. I S. C 31.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

schaftsleben wird wegen der einschneidenden und potentiell gefährlichen, da besonders betrugsanfälligen Bedeutung dieser Ereignisse zusätzlich durch strafrechtliche Sondertatbestände erfasst, die auf den Nachweis einer durch Täuschung verursachten Vermögensschädigung verzichten (Aktien- und GmbH-Strafrecht, insbesondere zwecks Ahndung von Gründungsschwindel bei der Registereintragung und der Publikumswerbung von Handelsgesellschaften mit gesetzlich beschränkter Haftung; Insolvenzstrafrecht, insbesondere zur Verhinderung manipulierten Ausscheidens aus dem zivilrechtlichen Haftungsverbund; vgl. Tiedemann FS Stree/Wessels S. 537 ff und oben Rdn. 1 f Vor §§ 263 ff). 2. Häufigkeit und Schäden (Statistik und Dunkelfeld). Ungeachtet der erheblichen 8 Variationsbreite und kriminologischen Einordnung der Erscheinungsformen zählt der Betrug (§§ 263–265b) mit 968162 polizeilich ermittelten Fällen (PKS 2010 Tab. 01 Schlüsselzahl 510000 S. 8) oder 16,3 % Anteil an der bekannt gewordenen Kriminalität zu den häufigsten Delikten. Er liegt nach dem Diebstahl an zweiter Stelle der registrierten Kriminalität, wenn die Verkehrsstraftaten außer Betracht bleiben (vgl. Eisenberg Kriminologie § 45, 117 mit Nachw.). Zusammen mit Diebstahl und Sachbeschädigung stellt er – ohne Berücksichtigung der Verkehrsstraftaten – ca. 70 % der erfassten Kriminalität. Hinzu tritt ein Dunkelfeld, dessen Ausmaß als besonders erheblich eingeschätzt werden muss, da einerseits die (Selbst-)Schädigung dem Opfer typischerweise verborgen bleibt und andererseits nach Erkenntnis der Schädigung eine psychologische Hemmung gegenüber der Erstattung von Strafanzeige unter notwendiger Aufdeckung der eigenen Leichtgläubigkeit oder Dummheit besteht.4 Bei den der Strafverfolgung bekannt gewordenen Fällen ist die Aufklärungsquote allerdings traditionell hoch und liegt bei knapp 80 % (PKS 2010 S. 8), was aus der grundsätzlichen Natur des Betruges als Beziehungs- oder Kontaktdelikt erklärt wird (Eisenberg aaO; Teufel Die Polizei 1977 81 Fn. 2). Die Strafverfolgungsstatistik weist für 2010 rund 130 000 Aburteilungen aus (S. 36). Mit bis zu 70 % der verurteilten Täter ist der Anteil Vorbestrafter traditionell groß (Teufel aaO S. 83. Knapp 70 % der Tatverdächtigen im Jahre 2010 waren männlichen Geschlechts (PKS aaO). Die materiellen Schäden variieren entsprechend der Vielfalt der Erscheinungsformen. 9 Bei 23 % der 2010 polizeilich ermittelten Fälle lag der Schaden unter 50 Euro (PKS 2010 Tab. 07 S. 9). Die Höhe der Vermögensschäden nimmt mit der Annäherung an Kategorien der Wirtschaftsstraftat zu (Eisenberg Kriminologie § 47, 25 mit Einzelangaben insbesondere zu den verschiedenen Formen des Kreditbetruges). Spezielle Angaben zum Umfang der Strafverfolgung und der Schäden finden sich bei der Erläuterung der Sondertatbestände des Betruges (Tiedemann LK § 264 Rdn. 7, § 264a Rdn. 14, § 265 Rdn. 1, § 265a Rdn. 4, § 265b Rdn. 18). 3. Täter-Opfer-Beziehung. Die Begehung des Betruges setzt auf Seiten des Täters 10 wegen der Notwendigkeit einer Überlistung des Opfers eine gewisse Intelligenz voraus („Intelligenzdelikt“, zum Zusammenhang mit der Schichtzugehörigkeit des Täters und dem Werttypus power Eisenberg Kriminologie § 50, 4; H. Schneider in Göppinger/Bock [Hrsg.], Kriminologie § 25, 14; zur „Betrügerpersönlichkeit“ Bannenberg Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, 2002, S. 211 ff, 359). Die Intelligenz ist jedoch bei den einzelnen kriminologischen Varianten (vom Bettel- und Zechbetrug über Abzahlungsbetrug, Okkultschwindel, Kurpfuscherei, Spiel- und Wettbetrug bis hin zur 4

Eisenberg Kriminologie § 45, 117; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 491.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Hochstapelei, zum Beteiligungs- und Stoßbetrug usw.) von durchaus unterschiedlicher Höhe (ausführlich Hecker S. 59 ff, der insoweit statuskonstituierende Hypothesen bildet). Als allgemeines Kriterium wurde sie früher überschätzt (vgl. aber auch Fabricius S. 56 mit Nachw.). Heute wird kriminologisch – entsprechend der Deutung des Betruges als „Beziehungsdelikt“ (Interaktionsdelikt) – die Täter-Opfer-Beziehung zunehmend zur Erklärung der Bedürfnisstrukturen und spezifischen Situationen zum Betrugszeitpunkt berücksichtigt (vgl. Cleff/Naderer/Volkert MschrKrim 2011 4, 6 ff, Kaiser Kriminologie § 49, 6 und allgemein bereits Tiedemann FS R. Lange S. 547 f, je m.w.N.). In der Anpassung der Betrugstechnik an die Opferbedürfnisse liegt zugleich der Einfluss gesellschaftlicher und kultureller Verhältnisse auf die Begehung von Betrug und Betrügereien begründet. Neben den zeitbedingten gibt es aber auch zeitüberdauernde kriminologische Formen des Betruges (vgl. nur Haag S. 16 f mit Beispielen). Unter den Motiven des Opfers spielt neben Mitleid, Hilfsbereitschaft und Devotionslust Gewinnsucht eine maßgebende Rolle (Kaiser aaO § 49, 7 mit Nachw.). Nach der grundlegenden Lehre Merkels (S. 68 ff, 90 ff) soll dieses Motiv auch für die rechtliche Charakterisierung des Betruges von zentraler Bedeutung sein und den Vorsatz des Betrügers kennzeichnen (dazu § 263 Rdn. 248; Weidemann S. 128). Allgemein ist gegenüber den kriminologischen Studien zum psychologischen Gefüge 11 der Opferseite beim Betrug der Vorbehalt anzubringen, dass sich insbesondere die Betonung der faktischen Möglichkeit zur Leistungsverweigerung bei Misstrauen des Opfers gegenüber dem Täter (v. Hentig S. 187 ff; Lenz S. 111 ff, 133 ff) ganz auf den privatrechtlichen Individualverkehr beschränkt; diese Möglichkeit besteht in öffentlich-rechtlich geregelten Bereichen (dazu unten Rdn. 42) so nicht. Hieraus kann eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der öffentlichen Erbringer von Leistungen (§ 264 Abs. 3!) folgen (Tiedemann Verh. 49. DJT Bd. I S. C 49; auch Pawlik S. 194 ff; krit. aber Vogel § 3 II 1c).

II. Geschichtlicher Abriss des Betrugsstrafrechts 12

Der Betrugstatbestand in seiner heutigen Form ist historisch jung. Nach üblicher Einschätzung ist er „ein Produkt des 19. Jahrhunderts“ (Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 1; Schaffstein S. 171) und verdankt seine begriffliche Abgrenzung von anderen Tatbestandsfiguren, insbesondere die Beschränkung auf Vermögensverletzungen, der materialistischen Denkweise des wirtschaftlichen Liberalismus (so Lackner LK10 Rdn. 1; Schütz S. 193 ff; vorsichtiger Schaffstein S. 172). Gegenüber der Kennzeichnung als „Kunstprodukt“ durch Haft/Hilgendorf 7 (BT I S. 299) ist zu bedenken, dass voraufgehende Wirtschafts- und Rechtsordnungen durch ein Netz gewerbepolizeilicher Kontrollvorschriften und durch Inkriminierung bereits des Vorstadiums des Betruges kein Bedürfnis nach einem Straftatbestand entstehen ließen, der allgemein auf die Vermögensschädigung durch Täuschung abstellt (Schaffstein S. 173). Bei genauerer Betrachtung ist der moderne Betrug damit insgesamt eine Frucht des Rationalismus und der späten Aufklärung mit ihrer liberalen Neubestimmung des Verhältnisses von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft5 und ihren Leitideen von Abstrahierung und Kodifizierung. Jedenfalls reicht

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Vgl. Schaffstein S. 181; Vogel § 1 I 4; ähnlich Schlüchter FS Trusen S. 588 (unter Betonung des Einflusses von Feuerbachs nullum crimenGrundsatz) sowie Schütz S. 8 ff (die S. 194 ff historische Stimmen, z.B. Mittermaier, zitiert,

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welche auf die Praktikabilität des Strafrechts und die begrenzte Verfolgungskapazität abhoben und mit dieser Begründung die Strafwürdigkeit einfacher Täuschungen verneinten); vgl. auch Vogel in Schünemann S. 89 f

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

seine Gestaltung als Vermögensdelikt oder, wie es früher meist hieß, als Eigentumsstraftat, keinesfalls vor das Österreich. Allgemeine Gesetz über Verbrechen von 1787, das französische Dekret von 1791 (Rdn. 63) und das Preuß. Allgemeine Landrecht von 1794 zurück (Schütz S. 190 ff). In voller Klarheit stammt sie erst aus dem französischen Code Pénal von 1810 (Rdn. 15). Anders als beim Insolvenzstrafrecht (Tiedemann LK Rdn. 34 ff Vor § 283) ist die davor liegende historische Entwicklung daher vor allem negativ von Interesse, um nämlich bei der Auslegung des geltenden Betrugstatbestandes rückläufige Tendenzen und Ergebnisse zu vermeiden, zumindest aber die Tatsache der Rückläufigkeit zur Kenntnis zu nehmen. Allerdings lässt die historische Zusammenfassung mit Aussage-, Urkunden- und anderen Fälschungsdelikten unter dem Oberbegriff der „falsch“ (falsum, sogleich Rdn. 14) auch verständlich werden, warum der heute weithin von §§ 264 ff übernommene Institutionenschutz legitim ist (ausführlich dazu Vogel § 6 I, II). Einflussreiche ausländische Betrugsmodelle legen übrigens weiterhin den Schwerpunkt auf die Täuschung und vernachlässigen das Schadenserfordernis (Rdn. 62 ff). Ferner zeigt noch die neuere deutsche Rechtsgeschichte, dass viktimologische Überlegungen zur Einschränkung der Betrugsstrafbarkeit entsprechend der Schutzbedürftigkeit des Opfers (unten Rdn. 34 ff) greifbare historische Wurzeln haben (zutr. Schütz S. 196 ff, 203 ff und Vogel in Schünemann S. 113 f; vgl. sogleich Rdn. 14). 1. Das römische Recht kannte zunächst im Zwölftafelrecht nur den untreueähnlichen 13 Sonderfall der fraus patroni, der gelegentlich als Anfang eines selbständigen Betrugsstrafrechts gedeutet wird.6 Ab etwa 200 v. Chr. wird betrügerisches Verhalten allgemein teils als furtum, meist jedoch als Fälschung (crimen falsi) erfasst, insbesondere bei Zusammentreffen mit Münz- und Urkundenfälschung.7 In der Zeit nach Hadrian bildet sich in der Rechtsprechung der stellionatus (Mommsen: „Schufterei“) heraus, dessen Struktur als abgrenzbares Vermögens- oder als Sammeldelikt in der rechtsgeschichtlichen Forschung umstritten ist und der jedenfalls als allgemeine Arglistklage aus dem Zivilrecht stammt (Schaffstein S. 175; Lackner LK10 Rdn. 2 m.w.N.). Schlüchter (FS Trusen S. 576) sieht in ihm in Übereinstimmung mit älteren Autoren (vgl. Schütz S. 3 f mit Nachw.) einen einfachen, die Privatsphäre betreffenden Betrug im Unterschied zu den qualifizierten, da den öffentlichen Glauben betreffenden crimina falsi (vgl. auch – zur französischen Forschung – T. Walter S. 13 f mit Nachw.). 2. Nach unklarer Rechtslage in den germanischen Volksrechten (Lackner LK10 14 Rdn. 2; Schlüchter FS Trusen S. 577 ff) entwickelte das italienische Mittelalter die Figur des falsum als Oberbegriff für alle Fälschungsdelikte mit Schwerpunkt auf der Wahrheitsentstellung.8 Auch das deutsche Recht des Mittelalters kennt Begriffe wie „velscherey“ und „bedroch“, bezieht dabei aber ebenso wie in das Sammeldelikt der „falsch“ Urkundenfälschung und teilweise auch Diebstahl ein.9 Entscheidend ist der Verstoß gegen die

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Fn. 2, 111 f und Welzel S. 368. – Hilgendorf S. 25 hält unter Berufung auf Temme die arbeitsteilige Intensivierung der Geschäftsbeziehungen mit dem Beginn der Industriellen Revolution für entscheidend. Hofbeck S. 4; Hupe S. 16, 57; Schütz S. 1; wohl auch Schlüchter aaO S. 575; vgl. demgegenüber Mommsen Römisches Strafrecht (1899) S. 668 und Ortloff Lüge, Fälschung, Betrug (1862) S. 88. – Zur ebenfalls diffusen

7 8 9

griechischen Rechtsgeschichte des Betruges Gafos S. 23 ff. Mommsen aaO S. 672; Schaffstein S. 176; Schlüchter aaO m.w.N. Dahm Das Strafrecht Italiens im ausgehenden Mittelalter (1931) S. 502; Hupe S. 130. His Das Strafrecht des deutschen Mittelalters Teil 2 (1935) S. 318 ff; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 41, 3; Vogel aaO S. 92.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Wahrheit (Schlüchter aaO S. 580), also die „Handlungsseite“ (Vogel aaO S. 92). Entsprechend regelt die Carolina (1532) Betrugsfälle unter Fälschungsgesichtspunkten, und das falsum der italienischen Juristen bleibt in der Lehre vorherrschend; der Stellionat ist weithin unklarer Aushilfsbegriff mit geringer praktischer Bedeutung (Schaffstein S. 171, 177 f; Lackner aaO m.w.N.). Seit Mitte des 18. Jahrhunderts setzt im deutschen Rechtsraum eine Verschiebung von der Betonung der (Täuschungs-)Handlung im tradierten, wenn auch zunehmend differenzierten Begriff des falsum zu dem Erfolg des (Vermögens-) Schadens ein, so dass am Ausgang des 18. Jahrhunderts in der Lehre Kleinschrod als herrschende Meinung festhalten kann, Betrug sei Veränderung oder Unterdrückung der Wahrheit zum (materiellen) Schaden eines Dritten an seinem Eigentum (im Sinne von: Vermögen),10 sofern hieraus zugleich eine Gefahr der Unsicherheit des Eigentums (Vermögen) aller entstehen könne. Umstritten in ihrer Bedeutung als Vorläufer des modernen Betrugsverständnisses ist die programmatische Definition des Preuß. Allgemeinen Landrechts (ALR II, 20, 1256): „Jede vorsätzliche Veranlassung eines Irrthums, wodurch Jemand an seinem Rechte gekränkt werden soll, ist ein strafbarer Betrug.“ Auch nach dem bayer. StGB (1813) wird Betrug als Beeinträchtigung fremder Rechte überschrieben. Ob „Rechte“ dabei neben dem Eigentum auch Leben, Gesundheit, Freiheit und Ehre sind, ist streitig (Cramer S. 24 mit Nachw. einerseits; Naucke S. 66 f andererseits); jedenfalls regeln Art. 258, 387 die Übervorteilung eines anderen „an seinem Vermögen“ als besonderen Fall. Aus heutiger Sicht wichtiger ist die im ALR hervorgehobene und auch von Kant deutlich ausgesprochene Trennung des von Amts wegen zu verfolgenden kriminellen („qualificirten“) Betruges vom bloß zivilrechtlich zu ahndenden („gemeinen“) Betrug in Vertragsverhältnissen („Contracten“) „oder sonst im Handel und Wandel“ (ALR II, 20, 1325) sowie die damit einhergehende Beschränkung auf planmäßige oder „gefährliche“ Täuschung (Codex Juris Bavarici Criminalis 1751), die auch „sonst verständige Leute nicht wohl fürsehen und verhüten können“ (Constitutio Criminalis Theresiana 1768). Besonders eingehend beschreibt das ALR den qualifizierten Betrug, der neben der Fälschung (von Urkunden, Personenstand, Grenzstein) den sog. Betrug mit Verletzung anderer Pflichten (Meineid, Personenstandsfälschung, falsche Anschuldigung) und den sog. Betrug des Publici (Warenfälschung und strafbarer Bankrott) umfasst. Naucke (S. 68) sieht darin an sich zutreffend „sämtlich Fallgruppen, die heute nicht mehr zum Betrug gezählt werden“. Jedoch ist unübersehbar, dass es hier durchweg um Institutionenmissbrauch und Täuschung vieler Personen sowie um wesentliche Funktionsbedingungen der Wirtschaft, also um Eigenarten geht, die heute in den Sondertatbeständen der §§ 264 ff wiederkehren (vgl. bereits Rdn. 12 und Vogel aaO S. 99 ff zur Konzeption Hegels). Bemerkenswert für den Übergang von der Täuschung zu dem Erfolg einer Verletzung ist ferner die in der damaligen Lehre verbreitete Einordnung des Betruges als Delikt gegen das „Recht auf Wahrheit“ (dazu Cramer S. 25; Pawlik S. 115 ff; Thomma S. 34 ff, je mit Nachw.); daher ist in der genannten österreichischen (theresianischen) Gesetzgebung für den Betrug kein Schadenseintritt erforderlich (Schütz S. 24 f, 45). Im frühen 19. Jahrhundert tritt unter dem Einfluss Feuerbachs und seines Systems der Rechtsverletzungen (einschließlich des Rechts auf Wahrheit) der Betrug in der Lehre (Abegg) auch als Delikt gegen die Freiheit der Willensbestimmung auf (näher Schaffstein S. 182 f; Wittig Verhalten des Betrugs S. 173 ff). Die verbleibende formelle Respektierung des Willens des Verletzten führte aber der Tendenz nach zu einer Milderbewertung des Betruges im Verhältnis zu Raub und Diebstahl (vgl. bes. Merkel S. 246 f). 10

Kleinschrod Archiv des Criminalrechts Bd. 2 (1800) S. 135, 140 f; dazu Naucke S. 64 f und Pawlik S. 118, je m.w.N.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

3. Unter dem Einfluss des französischen Code Pénal von 1810 (Art. 405; dazu 15 Rdn. 62 f) gelingt nach anderen, von diesem beeinflussten Partikularstrafgesetzgebungen und maßgebender Mitwirkung der Strafrechtswissenschaft erst im Preußischen StGB von 1851 der eigentliche Durchbruch zum Betrug als Vermögensdelikt. (§ 241: „Wer in gewinnsüchtiger Absicht das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorbringen falscher oder durch Entstellen oder Unterdrücken wahrer Thatsachen einen Irrtum erregt, begeht einen Betrug.“) Das vom Code Pénal hervorgehobene, für die Einordnung als Vermögensverschiebungsdelikt zentrale Merkmal der Vermögensverfügung („remettre ou délivrer des fonds“) wird dabei freilich vom Gesetzgeber nicht genannt, und die vom Code Pénal beibehaltene Beschränkung der Täuschung auf betrügerische Machenschaften (manœuvres frauduleuses) unter Betonung des Institutionenmissbrauchs (Schwindelfirmen, Kreditschwindel, Personenstandsfälschung; vgl. Rdn. 64) wird stark abgeschwächt, freilich nicht völlig aufgegeben (Schütz S. 186 f). Auch erscheinen im Preuß. StGB im Gegensatz zum Code Pénal Münz- und Urkundendelikte noch als Unterart bzw. qualifizierte Fälle des Betruges. Erst unter dem Einfluss der Arbeiten von Köstlin 11 und Merkel 12 wird in der Folgezeit die Unechtheit von der Unwahrheit getrennt. 4. Diese Entwicklung führt im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 zur Übernahme der 16 Betrugsdefinition des Preuß. StGB, aber unter deutlicher Abscheidung der Urkundenund Münzdelikte und Präzisierung des Absichtserfordernisses. Bereits seit dem Preuß. StGB genügt allerdings der vorsätzlich und in Bereicherungsabsicht herbeigeführte Vermögensschaden, um den zivilistischen zum einfachen strafbaren Betrug heraufzustufen. Jedoch blieb bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in der Lehre insbesondere bei Merkel und Hegler das aus der Aufklärung stammende Verständnis lebendig, dass strafwürdig nicht schon die bloße Täuschung, etwa in Verträgen, und die dadurch bewirkte Herbeiführung eines Vermögensschadens, sondern erst die damit verbundene, aber zusätzliche, Verletzung des allgemeinen Sicherheitsgefühls oder sonstiger überindividueller (Gemeinschafts-)Interessen ist.13 Naucke (S. 232 ff) sieht in der bis heute beibehaltenen umständlichen Fassung „Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen“ eine Fortführung der historisch unbestreitbaren Beschränkung des kriminellen Betruges auf bestimmte Täuschungsakte, die zu einem Vermögensschaden führen (aA allerdings die ganz h.M., vgl. Schütz S. 198 ff mit Nachw.; § 263 Rdn. 7 ff). Vor allem auch unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten stellt die Beschränkung der Täuschung auf die Angabe von (gegenwärtigen oder vergangenen) Tatsachen eine historisch gewollte Restriktion der Betrugsstrafbarkeit dar (eingehend Hilgendorf S. 29 ff; Thomma S. 30 ff), wenn auch unter gleichsam „falscher Flagge“ (T. Walter S. 75), weil der historische Gesetzgeber in Wahrheit eine Lösung des allgemeinen Problems der Opfermitverantwortung (Rdn. 34 ff) intendierte (§ 263 Rdn. 8). Der Gesetzestext des § 263 Abs. 1 und Abs. 2 ist seit seiner Einführung unverändert 17 geblieben. Die besonders schweren Fälle des heutigen Absatz 3 (Satz 1) wurden durch Gesetz vom 26.5.1933 (RGBl. I S. 295) eingefügt, ihre gesetzliche Erläuterung durch benannte Beispiele (Schädigung des Volkswohls, Verursachung eines besonders großen Schadens, besondere Arglist) aber durch das 3. StRÄndG von 1953 gestrichen; die heutige

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Köstlin Zeitschr. f. Civilrecht u. Prozeß n.F. Bd. 13 (1856) 294 ff sowie: Abhandlungen aus dem Strafrecht (1858) S. 119 ff; dazu Naucke S. 93 f.

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Merkel S. 78 ff; dazu Naucke S. 94 ff. Vogel § 1 III 2d; dazu bereits Naucke S. 65.

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ausführliche Fassung von Satz 2 mit seiner Regel-Beispiel-Technik wurde durch das 6. StRReformG vom 26.1.1998 (BGBl. I S. 164) eingeführt (krit. dazu Mitsch ZStW 111 [1999] 112 f). Die Absätze 4 und 6 beruhen auf Art. 19 Nr. 134 EGStGB 1974, Absätze 5 und 7 (Verbrechen bei banden- und gewerbsmäßiger Begehung!) auf dem 6. StRReformG, das u.a. den Zweck einer besseren Bekämpfung der Organisierten Kriminalität verfolgte. Zur Ergänzung des § 263 durch Sondertatbestände, insbesondere durch das 1. und 2. WiKG von 1976 und 1986, Rdn. 2 ff Vor §§ 263 ff sowie unten Rdn. 41 ff.

III. Geschützte Rechtsgüter 18

1. Nach heute ganz h.M. wird durch § 263 als Rechtsgut (nur) das Vermögen geschützt.14 Gleichwohl kann die Frage, welche Rechtsgüter das Betrugsstrafrecht der §§ 263 bis 265b zu schützen bestimmt ist, nicht als abschließend gelöst gelten (zust. Hefendehl MK § 263 Rdn. 2). Umstritten ist zunächst, ob die Sondertatbestände der §§ 263a ff gleichfalls Vermögensschutz bezwecken oder ob zumindest einige von ihnen, namentlich §§ 264, 264a und 265b, ganz oder zum Teil dem Schutze anderer und überindividueller Rechtsgüter zu dienen bestimmt sind. Die Frage wird unten Rdn. 47 ff sowie bei den Einzeltatbeständen behandelt (§ 263a Rdn. 13 ff; § 264 Rdn. 23 ff; § 264a Rdn. 22 ff; § 265 Rdn. 4 ff; § 265a Rdn. 11 f; § 265b Rdn. 10 ff). Weiterhin ist für den Betrugsgrundtatbestand (sowie auch für die „betrugsverwandten“ §§ 263a, 265a; näher § 263a Rdn. 16 u. § 265a Rdn. 15) im Streit, ob neben dem Rechtsgut Vermögen, das auf die Erfolgsseite der Vermögensbeschädigung bezogen ist, wie auch immer bestimmte und vorrangig handlungs-, nämlich täuschungsbezogene (Zusatz-)Rechtsgüter anzuerkennen sind. Schließlich besteht bis heute keine Einigkeit darüber, was unter „Vermögen“ zu verstehen ist. Bevor in die Darstellung und Diskussion der beiden zuletzt genannten (Auslegungs-) 19 Fragen eingetreten wird (sogleich Rdn. 21 ff, 26 ff), ist darauf hinzuweisen, dass diese sich entgegen Naucke S. 202 nicht dadurch beantworten lassen, dass der Inhalt des § 263 als Festschreibung der zur Zeit des Preuß. StGB von 1851 herrschenden Auslegung verstanden wird. Abgesehen davon, dass historischer Ansatz für die Auslegung nur der Wille des Gesetzgebers des StGB und nicht der des Preuß. StGB sein kann,15 und abge-

14

Vgl. aus der allgemeinen Kommentar- und Lehrbuchliteratur: Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 15; Beukelmann in von Heintschel-Heinegg § 263 Rdn. 1; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner § 263 Rdn. 2; Eisele BT II Rdn. 492; Fischer § 263 Rdn. 3; Gössel 2 § 21, 1; Hefendehl MK § 263 Rdn. 1 ff; Hoyer SK § 263 Rdn. 1; Kindhäuser § 263 Rdn. 39 und NK § 263 Rdn. 10 (ff); Klesczewski Strafrecht BT 2 S. 86; Krey/Hellmann BT 2 vor Rdn. 336; Lackner/Kühl § 263 Rdn. 2; Maurach/ Schroeder/Maiwald 1 § 41, 18; Mitsch BT II/1 § 7, 1; Otto BT § 51, 2; Rengier BT 1 § 13, 1; Satzger S/S/W § 263 Rdn. 7; Schmidhäuser BT 11/1 und 6; Sch/Schröder/Cramer/ Perron § 263 Rdn. 1/2; Sonnen BT S. 155;

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Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 12; Welzel S. 368; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 489; aus dem sonstigen Schrifttum: Bockelmann FS Kohlrausch (1944) 240; Naucke S. 103; Pawlik S. 83; Vergho S. 289; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 4. Aus der Rechtsprechung vgl. nur RGSt 74 167, 168 m. Anm. Gallas ZAkDR 1940 246 f; BGHSt 16 220, 221; 16 321, 325 und 367, 372; wistra 1995 28 (f). Berger S. 102; Hirsch ZStW 81 (1969) 934, 942; Riemann S. 20 f. – Allerdings weist Vogel § 4 II 2a in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass das RStGB im Wesentlichen das Preuß. StGB übernahm (vgl. oben Rdn. 16).

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Vorbemerkungen Vor § 263

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sehen auch davon, dass Nauckes Rückgriff auf Temme die von ihm behaupteten Schlüsse schwerlich trägt (zust. Berger S. 101 ff mit Nachw.), sieht die ganz h.M. – auch im Strafrecht – zu Recht in Art. 103 Abs. 2 GG kein Auslegungsverbot verankert,16 das übrigens auch § 2 Preuß. StGB keineswegs aufstellte (Goltdammer Mat. I S. 55). Es entscheiden also die üblichen Auslegungskriterien über die Antwort auf die genannten Fragen. Vorab zu bemerken ist ferner, dass die richtige Bestimmung der etwa geschützten 20 Rechtsgüter zwar Gegenstand und Ergebnis einer Auslegung des Straftatbestandes ist.17 Insofern benennt § 263 mit dem Erfordernis einer Beschädigung des Vermögens eines anderen ein Angriffsobjekt, das als Substrat eines einschlägigen Rechtsgutes verstanden werden kann;18 ein solches Verständnis liegt nahe. Jedoch besagt dies nicht zwingend etwas darüber, ob es damit um das einzige Rechtsgut des § 263 geht. Bekanntlich werden im Rahmen des Zweiundzwanzigsten Abschnitts des StGB nicht selten von der h.M. zusätzlich zum Vermögen weitere Rechtsgüter angenommen.19 Der Ausschluss insbesondere des Schutzes der Dispositionsfreiheit aus dem Betrugstatbestand mit dem Argument, dieser Tatbestand schütze nur das Vermögen, befindet sich daher zumindest am Rande eines Zirkelschlusses, jedenfalls wenn die Annahme eines Rechtsgutes des Vermögensschutzes ein Produkt der Auslegung des § 263 sein soll. Schließlich ist als weitestgehend anerkannter Ausgangspunkt festzuhalten: Auch wenn 20a Vermögen als Personen- oder Persönlichkeitsgut (unten Rdn. 27), Freiheit bzw. Freiheitsrecht (unten Rdn. 28 f) oder rechtlich selbständig schutzwürdige Potenz einer Person (unten Rdn. 30) verstanden wird, so stimmen doch alle Auffassungen darin überein, dass es nicht schlechthin um Persönlichkeitsentfaltung, Freiheitsausübung oder Potentiale aller Art gehen kann, sondern diese auf das Gebiet der Wirtschaft und des Wirtschaftens mit Wirtschaftsgütern bezogen werden müssen (zust. Hefendehl MK § 263 Rdn. 3 ff). Entgegen dem früher herrschenden juristischen Vermögensbegriff, der in Übereinstimmung mit der zentralen Lehre vom subjektiven Recht als Bezugspunkt des Systemdenkens im 19. Jahrhundert (vgl. nur Cramer S. 36 f) das Vermögen als Summe der Vermögensrechte und -pflichten eines Rechtssubjekts ansah,20 besteht heute im Ausgangspunkt Übereinstimmung darüber, dass strafrechtlichen Schutz auch solche wirtschaftlichen Güter und Positionen verdienen, die (zivil)rechtlich nicht oder nicht vollständig konkretisiert sowie garantiert werden und insbesondere nicht durchgehend als subjektive Rechte zu konstruieren und durchzusetzen sind: Sie haben ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Rechtsnatur vor allem im Unternehmensbereich am heutigen Wirtschaftsleben einen bedeutenden und schützenswerten Anteil, dem das Zivilrecht teilweise anders als durch die klassische Anerkennung subjektiver Rechtsqualität Rechnung trägt. Daraus ergibt sich als richtiger Ansatz- und Ausgangspunkt des Strafrechts, dass der Betrugstatbestand wirtschaftliche 16

17

18

Vgl. in unserem Zusammenhang nur Berger S. 102; Cramer Vermögensbegriff S. 29 Fn. 39 und S. 31; Dannecker LK § 1 Rdn. 291; Hirsch aaO S. 940; Riemann S. 19 f; Schönke/Schröder/Eser § 1 Rdn. 42; Vogel in Schünemann S. 91 m.w.N. Vgl. nur Hefendehl MK § 263 Rdn. 1; allgemein Lüttger FS Jescheck (1985) 121, 129 f; Nelles S. 289 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 12; zust. Berger S. 94 m.w.N. Ahn S. 32 ff; Berger S. 95 ff; H. Hartmann S. 17 ff, 19 ff; Joecks Vermögensverfügung S. 48; Lackner LK10 § 263 Rdn. 4; vgl. für

19 20

§ 266 Nelles S. 290 f und Schünemann LK § 266 Rdn. 23. Vgl. insbes. zu § 265 (a.F.) BGHSt 11 398, 400 f; Tiedemann LK11 § 265 Rdn. 8 m.w.N. Vgl. bes. Binding BT 1 S. 238; Gerland S. 560; Merkel S. 101. Zur Kritik aus heutiger Sicht Nelles S. 350 ff; zu einer heutigen Neukonstruktion Jakobs FS Tiedemann (2008) S. 654 ff. Über entsprechende Tendenzen im österreich. und schweizer. Recht Berger S. 74 mit Nachw. Vgl. ferner und ausführlicher unten § 263 Rdn. 128 f m.w.N.

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Gegebenheiten betrifft und an wirtschaftlichen Maßstäben auszurichten ist. Ob dabei auf den Geldwert (in Geld ausgedrückter Tauschwert)21, auf den Tauschwert 22 oder den Gebrauchswert 23 abgestellt werden soll, ist eine nachrangige, wenn auch wichtige Frage (dazu § 263 Rdn. 158). Erst jenseits dieses Ausgangspunktes beginnen die relevanten Streitfragen. Sie zielen 20b zum einen auf das Problem, ob die wirtschaftliche Bewertung objektiv, subjektiv oder jedenfalls (objektiv-)individuell vorzunehmen ist, und werden durch die damit zusammenhängende, bereits oben Rdn. 18 aufgeworfene Frage ergänzt, ob § 263 zusätzlich zum Vermögen weitere Rechtsgüter schützt. Als solche sind zum einen – in unselbständiger Beziehung auf das Vermögen – die (wirtschaftliche) Dispositionsfreiheit oder auch die (wirtschaftliche) Bewegungsfreiheit des Rechtsgutsträgers und zum anderen überindividuelle Schutzaspekte wie die Wahrheit oder das Prinzip von Treu und Glauben im Wirtschaftsverkehr auszumachen. – Diese Überlegungen haben nicht nur und erst für die Bestimmung des Schadens, sondern bereits für die Eigenart des Vermögensbegriffes und damit auch schon für den Inhalt der Vermögensverfügung (als Minderung des Vermögens, § 263 Rdn. 97) Bedeutung. Ihre richtige Behandlung ist zugleich für die Bestimmung der Struktur des Betrugstatbestandes relevant, entscheiden sich doch mit der Weite oder Enge der Schutzergebnisse auch der Inhalt und die Rückwirkung auf die Handhabung der übrigen Tatbestandsmerkmale des § 263: Wie Rechtsgeschichte (oben Rdn. 14 ff) und Rechtsvergleichung (unten Rdn. 51 ff) zeigen, führt ein weites (oder sogar fehlendes) Erfordernis des Vermögensschadens zu der Notwendigkeit, andere Tatbestandsmerkmale, insbesondere die Täuschungshandlung des Täters oder die Vermögensverfügung des Opfers, eng(er) zu fassen; umgekehrt erlaubt ein konkret-gegenständliches Erfordernis eines Vermögensschadens, Täterhandlung und Vermögensverfügung weit(er) zu begreifen. Daher sollen diese Fragen hier vorab behandelt, die Auswirkungen der Lösung und ihre Einzelheiten allerdings erst bei der Erläuterung von § 263 aufgezeigt werden. Folgen für und Gemeinsamkeiten mit § 266 werden dagegen nicht dargestellt (dazu Schünemann LK § 266 Rdn. 164 ff).

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2. Die Erfolgsseite des Betruges, die Vermögensbeschädigung in Bereicherungsabsicht, wird von der ganz h.M. zutreffend als Verletzung des Rechtsgutes Vermögen gedeutet. Ebenso ist es freilich konstruktiv möglich, die Handlungsseite des Betruges, die Täuschung über Tatsachen, als zusätzliche Rechts- oder Rechtsgutsverletzung zu interpretieren. Orientiert man sich für die Rechtsgutsbestimmung an der Tatbestandsstruktur des § 263 (oben Rdn. 19), so ist offensichtlich, dass sich hinter der Täuschung kriminologisch wie historisch der Angriff auf fremdes (Individual-)Vertrauen verbirgt, dessen Verletzung zugleich als Verletzung eines Rechtes auf Wahrheit oder der (Dispositions-)Freiheit verstanden werden kann. Mit diesem Recht und seinen notwendigen Einschränkungen korrespondiert das (überindividuelle) Prinzip von Treu und Glauben. Deshalb sind das Recht auf Wahrheit, die (Dispositions-)Freiheit oder Treu und Glauben immer wieder als (Zusatz-)Rechtsgüter des Betruges angesehen worden.

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22

RGSt 44 230, 233; OGHSt 2 193, 201; BGHSt 3 99, 102; 16 220, 221; unten § 263 Rdn. 132. Hoyer SK § 263 Rdn. 115 ff; Schünemann LK § 266 Rdn. 165 (ff); T. Walter S. 181 ff (Tausch als Umsatzgeschäft i.w.S.).

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23

Nelles S. 401; Otto BT § 38, 6; zust. Achenbach FS Roxin (2011) 1011; dazu auch T. Walter S. 185 ff (Gebrauchswert als Nutzwert im wirtschaftlichen Betrieb seines Inhabers).

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Allerdings bezog sich die ursprüngliche Lehre vom Recht auf Wahrheit, wie sie 22 namentlich von Feuerbach entwickelt worden war, auf das vormoderne falsum (näher oben Rdn. 14) und konnte deshalb als „seltsames Monstrum“ für den modernen Betrugstatbestand verabschiedet werden (Binding Die Normen und ihre Übertretung, Bd. II, 2. Aufl. [1916] S. 564). Erst in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden Wahrheit, Vertrauen oder das im Vordergrund des einschlägigen NS-Schrifttums24 stehende Prinzip von Treu und Glauben wieder als (Zusatz-)Rechtsgüter des Betrugs angesehen, ohne dass sich diese Lehren allerdings durchzusetzen vermochten. Immerhin hatte aber auch Mezger ein Zusatzrechtsgut „Treu und Glauben“ mit dem Hinweis darauf für notwendig erklärt, dass andernfalls kein (Rechtsguts-)Unterschied zu den anderen Vermögensdelikten bestehe.25 Auch in neuester Zeit ist eine „Renaissance des Rechts auf Wahrheit“ (Pawlik S. 103) beim Betrug zu beobachten.26 Sie beruht einerseits auf der Interpretation der Täuschung als einer Freiheitsverletzung und andererseits auf der Auffassung, dass strafschutzwürdig nur rechtlich garantierte Freiheit sei, so dass nur solche Täuschungen, die garantierte Rechte auf Wahrheit verletzen, tatbestandsmäßig sein können. Unabhängig von derartigen rechtstheoretischen Gedankengängen ist damit zunächst 23 die allgemeinere Frage aufgeworfen, ob bei den Vermögensdelikten die Angriffsform (Täuschung = List; Drohung und Gewalt = Zwang) in die Rechtsgutsbestimmung aufgenommen werden und auf diese Weise gleichsam überhöht werden soll – eine Frage, die bekanntlich vor allem bei § 253, aber auch bei § 242 bejaht,27 dagegen etwa bei § 263a verneint wird.28 Aus der Erpressung wird so ein Delikt gegen Vermögen und Freiheit,29 und dieser Befund wird nicht selten für die angeblich notwendige parallele Konstruktion des § 263 herangezogen.30 Demgegenüber hat die Rechtsprechung zumindest verbal stets allein auf den Vermögensschutz abgestellt, und zwar besonders deutlich gerade auch zu einer Zeit, in der das Analogieverbot aufgehoben war.31 In der Tat kann die angebliche Parallelität des § 263 zu § 253 zunächst schon deshalb 24 nicht unmittelbar als erwiesen gelten, weil der letztere Tatbestand deutlich auf § 240 als allgemeinem Grunddelikt der Freiheitsverletzung aufbaut, das durch den Vermögensbezug eben auch zum Vermögensdelikt qualifiziert wird. Ein entsprechender Grundtatbestand (des Vertrauensmissbrauchs, der Fälschung o.ä.) fehlt bei § 263.32 Ähnlich kann jedenfalls seit der Neufassung von 1998 § 246 als allgemeines Eigentumsdelikt verstanden werden, das bei § 242 durch die Angriffsform des Gewahrsamsbruchs auch um einen zusätzlichen Rechtsgutsaspekt angereichert wird. Selbst wenn man aber dem Hinweis auf Existenz oder Erfordernis eines Grundtatbestandes innerhalb der Rechtsgutsdiskussion kritisch gegenüber steht (so Berger S. 96 f), begründet die gesetzgeberische Anerkennung eines solchen Grundtatbestandes doch gerade für eine tatbestandsbezogene

24 25 26

Vgl. nur Henkel ZAkDR 1939 133 f; Kempermann ZStW 57 (1938) 145 f. Mezger BT S. 167 f; ähnlich v. Cleric S. 99; Sauer System des Strafrechts BT (1954) S. 72. Vgl. Jakobs FS K. Peters (1974) 69 ff sowie FS Jescheck (1985) 627, 633 in Fn. 29 und GedS Hilde Kaufmann (1986) 791, 808 f; Kindhäuser ZStW 103 (1991) 402 sowie FS Bemmann (1997) 339, 354 f; Pastor Muñoz GA 2005 135 ff; Pawlik S. 73 ff; Timpe Die Nötigung (1989) S. 136 ff.

27 28 29 30 31 32

Vogel LK Rdn. 59 f Vor §§ 242 ff mit Nachw. Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 13 ff mit Nachw. Vogel LK Rdn. 51 Vor §§ 249 ff. Vgl. nur Kindhäuser ZStW 103 (1991) 398 f. RG HRR 1941 Nr. 568; dazu Berger S. 89 f. Hierauf heben vor allem Lackner LK10 § 263 Rdn. 4 und Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 19 ab; ähnlich H. Hartmann S. 21; Joecks Vermögensverfügung S. 48; krit. Berger S. 96 ff m.w.N.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Rechtsgutsbestimmung ein unübersehbares Indiz für die gesetzlich gewollten Schutzaspekte: Die Kombination der (durch § 240 rechtlich etablierten) Freiheitsverletzung mit dem Ergebnis einer Vermögensschädigung bei § 253 lässt letztere als vertypte und damit rechtsgutsrelevante Folge erscheinen, während die Täuschung oder List bei § 263 eben zunächst nur das (tatbestandsmäßige) Angriffsmittel bleibt. Dass der Einsatz dieses Mittels das Prinzip von Treu und Glauben tangiert, ist als Frage der Auswirkung auf die Allgemeinheit und ihren Schutz nur mittelbar von Belang. Insoweit ist der historische Vorrang des Institutionenschutzes, wie er bei §§ 146 ff, 267 ff weiterhin im Vordergrund steht und anerkannt ist, bei § 263 durch den Vorrang des Individualschutzes ersetzt worden (vgl. allerdings auch § 263 Rdn. 3). Und das individuelle Vertrauen des Opfers oder das Recht auf (eingeschränkte) Wahrheit kann sich innerhalb des Betrugstatbestandes nur auf den Umgang des Opfers mit seinem Vermögen beziehen: Es geht insoweit um die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit. Das individuelle Vertrauen ist bei § 263 ebenso wenig Teil des geschützten Rechtsgutes wie bei §§ 246 Abs. 2, 266. Damit sind Treu und Glauben ebenso wie ein Recht auf Wahrheit keine vom Betrugstatbestand unmittelbar geschützten Rechtsgüter (ganz h.M., vgl. nur BGH wistra 1995 28 [f]; Wessels/Hillenkamp BT 2 § 13, 489 m.w.N.). 25 Allerdings impliziert die neuere Lehre vom Recht auf Wahrheit nicht zwingend, dass dieses Recht zugleich als Rechtsgut des § 263 angesehen werden muss. Auch ist ihr zuzugeben, dass sie in der Sache ein durchaus begrüßenswertes Anliegen verfolgt, nämlich die Restriktion der ausufernden Täuschungsdogmatik nach rechtsnormativen Kriterien (hierzu Kindhäuser ZStW 103, 1991, 398 und FS Bemmann S. 354 f). Freilich vertritt Kindhäuser auf der anderen Seite einen recht weitgehenden personal-individuellen Schadensbegriff, so dass die beabsichtigte Restriktion teilweise wieder aufgehoben und eine Gesamtbegrenzung der Strafbarkeit kaum durchgeführt wird. Nicht klar ist auch, wo das von Kindhäuser mit anderen Autoren (zurück bis Pufendorf und Grotius) als entscheidend erachtete Recht des Opfers auf Wahrheit verankert sein soll, wie es erkennbar und abgrenzbar ist (zutr. Gössel 2 § 21, 2). Richtigerweise folgt die Pflicht zur Erklärung der Wahrheit häufig gerade (erst) aus § 263 selbst (Hilgendorf S. 68 f; Krack S. 73; Vogel GS Keller S. 323 f). Wenn Kindhäuser auf eher außerstrafrechtliche Quellen des Rechtes auf Wahrheit abstellt sowie eine autonome Ableitung aus besonderem Vertrauen (Vertragsanbahnung und -durchführung) befürwortet, ist zu bedenken, dass dieser Ansatz für § 263 zumindest zusätzliche Schutzzweckerwägungen erfordert und allgemein die Verletzung außerstrafrechtlicher Pflichten allenfalls Indizcharakter für die Annahme einer strafrechtlichen Täuschung haben kann. Von „spezifisch strafrechtlichen Ansprüchen des Opfers“, welche die betrugsrelevante Täuschung begründen (und deren Verletzung zu einem Vermögensschaden führen soll), spricht daher richtiger Pawlik S. 74 ff, der folgerichtig eine Ausarbeitung des Verhaltensunrechts fordert, um den Betrugsschaden formulieren zu können, und letztlich eine Neuformulierung der juristischen Vermögenstheorie (dazu sogleich Rdn. 26, § 263 Rdn. 128 u.ö.) vorschlägt. Die Ableitung von Wahrheitsrechten des Opfers aus (strafrechtsautonomen) Garantenstellungen bei Pawlik vermengt aus der Sicht der h.M. aber Tun und Unterlassen (vgl. § 263 Rdn. 22, 29 u.ö.) und sieht sich im Einzelnen gezwungen, weitergehende Garantenstellungen zu definieren als im Rahmen des § 13 anerkannt (aA Hefendehl MK Rdn. 52 mit Nachw.: Ingerenz). Eher passt die Übersetzung der Stellung des „Garanten der Wahrheit“ in die Verletzung einer Verkehrspflicht durch Jakobs (FS Tiedemann S. 654 f) in das übliche Arsenal der Strafrechtsdogmatik. Aus der „normativen Struktur des Wirtschaftsmarktes“ will dagegen Pastor Muñoz (GA 2005 129 ff) Wahrheitspflichten ableiten und dabei letztlich auf Zumutbarkeitskriterien abstellen (vgl. Hernández Basualto FS Tiedemann S. 611 f).

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Nach alledem muss es bei dem historischen Urteil bleiben, dass das Recht auf Wahr- 25a heit keine konsistent handhabbare und auch keine sachlich wirklich fruchtbare Figur der Betrugsdogmatik ist (zust. Hernández Basualto FS Tiedemann S. 614 f; vgl. auch Vogel aaO S. 319 ff und Wittig Verhalten des Betrugs S. 243 ff). Die erforderliche Restriktion und teleologische Konturierung der Handlungsseite des Betruges muss vielmehr durch Orientierung am Vermögen als dem anerkannten Rechtsgut des § 263 geleistet werden, indem die Täuschung über Tatsachen als für das Vermögen eines anderen besonders gefährliche Handlung interpretiert und konturiert wird (näher § 263 Rdn. 8). 3. Grund und Grenzen des Vermögensbegriffes sind seit über einem Jahrhundert im 26 Streit. Dabei werden üblicherweise (vgl. Pawlik S. 254 ff) der klassische „juristische“ Vermögensbegriff, der die Rechtsprechung prägende „wirtschaftliche“ Vermögensbegriff und die „juristisch-ökonomische“ Vermittlungslehre unterschieden (näher hierzu § 263 Rdn. 128 ff). Diese Unterscheidung bringt freilich nur die eine Grundfrage zum Ausdruck, inwieweit der Vermögensbegriff um der Einheit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit rechtlicher Güterzuordnung willen rechtsnormativ zu bestimmen sei (Rdn. 31). Die andere, auf das Wirtschaften abzielende Grundlagenproblematik wird angemessener zum Ausdruck gebracht, wenn mit einer tradierten Terminologie zwischen einem „objektiven“, am System der (Markt-)Wirtschaft orientierten und insofern rationalen Vermögensbegriff, einem „subjektiven“ oder „individuellen“ Vermögensbegriff, der sich an der Bedeutung des Vermögens für den Einzelnen orientiert und dementsprechend den Freiheitscharakter des Vermögens oder dessen Personenbezug in den Vordergrund stellt, und schließlich „objektiv-individuellen“ Vermittlungslehren, welche die private Willkür durch den Maßstab eines vernünftigen Dritten korrigieren, unterschieden wird. Im Grundsatz ist letzteren zu folgen. a) Vermögen hat für die rechtliche Betrachtung regelmäßig einen Träger, dem es zu- 27 geordnet ist, und insofern einen personalen Bezug, der auch in den etymologischen Wurzeln des Wortes (vermögen = können) deutlich angelegt ist. Jedoch zeigt die Vorstellung (und Existenz) von herrenlosem Vermögen, dass Vermögen nicht allein durch den Bezug auf die Person und als ihre (wirtschaftliche) Potenz relevant wird. Strafrechtlicher Vermögensschutz ist mit anderen Worten entgegen einer insbesondere von Schmidhäuser vertretenen Mindermeinung33 nicht synonym mit Personen- oder Persönlichkeitsschutz. Dies belegt für eine eher formale Betrachtung, die aber in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem Zivil- und öffentlichen Recht steht, schon die anerkannte Möglichkeit (und der ihr entsprechende strafrechtliche Schutz) von verselbständigten Vermögensmassen (z.B. Stiftungen). Inhaltlich geht es um die strafrechtsdogmatische Notwendigkeit, als Rechtsgüter Funktionseinheiten auf mittlerer Abstraktionsstufe auszuweisen:34 Der letztendliche Bezug individueller und überindividueller Rechtsgüter auf den Menschen und seine Handlungsfreiheit kann nicht dazu führen, Zwischenrechtsgüter wegen ihrer dienenden Funktion strafrechtlich ganz zugunsten ihres Personenwertes aufzulösen. Selbst der Hausfrieden etwa, der in Gestalt einer eigenen räumlichen Schutzsphäre für die Entfaltung der

33

Schmidhäuser BT 11/1 (Vermögen als wirtschaftlicher Handlungsspielraum zur Entfaltung der Persönlichkeit im wirtschaftlichen Bereich) und Rdn. 3: „Es zeigt sich, daß in den Vermögensdelikten … die Person verletzt wird, der das Vermögen zusteht …“; ähnlich

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vor allem Otto Struktur S. 36 (durch Objekte „gewährleistete Potenz, d.h. Macht im wirtschaftlichen Raum“) und BT §§ 38, 4; 51, 54. Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 116 f m.w.N.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Person noch grundsätzlichere Bedeutung hat als das Vermögen, wird zwar als personenbezogenes, aber nicht als identisch mit dem Persönlichkeitsrecht zu bestimmendes Rechtsgut aufgefasst (vgl. Lilie LK § 123 Rdn. 1 ff mit Nachw.). Vielmehr ist Vermögen zwar ein Individualrechtsgut, jedoch unstreitig kein höchstpersönliches Rechtsgut und richtigerweise auch kein Persönlichkeitsgut im engeren Sinne eines notwendig personengebundenen Gutes (wie Name, Bild usw.).

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b) Dass Vermögen „geronnene Freiheit“ sei (Dürig), ist ein zutreffendes Bild, darf aber nicht überinterpretiert werden. Entgegen einer neuerdings wieder von Kindhäuser und ähnlich auch Pawlik vorgetragenen Konzeption kann Betrug nicht schlechthin als Freiheitsdelikt und Vermögen nicht schlechthin als Freiheitsrecht verstanden werden.35 Soweit es dabei um die Parallelität zwischen Betrug und Erpressung sowie um die Annahme eines handlungsbezogenen Zusatzrechtsgutes „Freiheit“ geht, ist hierzu bereits oben Rdn. 23 f Stellung genommen worden. Die weitergehende totale rechtliche Verflüchtigung des von § 263 ersichtlich schon nach seinem Wortlaut in den Vordergrund gestellten strafrechtlichen Vermögensschutzes zugunsten des (tatbestandlich allein in der Täuschungshandlung angedeuteten) Freiheitsaspektes würde eine grundsätzliche Neuorientierung der gesamten strafrechtlichen Rechtsgüterordnung voraussetzen, wie sie angesichts der eindeutigen lex lata – mit der Beschränkung der Straftaten gegen die persönliche Freiheit auf den Achtzehnten Abschnitt – nur dem Gesetzgeber und nicht seinem Interpreten zusteht. Die Systematik des geltenden StGB richtet sich jedenfalls eindeutig daran aus, dass die strafrechtliche Wertordnung – wie die des Grundgesetzes – neben einem möglichen Mutter- oder Auffanggrundrecht der persönlichen Freiheit (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG) in Einzelfreiheitsrechten (des Eigentums und Vermögens, vgl. Art. 14 GG; der häuslichen Schutzsphäre, vgl. Art. 13 GG usw.) besteht, die zwar sämtlich auf die grundsätzliche und allgemeine Freiheitsgarantie bezogen und durch sie legitimiert, aber doch rechtlich von ihr unterschieden und verselbständigt sind (zust. Hefendehl MK § 263 Rdn. 3). Die Freiheit kann daher beim Betrugstatbestand nur als auf das Vermögen bezogene Freiheit, insbesondere als Vermögens-Dispositionsfreiheit, oder „Vermögensverwaltungsfreiheit“ (Kindhäuser) relevant sein, was in der Sache freilich auch von Kindhäuser gemeint ist. (Klarstellend nunmehr im Sinne einer „funktionalen“ Vermögenslehre Kindhäuser § 263 Rdn. 122 und NK § 263 Rdn. 13). Die für eine freiheitstheoretische Betrugs- und Vermögensdeutung verbleibende Dis28a positionsfreiheit kann als unselbständiger Bezugspunkt des Vermögens, nämlich als Möglichkeit seiner (wirtschaftlichen) Verwendung, oder als selbständig neben dem Vermögen stehendes Rechtsgut, schließlich aber auch als eigener werthafter Bestandteil des Vermögens verstanden werden. Der erstere Standpunkt ist derjenige der personalen Vermögensauffassung; der zweite entspricht im Ergebnis der wohl h.M., insbesondere auch zu dem Verhältnis von § 263 (Vermögensschutz) zu § 16 UWG (Schutz vor Irreführung durch Strafschutz von Bedingungen der Werbung, die für die Entscheidung über die Bedürfnis-

35

Vgl. Kindhäuser ZStW 103 (1991) 398 ff; Wittig Verhalten des Betrugs S. 191 ff; ähnlich Bergmann/Freund JR 1988 189, 192; auch Pawlik S. 82 ff. (der dies jedoch nur für die allgemeinen Legitimationsvoraussetzungen staatlichen Strafens annimmt, hinsichtlich der positivrechtlichen Ausgestaltung des

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§ 263 aber wie die h.M. entscheidet); dagegen insbes. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 26 f; Gössel 2 § 21, 2; Hefendehl MK Rdn. 3; Herzberg GA 1997 251, 255 f; Krack S. 73 ff. – Zu Parallelen in der span. Lehre Suárez Gonzàlez in Schünemann S. 129.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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befriedigung als allgemein relevant gelten).36 Als eigener Vermögensbestandteil zur Erreichung bestimmter selbstgewählter Zwecke wird die Dispositionsfreiheit dagegen nur vereinzelt in der Literatur angesehen.37 Gegen die letztere Meinung, die den Schutz der Interessen an freier Verfügungsmög- 29 lichkeit postuliert, wird angeführt, dass sie der Tatbestandsstruktur des § 263 widerspricht: Ein Vergleich des § 263 StGB vor allem mit § 123 BGB zeigt, dass das Erfordernis des Vermögensschadens beim Betrug keine eigenständige Bedeutung hätte, wenn es schon aufgrund einer irrtumsbedingten (Vermögens-)Verfügung erfüllt wäre.38 Obwohl dieser Vergleich eher zusätzliche Argumente zu stützen und zu erläutern vermag, ist es im Ergebnis zutreffend, dass die Dispositionsfreiheit als eigener Vermögensbestandteil eine mit dem geltenden Recht kaum zu vereinbarende Konstruktion ist (ebenso Eisele BT II § 21, 492; Hefendehl MK § 263 Rdn. 4). Dieser Einwand trifft letztlich auch die neuere Minderheitsauffassung in der Literatur, 29a welche die Dispositionsfreiheit nicht unter Vermögens-, sondern unter Freiheitsaspekten verselbständigen will.39 Abgesehen von den bereits oben Rdn. 23 f, 28 vorgebrachten Argumenten hiergegen ist zu bemerken, dass ganz allgemein die Verselbständigung der Freiheit bei dem strafrechtlich geschützten Umgang mit Gütern eine – auch verfassungsrechtlich nicht gebotene – Überbetonung der allgemeinen Handlungsfreiheit darstellt: Die Freiheit zur sorglosen (irrtumsfreien) Verfügung allgemein ist neben dem Schutz der Freiheit vor irrtumsbedingten Vermögensverfügungen eine strafrechtlich weder notwendige noch nützliche Konstruktion, die selbst dann nicht überzeugt, wenn man sie zum rechtstheoretischen Grund aller (Individual-)Delikte erklären würde: Allgemeines und Spezielles, in der Sprache des Verfassungsrechts: Muttergrundrecht und Spezialgrundrechte, werden dann unzulässig kombiniert (vgl. bereits Rdn. 28). Freiheitsschutz gibt es daher bei § 263 nur in Bezug auf das Vermögen, nicht neben ihm. Auch die Freiheit, keine Tötung oder Körperverletzung zu erdulden, ist im System der strafrechtlichen Rechtsgüterordnung nur mit Blick auf die Güter Leben und Gesundheit, nicht neben oder zusätzlich zu ihnen sinnvoll. Die im neueren Schrifttum recht verbreitete personale Vermögensauffassung verbindet 30 demgegenüber die Dispositionsfreiheit mit dem Vermögen, dessen Schutz als entscheidend erachtet, aber in seiner funktionalen Zwecksetzung durch den jeweiligen Vermögensträger und als sein (wirtschaftliches) Potential gesehen wird.40 Vermögen wird also als Beziehung zwischen dem Vermögensträger und den Vermögensgegenständen verstanden. Wegen der zentralen subjektiven Komponente werden gegen diese Lehre vor allem

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Vgl. Lampe FS R. Lange (1976) 455, 466 ff; Otto UWG-Großkommentar § 4 Rdn. 7; Pfeiffer FS Lieberknecht (1997) 207, 209; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 217. – Natürlich kann § 16 UWG wegen seiner Übervorteilungstendenz als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt bezeichnet werden (so Hernández Basualto S. 142 ff mit Nachw.). Jedoch ist dies eine schwache und unspezifische, als solche kaum hinreichende Legitimationsgrundlage (zu ihrer Ergänzung näher unten Rdn. 40). So insbes. Mohrbotter GA 1969 233.

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40

Cramer Vermögensbegriff S. 85; Samson/ Günther SK5 §263 Rdn. 131. Kindhäuser ZStW 103 (1991) 398 f; Krack S. 132; vgl. auch bereits Frank § 263 Anm. I; zur Kritik zusammenfassend Ahn S. 33 f, Berger S. 86 ff mit Nachw. sowie Vogel GedS Keller S. 319 ff. Bockelmann FS Kohlrausch S. 246; D. Geerds S. 125 und Jura 1994 309, 311 ff; Labsch JuS 1981 45, 47; Otto Struktur S. 34 ff und BT § 38, 7; Schmidhäuser BT 11/2; neuestens Achenbach FS Roxin (2011) 1013 ff („Vermögen als Inbegriff von Nutzungschancen“).

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Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der zu weitgehenden Subjektivierung vorgebracht (Lackner LK10 § 263 Rdn. 124 in Bezug auf den personalen Schadensbegriff). Auf diesen Einwand kann allerdings repliziert werden, dass die personale Vermögensauffassung einen beachtlichen Teil jener Schadensprobleme zu lösen vermag, die der h.M. – insbesondere im Bereich der Zweckverfehlung und des individuellen Schadenseinschlages – besonders große Schwierigkeiten bereiten (vgl. Achenbach FS Roxin [2011] 1017; Otto ZRP 1996 304 ff; dazu bereits Lackner aaO). Ohnehin liegt die „Stoßrichtung“ der personalen Lehre in der Bestimmung des Vermögensschadens. Wirtschaftliche oder personale Vermögensauffassung sind damit die beiden großen Alternativen, von denen die Auslegung und Handhabung des Betrugstatbestandes abhängt. Beide entsprechen trotz ihrer Unbestimmtheiten (noch) dem Gebot des Art. 103 Abs. 2 GG (dazu eingehend Vogel § 4 II 1 mit Nachw.). Dabei kommt nicht so sehr aus den von Lackner (LK10 § 263 Rdn. 163) angeführten kriminologisch-kriminalpolitischen Gründen als vielmehr mit Blick auf die unten Rdn. 50 nachgewiesene Verfassungsrechtsprechung keine verfassungskonform-restringierende Auslegung des Vermögensbegriffs in Betracht. Wohl aber muss sich die Handhabung des Schadensbegriffs in verfassungsrechtlichen Schranken halten, die vor allem die Vermögensgefährdung betreffen und im Einzelnen bei § 263 erläutert werden. Vor der Abwägung beider Ansichten ist für beide gemeinsam das Erfordernis hervor31 zuheben, normative Gesichtspunkte einzuführen, um Widersprüche mit anderen Teilen der Rechtsordnung zu vermeiden: Bei dem Ausgangspunkt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind nur solche Güter zum Vermögen zu rechnen, die einer rechtlichen Wertung standhalten, nämlich jedenfalls nicht der Missbilligung der Rechtsordnung ausgesetzt sind (ökonomisch-juristischer Vermögensbegriff).41 Ob weitergehend zu fordern ist, dass die Güter dem Vermögensträger „unter dem Schutz der Rechtsordnung“ zustehen42 oder sogar „rechtliche Verfügungsbefugnis“ über sie besteht 43, kann dabei an dieser Stelle offen bleiben (dazu § 263 Rdn. 132). Jedenfalls ist Schünemann (LK § 266 Rdn. 166 im Anschluss an Hefendehl S. 110 ff) darin zuzustimmen, dass es der Sache nach nicht so sehr um ein rechtliches Korrektiv als um die Integration von Wirtschaft und Recht geht. Vermögen wird damit zu einer (rechtlichen) Institution (Vogel § 4 I 2). Aber auch bei den einzelnen Spielarten und Unterformen44 des personalen Vermögensbegriffs ist überwiegend anerkannt, dass die Herrschaftsbeziehung der Person zum Vermögen und seinen Objekten rechtlich anerkannten Maßstäben genügen muss und jedenfalls nicht rechtlich missbilligt sein darf.45 Dies wird darauf gestützt, dass die Persönlichkeitsentfaltung, der das Vermögen dient, nicht schrankenlos geschützt ist. – Diese Einschränkungen und Integrationsansätze sind zutreffend. Persönlichkeitsentfaltung ist zwingend an Einschränkungen gebunden, die für eine personale Vermögenstheorie auf den Vermö-

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Zur Terminologie Nelles S. 402; Lackner/ Kühl § 263 Rdn. 33. Zur Sache vor allem Lackner LK10 § 263 Rdn. 132 und Lenckner JZ 1967 105, 107 Fn. 13. So Gallas FS Eb. Schmidt 409 f; ebenso Cramer Vermögensbegriff S. 100; Foth GA 1966 33, 42; Mitsch BT II/1 § 7 Rdn. 84; Rengier BT I § 13 Rdn. 55; Sch/Schröder/ Cramer/Perron § 263 Rdn. 82; Tenckhoff JR 1988 126, 128; Welzel S. 372; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535.

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So Nagler ZAkDR 1941 295; Samson/ Günther SK5 § 263 Rdn. 116. Vor allem Achenbach FS Roxin (2011) 1013 ff und Weidemann S. 201 f, 205 f („funktionaler Vermögensbegriff“). Achenbach aaO S. 1015 ff, 1017; Bockelmann FS Kohlrausch S. 248 f; D. Geerds Jura 1994 311, 320; Otto Struktur S. 54 u.ö. sowie BT § 51, 54.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

gensschutz durchschlagen müssen. Neben dem an die wirtschaftliche Betrachtungsweise als Korrektiv herangetragenen normativen Gesichtspunkt der Vermeidung von Normwidersprüchen im System der Gesamtrechtsordnung liegt es durchaus auch in der Konsequenz ökonomischer Bewertung, einer rechtlich missbilligten oder eingeschränkten Position (z.B. gefälschtem Wein) keinen oder nur einen verminderten Wert beizulegen. Letztlich ergibt sich dies daraus, dass auch die ökonomische Wertbestimmung in der kaufmännischen Bilanz ein rechtlich geordnetes Verfahren ist (näher Tiedemann LK § 283 Rdn. 138; zum Beispiel der Weinfälschung BGH NJW 1995 2933 ff und § 263 Rdn. 37, 198). Abgesehen von dem erwähnten, insgesamt aber wohl zweifelhaften Argument der 32 Unbestimmtheit und Rechtsunsicherheit kommt es für die Entscheidung zwischen personaler und wirtschaftlicher (ökonomisch-juristischer, integraler oder „institutioneller“) Vermögensauffassung zunächst darauf an, dass sich die erstere Lehre in der offenbaren Gefahr befindet, mit der Deutung des Vermögens als wirtschaftlicher Potenz des Vermögensträgers den Vermögens- zum Persönlichkeitsschutz und damit die Beeinträchtigung der (wirtschaftlichen) Dispositionsfreiheit der Tendenz nach zum Inhalt des (Vermögens-) Schadens werden zu lassen. Es steht also eine persönlichkeitsorientierte gegen eine eher marktwirtschaftliche Betrachtungsweise. Der Wirtschaftsverfassung und damit auch dem ihr dienenden Strafrecht mit seiner rationalen Bindung an Tatsachen, über die getäuscht werden kann (§ 263 Rdn. 8), dürften der Ausgangspunkt der rationalen Marktwertbetrachtung und das Leitbild des homo oeconomicus eher entsprechen, vor allem weil die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr den Einzelnen typischerweise zum Wirtschaftssubjekt werden lässt und weil die wirtschaftliche Bewertung (!) nicht nur – wie bereits soeben Rdn. 31 angedeutet – normativen Maßstäben entspricht, sondern durchaus auch individueller Planung des Vermögenseinsatzes und der Vermögensverwendung Rechnung trägt. Diese in der Sache bereits von RGSt 16 1, 6 ff eingeleitete und von BGHSt 16 321, 325 ff dezidiert vertiefte objektiv-individuelle wirtschaftliche Sichtweise wird durch das Schlagwort vom persönlichen Schadenseinschlag allerdings um ein (erneutes) Korrektiv ergänzt und eröffnet so ihren Kritikern (z.B. Pawlik S. 270 ff m.w.N.) ein Exerzierfeld für Vorwürfe der Systemlosigkeit und „laienhafter Vorstellungen vom Wirtschaften“ (Otto BT § 51, 59). In Wahrheit ist die grundsätzlich intersubjektive und insoweit objektive Bewertung auch in den Wirtschaftswissenschaften für die Bestimmung des Wertes von Vermögensgegenständen anerkannt.46 Die Bezeichnung als objektiv-individuelle Wert- und Schadensbestimmung bringt wegen des primären Bezuges auf den Vermögensbestandteil (und nicht: die Absichten seines Inhabers) die Verhältnisse richtig zum Ausdruck: Der „Marktwert“ ist zwar theoretisch und im Idealfall der Wertermittlung durch unzählig viele Anbieter und Nachfrager bestimmt 47 und insoweit vom Individuum unabhängig, wie auch der individuelle Gebrauchswert in den Wirtschaftswissenschaften nur eine geringe Rolle spielt (z.B. wenn es nur wenige oder sogar nur einen einzigen Nachfrager gibt). Individuellen Zwecksetzungen wird also am Markt nur und erst dort Rechnung getragen, wo und wenn dieser ausnahmsweise die einzelnen Marktteilnehmer in ihrer Individualität relevant werden lässt.48 Wirtschaft und privater Bereich des Einzelnen blei-

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Streit/Umbach/Bartlsperger Die Wirtschaft heute (19802) S. 164 ff; Waßmer S. 116 f; Wied-Nebbeling Markt- und Preistheorie (19973) S. 1 ff. Streit/Umbach/Bartlsperger aaO S. 190; Waßmer S. 118 f; Wied-Nebbeling aaO S. 3 ff; Winkel Einführung in die Wirtschaftswissen-

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schaften (1980) S. 142 ff; Woll Allgemeine Volkswirtschaftslehre (1996 12) S. 709 f. Schierenbeck Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre (199512) S. 41 ff; Streit/Umbach/ Bartlsperger aaO S. 164, 168; Winkel aaO S. 144.

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ben daher in den Wirtschaftswissenschaften prinzipiell getrennt. Für eine wirtschaftliche Betrachtung (des regelmäßig individuellen Leistungsaustausches) gerade aus der strafrechtlichen Sicht des § 263 erscheint aber das Modell grundsätzlich objektiver und nur ausnahmsweise individueller Bewertung als zutreffend, weil auch – wie erwähnt – der zu privaten Zwecken Vermögen Leistende damit wirtschaftlich tätig wird; vernünftig kann insoweit auch die Verfolgung von Affektionsinteressen (im Gegensatz zu Marotten) sein (Jakobs FS Tiedemann S. 656). Das damit zugrunde gelegte Modell ist zutreffend als für unser Wirtschaftssystem geradezu gerecht 49 und als Ausdruck einer sozialen Betrachtung des Vermögens und seines Trägers 50 bezeichnet worden; BGHSt 16 321, 329 spricht von einer „angemessenen umfassenden, lebensnahen und daher auch wirtschaftlichen Betrachtung“, wobei nur bei Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen zusätzlich die Auswirkungen auf das Gesamtvermögen unter Schadensgesichtspunkten geprüft werden (Lackner LK10 § 263 Rdn. 156). Dass das Vermögen in seiner Gesamtheit für seinen Träger mehr bedeutet als die bloße Summe seiner Teile, ist übrigens auch in den Wirtschaftswissenschaften anerkannt.51 Der Einwand, dass dieses Modell insgesamt zu unbestimmt wäre, lässt sich insbesondere bei Orientierung an Maßstäben des Bilanzrechts (dazu Hefendehl S. 193 ff; BVerfGE 126 170 ff Rdn. 141 ff) kaum halten und jedenfalls durch einen restringierenden Ausschluss zweifelhafter Positionen beheben (Lackner aaO Rdn. 122; Nelles S. 361 f; oben Rdn. 31). Die personale Vermögensauffassung versubjektiviert demgegenüber die Betrachtungsweise zu stark und geht in der Ablösung von dem wirtschaftlichen Ausgangspunkt der Güter zugunsten ihrer Wirkung auf die wirtschaftliche Potenz und bloße Möglichkeit des Vermögensträgers zu weit: Hier zeigt sich die enge Anbindung des personalen Vermögensbegriffs an personales Freiheitsverständnis, das letzlich auf die Saldierung nach Geldwert verzichtet und für einen Vermögensschaden die Funktionsstörung und damit die Verletzung der Dispositionsfreiheit ausreichen lässt (zutr. Schünemann LK § 266 Rdn. 166 mit Nachw.; Ähnliches gilt für das am Recht auf Wahrheit orientierte Schadensverständnis Pawliks). Insgesamt entspricht es der dynamischen Struktur des Betrugstatbestandes, der mit der Vermögensverfügung des Opfers auf eine Güterbewegung abhebt, das Vermögen im Wirtschaftsverkehr (!) primär als verwertbares Wirtschaftsgut und weder – wie bei §§ 242 ff – gleichsam statisch als Vermögensstück noch als bloßen Ausdruck der wirtschaftlichen Potenz, nämlich der Möglichkeit einer Person, zu sehen (zum Unterschied von Bestandsschutz und Schutz des „Umgangs“ mit Vermögen Joecks Vermögensverfügung S. 82 f mit Nachw., dessen Beschränkung des § 263 auf Schutz des Umgangs mit Vermögen aber nicht einsehbar ist; Jakobs FS Tiedemann S. 657 ff sieht sogar den Rechtsentzug als zentrale Materie an). Übrigens muss der Wert, den der erlangte Vorteil für den Getäuschten hat, auch deshalb stets objektiv (intersubjektiv) hypothetisch bestimmt werden, weil der Getäuschte selbst eben wegen der Täuschung den Wert nicht (individuell) zutreffend bestimmt.

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c) Zusammengefasst ist der maßgebende und richtige Ausgangspunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise durch eine am Tatbestand des § 263 orientierte Rechtsgutsbestimmung zu gewinnen und zu stützen: Der Betrugstatbestand orientiert sich tatbestandlich-leitbildmäßig am Vermögensaustausch bzw. – bei einseitigen Leistungsverhält-

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Lackner LK10 § 263 Rdn. 156, 159; Berger S. 114 (auch zum übereinstimmenden österreich. und schweizer. Schrifttum); Boog S. 104 f. Cramer Vermögensbegriff S. 48 f, 104;

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Lampe FS Otto S. 623 (mit Nachw.); Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 114. Vgl. nur Folkers in Handbuch der Wirtschaftswissenschaften (1980) Bd. V S. 266 f mit Nachw.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

nissen – jedenfalls an der Vermögensbewegung. Anders als die personale Vermögenslehre nimmt der Wirtschaftsverkehr im Prinzip keine Rücksicht auf subjektive Zwecksetzungen: Er dient zwar idealtypischerweise der Bedürfnisbefriedigung,52 macht diesen Zweck aber – ähnlich der zivilrechtlichen Beurteilung – nur ausnahmsweise und dann zum Gegenstand und Teil des einzelnen Leistungsaustausches, wenn die Erfüllung einer einseitigen (oder zweiseitigen) Zwecksetzung geradezu rechtliche Grundlage oder Bedingung des Geschäftes wird. An dieser Realität und ihrer zivilistischen Bewertung zeigen sich auch folgerichtig und prototypisch Schwierigkeiten der personalen Lehre, wenn diese den Vorsatz des Täters konstruieren und auf die Minderung der wirtschaftlichen Potenz des Opfers abstellen muss;53 derartige Schwierigkeiten entfallen nur dann, wenn die Täuschung des Täters gerade das Bedürfnis des Opfers betrifft. Demgegenüber ist es der Normal- und Regelfall, dass die subjektive Zwecksetzung im privaten Bereich bis hin zur Willkür alle denkbaren Zwecke verfolgen kann, die dem Täter eben grundsätzlich nicht bekannt sind oder jedenfalls nicht bekannt sein müssen. Die angebliche Begrenzung der personalen Lehre auf wirtschaftliche Zwecksetzungen54 und damit ihr Bekenntnis zu einem wirtschaftlichen Vermögensbegriff (!) verringert zwar die Tragweite des Einwandes, behebt ihn aber nicht grundsätzlich, da die Gleichsetzung von Lebens- und Wirtschaftswelt die Dominanz der ersteren nicht aufhebt. Dass auch der objektiv-individuelle Schadenseinschlag vom Vorsatz des Täters umfasst werden muss (§ 263 Rdn. 242), verfängt ebenfalls nicht, weil es hier statistisch gesehen weiterhin um Ausnahmen geht. Freilich sollte das Gewicht der Vorsatzfragen nicht überschätzt werden: Die Entscheidung zugunsten der normativ verfassten wirtschaftlichen Vermögens(schadens)lehre fällt auf der objektiven Ebene, die das Wirtschaftsgeschehen in Betracht nimmt.

IV. Opfermitverantwortung? Nach den voraufgegangenen Darlegungen ist der strafrechtliche Schutz des wirt- 34 schaftlichen Vermögens objekt-orientiert, und die Täuschung des Opfers bleibt bloßes Angriffsmittel (zur Überlistung) des Täters. Jedoch hebt das rechtliche Erfordernis einer Vermögensverfügung des Opfers (§ 263 Rdn. 5 und 96 ff) dessen Stellung über die allgemeine kriminologische Täter-Opfer-Beziehung (oben Rdn. 10) hinaus: Die Mitwirkung des getäuschten Opfers an der (jedenfalls regelmäßig: eigenen) Schädigung ist rechtlich für die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens als Betrug konstitutiv. Da aber einerseits vermögensmäßige Selbstschädigungen einer Person im Grundsatz marktwirtschaftskonform sind und andererseits nach allgemeinen Lehren kumulative Kausalität im (Betrugs-) Strafrecht ausreicht (vgl. näher § 263 Rdn. 93), besteht seit langem das kriminalpolitische Problem, ob der Strafschutz des Opfers und damit die Strafbarkeit des Täters bei jeder (auch nur mit) kausalen Täuschung eingreifen oder aber bei Unterlassen hinreichenden Selbstschutzes des Opfers – einschließlich unterlassener Vorsorge bei besonderer Leichtgläubigkeit – entfallen soll (rechtsvergleichende Übersicht bei Hernández

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53 54

Demmler Einführung in die Volkswirtschaftslehre (1991) S. 1; Schierenbeck aaO S. 2; Streit/Umbach/Bartlsperger aaO S. 168. Vgl. nur Tiedemann Wirtschafsstrafrecht II S. 99 ff; dazu Otto BT § 51, 65 ff. D. Geerds S. 118 und Jura 1994 309, 320; Otto Struktur S. 74, 288 und BT § 38, 8 f.

Zu den Abgrenzungsschwierigkeiten dieser Lehre Vogel § 4 I 3e (mit Nachw.), der mit Jakobs JuS 1977, 228, 231 in der Beschränkung (des Vermögensschadens) auf die Verfehlung wirtschaftlicher Zwecke geradezu einen Fremdkörper der „personalen“ Lehre sieht.

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Basualto FS Tiedemann S. 606 f). In elaborierter Form bietet zuerst die Viktimodogmatik eine normative Antwort auf die Frage, wann eine Täuschung ein unerlaubtes Risiko für die schädigende Verfügung des Täuschungsopfers bewirkt (zutr. Jakobs FS Tiedemann S. 654).

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1. Über das grundsätzliche Erfordernis einer Abgrenzung zwischen zulässiger Übervorteilung durch besondere Geschäftstüchtigkeit einerseits und Strafbarkeit wegen Betruges andererseits besteht Einigkeit, ebenso über die Unsicherheit dieser Abgrenzung (vgl. nur Haft/Hilgendorf BT I S. 80) und den für sie maßgebenden Ausgangspunkt: dass die Ausnutzung von Informationsvorsprüngen in der Marktwirtschaft grundsätzlich legitim ist (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 7; Hefendehl MK § 263 Rdn. 22), da die Marktwirtschaft individuellen Eigennutz und damit die Erlangung von Wissensvorsprung prinzipiell positiv bewertet (Kühne S. 7 f, 13; Pawlik S. 71). Allerdings betrifft dieser Ausgangspunkt zunächst nur das Vorenthalten einer Wissens(mit)teilung, also das Unterlassen der Informationsübermittlung. Die ausdrückliche Vorspiegelung falscher Informationen scheint damit auf den ersten Blick eine eindeutige Grenzlinie darzustellen, wird insoweit doch die Fähigkeit des Vermögensinhabers zu selbstverantwortlichem Handeln zielgerichtet manipuliert (Kratzsch FS Oehler S. 73). Jedoch zeigen schon die Werbe-Phänomene der Übertreibung und der einseitigen Bewertung in Bezug auf die Qualität von Waren und Leistungen, dass es eine solche sichere Grenzlinie nicht gibt. Vor allem durch die Annahme einer strafrechtlichen Kategorie der konkludenten (stillschweigenden) Täuschung (§ 263 Rdn. 28 ff) wird die Grenzziehung unsicher (Hefendehl MK § 263 Rdn. 21; Vogel GS Keller S. 315 ff; Wittig Verhalten des Betrugs S. 406). Neben sehr allgemeinen und daher besonders konkretisierungsbedürftigen Einschränkungskriterien wie der Sozialadäquanz (und des groben Verstoßes gegen die Sozialethik)55 werden mögliche Einschränkungen der Strafbarkeit wegen Opfermitverschuldens – im Ausland auch vom Gesetzgeber – zum einen über das Erfordernis qualifizierter Täuschungshandlungen 56, zum anderen durch das Merkmal einer (im wesentlichen mit der Adäquanz identischen) Täuschungseignung der Täterhandlung 57 oder aber durch Erwägungen der objektiven Zurechnung 58 erreicht. Eine dogmatisch fundierte Restriktion der strafbaren Täuschung strebt auch die Wiederbelebung der Lehre vom Recht (des Opfers) auf Wahr-

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Vgl. bereits Merkel S. 262 u.ö.; später K. Peters FS Eb. Schmidt S. 488 ff; Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 36; Pérez Manzano in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 220; Thomma S. 292 ff; zustimmend Kindhäuser NK § 263 Rdn. 68, ablehnend Harbort S. 162 und Wittig Verhalten des Betrugs S. 230 ff, je m.w.N. Vgl. unten Rdn. 50 und 61; zur Arglist nach schweizer. Strafrecht zuletzt Arzt FS Tiedemann (2008) 600 ff und Esser FS Krey (2010) 100 ff. Ebenso für das deutsche Recht Ellmer S. 271 ff; auch Arzt MschrKrim 1984 112 und FS Hirsch (1999) 431, 434 ff, 447 f; Kamberger S. 231 ff; dagegen Kurth S. 104 f. Historisch Vogel in Schünemann S. 105 f. So z.B. im spanischen Betrugsstrafrecht; vgl.

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unten Rdn. 72 und Pérez Manzano aaO S. 213 ff, 226. Für das deutsche Recht neben Ellmer aaO ebenso Hilgendorf S. 110 ff. Zu entsprechenden Tendenzen im italienischen Recht Hernández Basualto FS Tiedemann (2008) 606 mit Nachw. Esser aaO S. 96 ff; Harbort S. 185 ff, 190 ff; Hefendehl MK § 263 Rdn. 23 („Herrschaftsprinzip“); Kurth S. 145, 163, 169 ff (Schutzzweck der Norm); Merz S. 193 f; Pawlik S. 248 (für „eklatante Obliegenheitsverletzungen“); Rengier FS Roxin (2001) 820 ff; Satzger S/S/W § 263 Rdn. 10; Vogel GedS Keller S. 322 f; dazu eingehend (und ablehnend) Ellmer S. 160 ff; Hilgendorf S. 109 f; Krack S. 66 ff. Vgl. auch Pérez Manzano aaO S. 217 ff.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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heit an, da nach dieser Lehre selbst die ausdrückliche Täuschung nur bei Verletzung eines solchen Rechts strafbar sein soll (vgl. bereits Rdn. 25; Jakobs FS Tiedemann S. 654 f; Pawlik S. 65 ff, der eine an Rollen orientierte Verteilung des Irrtums vertritt). Für konkludente Täuschungen stellt Kasiske (GA 2009 360, 367) darauf ab, ob es dem Opfer möglich und zumutbar ist sich die Informationen zu beschaffen, über die der Täter verfügt. Andere viktimodogmatische Einschränkungen setzen beim Irrtumserfordernis an, indem dessen Funktion problematisiert und jedenfalls der Zweifel des Opfers als potentieller Auslöser zumutbaren Selbstschutzes angesehen wird.59 Der Einschränkung dient auch die interpretatorische Einführung eines adäquaten 60 oder funktionalen 61 Zusammenhangs zwischen den objektiven Tatbestandsmerkmalen des § 263. Unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Subsidiarität des Strafrechts im Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten, hier insbesondere gegenüber dem Zivilrecht und seinen Sanktionen, kann schließlich auch eine Begrenzung des Schadensmerkmals – etwa durch Ausgrenzung zivilen Vertragsunrechts entsprechend historischen Modellen (oben Rdn. 14) oder durch Ablehnung der schadensgleichen Vermögensgefährdung bei Beherrschbarkeit der Gefahr 62 – diskutiert werden. Für eine allgemeine Abwägung der Interessen von Täter und Opfer plädiert neuerdings Wittig (Verhalten des Betrugs S. 366 ff im Anschluss an Frisch), gelangt mit dieser vagen Formel aber kaum über bekannte und auch von der h.M. verwandte Ansätze wie die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen und die Risikoverteilung hinaus (zutr. Pawlik GA 2006 540, 542). Auch Hennings will auf der Grundlage des Prinzips der Selbstverantwortung (S. 168 ff) nach Verantwortungsbereichen abgrenzen (S. 181 ff). In grundsätzlich-verfassungsrechtlicher Sicht geht es bei dieser Diskussion um die Eigen- 36 verantwortlichkeit des Individuums und den mündigen Bürger auf der einen und den sozialen Schutzauftrag des Rechts- und Sozialstaates auf der anderen Seite. Allerdings ist im Vergleich zu der durchaus parallelen kriminalpolitischen Diskussion des 19. Jahrhunderts (dazu Hilgendorf S. 26 ff, Schütz S. 195 ff und Vogel in Schünemann S. 105 ff, je mit Nachw.) zu bedenken, dass hier nicht eine Reform (dazu Rdn. 105 ff), sondern die Auslegung des § 263 in Frage steht. Auch und gerade für diese soll freilich nach Ansicht seiner Vertreter das viktimologische Prinzip „gelten“ (vgl. nur Schünemann FS Bockelmann S. 117, 130). Insoweit ist aber unübersehbar und letztlich unbestreitbar, dass der Übergang der Entwürfe des Preuß. StGB von einer „arglistigen“ Täuschung (Schütz S. 199 mit Nachw.) zu der nur mäßig einschränkenden heutigen Gesetzesfassung (vgl. bereits Rdn. 16) im Verein mit der Aufgabe der Sonderbehandlung von zivilem Vertragsbetrug (durch Beschränkung der tauglichen Täuschung auf Tatsachen: Schütz S. 186 f mit Nachw.) der Sache nach eine Einbeziehung der Leichtgläubigkeit in den Schutzbereich des Betrugstatbestandes bedeutete.63 59

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Amelung GA 1977 1 ff (zustimmend Extraneus bei Amelung S. 2) und FS Eser (2005) 19 ff; Giehring GA 1973 1, 22; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 373; Schünemann FS Bockelmann (1978) 117, 130 f; krit. dazu Hillenkamp S. 20 ff m.w.N.; auch Harbort S. 192 f. Blei BT S. 226 f; Naucke FS K. Peters 109 ff. Ablehnend aber Hilgendorf S. 106, Hillenkamp S. 87 ff, Krack S. 64 ff und Wittig Verhalten des Betrugs S. 304 ff, je m.w.N. Vgl. nur Duttge in Dölling/Duttge/Rössner

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§ 263 Rdn. 68; Lampe FS Otto S. 644; unten § 263 Rdn. 182. Vgl. nur Beulke NJW 1977 1073; Hefendehl S. 131 ff; dazu Hillenkamp S. 36 ff. – Zur Ablehnung des Schadens bei „Verkauf von Illusionen“, die das Opfer wünscht, Arzt FS Hirsch (1999) 447 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 491 (a.E.) m.w.N. Amelung S. 9; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 4; Hillenkamp S. 87; Kurth S. 23; Lackner LK10 § 263 Rdn. 80; Schütz S. 199 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 491.

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2. Rechtsprechung und h.M. halten an diesem Fixpunkt heutiger Auslegung fest: Mitverschulden des Opfers schließt für sich die Tatbestandsmäßigkeit nach § 263 grundsätzlich nicht aus.64 Dem liegt die – auch historische – Feststellung zugrunde, dass die (Strafwürdigkeit einer) vorsätzliche(n) Schädigung nicht durch die bloße Fahrlässigkeit des Opfers in Wegfall kommt.65 Selbst für einen extremen Fall des Betruges (und der mittelbaren Tötungstäterschaft durch Suizid des Opfers) hält BGHSt 32 38, 43 fest, es sei rechtlich irrelevant, dass das Opfer „völlig unglaubhaften Suggestionen erlag“ (zu den Betrugsaspekten dieses „Sirius-Falles“ Hilgendorf S. 120 ff m.w.N.). Auch BGHSt 34 199, 201 (m.w.N.) erklärt in einem Fall marktschreierischer Werbung mit konkreten Angaben zur angeblichen Verjüngung, Abmagerung und Haarverstärkung die Leichtgläubigkeit der Opfer für tatbestandlich irrelevant (vgl. dazu auch § 263 Rdn. 14 m.w.N. und sogleich Rdn. 39). Der Rechtsprechung ist im Grundsatz zu folgen, und der Versuch der Literatur, eine 38 generelle teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes bei Opfermitverantwortung vorzunehmen, ist zurückzuweisen (zust. Arzt FS Tiedemann S. 601). Empirisch und praktisch ist Mitverschulden des Betrogenen die Regel (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 4). Will man § 263 nicht demontieren, so kann es allenfalls darum gehen, besondere Leichtgläubigkeit oder grobes Mitverschulden als Grund für eine Ausnahme vom Strafschutz zu nehmen – womit freilich sogleich die Frage auftritt, ob nicht konstitutionell Schwache (Kinder, Verwirrte usw.) von dieser Ausnahme ausgenommen werden müssen (vgl. Hilgendorf S. 199 ff und in Asada S. 154 f; Pérez Manzano in Madrid- Symposium für Klaus Tiedemann S. 213 ff). Es treten also schwierige Abgrenzungsfragen (ähnlich wie bei § 23 Abs. 3!) auf, die letztlich darin begründet sind, dass das bewusste Ausnutzen des Leichtsinns des Opfers ambivalent zu bewerten ist: Einerseits wird dem Täter die Tat erleichtert, und er muss weniger kriminelle Energie aufbringen; andererseits handelt er besonders verwerflich, missbraucht nämlich – wenn auch gegebenenfalls „blindes“ – Vertrauen. Gerade der Gedanke des verkehrsnotwendigen Vertrauens spricht schon historisch gegen eine generelle Tatbestandsrelevanz der Opfermitveranwortung (Vogel in Schünemann S. 107 mit Nachw.; vgl. auch Ellmer S. 46 ff). Methodisch gesprochen fehlt es an der für eine generelle teleologische Reduktion des § 263 erforderlichen planwidrigen Lücke (vgl. bereits Rdn. 36). Dass es von Verfassungswegen geboten wäre, bei eklatanter Opfermitverantwortung von der Bestrafung abzusehen, ist schon angesichts der gegenläufigen Bewertung der Täterverantwortung in derartigen Fällen fernliegend, zumal das Subsidiaritätsprinzip nicht auf das Verhältnis zwischen Staat und Opfer erstreckt werden kann (Roxin AT I § 14, 19). Dies bedeutet aber nicht, dass es ausgeschlossen wäre, die Opfermitverantwortung im 39 Einzelfall und bezogen auf einzelne Tatbestandsmerkmale und Konstellationen des Betruges mit zu berücksichtigen. So liegt keine Täuschung über Tatsachen vor, wenn eine reklamehaft übertreibende Anpreisung von keinem vernünftig Denkenden als konkrete

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Ausführliche Kritik an der „Maßstabslosigkeit“ der viktimologisch-teleologischen Konzeptionen bei Pawlik S. 52 ff m.w.N. Vgl. nur BGH NJW 2003 1198 f und Wessels/Hillenkamp aaO mit umfassenden Nachw. – Zu der „mit überraschender Plötzlichkeit aus dem Vollen“ schöpfenden, vom 4. Strafsenat im Folgenden nicht durchgehaltenen Ausgangsthese, § 263 solle nicht

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„sorglose Menschen gegen die Folgen ihrer eigenen Sorglosigkeit … schützen“ (BGHSt 47, 1, 4), zutreffend Arzt FS Tiedemann S. 602 f; auch Stuckenberg ZStW 118 (2006) 896: „Der Satz blieb jedoch folgenlos.“ Arzt aaO (und § 20, 6 mit der Verwerfung der Opfermitverantwortung „als Instrument für eine Grobsteuerung des § 263“); Merkel S. 261; Vogel § 1 III 3 m.w.N.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Tatsachenbehauptung angesehen wird (§ 263 Rdn. 14); trotz tatbestandsmäßiger ausdrücklicher Täuschung (bei der es an sich nicht auf die Glaubhaftigkeit ankommt, vgl. § 263 Rdn. 10) kann es an einem Irrtum fehlen, wenn dem leichtsinnigen Opfer die Wahrheit geradezu gleichgültig ist (§ 263 Rdn. 86); es kann weiter an einem Schaden fehlen, solange dem Opfer noch täuschungsunabhängige Gegenrechte – beispielsweise Leistungsverweigerungsrechte nach § 320 BGB – zustehen (§ 263 Rdn. 176); oder es kann schließlich eine zivilrechtlich existente Rechtsposition des Opfers in einzelnen Bereichen – z.B. der Vereitelung einer Vermögensmehrung durch den Täter beim „unechten“ Erfüllungsbetrug – strafrechtlich nicht selbständig schutzwürdig sein (näher § 263 Rdn. 202). Vor allem kann der Opfermitverantwortung dort Rechnung getragen werden, wo es auf die Verkehrsauffassung und normative Wertungen ankommt, insbesondere also bei der konkludenten Täuschung und der Täuschung durch garantenpflichtwidrige Nichtaufklärung: Was als „miterklärt“ gelten oder worüber aufgeklärt werden muss, hängt maßgeblich davon ab, wer das Informations-, Aufklärungs- oder Irrtumsrisiko zu tragen hat (dazu eingehend § 263 Rdn. 30 und 51 ff). Zu beachten ist allerdings, dass in diesen Bereichen weniger die konkret-individuelle Opfermitverantwortung als vielmehr ein abstrakt-genereller Maßstab entscheidet; dies übersehen Hennings (S. 92 f, 99 f) und Thomma (S. 309) mit ihrer Kritik an einer verschleierten oder „latenten“ Berücksichtigung der Opfermitverantwortung durch die h.M. und Rechtsprechung. – Einigkeit besteht darüber, dass das Mitverschulden des Opfers grundsätzlich für die Strafzumessung von Bedeutung ist, sich nämlich strafmildernd auswirken kann (nicht: muss). Andererseits kommt eine Strafschärfung in Betracht, wenn der Täter besonderes – wenn auch „blindes“ – Vertrauen missbraucht hat, mag ihm dies die Tat auch erleichtert haben (§ 263 Rdn. 293). 3. Auf § 263 nicht generell zu übertragen ist auch die Handhabung des § 16 UWG, 40 dessen Merkmal der Irreführungseignung am Leitbild entweder eines aufmerksamen, verständigen Verbrauchers 66 oder aber eines flüchtigen Verbrauchers67 orientiert werden kann. Da es bei diesem Auffang-Tatbestand weder zu einem Irrtum noch zu einem (Vermögens-)Schaden kommen muss, ist es sachgerecht, die erforderliche Begrenzung bereits bei der Täterhandlung (und zusätzlich in dem publikumsschützenden Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit) zu suchen.68 Von einem ähnlichen Prinzip qualifizierter Täuschung bei fehlender Relevanz des Vermögensschadens gehen offenbar – neben dem klassischen französischen Recht (Rdn. 62 ff) – auch diejenigen Sondertatbestände des Betruges aus, die von einem Schadenseintritt absehen und die Täuschungshandlung an die Erheblichkeit sowie zusätzlich an die Vorteilhaftigkeit der täuschenden Angaben binden (§§ 264, 264a, 265b; vgl. unten Rdn. 47). Da die EG-Werberichtlinie 84/450 EWG nur Mindestregeln enthält, verbot sie für § 4 UWG a.F. nicht den weitergehenden nationalen Schutz auch des flüchtigen Verbrauchers. Sowohl das UWG als auch das Betrugsstrafrecht der §§ 263 ff unterliegen allerdings dem Maßstab der Grundfreiheiten der EU, namentlich des Art. 45 AEUV. Insoweit ist nunmehr zusätzlich die Richtlinie 2005/29

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So EuGH Slg. 2000 I 117 = NJW 2000 1173 (Lancaster); EuZW 1999 281 ff (Verbraucherschutzverein/Kessler); Slg. 1990 4828 (Pall/Dahlhausen); 1995 1936 (Mars); vgl. weiter Hernández Basualto S. 192, Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 220, 225 und Vergho S. 90 ff, je m.w.N.

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So die deutsche h.M. bis zum UWG 2004; vgl. nur BGHSt 2 139, 145 und A. H. Meyer WRP 1993 215 (224 m.w.N.); Tiedemann Festgabe BGH Bd. IV S. 554. Hernández Basualto aaO; Vogel § 7 IV 3; vgl. aber auch Tiedemann aaO Rdn. 227.

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EG über unlautere Geschäftspraktiken zu berücksichtigen. Wenn Soyka (wistra 2007 127 ff; zust. Satzger S/S/W § 263 Rdn. 68) aber aus ihr eine generelle Reduzierung des § 263 auf den Schutz des verständigen Durchschnittsverbrauchers ableiten will (ebenso Ruhs FS Rissing-van Saan S. 567, 581 für alle „Werbeangaben“), geht dies zu weit (Vergho S. 297 ff). Dagegen ist bei der öffentlichen (massenhaften) Publikumswerbung als typisch wettbewerblichem Verhalten gegenüber Abnehmern und Verbrauchern die Annahme einer entsprechenden Täterprivilegierung mit Hecker (S. 322 ff) als zumindest diskutabel zu bezeichnen (Tiedemann FG BGH Bd. IV, 2000, 551, 555; vgl. auch Beukelmann in von Heintschel-Heinegg § 263 Rdn. 29). Eine Sollbruchstelle liegt in dieser Differenzierung von Publikums- und Individualtäuschung entgegen Dannecker (ZStW 117, 2005, 697, 711 ff) nicht (ebenso Wohlers/Kudlich ZStW 119, 2007, 366, 368 f), da letztere gefährlicher und das Opfer daher insoweit schutzbedürftiger ist (Arzt FS Tiedemann S. 595 ff; Hecker S. 331; zust. Ruhs aaO). Es geht um eine auf Art. 291 AEUV gestützte unionsfreundliche Auslegung, die für § 264a wohl zwingend ist, hier aber auch bei § 263 für richtig gehalten wird (vgl. auch Rdn. 42 zur Einbeziehung von EU-Vermögen in den Schutz des § 263).

V. System und Auslegung des Betrugsstrafrechts (§§ 263 bis 265b) 41

Die Systematik der §§ 263 ff folgt einerseits aus der historischen Entwicklung (Rdn. 12 ff), die zur Ausgliederung von Fälschungsdelikten ohne unmittelbaren Vermögensbezug geführt hat: Straftaten gegen das Urkunden- und Münzwesen sowie gegen die Rechtspflege sind in anderen Abschnitten des StGB, Lebensmittel- und vergleichbare Warenfälschungen im Nebenstrafrecht geregelt. Der Vermögensschutz durch den Betrugstatbestand (§ 263) ist andererseits im deutschen Strafrecht generell konzipiert und umfasst sowohl einzelne Vermögensstücke als auch das Vermögen als Ganzes, in jedem Fall aber unter Betonung des Gesamterfolges der Vermögensbeschädigung; hiervon unterscheiden sich insbesondere das französische und bis 2006 das englische Betrugsstrafrecht mit konkreterem Bezug auf die jeweiligen Schadensobjekte und damit einhergehender Vernachlässigung der Schadensfrage (näher Rdn. 62 ff, 87 ff). Auch der Betrugsdefinition des EG-Übereinkommens zum Schutz finanzieller Interessen der EG von 1995 (Rdn. 102) ist ein Schadenserfordernis fremd (näher Rdn. 103).

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1. Dieser allgemeine Vermögensschutz wird traditionell insoweit teilweise eingeschränkt, als das öffentliche Vermögen – im Sinne des Vermögens einer Person des öffentlichen Rechts (Berger S. 4 ff mit Nachw.) – durch das Steuerstrafrecht (§§ 370 ff AO) und teilweise auch durch den Tatbestand des (Wirtschafts-)Subventionsbetruges (§ 264) eine Sonderbehandlung erfährt, deren Einordnung als Spezialität üblich, aber missverständlich ist (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 186 mit Nachw.; unten § 263 Rdn. 314). Historisch stammt das Abgabenstrafrecht zum Schutz öffentlicher Einnahmen aus den Straf- und Ordnungsbestimmungen der einzelnen Steuer- und Zollgesetze; die grundsätzliche Anwendung des Betrugstatbestandes auf die Steuer- und Zoll„defraudationen“ war historisch nicht unstreitig (vgl. nur RGSt 2 405, 406 ff). Nach Escher S. 235 ff war der Betrug ein gemeines Privatdelikt, die Defraudation dagegen ein öffentliches oder Staats-Verbrechen; Merkel S. 108 ff sah in ersterem ein positives EingriffsDelikt, in letzterem eine negative Omissiv-Straftat mit nur formellem Rechtsgrund, nämlich der Nichtvornahme einer vom Staat geforderten Handlung (ausführlicher Honemann Das Verhältnis zwischen der Defraudation der Zölle und Verbrauchssteuern und dem Betruge nach deutschem Reichsrecht, 1894). Diese theoretischen Entgegensetzungen

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Vorbemerkungen Vor § 263

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leben ersichtlich davon, dass erst später faktisch in beachtlichem Umfang positive staatliche (Subventions-)Leistungen und gemischte Verschonungssubventionen (Steuervorteile) auftraten, die das Modell: positive Fremdschädigung/negative Nichtleistung aus eigenem Vermögen, wirtschaftlich vermengen und damit auch strafrechtlich in Frage stellen. Positiv-rechtlich übernahmen und übernehmen den Strafschutz öffentlicher Ausgaben mit wachsendem praktischem Bedürfnis vereinzelte Spezialtatbestände wie früher § 329 StGB (Heereslieferungsbetrug) und heute § 264; den für § 329 erforderlichen Schaden sahen RGSt 49 94, 108, 50 102, 107 und 316, 317 nicht nur materiell-vermögensrechtlich, sondern auch als Schädigung der Heeresmacht (konsequent daher die heutige systematische Einordnung des § 109e Abs. 2). Eine generelle Zusammenfassung und Sonderbehandlung von öffentlichem Abgaben- und Leistungsbetrug wie im dän. Straffeloven und Art. 14 schweizer. Verwaltungsstrafgesetz (dazu BGE 110 IV 24, 29) fehlt dagegen im deutschen Strafrecht de lege lata, und auch die klassisch-interpretatorische österreichische Sonderbehandlung des „Behördenbetruges“ im Rahmen des allgemeinen Betruges (dazu Berger S. 19 ff mit Nachw.) findet im deutschen Strafrecht eine Entsprechung nur in der älteren RG-Rechtsprechung zum Prozessbetrug. Soweit Amelung (S. 374 ff) das Vermögen des Staates deshalb vom Schutz des § 263 ausnehmen will, weil es nicht – im Sinne Luhmanns – der individuellen Bedürfnisbefriedigung eines Wirtschaftssubjektes, sondern der Erzeugung verbindlicher Entscheidungen und als materielle Grundlage der spezifischen Funktionen des politischen Systems diene, trägt diese Ansicht nicht dem Umstand Rechnung, dass die Ziele und Motive einer Vermögensminderung diese selbst nicht in Frage stellen.69 Auch Überlegungen dahingehend, dass § 263 auf den wirtschaftlichen Verkehr zugeschnitten sei und daher Angriffe auf vermögensrelevante Hoheitstätigkeit nicht erfasse (vgl. nur OLG Karlsruhe NStZ 1990 282 f; näher § 263 Rdn. 145 f), ziehen zu weitgehende Folgerungen aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beim Vermögens- und Schadensbegriff (zutr. Berger S. 43 ff mit Nachw.). § 263 ist daher auf die Schädigung öffentlichen Vermögens einschließlich des Vermögens der EU (Rdn. 101; Berger S. 51 ff mit Nachw.) anwendbar, soweit dessen Schutz nicht durch ausdrückliche Sonderregelungen (wie das Abgabenstrafrecht; eingehend § 263 Rdn. 319 ff) gestaltet wird (zust. Hefendehl MK § 263 Rdn. 7; ebenso Satzger S/S/W § 263 Rdn. 7). Besonderheiten des öffentlichen Vermögens, insbesondere seiner normativen Zweckbindung, ist im Wege der Auslegung Rechnung zu tragen (vgl. § 263 Rdn. 183 ff). 2. Eine wirkliche Notwendigkeit für Sondertatbestände70 ergibt sich aus dem struk- 43 turellen Unvermögen des Betrugstatbestandes, den Missbrauch neuerer technischer Entwicklungen zu erfassen: Das Irrtumserfordernis des § 263 stellt die Täuschung des Computers (der DV-Anlage) straflos, auch wenn dieser (diese) selbständig eine Vermögensverfügung trifft und hieraus unmittelbar ein Vermögensschaden entsteht; die auch im 69 70

Berger S. 30 ff mit Nachw.; Gerhold [vgl. zu § 264] S. 28; Hack [vgl. zu § 264] S. 30 f. Dieser Begriff ist untechnisch zu verstehen (ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20 Rdn. 141 und Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner § 263 Rdn. 1). Kindhäuser (in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 134), Joerden (GedS Blomeyer S. 375 ff) sowie Wohlers/Kudlich ZStW 119 (2007) 361 (368) sprechen von Betrugsderivaten, Hefendehl (MK § 263 Rdn. 32) und Hernández

Basualto (FS Tiedemann S. 605) von „Kranzdelikten“. Rengier (BT I 3. Kap.) verwendet den Ausdruck „betrugsähnliche Straftaten“ (ebenso die schweizer. Lehre, vgl. Hurtado Pozo Droit pénal Partie spéciale, 2009, Rdn. 1261). Zu der Bezeichnung als „betrugsverwandte“ Delikte bereits oben Rdn. 2; ähnlich die Abschnittsüberschrift „délits voisins“ (Nachbardelikte des Betruges) im französischen Code pénal (dazu Rdn. 68 und T. Walter S. 301 ff).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

ausländischen Recht vielfach bestehende Lücke (vgl. Rdn. 51 ff) schließt § 263a (vgl. dazu Rdn. 6 Vor §§ 263 ff; Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 2). Entsprechendes gilt für die „Täuschung“ von einfachen (Leistungs-)Automaten und für die Inanspruchnahme von Leistungen des modernen Massenverkehrs, öffentlicher Kommunikationsnetze sowie anderer (auch individueller!) Einrichtungen und Veranstaltungen: Der Wegfall menschlicher Kontrollen infolge Vordringens der Automation zwingt auch insoweit zu einer Ergänzung des Betrugstatbestandes (§ 265a; dazu Tiedemann LK Rdn. 2). Ferner treten – kriminalpolitisch stärker umstritten, da weniger evident und je nach 44 Grundüberzeugung nicht unbedingt zwingend – neue Schutzbedürfnisse in neuen Wirtschaftsbereichen auf, deren Massenhaftigkeit einerseits und Interessenvielfalt 71 andererseits den allgemeinen Betrugstatbestand als praktisch (beweismäßig), aber auch theoretisch (dogmatisch) wenig adäquat erscheinen lassen: Der Kredit mit seinen zentralen volkswirtschaftlichen Funktionen erfährt zusätzlichen Schutz durch § 265b (vgl. Rdn. 4 Vor §§ 263 ff; Tiedemann LK § 265b Rdn. 10 ff); die Kapitaleinwerbung durch Wertpapieremission und Ausgabe von Unternehmensbeteiligungen trifft auf ein meist unerfahrenes Anlegerpublikum, dessen Schutz vor Vermögensschäden durch § 263 faktisch zu spät kommt und daher mit § 264a schon bei der Werbung ansetzt (Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 3); die Wirtschaftssubvention als wirtschaftspolitisches Lenkungsinstrument wird wegen dessen Wichtigkeit und Schadensanfälligkeit besonders geschützt, wobei immaterielle Planungsschäden im Verhältnis zu dem Vermögensverlust in den Vordergrund treten und den allgemeinen Betrugstatbestand von der zweifelhaften Konstruktion der Zweckverfehlung (§ 263 Rdn. 182) entlasten (Tiedemann LK § 264 Rdn. 25); das Sozialvermögen der Versicherungswirtschaft endlich wird nach der historischen Beschränkung auf die Feuer- und Seeversicherung (Tiedemann LK § 265 Entstehungsgeschichte) nunmehr in allen Sparten der Sachversicherung (freilich nicht in anderen vermögensrelevanten Bereichen wie etwa der Lebensversicherung) durch § 265 n.F. geschützt (dazu Mitsch ZStW 111 [1999] 116 ff mit Nachw.; Tiedemann LK § 265 Rdn. 1). Diese wirtschaftlichen Sondertatbestände sehen durchweg von einem Schadenserfor45 dernis ab. Soweit hierin ein historischer Rückschritt gegenüber der Ausbildung des modernen Betrugstatbestandes erblickt wird (so etwa Schlüchter FS Trusen S. 589), kann dies nur und allenfalls dann als relevanter Einwand angesehen werden, wenn die Sondertatbestände als besondere Betrugstatbestände (oder als betrugsähnliche Delikte) verstanden werden, wie es die formale Einordnung in den Zweiundzwanzigsten Abschnitt des StGB anzunehmen nahelegen kann. Jedoch orientieren sich die Sondertatbestände von vornherein nur teilweise an kommunikativen Täuschungshandlungen (§§ 264, 264a, 265b) und sind nur (oder allenfalls) insoweit betrugsähnlich, da an der Kommunikation ausgerichtet. Andere Sondertatbestände stellen demgegenüber ganz (§§ 265, 265a) oder teilweise (§ 263a 1. und 4. Alt.) auf die Manipulation eines Objektes ab und können daher kaum sinnvoll in das Betrugssystem eingeordnet werden: Sie sind eher diebstahlsähnlich (Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 6 u. 16, Tiedemann LK § 265a Rdn. 15). Auch § 263a 3. Alt. enthält mit dem Merkmal unbefugten Handelns eher Elemente der Urkundenfälschung als der Täuschung (Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 42 ff), die somit keineswegs eine durchgehende Klammer der Sondertatbestände des Betruges darstellt. Da es in den einschlägigen Sachbereichen nicht um (menschliche) Kommunikation geht, wäre es auch widersinnig, eine solche (und damit eine Betrugsähnlichkeit) postulie-

71

Tiedemann Verh. 49. DJT Bd. I S. C 47; zur ähnlichen Situation bei der Untreue

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Tiedemann GmbH-Strafrecht Rdn. 4 Vor §§ 82 ff.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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ren oder fingieren zu wollen. Die Legitimation der täuschungsfreien Sondertatbestände ergibt sich damit nicht aus ihrer größeren oder geringeren Nähe zum Betrugstatbestand und dessen Erfordernis eines Vermögensschadens, sondern aus anderen Überlegungen und Kriterien: a) Teilweise geht es um immaterielle Leistungen, die nur deshalb aus §§ 242 ff ausge- 46 gliedert sind, weil sie als nicht-gegenständliche Tatobjekte typischerweise nicht von dem sachgebundenen Wegnahme- und Zueignungselement dieser Eigentumstatbestände erfasst werden (dazu Vogel LK § 242 Rdn. 9). Die Legitimation dieser Sondertatbestände ergibt sich aus dem Erfolgserfordernis des Vermögensschadens, soweit dieser von dem Sondertatbestand vorausgesetzt wird (§ 263a). Auch bei § 265a tritt ein Vermögensschaden ein (Tiedemann LK § 265a Rdn. 14 mit Nachw.), mag dieser auch nicht vom Gesetz als Tatbestandsmerkmal genannt werden: Die Erschleichung einer vermögenswerten Leistung ohne Erbringung der Gegenleistung stellt notwendigerweise einen Vermögensschaden dar (vgl. nur RGSt 42 40, 41). b) Soweit die Sondertatbestände dagegen von einem Vermögensschaden ganz ab- 47 sehen, geht es nach einem verbreiteten Sprachgebrauch um Handlungen im Vorfeld des Betruges und der Vermögensschädigung (Rdn. 9 Vor §§ 263 ff). Diese (echte) Vorverlagerung des Strafschutzes kann unter Gesichtspunkten des Vermögensschutzes nur aus der Massenhaftigkeit der Begehungsweise (Kumulationsdelikt)72 und im übrigen nur aus der besonderen Bedeutung eines neben oder anstelle des Vermögens geschützten institutionellen Rechtsgutes und seiner besonderen Anfälligkeit für Manipulationen erklärt werden. Die erstere Begründung ist für ein (verfassungsrechtliches) Schuldstrafrecht problematisch, soweit die Einzelhandlungen als solche ungefährlich sind (T. Walter LK Rdn. 68 Vor § 13). Anderes gilt für die gemeingefahrähnliche massenhafte Begehungsweise, wie sie sich als vom Gesetzgeber aufgegriffenes Tatbestands- und Legitimationsmerkmal in publikumsschützenden Sondertatbeständen wie §§ 264a, aber auch § 16 UWG, 398 AktG, 82 GmbHG usw. zeigt (Bohnenberger S. 87; Tiedemann ZRP 1970 259 sowie FG BGH Bd. IV S. 551 f) und in § 263 Abs. 3 Nr. 2 2. Alt. ebenfalls angesprochen wird, wobei mit dem massenhaften Angriff tendenziell eine Verschlechterung der Abwehrmöglichkeiten der potentiellen Opfer verbunden ist; das Abschneiden des Tatbestandsmerkmals der (auch nur: versuchten) Vermögensbeschädigung hängt hier zugleich mit der Formalisierung und Nichtindividualisierung von Werbung zusammen und ist bei Postulierung eines individuellen Schadenseinschlages für § 263 geradezu zwangsläufig (näher Hernández Basualto S. 151 ff, der auch zutreffend darauf hinweist, dass die Irreführungs- oder Täuschungseignung in Sondertatbeständen eine deutliche Qualifikation der Tathandlung im Verhältnis zu § 263 darstellt). Daneben entspricht es dem heutigen Verständnis und insbesondere der Verfassungsrechtsprechung,73 dass nicht nur hoheitliche (Vermögens-)Interessen als besonders gewichtig eingeschätzt werden (§ 264 StGB, §§ 370 ff AO!), sondern dass die Übernahme zentraler Funktionen durch die Gesellschaft auch zu deren strafrechtlicher Bewertung als gewichtig und ihrer Beein-

72

Dazu Kuhlen GA 1986 389 ff und ZStW 105 (1993) 697, 716; Hefendehl GA 2002 21, 27; Roxin AT § 2 Rdn. 80; Wohlers S. 318 ff; auch (unter Wahrung des verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatzes) Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 119, 124 f.

73

BVerfGE 90 145, 204 und NStZ 1985 173; dazu bereits Tiedemann LK § 265 Rdn. 17; Vogel StV 1996 110 ff.

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trächtigung als sozialschädlich führt. Für die einschlägigen Rechtsgüter liefert insbesondere das Wirtschaftsrecht Modelle und Vorentscheidungen, die zwar – anders als weitgehend im Nebenstrafrecht – für den Strafgesetzgeber des StGB nicht ohne Weiteres bindend sind, von ihm aber als Leitbild gewählt werden können und dann auch im Strafrecht nicht einfach in individuelle Aspekte zerlegt werden dürfen, ohne die Eigenart der (institutionellen) Rechtsgüter und die Schutzzwecke der Norm zu zerstören: Entgegen BGHSt 36 130, 131 ist die „Kreditwirtschaft“ mehr als die Summe der Vermögen der Kreditgeber (vgl. nur BVerfGE 48 48, 61 f), und entsprechend ist die Gefährdung der Kreditwirtschaft nicht identisch mit der Gefährdung einzelner Vermögen. Jedenfalls der kaufmännische Kredit hat eine (ge)wichtige volkswirtschaftliche Funktion, auf die bereits RGSt 4 41, 42 und 16 238, 239 wie selbstverständlich abgestellt hatten (vgl. Tiedemann LK Rdn. 56 Vor § 283). Für das Beispiel des § 265b ist ganz unbestreitbar, dass sich die Tatbestandsfassung terminologisch eng an die rechtliche Garantie des Kreditwesens im KreditwesenG anlehnt; eine Übereinstimmung der Zweck- und Rechtsgutsbestimmung von KWG (jetzt FinDAG) und § 265b StGB ist daher zumindest indiziert (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 18). Diese Orientierung an überindividuellen (sozialen) Rechtsgütern des Wirtschaftslebens findet bei hinreichender Normierung als strafrechtlicher Institutionenschutz74 eine seit langem anerkannte Parallele bei Tatbeständen wie §§ 153 ff, 146 ff, 267 ff, also gerade jenen Tatbestandsgruppen, die historisch mit dem Betrug eng verbunden waren (Rdn. 14) und nach ihrer Abspaltung von diesem heute in ihrer Legitimation nicht angezweifelt werden. Wenn Entsprechendes auch für die Sondertatbestände der §§ 264, 264a, 265, 265b gilt, wäre es freilich richtiger, diese Tatbestände in anderen Abschnitten des StGB (so Amelung S. 376 f für den Subventionsbetrug) zu regeln oder in einem eigenen Abschnitt zusammenzufassen (Tiedemann ZRP 1970 260 und JZ 1986 865, 868). Diese auf Institutionenschutz verfasster Wirtschaftsbereiche abstellende Ansicht hält strafrechtlich den Schutz der Funktionsbedingungen der Subsysteme der Volkswirtschaft für maßgebend75 und sieht das Unrecht primär in der Verletzung dieser Bedingungen; die Bezeichnung als „abstraktes“ Gefährdungsdelikt erscheint daher als unangemessen (Rdn. 10 Vor §§ 263 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 59).

48

3. Insgesamt kann somit die Systematik des Betrugsstrafrechts im Zweiundzwanzigsten Abschnitt nicht ausnahmslos, ja nicht einmal durchgehend, vom Betrugstatbestand her konzipiert und folglich eine diesem Tatbestand ähnliche Auslegung nicht ohne vorherige Prüfung der Betrugsähnlichkeit des je in Frage stehenden Sondertatbestandes postuliert werden (vgl. auch Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 10 ff, 16). Ein einheitliches System der §§ 263–265b besteht aus demselben Grunde nicht. Die 49 Einzelheiten der jeweiligen verfassungsrechtlichen, kriminalpolitischen Problematik und Legitimation sind jeweils bei den Sondertatbeständen dargestellt. Dasselbe gilt für die Frage, ob es bei diesen Tatbeständen um abstrakte Gefährdungsdelikte geht.76 Praktische 74

75

Eingehend und zutreffend zu diesem Legitimationsgesichtspunkt Lampe FS Tiedemann (2008) 86 ff; Kindhäuser FS Krey (2010) 265 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 58; Vogel in Schünemann S. 101; vgl. auch Hassemer/Neumann NK Vor § 1 Rdn. 131 (Datenverarbeitung) sowie Rdn. 138 ff (Eigentum, Versicherungen und „Wirtschaft“ als Institutionen). Zust. insbes. Bottke in Madrid-Symposium

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76

für Klaus Tiedemann S. 109 ff; zur Legitimität strafrechtlichen Schutzes von Institutionen des Wirtschaftslebens neben Vogel § 5 II, IV bereits Volk in Bundeskriminalamt (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität (1984) S. 205, 216. Dazu auch soeben Rdn. 47 und grundsätzlich Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 117 ff, 165 ff.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Hervorhebung verdient, dass auch solche Ansichten der Literatur, die von einer mangelhaften oder fehlenden Legitimation der Sondertatbestände ausgehen, nicht zu der Annahme ihrer Unwirksamkeit oder Unanwendbarkeit gelangen. 4. Wird mit der inzwischen wohl h.M. das abstrakte Gefährdungsdelikt als typische 50 Form strafrechtlicher Ausgestaltung überindividueller Rechtsgüter anerkannt,77 so bleibt auch kein Raum für das Postulat einer restriktiven Auslegung, wie sie gelegentlich von Rechtsprechung und Schrifttum für die Sondertatbestände des Betruges gefordert worden ist.78 Die abstrakten Gefährdungsdelikte nehmen an der allgemeinen Vermutung teil, dass der Gesetzgeber die Strafbarkeitsgrenze richtig (oder doch im Rahmen seines Ermessens) gezogen hat, und dieses Ergebnis darf vor allem nicht durch einen abweichenden kriminalpolitischen Ausgangspunkt des Interpreten korrigiert werden (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 60a). Dabei kommt in dem wirtschaftlichen Bereich, den §§ 263 ff betreffen, der sog. wirtschaftlichen Auslegung durchgehend, wenn auch keineswegs ausschließlich, Bedeutung zu. Bekanntlich ist die sog. wirtschaftliche Auslegung keine eigene Auslegungsmethode, sondern verdeckt meist nur die Anwendung der teleologischen Methode, die auch darüber entscheidet, ob im Verhältnis zur zivil- und öffentlich-rechtlichen Auslegung und ihren Ergebnissen Akzessorietät oder Autonomie des Strafrechts besteht. Hervorhebung verdient, dass durch Anwendung der wirtschaftlichen (oder faktischen) Betrachtungsweise im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG in keinem Fall die Wortlautgrenze überschritten werden darf, soweit es um die Anwendung der §§ 263 ff geht. Weitgehend ungeklärt ist, inwieweit im Strafverfahren wegen Betruges usw. außerstrafrechtliche (Gesetzes-)Begriffe nach außerstrafrechtlichen Gesichtspunkten, also ohne Bindung an das Analogieverbot, gehandhabt werden dürfen. Der Rechtsprechung des BVerfG dürfte es entsprechen, eine extensive Auslegung und analoge Anwendung außerstrafrechtlicher Begriffe (nur) insoweit strafrechtlich zuzulassen, als das Strafrecht einem außerstrafrechtlich konstituierten Schutzobjekt seinen Schutz verleiht.79 Bei § 263 ist der Vermögensbegriff ganz h.M. wirtschaftlich und nicht etwa zivilrechtlich zu interpretieren (vgl. BVerfGE 126 170 ff Rdn. 126 zu § 266 und wistra 2012 102 ff Rdn. 175 zu § 263; vgl. im Einzelnen § 263 Rdn. 130). Verfassungsrechtliche Bedenken sind hiergegen nicht zu erheben. Im Gegenteil sieht BVerfG aaO (Rdn. 115 zu § 266) den wirtschaftlichen Vermögensbegriff geradezu als durch Art. 103 Abs. 2 GG garantiert an und lässt zwar „normative Gesichtspunkte“ zu, jedoch dürfe „beispielsweise die Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken nicht per se als nachteilsbegründend angesehen werden“. Das ist unter dem Gesichtspunkt des verbotenen Eingriffs in den „Begriffskern“ zutreffend (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 150 mit Nachw.). Inwieweit die zahlreichen wirtschaftsrechtlichen Begriffe der Sondertatbestände der §§ 264 ff mit oder ohne Bindung an das Analogieverbot auszulegen sind, wird jeweils bei der Erläuterung dieser Tatbestände dargestellt. Gleiches gilt für die (z.B. bei § 264a relevante) Frage, inwieweit bereits eine extensive Auslegung durch Art. 103

77

78

Vgl. oben Rdn. 10 Vor §§ 263 ff und insbes. Empfehlungen des XIII. Weltkongresses der AIDP, ZStW 97 (1985) 731, 735 f. OLG Karlsruhe NJW 1981 1383 f; Muñoz Conde FS Tiedemann (2008) 677, 689; Detzner Rückkehr zum „klassischen Strafrecht“ und die Einführung einer Beweislastumkehr (1998) S. 256 f m.w.N.; dazu bereits Tiede-

79

mann GedS Delitala Bd. 3 (Mailand 1984) S. 2149, 2151 f und (Kurzfassung) in Belke/ Oehmichen (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität (1983) S. 26, 27 f. BVerfGE 78 205, 213 f; dazu bereits Tiedemann Verfassungsrecht und Strafrecht (1991) S. 40 und ZStW 107 (1995) 597, 640 ff.

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Abs. 2 GG untersagt wird und die außerstrafrechtlich-technische Bedeutung eines Gesetzesbegriffes auch für die Auslegung der Straftatbestände maßgebend ist (vgl. BVerfGE 92 1, 7 und JNW 1998 810).

VI. Auslandsrechte und Rechtsvergleichung 51

1. Schweiz. Das schweizerische StGB regelt in Art. 146 den Betrug im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht, aber unter ausdrücklicher Klarstellung des Verfügungserfordernisses und der Möglichkeit einer Eigen- oder Drittschädigung. Auch für die Täuschung ist klargestellt, dass sie sich auf Tatsachen beziehen muss; diese müssen vorgespiegelt oder unterdrückt werden. Daneben reicht das Bestärken eines Irrtums aus. Unstreitig wird neben der konkludenten auch die Täuschung durch Unterlassen erfasst, sofern eine Aufklärungspflicht – aus Gesetz, Vertrag oder Treu und Glauben – besteht.80 Der Begriff des Vermögens wird auf Gegenstände beschränkt, die zivilrechtlichen Schutz genießen (Bommer S. 25 ff, 127 ff; Zieschang FS Hirsch S. 831, 832, je mit Nachw.). – Als einziger Fall der Strafschärfung (Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen) wird in Absatz 2 gewerbsmäßiges Handeln genannt. Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen (Art. 110 Nr. 4: Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben) wird nur auf Antrag verfolgt (Absatz 3). Der wichtigste Unterschied zu § 263 StGB besteht in dem Erfordernis der Arglist. Es 52 wird damit begründet, dass nur geschützt werden soll, wer im Geschäftsverkehr eine gewisse Aufmerksamkeit und Sorgfalt walten lässt.81 Eine einfache Lüge reicht daher nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Tatbestandserfüllung nur aus, wenn – alternativ – die Tatsachenbehauptung nicht (ohne besondere Mühe) überprüfbar ist (dies ist der praktisch wichtigste Fall!) oder wenn die Überprüfung dem Getäuschten nicht zumutbar ist (z.B. wegen Bestehens einer Zwangslage), der Täter den Getäuschten von der Überprüfung abhält oder der Täter aufgrund besonderer Umstände damit rechnet, dass das Opfer von einer Überprüfung absehen werde.82 Bei Vorliegen betrügerischer Machenschaften oder Kniffe (z.B. Absicherung der Lüge durch gefälschte Urkunden oder Errichten eines ganzen „Lügengebäudes“) brauchen diese einschränkenden Voraussetzungen dagegen nicht vorzuliegen. – Mangelnde Überprüfbarkeit wird vor allem bei Täuschung über innere Tatsachen, z.B. grundsätzlich über den Leistungswillen, und bei Täuschung über die Verfügungsberechtigung angenommen.83 Damit beschreitet das schweizerische Betrugsstrafrecht einen Mittelweg zwischen der 53 französischen und der deutschen Auffassung zur Strafwürdigkeit von Täuschungshandlungen.84 Offenbar ist durch die reiche Kasuistik eine hinreichende Abgrenzung der straf-

80

81

Arzt in Niggli/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar Strafgesetzbuch II (2003) Art. 146 Rdn. 45 ff; Hurtado Pozo Droit pénal Partie Spéciale (2009) Rdn. 1175; Trechsel Schweizer. Strafgesetzbuch (2. Aufl. 1997) Art. 146 Rdn. 4, je m.w.N. Arzt aaO Rdn. 50 f; Hurtado Pozo aaO Rdn. 1178 ff; Trechsel aaO Rdn. 7 mit Nachw. – Vgl. auch Esser FS Krey S. 100 ff und Thomma S. 205 ff.

42

82

83 84

Arzt aaO Rdn. 56 und FS Tiedemann S. 602 mit Nachw.; Hurtado Pozo aaO Rdn. 1184; Trechsel aaO. Vgl. nur Trechsel aaO Rdn. 9 m.w.N. So die zutreffende Einschätzung von BGE 72 IV 12, 13; Hurtado Pozo aaO Rdn. 1177 und Trechsel aaO Rdn. 7.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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baren von den straflosen Täuschungen erreicht worden. Arzt (FS Tiedemann S. 600) bezeichnet die Arglist als quantitativen Begriff. Im Anschluss an den Betrugstatbestand regeln Art. 147 ff Sonderfälle: Zunächst be- 54 straft Art. 147 unter der Überschrift „Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage“ den Computerbetrug, wobei die Tathandlung unrichtiger, unvollständiger oder unbefugter Verwendung von Daten durch das Zusatzmerkmal „oder in vergleichbarer Weise“ Analogie erlaubt und vorschreibt. Gesondert erfasst wird auch die Verdeckung einer Vermögensverschiebung „unmittelbar danach“. – Art. 148 erfasst den Scheck- und Kreditkartenmissbrauch zum Schaden des Kartenausstellers, „sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Maßnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben“. Es geht also (wie bei § 266b dt. StGB) der Sache nach um eine Art Untreue, die allerdings als allgemeines Vermögensdelikt dem schweizerischen Strafrecht erst seit 1994 bekannt ist (vgl. auch Schünemann LK § 266 Rdn. 272). Die schweizerische Literatur betont z.T. die Betrugsähnlichkeit. – Weiter regeln Art. 149 die in einem Gastgewerbebetrieb begangene Zechprellerei und Art. 150 die Leistungserschleichung, wobei einzelne Dienstleistungen beispielhaft hervorgehoben werden: die Benutzung eines öffentlichen (!) Verkehrsmittels, der Besuch von Veranstaltungen und die von einem Automaten vermittelte sowie die von einer Datenverarbeitungsanlage erbrachte Leistung (entgegen einem Entwurfsvorschlag nicht auch der sog. Zeitdiebstahl 85). Vor der Warenfälschung (Art. 154 ff) werden schließlich noch zwei Tatbestände ge- 55 nannt, die sich weiter vom Betrug entfernen: die „arglistige Vermögensschädigung“ nach Art. 151, die als privilegierte Abwandlung des Betruges ein Handeln ohne Bereicherungsabsicht (bis 1994: aus Bosheit) betrifft (Arzt in Basler Kommentar Art. 151 Rdn. 1: „Betrugsergänzung“), und die unwahren oder unvollständigen Angaben in öffentlichen Mitteilungen (usw.) über kaufmännische Gewerbe nach Art. 152 (vgl. für das deutsche Recht §§ 399 AktG, 82 GmbHG, 147 GenG). Im letzteren Fall ist ein Schadenseintritt nicht erforderlich, wohl aber dass die Angaben von erheblicher Bedeutung sind und „einen anderen zu schädigenden Vermögensverfügungen veranlassen können“. Nach h.M. handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (Hurtado Pozo Droit pénal Partie spéciale Rdn. 1386 mit Nachw.). Als Delikt gegen das Vertrauen in öffentliche Register wird dagegen der 1994 zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität eingefügte Straftatbestand der Veranlassung unwahrer Eintragungen in Handelsregister (Art. 153) verstanden (Hurtado Pozo aaO Rdn. 1372 mit Nachw.). Er ist wegen seines mittelbaren Vermögensbezuges bei den Vermögensdelikten eingeordnet (Hurtado Pozo aaO m.w.N.). Auch die anschließende Warenfälschung (Art. 155) wird als Vermögensgefährdung durch Vorbereitung eines betrugsähnlichen Verhaltens, des als selbständige Tathandlung erfassten Inverkehrbringens gefälschter Waren, verstanden (Hurtado Pozo aaO Rdn. 1382; Trechsel Art. 155 Rdn. 1, je m.w.N.). 2. Österreich. Das österreichische Strafrecht kennt den Betrug als moderne Vermö- 56 gensstraftat erst seit dem StGB von 1975; zuvor galt ein an der listigen Begehungsweise orientiertes allgemeines Täuschungsdelikt mit Schädigungsabsicht und ohne spezifisches Rechtsgut.86 § 146 StGB verlangt nunmehr im Anschluss an das deutsche Recht (§ 252 E 62) eine „Täuschung über Tatsachen“ und hebt das Erfordernis einer Vermögensverfügung ausdrücklich hervor. Auch die Möglichkeit einer Drittschädigung durch den Ge-

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Hurtado Pozo aaO Rdn. 1324; Trechsel aaO Rdn. 2 und 3c.

86

Vgl. Kienapfel/Schmoller BT II (Wien 2003) § 146 Rdn. 1 mit Nachw.

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täuschten wird ausdrücklich im Gesetz vorgesehen. Für die subjektive Seite ist Vorsatz erforderlich, der auch für das Merkmal „sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern“ genügt; ausreichend ist in jeder Hinsicht bedingter Vorsatz.87 Der Vermögensbegriff wird wirtschaftlich-faktisch im Sinne des Inbegriffs der wirtschaftlichen (geldwerten) Güter einer Person verstanden, wobei aber bloße Exspektanzen – anders als Anwartschaftsrechte – ausgeschieden werden.88 Die Rechtsprechung verlangt für den Vermögensschaden „effektiven Verlust an Vermögenssubstanz“ (OGH SSt 57/42, 56/61 u.ö.), so dass die (konkrete) Vermögensgefährdung und die Eingehung einer (nachteiligen) Verbindlichkeit für einen vollendeten Betrug nicht ausreichen.89 Zur Begründung für diese Einschränkungen wird einerseits auf die Natur des Betruges als Verletzungsdelikt und andererseits auf das überkommene österreichische System fester Schadensgrenzen im Vermögensstrafrecht verwiesen. Für den Zusammenhang von Vermögensverfügung und Schaden wird Unmittelbarkeit erfordert. – Als „schweren Betrug“ qualifiziert § 147 die Unterstützung der Täuschung durch falsche oder verfälschte Urkunden („Urkundenbetrug“) sowie andere falsche Beweismittel („Beweismittelbetrug“), die Beeinträchtigung von Grenzzeichen („Grenzbetrug“) und die Vortäuschung der Beamteneigenschaft („Amtsbetrug“), schließlich auch die Herbeiführung eines Schadens von mehr als 3 000 Euro (Absatz 2: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) bzw. 50 000 Euro (Absatz 3: Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren). § 148 droht weitere Strafschärfungen an für gewerbsmäßige Begehung von einfachem Betrug (Freiheitsentziehung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) und schwerem Betrug (Freiheitsentziehung von ein bis zehn Jahren). Raffiniertes Vorgehen wird für die Täuschungshandlung nicht (mehr) vorausgesetzt. 57 Jedoch soll nach Ansicht der Praxis in Fortwirken des früheren Listerfordernisses der Begriff der Täuschung „nicht allzuweit ausgelegt“ werden.90 Damit werden zum einen – wie im deutschen Recht – Werturteile, Rechtsausführungen, Meinungsäußerungen und Prognosen sowie Übertreibungen ausgeschieden. Zum anderen wurden in der Vergangenheit bloß unwahre Behauptungen in bewusstem Gegensatz zu der als extensiv empfundenen deutschen Praxis nur dann als Betrugshandlung gewertet, wenn sie nicht ohne weiteres als unwahr erkenn- oder überprüfbar sind; insbesondere für den Betrug gegenüber Behörden und Gerichten, die zur Überprüfung des Vorbringens verpflichtet sind (Behörden- und Prozessbetrug), wurden bis vor einiger Zeit sogar zusätzliche Täuschungsmittel wie die Vorlage falscher Urkunden oder anderer unrichtiger Beweismittel verlangt.91 Inzwischen entspricht die h.M. in etwa dem Stand der deutschen Täuschungs- und Irrtumsdogmatik. Einige Sondertatbestände ergänzen den Strafschutz: Der „Betrügerische Datenverar58 beitungsmissbrauch“ wird in § 148a in Anlehnung an die Betrugskonstruktion, aber mit sehr weiten, nämlich unrechtsneutralen Tathandlungen umschrieben (vgl. Tiedemann/ Valerius LK § 263a Rdn. 12 mit Nachw.). § 149 betrifft das Erschleichen einer Leistung,

87

88 89

Foregger/Kodek Kommentar (6. Aufl. Wien 1997) § 146 Anm. II 1; Kienapfel/Schmoller aaO Rdn. 5. Vgl. nur Kienapfel/Schmoller aaO Rdn. 144 mit Nachw. Kienapfel/Schmoller aaO Rdn. 155 ff; Leukauf/Steininger Kommentar (3. Aufl. Eisenstadt 1992) § 146 Rdn. 40 und 60, je mit Nachw.

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90 91

Foregger/Kodek aaO Anm. II 3; Leukauf/ Steininger aaO Rdn. 24. Weitergehend nunmehr aber OGH SSt 59/66 (für den Behördenbetrug); vgl. Kirchbacher in Höpfel/Ratz (Hrsg.), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch (2. Aufl. 2006, Stand: 2009) § 146 Rdn. 39 ff mit Nachw.

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insbesondere der Beförderung durch eine dem öffentlichen (!) Verkehr dienende „Anstalt“ (z.B. nicht: Taxis) (Absatz 1) und der „nicht in einer Ware bestehenden Leistung eines Automaten“ (Absatz 2). Im ersteren Fall ist aber eine Täuschung erforderlich, so dass der blinde Passagier und die Nichtbenutzung eines automatischen Fahrscheinentwerters strafrechtlich nicht erfasst werden.92 Als Vorbereitungshandlung zum Betrug und damit als reines Vermögensdelikt bestraft § 151 den „Versicherungsmissbrauch“, nämlich das Beschädigen (usw.) von versicherten Sachen (vgl. § 265 dt. StGB n.F.) und die eigene oder an einem anderen begangene Körperverletzung mit dem Vorsatz, sich oder einem anderen eine Versicherungsleistung zu verschaffen. Geschützt werden also alle Sachschadens- sowie die Lebens- und Unfallversicherungen (enger § 265 dt. StGB n.F.!). Eine Privilegierung unter der Überschrift „Notbetrug“ sieht § 150 für denjenigen vor, 59 der „einen Betrug mit nur geringem Schaden aus Not begeht“. Die Grenze liegt bei z.Zt. ca. 100 €, kann aber je nach Empfindlichkeit des Schadens für das Opfer auch niedriger liegen. Bei Begehung eines Betruges (oder Datenverarbeitungsmissbrauchs) „im Familienkreis“ ist der Notbetrug nach Absatz 3 sogar ganz straflos. § 166 sieht im übrigen für Betrug und Datenverarbeitungsmissbrauch im Familienkreis eine Privilegierung und das Erfordernis eines Strafantrages des Verletzten vor. 3. Griechenland. Das griechische StGB von 1950 enthält in Art. 386 in besonders 60 enger Anlehnung an das deutsche Recht eine Betrugsdefinition, die ebenso wie das österreichische Recht eine ausführliche Umschreibung der Vermögensverfügung (Handlung, Duldung oder Unterlassung) aufweist und für das Vorspiegeln falscher Tatsachen im Anschluss an das erste Strafgesetzbuch von 1834 (von Maurer!) direkten Vorsatz verlangt („wissentlich“). Das Verständnis der Täuschungshandlung entspricht im wesentlichen der h.M. in Deutschland, schließt aber innere Tatsachen u.a. wegen ihrer schweren Beweisbarkeit aus;93 Sondertatbestände (Rdn. 61) füllen einige der dadurch entstehenden Lücken des Strafschutzes. Das (im Wege der Interpretation gewonnene) Irrtumserfordernis wird inhaltlich ebenso wie der Vermögensschaden wie im deutschen Recht bestimmt; insbesondere wird auch die konkrete Vermögensgefährdung als Schaden anerkannt.94 – Dagegen lehnt die Rechtsprechung die Figur des Eingehungsbetruges ab und bestraft in den einschlägigen Fällen nur wegen Versuchs (Kiriakidis S. 31 mit Nachw.). Für die Duldung wird das Erfordernis eines Verfügungsbewusstseins hervorgehoben (Kiriakidis S. 25 mit Nachw.). Spezialtatbestände betreffen den Computerbetrug (Art. 386 A), dessen Notwendigkeit 61 wie in den anderen bisher genannten Rechtsordnungen auf dem Fehlen eines menschlichen Irrtums beruht,95 den Versicherungsbetrug (Art. 388), der alle Sachversicherungen, aber auch die Körper- und Unfallversicherung zum Gegenstand hat, sowie den Zech- und Logisbetrug (Art. 392). Im Nebenstrafrecht finden sich weitere Sondertatbestände für Betrügereien beim Glücksspiel, bei der öffentlichen Personenbeförderung, der Vermittlung usw. (Kiriakidis S. 61 ff). Ein im Jahre 2000 in Kraft getretenes Gesetz regelt in Ausführung des PIF-Übereinkommens u.a. den Subventionsbetrug zum Nachteil der EU.

92

93

Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar § 149 Rdn. 6 mit Nachw.; vgl. auch Tiedemann LK § 265a Rdn. 8. Eingehend und krit. Spinellis Poiniko Dikaio, Eidiko Meros, Tefchos B (Strafrecht BT Heft B) (Athen 1985) S. 72; auch Kiriakidis S. 14 ff.

94 95

Entscheidung des Areopag 382/1970; Gafos S. 149 f; Kiriakidis S. 30. Milonopoulos Ilektronikoi ipologistes kai Poiniko Dikaio (Computer und Strafrecht) (Athen 1991) S. 54; Vassilaki, Revue Internationale de Droit Pénal 1993 359, 367.

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Daneben gibt es im Strafgesetzbuch Straftatbestände der betrügerischen Schädigung (Art. 389), des Bagatell- und Notbetruges (Art. 387) sowie – außerhalb der Vermögensdelikte – des Ehebetruges (Art. 355). Weitere Sondertatbestände des Wirtschaftsstrafrechts de lege ferenda wurden diskutiert.96

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4. Der romanische Rechtskreis. Für den romanischen Rechtskreis, aber auch darüber hinaus für das gesamte kontinentaleuropäische (und lateinamerikanische) Strafrecht, erlangte der französische Code Pénal von 1810 mit seinem Erfordernis einer qualifizierten Täuschungshandlung und der Betonung der Vermögensverfügung prägenden Einfluss (vgl. bereits oben Rdn. 15; zum belgischen und niederländischen Recht Faure ZStW 108 [1996] 527, 529 ff). Zugleich führte – wie die Wegnahme beim Diebstahl – das gesetzliche Verfügungserfordernis zu einer Vernachlässigung des Vermögensschadens, der nach ganz überwiegender Ansicht nicht vorausgesetzt (oder als ideeller Schaden, „préjudice moral“, entmaterialisiert) wurde (ebenso für das belgische und niederländische Recht Faure bei Zieschang ZStW 108 [1996] 612).

63

a) Frankreich (und Hinweise zu den BeNeLux-Staaten). Der heutige französische Code Pénal von 1994 geht auf denjenigen von 1810 zurück, dessen Art. 405 seinerseits auf der „escroquerie“ eines Dekrets von 1791 basiert; dieses brachte allerdings die Qualifizierung der Täuschungshandlung noch nicht deutlich zum Ausdruck, sondern ließ zivilund strafrechtlichen „dol“ generalklauselartig neben einzelnen historisch überkommenen Täuschungshandlungen genügen (T. Walter S. 20 ff mit Nachw.). Die vor allem von dem verbreiteten Missbrauch des Strafverfahrens für zivilrechtliche Zwecke angetriebene Verengung des Täuschungserfordernisses im Code von 1810 führte zu dessen berühmt gewordener Formel von den manoeuvres frauduleuses, die als „betrügerische (arglistige) Machenschaften“ eine gesteigerte Täuschung ausschließlich durch positives Tun verlangen; daneben blieben aber spezielle Tathandlungen wie der aus dem „faux“ (falsum) stammende Gebrauch falscher Namen oder Eigenschaften erhalten. Im geltenden Recht (Art. 313-1 C.p.) betreffen diese speziellen Tathandlungen nur 64 noch drei Fälle, in denen daher die schlichte Lüge als Täuschung ausreicht: Gebrauch eines falschen Namens (mit der abstrakten Gefahr einer falschen Identifizierung) oder einer zu Unrecht behaupteten Eigenschaft des Täters (z.B. Familienverhältnisse oder Personenstand, aber auch Beruf oder Stellung als Beauftragter) oder – im Einzelnen streitig, aber auf institutionalisiertes Vertrauen abstellend und zunächst nur richterrechtlich anerkannt – Missbrauch einer tatsächlich vorhandenen (echten) Eigenschaft des Täters (z.B. als Anwalt oder Notar). In allen übrigen Fällen gilt der Grundsatz, dass eine einfache, auch schriftliche, Lüge keine Strafbarkeit begründet. Dieselbe Regelung treffen Belgien (Art. 496 Code pénal unter Weglassung des „abus d’une qualité vraie“, aber unter kasuistischer Einengung des Zwecks der Täuschungshandlung) und daran angelehnt Luxemburg (Art. 496 Strafgesetzbuch) sowie die Niederlande (Art. 326 Wetboek van Strafrecht, ebenfalls mit der Täuschung durch Annahme eines falschen Namens oder einer falschen Eigenschaft, durch „listige Kunstgriffe“ oder ein „Lügengewebe“ – „samenweefsel van verdichtsels“). Dem grundsätzlichen Ergebnis dieses Konzeptes der manoeuvres frauduleuses liegt – in deutscher viktimodogmatischer Terminologie – der Gedanke zumutbaren Selbstschutzes des Opfers, in französischen Kategorien die Unterscheidung von „dol civil“ und „dol criminel“ zugrunde (Mayaud S. 174 f; T. Walter S. 80 ff m.w.N.). – Die französische (und niederländische) Rechtsprechung benutzt vor allem den dehnbaren 96

Kiriakidis S. 67 ff mit Nachw.

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Begriff der „Eigenschaft“ (vgl. § 14 Abs.1 dt. StGB!) zur Ausweitung der Strafbarkeit, stellt aber auch im übrigen auf die konkreten Umstände (der Situation und des Opfers) ab und senkt tendenziell den Maßstab der Opferfahrlässigkeit. Gemeinsam mit der Ausbildung vertypter Fallgruppen der manœuvres frauduleuses ergibt sich so eine Gesamtwertung nach relativ formalisierten Maßstäben.97 Mangels gesetzlicher Definition wird für die manœuvres darauf abgestellt, dass zusätzlich zu der unwahren Behauptung ein äußeres oder materielles Element vorliegt, das die Behauptung glaubwürdiger erscheinen lässt, nämlich ihr „force et crédit“ verleiht.98 Dies wird durch drei Sachverhaltstypen konkretisiert: Vorlage von Dokumenten (z.B. Scheinrechnungen), Einschalten eines Dritten (z.B. Komplizen), „Inszenierung“ (theaterähnliche mise en scène, z.B. Scheinfirmen, aber auch Manipulation an technischen Geräten, Wechselgeldfalle bis hin zum Austausch von Etiketten an Waren).99 Die unsicheren Grenzen und Ausweitungen der Rechtsprechung führen nicht wenige renommierte Autoren dazu, die qualifizierte Täuschung de lege ferenda abzulehnen (Chavanne, Donnedieu de Vabres, Garraud) oder als durch Spezialtatbestände ergänzungsbedürftig anzusehen (Bouloc, Merle/Vitu; vergleichend dazu auch Faure ZStW 108 [1996] 544 ff). Die Unterlassung ist im Prinzip straflos, so dass in klassischen Fällen wie dem Dop- 65 pelbezug von Sozialleistungen oder des Vertragsschlusses im Zustand der Zahlungsunfähigkeit Freispruch vom Vorwurf des Betruges erfolgte (T. Walter S. 158 ff mit Nachw., der aber auch auf gegenteilige neueste Entscheidungen des Kassationsgerichtshofes zur Strafbarkeit des Erben, der die Rente des Verstorbenen weiter bezieht, und zu der des Versicherungsnehmers, der später die vermisste Sache wiederfindet, aufmerksam macht). Auch partielles Unterlassen („réticence“) ist straflos, wird aber – ähnlich der konkludenten Täuschung nach deutschem Recht – dann als strafbar in Betracht gezogen, wenn eine unvollständige Erklärung mit einem der speziellen Täuschungstypen eng verbunden ist: Bezug von Arbeitslosenunterstützung unter formularwidrigem Verschweigen der Übernahme eines Restaurantbetriebes (als „Gebrauch einer falschen Eigenschaft“), Vorlage einer unvollständigen Bilanz ohne Erwähnung der negativen Vorjahresbilanz oder Verkauf einer pfandbelasteten Sache unter Vorlage eines Dokumentes (!), das die unbeschränkte Verfügungsbefugnis behauptet. Das Prinzip der Straflosigkeit der Unterlassung ist daher in nicht selten zufälligen Fallgestaltungen durchlöchert und „in weiten Bereichen unterspült“ (T. Walter S. 555). – Die grundsätzliche Betonung der Täuschungshandlung führt schließlich dazu, dass das im Gesetz durch das Erfordernis erfolgreicher Täuschung einer Person(!) – „tromper une personne physique ou morale“ – durchaus angesprochene Merkmal des Irrtums stark pauschalisiert und bei Automaten- oder EDVMissbrauch letztlich auf den Willen des Automaten- oder Systembetreibers bezogen wird (T. Walter S. 177, 435 f, 517 f mit Nachw.), was der Behandlung des Diebstahls aus Warenautomaten nach deutschem Recht (Vogel LK § 242 Rdn. 115 mit Nachw.) entspricht.

97

Pradel/Danti-Juan Droit pénal spécial (5. Aufl. Paris 2010) Nr. 881 ff S. 520 ff; Véron Droit pénal spécial (13. Aufl. Paris 2010) Nr. 413 ff S. 289 ff; T. Walter S. 84 ff m.w.N.; zum niederländischen Recht Pompe in Mezger/Schönke/Jescheck (Hrsg.), Das ausländische Strafrecht der Gegenwart Bd. V (Niederlande/Schweden) S. 206 ff mit Nachw.

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Pradel/Danti-Juan aaO Nr. 880 S. 519 f; Veron aaO Nr. 414 S. 289, je mit Nachw.; T. Walter S. 112 ff m.w.N. Wie Fn. 97. T. Walter aaO weist zusätzlich auf die Figur der Kombination falscher Erklärungen hin.

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Die Verfügung („remise“) wird traditionell sowohl in Bezug auf die Handlung (eine Unterlassung reicht auch hier nicht aus!) als auch mit Blick auf ihre Bezugsobjekte detailliert umschrieben. Der neue C.p. vereinfacht die bis 1994 sehr kasuistische Aufzählung der Verfügungsobjekte (vor allem weiterhin: Gelder und Wertsachen) und fügt generalklauselartig jedes beliebige Gut („bien quelconque“) und Dienstleistungen („services“) hinzu. Nach dem Code von 1810 kamen dagegen insoweit nur körperliche bewegliche Gegenstände in Betracht, so dass insbesondere bei Erschleichung von Dienstleistungen und Ertrügung von Immobilien erst die Aushändigung einer Vertragsurkunde den Betrug begründen konnte;100 allerdings war – z.B. beim Giralgeld – auch jeder Buchungsvorgang für eine Betrugsstrafbarkeit konstitutiv. Die klassischen Tathandlungen der Übergabe („remise“) einer Sache und der Ausstellung („délivrance“) einer Urkunde sind nunmehr – unter Wegfall der Urkundenalternative – ergänzt um die Erbringung einer Dienstleistung und den Abschluss eines Rechtsgeschäfts, das eine Verpflichtung oder eine Befreiung („décharge“) bewirkt. Der Prozessbetrug („l’escroquerie au jugement“) ist wie allgemein der Dreiecksbetrug nach neuem wie nach altem Recht strafbar. Wirtschaftlich wertlose Sachen waren früher zumindest nach der Rechtsprechung in Parallele zum Diebstahl ebenso wie deliktisch erworbene taugliche Gegenstände einer Vermögensverfügung; in erstgenannter Hinsicht hat sich aber – unterstützt durch den Terminus „bien“ – ein Wandel vollzogen. Ob dieser auch das vom neuen Art. 313-1 aus wenig klaren Gründen genannte Erfordernis eines Schadens („préjudice“) betrifft (noch vor der Reform durch ein aufsehenerregendes Urteil des Kassationsgerichtshofes vom 3.4.1991, Revue de science criminelle 1992 579 mit Bespr. Bouzat, in einem Fall der Regulierung eines Unfallschadens bejaht), ist z.Zt. noch offen, aber der allgemeinen Tendenz nach wohl zu verneinen.101 Der Betrug bleibt damit im französischen Recht weiterhin ein Delikt gegen die Dispositionsfreiheit oder die freie Willensbestimmung, wie es der langen Rechtsprechung und einer traditionellen Lehre entspricht (Nachw. bei T. Walter S. 239 f) und jedenfalls als Ausdruck von Kompensationsfeindlichkeit mit dem neuen Gesetzeswortlaut vereinbar wäre. Stellvertretend für viele Autoren erwähnen Pradel/Danti-Juan Nr. 890 auch die Möglichkeit, mit der tradierten Rechtsprechung die Verletzung der Dispositionsfreiheit („la liberté de consentir la remise“) als Schaden anzusehen; dem stimmt Conte (Droit pénal spécial, 3. Aufl. Paris 2007 Nr. 573 S. 337 f) mit dem Hinweis zu, unter Vermögensgesichtspunkten sei der Betrug ein abstraktes Gefährdungsdelikt („délit formel“). – Für den subjektiven Tatbestand sind die grundsätzliche Beschränkung auf einfachen Vorsatz (Art. 121-3 C. p.) unter Verzicht auf jede Bereicherungsabsicht und die Neigung hervorzuheben, insbesondere bei den „betrügerischen Machenschaften“ einen dolus ex re, also eine Vorsatzvermutung, ausreichen zu lassen.102 Art. 313-2 C.p. zählt vier schwere Fälle des Betruges mit einer Höchststrafe von sieben 67 Jahren und 750 000 Euro auf. Der Missbrauch öffentlicher Stellungen (Nr. 1) ähnelt § 263 Abs. 3 Nr. 4 dt. StGB; Nr. 2 ergänzt dies um die Vorspiegelung einer solchen Stel100 101

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Pradel/Danti-Juan aaO Nr. 888 S. 526 f; T. Walter S. 196 f. In diesem Sinne (und zu dem im Text genannten Urteil) Pradel/Danti-Juan Nr. 890 S. 527 f; Dreyer Droit pénal spécial (Paris 2008) Nr. 962 S. 410; Larguier/Conte Droit pénal spécial (14. Aufl. Paris 2008) Teil III Kap. II Abt. 1 § 1B 1a S. 201 („il suffit d’un préjudice moral“); T. Walter S. 248 f mit weit. Nachw.; aA wohl Véron aaO

102

Rdn. 422 S. 296 (unter Hinweis auf ein Urteil des Kassationsgerichtshofes vom 26.10.1994, Revue de science criminelle 1995 583 mit Bespr. Ottenhof) und Rosenau ZIS 2008 18 Fn. 77. T. Walter S. 271 ff, 278 m.w.N. in Fn. 42; auch Véron aaO Nr. 423 S. 297 (eher unter dem Gesichtspunkt des prima facie-Beweises).

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lung („falscher Polizist“). Nr. 3 betrifft zunächst im Anschluss an das frühere Recht den Zweck der Emission von Wertpapieren, also den Erwerb solcher Papiere vom Emittenten, sodann die Vortäuschung, Geld für humanitäre oder soziale Zwecke zu sammeln (Spendenbetrug). Besonders schutzlose Opfer werden ähnlich wie in zahlreichen weiteren französischen Strafvorschriften durch Nr. 4 erfasst, wobei nicht nur geistige Mängel und Gebrechen einschlägig sind. Absatz 2 schließlich sieht ähnlich § 263 Abs. 3 Nr. 1 dt. StGB Tatbegehung in einer organisierten Bande (Definition in Art. 132-71) als strafschärfend an. – Art. 313-3 Abs. 1 ordnet die Strafbarkeit wegen Versuches (Definition in Art. 121-5) an. Art. 313-3 Abs. 2 regelt die grundsätzliche Straffreiheit des Betruges zum Nachteil eines Angehörigen des Täters. Als betrugsähnliche („Nachbar“-)Delikte (infractions voisines) zählen Art. 313-5 ff 68 C.p. auf: die Zechprellerei sowie Logis-, Taxi- und Kraftstoffbetrügerei („filouterie“, Art. 313-5); Absprachen und andere Manipulationen bei öffentlichen Ausschreibungen oder Versteigerungen (Art. 313-6). Außerhalb des C.p. sind drei neuere Sonderbetrugstatbestände der Erschleichung von Sozialsubventionen bemerkenswert, die eine Anwendung unlauterer Mittel ausreichen lassen und Täuschung sowie Irrtum nicht erfordern, wohl aber Erfolgseintritt verlangen (T. Walter S. 301). Unter den Urkundendelikten („faux“) erfasst Art. 441-6 Abs. 2 C.p. ähnlich wie zwei fortbestehende ältere nebenstrafrechtliche Tatbestände schriftliche Falschangaben zwecks Erlangung öffentlicher Leistungen (näher T. Walter S. 357 f, dort S. 364 ff auch zur irreführenden Werbung, die wie der Betrug und das verbraucherschützende Nebenstrafrecht der tromperie als Freiheitsdelikt zum Schutz vor unlauter bewirkten Verfügungen angesehen wird). Zur Subventionserschleichung näher Tiedemann LK § 264 Rdn. 20. b) Italien. Der italienische Betrugstatbestand („truffa“) setzt nach Art. 640 Abs. 1 69 Codice Penale für die Täuschungshandlung Kunstgriffe oder Vorspiegelungen („artifizi o raggiri“) voraus und verlangt als weitere Tathandlung, dass der Täter „sich oder einem anderen einen ungerechtfertigten Gewinn zum Schaden eines anderen verschafft“. Außer in den schweren Fällen ist stets ein Strafantrag des Verletzten erforderlich (Abs. 3). – Art. 640 Abs. 2 droht erhöhte Strafe (Freiheitsentziehung von einem Jahr bis zu fünf Jahren) an, wenn der Betrug gegen den Staat oder eine andere öffentliche Einrichtung (z.B. die EU) oder zwecks Umgehung des Militärdienstes begangen wird (Nr. 1) oder wenn die Furcht des Getäuschten vor einer vermeintlichen Gefahr oder seine irrige Annahme, eine behördliche Anordnung ausführen zu müssen, ausgenutzt wird (Nr. 2). – Absatz 3 lässt eine Strafverfolgung von Amts wegen auch bei „anderen erschwerenden Umständen“ zu, die aber in der Tat selbst liegen müssen (so dass die Erfassung des Rückfallbetruges durch diese Formel umstritten ist). Der schwere Betrug wird nach Artikel 640bis mit Freiheitsentziehung von einem Jahr bis zu sechs Jahren bedroht und ebenfalls von Amts wegen verfolgt. Er besteht darin, dass das Tatobjekt eine Finanzleistung des Staates oder anderer öffentlicher Einrichtungen oder – hier ausdrücklich genannt – der EU ist. Die vorherrschende Auslegung schwächt die Täuschungshandlung der Tendenz nach 70 dahin ab, dass jede Simulation oder Dissimulation ausreicht; auch die bloße Lüge („la semplice menzogna“) kann daher genügen, sofern das Opfer durch sie in einen Irrtum versetzt wird.103 Damit ist nach Ansicht der Rechtsprechung auch das Unterlassen tat103

Ausführlich Maggini S. 7 ff; Antolisei/ Grosso Manuale di Diritto penale Parte Speciale Bd. I (15. Aufl. Mailand 2008)

S. 367 f; Fiandaca/Musco Diritto penale Parte Speciale Bd. II/2 (5. Aufl. Bologna 2007) Kap. 3 I S. 175 ff (die aber für eine

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bestandsmäßig, sofern eine Pflicht zur Aufklärung besteht.104 Beim Betrug durch Vertragsverhandlungen („truffa contrattuale“) werden besondere Anforderungen an den Nachweis der Kausalität für die Willensentschließung des anderen Vertragspartners aufgestellt.105 Die Sorglosigkeit oder das Verschulden des Opfers schließt den Tatbestand in keinem Fall aus; auch auf die Eignung der Täuschung zur Irreführung kommt es nicht an.106 Der Vermögensschaden muss dem erlangten Vermögensvorteil entsprechen und kann auch in der Eingehung einer Verbindlichkeit oder in der Verfehlung einer wirtschaftlichen Zwecksetzung bestehen.107 In der Ausdehnung auf die Verfehlung von öffentlichen Subventionszwecken wird – kritisch – eine Tendenz zur Entmaterialisierung oder Vergeistigung des Schadensbegriffs gesehen, die mit dem Bestimmtheitsgrundsatz kollidiere und nach der Schaffung von Sondertatbeständen rufe.108 Auch die Tendenzen zur Einschränkung des Strafschutzes unter viktimodogmatischen Gesichtspunkten (oben Rdn. 34 ff) werden in einen kritischen Zusammenhang mit Fragen des Verfassungsrechts gestellt.109 Der Codice Penale enthält sodann eine ganze Reihe von Sondertatbeständen des Be71 truges: Nach Art. 640bis, der es strafschärfend als schweren Betrug bezeichnet, wenn sich der Betrug auf Beihilfen oder Subventionen des Staates oder der EU bezieht, regelt Art. 640ter den Computerbetrug („frode informatica“) und stellt ebenfalls darauf ab, dass der Täter sich oder einem Dritten einen ungerechtfertigten Gewinn verschafft. Tatmittel ist die unberechtigte Änderung des Funktionierens eines Datenverarbeitungs- oder Telekommunikations-Systems oder jedwede unberechtigte Einflussnahme auf Daten, Informationen oder Programme, die in einem solchen System enthalten sind oder zu ihm gehören. – Art. 641 bestraft als Antragsdelikt den Sonderfall der Eingehung einer Verbindlichkeit unter Verheimlichung der Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit und mit der Absicht, die Verbindlichkeit nicht zu erfüllen („insolvenza fraudolenta“). Die Lehre sieht in dieser Regelung der Leistungserschleichung wegen der unterschiedlichen Täuschungshandlung eine „Betrügerei“ (frode) im Gegensatz zum eigentlichen Betrug (truffa). – Art. 642 Abs. 1 betrifft die Zerstörung (usw.) eigener Sachen in der Absicht, für sich oder einen Dritten die Versicherungsleistung hierfür zu erlangen (vgl. § 265 dt. StGB n.F.!); Absatz 2 stellt dem die in derselben Absicht begangene Verletzung des eigenen Körpers sowie die Verschlimmerung einer bereits bestehenden Körperverletzung gleich („frode in assicurazione“). – Art. 643 erfasst die Ausnutzung der Bedürfnisse, Leidenschaften oder Unerfahrenheit Minderjähriger oder der Geisteskrankheit oder Geistesschwäche von Personen, wenn diese Opfer zur Vornahme einer für sie oder andere nach-

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restriktive Interpretation eintreten); Riondato in Crespi/Stella/Zuccalà, Commentario breve al Codice penale (6. Aufl. Padua 2001) Art. 640 Anm. I 1 und 2 m.w.N.; vgl. auch Thomma S. 215 f und Weigend ZStW 105 (1993) 788 Fn. 60. Antolisei/Grosso aaO S. 370; Fiandaca/ Musco aaO S. 117 f (krit. unter Hinweis auf Mantovani und Manzini); Riondato aaO Anm. 3; auch Weigend aaO. Maggini S. 61 ff; Riondato aaO Anm. I 4 ff m.w.N. Riondato aaO Anm. II 3 mit Nachw.; vgl. aber auch Fiandaca/Musco aaO S. 137 ff mit Hinweisen auf die Rechtsprechung, die bei

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offensichtlicher Unwahrscheinlichkeit der Vortäuschung die Tatbestandsmäßigkeit verneint. Fiandaca/Musco aaO S. 184 ff (die hierin aber eine bloße Verletzung der nicht geschützten Dispositionsfreiheit sehen); Riondato aaO Anm. III 2 sowie Art. 640bis Anm. III. Zum Subventionsbetrug bes. Dolcini/Marinucci (Hrsg.), Codice penale commentato Bd. II (2. Aufl. Mailand 2006) Art. 640bis Rdn. 7 mit Nachw. und Fiandaca/Musco aaO S. 197 f. Fiandaca/Musco aaO S. 173 f, 184 f m.w.N. Fiandaca/Musco aaO S. 174 f mit Nachw.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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teiligen Verfügung verführt werden (zust. zu dieser Lösung der viktimologischen Frage de lege ferenda Nieto FS Tiedemann [Lima 2011] Bd. I S. 553). c) Spanien (und Hispanoamerika). Das spanische Betrugsstrafrecht weist eine wech- 72 selvolle neuere Entwicklung auf. Der Código Penal von 1822 war deutlich vom französischen Code Pénal von 1810 beeinflusst und stellte in Art. 266 auf Kunstgriffe und Hinterlist, aber auch schlicht auf Täuschung und „ähnlichen Schwindel“ ab; die Tathandlung wurde als Entziehung (!) von Geld, Wertpapieren oder Urkunden bezeichnet, wobei die Vermögensschädigung „auf andere Weise“ subsidiär angefügt war. Die für die späteren Strafgesetzbücher modellhafte Formulierung im Código Penal von 1848 hob dagegen nach Aufzählung zahlreicher Einzelfälle des Betruges in dem generalklauselartigen Auffangtatbestand des Art. 448 auf „jedwede sonstige Täuschung“ ab (ebenso Art. 172 argentinisches StGB von 1983), die zu einer Schädigung führt. Im Código Penal von 1928 nahm – unter italienischem und brasilianischem Einfluss (Riegger S. 24) – die Kasuistik noch einmal überhand (Riegger S. 25). Das StGB von 1944 behielt die Umschreibung der Täuschungshandlung als „jedwede Täuschung“ bei, während Rechtsprechung und Lehre überwiegend im Anschluss an das französische Recht betrügerische Machenschaften, Kunstgriffe u.ä. forderten.110 Die Reform von 1983 ersetzte das Merkmal „jedwede Täuschung“ durch das Erfordernis „hinreichender Täuschung“ („engaño bastante“). Der neue Código penal von 1995 (Art. 248 Abs. 1) hält hieran fest und stellt als Betrug („estafa“) unter Strafe, wenn mit Bereicherungsabsicht eine Täuschung angewandt wird, die hinreichend ist, um bei einem anderen einen Irrtum hervorzurufen, und der andere dadurch dazu gebracht wird, einen Akt der Verfügung über sein oder über fremdes Vermögen vorzunehmen. Absatz 2 schließt unmittelbar die Regelung des Computerbetruges an, der als nicht konsentierte Übertragung von Vermögensbestandteilen zum Schaden einer Person und in Bereicherungsabsicht definiert wird, wobei vorausgesetzt ist, dass „irgendeine Datenmanipulation oder ein ähnlicher Kunstgriff angewandt“ wird; ebenfalls strafbar sind Herstellung, Zurverfügungstellung, Besitz oder Benutzung von Programmen, die der Begehung von Betrug oder Computerbetrug dienen. Die Täuschung kann bei Art. 248 Abs. 1 in Tatsachenbehauptungen, nach umstritte- 73 ner Ansicht aber auch in Werturteilen bestehen und ausdrücklich oder konkludent erfolgen, wobei die Rechtsprechung neuerdings für die zweite Möglichkeit eine (unvollständige) ausdrückliche Täuschungshandlung verlangt.111 Sie muss jedoch, wie erwähnt, geeignet sein, einen Irrtum zu erzeugen (Rebollo Vargas FS Tiedemann [Lima 2011] Bd. I S. 630 mit Nachw.). Hieran fehlt es vor allem bei unglaubwürdigen, phantastischen Behauptungen.112 Die Gesetzesformulierung wird teils durch Anwendung der Adäquanztheorie, teils durch die Lehre von der objektiven Zurechnung konkretisiert.113 Die bloße Lüge

110

111

Vgl. dazu Valle Muñiz S. 114 ff und Nieto sowie Rebollo FS Tiedemann (Lima 2011) Bd. I S. 555, 632 ff. Bajo Fernández Delitos de estafa S. 43 ff; Muñoz Conde Derecho penal Parte Especial (16. Aufl. Valencia 2007) S. 423; García Perez in Sánchez Melgar (Hrsg.), Código penal – Comentarios y Jurisprudencia Bd. II (2. Aufl. Madrid 2006) Art. 248 Anm. 2.2; Nieto aaO S. 559 f; Vives Antón/González Cussac in Vives Antón et al., Derecho penal

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Parte Especial (2. Aufl. Valencia 2008) S. 413 f m.w.N. Bajo Fernández aaO S. 47 f; Muñoz Conde aaO S. 425; Vives Antón/González Cussac aaO S. 415. Bajo Fernández aaO S. 38 f; Pastor Muñoz La determinatión del engaño tipico en el delito de estafa (Madrid 2004) S. 103 ff; Pérez Manzano in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 217 ff; Rebollo Vargas aaO S. 648 ff m.w.N.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

wird daher als irrelevant bezeichnet, und die überwiegende Meinung weist auf die Notwendigkeit einer „betrügerischen Planung“ oder „Inszenierung“ hin.114 Einigkeit besteht darüber, dass vorwerfbares Verhalten des Opfers die Strafbarkeit ausschließt (Rebollo Vargas aaO S. 649 mit Nachw.). – Insbesondere die Rechtsprechung lehnte früher die Begehung durch Unterlassen mit der Begründung ab, diese könne nicht eine Machenschaft, eine List oder einen Kunstgriff darstellen. In der neuesten Rechtsprechung besteht aber die Tendenz, hiervon abzugehen, vor allem wenn die verschwiegenen Informationen für den Vertragspartner „el motor decisivo“ für die Vermögensverfügung waren.115 Vives Antón und González Cussac verweisen auf das Problem, dass die Unterlassung meist keinen Irrtum hervorruft.116 Das im Gesetz nicht genannte, aber nach h.M. erforderliche Irrtumserfordernis wird 74 recht großzügig gehandhabt und führt nach der Rechtsprechung sogar zur Bestrafung des blinden Passagiers und des Schwarzfahrers wegen Betruges, da beide einen „error pasivo“ erregt haben (Valle Muñiz S. 194; dazu Tiedemann LK § 265a Rdn. 9 m.w.N.). Der Vermögensbegriff wird wirtschaftlich, der Schaden nach bestrittener, aber in der RapsölEntscheidung des Tribunal Supremo vom 23.4.1992117 zugrundegelegter Betrachtung objektiv-individuell (oder nach der personalen Vermögensauffassung) bestimmt.118 Die Problematik einseitiger Leistungsverhältnisse wird erst neuerdings erörtert und dadurch abgeschwächt, dass die Regelung des Subventionsbetruges in den Sondervorschriften des StGB (im Abschnitt über den Schutz der öffentlichen Finanzwirtschaft) als umfassend und exklusiv verstanden wird (Tiedemann LK § 264 Rdn. 21 mit Nachw.).119 Aus der Natur des Betruges als Verletzungsdelikt wird teilweise gefolgert, dass ein Eingehungsbetrug nicht strafbar ist (Muñoz Conde). Jedoch wird von der h.M. die Strafbarkeit des Kreditbetruges nach Art. 248 anerkannt und in ihrer Problematik entsprechend dem deutschen (§ 263 StGB) gesehen.120 Der Missbrauch von Kredit- und Bankkarten sowie Reiseschecks einschließlich der zugehörigen Speicherdaten wird seit 2010 durch Art. 248 Abs. 2c) als Betrug bestraft. Art. 250 Código Penal enthält Qualifizierungen, die in sieben Ziffern zugleich die 75 Einordnung der dort genannten Verhaltensweisen als Betrug klarstellen: Wohnungsbaubetrug (Nr. 1); Missbrauch von Blankounterschriften (Nr. 2); Missbrauch persönlichen Vertrauens oder der beruflichen oder unternehmerischen Kreditwürdigkeit (Nr. 6). Unter die Qualifizierung fällt ferner die Zugehörigkeit des Tatobjektes zu Kunst, Geschichte, Kultur oder Wissenschaft (Nr. 3) sowie die Verursachung eines schweren Schadens (Nr. 4). Als Sondertatbestände finden sich im spanischen Código Penal neben dem bereits 76 erwähnten, bei den Straftaten gegen das öffentliche Finanzwesen eingeordneten Subventionsbetrug („fraude de subvenciones“, dazu eingehend Tiedemann LK § 264 Rdn. 21)

114 115

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118

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Bajo Fernández aaO S. 32 f; Pérez Manzano aaO S. 217 m.w.N. Muñoz Conde aaO S. 424 mit Nachw.; Nieto aaO S. 561; dagegen aber Bajo Fernández aaO S. 42 f, 73 ff. AaO S. 415 unter Hinweis auf ein Urteil des Tribunal Supremo vom 30.9.1992. Deutsche Übersetzung in NStZ 1994 37 ff; dazu Tiedemann FS Achenbach (2011) 571 f. Bajo Fernández aaO S. 51 f; Muñoz Conde

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aaO S. 365, 428; Rebollo Vargas aaO S. 621, 624 f; eingehend Martos Nuñez El perjuicio patrimonial en el delito de estafa (Madrid 1990). de Asua FS Tiedemann (2008) S. 672 ff mit Nachw. Muñoz Conde aaO S. 424 und FS Tiedemann (2008) 678 ff, je mit Nachw.; ausführlich Nuñez Castaño La estafa de crédito (Valencia 1998).

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

weitgehend systemlos betrugsähnliche Fälle: Vermögensschädigung durch Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Verfügungsbefugnis oder durch Verschweigen einer Belastung der Sache (Art. 251, der zusätzlich den Abschluss von Scheinverträgen ohne weitere Merkmale, also als bloßes Täuschungsverhalten inkriminiert). Diese Sondertatbestände des Betruges schützen nach h.M. auch das öffentliche Vertrauen. Daneben kennt Art. 438 die Qualifikation des Amtsbetruges, der zusammen mit der Amtsunterschlagung geregelt ist. Zum (Brand-)Versicherungsbetrug nach neuem spanischen Recht vgl. Tiedemann LK § 265 Rdn. 3 mit Nachw. – Auch das argentinische StGB (Rdn. 72) enthält als „Sonderfälle der Betrügerei“ (casos especiales de defraudación) in umfangreicher, 16 Ziffern umfassender Aufzählung des Art. 173 Konstellationen wie die Erschleichung von Unterschriften (Nr. 3), die Blankettfälschung (Nr. 4), die ungetreue oder betrügerische Vermögensverwaltung (Nr. 7), den Missbrauch von Kredit- und anderen Karten (Nr. 15) sowie von Informationssystemen (Nr. 16). Echte Qualifizierungen mit erhöhter Strafandrohung zählt Art. 174 auf (Nr. 1 – Versicherungsbetrug, Nr. 6 – Betriebssabotage und Beiseiteschaffen von Rohstoffen oder Maschinen). d) Portugal (und Brasilien). Das portugiesische Strafgesetzbuch (Código Penal) von 77 1983 i.d.F. v. 2007 regelt den Betrug („burla“) in Art. 217 und verlangt ausdrücklich einen Irrtum über Tatsachen, der „arglistig“ (astuciosamente) hervorgerufen sein muss und einen anderen zur Vornahme von Akten bestimmt, die für ihn oder eine andere Person einen Vermögensschaden verursachen. Zusätzlich ist die Absicht erforderlich, für sich oder einen Dritten eine ungerechtfertigte Bereicherung zu erlangen. Begehung durch Unterlassen ist bei Vorliegen einer Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung strafbar (Maía Gonçalves Código Penal Português, 15. Aufl. 2002, Art. 217 Anm. 4 mit Nachw.). Art. 218 beschreibt drei Fälle als schweren Betrug und bedroht diese mit Freiheitsentziehung von einem Jahr bis zu zehn Jahren: gewohnheitsmäßige Begehung; Verursachen einer schwierigen wirtschaftlichen Lage des Geschädigten; beträchtliche Höhe des Schadens. Sonderfälle des Betruges finden sich in Art. 219 ff: Art. 219 regelt den Versicherungs- 78 betrug, der Auszahlung der Versicherungssumme an den Täter oder einen Dritten voraussetzt, nachdem ein Schaden oder die erhebliche Verschlimmerung eines durch Unfall entstandenen Schadens hervorgerufen oder ein Körperschaden bei sich selbst oder einem Dritten verursacht oder verschlimmert worden ist. Art. 220 enthält eine ausführliche Umschreibung des Zech- und Logis- sowie Leistungsbetruges in Bezug auf die Bestellung von Nahrungsmitteln oder Getränken in gewerblich betriebenen Gasthäusern, die Benutzung von Zimmern oder Dienstleistungen in Hotels, Herbergen und ähnlichen Einrichtungen sowie die Benutzung von Transportmitteln oder den Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen, jeweils begangen in der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten (vgl. dazu Tiedemann LK § 265a Rdn. 9 mit Nachw.). Der Computerbetrug wird in Art. 221 geregelt und besteht in der (in rechtswidriger Bereicherungsabsicht vorgenommenen) Verursachung eines Vermögensschadens durch Einwirkung auf das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs mittels unrichtiger Programmgestaltung, unrichtiger oder unvollständiger Benutzung von Daten, unbefugter Benutzung von Daten oder jeder anderen unbefugten Einwirkung auf den Ablauf (vgl. Fernandes ZStW 121, 2009, 1025, 1043 ff, auch zum Eingriff in Telekommunikationssysteme: Art. 221 Abs. 2). In Brasilien setzt der Tatbestand des Betruges („estelionato“) nach Art. 171 Código 79 Penal von 1940 voraus, dass zur Erregung eines Irrtums beim Opfer Kunstgriffe, List „oder jedes andere fraudulöse Mittel“ (ou qualquer outro meio fraudulento) angewandt und dadurch zum (Vermögens-)Schaden eines anderen ein rechtswidriger (nicht notwendig: Vermögens-)Vorteil erlangt wird. Es reicht die einfache Lüge als Täuschungsmittel aus (Riegger S. 123 f mit Nachw.).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Eine große Anzahl von Sondertatbeständen („fraudes“) ergänzt den Strafschutz in weiteren Absätzen des Art. 171 (Scheck-, Versicherungsbetrug usw.), in Art. 172 (Ausstellen falscher Rechnungen und Buchführungsmanipulationen) und Art. 174 (Verleitung zu „ruinösen“ Börsenspekulationen) sowie zusätzlichen Artikeln (Art. 175: Handels- und Warenbetrug, Art. 176: Zech-, Logis- und Beförderungserschleichung) und soll auch nach den langjährigen und umfangreichen Reformarbeiten beibehalten werden (vgl. Tiedemann in Marcello de Araújo S. 17 ff). Art. 204 und 205 des Vorentwurfes 1999 wollen auch die Strafbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Untreue und des Gründungsschwindels bei Aktiengesellschaften einführen.

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5. Die nordischen Rechtsordnungen regeln das Betrugsstrafrecht im Prinzip ähnlich dem deutschen StGB: Es gibt einen allgemeinen Betrugstatbestand, der durch einige – meist jüngere – Spezialtatbestände ergänzt wird. Die Bezeichnung für den allgemeinen Betrugstatbestand ist bedrageri bzw. bedrägeri. Obwohl dieser Begriff sprachgeschichtlich der deutschen „Betrügerei“ (oben Rdn. 2) entsprechen dürfte, ist er inhaltlich nicht mit dieser zu verwechseln, sondern als Betrug im technischen Sinne zu verstehen. Kennzeichen der speziellen, teilweise auch außerhalb des allgemeinen Strafgesetzes lozierten Tatbestände ist ähnlich wie in Deutschland eine kriminalpolitisch motivierte Verringerung der Anforderungen an die Strafbarkeit im Verhältnis zum allgemeinen Betrugstatbestand. Das dänische Vermögensstrafrecht, lässt in seinem Strafgesetz (Straffeloven) für den 82 allgemeinen Betrugstatbestand (Bedrageri, § 279 Str 1.) ausreichen, dass der Täter einen Irrtum ausnutzt. Die damit verbundenen Ausweitungen der Strafbarkeit, etwa beim Einbehalten unrechtmäßig erlangter Geldbeträge oder generell im Bereich des Betruges durch Unterlassen, werden teilweise dadurch ausgeglichen, dass die Erregung, Bestärkung oder Ausnutzung des Irrtums rechtswidrig erfolgen muss. Dieses Merkmal dient dazu, sozialadäquate Verhaltensweisen, deren Bestrafung als Betrug in einer Marktwirtschaft als unangemessen erscheint, aus dem Bereich des Strafbaren herauszunehmen. Übrigens tritt der Betrug hinter eine zugleich verwirklichte Urkundenfälschung zurück (Waaben Strafferettens specielle del S. 119). – § 279a bestraft unter Wiederholung der Erfordernisse rechtswidrigen Handeln und der Absicht, sich oder anderen einen unrechtmäßigen Vermögensvorteil zu verschaffen, als Computerbetrug („Databedrageri“) das Ändern, Einfügen oder Löschen von Daten oder Programmen zur elektronischen Datenverarbeitung und jede sonstige (rechtswidrige) Beeinflussung des Ergebnisses einer solchen Datenverarbeitung. § 289a stellt die Subventionserschleichung unter Strafe und erfasst ausdrücklich auch Beihilfen und Unterstützungen der EU, wobei unrichtige oder irreführende Angaben und Nichterfüllung einer Informationspflicht genügen, wenn der Täter mit dem Vorsatz handelt, eine unrechtmäßige Auszahlung an sich oder andere zu erlangen. § 301a droht Strafe für das rechtswidrige Sichverschaffen von Codes oder anderen Zugangsschlüsseln zu besonders gesicherten Informationssystemen an. Auch in Norwegen ist gemäß § 270 des Strafgesetzes (straffeloven) für den Betrug 83 (bedrageri) neben dem Hervorrufen oder Bestärken das Ausnutzen eines Irrtums ausreichend, und auch dort muss dies rechtswidrig geschehen, nämlich nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht akzeptabel sein.121 Als Schaden reicht auch eine Verlustgefahr aus. Unterlassen steht der Handlung bei Vorliegen eines besonderen Grundes gleich. In

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Slettan/Øie Forbrytelse og straff Bd. I (2001) S. 75.

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Vorbemerkungen Vor § 263

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§ 271a str1. wird grob fahrlässige Begehung (auch des schweren Betruges nach § 271) inkriminiert und eine in ihrer Bedeutung umstrittene Einschränkung der Strafbarkeit des Dreiecksbetruges statuiert; ein solcher liegt nur vor, wenn der Irrende für den Geschädigten gehandelt hat (näher Andenaes Formuesforbrytelsene S. 104 ff; Straffelovkommentaren II S. 719). § 271 sieht erhöhte Strafe für schwere Fälle vor, nämlich bei Verursachung großen wirtschaftlichen Schadens oder von Leibes- oder Lebensgefahr, ferner bei Amtsmissbrauch oder Amtsanmaßung, Täuschung der Allgemeinheit oder eines größeren Personenkreises, Bilanz- und Buchführungsmanipulation. Eine ähnliche Regelung findet sich in Schweden. Kap. 9 § 1 des Strafgesetzes (Brotts- 84 balken, BrB) enthält für den Betrug (bedrägeri) zwar ein Täuschungs-, Verfügungs- und Schadens- sowie Gewinnerfordernis, verlangt aber für den Dreiecksbetrug, dass der Irregeführte an Stelle des Geschädigten gestanden hat. Nach schwedischem Recht ist daher im Regelfall weder ein Prozessbetrug noch ein Betrug zum Nachteil des Gläubigers durch Täuschung des Schuldners möglich (näher Jareborg Brotten II, Förmögenhetsbrotten S. 218 f). Einige dadurch entstehende Lücken werden durch untreueähnliche Sondertatbestände geschlossen (vgl. Kap. 10 §§ 4–6 BrB). – Kap. 9 § 2 Abs. 2 regelt als „betrügerisches Verhalten“ („bedrägligt beteende“) die Erschleichung von Bewirtung, Unterkunft, Beförderung, Zutritt zu einer Veranstaltung „oder sonst etwas, das gegen Barzahlung erhältlich ist“, unabhängig davon, ob der Täter einen anderen täuscht oder nicht. Schwerer Betrug (grovt bedrägeri) liegt nach § 3 vor bei Missbrauch öffentlichen Vertrauens, Buchführungsmanipulation oder Benutzung eines unechten Schriftstücks, Verursachung großen Schadens oder sonstiger Einordnung als besonders gefährlich. Als Subventionsmissbrauch (subventionsmissbruk) bezeichnet § 3a die Inanspruchnahme eines EU-Zuschusses für einen anderen als den Zweck der Bewilligung (näher Tiedemann LK § 264 Rdn. 21). Das neue finnische Strafgesetz (Rikoslaki Strafflag) sieht in Kap. 36 § 1 einen dem 85 deutschen Recht besonders angenäherten Tatbestand des Betruges (Petos) vor. Seit 1990 ist in objektiver Hinsicht ein Täuschungserfordernis und die Möglichkeit eines Dreiecksbetruges vorhanden; das Ausnutzen eines Irrtums reicht für einen Betrug aber ebenfalls (wieder) aus. In subjektiver Hinsicht ist anstelle einer Bereicherungsabsicht auch Schädigungsabsicht ausreichend; der finnische Betrugstatbestand ist also kein reines Bereicherungs-, sondern auch ein Fremdschädigungsdelikt. – Kap. 36 § 1 Abs. 2 regelt den Computerbetrug, § 2 den schweren Betrug und § 4 den Versicherungsbetrug. Erwähnenswert sind schließlich die milden Strafdrohungen in den nordischen Rechts- 86 ordnungen: Der einfache Betrug ist im Höchstmaß in Norwegen mit drei Jahren, in Finnland und Schweden mit zwei Jahren und in Dänemark sogar nur mit einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht. 6. Großbritannien a) Das englische (und walisische sowie nordirische) Betrugsstrafrecht war ähnlich wie 87 das US-amerikanische bis 2007 durch eine enge Verbindung mit Diebstahl und Unterschlagung („theft“) gekennzeichnet.122 Einschlägig waren die beiden Theft Acts von 122

Dazu Darby ZStW 108 (1996) 548 ff und bei Zieschang ZStW 108 (1996) 619 f. – Das Betrugsstrafrecht Nordirlands ist dem englischen traditionell sehr ähnlich (vgl. Criminal Justice Order 1994 und 1996; Theft Act

1969 s. 15 – durch den Fraud Act 2006 aufgehoben –: obtaining [property] by false pretences). Zum Betrugsstrafrecht der USA Wagemann S. 195 ff mit Nachw.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

1968 und 1978, die durch den Theft (Amendment) Act 1996 ergänzt wurden. Auffangweise ist der Common Law-Tatbestand der conspiracy to defraud in Kraft. Obwohl er nur eine Vorbereitungshandlung betrifft, ist durch Gesetz eine Höchststrafe von 10 Jahren Gefängnis angedroht. Dieser Tatbestand wurde und wird aber nur noch selten angewandt (im Jahre 2003 in 7 % der ca. 15 000 Ermittlungsverfahren wegen „fraud“ in England und Wales, vgl. Farrell/Yeo/Ladenburg Fraud Act 2006 Rdn. 3.44). Er umfasst jede „unehrliche“ oder „unredliche“ („dishonest“) Verabredung, zum – nicht notwendigerweise wirtschaftlichen – Schaden Dritter zu handeln, und zwar nicht zwingend durch Täuschung (Wagemann S. 43 ff unter Hinweis auf das historische Erfordernis einer Betroffenheit der Öffentlichkeit). Der am 15.1.2007 in Kraft getretene Fraud Act 2006 ist dagegen eher an kontinentaleuropäische Betrugsmodelle angelehnt, enthält aber mit dem durchgehenden Korrektiv der dishonesty erhebliche Unsicherheiten (Grau/Airey/ Frick BB 2009 1426; dazu sogleich Rdn. 88 und 90). Der Common Law-Tatbestand der conspiracy to defraud gilt daneben weiter, vor allem um etwaige Strafbarkeitslücken zu schließen (du Bois-Pedain ZStW 122, 2010, 333 f mit Nachw. und dem Übersetzungsvorschlag „betrügerische Verschwörung“). Auch gibt es weiterhin die im Criminal Law Act 1977 definierte „statutory conspiracy“, die als Verabredung (agreement) von mindestens zwei Personen den im Folgenden dargestellten Betrug zum Gegenstand haben kann und dessen Vorbereitung inkriminiert. Der Versuch des Betruges wird durch den Criminal Attempts Act 1981 strafbar gestellt.123 Der zentrale Betrugstatbestand fraud by false representation ist in s. 2 Fraud Act 88 enthalten. Er droht Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren einer Person an, die vorsätzlich (s. 2 Abs. 2b) eine falsche Erklärung (false representation) abgibt, und zwar über Tatsachen oder Rechtsfragen einschließlich innerer Tatsachen (state of mind), ausdrücklich oder konkludent (implied). Der gesetzgeberische Wechsel der Terminologie vom klassischen „deception“ zur „misrepresentation“ erfolgte zu dem Zweck, auch die missbräuchliche Benutzung von „payment cards“ und Erklärungen „to a machine“ zu erfassen (Farrell/ Yeo/Ladenburg Rdn. 2.32 ff). Irrtum eines anderen wird vom Gesetz ebenso wenig erfordert wie eine Verfügung oder ein Schaden. Der Verstoß gegen den Maßstab der Unredlichkeit („dishonesty“) setzt objektiv eine Verletzung der Standards aufrichtiger (ehrlicher) und vernünftiger Menschen voraus („ordinary standards of reasonable and honest people“), verlangt aber auch subjektiv, dass der Täter sein Verhalten als nach diesen Standards unredlich angesehen hat. In Anlehnung an das Begriffsverständnis des Theft Act 1968 (s. 1) mit der Leitentscheidung im Fall Gosh (1982 QB 1053) ist „dishonesty“ eher auf die Täuschungshandlung als auf die Bereicherungsabsicht zu beziehen und entfällt nach dem Ghosh-Test z.B. bei der Ansicht, die erschlichene bezahlte Beschäftigung „properly“ ausführen zu können (Blackstone’s Criminal Practice 2010 Kap. B5 Rdn. 8 mit Nachw.). Ferner ist die Absicht des Täters erforderlich, „to make a gain for himself or another, or to cause loss to another“. Ein objektiver Schadenseintritt ist damit ebenso wenig erforderlich wie die Erlangung der Bereicherung. Wegen dieser gesetzgeberischen Ausgestaltung sieht du Bois-Pedain (ZStW 122, 2010, 332) in s. 2 ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt und hält es für möglich, dass die Rechtsprechung einschränkend gewisse Auswirkungen des Verhaltens des Täters verlangen wird. Das Gesetz selbst stellt in s. 2 Abs. 1 dem angestrebten Schaden „a risk of loss“ gleich und in s. 5 klar, dass sich gain und loss auf Geld und anderes Vermögen (property) einschließlich „things in action 123

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Dazu Leigh in Dannecker (Hrsg.), Bekämpfung des Subventionsbetrugs S. 73 f. Zur falschen Buchführung (false accounting)

Smith/Hogan Criminal Law S. 602 ff; Tiedemann LK § 265b Rdn. 9.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

and other intangible property“ beziehen sowie zeitlich begrenzt sein können. S. 3 bedroht mit im Übrigen entsprechenden Tatbestandserfordernissen das Unterlassen der Mitteilung von Informationen mit Strafe, sofern eine Rechtspflicht zur Mitteilung (legal duty to disclose) besteht – womit nach dem Bericht der Law Commission nicht nur gesetzlich statuierte Pflichten gemeint sind (näher du Bois-Pedain aaO S. 328 mit Nachw.). S. 2 Abs. 5 lässt als Erklärung auch eine solche gegenüber einem System oder Gerät der Kommunikation genügen und erfasst damit den Computerbetrug „with or without human intervention“ (dazu Farrell/Yeo/Ladenburg Rdn. 2.34 mit dem Beispiel des Internet shopping); vor dem Fraud Act 2006 galt die Maxime „a machine cannot be deceived“ (Blackstone’s Criminal Practice aaO Rdn. 14). S. 6 ff inkriminieren schließlich die Herstellung, den Besitz usw. von Gegenständen (z.B. Computerprogrammen, s. 8) zur Begehung eines Betruges. Der 2007 insoweit aufgehobene Theft Act 1978 bestrafte in ergänzender und kasuisti- 89 scher Weise die durch Täuschung erfolgte unehrliche Erlangung von Dienstleistungen (s. 1). S. 11 Fraud Act stellt nunmehr das unredliche Erlangen einer Leistung („obtaining services dishonestly“) unter Strafe, wenn der Täter die Absicht hat, die Bezahlung ganz oder teilweise nicht zu erbringen (zu dem weiten Begriff der Leistung ausführlich Farrell/Yeo/Ladenburg Fraud Act Rdn. 6.25 ff mit Nachw.). Als Reaktion auf eine Entscheidung des House of Lords aus dem Jahre 1996 (R v Preddy) schuf weiter der Theft (Amendment) Act 1996 als neuen Straftatbestand das dishonestly retaining a wrongful credit (s. 24 A). Es handelt sich um die Klarstellung der Unterlassungsstrafbarkeit bei Erlangung einer Bankgutschrift von gestohlenen, erpressten oder gehehlten Geldern; der Fraud Act 2006 fügt als „wrongful“ den Ursprung des Geldes in einer Tat nach s. 1 an. Zahlreiche Sondertatbestände waren und sind in weiteren Gesetzen enthalten (zu die- 90 ser Tendenz Wagemann S. 514). Ihre Notwendigkeit ergibt sich aus dem sehr unbestimmten dishonesty-Erfordernis des Betrugstatbestandes, das der Jury weiten Spielraum lässt und sie einer geschickten Verteidigung ausliefert, die angeblich vergleichbare Verhaltensweisen der Wirtschaftspraxis anführen und so den Maßstab der (Un)Redlichkeit in Zweifel ziehen kann (näher dazu die vor dem Abschluss stehende Potsdamer Diss. von B. Vogel). Daher behalten auch nicht aufgehobene Teile des Theft Act 1968 ihre Bedeutung, z.B. s. 17 – 1b mit dem Tatbestand des Gebrauchmachens von einzelnen Teilen unrichtiger Buchführung (Tiedemann LK § 265b Rdn. 9). Als spezielle strafbewehrte Gesetze verdienen neben dem Agriculture Act 1957 (mit der Strafbarkeit falscher Angaben zwecks Erlangung einer Geldzahlung, s. 7 [3] ) und den Common Agricultural Policy (Protection of Community Arrangements) Regulations (s. 11b) Erwähnung vor allem die Straftatbestände des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerbetruges im Company Act 2006 (besonders wichtig das fraudulent trading; dazu Tiedemann LK Rdn. 215 Vor § 283) und des Kapitalanlagebetruges im Financial Services Act 1986 (s. 47; dazu Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 20) sowie des Sozialversicherungsbetruges im Social Security Act 1986 (s. 55) mit Beschränkung der Strafbarkeit auf falsche mündliche oder schriftliche Angaben.124 Daneben gilt zum allgemeinen Schutz der öffentlichen Hand der alte Common Law-Tatbestand des cheating (the public revenue) weiter, der auch Unterlassen umfasst.125 – Der Fraud Act 2006 hat den auf Kapitalgesellschaften beschränkten Companies Act 1985 (s. 458) (jetzt Company Act 2006) ergänzt um die Strafbarkeit des

124

Dazu näher Griew The Theft Acts Kap. 7 Rdn. 13 ff, 21; auch Tiedemann LK § 265a Rdn. 10, § 265b Rdn. 9.

125

Griew aaO Rdn. 18 mit Nachw.; Leigh FS Tiedemann S. 1506; Wagemann S. 64 f, 68 ff m.w.N.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Betreibens von (oder der Beteiligung an) betrügerischen Unternehmen in der Rechtsform des Einzelkaufmanns oder der Personengesellschaft (oder von überseeischen Kapitalgesellschaften). S. 9 Fraud Act erfordert Kenntnis von der betrügerischen Aktivität, die in Absatz 2(b) als Absicht betrügerischer Schädigung der Gläubiger oder jeder anderen betrügerischen Zwecksetzung definiert wird. Wie s. 458 Companies Act 1985 (dessen Höchststrafdrohung durch s. 10 Fraud Act auf 10 Jahre ausgedehnt wurde) erfasst auch das carrying on of fraudulent business vor allem die Weiterführung insolventer Unternehmen, ferner u.a. die Beteiligung an Unternehmen mit Stoßbetrugsaktivitäten. Ausreichend ist eine einzelne betrügerische Handlung, erforderlich aber „dishonesty“ (Farrell/ Yeo/Ladenburg Fraud Act Rdn. 5.38 ff). – Erwähnung verdient auch der neue Straftatbestand „fraud by abuse of position“ (s. 4 Fraud Act), der die Untreue von Vermögensverwaltern und Treuhändern einschließlich Vorstandsmitgliedern von Handelsunternehmen und anderen Personen in finanzieller Vertrauensposition („position of trust“, jedenfalls entsprechend den zivilrechtlichen „fiduciary duties“, Farrell/Yeo/Ladenburg aaO Rdn. 2.72) erfasst und sich für die Strafbarkeit auf deren Absicht beschränkt, Gewinn zu erzielen oder Verlust(gefahr) zu verursachen; der Missbrauch der Vertrauensstellung muss wiederum „dishonestly“ erfolgen (s. 4 Abs. 1b) (Text bei Schünemann LK § 266 Rdn. 273 Fn. 1080). Bemerkenswert ist auch die Anordnung der Strafbarkeit von Vorstandsmitgliedern usw. bei Einverständnis mit, oder Duldung von, Straftaten nach dem Fraud Act bei deren Begehung durch eine juristische Person (s. 12 Fraud Act). Hervorzuheben ist schließlich die in schedule 1 Nr. 24 vorgesehene Erstreckung der englischen Gerichtsbarkeit auf die (meisten) Straftaten nach dem Fraud Act bei (teilweiser) Begehung im Ausland (dazu Leigh FS Tiedemann S. 1506 ff mit Nachw.).

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b) Schottland. Das vom englischen Recht weitgehend unabhängige Strafrecht Schottlands ist bisher nicht kodifiziert. Theft, fraud und conspiracy sind weiterhin Teil des – nach der Praxis weit zu interpretierenden – Common Law und stark von den „institutional writers“ beeinflusst. Der objektive Tatbestand (actus reus) von fraud besteht darin, einen anderen durch (ausdrückliche oder konkludente: implied, implicit) Täuschung (deception, false pretence) über gegenwärtige oder vergangene Tatsachen (present or past facts) dazu zu bringen, etwas zu tun, was er ohne Täuschung nicht getan hätte; ein Schaden des Opfers ist vor allem beim sog. practical cheating (meist als Gebrauchmachen von falschen Urkunden) ebenso wenig erforderlich wie ein Vorteil des Täters, so dass z.B. eine falsche Eintragung in Geschäftsbücher ausreicht.126 Es muss als Erfolg (result) aber irgendeine Verschlechterung der Position des Getäuschten eintreten.127 Unterlassen ist nach schottischem Strafrecht tatbestandsmäßig, wenn eine Aufklä92 rungspflicht (z.B. aus Gesetz oder Vertrag) besteht. Dishonesty wird als Korrektiv nur eingeschränkt verlangt, ohne dass es Rechtsprechung hierzu gibt.128 Ob recklessness ausreicht, ist nicht abschließend geklärt, wird aber verneint, wenn beim Täter „an honest belief in the truth of the representation“ vorlag. Versuch ist strafbar („attempted fraud“,

126

127

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Adcock v Archibald 1925 Judiciary Cases 58; Brown AGON Nr. 16 (1997) S. 14; Gordon Criminal Law Bd. II (3. Aufl. 2001), Kap. 18 Rdn. 1 ff, 1817 ff; Jones/ Christie Criminal Law (4. Aufl. 2008) Rdn. 10–67 ff, je m.w.N. Gordon aaO Rdn. 18.17 ff mit Nachw. („some legally significant prejudice“ oder

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„worse position …, not necessarily … economic loss“); Jones/Christie aaO Rdn. 10–76 f. Gane unveröff. Gutachten (Schutz der EG-Finanzinteressen) für die EG-Kommission (1993) S. 25 f mit Nachw.; Gordon aaO Rdn. 18.3; auch Brown aaO.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

vgl. H. M. Advocate v. Camerons [1911] 6 Adam 456).129 – Insgesamt ist die einschlägige Literatur eher spärlich und das case law alt. Der sich abzeichnenden Kodifizierung kommt daher gerade auch für das Betrugsstrafrecht Bedeutung für die Präzisierung der Strafbarkeitsvoraussetzungen zu. 7. Rechtsvergleichung und Folgerungen für das deutsche Recht a) Die vorstehende Übersicht macht deutlich, dass in Europa entsprechend der histo- 93 rischen Entwicklung (oben Rdn. 12 ff) unterschiedliche Betrugsmodelle existieren, die teils stärker an den Diebstahl (furtum) anknüpfen, teils das Täuschungselement betonen und nach Art des historischen falsum qualifizieren, teils aber auch – durch ein Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens – den Vermögensschutz in den Vordergrund stellen und dann die Täuschung sehr allgemein fassen. Für diese Modelle stehen zum einen das englische Recht mit einem allgemeinen Täuschungserfordernis (historisch „any deception“, nach dem Fraud Act 2006 „making a false reprensation“ mit der Legaldefinition als „untrue or misleading“) unter Verzicht auf Irrtum, Vermögensverfügung und Eintritt von Vermögensschaden; zum anderen das französische Recht mit einer eng gefassten Täuschungshandlung („manoeuvre frauduleuse“) und dem ausdrücklichen Erfordernis einer Vermögensverfügung, aber jedenfalls bis 1994 ebenfalls unter Verzicht auf einen Vermögensschaden und in der Praxis auch unter Pauschalierung des Irrtumserfordernisses. Auf der Gegenseite befinden sich das deutsche sowie griechische, italienische, portugiesische, schweizerische und österreichische Recht mit dem zentralen Merkmal des Vermögensschadens und einem weiten Täuschungsbegriff, der aber vom portugiesischen und schweizerischen Betrugstatbestand auf Arglist und von der österreichischen Praxis (oben Rdn. 57) auf nicht ohne weiteres erkennbar unwahre Behauptungen beschränkt wird. Trotz eines tatbestandlichen Vermögensschadenserfordernisses tragen das schweizerische und das österreichische, aber auch das spanische Recht dem Gedanken der Opfermitverantwortung bei der Bestimmung der Tathandlung Rechnung. Einen Sonderweg gingen historisch die nordischen Rechtsordnungen mit dem überwiegenden Verzicht auf ein Täuschungserfordernis und dem Korrektiv rechtswidrigen Handelns (oben Rdn. 82 ff); heute benennen aber die neueren Strafgesetzbücher Dänemarks, Finnlands und Schwedens ausdrücklich das Tatbestandserfordernis einer Täuschung und verzichten mit Ausnahme Dänemarks und Norwegens auf Anführung des Merkmals der Rechtswidrigkeit. – Alle Modelle sehen sich gezwungen, Korrektive einzubauen und Ergänzungen durch Sondertatbestände vorzusehen: Das bis zum Fraud Act diebstahlsnahe englische Recht beschränkte sich ähnlich wie das frühere französische Recht auf kasuistisch aufgezählte Tatobjekte und weist noch heute mit dem Merkmal der Unredlichkeit (dishonesty) einen offenen Korrekturmaßstab auf; das im Ausgangspunkt enge französische Modell weitet die manœuvres frauduleuses ähnlich wie das noch weiter gehende italienische Recht in der Rechtsprechung bis hin zu Ergebnissen aus, die von der einfachen (schriftlichen) Lüge nicht mehr weit entfernt sind; die deutsche Praxis zum Betrugstatbestand dehnt die Unterlassungsstrafbarkeit durch Einbeziehung von Treu und Glauben, das Erfordernis des Vermögensschadens durch Figuren wie Eingehungsbetrug, Gefährdungsschaden und allgemein durch den wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensbegriff bis in Bereiche aus, die in anderen Rechtsordnungen – bereichsspezifisch und/oder kasuistisch – durch Sondertatbestände erfasst werden. Einen wirklichen Mittelweg zwischen der im Aus-

129

Mackenzie v Skeen 1971 Judiciary Cases 43; Gordon aaO Rdn. 18.31 m.w.N.; für

Beschränkung auf Vorsatz Jones/Christie aaO Rdn. 10–78.

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gangspunkt engen französischen und der weiten deutschen Lösung gehen bezüglich der Täuschungshandlung das schweizerische Arglist-Modell und der neue spanische Código Penal („engaño bastante“, oben Rdn. 72) sowie die österreichische Praxis; allerdings benötigt die Abgrenzung und Bestimmung dieses Mittelweges eine relativ umfangreiche Falltypik. Die Ergänzung der zentralen Betrugstatbestände durch Sondertatbestände zum Schutz öffentlichen Vermögens vor betrügerischer Schädigung ist ebenso wie die Beschränkung dieser Tatbestände auf Falschangaben (mit einer bestimmten Zwecksetzung) häufig (Tiedemann FS Achenbach S. 575 f.). Auch Sondertatbestände für den Schutz von Kapitalanlage und Kreditgewährung (einschließlich Scheckbetrug) sowie des Submissionswesens sind verbreitet (Tiedemann aaO S. 575). – Im europäischen Rechtsvergleich ist der deutsche Betrugstatbestand nach seiner Handhabung in der bisherigen Praxis sehr weit.130 Neueren Einschränkungen durch die jüngste Praxis des BGH und den Beschluss BVerfG wistra 2012 102 ff kommt daher grundsätzliche Bedeutung zu (Tiedemann BGHFestgabe Bd. IV S. 567).

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b) Anregungen für das deutsche Recht ergeben sich aus dem Rechtsvergleich mit Blick auf die Weite des deutschen Betrugsverständnisses. Zwar ist im Schrifttum umstritten, ob der Betrug ein „kulturneutrales“ oder von den kulturellen Vorstellungen einer Gesellschaft durchaus beeinflusstes Delikt ist;131 insoweit wird jedenfalls das (in Deutschland) verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip für einen weitreichenden Opferschutz angeführt werden können (vgl. auch oben Rdn. 70 für Italien). Auch wenn der Gesetzgeber über die Beschränkung der Täuschungshandlung auf Tatsachen hinaus einer etwaigen Opfermitverantwortung tatbestandlich nicht ausdrücklich Rechnung trägt (oben Rdn. 37), wird man bei den Grenzmarken der Ausdehnungen jedenfalls die soeben Rdn. 93 a.E. hervorgehobene Tatsache zu berücksichtigen haben, dass das deutsche Betrugsstrafrecht im europäischen Rechtsvergleich außerordentlich weit geht: Vor allem im Bereich des (unechten) Unterlassens besteht die Gefahr, den – in allen Staaten als solchen gesehenen und bewerteten – Opferschutz zu überdehnen; hier wie auch bei der Annahme konkludenter Täuschungen kann eine offene, aber genaue, Risikoabgrenzung zu gerechte(re)n Ergebnissen führen (zust. Nieto FS Tiedemann, Lima 2011, 550 ff). Eine gewisse Pauschalierung oder partielle Normativierung des Irrtums durch die Rechtsprechung erscheint vor allem im Vergleich zu dem französischen Vorbild (vgl. oben Rdn. 65) und der spanischen Praxis (oben Rdn. 74) der Tendenz nach kriminalpolitisch sinnvoll und entspricht der (durch Sondertatbestände wie §§ 263a, 265a nur teilweise aufgefangenen) Kollektivierung des Wirtschaftsgeschehens, die auch den Begriff der Verfügung vor Schwierigkeiten stellt (§ 263 Rdn. 111). Der sehr weit reichende grundsätzlich wirtschaftliche Vermögensbegriff ist zwar folgerichtig und sinnvoll, sollte aber in dieser Weite kritisch gehandhabt werden, um Überdehnungen zu verhindern (vgl. die oben Rdn. 56 mitgeteilte engere Haltung der österreichischen Strafrechtspraxis insbesondere zur Behandlung der Exspektanzen, der Vermögensgefährdung und des Eingehungsbetruges).

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c) Im Lichte der Auslandsrechte und der Rechtsvergleichung stellt sich der Betrugsbegriff des Art. 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der

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Zutreffend Hirsch bei Zieschang ZStW 108 (1996) 609 f; auch Jescheck ebda S. 610; aA wohl Vogler ebda S. 613f. Vgl. einerseits Dannecker bei Zieschang

aaO S. 614 f, andererseits Weigend ZStW 105 (1993) 788. Dazu Tiedemann FS Hurtado Pozo (2012) 495 ff.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 1995132 als Kompromiss dar (vgl. auch Rdn. 103), der aber ersichtlich stärker vom englischen und französischen Betrugsstrafrecht in seiner Fassung bis Mitte der 1990er Jahre beeinflusst ist.133 Während ein Irrtumserfordernis ebenso wie die Merkmale der Vermögensverfügung und des Vermögensschadens ganz fehlen, wird besonderer Wert auf die Täuschung gelegt (Vorlage unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen oder Unterlagen); letztlich reicht aber auch die einfache mündliche Lüge aus, so dass die Anführung der Vorlage von Urkunden nur Beispielscharakter hat (Tiedemann FS Otto S. 1057). Für die Tathandlung im übrigen wird darauf abgestellt, dass der Täter Finanzmittel „unrechtmäßig erlangt“, so dass ein dem Vorteil entsprechender etwaiger Schaden normativ gefasst ist (vgl. Tiedemann LK § 263 Rdn. 185a). Dies entspricht der (bzw. ersetzt die) deutsche(n) Zweckverfehlungslehre und lässt jedenfalls die Interpretation zu, dass – entsprechend dem französischen Recht – die Planungs- und Dispositionsfreiheit geschützt wird. Da aber nicht ein Schaden, sondern die Erlangung eines Vorteils Tatbestandsvoraussetzung ist, ergibt sich auch eine deutliche Parallele zum Diebstahl und damit eine Nähe zum früheren englischen Recht.

VII. Einflüsse des EU-Rechts 1. Der Vorrang des Unionsrechts (dazu Satzger Europäisierung S. 43 ff mit Nachw.) 96 betrifft zunächst und ohne Einschränkung diejenigen außerstrafrechtlichen Materien, für deren Regelung die EU die Verordnungs- und Richtlinienkompetenz besitzt. Richtlinien haben allerdings keine unmittelbare Rechtswirkung, sondern müssen vom Mitgliedstaat in nationales Recht umgesetzt werden (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Dies gilt insbesondere auch dort, wo sich aus der Richtlinie die Begründung oder Verschärfung einer strafrechtlichen Verantwortung ergibt.134 Zu seinen Gunsten kann sich dagegen der betroffene Marktbürger im Strafverfahren auf eine nicht fristgemäß umgesetzte Richtlinie berufen, sofern diese hinreichend klar gefasst ist, um auch ohne Umsetzung anwendbar zu sein (BGHSt 37 168, 175 mit Nachw.; Chr. Schröder S. 13 ff). Das Unionsrecht mit seinem Anwendungsvorrang hat für § 263 vor allem dort 97 Bedeutung, wo es Wahrheits- und Echtheitsnormen entweder selbst statuiert oder zu ihrem Erlass verpflichtet. Diese Normen können sowohl auf den Täuschungs- als auch auf den Schadensbegriff des Betruges Einfluss nehmen, aber auch bei der Frage eines Irrtums sowie bei der Bestimmung der Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung relevant werden. Diese Tatbestandsmerkmale des § 263 sind nämlich überwiegend Verweisungsbegriffe, die auf außerstrafrechtliche Normen des Rechts und des Verkehrs Bezug nehmen; derartige Normen sind ohne Bindung an das strafrechtliche Analogie- und Bestimmtheitsgebot auszulegen.135 Die Verweisung auf EU-rechtliche Normen ist ebenso zulässig wie die auf nationale Normen.136 – Daneben können EU-rechtliche Normen für 132

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134

ABlEG v. 27.11.1995 Nr. C 316/48 ff, abgedruckt auch in BT-Drs. 13/10425 S. 8 ff. Vgl. nur Hirsch bei Zieschang aaO S. 621; Tiedemann bei Zieschang ZStW 109 (1997) 830, 841 und FS Otto S. 1058. EuGH Slg. 1987 3969 (Kolpinghuis Nijmegen BV); dazu Böse S. 162 ff; Hecker Europ. Strafrecht § 10, 41 ff; Satzger Europäisierung S. 538 ff; Chr. Schröder S. 16 ff, 362 ff;

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136

Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 21 Fn. 3 m.w.N. BVerfGE 78 205, 213 f; Tiedemann Verfassungsrecht und Strafrecht S. 40, ZStW 107 (1995) 597, 641 ff und Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 108. BVerfGE 75 329, 342; BGH wistra 1997 25 ff; Dannecker Jura 1998 85 f; Sieber in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 353; eingehend Moll Europäisches Straf-

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die Auslegung der in §§ 264 ff verwandten Begriffe Bedeutung erlangen (vgl. auch BGHSt 37 333, 336 für den Abfallbegriff des § 326). Aber auch das Verbraucherleitbild des § 263 und damit der Täuschungs- und Irrtumsbegriff bestimmen sich bei grenzüberschreitendem Werbeverhalten insbesondere nach dem Maßstab der EU-Grundfreiheiten, vorab der Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs nach Art. 34 ff, 56 EUV (vgl. bereits oben Rdn. 40).

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2. Neben der speziellen richtlinienkonformen Auslegung von deutschem Recht, das auf der Umsetzung von EU-Richtlinien beruht, besteht aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts auch die generelle Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts.137 Diese Verpflichtung beruht auf der Bindung auch der Gerichte an die in Art. 291 AEUV normierte Pflicht zur Unionstreue und betrifft daher auch das Strafrecht (vgl. nur BGHSt 37 333, 336). Bei §§ 263 ff ist diese Auslegungsmethode durchweg für die Bestimmung des Schutz99 bereiches dieser Straftatbestände bedeutsam. Soweit es um das Vermögen und die sonstigen Finanzinteressen der EU selbst geht, kommen allerdings zusätzliche spezielle EURechtsnormen in Frage (dazu sogleich 3.). Allgemein entsteht aber das Problem, ob §§ 263 ff neben dem anerkannten Schutz aller privaten Vermögensträger des Auslandes (ausländische Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen usw.) auch den Schutz überindividueller (Markt-)Interessen (Kreditwirtschaft, Versicherungswirtschaft usw.) gewährleisten, soweit diese im EU-Ausland loziert sind. Jedenfalls wenn und soweit die rechtliche Garantie dieser Interessen zwecks Gewährleistung des freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs (usw.) sekundärrechtlich EG-weit harmonisiert ist, wird eine solche Ausdehnung des Strafrechtsschutzes aufgrund einer unionsfreundlichen Auslegung hier befürwortet (Tiedemann LK § 265 Rdn. 40, § 265b Rdn. 116 gegen OLG Stuttgart NStZ 1993 545; zust. Werle/Jeßberger LK Rdn. 309 Vor § 3). – Weiter stellt sich für eine unionsrechtskonforme Auslegung des Täuschungsbegriffs das Problem des Schutzes sorgloser und leichtsinniger Opfer. Satzger (in S/S/W § 263 Rdn. 67 f) will „im Anwendungsbereich des EG-Vertrags“ (jetzt AEUV) das europarechtliche Verbraucherleitbild anwenden (dazu oben Rdn. 40).

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3. Die allgemeine Pflicht zur Unionstreue wird durch Art. 325 AEUV („Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der EG“) in Absatz 2 konkretisiert, da die Mitgliedstaaten durch diese Vertragsbestimmung zur Assimilierung der Finanzinteressen der EU, nämlich zur Gewährung des gleichen Strafschutzes wie für nationale Finanzinteressen (nicht nur gegen Betrug, sondern auch gegen „Betrügereien“, vgl. oben Rdn. 2) verpflichtet werden. Der Vorschrift liegt das berühmte Mais-Urteil des EuGH (Slg. 1989 2965 ff mit Anm. Tiedemann EuZW 1990 99) zugrunde, das aus der Pflicht der Mitgliedstaaten zur „Gemeinschaftstreue“ ihre Verpflichtung zur strafrechtlichen Assimilierung der EU- mit den nationalen Finanzinteressen ableitete (vgl. nur Tiedemann NJW 1993 23 f). Diese Verpflichtung richtet sich zunächst an den Gesetzgeber, der die erforderliche strafrecht-

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recht durch nationale Blankettstrafgesetzgebung? (1998). EuGH Slg. 1984 1891, 1909 und 1921, 1942; 1990 I 4135, 4159; Dannecker aaO S. 84 und JZ 1996 869, 873; Sieber aaO S. 352 f, je m.w.N.; Tiedemann Wirtschafts-

strafrecht AT Rdn. 82 und BT Rdn. 23 mit Beispielen; ausführlich Böse S. 49 ff, 92 ff, Hecker Europ. Strafrecht § 10 und Satzger Internat. und Europ. Strafrecht § 8, 97 ff sowie bereits Europäisierung S. 518 ff.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

liche Gleichstellung der EU-rechtlichen Subventionen mit nationalen Subventionen durch die Assimilierungsklausel des § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 vorgenommen hat (vgl. auch § 6 Nr. 8). Soweit es um andere Leistungen als Subventionen (z.B. in Austauschverträgen mit der 101 öffentlichen Hand) geht und diese nach ganz h.M. strafrechtlich durch § 263 geschützt werden (vgl. § 263 Rdn. 183 ff), ergibt sich aus Art. 325 aber auch die Verpflichtung des Strafrichters, den Vermögensbegriff des § 263 so auszulegen, dass er das Finanzvermögen der EU einschließt (Rdn. 42).138 Die in Rdn. 100 genannte an den Gesetzgeber gerichtete Assimilierungsverpflichtung wird also regelmäßig nur insoweit relevant, als die Begriffe deutscher Betrugsstraftatbestände eine Assimilierung nicht bereits im Wege der Auslegung zulassen. Dies ist aber gerade für das Finanzvermögen der EU der Fall: Wenn § 263 entgegen der Tendenz des internationalen Strafrechts zur Schutzlosstellung ausländischer hoheitlicher Abgaben (Steuern, Zölle usw.)139 zumindest das Fiskalvermögen ausländischer Personen des öffentlichen Rechts nach Art eines Individualrechtsgutes schützt (§ 263 Rdn. 331), muss ein solcher Schutz auch der EU zugestanden werden. Eine echte Harmonisierung der europäischen Betrugstatbestände, soweit sie den 102 Schutz der Finanzinteressen der EU betreffen, bezweckt demgegenüber das völkerrechtliche, auf Art. K. 3 (II lit. c) EUV a.F. gestützte, bereits Rdn. 95 genannte Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 1995.140 Es ist nach Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten am 17.10.2002 in Kraft getreten (zum Inhalt Werle/Jeßberger LK Rdn. 190 ff Vor § 3). Jedoch bedurfte das Übereinkommen nach Art. 1 Abs. 2 der Umsetzung in nationales Strafrecht; auch nach seiner Annahme durch die Mitgliedstaaten hatten die Regelungen des Übereinkommens daher noch keine unmittelbare Geltung (Gröblinghoff S. 156). In der Bundesrepublik Deutschland ist die Umsetzung durch das „EG-Finanzschutzgesetz“ (EGFinSchG) von 1998 erfolgt.141 Die Neufassung des § 264 (dazu näher Tiedemann LK Rdn. 14 ff) geht noch über die oben Rdn. 100 genannte Gleichstellungsverpflichtung und die in Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens enthaltene Umsetzungsverpflichtung hinaus, da durch Absatz 7 auch andere EU-Subventionen als solche, die der Wirtschaftsförderung dienen, der strengen Regelung des § 264 unterworfen werden. In zahlreichen anderen Fragen ist die Umsetzung dagegen nicht hinreichend vorgenommen worden (vgl. im Einzelnen Tiedemann aaO). Die in dem Übereinkommen vorgesehene Betrugsdefinition (Art. 1 Abs. 1 lit. a; dazu 103 bereits Rdn. 95) enthält in gewisser Weise – bezogen auf den Finanzschutz der EU – das Grundmodell eines europäischen Betrugstatbestandes. Dieses Modell besteht aus einer Täuschungshandlung, die zur Erlangung eines unrechtmäßigen Vermögensvorteils führen muss (vgl. bereits Rdn. 95). Von „Mindestvorgaben“ oder „Mindeststandards“ zu sprechen (so Satzger Internat. und Europ. Strafrecht § 8, 56; Zieschang EuZW 1997 79 m.w.N.), ist missverständlich, weil das Übereinkommen nicht verbietet, geringere nationale Anforderungen an die Strafbarkeit wegen Betruges zum Nachteil der EU zu stellen,

138

139

So insbes. und zutreffend Berger S. 51 ff sowie Prieß/Spitzer EuZW 1994 298; im Ergebnis ebenso Stoffers EuZW 1994 304, 308; Tiedemann NJW 1990 2226 f und 1993 23 f; Zieschang EuZW 1997 79; Zuleeg JZ 1992 761, 762 f; aA Weigend ZStW 105 (1993) 780 mit Fn. 23. Zusammenfassend dazu Tiedemann

140 141

Multinationale Unternehmen und Steuerdelinquenz, in Institute of Comparative Law, Waseda University (Hrsg.), Recht in Ost und West (Tokio 1988) S. 927, 934 ff mit Nachw. ABlEG Nr. C 316/48 ff vom 27.11.1995. Dazu Hecker Europ. Strafrecht § 14, 24 ff. BGBl II S. 2322 ff.

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z.B. mit nordischen Rechtsordnungen auf ein Täuschungserfordernis zu verzichten (vgl. oben Rdn. 81 ff). Im Gegenteil ist nur eine nationale Verschärfung der Strafbarkeitsvoraussetzungen untersagt, so dass etwa eine Qualifizierung der Täuschungshandlung (nach französischem Vorbild) ebenso unzulässig ist wie die Einführung eines Irrtums-, Schadens- oder Absichtserfordernisses (entsprechend deutschem Betrugsverständnis). Die Harmonisierung von Sondertatbeständen des Betruges auf der Grundlage von 104 Art. 31 lit. e EUV sollte zunächst durch einen „Rahmenbeschluss“ des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten (Art. 34 Abs. 2 lit. b EUV n.F.) mittels Schaffung eines Strafrechtsschutzes gegen betrügerisches oder unfaires Wettbewerbsverhalten bei Erlangung öffentlicher Aufträge auf dem Gemeinsamen Markt eingeleitet werden. Der Entwurf eines Rahmenbeschlusses vom 29.3.1999142 stützte sich auf eine weite Auslegung des Begriffs der „Organisierten Kriminalität“ (Art. 31 lit. e EUV) und sah eine effektive, verhältnismäßige und abschreckende Bestrafung (einschließlich Freiheitsstrafe jedenfalls in schweren Fällen, Art. 3) von Tätern (sowie Anstiftern und Gehilfen) vor, die für ein Unternehmen ein Angebot zwecks Erlangung eines öffentlichen Auftrages abgeben, wenn dabei verschwiegen wird, dass das Angebot auf einer rechtswidrigen Abstimmung zwischen Unternehmen beruht; dem Verheimlichen gleichgestellt wurden Bestechungs- und andere kollusive Akte gegenüber und im Zusammenwirken mit Angestellten der Vergabestelle (Art. 2). Der Entwurf wurde nicht verwirklicht (Tiedemann LK Entstehungsgeschichte Vor § 298). – Allgemein sah Art. 29 EUV ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten zur „Verhütung und Bekämpfung der – organisierten und nichtorganisierten – Kriminalität“ vor, wobei als Formen der zu bekämpfenden Kriminalität u.a. „Bestechung und Bestechlichkeit sowie Betrug“ hervorgehoben wurden. Seit Inkrafttreten des EU-Reformvertrages von Lissabon am 1.12.2009 sieht Art. 325 Abs. 4 AEUV eine Ermächtigung von Europäischen Parlament und Rat zum Erlass einer Verordnung zur Bekämpfung von „Betrügereien“ – also nicht nur von Betrug im eigentlichen Sinn (oben Rdn. 2) – gegen die finanziellen Interessen der EU vor (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 22 mit Nachw.; auch Hecker Europ. Strafrecht § 14, 47; zurückhaltend aber Heger ZIS 2009 416). Durch Erlass einer solchen Verordnung wird partielles supranationales Strafrecht entstehen (Rosenau ZIS 2008 16), das „unmittelbar in jedem Mitgliedstaat“ gilt und – ähnlich dem US-Bundesstrafrecht – neben bzw. über dem nationalen Strafrecht steht. Ferner ist eine Harmonisierung der nationalen Strafrechtsordnungen in Bezug auf EU-Betrügereien durch Europäische Richtlinien möglich (Satzger Internat. und europ. Strafrecht § 8, 64).

VIII. Reform des Betrugsstrafrechts? 105

1. Neuere amtliche Überlegungen oder Vorschläge zur Reform des § 263 gibt es nicht. Der E 62 (BTDrucks. IV/650) wollte sich in seinem § 252 auf eine gesetzliche Festschreibung der gängigen Auslegung beschränken, nämlich die umständliche Umschreibung der Täuschungshandlung im geltenden § 263 durch die Formulierung „Täuschung über Tatsachen“ ersetzen und außerdem das Erfordernis einer Vermögensverfügung ausdrücklich klarstellen. Die Begründung (aaO S. 423) hob hervor: „Der Entwurf möchte am Tatbestand des Betruges, wie er in einer langjährigen Rechtsprechung zu § 263 StGB entwickelt worden ist, nichts ändern.“ Dazu eingehend Naucke S. 220 ff. Die Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist bei ihren in den 142

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Ratsdokument 6946/99.

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Vorbemerkungen Vor § 263

Vor § 263

70er Jahren erarbeiteten Reformvorschlägen, die u.a. zum 1. und 2. WiKG geführt haben, ebenfalls davon ausgegangen, dass der Betrugstatbestand wegen der nicht absehbaren Folgen seiner gesetzgeberischen Veränderung unangetastet bleiben und durch Sondertatbestände ergänzt werden sollte, soweit es um theoretische Lücken und/oder praktische Mängel des § 263 ging. Eine neue Systematisierung der §§ 263 ff ist vom Reformgesetzgeber bewusst offengelassen worden (BTDrucks. 10/318 S. 12; Tiedemann JZ 1986 865, 868). 2. Der Alternativ-Entwurf (AE) eines Strafgesetzbuches (Besonderer Teil, Straftaten 106 gegen die Wirtschaft, 1977) verzichtete aus verschiedenen Gründen auf Vorschläge zu einer umfassenden Neugestaltung der Vermögensstraftatbestände und legte nur ein Konzept zur Neugestaltung und Systematisierung des Wirtschaftsstrafrechts vor (zust. neben Tiedemann aaO z.B. Weinmann FS Pfeiffer S. 87, 93). Dabei ging die Zielsetzung dahin, durch Schaffung von Sondertatbeständen die globalen und von der Rechtsprechung immer weiter ausgedehnten Tatbestände des Betruges und der Untreue von zweifelhaften Konstruktionen (dazu Fischer § 263 Rdn. 4) zu entlasten und damit im Ergebnis einzuschränken (vgl. Vorwort S. 3). Im Schrifttum sind mit ähnlicher Tendenz ebenfalls die Einschränkung des Betrugstatbestandes (z.B. bei der bloßen Vermögensgefährdung) und die Schaffung einzelner Sondertatbestände des Betruges (z.B. zur Erfassung des Betruges durch Vertragsschluss143, vgl. § 178 AE) vorgeschlagen worden. – Diese Zielsetzung einer Entlastung des Betrugstatbestandes von zahlreichen (oft auch im Ausland kritisierten oder nicht vorhandenen) Ausweitungen ist von der amtlichen Reform nicht aufgegriffen worden. Dagegen wurden die systematisch umfassenden Vorschläge von Sondertatbeständen des Betruges (und der Untreue) seitens der oben Rdn. 105 genannten Sachverständigenkommission vom Gesetzgeber überwiegend, wenn auch teilweise nur zögernd (zuletzt im Jahre 1997: § 298!) verwirklicht.144 Das kriminalpolitische Ziel einer Beschränkung des Betrugstatbestandes auf seinen „harten Kern“ als Vermögensverschiebungsdelikt ist daher vom Gesetzgeber nicht erreicht worden und wird von ihm derzeit auch nicht angestrebt. Es wird auch von der Rechtsprechung zum geltenden Recht nicht verfolgt. Eine internationale Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern unter Leitung von Arroyo Zapatero hat 2006 den Vorschlag eines EU-einheitlichen Betrugsmodells vorgelegt, das im Anschluss an das spanische Strafrecht Eignung der Täuschung zur Verursachung eines „erheblichen“ Irrtums beim Opfer verlangt und für kaufmännischen Betrug grobe Fahrlässigkeit genügen lassen will (Tiedemann FS Otto S. 1058). In teilweiser Fortführung dieses Vorschlages, aber unter Beschränkung auf vorsätzliche Begehung und auf nicht-öffentliches Vermögen plädiert neuestens Nieto (FS Tiedemann, Lima 2011, 559 ff, 562 f) für einen auf Art. 83 Abs. 2 AEUV zu stützenden, EU-weit harmonisierten Betrugstatbestand, der die (Eignung der) Täuschung (zur Irrtumserregung) bei Konkludenz entsprechend der englischen Lehre vom „implied statement“ auf Verhaltensweisen mit tatsächlichem (Verkehrs-)Erklärungswert und bei Unterlassung auf Vertrauensbeziehungen begrenzen will; zur Ergänzung und Lückenschließung für spezielle Wirtschaftsbereiche wird auf die „Euro-Delikte“ der internationalen Arbeitsgruppe von Tiedemann (Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union, 2002, 463 ff) verwiesen, an der Nieto mitgewirkt hat.

143

Bohnenberger S. 75 ff; Franzheim/Krug GA 1975 97 ff; vgl. auch Tiedemann ZRP 1970 259. AE §178 ist abgedruckt auch bei Bohnenberger S. 105 (m.w.N.).

144

Gesamtübersicht bei Weinmann FS Pfeiffer S. 87 ff.

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3. Der jüngste offiziöse Reformimpuls geht von dem Corpus Juris zum Schutz der finanziellen Interessen der EG aus. Der 1997 als Vorentwurf und 2000 als Entwurf vorgelegte Vorschlag wurde im Auftrag des Europäischen Parlaments erarbeitet, beschränkt sich aber – ähnlich wie der AE 1977 – auf Sondertatbestände des Betruges (und zusätzliche Tatbestände des Vermögens- und Wirtschaftsstrafrechts sowie des Amtsträgerstrafrechts).145 Der Bezug auf EU-Finanzinteressen grenzt die Reichweite dieses Modells weiter ein. Seine Realisierung ist derzeit offen. Diese könnte insbesondere im Wege einer gemeinsamen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates nach Art. 325 Abs. 4 AEUV (Rdn. 104) erfolgen, aber auch den Umweg über eine (umsetzungsbedürftige) Europäische Richtlinie nehmen (Rdn. 104). Als betrugsähnliche Verhaltensweise kommt vor allem auch die von Art. 2 Corpus Juris definierte Manipulation von EUrechtlichen Ausschreibungen (vgl. Rdn. 104) in Betracht, während die Einbeziehung von Amtsträgerkorruption, Verletzung von Dienstgeheimnissen usw. eher zweifelhaft ist (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 46).

§ 263 Betrug (1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, 2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, 3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, 4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder 5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat. (4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend. (5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht. 145

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Dazu die Beiträge in Huber (Hrsg.) sowie (krit.) Braum JZ 2000 493; Hassemer/ Kaiafa-Gandhi/Manoledakis KritV 1999 131, 162, 181; Prittwitz ZStW 113 (2001) 774; Rasner Erforderlichkeit, Legitimität

und Umsetzbarkeit des Corpus Juris Florenz (2005); Wattenberg StV 2000 95. Weitere Nachw. bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 70.

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(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1). (7) Die §§ 43a und 73d sind anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat. § 73d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt.

Schrifttum* Siehe zunächst die Angaben Vor §§ 263 ff und Vor § 263; ferner:

1. Allgemeines Schrifttum Abt Zur Strafbarkeit missbräuchlicher Verfügungen im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (2000); Altenhain Der strafbare Mißbrauch kartengestützter elektronischer Zahlungssysteme, JZ 1997 752; Amelung Unternehmerpfandrecht und Schadensberechnung beim Betrug, NJW 1975 624; Amelung Irrtum und Zweifel des Getäuschten beim Betrug, GA 1977 1; Amelung Der Zweifel als Irrtum (usw.), Festschrift Krey (2010) 1; Arzt Schadensberechnungsprobleme beim Betrug, GS Noll (1984) 169; Arzt Bemerkungen zum Überzeugungsopfer – insbesondere zum Betrug durch Verkauf von Illusionen, Festschrift Hirsch (1999) 431; Arzt Betrug mit bio und öko, Festschrift Lampe (2003) 673; Bachmann Innenprovisionen als Betrug? wistra 1997 253; Backmann Die Abgrenzung des Betrugs von Diebstahl und Unterschlagung (1974); Baumann Betrug durch vom Geschäftspartner nicht verstandene Vertragsformulierung, JZ 1957 367; Baumann Amtsunterschlagung und Betrug, NJW 1961 1141; Baumann Versteigerungsunsitten im Kunsthandel und § 263 StGB, NJW 1971 23; Baumann Zum Ärgernis Submissionsbetrug, Festschrift Oehler (1985) 291; Baumann Endlich strafrechtliche Bekämpfung des Submissionsbetruges, NJW 1992 1661; Beckemper Zivilrechtliche Haftung und strafrechtliche Verantwortlichkeit beim Auftreten als Schein-GmbH, GmbHR 2002 465; Becker Paradigmenwechsel in der Schadensdogmatik (usw.)? HRRS 2009 334; Behm Nichtzahlung des Lohns für „Telefonsex“: Betrug, versuchter Betrug oder Wahndelikt? NStZ 1996 317; Bergmann/Freund Zur Reichweite des Betrugstatbestandes bei rechts- oder sittenwidrigen Geschäften, JR 1988 189; Bilda Teilnahme an den Vollendungs- und Beendigungsakten beim Betrug, MDR 1965 541; Biletzki Die Abgrenzung von Diebstahl und Betrug, JA 1995 857; Bindhardt Die Voraussetzungen der Haftung des Architekten für die Zahlungsfähigkeit des Bauherrn, BauR 1981 326; Binding Eine Revolution in der Rechtsprechung des Reichsgerichts über den Betrug, DJZ 1911 553; Binding Zur Lehre vom Betrug – für und gegen das Reichsgericht, in Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen Bd. I (1915) S. 453; Birnbaum Stichwort „Churning“, wistra 1991 253; Bittner Die Abgrenzung von Diebstahl, Betrug und Unterschlagung, MDR 1970 291; Bittner Der Gewahrsamsbegriff und seine Bedeutung für die Systematik der Vermögensdelikte, Diss. Göttingen 1972; Bittner. Die betrügerische Erlangung von Legitimationspapieren, MDR 1972 1000; Bittner Zur Abgrenzung von Trickdiebstahl, Betrug und Unterschlagung, JuS 1974 156; Bitzilekis Der Tatsachenbegriff im Strafrecht, Festschrift Hirsch (1999) 29; Bockelmann Wandlungen in der Betrugsrechtsprechung des Reichsgerichts, DR 1942 1112; Bockelmann Zum Begriff des Vermögensschadens beim Betrug, JZ 1952 461; Bockelmann Zur Strafbarkeit der Scheinausspielung, NJW 1952 855; Bockelmann Die Behandlung unvollkommener Verbindlichkeiten im Vermögensstrafrecht, Festschrift Mezger (1954) 363; Bockelmann Zur Konkurrenz der Vermögensdelikte, JZ 1960 621; Bockelmann Betrug trotz ausreichender Gläubigersicherung, NJW 1961 145; Bockelmann Betrug verübt durch Schweigen, Festschrift Eb. Schmidt (1961) 437; Bockelmann Kriminelle Gefährdung

* Schrifttum mit Schwerpunkt bei den Sondertatbeständen des Betruges wird bei §§ 263a– 265b angegeben.

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und strafrechtlicher Schutz des Kreditgewerbes, ZStW 79 (1967) 28; Bode Zum Vermögensschaden beim Erschleichen der Zuteilung von Volkswagen-Aktien, NJW 1963 238; Bohnert BAföG und Betrug, NJW 2003 3611; Bommer Grenzen des strafrechtlichen Vermögensschutzes bei rechts- und sittenwidrigen Geschäften (1996); Borchert/Hellmann „Tanken ohne zu zahlen“, NJW 1983 2799; Bosch Zweckverfehlung als Vermögensschaden, JA 2006 492; Bosch Bestrafung privater Insolvenz durch § 263 StGB? wistra 1999 410; Bourseaux Die Schädigung des Volkswohls in den „besonders schweren Fällen“ des Betruges und der Untreue, Diss. Köln 1937; M. Brand Die einheitliche Auslegung des § 263 StGB bei leistungsbefreienden Normen des Zivilrechts, JR 2011 96; C. Brand/Reschke Die Bedeutung der Stoffgleichheit im Rahmen betrügerischer Telefonanrufe, NStZ 2011 379; C. Brand/Vogt Betrug und Wissenszurechnung bei juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts, wistra 2007 408; Brandts Zur Strafbarkeit des Phishing (2010); Bringewat Sozialrechtliche Mitwirkungspflichten und Sozial(leistungs)betrug, NStZ 2011 131; Brocker Das Passieren der Kasse mit „versteckter Ware“, JuS 1994 919; Bröker Strafrechtliche Probleme bei Warenterminund -optionsgeschäften (1989); Broß/Thode Untreue und Betrug am Bau, NStZ 1993 369; Bruns Gilt die Strafrechtsordnung auch für und gegen Verbrecher untereinander? Festschrift Mezger (1954) 335; Bublitz/Gehrmann Probleme des Betrugstatbestandes bei Nichtgeltendmachung von Forderungen, wistra 2004 126; Buchmann et al., „Vertragsfallen“ im Internet, NJW 2009 3189; Budde Der Anstellungsbetrug (2005); Burchardt Täuschung und Rechtswidrigkeit beim Kreditbetrug (1937); Burchardt Vorspiegelung von Tatsachen als Vorbereitungshandlung zum Betrug, JuS 1983 426; J.-D. Busch Zum Kausalzusammenhang zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Betrug, NJW 1960 950; R. Busch Erpressung und Betrug (1922); R. Busch Betrug durch Verschweigen (1934); Charalambakis Die Nichtbezahlung beim Selbstbedienungstanken, MDR 1985 975; Cordier Diebstahl und Betrug im Selbstbedienungsladen, NJW 1961 1340; Coring Betrug oder Hinterziehung bei Erschleichung von Umsatzsteuervergütungen, NJW 1961 1709; Cramer Grenzen des Vermögensschutzes im Strafrecht, JuS 1966 472; Cramer Kausalität und Funktionalität der Täuschungshandlung im Rahmen des Betrugstatbestandes, JZ 1971 415; Dammann/Kutscha Das Verschweigen einer früheren MfS-Tätigkeit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst – ein Pflichtverstoß mit unabsehbaren Konsequenzen? NJ 1999 281; Dästner Straffreiheit für den Prozeßbetrug im automatisierten Mahnverfahren? ZRP 1976 36; Dauberschmidt Betrug durch Verschweigen, Diss. Erlangen 1950; Dencker Zum subjektiven Tatbestand des Betruges, Festschrift Grünwald (1999) 75; Deubner Zum Verhältnis von Abzahlungsbetrug und Unterschlagung, NJW 1962 94; Deumeland Der „Diebstahl“ geistigen Eigentums bei Übersetzungen, ZVglRWiss 81 (1982) 320; Deutscher/Körner Soziale Zweckverfehlung beim Spendenbetrug, JuS 1996 296; Diehl Der Begriff der Vermögensbeschädigung bei § 263 StGB, Diss. Heidelberg 1951; Diekhoff Anstellungsbetrug, DB 1961 1487; Dietrich Die Vermögensbeschädigung beim Betrug (1926); Diller Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen Spesenbetrugs, GmbHR 2006 333; Dittert Verstoß gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz – Straftatbestand? Grundeigentum 1995 1368; Dölling Betrug und Bestechlichkeit durch Entgeltannahme für eine vorgetäuschte Dienstpflichtverletzung? JuS 1981 570; Döpfner Der Restaurierungsbetrug (1989); Duttge Wider die Sonderbehandlung der Amtserschleichung beim Anstellungsbetrug, JR 2002 271; Dylla-Krebs Die falsche Namensangabe – Betrugsproblematik beim sog. Schwarzfahren, NJW 1990 888; Ebel Das Näheverhältnis beim Dreiecksbetrug und bei der Dreieckserpressung, Jura 2008 256; Eckstein Streitfragen aus der Lehre vom strafbaren und straflosen Betruge, GA 58 (1911) 66; Eckstein-Puhl Prozessbetrug im Schiedsverfahren (2005); Eisele Der strafrechtliche Schutz von Erbaussichten durch den Betrugstatbestand (usw.), Festschrift Weber (2004) 271; Eisele Wissenszurechnung im Strafrecht – dargestellt am Strafbestand des Betruges, ZStW 116 (2004) 15; Eisele Zur Strafbarkeit von sog. Kostenfallen im Internet, NStZ 2010 193; Eisemann Grenzen der Scheckkartengarantie, JR 1976 367; Eisenberg Wahrheitspflicht und Prozeßbetrug (§ 263 StGB), Festschrift Salger (1995) 15; Ellscheid Das Problem der bewußten Selbstschädigung beim Betrug, GA 1971 161; Endemann Der sog. Anstellungsbetrug nach geltendem und zukünftigem Recht, Diss. Münster 1963; Endriss Strafbare Werbung beim Vertrieb von Zeitschriften, wistra 1989 90; Endriss Nochmals: Strafbare Werbung beim Vertrieb von Zeitschriften, wistra 1990 335; Engelhard Betrug durch Vorspiegelung gesetzwidriger oder unsittlicher Gegenleistungen, ZStW 33 (1912) 133; Engisch Das Problem der psychischen Kausalität beim Betrug, Festschrift v. Weber (1963) 247; Fahl Vermögensschaden beim Betrug, „Melkmaschinen-Fall“, JA 1995 198; Fahl Prozeßbetrug und „Lagertheorie“, Jura 1996 74; Fahl Konkludentes Täuschen, Festschrift

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Jakobs (2007) 97; Fahl Grundfragen der Täuschung und des Irrtums beim Betrug, Festschrift Herzberg (2008) 729; Falkenberg Lügen. Grundzüge einer Theorie sprachlicher Täuschung (1982); Favilla Betrachtungen zum Unrechtsgehalt des Betruges, Diss. Hamburg 1955; Fichtner Die Börsen- und Depotrechtlichen Strafvorschriften und ihr Verhältnis zu den Eigentums- und Vermögensdelikten des StGB (1993); Fischer Betrug auf dem Schwarzen Markt (1948); Fleischer Die strafrechtliche Beurteilung provozierter Autounfälle, NJW 1976 878; Florstedt Grundsätze der Unternehmensbewertung im Strafrecht, wistra 2007 441; Fock/Gerhold Zum Dreiecksbetrug bei Forderungen, JA 2010 511; Foth Betrug und illegales Rechtsgeschäft, GA 1966 33; Franzheim Probleme des Beitragsbetruges im Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassung, wistra 1987 312; Franzheim Zur Strafbarkeit des Komplizen- und Dirnenlohnbetruges, GA 1960 269; Franzheim/Krug Betrug durch Erschleichen von Unterschriften, GA 1975 97; Freund/Bergmann Betrügerische Schädigung des Auftraggebers eines Mordes? JR 1991 357; Friedrich Die Vermögensbeschädigung als Merkmal des Betrugstatbestandes, § 263 RStGB, Diss. Marburg 1927; Friker Strafbarkeit wegen Betruges bei Abgabe von zu diesem Zweck entwendeten Ausstattungsgegenständen auf der Bekleidungskammer, NZWehrR 1965 124; Frisch Funktion und Inhalt des „Irrtums“ im Betrugstatbestand, Festschrift Bockelmann (1979) 647; Frisch Konkludentes Täuschen, Festschrift Jakobs (2007) 97; Frisch Grundfragen der Täuschung und des Irrtums beim Betrug, Festschrift Herzberg (2008) 729; Frommel Kein Betrug zum Nachteil von Prostituierten, Streit 1988 35; Fuchs Strafrechtliche Probleme bei der Erfassung des mißbräuchlichen Umgangs mit Sozialleistungen und Renten, JurBüro 1988 1617; Füllkrug Zur Betrugsstrafbarkeit beim Handel mit Optionen auf Warentermingeschäfte, Kriminalistik 1985 267; Gading Zur strafrechtlichen Beurteilung des Verschweigens früherer MfS-Tätigkeit bei Einstellung in den öffentlichen Dienst, NJ 1996 297; Gaede Die objektive Täuschungseignung als Ausprägung der objektiven Zurechnung beim Betrug, Festschrift Roxin (2011) 967; Gallandi Straftaten von Bankverantwortlichen und Anlegerschutz, wistra 1989 125; Gallandi Straftaten beim Immobilienvertrieb, wistra 1992 289, 333; Gallandi Schadensberechnung beim Immobilienbetrug, wistra 1994 243; Gallandi Innenprovisionen als Betrug, wistra 1996 323; Gallas Zur Frage nach dem Verletzten beim Betrugsdelikt, ZAkDR 1940 246; Ganske Prozeßbetrug und Adäquanz (1931); Garbe Rechnungsähnliche Vertragsofferten als strafbarer Betrug, NJW 1999 2868; Gauger Die Dogmatik der konkludenten Täuschung (2001); D. Geerds Schadensprobleme beim Betrug, Jura 1994 309; F. Geerds Über das Erschleichen von Informationen für publizistische Zwecke, JR 1982 183; F. Geerds Banken als Opfer von Kreditbetrügereien, FLF 1988 95; F. Geerds Baubetrug, NStZ 1991 57; Geiger Zur Abgrenzung von Diebstahl und Betrug, JuS 1992 834; Gemmer Tendenzen zur Erweiterung des Vermögensbegriffs beim Betrug, Diss. Mainz 1964; Geppert Die Abgrenzung von Betrug und Diebstahl, insbesondere in den Fällen des sog. „Dreiecks-Betruges“, JuS 1977 69; Geppert Zur Strafbarkeit des Anstellungsbetruges, insbesondere bei Erschleichung einer Amtsstellung, Festschrift Hirsch (1999) 525; Gercke Die Strafbarkeit von „Phishing“ und Identitätsdiebstahl, CR 2005 606; Gerhold Zweckverfehlung und Vermögensschaden (1988); Giehring Prozeßbetrug im Versäumnis- und Mahnverfahren – zugleich ein Beitrag zur Auslegung des Irrtumsbegriffs in § 263 StGB, GA 1973 1; Giese Untersuchungen zur sprachlichen Täuschung (1992); Göbel Die strafrechtliche Bekämpfung der unseriösen Geschäftstätigkeit (2007); Goeckenjahn Gefälschte Banküberweisung: Betrug, Computerbetrug oder Ausnutzung einer Strafbarkeitslücke? JA 2006 758; Goeckenjahn Phishing von Zugangsdaten für Online-Bankdienste, wistra 2008 128; Goedel Prozeßbetrug, JW 1937 1760; Gössel Vom Scheckbetrug zum Scheckkartenbetrug? MDR 1973 177; Gössel Über die Bedeutung des Irrtums im Strafrecht (1974); Goldschmidt Beiträge zur Lehre vom Kreditbetruge, ZStW 48 (1928) 149; Grabow Der Vermögenslose als untaugliches Tatsubjekt, NStZ 2010 371; Graul Können auch Erfahrungssätze und Rechtssätze Tatsachen i.S.d. § 263 StGB sein? JZ 1995 595; Graul Wider die Zweckverfehlungslehre beim Vermögensschaden, Festschrift Brandner (1996) 801; Gribbohm Bettelei als Betrug, Zeitschriftenwerbung als Bettelei? MDR 1962 950; Gribbohm Zur Abgrenzung des Diebstahls vom Betrug, JuS 1964 233; Gribbohm Gewahrsamsbruch und guter Glaube, NJW 1967 1897; Gröseling Betrugsstrafbarkeit bei rechts- und sittenwidrigen Rechtsgeschäften, NStZ 2001 515; H. Gross Der Raritätenbetrug (Neudruck 2007); K.-H. Gross Betrug ohne Irrtum? NJW 1973 600; Grünhut Zur Lehre vom Prozeßbetrug, Rhein. Zeitschr. f. Zivilprozeßrecht 13 (1924) 127; Grünhut Der strafrechtliche Schutz wirtschaftlicher Interessen, in Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben Bd. V (1929) S. 116; Gundlach Bereicherungsabsicht und mittelbare Täterschaft beim Betrug, MDR 1981 194; Günther Zur Kombination von Täuschung und Drohung bei Betrug und

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Erpressung, ZStW 88 (1976) 960; Günther Wahlfeststellung zwischen Betrug und Unterschlagung? JZ 1976 665; Gutmann Der Vermögensschaden beim Betrug im Licht der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung, MDR 1963 3, 91; Haas Der Sachbetrug im Dreiecksverhältnis, GA 1990 201; Haas Vereiteln der Zwangsvollstreckung durch Betrug und Unterschlagung, GA 1996 117; Hadamitzky/Richter Strafbarkeit beim Mißbrauch des Lastschriftverfahrens, wistra 2004 95; Hagemann Grauer Kapitalmarkt und Strafrecht (2005); Haffke Mitgewahrsam, Gewahrsamsgehilfenschaft und Unterschlagung, GA 1972 225; Haft Die Lehre vom bedingten Vorsatz unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlichen Betrugs, ZStW 88 (1976) 365; Hall Der unrealistische Dieb und der poetische Betrüger, Festschrift Engisch (1969) 561; Hamm Über Betrug gegen den Prozeßgegner durch Täuschung des Richters, DJZ 1908 1021; Hanisch Die ignorantia facti im Betrugstatbestand (2007); Hannich/Röhm Die Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Betrugs- und Untreuestrafrecht, NJW 2004 2061; Hansen Die subjektive Seite der Vermögensverfügung beim Betrug, MDR 1975 533; Hansen Der objektive Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB) – viergliedrig oder dreigliedrig? Jura 1990 510; Hansen Strafbarkeit des Phishing nach Internetbanking-Legitimationsdaten (2007); Harbort Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug (2010); Hardwig Beiträge zur Lehre vom Betruge, GA 1956 6; D. Hartmann Die Vermögensverfügung bei Personenverschiedenheit des Getäuschten und Geschädigten (§ 263 StGB), Diss. Münster 1972; W. Hartmann Das Problem der Zweckverfehlung beim Betrug (1988); Hauf Dreiecksbetrug, JA 1995 458; Hauf Einheit der Rechtsordnung: die Garantenstellung im Betrug und im allgemeinen Schuldrecht, MDR 1995 21; Haupt Der Vermögensschaden beim Anstellungsbetrug, NJW 1958 938; Hecker Betrügerische Schädigung des Auftraggebers eines Mordes? – KG, NJW 2001, 86, JuS 2001 228; Hefendehl Ist ein Verfügen über das Guthaben nach bankinterner Fehlbuchung strafbar? NStZ 2001 281; Hefendehl Vermögensgefährdung und Exspektanzen (1994); Heghmanns Strafbarkeit des „Phishing“ von Bankkontendaten und ihrer Verwertung, wistra 2007 167; Heid/Müller Noch einmal: Betrug durch Geltendmachung von Ehemaklerlohn? JuS 1982 22; Heinrich Die Arbeitsleistung als betrugsrelevanter Vermögensbestandteil, GA 1997 24; Hellmann Die Strafbarkeit des Vermieters wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung, JA 1988 73; Hellmann Zur Strafbarkeit der Entwendung von Pfandleergut und der Rückgabe dieses Leerguts unter Verwendung eines Automaten, JuS 2001 353; Herdemerten Betrug oder Hinterziehung bei Erschleichung von Umsatzsteuervergütungen, NJW 1962 781; Herzberg Funktionale Beziehung zwischen Täuschung und Vermögensschaden beim Betrug, JuS 1971 516; Herzberg Bewußte Selbstschädigung beim Betrug, MDR 1972 93; Herzberg Eingehungsbetrug und Vorteilsabsicht beim Erschleichen von Warenlieferungen zur Belästigung Dritter, JuS 1972 185; Herzberg Konkurrenzverhältnis zwischen Betrug und Erpressung, JuS 1972 570; Herzberg Betrug und Diebstahl durch listige Sachverschaffung, ZStW 89 (1977) 367; Herzberg Funktion und Bedeutung des Merkmals „Irrtum“ in § 263 StGB, GA 1977 289; Herzberg Zivilrechtliche Verschiebungen zur Schließung von Strafbarkeitslücken? NJW 1984 896; Hey Wertdifferenzgeschäfte – Eine neue Form des Anlagebetruges, Kriminalistik 1997 480; Hildner Aspekte des Anlagebetruges im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, WM 2004 1068; Hilgendorf Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht (1998); Hilgendorf Zweckverfehlung und Vermögensschaden beim Betrug, JuS 1994 466; Hilgendorf Betrug im Internet, in Asada et al. (Hrsg.), Das Recht vor den Herausforderungen neuer Technologien (2005) S. 141; Hillenkamp Der „Einkauf“ verdeckter Ware: Diebstahl oder Betrug? JuS 1997 217; Hoffmann Täuschung trotz Erklärung der Wahrheit im Betrugsstrafrecht, GA 2003 610; Hölzenbein Das Verhältnis der Unterschlagung zu Aneignungs- und Vermögensdelikten unter Berücksichtigung des kommenden Rechts, Diss. Mainz 1966; Hommel Betrug durch Verpfändung einer unterschlagenen Sache? DRiZ 1963 303; Hoppenz Die dogmatische Struktur des Betrugstatbestands, dargestellt anhand der Fälle der Erschleichung von Aktien im Rahmen der Privatisierung von Bundesvermögen, Diss. Freiburg 1968; Hoyer Testaments- und Erbfallerschleichung als Betrug, Festschrift Schroeder (2006) 497; Hruschka Diebstahl oder Betrug im Selbstbedienungsladen? NJW 1960 1189; Idler Zwecksverfehlung und Vermögensschaden bei Subventionsvergabe, JuS 2007 904; Jahn Zur Strafbarkeit von Manipulationen des Handels an der Strombörse EEX in Leipzig, ZNER 2008 297; Jakobs Die objektiv-individuelle Schadensermittlung beim Betrug, JuS 1977 228; Jänicke Gerichtliche Entscheidungen als Vermögensverfügung im Sinne des Betrugstatbestandes (2001); Jecht „Überhöhte“ Preisforderung und Betrugstatbestand, GA 1963 41; Jerouschek Strafrechtliche Aspekte des Wissenschaftsbetruges, GA 1999 416; Jerouschek/Koch Zur Neubegründung des Vermögensschadens bei „Amtserschleichung“,

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GA 2001 273; Joerden „Mieterrücken“ im Hotel, JuS 1985 20; Jordan Untreue und Betrug durch Zweckverfehlung, JR 2000 133; Jünemann Erberschleichung als Betrug? NStZ 1998 393; A. Jung Der Sanierungskredit aus strafrechtlicher Sicht (2005); Just-Dahlmann Stellt Zeitschriftenwerbung unter der unwahren Behauptung, der Werber sei Student oder Waisenkind, einen Betrug dar? MDR 1960 270; Kargl Die Tatbehandlung beim Betrug, Festschrift Lüderssen (2002) 613; Kargl Die Bedeutung der Entsprechensformel beim Betrug durch Schweigen ZStW 119 (2007) 250; Kargl Offenbarungspflicht und Vermögensschaden beim Anstellungsbetrug, wistra 2008 121; Kasiske Die konkludente Täuschung bei § 263 StGB zwischen Informationsrisiko und Informationsherrschaft, GA 2009 360; Kaiser Betrug durch bewußtes Ausnutzen von Fehlern beim Geldwechseln, NJW 1971 601; Kaligin Strafrechtliche Risiken bei der Konzipierung und beim Vertrieb von steuerbegünstigten Kapitalanlagen, WPg 1985 194; Keunecke Prozeßbetrug (1940); Kindhäuser Betrug als vertypte mittelbare Täterschaft, Festschrift Bemmann (1997) 339; Kindhäuser Zum Vermögensschaden beim Betrug, Festschrift Lüderssen (2002) 635; Kindhäuser Zur Vermögensverschiebung beim Betrug, Festschrift Dahs (2005) 65; Kindhäuser Zum strafrechtlichen Schutz strafbar erworbenen Vermögens, Gedächtnisschrift Heinze (2005) 447; Kindhäuser Konkludentes Täuschen, Festschrift Tiedemann (2008) 579; Kindhäuser/Nikolaus Der Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB), JuS 2006 193, 293; Kinne Miet- und strafrechtliche Probleme bei Preisnachlässen auf Betriebskosten, Das Grundeigentum 1999 481; Klauser Zur Kausalität beim Betrug, NJW 1959 2245; Klauser Nochmals: Zur Kausalität beim Betrug NJW 1960 952; Klawitter Die Grenzen des Betruges durch Unterlassen (1993); Klee Ist die Lieferung untauglicher Abtreibungsmittel Betrug? DStR 1941 46; Klein Das Verhältnis von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug (2003); Knauth Die Verwendung einer nicht gedeckten Kreditkarte als Straftat, NJW 1983 1287; H.-J. Koch Betrug und konkurrierende Straftaten bei Veräußerung gesetzwidriger Weine, NJW 1960 277; H.-J. Koch Zwangsvollstreckung durch Strafanzeige, MDR 1964 650; K. Koch Betrug durch Warentermingeschäfte, JZ 1980 704; König BAföG-Betrug, JA 2004 497; Koffka Der Prozeßbetrug unter Berücksichtigung der neuen Zivilprozeßordnung, ZStW 54 (1935) 45; Kohler Über den Begriff der Erpressung, GA 56 (1909) 190; Kohler Zweifelhafte Betrugsfälle, GA 60 (1913) 261; Kohlhaas Der Betrug in der Versicherung, VersR 1965 1; Kösch Der Status des Merkmals „rechtwidrig“ in Zuneigungsabsicht und Bereicherungsabsicht (1999); Kraatz Versuchter Prozessbetrug in mittelbarer Täterschaft, Jura 2007 531; Krack Sind Bestellungen zu Belästigungszwecken eine Betrugskonstellation? Festschrift Puppe (2011) 1205; Krack/Radtke Der Dreiecksbetrug oder die Fragwürdigkeit der „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“, JuS 1995 17; Kreft Zur Problematik des „Äquivalenzbetruges“, DRiZ 1970 58; Krehl Mißbräuchlich gestellter Asylantrag als Ansatzpunkt strafrechtlicher Verfolgung? NJW 1991 1397; Kretschmer Strafbares Erstreiten und Vollstrecken von Titeln, GA 2004 458; Krüger Zum „großen Ausmaß“ in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB, wistra 2005 247; Kühl Zum Verjährungsbeginn bei Anstellungs- und Rentenbetrug, JZ 1978 549; Kühl Umfang und Grenzen des strafrechtlichen Vermögensschutzes, JuS 1989 505; Kudlich Katzenkönig & Co. – Übersinnliches vor den Strafgerichten, JZ 2004 72; Kudlich Telefonsex und Betrug, JuS 1997 768; Küper Der sog. Erfüllungsbetrug (usw.), Festschrift Tiedemann (2008) 617; Küper Drohung und Warnung, GA 2006 439; Küper/Bode Subjektiver Schadenseinschlag und Zweckverfehlung beim Betrug, JuS 1992 642; Labsch Grundprobleme des Mißbrauchstatbestands der Untreue, Jura 1987 343; Lackner Vermögen und Vermögensbeschädigung in der Betrugstheorie des Reichsgerichts, Diss. Bonn 1946; Lackner/Imo Zum Vermögensschaden bei betrügerischen Manipulationen mit Warenterminoptionen, MDR 1983 969; Lampe Der strafrechtliche Schutz der Arbeitskraft, Festschrift Maurach (1972) 375; Lampe Strafrechtliche Aspekte der „Unterschriftserschleichung“ durch Provisionsvertreter, NJW 1978 679; Lampe Der Kreditbetrug (§§ 263, 265b StGB) (1980); Lampe Falsches Glück, JuS 1994 737; Lang et al. Regelbeispiel für besonders schweren Fall des Betrugs (usw.), NStZ 2004 528; Lausen Strafrechtliche Risiken bei der Forderungsbeitreibung, wistra 1991 279; Leibrock Die Abgrenzung von Betrug und Diebstahl, Diss. Saarbrücken 1968; Lenckner Der Prozeßbetrug, Diss. Tübingen 1957; Lenckner Vertragswert und Vermögensschaden beim Betrug des Verkäufers, MDR 1961 652; Lenckner Zum Problem des Vermögensschadens (§§ 253, 263 StGB) beim Verlust nichtiger Forderungen, JZ 1967 105; Lenckner Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Vermögensschaden bei Aufnahme eines Darlehens für einen bestimmten Verwendungszweck, NJW 1971 599; Lenckner Vermögensschaden und Vermögensgefährdung beim sog. Eingehungsbetrug, JZ 1971 320; Lenckner/Winkelbauer Strafrechtliche Probleme im modernen Zahlungsverkehr, wistra 1984

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83; Lenzen Schadensersatzansprüche des betrogenen Kommanditisten einer Abschreibungsgesellschaft, BB 1973 1195; Lewisch Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Vermögensschaden beim Betrug, RdW 1990 369; Lieschke Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von InternetApotheken (2007); Lietzmann Das Verhältnis des Betruges zu den Aneignungsdelikten der §§ 242, 246, Diss. Köln 1930; Lindenau Die Betrugsstrafbarkeit des Versicherungsnehmers (2005); Lindner Bereicherungsstreben und Gewinnsucht, MDR 1949 203; Lingens Eigenmächtig abwesend und zugleich Betrüger? NZWehrR 1999 70; Linnemann Zum Näheverhältnis beim Dreiecksbetrug, wistra 1994 167; Loch Der Adressbuch- und Anzeigenschwindel (2008); Locher/Blind Die strafrechtliche Beurteilung von Scheingeboten und Scheinzuschlägen in der Kunstversteigerung, NJW 1971 2290; Löffler Künstlersignatur und Kunstfälschung, NJW 1993 1421; Lohmeyer Das Verhältnis der Steuerhinterziehung zum Betrug, MDR 1969 440; Loos/Krack Betrugsstrafbarkeit bei Versprechen der Teufelsaustreibung, JuS 1995 204; Lorenz Rechtsfolgen der Verletzung der Wahrheitspflicht im Zivilprozeß, JW 1934 875; Louis Die Falschbuchung im Strafrecht (2002); Lüderssen Die Sperrwirkung der fehlenden Vermögensbetreuungspflicht gemäß § 266 StGB für die Bestrafung nach § 263 StGB wegen unterlassener Aufklärung, Festschrift Kohlmann (2003) 177; Luipold Die Bedeutung von Anfechtungs-, Widerrufs-, Rücktritts- und Gewährleistungsrechten für das Schadensmerkmal des Betrugstatbestandes (1998); Maaß Betrug verübt durch Schweigen (1982); Maaß Betrug gegenüber einem Makler, JuS 1984 25; Maaß Die Abgrenzung von Tun und Unterlassen beim Betrug, GA 1984 264; Maiwald Belohnung für eine vorgetäuschte pflichtwidrige Diensthandlung, NJW 1981 2777; Martens Mittelbarer Besitz des Betrügers und Hehlerei, JA 1996 248; de la Mata Zur Diskussion um den funktionalen Eigentums- und Vermögensbegriff im Strafrecht, in Schünemann/Suárez González (Hrsg.), Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts (MadridSymposium für Klaus Tiedemann) (1994) 227; Maurach Die strafrechtliche Beurteilung des unberechtigten Erwerbes von Volkswagen-Aktien, NJW 1961 625; H.-W. Mayer Neue Problemstellungen beim Spendenbetrug, Jura 1992 238; Meister Ein Beitrag zur Abgrenzung der Vermögensdelikte, MDR 1947 251; Merz „Bewusste Selbstschädigung“ und die Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB (1999); Meschkat/Nauert Betrug in der Kraftfahrzeugversicherung (2008); Meurer Betrug als Kehrseite des Ladendiebstahls? JuS 1976 300; Meyer Zum Problem des Vermögensschadens beim sog. „Eingehungsbetrug“, MDR 1971 718; Meyer Schließt das Werkunternehmerpfandrecht beim Betrug einen Vermögensschaden aus? MDR 1975 357; Mezger Vermögensberechnung bei Sachwucher und Betrug, DR 1937 1289; Miehe Die Erschleichung einer Anstellung bei einem privaten Unternehmen, JuS 1980 261; Miehe Unbewußte Verfügungen (1987); Miklos Versteigerungsunsitten im Kunsthandel und § 263 StGB, NJW 1971 650; Milonidis Die Strafbarkeit der Erbschleicherei (2002); Möhlenbruch Strafrechtliche Konsequenzen bei der Entgegennahme von Rentenüberzahlungen? NJW 1988 1894; Mohrbotter Die Stoffgleichheit beim Betrug, Diss. Göttingen 1966; Mohrbotter Rechtswidrigkeit von Zueignung und Bereicherung im Strafrecht, GA 1967 199; Mohrbotter Die Anwartschaften im System des Betrugstatbestandes, GA 1971 321; Mohrbotter Grenzen des Vermögensschutzes beim Betrug, GA 1975 41; Mühlbauer Ablisten und Verwenden von Geldautomatenkarten als Betrug und Computerbetrug, NStZ 2003 650; B. Müller Betrug durch Geltendmachung von Ehemaklerlohn? JuS 1981 255; E. Müller Betrug und Steuerhinterziehung in Vergütungsfällen, NJW 1977 746; R. Müller Der widerrechtliche Bezug von Volkswagen-Aktien, DRiZ 1963 55; Müller-Christmann Problematik des Vermögensschadens beim Betrug im Falle eines vereinbarten Rücktrittsrechts, JuS 1988 108; Müller-Webers Betrug auch bei gutgläubigem Erwerb des Getäuschten? NJW 1954 220; Muñoz Conde Über den sogenannten Kreditbetrug, Festschrift Tiedemann (2008) 677; Müller/Wabnitz Kriminalität oder Grauzone im Gesundheitswesen, NJW 1984 1785; Münker Der Computerbetrug im automatischen Mahnverfahren (2000); Naucke Der Kleinbetrug, Festschrift Lackner (1987) 695; Naucke Ausnutzen einer Fehlbuchung kein Betrug durch Unterlassen, NJW 1994 2809; Nebelung Das Zusammentreffen zwischen Betrug einerseits und Diebstahl, Unterschlagung und Erpressung andererseits, Diss. Berlin 1952; Nestler Churning. Strafbarkeit der Spesenschinderei nach deutschem Recht (2009); Niggli Das Verhältnis von Eigentum, Vermögen und Schaden (1992); Nöcker Finanzierter Abzahlungskauf und Betrugstatbestand, DB 1972 370; Noltenius Quizsendungen von „Neun Live“ und der Tatbestand des Betrugs, wistra 2008, 285; Noltenius Betrug kraft Organisationsherrschaft und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in Steinberg/Valerius/Popp (Hrsg.) Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB (2011) 9; Norouzi Betrugsschaden des Verkäufers trotz Lieferung unter Eigentumsvorbehalt? JuS 2005 786;

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Oehler Liegt beim gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten ein Vermögensschaden im Rahmen des Betruges vor? GA 1956 161; Offermann-Burckart Vermögensverfügungen Dritter im Betrugstatbestand (1994); Oppe Verjährung bei Anstellungs- und Rentenbetrug, NJW 1958 1909; Oppenheimer Der Bagatellbetrug, Diss. Münster 1911; Ordemann Zum Betrug bei Spätwetten, MDR 1962 623; Ottemann Wissenschaftsbetrug und Strafrecht (2006); Otto Zur Abgrenzung von Diebstahl, Betrug und Erpressung bei der deliktischen Verschaffung fremder Sachen, ZStW 79 (1967) 59; Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr und Strafrecht (1978); Otto Die strafrechtliche Bekämpfung unlauterer Einflußnahmen auf öffentliche Versteigerungen durch Scheingebote, NJW 1979 681; Otto Probleme des Kreditbetrugs, des Scheck- und Wechselmißbrauchs, Jura 1983 16; Otto Schadenseintritt und Verjährungsbeginn, Festschrift Lackner (1987) 715; Otto Neue und erneut aktuelle Formen betrügerischer Anlageberatung und ihre strafrechtliche Ahndung, Festschrift Pfeiffer (1988) 69; Otto Strafrechtliche Aspekte der Anlageberatung, WM 1988 729; Otto Vermögensgefährdung, Vermögensschaden und Vermögenswertminderung, Jura 1991 494; Otto Betrug bei rechts- und sittenwidrigen Rechtsgeschäften, Jura 1993 424; Otto Die neue Rechtsprechung zu den Vermögensdelikten – Teil 2, JZ 1993 652; Otto Submissionsbetrug und Vermögensschaden, ZRP 1996 300; Otto Die neue Rechtsprechung zum Betrugstatbestand, Jura 2002 606; Otto Die strafrechtliche Erfassung von Marktmanipulationen im Wertpapierhandel, wistra 2011 401; Papachristou Die strafrechtliche Behandlung von Börsen- und Marktpreismanipulationen (2006); Paschke Der Insertionsoffertenbetrug (2007); Pawlik Betrügerische Täuschung durch die Versendung rechnungsähnlicher Angebotsschreiben? StV 2003 297; Pawlik Täuschung durch Ausnutzung fremder Organisationsmängel? Festschrift Lampe (2003) 689; Peglau Die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB, wistra 2004 7; Peltzer Zur Stoffgleichheit beim Betrug, NJW 1960 1562; Pérez Manzano Die objektive Zurechnung beim Betrug, in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann (1994) 213; Perron Bemerkungen zum Gefährdungsschaden bei der Untreue, Festschrift Tiedemann (2008) 737; Peters Betrug und Steuerhinterziehung trotz Erklärung wahrer Tatsachen (2010); Pieck Der Prozessbetrug im Zivilprozess (1998); Plümacher Schuldnerschutz und Betrug (2006); Popp Strafbarkeit des regelwidrigen Mitbietens bei sog. Internetauktionen? JuS 2005 689; Prinzing Nochmals: Zur Kausalität beim Betrug, NJW 1960 952; Pröll Bettelbetrug und verwandte Fälle, GA Bd. 63 (1917) 411; Pröll Die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils beim strafbaren Betrug, GA 67 (1919) S. 109; Protzen Vermögensschaden durch Verschweigen ehemaliger Tätigkeit für das MfS bei der Überprüfung für eine Weiterbeschäftigung im Staatsdienst, NStZ 1997 925; Protzen Der Vermögensschaden beim sog. Anstellungsbetrug (2000); Puppe Vermögensverfügung und Vermögensschaden bei Eingehung unwirksamer Verbindlichkeiten, MDR 1973 12; Putzo Die irrtümliche Bankgutschrift, JuS 1978 550; Ranft Grundfälle aus dem Bereich der Vermögensdelikte, JA 1984 1, 277, 723; Ranft Grundprobleme des Betrugstatbestandes, Jura 1992 66; Ransiek Asset Backed Securities und Strafrecht, WM 2010 869; Rau/Zieschack Betrug durch mißbräuchliche Inanspruchnahme von BAföG-Leistungen, StV 2004 669; Reese Täuschung und Irrtum beim Betrug, Diss. Kiel 1975; Reitemeyer Täuschungen vor Abschluss von Arbeitsverträgen (2001); Rengier Kündigungs-Betrug des Vermieters durch Tun und Unterlassen bei vorgetäuschtem Eigenbedarf, JuS 1989 802; Rengier Die Unterscheidung von Zwischenzielen und unvermeidlichen Nebenfolgen bei der Betrugsabsicht, JZ 1990 321; Renzikowski Wertungswidersprüche als (straf-)rechtsmethodisches Problem, GA 1992 159; Rettenmaier/Kopf Der unlautere Abschluss und Widerruf von Fernabsatzverträgen – Betrug gem. § 263 Abs. 1 StGB? JR 2007 226; Richter Zum Betrug beim Verschweigen erheblicher Tatsachen gegenüber der Ausgleichsbehörde, SchlHA 1964 159; Riggert Zum Betrug durch konkludente Täuschung und Unterlassen, MDR 1990 203; Rinne Vermögensbegriff im Strafrecht (2008); Risch Kreditvermittlungsbetrug (2000); Rochus Betrügerischer Handel mit Rohstoffoptionen, NJW 1981 736; Roeder Die Lehre vom negativen Betrug, DStR 1940 1; Rönnau Die Verkürzung von Kirchensteuern – ein Betrug ohne Folgen? wistra 1995 47; Rönnau Einrichtung „schwarzer“ (Schmiergeld-) Kassen in der Privatwirtschaft, Festschrift Tiedemann (2008) 713; Rönnau Schadensfiktionen in der Rechtsprechung der Strafgerichte, Festschrift Rissing-van Saan (2011) 517; Rössner/Lachmair Betrug mit Pennystocks, BB 1986 336; Rössner/Weber Warenterminoptionen: Erlaubter Betrug? BB 1979 1049; Rötsch Betrug durch Wegnahme, ZJS 2008 132; Rötsch Der Vermögensverlust großen Ausmaßes bei Betrug und Untreue, ZStW 117 (2005) 577; Roßmüller/Rohrer Diebstahl und Betrug im Selbstbedienungsladen, Jura 1994 469; Rose Betrug bei Warentermingeschäften (usw.), wistra 2009 289; Rotering Aus der Lehre vom Betrug, GS 67 (1906) 186; Roxin Geld als Objekt von

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Eigentums- und Vermögensdelikten, Festschrift H. Mayer (1966) 467; Roxin/Schünemann Der falsche Kommilitone, JuS 1969 372; Rübenstahl/Wasserburg „Haushaltsuntreue“ bei Gewährung von Subventionen, NStZ 2004 521; Rudolphi Das Problem der sozialen Zweckverfehlung beim Spendenbetrug, Festschrift Klug (1983) 315; Runte Straftatsystematische Probleme des „Betruges durch Unterlassen (§§ 263, 13 StGB)“, Jura 1989 128; Sack Das „Hütchenspiel“ – ein eindeutiger Betrug, NJW 1992 2540; Saliger Parteiengesetz und Strafrecht (2005); Saliger Die Normativierung des Schadensbegriffs (usw.), Festschrift Samson (2010) 455; Samson Grundprobleme des Betrugstatbestandes, JA 1978 469, 564, 625; Samson Grundprinzipien des strafrechtlichen Vermögensbegriffes, JA 1989 510; Sandmann Die Strafbarkeit der Kunstfälschung (2004); Sarstedt Betrug durch Amtserschleichung, JR 1952 308; Satzger Probleme des Schadens beim Betrug, Jura 2009 518; Sauckel Betrug beim Handel mit Warenterminoptionen (1991); Helm. Schäfer Die Strafbarkeit des Arbeitgebers bei Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für versicherungspflichtige Arbeitnehmer, wistra 1982 96; Helm. Schäfer Die Selbsttäuschung der Okkulttäter, GA 1956 289; Herb. Schäfer Das betrügerische Erlangen von VW-Aktien, Kriminalistik 1962 385; Herb. Schäfer/Seyler Betrügerische Erlangung von VW-Aktien, GA 1963 338; Schauer Grenzen der Preisgestaltungsfreiheit im Strafrecht (1989); Scheffler Vom Telefonsex, Sittenwidrigkeit und Betrug, JuS 1996 1070; Scheu Zur strafrechtlichen Beurteilung hoher Vermittlungsaufschläge bei Rohstoff-Optionen, MDR 1981 467; Schiwek Die Strafbarkeit der Markenpiraterie (2004); Schlosky-Klee Ist die Lieferung unwirksamer Abtreibungsmittel Betrug? DStR 1941 41; Schlösser Zum Schaden beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts, NStZ 2009 663; Schlüchter Der Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB aus wirtschaftlicher Sicht, MDR 1974 617; Schlüchter Zur unvollkommenen Kongruenz zwischen Kredit- und Scheckkartenmißbrauch, JuS 1984 675; Schmaltz/Kuczera Patentverletzung und Betrug, GRUR 2006 97; Schmidhäuser Der Zusammenhang von Vermögensverfügung und Vermögensschaden beim Betrug, Festschrift Tröndle (1989) 305; F.-R. Schmidt Zum Begriff des Vermögensschadens beim Betrugstatbestand, Diss. Göttingen 1970; U. Schmidt Warentermingeschäfte, Kriminalistik 1981 18; Schmidt-Dohlich Betrug durch Kreditvergabe: Aufklärungspflichten von Banken im Zusammenhang der Finanzierung von Kapitalanlagen im Immobilienbereich (2008); Schmitt Moderne Grenzfälle des Betruges, Polizeiblatt für das Land Baden-Württemberg 1967 177; Schmitt Der Pseudo-Student, JuS 1969 326; Schmitt Nehmen oder Geben, ist das hier die Frage? Festschrift Spendel (1992) 575; Schmoller Betrug bei bewußt unentgeltlichen Leistungen, JZ 1991 117; Schmoller Ermittlung des Betrugsschadens bei Bezahlung eines marktüblichen Preises, ZStW 103 (1991) 92; Schmoller Fehlüberweisung und Fehlbuchung im Strafrecht, Festschrift Weber (2004) 251; Schönfeld Interessenverletzung und Betrugsschaden, JZ 1964 206; Schönfeld Betrug durch unternehmerisches Werben? wistra 2008 167; Schraft Die Vermögensverfügung des Getäuschten als Tatbestandsmerkmal des Betrugs, Diss. Freiburg 1935; Schroeder Tanken ohne Bezahlen, JuS 1984 846; Schroeder Erberschleichung als Betrug, NStZ 1997 585; Schroeder Zwischen Absicht und dolus eventualis, Festschrift Rudolphi (2004) 285; Schröder Über die Abgrenzung des Diebstahls von Betrug und Erpressung, ZStW 60 (1941) 33; Schröder Zur Abgrenzung der Vermögensdelikte, SJZ 1950 94; Schröder Sicherungsbetrug und Sicherungserpressung, MDR 1950 398; Schröder Grenzen des Vermögensschadens beim Betrug, NJW 1962 721; Schröder Zum Vermögensbegriff bei Betrug und Erpressung, JZ 1965 513; Schröder Betrug durch Behauptung wahrer Tatsachen? Festschrift K. Peters (1974) 153; Th. Schröder/Thiele „Es ist machbar!“ – Die Betrugsrelevanz von Telefon-Gewinnspielen im deutschen Fernsehen, Jura 2007 814; Schuhr Mehraktige Vermögensdispositionen beim Betrug und die Grenzen des sachgedanklichen Mitbewusstseins, ZStW 122 (2011) 517; Schumann Betrug und Betrugsbeihilfe durch wahre Behauptungen? JZ 1979 588; Schünemann Methodenprobleme bei der Abgrenzung von Betrug und Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, GA 1969 46; Schünemann (Hrsg.) Strafrechtssystem und Betrug (2002); Seelmann Betrug beim Handel mit Rohstoffoptionen, NJW 1980 2545; Seelmann Grundfälle zu den Straftaten gegen das Vermögen als Ganzes, JuS 1982 268, 509, 748; C. Seibert Zum fahrlässigen Betrug, NJW 1956 1466; Th. Seibert Die Garantenpflichten beim Betrug (2007); Seier Kündigungsbetrug durch Verschweigen des Wegfalls von Eigenbedarf, NJW 1988 1617; Seier Der Kündigungsbetrug (1989); Seier Prozeßbetrug durch Rechts- und ungenügende Tatsachenbehauptungen, ZStW 102 (1990) 563; von Selle Absicht und intentionaler Gehalt der Handlung, JR 1999 309; Seyfert Vermögensschaden und Schadensrelation beim Betrug des Verkäufers, JuS 1997 29; Sick Die unerlaubte Handlung in der (Verbraucher)Insolvenz, Jura 2009 814; Sicking Der Betrug (1940); Sickor Der Sicherungsbetrug –

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dogmatisches Mittel zur Umgehung verjährungsrechtlicher Vorschriften? GA 2007 590; Sickor Die sog. schadensgleiche Vermögensgefährdung bei Betrug und Untreue, JA 2011 109; Silva Sánchez Zur Beteiligung von Notaren an Vermögens- und Wirtschaftsstraftaten, Festschrift Tiedemann (2008) 237; Sonnen Die soziale Zweckverfehlung als Vermögensschaden beim Betrug, JA 1982 593; Sonnen Strafrechtliche Grenzen des Handels mit Optionen auf Warentermin-Kontrakte, wistra 1982 123; Sonnen Der Vermögensschaden beim betrügerischen Handel mit Warenterminoptionen, StV 1984 175; Soyka Das moderne Lastschriftsystem: Eine Einladung zum straflosen Betrug? NStZ 2004 538; Staab Betrug in der Kfz-Haftpflichtversicherung (1991); Stahlschmidt Steuerhinterziehung, Beitragsvorenthaltung und Betrug im Zusammenhang mit illegaler Beschäftigung, wistra 1984 209; Steinke Betrug durch Zeitschriftenwerber, Kriminalistik 1979 568; Stenglein Die Vermögensbeschädigung beim Betrug, GS 40 (1888) 81; Sternberg-Lieben Internationaler Musikdiebstahl und deutsches Strafrechtsanwendungsrecht, NJW 1985 2121 (mit Richtigstellung Wulff NJW 1986 1236); Stocker Der Anstellungsbetrug, Diss. München 1962; Stöckel Der strafrechtliche Schutz der Arbeitskraft (1993); Stoffers Der Schutz der EU-Finanzinteressen durch das deutsche Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, EuZW 1994 304; Swoboda Betrug und Erpressung im Drogenmilieu: Abschied von einem einheitlichen Vermögensbegriff, NStZ 2005 476; Tenckhoff Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, Festschrift Lackner (1987) 677; Thiele Die Anwendung steuer- und bilanzrechtlicher Bewertungsmaßstäbe zur Ermittlung des strafrechtlichen Vermögensschadens (2001); Tiedemann Subventionskriminalität in der Bundesrepublik (1974); Tiedemann Der Subventionsbetrug, ZStW 86 (1974) 897; Tiedemann Wettbewerb und Strafrecht (1976); Tiedemann Rechtsnatur und strafrechtliche Bedeutung von technischem know how, Festschrift v. Caemmerer (1978) 643; Tiedemann Strafbare Erschleichung von Investitionszulagen durch Aufhebung und Neuabschluß von Lieferverträgen? NJW 1980 1557; Tiedemann Examensklausur Strafrecht, Jura 1981 24; Tiedemann Der Vergleichsbetrug, Festschrift Klug (1983) 405; Tiedemann Der Strafschutz der Finanzinteressen der Europäischen Gemeinschaft, NJW 1990 2226; Tiedemann/Sasse Deliquenzprophylaxe, Kreditsicherung und Datenschutz in der Wirtschaft (1973); Tiedemann/Waßmer Streifzug durch das Betrugsstrafrecht, Jura 2000 533; Tippelskirch Regelbeispiel für besonders schweren Fall des Betrugs bzw. der Untreue – Vermögensverlust großen Ausmaßes, NStZ 2004 528; Tönnies Die Ausdehnung des Täuschungsbegriffs durch die Konstruktion des Betruges durch schlüssiges Verhalten, Diss. Kiel 1971; Topp Der Begriff „Vermögensschaden“ im Betrugstatbestand, Diss. Bonn 1951; Traub Betrug bei Veräußerung unterschlagener Sachen an einen gutgläubigen Erwerber, NJW 1956 450; Triffterer Abgrenzungsprobleme beim Betrug durch Schweigen, JuS 1971 181; Tripmaker Verhältnis und Abgrenzung zwischen Steuerhinterziehung und Betrug (2010); Trug/Habetha Zur Rechtsfigur des Betrugs durch schlüssiges Verhalten, JZ 2007 878; Trunk Der Vermögensschaden nach § 253 StGB beim Rückverkauf des gestohlenen Gutes an den Eigentümer, JuS 1985 944; v. Ungern-Sternberg Wirtschaftskriminalität beim Handel mit ausländischen Aktien, ZStW 88 (1976) 653; Valerius Vermögensschaden bei Risikogeschäften, in Steinberg/Valerius/Popp (Hrsg.) Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB (2011) 49; Varwig Zum Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens (§ 263 StGB) (2011); Vogel Betrug durch konkludente Täuschung, GedS Keller (2003) 313; Völger Wissenschaftsbetrug (2004); Volk Täuschung durch Unterlassen beim Betrug, JuS 1981 880; Vollmer Art. Warenkreditbetrug, HWiStR (1987); Vollmuth Betrügereien durch Manipulierung von Handels- und Bankauskünften, BB 1973 334; Wachinger Vorbemerkung über Kreditbetrug, GS 102 (1933) 376; Wagemann Der betrügerische Vollstreckungsauftrag, GA 2007 146; Wahl Die Schadensbestimmung beim Eingehungs- und Erfüllungsbetrug (2007); Wahle Ein gerissener Arbeitskollege, JuS 1969 428; T. Walter Die Kompensation beim Betrug (§ 263 StGB), Festschrift Herzberg (2008) 763; Watzka Über die Vermögensgefährdung beim Betrug (1965); Weber Art. Urheberstrafrecht, in HWiStR (1986); Weber Der strafrechtliche Schutz des Urheberrechts (1976); Weber Rücktritt vom vermögensgefährdenden Betrug, Festschrift Tiedemann (2008) 637; Wedekind Über die Abgrenzung und das Verhältnis von Betrug und Unterschlagung, Diss. Hamburg 1967; Weidemann Die funktionale Beziehung zwischen Irrtum und Schaden beim Betrug, GA 1967 238; Weidemann Zur Frage des Betrugsschadens bei Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung, MDR 1973 992; Weidemann Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen durch unerlaubt tätige Verleiher als Betrug? NStZ 1985 208; Weimar Veräußerung von Sicherungsgut als Betrug zum Nachteil des Treunehmers? MDR 1961 24; Weißer Betrug zum Nachteil hierarchisch strukturierter arbeitsteilig tätiger Organisationen – Über die Bedeutung von Wissensdiskrepanzen zwischen mehreren Personen auf der Opfer-

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seite beim Betrug, GA 2011 333; Welzel Die Wahrheitspflicht im Zivilprozeß (1935); Welzel Zum Schadensbegriff bei Erpressung und Betrug, NJW 1953 652; Welzel Vorteilsabsicht beim Betrug, NJW 1962 20; Werle Der strafrechtliche Schutz des Mietbesitzes an Wohnungen, NJW 1985 2913; Wessel Die Anstellungserschleichung in strafrechtlicher Sicht (2005); Wessels Die Entwendung von Dienstgegenständen zu vorübergehendem Gebrauch, JZ 1965 631; Wilmowsky Schneeballsysteme der Kapitalanlage (2010); Winkler Der Vermögensbegriff beim Betrug und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (1995); Wittmann Wissenszurechnung im Strafrecht (2006); Wolf Der Betrug, Ein Vermögensverschiebungsdelikt, Diss. München 1950; Wolff Die Neuregelung des Versicherungsmißbrauchs (§ 265, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB) (2000); Wolfs Die „Stoffgleichheit“ beim Betrug, Diss. Göttingen 1984; Worms Warenterminoptionen: Strafbarer Betrug oder nur enttäuschte Erwartungen? wistra 1984 123; Würtenberger Betrug durch Schweigen im Kunsthandel, NJW 1951 176; Würtenberger Der Kampf gegen das Kunstfälschertum in der deutschen und schweizerischen Strafrechtspflege (1951); Zaczyk Der Versuchsbeginn beim Prozessbetrug, Festschrift Krey (2010) 485; Ziehten Dogmatische Konsequenzen des Prostitutionsgesetzes für Dirnen- und Freierbetrug, NStZ 2003 184; Zierau Der betrugsbegründende Vermögensschaden bei Einstellungsund Konzessionserschleichung, Diss. Köln 1970; Zieschang Der Einfluß der Gesamtrechtsordnung auf den Umfang des Vermögensschutzes durch den Betrugstatbestand, Festschrift Hirsch (1999) 831. 2. Spezielles Schrifttum (Monografien, vorwiegend neuere Aufsätze und Sammelwerke) a) Ärztlicher Abrechnungsbetrug Badle Betrug und Korruption im Gesundheitswesen, NJW 2008 1028; Dahm Zur Problematik der Falschabrechnung im privatärztlichen Bereich, MedR 2003 268; Ehlers Ärztliche Abrechnungsmanipulation gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung, Festschrift Schüler-Springorum (1993) 163; Ellbogen/Wichmann Zu Problemen des ärztlichen Abrechnungsbetrugs, insbesondere der Schadensberechnung, MedR 2007 345; Freitag Ärztlicher und zahnärztlicher Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen (2009); Frister/Lindemann/Peters Arztstrafrecht (2011) Kap. 2A; Geilen Materielles Arztstrafrecht, in Wenzel (Hrsg.), Medizinrecht (2007) Kap. 4 Rdn. 678; Gercke/Leimenstoll Abrechnung von Laborleistungen gegenüber Privatpatienten durch an Laborgemeinschaften beteiligte Ärzte – Abrechnungsbetrug? MedR 2010 695; Grunst Zum Abrechnungsbetrug bei fehlender ordnungsgemäßer Zulassung zum Vertragsarzt, NStZ 2004 533; Hancok Abrechnungsbetrug durch Vertragsärzte (2006); Hellmann/Herffs Der ärztliche Abrechnungsbetrug (2006); Hempler/Schäfer Abrechnungsmanipulationen bei ärztlichen Honoraren (usw.) (1988); Herffs Der Abrechnungsbetrug des Vertragsarztes (2002); Herffs Ärztlicher Abrechnungsbetrug bei Beschäftigung von Strohpartnern wistra 2004 281; Homann Betrug in der gesetzlichen Krankenversicherung (2009); Idler Betrug bei Abrechnung ärztlicher Leistungen ohne Kassenzulassung – Bespr. von BGH NJW 2003 1198, JuS 2004 1037; Jahnke Die strafrechtliche Verantwortung des Zahnarztes (2005); Janovsky Straftaten im Gesundheitswesen, in Wabnitz/Janovsky (Hrsg.), Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts Kap. 11; Kölbel Abrechnungsbetrug im Krankenhaus, NStZ 2009 312; Kondziella Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen, Kriminalistik 2004 377; Lindemann/Ratzel (Hrsg.) Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen (2010); Luig Vertragsärztlicher Abrechnungsbetrug und Schadensbestimmung (2009); Nestler Phänomenologie der Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen, JZ 2009 984; Schroth Strafbares Verhalten bei der ärztlichen Abrechnung, in Roxin/Schroth (Hrsg.), Handbuch des Medizinstrafrechts (4. Aufl. 2010) S. 127; Schubert Abrechnungsbetrug bei Privatpatienten, ZRP 2001 154; Schuhr Strafgesetzbuch § 263, in Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht (2011) Nr. 600; Steinhilper „Kriminogene“ Normgebung oder mangelnde Kontrolle? Festschrift Schmid (2006) 163; Steinhilper (Hrsg.), Arzt und Abrechnungsbetrug (1988); Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Besonderer Teil Rdn. 143; Ulsenheimer Abrechnungsbetrug, in Laufs (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts (3. Aufl. 2002) § 151 (mit umfassenden Literaturangaben bis 2002); Ulsenheimer Arztstrafrecht in der Praxis (4. Aufl. 2008) § 14; Volk Zum Schaden beim Abrechnungsbetrug, NJW 2000 3385; Weidhaas Bandenmäßiger Abrechnungsbetrug durch Vertragsärzte, ZMGR 2008 196; Wienke/Janke/Kramer (Hrsg.), Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht (2011).

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b) Ausschreibungsbetrug Siehe zunächst die Angaben Vor und zu § 298; ferner: Achenbach Betrug (§ 263 StGB) bei Ausschreibungen, in Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht Kap. III 4 B Rdn. 5; Best Betrug durch Kartellabsprachen bei freihändiger Vergabe, GA 2003 157; Beulke Der findige Bauunternehmer, JuS 1977 35; Bruns Können ordnungswidrige Preisabsprachen bei öffentlichen Ausschreibungen nach geltendem Recht auch als Betrug mit Kriminalstrafe geahndet werden? NStZ 1983 385; Cramer Zur Strafbarkeit von Preisabsprachen in der Bauwirtschaft – Der Submissionsbetrug (1995); Diehl Die Strafbarkeit von Baupreisabsprachen im Vergabeverfahren, BauR 1993 1; Gruhl Submissionsbetrug, in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht § 58 A II Rdn. 22; Grützner Die Sanktionierung von Submissionsabsprachen (2003); Hefendehl Die Submissionsabsprache als Betrug: ein Irrweg! JuS 1993 805; Hefendehl Fallen die Submissionsabsprachen doch unter den Betrugstatbestand? ZfBR 1993 164; Hellmann/ Beckemper Wirtschaftstrafrecht Rdn. 713; Hohmann Die strafrechtliche Beurteilung von Submissionsabsprachen, NStZ 2001 566; Huhn Die strafrechtliche Problematik des Submissionsbetruges unter besonderer Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung, Diss. München 1996; Joecks Zur Schadensfeststellung beim Submissionsbetrug, wistra 1992 247; Lüderssen Submissionsabsprachen sind nicht eo ipso Betrug, wistra 1995 243; Moosecker Die Beurteilung von Submissionsabsprachen nach § 263 StGB, Festschrift Lieberknecht (1997) 407; Oldigs Möglichkeiten und Grenzen der strafrechtlichen Bekämpfung von Submissionsabsprachen (1998); Otto Submissionsbetrug und Vermögensschaden, ZRP 1996 300; Ranft Betrug durch Verheimlichung von Submissionsabsprachen, wistra 1994 41; Rönnau Täuschung, Irrtum und Vermögensschaden beim Submissionsbetrug, JuS 2002 545; Rutkowsky Der Schadensnachweis bei unzulässigen Submissionsabsprachen, NJW 1995 705; Satzger Der Submissionsbetrug (1994); Satzger Die Bedeutung des Zivilrechts für die strafrechtliche Bekämpfung von Submissionskartellen, ZStW 109 (1997) 357; Schuler Strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Probleme bei der Bekämpfung von Submissionsabsprachen, Diss. Konstanz 2002; Szesny Sanktionierung von Submissionsabsprachen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (2001); Tiedemann Submissionskartell als Betrug? ZRP 1992 149; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Besonderer Teil Rdn. 145. c) Kredit- und ec-Kartenbetrug, Lastschrift-, Scheck- und Wechselbetrug Abt Zur Strafbarkeit missbräuchlicher Verfügungen im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (2000); Altenhain Der strafbare Missbrauch kartengestützter elektronischer Zahlungssysteme, JZ 1997 752; Bernsau Der Scheck- oder Kreditkartenmissbrauch durch den berechtigten Karteninhaber (1990); Bertling Die Kriminalität im bargeldlosen und bargeldsparenden Zahlungsverkehr (1958); Bittner Der Scheckbetrug im deutschen und österreichischen Strafrecht (1959); Deides Missbrauch von Scheck- und Kreditkarte durch den berechtigten Karteninhaber (1989); Ehrlicher Der Bankomatenmissbrauch (1989); Eisele/Fad Strafrechtliche Verantwortlichkeit beim Missbrauch kartengestützter Zahlungssysteme, Jura 2002 305; Fahl Strafbarkeit der „Lastschriftreiterei“ nach § 263 StGB, Jura 2006 733; Gemmer Kriminalpolizei und Wirtschaftsstraftäter, in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft (2. Aufl. 1972) S. 103; Gogger Die Erfassung des Scheck-, Kredit- und Codekartenmissbrauchs (1991); Hadamitzky/Richter Strafbarkeit beim Missbrauch des Lastschriftverfahrens, wistra 2005 441; Heimann-Trosien Zur strafrechtlichen Beurteilung des Scheckkartenbetrugs, JZ 1976 549; Heinz Der strafrechtliche Schutz des kartengestützten Zahlungsverkehrs, Festschrift Maurer (2001) 1111; Lampe Der Kreditbetrug (1980); A. Mayer Zum Betrug durch Hingabe ungedeckter Schecks, JZ 1953 25; Mühlbauer Ablisten und Verwenden von Geldautomatenkarten als Betrug und Computerbetrug, NStZ 2003 650; Mujkanovic Kreditkartenbetrug (2009); R. Müller Straftatbestand bei Wechselreiterei und Weitergabe von Austauschwechseln, NJW 1957 1266; Nack Bargeldlose Zahlung, in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht (4. Aufl. 2006) § 49; Niese Wann ist die Hingabe eines ungedeckten Schecks Betrug? NJW 1952 691; Obermüller Kredit durch Finanzwechsel, NJW 1958 655; Offermann Nachruf auf einen Meinungsstreit – Zur strafrechtlichen Erfassung des Scheck- und Kreditkartenmissbrauchs, wistra 1986 50; Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr und Strafrecht (1978); Otto Probleme des Kreditbetrugs, des Scheck- und Wechselmissbrauchs, Jura 1983 16; Otto Art. Lastschriftbetrug, in HWiStR (1985);

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Otto Art. Scheckbetrug, in HWiStR (1985); Otto Art. Wechselbetrug, in HWiStR (1985); Putzo Betrug durch Angabe fingierter Forderungen im Lastschrift-Einzugsverkehr, NJW 1978 689; Rengier Betrug im elektronischen Lastschriftverfahren bei unbekannter Zahlungsgarantie, Festschrift Gössel (2002) 469; Rossa Missbrauch beim electronic cash, CR 1997 219; Schmid Missbräuche im modernen Zahlungs- und Kreditverkehr (1982); Schmidli Der Missbrauch von Codekarten aus strafrechtlicher Sicht (1991); Soyka Das moderne Lastschriftverfahren: Eine Einladung zum straflosen Betrug, NStZ 2004 538; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Besonderer Teil § 9 Rdn. 320; Tiedemann/Cosson Straftaten und Strafrecht im deutschen und französischen Bank- und Kreditwesen (1973); Trück Bargeldloser Zahlungsverkehr, in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht (5. Aufl. 2011) § 49; Valerius Täuschungen im modernen Zahlungsverkehr, JA 2007 514, 778; Vormbaum Die strafrechtliche Beurteilung des Scheckkartenmissbrauchs, JuS 1981 18; Yoo Codekartenmissbrauch am POS-Kassensystem (1997); Zahrnt Die Sicherheit der Scheckeinlösung (1971). Vgl. ferner die Angaben zu § 266b. d) Sport- und Wettbetrug Ackermann Strafrechtliche Aspekte des Pferdeleistungssports (2007); Cherkeh Betrug (§ 263 StGB), verübt durch Doping im Sport (2000); Ditz Doping im Pferderennsport (1986); Faber Doping als unlauterer Wettbewerb und Spielbetrug (1974); Fasten/Oppermann Betrug im Rahmen manipulierter Fußballwetten, JA 2006 69; Glocker Die strafrechtliche Bedeutung von Doping (2009); Hamm Sportspezifische Manipulation als Anwendungsfall des Strafrechts (2005); Heger Zur Strafbarkeit von Doping im Sport, JA 2003 76; Jahn Wohin steuert der Sportbetrug? in Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009) S. 73; Jahn/Maier Der Fall Hoyzer – Grenzen der Normativierung des Betrugstatbestandes, JuS 2007 215; Janssen Sportwetten, in Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht Kap. V 1 V Rdn. 225; Kargl Begründungsprobleme des Dopingstrafrechts, NStZ 2007 489; Kerner/Trüg Betrugsstrafrechtliche Relevanz des Dopings, JuS 2004 140; Krack Betrug durch Wettmanipulationen, ZIS 2007 103; Kutzner Zweifelsfragen des Betrugstatbestands am Beispiel des Wettbetrugs, JZ 2006 712; Momsen-Pflanz Die sportethische und strafrechtliche Bedeutung des Dopings (2005); Müller-Metge Die Problematik des Sportwettenbetrugs im Zuge des jüngsten Skandals, causa sport 2010 118; Ostermeyer Die strafrechtliche Bewertung der Wettmanipulation nach dem Wettskandal-Urteil, ZfWG 2007 253; Paringer Korruption im Profifußball (2001); Petropoulos/Morozinis Der Sportwettenbetrug durch Manipulation zu Lasten des Wettveranstalters oder des Wettenden, wistra 2009 254; Radtke Sportwettenbetrug und Quotenschaden, Jura 2007 445; Reinhart Das Hoyzer-Urteil des BGH, SpuRt 2007 52; Rönnau/Kirch-Heim Täuschung und Vermögensschaden beim Sportwettenbetrug durch Spielteilnehmer – Fall „Hoyzer“, NStZ 2007 361; Rönnau/ Soyka Der „Quotenschaden“ im Fall Hoyzer (usw.), NStZ 2009 12; Rössner „Sportbetrug“ und Strafrecht, Festschrift Mehle (2009) 567; Roxin Strafrecht und Doping, Festschrift Samson (2010) 445; Schattmann Betrug des Leistungssportlers im Wettkampf: Zur Einführung eines Straftatbestandes im sportlichen Wettbewerb (2008); Schild Strafbarer Wettbetrug, ZfWG 2007 10; Schild Sportstrafrecht (2002); Schlösser Der „Bundesliga-Wettskandal“, NStZ 2005 423; Szwarc Strafbarkeit der Korruption im Sport im Lichte des polnischen Strafrechts, Festschrift Tiedemann (2008) 939; Triffterer Vermögensdelikte im Bundesligaskandal, NJW 1975 612; Turner Rechtsprobleme beim Doping im Sport, MDR 1991 569; Valerius Zur Strafbarkeit des Dopings de lege lata und de lege ferenda, Festschrift Rissing-van Saan (2011) 717; Weber Strafrechtliche Aspekte der Sportwette, in Pfister (Hrsg.), Rechtsprobleme der Sportwette (1989) 39; Weinrich (Hrsg.), Korruption im Sport (2006). Neuere Materialien BT-Drs. I/3713 und 4250 (Begr. zum 3. StrÄndG 1953); BT-Drs. VI/3250 (Begr. zum EGStGB 1974); BT-Drs. 13/8587 und BR-Drs. 164/97 (Begr. und Stellungnahme BRat zum 6. StrRG 1998). Weitere Angaben bei § 266 Entstehungsgeschichte 6. Ferner Bundesverfassungsgericht vom 2.3. 2002, BGBl. I 1340 = BVerfGE 105 135 ff (Absatz 7 Satz 1 in Bezug auf § 43a nichtig).

Entstehungsgeschichte siehe Rdn. 15 ff Vor § 263.

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Übersicht Rdn. I. Aufbau und Einordnung des Tatbestandes 1. Allgemeine Übersicht . . . . . . . . . 2. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . 3. Tatbestandsstruktur . . . . . . . . . a) Erfolgs- und Vermögensverschiebungsdelikt . . . . . . . . . . . . b) Kommunikationsdelikt . . . . . . c) Selbstschädigungsdelikt . . . . . . 4. Verletzter . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Tathandlung und ihr Gegenstand (Täuschungshandlung) . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Umschreibung und Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenstand der Täuschung: Tatsachen a) Begriff und Definition . . . . . . . b) Äußere Tatsachen (Zusammenfassendes Glossar) . . . . . . . . c) Innere Tatsachen . . . . . . . . . d) Werturteile und Meinungsäußerungen . . . . . . . . . . . . . . e) Prognosen . . . . . . . . . . . . . f) Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungssätze . . . . . g) Rechtsauffassungen . . . . . . . . h) Zusammenfassung (Glossar) zu den inneren Tatsachen . . . . . . 3. Täuschung durch Tun oder Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erklärungsverhalten und Objektmanipulation . . . . . . . . . . . b) Ausdrückliche Täuschung . . . . . c) Konkludente Täuschung . . . . . d) Täuschung durch Unterlassen . . . 1) Garantenstellung aus Gesetz . . 2) Garantenstellung aus Vertrag . 3) Garantenstellung aus Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . 4) Garantenstellung aus Ingerenz und Gefahrbeherrschung . . . 5) Gleichstellung mit positivem Tun (§ 13) . . . . . . . . . . . 6) Zumutbarkeit der Aufklärung . III. Der Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Definition . . . . . . . a) Erfordernis einer positiven Fehlvorstellung . . . . . . . . . . . b) Konkrete Fehlvorstellung von Tatsachen . . . . . . . . . . . . . c) Sonderwissen des Opfers . . . . d) Irrtum bei Verbänden und Wissen von Hilfspersonen . . . . . . . 2. Intensität der Fehlvorstellung, insbes. die Behandlung des Zweifels . . . . 3. Feststellung des Irrtums im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . a) Äquivalenztheorie und Mitverursachung . . . . . . . . . . . .

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Rdn. b) Erregen eines Irrtums . . . . . . . c) Unterhalten und „Ausnutzen“ eines Irrtums . . . . . . . . . . .

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IV. Die Vermögensverfügung . . . . . . . . 1. Begriff und Definition . . . . . . . . a) Einwirkung auf das Vermögen durch Tun . . . . . . . . . . . . . b) Einwirkung auf das Vermögen durch Unterlassen (und Dulden) . c) Vermögensbezug (insbes. hoheitlicher Akte) . . . . . . . . . . . . d) Unmittelbarkeitserfordernis (Abgrenzung insbes. zu Diebstahl und Urkundenfälschung) . . . . . e) Mehraktige Verfügungen . . . . . 2. Der sog. Dreiecksbetrug . . . . . . . 3. Verfügungsbewusstsein? . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . a) Psychische Kausalität (Motivationszusammenhang) . . . . . . . . . . b) Ausschluss von Ersatzbedingungen c) Feststellung der Kausalität im Strafverfahren . . . . . . . . . . .

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V. Der Vermögensschaden . . . . . . . . . 1. Der Vermögensbegriff . . . . . . . . a) Juristische Vermögenslehre(n) . . . b) Wirtschaftlicher Vermögensbegriff c) Juristisch-ökonomische Vermittlungslehren . . . . . . . . . . . . 2. Einzelne Vermögensbestandteile . . . a) Anwartschaften (Exspektanzen) . . b) Arbeitskraft („Arbeitsbetrug“, insbes. bei sexuellen Dienstleistungen) c) Besitz („Besitzbetrug“, insbes. bei unrechtmäßigem Besitz) . . . . d) Betriebs(Geschäfts)geheimnis und andere Immaterialgüter . . . . . . e) Bußgeld- und Strafansprüche, Kaution und Verfall . . . . . . . . f) Heiratsschwindel und Asylantenehe . . . . . . . . . . . . . . . . g) Naturalobligationen und andere unvollkommene Ansprüche . . . . h) Nichtige Forderungen, insbes. aus verbotswidrigen Geschäften . . i) Nutzungserschleichung, insbes. „Nebentätigkeitsbetrug“ . . . . . j) Werthaltigkeit von Vermögensrechten und Sachen, insbes. amtlichen Dokumenten . . . . . . . . 3. Prinzipien der Schadensermittlung . . a) Werteinbuße und Kompensation (Saldierung) . . . . . . . . . . . . b) Maßgeblicher Zeitpunkt der Saldierung und Unmittelbarkeit der späteren Kompensation . . . . . . c) Marktwert und Fehlen eines Marktes (insbes. „Submissionsbetrug“) . . . . . . . . . . . . .

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue Rdn.

d) Kompensations(un)taugliche Ansprüche und Rechte . . . . . . e) Vermögensgefährdung als Schaden (insbes. „Beweismittelbetrug“) f) Verpflichtung als Schaden („Eingehungsbetrug“) . . . . . . . . g) Subjektiver (individueller) Schadenseinschlag (insb. „Anlagebetrug“) . . . . . . . . . . . . . h) Einseitige und unausgeglichene Geschäfte (Zweckverfehlung und Bewusstsein der Schädigung), „Subventionsbetrug“, „Bettel“und „Spendenbetrug“ sowie „Wissenschaftsbetrug“ . . . . . i) Normative Korrekturen . . . . . 4. Schadensmöglichkeiten im Einzelnen a) Ausscheiden von Vermögenswerten (insbes. „Abrechnungsbetrug“, „Beförderungsbetrug“ und „Besitzbetrug“) . . . . . . . . . b) Begründung von Verbindlichkeiten, insbes. „Selbsthilfebetrug“ . c) Bewertung der Gegenleistung . . 1) Qualitativ oder quantitativ minderwertige Gegenleistung 2) Infolge persönlichen Schadenseinschlags zu geringe Gegenleistung . . . . . . . . 3) Gegenleistung mit Rechtsmängeln (und gutgläubiger Erwerb) . . . . . . . . . . . 4) Minderwert des als Gegenleistung erlangten Anspruchs, insbes. „Kreditbetrug“ und „Stundungsbetrug“ . . . . . 5) Insbes. „Scheck“- und „Wechselbetrug“ . . . . . . . 6) Insbes. „Anstellungsbetrug“ . d) Wertminderung ohne reale Bestandsveränderung (konkrete Vermögensgefährdung) . . . . . . . . . . . . 1) Unterlassen der (rechtzeitigen) Geltendmachung eines Anspruchs . . . . . . . . . . 2) Manipulation von Beweismitteln (insbes. Unterschriftserschleichung) . . . . . . . . 3) Falschbuchung . . . . . . . . 4) Prozessbetrug (und „Betrug im Prozess“) . . . . . . . . . VI. Vorsatz, Bereicherungsabsicht und Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . a) Wissen (und Tatbestandsirrtum) b) Wollen (und dolus eventualis) . . c) Maßgebender Zeitpunkt . . . . 2. Absicht rechtswidriger Bereicherung a) dolus directus (Zwischenziele und Nebenfolgen) . . . . . . . . . .

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Rdn. b) c) d) e) f)

Vermögensvorteil . . . . . . . . Sog. Stoffgleichheit . . . . . . . Rechtswidrigkeit des Vorteils . . Irrtum über die Rechtswidrigkeit Fremdnütziger Betrug . . . . . .

254 256 264 268 271

VII. Vollendung, Beendigung und Versuch . 1. Vollendung . . . . . . . . . . . . . 2. Beendigung . . . . . . . . . . . . . a) Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, insbes. „Anstellungsbetrug“ b) Insbes. „Rentenbetrug“ (und „Vermieterbetrug“) . . . . . . . 3. Versuch (Abs. 2) . . . . . . . . . . a) Ansetzen zur Täuschung . . . . b) Untauglicher Versuch und Wahndelikt . . . . . . . . . . . . . .

272 272 273

166 168 173

177

181 186 187

188 194 197 198

203

208

210 216 223

228

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230 232 234 239 240 241 245 247 248 249

VIII. Täterschaft und Teilnahme . . . . . 1. Mittäterschaft, mittelbare Täterschaft und Nebentäterschaft . . . 2. Beihilfe, insbes. Vorsatz . . . . . 3. Keine Anwendung von § 28 Abs. 1

274 275 276 277 281

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283

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283 286 288

IX. Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung . 1. Handeln in Berufsausübung . . . . 2. Schweigerechte, insbes. nach BZRG . . . . . . . . . . . . . . .

289 290

X. Strafdrohung und Strafbemessung, insbes. die besonders schweren Fälle . . . 1. Strafbemessung bei Absatz 1, insbes. Schuldumfang und Schaden . . . . 2. Besonders schwere Fälle (Absatz 3) . a) Nr. 1 (gewerbs- oder bandenmäßige Begehung) . . . . . . . . b) Nr. 2 (großer Vermögensschaden oder Absicht der Gefährdung vieler Personen) . . . . . . . . . c) Nr. 3 (wirtschaftliche Not) . . . d) Nr. 4 (Amtsträger) . . . . . . . e) Nr. 5 (Versicherungsbetrug) . . .

291 292 292 294 296

298 300 301 302

XI. Haus- und Familienbetrug; Bagatellbetrug (Absatz 4) . . . . . . . . . . . 1. Verweisung auf §§ 243 Abs. 2, 247 2. Verweisung auf § 248a . . . . . . .

303 303 305

XII. Gewerbsmäßiger Bandenbetrug (Absatz 5) . . . . . . . . . . . . . . .

307

XIII. Wahlfeststellung und Konkurrenzen 1. Wahlfeststellung . . . . . . . . 2. Fortsetzungszusammenhang („eine Tat“) . . . . . . . . . . 3. Handlungseinheit (Ideal- oder Gesetzeskonkurrenz) . . . . . . a) mit Straftaten des StGB . . . b) mit Straftaten des Nebenstrafrechts . . . . . . . . . . . . 1) Verhältnis zum Steuerstrafrecht . . . . . . . . . . . 2) Verhältnis zum sonstigen Nebenstrafrecht . . . . .

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308 308

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311

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312 312

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319

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323

§ 263

Betrug Rdn. 4. Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz) a) Betrug als mitbestrafte Nachtat . b) Andere Vermögensdelikte (i.w.S.) als mitbestrafte Nachtaten . . .

324 325 328

XIV. Führungsaufsicht (Absatz 6), Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall (Absatz 7) 329 1. Führungsaufsicht . . . . . . . . . 329 2. Vermögensstrafe und Verfall . . . . 330 XV. Internationales Strafrecht . . . . . . 1. Internationaler Schutzbereich . . . a) Vermögen als sog. inländisches Rechtsgut . . . . . . . . . . . b) Fremdrechtsanwendung . . . .

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332 332

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332 333

Rdn. 2. Internationales Strafrecht i.e.S. . . . a) Inlandstaten, insbes. Betrug im Internet . . . . . . . . . . . . . b) Auslandstaten . . . . . . . . . XVI. Strafantrag, Verjährung und Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strafantrag (Absatz 4) . . . . . . 2. Verfolgungsverjährung . . . . . . 3. Zuständigkeit; Serienbetrug; kriminalistische Hinweise . . . . . . .

334 334 335

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336 336 337

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339

Alphabetische Überischt Zahlen = Randnummern (ohne Zusatz: Kommentierung des § 263); „Vor §§ 263 ff = Vorbemerkungen zu den §§ 263–266b; „Vor § 263“ = Vorbemerkungen Vor § 263; „§ 263“ = Kommentierung des § 263 Abdeckereifett 199 Aberglaube des Opfers 10, 12, 20 Abgabenstrafrecht Vor § 263 42, 47; § 263 314, 319–322, 331 Abmahngebühr 12, 19 Fn 40 Abnutzungszustand 11 Abrechnungsbetrug des Arztes 11, 36, 39, 87, 91, 104, 125, 135, 167, 188, 267, 269, 293, 311 Absetzbarkeit eines Produkts 11 Absicht als innere Tatsache 12, 20, 26, 39, 50, 244 s. auch subjektiver Tatbestand Absprachen im Vergabeverfahren s. Submissionsbetrug abstrakte Gefährdungsdelikte Vor § 263ff 9 ff; Vor § 263 49, 50; § 263 3, 139, 323 Abtretung 99, 117, 151, 177, 188 Abwesenheit von der Truppe 57, 75, 253 Abzahlungsbetrug – Aufklärungspflicht des Käufers 65 – Gelegenheitstäter Vor § 263 4 – RiStBV 340 – Schaden 190 – Verhältnis §§ 246/263 108 Adressbuchschwindel 25, 70 AEUV Vor § 263 2, 40, 97, 100, 104 Affektionsinteresse 128, 155, 177, 178, 183, 200, 201, 204 AG (als Geschädigte) 304a Akkreditiv 110, 269 Aktienstrafrecht Vor §§ 263ff 2; Vor § 263 7, 33, 47; § 263 323 „alles in Ordnung“ als Irrtumsvorstellung 79, 82, 91, 124 Allgemeines Gesetz über Verbrechen (österreich.) Vor § 263 12 Allgemeines Landrecht, preußisches Vor § 263 12, 14 allgemeines Persönlichkeitsrecht 156 Alter 11

Alternativ-Entwurf (AE) Vor § 263 106, 107 amerikanisches Recht Vor § 263 87 Amexco-Fall 27, 276, 278 Amtserschleichung 63, 170 Amtsträger 301 Anfechtungsrecht 166, 265, 275 Angebotsschreiben (rechnungsähnliche) 25 Angehörigen- und Familienbetrug s. Haus- und Familienbetrug Anlagebetrug s. Kapitalanlagebetrug Anlageschwindel s. Kapitalanlagebetrug Anstellungsbetrug – Beendigung 274, 275 – Schaden 170, 223–227 – Tatmehrheit 327 – Täuschung 10, 11, 63, 291 – Vorsatz 242 Anstiftung s. Täterschaft und Teilnahme Antiquitäten – Schaden 200 – Täuschung 36 s. auch Kunstbetrug Antragsdelikt 1, 6, 295, 303–305, 336 Anwartschaften 6, 117, 134, 188 s. auch Exspektanzen Anweisung 111 Arbeitsbetrug 128, 138, 139a, 189 Arbeitskraft/leistung s. Arbeitsbetrug Arbeitslosenhilfe s. Sozialleistungsbetrug Arbeitsplatzerhaltung 183a, 206 Arbeitsunfähigkeit 11 Arzneimittel 12, 198, 208 s. auch Höchstpreise Asset Backed Securities 15, 33, 62, 183a Asylantenbetrug – Schaden 185 – Täuschung 27, 39 – Verfügung/Zivil- und Verwaltungsrecht 148 Aufklärungspflicht 8, 23, 29, 30 s. auch Unterlassen (Garantenstellung)

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Aufklärungsquote s. Betrugskriminalität Aufrechnung 265, 270 Auktionsbetrug 165 Auskunftspflichten 34, 59 Auslandsbutter 11, 198, 200 Auslandsrabatte 135 Auslandstat 335 Ausländer Vor § 263 8; § 263 323 s. auch Asylantenbetrug ausländisches Strafrecht Vor § 263 12, 51–93 s. auch internationales Strafrecht Auslegung Vor § 263 20, 40, 50 ff, 97 ff; § 263 50 Aussagedelikte – geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor § 263 12, 14 – Institutionenschutz Vor § 263 47, 49 – Verhältnis zu § 263 58, 312 Ausschreibung(sbetrug) Ausweispapiere 155 Autokauf 64, 67, 79, 81, 190, 201, 206, 242 Automatenbetrug Vor § 263 43 – ausländisches Recht Vor § 263 54, 58, 65 s. auch Computerbetrug BAföG-Betrug 57, 185, 275, 279 Fn 365, 337 Bagatellbetrug 295, 305, 306, 336 Bandenbetrug – ausländisches Recht (Frankreich) Vor § 263 67 – Kriminologie Vor § 263 4 – Vermögensstrafe 330 – § 263 Abs. 3 Nr. 1 297, 307 – § 263 Abs. 5 307 Bankkunde s. Girokonto, Kreditbetrug Bankomat s. GAA Baubetrug 11, 49, 66, 179, 323, 339 Bauerwartungsland 11, 204 Bauforderungssicherungsgesetz als Exspektanzbegründung 136 Baugeld(betrug) 136 Baupreisverordnung 164, 165, 242 bayerisches StGB 1813 Vor § 263 14 Beamtenstellung (Erschleichen einer ~) s. Anstellungsbetrug Beendigung 273, 286, 337 Beförderungsbetrug s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) Beförderungserschleichung s. Leistungserschleichung Befugnistheorie 116 Behinderten-Werkstätten 25, 181 Beihilfe s. Täterschaft und Teilnahme Beihilfebetrug 29, 57, 286 Beitragsbetrug s. Sozialversicherungsbetrug belgisches Recht Vor § 263 62 Belohnungen 258, 330 Berechtigungsschein (Entwertung) 11 Bereicherungsdelikt 248, 253 Beruf (Tatsache) 11 Berufsbetrüger Vor § 263 4 Berufsgeheimnis 144, 254 Berühmung 19 Beschäftigungsverhältnis 11 Beschlagnahme

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– drohende als Schaden 198 – vorgetäuschte als Wegnahme 102, 120 Besitzbetrug 108, 140, 141, 151, 152, 155, 190–193, 255, 306, 328 besonders schwere Fälle 1, 294–303, 305 – ausländisches Recht Vor § 263 51, 56, 67, 69, 75, 78 – Gesetzesgeschichte § 263 Vor § 263 17 – Abs. 3 Nr. 1 s. Bandenbetrug und 296, 307 – Abs. 3 Nr. 2 298, 299 – Abs. 3 Nr. 3 300 – Abs. 3 Nr. 4 301 – Abs. 3 Nr. 5 302 Bestechungshandlung 11, 138 Bestellschein s. Provisionsvertreterbetrug, Unterschriftserschleichung, Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Betäubungsmittel (Handel) 151 s. auch Konkurrenzen Betriebsgeheimnis s. Geschäftsgeheimnis Betrügerei(en) Vor § 263 1, 2, 4, 5, 11, 71, 81, 104 Betrugskriminalität Vor § 263 1–11 – Aufklärungsquote Vor § 263 8 – Dunkelfeld Vor § 263 8 – Erscheinungsformen Vor § 263 1–3 – Kriminalstatistik Vor § 263 8, 9 s. auch Kriminalistik Bettelbetrug (Spendenbetrug) – Irrtum 85 – Kausalität des Irrtums für die Verfügung 122, 123 – Schaden 160, 181–185, 188 – Tätertypen Vor § 263 4 – Täuschung 12, 50 s. auch Subventionsbetrug, Zweckverfehlungslehre Beweismittelbetrug 99, 100, 109, 230, 231, 255, 265 Beziehungsdelikt Vor § 263 10 Bezugsberechtigung als Vermögensbestandteil 134, 137 Bildveröffentlichung (unerlaubte) 156 Bio(qualität) 11 Bieterlisten 142 Blankett s. Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Blankoakzept 230 s. auch Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Blankounterschrift s. Vermögensverfügung blinder Passagier 23, 78 Bonität s. Eingehungsbetrug (Schaden) Börsennotierung/-kurs (Tatsache) 11, 15 Branchenverzeichnis 25, 205 s. auch Adressbuchschwindel brasilianisches Recht Vor § 263 77, 78 bucket-orders 33 Bundesligaskandal 136 Bürgschaft 110, 167, 174, 176, 212 Bußgeldanspruch als Vermögensbestandteil 145, 158, 254 Carolina Vor § 263 14 Cidre als „Schaumwein“ 25 Code 110 Code pénal 1810 Vor § 263 12, 15, 62, 66, 72 s. auch französisches Recht

Klaus Tiedemann

Betrug Codex Juris Bavarici Criminalis 1751 Vor § 263 14 Computerbetrug Vor §§ 263ff – ausländisches Recht Vor § 263 54, 58, 61, 65, 71, 72, 78 – § 263a Vor § 263 23, 43, 46; § 263 3, 92, 297, 307, 328, 330 s. auch Zeitdiebstahl Constitutio Criminalis Theresiana 1768 Vor § 263 14 Corpus Juris zum Schutz der finanziellen Interessen der EG (EU) Vor § 263 2, 107 crimen falsi Vor § 263 13 dänisches Recht Vor § 263 81, 82, 86 Darlehen s. Kreditbetrug Deckung (Scheck) 11 Defraudation Vor § 263 42 Deputatkohle-Fall 50, 79, 83, 91, 125, 181 Diebstahl Vor § 263 23; § 263 5, 155, 248, 265, 283 – geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor § 263 14 – Verhältnis zu § 263 5, 98,102, 105–107, 112, 115, 116, 118, 120, 313, 325–327 – Wahlfeststellung 310 s. auch Selbstbedienungsladen Dienstreise s. Reisekosten Dirnenlohn s. Prostituierte Dispositionsfreiheit Vor § 263 19; § 263 157, 178–180 – ausländisches Recht Vor § 263 66, 95 – personale Vermögensauffassung Vor § 263 30, 32 – Rechtsgut des Betruges Vor § 263 19–21, 24, 28–30, 32 – unvollkommene Verbindlichkeiten 150 dolus eventualis s. subjektiver Tatbestand dolus subsequens s. subjektiver Tatbestand Doping s. Sportbetrug Doppelverpflichtung (Doppelverkauf) 214 Drehbank-Fall 130, 151 Dreiecksbetrug – Person des Verfügenden 2, 112–117 – Rechtsschein-Fälle s. dort – Scheckkartenbetrug s. dort – Vorsatz 242 – Wissenszurechnung 82 Dunkelfeld s. Betrugskriminalität E 62 Vor § 263 105; § 263 7 ec-(electronic cash-)Karte Vor §§ 263 ff 19; § 263 43, 89, 100 Echtheit (von Kunstwerken) 11 EG-Recht (Einflüsse auf deutsches Recht) Vor § 263 40, 96–104; § 263 6, 50, 165, 331 EG-Werberichtlinie 84/450 EWG Vor § 263 40 EG-Richtlinie 2005/49 über unlautere Geschäftspraktiken Vor § 263 40 Ehebetrug s. Heiratsschwindel, Unterhaltsbetrug Ehegatte (Garantenstellung) 72 Ehemaklerlohn 19, 150, 265 Ehevertrag s. Heiratsschwindel Ehre (Recht auf ~) 156 Eigenbedarf (Wegfall) – Schaden 192 – Täuschung 11, 20, 58, 63, 68

§ 263

– Verfügung 100 s. auch Vermieterbetrug Eigentum (als Tatsache) 11, 18 Eigentumsvorbehalt 65, 108, 134 Eingehungsbetrug – ausländisches Recht Vor § 263 60, 71, 93 – Schaden 160, 161, 165, 166, 171–176, 194, 209–215 – Täuschung 38, 202 – Verfügung 99 – Verhältnis zum Erfüllungsbetrug 202, 274, 275, 286 – Vermögensvorteil 264 s. auch Anstellungsbetrug Einkünfte (Tatsache) 11 Einwilligung (Tatbestandsstruktur) 5 Einzeltäter Vor § 263 4 Einziehung 145 eLV (elektronischer Lastschriftverkehr) 43, 89 englisches und walisisches Recht Vor § 263 41, 87–90, 93, 95; § 263 335 Enteignung (ehem. DDR) 15, 137, 154 Erbschaft (Erschleichen) 11, 34, 137, 272, 276 Erfahrungssätze/Naturgesetze als Tatsache s. dort Erfindung (Tatsache) 11 Erfolgsdelikt 3, 248 Erfolgshonorar 39 Erfüllungsbetrug Vor § 263 39 – echter/unechter ~ 202 – Schaden 165, 201, 202 – Täuschung 37 – Verhältnis zum Eingehungsbetrug 202, 274, 275 – Vermögensvorteil 264 Erfüllungs(un)fähigkeit s. Leistungs(un)fähigkeit Erfüllungs(un)willigkeit s. Leistungs(un)willigkeit Erheblichkeit der Täuschung s. dort Erklärungswert (eines Verhaltens) 22ff Erklärungswille s. Täuschung (konkludent) Ernstlichkeit von Erklärungen (Tatsache) 11 Erpressung Vor § 263 60 23, 24; § 263 3, 5, 98, 195, 248, 313, 328 Erscheinungsformen von Betrugskriminalität s. dort Ertragswert Vor § 263 104; § 263 200 escroquerie (franz.) Vor § 263 2, 63 europäisches Recht s. EG-Recht, EU EU – Recht s. EG-Recht – rechtskonforme Auslegung Vor § 263 40; § 263 6, 50, 332 – Schutz Vor § 263 42, 101; § 263 6 Euroscheck s. Scheckkartenbetrug Exspektanzen 6, 128, 129, 135–137, 180, 188, 201, 256, 263 Fahrkarte s. Berechtigungsschein Fahrlässigkeit des Opfers s. Opfermitverantwortung Falsch (hist.) Vor § 263 12 Fälschungsdelikte – geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor § 263 12–14, 41 – Institutionenschutz Vor § 263 47, 49 – Verhältnis zu § 263 4, 58, 242 Falsifikat s. Kunstbetrug falsum Vor § 263 12, 14, 22, 63, 93

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Familienbetrug s. Haus- und Familienbetrug Familienstand (Tatsache) 11 Fangprämie 12, 264, 269 Fassadenbau-Fall 202 faux (franz.) Vor § 263 63, 68 Fehlbuchung – Irrtum 87 – Schaden 171, 232 – Täuschung 41, 42, 69 – Versuch 281 Fehlüberweisung 41, 64, 281 Fehlvorstellung (positive) s. Irrtum Festpreise 35, 36 FinanzschutzG 1998 Vor § 263 2, 102 Finanzwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei finnisches Recht Vor § 263 81, 85, 86 Forderungsbetrug 96, 103, 105, 109, 110, 117–120, 157 s. auch Eingehungsbetrug, nichtige Forderungen, schadensgleiche Vermögensgefährdung, Vermögensverfügung (durch Unterlassen) Formvorschriften 151 fortgesetzte Tat s. Fortsetzungszusammenhang Fortsetzungszusammenhang 311, 330 französisches Recht Vor § 263 2, 40, 41, 53, 62–68, 93–95, 103; § 263 2, 5, 77, 335 fraude (franz.) Vor § 263 2 fraus patroni Vor § 263 13 Freiburger-Mensa-Fall 165 Freiheitsdelikt Vor § 263 28 Freiheitsentziehung (behördliche) – Vermögensverfügung durch ~ 100, 104, 146, 258 – als Vermögensvorteil 255 Freiheitsstrafe s. Freiheitsentziehung fremdnütziger Betrug 2, 271 Fremdrechtsanwendung 332 Führerschein (Vermögen) 155 Führungsaufsicht 1, 329 funktionaler Zusammenhang der objektiven Tatbestandsmerkmale 2, 27, 182, 184 furtum Vor § 263 13 GAA (Geldausgabeautomat) 328 Gänsebucht-Fall 313 Garantenstellung s. Unterlassen Gas-/Strom-/Wasserzähler s. Täuschung (Manipulationen) Gebrauchswert s. Nutzwert Gebrauchtwagen – Schaden 163, 201, 206 – Täuschung 36, 64, 67 – Vorsatz 242 s. auch Kilometerstand Gebührenanspruch als Vermögensbestandteil 146 s. auch Polizeigebühren, Schreibgebühren Gefälligkeitsdarlehen (Garantenstellung) 63 Gefälligkeitswechsel s. Wechselbetrug Gefühle (Tatsache) 12, 20 Geheimzahl 110 Geldausgabeautomat s.GAA Geldbuße s. Bußgeldanspruch Geldkreditbetrug s. Kreditbetrug Geldstrafe s. Strafanspruch

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Geldwert(lehre) Vor § 263 20, 32; § 263 132, 133, 158, 159 Geld-zurück-Garantie 11, 166 Gelegenheitstäter Vor § 263 4 Geltungsanspruch bei Meinungsäußerungen/Werturteilen 13, 14 Gemeinschaftsfreundliche Auslegung Vor § 263 40, 101 Gemeinschaftsrecht s. EG-Recht gemischte Verträge 181, 182 Geringwertiges s. Bagatellbetrug germanische Volksrechte Vor § 263 14 Geschädigter s. Verletzter Geschäftsgeheimnis 128, 142, 144, 188 Geschäftsgrundlage (Täuschung) 31 Geschäftsplan 11 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor § 263 12–17 – bayerisches StGB 1813 Vor § 263 14 – Carolina Vor § 263 14 – Codex Juris Bavarici Criminalis 1751 Vor § 263 14 – Constitutio Criminalis Theresiana 1768 Vor § 263 14 – germanische Volksrechte Vor § 263 14 – Mittelalter Vor § 263 14 – Partikularstrafgesetzgebungen Vor § 263 15 – preußisches StGB 1851 Vor § 263 15, 16, 19, 36 – Reichsstrafgesetzbuch 1871 Vor § 263 16 – römisches Recht Vor § 263 13 – 18. Jahrhundert Vor § 263 14 – 19. Jahrhundert Vor § 263 14 gesetzliche Ausgleichsansprüche 166, 171 Gestaltungsrechte als Vermögensbestandteil 154 Gewahrsamslockerung s. Vermögensverfügung Gewerbegenehmigung 104, 135 Gewerbepolizei (geschichtliche Bedeutung) Vor § 263 12 gewerbliche Schutzrechte 143 Gewerbsmäßigkeit s. Bandenbetrug (§ 263 Abs. 5), besonders schwere Fälle (§ 263 Abs. 3 Nr. 1) Gewinnchance (Tatsache) 11, 16, 316 Gewinnmitteilung 25 Gewinnspiel 135, 250 Girokonto 41, 63, 64, 69 Glücksspiel 33, 317 GmbH (als Geschädigte) 304a GmbH-Geschäftsanteile 111 GmbH-Strafrecht Vor §§ 263 ff 2; Vor § 263 7 – § 82 GmbHG Vor § 263 47, 55; § 263 323 Goodwill 144 griechisches Recht Vor § 263 60, 61, 93; § 263 12 Grundtatbestand des Betruges 1 Grußbesteller Vor § 263 4; § 263 250 Haarwuchsmittel Vor § 263 37; § 263 11 Handelswechsel s. Wechselbetrug Haus- und Familienbetrug 1, 303, 304, 336 – ausländisches Recht Vor § 263 51, 59, 67 häusliche Gemeinschaft 303, 304 Heereslieferungsbetrug (§ 329 a.F.) Vor § 263 42 (s. auch § 263 37, 279) Heiratsschwindel Vor § 263 1; § 263 20, 147, 148, 206, 254, 304, 323 – ausländisches Recht (Griechenland) Vor § 263 61

Klaus Tiedemann

Betrug Herkunft (Tatsache) 11 Herzklappenskandal 36 Höchstpreise – Festsetzung als Verfügung 104 – Täuschung über ~ 35, 37 homo oeconomicus Vor § 263 32; § 263 8, 159, 183, 184 Hopfen 200, 323 Hütchenspiel 33 Hypothek – als Kompensation 212 – Sicherheit (Tatsache) 11 Identität (Tatsache) 11 Identitätstheorie 256, 262 ignorantia facti s. Irrtum Immaterialgüter 142, 143, 154 immaterielle Rechte 156 s. auch Immaterialgüter Immobilienschwindel 49, 179 s. auch Baubetrug individueller Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Ingerenz s. Unterlassen (Garantenstellung) Inkassobetrug 39, 50, 188, 339 Inlandstat 334 Innenprovision 11, 45, 178 Insertionsofferten s. Angebotsschreiben Insider 323 Insolvenz (Betrug durch Gläubiger) 6, 266, 311 s. auch Insolvenzstrafrecht Insolvenzstrafrecht Vor § 263 7, 12; § 263 317 Institutionenschutz Vor §§ 263 ff 10, 12; Vor § 263 12 – abstrakte Gefährdungsdelikte Vor § 263 49 – Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor § 263 14, 15 – Rechtsgutsbestimmung Vor §§ 263 ff 10, 24, 47 – Sondertatbestände Vor § 263 47 – Vermögen als Institution Vor § 263 31 Intelligenzdelikt Vor § 263 10 Interaktionsdelikt Vor § 263 10 internationales Strafrecht 331–335 Internet Vor § 263 1, 3; § 263 25, 334 Internetkostenfalle s. Kartenfalle Investitionskosten (Tatsache) 11 Investitionszulage irreführende Werbung (§ 16 UWG) Vor §§ 263 ff 2; Vor § 263 3, 28, 35, 40; § 263 136, 201, 323 – ausländisches Recht (Frankreich) Vor § 263 68 Irrtum Vor § 263 43, 94; § 263 2, 51, 52, 54, 76–95, 242 – bei öffentlich-rechtlicher Abnahmeverpflichtung 91 – ausländisches Recht Vor § 263 51, 60, 65, 70, 74, 77, 79, 82–85, 93; § 263 77 – Ausnutzen 39, 76, 95 – Begriff und Definition 77–82 – bei Computermanipulationen 92 – EG-Recht Vor § 263 95, 103 – Erregen 94 – EU-Recht s. EG-Recht – Feststellung im Strafverfahren 87–92 – ignorantia facti 23, 52, 78 – bei Notaufnahme eines Patienten 91, 122

§ 263

– – – – – – –

Mitbewusstsein 83 Opfermitverantwortung s. dort Person des Irrenden 2 Sonderwissen 81 Unterhalten 39, 51, 52, 78, 95 Wissenszurechnung bzgl. Hilfspersonen 82 Zweifel des Verfügenden 84–87 s. auch subjektiver Tatbestand italienisches Recht Vor § 263 69–71, 93; § 263 335 Kapitalanlagebetrug Vor §§ 263 ff 7; § 263 11, 33, 49, 68, 137, 178, 183a, 259, 272 – ausländisches Recht Vor § 263 90, 93 – internationales Strafrecht 334 – Sicherheit 11, 33, 206 – Tätertypen Vor § 263 4 – Vollendung 272 – Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 – § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor § 263 6 – § 264a Vor § 263 18, 40, 44, 47, 50; § 263 27, 49, 66, 297, 307, 314 s. auch Börsennotierung, Warentermingeschäft, Warenterminoption, VW-Aktie Kausalität 2, 8, 27, 80 – insbes. zwischen Täuschung und Irrtum 90, 93–95 – insbes. zwischen Irrtum und Verfügung 90, 121–125 – insbes. zwischen Verfügung und Schaden 97 Kausalzusammenhang s. Kausalität Kaution als Kompensation 167 Kautionsanspruch als Vermögensbestandteil 146 Kellerwechsel s. Wechselbetrug Kfz-Schein (Vermögen) 140, 155, 190 Kickback 63 Kilometerstand (Täuschung) 11, 23 Kirchensteuer 322 Know-how 143, 188 Kommerzialisierung Kommunikationsdelikt Vor § 263 3, 45; § 263 4, 22, 28, 51 Kompensation 2, 158, 167, 188, 267, 270 konkludente Täuschung s. Täuschung Konkurrenzen – Gesetzeseinheit 324–328 – Idealkonkurrenz, natürliche Handlungseinheit, Realkonkurrenz bzgl. § 263 311 – Sicherungsbetrug s. dort – Tateinheit (§ 52) 312–323 – Tatmehrheit (§ 53) 327, 328 – Wahlfeststellung s. dort – § 98 312 – § 99 312 – § 132 312 – § 132a 312 – § 142 312 – § 145d 312 – § 146 312 – § 147 312 – § 148 312 – §§ 153 ff 312 – § 164 312 – § 253 313, 328 – § 259 313

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§ 263 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

§ 263a 328 § 264 314 § 264a 314 § 265 302, 314, 327 § 265a 314 § 265b 314 §§ 266 ff 62, 315, 318, 325, 328 § 266a 315 § 266b 219, 315 §§ 283 ff 317 §§ 284, 285 317 § 291 317 § 298 317 § 303 328 § 315b 327 § 323a 317 §§ 331 ff 318 §§ 352, 353 318 §§ 399, 400, 403 AktG 323 § 95 AMG 323 § 370 AO 319–322 § 92a AuslG 323 §§ 88, 89 BörsenG 323 §§ 29 ff BtMG 323 § 98 BundesvertriebenenG 323 §§ 34, 35 DepotG 323 §§ 147 ff GenG 323 § 9 GeschlechtskrankheitenG 323 § 82 GmbHG 323 § 14 HeilmittelwerbeG 323 § 5 HeilpraktikerG 323 §§ 331, 332 HGB 323 § 21 HopfenherkunftsG 323 § 22a KriegswaffenkontrollG 323 § 54 KWG 323 §§ 58, 59 LFGB 323 §§ 143, 144 MarkenG 323 §§ 106 ff UrheberG 323 § 16 UWG 323 §§ 52a, 53 WaffenG 323 §§ 48, 49 WeinG 323 §§ 2 ff WiStG 323 § 38 WpHG 323 s. auch Diebstahl (Verhältnis zu § 263), Unterschlagung (Verhältnis zu § 263), Urkundendelikte (Verhältnis zu § 263) Korruption Vor § 263 2; § 263 318 Kostenanspruch des Staates 146 Kostenfalle 25 Krankfeiern 11 Kreditbetrug Vor §§ 263 ff 4; § 263 12 – ausländisches Recht Vor § 263 61, 89, 93 – Berufsbetrüger Vor § 263 4 – Darlehenszweck 20, 25, 33, 50, 65, 122 – Geldkreditbetrug als Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 – Kausalität des Irrtums für die Verfügung 122 – juristische Vermögenslehre 128 – Schaden Vor § 263 9; § 263 11, 167, 174, 175, 188, 210, 212 – Täuschung 10, 12, 25, 34, 38, 39, 65 – Verfügung 111, 112

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Vermögensvorteil 255, 265 Vollendung 272 Vorsatz 243–246 § 265b Vor § 263 18, 40, 44, 47; § 263 27, 46, 175, 184, 212, 297, 307, 314 – § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor § 263 6 s. auch Scheckbetrug Kreditkartenbetrug – ausländisches Recht (Schweiz) Vor § 263 54 – Bandenbetrug Vor § 263 4 – Erschleichen einer Kreditkarte 100, 110, 175 – Irrtum 89 – Schaden 167 – Täuschung 43 – Verfügung 110, 112, 117 – § 266b 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 Kreditwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei Kreditwürdigkeit s. Kreditbetrug Kriegswaffen 151, 323 Kriminalistik 340 s. auch Betrugskriminalität Kriminalität s. Betrugskriminalität Kriminalpolitik 5 Kriminalstatistik s. Betrugskriminalität Kriminologie s. Betrugskriminalität Kumulationsdelikte Vor § 263 47 Kundenkarte 43, 110, 315 Kundenstamm als Vermögensbestandteil 128, 135, 144 Kündigungsbetrug 188 s. auch Eigenbedarf, Vermieterbetrug Kunstbetrug – Schaden 163, 200, 208 – Täuschung 11, 36, 66 – UrheberG 323 Kunstwein 198 Kurpfuscher Vor § 263 4 Kursbetrug 11, 15, 258 KWG Vor § 263 47; § 263 323

Lagertheorie 116 Lastenfreiheit (Tatsache) 11 Lastschriftbetrug 39, 222a Lebensmittelbetrug 170 Lebensmittelfälschung Vor § 263 41; § 263 11, 37, 198, 208, 323 s. auch Wein Lebens- und Futtermittelgesetzbuch 37, 323 Lebensversicherungsvertrag 11, 20, 66, 242 Leerwechsel s. Wechselbetrug Legitimation – Sondertatbestände Vor §§ 263 ff 9 f; Vor § 263 45–48 – § 263 264 Legitimationspapiere s. Sparbuch Leichtgläubigkeit – Anzeigeverhalten Vor § 263 8 – Opfermitverantwortung Vor § 263 34, 36–39 Leistungsbetrug s. Leistungserschleichung Leistungserschleichung – Arbeitsleistung 139 – ausländisches Recht Vor §§ 263 ff 5; Vor § 263 54, 58, 61, 68, 74, 78, 89

Klaus Tiedemann

Betrug – – – – –

Beförderungserschleichung 23, 189, 250 Schaden 189 Strafantrag 336 subjektiver Tatbestand 250 § 265a Vor § 263 43, 46, 94; § 263 79, 153, 297, 307, 314 Leistungs(un)fähigkeit 11, 12, 67, 68, 174, 190, 212, 213, 221 Leistungs(un)willigkeit 174, 189, 190, 212, 213, 220, 221, 223 s. auch Absicht (als innere Tatsache) Lieferantenkreditbetrug s. Warenkreditbetrug Listenpreise – Schaden 199 – Täuschung 35, 36 Lockanruf s. Pinganruf Logisbetrug 33, 38, 39, 154, 191 – ausländisches Recht Vor § 263 68, 78, 89 – Tätertypen Vor § 263 4 Lotteriebetrug – Schaden 135, 162 – Täuschung 31, 33 Mahnverfahren (Betrug im ~) 19, 90, 235, 236, 272, 279 Makeltheorie 209 Maklerbetrug 340 s. auch Maklerlohn Maklerlohn 134, 277 Mangel(freiheit) 11, 170, 183a, 198 ff Manipulationen s. Täuschung manœuvres frauduleuses (franz.) Vor § 263 15, 63, 64, 93 Marken 143, 323 Markenpiraterie 198, 208, 323 Marktlücke (Tatsache) 11 Marktpreis s. Marktwert Marktstellung (Tatsache) 11 Marktwert – Marktwertbetrachtung Vor § 263 32; § 263 126, 132, 163, 164, 165, 177, 188, 200 – als Tatsache 11, 15 Medikamente s. Arzneimittel Meinungsäußerungen s. Tatsachen Melkmaschinen-Fall 11, 126, 171, 177, 178, 179, 206 Menschenhandel 151 minder schwerer Fall 307 minus est actionem habere quam rem 166 Misstrauen des Opfers Vor § 263 11 s. auch Opfermitverantwortung mittelbare Schäden (Folgeschäden) 257 mittelbare Täterschaft 284 – Betrug als ~ 5 – irrende Hilfspersonen 82 – bei mehraktigen Verfügungen 111 – des Prinzipals 284, 311 – Tatbestandsstruktur des Betruges 5, 284 – Versuch 277, 279, 284 Mitverschulden des Opfer s. Opfermitverantwortung Modalitätenäquivalenz s. Unterlassen (Entsprechungsklausel) Motivationsdelikt 5

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Motive – innere Tatsachen 12, 20 – des Täters 147, 248–253 – des Verfügenden Vor § 263 10; § 263 5, 122–124, 202 Musikdiebstahl 323 Namensrecht 156 Naturalobligationen s. unvollkommene Verbindlichkeiten Nebenkostenabrechnung 34 Nebentätigkeitsbetrug 152 Nemo-tenetur-Prinzip 75, 165 nichtige Forderungen 151 niederländisches Recht Vor § 263 62 Normativierung (der Betragsauslegung) 8, 9, 14, 28, 30, 39, 50, 67, 80, 81, 82, 86, 88, 98, 104, 116, 158, 158a, 162, 167, 170, 185a, 186, 189, 195, 224 norwegisches Recht Vor § 263 81, 83, 86 Notar (Beihilfe) 286, 297 Numerus-clausus-Studium 137 Nutzungsmöglichkeiten (Vermögen) 152, 156, 211 s. auch Besitzbetrug Nutzwert (Gebrauchswert) Vor § 263 20, 32; § 263 132, 158, 159, 177 objektive Zurechnung Vor § 263 35; § 263 8, 122 objektiv-individuelle Schadensbestimmung s. Vermögensschaden Okkultschwindel § 263 10, 12, 242 Okkulttäter Vor § 263 4; § 263 242 Öko(qualität) 11 Opferbedürfnisse Vor § 263 10 Opfermitverantwortung und Viktimodogmatik Vor § 263 16, 34–40, 64, 94; § 263 8, 82, 84, 86, 93, 171, 172, 294 Opferselbstverantwortung s. Opfermitverantwortung Opfer-Wahlfeststellung 6 Option s. Warenterminoption Orderscheck 42 ordre public 332 Organhandel 151 Organisationsherrschaft s. mittelbare Täterschaft Organisierte Kriminalität Vor § 263 4, 17, 104; § 263 1, 48, 141, 222, 297, 307, 330 österreichisches Recht Vor § 263 42, 56–59, 93, 94; § 263 335 Parteispende 11, 158, 262 partiarisches Darlehen (Garantenstellung) 62 Passwort 110 Patente 11, 143, 152 Peep-Show 138 Personalausweis (Vermögen) 155 persönlicher Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Persönlichkeitsrecht (wirtschaftliches) 156 Pfandrecht (Vermögen) 154, 167, 190, 212, 250, 255 Pferderennen 250 s. auch Wette und Spiel Pflegesätze 269 Pflichtverteidiger (Täuschung durch ~) 62

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Phishing Vor § 263 1; § 263 110, 286 PIN (Personal Identification Number) 110 Ping-Anruf 11 f, 258 Plagiat 208 Polizeigebühren 39 portugiesisches Recht Vor § 263 77, 78 POS-(Point of Sale-)Zahlungsverkehr Vor §§ 263 ff 19; § 263 89 POZ-(Point of Sale ohne Zahlungsgarantie)-System 89 Prämienaufschlag s. Warenterminoption (Täuschung) Preis (Täuschung über den ~ bzw. dessen Angemessenheit) 11, 35–37, 64 Preisbindung (Täuschung) 35 Preisetiketten(austausch) 11, 23 Preisforderung (kartellrechtlich unzulässige) 266 Preisnachlass (Tatsache) 11; s. auch Sonderangebot preußisches StGB 1851 Vor § 263 15, 16, 19, 36 Produktpiraterie s. Marken(piraterie) Prognosen s. Tatsachen (Künftiges) progressive Kundenwerbung 16, 33, 136, 213 Prostituierte 130, 138, 151, 158, 254, 269, 332 Provision s. Immobilienschwindel, Innenprovision, Warenterminbetrug Provisionsvertreterbetrug – Absicht rechtswidriger Bereicherung 250, 271 – Schaden 161, 170, 183, 206, 230, 232 – Stoffgleichheit 259 – Täuschung 20, 50 – Verfügung 109, 119 – Wahlfeststellung §§ 263/267 310 s. auch Unterschriftserschleichung Prozessbetrug – Abstammung (Kindschaftsrecht) 304 – ausländisches Recht Vor § 263 57, 66, 75, 84 – Beendigung 275 – dolus eventualis 240, 290 – Handlungseinheit 311 – Irrtum 85, 86, 90 – Kausalität Täuschung/Irrtum 93 – RG-Rspr. Vor § 263 42 – Schaden 235–238 – Strafantrag 336 – Täuschung 19, 27, 58, 234–236 – Verfügung 99, 100, 104, 113, 117, 235, 236 – Verjährung 337 – Vermögensvorteil 255 – Versuch 235, 279, 284 – Vollendung 272 s. auch Mahnverfahren Prozesskostenhilfe 135 Prozessrisiko 170, 209 Prüfnummer (Erschleichen) 37 Publicum Vor § 263 14 Publikumswerbung s. Werbung

Rationierung (Tatsache) 11, 12 Raubkopie 198, 208 Recht auf Wahrheit – Dreiecksbetrug 116 – Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor § 263 14 – Rechtsgutsbestimmung Vor § 263 21, 22, 24, 25, 32 – Tatsachenbegriff 8 – Täuschung 27 – Viktimodogmatik Vor § 263 35 Rechtfertigung 289–291 Rechtsanwalt 19, 286, 290, 318 Rechtsbehauptungen s. Tatsachen Rechtsform 11 Rechtsgut des Betruges Vor § 263 18–33 – Angriffsform des Täters Vor § 263 23, 24 – Dispositionsfreiheit Vor § 263 19, 20, 24, 28–30, 32 – (Handlungs-)Freiheit Vor § 263 29 – internationales Strafrecht 331, 335 – nationalsozialistische Dogmatik Vor § 263 22 – Recht auf Wahrheit Vor § 263 21, 22, 24, 25, 32 – Treu und Glauben Vor § 263 21, 22, 24 – überindividuelle Schutzgüter Vor § 263 18, 21, 27 – Verfassungsrecht Vor § 263 19, 30 – § 253 Vor § 263 23, 24 – § 16 UWG Vor § 263 28 Rechtsmangel der Gegenleistung 208 Rechtspflicht zur Aufklärung s. Aufklärungspflicht Rechtsschein-Fälle – Person des Verfügenden 117, 326 – Schaden 171, 209 – Stoffgleichheit 261 – Verfügungsbewusstsein 119 Rechtsvergleichung Vor § 263 51–95 Rechtsverhältnisse (Tatsache) 10, 11 Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils s. dort s. auch Rechtfertigung, Vermögensschaden (Normativierung) Reform des Betrugsstrafrechts Vor § 263 105–107 Regel-Beispiel-Technik 1, 294 Rendite (Tatsache) 11 Reisekosten (Täuschung über ~) Vor § 263 4; § 263 11, 26, 252 Reisepass (Vermögen) 155, 255 Reisescheck 167, 219a Rentenbetrug 275 s. auch Sozialleistungsbetrug Restaurierung § 263 11 Rheinausbau-Fall 165 Risikoverteilung s. Täuschung (konkludent) römisches Recht Vor § 263 13 Roulette s. Wette und Spiel Rückkauf (der gestohlenen Sache): 186, 327 Rücktrittsrecht als Kompensation 167

qualifizierter Betrug Vor § 263 14, 15 (histor.); § 263 1, 307 Qualität (Täuschung) 11, 35, 37, 64 Quantität (Tatsache) 11

Sachmangel 11, 37 Saldierung s. Vermögensschaden (Kompensation) Sammelbetrug s. Bettelbetrug Sammelgaragen-Fall 11, 39, 116, 190 Sanierungsbetrug 339 Scalping 11, 49a, 87, 258 Schaden s. Vermögensschaden

Rabatt(betrug) 34, 39, 135 f Rating(-Agenturen) 15

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Klaus Tiedemann

Betrug Schadensfreiheitsrabatt 252, 258 schadensgleiche Vermögensgefährdung Vor § 263 35; § 263 111, 161, 168–176, 180, 194, 209, 212–214, 219, 221, 223, 227–238, 263, 272, 275, 293, 298, 299 Scheckbetrug – ausländisches Recht Vor § 263 75, 80, 93 – Irrtum 89 – Postscheck 42 – Schaden 216–218 – Täuschung 11, 42 – Verhältnis zu §§ 242, 267 325, 327 – Vollendung 272 s. auch Reisescheck, Scheckkartenbetrug, Scheckreiterei Scheckkartenbetrug – ausländisches Recht (Schweiz) Vor § 263 54 – Bandenbetrug Vor § 263 4 – Schaden 219 – Stoffgleichheit 261 – Täuschung 43 – Verfügung 117 – § 266b 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 Scheckreiterei 45, 48, 218, 222, 278, 298 s. auch Scheckbetrug Scheinehe s. Asylantenbetrug Scheinerklärung s. Täuschung Scheinfirma(-en) – Berufsbetrüger Vor § 263 4 – Täuschung 11, 50 Scheingebot s. Versteigerung Schenkungsbetrug 148, 211 Scherzerklärung s. Scheinerklärung Schlammkohle-Fall 38, 174 Schmiergeldzahlung 137 Schneeballsystem s. progressive Kundenwerbung schottisches Recht Vor § 263 91, 92 Schreibgebühren 11 Schuld s. Strafzumessung Schuldschein 99, 100, 109, 230, 328 Schwammbefall (Täuschung) 11, 23, 37, 68 Schwarzarbeit 139, 192 schwarze Kassen 233 Schwarzfahren s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) s. auch blinder Passagier Schwarzmarkt („Spritzen“) 164 Schwarzwälder Kirschwasser 11, 198 schwedisches Recht Vor § 263 81, 84, 86 Schweigerechte als Rechtfertigung 291 schweizer Recht Vor § 263 42, 51–55, 93; § 263 36, 37, 335 Selbstbedienungsladen (Diebstahl/Betrug im ~) 50, 68, 120, 325 Selbsthilfebetrug 194, 231, 265, 266 Selbstkostenfestpreis s. Baupreisverordnung Selbstschädigungsdelikt 5, 98, 113, 114, 120; s. auch unbewusste Selbstschädigung Selbstschutz s. Opfermitverantwortung Serienbetrug s. Serientäter Serientäter Vor § 263 4; § 263 293, 311, 336, 335 Seriosität 11

§ 263

Sicherheit 11, 15, 33 Sicherheiten als Kompensation 167, 174, 175, 212, 213 Sicherheitsleistung s. Kautionsanspruch Sicherungsbetrug 75, 298, 324–327 Sicherungsübereignung 134, 167, 212, 281 Sirius-Fall Vor § 263 37; § 263 10 sittenwidrige Vermögenspositionen 130, 133, 138, 151, 158 Situationstäter s. Gelegenheitstäter Software 323 Sonderangebot 11 Sondertatbestände Vor §§ 263 ff 3 ff; Vor § 263 3, 5, 7, 14, 18, 42, 43, 45, 48–50; § 263 3 – Alternativ-Entwurf Vor § 263 106 – ausländisches Recht Vor § 263 54, 58, 61, 68, 71, 76, 77, 80, 82, 90, 93 – Corpus Juris Vor § 263 107 – EG-Recht s. dort – Institutionenschutz s. dort – Konkurrenzen s. dort – Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Vor § 263 105 – Verfassungsrecht Vor § 263 47, 50 – § 263a Vor §§ 263 ff 6; Vor § 263 23, 41, 44; § 263 92, 297, 307, 330 – § 264 Vor §§ 263 ff 3; Vor § 263 18, 40, 42, 44, 47, 99, 103; § 263 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331 – § 264a Vor §§ 263 ff 7; Vor § 263 18, 40, 44, 47, 50; § 263 27, 49, 66, 297, 307, 314 – § 265 Vor §§ 263 ff 8; Vor § 263 44, 47; § 263 297, 307, 314, 327 – § 265a Vor §§ 263 ff 5; Vor § 263 43, 46, 94; § 263 79, 153, 297, 307, 314 – § 265b Vor § 263 18, 40, 44, 47; § 263 27, 46, 175, 184, 212, 297, 307, 314 – § 266b Vor §§ 263 ff 12; 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 – § 298 Vor § 263 104; § 263 165, 317 – § 398 AktG Vor § 263 47 – §§ 147 ff GenG Vor § 263 55 – § 82 GmbHG Vor § 263 47, 55; § 263 323 – § 16 UWG s. irreführende Werbung Sonderwissen 81 Sozialadäquanz Vor § 263 35; § 263 8, 27, 290 Sozialhilfebetrug s. Sozialleistungsbetrug Sozialleistungsbetrug – Irrtum 79, 91, 269 – Schaden 148, 181–185a, 188 – Täuschung 11, 39, 50, 54, 57, 72, 75 – Verfügung 99, 100, 104, 111 – Verhältnis zu § 370 AO 321 s. auch Zweckverfehlungslehre Sozialvermögen Vor § 263 5 Sozialversicherungsbetrug – Irrtum 78 – Täuschung 11, 29, 57, 69 – Vollendung 272 spanisches Recht Vor § 263 72–76, 93, 94; § 263 335 Sparbuch (Vorlage durch Nichtberechtigten) – Irrtum 88 – Kausalität des Irrtums für die Verfügung 125

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

– Täuschung 44 – Verhältnis zu § 242 325, 326 – Versuch (bei Guthabenfälschung) 278 Spekulationsgeschäfte – Täuschung 49, 60, 66 – Irrtum 85–87 Spendenbetrug s. Bettelbetrug Spesenbetrug 26, 50, 185a Sponsoring 184 Sport s. Pferderennen, Wette und Spiel Sportbetrug 4, 20, 31, 135, 136, 183, 197, 250, 323 Sportwette 31, 170, 272, 286 Stasi-Angehörigkeit 63, 223, 224 s. auch Anstellungsbetrug stellionatus Vor § 263 13 Steuerstrafrecht s. Abgabenstrafrecht Stoffgleichheit 3, 155, 162, 175, 185, 186, 213, 248, 256–263, 300, 306 Stoßbetrug s. Warenkreditbetrug Strafanspruch als Vermögensbestandteil 145, 158, 254 Strafverfolgung (Umfang) Vor § 263 9 Strafzumessung Vor § 263 39; § 263 292–294 Stundungsbetrug 15, 136, 211, 220, 229, 255, 281 s. auch Vermögensverfügung (durch Unterlassen) subjektiver Tatbestand Vor § 263 16; § 263 239–271 – Absicht rechtswidriger Bereicherung 2, 3, 185, 239, 248–271, 288, 306, 334 – ausländisches Recht Vor § 263 51, 56, 58, 64, 70, 75, 80, 83, 86, 90 – dolus eventualis 240, 244, 245, 248 – dolus subsequens 247 – EG-Recht, EU-Recht Vor § 263 103, 107 – Irrtümer 241 (Geschädigter, Schaden), 242 (Baupreisverordnung, Durchführbarkeit eines Vorhabens, Erklärungsvollständigkeit, Garantenstellung, Okkulttäter), 243 (eigener Anspruch, Sicherheiten), 268, 269, 281 (Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils) – Nebenfolgen und Zwischenziele 251, 252, 253, 260, 271 – Prozessbetrug s. dort – Tatbestandsirrtum 242, 243, 268–270; „umgekehrter“ ~ s. Versuch (untauglicher) – Verbotsirrtum 241, 242, 270; „umgekehrter“ ~ s. Wahndelikt – Vorsatz 30, 33, 42, 239–248, 268, 300 – Zweifel 38, 245, 247 s. auch Stoffgleichheit Submissionsbetrug – ausländisches Recht Vor § 263 68, 93 – Betrügerei Vor § 263 2, 104 – EG-Recht/EU-Recht Vor § 263 104, 107 – Exspektanzen Dritter 135, 263; der Vergabestelle 137 – Schaden 164, 165 – Stoffgleichheit 263 – Täuschung 11, 39, 69 – Verfügung 113, 117 – Vorsatz 242 – § 298 Vor § 263 104; § 263 165, 317 Subventionsbetrug Vor §§ 263 ff 3 – ausländisches Recht Vor § 263 61, 68, 74, 90

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– – – – – – – – – –

internationales Strafrecht 331 Irrtum 79, 83 Schaden 181–185a, 267, 294 Täuschung 11, 39, 50, 56 Verfügung 100, 104 Vermögensvorteil 267 Vollendung 272 Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor § 263 6 § 264 Vor § 263 18, 40, 42, 44, 47, 100, 102; § 263 1, 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331 – § 370 AO 319–322 s. auch Bettelbetrug, Zweckverfehlungslehre Supermarkt s. Selbstbedienungsladen Systematik des Betrugsstrafrechts Vor § 263 41–50

Tankstellenbetrug Vor § 263 4; § 263 12, 38, 276 Tatbestandsirrtum s. subjektiver Tatbestand Tatbestandsstruktur Vor § 263 20, 21, 24, 29, 33; § 263 3–5 Tatbild des Betruges 5, 98 Täter-Opfer-Beziehung Vor § 263 10, 11 Täterschaft und Teilnahme 283–288 – Anstiftung 284, 288 – Beihilfe 271, 283, 286–288, 301 – Führungsaufsicht 329 – Konkurrenzen 311, 313, 325 – mittelbare Täterschaft s. dort – Mittäterschaft 283, 286 – Nebentäterschaft 285 – des Prinzipals 71, 74, 284, 311 Tätertypen Vor § 263 4; § 263 305 Tatsachen Vor § 263 16; § 263 2, 5, 7–20 – äußere ~ 11 – Definition 10 – Einzelbeispiele 10–12, 15, 20 – Erfahrungssätze/Naturgesetze 17 – innere ~ 8, 9, 12, 15, 16, 20, 26, 38 – Künftiges 8, 9, 12, 14, 16 – Meinungsäußerungen 8, 9, 13 – Rechtsbehauptungen 12, 18–20 – Tatsachenkern 14, 19 – Unmögliches 10, 38 – Werbeanpreisungen 14 – Werturteile 8, 9, 12, 13, 16 Täuschung Vor § 263 1, 21; § 263 2–4, 7–75, 80 – Anfordern einer Leistung 39, 41 – ausdrückliche Vor § 263 35, 39; § 263 4, 21, 22, 24–27, 30, 41 – ausländisches Recht Vor § 263 51–53, 56, 57, 60, 62–65, 69, 70, 72, 73, 79, 82–85, 87–89, 91–93; § 263 8 – über Befugnisse 39 – Bewusstsein 23 Fn. 46 – EG-Recht/EU-Recht Vor § 263 95, 103 – Eignung zur Täuschung Vor § 263 35, 72 f; § 263 23 Fn. 46 – Entgegennahme einer Leistung 39, 64, 67 – Erheblichkeit 21, 27 – durch Erklärungen 4, 7, 22–24 – internationales Strafrecht 334

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Betrug – konkludente Vor § 263 35, 39; § 263 8, 19, 21, 22, 26–50, 60, 62–64, 67, 69, 87, 242, 318 – Manipulationen 4, 11, 20, 23, 31, 35, 37, 50, 68, 316 – Mängel 37, 64 – mehraktige ~ 27 – Rückkauf 20 – Scheinerklärung 26 – Sondertatbestände Vor § 263 7, 45 – Sozialadäquanz s. dort – Tatbestandsstruktur Vor § 263 20, 21; § 263 3 – über Tatsachen s. dort – Unmittelbarkeit bzgl. Verfügung 27 – durch Unterlassen s. dort – Vermögensrelevanz 2, 27, 276, 278 – Wette und Spiel 31, 33 – zugesicherte Eigenschaften 37 Tauschwert Vor § 263 20 Taxpreise (Täuschung) 35, 36 Telefonkarten Vor § 263 4 Telefonsex 130, 138, 158, 282 Teppichkauf (Haustürgeschäft) 85, 86 Theft Act (1968/78/96) s. englisches Recht Treu und Glauben – Rechtsgut § 263 s. dort – Garantenstellung Vor § 263 93; § 263 53, 54, 58, 59, 64, 66–68 TV-Moderator (Gewinnspiel) 250 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Vor § 263 2, 41, 95, 102 überindividuelle Schutzgüter – abstrakte Gefährdungsdelikte Vor § 263 49, 50 – im EU-Ausland Vor § 263 99 – Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor § 263 16 – Rechtsgut des Betruges Vor § 263 20, 27 – Sondertatbestände Vor § 263 47, 49 – Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 s. auch Institutionenschutz Übersicherung 212 Überzahlung s. Täuschung (Entgegennahme einer Leistung) Überzeugungen (innere Tatsachen) 20, 38 U-Haft s. Freiheitsentziehung Umbuchung 167, 174, 175 Umgehung 50 Umsatz (Tatsache) 11, 183a Umtausch abgewerteter Banknoten 50 Umzugskosten 11, 57, 267 unbewusste Selbstschädigung Vor § 263 33; § 263 27, 138, 182–185 Unbrauchbarkeit einer Leistung 37 Unfallschaden (Tatsache) 11 Unionsrecht (EU) – Einfluss auf Betrugsauslegung Vor § 263 40 – Schutz der EU-Finanzinteressen § 263 6 – Unionsrechtsfreundliche Auslegung Vor § 263 40, 98, 99, 101; § 263 6, 50, 332 – Verbraucherleitbild Vor § 263 40 – Werbung für Produkte Vor § 263 40 s. auch EG und EU Unregelmäßigkeit (EG-Recht) Vor § 263 2

§ 263

Unterhaltsanspruch 147, 154, 269 Unterhaltsbetrug 59, 104 Unterlassen (Betrug durch ~) Vor § 263 39, 93, 94; § 263 21, 29, 30, 51–75, 78, 87, 247 – ausländisches Recht Vor § 263 65, 70, 73, 82, 88, 89, 92, 93 – Entsprechungsklausel 21, 51, 73, 74 – Garantenstellung Vor § 263 93; § 263 21, 23, 29, 30, 51–72, 152, 242 – des (geschiedenen) Ehegatten 59, 72 – des Prinzipals 71, 284 – Versuch 280 – Zumutbarkeit des Handelns 75 s. auch Vorstrafen (Täuschung) Untermieter-Fall 116 Unternehmenskauf 183a, 206 Unternehmenswert 200 Unterschlagung 155 – Verhältnis zu § 263 108, 190, 313, 325, 326, 328 – Wahlfeststellung 309 Unterschriftserschleichung – Schaden 178, 207, 230 – Täuschung 11 s. auch Beweismittelbetrug, Provisionsvertreterbetrug Unterstützungsbetrug s. Bettelbetrug unvollkommene Verbindlichkeiten 130, 149, 150, 196, 255, 270 Unvollständigkeit von Erklärungen § 263 7, 29, 50 Unwahrheit von Tatsachen 25 Urkundendelikte – Betrügerei Vor § 263 2 – geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor § 263 12, 13, 15, 16, 41 – Institutionenschutz Vor § 263 47, 49 – Verhältnis zu § 263 23, 109, 316, 327, 328, 335 – Vermögensstrafe 330 – Wahlfeststellung §§ 263/267 310 – § 263 Abs. 3 Nr. 1 297 – § 263 Abs. 5 307 s. auch Fälschungsdelikte verbotene Vermögenspositionen 130, 133, 138, 140–142, 151, 155, 158 Verbotsirrtum s. subjektiver Tatbestand Verbraucherleitbild Verbrechen (Betrug als ~) 307 Verdienstmöglichkeit (Tatsache) 11 Verdunstungsröhrchen s. Täuschung (Manipulationen) Verfall – Rechtsfolge 1, 330 – Vermögensbegriff 136, 145 Verfassungsrecht – Abrechnungsbetrug 267 – Anstellungsbetrug 223 – außerstrafrechtliche Begriffe Vor § 263 50 – Rechtsgut des Betruges Vor § 263 19, 30 – Sondertatbestände Vor § 263 47, 50 – Tatsachenbegriff 14 – Verfall (erweiterter) 330 – Art. 103 Abs. 2 GG Vor § 263 19, 30, 50; § 263 7, 59, 66, 80, 98, 169, 180, 335

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Verfügbarkeit (Tatsache) 11 Verfügung s. Vermögensverfügung Verfügungsbefugnis (Tatsache) 11 Verfügungsbewusstsein – ausländisches Recht (Griechenland) Vor § 263 60 – Erfordernis 5, 118–120 Vergleichsbetrug 32, 59 Verjährung 273, 337 Verjüngungsmittel 11 Verkehrs(un)fähigkeit 11, 37, 151, 198 Verkehrswert s. Marktwert Verletzter 3, 6, 303, 311, 313, 325, 327, 335 s. auch Antragsdelikt Vermächtnis (Erschleichen) 137, 272, 276 Vermieterbetrug 34, 63, 275 s. auch Eigenbedarf, Kündigungsbetrug, Nebenkostenabrechnung Vermittlungsprovision s. Warenterminoption (Täuschung) Vermögen Vor § 263 20, 21, 31, 50, 94 – ~ im Ausland/eines Ausländers 331, 332 – Bilanzrecht Vor § 263 32; § 263 131, 157, 168, 171, 172, 174, 175 – Definition 132 – der EU Vor § 263 42, 101; § 263 6 – als Institution Vor § 263 31 – normative Maßstäbe Vor § 263 31, 32 – öffentliches ~ Vor § 263 11, 42, 93, 101; § 263 184, 185, 331 – Persönlichkeitsschutz Vor § 263 32 – Rechtsgut des Betruges Vor § 263 18–20, 21, 26–28; § 263 3 – soziale Betrachtung Vor § 263 32 – Wirtschaftswissenschaften Vor § 263 32; § 263 126 s. auch Vermögenslehre Vermögensberatung (Garantenstellung) 61, 62 Vermögensgefährdung s. schadensgleiche Vermögensgefährdung Vermögenslehre – integrale („institutionelle“) Vor § 263 31, 32; § 263 132, 145, 158, 163, 171, 173, 254, 256 – juristische Vor § 263 20, 25, 26; § 263 127–129, 140, 165, 168, 173 – ökonomisch-juristische Vor § 263 26, 31, 32; § 263 132, 145, 151, 158, 168, 173, 186, 231, 254, 332 – personale Vor § 263 28, 30–33; § 263 126, 135, 158, 159, 165, 185 – wirtschaftliche Vor § 263 20, 26, 32, 42, 50, 94; § 263 126, 127, 130, 131, 145, 149, 151, 158, 163, 168, 172, 173, 231, 254, 256, 264 Vermögensrechte 154 Vermögensrelevanz der Täuschung s. dort Vermögensschaden Vor § 263 1, 4, 12; § 263 2, 3, 5, 8, 126–239, 272, 334 – fehlendes Erfordernis im ausländischen Recht Vor § 263 62, 66, 88, 91, 93; § 263 2 – Betrügereien Vor § 263 2 – EG-Recht Vor § 263 95, 103 – prozessuale Feststellung 165 – Höhe Vor § 263 9 (Kriminalstatistik); § 263 293, 295, 298 (Strafzumessung), 305 (Bagatellbetrug)

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– Kompensation (Saldierung) Vor § 263 32; § 263 2, 97, 126, 128, 159–161, 166, 167, 173–175, 179, 185, 188, 197–227, 261, 262 – Normativierung und Rechtswidrigkeit 185, 186, 188, 194, 195, 231, 275 – objektiv-individuelle Bestimmung Vor § 263 32, 47; § 263 126, 177–180, 182, 184, 185, 188, 199, 203–207, 262, 281 – Prinzipien der Schadensermittlung 158–186 – Sondertatbestände Vor § 263 46, 47; § 263 3 – Tatbestandsstruktur Vor § 263 20, 41; § 263 3, 5 – unbeachtliche Wiedergutmachung 162 – Zeitpunkt der Bestimmung 161 Vermögensstand (Tatsache) 11 Vermögensstrafe 1, 330 Vermögensverfügung 2, 3, 5, 96–125 – ausländisches Recht (Frankreich) Vor § 263 66 – Begriff und Definition 97–111 – Blankounterschrift 101, 109, 171, 230 – durch Buchung 100, 171, 232 – Dreiecksbetrug s. dort – EG-Recht/EU-Recht Vor § 263 95 – Einzelbeispiele 100, 237 – durch Festnahme/Inhaftierung 100, 104, 146 – eines Geschäftsunfähigen 99 – Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor § 263 15 – Gewahrsamslockerung 106 – Kausalität s. dort – mehraktige Verfügung 111, 247, 272 – durch öffentlich-rechtliche Akte 104 – Opfermitverantwortung Vor § 263 34 – Person des Verfügenden 2, 5, 97, 112 (s. auch Dreiecksbetrug) – Tatbestandsstruktur Vor § 263 20; § 263 5, 96 – Unmittelbarkeit 98, 105–111, 161, 162, 171, 180, 227 – durch Unterlassen 102, 103, 217, 229, 233, 235, 255, 272, 284 – Verfügungsbewusstsein s. dort Vermögensverschiebungsdelikt Vor § 263 15; § 263 3, 175, 256 Vermögensvorteil 254, 255, 272, 273, 306, 330 – Rechtswidrigkeit 3, 194, 231, 238, 264–267, 275 Versicherungsbetrug (Betrug gegenüber Versicherer) – Absicht rechtswidriger Bereicherung 252, 302 – ausländisches Recht Vor § 263 58, 61, 71, 76, 78, 80 – besonders schwerer Fall 302 – Beteiligung 283, 286 – Gelegenheitstäter Vor § 263 4 – Irrtum 79 – Mittäterschaft 283 – Schaden 174, 272 – Stoffgleichheit 258 – Tateinheit 311 – Täuschung 60, 61, 66, 302 – Verhältnis zu § 315b 327 – Versuch 276–278, 281, 282, 302 – Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 – § 265 a.F. Vor § 263 44; § 263 302 s. auch Versicherungsmissbrauch

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Betrug Versicherungsmissbrauch (§ 265 n.F.) Vor §§ 263 ff 8; Vor § 263 44, 47; § 263 282, 297, 302, 307, 314, 327 s. auch Versicherungsbetrug Versteigerung 11, 31, 36, 276 Versuch 1, 27, 276–281 – Eingehungsbetrug 175, 176, 276, 277, 278 – Führungsaufsicht 329 – mehraktige Verfügungen 247 – Prozessbetrug s. dort – unmittelbares Ansetzen 277 – untauglicher ~ 281, 282 – Verjährung 338 – Vollendung 172 – Vorbereitungshandlung 23, 135, 278, 286 Vertrag zugunsten Dritter 135 vertragliche Regelungen (Tatsache) 11 Vertragsarzt – Abrechnungen 91, 125, 167, 188, 267, 269, 293, 311 – Zulassung 104, 225, 276, 278 Vertreter ohne Vertretungsmacht 215 Verwandtschaft (Tatsache) 10, 11 Verwarnungsgeld 145, 254 Verwendungszweck eines Darlehens oder einer Ware 212 VW-Aktie 6, 135, 136 Videopiraterie 323 Viktimodogmatik s. Opfermitverantwortung Viktimologie s. Opfermitverantwortung Vollendung 272, 286 Vollstreckungsbescheid s. Mahnverfahren Vollstreckungsbetrug 113, 117, 135, 211, 229, 255, 325 Vorkaufsrecht (Vermögen) 134 Vorsatz s. subjektiver Tatbestand Vorstrafen – Kriminalstatistik Vor § 263 8 – Schaden (Anstellungsbetrug) 224, 227 – Täuschung 11, 63, 291 Wahlfeststellung 308–310 – eigen-/fremdnützige Tat 271 – „Opfer-Wahlfeststellung“ 6, 214 – § 218 310 – § 242 310 – § 246 309 – § 259 308, 309 – § 263a 92 – § 266 308, 309 – § 267 310 – § 332 310 Wahndelikt 282 Wahrheitsanspruch bei Werturteilen 13–15, 19 Wahrheitspflicht s. Recht auf Wahrheit Wahrheitsrecht s. Recht auf Wahrheit Wahrsager (Fähigkeit als Tatsache) 11 Warenbetrug – Serienbetrug Vor § 263 4 – Täuschung 11 – Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 Warenfälschung Vor § 263 41 – ausländisches Recht (Schweiz) Vor § 263 55; § 263 335 – historisch Vor § 263 14 s. auch Lebensmittelfälschung

§ 263

Warenkreditbetrug (Lieferantenkreditbetrug) – Irrtum 87 – Kausalität des Irrtums für die Verfügung 125 – Rechtsvergleichung Vor § 263 93 – Schaden 174 – Stoßbetrug Vor § 263 4; § 263 340 – Täuschung 38, 65 – Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5 s. auch Kreditbetrug Warentermingeschäft 49, 60, 293, 311 s. auch Warenterminoption Warenterminoption – Beihilfe 286 – internationales Strafrecht 332 – Schaden 162, 163, 173, 206 – Täuschung 11, 12, 15, 33, 49, 66 s. auch Warentermingeschäft Warenwechsel s. Wechselbetrug Wechselbetrug – ausländisches Recht (Spanien) Vor § 263 75 – Diskontierung 47, 48 – Schaden 46, 220, 221 – Täuschung 46 – Vermögensvorteil 255 s. auch Kreditbetrug Wechselgeld – Täuschung bei Entgegennahme 39 – Wechselgeldfalle Vor § 263 4; § 263 107 Wechselreiterei 48, 222 Wein (Fälschung) Vor § 263 31; § 263 37, 198, 323 s. auch Lebensmittelfälschung Werbung – als Betrug Vor § 263 40; § 263 11, 14 – marktschreierische Vor § 263 37 s. auch irreführende Werbung Wertersatzstrafe s. Verfall (Vermögensbegriff) Wertpapiergeschäfte Vor § 263 1; § 263 11, 49, 60, 62, 66, 278, 323 s. auch Warentermingeschäft, Warenterminoption Werturteile s. Tatsachen Wettbetrug 135, 174, 272 Wettbewerbsabsprachen s. Submissionsbetrug Wette und Spiel 20, 31, 33 Wiederbeschaffungswert 132, 155, 158 Wiedergutmachungsbetrug Vor § 263 5 Winkelunternehmen s. Scheinfirma wirtschaftlicher Notstand 289 wirtschaftliche Verhältnisse (Tatsache) 11 wirtschaftlich Wertloses 155, 157, 254 Wirtschaftsbetrug Vor § 263 5 Wirtschaftsdelikt s. Wirtschaftsstraftat Wirtschaftsstraftat Vor § 263 5, 6; § 263 339 Wissen/Unwissen (innere Tatsache) 12, 20 Wissenschaftsbetrug – Anstellungsbetrug 224 – Bereicherungsabsicht 253 – Einwerben von Drittmitteln 181, 184 – subjektiver Tatbestand 253 – Täuschung 36 Wissenszurechnung 82, 111 Wohnraumbewirtschaftung 137

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Wunderheiler (Fähigkeit als Tatsache) 11 Wundermittel Zahlungs(un)fähigkeit s. Leistungs(un)fähigkeit Zahlungs(un)willigkeit s. Leistungs(un)willigkeit Zechprellerei – ausländisches Recht Vor § 263 54, 68, 78, 80, 89 – Betrügerei Vor § 263 1 – Irrtum 83 – Schaden 175, 213 – Tätertypen Vor § 263 4 – Täuschung 33, 38, 39 Zeitdiebstahl 153 Zeitschriftenwerber(betrug) 183

Zellwollhosen-Fall 137, 202, 205 Zollstrafrecht Vor § 263 42 Zolltarifnummer 37 Zukünftiges s. Tatsachen (Künftiges) Zuteilung (behördliche) 6 Zuvielleistung 67 Zwangsgeld (steuerliches) 146, 319 Zweckerreichung 159, 185a Zweckverfehlungslehre Vor § 263 95; § 263 165, 181–185, 262 s. auch Bettelbetrug, Subventionsbetrug Zweifel s. Irrtum, subjektiver Tatbestand Zwölftafelrecht Vor § 263 13

I. Aufbau und Einordnung des Tatbestandes 1

1. Allgemeine Übersicht. § 263 umschreibt in Absatz 1 den Grundtatbestand des Betruges. Absatz 2 sieht die Strafbarkeit des Versuches des Grundtatbestandes vor. Absatz 3 ist eine Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle, die nach der Regel-Beispiel-Technik benannt sind, während Absatz 5 für die bandenmäßige Begehung eine echte Qualifizierung enthält und vor allem der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dient (Rdn. 17 Vor § 263). Für den letzteren Bereich ist nach Absatz 7 die erleichterte Anordnung des Verfalls von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers nach § 73d vorgesehen; die Möglichkeit der Verhängung von Vermögensstrafe wurde durch BVerfGE 105 135 ff im Jahre 2002 wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG mit Gesetzeskraft für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Nach Absatz 6 kann bei Betrugstaten aller Art unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Führungsaufsicht angeordnet werden. Betrug zum Nachteil von Angehörigen sowie Betrug mit geringem Vermögensschaden werden nach Absatz 4 nur auf Antrag verfolgt, im letzteren Fall allerdings bei Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung auch von Amts wegen. – Gemäß § 15 ist nur vorsätzliches Handeln mit Strafe bedroht; die weitergehende Anordnung des § 264 Abs. 4 ist auf diesen besonderen Tatbestand des Subventionsbetruges beschränkt.

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2. Tatbestandsmerkmale. Neben dem subjektiven Merkmal einer Absicht der (rechtswidrigen) Bereicherung auf Kosten des geschädigten Vermögensträgers enthält der Betrugstatbestand folgende fünf objektive Tatbestandsmerkmale, die angesichts des allgemein als verunglückt und unvollständig eingeschätzten Gesetzestextes teilweise neu zu formulieren und zu ergänzen sind (näher Rdn. 7): Die auf Tatsachen bezogene und beschränkte Täuschungshandlung („Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen“) muss einen Irrtum des Getäuschten hervorrufen oder unterhalten (näher Rdn. 76 ff), und dieser Irrtum muss zu einem Vermögensschaden eines anderen führen (dazu näher unten Rdn. 126 ff). Eine derartige Verursachung eines Schadens aufgrund einer Täuschung und eines Irrtums ist nur möglich, wenn ein vermögensbezogenes Verhalten des Getäuschten hinzugedacht wird; dieses wird von der ganz h.M. naheliegenderweise in dem Verhalten des Getäuschten gesehen und als „ungeschriebenes“ Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung des Irrenden bezeichnet.1 Sie ist 1

BGHSt 14 170, 171 f; RGSt 47 151, 152 f; 49 16, 19; 64 226, 228; Eisele BT II § 21, 525; Fischer Rdn. 70; Gössel 2 § 21, 5; Hefendehl

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MK Rdn. 9; Hoyer SK Rdn. 85; Kindhäuser Rdn. 106; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 385; Küper BT S. 394; Lackner/Kühl Rdn. 1;

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§ 263

Betrug

„Bindeglied“ zwischen Irrtum und Schaden und stellt nach dem Irrtum einen weiteren „Zwischenerfolg“ der Tathandlung dar (Küper BT S. 227 und 394). Da die Vermögensverfügung eine das Vermögen mindernde Einwirkung auf dasselbe ist (unten Rdn. 97), wirkt sie vorbehaltlich einer Kompensation durch Zufluss von Vermögensvorteilen zugleich schädigend. Im Schrifttum wird daher z.T. von einem dreigliedrigen Aufbau des objektiven Tatbestandes gesprochen (insbes. Schmidhäuser BT 11/7 und FS Tröndle S. 305 ff; zust. Hansen Jura 1990 511 ff). Trotz der uno actu erfolgenden Schädigung durch Verfügung empfiehlt sich aber die jedenfalls gedankliche Trennung von Verfügung und Schaden (h.M.). – Zwischen den vier genannten Merkmalen ist schließlich Kausalzusammenhang erforderlich.2 Umstritten ist, ob darüber hinaus ein „funktionaler“ Zusammenhang bestehen muss, insbesondere dergestalt, dass die Täuschung für den Gegenstand des zugrunde liegenden Geschäfts erheblich oder doch allgemein vermögensrelevant sein (Rdn. 27) oder dass der Irrtum sich auch auf den Vermögensschaden erstrecken muss (Rdn. 182 ff). Personenidentität muss dagegen nur zwischen Irrendem und Verfügendem, nicht zwischen Verfügendem und Geschädigtem bestehen; hieraus ergibt sich die Möglichkeit eines „Dreiecksbetruges“ (dazu im Einzelnen Rdn. 112 ff). Begünstigter kann im Übrigen auch ein anderer als der Täuschende sein („fremdnütziger Betrug“, vgl. Rdn. 271). 3. Tatbestandsstruktur a) Absatz 1 ist als Erfolgsdelikt aufgebaut (unstr). Der Erfolg besteht hier ebenso wie 3 bei §§ 263a, 265a in der Beschädigung des Vermögens eines anderen, also dem Entzug wertvoller Einzelgüter oder der Beeinträchtigung des Gesamtwertes des Vermögens einer anderen Person. Hierin liegt zugleich die Verletzung des durch § 263 geschützten Rechtsgutes (Rdn. 18 ff Vor § 263 mit Nachw.). Allerdings ist der durch § 263 bewirkte Vermögensschutz relativ ausgestaltet,3 nämlich nur gegen die im Gesetz genannte Angriffsform der Täuschung gewährleistet, ähnlich wie der verwandte Tatbestand der Erpressung das Vermögen eines anderen nur gegen Schädigung durch Gewalt oder Drohung (Zwang) schützt (zust. Hefendehl MK Rdn. 8). Deshalb gehört § 263 insgesamt zur Kategorie der verhaltensgebundenen Erfolgsverletzungsdelikte, im Unterschied zu den besonderen Tatbeständen der §§ 264, 264a, 265, 265b, die von einem Erfolgseintritt absehen und Tätigkeitsdelikte sowie nach einem verbreiteten, freilich zweifelhaften Sprachgebrauch abstrakte Gefährdungsdelikte darstellen.4 Allerdings reicht die Vermögensbeschädigung durch vorsätzliche Täuschung für die Betrugsstrafbarkeit nicht aus. Vielmehr erfordert § 263 als „überschießende Innentendenz“ (Hoyer SK Rdn. 265; Rengier BT I § 13, 1) zusätzlich die Absicht der Bereicherung auf Kosten des Geschädigten (vgl. bereits Rdn. 2). Da die Bereicherung nicht eintreten muss, sondern der Betrug bereits mit dem Eintritt des Nachteils beim Geschädigten vollendet und die Absicht Teil des Unrechtstatbestandes (nicht erst der Schuld!) ist, spricht man insoweit auch von einem kupierten Erfolgs-

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Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 10 und 11; Mitsch BT 1 § 7, 16 und 62; Otto BT § 51, 8 und 28; Rengier BT I § 13, 61; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 490. Unstr., vgl. Fischer Rdn. 5; Hefendehl aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 23; Otto BT § 51, 8; Rengier BT I § 13, 1a;

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Schönke/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp aaO. Amelung Rechtsgüterschutz S. 205; Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 28; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 3. Zu diesem Sprachgebrauch bereits Rdn. 9 f Vor §§ 263 ff; ferner Hoyer SK Rdn. 7 Vor § 263.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

delikt.5 Der Kern des Betrugsunrechts liegt deshalb nicht allein in der (gewinnsüchtigen) Vermögensschädigung. Hinzu tritt vielmehr der Gesichtspunkt der (rechtswidrigen) Vermögensverschiebung.6 Die eher formelle Kennzeichnung des Betruges als Vermögensverschiebungsdelikt hat damit auch eine materielle Seite, aus der neuerdings das Erfordernis der Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung im Sinne eines Widerspruchs zur rechtlichen Vermögens(zu)ordnung abgeleitet worden ist, auch wenn das Gesetz dieses Merkmal nur bei dem erstrebten Vorteil erwähnt (vgl. hier nur Küper BT S. 84; näher dazu Rdn. 185). Aber auch auf der Grundlage der h.M. kommt der Gesichtspunkt der (rechtswidrigen) Vermögensverschiebung in dem überwiegend geforderten ungeschriebenen Merkmal der Stoffgleichheit zwischen Schaden und Vorteil zum Ausdruck (näher Rdn. 256 ff). Hierdurch wird der Betrugstatbestand gegenüber bloßen arglistigen Vermögensbeschädigungen, aber auch gegenüber diffusen Gefährdungen oder bloßen Umschichtungen im Gesamtvermögen des Opfers, denen kein fassbarer Vorteil entspricht, abgegrenzt.

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b) Das Erfordernis der Täuschung, nämlich der kommunikativen Einwirkung auf einen anderen Menschen (vgl. bereits Rdn. 3 Vor § 263), macht den Betrug zu einem Kommunikationsdelikt.7 Zwar kann die Entscheidungsgrundlage des Opfers auch durch Manipulation von Gegenständen beeinflusst werden. Jedoch wird diese Sachmanipulation entsprechend der historischen Entwicklung (Rdn. 12 ff Vor § 263) tatbestandlich durch besondere Fälschungstatbestände erfasst, deren Lückenhaftigkeit nicht durch Annahme eines Auffangtatbestands des Betruges ausgefüllt werden kann. Betrug setzt vielmehr bei Begehung durch Tun unmittelbare Einwirkung auf die Vorstellung des Opfers durch Erklärung voraus; er betrifft die Kommunikationsgesellschaft, nicht die sächliche Welt. Dabei braucht es sich allerdings keineswegs um ausdrückliche Erklärungen zu handeln; ausreichend sind vielmehr alle Formen der Kommunikation (Rdn. 22). Diese wird durch die Einseitigkeit der Informationsübermittlung (Radio, Fernsehen, Internet usw.) nicht ausgeschlossen (Tiedemann LK § 265a Rdn. 26 mit Nachw.). Eine „kommunikative Beziehung“ liegt auch zwischen Schauspieler und Theaterpublikum sowie zwischen Sportler und (z.B. Fußball-)Publikum vor (Heger JA 2003 82; Kerner/Trüg JuS 2004 140; zw. Roxin FS Samson S. 447). Zur Begehung durch Unterlassen Rdn. 51.

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c) Das ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Tatbestandserfordernis der Vermögensverfügung (Rdn. 2) charakterisiert ebenfalls die Struktur des Betrugstatbestandes (und wird daher von dem französischen Vorbild im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben; vgl. Rdn. 15 Vor § 263). Dieser ist damit als Selbstschädigungsdelikt konzipiert 8 und

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Bockelmann BT/1 S. 63 f; Hefendehl MK Rdn. 11; Klesczewski BT 2 S. 86; Lackner/ Kühl Rdn. 2; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 12; Mitsch BT 1 § 7, 16; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; aA Schmidhäuser BT 11/6. Kasiske GA 2009 365; Kindhäuser Rdn. 111 und NK Rdn. 53; Lampe FS Otto S. 641; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; Mitsch BT 1 § 7, 119; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 489. Amelung GA 1977 17; Eisele BT II Rdn. 514; Gössel 2 § 21, 13; Hefendehl MK Rdn. 21; Kindhäuser FS Tiedemann S. 580 f;

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Klesczewski aaO; Rengier BT I § 13, 10; Satzger S/S/W Rdn. 30; Schmidhäuser BT 11/8; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 12 und 37; Wittig Verhalten des Betrugs S. 220 ff und Wirtschaftsstrafrecht § 14, 26; aA Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 46; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 338; Mitsch BT 1 § 7, 52; Hoyer SK Rdn. 25 m.w.N. Arzt aaO Rdn. 28; Hefendehl MK Rdn. 9; Klesczewski aaO; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 384; Lackner/Kühl Rdn. 2; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 11 und 71; Mitsch BT 1 § 7, 68; Otto BT § 51, 31; Rengier BT I § 13, 61; Sch/Schröder/Cramer/

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§ 263

Betrug

stellt so – wiederum in Parallele zur Erpressung – den Gegentyp zum Diebstahl als Fremdschädigungsdelikt dar: Die Vermögensbeschädigung erfolgt bei § 263 mit Willen und – jedenfalls typologisch, nicht notwendig in jedem Einzelfall (Rdn. 98) – durch einen Gebeakt des Getäuschten (Irrenden), nicht unbedingt allerdings des Vermögensträgers. Hieraus folgert die h.M. ein gegenseitiges Ausschlussverhältnis von Betrug und Diebstahl (vgl. hier nur BGHSt 17 205, 209; näher Rdn. 116). Allerdings wird der Betrug durch das Erfordernis eines irrenden und sich schädigenden Opfers nicht zur Vertypung mittelbarer Täterschaft 9 mit allen daraus ableitbaren Folgerungen; gegen eine solche Deutung spricht schon grundsätzlich die Eigenständigkeit der Typenbildung im Besonderen Teil.10 Entsprechendes gilt für eine Lehre, die den Betrug und insbesondere die irrtumsbedingte Vermögensverfügung als Form mangelhafter Einwilligung in den Vermögensverlust konstruieren will.11 Schon im Allgemeinen Teil ist die Einwilligung jedenfalls primär auf Fremdschädigungsdelikte bezogen, so dass es allenfalls darum gehen könnte, unterschiedliche Ergebnisse der Strafbarkeit zwischen Eigen- und Fremdschädigung mit Einwilligung des Opfers zu vermeiden; jedoch ist auch insoweit ein einschlägiges Dogma der demokratisch legitimierten Kriminalpolitik durchaus fremd. – Im Einzelnen geht das Tatbild des Betruges davon aus, dass der Täter sich darauf beschränkt, die Grundlagen der „Motivation“ des Opfers zu beeinflussen (Joecks Vermögensverfügung S. 52; Welzel S. 368: „Motivationsdelikt“), wobei es im technischen Sinne aber nicht um die Motive, sondern um die wirtschaftliche Entscheidung des Opfers geht, deren Informationsgrundlage (Rdn. 8 ff) vom Täter manipuliert wird. Auf dieser falschen Grundlage entscheidet jedoch das Opfer selbst und frei, nicht als kausaler Faktor, sondern als personaler Entscheidungsträger, so dass auch insoweit die Parallele zum Werkzeug der mittelbaren Täterschaft nicht zutrifft (vgl. neben Lackner LK10 Rdn. 95 nur Miehe S. 55 m.w.N.; ferner unten Rdn. 98). Die Intensität dieser Mitwirkung des Opfers kann freilich durchaus unterschiedlich bestimmt werden (Joecks Vermögensverfügung S. 32 ff mit Nachw.). Dies hat Folgen z.B. für das umstrittene (ungeschriebene) Erfordernis eines Verfügungsbewusstseins (Rdn. 118) und für die Abgrenzung von Diebstahl und weiteren Zueignungsdelikten (Rdn. 116 u. 120). 4. Verletzter des Betruges ist nicht auch der Getäuschte und/oder Irrende, sondern 6 nur der Träger des beschädigten Vermögens,12 also eine natürliche oder eine juristische Person. Dies trifft im Grundsatz auch auf den Staat13 und die EU 14 zu (vgl. bereits

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Perron Rdn. 3; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 514. So aber Cramer Vermögensbegriff S. 207 und JZ 1971 415; Gössel 2 § 21, 6 und wistra 1985 125, 127; Jakobs AT 21/80 und FS Tiedemann S. 654 ff; Kindhäuser NK Rdn. 45 ff und FS Bemmann S. 339 ff; Kudlich JZ 2004 77; Lenckner NJW 1971 600; Schröder NJW 1962 722; Seier ZStW 102 (1990) 565. Vorsichtiger Küper BT S. 394: „Parallele zur mittelbaren Täterschaft“, und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 3: „der mittelbaren Täterschaft ähnlich“. Näher Tiedemann FS Baumann (1992) S. 7, 17 ff; ablehnend zur Konstruktion des Betruges als Vertypung mittelbarer Täterschaft insbes. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT

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§ 20, 28 („Eigengesetzlichkeit der Tatbestandsabgrenzung des § 263“) und Frisch FS Bockelmann S. 651 ff. So namentlich Herzberg GA 1977 295 ff; zustimmend Graul FS Brandner S. 820, 822, Pérez Manzano in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 222 f und W. Hartmann S. 75; ablehnend Gössel 2 § 21, 75 und Ranft Jura 1992 66. Vgl. nur Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 20 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn 4. Berger S. 30 ff, 51; Hefendehl MK Rdn. 7; Satzger S/S/W Rdn. 7; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 1/2. Dannecker ZStW 108 (1996) 587 ff; Hecker Europ. Strafrecht § 14, 29; Lackner/Kühl

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Rdn. 101 Vor § 263 und näher unten Rdn. 332). Der Verletztenbegriff wird vor allem für die Antragsbefugnis nach Absatz 4 bedeutsam (dazu Rdn. 303 ff). – Die h.M. verlangt zutreffend Individualisierung, verzichtet aber auf namentliche Feststellung des Opfers (Lackner LK10 Rdn. 5). „Die namentliche Feststellung der Geschädigten ist für den Betrugstatbestand nicht erforderlich“ (BGHSt 19 37, 43 – allerdings für den Fall eines Versuchs!). Eine Schädigung des „Publikums“ oder der Öffentlichkeit ist mangels Schädigung eines bestimmten Vermögens nicht möglich (Hecker Produktwerbung S. 290 mit Nachw.). Wohl aber kommt eine Schädigung der nicht im Einzelnen ermittelten, aber ermittelbaren Zeichner sozialgebundener Aktien in Betracht (BGH aaO und S. 206; dazu Tiedemann FS R. Schmitt, 1992, S. 139, 146 f), ebenso der Empfangsberechtigten aus einer behördlichen Zuteilung (RGSt 51 204, 207 ff bei betrügerischem Bezug durch einen Nichtberechtigten, sofern die Zuteilungsmittel begrenzt sind) oder der übrigen Insolvenzgläubiger bei betrügerischer Vollbefriedigung eines einzelnen Gläubigers (RGSt 21 236, 242). Die Bestimmbarkeit des Kreises der Geschädigten spielt vor allem auch für die Frage eine Rolle, ob tatsächliche Anwartschaften oder Aussichten Vermögensbestandteile sind (unten Rdn. 134 ff). Bei massenhafter Leistungserbringung und Täuschungshandlungen mehrerer Täter lässt die Rechtsprechung eine „Opfer-Wahlfeststellung“ genügen.15 Prozessual reicht in solchen Fällen aber die Vernehmung von nur wenigen Geschädigten als Zeugen nicht stets aus (vgl. BGH NJW 1983 1917 f; Tiedemann aaO S. 147 f m.w.N. Fn. 27).

II. Die Tathandlung und ihr Gegenstand (Täuschungshandlung) 7

1. Gesetzliche Umschreibung und Wertung. Das Gesetz umschreibt die Tathandlung nur unvollkommen, logisch widersprüchlich und mit Überschneidungen (ausführlich Lackner LK10 Rdn. 9). Über die im Wege der Auslegung vorzunehmende Korrektur des gesetzlichen Wortlauts besteht daher Einigkeit: Es kommt auf Aussagen (Erklärungen) über Tatsachen an; nur derartige Aussagen (Erklärungen) – nicht aber die Tatsachen – können richtig oder unrichtig sein (eingehend Hilgendorf S. 113 ff). Mit dem E 62 (§ 252) wird die Tathandlung daher von der h.M. ohne Inhaltsänderung als „Täuschung über Tatsachen“ bzw. als „falsche Aussage (Erklärung) über Tatsachen“ formuliert.16 In dieser Neuformulierung liegt kein Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2 GG, weil sie nur klarstellt, was der Gesetzgeber durch eine systematisch wenig durchdachte Wortwahl zum Ausdruck bringen wollte. Die anschauliche(re) sprachliche Kennzeichnung der Täuschungshandlung durch den Gesetzgeber („vorspiegeln“, „entstellen“, „unterdrücken“) deutet allerdings auch eine stärkere Tendenz zur Restriktion an, als es dem Stand der heutigen Dogmatik entspricht. Es sollte daher jedenfalls die „Vorspiegelung von Tatsachen“ als Oberbegriff beibehalten werden (Küper BT S. 288; Wessels/Hil-

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Rdn. 2; Satzger Internat. und Europ. Strafrecht § 8, 113; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 130 und NJW 1990 2226 ff; Zieschang EuZW 1997 79. Vgl. Tiedemann FS R. Schmitt S. 139, 147 ff; zustimmend Dannecker LK Anh § 1 Rdn. 63, Lackner/Kühl § 1 Rdn. 18 und Sch/Schröder/Eser § 1 Rdn. 61. OLG Düsseldorf NJW 1993 1872f; Arzt/

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Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 32; Fischer Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 10; Kindhäuser Rdn. 2 und NK Rdn. 72; Joecks Vermögensverfügung S. 52; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 337; Küper BT S. 287 f; Lackner/Kühl Rdn. 3; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 25; Mitsch BT 1 § 7, 17; Otto BT § 51, 9; Rengier BT § 13, 1; Wessels/Hillenkamp Rdn. 493.

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lenkamp BT 2 Rdn. 493). – Im System des Betrugsstrafrechts entspricht die „Täuschung über Tatsachen“ dem Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben (§§ 264 Abs. 1 Nr. 1, 265b Abs. 1); die Erfassung unvollständiger Angaben wird durch die Gesetzesformulierung „Entstellung wahrer Tatsachen“ zum Ausdruck gebracht, da es insoweit (auch) um das Weglassen wesentlicher Umstände geht (Fischer Rdn. 19; Hefendehl MK Rdn. 43; näher dazu Rdn. 50). Die von den meisten europäischen Rechtsordnungen zur Abgrenzung strafloser Über- 8 vorteilung von strafbarem Verhalten auf die eine oder andere Weise angestrebte Beschränkung der Strafbarkeit (vgl. Rdn. 49 ff Vor § 263) erfolgt hier ähnlich wie bei §§ 186, 187 durch Beziehung der Täuschung auf ihren Gegenstand: Tatsachen, die vom Gesetzgeber als schutzwürdige, da rationale Basis von Entscheidungen im wirtschaftlichen Bereich, nämlich von Vermögensverfügungen, angesehen werden.17 Für das Leitbild eines homo oeconomicus (Rdn. 32 Vor § 263) ist Wirtschaften auf rationaler Entscheidungsgrundlage an die Kenntnis der relevanten Tatsachen gebunden. Nur falsche Tatsachenangaben gelten daher als „gefährlich“ (Hilgendorf S. 111 f). Damit scheiden sowohl reine Werturteile als auch persönliche Meinungsäußerungen und Aussagen über künftige Ereignisse dann aus, wenn und soweit sie nicht auf Tatsachen gestützt sind (näher Rdn. 9 ff). Eine zusätzliche Beschränkung auf sozialinadäquate Handlungen oder durch die Lehre von der objektiven Zurechnung, die Forderungen der Viktimodogmatik oder die Konstruktion von Wahrheitspflichten des Täters und Wahrheitsansprüchen des Opfers widerspricht dem vom Gesetz intendierten sozialstaatlich-weiten Opferschutz (Rdn. 34 ff Vor § 263; ähnlich Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5a und 6). Wohl aber kann im Einzelnen insbesondere die Abgrenzung des Werturteils von Informationen über „innere“ Tatsachen (Rdn. 12) auch am Gedanken der Opferselbstverantwortung orientiert werden,18 und die Beziehung des Irrtums des Opfers auf den tatbestandsmäßigen Erfolg der Vermögensschädigung erlaubt es, aus der Relevanz der vorgetäuschten Tatsachen jedenfalls und spätestens über das Merkmal des Kausalzusammenhanges solche auszunehmen, die sich nicht auf den Vermögensschaden beziehen, also nicht „dispositionsrelevant“ sind19 (näher Rdn. 27 und 93). Vor allem bei der Frage, was als konkludent (mit)erklärt gilt und wann eine Rechtspflicht des Täters zur Aufklärung des Opfers besteht, geraten über die erforderliche Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Täter und Opfer grundsätzliche kriminalpolitische Wertungen – auch zu den strafrechtlichen Grenzen des Opferschutzes – in die Lösung der dogmatischen Probleme (vgl. als Beispiel hier nur BGH NJW 1990 2005, 2006; Hernández Basualto FS Tiedemann S. 614 f; krit. dazu Fischer Rdn. 4; näher unten Rdn. 29 ff). 2. Gegenstand der Täuschung: Tatsachen a) Die Definition des Tatsachenbegriffes ist in der Rechtsprechung des Reichs- 9 gerichts, des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte konstant geblieben und weicht von dem historischen preußischen Vorbild nur dadurch ab, dass auch „innere Tatsachen“ (dazu Rdn. 12) einbezogen werden (vgl. bereits RGSt 1 305).20 Es geht da17

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Hoyer SK Rdn. 22; Joecks Vermögensverfügung S. 57; Kindhäuser Rdn. 52 und NK Rdn. 75 (ff); auch Arzt aaO Fn. 40. Vgl. aber auch unten Rdn. 10. Arzt aaO Rdn. 32; Ellmer S. 90 ff; Hoyer SK Rdn. 21 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 8, je m.w.N.

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Frank Anm. VI 1; Graul FS Brandner S. 813; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 24; Mitsch BT 1 § 7, 34 ff. Ganz h.M., vgl. Arzt aaO Rdn. 33 ff; Fischer Rdn. 8; Gössel 2 § 21, 9; Hefendehl MK Rdn. 63; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 339; Hoyer SK Rdn. 13; Lackner/Kühl Rdn. 4;

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nach um „etwas Geschehenes oder etwas Bestehendes, das zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit getreten und daher dem Beweise zugänglich ist“.21 Durch die beiden Kriterien des Zeitbezuges und der Beweiszugänglichkeit werden, wie bereits Rdn. 8 bemerkt, Aussagen über künftige Ereignisse und reine Werturteile aus dem Begriff ausgeschieden: Künftiges wird erst mit seiner Verwirklichung zur Tatsache, und Werturteile ohne „Tatsachenkern“ sind nicht dem Beweise zugänglich. Die bekannten Einwände, dass auch Tatsachenaussagen Werturteile, nämlich Urteile über Tatsachen sind (Hilgendorf S. 65 f), und dass in jedem Täuschen über Tatsachen notwendigerweise ein Element der Meinungsäußerung liegt (Lackner LK10 Rdn. 12 mit Nachw.) oder dass umgekehrt jedem Werturteil die innere Tatsache der Überzeugung des Erklärenden unterlegt werden kann (Pawlik S. 95 mit Nachw.), werden von der h.M. zu Recht nicht als durchschlagend angesehen (vgl. im Einzelnen Rdn. 12, 14 f, 16). Auch hier sind jedenfalls in Randbereichen die Grenzen normativ (Hecker Produktwerbung S. 320 ff; Hefendehl MK Rdn. 83; Hernández Basualto FS Tiedemann S. 608 ff) oder nach der Verkehrsauffassung (Otto BT § 51, 10; Hefendehl MK Rdn. 79; Rengier BT I § 13, 5b) zu ziehen; dabei ist erneut die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Täter und Opfer (vor allem bei besonderer Fachkompetenz des Erklärenden und bei Unvermögen des Erklärungsadressaten zur Nachprüfung der tatsächlichen Grundlagen eines Werturteils)22 erforderlich. Eine neuere Lehre will die Unwahrheit einer Erklärung sogar ganz danach bestimmen, ob das Opfer „von Rechts wegen“ richtige Erklärungen des Täters erwarten darf (Jakobs FS Tiedemann S. 654 f; Kindhäuser NK Rdn. 63; Kubiciel JZ 2010 422, 423 m.w.N.). Das geht zu weit (Rdn. 25 Vor § 263). Wohl aber ist kritisch zu bemerken, dass durch die Einbeziehung innerer der Ausschluss künftiger Tatsachen weitgehend aufgehoben wird, da und soweit der Täter gegenwärtige Vorstellungen von künftigen Ereignissen hat (Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 32; Hoyer SK Rdn. 13; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 8 m.w.N.). Maßgebend ist damit nach h.M. vor allem die sinnliche Wahrnehmbarkeit und empi10 rische Nachprüfbarkeit der Tatsachen. Die sinnliche Wahrnehmbarkeit als Erfordernis begründet Sicherheit kraft Beobachtungsevidenz (krit. Bitzilekis FS Hirsch S. 31 ff) und wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass zur Sinnerfassung eines Zustandes geistige Schlussfolgerungen, Kenntnis von Regeln, Erfahrungssätzen, Wirkungszusammenhängen usw. erforderlich sind (Rdn. 11) – wie bei der Nähe der Verwandtschaft, der Kreditwürdigkeit (R 5 395 f), dem Vorliegen von Rechtsverhältnissen (RGSt 4 227, 229) oder Vorstrafen (Rdn. 11) oder bei der rechtlichen Natur einer Urkunde (RGSt 3 142, 144). Alles dies ist Teil der Realität. Nach h.M. kann aber auch Unmögliches Gegenstand einer Tat-

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Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 28; Mitsch II/1 § 7, 20; Otto BT § 51, 9; Rengier BT I § 13, 4; Schmidhäuser BT 11/9; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; Thomma S. 329 ff; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 494; aA Naucke S. 111, 214. Zu den Ursprüngen dieser Ausweitung Hilgendorf S. 56 ff, der vor allem Strafwürdigkeitserwägungen (z.B. bei der Zechprellerei) für historisch ausschlaggebend hält. Zu abweichenden Lösungen im ausländischen Recht Rdn. 52 und 60 Vor § 263. RGSt 55 129, 131; ebenso bereits RG JW 1924 387 und RGSt 41 193, 194 sowie später

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56 227, 231; OLG Stuttgart NJW 1979 2573 f; Bockelmann BT 1 S. 65; Eisele BT II Rdn. 496; Gössel 2 § 21, 9; Lackner LK10 Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 4 f; Mitsch BT 1 § 7, 18; Otto BT § 51, 9; Rengier BT I § 13, 4; Schmidhäuser BT 11/9; Wessels/Hillenkamp aaO. Krit. Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 27 (Künftiges als Tatsache, falls „intersubjektiv nachprüfbar“). OLG Stuttgart NJW 1979 2573, 2574; Ellmer S. 96 f; Hoyer SK Rdn. 15; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; Schröder JR 1958 106, 107.

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sachenaussage sein (vgl. Fischer Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 22 m.w.N.; BGHSt 48 331, 344 und 32 38 ff – Sirius; aA Thomma S. 101 ff, 311 ff); daher kann die Ausnutzung von Aberglauben u.a. als Okkultschwindel betrugsrelevant sein (Hefendehl MK Rdn. 61 f und Kudlich JZ 2004 78 gegen unten Rdn. 12; einschränkend aber auch Arzt FS Hirsch S. 432 ff; vgl. ferner Kindhäuser NK Rdn. 78, dessen Tatsachendefinition „entscheidungserheblich für eine rationale Vermögensverfügung“ den Aberglauben von vornherein ausschließt, obwohl die Wirtschaftswissenschaften heute die Verstandesorientierung wirtschaftlicher Entscheidungen in Frage stellen: Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 32). Es kommt also nicht auf die faktische, sondern die prinzipielle sinnliche Wahrnehmbarkeit und Nachprüfbarkeit an (Hilgendorf S. 120 ff, der auch zutreffend darauf hinweist, dass der Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren mit dem des gerichtlich Beweisbaren identisch ist). Die Definition lautet daher in bereinigter Neuformulierung: Tatsachen sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die objektiv (gerichtlich) beweisbar sind.23 b) Äußere Tatsachen sind in aller Regel einfach wahrnehmbar und feststellbar (be- 11 weisbar). Sie können aber auch eine Sinnerfassung und die Anwendung von Regeln, Erfahrungssätzen usw. erforderlich machen (Rdn. 10). In Betracht kommen etwa in Bezug auf 1. Sachen, Sachgesamtheiten und unkörperliche Gegenstände: Abnutzungszustand und die ihn betreffenden Daten, z.B. die Kilometer-Fahrleistung eines Kraftfahrzeuges (BGH wistra 1988 348, 349; BayObLG NJW 1987 2452[f]; OLG Düsseldorf StV 1995 591 f); Abrechnungsfähigkeit (von ärztlichen Leistungen, BGH NStZ 1993 388 f und 1995 85 mit Anm. Hellmann S. 232 f; vgl. unten Rdn. 39); Absetzbarkeit eines Produkts (Rdn. 15); Alter (Lackner LK10 Rdn. 13); Anzahl vgl. Quantität; Behandlung, sei es in Form einer Verbesserung, z.B. als Restaurierung (für Kunstwerke Döpfner S. 169 ff), sei es in Form einer – angeblich nicht erfolgten – Verschlechterung; Belastung eines Grundstücks (OLG Düsseldorf wistra 1996 32 ff); Beschaffenheit einer Sache oder eines Rechts (RGSt 28 189; Fischer Rdn. 7), z.B. einer Warenlieferung mit nur oben einwandfreier Schicht (RGSt 59 299, 305; RG GA 50 392 ff); Bio(qualität) (zw. Arzt FS Lampe S. 678 ff; Hefendehl MK Rdn. 56: bejahend bei Biolabel; zu speziellen Straftatbeständen Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 527); Echtheit, z.B. eines Kunstwerks in Bezug auf die Signatur (Löffler NJW 1993 1421, 1426 mit Nachw.: „Kunstbetrug“), eines Geldscheins (Rdn. 83), einer Urkunde oder einer Ware (Lebensmittelfälschung, Rdn. 37); Entfernung zwischen Orten (Rdn. 29);

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Vgl. insbes. Frank Anm. II 1 („alles, was wahrnehmbar ist oder war“); Lackner LK10 Rdn. 11; Nack in Müller-Gugenberger/ Bieneck4 § 47, 12. – Zur Sonderregelung des

Okkultschwindels in den Partikulargesetzbüchern des 19. Jahrhunderts Thomma S. 46 ff.

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Falsifikat vgl. Echtheit; Gewinnchance, z.B. bei Losen (Rdn. 31) und Warenterminoptionen (BGH NStZ 2000 36 f und 2008 96, 98 Rdn. 2; näher unten Rdn. 16 und 49); Herkunft (RGSt 73 382, 383; BGHSt 8 46, 48; 12 347 ff – „Auslandsbutter“, vgl. unten Rdn. 200; BGH GA 1966 311 – „Schwarzwälder Kirschwasser“, vgl. unten Rdn. 198); Identität (z.B. einer Unterschrift, OLG Karlsruhe Die Justiz 1997 62; vgl. auch oben Echtheit); Investition(skosten und -objekte) (BGHSt 48 331) Mangelfreiheit, z.B. – beim Überstreichen schwammbefallener Hauswände (Rdn. 23 und 37; Fischer Rdn. 8: Nichtkenntnis verborgener Mängel); – Freiheit von Unfallschaden bei einem Auto (OLG Nürnberg MDR 1964 693 f; unten Rdn. 64 und 201); Öko (Arzt FS Lampe S. 680 f: „oft ein Werturteil“; zust. Hefendehl MK Rdn. 56; vgl. aber Hecker Produktwerbung S. 291 f: Entsprechung zur EG – ÖkoVO als Tatsache); Parteispenden (unrichtige Angaben in Rechenschaftsbericht) (BGHSt 49 275, 299 ff); Plan (als Festlegung von Ziel und Mitteln), z.B. Insolvenzplan (§ 248 InsO), Wirtschaftsplan (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 353a); Preis, z.B. – beim Austausch von Preisetiketten (Rdn. 23); – angebliches Sonderangebot (zum normalen Listenpreis: BGHSt 16 321 ff); vgl. im Übrigen aber Rdn. 35; – Üblichkeit (Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 494); Qualität vgl. Beschaffenheit; Quantität, sei es der angebotenen Ware, sei es von erbrachten Leistungen (RGSt 64 342, 347: überhöhte Rechnungsposten; F. Geerds NStZ 1991 58ff: unrichtige Berechnungen beim „Baubetrug“), sei es angeblich verbrauchten Gases, Stroms, Wassers usw. bei Manipulationen an entsprechenden Messgeräten und anschließendem Erklärungsverhalten (Rdn. 23); Rechtliche Verhältnisse (vgl. auch vertragliche Regelungen), z.B. – Abrechnungsfähigkeit von Leistungen (vgl. dort); – Ausländisches Recht (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9); – Bewilligungsvoraussetzungen beim Antrag auf staatliche Leistungen (Rdn. 39); – Eigentum und beschränkte dingliche Rechte (Identität des oder der Berechtigten) (RG Recht 1929 Nr. 652); – Entwertung eines Berechtigungsscheins (Rdn. 23); – Ernsthaftigkeit eines Vertragsschlusses (BGH NStZ 1997 32); – Forderung aus Kontogutschrift nur, wenn zugleich (konkludente) Tatsachenbehauptung (BGHSt 46 196, 198); – Gebührentatbestand: dessen Vorliegen (RGSt 65 52 ff: Schreibgebühren für das Herstellen von Abschriften); – Innenprovision (bei Kapitalanlage, BGHSt 51 10, 14 ff Rdn. 16 und 20); – rechtliche Natur einer Urkunde (RGSt 3 142 ff), insbes. bei der Unterschriftserschleichung (z.B. BGHSt 22 88 f: Bestellschein statt Besuchsbestätigung); – rechtliche Situation eines Grundstücks, z.B. als Bauerwartungsland, wenn dieser Zustand in einer durch Tatsachen belegbaren Änderung begriffen ist (LG München NStE

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Nr. 35 zu § 263), oder als lastenfrei, wenn schon eine Grundschuld bewilligt ist (OLG Düsseldorf wistra 1996 32 ff); – Scheinangebot (Schutzangebot bei Ausschreibung) (BGHSt 47 83, 86); – Verfügungsbefugnis (einschließlich Identität des oder der Befugten; vgl. Rdn. 39); – Verkehrsfähigkeit von Waren (OLG Koblenz NJW 1972 1907); – Vertragsmäßigkeit (RG GA Bd. 50 392); Restaurierung von Kunstwerken vgl. Behandlung; Sicherheit einer Kapitalanlage (in „kapitalkräftigem Unternehmen“: BGH bei Dallinger MDR 1973 18; einschränkend BGHSt 48 331, 345: bei Fehlen konkreter Informationen); Tests und Kontrollen: deren Durchführung ohne Negativbefund (BGHSt 34 199, 201 mit Anm. Bottke JR 1987 428 ff; vgl. Rdn. 15); Umsatz eines Unternehmens (OLG [Z] München BB 2003 4 43); Unfallfreiheit eines Kfz (BayObLG NJW 1994 1078 f; OLG Nürnberg MDR 1964 693 ff); Unverbaubarkeit eines Bungalow-Grundstücks (OLG München NJW 1978 43 f); Verfügbarkeit tatsächlicher Art, die z.B. infolge einer Rationierung eingeschränkt sein kann (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; vgl. unten Rdn. 12); Verkehrsfähigkeit von Waren (Hecker Produktwerbung S. 292 f, 296 ff zu Lebensmitteln; vgl. näher Rdn. 37 und 198; vgl. auch oben Rechtliche Verhältnisse); Verkehrswert einer Sache (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; vgl. auch unten „Wert im Sinne von Marktwert“); Vertragliche Regelungen, deren Inhalt, Umfang und Reichweite (auch in Bezug auf Verträge mit Dritten!), z.B. – Bestehen anderer (Lebensversicherungs-)Verträge (BGHSt 54 69, 121 Rdn. 148); – Geld-zurück-Garantie (zwecks Verstärkung der Täuschung: BGHSt 34 199, 201 m. Anm. Bottke JR 1987 428 ff); – Prämienaufschläge, welche die Gewinnerwartung eines Wertpapiers minimieren oder aufheben (BGHSt 30 177, 181; vgl. auch wirtschaftliche Verhältnisse/Gewinngarantien); – Preisnachlässe (BGH wistra 1984 24 ff); vgl. auch wirtschaftliche Verhältnisse/Investitionskosten; Verwertbarkeit (z.B. eines Patents); Wert im Sinne von Marktwert (Rdn. 15); allerdings fehlt es bei diesbezüglichen Täuschungen häufig am Schaden (vgl. unten Rdn. 201) und ist der Marktwert teilweise, namentlich auf dem Kunst- und Immobilienmarkt, schwer zu ermitteln; vgl. auch oben „Verkehrswert“; Wirksamkeit (chemische, physikalische usw.) eines Mittels (Medikament, Reinigungsmittel usw.): BGHSt 34 199, 201 (vgl. oben Vertragliche Regelungen/Geld-zurück-Garantie) für Haarstärkungs-, Verjüngungs- und ähnliche Mittel); BGH JZ 2010 420 f(f) mit Anm. Kubiciel (russisches Krebsheilmittel); Wirtschaftliche Verhältnisse – Absetzbarkeit eines Produkts (RG HRR 26 Nr. 2306; vgl. unten Rdn. 15 und 207); – Anlagemodell (BGHSt 53 199 205); – Arbeitsausfall (Gaede/Leydecker NJW 2009 3543); – Börsennotierung eines Wertpapiers (Worms wistra 1984 123, 125 mit Nachw.); – Deckung eines Schecks (Rdn. 42); – Geschäftstätigkeit mit realem Hintergrund bei Scheinfirmen;

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– Gewinngarantien beim Optionshandel (BGHSt 30 177 ff; unten Rdn. 16; vgl. aber auch BGH StV 1991 517); – Investitionskosten (BGH wistra 1984 23, 24); – Marktstellung (str., bejahend OLG Frankfurt wistra 1986 31, 34 für die „Konkurrenzlosigkeit“ eines Produktes, verneinend BGH wistra 1992 255, 256 bezüglich des Behauptens einer Marktlücke; vgl. unten Rdn. 15); – Mitteilung der Rendite (BGH wistra 1995 102, 103); – Seriosität eines Winkelunternehmens (RG JW 1927 1963: Briefbogen mit Schornsteinen und Medaillen); – „Sicherheit“ einer Hypothek (RGSt 20 3 f; vgl. unten Rdn. 15), also der Umstand, dass der Grundstückswert den Betrag der Hypothek sowie etwa vorgehender Rechte problemlos abdeckt; oder einer Geldanlage bei Fehlen wirtschaftlich konkreter Tatsachen-Information (sonst bloße Anpreisung, BGHSt 48 331, 345); – Umsatz eines Betriebs (für einen Gasthof RG Recht 13 Nr. 3207; vgl. Rdn. 15); – Verwertbarkeit eines Rechts (für ein Patent RGSt 70 151, 152; vgl. Rdn. 15); – Wissenschaftliche Überprüfung einer Ware auf ihre Qualität (BGHSt 34 199 ff) oder eines Medikaments auf seine Wirksamkeit (BGH JZ 2010 420 ff); 2. natürliche und juristische Personen: Absprachen, z.B. von Bietern bei einer Versteigerung (Rdn. 36) oder Wettbewerbern bei einer Ausschreibung (Rdn. 39); Alter (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 8); Amtshandlung vgl. Handlungen; Anzahl, z.B. der Arbeitnehmer beim „Beitragsbetrug“ durch unrichtige Meldung gegenüber der Sozialversicherung (BGH wistra 1984 66, 67 und 1987 290, 291); Arbeitsunfähigkeit (Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht 600. StGB § 263 Rdn. 15); Ausgaben, z.B. bei falschen Reise- oder Umzugskostenabrechnungen (RGSt 60 294 f; OLG Celle NdsRpfl 1963 239); Bedürfnisse, z.B. Eigenbedarf bei Kündigung eines Mietverhältnisses (OLG Zweibrücken NJW 1983 694; AG Kenzingen NStZ 1992 440 [f]; Seier S. 254 ff); Befugnis zur Verfügung usw. (Rdn. 39); Berechtigungen, z.B. – Fahrtberechtigung (OLG Düsseldorf NJW 1983 2341 f); – zum Einfordern von Polizeigebühren (BGH GA 1964 151; vgl. auch BGHSt 14 38 ff); – Berechtigung eines Büroassistenten der Staatsanwaltschaft zum Auftreten als Verteidiger im Strafverfahren (Hilgendorf S. 217 gegen RGSt 56 227 ff; vgl. Rdn. 18); Eigenschaften von Personen (Fischer Rdn. 7); Einkünfte, z.B. beim Antrag auf Sozialhilfe (OLG Düsseldorf StV 1991 520; OLG Köln StV 1985 17, 18 zu Unterhaltsleistungen des Lebensgefährten) oder als Lohn(höhe) beim „Beitragsbetrug“ gegenüber der Sozialversicherung (BGHSt 32 236, 242); Einverständnis des Berechtigten, z.B. mit dem Abholen eines Kraftfahrzeugs (BGHSt 18 221, 224); Erkrankung (vor Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags, BGHSt 54 69, 121 Rdn. 148); Ernstlichkeit von Erklärungen (Rdn. 25), z.B. bei (Schein-)Angeboten im Rahmen einer Versteigerung (Rdn. 36) oder Zusage einer Amtshandlung (vgl. Handlungen) oder eines Kommunikationswunsches (s. dort; Fischer59 Rdn. 28b);

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Fähigkeiten (s. auch Qualifikationen) – Fähigkeit als Anlageberater (OLG[Z] München WM 1989 IV S. 1719, 1721) oder Vermittler von Warentermingeschäften mit großer Erfahrung und „herausragender Kompetenz“ (BGH NStZ 2008 96, 98). Vgl. unten Rdn. 15 und 16; – Fähigkeit zum Auftreten als Verteidiger (Rdn. 18); – Fähigkeit des Wahrsagens und Wunderheilens (RG LZ 1915 1530 und JW 1916 1199, 1200; HRR 1926 Nr. 199; Lackner LK10 Rdn.16; vgl. Rdn. 10 und unten Rdn. 12); – Zahlungs- und allgemeine Leistungsfähigkeit (RGSt 2 5, 6; 56 227, 230 ff; BGHSt 6 198, 199; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 13); Familienstand (Lackner Voraufl. Rdn. 13); Finanzielle Verhältnisse (BGHSt 6 198; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 13; OLG Zweibrücken wistra 1989 72 mit Anm. Keller JR 1989 391); Geschäftsfähigkeit (Lackner/Kühl Rdn. 9); Gesundheitszustand, insbes. das Bestehen von Krankheiten oder Gebrechen (RGSt 4 352 f für den „Bettelbetrug“) und hierauf bezogener Heilungsaussichten (Tröndle/ Fischer 50 Rdn. 2 mit Nachw. zur abweichenden unveröffentlichten und veröffentlichten BGH-Rechtsprechung); auch das sog. Krankfeiern gehört hierher (Franke JuS 1982 679, 681 f); Gruppen- oder Berufszugehörigkeit (BGHSt 33 244, 246); Handlungen und Tätigkeiten das „Ob“ betreffend: – Bestechungshandlung eines Amtsträgers (BGHSt 29 300, 301 mit Bspr. Dölling JuS 1981 570 ff; aA Maiwald NJW 1981 2777, 2780 f); – Erfindung (RGSt 70 151 ff) (bezüglich derer auch die mögliche Annahme einer inneren Tatsache geheimen Wissens zu beachten ist); – (Nicht)Vornahme von Manipulationen verschiedenster Art, z.B. solcher, die künstlich einen Versicherungsfall auslösen; die Folgen betreffend (Prognose! Vgl. Rdn. 16), z.B. eine Verdienstmöglichkeit (BGH wistra 1986 31, 34); Identität (Name usw.) (OLG Düsseldorf NJW 1987 3145 [f]; Dylla-Krebs NJW 1990 888 f; Ranft Jura 1993 84, 88 f); Kommunikationswunsch bei Lock- oder „Ping“-Anrufen (zwecks Generierung von Telefonkosten, OLG Oldenburg wistra 2010 453, 454; Brand/Reschke NStZ 2011 381; Eiden Jura 2011 863 ff; Erb ZIS 2011 368 ff); Kreditwürdigkeit (R 5 395 f; Kindhäuser Rdn. 59; Tiedemann FS Kohlmann S. 307, 316 m.w.N.; vgl. auch unten Rdn. 15 sowie „Einkünfte“ und „Vermögensstand“); Lohn und Gehalt vgl. Einkünfte; Motive einer Kauf- oder Verkaufsempfehlung in Bezug auf Wertpapiere (mit dem eigennützigen Ziel der Kursbeeinflussung, sog. Scalping; BGHSt 48 373, 379 ff mit Anm. Kudlich JR 2004 191 und Schmitz JZ 2004 526 sowie Bespr. Vogel NStZ 2004 252 bejaht eine Markttäuschung nach §§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 38 Abs. 1 Nr. 4 WpHG; vgl. unten Rdn. 49a); Persönlichkeit, z.B. beim Erschleichen einer Beamtenstellung (Rdn. 224); auch Lebenslauf, z.B. bei Bewerbung um eine Pfarrstelle (OLG Kiel SchlHA 1946 502 f; vgl. auch Vorstrafen); Qualifikationen wie Aus- und Vorbildung und diese betreffende Abschlüsse (Diplome usw.) sowie Titel; angeblich langjährige Berufserfahrung als Berater im Warentermingeschäft (OLG München WM 1989 1719 ff);

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Rechtliche Verhältnisse (vgl. auch Vertragliche Regelungen) – Beschäftigungsverhältnis (z.B. als Grundlage für einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld: OLG Karlsruhe NJW 1986 2519 f); – Bestellung als Pflichtverteidiger und daraus resultierender Untergang des Gebührenanspruchs gegen den Mandanten (RGSt 4 227, 229) (vgl. zu Rechtsbehauptungen Rdn. 18 f); Rechtsform eines Unternehmens (z.B. „Limited“, Beckemper GmbHR 2002 4 67); Vermögensstand (RGSt 3 332 f; BGH bei Holtz MDR 1991 105) einschließlich Barvermögen des Arbeitslosenhilfe Beantragenden (OLG Düsseldorf StV 1992 77) und unter Berücksichtigung von Schulden sowie anderen Belastungen; Vertragliche Regelungen, deren Inhalt, Umfang und Reichweite; Vertragspartner (z.B. bei Gutschriften im Transferrubel-Verrechnungsverkehr: BGH wistra 1993 339, 340 und NJ 1998 380 mit Anm. Jordan); Verwandtschaftsbeziehungen (Tröndle/Fischer 50 Rdn. 5); Vorstrafen (OLG Kiel SchlHA 1946 502 f: Erschleichen einer Pfarrstelle; vgl. aber auch Rdn. 224 und 227); Wirtschaftliche Verhältnisse vgl. Einkünfte, finanzielle Verhältnisse und Vermögensstand. Die Täuschung über eine bevorstehende Erbschaft kann als solche über die gegenwärtigen Verwandtschaftsverhältnisse des angeblich Erbenden und den Gesundheitszustand des prospektiven Erblassers erfasst werden, vgl. Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 38 und unten Rdn. 137; Zahlungs(un)fähigkeit vgl. Fähigkeiten und Vermögensstand.

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c) Innere Tatsachen (psychische Gegebenheiten) wie z.B. Absichten, Gefühle, Motive, Überzeugungen, Vorstellungen und Wissen sind nach heute h.M. ebenfalls tauglicher Gegenstand von Täuschungen (und Teil der Realität), wenn sie in erkennbare Beziehung zu äußeren Vorgängen oder Zuständen der Vergangenheit oder Gegenwart gesetzt sind (RGSt 55 129, 131; oben Rdn. 9 m.w.N.). Entgegen Bedenken der früheren Literatur (vgl. heute noch Naucke S. 110 ff) gehören auch Innenvorgänge und -zustände beim Täuschenden selbst zu den (inneren) Tatsachen, obwohl nicht diese psychischen Realitäten, sondern nur ihre Auswirkungen wahrnehmbar und/oder beweisbar sind (zustimmend Hefendehl MK Rdn. 63). Unschädlich ist die Ausrichtung der inneren Tatsachen auf Zukünftiges, das damit auf diesem Umweg ebenfalls betrugsrelevant werden kann (anders z.B. das im Übrigen übereinstimmende griechische Strafrecht, Rdn. 60 Vor § 263; zur Kritik vgl. auch oben Rdn. 9 a.E.). Es geht vor allem um Fälle der Vorleistung des Vertragspartners (Kindhäuser Rdn. 55). So ist beim Kreditsucher seine gegenwärtige Überzeugung von seiner künftigen (Rück-)Zahlungsfähigkeit 24 ebenso wie seine gegenwärtige Absicht oder Bereitschaft zu späterer (Rück-)Zahlung 25 tauglicher Gegenstand der Täuschung (zu Besonderheiten des Vorsatzes in diesen Fällen Rdn. 243). Beim Fernabsatzverkauf (§ 312b BGB) kann über das beabsichtigte Ausmaß der Ingebrauchnahme 24

OLG Stuttgart NJW 1958 1833 f; Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 34; Hefendehl MK Rdn. 63; Hoyer SK Rdn. 13; Lackner/Kühl Rdn. 4; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 28; Otto BT § 51, 9; Rengier BT I § 13, 5; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 320 m.w.N.

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BGHSt 15 24, 26; OLG Stuttgart aaO; Arzt aaO; Eisele BT II Rdn. 496; Fischer Rdn. 8; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 339; Lackner/ Kühl Rdn. 4; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 28; Mitsch BT 1 § 7, 20; Rengier aaO; Tiedemann aaO; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 495.

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der Ware vor dem (geplanten) Widerruf getäuscht werden (Rettenmaier/Kopf JR 2007 229 in Abgrenzung zu OLG Köln NJW 1968 1294 f – Kauf auf Probe, § 455 BGB), beim Lock- oder „Ping“-Anruf zwecks Generierung von Telefonkosten (durch Vornahme des Rückrufes) über die Ernstlichkeit des Kommunikationswunsches (OLG Oldenburg wistra 2010 453, 454; oben Rdn. 11). Allgemein täuscht derjenige über Tatsachen, der trotz gegenteiliger (gegenwärtiger) Absicht erklärt, er werde eine Forderung bei künftiger Fälligkeit pünktlich erfüllen; ein Darlehen zu einem bestimmten (Investitions-) Zweck verwenden (BGH JZ 1979 75, 76); auf einen bestimmten künftigen Anspruch verzichten; eine Fahrkarte nachlösen (Lackner LK10 Rdn. 13); das Benzin nach Ende des Tankvorganges bezahlen (BGH NStZ 2009 694 und NJW 1983 2827; OLG Düsseldorf JR 1982 343 f); eine Ware (Arzneimittel) exportieren (LG Frankfurt NStZ-RR 1996 297); bei Nichtzahlung einer Abmahngebühr Klage erheben (C. Albrecht WRP 1983 545 mit Nachw.). Die Erklärung eines Kaufmanns, es stehe die Einführung einer Rationierung bestimmter Waren bevor, enthält die Tatsachenbehauptung, zu wissen, dass eine solche Maßnahme von der Behörde beabsichtigt sei (vgl. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10). Über den Umweg der inneren Tatsache kann auch die bereits Rdn. 10 erwähnte Ausnutzung abergläubischer Vorstellungen zum Betrug oder versuchten Betrug werden (Okkultschwindel, dazu bereits Rdn. 10) – z.B. bei Täuschung über die Absicht des Täters, das zum Zwecke der Abwendung von Unheil empfangene Spendengeld an einem Wallfahrtsort in den Opferstock zu legen (BGH wistra 1987 255, 256) oder die zwecks Teufelsaustreibung versprochenen Akte überhaupt vorzunehmen (LG Mannheim NJW 1993 1488 f mit Bspr. Loos/Krack JuS 1995 206; Kudlich JZ 2004 78 f). Auch bei der Abgrenzung gegenüber Werturteilen und Rechtsausführungen (sogleich Rdn. 13 und 18) sind Begriff und etwaiges Vorliegen innerer Tatsachen von Bedeutung: Wer von einer Ladendiebin eine Fangprämie fordert und dabei wider besseres Wissen mitteilt, nach Zahlung der Prämie werde die Polizei „den Vorgang nur in den Akten vermerken, damit sei die Sache erledigt und weitere Folgen würden nicht entstehen“, täuscht über seine gegenwärtige Überzeugung vom künftigen Verhalten der Strafverfolgungsorgane (OLG Koblenz NJW 1976 63 [ff]).26 Ebenso kann der Vermittler von Warenterminoptionen über sein Wissen von der geringen oder minimalen Gewinnchance des Kunden täuschen (Koch JZ 1980 709; auch Fischer Rdn. 7 und 11 m.w.N.). d) Bloße Werturteile bilden zusammen mit („reinen“) Meinungsäußerungen den Ge- 13 gensatz zur Tatsachenbehauptung, da sie subjektive, persönliche Wertungen zum Ausdruck bringen und nicht auf ihre Wahrheit überprüft sowie bewiesen werden können (Fischer Rdn. 9; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; zust. Hefendehl MK Rdn. 65). Beide Kategorien werden meist synonym gebraucht. Demgegenüber will Hilgendorf (S. 192 ff m.w.N.) Meinungsäußerungen als „eine Art Restkategorie“ verstehen, die bei besonderem Geltungsanspruch als betrugsrelevant anzusehen sei. Mit dem Kriterium des Geltungsanspruchs können in der Tat Ergebnisse erzielt werden, die der h.M. entsprechen, von ihr aber unterschiedlich – häufig mit dem Kriterium der Verkehrsauffassung – begründet werden. Die Behandlung bestimmter Äußerungen „wie“ Tatsachenbehauptungen durch die h.M. ist methodisch trotz des unerfreulichen Anscheins einer Analogie in malam partem nicht wesentlich von dem Kriterium des Geltungsanspruchs verschieden, dessen Minderung bei Hilgendorf von der Annahme einer beweisbaren Tatsachenbe-

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Gössel 2 § 21, 11; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8. Krit. aber Blei JA 1976 387 ff; Lange JR 1976 177, 182; Maurach/Schroeder/Mai-

wald BT 1 § 41, 29; Meurer JuS 1976 300, 302; D. Meyer MDR 1976 980, 981.

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hauptung zur Annahme einer bloßen Meinungsäußerung (Bewertung) führt: Der Geltungsanspruch ist in aller Regel nur und erst durch die Verkehrsauffassung zu ermitteln (BGHSt 48 331, 344 mit Nachw.). Entsprechendes gilt für das von Vogel § 8 IV 4d vorgebrachte Kriterium, dass Tatsachenbehauptungen durch einen Wahrheitsanspruch konstituiert werden (der nicht mit einem Anspruch des Opfers auf Wahrheit identisch ist!). Im Folgenden werden die so bezeichneten Kriterien zusätzlich herangezogen, soweit sie eine schärfere Abgrenzung oder Begründung ermöglichen. Für Grenzfälle stellt die h.M. vor allem darauf ab, ob die Bewertung oder Meinungs14 äußerung nach ihrem objektiven Sinngehalt einen „greifbaren“, nämlich dem Beweise zugänglichen Tatsachenkern oder eine Tatsachengrundlage enthält oder nicht.27 Ausgeschieden werden damit vor allem reklamehaft übertreibende („marktschreierische“) Anpreisungen („das beste Waschmittel der Welt“) und allgemeine Redewendungen, etwa zu künftigen geschäftlichen Entwicklungen (Hecker Produktwerbung S. 221 ff). Hier fehlt häufig schon die erforderliche Behauptung einer konkreten Tatsache (Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 9; Hecker aaO S. 225 ff). Auch versteht die Verkehrsauffassung im Bereich der Werbung übertriebene Anpreisungen und marktschreierische Reklame häufig nicht als ernsthafte Tatsachenbehauptung (BGH wistra 1992 255, 256; Kindhäuser NK Rdn. 88; Satzger S/S/W Rdn. 22). Das normative Kriterium des verminderten Geltungsoder Wahrheitsanspruchs (oben Rdn. 13) erklärt und legitimiert dieses Ergebnis der h.M., die sich sonst dem Einwand ausgesetzt sieht, dass empirisch durchaus überprüfbar bzw. beweisbar ist, welches das beste Waschmittel der Welt ist (Ellmer S. 91; Thomma S. 309). Eine weitere Legitimation für die Einordnung durch die h.M. bietet die Überlegung, dass Tatsachenbehauptungen rationale Entscheidungsgrundlagen darstellen (vgl. oben Rdn. 8). Nach T. Walter (S. 72) werden marktschreierische Werbeangaben wegen der offensichtlichen Parteilichkeit des Werbenden „vom Recht durchgehend als kommunikativ irrelevant eingestuft“. Bei der Publikumswerbung schließlich gilt das EU-rechtliche Leitbild des verständigen Verbrauchers (Rdn. 40 Vor § 263 mit Nachw.) Allen diesen Einschränkungen und Korrekturen liegen normative Überlegungen zugrunde (zutr. Kubiciel JZ 2010 422, 423 mit Nachw.). Mit ihrem Kriterium konkreter, beweisbarer Tatsachenbehauptungen nimmt die h.M. 15 zu Recht trotz Einkleidung in ein Werturteil dann eine betrugsrelevante Tatsachenäußerung an, wenn diese nach dem Grad ihrer Bestimmtheit (Substantiierung), zusätzlich nach ihrer Form und den Begleitumständen, auf bestimmte Eigenschaften oder den Wert schließen lässt (BGHSt 48 331, 344 f; Fischer Rdn. 10; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9). Insbesondere Eigenschaften von Personen und Sachen sind für ein rational angelegtes Wirtschaften (oben Rdn. 8) taugliche, ja zentrale Entscheidungsgrundlagen: Die Stundung einer Forderung setzt Vertrauen in den Schuldner voraus; die Bezeichnung eines Schuldners als „sicher“ ist daher eine Tatsachenbehauptung (R 5 395 f). Dasselbe gilt für die Bezeichnung eines mehrfach vorbestraften Bäckers und Gastwirts als „versierter, flexibler Berater“ bei der Vermittlung von Warenterminoptionen (OLG [Z] München WM 1989 IV S. 1719, 1721), aber auch für die Behauptung großer Erfahrung und Er-

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BGHSt 48 331, 344 f mit zust. Anm. Bottke JR 2005 37, 40; 34 199, 201 („Haarverdicker“); OLG Düsseldorf JR 1965 302, 303; OLG Karlsruhe JR 1997 299, 300 mit abl. Anm. Kindhäuser; Blei II S. 222; Eisele BT II Rdn. 496; Fischer Rdn. 9; Hecker Produktwerbung S. 219; Hefendehl MK Rdn. 65;

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Hoyer SK Rdn. 14; Kindhäuser Rdn. 59; Lackner/Kühl Rdn. 5; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 30; Mitsch BT 1 § 7, 19; Otto BT § 51, 10; Rengier BT I § 13, 4; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 496.

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folge sowie „herausragender (Beratungs-)Kompetenz“ eines solchen Vermittlers (BGH NStZ 2008 96, 98), ferner für die Einschätzung eines Gasthofs als „gutgehend“ (RG Recht 13 Nr. 3207), einer Ware als „gut und gangbar“ (RG HRR 1926 Nr. 2306), einer Hypothek als „sicher“ (RGSt 20 3 f), eines Patentes als „gut ausnutzbar“ (RGSt 70 151, 152), für die Behauptung, Schlankheits- oder Haarwuchsmittel seien in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich überprüft (BGHSt 34 199, 201 mit Anm. Bottke JR 1987 428 ff,28 übersehen von Joecks Rdn. 25!) oder ein Produkt sei „konkurrenzlos“ (OLG Frankfurt wistra 1986 31, 34). In diesem Sinne kann auch der Verkehrswert oder Marktpreis einer Sache eine (beweisbare) Tatsache sein,29 vor allem bei Schaffung oder Ausnutzung einer Lage, die dem Opfer die Nachprüfbarkeit der Angaben wesentlich erschwert (Pawlik S. 156 mit Nachw.), etwa in Bezug auf den Börsenkurs ausländischer Wertpapiere (v. Ungern-Sternberg ZStW 88 [1976] 673) wie Asset Backed Securities, die von RatingAgenturen im Auftrag des Veräußerers bewertet und mit Bestnoten versehen sind (Ransiek WM 2010 874 mit Nachw.). Dagegen soll die Behauptung einer Marktlücke keine Tatsachenbehauptung sein.30 Zur Behandlung von Einschätzungen (von politischen Verhandlungspositionen) durch einen Zeugen (vor dem BVerfG im Verfahren um den Ausschluss von Entschädigungsleistungen für Enteignungen in der früheren DDR) OLG Karlsruhe JR 1997 299, 301 mit krit. Anm. Kindhäuser und Fricke/Märker VIZ 1996 350 f, die zutreffend auf die tatsächlichen Grundlagen der Einschätzung abstellen. e) Prognosen zur künftigen Entwicklung sind häufig mit Werturteilen verbunden 16 oder identisch und schon wegen ihres Zeitbezuges keine Tatsachenaussagen. Sie können aber eine Täuschung in Bezug auf die vom Täter zugrunde gelegten gegenwärtigen Verhältnisse, also die tatsächliche Prognosegrundlage, darstellen (BGH bei Dallinger MDR 1973 18 zur Prognose des Aktienkurses)31 oder über eine Eigenschaft, z.B. als Gewinnchance einer Option, täuschen (BGHSt 30 177, 181 und 31 115, 116; vgl. aber auch Worms wistra 1984 126 f m.w.N.). Gewinnaussichten sind keine bloßen Prognosen, wenn der Täter (Vermittler von Warentermingeschäften) sich hierfür auf frühere Erfolge beruft (BGH NStZ 2008 96 ff; zur Täuschung über Gewinnchancen bei der progressiven Kundenwerbung OLG Frankfurt wistra 1986 31 ff unter Aufhebung von LG Fulda wistra 1984 188 ff mit Anm. Möhrenschlager). Prognosen können ferner durch den zum Ausdruck gebrachten oder aus den Umständen abzuleitenden Anspruch auf Objektivität und allgemeine oder in Fachkreisen anerkannte Richtigkeit oder Verbindlichkeit zu Tatsachenbehauptungen werden.32 Prognosen können endlich über die Figur der inneren Tatsache, insbesondere der Überzeugung des Täters, Tatsachencharakter annehmen.33

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Kritisch dazu Hefendehl MK Rdn. 69; aA Hilgendorf S. 194. Joecks Rdn. 26; Kindhäuser Rdn. 59; Lackner/Kühl Rdn. 5; Otto FS Pfeiffer S. 78; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 494; aA Kühne S. 63. BGH wistra 1992 255 f; Rengier BT I § 17, 3 Beispiel 5; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 496; im Ergebnis auch Hilgendorf S. 193 ff, der hierin eine Meinungsäußerung sieht, die eine Tatsachenaussage darstelle, aber wegen verminderten Geltungsanspruchs nicht unter § 263 falle.

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Ebenso Fischer Rdn. 12; Hefendehl MK Rdn. 64; Mitsch BT 1 § 7, 21; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 9; aA wohl Naucke S. 214. Cramer FS Triffterer S. 323, 333; Hefendehl aaO; Hoyer SK Rdn. 15; Kindhäuser Rdn. 58; Schröder JR 1958 106 f; aA wohl Naucke aaO. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 33; Hilgendorf S. 141, 143 f, der aber S. 147 ff Prognosen generell als Tatsachenaussagen behandelt.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

f) Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Gegebenheiten sowie Erfahrungssätze und Konventionen (z.B. der Gregorianische Kalender) werden häufig als Tatsachen bezeichnet, da sie grundsätzlich empirisch überprüfbar, also dem Beweise zugänglich sind.34 Eine Gegenansicht (Hilgendorf S. 146 f) will dagegen nur die Behauptung, dass ein bestimmtes naturwissenschaftliches Gesetz oder eine bestimmte Konvention gelte, als Tatsachenbehauptung ansehen. Da die Behauptung der Geltung regelmäßig miterklärter Gegenstand der Aussage sein dürfte, werden sich praktisch keine Unterschiede zwischen beiden Auffassungen ergeben.

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g) Nur scheinbar einen Sonderfall bilden Rechtsauffassungen. Als Darlegung einer (Rechts-)Ansicht enthalten sie stets ein Wertungselement. Sie können sich aber nach allgemeinen Kriterien wiederum dann als Tatsachenbehauptung darstellen, wenn sie mit dem Anspruch auf Maßgeblichkeit und Verbindlichkeit verbunden sind.35 Einfache Rechtsbegriffe (z.B. Darlehen, Eigentum, Kauf, Miete, Tausch) werden dann wie Tatsachen behandelt, wenn sie in Beziehung zu einem konkreten Ereignis stehen.36 Auch die Aussage über die rechtliche Befähigung eines Büroassistenten der Staatsanwaltschaft zum Auftreten als Verteidiger im Strafverfahren ist eine Tatsachenbehauptung (Hilgendorf S. 217 gegen RGSt 56 227 ff). – Eine Besonderheit ergibt sich aus dem Einfluss des Prozessrechts, dessen Abgrenzung von Tatsache und Recht aber nicht unbesehen auf das materielle Strafrecht übertragen werden darf (Graul JZ 1995 600 ff): Rechtsausführungen der Partei im Zivilprozess sind als Vortrag eigener Rechtsansich19 ten bloße Werturteile, da die Partei nicht uneingeschränkt Richtigkeit und Verbindlichkeit für ihre Ausführungen beansprucht.37 Zur weiteren Begründung stellt Graul (aaO S. 602 im Anschluss an Seier ZStW 102 [1990] S. 573 f) darauf ab, dass eine Betrugsrelevanz des Parteivortrages wegen der Aufgabe des Gerichts zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung und der fehlenden Beziehung der Wahrheitspflicht der Parteien eines Zivilprozesses auf Rechtsausführungen entfällt. Dies ist jedenfalls zutreffend, soweit eine Täuschung des Richters und damit ein Prozessbetrug (durch Verfügung des Richters, Rdn. 113) in Frage steht. Aber auch soweit die andere Partei getäuscht (und z.B. zu einem Anerkenntnis veranlasst) werden soll, sind Rechtsausführungen grundsätzlich als reine Werturteile anzusehen. Auch Rechtsgutachten und Rechtsbelehrungen sind im Allgemeinen bloße Werturteile, es sei denn ihr Inhalt wird mit der Behauptung (der Tatsache) verbunden, die Beurteilung entspreche allgemeiner Rechtsüberzeugung oder Erfahrung.38 Die mit Anspruch auf Richtigkeit (z.B. durch einen Juristen gegenüber einem Laien) aufgestellte Behauptung, ein bestimmter Rechtssatz gelte oder gelte nicht, ist da-

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Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 8; Graul JZ 1995 597 ff; Haft BT S. 205; Kindhäuser Rdn. 58; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 27; Puppe JZ 1994 1147, 1150; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 7. Graul aaO S. 600 (Fn. 61); Hilgendorf S. 219 ff; Kindhäuser Rdn. 61; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 342; Otto BT § 51, 10; Rengier BT I § 13, 3; Schröder JR 1958 106 f; aA Mitsch BT 1 § 7, 18. RGSt 3 142, 144; Graul aaO S. 600 Fn. 61; Hefendehl MK Rdn. 702; Kindhäuser 61; Otto BT § 51, 11; Sch/Schröder/Cramer/

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Perron Rdn. 9; Schröder aaO; Seier ZStW 102 (1990) 568. BGH JR 1958 106 mit Anm. Schröder; Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 6; Eisenberg FS Salger S. 20; Fischer Rdn. 11; Graul aaO S. 602; Hoyer SK Rdn. 19; Kindhäuser Rdn. 61; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 32; Meurer JuS 1976 302; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; Seier ZStW 102 (1990) 568 ff. Zustimmend Beukelmann aaO; Hefendehl MK Rdn. 71; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 342; Schröder JR 1958 106 f.

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§ 263

Betrug

gegen eine (beweisbare!) Tatsachenbehauptung.39 Umstritten ist die Behandlung der Berühmung eines Rechtsanspruchs, z.B. die Geltendmachung des nach § 656 Abs. 1 BGB gerichtlich nicht durchsetzbaren Ehemaklerlohns. OLG Stuttgart NJW 1979 2573 f (mit Anm. Loos und Frank NJW 1980 847 f sowie Joecks JA 1980 127, 128) sieht in der Erwirkung von Mahnbescheiden des Ehemaklers gegenüber seinen Kunden wegen „Dienstleistungen laut Vertrag vom …“ nur einen (straflosen) Versuch der Täuschung (der Kunden) über die Rechtslage, nicht jedoch über Tatsachen i.S.d. § 263.40 Die Gegenansicht hält demgegenüber das Bestehen der in § 656 BGB getroffenen Regelung für eine der Nachprüfung (dem Beweise) zugängliche Tatsache. Da es aber nur um eine konkludente Täuschung der Kunden gehen kann (Graul aaO S. 602), kommen hier zusätzlich zu der Problematik des Tatsachenbegriffs Abgrenzungen der Risikosphäre von Täter und Opfer zum Zuge (vgl. Rdn. 30 ff). Jedenfalls seit der Reform des Mahnverfahrens im Jahre 1977 mit dem Wegfall der Schlüssigkeitsprüfung durch den Rechtspfleger dürfte selbst bei anwaltlicher Vertretung des Antragstellers für die Annahme einer Täuschung des Rechtspflegers bei einer Formulierung der genannten Art kein Raum (näher Rdn. 90) und auch die Annahme eines vollen Geltungs- oder Wahrheitsanspruches der Behauptung gegenüber dem Antragsgegner nicht mehr zu halten sein. Auch im Übrigen kann der Beantragung eines Mahnbescheids wegen einer rechtlich nicht einklagbaren Forderung schwerlich ein höherer Geltungsanspruch als der sonstigen Äußerung von Rechtsauffassungen im Zivilprozess beigemessen werden. Diese Grundsätze sind im Übrigen auch bei Geltendmachung von Ansprüchen zu bedenken, die z.B. wegen Preiswuchers unwirksam sind (wohl aA Lackner/Werle NStZ 1985 503, 505, die den Wucherer über § 263 erfassen wollen). – Soweit dagegen im Zivilprozess oder sonst bei der Geltendmachung von Ansprüchen Tatsachen ausdrücklich oder (so regelmäßig) konkludent vorgetragen werden oder als „Tatsachenkern“ von Rechtsbehauptungen erkennbar sind, gelten keine Besonderheiten (vgl. nur BGHSt 46 196, 198; OLG Zweibrücken wistra 1989 71, 72; Fischer Rdn. 11; Kindhäuser Rdn. 61 m.w.N.). Vgl. weiter (zur Täuschung) unten Rdn. 39. h) Zusammengefasst bestehen die praktisch wichtigsten inneren Tatsachen in: 20 Absichten, z.B. in Bezug auf – abergläubische Handlungen, etwa die Vornahme bestimmter zur Teufelsaustreibung versprochener Akte (LG Mannheim NJW 1993 1488 f m. Bspr. Loos/Krack JuS 1995 204, 206) (Rdn. 12) oder die Verwendung von Spendengeldern, die der Täter in einen Opferstock zu legen verspricht (BGH wistra 1987 255, 256) (Rdn. 12); – deliktische Handlungen bzw. deren Nichtvornahme, regelmäßig als konkludente Täuschung, z.B. des Provisionsvertreters bezüglich nachträglicher Änderungen des Vertragstextes (Rdn. 50) oder des Versicherungsnehmers in Bezug auf Vortäuschung des Versicherungsfalles (BGHSt 54 69, 121; unten Rdn. 50); 39

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Graul JZ 1995 601; Hefendehl MK Rdn. 72; Herzberg GA 1993 439, 448; Hoyer SK Rdn. 19; Kindhäuser Rdn. 61; Rengier BT I § 13, 7; aA Mitsch BT 1 § 7, 18. Ebenso allgemein BGHSt 46 196, 198; Blei II S. 223; Heid JuS 1982 22; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 32; Müller JuS 1981 255; Otto BT § 51, 17; aA Hilgendorf S. 218 f und Sick Jura 2009 815 (für die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle). Ebenso enthält nach OLG Frankfurt NJW 1996

2172 die Geltendmachung überhöhter Inkassogebühren keine Täuschung über Tatsachen (übereinstimmend Fischer Rdn. 11; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 343; Rengier BT 1 § 17, 3; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 496; aA Gössel 2 § 21, 40); vgl. dazu auch unten Rdn. 39. Zur Geltendmachung von angeblichen Aufwendungsersatzansprüchen durch unseriöse Abmahnvereine nach dem UWG C. Albrecht WRP 1983 545 f mit Nachw.; oben Rdn. 12.

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– künftige Leistung, insbesondere Zahlung bzw. (Darlehens-)Rückzahlung (BGHSt 15 24, 26 f) (Rdn. 12) oder hinsichtlich des Bezahlens von Benzin am Ende eines Tankvorganges (BGH NJW 1983 2827; OLG Düsseldorf JR 1982 343 f) (Rdn. 12); – das Nachlösen einer Fahrkarte (Rdn. 12); – den späteren Rückkauf von verkauften Eigentumswohnungen (BGHSt 46 159, 161); – eine bestimmte Verwendung des beantragten Darlehens (BGH JZ 1979 75, 76; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 13) (Rdn. 12 und 25) oder des gekündigten Wohnraumes (Seier S. 243 ff mit Nachw.); – den Verzicht auf einen bestimmten künftigen Anspruch (Rdn.12); Ansichten, z.B. mit Maßgeblichkeitsanspruch vertretene Rechtsauffassungen (Rdn. 18); Ernsthaftigkeit einer Erklärung (Rdn. 25); Gefühle (Rdn. 12; z.B. beim Heiratsschwindel, Rdn. 147); Kenntnisse (z.B. von Bieterangeboten bei einer Ausschreibung, BGH NStZ 2000 260 f); Motive (Rdn. 12), z.B. Eigeninteresse bei Kauf- oder Verkaufsempfehlung für Wertpapiere (BGHSt 48 373, 379 ff; Rdn. 11); Überzeugungen, z.B. in Bezug auf – künftige Leistungs-, insbesondere Rückzahlungsfähigkeit (Rdn. 12); – das künftige Verhalten der Strafverfolgungsorgane gegenüber einer Ladendiebin (OLG Koblenz NJW 1976 63 ff) (Rdn. 12); – sonstige Prognosen (Rdn. 16); Vorstellungen (Rdn. 12); Wissen bzw. Unwissen, z.B. – eines Vermittlers von Warenterminoptionen von der geringen oder minimalen Gewinnchance des Kunden (Koch JZ 1980 709) (Rdn. 12); – eines (Verkehrs-)„Unfallbeteiligten“ im Hinblick auf die Inszenierung des Unfalls (Fleischer NJW 1976 878); – eines Kaufmannes bezüglich der bevorstehenden Einführung einer Rationierung (Schönke/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; oben Rdn. 12); – eines Spiel- oder Wettteilnehmers vom Ausgang des Spieles oder der Wette (Rdn. 31).

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3. Die Täuschung kann nach ganz h.M. in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.41 Das Tun kann in einer ausdrücklichen oder in einer konkludenten Täuschung liegen, wobei die letztere vor allem auch unvollständige Erklärungen umfasst, die Wesentliches weglassen (Rdn. 7). Unterlassen ist entgegen dem missverständlichen Wortlaut des § 263 (oben Rdn. 7) nur bei Vorliegen einer Garantenstellung und Annahme von Gleichwertigkeit des Unterlassens mit positivem Tun relevant (§ 13). Die praktische Prüfung erfolgt daher in der Reihenfolge: ausdrückliche Täuschung, konkludente Täuschung, Täuschung durch Unterlassen. In der Wissenschaft geäußerte Minderansichten

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Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 41; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 17; Eisele BT II Rdn. 508; Fischer Rdn. 38; Hefendehl MK Rdn. 73; Hoyer SK Rdn. 53 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 346; Kindhäuser Rdn. 83; Lackner/Kühl Rdn. 12; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 36; Mitsch BT 1 § 7, 27; Otto BT § 51, 18; Rengier BT I § 13, 8; Satzger S/S/W Rdn. 45;

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Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 503. Verschiedentlich wird eine Einschränkung der Strafbarkeit eines Betruges durch Unterlassen vorgeschlagen (vgl. dazu unten Rdn. 74) oder die Strafbarkeit unterlassener Aufklärung des Opfers ganz verneint (Grünwald FS H. Mayer, S. 281, 291; Kargl ZStW 119, [2007] 250, 266 ff; Naucke S. 106 ff, 214).

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§ 263

Betrug

wollen demgegenüber teils die ersten beiden Täuschungsmodalitäten zusammenziehen,42 teils die beiden letzten Varianten inhaltlich gleich behandeln (Lackner LK10 Rdn. 21; vgl. ferner – zu der Auffassung T. Walters – unten Rdn. 25). Gegen die eine Ansicht spricht die unterschiedliche Behandlung der Erheblichkeitsprüfung durch die h.M. (unten Rdn. 27), gegen die zweite die spezifische Garantenpflichtbindung des Unterlassens ebenfalls durch die h.M. (vgl. auch Rdn. 29). Damit wird nicht in Abrede gestellt, dass zwischen allen drei Täuschungsmöglichkeiten fließende Übergänge bestehen (vgl. Rdn. 7 und im Einzelnen Rdn. 26). Jedoch sind die Grenzbereiche nicht so groß, dass eine Aufhebung der Grenzen erforderlich oder auch nur sinnvoll wäre. a) Aus dem Wesen des Betruges als Kommunikationsdelikt (Rdn. 4) folgt, dass eine 22 Täuschungshandlung nur in einem (aktiven) Verhalten gesehen werden kann, dem Erklärungswert zukommt.43 Dies ist bei ausdrücklichen Erklärungen unproblematisch (sogleich Rdn. 23 ff), stellt dagegen bei konkludenten (stillschweigenden) Erklärungen vor Schwierigkeiten, die im wesentlichen mit der von Lackner (LK10 Rdn. 28 ff) begründeten Lehre von der Risikoabgrenzung bewältigt werden können. Beim Unterlassen bleibt dagegen eine Kommunikation mit Erklärungswert (garantenpflichtwidrig) aus; der Betrug ist aber auch hier Kommunikationsdelikt, weil das, was pflichtwidrig unterlassen wird, eine Kommunikation gewesen wäre (näher Rdn. 51). Nicht ausreichend ist damit entgegen Lackner LK10 Rdn. 19 grundsätzlich die bloße 23 Manipulation von Objekten und die bloße Veränderung von Tatsachen, mag dieses Handeln auch zu einem Irrtum des Verfügenden führen, weil sich der Bezugsgegenstand der Vorstellung ändert (sog. ignorantia facti, unten Rdn. 78).44 Zentrales Beispiel einer historischen Diskussion, die nach Erkenntnis der Gesetzeslücke in die Einführung des § 265a mündete, ist der blinde Passagier, der sich heimlich in ein Verkehrsmittel eingeschlichen hat und so zwar möglicherweise einen Irrtum des Schaffners (usw.) über die Zahl der Fahrgäste (usw.) erregt, aber eben nicht durch ein Erklärungsverhalten (das z.B. im Vorzeigen eines gefälschten Fahrausweises liegen kann).45 Erforderlich ist die Einwirkung auf die Vorstellung eines anderen durch einen kommunikativen Akt. Auf die nur subjektive Zwecksetzung der Einwirkung auf die Vorstellung eines anderen kommt es entgegen Lackner (LK10 Rdn. 17 und 18 sowie Fn. 46) und Loos (JR 2002 77, 78) allerdings nicht an: Täuschung ist nicht bereits jedes zur Irreführung bestimmte und der Einwirkung auf die Vorstellung eines anderen dienende Verhalten. Vielmehr ist eine Erklärung gegenüber einem anderen erforderlich, und hierfür ist jedes Erklärungsverhalten ausreichend, das

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Gössel 2 § 21, 22; Kühne S. 15 ff; Lampe Kreditbetrug S. 9 ff; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 498. Bockelmann FS Eb. Schmidt 438 f; Ellmer S. 118 ff; Fischer Rdn. 14; Gössel 2 § 21, 13; Hoyer SK Rdn. 25; Hefendehl MK Rdn. 76; Kindhäuser Rdn. 63 ff, 66 und FS Tiedemann S. 580; Maaß GA 1984 266; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 498; aA Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 35; Krey/Hellmann 2 Rdn. 338; Mitsch BT 1 § 7, 52. Bockelmann BT 1 S. 70; Fischer Rdn. 15; Gössel 2 § 21, 13; Hefendehl MK Rdn. 75 f; Küper BT S. 289; Otto BT § 51, 13; Rengier

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BT I § 13, 10; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12 und 37; Tiedemann LK § 265a Rdn. 2; aA Arzt aaO; Hoyer aaO; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 338; Labsch JuS 1981 603 f; Lackner/Kühl Rdn. 6; Mitsch BT 1 § 7, 52. Fischer aaO; Gössel 2 § 21, 13 und 23; Haft BT S. 206 f; Hefendehl aaO; Otto BT § 51, 13; Schröder JR 1969 110; Triffterer JuS 1971 182; Kindhäuser FS Tiedemann S. 580; aA Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 47 f, der allerdings ebenso wie Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 58 den Irrtum verneint.

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nach objektiver Auslegung entsprechend der Verkehrsauffassung auf die Vorstellung eines anderen einwirkt.46 Sind Objekte selbst Träger einer Information, so kommt es darauf an, ob sie in einem kommunikativen Akt in Bezug genommen werden. Die Fälschung von Urkunden wird daher betrugsrelevant erst mit ihrer Vorlage zur Täuschung,47 etwa das Auswechseln von Preisschildern an Waren in einem Laden erst mit dem Vorlegen der Waren an der Kasse;48 das Überstreichen schwammbefallener Teile des zu verkaufenden Hauses erst durch das Veranlassen einer Besichtigung durch den Käufer;49 die Manipulation am Kilometerzähler erst im Zusammenhang mit dem Angebot des Fahrzeugs zum Verkauf;50 diejenige von Gas-, Strom- oder Wasserzählern erst mit dem Ablesen des Zählers durch den Beauftragten des Energieunternehmens;51 diejenige von Verdunstungsröhrchen an Heizkörpern in einer Mietwohnung ebenfalls erst mit dem Ablesen;52 die Überklebung des Entwertungsfeldes auf einem Fahrausweis erst mit dem Vorzeigen gegenüber Kontrollpersonen (OLG Düsseldorf NJW 1983 2341 f, 1990 924 und 1992 924). Das Problem dieser Fälle liegt also nicht bei der Manipulation an und mit Gegenständen, sondern in der Bestimmung der konkludenten Täuschung oder der Aufklärungspflicht (aus Ingerenz). Die Objektmanipulation ist nur Vorbereitungshandlung zum Betrug ist; es geht damit entgegen Lackner aaO nicht nur um die Vermeidung von Erklärungsfiktionen, sondern auch um den Zeitpunkt des Beginnes der Strafbarkeit. Eine differenzierende Lösung vertritt T. Walter (S. 44 ff), der unter dem Gesichtspunkt der Verteilung des Orientierungsrisikos auf den Grad der Verbürgung von Regeln abstellen will, nach denen der Verfügende die Wirklichkeit interpretiert.

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BGHSt 8 46, 47; 47 1, 5 (aber auch S. 3); Fischer Rdn. 14; Otto BT 51, 18; Rengier BT I § 13, 5; Schmidhäuser BT 11/8; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 498. Eine zunehmende Literaturansicht verlangt für die Täuschung ein entsprechendes Bewusstsein (Eisele BT II Rdn. 499; Küper BT S. 289; Lackner/Kühl Rdn. 8; Otto BT § 51, 14; Rengier aaO Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp aaO Rdn. 493; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 21; für konkludente Täuschungen auch Hefendehl MK Rdn. 74). Diese Ansicht ist aber meist ohne praktische Relevanz, da jedenfalls im Rahmen des Schädigungsvorsatzes ein Bewusstsein von der Täuschung erforderlich ist (Rdn. 241). Zu eng ist es dagegen, wenn BGHSt 46 196, 199 und 47 5 eine objektive Eignung des Täterverhaltens zur Hervorrufung eines Irrtums verlangen (ebenso allerdings auch OLG Koblenz NJW 2001 1364, Beukelmann in von HeintschelHeinegg Rdn. 9, Schuhr ZStW 123, 2011, 523 und wohl auch Fischer Rdn. 14); dazu Rdn. 35, 72 f und 106 Vor § 263. Die damit verbundene Ausgliederung besonders leichtsinnigen Opferverhaltens ist de lege lata nur für die öffentliche Werbung zutreffend

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(Rdn. 40 Vor § 263 mit Nachw.) und wird bei § 16 UWG verwirklicht (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 219; vgl. BGHSt 52 227, 235 Rz. 48). OLG Hamm NJW 1968 1894, 1895 mit Anm. Peters; OLG Düsseldorf NJW 1982 2268; Fischer Rdn. 15; Lackner/Kühl Rdn. 8; Otto BT § 51, 13. OLG Düsseldorf aaO; OLG Hamm aaO; Fischer aaO; R Kindhäuser Rdn. 63; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 498. RGSt 20 144, 145; Kindhäuser aaO; Lackner/Kühl Rdn. 8. BayObLGSt 1962 69, 70; OLG Düsseldorf StV 1995 591 f; OLG Hamm NJW 1968 903 und NStZ 1992 593 f; LG Marburg MDR 1973 65 ff; Fischer Rdn. 15; Hefendehl MK Rdn. 78; Kindhäuser aaO; Lackner/Kühl aaO; Satzger S/S/W Rdn. 30; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 12; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 498. RGSt 35, 311, 314; 74 243, 245; Lackner/ Kühl Rdn. 8; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 38; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO. LG Stuttgart DWW 1987 235 f; AG Wuppertal DWW 1987 133.

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b) Die ausdrückliche Täuschung (ausdrückliches „Vorspiegeln“ von Tatsachen) be- 24 steht in der ausdrücklichen Erklärung der Unwahrheit über Tatsachen. Die Erklärung kann durch gesprochene Worte („expressis verbis“) oder durch Schrift erfolgen. Da und soweit eine Erklärung nach Verkehrsauffassung und Konvention auch in anderer Weise abgegeben werden kann, reichen auch Zeichen, Gesten und andere kommunikative Mittel aus.53 Unwahr ist eine Erklärung, wenn ihr Inhalt nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt 25 (Hefendehl MK Rdn. 80; Kindhäuser FS Tiedemann S. 581). Einfache, aber aktuelle und verbreitete Beispiele sind „Gewinnmitteilungen“, denen kein erreichter Gewinn zugrunde liegt (vgl. nur BGH NJW 2002 3415; Arzt FS Tiedemann S. 596 f). Weitergehend muss in der Werbung für Tätigkeiten mit „Gewinn ohne Risiko“, wenn ein Risiko besteht und erheblich ist, der Erklärungsinhalt anhand der üblichen Auslegungskriterien, insbesondere der objektiven Verkehrsauffassung und des Empfängerhorizonts, ermittelt werden (BGHSt 47 1, 3 f; vgl. auch bereits Rdn. 9 zur Erwartung des Empfängers). Daher können sich auch auslegungsbedürftige, insbesondere an sich unklare, unvollständige oder sogar widersprüchliche (perplexe) Erklärungen als falsch erweisen. In Fortführung der vorgenannten aktuellen Beispiele sind etwa Fälle der Werbung mit Gewinnen einschlägig, bei denen der Teilnehmer mehr aufwenden muss, als er an realem Wert erhält, also ein Verlustgeschäft im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 2 vorliegt (Fischer Rdn. 28a mit Nachw.). Umgekehrt werden objektiv wahre Erklärungen entgegen der Formulierung einer neueren BGH-Rechtsprechung nicht schon deshalb unwahr, weil der Erklärende ein Missverständnis durch den Erklärungsempfänger bezweckt oder als sicher voraussieht.54 Allerdings kann eine verbal wahre Behauptung dann unwahr sein, wenn sie nach der konkreten Situation oder einem verbreiteten unrichtigen Sprachgebrauch (z.B. „frugales“ als üppiges Mahl) einen anderen Sinn hat und die Diskrepanz dem Täter bewusst ist, er also vorsätzlich handelt (Lackner/Kühl Rdn. 8 mit Nachw.). So kann die Ausnutzung der Unkenntnis einer Fremdsprache zur Täuschung über eine an sich richtige Bezeichnung führen (Ausschank von belgischem „Cidre Mousseux“ als „Hausmarke“ von „Sekt/ Schaumwein“ in einer Jülicher Bar: OLG Köln OLGSt § 263 S. 150 ff; Arzt FS Hirsch S. 446). Im Übrigen kann eine objektiv wahre Erklärung regelmäßig nur dann zu einer unwahren werden, wenn das Gesamtverhalten eine konkludente Täuschung darstellt – so im Traueranzeigen-Fall BGHSt 47 1, 554a bei Angebotsschreiben, die äußerlich wie eine

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Hefendehl MK Rdn. 78; Hoyer SK Rdn. 27; Joecks Rdn. 24; Kindhäuser Rdn. 67; Lackner/Kühl Rdn. 8; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 11; Schumann JZ 1979 588; enger Mitsch BT 1 § 7, 26 (nur Sprache als Mittel ausdrücklicher Täuschung). So allerdings schon Schröder FS Peters S. 157 ff. Klärend Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 39 Fn. 48 und Fischer Rdn. 18, die eine Täuschung mit (Aussagen zu) wahren Tatsachen zwecks Irrtumserregung über andere Tatsachen zulassen; auch Lackner/Kühl Rdn. 6: „zur Irreführung … bestimmtes … Gesamtverhalten“, die diese Formel als h.M. bezeichnen (vgl. dazu oben Rdn. 23). Zu stark vereinfachend und mit Art. 103 Abs. 2 GG wohl nicht mehr zu ver-

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einbaren dagegen Arzt aaO Rdn. 35: Es sei „jede Tätigkeit, die den Erfolg ‚Irrtum‘ herbeiführt, eine Täuschungshandlung.“ Mit Anm. Baier JA 2002 304, Geisler NStZ 2002 86, Krack JZ 2002 613 und Loos JR 2002 77 sowie Bespr. Pawlik StV 2003 297 ff und Rose wistra 2002 13 ff. Ebenso BGH wistra 2001 386, 387 für Zeitungsanzeigen nachfolgendem Schriftverkehr und Telefonauskünften zum Anschein einer Kreditvermittlung. – Zustimmend Arzt aaO; Eisele BT II Rdn. 499; Fischer Rdn. 18 (vgl. Fn. 54) und 28; Hefendehl MK Rdn. 83; Kindhäuser Rdn. 62 (aber auch Rdn. 68); Lackner/Kühl Rdn. 8; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 14/15. Ebenso schon Blei II S. 223 und Schröder FS K. Peters S. 154 ff.

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Rechnung gestaltet und an Hinterbliebene gerichtet sind, ferner im Behinderten-Werkstättenfall LG Osnabrück MDR 1991 468 f (mit Bspr. Mayer Jura 1992 238 ff) und in den Fällen des Adressbuchschwindels, wenn bei einem gewerblichen Angebot zur Eintragung in ein Adressbuch, Branchenverzeichnis o.ä. ein offizieller Anschein erweckt wird, Rechnungsmerkmale überbetont werden (OLG Stuttgart NJW 1969 1975) oder die Kennzeichnung als Angebot erst aus den auf der Rückseite des Schreibens abgedruckten AGB hervorgeht (insoweit aA OLG Frankfurt NStZ 1997 187 mit krit. Anm. Mahnkopf/ Sonnberg NStZ 1997 187 f; vgl. demgegenüber Garbe NJW 1999 2868). Einschlägig ist auch die Verschleierung der Kostenpflichtigkeit von Leistungen, die im Internet angeboten werden (OLG Frankfurt NJW 2011 398). Ergibt sich die Höhe des Preises bei wahren Versprechungen besonders günstiger Angebote erst aus zusätzlichen, vom Durchschnittsadressaten nicht wahrgenommenen Hinweisen (z.B. in den AGB), so kann nach dem Gesamteindruck (Rdn. 28) eine Täuschung vorliegen („Kostenfalle“, dazu Eisele NStZ 2010 193 ff und Fischer Rdn. 28a). Umgekehrt kann der Text des Schreibens auch eindeutig den Inhalt eines bloßen Angebots ergeben und damit eine Täuschung geschäftserfahrener Adressaten ausschließen (vgl. BGH NStZ 1997 186 f; LG Frankfurt wistra 2000 72, 73 mit unveröff. Rspr., aber auch BGH StV 2004 535 mit abl. Anm. Schneider: soeben in das Handelsregister eingetragene Adressaten). Zur Täuschung durch Unterlassen in diesen Fällen Rdn. 70. Bei echten Scheinerklärungen wird hingegen ausdrücklich über die Ernsthaftigkeit, also über eine innere Tatsache, getäuscht; auf diese Weise löst sich nach dem Grundsatz des § 116 BGB das Problem, ob in einer wahren, aber angeblich zum Scherz abgegebenen Erklärung („dieser Geldschein ist unecht“) eine Täuschung liegen kann.55 Erst recht liegt eine ausdrückliche Täuschung vor bei der falschen Zusicherung einer bestimmten Verwendung des beantragten Darlehens.56 Im Übrigen ist aber die zivilrechtliche Wirksamkeit der Erklärung unerheblich: Das oben Rdn. 22 geforderte Erklärungsverhalten besteht nicht etwa in der Abgabe einer Willenserklärung; es kommt daher auch nicht darauf an, ob die Erklärung Vertragsinhalt geworden ist (OLG München NJW 1978 435 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 13 m.w.N.; vgl. auch unten Rdn. 25). Bemerkenswert wenig geklärt ist bislang, wann eine Täuschung ausdrücklich und 26 nicht bloß konkludent erfolgt. Die Abgrenzung kann nicht nach dem Erklärungsmittel erfolgen, weil einerseits konkludent auch mit Worten („200 Meter vom Meer“, wenn es sich bloß um die Luftlinie handelt; unten Rdn. 29) und andererseits ausdrücklich auch mit Zeichen, Gesten oder anderen kommunikativen Mitteln (oben Rdn. 24) getäuscht werden kann. Nach Lackner (LK10 Rdn. 21; ebenso Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 13) kann sogar bloßes Schweigen (z.B. auf die „vergewissernde Frage: Sie haben doch schon bezahlt?“) ausdrückliche Täuschung sein; dies zeigt, dass auch bei der Täuschung durch Unterlassen ausdrückliche und konkludente Erklärungen denkbar sind (T. Walter S. 39 ff). Ebenfalls kein sicheres Kriterium ist die Auslegungsbedürftigkeit des Erklärungsverhaltens, da auch ausdrückliche Erklärungen der Auslegung zugänglich und bedürftig sind (oben Rdn. 25). Es überrascht deshalb nicht, dass die Abgrenzung im Einzelfall durchaus fließend ist. So dürfte das von Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 38 für eine konkludente Täuschung genannte Beispiel einer Falschabrechnung von Reisekosten durch Einsetzen der Kosten der ersten statt der besuchten zweiten Eisenbahnklasse (OLG Celle

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Bejahend auch Arzt aaO Rdn. 40; Gössel 2 § 21, 29; Kindhäuser Rdn. 62; Lackner/Kühl aaO; Mitsch BT 1 § 7, 32; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 12; Schröder aaO.

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Vgl. bereits Rdn. 20; RGSt 66 56, 58 und JW 1926 2924; neuerdings BGH JZ 1979 75, 76 und OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 13, unten Rdn. 33 m.w.N.

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NdsRpfl 1963 239) richtiger durch die Annahme der ausdrücklichen Erklärung zu lösen sein, die erste Klasse benutzt (und die entsprechenden Ausgaben getätigt) zu haben (zu diesem Spesenbetrug näher Diller GmbHR 2006 334 ff). Will man derartige Abgrenzungsprobleme nicht – wie allerdings teilweise in der Literatur vertreten (oben Rdn. 21) – zum Anlass nehmen, die Unterscheidung schlechthin aufzugeben, so bleibt nur eine eher idealtypische und eher quantitative Differenzierung: Ausdrücklich täuscht, wer bezogen auf die Tatsache, über die getäuscht wird, eine relativ eindeutige und relativ vollständige unwahre Erklärung abgibt; je weniger eindeutig und je unvollständiger die Erklärung wird, desto eher ist (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) eine konkludente Täuschung anzunehmen. Hefendehl (MK Rdn. 79) hebt mit ähnlichem Ansatz für die konkludente Täuschung darauf ab, dass (nur?) insoweit ein Rekurs auf die Verkehrsanschauung notwendig sei (vgl. dazu aber auch oben Rdn. 25 und Kindhäuser FS Tiedemann S. 583 f, der S. 586 f für die Konkludenz darauf abstellt, ob die Negation der mitbehaupteten Tatsache „zum Fehlschlagen der fraglichen Äußerung führen würde“). Vogel (GS Keller S. 323 f) schließlich betont die nicht selten zufällige Einordnung des Täterverhaltens als Tun oder Unterlassen und will sie durch Entwicklung „kommunikativer Verkehrspflichten“ überwinden. Die Abgrenzungsfrage bleibt für die h.M. deshalb wichtig, weil von ihr bei der aus- 27 drücklichen – anders als bei der konkludenten – Täuschung grundsätzlich weder eine Erheblichkeitsprüfung noch eine Verteilung von Informations- und Irrtumsrisiken vorgenommen wird: Da die Definition der ausdrücklichen Täuschung durch die h.M. naturalistisch-psychologisierend ist (Pawlik S. 98 f), werden – anders als bei §§ 264, 264a, 265b – vermögensirrelevante Täuschungen (z.B. über die beabsichtigte Verwendung der gekauften Sache) nach klassischer Auffassung gegebenenfalls erst auf der Ebene des Vermögensschadens ausgeschieden, und die ausdrückliche Täuschung führt stets zur Verschiebung des Informations- und Irrtumsrisikos vom Opfer auf den Täter (z.B. bei der Empfangnahme irrig überzählten Wechselgeldes, wenn der Täter zuvor die Unwahrheit über den hingegebenen Geldschein erklärt hat). Insoweit tendiert die Literatur allerdings erneut zu einer Annäherung zwischen ausdrücklicher und konkludenter Täuschung, indem auch bei der ausdrücklichen Täuschung Korrektive eingebaut werden. Verbreitet ist das Kriterium der Sozialadäquanz, wonach ausdrückliche, aber sozialadäquate Täuschungen (z.B. über das Vorhandensein anderweitiger Kaufinteressenten) nicht dem Betrugstatbestand unterfallen sollen.57 Andere wollen (außer der bereits Rdn. 25 Vor § 263 abgelehnten Beschränkung der Täuschung auf die Verletzung von Wahrheitsansprüchen des Opfers) die Erheblichkeit der Täuschung für das angebahnte Vertrauensverhältnis oder für den dem Geschäft zugrundeliegenden Gegenstand in die Definition der Täuschung aufnehmen58 oder verlangen, die Täuschung müsse unmittelbar auf die Herbeiführung einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung gerichtet sein (Küper JZ 1992 338 ff). Nach OLG Karlsruhe NJW 1982 59 f reicht die bloße Erschleichung des allgemeinen Vertrauens des Opfers durch Täuschung nicht aus. Einschränkend wirken auch eine verbreitete Lehre, die eine Beschränkung auf solche Täuschungen vorschlägt, die

57

So Arzt aaO Rdn. 36; Bockelmann BT 1 S. 66; Herzberg MDR 1972 96; Hirsch ZStW 74 (1962) 78, 130; Jescheck/Weigend § 25 IV S. 252; Pérez Manzano in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 220; Roxin FS Klug S. 303, 312; dagegen zutreffend Lackner LK10 Rdn. 29 und 30 a.E. (weil „bei

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ausdrücklichen Täuschungen der Täter selbst als [falsche] Informationsquelle fungiert und es daher gerechtfertigt erscheint, dem Opfer das Informationsrisiko abzunehmen“). So Hoyer SK Rdn. 22 und Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 38; dagegen aber Lackner LK10 Rdn. 24.

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dem Opfer die Vermögensschädlichkeit seiner Verfügung verschleiern59 (dazu Rdn. 182), und die Auffassung Schmollers (JZ 1991 127 ff), bestimmte Fallgruppen eigenverantwortlichen Handelns (bis hin zum Prozessbetrug!) von der („schadensbegründenden“) Täuschung auszunehmen. Alle diese Ansichten entsprechen auf den ersten Blick nicht dem Gesetz, das nur von einem Erfordernis der Kausalität zwischen Täuschung und Schaden auszugehen und nur auf diese Weise schadensirrelevante Täuschungen für tatbestandslos zu erklären scheint. Die neuere Rechtsprechung (zum Versuch, Rdn. 276) geht demgegenüber ebenfalls davon aus, dass einzelne (frühe) Täuschungen nur das „Klima“ zwischen Betrugsopfer und Täter verbessern und erst spätere Akte das Vermögen angreifen sollen. Wenn dies für den Versuch zutreffend ist (vgl. aber Rdn. 276), könnte auch für die vollendete Betrugstat an ein Erfordernis der Vermögensrelevanz der Täuschung und eines entsprechenden funktionalen Zusammenhangs mit Irrtum und Vermögensverfügung gedacht werden (vgl. auch BGH NStZ 1997 31 f und NStZ-RR 1997 358 [f]: irrelevante falsche Namensangabe durch einen Asylbewerber; dazu auch Rdn. 39 und 185). Eine solche Auffassung würde eine systematische Parallele zu §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, 264a Abs. 1, 265b (Täuschung über „subventionserhebliche“ bzw. für die Kapitalanlage oder die Kreditbewilligung entscheidungserhebliche Tatsachen) herstellen und die Konsequenz aus der Einsicht ziehen, dass § 263 Vermögensschutz gegen Täuschung bezweckt (Rdn. 3) und gerade der Vermögensschutz Grundlage für rationale Entscheidungen (Verfügungen) des Opfers ist, so dass bestimmte (vermögensirrelevante) ausdrückliche Täuschungen aus § 263 ausscheiden (Vogel GS Keller S. 323). Demgegenüber ist allerdings zu bedenken, dass das Kriterium der Relevanz unklar ist und alles umfassen dürfte, was eine Vermögensverfügung beeinflussen kann. Auch wenn man es als Ausfluss der oben Rdn. 8 genannten „Gefährlichkeit“ der Täuschung für das Vermögen begreifen würde, müsste dies doch dazu führen, Streitfragen zum Vermögen und Schaden in die Täuschungsdogmatik vorzuverlegen (was bei §§ 264 ff sinnvoll und folgerichtig ist, da der Verzicht auf ein Erfordernis des Vermögensschadens eine Verengung des Täuschungsmerkmals zumindest nahe legt; Rdn. 47 Vor § 263). Es dient daher der Vereinfachung, die Täuschung bei § 263 mit der bisher h.M. von solchen Streitfragen freizuhalten und Filterqualität nur dem „klassischen“ Kausalitätserfordernis zuzuerkennen (so zuletzt BGHSt 49 17, 21 f).

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c) Die Möglichkeit einer konkludenten Täuschung, wie sie der Gesetzeswortlaut durch das Merkmal „Entstellung wahrer Tatsachen“ andeutet, ist im Wege der Rechtsfortbildung im Rahmen des Gesetzeswortlauts – auch von der Rechtsprechung – anerkannt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG wistra 2012 102, 104 Rdn. 168). Diese Möglichkeit ergibt sich aus der bereits genannten Notwendigkeit, neben den (und relativ unabhängig von) ausdrücklichen Erklärungen das Gesamtverhalten des Täters nach den Umständen und der Verkehrsauffassung auszulegen (vgl. bereits Rdn. 25 und BGHSt 51 165, 170 Rdn. 20 – Fall Hoyzer). Ein solches Erfordernis ist angesichts der Natur des Betruges als Kommunikationsdelikt (Rdn. 4) zwingend und mit Rücksicht auf diese Natur um die „normativen Erwartungen“ der Beteiligten zu vervollständigen (BGH aaO Rdn. 21 und NStZ 2009 506, 507 Rdn. 15). Allerdings sind Kriterien und Umfang dieser Auslegung grundsätzlich umstritten, wobei das Argument, die Annahme einer Erklärung laufe auf eine bloße Fiktion hinaus, eine beachtliche Rolle spielt:

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So Graul FS Brandner S. 816, 828 f und Mitsch BT 1 §7, 34.

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Diese Fiktion will zunächst eine Auffassung verneinen, die auf die tatsächlich exis- 29 tente objektive Verkehrsauffassung abstellt, aber auch zusätzlich die Risikoverteilung bei den jeweiligen rechtlichen Geschäftstypen heranzieht; außerdem müsse „das Minimum an Redlichkeit im Geschäftsverkehr verbürgt bleiben“ (so insbes. Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 14/15; zust. BGHSt 51 165, 171 Rdn. 22 – Fall Hoyzer – und 54 69, 121 Rdn. 150 – Al Qaida).60 Auch die Gegenauffassung nimmt aber ihren Ausgangspunkt bei der objektiven Bewertung des Gesamtverhaltens durch die „allgemeine Verkehrsanschauung“, bezieht diese jedoch auf die für die verschiedenen Geschäftstypen charakteristischen Pflichten- und Risikoverteilungen (BGHSt 51 171 Rdn. 22) und fragt danach, ob sich der Geschäftspartner in der konkreten Situation auf das Vorliegen der relevanten Tatsache ohne nachzufragen verlassen darf (Lackner LK10 Rdn. 28 und 29, der dies in Rdn. 30 zutreffend als eine normative Deutung zwecks Vermeidung fragwürdiger Fiktionen eines Erklärungswillens bezeichnet).61 Erst recht teilt diese normative Auffassung die normative Annahme der „faktischen“ Betrachtungsweise, dass der Täter nicht das unerlässliche Minimum an Redlichkeit im Geschäftsverkehr unterschreiten darf (Lackner LK10 Rdn. 29). Umstritten ist aber, ob die zweite Ansicht theoretisch oder praktisch einen gestaltenden Eingriff des Strafrechts in die Überzeugung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs darstellt (so Hoyer SK Rdn. 43), die erste Ansicht also verkehrstreuer ist. Zu Missverständnissen Anlass gegeben hat ferner vor allem Lackners Äußerung (LK10 Rdn. 53), der „Grund“ für die Annahme von Konkludenz liege „häufig in einer rechtlich begründeten Aufklärungspflicht des Täters“, womit für die Annahme einer konkludenten Täuschung scheinbar eine solche Pflicht vorausgesetzt wird (so jedenfalls Maaß GA 1984 266), in Wahrheit allerdings nur die Identität der Maßstäbe bei konkludenter Täuschung und Täuschung durch Unterlassen aufgezeigt wird (Vogel GS Keller S. 322 ff; vgl. auch Kindhäuser FS Tiedemann S. 588 f). Demgegenüber nimmt die ganz h.M. zutreffend an, dass die konkludente Täuschung aktives Tun ist (vgl. nur Kindhäuser aaO). Dass die Maßstäbe zur Bestimmung von Konkludenz einerseits und Garantenstellung andererseits allerdings in der Tat zumindest teilweise ähnlich sind, zeigt die Konstellation der unvollständigen und daher unrichtigen Angabe: Die Werbeanzeige eines Badehotels „200 m vom Meer“ ist unvollständig und unrichtig, wenn sich die Angabe auf die Luftlinie bezieht und verschwiegen wird, dass der normale Zugang zum Meer unter Vermeidung einer Felsenküste zwischen Hotel und Meer einen Umweg von 2 km darstellt. Hier ist es gleichermaßen zutreffend, von der Verkehrsanschauung zu sprechen, welche die Entfernungsangabe der Hotelwerbung als Angabe über den „normalen“ Zugang versteht, oder auf die (Verkehrs-)Pflicht des Werbenden abzustellen, Angaben zur Länge des normalen Zugangsweges zu machen, um die Erklärung nicht unrichtig werden zu lassen (vgl. auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 97 mit Nachw.). Entsprechendes gilt für die unvollständige Meldung der beschäftigten Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber gegenüber dem Sozialversicherungsträger; § 28 SGB IV enthält hier den normativen Maßstab der Vollständig60

Ebenso BGHSt 47 1, 3; Duttge in Dölling/ Duttge/Rösner Rdn. 10; Eisele BT II Rdn. 502; Gössel 2 § 21, 23; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 344; Kindhäuser FS Tiedemann S. 582; Küper BT S. 290; Lackner/Kühl Rdn. 7; Mitsch BT 1 § 7, 26; Nack in MüllerGugenberger/Bieneck4 § 47, 17; Otto BT § 51, 15; Rengier BT I § 13, 12; Satzger S/S/W Rdn. 37; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 498.

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Zustimmend und ebenso OLG Düsseldorf NJW 1993 1872 f; Maaß JuS 1984 26; Schauer S. 115; Seelmann NJW 1980 2547 f; Tiedemann FS Klug S. 407; Vormbaum JuS 1981 22; Wittig Verhalten des Betrugs S. 295 und Wirtschaftsstrafrecht § 14, 30 f; wohl auch Joecks Rdn. 24, 27; krit. Gössel 2 § 21, 25; und Hoyer SK Rdn. 43.

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keit (vgl. nur H. Schäfer wistra 1982 97). Ein weiteres Beispiel bildet die fehlende Angabe im Beihilfeantrag eines Beamten, dass der Arzt von dem Rechnungsbetrag nur denjenigen Teil beansprucht, der von der Beihilfestelle erstattet wird; eine derartige Abrede muss der Stelle mitgeteilt werden, da Beihilfe nur für tatsächlich aufzuwendende Kosten geleistet wird (OLG Düsseldorf OLGSt 164, 165). Die Abgrenzung zum Unterlassen ergibt sich daraus, ob noch – im Sinne eines einheitlichen Lebenssachverhalts – ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem (z.B. ausdrücklich) Erklärten und dem nicht Erklärten besteht (vgl. Tiedemann FS Lackner S. 737, 742 ff und LK § 264 Rdn. 97 und § 265b Rdn. 66, je m.w.N.; vgl. auch – allgemeiner – unten Rdn. 50) Zusammenfassend bezeichnet daher Vogel (GS Keller S. 52) Unvollständigkeit und Zweideutigkeit von Erklärungsverhalten als Gegenstand der Konkludenz.

30

Zutreffend ist eine vermittelnde Betrachtung (vgl. bereits Tiedemann FS Klug S. 407 und FG BGH IV S. 553; ebenso jetzt BGHSt 51 165, 170 Rdn. 20 – Fall Hoyzer – und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 14/15 m.w.N., insbes. Vogel GS Keller S. 322 ff). Die Annahme einer konkludenten Erklärung (oder des konkludenten Teiles einer ausdrücklichen Erklärung) ist zunächst – nach allgemein übereinstimmender Ansicht – ein Ergebnis der Auslegung einer (teilweise ausdrücklichen) Erklärung oder eines sonstigen Verhaltens, das „bedeutungshaltig“ ist (Vogel aaO S. 321). Kriterien dieser Auslegung des Erklärungsverhaltens sind sodann zum einen die Verkehrsanschauung, zum anderen aber auch – soweit vorhanden – rechtliche Vorschriften, welche die Verkehrsanschauung prägen oder konkretisieren und erforderlichenfalls ersetzen (zust. Wagemann GA 2007 149; ebenso Hefendehl MK Rdn. 86 ff, 103: „normativ vorkonstruierte Verkehrsanschauung“). Dies ist ein einheitlich normativer Ausgangspunkt (Tiedemann aaO), zumal bereits die Auslegung einer ausdrücklichen Erklärung anhand von Regeln oder Konventionen über die Bedeutung von Worten, Zeichen oder Verhaltensweisen normativiert ist (zust. Kindhäuser FS Tiedemann S. 579; ebenso Vogel aaO). Auch kann eine Verkehrssitte nach h.M. rechtsunwirksam sein und darf dann nicht für die Annahme (oder auch Ablehnung) einer konkludenten Erklärung herangezogen werden (vgl. nur RGSt 59 299, 306). Häufig wird eine empirisch feststellbare Verkehrsanschauung überhaupt fehlen. Es geht also weithin um einen Streit um Worte (ähnlich Kasiske GA 2009 363 f, Vogel aaO S. 316 und T. Walter S. 48 f) und die Setzung von Schwerpunkten. Auch die „faktische Betrachtungsweise“ will nämlich einerseits keinen realen Erklärungswillen des Täuschenden ermitteln, sondern auch die rechtsnormative Risikoverteilung berücksichtigen, die das Zivilrecht mit der Ausgestaltung des jeweiligen Geschäftstyps modellhaft, also für den Regelfall, formuliert. Wenn diese gesetzlich intendierte Risikoverteilung nicht vertraglich oder durch die Verkehrssitte abbedungen oder eingeschränkt wird, ist sie kraft der zivilrechtlichen Vorprägung im Regelfall auch für das Betrugsstrafrecht maßgebend (Tiedemann aaO). Hier wirkt sich auch das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung aus. Erst wo Gesetz und Vertrag rechtlich nichts für die Risikoverteilung des Wissens hergeben, entsteht das Problem, ob der Betrugstatbestand als (rechtsnormative, aber) strafrechtliche Mindestgarantie von Redlichkeit im Geschäftsverkehr diesen autonom gestaltet – was bei Fehlen einer Verkehrssitte und einer zivilrechtlichen Normierung zu bejahen (ebenso Vogel aaO S. 323), allerdings im Einzelnen wiederum an wirtschaftlichen Grundprinzipien (des Wirtschaftsverfassungsrechts) wie etwa der Preisgestaltungsfreiheit in der Marktwirtschaft auszurichten ist. Zutreffend ist daher – zusammengefasst – eine insgesamt normativierende Handhabung der Konkludenz, wobei Hervorhebung verdient, dass rechtsnormative Aufklärungs- und Garantenpflichten unmittelbar nur für das Unterlassen relevant sind; für die Annahme einer konkludenten Täuschung kommt ihnen allerdings Indizcharakter zu (zu diesem Zusammenhang zwischen Konkludenz und Auf-

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klärungspflicht auch Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 44 mit Nachw.). Der Schutz des Täters gegenüber „Unterstellungen“ erfolgt über § 16: Kennt der Täter den normativierten Sinn seines Verhaltens nicht, so handelt er ohne Vorsatz (näher unten Rdn. 242). Daneben gilt allgemein: Wo das Opfer nachfragt, verschiebt sich die Risikogrenze zum Täter hin.62 Dies bekräftigt noch einmal den Ausgangssatz, dass ausdrückliche Erklärungen (mit Vermögensrelevanz) wahr sein müssen (oben Rdn. 27). Im Einzelnen lässt bei Austauschverhältnissen der zivilrechtliche Geschäftstyp eine 31 Risikoabgrenzung hinsichtlich solcher Umstände erkennen, die „den Geschäftstyp ausmachen“ (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16e), also „die Grundlage des Geschäfts bilden“ (Lackner LK10 Rdn. 43, dessen Rückgriff auf die zivilrechtliche Vertragslehre von der Geschäftsgrundlage aber nicht glücklich ist und daher hier nicht übernommen wird). So ist die Grundlage von Spiel und Wette das Vorliegen von Ungewissheit; besteht diese einseitig nicht oder wird sie sogar manipulativ zum eigenen Vorteil ausgeschaltet, so wird der Geschäftstyp verfälscht. Die Unkenntnis vom Ausgang einer Wette wird daher konkludent miterklärt (RGSt 62 415 ff; BGHSt 51 165, 172 f Rdn. 23 ff – Fall Hoyzer – für die vorherige Verabredung zukünftiger Manipulationen einer Fußballwette; 29 165, 167 f für eine manipulierte Pferderennwette; aA BGHSt 16 120, 121 f für die sog. Spätwette).63 Dasselbe gilt für die fehlende Beeinflussung eines Glücksspiels (RGSt 21 107, 108; 61 12, 16), insbesondere für die Nichtausschaltung des Zufalls bei Spielautomaten (OLG Hamm NJW 1957 1162 f) oder beim Roulette (BayObLG NJW 1993 2820 [ff] mit Bspr. Lampe JuS 1994 737) sowie für die Nichtzurückhaltung des Hauptgewinnloses bei der Lotterie (RGSt 62 393, 394; BGHSt 8 289, 291). Vorgenommene oder beabsichtigte Manipulationen führen also zur konkludenten Behauptung ihres Nichtvorliegens, wenn es um den zentralen Umstand („die Grundlage“) des Geschäftstyps (BGHSt 29 167) oder den „Vertragsgegenstand“ (BGHSt 51 171 Rdn. 22) geht (BGHSt 54 69, 121 Rdn. 150 f). Erfasst werden so auch Absprachen über den Ausgang eines sportlichen Wettkampfes (Triffterer NJW 1975 615), die Bestechung von Teilnehmern oder Schiedsrichtern und das Dopen eines Rennpferdes (Lackner/Kühl Rdn. 9 mit Nachw.; allgemein zum Doping Otto SpuRt 1994 10, 15). Doping und Korruption im Sport werden also durch § 263 inkriminiert (zw. Roxin FS Samson S. 447) und können das Vermögen von Sponsoren, Veranstaltern, Wettteilnehmern und Zuschauern schädigen (zusammenfassend Cherkeh S. 63 ff; Diener/Hoffmann-Holland Jura 2009 946, 950 ff; unten Rdn. 197). Für den Geschäftstyp des Vergleiches (§ 779 BGB) besteht der Hauptzweck in der 32 Beseitigung von Streit und Ungewißheit zwischen den Parteien; diese streitige oder ungewisse Lage wird durch den Vergleich kompromisshaft, nämlich im Wege gegenseitigen Nachgebens bereinigt. Diese typische Zwecksetzung unterscheidet den Vergleich von anderen Rechtsgeschäften, bei denen die freiwillige Selbstkoordination der Partner meist zum beiderseitigen Nutzen und in Ausrichtung auf ein positives Ziel erfolgt; demgegenüber ist für den Vergleich die Abgabe von gegenseitigen Verzichtserklärungen kennzeichnend. Diese Typik verbietet die Annahme solcher schlüssiger Erklärungen, die diesen

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Lackner LK10 Rdn. 30 a.E.; ebenso Joecks Rdn. 38; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 41; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 14/15 m.w.N. Wie hier Bockelmann NJW 1961 1934 ff; Eisele BT II Rdn. 503; Fischer Rdn. 22; Gössel 2 § 21, 37; Hefendehl MK Rdn. 113; Kühne S. 37; Lackner/Kühl Rdn. 9;

Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 39; Otto BT § 51, 16; Rengier BT I § 13, 12; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16e; Triffterer NJW 1975 615; Welzel S. 369; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 499b m.w.N.; aA Joecks Rdn. 33; Klimke JZ 1980 581 ff; Schlösser NStZ 2005 423 ff; Trüg/Habetha JZ 2007 878 ff; Vogel GedS Keller S. 323.

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Zweck gefährden könnten; die Annahme konkludenter Erklärungen in Bezug auf den Vergleichsinhalt würde geradezu den Zweck des Vergleichs gefährden (Tiedemann FS Klug S. 407 f; zust. Lackner/Kühl Rdn. 10; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16 f a.E. für den Sonderfall der vor Vergleichsschluss eingetretenen Änderung von Tatsachen, die in den Vorverhandlungen eine erhebliche Rolle gespielt haben, und Seier S. 295 ff). Jedenfalls bei Austauschgeschäften liegt eine konkludente Täuschung weiter vor, 33 wenn es um Umstände geht, die den Geschäftstyp verändern (vgl. BGHSt 32 22, 24 f), z.B. ein Geschicklichkeitsspiel („Hütchenspiel“; vgl. BGHSt 36 74 ff) vorgetäuscht wird, während es den Umständen nach um ein Glücksspiel geht (LG Frankfurt NJW 1993 945 f[f]; Sack NJW 1992 2540). Auf denselben rechtlichen Gesichtspunkt kann die Annahme einer konkludenten Täuschung gestützt werden, wenn nach den Umständen – etwa in einem Ladengeschäft, einem Restaurant oder Hotel – ein Bargeschäft vorgenommen werden soll, die Geldzahlung aber nicht erbracht werden kann (Zechbetrug usw.); die h.M. nimmt insoweit – zutreffend – eine konkludente Täuschung über die innere Tatsache der Bereitschaft (und Fähigkeit) zur sofortigen Barzahlung an.64 Auch der Vermittler von Warenterminoptionen (dazu näher Rdn. 49) täuscht über den Charakter als Anlagegeschäft, wenn er beabsichtigt, die Gelder nicht an der Börse zu plazieren (sog. bucket-orders; BGHSt 51 10 ff; Kindhäuser FS Tiedemann S. 590; Koch JZ 1980 707, 709; Worms wistra 1984 125); ebenso der Einwerber von Geldern zur sicheren und gewinnbringenden Kapitalanlage, wenn die eingezahlten Beträge einem Schneeballsystem zugeführt werden sollen (BGHSt 53 200 ff). Auch hier ist zugleich eine Täuschung über eine innere Tatsache gegeben. Allgemeiner kann ein Betrug darin liegen, dass ein Käufer mit Wissen des Verkäufers Aktien nicht als Handelsobjekt, sondern als Kapitalanlage erwerben will, die Aktien dazu aber nicht geeignet sind (RGSt 23 430 ff; v. Ungern-Sternberg ZStW 88, 1976, 676; Ransiek WM 2010 874; unten Rdn. 206). – Positiv wird der Geschäftstyp (auch) durch die „spezifischen Zwecksetzungen der Parteien bestimmt“ (Kindhäuser aaO). Daher erklären die Teilnehmer an einer Ausschreibung (Submission) als einem auf Wettbewerb gerichteten Verfahren zur Preisfindung (Rdn. 165) konkludent, keine wettbewerbswidrigen Preisabsprachen getroffen zu haben (BGHSt 47 83, 86 f mit Anm. Rose NStZ 2002 41, Satzger JR 2002 391 und T. Walter JZ 2002 254). Wird bei Darlehensgewährung ein Verwendungszweck vereinbart, so liegt eine Täuschung vor, wenn der Darlehensnehmer die Mittel anderweitig einsetzen will (und dadurch die Qualität des Rückzahlungsanspruchs berührt wird, Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31 mit Nachw.). 34 Bei den zivilrechtlichen Geschäftstypen gibt es zivilrechtliche Handlungspflichten, die als Haupt- oder (häufiger) Nebenpflichten ausgestaltet sein können und teilweise ebenfalls einen typischen Inhalt haben. Soweit sie einseitige Pflichten sind, geht ein entsprechender Anspruch des Geschäftspartners grundsätzlich ohne eigenes Risiko auf vollständige Erfüllung der Pflicht durch den anderen Partner. Dies gilt insbesondere für die im Zivilrecht häufigen gesetzlichen oder (vor)vertraglichen Auskunftspflichten, deren Erfüllung daher die stillschweigende Zusicherung der Vollständigkeit enthält (Lackner LK10 Rdn. 32). Daher täuscht konkludent der Kreditsucher, der bei ausführlicher Darlegung

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BGH GA 1972 209 f; OLG Hamburg NJW 1969 335 f mit Anm. G. E. Hirsch S. 853 und Bespr. Triffterer JuS 1971 181 ff; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 37; Eisele BT II Rdn. 503; Fischer Rdn. 33; Hefendehl MK Rdn. 116; Kindhäuser FS Tiedemann

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S. 589; Krey/Hellmann BT II Rdn. 340; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 41; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 16a und 28; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 499.

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seiner Vermögensverhältnisse einzelne Schulden oder Belastungen verschweigt,65 ebenso wie der Kreditnehmer, der zur Unterrichtung des Kreditgebers Warenvorräte als mögliches Sicherungsgut vorführt, ohne deren Belastung mit Rechten Dritter zu offenbaren (RG Recht 1929 Nr. 652). Auch die Rechnungslegung ist der Sache nach auf Vollständigkeit angelegt (RGSt 26 28 ff für Insolvenzgläubiger; vgl. für die Handelsbilanz § 246 Abs. 1 HGB und Tiedemann LK § 283 Rdn. 137). In diesem Sinne ist etwa die Nebenkostenabrechnung durch den Vermieter unvollständig, wenn sie dem Vermieter separat gewährte Rabatte und Preisnachlässe, z.B. auf Heizöl, nicht aufführt (aA Kinne Grundeigentum 1999 482, der ein Unterlassen annimmt). Dasselbe ergibt sich im Einzelfall für den, der zur Darlegung seiner Vermögensverhältnisse aufgefordert wird und nur die günstigen angibt (RGSt 70 151, 152). Ein Vollständigkeitsanspruch besteht nach der Verkehrsauffassung auch beim Verlesen einer Urkunde zur Information eines anderen, z.B. eines Testamentsentwurfes (in den der Notar ohne Wissen des Erblassers ein Vermächtnis zu seinen eigenen, des Notars, Gunsten aufgenommen hat: RGSt 42 171 ff; zum Schaden insoweit Rdn. 137). Weitere Urkunden mit Vollständigkeitsanspruch sind Anlageverkaufsprospekte nach § 264a, Unterlagen nach § 265a Abs. 1 Nr. 1 und Vermögensübersichten nach §§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 353a). Im Ausgangspunkt eindeutig ist die Risikoverteilung ferner in Bezug auf die auszutau- 35 schenden Leistungen und zugehörige zivilrechtliche Nebenpflichten. Insoweit soll das rechtliche Synallagma mit dem Zug-um-Zug-Prinzip für eine Kontrolle des Leistungsaustausches durch die Vertragspartner selbst sorgen. Soweit daher die Vergütung (der Preis) und die Qualität von Gegenständen in Frage stehen, braucht der Geschäftspartner in einer Marktwirtschaft grundsätzlich nicht von sich aus (ungefragt) seine besseren Informationen und seine überlegene Sachkenntnis mit dem anderen zu teilen.66 Vielmehr muss ein besonderer Grund für die Änderung der Risikoverteilung vorliegen, etwa ein Beratungselement des Vertragsverhältnisses (Lackner LK10 Rdn. 29) oder eine einseitige Manipulation des Vertragsobjektes oder seines Preises durch einen Vertragspartner (Rdn. 37). Mit Rücksicht auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit ist somit grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludenter Erklärungen über die Angemessenheit oder Üblichkeit des Preises (BGH JZ 2010 420, 421 mit Anm. Kubiciel und weit. Nachw.) und über die Qualität des Kaufobjektes. Es ist vielmehr „in der Regel Sache des Käufers oder Bestellers, abzuwägen und sich zu entscheiden, ob er die geforderte Vergütung aufwenden will oder nicht“ (OLG Stuttgart NStZ 1985 503 unter Bezugnahme auf BGH LM Nr. 5; BayObLG NJW 1994 1078, 1079). In einem marktwirtschaftlichen System freier Preisbildung trägt somit jeder Vertragspartner selbst das Risiko dafür, dass die vereinbarten Vertragsbedingungen ausgewogen sind und der Preis angemessen ist (Kühne S. 66; Kubiciel aaO S. 422; Lackner/Werle NStZ 1985 503, 504; Schauer S. 108 ff m.w.N.). Verweist das Gesetz auf die „übliche Vergütung“ (§ 632 Abs. 2 BGB), so ist mit Rücksicht auf Art. 103 Abs. 2 GG und den Grundsatz „in dubio pro reo“ erst eine krasse Überhöhung auf der Grenze zum Doppelten der üblichen Vergütung als unangemessen anzusehen (OLG Düsseldorf NStZ – RR 2008 241; vgl. auch OLG München wistra 2010 37 und Tiedemann LK Rdn. 117 Vor § 283 m.w.N.). Angesichts der Preisgestaltungsfreiheit

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BGH bei Lackner LK10 Rdn. 32 Fn. 52; RGSt 70 152 und R 5 395; Kindhäuser FS Tiedemann S. 590 f; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 26; Welzel S. 369. Bockelmann FS Eb. Schmidt S. 445 und

ZStW 79 (1967) 33; Kühne S. 9; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 47, 20; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17c; Schauer S. 13 ff mit Nachw.; Vogel GedS Keller S. 323 m.w.N. S. 320.

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wird die Annahme konkludenter Erklärungen im Übrigen selbst dann abgelehnt, wenn Höchstpreise 67 oder zulässige Preisbindungen (z.B. für Bücher nach § 16 GWB) 68 bestehen. Dieses Ergebnis wird meist damit begründet, dass die genannten Grenzen der Preisbildung nicht dem Interesse des Abnehmers dienen (vgl. aber auch unten Rdn. 37 a.E.); auch stellt BGH NJW 1990 2005, 2006 eher faktisch darauf ab, dass Durchbrechungen der (Buch-)Preisbindung im Verkehr bekannt seien, während BGH LM Nr. 5 damit argumentiert, in Zeiten der Verknappung könne der tatsächliche Wert einer Leistung höher liegen als der vorgeschriebene Höchstpreis (dazu auch Rdn. 37 und 164). Diese Begründung stimmt in ihrem ersten Teil nicht mit den sonstigen Konkludenzkriterien überein. Maßgebend ist vielmehr, dass hier – anders als bei Fest- und Taxpreisen (Rdn. 36) – die Preisgestaltungsfreiheit nicht ganz aufgehoben, sondern nur in einer bestimmten Richtung eingeschränkt wird. Entsprechend dem soeben genannten Grundsatz werden Ausnahmen erst dort aner36 kannt, wo die Qualität durch Gesetz (z.B. LFGB, WeinG) oder sonstwie festgelegt ist (BGH NJW 1988 150, 152: Wein mit erschlichener Prüfnummer) oder sich aus der Zuordnung zu festen Handelsklassen ergibt (OLG Koblenz NJW 1972 1907; RGSt 59 311 f; näher Rdn. 37), ferner wenn die Vertragsfreiheit im Hinblick auf die Preisbildung entweder ganz ausgeschaltet ist wie bei Tax- oder Listenpreisen und Gebührenordnungen oder sich der Vertrag „nachhaltig von dem Grundbild eines frei vereinbarten Übereinkommens entfernt“ (OLG Stuttgart aaO). Bei Bestehen von Tax- oder Listenpreisen enthält daher die Preisforderung die konkludente Behauptung, es handele sich um den rechtlich vorgeschriebenen Preis.69 Dasselbe gilt für die Abrechnung der Vergütung von Krankenhausleistungen nach der BPflV 1995 (Tondorf/Waider MedR 1997 102, 103: sog. Herzklappenskandal), wobei unter der Geltung des Kostenerstattungsprinzips nur tatsächlich entstandene Kosten – also unter Abzug gewährter Preisnachlässe oder Rabatte – geltend gemacht werden dürfen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 143 ff mit Nachw.). Ebenso bringt der Arzt mit seiner Abrechnung konkludent zum Ausdruck, dass nur Gebühren für tatsächlich von ihm oder unter seiner Aufsicht erbrachte Leistungen geltend gemacht werden (BGH NStZ 1995 85 mit Anm. Hellmann S. 232 ff) und dass die Leistungen „abrechnungsfähig“ sind, nämlich unter die benannte Gebührennummer fallen (BGH NStZ 1993 388 f; Tiedemann aaO Rdn. 144e m.w.N.; unten Rdn. 39). Eine Täuschung über die Preisgestaltung ist nach BGH JZ 2010 420, 421 (mit abl. Anm. Kubiciel) dann möglich, wenn der angebliche Exportpreis (für ein russisches Krebsheilmittel) angegeben und behauptet wird, das Medikament sei in Deutschland „nicht zu einem geringeren Preis erhältlich“. Wie bei der Bestimmung der Arglist nach schweizerischem Betrugsstrafrecht (Rdn. 52 Vor § 263) nimmt die h.M. aber auch dann eine (konkludente) Täuschung an, wenn bei der jeweiligen Art von Geschäften für einen der Partner die eigene Prüfung der Angemessenheit des Preises ausgeschlossen oder wesent-

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BGH LM Nr. 5 mit Anm. Krumme und JZ 1952 46; RGSt 42 147, 150; 50 340 f; OLG Stuttgart NJW 1966 990 f; Lackner LK10 Rdn. 46; Schauer S. 16 m.w.N. BGH NJW 1990 2005, 2006; Ranft Jura 1992 66; Rengier BT I § 13, 17; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 16d. BGH LM Nr. 5 m. Anm. Krumme (Vergütung eines bahnamtlichen Spediteurs); RGSt 42 147 ff (Preistaxen für Arzneimittel);

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OLG Stuttgart NJW 1966 990 f und NStZ 1985 503 ff mit Anm. Lackner/Werle; Fischer Rdn. 36; Gössel 2 § 21, 33; Hefendehl MK Rdn. 128; Kindhäuser FS Tiedemann S. 592; Lackner/Kühl Rdn. 10; Otto BT § 51, 17 („gebundene Preise“); Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 16d; Schauer S. 18 ff m.w.N.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 247a (Arzt- und Krankenhausleistungen).

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lich erschwert ist,70 z.B. bei Geschäften, zu denen der Kunde als Laie den anderen als Fachmann zuzieht und bezahlt, weil er mangels eigener Sachkunde auf die Beratung des anderen angewiesen ist.71 Typisch sind hierfür Kaufgeschäfte über Antiquitäten, Schmuck oder Kunstgegenstände (Würtenberger S. 95), bei denen das Vorhandensein der üblichen Mindestqualität miterklärt wird (Kindhäuser FS Tiedemann S. 592 f mit Nachw.), und Reparaturverträge über technisch komplizierte Geräte (OLG Celle NdsRpfl 1963 286: Fernsehapparat; zur Unfallfreiheit von Gebrauchtwagen näher unten Rdn. 64). Derselbe Gedanke erschwerter Nachprüfung (in Verbindung mit dem Gesichtspunkt der Manipulation) trifft auch für den aktuellen Fallbereich des Wissenschaftsbetruges zu, wenn insbesondere in den Naturwissenschaften Publikationen vorgelegt werden, deren Forschungsergebnisse verfälscht sind: Es wird konkludent (z.B. mit Einreichung eines Aufsatzes bei der Redaktion einer Fachzeitschrift) erklärt, die Ausarbeitung entspreche wissenschaftlichem Standard, insbesondere sei der angegebene Verfasser geistiger Urheber der Forschungsergebnisse (Jerouscheck GA 1999 418, 422 f; Völger S. 105 ff; krit. Hefendehl MK Rdn. 129; zum Schaden unten Rdn. 224, zur Bereicherungsabsicht Rdn. 253). Eine Konstellation einseitiger Manipulation der Preisbildung (Rdn. 35) kann schließlich auch bei Versteigerungen gegeben sein; hier enthält die Aufforderung an die Kaufinteressenten zum (Weiter-)Bieten die konkludente Erklärung des Versteigerers, dass die voraufgegangenen Angebote nach seiner Kenntnis keine Scheinangebote sind (bei Gutgläubigkeit des Auktionators mittelbare Täterschaft der Scheinbieter!).72 Hinsichtlich der Qualität des Kaufobjektes ist ebenfalls grundsätzlich kein Raum für 37 die Annahme konkludenter Erklärungen des Verkäufers (vgl. bereits RGSt 2 430 [f]: Pferdekauf; 14 310 [ff]: Mörtel mit zu viel Sand; RG GA Bd. 47 283 f: Eierlikör; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16d m.w.N.; zu Ausnahmen oben Rdn. 35). Dies gilt sowohl für das Angebot als auch für die Lieferung einer Sache, so dass insoweit keine konkludente Erklärung des Inhalts vorliegt, die Sache weise keine Mängel auf oder besitze die zugesicherten Eigenschaften (Cramer/Perron aaO Rdn. 17b). Entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung (Seelmann NJW 1980 2549 und wohl auch Gössel 2 § 21, 35) ist auch nicht stets eine konkludente Erklärung des Schuldners bei Erfüllung dahingehend anzunehmen, dass es sich nicht um etwas anderes (aliud) als die geschuldete Sache handele. Der hierin liegende Rückgriff auf die zivilrechtliche Erfüllungslehre trägt die bekannten Unsicherheiten über die Abgrenzung zwischen mangelhafter Erfüllung und Nichterfüllung (vgl. für den Kauf einerseits §§ 459 ff, 480 BGB, andererseits § 378 HGB!) in das Strafrecht hinein und überzeugt systematisch nicht, weil zivilrechtliches Pendant des § 263 nicht die Erfüllungslehre, sondern §§ 123, 463 Satz 2 (usw.) BGB sind; außerdem erscheint dieser Ansatz auch als teleologisch verfehlt: Strafrechtlich liegt die Grenze erst bei einer Vereitelung der Grundlagen des Geschäfts überhaupt (oben Rdn. 33); das kann bei einer Falschlieferung der Fall sein, muss es aber nicht (zust. Kindhäuser FS Tiedemann S. 591 und Rdn. 82). Allerdings ist auch hier – wiederum ähnlich wie im schweizerischen Recht – eine Ausnahme insbesondere dann zu machen, wenn der Verkäufer es manipulativ verhindert oder erschwert, dass der Käufer einen Mangel der Kaufsache oder die sonstige Vertragswidrigkeit der Leistung erkennt (vgl. bereits Rdn. 31), etwa durch Überstreichen schwammbehafteter Teile des zu verkau-

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BGH aaO und JZ 1952 46; RGSt 42 147, 150; Lackner/Kühl Rdn. 10; Schauer S. 23; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO. Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 47, 17; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16. –

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Diese Konstellation betrifft vor allem den Kauf im Fachhandel: Maaß S. 135; Schauer S. 35 m.w.N. Baumann NJW 1971 23; Locher/Blind NJW 1971 2290; Otto NJW 1979 684.

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fenden Hauses (RGSt 20 144 ff), Überdecken schlechter Ware durch gute (RGSt 59 299, 305 f: Lieferung von Brettern an das Heer) oder Verfälschen der Ware (Lebensmittel) durch den Verkäufer (RGSt 29 369, 370 in Klarstellung zu 29 35, 37 für vom Kellner aus Bierresten und frischem Bier hergestelltes „Mischbier“; 59 311, 312 für die Verwässerung von Milch; BGH MDR 1969 497 f für die Verfälschung von Butter). Konstruktiv ergibt sich dies in Anlehnung an den Ingerenzgedanken daraus, dass der Verkäufer bei voraufgegangenen Verdeckungsmaßnahmen konkludent das Fehlen solcher Maßnahmen (nicht aber auch die Mangelfreiheit) miterklärt; wenn der Verkäufer bestehende Mängel nicht zu offenbaren braucht, so darf der Käufer doch erwarten, dass der Verkäufer keine Maßnahmen zur Verdeckung von Mängeln ergreift. Für den (gewerblichen) Verkauf von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen legen die Normen des LMBG, für Wein das WeinG, für Arzneimittel das AMG usw. fest, was der Käufer dieser Sachen qualitativ jedenfalls erwarten darf (Echtheit und vorgeschriebene Zusammensetzung, Gesundheitsverträglichkeit usw.). Dies gilt für § 263 unabhängig davon, ob diese Normen Vermögens- und Dispositionsschutz oder Gesundheitsschutz bezwecken. Eine weitere Ausnahme soll z.T. gemacht werden, wenn die Kaufpreisforderung die Annahme qualitativ hochwertiger Ware nahelegt (z.B. bei Schmuck: Küper BT S. 291). Dies ist außerhalb der bereits Rdn. 36 genannten Ausnahmen nicht zutreffend und kann im Übrigen nach den Umständen nur angenommen werden, „wenn es sich um ein Geschäft handelt, in dem nach dessen Image und Renommee nur echte Stücke geführt werden“ (Cramer/Perron aaO Rdn. 16d mit Nachw.). Eine zutreffende weitere Ausnahmekategorie ist mit Lackner (LK10 Rdn. 43) auch die Fallkonstellation, dass der versteckte Mangel des Kaufobjekts die Sache für die Zwecke des Käufers „völlig unbrauchbar macht“. Zwar ist die hierfür zitierte Hausschwamm-Entscheidung RGSt 20 144 ff entgegen Lackner (aaO Fn. 63) nicht unklar, sondern kann sich auf den vorgenannten Gesichtspunkt von Verdeckungsmanipulationen des Täters stützen; auch wenn das „künstliche Verschmieren und Verdecken“ der schwammbefallenen Stellen nach dem Leitsatz der Entscheidung „ohne bewusste Beziehung auf den späteren Verkauf“ erfolgte, war es keine auch nur im Ansatz sachgemäße Reparaturmaßnahme, sondern eben eine Verdeckung (aA Ranft JA 1984 728). Entsprechendes gilt für den von Lackner weiter zitierten Fall RGSt 69 283, 284 (Fett aus Abdeckereien für Lebensmittelhersteller), in dem der Täter die Verkehrsunfähigkeit der Ware selbst herbeigeführt hatte (dazu auch Kamberger S. 104). Wohl aber kann die Ausnahmekategorie völliger Unbrauchbarkeit auf die Parallele der Auslegung des § 123 (und damit des oben genannten § 463 S. 2) BGB gestützt werden, dass über Umstände aufgeklärt werden muss, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden und die daher für die Vertragspartei von ausschlaggebender Bedeutung sind (Palandt/ Ellenberger § 123 Rdn. 5b mit Nachw.; zust. T. Walter S. 60 Fn. 74; vgl. auch Haft BT S. 204). Systemgemäß ist schließlich die Annahme von RGSt 50 340 f, dass bei Existenz von Höchstpreisvorschriften die Lieferung einer Ware niedriger Klasse zum Preis einer höheren Klasse die Vorspiegelung von Qualität der höheren Klasse enthält; nicht etwa wird die Angemessenheit des Preises vorgespiegelt (vgl. Rdn. 35). Entsprechendes wird für die Lieferung von Waren mit der Bezeichnung bestimmter Zolltarifnummern anzunehmen sein. In beiden Fällen enthält die Klassifizierung eine Zuordnung zu einer Qualitätsstufe (dazu bereits Rdn. 36).

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Da sich der Synallagma-Mechanismus nur auf den realen Leistungsaustausch bezieht, gelangt die h.M. und insbesondere die Rechtsprechung zu recht weitgehenden Annahmen von konkludenten Erklärungen bei der Anbahnung und Eingehung von Vertragsverhältnissen. Was das Zivilrecht mit den Kategorien der anfänglichen (objektiven oder subjektiven) Unmöglichkeit umschreibt und mit Haftungsfolgen ausstattet, wird im Strafrecht

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als Verkehrsanschauung verstanden, nach der jeder (künftige) Vertragspartner stillschweigend erklärt, nach seiner Überzeugung zur Leistungserbringung in der Lage (fähig) und bereit (willens) zu sein.73 Dies führt zu einem großen Anwendungsbereich des Eingehungsbetruges, sofern man mit der h.M. bereits in der Eingehung eines wirtschaftlich ungünstigen Vertragsverhältnisses einen Vermögensschaden sieht (dazu unten Rdn. 173 ff). Mit dem Abschluss von Kauf- und Werkverträgen, aber auch anderen Verträgen, wird daher nach h.M. stillschweigend die innere Tatsache mit erklärt, davon überzeugt zu sein, die Lieferung oder Leistung erbringen zu können bzw. hierzu willens zu sein.74 Das Risiko bloßer Zweifel an der Bonität trägt freilich strafrechtlich der andere jedenfalls insoweit, als es sich nur um eine diffuse Unsicherheit ohne tatsächliche Anhaltspunkte handelt. Aber auch begründete Zweifel schließen die Überzeugung erst aus, wenn der Zweifelnde nicht mehr auf sein künftiges Leistungsvermögen vertraut (Lackner LK10 Rdn. 35; weitergehend Hefendehl MK Rdn. 118 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 27, die bereits bei jedem „begründetem“ oder „ernstlichen“ Zweifel die Überzeugung verneinen) oder nur noch hofft, leisten zu können (BGH JZ 1952 282 und GA 1965 208). Auch nach der neueren Rechtsprechung brauchen Zweifel an der künftigen Zahlungsfähigkeit nicht offengelegt zu werden, wenn nicht Umstände vorliegen, die „den Gläubiger … in Sicherheit wiegen“ (BGH wistra 1984 223 f und bei Holtz MDR 1980 106 f; BGH wistra 1992 298 [f]; zust. Otto/Brammsen Jura 1985 592, 598). Entsprechendes gilt für den Kreditverkehr sowohl in Bezug auf den Geld-, insbesondere Bankkredit, als auch mit Blick auf den Waren- oder Lieferantenkredit (durch Einräumung von Zahlungszielen): Der Kreditnehmer erklärt stillschweigend seine gegenwärtige Überzeugung, zum künftigen Fälligkeitszeitpunkt das Darlehen zurückzahlen bzw. die Warenlieferschuld begleichen zu können und zu wollen (vgl. bereits oben Rdn. 20). Hierauf beruht auch die Strafbarkeit des Zechprellers, der durch Bestellen von Speisen oder Hotelleistungen dem Wirt die Bereitschaft und Fähigkeit zur Barzahlung vortäuscht (vgl. bereits Rdn. 33),75 und des zahlungsunwilligen Selbstbedienungskunden an der Tankstelle mit seinem (Zahlungsbereitschaft signalisierendem) Erklärungsverhalten gegenüber dem Kassierer, der den Tankvorgang beobachtet.76 Zahlungs- und leistungsunwillig ist in diesem Sinne auch, 73

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BGHSt 15 24 ff; BGH wistra 1982 66, 67; StV 1991 419; BB 1992 523 f; Blei II S. 223; Bockelmann BT 1 S. 66; Eisele BT II Rdn. 503; Fischer Rdn. 33; Gössel 2 § 21, 33; Hefendehl MK Rdn. 116; Joecks Rdn. 29; Kindhäuser Rdn. 73 und FS Tiedemann S. 589; Küper BT S. 291; Lackner/ Kühl Rdn. 9; Maaß JuS 1984 26 (für den Maklervertrag trotz § 652 Abs. 1 BGB); Mitsch BT 1 § 7, 26; Otto BT § 51, 16 und Jura 1983 21; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16a. Ebenso für öffentlich-rechtliche Verhältnisse (Abfallgebühren) BGH NJW 1990 2476 f. Nicht beanstandet von BVerfG wistra 2012 102, 104 Rdn. 168. Vgl. nur BGH wistra 1982 66 ff mit Nachw.; OLG Düsseldorf NStZ 1982 249 und JR 1994 522 (f) mit Anm. Ranft; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 37 m.w.N. BGH GA 1972 209 f; BayObLGSt 1957 146 ff; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT

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§ 20, 37; Blei II S. 223; Bockelmann BT/1 S. 66; Eisele BT II Rdn. 503; Hefendehl MK Rdn. 116; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 340; Lackner/Kühl Rdn. 9; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 41; Mitsch BT 1 § 7, 26; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 28; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 499. BGH NStZ 2009 694 und NJW 1983 2827 mit Anm. Gauf/Deutscher NStZ 1983 505 sowie Bespr. Borchert/Hellmann NJW 1983 2799 ff und Schroeder JuS 1984 846 ff; OLG Düsseldorf JR 1982 343 f mit Anm. Herzberg; Arzt aaO; Charalambakis MDR 1985 975; Deutscher JA 1983 125, 128; Fischer Rdn. 33; Gössel 2 § 21, 88; Herzberg NJW 1984 896 und JA 1980 385; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 154; Lackner/Kühl aaO; Otto BT § 51, 16; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO. Zur fehlenden Beobachtung des Kunden durch das Tankstellenpersonal Borchert/Hellmann aaO S. 2799 f; Gauf aaO

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wer seine Zahlungs- und Leistungsunfähigkeit kennt: Unmögliches kann man nicht wollen! Aus der vom Gericht festgestellten Zahlungsunfähigkeit kann aber nicht ohne weiteres auf die Zahlungsunwilligkeit geschlossen werden (BGHR § 263 Abs. 1 Täuschung 5; OLG Karlsruhe StV 1992 470). Mit diesem Ausgangspunkt verbindet sich folgerichtig die weitere Annahme der kon39 kludenten Erklärung, zur Vornahme des beabsichtigten Geschäftes (verfügungs-)befugt zu sein,77 Inkassovollmacht zu besitzen78 oder zum Einfordern von Polizeigebühren (BGH GA 1964 151; auch BGHSt 14 38 ff) oder eines Rabatts (BayObLG JR 1980 122 f mit zust. Anm. Kienapfel) berechtigt zu sein. Dasselbe gilt, wenn der Empfänger der Leistung seine Absicht verschweigt, die Leistung nicht an den eigentlichen Vertragspartner weiterzuleiten (BGH wistra 1991 181, 182 für den Leiter eines Reisebüros, der Kundenzahlungen nicht an den Reiseveranstalter weiterreicht). Dagegen wäre es eine reine Fiktion, den Fortbestand oder die ständige Wiederholung dieser Erklärungen während der gesamten Dauer des Rechtsverhältnisses anzunehmen. Zutreffend wird daher bei täuschungsfrei abgeschlossenem Vertrag, etwa einem Beherbergungsvertrag, in der weiteren Entgegennahme der Hotelleistungen keine konkludente Vorspiegelung des Fortbestandes der Zahlungsfähigkeit gesehen.79 Dies wird auch auf einseitige öffentlich-rechtliche Leistungsverhältnisse ausgedehnt, so dass die Entgegennahme von wiederkehrenden Sozialleistungen nicht die konkludente Erklärung enthält, dass die Bewilligungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen80 (str.; zum garantenpflichtwidrigen Unterlassen Rdn. 57). Zwischen beiden Konstellationen liegt das Anfordern einer Vorleistung in laufenden Geschäftsbeziehungen; insoweit wird nach h.M. konkludent erklärt, dass keine dauernde Minderung der Kreditwürdigkeit eingetreten ist (Lackner/Kühl Rdn. 14 mit Nachw.). Dagegen enthält die bloße Entgegennahme einer Leistung als Realakt in der Regel nicht die konkludente Behauptung, die Leistung sei von dem Leistenden geschuldet.81 Die Entgegennahme versehentlicher Zuvielleistungen, z.B. bei Abhebung eines dem Kontoinhaber zuviel überwiesenen Betrages von seinem Konto oder bei der Herausgabe von Wechselgeld, genügt daher als solche nicht:82 Es gehört grundsätzlich „in den Risikobereich

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S. 506; Deutscher JA 1983 125, 128 (je nach Kenntnis des Kunden untauglicher Betrugsversuch oder Straflosigkeit). BGHSt 18 221, 224; Eisele BT II Rdn. 503; Gössel 2 § 21, 35; Hefendehl MK Rdn. 127; Kindhäuser Rdn. 70 und 74 sowie FS Tiedemann S. 587; Küper BT S. 291; Lackner/ Kühl Rdn. 9; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 41; Mitsch BT 1 § 7, 26; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16b; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 499. BGHSt 14 38 ff und NJW 1968 1147, 1148; Otto BT § 51, 16 (zur Einreichung einer Lastschrift, dazu unten im folgenden Text). BGH wistra 1987 213; OLG Hamburg NJW 1969 335 f mit Bespr. Triffterer JuS 1971 181 ff; Blei II S. 223; Hefendehl MK Rdn. 120; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 345; Küper BT S. 291; Lackner/Kühl Rdn. 9; Otto BT § 51, 17; Rengier BT I § 13, 26; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 499; aA Hirsch NJW

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1969 853 f und Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 42. RGSt 46 414, 416; 65 211, 213; Hefendehl aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; aA RGSt 62 418, 420; OLG Köln NJW 1984 1979 f. OLG Köln JZ 1988 101, 102 mit Anm. Joerden; Gössel 2 § 21, 35; Joecks Rdn. 29; Krey/Hellmann BT 2 Rdn.359; Küper BT S. 291; Lackner/Kühl Rdn. 9; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 42; Otto BT § 51, 17; Rengier BT 1 § 13, 7; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 17a; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 513; aA Kaiser NJW 1971 601; kritisch Vogel GedS Keller S. 323. BGHSt 39 392, 398 mit Anm. Joerden JZ 1994 422 und Bespr. Naucke NJW 1994 2809 ff; BGH JZ 1989 550 (f); OLG Düsseldorf NJW 1969 623 f mit Anm. Deubner; OLG Frankfurt NJW 1971 527 f; OLG Karlsruhe Justiz 1978 173 f; OLG Köln

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des Leistenden, dass die Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht übersteigt“ (BGHSt 39 392, 398). Die h.M. spricht hier vom „Benutzen“ oder „Ausnutzen“ eines bereits vorhandenen Irrtums (im Gegensatz zum „Unterhalten“ des Irrtums; vgl. nur BGH JZ 1989 550 [f]; OLG Köln NJW 1980 2366 f m.w.N.; unten Rdn. 95). Dagegen enthält die Einforderung einer Leistung die konkludente Behauptung, die Leistung sei nach ihren tatsächlichen Voraussetzungen geschuldet 83 (zu Besonderheiten im Zivilprozess und bei fehlender Durchsetzbarkeit der Forderung sowie allgemein zur Behandlung von Rechtsbehauptungen bereits oben Rdn. 19). Über die tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen hinaus erstreckt die neuere Rechtsprechung unter Hervorhebung des „normativen Gesamtzusammenhangs“ die konkludente Erklärung aber auch auf die Richtigkeit der Abrechnung von Leistungen nach dem einschlägigen Bewertungsmaßstab (BGH NStZ 2009 506, 507 Rdn. 15 f mit Anm. Voßen S. 697 f und Bittmann NJW 2009 2902 f – Berliner Straßenreinigungsgebühren). Dies wird auch relevant für den Abrechnungsbetrug des Vertragsarztes (bis 1999: Kassenarztes) gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung durch Geltendmachen nicht erbrachter oder in der Kassenärztlichen Gebührenordnung nicht anerkannter (nicht abrechnungsfähiger) Leistungen unter einer dort genannten Gebührenordnungsnummer oder durch Nichtabzug erhaltener Skonti und Rabatte (vgl. bereits Rdn. 36)84; weiter für den Betrug durch Erhebung nicht geschuldeter Gebühren bei der Forderungsbeitreibung (Lausen wistra 1991 285; aber auch OLG Frankfurt NJW 1996 2172 f) und ferner für den sog. Lastschriftbetrug durch Erteilung eines Einziehungsauftrages für nicht (in dieser Höhe) bestehende Forderungen (BGHSt 50 147, 154 mit Nachw.)85 oder ohne Existenz einer wirksamen Einziehungsermächtigung86. Als Betrug strafbar ist auch die Lastschriftreiterei, bei der zwar Einzugsermächtigung und Forderung bestehen, die Forderungssumme aber nach Widerspruch zurückzuzahlen ist, so dass dieses nicht als Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs benutzt, sondern zum Nachteil der Inkassobank zur Kreditbeschaffung missbraucht wird (BGH aaO S. 155; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 30 m.w.N.). Zum elektronischen

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JR 1961 433 f mit Anm. Schröder und NJW 1980 2366 f mit Bespr. Volk JuS 1981 880 ff sowie JZ 1988 101, 103 mit Anm. Joerden; LG Bremen JZ 1967 370 mit Anm. Naucke; Fischer Rdn. 36; Hefendehl MK Rdn. 107; Hoyer SK Rdn. 36; Kindhäuser Rdn. 75; Lackner/Kühl aaO; Sch/Schröder/Cramer/ Perron aaO; Vogel aaO; kritisch Ranft Jura 1992 67. BGH LM Nr. 5 und 1 StR 45/11 v. 25.1.2012 Rdn. 42 ff (JZ 2012 H. 10 mit Anm. Tiedemann); OLG Hamm NStZ 1997 130, 131; Küper BT S. 261; Lackner/Kühl aaO; Müller JuS 1981 255, 257; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 16c; aA Vogel GedS Keller S. 323. Zum Einfordern von Geld bei einer Fehlbuchung der Bank unten Rdn. 41. BGH wistra 1992 95 ff; NStZ 1993 388, 389; 1994 188 f und 585 f; 1995 85 f mit Anm. Hellmann S. 232; Fischer Rdn. 27; Frister/Lindemann/Peters 2. Kap. Rdn. 63 ff; Lackner/Kühl Rdn. 9; Müller-Wabnitz NJW 1984 1788; Sch/Schröder/Cramer/Perron

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aaO; Schuhr in Spickhoff (Hrsg.) Medizinrecht 600. StGB § 263 Rdn. 16 Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 143 ff, je m.w.N.; zweifelnd Spickhoff JZ 2008 687, 688. Ebenso für den Privatarzt der in Fn. 83 zit. Beschluss des BGH Rdn. 44. Ebenso OLG Hamm NJW 1977 1834, 1836 mit Bespr. Labsch Jura 1987 351 ff und Putzo NJW 1978 689f; Fischer Rdn. 25; Hefendehl MK Rdn. 101; Kindhäuser Rdn. 75; Lackner/Kühl Rdn. 11; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 43; Otto Bankentätigkeit und Strafrecht (1983) S. 138 ff, BT § 51, 16 und Art. Lastschriftbetrug, in HWiStR (1985); Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 30; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 343a; aA Labsch aaO (kein Irrtum des Bankangestellten). LG Oldenburg NJW 1980 1176 f; Hefendehl aaO; Kindhäuser aaO; Küper BT S. 291; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 49, 24; Otto BT § 51, 16 und 146; Tiedemann aaO.

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Lastschriftverfahren mittels Scheckkarte näher Hefendehl MK Rdn. 106 mit Nachw. – Dagegen enthält die Geltendmachung der Erfolgshonorarforderung durch einen Verteidiger, da die Honorarforderung zivilrechtlich besteht, keine (zusätzliche) konkludente Täuschung darüber, dass die entsprechende Honorarvereinbarung standesrechtlich unzulässig ist; das standesrechtliche Verbot eines Erfolgshonorars dient nach h.M. nicht den Vermögensinteressen des Mandanten, sondern der Sicherung der Unabhängigkeit des Anwalts ihm gegenüber und dem Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität des Anwaltsstandes.87 Diese Begründung ist nicht unbedenklich (Rdn. 37). – Bei einseitigen öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnissen bezieht sich die Täuschung bei der einmaligen (oder wiederholten) Beantragung von Subventionen auf die subventionserheblichen Tatsachen (vgl. § 264 Abs. 1), also die für das Vorliegen der Vergabevoraussetzungen relevanten Umstände, deren vollständige Angabe auch bei § 263 konkludent mit erklärt wird (vgl. zu § 264 Tiedemann LK Rdn. 95 ff mit dem Beispiel des Verschweigens eines Preisnachlasses: BGH wistra 1984 23 [ff]). Bei Sozial- und Entschädigungsleistungen ist die (rechtliche) Beschränkung auf nicht selten vereinfachte oder pauschalierte Anspruchsvoraussetzungen zu beachten (vgl. BGH NStZ-RR 1997 358 [f] zu Leistungen nach dem AsylbewerberleistungsG; OLG Köln StV 1991 209, 210 zur Sozialhilfe für Asylbewerber nach dem BSHG; AG Springe MDR 1980 79 zum StrEG; Krehl NJW 1991 1397 f). Bei der Asylantenehe (unten Rdn. 148) enthielt die Erklärung eines Ehepartners gegenüber der Leistungsverwaltung, verheiratet zu sein, bis zum 31.8.1998 konkludent die Aussage, es handele sich um eine „richtige“ Ehe; nach diesem Zeitpunkt ist die Erklärung nur noch dahin zu verstehen, dass die Ehe jedenfalls nicht aufgehoben worden ist (zum sog. Scheinasylanten auch Krehl aaO). Bei Submissionen enthält die Einreichung eines Angebots die – häufig auch ausdrücklich geforderte und abgegebene – Erklärung, dass das Angebot nicht auf einer unzulässigen Absprache unter den Mitbewerbern (vgl. bereits Rdn. 11) oder auf einer Bedrohung oder Bestechung derselben beruht (vgl. nur Ranft wistra 1994 42; Satzger S. 60 und ZStW 109, 1997, 359, je m.w.N.; zum Schaden Rdn. 165). Stillschweigend erklärt wird ferner, dass der kalkulierte Werklohn ausschließlich als Vergütung für die zu erbringenden Bauleistungen bestimmt ist (und nicht einen Schmiergeld-Anteil zugunsten von Beamten und Abgeordneten enthält: BGH NStZ 1997 542, 543). Die bisher entwickelten und exemplifizierten Prinzipien bestätigen sich auch in dem 40 wirtschaftlichen Sonderbereich des Bank- und Börsenwesens insbesondere mit Blick auf den unbaren Zahlungsverkehr und den Handel mit Wertpapieren (zum Bankkredit bereits Rdn. 38, zum Lastschriftverkehr soeben Rdn. 39): Da die Einforderung einer Leistung die konkludente Behauptung des Bestehens der 41 Schuld enthält (Rdn. 39), wurde von der früheren OLG-Rechtsprechung die Strafbarkeit des Inhabers eines Bankkontos bejaht, der eine Fehlbuchung ausnutzt, nämlich Geld abhebt oder transferiert, das seinem Konto versehentlich – ohne zugrunde liegenden Überweisungsauftrag – gutgeschrieben worden ist.88 (Enthält das Auszahlungsformular der Bank die Formel „Zahlen Sie aus meinem Guthaben …“, so lag nach OLG Celle StV 1994 188, 189 sogar eine ausdrückliche Täuschung vor). BGHSt 46 196, 198 ff 89 verneint

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KG JR 1984 292 mit Nachw.; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 32; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17c. OLG Köln JR 1961 433 f mit Anm. Schröder und NJW 1979 278 f mit Anm. Kühl JA 1979 682 f; OLG Karlsruhe Justiz 1978

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173 f; OLG Stuttgart JR 1979 471f mit Anm. Müller und Joecks JA 1979 390 f; OLG Celle StV 1994 188 ff mit abl. Anm. Schmoller. Mit Anm. bzw. Bespr. Hefendehl NStZ 2001 281, Krack JR 2002 25, Joerden JZ 2001 614 und Ranft JuS 2001 453. Zustimmend bzw.

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dagegen zutreffend eine Täuschungshandlung, da die Bank vor Auszahlung oder Überweisung die Kontodeckung prüfe, also keine Fehlvorstellung vorliege, vor allem aber auch mit der versehentlichen Kontogutschrift ein Anspruch des Kunden entstehe und erst durch Stornierung beseitigt werde (vgl. BGHZ 87 246, 252); der Kunde mache also vor Stornierung keine unwahren Angaben. Die Rechtslage sei damit dieselbe wie bei einer Fehlüberweisung (Rdn. 39). Schecks haben nach der Verkehrsanschauung die Funktion eines (bargeldlosen) Zah- 42 lungsmittels; diese wirtschaftliche Betrachtung drängt die rechtliche Konstruktion als Anweisung des Scheckausstellers (an die Bank) in den Hintergrund (vgl. bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 65). Gleichwohl behandelt die Rechtsprechung den Scheckbetrug wegen des normativen Bezuges der Fälligkeit der Geldschuld auf den Zeitpunkt der Vorlage bei der bezogenen Bank (Art. 28 ScheckG) der Sache nach als Unterfall des Kreditbetruges (Otto Art. Scheckbetrug, in HWiStR, 1985, sub II; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 341). BGHSt 3 69, 71 f (mit Anm. Ries und Niese NJW 1952 1186 f sowie Bespr. A. Mayer JZ 1953 25 ff) stellte vor allem auf die Umstände des Einzelfalles ab und kritisierte – vor der folgenden massenhaften Ausweitung des Scheckverkehrs – die tatrichterliche Annahme feststehender Gepflogenheiten des Scheckverkehrs. Nach heute wohl h.M. erklärt der Scheckgeber mit dem Angebot zur Begebung des Schecks konkludent jedenfalls seine Überzeugung, dass der Scheck bei Einlösung (Vorlage bei der bezogenen Bank) gedeckt sein werde;90 auf diesen Zeitpunkt ist auch der Vorsatz zu beziehen (BGH bei Holtz MDR 1982 811). Weitergehend wird zum Teil angenommen, es werde – je nach den Umständen – Deckung bereits bei Begebung (mit und wegen der Möglichkeit sofortiger Vorlage!) und Fortbestand (jedenfalls Nichtentziehung) der Deckung bis zur Vorlage zugesichert.91 Da die h.M. wie beim Kreditbetrug (Rdn. 38) auf die gegenwärtige Überzeugung vom Vorliegen eines künftigen Ereignisses oder Zustandes (Deckung) abstellt, entfällt eine konkludente Täuschung, wenn der Scheckaussteller mit Blick auf sicher zu erwartende Eingänge mit Deckung (spätestens) im Zeitpunkt der Vorlage rechnet.92 Ein Scheckbetrug kann aber auch gegenüber einer Bank durch Einlösung eines ungedeckten Schecks oder durch Übergabe eines solchen Schecks zur Einziehung begangen werden (BGH NStZ 2002 144, 145). Allerdings kann die Übergabe eines Schecks an eine Bank zur Einziehung im Unterschied zur Scheckbegebung regelmäßig nicht als konkludente Erklärung des Einreichers aufgefasst werden, das zu belastende Konto des Ausstellers sei gedeckt (OLG Köln NJW 1981 1851; Hefendehl MK Rdn. 124). Andernfalls würde, da Aussteller und Inhaber des Schecks in aller

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ebenso Fischer Rdn. 24; Frisch FS Jakobs S. 110 f; Hefendehl MK Rdn. 107; Hoyer SK Rdn. 35; Kindhäuser Rdn. 75; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 362; Pawlik FS Lampe S. 691 ff; Rengier BT I § 13, 24; Schmoller FS Weber S. 255 ff; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 16c; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 498; aA Joerden aaO, Ranft aaO und Vogel GedS Keller S. 323. BGH wistra 1982 188 f und 1984 223, 224 sowie bereits bei Herlan MDR 1955 528 und NJW 1969 1260 f; OLG Frankfurt NStZ-RR 1998 333 f; OLG Karlsruhe NStE Nr. 9; Bockelmann BT 1 S. 66 und ZStW 79 (1967) 49; Fischer Rdn. 26; Hefendehl MK Rdn. 122;

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Kindhäuser NK 135; Küper BT S. 291; Lackner/Kühl Rdn. 11; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 49, 5; Otto Art. Scheckbetrug, in HWiStR (1985) sub II 1 sowie BT § 51, 16 und Jura 1983 16, 24; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 29; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 341; Welzel S. 369; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 499. Lackner LK10 Rdn. 44; Nack aaO Rdn. 7; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO. Zu Sonderstraftatbeständen des Deckungsabzugs im ausländischen Recht Tiedemann aaO Rdn. 330. Lackner aaO; Schönke/Schröder/Cramer/Perron aaO.

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Regel verschiedene Personen sind, eine Tatsache zum Inhalt einer Erklärung des Einreichers gemacht, die außerhalb seines möglichen Wissens liegt. Der Täter erklärt aber konkludent, den Scheck nicht als Kreditmittel dadurch zu missbrauchen, dass er den Scheck nur einreicht, um in den Genuss der vorläufigen Gutschrift der einziehenden Bank zu gelangen (OLG Köln aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 29). Auf dieser Grundlage ist auch die Scheckreiterei strafbar (näher Rdn. 45). Insgesamt muss es dem Scheckeinreicher auf die Zahlung der Schecksumme ankommen, woran es dann fehlt, wenn ihm die mangelnde Deckung des Schecks bekannt ist. Anders verhält es sich im Ergebnis, wenn der Aussteller eines Barschecks diesen selbst bei der bezogenen Bank zur Einlösung vorlegt und ihn damit wie einen Auszahlungsbeleg verwendet. In diesem Fall besteht praktisch kein Unterschied zu den Fällen der Ausnutzung einer Fehlbuchung (vgl. Rdn. 41) oder eines sonstigen Auszahlungs- oder Überweisungsbegehrens des Bankkunden (BGHSt 46 196, 199). Da der Einreicher eines (Inhaber-)Schecks rechtlich durch dessen Besitz legitimiert wird, ist im Übrigen kein Raum für die Annahme einer konkludenten Erklärung gegenüber der Bank über die materielle Berechtigung der Inhaberschaft (BGH StV 2009 244 [f] mit Nachw.; anders nach BayObLG NJW 1999 1648 f für die Vorlage von Orderschecks) oder über das Grundverhältnis zum Scheckaussteller (BGH NStZ 2002 144, 145 Rdn. 4 und 6 f). Konkludent erklärt wird vielmehr nur, dass die wesentlichen Scheckvoraussetzungen (Unterschrift des Ausstellers, Anweisung, Schecksumme) vorliegen und die Ausstellung dem Willen des Ausstellers entspricht (BGH aaO Rdn. 5 und wistra 2009 151, 152: Blankettfälschung!). – Dieselben Grundsätze gelten für Postschecks, jedenfalls seitdem der Postscheckverkehr nicht mehr der Postgiroordnung, sondern dem Scheckgesetz (seit 1.7.1993) sowie den AGB Postbank und den Besonderen Bedingungen des Postscheckverkehrs unterliegt (31.12.1995). Die frühere Pflicht des Ausstellers eines Postschecks, bei Einlösung eines ungedeckten Schecks unverzüglich für Ausgleich zu sorgen (§ 12 Abs. 1 S. 3 Postgiroordnung und OLG Köln NJW 1991 aaO), besteht nach heutigem Postbankrecht nicht mehr. Bei Verwendung einer Scheckkarte war die Einlösung eines Euroschecks durch die 43 bezogene Bank bis zum 31.12.2001 bis zur Höhe einer bestimmten Summe garantiert. Seit 1.1.2002 ist das Problem des Scheckkartenbetruges nur noch von (historischem) Interesse für die Frage nach den Kriterien der Konkludenz, insbesondere beim Missbrauch von Kreditkarten. BGHSt 24 386, 389 meinte, bei fehlender Deckung des Kontos sei ebenso eine konkludente Täuschung anzunehmen wie bei einem nicht garantierten Scheck, da die Garantie rechtlich dann entfiel, wenn dem Schecknehmer das Fehlen der Deckung bekannt war.93 Damit gelangte die Rechtsprechung auch für den Regelfall fehlender Kenntnis zur Bejahung eines Betruges zum Nachteil des Scheckkartenausstellers (Kreditinstitut) durch konkludente Täuschung des Schecknehmers über die Berechtigung des Scheckausstellers zur Begebung des Schecks. Demgegenüber stellte die im Schrifttum vorherrschende Ansicht darauf ab, dass die Garantieerklärung der Bank im Interesse eines schnellen und reibungslosen Scheckverkehrs (vgl. BGHZ 64 79 ff) dem Schecknehmer das Risiko und damit auch die Prüfung der Bonität des Schecks abnahm, so dass er keinen Anlass hatte, sich Vorstellungen über das Innenverhältnis von Bank und Scheckaussteller (§ 266b!) zu machen.94 Nach dieser zutreffenden Ansicht erklärte der Ausstel-

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Ebenso OLG Hamburg NJW 1983 768 (f); OLG Köln NJW 1978 713 ff mit abl. Anm. Gössel JR 1978 469 ff und abl. Bspr. Vormbaum JuS 1981 21 ff.

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Lenckner/Winkelbauer wistra 1984 83; Schroth NJW 1983 716 ff; Vormbaum JuS 1981 21 ff.

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ler dem Nehmer bei Begebung des Schecks im Regelfall nur, der Scheck werde bei Vorlage jedenfalls aufgrund der Garantie einlösbar sein. Mit diesen Erwägungen lehnt im Übrigen auch die Rechtsprechung Betrug bei dem parallelen Missbrauch von Kreditkarten im sog. Drei-Parteien-System durch den berechtigten Karteninhaber bei fehlender Deckung seines Kontos ab (BGHSt 33 244, 249 95). Beim Missbrauch von abhanden gekommenen oder gestohlenen Kreditkarten durch Nichtberechtigte liegt dagegen eine konkludente Täuschung (über die Berechtigung) in der Vorlage der Karte (und eine ausdrückliche Täuschung in der Unterzeichnung mit falschem Namen).96 Dasselbe gilt bei Verwendung einer fremden Kreditkarte mit Zustimmung des Karteninhabers (OLG Düsseldorf WM 1993 1919 f mit Anm. Otto WuB I D 5. Kartensysteme 2. 94). Auch bereits die täuschende Erlangung einer Kreditkarte kann Betrug sein (BGHSt 33 244, 246 und NStZ 1993 283[f]; unten Rdn. 110, 117 und 315), und Entsprechendes galt früher für die Täuschung des Kreditkartenunternehmens über die Verwendung der Karte zur Beschaffung von Bargeld (BGHSt 33 244, 247). Keine eigentlichen Kreditkarten sind dagegen Kundenkarten (von Kaufhäusern und Autovermietern) im Zwei-Partner-System, die als Ausweis über die Eröffnung eines Kundenkontos mit einem bestimmten Kreditrahmen dienen, so dass bei Kauf im ausstellenden Unternehmen eine konkludente Täuschung über die Kontodeckung vorliegen kann (BGH wistra 1989 61 und 2005 222; Hefendehl MK Rdn. 104 m.w.N.). Die Erschleichung dieser Karte führt zu einer Vermögensverfügung erst durch missbräuchliche Inanspruchnahme des Kreditrahmens (BGH bei Holtz MDR 1989 112 „Goldene Kundenkarte“; vgl. auch BGHSt 38 281 ff „AiR-Plus“ und unten Rdn. 110). Bei Verwendung der ec-(electronic cash)-Bankkarte zu Zahlungszwecken im POS-(Point of Sale)System wird eine konkludente Täuschung des Händlers mit Blick auf die Zahlungsgarantie der Bank z.T. ebenfalls verneint (Hefendehl MK Rdn. 105 mit Nachw.); richtiger ist es, das Fehlen eines Irrtums anzunehmen (Rdn. 89). Mangels einer Zahlungsgarantie, z.B. im POZ-Lastschriftverfahren (vgl. BGHSt 46 146, 147), enthält die Vorlage der Karte beim Kauf unstreitig die Behauptung der Zahlungsfähigkeit (vgl. BGHSt 46 153 f mit Nachw. unter Bejahung auch eines Irrtums „im Blick auf das Risiko des Händlers im elektronischen Lastschriftverfahren“ und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zum Scheckbetrug). Dieselben Grundsätze gelten bei der Vorlage eines Sparbuches durch Nichtberech- 44 tigte. Zwar lässt § 808 BGB den bloßen Besitz als Nachweis der Berechtigung ausreichen; jedoch nimmt die Zivilrechtsprechung bei grober Fahrlässigkeit des Kreditinstituts hinsichtlich der Nichtberechtigung des Inhabers Wegfall der Leistungsbefreiung an (Palandt/Sprau § 808 Rdn. 4 mit Nachw.). Eine Überprüfungspflicht besteht allerdings nur bei Vorliegen besonderer Umstände (OLG Düsseldorf NJW 1989 2003, 2004). Fehlen diese, so erklärt der Vorlegende neben der evidenten Tatsache seines Besitzes nicht auch konkludent seine Berechtigung zur Inempfangnahme der Geldleistung.97

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Mit Anm. Bringewat NStZ 1985 535 ff, Eckert EWiR 1985 963 f und Otto JZ 1985 1008 ff. Ebenso Hefendehl MK Rdn. 104; Labsch NJW 1986 104, 106; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 43; Offermann wistra 1986 50, 52; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 29a; auch Rengier BT I § 13, 19 (der allerdings erst den Irrtum verneint); aA OLG Hamm NJW 1984 1633, 1635 mit Bspr. Schlüchter JuS 1984 677 f;

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Bringewat JA 1984 347, 351 und wistra 1984 194, 195; Knauth NJW 1983 1287. BGH wistra 2007 458, 460; LG Berlin wistra 1985 241, 242; LG Hamburg wistra 1986 227; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO. OLG Düsseldorf NJW 1989 2003 f (für Postsparbücher); Hefendehl MK Rdn. 109; im Ergebnis auch Gössel 2 § 21, 88, Kindhäuser NK Rdn. 135 und 188 und Samson/Günther SK5 Rdn. 60, die aber erst den Irrtum vernei-

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Einen Betrug zum Nachteil der Bank enthält auch die sog. Scheckreiterei, bei der die Erteilung einer vorläufigen Kontogutschrift bei Scheckeinreichung und die zeitliche Differenz zwischen diesem Vorgang sowie der Vorlegung bei der Bezogenenbank und dem Rücklauf des ungedeckten Schecks zur Gläubigerbank ausgenutzt wird (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 64). Voraussetzung der erfolgreichen Deliktsbegehung ist folglich die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes, der dazu führt, dass der Scheckbetrag dem den Scheck einreichenden Täter unter Vorbehalt, aber mit der Möglichkeit der Verfügung hierüber, gutgeschrieben wird (Otto Art. Scheckbetrug, in HWiStR, 1985, sub II 2). Wegen seiner Natur als Zahlungspapier (nicht: Kreditpapier) enthält die Einreichung eines Schecks zur Einlösung bei der Gläubigerbank die konkludente Behauptung, es handle sich um einen Scheck, der dem bargeldlosen Zahlungsverkehr dient, nämlich dem Berechtigten den unmittelbaren Zugriff auf die geschuldete Summe auf dem Konto des Ausstellers bei der Bezogenenbank ermöglicht (OLG Köln NJW 1981 1851; Hefendehl MK Rdn. 123; Otto aaO sub 2a). Da jenes Konto wegen der Einreichung eines Reitschecks ebenfalls nur eine Gutschrift unter Vorbehalt aufweist, wird die Gläubigerbank über diese Verfügungsmöglichkeit, die den Wert des Schecks ausmacht, getäuscht. (Ihre Verfügung liegt in dem – wenn auch unter Vorbehalt erfolgenden – Einräumen der Verfügungsmöglichkeit des Scheckvorlegers über den Scheckbetrag; zur Unmittelbarkeit dieser Verfügung unten Rdn. 105 ff. Der Vermögensschaden der Bank liegt ebenfalls hierin; vgl. Otto aaO sub 2b m.w.N. und unten Rdn. 218.) Die Benutzung des Scheckverkehrs zur Kreditschöpfung „missbraucht diese Einrichtung und verkehrt ihren Zweck“ (BGH bei Tiedemann/Cosson S. 77). Die auf diese Weise herbeigeführte vorläufige Gutschrift auf dem Konto des Scheckeinreichers stellt daher Geld dar, „das diesem nicht zusteht“ (OLG Köln NJW 1991 1122 [f]). Sie bedeutet eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, wenn der Täter hierauf ungehindert Zugriff nehmen kann (BGH NStZ-RR 2007 236 f). Der Wechsel dient demgegenüber legitimerweise der Kreditschöpfung, die ihren Grund 46 in dem Gegenwert eines Waren- oder Dienstleistungsgeschäfts findet. Kann oder will der Akzeptant den Wechsel bei Fälligkeit nicht einlösen, so kann neben § 265b (dazu Tiedemann LK Rdn. 44 ff) auch ein Betrug gegeben sein, der wiederum als Unterfall des (Lieferanten-)Kreditbetruges (Rdn. 38) zu konstruieren ist (vgl. nur Otto Art. Wechselbetrug, in HWiStR, 1985, sub II). Dieser richtet sich gegen den Gläubiger, wenn diesem die Bonität der Wechselforderung (als Sicherung der Forderung aus dem Grundgeschäft) vorgespiegelt wird. (Ein Vermögensschaden entfällt nur dann, wenn weitere liquide Sicherheiten bestehen: BGH bei Holtz MDR 1981 810 f.) Auch die Begebung eines Wechselakzepts oder die Erwirkung der Prolongation eines Wechsels zwecks weiterer Stundung ist eine konkludente Täuschung über den Wert des Wechsels (führt allerdings nur dann zu einem Schaden, wenn die Forderung bei Fälligkeit zumindest teilweise hätte realisiert werden können, wenn also der Vermögensverfall erst später eintritt: BGH wistra 1986, 170 f; Otto aaO sub 1b). Beim sog. Kellerwechsel, bei dem der Bezogene vermögenslos ist oder überhaupt nicht existiert, liegt auch eine konkludente Täuschung über dessen Bonität vor (BGH NJW 1976 2028 [f]). Dasselbe nimmt BGH bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 334 bei Zahlungsunwilligkeit oder „Unzuverlässigkeit“ der Wechselverpflichteten an. Wird der Wechsel einer Bank zwecks Finanzierung des Waren- oder Dienstleistungs47 geschäfts zum Diskont angeboten, so wird nach bisheriger Rechtsprechung wegen der entsprechenden Werthaltigkeit konkludent erklärt, es handle sich um einen Warenwechsel nen; aA Küper BT S. 291; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 63; Otto BT § 51,

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16; und Jura 2002 609; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16b und 48.

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(„Handelswechsel“) mit einem solchen Grundgeschäft. Die ohne Aufklärung über die Natur des Wechsels erfolgende Vorlage von Finanzwechseln, denen kein Waren- oder Dienstleistungsgeschäft zugrunde liegt („Gefälligkeitswechsel“, „Leerwechsel“), stellt wegen der fehlenden Rediskontfähigkeit derselben (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBankG a.F.) eine konkludente Täuschung dar. Diese Annahme ist dann zwingend, wenn der Anschein, es handle sich um einen normalen Warenwechsel, dadurch erreicht wird, dass der Wechselaussteller ungerade Zahlenangaben oder zueinander passende Handelsbranchen einsetzt (vgl. nur RGSt 25 13 ff). Unter Hinweis auf die wirtschaftliche Minderwertigkeit von Finanzwechseln nimmt die h.M. aber auch an, dass die Vorlage eines Wechsels zum Diskont stets die stillschweigende Behauptung enthält, es handle sich um einen Waren- oder Handelswechsel.98 Dies gilt allerdings nur für das Angebot gegenüber der Bank, nicht dagegen für die Weitergabe des Wechsels im normalen Geschäftsverkehr; hier muss das Erwecken eines falschen Eindrucks durch besondere Umstände hinzukommen (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 45 a.E.; aA Otto Zahlungsverkehr S. 16). – Mit Wirkung vom 1.1.1999 ist das Rediskontierungsverbot für die Bundesbank weggefallen. „Notenbankfähig“ sind seither Wechsel mit der Unterschrift eines als zahlungsfähig bekannten Unternehmens. Ob damit der Wechseleinreicher konkludent die Bonität des Wechselschuldners erklärt, ist offen und eher zu verneinen (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 335 mit Nachw.). Bei der Wechselreiterei ziehen in der Ausgangskonstellation zwei Täter gegenseitig 48 Finanzwechsel auf sich und lassen jeweils das Akzept des Partners bei der eigenen Bank diskontieren (Lackner LK10 Rdn. 221; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 337). Volkswirtschaftlich gefährlich wird dieses Vorgehen auf einer zweiten Stufe, wenn zur Erschwerung der Aufdeckung der Austausch von Finanzwechseln unter vielen Personen und gegenüber unterschiedlichen Banken durch gewerbsmäßige Vermittler organisiert wird 99 (vgl. dazu Absatz 3 Nr. 1 und Rdn. 222). Auch hier ist es zum Erfolg erforderlich, dass das Vorliegen eines Warengeschäfts (konkludent) vorgetäuscht wird (Otto Art. Wechselbetrug, in HWiStR sub II 3c). Ein weiteres Mittel zwecks Tarnung des Fehlens von Warenumsatzgeschäften bietet die kombinierte Wechsel- und Scheckreiterei, bei welcher der Wechselaussteller dem Akzeptanten zur Sicherheit einen Scheck aushändigt, der bei Fälligkeit des Wechsels bei der Bank eingereicht und dessen Betrag dem Scheckeinreicher vorläufig gutgeschrieben wird, so dass bei Fälligkeit des Wechsels die Wechselsumme vom Konto des Akzeptanten (Scheckeinreichers) abgebucht werden kann (Otto aaO sub II 3d). Unter den Wertpapiergeschäften kommt den traditionellen Spareinlagen, daneben vor 49 allem den für Nichtkaufleute hochspekulativen Warentermingeschäften, bei denen Lieferung bzw. Abnahme einer Warenmenge (einschließlich Devisen) zu einem festgelegten künftigen Zeitpunkt vereinbart wird (sog. Direktgeschäft, Warentermingeschäft i.e.S.) oder das Recht erworben wird, gegen Zahlung einer „Prämie“ während einer bestimmten Laufzeit einen Warenterminkontrakt zu erwerben (Optionsgeschäft), besondere

98

BGH NJW 1976 2028 f; Bockelmann BT 1 S. 66 und ZStW 79 (1967) 51; Hefendehl MK Rdn. 114; Kindhäuser NK Rdn. 136; Maaß GA 1964 264, 279; Obermüller NJW 1958 655, 656; Otto Art. Wechselbetrug, in HWiStR (1985) sub II 2a und Zahlungsverkehr S. 15, 41 ff sowie BT § 51, 16; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 29; Tiede-

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mann Wirtschaftsstrafrecht II S. 61, 63; Tiedemann/Cosson S. 25. Dazu Gemmer in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft (19722) S. 103, 105 f; Lackner LK10 Rdn. 221; Otto aaO sub II 3c; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 338.

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Bedeutung zu (vgl. bereits Rdn. 33; auch Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 45 mit Nachw.). Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für den Warenterminhandel in Deutschland mit der Börsengesetznovelle 1994 geschaffen wurden, sind Warentermingeschäfte erst seit Öffnung der Warenterminbörse Hannover AG im April 1998 möglich. Vor diesem Zeitpunkt waren diese Geschäfte nur durch Teilnahme am ausländischen Börsenhandel über dort zugelassene Makler möglich, wobei häufig inländische Vermittler eingeschaltet wurden (Winkelbauer Art. Warentermingeschäft, in HWiStR, 1988, sub I). Die Gewinnchancen minimalisieren sich vor allem durch überhöhte Vermittlungsgebühren, aber auch durch private, nicht über die Börse abgesicherte Optionen, bei denen der Optionsgeber nicht über die zur Option angebotenen Warenkontrakte verfügt und ein krisenbehaftetes Unternehmen ist (so der Fall BGHSt 29 152 ff). Im letzteren Fall wird meist ausdrücklich oder konkludent die Teilnahme am Börsenhandel vorgespiegelt (BGH aaO S. 153 f), während in Wahrheit gar keine Anlage erfolgt oder „nackte“ Privatoptionen vermittelt werden (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31b; Winkelbauer aaO sub III 1 unter Hinweis auf das Erfordernis konkreter Gefährdung der Auszahlung etwaiger Gewinne bei den Privatoptionen: BGHSt 30 177, 180 f). Die Annahme einer zumindest konkludenten Täuschung entspricht insoweit der Rdn. 33 genannten Regel, dass ein anderer Charakter des Geschäfts vorgespiegelt wird. Bei der Forderung überhöhter Vermittlungsprovision liegt eine ausdrückliche Täuschung vor, wenn behauptet wird, die Provision sei börsenamtlich festgesetzt, während sie in Wirklichkeit ein Vielfaches der Börsenmaklerprovision beträgt (Cramer/Perron aaO; Winkelbauer aaO). Eine konkludente Täuschung kann vor allem darin liegen, dass der Anschein erweckt wird, das gesamte Kundengeld werde ohne Einbehaltung von Provision an der Börse angelegt (Worms wistra 1984 125), oder darin, dass höhere Vermittlungsprovisionen als vereinbart berechnet werden (BGH NJW 1982 1165; Winkelbauer aaO). Bei fehlender Vereinbarung soll auch die ohne gesonderten Ausweis oder Aufklärung der Kunden (BGH wistra 1991 25 f) erfolgende Geltendmachung objektiv überhöhter Vermittlungsgebühren eine konkludente Täuschung darstellen (BGHSt 30 177, 181100). Entsprechend soll eine konkludente Täuschung über die Gewinnchance, nämlich die Werthaltigkeit der Option, möglich sein (BGHSt 31 115, 116; Scheu JR 1982 121, 122), jedenfalls wenn der versteckte Prämienaufschlag die Werthaltigkeit der Option drastisch reduziert (Fischer Rdn. 29) oder praktisch aufhebt (Lackner/Kühl Rdn. 10; Seelmann NJW 1981 2132; Sonnen NStZ 1981 zu und wistra 1982 123, je m.w.N.). Die Ausweitungstendenz, die im Einzelnen umstritten ist, wird vor allem mit dem oben Rdn. 36 erwähnten Prinzip begründet, dass eine Nachprüfung für den Kunden bei diesem Geschäftstyp besonders schwierig ist (Lackner/Kühl aaO), treffender mit dem Rdn. 33 mitgeteilten Kriterium, dass eine spekulationsuntaugliche, da wertlose, Option den Geschäftstyp verändert (BGHSt 32 22, 24 f). Dem ist vor allem dann zuzustimmen, wenn die AGB die Aufschläge nicht klar erkennen lassen oder der völlige Verlust sicher feststeht. Zu Recht nur je nach Lage des Einzelfalls will Gallandi (wistra 1992 293 und 1996 325 ff unter Rückgriff auf die Grundsätze des § 264a) die genannte Rechtsprechung auf Innenprovisionen beim Immobilienverkauf („Steuerspar-Immobilien“) übertragen.

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Mit abl. Anm. Seelmann NJW 1981 2132 und Scheu JR 1982 121 f; OLG München NJW 1980 794 f mit abl. Anm. HohenloheOehringen BB 1980 231 f; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 46; Otto BT § 51,

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148; Scheu MDR 1981 467; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31b und Worms wistra 1984 123. Vgl. auch BGH NStZ 2000 36 und wistra 2002 22.

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Eine konkludente Täuschung liegt im sog. Scalping, bei dem z.B. ein Börsenbrief- 49a herausgeber oder Wirtschaftsjournalist Wertpapiere (Aktien) zum Kauf oder Verkauf empfiehlt, von denen er selbst einen Posten besitzt, den er nach erfolgtem Kursanstieg gewinnbringend verkaufen will (dazu Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 359 ff mit Nachw.). Als § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG konkretisierende Rechtsverordnung verpflichtet § 4 Abs. 3 Nr. 2 Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation (MaKonV) den Empfehlenden zur „angemessenen und wirksamen“ Offenlegung des Konfliktes; das Verschweigen führt zu einer konkludenten Täuschung des Empfehlenden (auch im Sinne des § 20a Abs. 1 Nr. 3 [= Nr. 2 a.F.] WpHG, BGHSt 48 373, 380 – S. Opel – mit Anm. Kudlich JR 2004 191, Schmitz JZ 2004 526 und Vogel NStZ 2004 253). Entgegen Otto wistra 2011 403 f liegt keine bloße Unterlassung (Rdn. 60) vor, da die Offenlegung des eigennützigen Beweggrundes „zugleich mit der Kundgabe“ der Empfehlung erfolgen muss (MakonV aaO), also – in der Regel – nur eine Erklärung, nämlich die nicht „bemakelte“ Empfehlung vorliegt (Vogel in Assmann/ Schneider § 20a WpHG Rdn. 237). OLG München wistra 2012 84 (nur LS) verlangt, dass der „bestehende Interessenkonflikt konkret und eindeutig offen gelegt wird“; Aktienbesitz und Verkaufsabsicht sollen bei Beteiligung mehrerer Personen auf Seiten des Empfehlenden den jeweiligen Personen zugeordnet werden, und der Aktienbesitz dürfe nicht nur als „möglich“ bezeichnet werden. Ersteres geht nach dem in § 4 Abs. 1 MaKonV genannten Maßstab des verständigen Anlegers zu weit, da der in dem Zusammentreffen von Empfehlung und eigenem, mit Verkaufsabsicht gehaltenem Aktienbesitz liegende Interessenkonflikt hinreichend deutlich wird und jedenfalls bei Mitwirkung mehrerer Personen auf Empfehlungsseite ein kollektives Eigeninteresse unschädlich ist. Zur Schadensberechnung in diesen Fällen Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 632 ff; zum Irrtum der Anleger unten Rdn. 87. Die Bejahung von § 263 scheitert entgegen Papachristou S. 346 an der Stoffgleichheit von Vermögensvorteil (des Empfehlenden) und Vermögensschaden (des Anlegers), vgl. unten Rdn. 258. Außerhalb der bisher behandelten Fallgruppen und Bereiche entscheidet eine nicht 50 stets überzeugende Kasuistik darüber, ob mit einem bestimmten (Erklärungs-)Verhalten die konkludente Aussage verbunden ist, sich jetzt oder in Zukunft korrekt zu verhalten. Angesichts der Vielzahl und Verschiedenartigkeit einschlägiger Sachverhalte, Geschäftstypen und Wirtschafts- sowie Lebensbereiche macht sich hier bemerkbar, dass die Lehre von der Konkludenz dogmatisch erst ansatzweise entwickelt ist (Joecks Rdn. 27; Vogel GS Keller S. 324) und durch Prinzipien (Rdn. 30–38) ersetzt wird, die allerdings die Kasuistik vor allem durch eine rechtsnormative Ausrichtung zu leiten vermögen. (Die bei Küper BT S. 291 genannten „Richtlinien“ sind dagegen ebenso wie die bei Maaß GA 1984 283 f angeführten „Leitlinien“ nur Zusammenstellungen der von der Rechtsprechung entschiedenen Fallgruppen. Vogel aaO nennt als „Überformung“ der Kasuistik die Rechtsprinzipien der Einheit der Rechtsordnung, der Selbstverantwortung und des Verbots der Überspannung kommunikativer Verkehrspflichten.) – Zweifelhaft ist insoweit die Ablehnung einer konkludenten Täuschung durch BGH NJW 1953 1924 für den Inkassobevollmächtigten, der beabsichtigt, die Gelder nicht weiterzuleiten, sondern zu unterschlagen. Ebenso zweifelhaft ist die Ablehnung einer konkludenten Täuschung des Vorsitzenden eines gemeinnützigen Vereins („Hilfe für behinderte Menschen e.V.“), der durch kommerzielle Werbeunternehmen Spenden sammeln lässt, ohne offenzulegen, dass mehr als 80 % Werbe- und Verwaltungskosten den Zufluss der Gelder zu gemeinnützigen Zwecken auf weniger als 20 % des Spendenaufkommens mindern (BGH NJW 1995 539 f mit Anm. Rudolphi NStZ 1995 289 f und Bspr. Marxen EWiR § 263 StGB 1/96 375 f sowie Deutscher/Körner JuS 1996 300, die mit der Vorinstanz eine konkludente

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Täuschung jedenfalls über die Ehrenamtlichkeit der Tätigkeit der Werber „und die damit einhergehende Verwendung der Gelder“ annehmen; aA Fischer Rdn. 37 und Hefendehl MK Rdn. 115; vgl. auch Tiedemann FG BGH Bd. IV 551). Dagegen wird zutreffend für den Provisionsvertreter die konkludente Erklärung (bei Vertragsschluss) angenommen, er wolle keine Veränderungen am Vertragstext, z.B. durch nachträglich einseitige Erhöhung der Bestellmenge, vornehmen (OLG Celle NJW 1959 399, 400 und 1975 2218, 2219). Dies lässt sich zu dem Leitsatz verallgemeinern, dass jeder Vertragspartner bei Vertragsschluss konkludent erklärt, den Vertragsgegenstand nicht vorsätzlich sittenwidrig manipulieren zu wollen (z.B. durch gezielte Herbeiführung des Versicherungsfalles, BGHSt 54 69, 121 Rdn. 149 ff – Al Qaida) oder manipuliert zu haben (z.B. um eine ausgelobte Prämie für abgelaufene Ware zu erhalten, OLG München wistra 2009 287). Auch wird bei zweckgebundenen Leistungen das Fehlen der Absicht des Leistungsempfängers, die Leistung zweckwidrig verwenden zu wollen, meist als konkludent miterklärt angesehen (BGHSt 2 325, 326 für die Lieferung von Deputatkohle an Bergleute zum Eigenverbrauch – differenzierend je nach Kontrolle aber OLG Hamm JMBl NRW 1957 82; BGH JZ 1979 75 ff für die Gewährung eines Investitionsdarlehens).101 Dies ist bei einseitig massenhaft vergebenen staatlichen Leistungen in besonderer Weise zutreffend, da der Leistende – wie dem Empfänger bekannt – hinsichtlich des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen Vertrauen in Anspruch nehmen muss (ebenso Hefendehl MK Rdn. 149 im Anschluss an Lackner LK10 Rdn. 61 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16 f, die aber maßgeblich auf den Verwendungszweck als Geschäftsgrundlage abstellen). Dieses Vertrauen gründet in dem Kooperationsverhältnis von Destinatär und Leistungsverwaltung (Pawlik S. 203 f), dem Gedanken der Solidargemeinschaft (insbesondere der Sozialversicherten; Hefendehl MK Rdn. 151) und bei dem Empfang von Subventionen zusätzlich in deren Eigenschaft als wirtschaftlicher Institution (Hefendehl MK Rdn. 147; dazu auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 10 m.w.N.). Es lässt sich daher der weitere Leitsatz formulieren, dass bei der Bewilligung von einseitigen öffentlich-rechtlichen Leistungen die Antragstellung den konkludenten Inhalt hat, dass die leistungserheblichen Tatsachen vorliegen. Für Wirtschafts- und EU-Subventionen wird dies durch § 264 Abs. 1 Nr. 1, für Sozialleistungen durch § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I konkretisiert. Fehlen im Antrag die (vom Zweck der Leistung) erforderten, meist ausdrücklich durch Rechts- oder Verwaltungsnormen genannten Angaben, so ist der Antrag unvollständig und damit unrichtig (vgl. bereits Rdn. 7 und 21). Bei fehlenden Fragen im Antragsformular kann sich die Erklärungspflicht allerdings nur auf die Grundvoraussetzungen der Leistung beziehen. Unrichtig ist deshalb die Annahme von BGHSt 32 256 ff (mit Bspr. Tiedemann NJW 1980 1558 f), bei der Beantragung von Subventionen für Investitionen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgenommen werden müssen, sei stillschweigend miterklärt, dass nicht ein früherer Kaufvertrag zivilrechtlich wirksam aufgehoben und während des Subventionszeitraums neu abgeschlossen (sowie erfüllt) worden sei.102 Es handelt sich

101

102

Ebenso RG JW 1926 2924; OLG Stuttgart NJW 1971 632 f mit Bspr. Lenckner S. 599 ff und Anm. Cramer JZ 1971 415 f; Schönke/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31 (mit Einschränkungen); vgl. bereits oben Rdn. 25. Wie der BGH: OLG Frankfurt JZ 1982 477 f; OLG Koblenz JZ 1980 736, 737; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 47;

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aA OLG Hamm NJW 1982 1405 ff; AG Alsfeld NJW 1981 2588 f. – Eine ausdrückliche Täuschung (über den Zeitpunkt der Bestellung) liegt dagegen in den Fällen der Rückdatierung vor, in denen das Investitionsgut erst nach Ablauf des Subventionszeitraums bestellt wurde: BGHSt 31 93, 95 f mit Anm. Tiedemann JR 1983 212 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO.

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insoweit um ein zivilrechtlich unbedenkliches Umgehungsverhalten, das mangels einschlägiger Frage im Antragsformular der Verwaltungsbehörde nur bei Eingreifen einer (hinreichend bestimmten bzw. eng zu handhabenden) gesetzlichen Umgehungsklausel unzulässig und strafbar ist (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 130). Dagegen stellt die Einschaltung einer Scheinfirma („Strohfirma“) zweifelsfrei eine (zumindest konkludente) Täuschung dar (vgl. nur BGH NJ 1998 380 ff mit Anm. Jordan für die TransferrubelErschleichung durch Unternehmen außerhalb des Beitrittsgebiets). – Umstritten ist als Grenzfall der konkludenten Täuschung die Vorlage abgewerteter (ungültiger) ausländischer Banknoten zwecks Umtausch in deutsches Geld unter Verschweigen der Abwertung103 sowie die wegen des Problems der Vermögensverfügung besonders streitige Fallgestaltung, dass ein Dieb im Selbstbedienungsladen an der Kasse nur einen Teil der mitgenommenen Gegenstände vorlegt104 (dazu näher Rdn. 68 und 120). Wohl zu Unrecht meint Lackner (LK10 Rdn. 50), mangels unmittelbaren Zusammenhanges von Kaufvertrag und Wegnahme anderer Ware sei die Erklärung des diebischen Kunden an der Kasse nicht unvollständig; näher liegt der Vergleich der (mündlichen) Erklärung an der Kasse mit einer Art Rechnungslegung, die in schriftlicher Form als Aufstellung der entnommenen Waren Anspruch auf Vollständigkeit hätte (vgl. oben Rdn. 34). Die letztere Fallgestaltung zeigt erneut, dass eine reale, empirisch feststellbare Verkehrsauffassung zum Vorliegen konkludenter Täuschungen beim Betrug nur in eingeschränkter Weise existiert (vgl. bereits Rdn. 30). Entscheidend ist daher die Wertung nach normativen Kriterien, die tragenden Prinzipien der Rechtsordnung entsprechen oder entnommen sind. Derartige Kriterien enthält insbesondere auch das EU-Recht, jedenfalls mit Blick auf Zusatzleistungen wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke sowie Zusatzversprechen wie freiwillige Garantieversprechen; diese Angebote und Versprechen zur Verkaufsförderung müssen klar, zutreffend und unzweideutig sein (EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf 99/44 vom 25.5.1999). Dagegen lässt die Irreführungsrichtlinie 84/450/EWG den Maßstab offen und wird praktisch bedeutsam vor allem durch die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten des EGV aufgefüllt (dazu bereits Rdn. 40 Vor § 263). Dass diese Normativakte nur die Dispositionsfreiheit des Verbrauchers (und die Mitbewerber) schützen, schließt ihre Bedeutung für die Annahme von Konkludenz nicht aus (vgl. bereits Rdn. 35 und 37). d) Täuschung durch Unterlassen ist nach h.M. rechtlich möglich und strafbar,105 51 auch wenn das Verhalten des Täters keinen Erklärungswert hat und eine „Kommunika-

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Eine Täuschung bejahen: OLG Hamm MDR 1968 778 und Kühne S. 98. Eine Täuschung verneinen: OLG Frankfurt NJW 1971 527 f mit Anm. Böhm S. 1143 f; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 359; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 42. Eine Täuschung verneinen: BGHSt 17 205, 209 f; BayObLG NJW 1962 224 und NStE § 242 Nr. 23; KG JR 1961 27 f; Fischer Rdn. 37; Kindhäuser Rdn. 77; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 499; aA OLG Düsseldorf GA 1961 348, 349 f mit abl. Anm. Welzel und NJW 1988 922, 923 f sowie 1993 1407 f mit Anm. Vitt NStZ 1994 133; Fahl JuS 2004 885, 889; Meurer JuS 1976 304;

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Rengier BT I § 13, 39 und 39a; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16a und 63a m.w.N. – Vgl. auch Hefendehl MK Rdn. 132 und Vogel LK § 242 Rdn. 101. Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 17; Fischer Rdn. 38; Hefendehl MK Rdn. 135; Hoyer SK Rdn. 53; Kindhäuser Rdn. 83: Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 346; Lackner/ Kühl Rdn. 12; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 49; Mitsch BT 1 § 7, 27; Otto BT § 51, 18; Rengier BT 1 § 13, 27; Satzger S/S/W Rdn. 45; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 18; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 503; aA Grünwald FS H. Mayer (1966) S. 281; Kargl ZStW 119 (207) 250,

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tionsbeziehung“ zwischen Täter und Opfer fehlt.106 Die Natur des Betruges als Kommunikationsdelikt (oben Rdn. 4 und bereits Rdn. 3 Vor § 263) erfordert nicht, für die Strafbarkeit pflichtwidrig unterlassener Kommunikation eine solche Kommunikation („Lüge“) oder jedenfalls eine kommunikative Grundbeziehung zu verlangen (vgl. Rdn. 22, aber auch unten a.E.). Vielmehr ist der durch die Unterlassung verursachte (oder unterhaltene) Irrtum ein (Zwischen-)Erfolg, dessen Existenz und Erfordernis weitere Restriktionen entbehrlich macht. Erforderlich ist daher zunächst nur eine Garantenstellung des Täters, die ihn zur Abwendung des Erfolges der Vermögensbeschädigung verpflichtet. Eine bloße Aufklärungspflicht, die lediglich den Irrtum des Opfers beseitigt, reicht nicht aus (Lackner LK10 Rdn. 69). Die Aufklärungspflicht muss also dem Vermögensschutz dienen,107 ist aber nicht mit einer fremdnützigen Vermögensfürsorgepflicht (z.B. nach § 266) identisch oder ohne weiteres in ihr enthalten.108 Dies ist auch im Verhältnis zu außerstrafrechtlichen Aufklärungspflichten zu beachten, im Verhältnis zu denen übrigens das Strafrecht nicht weiter gehen kann (vgl. zum Verschweigen von Vorstrafen usw. beim Anstellungsbetrug unten Rdn. 63). Ferner muss die Aufklärung möglich und zumutbar sein (vgl. nur Fischer Rdn. 38 mit Nachw.; näher unten Rdn. 75). Schließlich muss nach § 13 Abs. 1 das Unterlassen dem positiven Tun gleichwertig sein, nämlich „Täuschungsqualität“ haben. Wegen der Verhaltensbindung der Strafbarkeit der Vermögensschädigung (durch Täuschung!) bedarf dies nach h.L. und entgegen der bisherigen Rechtsprechung, die das Bestehen der Garantenpflicht ausreichen lässt, besonderer Feststellung („Modalitätenadäquanz“, Hefendehl Rdn. 193 ff mit Nachw.; dazu unten Rdn. 73 f). Im Einzelnen kommt es nach h.M. wegen des Bezuges der Aufklärungspflicht auf den 52 Erfolg des Vermögensschadens nicht darauf an, ob ein Irrtum bereits besteht (und durch den Täter „unterhalten“, nämlich nicht beseitigt wird) oder ob die Irrtumsentstehung und -verstärkung nicht verhindert wird:109 „Der Irrtum ist so lange zur Selbstschädigung des Opfers geeignet, als er fortbesteht und die Vermögensverfügung noch nicht verursacht hat“ (Lackner LK10 Rdn. 58). Es ist also keine Einwirkung (durch Unterlassen) auf das Vorstellungsbild des Opfers erforderlich. Wohl aber ist darauf zu achten, dass bei Unvollständigkeit einer (einheitlichen) Erklärung meist eine Täuschung durch konkludentes Tun vorliegt (oben Rdn. 29)110 und folglich eine Garantenstellung nicht erforderlich ist. Zu der Frage, ob bloße ignorantia facti ausreicht, unten Rdn. 78.

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287; H. Mayer AT S. 152; Naucke S. 106 ff, 214; dazu ausführlich Gauger S. 66 ff, Lampe FS Grünwald (1999) S. 307 ff; Maaß S. 6 ff, auch Hoyer SK Rdn. 55. AA Ellmer S. 119 f; Herzberg Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip (1972) S. 74 ff; Jakobs AT 29/80 Fn. 162; Klawitter S. 87; Kühne S. 59; dazu und dagegen Pawlik S. 109 ff m.w.N. KG JR 1984 292; Duttge aaO; Lackner/ Kühl aaO; Maaß S. 23 ff; Rengier BT I §13, 29; Satzger S/S/W Rdn. 48; Schmidhäuser BT 11/34; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 19; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 506; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 36. Duttge aaO; Pawlik S. 112; Satzger aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; aA

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Lüderssen FS Kohlmann (2003) 177, 180 (ff) mit Nachw.; dazu auch Hoyer SK Rdn. 56 m.w.N. AA Bockelmann BT 1 S. 67 f sowie FS Eb. Schmidt S. 441 ff, Struensee FS Stree/Wessels S. 133, 156 und Wittig Verhalten des Betrugs S. 214 ff; dagegen Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 346; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 67; Mitsch BT 1 § 7, 28; Pawlik S.107 f und Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 18. Bockelmann FS Eb. Schmidt S. 437; Krack S. 86; Maaß GA 1984 264; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 50; Mitsch BT 1 § 7, 27; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Schröder JR 1961 434 f; Volk JuS 1981, 880.

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Die möglichen Garantenstellungen ergeben sich grundsätzlich aus allgemeinen Leh- 53 ren, werden von der Rechtsprechung aber in Ausnahmefällen durch eine Garantenstellung aus Treu und Glauben ergänzt (dazu näher Rdn. 66). Es geht also primär um die Garantentrias von Gesetz, freiwilliger Übernahme (Vertrag) und Ingerenz, kombiniert mit der von der neueren Lehre entwickelten funktionellen Zweiteilung von Garantenstellungen zum Schutz des Opfers einerseits und zur Überwachung des Verhaltens Dritter und sonstiger Gefahrenquellen andererseits (vgl. Weigend LK § 13 Rdn. 24; zu einer Aufteilung nach Gesichtspunkten der Organisationsfreiheit Pawlik S. 131 ff m.w.N.). 1) Garantenstellungen und Aufklärungspflichten mit formeller Ableitung aus Gesetz 54 entstehen materiell („institutionell“) häufig aus der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen (Pawlik S. 194 ff). Die Rechtsprechung zu Garantenpflichten aus öffentlich-rechtlichen Verhältnissen erscheint auf den ersten Blick als wechselnd, untersucht bei genauerer Betrachtung aber in aller Regel sorgfältig, ob gesetzliche Aufklärungs- und Mitteilungspflichten bestehen. So verneinte RGSt 65 211 ff eine Täuschung durch Unterlassen wegen Nichtmitteilung des Wegfalls der Hilfsbedürftigkeit bei dem Bezug von Fürsorgeleistungen mangels gesetzlicher Pflicht und unter Hinweis auf damals ausdrücklich geregelte gesetzliche Pflichten im Arbeitslosenrecht. RGSt 46 414 ff hielt die Nichtmitteilung der Heilung bei Bezug einer Unfallrente mit der Begründung für tatbestandslos, dass der Bezieher bis zur Änderung des Rentenbescheids „ein Recht auf Rente“ besitze und die Berufsgenossenschaft ihn zu überwachen habe (aA Hefendehl MK Rdn. 161). In einem RGSt 65 211 ff vergleichbaren Fall sah RGSt 73 393 ff einen Betrug nur deshalb als gegeben an, weil der Angeklagte auf Grund von ihm unterzeichneter Erklärungen verpflichtet gewesen war, Einnahmen dem Wohlfahrtsamt anzuzeigen. Insgesamt ist bei der Würdigung der älteren wie der neueren Rechtsprechung zu beachten, dass sie die allgemeinen und speziellen sozialrechtlichen Normen nicht selten durch den Gesichtspunkt des Vertrauensverhältnisses (Grundsatz von Treu und Glauben) ergänzt und dass bei massenhaften Leistungsverhältnissen häufig Gesichtspunkte fehlenden Irrtums des Leistungsträgers in die Erwägungen zur Täuschung durch den Leistungsempfänger einfließen. Im Schrifttum werden unterschiedliche und zusätzliche Einteilungen und Differenzie- 55 rungen erörtert. Auf die konkrete Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Verhältnisses will Lackner (LK10 Rdn. 61 mit Fn. 101) abstellen, um auch ohne ausdrückliche gesetzliche Meldevorschriften eine Pflicht zur Aufklärung über den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen zu bejahen (zust. Hefendehl MK Rdn. 149). Nach Schönke/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 21) soll es maßgeblich darauf ankommen, ob ein besonderes Vertrauensverhältnis vorliegt (zust. Hefendehl aaO); dies wird für die Mitteilungspflicht nach der allgemeinen Bestimmung des § 60 Abs. 1 SGB I bejaht, die auch von der ganz h.M. für betrugsrelevant gehalten wird.111 Brammsen112 will dagegen eine Garantenstellung nur in Bezug auf soziale Positionen anerkennen, die einen „überantworteten“ besonderen sozialen Einflussbereich gewähren; hieran fehle es beim Sozialhilfeempfänger. Demgegenüber geht Pawlik (S. 203 f) davon aus, dass bei einem Kooperationsverhältnis wie der Leis-

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OLG Hamburg wistra 2004 151 f mit Anm. Peglau S. 316; OLG Köln NStZ 2003 374; OLG München NStZ 2009 156; OLG Stuttgart NJW 1986 1767 f; Fischer Rdn. 39; Hefendehl MK Rdn. 147 und 152; Lackner/ Kühl Rdn. 14; Maaß S. 61 ff; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 51; Mitsch

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BT 1 § 7, 29; Rengier BT I § 13, 28; Satzger S/S/W Rdn. 52; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 505. Die Entstehungsvoraussetzungen der Garantenpflichten (1986) S. 221 f.

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tungsverwaltung im Verhältnis zwischen Bürger und Staat die Mitwirkungspflicht des Antragstellers bei der Tatsachenfeststellung grundsätzlich die Kehrseite seines rechtlichen Anspruchs auf die Leistung sei; Ausnahmen beständen nur, wenn es sich um gegenleistungsähnliche „erkaufte“ Leistungsansprüche wie z.B. bei der Rentenversicherung handele oder die Anzeige- und Mitwirkungspflichten lediglich der Arbeitserleichterung der Behörde dienten (ähnlich Maaß S. 63). Diese Gesichtspunkte sind nur insoweit überzeugend, als die gesetzliche Anordnung 56 einer Aufklärungs- oder Mitteilungspflicht zwar Mindestvoraussetzung für die Annahme einer Täuschung durch Unterlassen, für diese aber nicht ausreichend ist. Vielmehr ist eine Wertung dahingehend erforderlich, ob der Unterlassende Garant gerade für das Vermögen des Leistungsträgers sein soll. Hierfür kann das Bestehen eines „Vertrauensverhältnisses“ zwischen Staat und Leistungsempfänger indiziell sein (zust. Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 21). Regelmäßig liegt eine Garantenstellung nur bei Dauerrechtsverhältnissen vor, die damit als Rechtsfigur eine bessere Abgrenzung ermöglichen (einmalige Leistung/fortlaufende Leistungen). Die „Überantwortung“ eines besonderen sozialen Einflussbereiches ist zwar der Sache nach ein taugliches, aber deutlich zu enges Kriterium. Auch die Annahme eines Kooperationsverhältnisses trifft zwar insbesondere bei der Vergabe von Subventionen das Richtige, übersieht aber mit dem Ausschluss gegenleistungsähnlicher Verhältnisse, dass bei zweckgebundenen Subventionen die Zweckerreichung durch den Leistungsempfänger häufig als Gegenleistungsverhalten erscheint, das eine Art Vertrauensverhältnis begründet. Wie die Wertung des § 264 andeutet, begründet ein Subventionszweck, der nicht nur – wie bei Sozialleistungen – der Vermögensmehrung des Empfängers dient, zusammen mit den eigentlichen Vergabevoraussetzungen einen tauglichen rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Annahme von Aufklärungs- und Mitteilungspflichten, die im Rahmen des § 263 relevant sind. Unter diesem Blickwinkel nimmt die ganz h.M. heute zutreffend einen Sozialleis57 tungsbetrug in Gestalt einer Täuschung durch Unterlassen an, wenn der (berechtigte) Empfänger von Sozialhilfe, Arbeitslosen- oder Kindergeld usw. (Sozialleistungen) entgegen seiner Verpflichtung aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I „Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind“, nicht unverzüglich mitteilt.113 Entsprechendes gilt für die Bezieher von BAföG-Leistungen im Hinblick auf die Mitteilungspflicht nach § 58 BundesausbildungsförderungsG bei Änderung der Vermögensverhältnisse (BayObLG JZ 2005 306 f mit zust. Anm. Vogel gegen Bohnert NJW 2003 3613). Daneben statuieren § 9 SchwarzarbeitsbekämpfungsG (dazu Rdn. 139) einen subsidiären Straftatbestand echten Unterlassens mit geringerer Strafdrohung und § 58 Abs. 1 Nr. 1 BAföG einen einschlägigen Bußgeldtatbestand, der nach § 21 OWiG ebenfalls gegenüber §§ 263, 13 zurücktritt. Eine (unechte) Begehung von Betrug durch Unterlassen ist dagegen wiederum die gegen § 28a SGB IV verstoßende Nichtanmeldung der beschäftigten Personen, der

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OLG Brandenburg NZWiSt 2012 30, 31 mit Anm. Steinberg/Stam; OLG Köln NStZ-RR 2010 79 und bereits NJW 1984 1979 f (Umfang der Mitteilungspflicht; dazu auch OLG Stuttgart Justiz 1992 185, 186); OLG München NStZ 2009 156 f (erneute Mitteilungspflicht bei erkannter Nichtinformierung des zuständigen Befördenmitarbeiters auf Grund versehentlicher Nichtweiterlei-

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tung der erfolgten Mitteilung innerhalb der Behörde oder durch den beauftragten Steuerberater); OLG Stuttgart aaO (Tod des Kindes bei Bezug von Kindergeld); AG Kassel DAngVers. 1985 52 mit Anm. Bonz (selbständige Erwerbstätigkeit bei Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente). Vgl. weiter die Nachw. oben Fn. 111 und Bringewat NStZ 2011 131 ff.

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Höhe ihres Arbeitsentgelts usw. durch den Arbeitgeber (einschließlich des illegalen Arbeitnehmerverleihers oder -entleihers) gegenüber dem Träger der Sozialversicherung (Beitragsbetrug, BGHSt 32 236, 239 ff, NJW 2003 1823 und wistra 2010 408 f; zum Irrtum unten Rdn. 69 und 78). Diese Anmeldepflicht des Arbeitgebers besteht bis zu ihrer Erfüllung fort, ist also bei nachträglicher Erlangung der Kenntnis von den einschlägigen Umständen (z.B. des illegalen Arbeitskräfteverleihverhältnisses) nachträglich zu erfüllen (vgl. § 28a SGB IV; OLG Stuttgart wistra 1990 109, 110). Weiterhin gültig ist auch die ältere Rechtsprechung, dass der Empfänger von Arbeitslosenhilfe oder heute Arbeitslosengeld I oder II unter der Strafdrohung des § 263 anzeigen muss, dass er bezahlte Arbeit gefunden hat (Fischer Rdn. 40 mit Nachw.); dass ein Ruhestandsbeamter infolge nachwirkender Treupflicht mitzuteilen hat, dass ihm irrtümlich seine aktiven Bezüge weitergezahlt werden (OLG Köln JMBl NRW 1983 184, 186) oder dass er wieder im öffentlichen Dienst beschäftigt wird (RGSt 67 289, 292; Hefendehl MK Rdn. 159); dass ein Soldat seine (zum Verlust der Dienstbezüge führende) eigenmächtige Abwesenheit von der Truppe mitzuteilen hat (Lingens NZWehrR 1999 70 f mit Nachw.; dazu aber auch Rdn. 75). Zu unvollständigen Beihilfeanträgen von Beamten bereits oben Rdn. 29 (konkludente Täuschung! Zur Behandlung versteckter Rabatte bei Umzugskosten OLG Köln JMBl NRW 1979 224, 225). Dagegen besteht kein Rechtsverhältnis (und auch kein vertrauenbegründendes Dauerrechtsverhältnis) zwischen dem Leistenden und dem Kontobevollmächtigten des Leistungsempfängers (oder dem hiervon verschiedenen Inhaber des Kontos, auf das die Leistungen vereinbarungsgemäß überwiesen werden); die durch den letzteren erfolgende Abhebung von Rentenbeträgen, die irrtümlich nach dem Tod des Berechtigten überwiesen werden, stellt daher keinen Betrug durch Unterlassen dar.114 Jedoch verpflichtet seit 1986 die Neufassung des § 60 Abs. 1 SGB I auch Angehörige und Erben (§ 99 S. 2 SGB X) sowie denjenigen, der zur Erstattung der Leistung verpflichtet ist, zur Mitteilung vom Tod des Berechtigten an den Versicherungsträger (vgl. OLG Hamm NJW 1987 2245 – Blindengeld; Möhlenbruch NJW 1988 1894). Sonstige einseitige gesetzliche Offenbarungspflichten sind im allgemeinen nicht geeig- 58 net, einen Betrug durch Unterlassen zu begründen. Nicht ausreichend ist insbesondere die Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO115 und §§ 54, 64 StPO (Satzger S/S/W Rdn. 52). Sie dient primär dem Schutz der Rechtspflege, nicht dem des Vermögens der Prozessparteien, das durch die Aussage im Zivilprozess mittelbar betroffen ist (zust. Hefendehl MK Rdn. 180 mit Nachw.). Die Verselbständigung der Rechtsgüter der §§ 153 ff, 267 ff im Verhältnis zu § 263 trägt dem Rechnung. Für den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs als Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ist nicht auf die von der h.M. angenommene zivilrecht-

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OLG Düsseldorf NJW 1987 853 f (dagegen aber Ranft Jura 1992 68: Übernahme einer Schutzposition); OLG Hamm MDR 1979 692; OLG Köln NJW 1979 278 f mit Anm. Kühl JA 1979 681, 683; Fischer Rdn. 41; krit. Möhlenbruch NJW 1988 1894. Weitergehend im Ergebnis OLG Hamm NJW 1987 2245 (Garantenstellung des Sohnes, der die Blindengeldüberweisungen für seinen Vater entgegengenommen und quittiert hat, aus Treu und Glauben bzw. besonderem Vertrauensverhältnis); ebenso Hefendehl MK Rdn. 155 und Mitsch BT 1 § 7, 29; ableh-

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nend dagegen Otto BT § 51, 20; zweifelnd Fischer aaO. Gössel 2 § 21, 48; Maaß S. 83; Satzger S/S/W Rdn. 52; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; aA OLG Zweibrücken NJW 1983 694 mit krit. Bespr. Werle NJW 1985 2913 ff und Seier JA 1983 337 ff; AG Kaiserslautern ZMR 1983 96 f; Eisele BT II Rdn. 509; Fischer Rdn. 44; Krey/Hellmann Rdn. 347; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 51; Rengier BT I § 13, 28; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 505; zweifelnd Lackner/Kühl Rdn. 14.

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liche Pflicht zur Mitteilung gegenüber dem Mieter (vgl. Palandt/Weidenkaff § 573 Rdn. 25 mit Nachw.) abzustellen; vielmehr ist angesichts des Dauerschuldverhältnisses eine Garantenpflicht aus Übernahme (unten Rdn. 63) oder aus Treu und Glauben zu erwägen (BayObLG JZ 1987 626, 627 mit Anm. Otto und Anm. Hillenkamp JR 1988 301 ff; aA Hefendehl MK Rdn. 170 m.w.N.). Auch folgt aus § 120 ZPO keine Pflicht des Empfängers von Prozesskostenhilfe, nachträglich erworbenes Kapitalvermögen zu offenbaren (AG Plön SchlHA 1993 277; Hefendehl MK Rdn. 180). Gesetzliche Aufklärungs- und Auskunftspflichten im Rahmen von zivilrechtlichen 59 Vertragsverhältnissen sind nach h.M. relativ häufig Grundlage einer Garantenstellung. Dies wird heute ganz überwiegend insbesondere für die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten nach § 666 BGB angenommen116 und auch für die Inbezugnahmen dieser Norm durch §§ 675, 713 BGB und § 2218 BGB sowie für § 384 Abs. 2 HGB bejaht (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21 mit Nachw.). Dabei ist das „Erfordernis“ von „Nachrichten“ in § 666 BGB mit Rücksicht auf Art.103 Abs. 2 GG eher eng zu verstehen; die Auskunft „über den Stand des Geschäfts“ ist schon nach dem Gesetzeswortlaut an ein „Verlangen“ des Auftraggebers gebunden, stellt also in strafrechtlichen Konstellationen kein Unterlassen dar (vgl. für § 2314 BGB Tiedemann Jura 1981 26). Auch enthält die Ausdehnung der Pflicht nach § 666 BGB auf den geschäftsführenden BGBGesellschafter (§ 713 BGB) bereits nach der zivilrechtlichen Norm Modifikationen durch das (BGB-)Gesellschaftsrecht. – Eine abweichende Auffassung hat RGSt 37 61, 62 f für einen Fall vertreten, in dem bei vorzeitiger Beendigung eines Mietverhältnisses die Verrechnung des bereits vorausgezahlten Mietzinses mit etwaigen Einnahmen des Vermieters aus Neuvermietung vereinbart war; das RG sah die Nichtbenachrichtigung des Mieters von der Neuvermietung als strafrechtlich nicht relevant an, da selbst im Falle des § 666 BGB die Nichtabgabe der Rechenschaftserklärung nur die Verletzung einer Vertragspflicht, nicht aber die Unterdrückung derjenigen Tatsachen enthalte, auf welche sich die Erklärung, wenn sie abgegeben worden wäre, wahrheitsgemäß zu erstrecken gehabt hätte (ebenso Maaß S. 54 ff). Da das Bestehen eines Auftragsverhältnisses vom Tatrichter nicht festgestellt war, handelt es sich insoweit allerdings um eine nicht tragende Begründung. Aus heutiger Sicht wäre angesichts des (früheren) Dauerschuldverhältnisses ähnlich wie Rdn. 58 eine Garantenpflicht aus Treu und Glauben zu erwägen. BGH(Z) NJW 1997 1439 f (m.w.N.) bejaht zutreffend eine betrugsrelevante vertragliche Treuepflicht des geschiedenen Ehepartners, dem anderen Partner nach einem Unterhaltsvergleich unaufgefordert mitzuteilen, dass der als anrechnungsfrei vereinbarte monatliche Nettoverdienst wegen Aufnahme einer Beschäftigung überschritten wird. Einschlägig sind ferner nach h.M. im Versicherungsrecht die Anzeigepflichten des Ver60 sicherungsnehmers nach Vertragsschluss in Bezug auf risikoerhöhende Umstände nach §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 2 und 3 VVG;117 bei Vertragsanbahnung dürfte die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG bereits zur Annahme einer konkludenten Täuschung führen (BGH StV 1985 368 f mit Anm. Sonnen JA 1985 663 f). Da insoweit Vermögensschutz des Versicherers bezweckt ist, hat nur der Versicherungsnehmer, nicht dagegen der Be-

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Eisele aaO; Fischer Rdn. 39; Gössel aaO; Hefendehl MK Rdn. 165; Krey/Hellmann aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; Otto BT § 51, 19; Rengier aaO; Satzger S/S/W Rdn. 52; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Wessels/Hillenkamp aaO. Eisele BT II Rdn. 509; Kindhäuser Rdn. 88;

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Lindenau S. 257 ff; Maaß S. 74 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 51; Otto BT § 51, 19; Rengier BT I § 13, 28; Satzger S/S/W Rdn. 52; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 505; zweifelnd Hefendehl MK Rdn. 172.

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günstigte eine Garantenstellung (aA BGH NJW-RR 1989 1183, 1184 für den durch einen Lebensversicherungsvertrag begünstigten Ehemann, der seine Mordabsichten gegenüber der versicherten Ehefrau und Versicherungsnehmerin nicht offenbart). – Schließlich bestehen seit dem 1. Januar 1995 im Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft mit Wertpapieren zum Schutz der Anleger umfangreiche gesetzliche Aufklärungspflichten für Wertpapierdienstleister. § 31 Abs. 2 WpHG, konkretisiert durch die Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und OrganisationsVO vom 20.7.2007 (BGBl. I 1432) §§ 4 f, statuiert im Einzelnen weitreichende Pflichten zur anleger- und objektgerechten Aufklärung; sie bestehen neben vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten (Rdn. 66; näher zur Pflicht zur Offenlegung von Innenprovisionen beim Vertrieb von Kapitalanlagemodellen Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 28, 30 ff mit Nachw.). Diese Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleister sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (KG ZIP 2004 1306) und verlangen als „zweckdienliche Information“ des Anlegers z.B. Offenlegung von Kick-back-Vereinbarungen (BGH NJW 2004 3423, 3425). Sie begründen jedenfalls mit ihrem Kern Garantenpflichten (zust. Satzger S/S/W Rdn. 52; weitergehend Fischer Rdn. 47). Eine Garantenpflicht zur Aufklärung über Insiderinformationen enthält § 15 WpHG (Vogel in Assmann/Schneider WpHG5 Rdn. 14 Vor § 38 mit Nachw.), über sonstige Interessenkonflikte § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (dazu Schmid aaO). Zum sog. Scalping oben Rdn. 49a. 2) Garantenstellungen und Aufklärungspflichten aus freiwilliger, insbesondere ver- 61 traglicher Übernahme dienen der Anhebung des dem Opfer bislang verfügbaren Informationsniveaus aufgrund eines „Versprechens“ des Täters (Pawlik S. 134). Sie sind heute entgegen der oben Rdn. 59 angeführten RG-Rechtsprechung anerkannt, wenn sie dem Zweck dienen, den Partner vor irrtumsbedingter Selbstschädigung zu bewahren und ihn der Notwendigkeit entheben sollen, in dem fraglichen Risikobereich selbst für Schutz zu sorgen (Lackner LK10 Rdn. 62). Eine vertragliche Hauptpflicht zur Aufklärung oder ein besonderes Vertrauensverhältnis ist entgegen Maaß S. 94 f nicht erforderlich (vgl. allerdings BGHSt 39 392, 399, wo aber letztlich wie hier darauf abgestellt wird, ob das Vertragsverhältnis „auch die Wahrung der Vermögensinteressen der Gegenseite“ umfasst: aaO S. 400). Eine dahingehende ausdrückliche Vereinbarung, die abzuschließen die Privatautonomie der Parteien zulässt (BGH aaO S. 399), ist nicht besonders häufig, da bei Austauschverträgen prinzipiell jeder Vertragspartner seine eigenen (finanziellen) Interessen verfolgt. Beispiele für eine vertraglich vereinbarte Aufklärung sind etwa die Vermögensberatung (BGH[Z] NJW 1981 1266 [f]; Fischer Rdn. 45; Gössel 2 § 21, 58) und die Vereinbarung einer Mitteilungspflicht bei Abschluss eines weiteren Versicherungsvertrages über dasselbe (Unfall-)Risiko (BGH NJW 1985 1563 [f] mit Anm. Seelmann JR 1986 346 ff; Fischer aaO). Aus öffentlichem Auftrag obliegt dem Gerichtsvollzieher eine Garantenpflicht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Pfändung (RGSt 61 228 ff; Otto/ Brammsen Jura 1985 592, 598). Häufiger sind vertragliche Aufklärungspflichten zum Schutz des Vermögens des 62 Partners, die aus dem Vertrag im Ganzen, insbesondere einem ihm zugrunde liegenden besonderen Vertrauensverhältnis, abgeleitet werden (Lackner LK10 Rdn. 63 mit zutreffendem Hinweis darauf, dass diese Aufklärungspflichten meist schon die Annahme einer konkludenten Täuschung rechtfertigen). Dabei ist die Höhe des Schadens entgegen OLG Hamburg NJW 1969 335, 336 nicht maßgebend (BGHSt 46 196, 202; 39 392, 401 m.w.N.). Nach Maurach/Schroeder/Maiwald (BT 1 § 41, 51) soll für die Annahme eines Vertrauensverhältnisses „eine gewisse Dauer“ erforderlich sein. Dies ist zwar für Gesellschaftsverhältnisse einschließlich stiller Beteiligung und partiarischem Dar-

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lehen118 zutreffend; insoweit liegt keine Gegenläufigkeit der Interessen, sondern eine Verbindung mehrerer Partner zur gemeinsamen Verfolgung wirtschaftlicher Ziele vor. Jedoch ist die Dauer des Verhältnisses nicht wesentlich (zust. Hefendehl MK Rdn. 163), wie die folgenden Beispiele von Verträgen mit einem Beratungselement zeigen, bei denen sich der eine Partner dem Sachverstand des anderen anvertraut: Anlageberater gegenüber ihren Kunden (Gössel 2 § 21, 58; Mitsch BT 1 § 7, 30; näher unten Rdn. 66); Banken gegenüber ihren Kunden im Geld- und Wertpapiergeschäft (RGSt 70 45, 46 f; Hefendehl MK Rdn. 164 m.w.N.); Rechtsanwälte und Syndici gegenüber ihren Mandanten und Arbeitgebern (RGSt 4 227 ff; Gössel aaO; Hefendehl MK Rdn. 163 m.w.N.); Sachverständige gegenüber dem Insolvenzverwalter (BGHR § 263 Abs. 1 Unterlassen 1); Strafverteidiger gegenüber ihren Mandanten auch in Bezug auf Gebühren, die von der Staatskasse für die Pflichtverteidigung übernommen werden (BGH LM Nr. 40; BayObLGSt 1964 116, 122). Erst recht besteht eine Garantenstellung zur Aufklärung aus Übernahme, wenn die Beratung Gegenstand der vertraglichen Hauptpflicht ist, wie z.B. bei den bereits Rdn. 61 erwähnten Vermögensberatern. Eine Kriminalisierung bloßen Vertragsunrechts kann hierin nicht gesehen werden. Auch besteht entgegen Kühne (S. 85 ff) und Seelmann (NJW 1980 2547 f und 1981 2132 m.w.N.) keine „Sperrwirkung“ des § 266 mit der Folge, dass eine Aufklärungspflicht nur bei Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht anzunehmen wäre (vgl. bereits oben Rdn. 51; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 506). Dagegen gelten im Verhältnis institutioneller Anleger zueinander keine die üblichen Risiken des Geschäfts betreffenden Aufklärungspflichten (Ransiek WM 2010 873 für den Handel mit Asset Backed Securities). Neben dem Beratungs- begründet auch ein Vertrauenselement die Garantenstellung 63 aus Übernahme (zust. Hefendehl MK Rdn. 163). Dies betrifft allgemein langjährige oder laufende Geschäftsbeziehungen,119 z.B. auch den Kreditkartenvertrag (BGHSt 33 244, 246 f) und speziell das Mietverhältnis, das angesichts existentieller Angewiesenheit auf Wohnraum (BayObLG JZ 1987 626 [ff] mit Anm. Otto) durch „enge gesetzliche Regelungen über Wohnraumkündigungen“ (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22) und eine Nähe zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Zwecke (Gössel 2 § 21, 62) gekennzeichnet wird; bei Wegfall von zunächst vorhandenem Eigenbedarf des Vermieters besteht daher eine auf Übernahme einer Schutzfunktion gestützte Offenbarungspflicht, die mit dem Ablauf der Frist zum Sozialwiderspruch endet (Rdn. 58).120 Jedenfalls bei hohen Mietvorauszahlungen muss der Vermieter auch das nachträgliche Unmöglichwerden seiner Leistung infolge Versagung der Baugenehmigung oder Ablehnung einer anderen erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigung mitteilen (BGH bei Dallinger MDR 1966 727). In Bezug auf die treuhänderische Verwaltung vorausgezahlter Nebenkosten

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RGSt 65 106 f; Hefendehl MK Rdn. 163; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 354; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22. BGH StV 1988 386, NJW 2000 3013 und NStZ 2010 502 f; BayObLG JZ 1987 626 (f) mit Anm. Otto; OLG Stuttgart JR 1978 388 f, 389 mit Anm. Beulke; Eisele BT II Rdn. 510; Fischer Rdn. 46; Kindhäuser Rdn. 92; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 351; Otto BT § 51, 19; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 43; krit. Baumann JZ 1957 369 und Maaß S. 122 ff.

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OLG Karlsruhe NJW 1982 54 ff; OLG Zweibrücken NJW 1983 694; Gössel 2 § 21, 49; Hellmann JA 1988 73, 79; Lackner/Kühl Rdn. 14; Rengier BT I § 13, 32 und JuS 1989 802 ff; Runte Jura 1989 128; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Seier S. 409 ff und NJW 1988 1617; aA Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 54 und Otto BT § 51, 20. Vgl. ferner die Nachweise oben Rdn. 58.

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(vgl. bereits Rdn. 34) trifft den Vermieter eine Garantenstellung (Kinne Grundeigentum 1999 482; Fischer Rdn. 46). Entgegen Lackner (LK10 Rdn. 64 mit Nachw.) ist dagegen der Verzicht auf Zinsen beim Gefälligkeitsdarlehen trotz Wegfalls der Gegenleistung nicht geeignet, ein besonderes Vertrauenselement und damit eine Garantenstellung zu begründen (zust. Hefendehl MK Rdn. 173 m.w.N.). Auch die Unterhaltung eines Girokontos lässt in aller Regel keine Vertrauensbeziehung gegenüber der Bank entstehen, aus der der Bankkunde aufklärungspflichtig werden könnte (BGHSt 39 392, 399 mit Nachw.; Fischer Rdn. 47).121 Ferner ist eine Offenbarungspflicht des Apothekers gegenüber der AOK zu verneinen, dass er von einem AOK-Versicherten Medikamente zurückkauft, deren Kaufpreis die AOK aufgrund einer Arzeimittelliefervereinbarung mit dem Apotheker beglichen hat (sog. Kickback; OLG Celle NJW 1974 615 f). Selbst bei späterer Begründung einer Vertrauensstellung (z.B. als Bankangestellter) besteht nach überwiegender Ansicht im Strafrecht auch keine Garantenpflicht zur Aufklärung über Vorstrafen (Satzger S/S/W Rdn. 61); vielmehr muss der künftige Arbeitgeber hiernach fragen bzw. ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen (Hefendehl MK Rdn. 177 mit Nachw.; Maaß S. 112 f; wohl weitergehend Miehe JuS 1980 262 und BGH NJW 1978 2042 f mit abl. Anm. Sonnen JA 1979 166 f: Bejahung einer „konkreten und ständigen Gefahr“ für das Vermögen des neuen Arbeitgebers durch einen als selbständiger Einkäufer Angestellten, dem mehrfach wegen Veruntreuungen fristlos gekündigt worden war und der seiner Bewerbung u.a. ein gefälschtes polizeiliches Führungszeugnis und ein gefälschtes Zeugnis eines früheren Arbeitgebers in Fotokopie beigefügt hatte). Dasselbe gilt für die frühere Mitarbeit bei dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) („Stasi“), dem Amt für nationale Sicherheit (AfNS) oder einer der Untergliederungen dieser Ämter der ehemaligen DDR (zust. Hefendehl aaO m.w.N.; vgl. auch BGHSt 45 1 ff für ausdrückliche Falschangaben). Erst recht liegt in diesen Fällen keine konkludente Täuschung vor (weitergehend Miehe aaO und S. 264). Zum Schaden bei aktiver Täuschung über die frühere Mitarbeit bei der „Stasi“ Rdn. 224. Wegen der Gegenläufigkeit der Interessen begründen einfache Austauschverträge, ins- 64 besondere normale Kaufverträge, nach ganz h.M. grundsätzlich keine Aufklärungspflicht über mangelnde oder mangelhafte Eigenschaften oder Qualität des Kaufobjekts (zust. Hefendehl MK Rdn. 173 mit Nachw.) oder über die Angemessenheit des verlangten Preises (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22). Es gilt Entsprechendes wie zur konkludenten Täuschung (oben Rdn. 35). Auch die Unerfahrenheit des Käufers ist in der Regel bedeutungslos (Cramer/Perron aaO mit Nachw.; zusammenfassend Schauer S. 23 ff mit Nachw.; aA OLG Stuttgart NJW 1966 990 f: Garantenpflicht aus Treu und Glauben bei einem Pferdetausch). Nicht aufklärungspflichtig sind ferner Überzahlungen und sonstige Zuvielleistungen, da das Leistungsrisiko beim Leistenden liegt.122 Dasselbe gilt im Verhältnis Kunde/Bank für Fehlüberweisungen (vgl. bereits oben Rdn. 41). – Eine Ausnahme macht die h.M. wegen der exklusiven Sachkunde des Gebrauchtwagenverkäufers für den (auch als Risikogeschäft eingeordneten) Verkauf von Unfallfahrzeugen, die auch unge-

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Anm. bzw. Bespr. zu BGHSt 39 392 ff: Joerden JZ 1994 422 und Naucke NJW 1994 2809; ebenso BGHSt 46 196, 203 mit Anm. bzw. Bespr. Hefendehl NStZ 2001 281, Joerden JZ 2001 614, Krack JR 2002 25 und Ranft JuS 2001 854. BGH JZ 1989 550; OLG Düsseldorf NJW

1969 623 f mit Anm. Deubner; OLG Köln JZ 1988 101 ff mit Anm. Joerden; Fischer Rdn. 51; Hefendehl MK Rdn. 176; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 363; Maaß S. 41 f, 108; Otto BT § 51, 20; Rengier BT I § 13, 20; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 507.

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fragt als solche gekennzeichnet werden müssen.123 Dieser Fall wird teilweise als Beispiel für das Verschweigen eines Umstandes eingeordnet, der „erkennbar für die Willensentscheidung des Partners von maßgeblicher Bedeutung ist“ (so Maurach/Schroder/Maiwald BT 1 § 41, 53). Zur Vermeidung dieser wenig abgrenzungsscharfen Formel (dazu auch Rdn. 67) kommt hier jedoch nach den Anschauungen des redlichen Wirtschaftsverkehrs besser bereits eine konkludente Täuschung (über die Unfallfreiheit des Wagens) in Betracht (Kindhäuser Rdn. 93; Ranft JA 1984 728 und Jura 1992 66). Bei ausdrücklicher Kennzeichnung als Unfallfahrzeug muss der Verkäufer dagegen von sich aus das Ausmaß des Schadens nicht näher angeben (BayObLG NJW 1994 1078, 1079 mit Anm. Hauf MDR 1995 21; Hefendehl MK Rdn. 186 m.w.N.). Auch muss beim Kauf eines fabrikneuen Autos nicht auf das unmittelbar bevorstehende Erscheinen eines neuen Modells hingewiesen werden; wegen des Interessenwiderstreits von Käufer und Verkäufer kann vielmehr von letzterem nicht ohne weiteres erwartet werden, dass er auf das Erscheinen eines neuen Modells aufmerksam macht (OLG München NJW 1967 158 [f] zu § 123 BGB). Bei gewöhnlichen Kreditgeschäften besteht trotz ihrer Ausrichtung auf einen be65 stimmten Zeitraum (Gössel 2 § 21, 63) ebenfalls grundsätzlich keine Aufklärungspflicht über die für die Kreditwürdigkeit maßgeblichen Eigenschaften und Umstände des Kreditsuchers (dazu Tiedemann/Sasse S. 5).124 Insbesondere brauchen Vermögensverschlechterungen nach Darlehensaufnahme nicht ungefragt mitgeteilt zu werden (BGH wistra 1987 213, 1988 262 f, 1992 26, 143; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 26). Anderes gilt auch hier bei langjährigen Geschäftsbeziehungen, z.B. Sukzessivlieferungsverträgen mit Vorleistungen des Lieferanten; hier besteht eine Pflicht des Abnehmers zur Offenbarung von Vermögensverschlechterungen, wenn es sich nicht nur über eine vorübergehende Krise seiner Finanzsituation handelt125 (zur Abgrenzung der einzelnen Krisensituationen Tiedemann LK Rdn. 125 ff Vor § 283). Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass die Kreditwürdigkeit beim Lieferantenkredit vom Geschäftspartner erheblich schwieriger zu überprüfen ist als bei der Gewährung von Geldkredit durch Banken und andere Kreditinstitute (Tiedemann/Sasse S. 5 f mit Nachw.). Bei Abzahlungsgeschäften, die durch Banken finanziert werden, lässt die Unterschlagung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten oder im Sicherungseigentum der Bank stehenden Kaufsache zwar ein Sicherungsmittel für den Verkäufer oder die Bank entfallen; jedoch bleibt neben der Anwendung von § 246 kein Raum für die Annahme eines Betruges durch Unterlassen (zur Ingerenz in diesen Fällen unten Rdn. 68). Ebenso ist die zweckwidrige Verwendung des Darlehens kein tauglicher Gegenstand eines Betruges durch Unterlassen (Gössel aaO; zur von vornherein beabsichtigten zweckwidrigen Verwendung oben Rdn. 50).

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OLG Nürnberg MDR 1964 693 f; Eisele BT II Rdn. 511; Hefendehl MK Rdn. 186; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 53; Rengier BT I § 13, 33; Sch/Schröder/Cramer/ Perron aaO; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 506. BGH wistra 1992 143 f und StV 1984 511 f; Gössel 2 § 21, 63; Hefendehl MK Rdn. 173; Kindhäuser NK Rdn. 162; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 368; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 54; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 26; Tiedemann/Sasse S. 9 m.w.N.

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BGH bei Holtz MDR 1980 106f und StV 1988 386; OLG Stuttgart JR 1978 388, 389 mit Anm. Beulke; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 368; Lackner/Kühl Rdn. 14; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 54 (Dauerkreditverhältnisse); Otto BT § 51, 19 (langjährige kontokorrentartige Geschäftsverbindungen); Rengier BT § 13, 35; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 26; aA OLG Stuttgart Die Justiz 1980 154 f für Zahlungsunfähigkeit des privaten Stromabnehmers (Besonderheiten für den privaten Bereich nimmt wohl auch BGH StV 1988 386 an).

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3) Insbesondere bei vertraglichen und vorvertraglichen Beziehungen ergänzte die 66 Rechtsprechung die bisher angeführten Garantenstellungen um eine solche aus Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB).126 Dieser in der neueren Rechtsprechung zu weit ausgedehnte Gesichtspunkt wird neuestens wieder zutreffend – auch im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG – eingeschränkt127 und insbesondere auf das oben Rdn. 61 ff bereits zur vertraglichen Garantenstellung (kraft „Übernahme“) erwähnte Erfordernis eines besonderen Vertrauensverhältnisses bezogen.128 Anhaltspunkte liefert insoweit – ähnlich wie bei § 264a und trotz der geringeren Höhe des strafrechtlichen Schutzniveaus (Pawlik S. 176) – die zivilrechtliche Haftung aufgrund eines Vertrauenstatbestandes, z.B. des fachmännischen Vermittlers von Warenterminoptionen, der über die Gewinnchancen minimierende hohe Prämien informieren und so die Kalkulationsgrundlage offenlegen muss (BGH[Z] NJW 1981 1266 f und 1994 512 ff; vgl. auch bereits Rdn. 49 und 60). Die Strafrechtsprechung hat diese Konstellation zu Recht ebenso entschieden.129 Das Argument, dass sich hier Informationsgefälle und spekulativer Charakter des Geschäfts gegenseitig „neutralisieren“, übersieht, dass auch die Spekulation nicht den Schutz verlässlicher Tatsachengrundlage verwirkt, wenn der Vertragspartner die Geschäftsvermittlung professionell betreibt (vgl. auch oben Rdn. 33). Im Übrigen leitet die zivilrechtliche Rechtsprechung allgemein im Wertpapiergeschäft aus Treu und Glauben die vertragliche Nebenpflicht zur umfassenden anleger- und objektgerechten Aufklärung und Beratung ab (BGH WM 1993 1455, 1456 „Bond“; näher Helmschrott/ Waßmer WM 1999 1853, 1854 m.w.N.); sie besteht neben den gesetzlichen Aufklärungspflichten (vgl. bereits Rdn. 60). Auf den Immobilienhandel sind sie entgegen Gallandi wistra 1992 292 f und 1996 323 ff nicht zu übertragen (vgl. Bachmann wistra 1997 254). – Im Kunsthandel hat RGSt 68 212, 213 – recht weitgehend – den Händler, dem gegensätzliche Gutachten zur Echtheit eines Kunstwerks vorliegen, verpflichtet, den Käufer auf die Existenz des die Unechtheit bescheinigenden Gutachtens hinzuweisen. Jedenfalls muss der Kunsthändler über die Unechtheit aufklären, wenn er von ihr aufgrund

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Vgl. BGHSt 6 198, 199; RGSt 70 151, 155; zustimmend Blei II S. 224; Lackner/Kühl aaO (für „ganz eindeutige Fälle“); Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 44 („eng umrissene Ausnahmefälle“); grundsätzlich auch Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 49; ablehnend dagegen Fischer Rdn. 51; Gauger S. 216; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 353; Küper BT S. 292; Mitsch BT 1 § 7, 28; Otto BT § 51, 20; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 506. BGHSt 39 392, 401 mit Anm. Joerden JZ 1994 422 ff und Bespr. Naucke NJW 1994 2809; BGH NJW 1995 539, 540 mit Bespr. Deutscher/Körner JuS 1996 300; OLG Stuttgart NStZ 2003 554; zustimmend Joecks Rdn. 38; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 353; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 23; Welzel S. 369. Ausführlich Kamberger S. 260 ff. – Bei laufenden engen Geschäftsbeziehungen bejaht die Rechtsprechung aber teilweise weiter eine Garantenstellung aus Treu und Glauben: BGH StV 1988 386;

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nicht allerdings bereits bei wiederholtem Vertragsschluss: BGH wistra 1992 298 (f). BGH NJW 1995 539, 540 mit Bspr. Deutscher/Körner JuS 1996 301; BGH wistra 1988 262; Beukelmann in von HeintschelHeinegg Rdn. 21; Duttge in Dölling/Duttge/ Rösner Rdn. 21; Krey/Hellmann aaO; Maaß S. 141 ff; Satzger S/S/W Rdn. 62; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Seelmann NJW 1980 2547; Sonnen BT S. 160; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 42. BGHSt 30 177, 181 f mit Anm. Scheu JR 1982 121 und Seelmann NJW 1981 2132; OLG München NJW 1980 794, 795 mit Anm. Hohenlohe-Oehringen BB 1980 231; aA OLG Hamburg NJW 1980 2593 mit Anm. Sonnen NStZ 1981 24; KG NJW 1981 471, 472; Hefendehl MK Rdn. 166 f; Otto BT § 51, 19 und WM 1988 730, 731; Otto/ Brammsen Jura 1985 592, 598; Pawlik S. 155, 174; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31b; Seelmann NJW 1980 2547 ff; Worms wistra 1984 128.

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objektiver Kriterien positive Kenntnis hat (Würtenberger S. 94 mit Nachw.; Locher Das Recht der bildenden Kunst, 1970, S. 187 f; vgl. auch oben Rdn. 36). – Im Versicherungswesen rechtfertigt sich aufgrund der zivilrechtlichen Ausgestaltung als Gefahrengemeinschaft (vgl. Tiedemann LK § 265 Rdn. 19 f mit Nachw.) die Annahme einer Mitteilungspflicht des Versicherungsnehmers, der einen vermeintlich verlorenen oder entwendeten Gegenstand nachträglich wieder auffindet, gegenüber seiner Versicherung.130 Pawlik S. 175 stellt hierzu auf das legitimierende Kriterium ab, dass der finanzielle Aufwand einer umfassenden Kontrolle der Versicherung über den Versicherungsnehmer den Bereich der der Versicherung obliegenden Selbstsorge begrenze. Teilweise wird auch allgemein auf die „grundlegende Bedeutung“ eines Umstandes 67 für die Entschließung und das Verhalten eines Vertragspartners abgestellt (Strafkammer Bremen JZ 1967 370, 371 mit Anm. Naucke; Lackner LK10 Rdn. 65 mit dem Beispiel des Verschweigens des Wegfalls der „Geschäftsgrundlage“ zwischen Abschluss und Abwicklung des Vertrages). Soweit hierzu das Verschweigen bestehender Zahlungsunfähigkeit bei Vertragsschluss (LG Mannheim MDR 1955 504) und der Verkauf eines nicht als solches bezeichneten Unfallkraftfahrzeuges (OLG Nürnberg MDR 1964 693 f) gerechnet werden (so Strafkammer Bremen aaO S. 371), liegt in Wahrheit bereits konkludentes Tun vor (vgl. Rdn. 38 und 64). Bei grundlegender Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nach Empfang der Vorleistung wollte insbesondere BGHSt 6 198, 199 eine Rechtspflicht zur Offenbarung der Verschlechterung annehmen; diese Entscheidung wird meist für bedenklich gehalten (z.B. von Fischer Rdn. 51), orientiert sich aber im Grundsatz zutreffend an der Regelung des Gegenleistungsrisikos durch § 321 BGB. Wenn dieser normative Orientierungspunkt heute im Betrugsstrafrecht überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur BGH StV 1988 386 f), bleibt für die Begründung einer Offenbarungspflicht für wesentliche oder grundlegende Umstände nach Vertragsschluss wenig Raum; vor und bei Vertragsschluss bilden diese Umstände wiederum regelmäßig bereits den Gegenstand einer konkludenten Täuschung (oben Rdn. 38). – Keine eigene Kategorie für die Annahme einer Garantenstellung im Rahmen des Obergesichtspunktes von Treu und Glauben bilden schließlich „besondere Umstände im zwischenmenschlichen Bereich“ (so aber OLG Düsseldorf NJW 1969 623, 624 mit Anm. Deubner und OLG Celle wistra 2010 278, 279 f unter Bezugnahme auf BGHSt 39 392, 401). In Betracht kommen insoweit allenfalls Kriterien der engen Lebensgemeinschaft mit Schutzpositionen für das Vermögen des jeweiligen Partners (Gössel 2 § 21, 66; weitergehend Jagusch LK8 Anm. I 2d für Freundschaften). Übrigens haben im Ergebnis sowohl die Strafkammer Bremen aaO als auch OLG Düsseldorf und OLG Celle, je aaO, in Fällen von Überzahlung eine Offenbarungspflicht zutreffend abgelehnt (ebenso OLG Köln NJW 1980 2366 f mit zust. Bspr. Volk JuS 1981 880); es geht insoweit um den Bereich und das Orientierungsrisiko des Zahlenden (vgl. bereits oben Rdn. 64; Pawlik S. 159).

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4) Schließlich kann eine Garantenstellung auch aus Ingerenz und sonstiger Gefahrbeherrschung entstehen. Der erstere Gesichtspunkt wird für alle pflichtwidrig, aber gutgläubig abgegebenen Erklärungen relevant und verpflichtet bei nachträglicher Erkenntnis der Unrichtigkeit bis zum Zeitpunkt des rechtlichen Pflichtenendes zur Richtigstellung,131

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RGSt 70 225, 227 stützte die Aufklärungspflicht dagegen auf Treu und Glauben. Wie hier Fischer Rdn. 50, der allerdings den Aspekt des voraufgegangenen Tuns betont. Rengier BT I § 13, 34 nimmt ein besonderes

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Vertrauensverhältnis an. Ablehnend insbes. Hefendehl MK Rdn. 171 m.w.N. Gössel 2 § 21, 68; Lackner LK10 Rdn. 67; Mitsch BT 1 § 7, 31; Otto BT § 51, 19; Satzger S/S/W Rdn. 56; Sch/Schröder/Cramer/

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also bis Zugang der Willenserklärung beim Adressaten, Eintragung einer Anmeldung zum Handelsregister, Veröffentlichung einer publizitätspflichtigen Bilanz usw. Bis zu diesen Ereignissen besteht die Ingerenzhaftung auch für Tatsachenbehauptungen, die nachträglich unrichtig geworden sind (Kindhäuser Rdn. 87). Nach diesen Zeitpunkten besteht kraft Beherrschung der Informationsquelle bei qualifizierten Erklärungen, die sich durch den Anspruch auf Vollständigkeit und fachgerechte Übersicht über die Vermögensverhältnisse auszeichnen (z.B. §§ 264a Abs. 1, 265b Abs. 1 Nr. 1a StGB; §§ 399, 400 AktG, 82 GmbHG), ebenfalls eine Berichtigungspflicht; der Erklärende hat insoweit dafür zu sorgen, dass seine Erklärung wahr bleibt, bis ihr Zweck erreicht ist (zust. Fischer Rdn. 50; Hillenkamp JR 1988 303: „Wissensmonopol“; Rengier JuS 1989 807: „Organisationskreis“; ebenso Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rdn. 27; aA Satzger S/S/W Rdn. 56 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 20). – Dementsprechend sind die Fälle objektiv unrichtiger Annahme von Eigenbedarf bei der Kündigung eines Mietverhältnisses (zum nachträglichen Wegfall des zunächst gegebenen eigenen Bedarfs bereits Rdn. 58 und 63) oder versehentlich unrichtige Angaben zu Zahl und Gewicht verladener Schweine in einem Frachtbrief der Reichsbahn (RG HRR 1939 Nr. 473, allerdings unter Ableitung der Berichtigungspflicht aus Treu und Glauben) zu beurteilen. Auch den für den unrichtigen Prospektinhalt Verantwortlichen trifft nach Erkenntnis der Unrichtigkeit die Pflicht, der Gefahr betrügerischen Anwerbens weiterer Kommanditisten entgegenzuwirken (BGHR § 263 Abs. 1 Täuschung 4). Dagegen verpflichtet die nachträgliche Erkenntnis bestehender Zahlungsunfähigkeit nicht zur Warnung des Vertragspartners vor Erbringung weiterer Leistungen, es sei denn, es liege eine laufende Geschäftsverbindung oder ein besonderes Vertrauensverhältnis (BGH StV 1988 386 f) oder ein Widerspruch zum Vorverhalten vor (Kindhäuser FS Tiedemann S. 583 mit Nachw.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 353a für Geschäftsplanänderung). In weiteren Fällen ist umstritten, worin der Maßstab der Pflichtwidrigkeit bei der Behandlung des gefährdenden Vorverhaltens gefunden werden soll. Eine manipulative Einwirkung auf Sachen mit der Folge einer Garantenstellung aus Ingerenz soll z.B. bei dem Übertünchen von Hausschwamm jedenfalls dann gesehen werden, wenn dies im Hinblick auf laufende oder in Aussicht genommene Verkaufsverhandlungen vorgenommen wird.132 Demgegenüber gibt es nach Pawlik S. 186 keine Rechtsnorm, die dem Eigentümer einen derartigen Umgang mit seinem Eigentum verböte. Die Pflichtwidrigkeit ergibt sich hier jedoch aus dem (inneren) Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses unter dem Gesichtspunkt einer Vermeidung der Sachmängelhaftung. Exakter ist es freilich, in der späteren Abgabe ausdrücklicher Erklärungen im Zusammenhang mit der Besichtigung des Hauses durch den Käufer eine konkludente Täuschung zu erblicken (vgl. oben Rdn. 23 und 37). Ein weiteres Beispiel ist der Supermarktkunde, der unter den an der Kasse vorgezeigten Waren oder am Körper weitere Gegenstände verbirgt. Soweit hier wegen fehlenden Zusammenhanges keine konkludente Täuschung angenommen und nur Raum für eine Täuschung durch Unterlassen gesehen wird (Rdn. 50), kann jedenfalls an der Pflichtwidrigkeit und Gefährlichkeit des Verbergens als Vorverhalten schwerlich gezweifelt werden. Wenn insoweit insbesondere Pawlik (S. 186 f) die Ablehnung eines Betruges durch Unterlassen darauf

Perron Rdn. 20; Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rdn. 27. Allgemein dazu Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 98 m.w.N.; speziell zum Rechtsanwalt im Zivilprozess Häcker in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 96, 57 mit Nachw.

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So Fischer Rdn. 50; Ranft Jura 1984 729; weitergehend Gössel 2 § 21, 64; zweifelnd Hefendehl MK Rdn. 169.

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stützen will, dass kein originäres Mitteilungsrecht des Vermögensinhabers verletzt werde, so findet diese Begründung ihren Grund letztlich in Erwägungen fehlenden Selbstschutzes des Supermarktinhabers gegenüber Diebstählen (vgl. Pawlik S. 87 m.w.N.). Beispiel einer manipulativen Einwirkung auf Personen ist die gegen das GWB ver69 stoßende Einflussnahme auf den Mitbewerber bei einer Ausschreibung (Submission), kein oder ein überhöhtes Angebot abzugeben. Die von dem Bewerber selbst stammende ausdrückliche Erklärung, das Angebot sei unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen, ist unrichtig; bei Fehlen einer solchen Erklärung liegt eine pflichtwidrige gefährdende Vorhandlung vor, da die wettbewerbswidrige Einflussnahme auf den Mitbewerber das Vermögen des Ausschreibenden konkret gefährdet (RGSt 63 186, 188; Satzger ZStW 109 [1997] 375 m.w.N.; aA BGHSt 16 367, 373 f). Richtigerweise ist hier aber bereits eine konkludente Täuschung anzunehmen (Rdn. 39). Dagegen ist die Einstellung von Arbeitnehmern kein pflichtwidriges Vorverhalten, das den Arbeitgeber (zusätzlich zu § 28a SGB IV, vgl. Rdn. 57) gegenüber der AOK zur Anmeldung der Arbeitnehmer verpflichtete. Die Frage einer solchen Pflicht ist für die Betrugsstrafbarkeit insofern aber auch ohne Bedeutung, als bei teilweiser Anmeldung bereits eine konkludente Täuschung vorliegt (Rdn. 29) und bei totaler Nichtanmeldung ein Betrug mangels Irrtums (Rdn. 57 und 78) ganz ausscheidet und lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 SGB IV vorliegt.133 Auch das Auszahlungsbegehren des Bankkunden bei Fehlbuchungen auf seinem Konto (Rdn. 41) ist nach h.M. keine pflichtwidrige Gefahrschaffung (aA Joerden JZ 1994 422, 423); jedenfalls ist es keine der Täuschung voraufgehende Vorhandlung. Die wohl h.M. sieht in vorsätzlich-täuschenden Erklärungen stets eine pflichtwidrige, 70 das Vermögen des Adressaten gefährdende Handlung. Wer daher ein missverständliches Werbeangebot zur Aufnahme in ein Branchenverzeichnis versendet, das als Rechnung für bereits erschienene Inserate verstanden werden kann, nimmt nach den Rdn. 25 dargelegten Maßstäben eine pflichtwidrige Täuschung vor, die bei nachfolgender Schädigungsabsicht dazu verpflichtet, den Adressaten nunmehr mitzuteilen, dass das Branchenverzeichnis nicht gedruckt werden wird (OLG Stuttgart NJW 1969 1975; Gössel 2 § 21, 68). Ist das Angebot objektiv nicht missverständlich, wird aber vom Empfänger (subjektiv) missverstanden, so bleibt für die Annahme einer Aufklärungspflicht kein Raum. Aus Gefahrbeherrschung (Verkehrssicherung) folgt vor allem das strafrechtliche Ein71 stehenmüssen des Unternehmers für das Verhalten seiner Angestellten und Vertreter, die Betrugshandlungen bei der Anbahnung und Abwicklung von Geschäften für das Unternehmen begehen.134 Diese früher in § 4 Abs. 2 UWG für die irreführende Werbung ausdrücklich niedergelegte und für hoheitliche Tätigkeitsbereiche in § 357 normierte Überwachungsposition des Prinzipals bzw. Vorgesetzten findet ihren Grund in dessen Direktions- und Weisungsrecht, das auch gegenüber vollverantwortlichen („mündigen“) Nachgeordneten eine Kontrollpflicht begründet (vgl. BGH wistra 2012 64 ff Rdn. 13; Tiedemann in Immenga/Mestmäcker, GWB2 Rdn. 53 vor § 38 m.w.N.; auch BGHSt 30 177, 181). Selbstverständlich kann es dabei im Rahmen des § 263 nur um solche betrüge133

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Dazu BGH wistra 2010 408 (f); Hefendehl MK Rdn. 158; Lackner/Kühl Rdn. 18; 13a; aA Franzheim wistra 1987 313, 314 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21 m.w.N. – Vgl. auch unten Rdn. 78. Vgl. BGHSt 30 177, 181 und wistra 2012 64 ff Rdn. 13 ff m.w.N.; Satzger S/S/W

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Rdn. 57; allgemein dazu Lascurain in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 35 ff; Otto Jura 1998 409 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 183 ff; Tiedemann/Vogel JuS 1988 295, 299; krit. Weigend LK § 13 Rdn 56 m.w.N. – Vgl. auch § 8 Abs. 2 UWG.

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rischen Handlungen gehen, von denen der Prinzipal bzw. Vorgesetzte Kenntnis hat (§ 16; weitergehend § 130 OWiG) und die er daher verhindern kann. Auch muss nach allgemeinen Kriterien festgestellt werden, ob der Prinzipal bzw. Vorgesetzte Täter oder nur Teilnehmer an dem Betrug des anderen ist. Bei fehlender Täterschaft der Angestellten (usw.) kommt eine Zurechnung ihrer Handlungsteile gegenüber dem Prinzipal und dessen eigene Täterschaft in Betracht (vgl. auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 159). Mangels einschlägiger Aufsichts- und Kontrollrechte sowie -pflichten kommt dagegen 72 nach heute gesicherter Ansicht keine Unterlassungstäterschaft des einen Ehepartners für die von dem anderen begangenen Betrugshandlungen in Betracht.135 Auch verpflichtet die Einstellung eines bisher arbeitslosen Arbeitnehmers den Arbeitgeber nicht zu einer Unterrichtung des Arbeitsamtes, wenn er weiß, dass der Arbeitnehmer weiter Arbeitslosengeld bezieht.136 Diese Ergebnisse sind Folge der Personenautonomie, von der auch das Strafrecht ausgeht. 5) Die nach § 13 für die Strafbarkeit wegen Unterlassens weiter erforderliche Gleich- 73 stellung mit positivem Tun wird nach der Rechtsprechung bereits und allein durch das Bestehen der Garantenstellung und der Offenbarungspflicht erreicht.137 Bei gleichem Ausgangspunkt wollen Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 19) und Maaß (S. 32 ff) dagegen dem Entsprechenserfordernis dadurch Rechnung tragen, dass an das pflichtbegründende Vertrauensverhältnis erhöhte Anforderungen gestellt werden (zust. Hefendehl MK Rdn. 196 m.w.N.). Danach wäre eine gesonderte Entsprechensprüfung nur bei Ingerenz erforderlich (ebenso schon Lackner LK10 Rdn. 70; zust. Lackner/Kühl Rdn. 15 und Satzger S/S/W Rdn. 65; ebenso Haft/Hilgendorf BT I S. 87), für die Maaß (S. 46) täuschendes Vorverhalten verlangt, während Lackner aaO nur fordert, dass der Irrtum des Opfers „auf den Täter als falsche Informationsquelle zurückführbar ist“. Die wohl h.L. sieht dagegen § 263 als sog. verhaltensgebundenes Delikt an (vgl. 74 bereits Rdn. 3), bei dem das Gesetz die Art und Weise der Erfolgsherbeiführung näher beschreibt, und verlangt daher eine zusätzliche Feststellung dafür, warum das pflichtwidrige Unterlassen der Aufklärung der aktiven „Täuschung“ gleichwertig sein soll.138 Für diese sog. Modalitätenäquivalenz werden unterschiedliche Auffassungen und Kriterien vertreten, die teilweise zu einer starken Einschränkung der Strafbarkeit führen und durchweg an ein positives Tun anknüpfen. Extrem einschränkend wirkt neben der Ansicht Kargls (ZStW 119, 2007, 250, 268) die Auffassung Herzbergs,139 der das wesentliche Element der Täuschung in der Lüge sieht, die voraussetzt, dass der Täter „etwas Falsches erklärt“. Daraus folge, dass auch das Unterlassen einen Erklärungswert haben müsse. Diese Deutung lässt die Rechtsfigur des Betruges durch Unterlassen nahezu bedeutungslos werden, da der Erklärungswert bereits für eine konkludente Täuschung durch positives Tun konstitutiv ist (Rdn. 22). Dagegen will Samson140 für vertragliche und vorvertragliche Beziehungen den für das konkludente Tun hinnehmbaren Verzicht auf einen realen Erklärungswillen auf das Unterlassen übertragen und erachtet in diesem

135 136 137

Vgl. nur OLG Stuttgart NJW 1986 1767, 1768 f mit Nachw.; Gössel 2 § 21, 68. OLG Braunschweig NJW 1962 314 ff; Lackner LK10 Rdn. 66. Fischer Rdn. 52; Hefendehl MK Rdn. 193; Lackner/Kühl Rdn. 15 mit Nachw. – Im Ergebnis ebenso Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 357 und Roxin AT II § 32, 230.

138 139

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Gössel 2 § 21, 69; Haft BT S. 204; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 49. Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip (1972) S. 70 ff; dazu und dagegen Lackner LK10 Rdn. 69; auch Seier S. 407 ff. Zustimmend aber Jakobs AT Abschn. 29/80 und Klawitter S. 87 ff. Strafrecht II S. 193, 201 (Fall 13).

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Bereich positives Tun und Unterlassen als gleichwertig, soweit es um die Gewährleistung eines Minimums an Redlichkeit im Verkehr im Wege einer Verteilung des Orientierungsrisikos geht. Dem stimmt Lackner (LK10 Rdn. 69) für diesen Bereich zu, dehnt ihn aber auf Garantenstellungen kraft Gesetzes und kraft öffentlich-rechtlichen Verhältnisses aus. Bei der Beherrschung von Gefahrenquellen (wie im Fall RGSt 59 299, 305, dazu Rdn. 71) komme es darauf an, ob das Schweigen (des Prinzipals) „als Bestätigung der falschen Information erscheint“, die von den Unternehmensangestellten oder -vertretern abgegeben worden sind (enger Maaß S. 37). Dies ist zutreffend, weil die aus dem Unternehmen heraus begangenen Handlungen auch strafrechtlich als solche des Unternehmens und damit des Unternehmensträgers oder -inhabers erscheinen (vgl. BGHSt 37 106, 114).141 Aber auch insgesamt ist die Auffassung Lackners überzeugend, da und soweit sie an ein positives (Erklärungs-)Verhalten des Täters anknüpft. Ausgeschieden werden damit allerdings überwiegend nur Fälle, in denen allein eine Garantenstellung zum Schutz des Vermögens in Frage steht; das von Lackner (aaO Rdn. 70) hierfür gegebene Beispiel des Geschäftsführers im Verhältnis zum Geschäftsherrn leidet darunter, dass auch hier vertragliche Beziehungen eine Rolle spielen. Insgesamt dient in dem breiten Bereich vertraglicher und vertragsähnlicher Verhältnisse der „positive Kontakt mit dem Partner“ (Lackner aaO Rdn. 69) ähnlich der zivilrechtlichen Lehre vom sozialen Kontakt als Grundlage für die Gleichbewertung von Tun und Unterlassen.

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6) Möglichkeit und Zumutbarkeit der Abgabe einer Erklärung sind entsprechend den allgemeinen Voraussetzungen für die Strafbarkeit unechten Unterlassens auch für den durch Unterlassen begangenen Betrug konstitutiv (zust. Hefendehl MK Rdn. 197; näher Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 349, je m.w.N.). Als Problem der Unzumutbarkeit wird vor allem die Frage erheblich, ob eine rechtlich gebotene Aufklärung und Offenbarung auch dann vorzunehmen ist, wenn der Täter damit zugleich eine eigene Straftat (oder Ordnungswidrigkeit oder ein von ihm begangenes Disziplinarvergehen) aufdecken müsste. In Übereinstimmung mit der allgemeinen Lösung dieser Frage bei den Unterlassungsdelikten wird die Annahme von Unzumutbarkeit insoweit auch für § 263 von der h.M. verneint, da das natürliche Recht auf Selbstschutz „dort aufhört, wo zur Verdeckung eigener Straftaten in die übrige Strafrechtsordnung eingegriffen werden müsste“ (BGHSt 3 18, 19 und bei Lackner/Kühl Rdn. 13).142 Das nemo tenetur-Prinzip gilt also grundsätzlich nur für die prozessuale (Vernehmungs-)Situation (unrichtig Lingens NZWehrR 1999 70 mit Nachw. zu dem Rdn. 57 genannten Fall einer Verpflichtung von Soldaten zur „Selbstbezichtigung“). Die von Lackner aaO erörterte Ausnahmekonstellation, dass im Einzelfall der durch das Unterlassungsdelikt verursachte Vermögensschaden nur noch eine Vertiefung des Schadens bedeutet, den schon die vorausgegangene (verdeckte) Straftat angerichtet hat, und somit „kein völlig neues Unrecht vorliegt“, wird nur selten praktisch werden, da in diesen Fällen eine selbständige Strafbarkeit unter anderen Gesichtspunkten – insbesondere des mitbestraften Sicherungsbetruges (unten Rdn. 325) oder als Bestandteil eines gestreckten Betruges (unten Rdn. 165 und 201 f) – ausscheidet. Je nach den Umständen des Einzelfalles (BGH NStZ 1984 164) setzt die Zumutbarkeit dagegen der Verpflichtung des Sozialleistungsempfängers Grenzen, wenn er der zuständigen Stelle

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Vgl. dazu hier nur Tiedemann in Schoch/ Stoll/Tiedemann, Freiburger Begegnung – Dialog mit Richtern des Bundesgerichtshofs (1996) S. 30, 45 f. Ebenso OLG Köln JMBl NRW 1983 184,

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186; Hefendehl MK Rdn. 197; Krey/Hellmann BT 2 Rdn 372; Lackner/Kühl Rdn. 13; aA AG Tiergarten NStZ 1994 243 f.

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nach § 60 SGB I die Veränderung der Verhältnisse mitgeteilt hat und gleichwohl weiter Leistungen überwiesen werden (OLG Stuttgart Justiz 1992 185, 186; allgemein dazu auch OLG Köln NJW 1984 1979 f).

III. Der Irrtum Die Täuschungshandlung muss zur Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums führen, 76 also für diesen kausal sein. Die bloße „Ausnutzung“ eines bestehenden Irrtums ist straflos (vgl. bereits oben Rdn. 39; näher Rdn. 95). Da das Gesetz nur die erfolgreiche Täuschung (als betrugsspezifische „Überlistung“) meint, übernimmt das Irrtumserfordernis neben der inneren Verbindung zur Vermögensverfügung auch die Aufgabe, ungeeignete (ungefährliche) Täuschungshandlungen als irrelevant auszuscheiden. – Der Begriff des Irrtums ist inhaltlich vor allem nach seinem Bezugspunkt, aber auch hinsichtlich der erforderlichen Intensität der Vorstellung klärungsbedürftig: 1. Begriff und Definition. Irrtum wird üblicherweise als Widerspruch zwischen sub- 77 jektiver Vorstellung und objektiver Wirklichkeit definiert (zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33 mit Nachw.). Genau genommen muss aber zu der Vorstellung die Überzeugung hinzukommen, die Vorstellung entspreche der Wahrheit („für wahr Halten“: Lackner LK10 Rdn. 79; vgl. auch unten Rdn. 83). Da sich die Täuschung nur auf Tatsachen beziehen kann (Rdn. 9 ff), hat auch der durch die Täuschung hervorgerufene oder unterhaltene Irrtum notwendigerweise Tatsachen zum Gegenstand. Diese Begrenzung auf Tatsachen-Irrtümer ist ebenso unstreitig wie die Einbeziehung von nur teilweise falschen Vorstellungen (OLG Celle NJW 1994 142; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 34 und 35). Auch ergibt sich aus dem Erfordernis von Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum (unten Rdn. 93 ff), dass sich der Irrtum auf diejenigen Tatsachen beziehen muss, die dem Opfer vorgespiegelt wurden oder über die es garantenpflichtwidrig nicht aufgeklärt wurde; der Irrtum muss also der Täuschung „entsprechen“ (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 35). Dagegen ist zweifelhaft, wie die psychische Realität des Irrtums theoretisch zu bestimmen und praktisch festzustellen ist. Diese Frage ist erst in neuerer Zeit aufgeworfen und einer jedenfalls teilweisen Klärung zugeführt worden. Die früher pauschale, ja fiktive Behandlung des Irrtumserfordernisses findet insbesondere in der französischen Rechtsprechung eine bemerkenswerte Parallele (Rdn. 65 Vor § 263; T. Walter S. 176 ff mit Nachw.). a) Nur wenig streitig ist zunächst, ob anstelle oder neben der positiven (Fehl-)Vorstel- 78 lung von einer Tatsache auch – wie bei § 16 Abs. 1 – das bloße Fehlen der Vorstellung, also die Unkenntnis, ausreicht. Die überwiegende Meinung verneint dies zutreffend und lehnt damit auch die Relevanz der ignorantia facti ab:143 Wer sich keinerlei Vorstellung von den relevanten Tatsachen macht, irrt nicht. Lackner (LK10 Rdn. 76) begründet dieses Ergebnis damit, dass das für den Betrug charakteristische Angriffsmittel der Überlistung eines anderen nur dann gegeben ist, wenn dieser unter dem Einfluss der Täuschung als

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Bockelmann BT/1 S.70; Eisele BT II Rdn. 514; Haft BT S. 206; Hefendehl MK Rdn. 199; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 379; Küper BT S. 227; Lackner/Kühl Rdn. 18; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 55;

Mitsch BT 1 § 7, 56 (einschränkend bei Fn. 205); Rengier BT I § 13, 49; Sonnen BT S. 161; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 508 m.w.N.

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intellektueller Einwirkung auf sein Vorstellungsbild eine Fehlvorstellung entwickelt und durch sie zu einer Verfügung motiviert wird; auch bei der garantenpflichtwidrigen Täuschung durch Unterlassen muss eine positive Fehlvorstellung aufrechterhalten (nach dem Gesetzeswortlaut: „unterhalten“) werden (zust. Küper BT S. 228; krit. dazu Frisch FS Bockelmann S. 666). Das ist richtig. Allerdings fehlt es bei der ignorantia facti, z.B. beim blinden Passagier, häufig schon an einer Täuschungshandlung (oben Rdn. 23). Die praktische Ausbeute bei der Bestimmung des Irrtumsmerkmals durch seine Rückführung auf die Angriffsform der Überlistung ist daher relativ gering (zutr. Sieber Computerkriminalität 2/3 f), „degradiert“ das Irrtumsmerkmal aber entgegen Amelung (GA 1977 1 f) und Frisch (aaO S. 650) keineswegs. Die insbesondere von Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 36 f) vertretene Gegenauffassung,144 welche die bloße Unkenntnis in den Irrtumsbegriff einbezieht, ist teilweise gezwungen, zusätzliche Differenzierungen und Umwege einzuführen, um dieselben Ergebnisse zu begründen (Küper BT S. 227 f). Der Vorschlag von Vogel (§ 7 IV 6a), die ignorantia facti bei solchen gesetzlichen Garantenpflichten ausreichen zu lassen, die der Behebung einer ignorantia facti zu dienen bestimmt sind, hat zwar den Vorteil, die Rdn. 79 a.E. diskutierten Fälle elegant(er) zu lösen und Wertungswidersprüche zwischen dem völligen Unterlassen jeder Mitteilung und dem nur gelegentlichen (teilweisen) Unterlassen zu vermeiden. Jedoch ist die Sonderbehandlung einer einzigen Kategorie systematisch nicht überzeugend. Auch die neuere BGH-Rechtsprechung verneint zutreffend das Vorliegen eines Irrtums, wenn ein Unternehmen seine Arbeitnehmer überhaupt nicht zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung bei der AOK anmeldet und das Unternehmen daher der örtlichen AOK als Einzugsstelle „gar nicht bekannt war“ (BGH wistra 1992 141 [f] und wistra 2010 408 [f]; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 37 m.w.N.).

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b) Umstritten ist, wie konkret die erforderliche positive Fehlvorstellung von Tatsachen sein muss. Entgegen Naucke (S. 113) muss die Fehlvorstellung nach ganz h.M. nicht mit der vorgespiegelten Tatsache inhaltsgleich sein; die Fehlvorstellung kann vielmehr „sehr viel allgemeiner sein“, sofern sie nur die vorgespiegelte Tatsache mit einschließt (Lackner LK10 Rdn. 78). Ausreichend ist nach h.M. jedenfalls eine „ungefähre Vorstellung“, z.B. dahingehend dass der Käufer den Kaufpreis zahlen könne oder dass der verkaufte PKW keinen die Fahrbereitschaft beeinträchtigenden Mangel aufweise (Hoyer SK Rdn. 64). Nicht ausreichend, da nicht auf Tatsachen bezogen, ist dagegen das allgemeine Gefühl beruhigender Sicherheit oder Zuversicht (Lackner aaO); Pawlik S. 222 spricht insoweit von einem diffus-undifferenzierten Allgemeinvertrauen. Zwischen diesen Polen bewegt sich die wichtige Deputatkohlen-Entscheidung BGHSt 2 325, 326, die es als Irrtum ausreichen lässt, dass das Opfer als selbstverständlich davon ausgehen muss, dass der Antragsteller die ihm zugeteilte Kohle tarifvertragsgemäß zu dem im Vertrag vorausgesetzten Zweck (Eigenverbrauch) beantragt, und so zu der berühmten Formel von der Vorstellung des Opfers, es sei „alles in Ordnung“ geführt hat (krit. u.a. D. Geerds S. 89 f). Typischerweise betrifft diese Entscheidung einen Fall massenhafter Vergabe von Subventionsleistungen, bei denen eine Annäherung an die Grundsituation der §§ 264, 265a vorliegt, nämlich eine individuelle Kontrolle (etwa der Verwendung von Deputatkohle bzw. der Absicht der Verwendung) nicht stattfindet. Überwiegend wird die Formel „alles in Ordnung“ im Schrifttum gebilligt, weil und soweit sie „auf einen bestimmten Tatsachenkomplex gründet, mit dem die vorgetäuschte Tatsache nicht

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So auch OLG Celle MDR 1957 436 f; Gössel 2 § 21, 74 ff; Hefendehl MK Rdn. 200;

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Kindhäuser Rdn. 97 und NK Rdn. 170 ff; dazu Frisch FS Herzberg (2008) 731 ff.

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vereinbar ist“ (Lackner aaO).145 Zu Recht weist Sieber (Computerkriminalität 2/6) darauf hin, dass dies dem vom Gesetz geforderten Bezug der Täuschung auf bestimmte Tatsachen (oder einen bestimmten Tatsachenkomplex) entspricht. Kontrollen sind daher für die Fehlvorstellung zwar indiziell, aber nicht erforderlich; ausreichend ist vielmehr eine konkrete Festlegung des Rahmens des in Frage stehenden Lebensvorgangs durch Gesetz, Rechtsgeschäft oder Sozialüblichkeit (Lackner aaO; zust. Sieber aaO). Wo diese normativen Maßstäbe die Annahme einer konkludenten Täuschung rechtfertigen (oben Rdn. 29 ff), wird auch das allgemeine Gefühl des Opfers, es sei alles in Ordnung, genügen (zust. Fischer Rdn. 62, der von „als selbstverständlich angesehenen Verhaltensmustern“ spricht; ähnlich Hefendehl MK Rdn. 201 und 216; vgl. wiederum BGHSt 2 325, 326 und 24 386, 389; näher unten Rdn. 83 und 91 m.w.N.). Um so wichtiger ist für die Abgrenzung (auch gegenüber §§ 264, 265a) das Erfordernis kommunikativer Einwirkung auf das Opfer. Dokumentieren Behördenakten oder Buchführungsunterlagen, Schadensakten usw. bestimmte Tatsachen, deren Veränderung Maßnahmen des Leistenden nach sich ziehen muss, so ist gegenüber rechtspflichtwidriger Nichtanzeige von Veränderungen (z.B. der Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosen- oder Kindergeld oder Wiederfinden eines diebstahlsversicherten und von der Versicherung ersetzten Gegenstandes) das allgemeine Gefühl der Leistungsträger von der Ordnungsmäßigkeit ausreichend (BGH bei Lackner aaO; RGSt 70 225, 227). Im Ergebnis besteht daher die bereits früher konstatierte „Pauschalierung des Irr- 80 tumserfordernisses“ (Tiedemann Subventionskriminalität S. 303) fort und wirkt trotz Bezuges auf eine bestimmte Tatsachenbasis so weitgehend, dass greifbare Korrekturen im Allgemeinen entweder bereits über das Täuschungserfordernis (dazu Rdn. 50) oder aber über das Kausalitätserfordernis (dazu unten Rdn. 93 ff) erfolgen müssen. Daher will Pawlik S. 227 ff den Irrtum überhaupt nicht mehr als psychologischen Sachverhalt, sondern genuin normativ verstehen (vgl. auch Frisch FS Bockelmann S. 666 und FS Herzberg S. 737). Dies geht trotz unverkennbar normativer Ausrichtung (der Täuschung und) des Irrtums bei konkludenter Täuschung und Täuschung durch Unterlassen durch die h.M. insgesamt zu weit und ist mit dem Gesetzeswortlaut, also auch mit Art. 103 Abs. 2 GG, schwerlich vereinbar: „Jedenfalls im Rahmen menschlicher Entscheidungen, deren Genese nicht normativiert ist, stellt der Irrtum einen psychologischen Tatbestand dar“ (T. Walter S. 171). Entsprechend ist prozessual das Vorliegen eines Irrtums Tatfrage (BGH StV 1994 82, 83; Satzger S/S/W Rdn. 71; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33). c) Verfügt das Opfer über Sonderwissen und erkennt daher die Täuschung, so liegt 81 nach bisher allgemeiner Ansicht kein Irrtum des Opfers vor (vgl. nur BGH NStZ 2006 623; krit. Schuhr ZStW 123 [2011] 539 ff); es kommt nur Betrugsversuch in Betracht. Hiergegen bringt Pawlik S. 232 f vor, bei normativer Betrachtung könne trotz faktisch vorhandener Kenntnis ein für § 263 relevanter Irrtum z.B. bei einem Kfz-Ingenieur angenommen werden, der bei dem privaten Kauf eines Gebrauchtwagens für einen Bekannten aufgrund seines Expertenwissens erkennt, dass die vom Verkäufer über die Eigenschaften des Kfz gegebenen Auskünfte falsch sind. Diese Annahme gründet Pawlik darauf, dass das Opfer hier nicht in seiner Berufsrolle, sondern als Laie auftrete und daher die typisierte Erwartungsstruktur (und der Wahrheitsanspruch) am Maßstab des Laien zu orien-

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Blei II S. 226; Eisele BT II Rdn. 515; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 380 und 383; Küper BT S. 228; Rengier BT I § 13, 49; Seelmann NJW 1980 2550; T. Walter

S. 172; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 509; ebenso OLG Hamburg NJW 1983 768 f; aA Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 58 und Welzel S. 370.

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tieren ist. Eine solche Normativierung ist unvereinbar mit der hier (mit der h.M.) für ausdrückliche Täuschungen zugrunde gelegten Maßgeblichkeit psychisch-faktischer Gegebenheiten (vgl. bereits Rdn. 27; zust. Hefendehl MK Rdn. 225 und Satzger S/S/W Rdn. 70).

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d) Mit der Ausdifferenzierung, Anonymität und Arbeitsteiligkeit der heutigen Gesellschaft hängt die weitere, erst neuerdings diskutierte Frage zusammen, auf wessen Irrtum es bei Täuschungen gegenüber Körperschaften oder anderen Personenmehrheiten ankommt und ob bei Heranziehung von Vertretern und Hilfspersonen insbesondere zu Vertragsverhandlungen das Wissen dieser sachkundigen Personen (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw.) dem Verfügenden bzw. Geschädigten (Geschäftsherrn) zuzurechnen ist. BGH NJW 2003 1198, 1200 bezeichnete diesen Fragenkomplex als „noch wenig geklärt“; inzwischen liegen aber weiterführende Stellungnahmen und Entscheidungen vor, die freilich noch nicht zu einer die Opferseite betreffenden anerkannten Zurechnungslehre geführt haben: Nach dem Grundsatz, dass Irrender und Verfügender personenidentisch sein müssen (Rdn. 2 und 112; aA Schuhr ZStW 123, 2011, 533 ff), kommt es im Ausgangspunkt auf den Irrtum des im strafrechtlichen Sinne Verfügenden an, der in rechtlich verfassten Körperschaften regelmäßig zugleich verfügungsbefugt sein wird. Durchschaut dieser die Täuschung und verfügt er gleichwohl, so liegt nur Betrugsversuch vor (Rengier BT I § 13, 58). Bei seinem kollusiven Zusammenwirken mit dem Täter ist das Verhalten sub specie Betrug sogar straflos (Rengier aaO Rdn. 21d; vgl. aber für den Subventionsbetrug § 264 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und dazu Tiedemann LK § 264 Rdn. 38). – Irrt hingegen der Verfügende und irren auch die weiteren Vertreter oder Hilfspersonen, welche die Verfügung vorbereiten oder sonst an ihr mitwirken, so wird über die Annahme von Täterschaft kraft Organisationsherrschaft und/oder die auf Tatsachen gestützte Vorstellung des Verfügenden, es sei alles in Ordnung, regelmäßig ein Betrug anzunehmen sein. Rechtlich unerheblich ist es dagegen, wenn Personen in anderen Abteilungen der Behörde oder des Unternehmens (auf gleicher Ebene) Sonderwissen haben oder irren (OLG München NStZ 2009 156, 157). – Problematisch bleiben die Fälle, in denen zwar an sich ein Irrtum des Verfügenden vorliegt, jedoch Vertreter oder Hilfspersonen des Verfügenden über ein Wissen verfügen, das, hätte es dem Verfügenden zu Gebote gestanden, dessen Irrtum ausgeschlossen hätte. Auch hier will ein Teil des Schrifttums (z.B. Lackner/Kühl Rdn. 20; Satzger S/S/W Rdn. 84) an dem Grundsatz festhalten, dass es allein auf die Person des Verfügenden ankommt. Jedoch ist es denkbar, das Wissen von Repräsentanten dem Verfügenden zuzurechnen und in einer Gesamtschau einen betrugsrelevanten Irrtum abzulehnen (vgl. – auch zum folgenden – Tiedemann FS Klug S. 413). Eine derartige Wissenszurechnung kann im Zivilrecht an §§ 166, 278 und 831 BGB anknüpfen, aber weit über diese Einzelvorschriften hinaus aus dem normativen und von der Repräsentationstheorie unabhängigen Gedanken abgeleitet werden, dass derjenige, der einen anderen mit Entscheidungsgewalt betraut, um sich so besser am Rechtsverkehr beteiligen zu können, auch dessen Kenntnisse und Willensmängel gegen sich gelten lassen muss (grundlegend Richardi AcP 169 [1969] S. 385, 396 ff mit Nachw.; ferner Baum Die Wissenszurechnung, 1999, S. 474 ff; aus der Rechtspr. zuletzt OLG Hamm GmbHR 2011 1099 ff). Es besteht daher zivilrechtlich die anerkannte Möglichkeit, fremdes Wissen auch ohne Einräumung rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht zuzurechnen. Für die Übertragung dieses Gedankens auf das Strafrecht spricht, dass bei dem verwandten Problem des Dreiecksbetruges teilweise ausdrücklich hervorgehoben wird, dass derjenige, der eine Entscheidung auf einen Substituten abwälzt, auch das Risiko der Fehlentscheidung tragen und sich den Irrtum des Substituten zurechnen lassen müsse (Backmann S. 152). Auch kommt beim Dreiecksbetrug eine Strafbarkeit nicht nur bei

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rechtsgeschäftlicher Befugnis des irrenden Verfügenden, sondern auch dann in Betracht, wenn dieser „im Lager“ des Geschädigten steht und aufgrund seines schon vor der Verfügung vorhandenen tatsächlichen Näheverhältnisses zum Vermögen des Geschädigten imstande war, die Verfügung vorzunehmen (Rdn. 115; zust. in diesem Zusammenhang Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 528). In vorsichtiger Verallgemeinerung und insoweit in Übereinstimmung mit der Tendenz der Viktimodogmatik sowie auf der Grundlage der Lehre von den Verantwortungsbereichen (Rengier FS Roxin [2001] 824) könnte daher auch im Strafrecht die Zurechnung des Wissens eines Repräsentanten als ein allgemeines Prinzip bezeichnet werden, soweit es nicht um höchstpersönliche Tätermerkmale wie Vorsatz und Schuld geht, die aber gerade nicht die Opferseite betreffen (zust. Otto BT § 51, 27 sowie Jura 2002 611 und wohl auch Rengier BT I § 13, 59: „Irrtumseinheit“; aA Eisele BT II Rdn. 522 und ZStW 116, 2004, 28 f, der aber durchgehend die Lehre von der objektiven Zurechnung fruchtbar machen will, ähnlich Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 41a; dagegen wiederum Weißer GA 2011 337 ff und Schuhr ZStW 123 [2011] 521 f). Wissensvertreter des Opfers kann allerdings nur sein, wer nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiterzugeben. Dagegen ist unerheblich, ob er Vertretungsmacht hat, zum „Wissensvertreter“ bestellt worden ist oder ob der Geschäftsherr die Wissenszurechnung wollte (Tiedemann aaO S. 414). – Im Einzelnen sind freilich Differenzierungen angebracht. Bei Kollusion zwischen dem Täuschenden und einem die Täuschung durchschauenden, aber pflichtwidrig den Verfügenden (Geschäftsherrn) nicht aufklärenden Repräsentanten (so der Fall BayObLG NStZ 2002 91 f) wird die an sich mögliche Wissenszurechnung durch die Handlungszurechnung nach § 25 Abs. 2 überspielt, und es liegt ein mittäterschaftlicher Betrug vor (zust. Eisele BT II Rdn. 524 a.E. mit Nachw.; BayObLG aaO; Fischer Rdn. 68). Anders ist es, wenn der Repräsentant eine aktive (ausdrückliche oder konkludente) Täuschung durchschaut, aber den Verfügenden (Geschäftsherrn, Prinzipal) pflichtwidrig bewusst nicht aufklärt, ohne mit dem Täuschenden zu kolludieren; hier fehlt es an dem Zurechnungszusammenhang zwischen Täuschung und Irrtum des Verfügenden, da der Irrtumserfolg – ähnlich wie in den Retterfällen – einem fremden Verantwortungsbereich, dem des wissenden Repräsentanten, zugeordnet werden muss (allgemein hierzu Roxin AT I § 11, 111 ff). Es bleibt daher bei einem Betrugsversuch des Täuschenden, wenn er nicht erkennt, dass der Repräsentant die Täuschung durchschaut (zust. Eisele aaO). Praktisch bedeutsam ist dies etwa für Fälle, in denen der sachkundig beratene oder vertretene Vertragspartner über rechtlich oder steuerlich relevante Aspekte Gesichtspunkte des Geschäfts getäuscht wird und seine Berater oder Vertreter die Täuschung durchschauen, aber ohne Kollusion mit dem Täuschenden Stillschweigen wahren. – Bei dem gegenüber einer arbeitsteiligen Organisation aufklärungspflichtigen Garanten schließlich kann derjenige, welcher einen Repräsentanten pflichtgemäß aufklärt, in der Regel darauf vertrauen, dass der Repräsentant sein Wissen an den Verfügenden (Geschäftsherrn, Prinzipal) weitergibt; dann fehlt es am Täuschungsvorsatz (weitergehend OLG München NStZ 2009 156, 157 für einen Fall fehlenden Informationsflusses innerhalb einer Behörde). Erkennt der Aufklärungspflichtige später, dass der Repräsentant den Verfügenden pflichtwidrig nicht aufgeklärt hat, so hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine wiederholte Aufklärung noch zumutbar ist. – In den verbleibenden Fällen (BGH NJW 2003 1198, NStZ 2006 623 f und JZ 2008 522 f mit Anm. Eisele), in denen der Geschädigte volle Kenntnis vom Sachverhalt hat, die Hilfsperson bzw. der Repräsentant dagegen erfolgreich getäuscht wird und die Vermögensverfügung trifft, liegt eine eigenverantwortliche bewusste Selbstschädigung vor (Weißer aaO S. 345); hält sich diese in den rechtlichen Grenzen der Disposi-

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tionsbefugnis, so bleibt es beim versuchten Betrug, sofern der Täter von der Unkenntnis des Geschädigten ausgeht (bei richtiger Einschätzung der Lage durch den Täter dagegen kein Betrug: Wessels/Hillenkamp aaO; bei Überschreiten der Dispositionsbefugnis: Betrug, Brand/Vogt wistra 2007 412 ff; Rengier BT I § 13, 59). Bei Beteiligung des Geschädigten an der Verfügung des Getäuschten entfällt Betrug schon nach allgemeinen Grundsätzen (BGH NStZ-RR 2010 146).

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2. Ferner ist zweifelhaft, welche Intensität die auf Tatsachen bezogene positive Fehlvorstellung des Opfers aufweisen muss. Dabei kann inzwischen als durch die Vorsatzund Irrtumslehre des Allgemeinen Teils geklärt gelten, dass auch unreflektierte, aber sachgedanklich vorhandene Bewusstseinsinhalte als „Mitbewusstsein“ aktuelle Fehlvorstellungen sein können und als solche im sozialen Leben besonders häufig vorkommen.146 Insbesondere wiederum bei konkludenten Täuschungshandlungen des Täters hat das Opfer meist nur Kenntnis und Verständnis vom Sachzusammenhang, ohne alle Umstände des Lebensvorganges mehr oder weniger gezielt zu reflektieren (vgl. bereits Rdn. 79). So geht der Kellner im Restaurant bei der Annahme von Bestellungen davon aus, der Gast sei zahlungsfähig und zahlungswillig; der Empfänger von Bargeld hat die Erwartung, dass ihm sein Partner kein Falschgeld anbietet usw. (Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 39). Entsprechend geht der einen Subventionsvorteil Leistende als selbstverständlich davon aus, dass die Vergabevoraussetzungen vorliegen und ein vorgegebener Zweck der Vergabe nicht vom Antragsteller vereitelt wird (BGHSt 2 325, 326 – Deputatkohle). Insgesamt klärend (und die Ergebnisse der h.M. erklärend) weist Vogel § 7 IV 6a darauf hin, dass es hier nicht um (Grade des) Bewusstsein(s), sondern um Verstehen der (täuschenden) Tatsachenaussage geht; zusätzlich müsse das Opfer allerdings die behauptete Tatsache für wahr halten (ebenso oben Rdn. 77), was aber ebenfalls keinen hiervon getrennten Bewusstseinsakt erfordere. Lebhafter Streit besteht dagegen bei der Frage, wie die intellektuellen Abstufungen 84 der Fehlvorstellung zu behandeln sind. Zwischen der Annahme von Sicherheit und Unmöglichkeit sind Vorstellungen von (wiederum mehrfach gestufter) Wahrscheinlichkeit und bloßer Möglichkeit denkbar und praktisch häufig. Vor allem die Behandlung des Zweifels des Opfers, ob seine Vorstellung von den Tatsachen richtig ist, ist dabei umstritten. Insbesondere der viktimodogmatische Ansatz (Rdn. 35 Vor § 263) gelangt hier zu Einschränkungen der Strafbarkeit, da das Opfer seinem Zweifel nachgehen und sich selbst schützen könne.147 Andere verlangen allgemein für den Irrtum, der Getäuschte

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BGHSt 51 165, 174 Rdn. 28 und NStZ 2009 506, 507 Rdn. 17; Bockelmann BT 1 S. 70; Eisele BT II Rdn. 515; Gössel 2 § 21, 74; Hefendehl MK Rdn. 201; Küper BT S. 226; Lackner/Kühl Rdn. 18; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 59; Mitsch BT 1 § 7, 56; Pawlik S. 228 f (noch weitergehend S. 229 ff); Rengier BT I § 13, 43; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 39; Schuhr ZStW 123, 2011, 521 ff; Sieber Computerkriminalität 2/7; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 509; aA Ellmer S. 118 ff; Kühne S. 50 ff; Naucke S. 112; Reese S. 143; Schild FS Stree/Wessels (1993) 241 ff. T. Walter S. 174 will die h.M. dadurch prak-

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tikabler machen, dass gefragt wird, zu welcher Erkenntnis das Opfer käme, wenn man es veranlassen würde, sich die entscheidende Frage bewusst zu machen. Amelung GA 1977 16 FS Eser S. 19 ff sowie FS Krey S. 2; Arzt MschrKrim 1984 112 (aber auch Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 68 und FS Tiedemann S. 601); R. Hassemer S. 136 ff; Schünemann in Schneider (Hrsg.), Verbrechensopfer (1982) S. 415; Pérez Manzano in MadridSymposium für Klaus Tiedemann S. 226; tendenziell auch Blei II S. 227 und Hefendehl MK Rdn. 224 (für „bewusste Risikoentscheidungen“). Ablehnend dagegen aus-

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müsse die Wahrheit der Tatsachenbehauptung für wahrscheinlich oder für wahrscheinlicher als die Unwahrheit, also für „überwiegend wahrscheinlich“ halten.148 Auch diese Restriktion wird mit Gesichtspunkten mangelnder Schutzwürdigkeit begründet. Neben diesen am Irrtum als psychologischem Sachverhalt orientierten Einschränkungsversuchen werden unterschiedliche normative Erwägungen und Konstruktionen vorgetragen, um bestimmte Fälle aus dem Irrtumsbereich auszuscheiden.149 Die einschlägigen Fallgruppen der „Entscheidung unter Zweifel“ betreffen zum einen 85 alltägliche kriminologische Sachverhalte wie den (Teppich-)Verkauf an der Haustür, die Gabe von Almosen an den Bettler sowie Risiko- und Spekulationsgeschäfte mit hoher Gewinnaussicht, zum anderen allgemein den Prozessbetrug im Zivilverfahren, vor allem wenn der Richter bei einem non liquet nach Beweislastregeln zu entscheiden oder – wie beim Versäumnisurteil – lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen und die einseitige Tatsachenbehauptung einer Partei zugrunde zu legen hat, solange ihre Unwahrheit nicht evident ist. Für die Lösung weist Lackner (LK10 Rdn. 79 und 80 mit Nachw.) zutreffend darauf 86 hin, dass der Sprachgebrauch keinen sicheren Anhalt bietet, da er nach beiden Seiten hin offen ist. Gegen die Relevanz unterschiedlicher Grade von Möglichkeits- und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen spreche ihre Unpraktikabilität im späteren Strafverfahren, da verlässliche Beweismittel für die Intensität der Vorstellung kaum jeweils zur Verfügung stehen; wertungsmäßig (kriminalpolitisch) gebe es keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem zweifelnden, also skrupulösen, und dem ungewöhnlich leichtgläubigen Opfer, so dass bei Einbeziehung des letzteren in den Strafschutz das erstere nicht ausgeschlossen werden dürfe. Insgesamt zeige die trotz Zweifels erfolgende Vornahme der Vermögensverfügung, dass auch das zweifelnde Opfer überlistet worden, das charakteristische Angriffsmittel des Betruges (oben Rdn. 78) also erfolgreich eingesetzt worden ist. Dem ist unter Wiederholung der Ablehnung viktimodogmatischer Einschränkungen (Rdn. 38 Vor § 263) und normativer Hilfskonstruktionen (oben Rdn. 68, 80 und bereits Rdn. 35 Vor § 263) mit der h.M. und Rechtsprechung zuzustimmen: Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung schließen nach ganz h.M. die Annahme eines Irrtums nicht aus, da auch der Zweifelnde irrt, nämlich eine Fehlvorstellung von den behaupteten Tatsachen hat, „wenn er also die Möglichkeit der Unwahrheit für geringer hält“ (BGHSt 47 83, 88 mit Nachw.).150 Insbesondere ist der Hinweis auf den erfolgrei-

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führlich bereits Bockelmann BT 1 S. 72 ff; ferner Hoyer SK Rdn. 69 ff; Kindhäuser Rdn. 100; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 373; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 37; auch Küper BT S. 228 f m.w.N. – Schmidhäuser BT 11/11 verneint die Zurechnung bei einem bewussten Verzicht auf leicht mögliche Nachprüfung. Giehring GA 1973 21; Beulke JR 1978 390; Dästner ZRP 1976 37; Sonnen wistra 1982 128. Übersicht und Kritik bei Pawlik S. 224 ff. (Dessen Hinweis in Fn. 16 auf Tiedemann FS Klug S. 411 übersieht aber, dass es dort nicht um den Irrtum, sondern um die Garantenstellung aus Ingerenz geht.) Ebenso BGH wistra 1990 305 f 1992 95, 97

und NJW 2003 1198 ff mit Anm. Krack JR 2003 384 und Beckemper StV 2003 276 sowie Krüger wistra 2003 297; OLG Karlsruhe wistra 2004 276 mit Anm. Krack; Arzt in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 65; Bockelmann BT 1 S. 71; Fischer Rdn. 55; Frisch FS Bockelmann S. 663; Gössel 2 § 21, 81; Joecks Rdn. 41; Kargl FS Lüderssen S. 620 und 631; Krack S. 63 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 373; Küper BT S. 228; Lackner/Kühl Rdn. 18; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 62; Mitsch BT 1 § 7, 58; Rengier BT I § 13, 50; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 510. – Gesamtübersicht über die Positionen des Schrifttums bei Seier S. 276 ff.

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chen Einsatz des Angriffsmittels der Überlistung des zweifelnden Opfers entgegen Hoyer SK Rdn. 71 keine bloße Wiederholung des Erfordernisses der Kausalität der Möglichkeitsvorstellung für die Vermögensverfügung; Hoyer aaO Rdn. 75 stellt vielmehr selbst auf den kriminalpolitischen (und kriminologischen) Gesichtspunkt ab, dass das Bestreben des Betrügers gerade darauf gerichtet ist, „nahe liegende Zweifel des Opfers zu zerstreuen und zu überwinden“. Im Übrigen ist diesen Autoren aber in ihrer ausführlichen Kritik an den einschränkenden Kriterien, insbesondere ihrer fehlenden Abgrenzbarkeit, Bestimmtheit und Praktikabilität, Recht zu geben. Vor allem enthält § 263 keine Ermächtigung für wirtschaftspolitische Entscheidungen negativer oder positiver Art über Marktpraktiken wie Teppichhandel an der Haustür und über Verbraucherverhalten wie spekulative Geldanlage usw. (Frisch FS Bockelmann S. 697). Die Grenze ergibt sich daraus, dass eine erfolgreiche Überlistung voraussetzt, dass der Getäuschte der Wahrheit der vorgespiegelten Tatsache gegenüber nicht gleichgültig ist, sondern zu ihr innerlich Stellung bezieht.151 Eine Ausnahme hiervon gilt nur für den Prozessbetrug bei Entscheidung nach Beweislastregeln, da insoweit die List des Täters auch dann erfolgreich ist, wenn der Richter seine Entscheidung nicht auf die Wahrheit der vorgetäuschten Tatsache gründet: Ein Zweifel des Richters wird hier ohne seine innere Stellungnahme vom Gesetz in die Richtung einer festgelegten Entscheidung gelenkt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 51), ohne dass der Richter den Zweifel zum Anlass nehmen könnte oder müsste, sich um weitere Aufklärung zu bemühen (Lenckner Art. Prozessbetrug, in HWiStR, 1990, sub II 2). Selbst Anhänger viktimodogmatischer Einschränkungen plädieren daher hier für die Annahme von Betrug (vgl. nur Amelung GA 1977 16). Andere Autoren nehmen diese Behandlung richterlicher Tätigkeit als Beweis für die Entpsychologisierung und Normativierung des Irrtumserfordernisses (T. Walter S. 490 ff).

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3. Die praktische Feststellung des Irrtums im Strafverfahren stößt als Tatfrage auch bei fehlender Differenzierung einzelner Intensitätsgrade der Fehlvorstellung auf Schwierigkeiten und ist meist auf Indizien wie das wirtschaftliche oder sonstige Interesse des Opfers an der Vermeidung einer Schädigung seines eigenen Vermögens sowie seine rechtliche Verpflichtung, sich im Interesse Dritter von der Wahrheit der Behauptung des Täters zu überzeugen, angewiesen (BGH wistra 1998 27, 28 und StV 2009 244 [f] m.w.N.; Kindhäuser NK Rdn. 231 ff). Insbesondere ist bei Zweifel des Opfers die Vornahme der selbstschädigenden Verfügung regelmäßig Indiz dafür, dass das Opfer seinen Zweifel überwunden und dem Täter geglaubt, also geirrt hat (Lackner LK10 Rdn. 80); die Zurverfügungstellung von Kapital bei riskanten oder unseriösen Anlagegeschäften ist indiziell dafür, dass die motivatorische Kraft von Zweifeln wegen der (Tatsachen-)Vorspiegelung entscheidend gemindert worden ist (Vogel § 7 IV 6c). – Die nachträgliche Befragung des Getäuschten wird häufig, vor allem in den Rdn. 83 behandelten Konstellationen fehlender Reflektierung der Bewusstseinsinhalte, nicht weiter führen. Die frühere Rechtsprechung war daher der Tendenz nach großzügig verfahren und hatte regelmäßig aus dem Vorliegen einer Täuschungshandlung auf einen Irrtum des Getäuschten geschlossen. Diese Haltung ist neuerdings zutreffend eingeschränkt worden. Die neuere Rechtsprechung lässt das sachgedankliche Mitbewusstsein der Selbstverständlichkeit bestimmter Umstände im wesentlichen nur noch bei standardisierten, auf Massenerledigung angeleg-

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Küper aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 62; Mitsch BT 1 § 7, 59; Otto BT § 51, 22; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40; vgl. auch Gössel 2 § 21, 81 f, der

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bei Gleichgültigkeit die Kausalität des Irrtums für die Vermögensverfügung verneint (dazu auch BGH StV 2002 132 f).

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ten (Abrechnungs-)Verfahren genügen (z.B. BGH NStZ 2007 213, 215: Kassenärztliche Abrechnungen) und betont bei Einzelgeschäften die Pflicht des Strafrichters zur Feststellung, dass ein Irrtum des Opfers tatsächlich vorgelegen hat (BGH StV 1997 410 f sowie bereits 1990 19; OLG Düsseldorf NJW 1989 2003ff). Sie verlangt etwa bei zeitlich gestreckten Sachverhalten (Lieferantenbetrug!) ausdrückliche Feststellungen des Tatrichters zur Kausalität von Täuschung und Irrtum sowie irrtumsbedingter Vermögensverfügung (BGHR § 263 Abs. 1 Irrtum 2; BGH NStZ 1993 440 f: Warenlieferungen trotz offenstehender Rechnungen). Soweit eine solche konkrete Feststellung allerdings nicht möglich ist, bleibt das allgemeine Problem bestehen, inwieweit bei konkludenten Täuschungen und Täuschungen durch Unterlassen normative Verpflichtungen des Opfers zur Bildung bestimmter Vorstellungen Einfluss auf die tatrichterlichen Annahmen haben können. Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass eine empirisch feststellbare Verkehrsanschauung zum konkludenten Gehalt einer Erklärung oder eines Verhaltens entgegen manchen Behauptungen des Schrifttums häufig fehlt oder nicht sicher zu ermitteln ist (Rdn. 30) und dass beim Unterlassen erst der normative Gesichtspunkt der Rechtspflicht zur Abwendung eines Vermögensschadens die Täuschung begründet (Rdn. 51). Zutreffend nimmt BGH StV 2009 244 (f) für die konkludente Erklärung (beim Scheckbetrug) einen „spiegelbildlichen“ Irrtum des Getäuschten an, hält also die Kenntnis von der Bedeutung des Verhaltens zutreffend für ausreichend; daher ist auch beim sog. Scalping (Rdn. 49a) ein Irrtum der Empfehlungsadressaten zu bejahen (so im Erg. auch Papachristou S. 328; aA Vogel in Assmann/Schneider WpHG § 20a Rdn. 11 m.w.N.). Häufig wird sodann die Existenz von Rechtsnormen, die das Opfer zur Vornahme einer Überprüfung verpflichten, auch zu einer bestimmten Übung der Kontrolle und/oder der Vorstellung bei der Erbringung der Leistung führen (vgl. z.B. BGH NJW 1969 1260 f: Verpflichtung zur Prüfung der Echtheit der Unterschrift auf Postbarscheck durch Vergleich mit einem Unterschriftenblatt; BGHSt 46 196, 199: Verpflichtung des Bankangestellten zur Kontoüberprüfung vor Veranlassung einer Überweisung; Fischer Rdn. 61: Verpflichtung zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen bei Sozialhilfe für Ausländer; Otto BT § 51, 25: allgemein Verpflichtung von Kontrollpersonen zur Überprüfung der Richtigkeit eines Sachverhalts). Es sind für § 263 aber auch inhaltliche Einschränkungen der Prüfungspflicht von Bedeutung, die allgemein Umstände betreffen, die für den jeweiligen Vorgang rechtlich irrelevant sind (z.B. Identität bei Asylbewerberleistungen, BGH NStZ 1997 358; sachliche Begründetheit der ärztlichen Verordnung bei Medikamentenabgabe durch Apotheker, BGHSt 49 17, 20). Mit der Vorlage von Legitimationspapieren, z.B. eines Sparbuches, wird unmittelbar 88 nur der Besitz an diesem Papier dargetan (vgl. § 808 BGB) und nichts zur Berechtigung des Vorlegenden zur Abhebung des Sparbetrages erklärt (Rdn. 44). Macht sich der Angestellte des Kreditinstitutes bei Auszahlung eines Betrages gleichwohl Gedanken über Person und Berechtigung des Vorlegenden, so ist diese Vorstellung im Falle der Unrichtigkeit ihres Inhalts nicht durch eine (konkludente) Täuschung verursacht. Lehnt man diese Auffassung ab, so gilt Folgendes: Da nur besondere Umstände die zivilrechtliche Legitimationswirkung des bloßen Besitzes an dem Wertpapier entfallen lassen, wird bei Fehlen solcher Umstände die Regelung des § 808 BGB auch strafprozessual dazu führen, dass kein Beweis über die Vorstellung des Bankangestellten zur Berechtigung des Leistungsempfanges erhoben wird. Liegen dagegen besondere Umstände vor, so hat der Angestellte normativ Anlass, sich über die Berechtigung des Vorlegenden zur Abhebung von Sparbeträgen Gedanken zu machen, um dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu entgehen. Damit ist die Kenntnis (!) des Bankangestellten von der zivilrechtlichen Rechtslage (!) ein Indiz dafür, dass er sich bei Vorliegen besonderer Umstände eine (unrichtige) Vorstellung

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von der Berechtigung des Vorlegenden gemacht, also tatsächlich geirrt hat (Hoyer SK Rdn. 77 mit Nachw.; dazu allgemein bereits BGHSt 3 69, 72). Im Normalfall (des Fehlens besonderer Umstände) ist daher mit Blick auf § 808 BGB regelmäßig von dem Fehlen eines Irrtums auszugehen.152 Entsprechendes gilt für die Einreichung eines (Inhaber-) Schecks, bei dessen Einlösung der Bankangestellte an ein etwaiges Abhandenkommen zu denken hat (BGH StV 2009 244 f mit Nachw.). Ähnlich war die (seit 1986 durch Einführung des § 266b entschärfte) Sach- und 89 Rechtslage beim garantierten Scheck, dessen Begebung nach den Darlegungen Rdn. 43 bereits keine konkludente Täuschung über den Kontostand des Scheckausstellers enthielt; mit Abschaffung des Euroscheck-Verfahrens seit dem 1.1.2002 ist die streitig gebliebene Frage gegenstandslos geworden. Sie stellt sich aber weiterhin für aktuelle Zahlungssysteme mit Einlösungsgarantie. BGHSt 33 244, 249 mit Anm. Otto JZ 1985 1008 und BGH wistra 1986 171 verneinten bei Vorlage einer im Innenverhältnis nicht gedeckten Kreditkarte (vgl. oben Rdn. 43) im sog. Dreiparteien-System einen Irrtum der für das Vertragsunternehmen Handelnden, da diese nicht die Bonität des Karteninhabers (seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit), sondern nur einige Formalien zu prüfen haben (Mitgliedsnummer, Vorhandensein der Unterschrift usw., vgl. BGHSt 33 245), also keinen Anlass sehen, sich Vorstellungen über die Bonität ihres Kunden zu machen. Bei missbräuchlichem Einsatz einer (gestohlenen oder sonst wie abhanden gekommenen) Kreditkarte durch einen Nichtberechtigten liegt eine konkludente Täuschung vor (Rdn. 43 mit Nachw.); die Zahlungsgarantie des Kreditkartenunternehmens entfällt je nach den „Händlerbedingungen“ im Vertrag mit dem Vertragsunternehmen, wenn diesem grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Nichtberechtigung des vorlegenden Kunden zur Last fällt (Palandt/Sprau § 675f Rdn. 48 mit Nachw.). Das Vertragsunternehmen hat also auf Anhaltspunkte zu achten, die sich aufdrängen, und kann folglich (wie bei Rdn. 88 a.E.) bei Vorliegen entsprechender Umstände irren (Hoyer SK Rdn. 78 mit Nachw.). Noch weitergehend fehlt es im POS (Point of Sale)-Verfahren wegen der on-line-Autorisierung des konkreten Zahlungsvorgangs durch das Kreditinstitut bei einschlägiger Verwendung der ec-Karte durch einen Nichtberechtigten durchweg am Irrtum des Händlers, da die Zahlungsverpflichtung des Kreditinstituts ihm gegenüber nur bei Kollusion mit dem Nichtberechtigten entfällt (Fischer Rdn. 59; Hoyer SK Rdn. 79, je m.w.N.; zum Eingreifen von § 263a Tiedemann/Valerius Rdn. 52 mit Nachw.). – Umgekehrt hat der Händler in allen Fällen Anlass, Berechtigung und Bonität des Kunden sowie Abhandenkommen oder Fälschung des Papiers zu überprüfen, wenn die Zahlung nicht garantiert ist, wie bei der Verwendung der ec-Karte im elektronischen Lastschriftverfahren (eLV; bis Ende 2006: POZ-System; vgl. Fischer und Hoyer, je aaO m.w.N.) oder Zahlung mit Scheck bzw. Einreichung eines solchen zur Einlösung durch die Bank (BGHSt 33 249)153. Hier wird 152

RGSt 26 151, 154; 39 239, 242; OLG Düsseldorf NJW 1989 2003 f; Bockelmann BT 1 S. 70; M. Brand JR 2011 102; Gössel 2 § 21, 88; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 383a; Miehe in Richterliche Rechtsfortbildung (Heidelberg-FS 1986) 481, 498 f; Müller JR 1979 472, 474; Pawlik S. 231 Fn. 27; Satzger S/S/W Rdn. 74; Valerius JA 2007 779; aA Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf § 20, 57; Blei II S. 226; Lackner/Kühl Rdn. 19; Maiwald JA 1971 643 ff; Maurach/ Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 63; Otto BT

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§ 51, 27; Rengier BT I § 13, 45; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 48;Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 509. Schon die (konkludente) Täuschung verneint Hefendehl MK Rdn. 214. Ebenso BGH StV 2009 244 f (betr. Abhandenkommen) und bereits BGHSt 3 69, 71; Hefendehl MK Rdn. 126 (a.E.); Lackner/ Kühl aaO; Otto BT § 51, 26 und Art. Scheckbetrug, in HWiStR (1985) S. 3; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 49/50; Wessels/Hillenkamp aaO (a.E.).

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regelmäßig ein Irrtum vorliegen. – Einzelheiten zu den hier genannten Karten bei Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 9 ff, zu ihrem Missbrauch auch Tiedemann/Valerius § 263a Rdn. 52 ff. Mit einer dem Scheckkarten-Urteil BGHSt 24 386, 389 vergleichbaren Begründung 90 will die Rechtsprechung auch einen Irrtum des Rechtspflegers im Mahnverfahren annehmen (zum alten Recht BGHSt 24 257, 260 f), wobei Besonderheiten des automatisierten Mahnverfahrens nach § 689 Abs. 1 S. 2 ZPO hier außer Betracht bleiben sollen (dazu Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 39 mit Nachw.). Wohl aber ist die Stellung des Richters im Zivilprozess in die Problemerörterung einzubeziehen, wobei zwischen der normalen Streitentscheidung (mit und ohne Beweiserhebung), der Streitentscheidung nach Beweislastregeln bei einem non liquet und der bloßen Schlüssigkeitsprüfung (bei Erlass eines Versäumnisurteils) zu differenzieren ist; für das Mahnverfahren verzichtet das Gesetz (§ 692 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) seit 1976 bekanntlich für den Erlass eines Mahnbescheides durch den Rechtspfleger sogar auf eine Schlüssigkeitsprüfung und verlangt nur eine Individualisierung des Anspruchs durch den Antragsteller, der auch keine Angaben zur Schlüssigkeit des Anspruchs zu machen braucht. – Wenn nun nach heute h.M. eine Bindung des Zivilrichters nur an ersichtlich unwahres Parteivorbringen nicht besteht, kann aus dieser Rechtslage nichts zum Vorliegen einer Vorstellung des Richters über den Wahrheitsgehalt des Parteivorbringens hergeleitet werden (aA Kindhäuser Rdn. 105; Otto BT § 51, 139). Vielmehr ist lediglich die Annahme berechtigt, dass der Richter mit Blick auf § 138 ZPO bei seiner Entscheidung nicht von der Unwahrheit des Parteivorbringens überzeugt war. Dasselbe gilt für den Rechtspfleger, der nach neuem Recht ebenfalls nur bei Kenntnis der Unwahrheit den Erlass des Mahnbescheids abzulehnen berechtigt ist.154 Für den Regelfall scheidet daher mangels Irrtums des Rechtspflegers ein Betrug im Mahnverfahren trotz unwahrer Angaben des Antragstellers aus (Tiedemann/ Valerius aaO; zust. Hefendehl MK Rdn. 215; aA OLG Düsseldorf NStZ 1991 586 f mit Anm. Pasker JA 1992 191 f).155 Ob ein Betrugsversuch vorliegt, ist abhängig von den inhaltlichen Anforderungen an den dolus eventualis (dazu Rdn. 245; vgl. auch Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 68). Unstreitig ist dagegen ein Betrug anzunehmen bei falscher Überzeugungsbildung des Richters aufgrund unwahrer Parteibehauptungen (so der Fall OLG Zweibrücken NJW 1983 694: Wegfall des Eigenbedarfs nach Erhebung der Räumungsklage) und/oder Benennung von (sowie Beweis mit) falschen Beweismitteln (so der Fall BGHSt 43 317: Anstiftung eines Zeugen zur Falschaussage im Haftpflichtprozess);156 hierauf beruht die Strafbarkeit des Prozessbetruges im normalen Streitverfahren nach der ZPO. Dies gilt auch für die Entscheidung aufgrund von Beweislastregeln bei einem non liquet, da der Zweifel des Richters hier vom Gesetz in Richtung einer festgelegten Entscheidung gelenkt wird und daher auch hier der Erfolg der Überlistung eintritt (oben Rdn. 86).157 Ob auch beim Versäumnisurteil gegen den nicht erschienenen Beklag154

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Giehring GA 1973 7; Hefendehl MK Rdn. 110; Kühne S. 53; eingehend Münker S. 171 ff m.w.N. Ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 63; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 35; Gössel 2 § 21, 82; Hefendehl MK Rdn. 215; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 423a; Lackner/Kühl Rdn. 17; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 66; Otto BT § 51, 139 und JZ 1993 654; Pawlik S. 230; Rengier BT I § 13, 47; Sch/Schröder/Cramer/Perron

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Rdn. 52. Offen gelassen von BGHR § 263 I Täuschungshandlung 19 mit Bespr. Kretschmer GA 2004 458. AA zuletzt Sick Jura 2009 816 f. Arzt aaO; Fischer Rdn. 43 f und 85; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 421; Lenckner Art. Prozessbetrug, in HWiStR (1990), sub II 2; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 51 m.w.N. Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 421a; Lenckner aaO; Otto BT § 51, 139; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO.

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ten (§ 331 ZPO) der Richter die Vorstellung haben muss, es sei jedenfalls möglich, dass die behaupteten Tatsachen richtig sind (so Lenckner Art. Prozessbetrug, in HWiStR, sub II 2), ist zweifelhaft. Der Schluss vom Nichtvorliegen der Unwahrheit auf die Möglichkeit der Wahrheit ist zwar logisch zwingend. Jedoch weist Lackner (LK10 Rdn. 314) zutreffend darauf hin, dass die prozessuale Erkenntnis der Unwahrheit einer Parteibehauptung (bei fehlender Evidenz oder Unmöglichkeit) eine gegenteilige positive Sachverhaltsfeststellung durch das Gericht voraussetzt und bei deren Fehlen eine Möglichkeitsvorstellung des Richters nicht erforderlich ist. Auch ist für die Schlüssigkeit und die Erfüllung der zivilprozessualen Darlegungslast der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung grundsätzlich ohne Bedeutung (BGH VersR 1990 656 ff); selbst die Vertreter der Gegenauffassung sehen die Zurückweisung eines unglaubwürdigen Parteivorbringens nur als Möglichkeit, nicht dagegen auch als Pflicht des Richters an (Brehm Die Bindung des Richters an den Parteivortrag und Grenzen freier Verhandlungswürdigung, 1982, S. 100, 107 mit Nachw.). Es besteht daher auch beim Versäumnisurteil kein Indiz für das Vorliegen einer Fehlvorstellung des Richters.158 Dasselbe gilt angesichts der Geständniswirkung des § 331 Abs. 1 ZPO auch allgemein für das Geständnis im Zivilprozess (§ 288 Abs. 1 ZPO). – Liegt in den allgemein nicht betrugsrelevanten Fällen im Einzelfall tatsächlich ein Irrtum des Rechtspflegers oder des Zivilrichters vor, so ist bei unrichtigem Vorbringen des Antragstellers oder der Partei zwar eine Täuschung zu bejahen; jedoch ist dann die Kausalität der Täuschung für Irrtum und Vermögensverfügung zweifelhaft und nach den sogleich Rdn. 93ff zu entwickelnden Grundsätzen zu prüfen. Zu Unrecht fasst im Übrigen Lackner (LK10 Rdn. 85) die vorgenannten Fälle (einge91 schränkter Prüfungspflicht) mit weiteren (z.B. dem Deputatkohlen-Fall BGHSt 2 325 [ff]) zusammen, in denen die Massenerledigung der Vorgänge eine Einzelfallprüfung ausschließt, die Voraussetzungen dieser Vorgänge aber rechtlich geregelt sind und die Rechtsprechung den Irrtum des Opfers mit dem Hinweis darauf begründet, es hätte bei Kenntnis der Unwahrheit „nach Rechtsregeln nicht … verfügen dürfen“. Dass diese Aussage unter Kausalitätsgesichtspunkten nicht zutrifft, ist allerdings richtig (vgl. Rdn. 124 mit Nachw.). Jedoch wird bei einseitiger Leistungsvergabe (wie im Deputatkohlen-Fall oder bei Sozialhilfe nach §§ 38, 40, 60 SGB I) in aller Regel das oben Rdn. 79 als ausreichend bezeichnete Gefühl des Leistenden vorhanden sein, es sei in Bezug auf die rechtlichen Vergabevoraussetzungen tatsächlich „alles in Ordnung“. Dies ist bei schriftlicher Beantragung der (einseitigen) Leistung infolge der Bezugnahme auf die Vergabevoraussetzungen evident (vgl. für vertragsärztliche Abrechnungen gegenüber dem Sozialversicherungsträger BGH NStZ 2007 213, 215 f), trifft aber auch für abgekürzte mündliche Antragstellung zu. Besteht dagegen eine öffentlich-rechtliche Abnahmeverpflichtung (z.B. einer Gemeinde für Abfall), so kann der Irrtum über die Zahlungsfähigkeit (des Benutzers einer Deponie) bei Erteilung der Benutzungserlaubnis zweifelhaft sein (BGH NStZ 1990 388 f). Ähnlich wird sich das Krankenhauspersonal bei der Notaufnahme eines Patienten wegen der bestehenden Behandlungspflicht regelmäßig keine Gedanken über die Kostendeckung machen (BGH bei Tröndle/Fischer 50 Rdn. 19; OLG Düsseldorf NJW 1987 3145 [f]). Sehr grundsätzlich formuliert jüngst BGH NStZ 2009 506, 507 Rdn. 17

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Arzt aaO; Blei II S. 330; Eisele BT II Rdn. 517; Eisenberg FS Salger (1995) 22 f; Fahl Jura 1996 75; Gössel 2 § 21, 82; Hefendehl MK Rdn. 110 und 215 (a.E.); Lackner/Kühl Rdn. 19; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 66; Sch/Schröder/Cra-

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mer/Perron Rdn. 52; aA RGSt 72 113, 115 mit zust. Anm. Schaffstein JW 1938 1386 und abl. Anm. Boldt ZAkDR 1938 441; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 422; Lenckner Prozessbetrug S. 142; Welzel S. 371 f.

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in einem Fall von Abrechnungsbetrug mit konkludenter Täuschung über die Berechnung von Straßenreinigungsgebühren: „Der im Rahmen der Täuschungshandlung maßgebliche Empfängerhorizont spiegelt sich regelmäßig in dem Vorstellungsbild der Empfänger wider.“ Ausreichend sei eine „allgemein gehaltene Vorstellung“, dass die Tarifberechnung „in Ordnung“ sei, „zumal die Höhe der Tarife ihre eigenen finanziellen Interessen berührte.“ Subjekt des Irrtums können unstreitig nur natürliche Personen sein, welche die Ver- 92 mögensverfügung treffen (BGH NStZ 2003 313 ff; Fischer Rdn. 67; Hefendehl MK Rdn. 198). Durch Einführung des § 263a weitgehend entschärft ist das Problem, wann bei Computermanipulationen ein (menschlicher) Irrtum vorliegt. In Bezug auf den Computer ist dies rechtlich nicht möglich (BGHSt 47 160, 162; OLG Karlsruhe NStZ 2009 390; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 499). Jedoch können eingeschaltete Kontrollpersonen getäuscht werden können, sofern sie eine inhaltliche Kontrolle der Daten vorzunehmen haben und nicht nur mit der formellen Datenbearbeitung beschäftigt sind.159 Bei Stichproben-Kontrollen ist der Irrtum des Revisors unproblematisch (und im Einzelfall bei erfolgreicher Revision zu verneinen, bei Unachtsamkeit des Revisors und/ oder besonderer Raffinesse des Täters dagegen zu bejahen); allerdings kann insoweit der (bedingte) Vorsatz des Täters zweifelhaft sein (aA OLG München JZ 1977 408, 409 mit Anm. Sieber). Nach richtiger Ansicht wird auch dieses Problem durch § 263a entschärft, und zwar wegen der Möglichkeit einer Wahlfeststellung (alternative Verurteilung aus § 263 oder § 263a: unten Rdn. 309 sowie Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 74 mit Nachw.). 4. Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum a) Der Irrtum muss zunächst durch die Täuschung des Täters verursacht worden sein. 93 Nach h.M. ist hierfür Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie ausreichend; adäquate Kausalität (zwecks Ausscheidung besonders plumper Täuschungen) ist aus den Rdn. 37 ff Vor § 263 dargelegten Gründen entgegen Naucke (FS Peters S. 109) nicht erforderlich. Auch sind die Erkennbarkeit der Täuschung und eine mitwirkende Fahrlässigkeit des Getäuschten nach ganz h.M. unerheblich (BGHSt 34 199, 201);160 ihnen kann bei der Strafzumessung Rechnung getragen werden (Rdn. 39 Vor § 263). Nach allgemeinen Lehren genügt Mitverursachung (zust. Fischer Rdn. 63),161 z.B. wenn der Richter dem falschen Parteivorbringen glaubt und seine für den Prozessgegner nachteilige Entscheidung auch darauf stützt (Lenckner Art. Prozessbetrug, in HWiStR, 1990 sub II 2). b) Durch die Täuschung wird sodann ein Irrtum erregt, wenn beim Opfer durch 94 intellektuelle Einwirkung auf seine Vorstellung eine Fehlvorstellung (neu) begründet

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Otto BT § 51, 24; Schmid S. 28 f; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 53; Sieber Computerkriminalität S. 203 ff, 215 sowie Nachtrag 2/2 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 499; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 50. Fischer Rdn. 63; Hefendehl MK Rdn. 226; Hoyer SK Rdn. 81; Lackner/Kühl Rdn. 20; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 87; Otto BT § 51, 23; Satzger S/S/W Rdn. 85 f;

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Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 32 und 43 m.w.N. BGHSt 54 69, 122 Rdn. 153; Eisele BT II Rdn. 528; Gössel 2 § 21, 85; Hefendehl aaO; Krack S. 63 f; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 374; Lackner/Kühl aaO; Mitsch BT 1 § 7, 61; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 511; aA neben Naucke auch Kurth S. 160 ff und Seelmann JuS 1982 268, 270.

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wird.162 Die vorhandene Vorstellung muss also durch die Täuschung verändert werden. Bei Veränderung nur des Gegenstandes, auf den sich die Vorstellung bezieht (z.B. bei Diebstahl von Ware aus dem Warenlager), fehlt es zwar bei positiver Fehlvorstellung nicht am Irrtum (des Lagerverwalters oder Geschäftsherrn), wohl aber – mangels intellektueller Einwirkung auf die Vorstellung des Opfers – bereits an der Täuschung (oben Rdn. 23). Dagegen ist die ausdrückliche oder stillschweigende Bezugnahme auf unrichtige Beweismittel (z.B. das Kontoblatt mit einer Fehlbuchung der Bank) als Erklärung, die einen Irrtum des Opfers hervorruft, ausreichend (Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 43 a.E.).

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c) Ein Irrtum wird unterhalten, wenn das Opfer bereits vor der Einwirkung des Täters die für den Irrtum erforderliche Fehlvorstellung hat und der Täter diese in ihrer Intensität bestärkt (z.B. durch Ausreden von Zweifeln oder Vorlage unrichtiger Beweismittel)163 oder sie garantenpflichtwidrig nicht beseitigt.164 Daneben ist auch das aktive Verhindern oder Erschweren der Aufklärung – z.B. durch Beseitigen einer den Irrtum aufklärenden Nachricht – einschlägig.165 Fehlt sowohl eine Täuschung durch aktives Tun als auch eine Garantenstellung zur Aufklärung, so ist die bloße Ausnutzung einer beim Opfer vorhandenen Fehlvorstellung nicht als Betrug strafbar.166

IV. Die Vermögensverfügung 96

Die Vermögensverfügung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 263 stellt das Bindeglied zwischen Irrtum und Vermögensschaden dar (Rdn. 2). Ihr Inhalt ist nur im Ausgangspunkt gesichert. Umstritten sind insbesondere das Erfordernis eines Bewusstseins der Verfügung (und eines Bewusstseins der Schädigung), die hierauf bezogene Differenzierung von Sach- und Forderungsbetrug und die Voraussetzungen des Betruges im Dreiecksverhältnis, wenn also der Getäuschte über fremdes Vermögen verfügt.

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1. Begriff und Definition. Die Vermögensverfügung wird üblicherweise umschrieben als jedes Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen), das unmittelbar zu einer Vermögensminderung führt.167 Diese Definition ist im Vergleich mit dem selbstverständlichen Erfor-

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OLG Celle StV 1994 188, 189 f mit Anm. Schmoller; Fischer Rdn. 64; Hefendehl aaO; Hoyer SK Rdn. 82; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 375; Lackner/Kühl aaO; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 43; Wessels/Hillenkamp aaO. Eisele BT II Rdn. 513; Fischer Rdn. 65; Hefendehl aaO; Hoyer SK Rdn. 83; Kargl FS Lüderssen S. 621; Krey/Hellmann aaO; Lackner/Kühl aaO; Rengier BT I § 13, 39; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 512; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 46 m.w.N.: Es gehe in diesen Fällen um die Erregung eines (neuen) Irrtums. Dem Streit kommt keine besondere Bedeutung zu, da zwischen Erregung und Unterhaltung eines Irrtums Wahlfeststellung zulässig ist (RGSt 39 80 ff).

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Blei II S. 226; Eisele aaO; Gössel 2 § 21, 90; Hefendehl aaO; Hoyer SK Rdn. 84; Kindhäuser NK Rdn. 227; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 375; Lackner/Kühl Rdn. 20; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 67; Mitsch BT 1 § 7, 60; Rengier aaO; Wessels/ Hillenkamp aaO. Gössel 2 § 21, 91; Hoyer SK Rdn. 83; Kindhäuser NK Rdn. 228; Mitsch aaO; Schmidhäuser BT 11/11; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 45. Hefendehl MK Rdn. 224; Hoyer SK Rdn. 84; Krey/Hellmann aaO; Lackner/Kühl aaO; Mitsch aaO; Rengier BT I § 13, 19; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 46; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 512. BGHSt 14 170, 171; Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf BT § 20, 69; Blei II S. 227;

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dernis der Kausalität zwischen dem Verhalten des Getäuschten und dem Eintritt eines Vermögensschadens (dazu näher unten Rdn. 121 ff) einigermaßen knapp und unterscheidet sich hinsichtlich des Erfolges (der Vermögensminderung) von dem eigentlichen Schadenserfordernis nur noch dadurch, dass für die Vermögensverfügung unerheblich bleibt, ob die Vermögensminderung durch ein Äquivalent kompensiert wird.168 Die Verfügung betrifft also nur die Einwirkung auf einen Vermögensgegenstand (oder auf das Gesamtvermögen), nämlich die Ausscheidung eines Vermögensgegenstandes aus dem Vermögen des Opfers oder die sonstige Bestandsveränderung (z.B. durch Belastung mit einer Verbindlichkeit, unten Rdn. 109), während die eigentliche Bewertung des entstandenen Verlustes dem Schadenserfordernis vorbehalten bleibt (vgl. nur Pawlik S. 235). Als Handlung reicht jedes beliebige Verhalten des Irrenden aus (vgl. nur Gössel 2 § 21, 126; Kindhäuser Rdn. 133; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 514). Der Schwerpunkt der Begriffsbestimmung liegt bei dem Erfordernis der Unmittelbar- 98 keit, das in Anlehnung an die historische Lehre vom Regressverbot (Joecks Vermögensverfügung S. 15 f) als Fehlen einer zusätzlichen (deliktischen) Zwischenhandlung des Täters (oder eines Dritten) bestimmt (BGHSt 50 174, 178 mit Nachw. und Anm. Eidam JR 2006 254)169 und von der h.M. aus dem Wesen des Betruges als Selbstschädigung (Rdn. 5) abgeleitet wird: Das Verhalten des Getäuschten muss nicht nur ursächlich, sondern tragender Grund für die Vermögensminderung sein, nämlich das Verhalten als einen Gebeakt erscheinen lassen.170 Damit wird tatbildmäßig eine Abgrenzung zu Fremdschädigungsdelikten, insbesondere zum Diebstahl mit seinem Tatbestandserfordernis der Wegnahme, angestrebt (vgl. bereits Rdn. 5): Wenn der Vermögensschaden erst nach der Vermögensverfügung des Opfers durch eine weitere Handlung des Täters herbeigeführt wird, ist der Schaden nicht Werk des irrenden Opfers (in der oben Rdn. 5 abgelehnten Redeweise vom Betrug als Fall mittelbarer Täterschaft: der Irrende nicht Werkzeug der

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Eisele BT II Rdn. 525; Fischer Rdn. 70; Hoyer SK Rdn. 86; Joecks Rdn. 49; Kindhäuser Rdn. 106; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 385; Lackner/Kühl Rdn. 22; Otto BT § 51, 28; Rengier BT I § 13, 63; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 55; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 514 und 620. AA Naucke S. 215, der das Unterlassen ausklammern will. BGHSt 31 178, 179; Fischer Rdn. 70; Hefendehl MK Rdn. 262; Küper BT S. 395; Lackner/Kühl Rdn. 22; Rengier I § 13, 72; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 516; aA Bockelmann BT 1 S. 75 ff; Gössel 2 § 21, 127 und 141; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 72 und 76; Schmidhäuser BT 11/13 und nachdrücklich FS Tröndle S. 305 ff. Ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 69 (vgl. aber auch Rdn. 80); Fischer aaO (aber auch Rdn. 76); Haft/Hilgendorf BT I S. 90; Kindhäuser Rdn. 133; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 386; Lackner/ Kühl aaO; Rengier BT I § 13, 25; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 515. Auf das Erfor-

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dernis eines deliktischen Zwischenschritts verzichten Gössel 2 § 21, 137; Hefendehl MK Rdn. 271; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75; Satzger S/S/W Rdn. 121; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 61 und Welzel S. 370 f. Nach T. Walter S. 189 ff geht es um Simultaneität von Verfügungsverhalten und -erfolg (mit Relevanz von „Zwischenerfolgen“, wenn diese eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bedeuten: T. Walter FS Herzberg S. 766). Satzger aaO Rdn. 122 hält das Erfordernis weiterer Zwischenschritte des Täters für irrelevant, wenn diese „unwesentlich“ sind und durch die Opferhandlung „bereits die wesentliche Zugriffsschwelle überschritten“ ist. Zur Schädigung durch einen Käufer der Betrugsbeute unter Fortwirken des früheren Irrtums BGH 3 StR 433/10 v. 7.12.2010 (Mobiltelefone und Mehrwertnummern): kein Betrug. Zustimmend Fischer Rdn. 76; ebenso Lackner/Kühl Rdn. 22; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 60; Stuckenberg ZStW 118 (2006) 900 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 514 (a.E.) und 620; krit. Gössel 2 § 21, 138.

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Vermögensverschiebung). Dies kann methodisch als teleologische Reduktion des Tatbestandes des § 263 verstanden werden (Gössel 2 § 21, 135). Allerdings erlaubt die Phänotypik vor allem bei mehreren Beteiligten keine sichere, trennscharfe Abgrenzung von Geben und Nehmen, da es ohne weiteres möglich ist, dass der Täter eine Sache gegen den Willen der einen Person, aber mit dem Einverständnis einer anderen Person erlangt (Pawlik S. 239 mit Nachw.). Jedoch verlangt ein bildhaft-typologisches Tatbestandsverständnis keine scharfe Grenzziehung (Miehe S. 10 ff), jedenfalls solange die typologische Interpretation in den durch Art. 103 Abs. 2 GG gezogenen Grenzen bleibt, nämlich die Vermögensminderung als Gebeakt „verstehbar“ ist (Lackner/Kühl Rdn. 22: Gebeakt „im weitesten Sinne“). Insbesondere kommt es – anders als bei §§ 253, 255 – auch nach der Rechtsprechung nicht darauf an, ob äußerlich das Opfer „gibt“ oder der Täter „nimmt“ (vgl. nur Lackner LK10 Rdn. 101). Das normative Erfordernis von Zurechnungsüberlegungen folgt in Fortführung von Rdn. 5 vor allem daraus, dass bei disponiblen Rechtsgütern wie Eigentum und Vermögen die Selbstschädigung an sich Sache des sich Schädigenden (und Teilnahme hieran straflos) ist (Kindhäuser NK Rdn. 67 vor § 249). Als „Selbst“schädigung kommt daher bei § 263 nur eine Schädigung in Betracht, die nicht dem Verantwortungsbereich des sich selbst Schädigenden zuzurechnen, sondern dem Täter als „Fremd“schädigung eines anderen zurechenbar ist, und zwar gerade wegen der Täuschung des sich selbst Schädigenden. – Gegenüber der in Rechtsprechung und Schrifttum häufig tautologischen und zirkelhaften Formel vom Selbstschädigungscharakter des Betruges einerseits und vom Begriff der Vermögensverfügung andererseits verneint eine im Schrifttum vordringende Konzeption das Unmittelbarkeitserfordernis als Kriterium der Vermögensverfügung und sieht es als bloßes auf die Konkurrenz mit anderen Delikten bezogenes Merkmal an.171 Soweit diese Minderansicht allerdings eigene Konzepte der Vermögensverfügung – z.B. als Umgang mit und Einsatz von Vermögen unter Ausschluss seiner Bewahrung und Erhaltung (so insbesondere Joecks Vermögensverfügung S. 57 ff, 117 u.ö.) – entwickelt, ist die Berechtigung der damit verbundenen Einschränkung der Schutzfunktion des § 263 nicht einsehbar (zutr. Pawlik S. 238 f Fn. 85 mit Nachw.). Im Übrigen ist eine typologische Abgrenzung von Betrug und Diebstahl bereits auf Tatbestandsebene durchaus anstrebenswert.

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a) Im Einzelnen kann eine Verfügung im strafrechtlichen Sinne eines unmittelbar vermögensmindernden Verhaltens des Opfers dann vorliegen, wenn zugleich eine Verfügung im zivilrechtlichen Sinne (§ 185 BGB usw.) gegeben ist: Die zivilrechtliche Übertragung, Aufhebung, Belastung oder inhaltliche Veränderung eines vermögenswerten Rechtes oder eines sonstigen vermögenswerten Gegenstandes durch hierauf gerichtete Rechtsakte, z.B. durch Übereignung und Abtretung, Dereliktion, Aufrechnung, Erlass und Verzicht, Kündigung und Rücktritt oder Belastung mit einem anderen Recht (z.B. Pfandrecht) stellen auch für das Strafrecht eine Verfügung dar, wenn sie sich unmittelbar vermögensmindernd auswirken. Jedoch ist bereits die zivilrechtliche Wirksamkeit oder Anfechtbarkeit dieser Rechtsgeschäfte für § 263 unerheblich: Es kommt auf die tatsächliche Einwirkung auf den Vermögensgegenstand (oder das Vermögen als Ganzes) an. Dies ergibt sich daraus, dass die Verfügung als Bindeglied zwischen Irrtum und Vermögenschaden jedenfalls dann, wenn das Vermögen nicht nur aus subjektiven Rechten besteht (Rdn. 20 Vor § 263), auch zu einer Vermögensschädigung führen kann, wenn wirtschaftlich wert-

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Arzt aaO Rdn. 80; Bockelmann BT 1 S. 93; Gössel 2 § 21, 137 f; Herzberg ZStW 89 (1977) 387; Joecks Vermögensverfügung

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S. 387; Miehe S. 7 ff; krit. Hefendehl MK Rdn. 269 ff.

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volle Positionen (ohne Kompensation) gemindert werden: Der wirtschaftliche Vermögensund Schadensbegriff (Rdn. 31 f Vor § 263) bedingt einen wirtschaftlich-tatsächlichen Verfügungsbegriff. Daher ist grundsätzlich unerheblich, ob zivilrechtliche Willenserklärungen, die sich auf das Vermögen beziehen, vorliegen (BGHSt 31 178, 179 mit Nachw.).172 Ebenso kann auch ein Geschäftsunfähiger im strafrechtlichen Sinne verfügen (Fischer Rdn. 71), solange er noch in der Lage ist, sein Vermögen tatsächlich wirtschaftlich zu mindern, und sich bei seinem Tun „noch von Vorstellungen leiten lässt, die nicht völlig unsinnig sind“ (RG ZAkDR 1939 132 [f] mit zust. Anm. Henkel). Irrelevant ist weiter die rechtliche Zulässigkeit oder Strafbarkeit der Verfügung (BGH wistra 2009 154 mit Anm. Leplow S. 234).173 Auch die Schaffung eines Beweismittels (z.B. Schuldschein für ein angeblich gewährtes Darlehen, RG JW 1927 2139 mit Anm. Grünhut, auch BGH StV 1989 478 f mit Anm. Sonnen) belastet das Vermögen seines Trägers (Rdn. 230; zur Unmittelbarkeit in derartigen Fällen Rdn. 109). Erst recht ist die Eingehung einer Verpflichtung nach h.M. im strafrechtlichen Sinn eine Verfügung („Eingehungsbetrug“, Rdn. 173). Einbezogen sind schließlich auch öffentlich-rechtliche Akte, insbesondere behördliche Akte der staatlichen Fürsorge (Sozialhilfe, Rdn. 100) und Akte der Rechtsprechung (Prozessbetrug durch Verfügung des Richters, unten Rdn. 113). Als Verfügungen im Sinne von unmittelbar vermögensmindernden Einwirkungen auf 100 das Vermögen sind von der Rechtsprechung etwa verstanden worden: Anweisung an einen Sponsor zur Zahlung an einen Dritten (BGH wistra 2009 154 mit Anm. Leplow S. 234); Aufgabe des Gewahrsams an einer Sache oder Übertragung des Gewahrsams auf einen anderen (BayObLG MDR 1964 343; OLG Hamm NJW 1974 1957, 1958; vgl. aber auch unten Rdn. 120); Ausführung einer Arbeit oder Erbringung einer Dienstleistung (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 96 Fn. 151); Aushändigung einer (echten) Kreditkarte (BGHSt 33 244 ff; vgl. näher unten Rdn. 110) oder von ec-Karte und Schecks durch eine Bank (BGHSt 47 160, 170 mit Nachw.); Besitzaufgabe durch Versendung von Waren (BGHSt 6 115, 116); Bewilligung von Kredit, Sozialleistungen oder Subventionen usw. (BGH BGHSt 15 24, 26, NStZ 2006 624, wistra 1992 142 f und 222 ff sowie bereits NJW 1983 2646 ff); Buchung in Handelsbüchern (RG JW 1926 586 mit Anm. Grünhut S. 1197; vgl. aber auch Rdn. 232); Erschleichung einer Kundenkarte im Zwei-Partner-System (BGHSt 38, 281, 283 f); Erschleichung der Unterschrift (für Kaufvertrag) (BGHSt 22, 88 f); Geldüberweisung (BGH wistra 1987 257; NStZ 1999 558 f); Gutschrift durch Bank (BGHSt 46 196, 200 f); Herausgabe einer Fundsache an den angeblichen Eigentümer (BayObLG MDR 1964 343 f);

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Blei II S. 227; Bockelmann BT/1 S. 95; Eisele BT II Rdn. 525; Fischer Rdn. 71; Hefendehl MK Rdn. 235; Hoyer SK Rdn. 154 ff; Kindhäuser Rdn. 133; Lackner/ Kühl Rdn. 23; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75; Mitsch BT 1 § 7, 64; Schmid-

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häuser BT 11/13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 55; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 514. Ebenso RGSt 44 230, 249; BayObLG MDR 1964 343 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 56 m.w.N.

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Kreditzusage (BGHSt 15 24, 26), sofern diese verbindlich ist (BGH WM 2009 1930); Räumung einer Wohnung (OLG Hamburg JR 1950 629 ff; AG Kenzingen NStZ 1992 440 f); Rücknahme von Vollstreckungsantrag (BGH wistra 2001 338 f); Schuldschein für ein (nicht gewährtes) Darlehen (RG JW 1927 2139 mit Anm. Grünhut) oder für nicht bestehende Lohnansprüche (BGH StV 1989 478 f mit Anm. Sonnen zu § 255; vgl. bereits Rdn. 99 und näher Rdn. 109); Urteil in Zivilsachen (BGHSt 24 257 ff; unten Rdn. 236 m.w.N.); Vergleich im Prozess (BayObLG StraFo 2003 321 f) oder über Ratenzahlung (BGH NStZ 2005 160 f); Verhängung von U-Haft (mit Gewährung von Unterkunft und Verpflegung: BGHSt 14 170 ff mit abl. Anm. Mittelbach JR 1960 351 f; näher unten Rdn. 104); Wechseldiskontierung (BGH NJW 1976 2028 f); Zahlung von Provision (BGHSt 6 115, 116); Zwangsräumung einer Wohnung durch die Behörde (RG JR 1950 629, 631). 101 Umstritten ist, ob bereits die Leistung einer Blankounterschrift eine Vermögensverfügung darstellt (dazu näher unten Rdn. 109). Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Unterschreibende den späteren Missbrauch des Täters zivilrechtlich nach Regeln der Anscheinsvollmacht oder des Verkehrsschutzes im Wertpapierrecht gegen sich gelten lassen muss (RGSt 64 226, 228; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 61 m.w.N. gegen OLG Düsseldorf NJW 1974 1833). Zur Eingehung vertraglicher Bindungen als Verfügung Rdn. 99; zum Unterlassen der Geltendmachung von Rechten sogleich Rdn. 102.

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b) Die Verfügung kann weiter auch in einem Unterlassen und in deren Unterfall: einem Dulden, bestehen (h.M.; aA Naucke S. 215 und Schröder ZStW 60, 1941, S. 111). Die Duldung ist damit als eigene Kategorie an sich überflüssig, bringt aber die Einbeziehung derjenigen Fälle durch die ganz h.M. zum Ausdruck, in denen das Unterlassen einer Vermögensbewahrung in Frage steht, z.B. durch Nichteinschreiten gegen die Mitnahme einer wertvollen Sache (BGHSt 18 221, 223 – Sammelgarage). Jedoch muss in diesen Fällen ein – wenn auch auf Täuschung beruhendes – Einverständnis vorliegen (BGH aaO; aA Miehe S. 79 mit Nachw.). Bei Vorspiegelung einer amtlichen Beschlagnahme ist daher mangels Freiwilligkeit keine Verfügung durch Dulden, sondern eine Wegnahmehandlung des angeblichen Beamten anzunehmen (vgl. auch unten Rdn. 120).174 Dagegen will R. Schmitt (FS Spendel S. 579 ff unter Hinweis auf BGH GA 1965 107 [f]) auf den äußeren Gegensatz von Weggabe und Wegnehmen abstellen, der zwar häufig zufällig, aber besser beweisbar sei; die Vorspiegelung einer falschen Beschlagnahme sei auch kriminalphänomenologisch Betrug. 103 Häufiger ist das Unterlassen einer möglichen Vermögensmehrung. Einschlägig sind die Fälle, dass der Getäuschte einen bestehenden Anspruch, etwa einen Erstattungs- oder Rückforderungsanspruch (BGH NStZ-RR 2005 311 ff und wistra 1984 226 f mit Anm.

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BGHSt 18 221, 223; Bockelmann aaO; Hefendehl MK Rdn. 237; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 404; Lackner/Kühl Rdn. 26; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 63 m.w.N.; krit. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgen-

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dorf BT § 20, 75 ff; aA Kindhäuser Rdn. 134 und NK Rdn. 63; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 33, 31; Vogel LK § 242 Rdn. 126. Vgl. auch BGH GA 1965 107 (dazu Arzt aaO Rdn. 77).

Klaus Tiedemann

§ 263

Betrug

Labsch StV 1984 514 f), nicht geltend macht;175 ein Recht nicht ausübt (etwa mit der Folge der Verjährung: Rengier BT I § 13, 63); eine prozessuale Befriedigungsmöglichkeit nicht ausnutzt (OLG Stuttgart NJW 1963 825 f), insbesondere die mögliche Zwangsvollstreckung nicht oder nicht weiter betreibt (BGH NStZ 2003 546, 548; OLG Stuttgart aaO). Letztlich kommt es allein darauf an, ob der Getäuschte ohne den Irrtum gehandelt und dadurch die Vermögensminderung abgewendet hätte (Lackner LK10 Rdn. 97). Zu beachten ist aber mit Blick auf das Erfordernis eines Vermögensschadens, dass durch das Unterlassen die konkrete Befriedigungsaussicht (usw.) verschlechtert worden sein muss.176 c) Aus dem Erfordernis einer Vermögensverfügung folgt, dass bei fehlendem Vermö- 104 gensbezug § 263 nicht anwendbar ist. Dies hat Bedeutung für öffentlich-rechtliche Akte, die nur mittelbar das Vermögen betreffen: Die Erteilung einer Gewerbegenehmigung benachteiligt andere Gewerbetreibende nur mittelbar (RGSt 47 151 ff), auch wenn das öffentliche Recht wegen einer solchen Beeinträchtigung heute eine Konkurrentenklage gewährt. Entsprechendes gilt für die Erschleichung der Zulassung als Arzt oder Rechtsanwalt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 78a mit Nachw.) oder zum Hochschulstudium (BGH NJW 1955 1526). Eine Höchstpreisfestsetzung geht nur im Ergebnis zu Lasten von Kaufinteressenten (RGSt 58 215, 216). Dagegen verfügt beim Ausschreibungsbetrug die Vergabestelle nach BGH NJW 1997 3034, 3037 durch den Zuschlag an den täuschenden Ausschreibungsteilnehmer über die Anwartschaft des Mitbewerbers (zust. Satzger S/S/W Rdn. 109 und 134). Auch ist das familienrechtliche Gestaltungsurteil kraft Rechtssatzes Grundlage für Unterhaltsansprüche der Beteiligten und hat daher unmittelbar vermögensändernde (Neben-)Wirkungen (Jänicke S. 518 ff mit Nachw., insbes. Koffka ZStW 54, 1935, 45, 60). Erst recht haben zivilprozessuale Hoheitsakte wie Verurteilung zur Zahlung, Abweisung einer Zahlungsklage, Mahn- und Vollstreckungsbescheid (BGHSt 24 257, 261) Verfügungscharakter (Fischer Rdn. 85 mit Nachw.) – Einen Grenzfall stellt die hoheitliche Anordnung einer Festnahme (z.B. vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO, Haftbefehl nach § 112 StPO, Vorführungsbefehl nach § 457 StPO) dar. Sie betrifft zwar als solche nicht das Vermögen, sondern bezweckt Freiheitsentziehung; jedoch wird durch die Freiheitsentziehung unmittelbar die Verpflichtung des Staates zur Gewährung von Unterkunft und Verpflegung begründet (Tiedemann Die Rechtsstellung des Strafgefangenen, 1963, S. 125). Dieser Zusammenhang dürfte für die Annahme einer Vermögensverfügung genügen (Maurach/Schroeder/Maiwald § 41, 75). Normativ wird diese Annahme für den Strafvollzug dadurch gestützt, dass § 50 StVollzG die Möglichkeit einer Beteiligung des Gefangenen an den Haftkosten kennt und diese damit (auch) unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sieht. Der Täter, der die Voraussetzungen der Festnahme oder des sonstigen Freiheitsentzuges vortäuscht, um ein Winterquartier zu bekommen, ist daher nach § 263 strafbar.177 Dass die Verpflichtung des Staates zur

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Blei II S. 227 f; Eisele BT II Rdn. 525; Fischer Rdn. 73; Gössel 2 § 21, 130; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 386; Küper BT S. 396; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75; Mitsch BT 1 § 7, 67; Rengier BT I § 13, 63; Schmidhäuser BT 11/13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 58; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 517; ausführlich Otto BT § 51, 34 ff. AA Bockelmann BT/1 S. 96;

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Bublitz/Gehrmann wistra 2004 126 ff; Hansen MDR 1975 533; Naucke S. 215. BGH StV 1994 186 (ZS); OLG Düsseldorf NJW 1994 3366, 3367; OLG Hamm GA 1958 250 f; OLG Köln NJW 1967 836; Fischer Rdn. 73; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 58. So BGHSt 14 170, 172 mit abl. Anm. Mittelbach JR 1960 384; Bockelmann BT/1

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Unterbringung und Verpflegung rechtssatzmäßig begründet ist, schließt die Strafbarkeit nicht aus, da die Voraussetzungen der staatlichen Verpflichtung hier künstlich geschaffen werden. Der Sache nach handelt es sich also um ein Umgehungsverhalten (Erschleichung), das (noch) im Wege der Auslegung des (ungeschriebenen) Merkmals der Vermögensverfügung erfasst werden kann (vgl. auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 134; Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 156 f). Anders liegt es, wenn wirklich eine Straftat begangen wird, um Unterkunft und Verpflegung im Gefängnis zu erlangen. – Unstreitig sind Verfügungen mit Vermögensbezug bereits die Bewilligung und sodann auch die Zuwendung von Sozialleistungen (Vogel JZ 2005 307, 310: BAföG) sowie von Subventionen durch öffentlich-rechtliche Vergabestellen (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 37) bis hin zur Festsetzung und Auszahlung von staatlichen Mitteln zur Parteienförderung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages (BGHSt 49 275, 304)178.

105

d) Das Rdn. 98 umschriebene Unmittelbarkeitserfordernis führt nach h.M. bereits auf Tatbestandsebene zu einer Exklusivität im Verhältnis von Betrug und Diebstahl (vgl. auch bereits Rdn. 5). Allerdings besteht eine Notwendigkeit für eine solche Abgrenzung beider Delikte schon im Tatbestandsbereich nur dort, wo es um körperliche Gegenstände geht, da nur diese Objekt eines Diebstahls sein können. Gleichwohl wird das Unmittelbarkeitserfordernis meist nicht auf den Sachbetrug beschränkt, sondern auch für den Forderungsbetrug postuliert.179 Bei der Überlassung von Sachen besteht die wichtigste Konsequenz des Unmittelbar106 keitserfordernisses darin, dass zwar die (irrtumsbedingte) einverständliche Übertragung des Gewahrsams auf einen anderen nach ganz h.M. eine Vermögensverfügung ist, dagegen dann ein Akt des Nehmens vorliegt, wenn der Täter durch die Täuschung nur eine Gewahrsamslockerung herbeiführt und sich dadurch die Möglichkeit erleichterter Wegnahme verschafft (Trickdiebstahl).180 Diebstahl und nicht Betrug liegt daher in dem von Frank Anm. IV erörterten Fall vor, dass sich ein angeblicher „Gasmann“ unter dem Vorwand, den Gaszähler ablesen zu wollen, Einlass in ein Haus verschafft und dort heimlich Gegenstände wegnimmt, um sie sich oder einem Dritten zuzueignen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 64; aA OLG Nürnberg SJZ 1950 136). Dasselbe gilt, wenn sich ein angeblicher Kaufinteressent den Kaufgegenstand zur Besichtigung vorlegen oder aushändigen lässt und mit dem Gegenstand flieht (BGH LM § 242 Nr. 11; Cramer/Perron aaO; Hefendehl MK Rdn. 274 m.w.N.); wenn der Täter den Fahrgast im Pkw durch Täuschung dazu bringt, kurz auszusteigen, um anschließend mit dessen Gepäck wegzufahren (BGH bei Dallinger MDR 1966 199); wenn er den Fahrer eines Motorrades dazu bringt, kurzfristig abzusteigen, um sich des Rades zu bemächtigen und davonzufahren (BGH bei

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S. 95; Kindhäuser NK Rdn. 199; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75; Rengier BT I § 13, 94; Satzger S/S/W Rdn. 109; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 78a; aA Jänicke S. 322 ff, 433 und Welzel S. 371. Dazu ausführlich Saliger Parteiengesetz und Strafrecht (2005) S. 185 ff, 496 ff; auch BGH NJW 2004 3577 ff mit Bespr. Saliger/ Sinner NJW 2005 1073 ff (zum PartG a.F.). Fischer Rdn. 84; Lackner/Kühl Rdn. 27; Mitsch BT 1 § 7, 68; Otto BT § 51, 41 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 61; aA Miehe S. 79 m.w.N.

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BGH GA 1987 307, 308; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 70 und 79 f; Blei II S. 229; Fischer Rdn. 77; Gössel 2 § 21, 139; Kindhäuser NK § 242 Rdn. 62; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 384 ff und 397 ff; Küper BT S. 394 f; Lackner/Kühl Rdn. 25 f; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 33, 29; Mitsch BT 1 § 7, 68; Rengier BT I § 13, 69; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 64; Vogel LK § 242 Rdn. 88 und 120; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 619 ff.

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§ 263

Betrug

Dallinger aaO); wenn er vom Opfer den Autoschlüssel unter der Vorspiegelung erhält, er wolle sich im Auto umziehen, und dann davonfährt (OLG Stuttgart Justiz 1973 396); wenn der Täter vortäuscht, mit dem Fahrzeug eine Probefahrt zu unternehmen, um sodann mit ihm wegzufahren (OLG Hamm JMBl NRW 1969 100 f; aA BGHR § 263 Abs. 1 Täuschung 17: § 263); wenn er sich von einem Reisenden dessen Koffer mit dem Auftrag geben lässt, ihn in einem nahen Schließfach unterzubringen, dann aber mit der Beute entkommt (BGH GA 1966 212 f und JZ 1968 637);181 wenn der Täter sich die Autoschlüssel unter der Vorspiegelung aushändigen lässt, das Auto im Rahmen einer Werbeaktion kostenlos zu waschen (BGH VRS 48 175, 176); wenn der Täter das Opfer dazu bringt ihm Kleidungsstücke zur angeblichen Anprobe zu überlassen (Rengier BT I § 13, 84). In allen diesen Fällen ist das Merkmal der Vermögensverfügung Kriterium der Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug. Letzterer greift nur ein, wenn der Gewahrsam voll übertragen, nicht dagegen, wenn er nur gelockert wird und das Opfer nach den sozialen Anschauungen des Verkehrs Inhaber des Gewahrsams bleibt oder zumindest Mitgewahrsam behält, der dann vom Täter gebrochen wird (BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensverfügung 1; Rengier aaO). Zur Abgrenzung bei Einschaltung dritter Personen Rdn. 116. Hiernach beurteilt sich auch die Strafbarkeit des Stellers einer sog. Wechselgeldfalle 107 („Wechselgeldbetrug“), die in unterschiedlichen Variationen auftritt (vgl. Backmann S. 100 f): Im Ausgangsfall legt der Täter einen großen Geldschein auf die Ladentheke und entfernt sich später nach Erzeugung einer verwirrenden Situation unter Mitnahme sowohl dieses Scheines als auch des Wechselgeldes und der Ware; unter Verneinung einer bereits erfolgten Übereignung (Übergabe) des großen Geldscheines, an dem Mitgewahrsam bestehe, nimmt die h.M. hier Betrug (nur) durch Inempfangnahme des Wechselgeldes (nach Vortäuschung des Willens zur Übereignung des großen Scheines) an.182 In einem Fall des BayObLG (NJW 1992 2041 mit zust. Anm. Graul JR 1992 520 f und Bspr. Pasker JA 1993 30 f) hatte die Täterin dagegen nach den Umständen den großen Schein bereits übereignet, so dass die Ansichnahme dieses Scheins Diebstahl (am großen Schein) war. Von dem Unmittelbarkeitserfordernis unberührt bleibt demgegenüber das Verhältnis 108 des Betruges zur Unterschlagung (Lackner LK10 Rdn. 103, 105 gegen Backmann S. 117). Wird etwa einem zahlungsunwilligen Käufer vom Buchhändler unter Eigentumsvorbehalt erlaubt, das gekaufte Buch ohne Barzahlung mit nach Hause zu nehmen, und wird das Buch vom Käufer wie beabsichtigt nicht zurückgegeben, so liegt wegen der freiwilligen Übertragung des vollständigen Gewahrsams an dem Buch ebenso wie beim normalen Abzahlungsbetrug nur Betrug vor (Biletzki JA 1995 857; Kindhäuser Rdn. 139) und daneben keine Unterschlagung an dem Buch (Rdn. 190; dort auch zur Möglichkeit eines Besitzbetruges mit nachfolgender Unterschlagung). Die Neufassung des § 246 im Jahre 1998 hat dessen Charakter als Auffangtatbestand im System der Eigentums- und Vermögensdelikte weiter unterstrichen.

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182

Hefendehl MK Rdn. 278; Kindhäuser Rdn. 138; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 402; Lackner/Kühl Rdn. 26; Vogel aaO Rdn. 88; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 625; aA Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 33, 30 m.w.N. RG GA 74 (1930) 205 f; OLG Celle NJW 1959 520 f; Hefendehl MK Rdn. 279 ff;

Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 399 f; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 33, 31; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 64; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 626; aA (unter Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Ansichnahme des großen Geldscheins) RG JW 1919 321 f und Roxin/Schünemann JuS 1969 376 ff.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Im Verhältnis zur Urkundenfälschung gilt, dass diese häufig die nachfolgende deliktische Handlung darstellt, welche eine frühe Annahme von Betrug verhindert. Der Beweismittelbetrug fällt daher nur unter § 263, wenn das Opfer (z.B. bei der Unterschrift unter einen Schuldschein oder eine Quittung, OLG Düsseldorf wistra 1985 110, 111) irrtümlich davon ausgeht, die Leistung zu schulden, also „das entscheidende Gefahrenmoment von ihm selbst“ herrührt (Hefendehl S. 356 f mit Nachw.; dazu näher und allgemein unten Rdn. 230). Bei nachträglicher Verfälschung der Bestellmenge durch den Provisionsvertreter in dem bereits unterschriebenen Bestellschein (so die Fälle OLG Celle NJW 1975 2218 [f] und OLG Hamm wistra 1982 152 [f]) ist der Abschluss des Kaufvertrages zwar eine Vermögensverfügung des Käufers; jedoch wird der mögliche Schaden bzw. die Vermögensgefährdung erst durch die Verfälschungshandlung des Täters herbeigeführt (OLG Celle und OLG Hamm, je aaO; zust. Hefendehl S. 362 ff). Dagegen wollen Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 61) hier wegen der konkreten Vermögensgefährdung Betrug annehmen. Das Beispiel zeigt, dass sowohl das Merkmal der Unmittelbarkeit als auch das der Vermögensgefährdung unsicher ist (und die Gefahr von Tautologien naheliegt). Da das Eingehen einer – auch unwirksamen oder anfechtbaren – Verpflichtung als Belastung des Gesamtvermögens eine Vermögensminderung und damit eine Vermögensverfügung bedeutet, aber auch die tatsächliche Überlassung von Beweismitteln und anderen Objekten eine Einwirkung auf das Vermögen darstellen kann, besteht die Gefahr eines Zirkelschlusses zwischen dem Vorliegen einer Vermögensverfügung und der Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung. Hier kann in der Tat auch bei Forderungen zunächst das Merkmal der Unmittelbarkeit dazu beitragen, das Kriterium der Vermögensverfügung zu konkretisieren und damit das der konkreten Vermögensgefährdung zu entlasten. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist sodann beim Forderungsbetrug für die Abgrenzung grundsätzlich das rechtliche Kriterium maßgebend, ob der vermögensbezogene Akt des Opfers eine rechtliche Verpflichtung oder zumindest den Anschein einer solchen begründet. In diesem Sinne ist die Hingabe einer Blankounterschrift, sei es als Blankoakzept (RGSt 44 28, 32), sei es als sonstige blanko unterschriebene Willenserklärung (RG GA Bd. 50 [1903] 123: Bestellschein mit offenem Preisbetrag), bereits eine Verfügung, welche die wirtschaftliche Position des Opfers in rechtlich relevanter Weise verschlechtert.183 Anders soll es nach OLG Düsseldorf NJW 1974 1833 f mit (Anm. Oexmann S. 2296) liegen, wenn erst die missbräuchliche Ergänzung des Blanketts überhaupt eine Willenserklärung herstellt, z.B. ein Bestellformular blanko unterschrieben und anschließend abredewidrig ausgefüllt wird.184 Diese Differenzierung entspricht dem Unterschied von Belastung des Vermögens mit einer rechtlichen Verbindlichkeit (RG aaO: „mit einer Wechselschuld“) einerseits oder mit einem Rechtsschein (BGHSt 22 88, 89: „Schein eines Vertrages“) oder einem nachteiligen Beweismittel (BGHSt 34 394, 395: Schuldschein) andererseits. Unter dem Gesichtspunkt der (Vermögens-)Verfügung, die auch tatsächliche Akte umfasst (Rdn. 99), sind diese Fälle gleich zu behandeln. Auch

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Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 85; Fischer Rdn. 77; Hefendehl MK Rdn. 271 und 607; Joecks Vermögensverfügung S. 103 ff; Kindhäuser Rdn. 136; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 61; aA Gössel 2 § 21, 190; Rengier BT I § 13, 68; Welzel S. 376; differenzierend Hoyer SK Rdn. 179 f. Ausführlich Hefendehl S. 365 ff (zum Erschleichen eines Blankoakzepts

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184

S. 370 ff m.w.N.). Nach T. Walter (FS Herzberg S. 766) ist der Eintritt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung „der Schauplatz der Diskussion“. Zustimmend OLG Hamm bei Hefendehl MK Rdn. 602; Gössel aaO; Miehe S. 91; Rengier aaO; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 61 und 146.

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§ 263

Betrug

liegt eine Urkundenfälschung i.S.d. § 267 in allen Fällen vor (RG aaO; Zieschang LK § 267 Rdn. 187 ff, 191 ff m.w.N.), wobei die Blankettfälschung wegen des Fehlens einer äußeren Manipulation an dem Schriftstück zu einem höheren Beweiswert der Urkunde und damit zu einer stärkeren Gefährdung des Vermögens des scheinbar Verpflichteten führt. T. Walter (FS Herzberg S. 765) ist zuzugeben, dass die Annahme von Betrug hier eine Einschränkung des Kriteriums vom weiteren deliktischen Zwischenschritt des Täters bedeutet. Demgegenüber wird die nachträgliche Verfälschung einer bereits eingegangenen rechtlichen Verpflichtung (z.B. durch den Provisionsvertreter in dem eingangs genannten Fall einer nachträglichen Verfälschung des unterschriebenen Warenbestellscheins) in der Tat erst durch das Merkmal der Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung von § 263 ausgenommen185 (zu weiteren ähnlichen Fällen unten Rdn. 119). Das Unmittelbarkeitserfordernis behält daher auch für den Forderungsbetrug jedenfalls richtungweisende Bedeutung (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1999 246, 247). Wenn insbesondere Pawlik (S. 240 f) insgesamt anstelle der Unmittelbarkeit auf den Zurechnungszusammenhang zwischen Täuschung und Vermögenspreisgabe abstellt und diesen Zusammenhang auch bei zusätzlichen Zugriffsakten des Täters als nicht unterbrochen bezeichnet (weil die täuschungsbedingte Gewahrsamslockerung dem Täter die Wegnahme erleichtert), so hängt diese Auffassung mit der Ablehnung des Betruges als Selbstschädigungsdelikt und mit der Konstruktion von Wahrheitsrechten des Opfers sowie mit der Reduzierung des Betrugstatbestandes auf eine Figur des Allgemeinen Teils bei Pawlik zusammen. Auf der Grundlage der h.M. kann demgegenüber der Zurechnungszusammenhang zwischen der Täuschung als Handlung und dem Schaden als Erfolg nicht ohne selbständige Bestimmung des (einschränkenden!) Verfügungserfordernisses bestimmt werden. Bei der Kombination von Sach- und Forderungsbetrug bewährt sich die hier vorgetra- 110 gene Abgrenzung nur teilweise. Zwar stellt die durch Täuschung erschlichene Ausgabe einer Kreditkarte im sog. Zwei-Partner-System („Goldene Kundenkarte“, vgl. bereits Rdn. 43), wie sie etwa von Kaufhäusern an Kunden ausgereicht wird, trotz der damit verbundenen Einräumung eines Kreditrahmens noch keine Vermögensverfügung dar; erst der bargeldlose Einkauf des Kunden unter Vorlage der Kreditkarte und Vorspiegelung des Zahlungswillens ist Betrug (BGH wistra 1989 61 f).186 Entsprechendes gilt allgemein für den Vertrag mit einem zahlungsunwilligen Partner (Lackner/Kühl Rdn. 27). Dagegen ist die durch Täuschung und Irrtum erreichte Aushändigung einer normalen Kreditkarte im sog. Drei-Parteien-System (American Express, Diners Club, Eurocard/Mastercard, Visa usw.) an einen kreditunwürdigen Kunden eine Vermögensverfügung, die im Einzelfall bereits eine konkrete Vermögensgefährdung darstellen kann (BGHSt 33 244, 246 mit insoweit zust. Anm. Otto JZ 1985 1008[ff];187 ebenso BGH StV 1985 189 für die Eröffnung eines unwiderruflichen Akkreditivs durch eine Bank und BGH wistra 1988 188, 190 für die Übernahme einer Bürgschaft durch eine Bank sowie BGHSt 50 147, 159 f für die Zulassung zum Lastschriftverfahren bei Absicht des Bankkunden zur anschließenden Lastschriftreiterei). Dies ist zutreffend, weil die Zurverfügungstellung der Karte (des Akkreditivs usw.) als rechtlich garantierter Verpflichtungsmöglichkeit bereits (Teil-)Erfül-

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Arzt aaO Fn. 105 (das Fälschungsrisiko ist „keine typische Schädigungsgelegenheit“); Blei II S. 229; Kindhäuser aaO; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 386; Otto BT § 51, 41; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO m.w.N. Ebenso Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75; Ranft Jura 1992 69 f; Sch/Schrö-

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der/Cramer/Perron Rdn. 64; krit. Gössel 2 § 21, 140. So auch Rengier BT I § 13, 197; aA Gössel 2 § 21, 39; Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 62; Ranft aaO; Sch/Schröder/Cramer/ Perron aaO m.w.N.

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lung des Kreditkartenvertrages (und bereits ein geleisteter Vermögensgegenstand) ist, also kein bloßer Eingehungsbetrug im Sinne eines beiderseits noch nicht erfüllten Vertrages (Rdn. 175) vorliegt. Durch Einführung des § 266b ist klargestellt, dass die missbräuchliche, da vom Kontostand nicht gedeckte Benutzung der (echten) Kreditkarte (im Drei-Parteien-System) im Einzelfall als weiteres deliktisches Handeln des Täters unmittelbar zu einem Vermögensschaden des Kartenausstellers führt, wobei § 266b dann mit § 263 in Tateinheit steht (BGHSt 47 160, 170; Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 66 m.w.N.). Da nur die echte Kreditkarte als Garantieverpflichtung gegenüber einem Dritten die Befugnis verkörpert, den Aussteller zu einer Leistung zu verpflichten, während die „Goldene Kundenkarte“ lediglich einen Ausweis über die Eröffnung eines Kreditrahmens darstellt und nur die Wiederholung der Kreditwürdigkeitsprüfung entbehrlich macht (BGH bei Holtz MDR 1989 112), ist die grundsätzliche Differenzierung im Hinblick auf § 263 berechtigt; die gegenteilige Auffassung übersieht die rechtlichen Unterschiede beider Kartensysteme (dazu näher Möhrenschlager aaO Rdn. 32 ff). – Überleitend zu aktuellen, durch den informationstechnologischen Fortschritt ermöglichten Missbräuchen im Bank- und Zahlungsverkehr ist zunächst noch festzuhalten, dass die Erschleichung der Kenntnis von Geheimzahlen (zur Tresoröffnung) auch unter dem Blickwinkel der Vermögensgefährdung keinen Betrug begründet (Rengier BT I § 13, 69; aA Hoyer SK Rdn. 162). Ebenso ist die Rechtslage bei der durch Täuschung erreichten Preisgabe von Codes, insbesondere Zugangspasswörtern, PINs oder TANs zum Online-Banking; überwiegend wird eine Betrugsstrafbarkeit dieses „Password Fishing“ (Phishing) abgelehnt (Kindhäuser Rdn. 136 mit Nachw.), auch soweit es eine Täuschung (z.B. durch Phishing-mails) beinhaltet (Goeckenjahn wistra 2008 130 f mit Nachw.), und auf § 202b verwiesen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 517 mit Nachw.). Im Anschluss an BGHSt 33 246 wird aber § 263 bzw. § 263a auch bejaht, wenn der Täter bei Erschleichung der PIN die ec-Karte bereits im Besitz und damit ungehinderten Zugang zu der automatischen Geldausgabe hat (BGH NStZ-RR 2004 333 f; aA OLG Thüringen wistra 2007 236 f m.w.N.) oder bei Erschleichung von Passwörtern usw. ohne weitere Täuschung auf das Konto des Opfers zugreifen kann (Fischer Rdn. 173; Stuckenberg ZStW 118, 2006, 899 ff, je m.w.N.). Zum Eingreifen von § 263a Tiedemann/Valerius LK Rdn. 56. – Der Fallbereich zeigt erneut, dass im Rahmen des sog. Forderungsbetruges rechtliche Erwägungen und Konstruktionen in stärkerem Maße relevant sind als beim Sachbetrug, der uneingeschränkt dem Unmittelbarkeitserfordernis unterliegt.

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e) Von der h.M. werden auch sog. mehraktige Verfügungen als für den Betrugstatbestand hinreichend anerkannt, sofern jedenfalls die letzte (Teil-)Verfügung eine freiwillige Übertragung des vollen Gewahrsams enthält oder sonst die Vermögensminderung herbeiführt.188 Dabei geht es um Fälle, in denen nach einem ersten Akt des Getäuschten entweder dieser selbst oder andere Personen (eine) weitere Handlung(en) vornimmt bzw. vornehmen und erst die Gesamtheit der Akte die endgültige Schädigung herbeiführt. Beispiel aus der Rechtsprechung ist zunächst der von BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29 behandelte Fall, dass der Getäuschte GmbH-Geschäftsanteile erwirbt, seine vermögensschädigende (Mit-)Haftung gegenüber der Gesellschaft für rückständige Leistungen der Veräußerer auf den Geschäftsanteil jedoch erst durch die nachfolgende An-

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BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29; Kindhäuser Rdn. 136; Lackner/Kühl Rdn. 25; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 75 und 79; Rengier BT I § 13, 71;

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Schmidhäuser BT 11/13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 62; Wessels/Hillenkamp Rdn. BT 28.

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meldung des Erwerbs gegenüber dem Geschäftsführer bewirkt. In dem von OLG Köln JMBl NRW 1962 176 f beurteilten Sachverhalt war die Genehmigung eines täuschenden Antrags im Behördenbetrieb Grundlage einer Auszahlung durch die zuständige Kasse. OLG Hamburg JR 1950 629, 630 hat sich mit dem Erschleichen der Mitgliedschaft in einer Jüdischen Gemeinde beschäftigt, die dem Täter die Aushändigung von „Liebesgabenpaketen“ einbrachte, jedoch möglicherweise durch eine andere Verwaltungsstelle der Gemeinde als jene, die für die Mitgliedschaft gesorgt hatte. Beispiele aus dem Schrifttum sind die Anweisung des getäuschten Geschäftsinhabers an seinen Angestellten, dem Täter eine Ware zu übergeben, sowie die Aushändigung einer Bankanweisung durch das Opfer an den Täter, mit deren Hilfe dieser die Auszahlung einer bestimmten Summe Geldes an sich bewirkt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 62), oder die irrtumsbedingte Auszahlung der beantragten Versicherungssumme nach gutgläubig positiver Prüfung der überhöhten Reparaturkosten durch einen von der Kfz-Haftpflichtversicherung beauftragten Sachverständigen (Schuhr ZStW 123, 2011, 518). Die Tatbestandsmäßigkeit solcher „gestreckter“ Verfügungen wird damit begründet, dass auf der Seite des Verfügenden das Unmittelbarkeitsprinzip nicht denselben Stellenwert habe wie bei Handlungen des Täters, da hier nicht die Gefahr bestehe, dem Deliktstypus zuwider auch Fälle der Fremdschädigung zu erfassen. BGH aaO stellt darauf ab, ob „die Kette der Verfügungen zwingende oder wirtschaftliche Folge des durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums ist“. – Bei genauer Betrachtung ist die Figur der „mehraktigen Verfügung“ weithin überflüssig, da sich der Betrug bereits mit dem herkömmlichen dogmatischen Instrumentarium konstruieren lässt (T. Walter S. 217 f; vgl. auch OLG Schleswig SchlHA 1971 214). Einmal kann schon die jeweils erste Handlung einer „mehraktigen Verfügung“ unmittelbar vermögensmindernd wirken und damit eine abgeschlossene Verfügung beinhalten. So verhält es sich in dem Beispiel der abgeschwindelten Bankanweisung und grundsätzlich immer dann, wenn die Ausführung einer Anweisung (im untechnischen Sinne) nicht mehr in der Herrschaftssphäre des Opfers stattfindet (Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO), dieses also die Ausführung nicht mehr oder nur noch unter günstigen Umständen verhindern kann (weitergehend OLG Köln aaO für die Anweisung eines Finanzbeamten an die Kasse, eine Wohnungsbauprämie auszuzahlen: bereits die Anweisung sei eine Vermögensverfügung). Der Schaden besteht dann in einer konkreten Vermögensgefährdung. Verursacht hingegen erst der letzte Teilakt eine Vermögensminderung, so wird vielfach eine Täuschung in mittelbarer Täterschaft vorliegen. Dies ist der Fall bei der Bearbeitung eines Antrags des Täters in Behörden und Großunternehmen, wenn der primär Getäuschte die täuschenden Angaben des Täters weiterreicht oder seinerseits infolge der Täuschung den mit der weiteren Bearbeitung betrauten Personen falsche Angaben macht. Weiter kann eine Verfügung auch darin bestehen, dass der zunächst Getäuschte, nachdem er einen ersten Schritt in Richtung auf das vom Täter erstrebte Ziel hin getan, z.B. eine (noch nicht vermögensgefährdende) Anweisung zur Leistung an den Täter erteilt hat, eine Verhinderung der weiteren Schritte unterlässt (so in dem Fall des OLG Köln, in dem das Unterlassen freilich nicht mehr auf dem vom Täter erregten und mittlerweile entdeckten Irrtum beruhte, sondern auf der irrtümlichen Annahme, die zu verhindernde Auszahlung sei bereits erfolgt). Völlig problemlos sind schließlich die Konstellationen, in denen alle Teilakte von ein und derselben Person ausgeführt werden (so in dem BGH-Fall aaO). Dann ist lediglich für die Frage des Zeitpunktes des Schadenseintritts (Verjährung!) zu klären, welche der Handlungen die Vermögensminderung effektiv herbeigeführt hat. Die Figur der „mehraktigen Verfügung“ ist aber nicht nur regelmäßig entbehrlich, sondern birgt auch die Gefahr, das zutreffende und grundsätzlich anerkannte Erfordernis der Einheit von Getäuschtem und Verfügendem (Rdn. 2) zu unterlaufen. Lässt sich ein Betrug ausnahmsweise nicht mit den angeführten dogmatischen Instrumen-

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ten oder der „Wissenszurechnung“ (Rdn. 82) begründen, so kann dies auch nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit „gestreckter Verfügungen“ geschehen.

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2. Der sog. Dreiecksbetrug. Da nur Getäuschter und Verfügender identisch sein müssen (Rdn. 2 und 82), ergibt sich die strafrechtliche relevante Möglichkeit, dass bei Beteiligung mehrerer Personen Verfügender und Geschädigter auseinander fallen, also der irrende Verfügende fremdes Vermögen schädigt bzw. über fremdes Vermögen verfügt. Von dieser Möglichkeit wurde stillschweigend bereits oben Rdn. 110 mit dem Beispiel der missbräuchlichen Verwendung einer echten Kreditkarte im Drei-Parteien-System ausgegangen. Im Bereich des Sachbetruges geht es vor allem um die Abgrenzung gegenüber dem Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, wenn der infolge Irrtums (gutgläubig) auf die Sache Einwirkende Werkzeug eines Täters ist, dessen Tat dann als Wegnahme erscheint. Bei fehlender Zueignungsabsicht kann diese Wegnahme – außer nach § 248b – straflos sein, und die Gewaltanwendung nach Wegnahme kann § 252 erfüllen. Der Abgrenzung kommt daher auch erhebliche praktische Bedeutung zu. Während nun bei juristischen Personen, die als solche nicht irren und daher auch 113 nicht getäuscht werden können (Rdn. 92), nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ohne weiteres einleuchtet, dass die Verfügung des getäuschten Organs als Verfügung der juristischen Person erscheint,189 nämlich dieser zuzurechnen ist, kann zweifelhaft sein, welche Maßstäbe für eine Zurechnung des Handelns Dritter allgemein gelten, wobei die Grundstruktur des Betruges als Selbstschädigungsdelikt beachtet werden muss. Aus dieser Grundstruktur ergibt sich, dass nur bei einer besonderen Beziehung („Sonderbeziehung“) des Verfügenden zu dem geschädigten Vermögen von einer Selbstschädigung des Vermögensinhabers gesprochen werden kann (Küper BT S. 400). Dies kann als Frage nach der Verfügungsmacht bezeichnet werden. Unstreitig ist dabei die Konstellation, dass der irrende Verfügende eine rechtliche Befugnis hat, Rechtsänderungen mit unmittelbarer Wirkung für das fremde Vermögen vorzunehmen (Küper BT S. 400 f, 402 mit Nachw.) oder kraft hoheitlicher Stellung Anordnungen über das fremde Vermögen zu treffen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 68 und 69 mit Nachw.). Beispiele sind neben dem vorgenannten Handeln von Organen für juristische Personen die Täuschung und Verfügung des rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten, der zum Nachteil seines Geschäftsherrn handelt; des gesetzlichen Vertreters, der das Vermögen des minderjährigen Kindes mindert; des Insolvenzverwalters im Verhältnis zum Insolvenzschuldner; des Testamentsvollstreckers im Verhältnis zum Erben; des Prozessgegners durch Täuschung des Richters oder Rechtspflegers (Prozessbetrug); des Gerichtsvollziehers („Vollstreckungsbetrug“; OLG Düsseldorf NJW 1994 3366, 3367; Wagemann GA 2007 146 ff) usw. Erfasst werden aber auch Rechtshandlungen, die auf einer eingeräumten Befugnis beruhen und sich unmittelbar auf das Vermögen Dritter auswirken, sowie tatsächliche Handlungen, zu deren Vornahme der Vermögensinhaber einen Dritten zivilrechtlich wirksam ermächtigt hat (z.B. Täuschung des Insolvenzverwalters oder des Veranstalters einer Ausschreibung mit Schädigung der Mitbewerber des Täters, Rdn. 117; Beauftragung der Zimmerwirtin mit der Herausgabe von Gegenständen an nachfragende Besucher; vgl. Lackner LK10 Rdn. 111 sowie 112 mit weit. Beispielen und Nachw., aber auch Walter S. 283 mit Bedenken wegen der Stoffgleichheit, dazu Rdn. 256).

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Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT Rdn. 81a; Bockelmann BT 1 S. 94; Eisele BT II Rdn. 538; Kindhäuser Rdn. 141;

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Lackner/Kühl Rdn. 29; auch Fischer Rdn. 81 und Hefendehl MK Rdn. 286.

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Bereits aus diesen Konstellationen ergibt sich, dass die Verfügung des getäuschten 114 Dritten entsprechend der Natur des Betruges als Selbstschädigungsdelikt (oben Rdn. 5) als Verfügung des Vermögensinhabers erscheinen, diesem also zuzurechnen sein muss (zust. Fischer Rdn. 79 und Küper S. 402 f, je m.w.N.). Mit anderen Worten muss eine „Zurechnungseinheit zwischen Vermögensinhaber und Irregeführtem“ bestehen (Pawlik S. 213; Eisele BT II Rdn. 539; Rengier BT I § 13, 94 und FS Roxin [2001] 824). Unter der Geltung des wirtschaftlichen (oder wirtschaftlich-juristischen) Vermögens- 115 und Schadensbegriffs sind auch gewisse tatsächliche Einwirkungen auf fremdes Vermögen als Verfügungen (des Vermögensinhabers durch einen Dritten) anzusehen, wobei aber heute weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass nicht alle tatsächlichen Möglichkeiten der Einwirkung auf die Sache ausreichen:190 Der Zugriff auf das fremde Vermögen etwa durch Einschaltung eines getäuschten Gutgläubigen als Werkzeug der Wegnahme bleibt Diebstahl. Vielmehr muss für den Betrug ein „Näheverhältnis“ bestehen, kraft dessen der Getäuschte – in der Regel: schon vor der Täuschung191 – eine engere Beziehung zu dem betroffenen Vermögen hat als Außenstehende.192 Nur so erscheinen tatsächlich Verfügender und Geschädigter als „Zurechnungseinheit“ (die sich selbst schädigt). Bei der Bestimmung dieses Näheverhältnisses will eine Mindermeinung des Schrift- 116 tums den Dreiecksbetrug mit dem Recht auf Wahrheit verknüpfen und insoweit auf die zivilrechtliche Risikoverteilung, die Berufsrolle des Handelnden und weitere normative Kriterien abstellen193 (zur Kritik Rdn. 22 ff Vor § 263). Eine beachtliche weitere Minderansicht des Schrifttums will demgegenüber darauf abheben, ob eine Ermächtigung des Dritten durch den Vermögensinhaber vorliegt, welche die Zurechnung der Verfügung ermöglicht (sog. Befugnis- oder Ermächtigungstheorie).194 Diese Auffassung entspricht systematisch dem juristischen Vermögensbegriff und bestimmt die Zurechnung nach außerstrafrechtlichen Regelungen (vgl. nur Pawlik S. 214 mit Nachw.). Sie ist zu eng, in ihren Ergebnissen aber im Sinne eines „Minimalkonsenses“ (Offermann-Burckart S. 31) einhellig anerkannt (Küper BT S. 404). Es kann sich also nur darum handeln, wie weit zur Vermeidung von Strafbarkeitslücken über diese normative Bestimmung der Verfügungsbefugnis hinausgegangen werden kann. Herrschend ist insoweit – auch in der Rechtsprechung – die sog. Lagertheorie, die darauf abstellt, ob der Dritte „bildlich gesprochen im

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Bockelmann BT 1 S. 94; Fischer Rdn. 81; Hefendehl MK Rdn. 284; Kindhäuser Rdn. 142; Küper BT S. 402 f; Lackner/Kühl Rdn. 28; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 79 f; Otto BT § 51, 44; Rengier BT I § 13, 100; Schmidhäuser BT 11/19; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 65 f; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 640 und 642; weitergehend Blei II S. 230, demzufolge es allein auf die tatsächliche Einwirkung ankommt. Zu älteren Auffassungen insbes. Dreher JR 1966 29 f und GA 1969 56, 60 sowie Pawlik S. 212 f m.w.N. Arzt aaO Rdn. 82; Duttge in Dölling/ Duttge/Rösner Rdn. 33; Haft BT S. 209; Mitsch BT 1 § 7, 72; Rengier BT I § 13, 100; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 66; str., vgl. Schröder ZStW 60 (1941) 71, 73. BGHSt 18 221, 223 f (Sammelgaragen-Fall)

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und NStZ 1997 32, 33; Arzt aaO; Ebel Jura 2008 256; Eisele BT II Rdn. 540; Fischer Rdn. 82; Küper BT S. 403 ff; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 79 f; Mitsch BT 1 § 7, 72; Otto BT § 51, 44; Schmidhäuser BT 11/19 („spezifische Verfügungsnähe); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 644. Kindhäuser ZStW 103 (1991) 420 und FS Bemmann S. 361; Pawlik S. 207 ff, 217 f. Amelung GA 1977 14 f; Backmann S. 127 ff; Haas GA 1990 202 ff; Hefendehl MK Rdn. 286 ff; Hoyer SK § 242 Rdn. 61 § 263 Rdn. 94(a); Joecks Rdn. 54; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 417; Mitsch BT 1 § 7, 74; Otto ZStW 79 (1967) 81 ff; Roxin/ Schünemann JuS 1969 374f; Schünemann GA 1969 53 ff; Vogel LK § 242 Rdn. 125. Eingehend dazu Offermann-Burckart S. 44 ff m.w.N.

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,Lager‘ des Geschädigten“ (Lenckner JZ 1966 321), nämlich „innerhalb der Machtsphäre des Berechtigten als dessen Gehilfe und Schützer steht“ (Schröder ZStW 60 [1941] 70).195 Vor allem die Aufgabe als Gewahrsamshüter mit einer tatsächlichen Herrschaftsbeziehung zur Sache und die mit Einverständnis des Vermögensinhabers wahrgenommene Schutz- (Obhuts-) oder Prüfungsfunktion sind hierfür maßgebend. Dieser Ausgangspunkt ist wegen seiner Grundübereinstimmung mit dem faktischen Verfügungsbegriff und dem wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensbegriff zutreffend (zust. Rengier BT I § 13, 103; positiv insbes. auch das Urteil von Kindhäuser Rdn. 151: einfach und plausibel); er ist aber mit Blick auf die vielfältige Kritik an der Unbestimmtheit des Bildes vom „Lager“ und der Rolle des „Hüters“196 zu konkretisieren: Als Kriterien sind insoweit die Umstände anerkannt, dass der Vermögensinhaber dem Dritten die tatsächliche Sachherrschaft bewusst und gewollt übertragen hat197 (oder dass eine die Übertragung ersetzende Gesetzesregelung besteht) und dass der Gewahrsamshüter sich subjektiv im Rahmen der ihm eingeräumten Möglichkeiten (Kompetenzen) hält198; der Übertragung der Sachherrschaft gleichzustellen ist sonstwie legitime Besitzerlangung, z.B. durch den Finder oder Notgeschäftsführer. Mit diesen Kriterien lässt sich die „Zurechnungseinheit“ Verfügender/Geschädigter deutlich von dem Täter unterscheiden, der von außen eigenmächtig in die fremde Gewahrsamssphäre eindringt oder von der äußeren Grenze des fremden Herrschaftsbereichs her sich die Sache durch Anwendung von List aus dem Gewahrsamsbereich herausgeben lässt. Diese Auslegung führt zu denselben Ergebnissen (Betrug, nicht Diebstahl) wie die bekannte Entscheidung BGHSt 18 221 ff im Sammelgaragen-Fall und die des OLG Stuttgart NJW 1965 1930 f im Untermieter-Fall. Allerdings stellt der BGH (zust. OLG Karlsruhe [Z] NVersZ 1998 129 [f]) insoweit nur auf die unmittelbare räumliche Einwirkungsmöglichkeit des der Sache faktisch am nächsten Stehenden (Parkwächter) und damit auf seine bessere Zugriffsmöglichkeit ab; jedoch war in casu die Ableitung dieser Position vom Vermögensinhaber offensichtlich. Insgesamt ist daher mit der Rechtsprechung auch in den Fällen des Dreiecksbetruges trotz der möglichen begrifflichen Doppelung von Wegnahme und Herausgabe im Dreierverhältnis tatbestandliche Exklusivität von Diebstahl und Betrug anzunehmen.199 Bei einem hinreichend konkreten Näheverhältnis erscheint das Handeln des getäuschten Gewahrsamshüters wertungsmäßig als Tun des Gewahrsamsinhabers. Dieselben Kriterien gelten trotz fehlender Notwendigkeit einer Abgrenzung zu §§ 242 ff 117 auch beim Forderungsbetrug (zust. Hefendehl MK Rdn. 290; Fischer Rdn. 84; Rengier BT I § 13, 112). Allerdings bejaht die Rechtsprechung hier das Erfordernis eines Nähe-

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Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 130; Rengier BT I § 13, 103; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 66; auch Küper BT S. 405 f. Hefendehl MK Rdn. 286; Krey/Hellmann aaO; Küper aaO; Mitsch aaO; Pawlik S. 214 Fn. 27 m.w.N. Vgl. Offermann-Burckart S. 158 ff mit Nachw.; aA wohl Bockelmann BT 1 S. 94, Lackner/Kühl Rdn. 30 und Sch/Schröder/ Cramer/Perron aaO, die eine Zugehörigkeit des Getäuschten zum „Machtkreis“ des Vermögensinhabers verlangen und daher im Sammelgaragen-Fall – auch – Diebstahl annehmen (Rdn. 67). Eisele BT II Rdn. 540; Gössel 2 § 7, 74;

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Küper BT S. 405 f; Lackner/Kühl Rdn. 30; Mitsch BT 1 § 7, 23; Otto BT § 51, 44 und ZStW 79 (1967) 81; Rengier BT I § 13, 105 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 643; aA Fischer Rdn. 83 und Kindhäuser Rdn. 150. BGHSt 17 205, 209; Eisele BT II Rdn. 526; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 410; Küper BT S. 401; Lackner/Kühl Rdn. 31; Rengier BT I § 13, 93; Satzger S/S/W Rdn. 89; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 647; aA Herzberg ZStW 89 (1977) 387; Hoyer SK § 242 Rdn. 64; Lenckner JZ 1966 320, 321; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 67; Schröder ZStW 60 (1941) 80; Vogel LK § 242 Rdn. 123.

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verhältnisses nur pauschal oder erwähnt es überhaupt nicht (so z.B. im Scheckkarten-Fall BGHSt 24 382 ff; vgl. aber auch BayObLG wistra 1998 157 f mit krit. Bspr. Satzger JA 1998 926 ff: keine Nähe der Postbank zum Vermögen des Zessionars, wenn die Abtretung der Forderung wegen der Formvorschriften des PostG relativ unwirksam war). Dies erklärt sich daraus, dass insoweit häufig bereits rechtliche Regeln – im Sinne der Befugnistheorie – das (normative) „Näheverhältnis“ begründen. Dies liegt für die Verfügungsmacht des Richters beim Prozessbetrug und des Gerichtsvollziehers (OLG Düsseldorf NJW 1994 3366 f) mit Blick auf ihre hoheitlichen Befugnisse auf der Hand,200 gilt aber auch für Fälle des Rechtsscheins und des Verkehrsschutzes, soweit Rechtsvorschriften eine Schutz- und Nähebeziehung fingieren (im Ansatz zust. Hefendehl MK Rdn. 292): Wenn die gutgläubige Zahlung der Forderungssumme an den nicht mehr berechtigten Altgläubiger oder an den Überbringer einer Quittung nach §§ 405, 370 BGB gegenüber dem wirklichen Gläubiger die befreiende Wirkung des Unterganges der Verbindlichkeit hat, so ist die gutgläubig erbrachte Leistung Grund des Erlöschens der Forderung.201 Ebenso liegt es beim gutgläubigen Erwerb einer Forderung nach § 400 BGB oder Art. 16 WG oder des Eigentums an fremden Sachen nach § 932 BGB, der das Eigentum des bisherigen Berechtigten erlöschen lässt;202 beim Einzug einer Forderung durch einen nichtberechtigten Arbeitnehmer des Handelsgeschäfts mit Wirkung gegen den Inhaber des Geschäfts nach § 56 HGB;203 bei der Vernichtung einer Anwartschaft des aussichtsreichsten Wettbewerbers durch Erteilung des Zuschlags durch die Vergabestelle an den erfolgreich täuschenden Täter;204 bei der Begründung der Garantiehaftung der bezogenen Bank durch den Nehmer eines garantierten Schecks205 oder der Garantiehaftung des Kreditkartenausstellers bei der echten Kreditkarte im Drei-Parteien-System (oben Rdn. 110; aA Samson/Günther SK5 Rdn. 97 f). In allen diesen Fällen „verfügt“ kraft Gesetzes der Getäuschte über eine ihm kraft Gesetzes „nahe“ Forderung (oder das Eigentum) eines anderen. Zur Stoffgleichheit in diesen Fällen Rdn. 261. 3. Verfügungsbewusstsein? Unter dem Gesichtspunkt, dass Betrug Selbstschädigung 118 im Sinne eines Gebeaktes und eines Handelns „mit Willen“ des Opfers sei (Rdn. 98),

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Bockelmann BT/1 S. 94; Eisele BT II Rdn. 543; Fischer Rdn 85; Hefendehl MK Rdn. 286 und 291; Kindhäuser NK Rdn. 141; Kretschmer GA 2004 458 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 419; Lackner/ Kühl Rdn. 29; Offermann-Burckart S. 183; Rengier BT I § 13, 113; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 68 f; aA Fahl Jura 1996 77 f. OLG Celle NJW 1994 142, 143 mit Nachw. und abl. Bespr. Krack/Radtke JuS 1995 17 ff sowie Linnemann wistra 1994 167 ff; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 34; Eisele BT II Rdn. 542; Kindhäuser Rdn. 145; Rengier BT I § 13, 114 (für § 407 BGB); Schröder JZ 1972 707, 709; aA Mitsch BT 1 § 7, 75 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 67. Grundsätzliche Kritik an dieser Lösung (auch der im Text folgenden Gutglaubenskonstellationen) bei Jakobs FS Tiedemann S. 659 f sowie M. Brand JR 2011 99 ff.

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Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 130; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 §41, 81; aA Hefendehl MK Rdn. 292; Mitsch aaO; Pawlik S. 211; Rengier BT I § 13, 115; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Schröder aaO. BGH wistra 1992 299 und StV 1993 307 (f); Duttge aaO; Eisele BT II Rdn. 542; Rengier BT I § 13, 115; aA Hefendehl aaO; Mitsch aaO. BGHSt 17 147, 148 f; 34 379, 390 f; BGH NJW 1997 3034, 3037; Fischer Rdn. 84; Hefendehl Rdn. 290 und S. 420 ff m.w.N.; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 67. BGHSt 24 386, 389 mit Anm. Seebode JR 1973 117; Maurach Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 81 m.w.N.; aA Schmidhäuser BT 11/18 und Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO.

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wird in der Rechtslehre nicht selten verlangt, dass zu dem objektiven Verfügungstatbestand das subjektive Moment des Verfügungsbewusstseins bei dem Verfügenden treten müsse.206 Dieses Verfügungsbewusstsein ist streng von dem Bewusstsein der (Selbst-) Schädigung zu unterscheiden, das nach der im Schrifttum vertretenen Lehre von der unbewussten Selbstschädigung den Betrugstatbestand ausschließen soll (dazu Rdn. 182 ff). Das Verfügungsbewusstsein wird meist mit der „inneren Willensrichtung“ identifiziert, die bereits oben Rdn. 102 für die Abgrenzung von Diebstahl (in mittelbarer Täterschaft) und Sachbetrug erwähnt worden ist. Nach Miehe S. 21 geht es darum, ob der Getäuschte „die Gutsbewegung erfasst, die er auslöst oder zulässt“. Da der Wortlaut des Gesetzes aber eine solche Einschränkung nicht erwähnt, ist die Rechtsprechung seit langem im Prinzip gegenteiliger Ansicht und erfordert kein Verfügungsbewusstsein.207 Allerdings zieht sie die Kriterien des Verfügungsbewusstseins und der inneren Willensrichtung des Getäuschten durchaus heran, soweit es um Sachen geht, so dass häufig formuliert wird, die h.M. verlange beim Sachbetrug ein Verfügungsbewusstsein, dagegen beim Forderungsbetrug nicht (BGHSt 41 198, 201 ff).208 Demgegenüber hat Lackner (LK10 Rdn. 98) die Auffassung vertreten, ein Verfügungsbewusstsein sei zwar faktisch die Regel, aber rechtlich kein notwendiges Element der Verfügung, und zwar gleichermaßen bei Sachwie bei Forderungsbetrug. Diese Auffassung ist unter teleologischen Blickwinkel zunächst einleuchtend (dagegen aber Hefendehl MK Rdn. 240): Eine Täuschung, die dem Opfer schon den Charakter seines Verhaltens als Einwirkung auf das Vermögen verschleiert, ist gefährlicher und verwerflicher als eine Täuschung, die dem Opfer nur den vermögensbeschädigenden Charakter des Verhaltens verbirgt (Blei II S. 200; Miehe S. 54 f; vgl. aber auch Joecks Vermögensverfügung S. 113). Jedoch setzt das Dulden als Vermögensverfügung durch Unterlassen zwingend ein Einverständnis (mit der Wegnahme) voraus, um den Sachentzug als Gebeakt erscheinen zu lassen (Rdn. 102), und ein solches Einverständnis ist nur in bewusster Form möglich. Betrug bzw. eine Vermögensverfügung wird daher von der h.M. in den Fällen des For119 derungsbetruges bejaht, in denen das Opfer unwissentlich einen Vertrag eingeht oder zumindest den Anschein eines Vertrages setzt, z.B. wenn der von einem Provisionsvertreter Aufgesuchte mit seiner Unterschrift Waren oder Leistungen bestellt, während ihm vorgespiegelt wird, er bescheinige nur den Besuch des Vertreters (BGHSt 22 88 ff).209 Das-

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Hansen MDR 1975 533; Hefendehl MK Rdn. 240 ff; Joecks Vermögensverfügung S. 108; Mitsch BT 1 § 7, 66; Otto BT § 51, 32 und ZStW 79 (1967) 66 ff sowie JZ 1993 655; Ranft Jura 1992 71; aA Bockelmann BT 1 S. 96, der ein Verfügungsbewusstsein nur bei einer Verfügung durch Unterlassen verlangt. BGHSt 14 170, 172; OLG Hamm NJW 1965 702 f mit Anm. Knappmann S. 1931; ebenso Blei II S. 228; Gössel 2 § 21, 130 und 132; Hefendehl S. 397; Lackner/Kühl Rdn. 24 und 26; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 73; Rengier BT 1 § 13, 64 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 60. So insbes. Beukelmann in von HeintschelHeinegg Rdn. 36; Fischer Rdn. 74; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 386a; Otto BT § 51,

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30, der von einer Aufspaltung des Verfügungsbegriffs spricht. Ebenso Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 74; Backmann S. 65 ff; Biletzki JA 1995 858; Geiger JuS 1992 834, 837; Rengier aaO; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 51; im Ergebnis auch Schmidhäuser BT 11/17 und Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 60. So auch KG JR 1972 28 ff; OLG Hamm NJW 1965 702 f mit Anm. Knappmann; OLG Köln MDR 1974 157; Kindhäuser NK Rdn. 223; Lackner/Kühl Rdn. 24; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 73; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 56 und 60; aA Miehe S. 95 und Otto BT § 51, 42, differenzierend Joecks Vermögensverfügung S. 119 f. Eingehend dazu Hefendehl S. 393 ff m.w.N.

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selbe gilt – in Fällen des Sachbetruges wie des Forderungsbetruges –, wenn in den oben Rdn. 117 behandelten Rechtsscheinsfällen der gesetzliche Vertrauensschutz zu nachteiligen Wirkungen für Dritte führt oder wenn ein Recht unbewusst nicht geltend gemacht wird (Rdn. 103). Für den Sachbetrug werden demgegenüber, wie bereits erwähnt, teils Ausnahmen ge- 120 macht und teils zusätzliche Kriterien postuliert. So kann das Verfügungsbewusstsein dafür erheblich werden, dass das Verhalten des Getäuschten als Selbstschädigung zu verstehen ist. Dies betrifft die bereits Rdn. 118 angesprochene Duldung als Unterfall des Unterlassens als Vermögensverfügung: Duldet das Opfer – wie bei der Vorspiegelung amtlicher Beschlagnahme einer Sache (oben Rdn. 102) – nur das Fortnehmen, weil es Widerstand für zwecklos oder rechtswidrig hält, so verfügt es nicht.210 Vielmehr ist für die Verfügung nach einer verbreiteten Formel erforderlich, dass der Wille des Opfers, die Sache – sei es auch durch einen Nehmeakt des anderen – aus seinem Machtbereich zu entlassen, zwar auf irriger Motivationsgrundlage beruht, aber doch frei gefasst („freiwillig“) ist;211 auch bei einer Vermögensverfügung durch positives Tun muss der Getäuschte die von ihm durchgeführte Gewahrsamsübertragung wollen (BGHSt 41 198, 201 mit Nachw.). Dies entspricht dem Unrechtsgehalt des Betruges als eines Selbstschädigungsdeliktes, bei dem der Täter nur die Grundlagen der Entscheidung des Opfers beeinflusst, dieses selbst aber entscheidet (Rdn. 5). Formal über den Gesichtspunkt des Verfügungsbewusstseins will die Rechtsprechung auch die Fälle der Entwendung von Waren im Selbstbedienungsladen lösen, wenn die entwendete Ware im Einkaufswagen oder am Körper des Kunden versteckt oder in anderer, vorgezeigter Ware oder deren Verpackung verborgen und nicht an der Kasse vorgelegt wird (zur Täuschungshandlung in diesen Fällen oben Rdn. 50 und 68). OLG Düsseldorf NJW 1993 1407 f 212 will insoweit durch Annahme eines generellen Verfügungswillens des Kassierers, also durch Erstreckung dieses Willens auf den gesamten Inhalt des Einkaufswagens, eine Verfügung konstruieren und Strafbarkeit wegen Betruges annehmen. Dem hält BGHSt 41 198, 203213 entgegen, dass die Annahme eines solchen Verfügungswillens eine bloße Fiktion sei. In der Tat hat

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BGHSt 18 221, 223; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 30; Hefendehl MK Rdn. 237; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 404; Lackner/Kühl Rdn. 26; Meister MDR 1947 251; Miehe S. 74 ff; Rengier BT I § 13, 77 ff; Satzger S/S/W Rdn. 120; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 63 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 629, je m.w.N.; aA Kindhäuser NK § 242 Rdn. 54; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 33, 31; Vogel LK § 242 Rdn. 126. BGHSt 7 252, 255; 18 221, 223; BGHZ 5 365 ff; Backmann S. 81; Geppert JuS 1977 70; Lackner/Kühl aaO; Otto ZStW 79 (1967) 74; Rengier BT I § 13, 80; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 57; Schröder ZStW 60 (1941) 43; krit. Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf BT Rdn. 75 ff; Puppe JR 1984 229 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 632 ff. Mit Anm. Stoffers JR 1994 205 und Vitt

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NStZ 1994 133 sowie Bespr. Brocker JuS 1994 919 ff; Rossmüller/Rohrer Jura 1994 469 ff und Schmitz JA 1993 350 ff. Mit Anm. Scheffler JR 1996 342 und Zopfs NStZ 1996 190 sowie Bespr. von Heintschel-Heinegg JA 1996 97 ff und Hillenkamp JuS 1997 217 ff. Ebenso BayObLG MDR 1989 376; OLG Köln NJW 1984 810 und 1986 392; OLG Zweibrücken NStZ 1995 448; Fischer Rdn. 74; Hefendehl MK Rdn. 249; Kindhäuser Rdn. 157 und NK § 242 Rdn. 64; Lackner/Kühl Rdn. 26; Rengier BT I § 13, 86; Satzger S/S/W Rdn. 115; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 63a. Zu der umstrittenen Frage, ob eine Wegnahme oder eine Verfügung vorliegt, wenn der Täter an der Kasse Waren in falscher Verpackung vorzeigt, Hefendehl aaO Rdn. 252 f und Rengier aaO Rdn. 88 ff m.w.N.

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der Kassierer „nur die präsentierten Waren abzurechnen“ (Vitt NStZ 1994 133, 134) und überträgt nur an ihnen den Gewahrsam (Zopfs NStZ 1996 190 [f]). Allerdings stellt auch BGH aaO (m.w.N.) auf die innere Willensrichtung des Kassierers und sein fehlendes Verfügungsbewusstsein ab, um die Ablehnung von Betrug und die Annahme von Diebstahl zu begründen. Nicht befasst hat sich BGH aaO dagegen mit der Möglichkeit eines Forderungsbetruges (durch unbewusste Nichtgeltendmachung von Ansprüchen des Inhabers des Selbstbedienungsladens). Lackner LK10 Rdn. 106 will auf die Einheitlichkeit des Geschehens abheben und daher wegen der anerkannten Exklusivität von Diebstahl und Betrug den letzteren Tatbestand ablehnen. Damit wird übersehen, dass der Forderungsbetrug durchaus eigenständige Bedeutung neben dem Sachbetrug hat, jedenfalls soweit es um einen anderen Schaden geht. – Im Ergebnis verdient die BGH-Rechtsprechung mit der Annahme ausschließlichen Eingreifens von §§ 242 ff Zustimmung: Als Forderung kommt in den hier einschlägigen Fällen weder ein Kaufpreisanspruch (mangels Abschlusses eines Kaufvertrages) noch ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB in Betracht (sofern man mit der h.M. eigenen Besitz des Kunden an der Ware im Augenblick des Passierens der Kasse verneint). Es bleiben lediglich Ansprüche auf Abwehr der (drohenden) Besitzstörung, deren Nichtwahrnehmung aber keine weitere Minderung des Vermögens bedeutet als die durch den Diebstahl erfolgende (Hillenkamp JuS 1997 222 mit Nachw.; krit. T. Walter S. 221 ff). Das Gesamtgeschehen ist daher nur als Diebstahl zu beurteilen, was im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 252 (ff) auch als kriminalpolitisch sinnvoll erscheint. Jedenfalls bei Erlangung eigener Sachherrschaft durch den Kunden vor Passieren der Kasse (z.B. durch Einstecken in die eigene Kleidung oder eine Einkaufstasche, BGHSt 16 271 ff und Vogel LK § 242 Rdn. 96 und 102, je mit Nachw.) kann an diesem Ergebnis kein Zweifel bestehen.

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4. Kausalität. Ebenso wie zwischen Täuschung und Irrtum ist auch zwischen Irrtum und Vermögensverfügung des Getäuschten ein Kausalzusammenhang erforderlich. Dabei genügt entsprechend allgemeinen Grundsätzen kumulative Kausalität.214

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a) Eine gewisse Besonderheit ergibt sich nach h.M. daraus, dass die jeweilige Ursache den Getäuschten zur Vornahme der Vermögensverfügung motiviert haben, also ein Motivationszusammenhang bestehen muss.215 Lackner LK10 Rdn. 117 spricht von einer „psychisch vermittelten, d.h. über einen Motivationsprozess verlaufenden Kausalität“. Dass es hier nicht – oder nur selten – um naturwissenschaftliche Kausalvorstellungen gehen kann, ist so gut wie anerkannt (vgl. nur Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 77; krit. Gössel 2 § 21, 129, der ebenso wie Pawlik S. 249 f die Lehre von der objektiven Zurechnung anwenden will). Jedoch ist Kausalität im Bereich der inneren Vorgänge ebenso möglich wie bei äußeren Erscheinungen (Engisch FS von Weber, 1963, S. 264). Zutreffend spricht daher Sieber (Computerkriminalität S. 214) von einer „psychischen Verursachung“ der Vermögensverfügung. Jedenfalls im Regelfall führt bereits die richtige Anwendung der conditio sine qua non-Formel zu den richtigen Ergebnissen, weil sie nur das Hinwegden-

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BGH NStZ 1999 558, 559; RGSt 76 82, 86; OLG Düsseldorf NJW 1987 3145 (f); Eisele BT II Rdn. 528; Fischer Rdn. 87; Hefendehl MK Rdn. 239; Lackner/Kühl Rdn. 54; Rengier BT I § 13, 22; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 77; Sieber Computerkriminalität S. 213; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 520.

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BGHSt 13 13, 14 f; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 82; Otto BT § 51, 51; Pawlik S. 249 f; Sch/ Schröder/Cramer/Perron aaO; Sieber aaO S. 216.

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ken der in Frage stehenden Bedingung erfordert und nicht das Hinzudenken einer hypothetischen Ersatzbedingung erlaubt, die anstelle der wirksam gewordenen Bedingung denselben Erfolg herbeigeführt hätte.216 Grundsätzlich entfällt der Kausalzusammenhang also (nur), wenn der Getäuschte dieselbe Verfügung auch ohne den Irrtum vorgenommen hätte (vgl. nur Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 77). Dies ist auch dann der Fall, wenn der Getäuschte zwar die vorgespiegelte Tatsache für wahr hält, sie aber für seine Verfügung als irrelevant erachtet (Lackner aaO). Straflos ist daher eine Falschangabe zum Verwendungszweck eines Darlehens, wenn dieser Zweck den Darlehensgeber nicht interessiert (Lackner aaO); der Gebrauch eines falschen Namens durch den Darlehensnehmer, dessen Identität feststeht (RGSt 48 238 ff); die Täuschung über den Rückzahlungswillen, wenn das Darlehen allein deshalb gewährt wird, weil der Darlehensgeber die Kreditsuchende „fesch“ und „sympatisch“ findet und er sich „ein bisschen in sie verschaut“ hat (BGH StV 2002 132 f); die Angabe eines falschen Namens und die unrichtige Behauptung, versichert zu sein, durch den Kranken, der als Notfall in das Krankenhaus aufgenommen wird, und dies wegen der besonderen Dringlichkeit ohne Rücksicht auf die Kostendeckung (BGH bei OLG Düsseldorf NJW 1987 3145 f; ebenso mit anderer Begründung Pawlik S. 249 f); das Vortäuschen von Zahlungswilligkeit des Abfallentsorgers bei Abladen von Bauschutt auf einer städtischen Deponie, deren Benutzung die Stadt abfallrechtlich dulden muss (vgl. BGH NStZ 1990 388 f); die Vorspiegelung von Gebrechen oder Not durch den Bettler, wenn ihm das Almosen allein in der Absicht gegeben wird, ihn „loszuwerden“ (Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO). In allen diesen Fällen ist der Irrtum nicht „handlungsleitend“ geworden (Hefendehl MK Rdn. 233). Wenn und soweit die Falschangabe und der Irrtum dagegen wirksam geworden sind 123 (z.B. das Almosen aus Mitleid gegeben wird), bleibt die hypothetische Bedingung – das Almosen wäre auch gegeben worden, um den Bettler loszuwerden – unbeachtlich (aA Frank Anm. VI 1a; T. Walter S. 236 ff, je mit Nachw.). Ein weiterer Beispielsfall findet sich bei BGH bei Dallinger MDR 1958 139: Der Wohnungsinteressent zahlt dem Makler eine Abstandssumme, die angeblich vom Vermieter gefordert wurde und die der Wohnungssuchende zur Überwindung seiner Notlage auch direkt zugunsten des Maklers gezahlt hätte. Als zusätzliches Beispiel nennen Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 77) die Konstellation, dass der Schuldner über seine Kreditwürdigkeit täuscht, bei Offenbarung seiner Verhältnisse aber das gewünschte Darlehen aus Mitleid erhalten hätte (vgl. auch BGH NStZ 1999 558 f: GmbH-Geschäftsführer befolgt die Anweisung zur Geldanlage bei K, hätte das Geld bei entsprechender Weisung auch bei T angelegt). – Sind zwei (oder mehr) Gründe für die Verfügung wirksam geworden („Motivbündel“), so begründen die Täuschung und der Irrtum über einen der Gründe die Strafbarkeit wegen Betruges selbst dann, wenn das andere Motiv schon für sich betrachtet ausreichend gewesen wäre, um die Verfügung zu bewirken (BGHSt 13 13 ff für den Fall, dass ein Darlehen in Diensträumen der Justiz an eine Amtsperson [Referendar] gegeben wird, die zu Unrecht die Fähigkeit und Bereitschaft zu alsbaldiger Rückzahlung erklärt).217 Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob eines der Motive schon für sich genommen ausreichend gewesen wäre, und entspricht anerkannten Regeln des Allgemeinen Teils (vgl. nur Jescheck/Weigend § 28 II 4 S. 282).

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Eisele aaO; Hefendehl MK Rdn. 233; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Sieber aaO S. 212 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 522.

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Mit Anm. Heinitz JR 1959 386 ff; zustimmend Hefendehl aaO; Lackner/Kühl Rdn. 54; Otto BT § 51, 52; Pawlik S. 249; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO.

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b) In den Fällen, in denen der Irrtum nur in einer Fehlvorstellung der Art „alles in Ordnung“ besteht (oben Rdn. 79), begründet die Rechtsprechung nicht selten die Kausalität für die Vermögensverfügung mit der Erwägung, dass der Getäuschte bei Kenntnis der Wahrheit die Verfügung nicht vorgenommen hätte (vgl. BGHSt 2 325, 326 f; 24 257, 260 f und 386, 389). Damit wird unzulässigerweise eine hypothetische Ersatzbedingung herangezogen.218 Richtigerweise kommt es darauf an, ob das Für-Wahr-Halten der vorgespiegelten Tatsache die Vermögensverfügung jedenfalls mitmotiviert hat (Lackner LK10 Rdn. 118 a.E.). Die Schwierigkeit, eine solche Kausalität zu ermitteln, hat ihre Ursache in der weiten Handhabung des Irrtumserfordernisses und darf nicht durch das Hinzudenken positiver Kenntnis des Täuschungsadressaten überspielt werden.

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c) Die Feststellung der (psychischen) Kausalität im Einzelfall ist Tatfrage und nur bei entsprechend positiver Aussage des Getäuschten im Strafverfahren einigermaßen einfach. Zusätzlich und daneben kommen ähnlich wie bei der Feststellung des Irrtums im Strafverfahren (Rdn. 87) Indizien in Betracht, die bei der Verfügung über eigenes Vermögen in dem eigenen Interesse des Opfers an einer bestimmten Zweckerreichung und bei der Verfügung über fremdes Vermögen in der Pflicht (z.B. aus Arbeitsvertrag) zur Vornahme von Kontrollen bestehen (Lackner LK10 Rdn. 119; Sieber Computerkriminalität S. 214 f). Daher wird es in den Fällen der Vorlage eines Sparbuchs durch einen Nichtberechtigten (Rdn. 44 und 88) mangels Prüfungspflicht des Bankangestellten in der Regel, nämlich bei Fehlen besonderer Umstände, jedenfalls an der Kausalität eines etwaigen Irrtums für die Vermögensverfügung (Geldauszahlung) fehlen (Lackner aaO). Macht sich der Angestellte allerdings tatsächlich Gedanken (z.B. über die Berechtigung des Empfängers von Deputatkohle oder die Richtigkeit vertragsärztlicher Abrechnungen, Rdn. 50, 79, 83 und 91), so ist die erforderliche Kausalität auch bei Fehlen einer rechtlichen Kontrollverpflichtung gegeben (Sieber aaO m.w.N.; aA Hefendehl MK Rdn. 211 ff, 233, der bei „normativen Gründen“ wie im Sparbuch-Fall den Irrtum für irrelevant und die Heranziehung von Indizien für „zweifelhaft“ hält). Unter zeitlichen Aspekten (für gestreckte Sachverhalte) verlangt BGH wistra 1993 224 (m.w.N.) nähere Feststellungen des Tatrichters zu der Frage, ob die Ausführung weiterer Warenlieferungen trotz offenstehender Rechnungen noch auf der früheren Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit beruht; es kommt darauf an, ob der Lieferant Kenntnis von der Zahlungssäumigkeit erlangte und weshalb er sich gleichwohl zu weiteren Lieferungen bereit fand (ebenso zuletzt BGH wistra 1998 179 f). OLG Schleswig SchlHA 1987 106 f verlangt bei Übergabe eines ungedeckten Schecks an den Fahrer eines Warenhauses, der gekaufte Ware beim Kunden abliefert, Feststellung der Weisung des Warenhauses gegenüber dem Fahrer, die Ware nur gegen Barzahlung oder Hingabe eines Schecks auszuhändigen.

V. Der Vermögensschaden 126

Die Vermögensverfügung des Getäuschten muss auf eigenes oder fremdes Vermögen unmittelbar einwirken (oben Rdn. 96 ff) und dadurch eine Vermögensminderung bewirken (Rdn. 97). Die Feststellung, dass diese zu einem Vermögensschaden führt, setzt in

218

Giehring GA 1973 24; Lackner LK10 Rdn. 118; Sieber aaO S. 213. Vgl. auch Hefendehl MK Rdn. 210.

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mehrfacher Hinsicht Bewertungen voraus, die nur in den Ausgangspunkten einigermaßen gesichert sind: Zunächst ist – genau genommen bereits für das Vorliegen der Vermögensverfügung! – zu ermitteln, ob das Objekt der Einwirkung überhaupt zum Vermögen gehört, nämlich dessen Bestandteil ist; die wichtigsten Grundauffassungen zum Vermögensbegriff wurden bereits Rdn. 26 ff Vor § 263 dargestellt und sind hier mit einigen Einzelheiten und Folgerungen zu vertiefen, ohne dass aber für die Zwecke dieser Kommentierung die zahlreichen Differenzierungen der Begründungen dargestellt werden müssten (unten 1.). Sodann ist nach h.M. der objektive („intersubjektive“) Wert des weggegebenen oder beeinträchtigten Vermögensgegenstandes zu bestimmen; dies erfolgt nach der modernen Werttheorie üblicherweise in der Form des Marktpreises, der aus Angebot und Nachfrage entsteht und die Knappheit des Gutes widerspiegelt. Der Marktpreis bildet sich zwar aufgrund der individuellen Wertschätzungen sowie der Zwecksetzungen vieler Einzelner, ist aber von der individuellen Wertschätzung und Zwecksetzung des Einzelnen unabhängig (Rdn. 32 Vor § 263). Die grundsätzliche Werthaltigkeit einzelner Vermögensbestandteile wird unten 2. dargestellt. Anschließend ist als Problem der Saldierung bzw. Kompensation der Austausch der Leistungen zu bewerten; die Prinzipien dieser Schadensermittlung werden unter 3. zusammengefasst. Hier sei der Grundsatz vorweggenommen: Bei fehlender Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen (oder eingegangenen Verpflichtungen) ist ein (Vermögens-)Schaden nach h.M. zu bejahen (vgl. nur BGHSt 16 321, 325). Sind die ausgetauschten Leistungen dagegen gleichwertig, so kann gleichwohl ein Schaden in der objektiv fehlenden oder eingeschränkten Brauchbarkeit der Gegenleistung für die individuellen Bedürfnisse des Opfers („individueller Gebrauchswert“) oder in den Auswirkungen der Vermögensverfügung für sein Gesamtvermögen liegen; diese Betrachtung fehlt in aller Regel in den Wirtschaftswissenschaften, die normalerweise (nur) Güter und Unternehmen in Geldeinheiten bewerten. Jedoch ist die Verfügungsmöglichkeit ein wesentliches Element auch des wirtschaftswissenschaftlichen Vermögensbegriffs, so dass jedenfalls die durch das zugeflossene Gut bewirkte Bindung des Gesamtvermögens und der daraus folgende Verlust von Verfügungsmöglichkeit auch nach betriebswirtschaftlicher Auffassung einen (Vermögens-)Schaden des Gesamtvermögens begründen (vgl. auch BGHSt 16 329). Im Rahmen des § 263 ist freilich streitig, mit welchen Maßstäben die Verwendbarkeit des neuen Gutes als Bestandteil des Gesamtvermögens zu messen ist. Übereinstimmung besteht zwischen personaler und wirtschaftlicher Schadensbetrachtung darin, dass nur wirtschaftliche Zwecksetzungen in Frage kommen (Rdn. 33 Vor § 263). Jedoch können diese stärker objektiv-juristisch (BGHSt 16 326: Auffassung eines sachlichen Beurteilers) oder aber individuell (rein personale Vermögenslehre!) bestimmt oder schließlich differenziert nach den Bereichen der privaten Lebensgestaltung (mit ihrer Untrennbarkeit von privater Willkür einschließlich wirtschaftlicher Unvernunft: T. Walter S. 262 mit Nachw.) und der wirtschaftlichen Betätigung bestimmt werden (insoweit grundlegend Jakobs JuS 1977 230 f; vgl. auch T. Walter S. 254 ff; Waßmer S. 143 f). In Rechtsprechung und Lehre vorherrschend ist die erstgenannte Auffassung, die als persönlicher oder individueller Schadenseinschlag bezeichnet wird (vgl. nur Hefendehl MK Rdn. 632) und sich durch die Rechtsfigur des vernünftig und sachlich handelnden Dritten (BGHSt 16 321, 326) als konform mit dem Gegenstand der Täuschung (Tatsachen als rationale Grundlage der Vermögensverfügung, oben Rdn. 8 mit Nachw.) erweist. Sie wird hier im Ausgangspunkt zugrunde gelegt und stellt auch insofern keine Ausnahme dar, als es für die Wertbestimmung auf den Gegenstand in den Händen und in dem Vermögen des Vermögensträgers ankommt. Allerdings bedarf es nach h.M. des Rückgriffs auf diese individualisierende Sicht erst, wenn unter marktmäßiger Bewertung Leistung und Gegenleistung an sich ausgewogen sind (zur Methodenkritik vgl. nur Lampe FS Otto S. 624 ff). – Zur zunehmend betonten Normativierung des Scha-

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dens in dem Sinne, dass er nur anzunehmen ist, wenn seine Herbeiführung nicht durch einen zivil- oder öffentlich-rechtlichen Anspruch gedeckt ist, unten Rdn. 185 und 186.

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1. Der Vermögensbegriff. Bereits der Vermögensbegriff ist trotz langen Streites um seinen richtigen Inhalt stärker kriminalpolitisch als dogmatisch begründet, wird häufig unmittelbar mit der Schadensproblematik verknüpft und kann in seinen historischen Ausgangspolen – der rein juristischen und der rein wirtschaftlichen Vermögensauffassung – heute als weitgehend überholt bezeichnet werden. Beide Grundauffassungen haben aber auch heute noch (und wieder) Bedeutung für das Verständnis und die Klärung der überaus zahlreichen Zwischenpositionen (insbesondere des Schrifttums), die hier nur zusammengefasst dargestellt werden.

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a) Die sog. juristische(n) Vermögenslehre(n) knüpfte(n) an den Primat der Lehre vom subjektiven Recht im 19. Jahrhundert an und definierte(n) das Vermögen als Summe der Vermögensrechte und -pflichten einer Person (Köstlin, Merkel, Binding, Gerland). Mit ihrer Anknüpfung der Bestimmung von Vermögensbestandteilen an zivil- und öffentlichrechtliche „Zuteilungsordnungen“ (Gallas FS Eb. Schmidt S. 408) und die außerstrafrechtliche Vorformung der Güter war diese Lehre im Verhältnis zu jenen außerstrafrechtlichen Rechtsgebieten streng akzessorisch und damit geeignet, Normwidersprüche innerhalb der Gesamtrechtsordnung zu vermeiden. Sie schloss eine Betrachtung des Vermögens als Einheit und folgerichtig – beim Schaden – jede Kompensation aus. – Die Kritik setzte vor allem daran an, dass die juristische Vermögenslehre einerseits einer ganzen Reihe von Gegenständen des modernen Wirtschaftsverkehrs nicht gerecht wird, nämlich wirtschaftlichen Gütern wie Arbeitskraft, Geschäftsgeheimnis, Kundenstamm und Exspektanzen außerhalb einer vertraglichen Grundlage (!) keinen strafrechtlichen Schutz gewährt und andererseits auch wirtschaftlich wertlose Rechte sowie jedenfalls der Tendenz nach auch immaterielle (Affektions-)Interessen einbezieht.219 Die juristisch-formelle Schadensbestimmung im Sinne der zivilrechtlichen Erfüllungslehre lässt eine Berücksichtigung von Gefährdungsschäden (sowie Kompensationen) nicht zu und führt zu einer totalen Subjektivierung, weil bei jeder auf Täuschung beruhenden Abweichung der Leistung von der Vereinbarung das Belieben des Getäuschten über das Vorliegen einer Schädigung entscheidet; Samson/Günther SK5 Rdn. 102 sprechen daher insoweit zu Recht von einer subjektiven Vermögensschadenslehre. Unter kriminalpolitischem Blickwinkel erschien die Irrelevanz des wirtschaftlichen Wertes der jeweils in Frage stehenden Ansprüche und Rechte besonders gravierend, soweit sie nämlich – unter Schadensgesichtspunkten – notwendigerweise zur Straflosigkeit insbesondere etwa des Kreditbetruges und seiner Unterarten (vor allem bei Merkel) führen musste – es sei denn man stellte mit Binding systemwidrig auf die spätere Entwicklung (nach Vornahme der Verfügung, nämlich Eingehung der Verbindlichkeit) ab (dazu zu Recht krit. Cramer Vermögensbegriff S. 123) oder konstruierte einen (zivilrechtlich nicht vorhandenen) schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung vorvertraglicher Absprachen (Hoyer SK Rdn. 184 mit Nachw.). Neuerdings wird nach jahrzehntelanger Kritik wieder mehr Sympathie für die juris129 tische Vermögens- und Schadensauffassung geäußert. So weist Vogel (§ 4 I 2c und 3) da-

219

Zur Kritik im Einzelnen Arzt in Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 88 f; Cramer Vermögensbegriff S. 71 ff, 123; Gössel 2 § 21, 104 ff; Hefendehl S. 88 f und

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MK Rdn. 295 ff; Hoyer SK Rdn. 102 ff; Kindhäuser Rdn. 113 f und NK Rdn. 322 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 91 ff; Nelles S. 350 ff; Pawlik S. 255 m.w.N.

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rauf hin, dass die moderne zivilrechtliche Vermögens- und Schadensdogmatik der §§ 249 ff BGB sowie §§ 812 ff BGB weithin Ergebnisse hervorbringt, die sachgerecht sind und mit den strafrechtlichen Desiderata korrelieren (vgl. auch Hefendehl S. 125). Allerdings wird dieser „schadensrechtliche“ bzw. „bereicherungsrechtliche“ Vermögensbegriff von diesem Autor nicht weiter ausgebaut (und von Hefendehl aaO im Zusammenhang mit der Behandlung von Exspektanzen ausdrücklich verworfen). Dagegen stellt Pawlik (S. 254) einen „neuformulierten juristischen Vermögensbegriff“ vor, begreift diesen allerdings autonom strafrechtlich als Ausprägung von Selbstdarstellungsfreiheit, also von Personalität. Die Vermögenszuordnung soll entsprechend den Rechtszuweisungen des bürgerlichen und des öffentlichen Rechts erfolgen, aber nur negativ faktische Positionen aus dem strafrechtlichen Vermögensbegriff ausschließen (S. 259). Die in Frage stehende Rechtsposition müsse „unmittelbare Ausprägung des Selbstdarstellungsrechts ihres Inhabers“ sein, ohne geldwert oder selbständig verkehrsfähig sein zu müssen (S. 260). Diese Auffassung vom Vermögen als „vergegenständlichter Handlungsfreiheit“ (Pawlik S. 263) trifft auf die Rdn. 27 ff Vor § 263 dargelegten Bedenken und ist daher im Rahmen dieser Darstellung nicht weiter zu verfolgen. Dasselbe gilt für den von Kindhäuser (BT II/1 § 1, 10 und 21 sowie JR 1997 303) vorgestellten juristischen Vermögensbegriff, der das Vermögen als um der freien Entfaltung des Einzelnen willen geschützt ansieht, es als „Summe der übertragbaren Rechte“ bezeichnet und den Schaden nach dem „jeweiligen Interesse des Rechtsinhabers“ bestimmt. b) Der rein (oder „extrem“) wirtschaftliche (faktische) Vermögensbegriff (RGSt 44 130 230 ff; OLG Hamburg NJW 1966 1525 f) geht von einer betont wirtschaftlich-faktischen Betrachtungsweise des Vermögens aus (vgl. nur Tiedemann NJW 1977 777, 779). Er behandelt jede Position, der im Geschäftsverkehr wirtschaftlicher Wert beigemessen wird, als Vermögensbestandteil (Haft/Hilgendorf BT I S. 91). Insbesondere können auch rein tatsächliche Erwerbsaussichten sowie nichtige Ansprüche aus sittenwidrigen oder verbotenen Geschäften und nicht klagbare Ansprüche aus unvollkommenen Rechtsgeschäften geldwert sein, wenn sie faktisch realisierbar sind (vgl. BGHSt 2 364, 365 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 429 f, 433 ff). Andererseits scheiden subjektive Rechte ohne wirtschaftlichen Wert aus (zusammenfassend Fischer Rdn. 98; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 85 m.w.N.). RGSt 44 230, 233 übernahm diese Lehre uneingeschränkt mit der Definition des Vermögens als „Summe der geldwerten Güter einer Person“, schränkte sie aber später wiederholt ein (vgl. nur RGSt 65 99 ff; 66 281, 285). Auch die verbale Übernahme durch BGHSt 2 364, 365 (für nichtige Forderungen bei rechtswidrig innegehabten Sachwerten, vgl. Rdn. 151) wurde später (für nichtige Forderungen allgemein, insbesondere für den Dirnenlohn und Ansprüche wegen Telefonsex) durch den Maßstab des Rechts eingeschränkt.220 Die Aussage von BGHSt 2 364, 366 ff, es gebe kein rechtlich ungeschütztes Vermögen, wird daher in der späteren BGH-Rechtsprechung nicht wirklich durchgehalten (vgl. BGH NStZ 1987 407) und neuerdings zunehmend abgeschwächt (Küper BT S. 368 f mit Nachw.). Die Haupteinwände gegenüber den wirtschaftlichen Vermögens- und Schadenslehren 131 beziehen sich auf die mangels jeder rechtlichen Fixierung beachtliche Unbestimmtheit geldwerter Vermögenspositionen (Lackner LK10 Rdn. 122), was allerdings jedenfalls teilweise durch eine restriktive Interpretation (so Lackner aaO; vgl. auch – zu § 266 –

220

BGHSt 4 373; 26 346, 347 f; BGH JR 1988 125 f mit Anm. Tenckhoff sowie wistra

1984 141, 142; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 99.

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BVerfGE 126 170) und/oder durch Anwendung von Maßstäben etwa des Bilanzrechts behoben werden kann (dazu Hefendehl S. 166 ff), sowie vor allem auf den nicht überbrückbaren Widerspruch zu anderen Teilen der Rechtsordnung (vgl. nur Hefendehl MK Rdn. 298). Neuerdings wird wiederholt im Anschluss an Gallas (FS Eb. Schmidt S. 426) darauf hingewiesen, dass Zuordnungskriterium der wirtschaftlichen Vermögenslehre allein der bessere faktische Zugriff, also die Gewalt sei.221 Dies ist mit Kindhäuser (BT II/1 § 1, 14) als eine „schon im Ansatz sachwidrige unjuristische Konstruktion“ zu bezeichnen: Vermögen und Vermögensbestandteile müssen rechtlich und nicht nur faktisch einem Träger zugeordnet werden (so zuletzt auch Achenbach FS Roxin, 2011, S. 1015 mit Nachw.). Jedenfalls im Falle der Kollision von Macht (Gewalt) und Recht verdient Letzteres auch für die Vermögensbetrachtung den Vorrang (Nelles S. 364). Auf jeden Fall werden daher solche geldwerten Positionen, deren Beseitigung von der übrigen Rechtsordnung gewollt ist, nicht durch § 263 geschützt (Lackner LK10 Rdn. 132; Samson/Günther SK5 Rdn. 111 m.w.N.).

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c) Aus diesen Gründen verdienen die zuerst von Nagler (ZAkDR 1941 294 ff) so genannten juristisch-ökonomischen Vermittlungslehren den Vorzug, und zwar aus den Rdn. 31 Vor § 263 dargelegten Gründen grundsätzlich in Gestalt der integrierten (institutionellen) Vermögenslehren, wie sie neuerdings von Hefendehl, Nelles, Schünemann und Vogel formuliert worden sind (vgl. Hefendehl MK Rdn. 334 ff mit Nachw. und bereits Tiedemann JurA 1970 257, 263). Negativ aus dem strafrechtlich geschützten Vermögen auszuscheiden sind daher – mit der inzwischen wohl h.M. – von der außerstrafrechtlichen Wertung missbilligte Positionen (Lackner LK10 Rdn. 123; Tiedemann aaO): „Wenn die rechtliche Zuteilungsordnung jemandem die Ausübung einer faktischen Macht über ein Gut verbietet und ihm in seiner Position auch keinen Schutz gewährt, so kann das Recht ihn nicht zugleich als Inhaber dieses Gutes behandeln.“ (Lackner aaO) Dagegen ist nach h.M. rechtliche Verfügungsmacht über das Gut 222 ebensowenig zu fordern wie ein „Schutz der Rechtsordnung“ (RGSt 66 281, 285)223 oder die (schwächere) „Billigung“ oder „Anerkennung“ durch die Rechtsordnung 224. Neben der negativen Nicht-Missbilligung durch die Rechtsordnung (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 92 mit Nachw.) reicht vielmehr positiv aus, dass die Beeinträchtigung des Gutes einen irgendwie gearteten (zivil-)rechtlichen Interessenausgleichsanspruch begründet (Cramer Vermögensbegriff S. 112 f). Die wohl h.M. definiert daher unter dem Vorbehalt fehlender Missbilligung durch die Rechtsordnung Vermögen als Inbegriff geldwerter Güter einer Person, wobei auch Gebrauchs-, Nutz-, Ertrags- und Wiederbeschaffungswerte ebenso wie die Aufopferung von Vermögen für immaterielle Zwecke in Geld ausgedrückt werden können (vgl. nur Vogel § 4 I 1c mit Nachw.). Entsprechend der Maßgeblichkeit des Marktwertes (Rdn. 126) ist der Geldwert einer Ware oder Leistung entscheidend (vgl. nur BGHSt 16 220, 221f; Hefendehl MK Rdn. 444; Lampe FS Otto S. 625 m.w.N.). Auf den 221 222

Vgl. nur Hefendehl S. 108 ff; und MK Rdn. 338 sowie Nelles S. 363. Frank Anm. V; Gallas FS Eb. Schmidt S. 409; Kindhäuser Rdn. 122 und NK Rdn. 44 ff („Verfügungsmacht einer Person über die ihr rechtlich zugeordneten übertragbaren [abstrakt geldwerten] Güter“); Nagler ZAkDR 1941 294; ähnlich Hefendehl S. 191 (Herrschaft über ein zivilrechtlich anerkanntes Vermögensaktivum).

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Eisele BT II Rdn. 568; Foth GA 1966 42; Franzheim GA 1960 277; Gutmann MDR 1963 5; Heinrich GA 1997 33; Hirschberg S. 319; Lange ZStW 65 (1953) 78 und 68 (1956) 645; Lenckner JZ 1967 107; Mitsch BT 1 § 7, 84; Rengier BT I § 13, 119; Welzel S. 315 ff und 372; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535. Cramer Vermögensbegriff S. 100; Hoyer SK Rdn. 118.

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Tauschwert bei „dem beiderseitigen subjektiven Geldwert entsprechendem Tausch“ stellt Hoyer (SK Rdn. 115 ff) ab und verlangt seine Anerkennung von der Rechtsordnung, um als Vermögensbestandteil zu gelten (aaO Rdn. 118). – Allerdings gehen insbesondere die Vertreter der neueren integrierten Vermögenslehren unterschiedlich weit, was die positive Bedeutung rechtlicher Vorwertungen angeht. Nach einer dieser Auffassungen hat die erforderliche Abgrenzung zu Nichtvermögensgütern unter dem Gesichtspunkt zu erfolgen, ob es um Positionen geht, die von Rechts wegen Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein können (Nelles S. 438 ff; Hefendehl S. 116 f). Weiterreichend will Vogel (§ 4 III 1) zum Vermögen nur zählen, was Gegenstand „legitimen Wirtschaftens“ ist (unten Rdn. 141). Zutreffend erscheint es demgegenüber, mit der wohl h.M. unter Ausschluss rechtlich missbilligter Positionen im Ausgangspunkt an der wirtschaftlichen Bewertung festzuhalten, diese zunächst faktische Sicht aber durch Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Wertungen zu konkretisieren und zu ergänzen (vgl. insbes. Rdn. 135, 151 und 172). 2. Einzelne Vermögensbestandteile. Divergenzen der unterschiedlichen Vermögens- 133 lehren ergeben sich vor allem bei der Behandlung von unsittlichen und verbotenen Geschäften. Dagegen besteht mit Blick auf zahlreiche wirtschaftlich wertvolle (geldwerte) Positionen (Rdn. 155!) – mit den noch darzustellenden Abgrenzungen und Einschränkungen – Übereinstimmung: a) Anwartschaften fallen zweifelsfrei dann unter den Schutz des § 263, wenn sie sich 134 (zivil- oder öffentlich-)rechtlich zu Anwartschaftsrechten oder Rechtsansprüchen verdichtet haben (unten Rdn. 154), z.B. aus Kauf unter Eigentumsvorbehalt (aufschiebend bedingter Übereignung) als Vorstufe des Eigentumsrechts oder aus Sicherungsübereignung (auflösend bedingter Übereignung) als befristetes Sicherungsmittel (Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 86 mit Nachw.); ferner als Vorkaufsrecht (BGH NJW 1977 155 mit Anm. Schudt und Lackner/Werle JR 1978 299 ff); aus einer für den Anbieter bindenden Offerte (Cramer/Perron aaO mit Nachw.); aus dem Besitz von Bezugsberechtigungen zum Erwerb einer Sache oder eines Rechts (RGSt 75 61, 62; Cramer/Perron aaO); aus der Vermittlungstätigkeit des Maklers, auch wenn der Vergütungsanspruch nach § 652 BGB erst mit Abschluss des Vertrages über das vermittelte Objekt entsteht (BGHSt 31 178 ff mit zust. Anm. Lenckner NStZ 1983 409, 410 und abl. Anm. Bloy JR 1984 123, 124 sowie Bespr. Maaß JuS 1984 25 ff; ebenso Radtke JuS 1994 589, 590; vgl. auch unten Rdn. 277 und 340). Zusätzlich können tatsächliche Anwartschaften (Exspektanzen) nach ganz h.M. zum 135 Vermögen gehören, wenn es sich nicht nur um allgemeine und unbestimmte Aussichten oder bloße Hoffnungen handelt, sondern ein Vermögenszuwachs mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten und die Gewinnaussicht rechtlich realisierbar ist (zust. Hefendehl MK Rdn. 352). Die BGH-Rechtsprechung hebt zutreffend das Erfordernis hervor, dass die Aussicht eine „solche Gewissheit“ erlangt hat, dass sie „nach der Verkehrsauffassung einen messbaren Vermögenswert“ besitzt (BGHSt 17 147, 148 und bei Holtz MDR 1981 100; zum Beispiel der Gewährung von Auslandsrabatten zwecks Erschließung eines neuen Marktes: BGH NJW 1985 2428 und 1991 2573 f). Die Kritik eines Teiles der Lehre, dass es hier nicht um Verhinderung der Vermögensminderung, sondern Vereitelung des Vermögenszuwachses gehe (vgl. nur Gallas FS Eb. Schmidt S. 410; Otto Struktur S. 46; auch BGH NStZ 2004 557 f zum Rabattbetrug), verkennt, dass bei der maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtung auch derjenige ärmer wird, der eine solche Exspektanz verliert. Allerdings bedient sich OLG Düsseldorf NJW 1993 2694, 2695 (mit Anm. Ranft JR 1994 523) des genannten Arguments, um bei einem

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Kaufvertrag den Anspruch des Verkäufers auf Vertragserfüllung und Gewinn als wertlose Gewinnerwartung zu bezeichnen (anders BGH aaO bei Wahrscheinlichkeit von Weiterverkäufen an Abnehmer einer anderen Handelsstufe). Auch der Einwand der personalen Vermögenslehren, Anwartschaften seien nicht selbständig verkehrsfähig und daher keine vermögenswerten Güter (vgl. nur Otto Struktur S. 46), trifft nicht zu (Vogel § 4 III 5b). – Die Beurteilung des wirtschaftlichen Wertes der Gewinnaussicht ist Tatfrage (BGHSt 17 147, 148). Die (faktische) Wahrscheinlichkeit des Vermögenszuwachses wird konkretisiert bei Begründung der Exspektanz durch ein rechtlich geregeltes Verfahren oder eine sonstwie normative Basis und durch die (prozessuale) Feststellbarkeit der Geschädigten (dazu Rdn. 214; insgesamt enger Schünemann LK § 266 Rdn. 167; noch enger Hefendehl S. 117 f): so die Aussicht des günstigsten (seriösen) Anbieters auf den Zuschlag bei einer öffentlichen Ausschreibung (Submission) 225 oder einer politischen Partei auf Auszahlung von (der Höhe nach begrenzten) Fördermitteln (BGHSt 49 275, 304); die Aussicht auf Zuteilung von Aktien an einen rechtlich bestimmten Personenkreis bei Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Hand (BGHSt 19 37, 42); die Aussicht auf Zuteilung von Devisen „nach den Grundsätzen oder Gepflogenheiten der Reichsbank“ im November 1923 (RG LZ 1925 604 f); die Aussicht auf Zuteilung von Rohmaterial zur Lederherstellung in Kriegszeiten (RGSt 51 205, 209 f); die Anwartschaft aus einem unechten Vertrag zugunsten Dritter (OLG Stuttgart NJW 1962 502, 503); die Aussicht auf (weitere) Vollstreckung, jedenfalls wenn die Sache bereits gepfändet ist (OLG Düsseldorf NJW 1994 3366, 3367). Entgegen OLG Celle NdsRpfl 1947 65 ff gilt dies dagegen trotz der (wirtschaftlich wertvollen) Aussicht auf Prozesskostenhilfe-Mandate nicht für die Zulassung als Rechtsanwalt (Hefendehl S. 216; vgl. auch oben Rdn. 104: Gewerbegenehmigung); ebenso ist die Erschleichung der Zulassung als Kassenarzt nur (straflose) Vorbereitung des (späteren) Abrechnungsbetruges (BGH NStZ 1994 808, 809). Auch die Erschleichung der Zulassung zu einem numerus-clausus-Hochschulstudium ist kein Betrug (BGH NJW 1955 1526). Hefendehl (MK Rdn. 358 ff) begründet die Ablehnung der Betrugsstrafbarkeit zutreffend damit, dass die Eigenschaft als Arzt, Rechtsanwalt oder Student noch kein Vermögensobjekt, da nicht mit bestimmten vermögenswerten Ansprüchen verbunden ist; solche Ansprüche entstehen erst mit Erbringung der Dienstleistungen (vgl. Rdn. 138). Dagegen wird ohne Rückgriff auf die im Einzelfall zu ermittelnde Wahrscheinlichkeit des Gewinns der feste Kundenstamm (im Gegensatz zur Laufkundschaft) als hinreichend (rechtlich!) konkretisierte Gewinnchance angesehen (UWG!), auch wenn insoweit keine vertragliche Bindung im Hinblick auf künftige Abschlüsse besteht (RGSt 71 333, 334; Hefendehl S. 221 ff, 229 ff und MK Rdn. 365; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 88 m.w.N.). BGHSt 20 143, 145 erwägt die Vermögenszugehörigkeit auch für sicher bevorstehende Abschlüsse mit Gelegenheitskunden. Trotz statistisch geringer Gewinnchance werden wegen der vertraglichen Grundlage auch Lose (BGHSt 8 289 ff) ähnlich wie andere rechtliche Verkörperungen von Gewinnchancen (Wettscheine usw.; vgl. auch BGHSt 51 165, 175 zu Inhaberschuldverschreibungen bei Sportwetten mit

225

BGHSt 17 147, 148; 19 37, 42; 34 379, 390 f; BGH wistra 100, 101 f und NStZ 1997 542 (f); OLG Frankfurt NJW 1990 1057 f; Eisele BT II Rdn. 562; D. Geerds S. 135 und 137; Hefendehl S. 214 und MK Rdn. 364; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 490b; Lackner/Kühl Rdn. 34; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 104; Rengier BT I § 13,

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123; Satzger Submissionsbetrug S. 232 und S/S/W Rdn 134; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 88; Tiedemann Wettbewerb und Strafrecht S. 15 ff und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 185; Welzel S. 372; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 697; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 142.

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festen Quoten) als hinreichender Vermögenswert behandelt, der etwa durch vertragswidriges Zurückbehalten des Gewinnloses für den Hauptgewinn während des Losverkaufs oder Manipulation des Fußballspiels mit erheblicher Verschiebung des Wettrisikos zugunsten des Wettanbieters beeinträchtigt werden kann (grundsätzlich dazu D. Geerds S. 132 und Hefendehl S. 201 f sowie MK Rdn. 392, je m.w.N.; vgl. auch bereits Rdn. 31). Im Grenzbereich liegen folgende von der Rechtsprechung ebenfalls als hinreichend 136 konkretisiert angesehene Gewinnchancen: die Aussicht eines abstiegsbedrohten Fußballvereins, in der 1. Bundesliga verbleiben und dadurch (unbestimmt!) hohe Einnahmen aus Fußballspielen erzielen zu können; 226 die mit der progressiven Kundenwerbung nach dem Schneeball- und Pyramidensystem geweckte Aussicht auf Gründung einer eigenen wirtschaftlichen Existenz (vgl. § 16 Abs. 2 UWG);227 die Vermietbarkeit eines Hauses (LG Mannheim NJW 1977 160 mit abl. Anm. Beulke S. 1073); die Auslosung einer Aktie im Rahmen der VW-Privatisierungsaktion; 228 die wahrscheinliche Absatz- und Gewinnerwartung für ein Produkt bei starrer Marktlage (z.B. konstanter Marktbedarf für ein bestimmtes Arzneimittel während einer bestimmten Zeit) (Rabattbetrug!);229 die Aussicht des Fiskus auf Zufluss einer Wertersatzstrafe (RGSt 63 186, 191; Verfall; zw. wegen des Strafcharakters des Verfalls! vgl. Rdn. 145). Bei Nichteingreifen des Betrugstatbestandes wegen bloßer Hoffnung auf einen Vermögenszuwachs und fehlenden „Exspektanzniveaus“ kann nicht selten auf § 16 UWG rekurriert werden (vgl. BGH GA 1978 332, 333 – Mut zum Erfolg; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 217). Dies betrifft vor allem auch die Fälle, in denen die Rechtsprechung darauf abstellt, dass der Schutzbereich des § 263 das Vermögen „und nicht die Vereitelung einer Vermögensmehrung“ betrifft (BGH StV 1991 517 f; RG DRiZ 1932 Nr. 755; vgl. dazu auch bereits Rdn. 39 Vor § 263). Bisher nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob die Aussicht auf Gewinn des Preisgeldes durch Teilnehmer an sportlichen Wettkämpfen (bejahend Kerner/Trüg JuS 2004 143) oder auf Befriedigung (von Bauhandwerkern, Lieferanten usw.) nach § 1 BauforderungssichG eine vermögenswerte Exspektanz ist (über die entgegen Lemme wistra 1998 41, 42 nicht nur bei Vertragsschluss, sondern auch später z.B. bei ausdrücklicher Frage des Begünstigten getäuscht und über die durch Unterlassen der alsbaldigen Geltendmachung des Werklohn- oder Kaufpreisanspruchs verfügt werden kann; der Schaden bestimmt sich entsprechend den Rdn. 211 dargestellten Grundsätzen des Stundungsbetruges). Da der Baugeldempfänger über das Baugeld gegenüber den Baugläubigern grundsätzlich frei verfügen kann (C. Brand wistra 2012 92, 96), liegt eine

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BGH NJW 1975 1234, 1235 f mit krit. Bespr. Schreiber/Beulke JuS 1977 656, 659 und Bringewat JZ 1977 667 ff; LG Bielefeld JZ 1977 692, 693; zustimmend Paringer S. 113 und Triffterer NJW 1975 614; Lackner/Kühl Rdn. 34; vgl. auch Schünemann LK § 266 Rdn. 185 m.w.N. OLG Frankfurt wistra 1986 31, 34; aA BGH GA 1978 332, 333; LG Fulda wistra 1984 188, 189 mit Anm. Möhrenschlager (aufgehoben durch OLG Frankfurt aaO); Hefendehl S. 203 und MK Rdn. 393; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 87a. BGHSt 19 37, 42 ff; Schröder JR 1962 430 f und 1963 348 f gegen OLG Hamburg NJW 1962 1407, 1408 und OLG Celle NJW 1963

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263, 264; Gössel 2 § 21, 173; Lackner/Kühl Rdn. 34; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 104. BGH bei Holtz MDR 1981 100 (Auslandsrabatte für Arzneimittel); BGH NStZ 1991 488 f (Auslandsrabatte für ContinentalReifen); BGH NJW 2004 2603 (Rabatte für Mercedes-Fahrzeuge unter der Bedingung des Nichtweiterverkaufs vor Ablauf von sechs Monaten); auch BGH(Z) NJW 1993 2292, 2293 mit Bespr. Marxen EWiR § 34 GWB 1/93 897; OLG Stuttgart StV 2007 132 f; KG StraFo 2004 285; Eisele BT II Rdn. 564; Gössel 2 § 21, Hefendehl S. 49 ff und MK Rdn. 384 ff.

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hinreichend werthaltige Anwartschaft der Baugläubiger auf Befriedigung nur vor, wenn das Baugeld der Höhe nach alle zur Zeit der Täuschung fälligen Ansprüche der Baugläubiger deckt. Eine Täuschung durch Nichtmitteilung der Absicht zweckwidriger Verwendung des Baugeldes ist zwar konstruktiv denkbar, nach den Rdn. 53 ff entwickelten Grundsätzen aber schwerlich anzunehmen. Zur Strafbarkeit des Architekten in diesem Zusammenhang Bindhardt BauR 1981 326, 327 f. Als im Einzelfall nicht genügend konkretisiert erschienen der Rechtsprechung da137 gegen neben dem bereits Rdn. 135 genannten Kaufpreisanspruch mit Gewinnerwartung folgende Aussichten, die bei gewöhnlichem Lauf der Dinge noch nicht zu einem Vermögenswert verdichtet (und die konkurrierenden Anwärter nicht näher bestimmbar) sind: die Aussicht auf Gewinn aus einer hochspekulativen Kapitalanlage (OLG Köln NStZ 2000 481) oder einem Anlagemodell nach dem Schneeballsystem (BGHSt 53 199, 205 mit Anm. Küper JZ 2009 800); 229a die Aussicht auf Rentenzahlungen aus einem betrügerischen Anlagefonds (BGHSt 51 10 ff) oder auf spätere Aufträge nach Schmiergeldzahlung (BGHSt 52 323, 338 Rdn. 45 zu § 266; vgl. aber auch oben Rdn. 136); die Aussicht auf Zulassung zu einem numerus clausus-Studium (vgl. bereits Rdn. 135); die Aussicht auf Zuteilung einer freien Wohnung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften der Wohnraumbewirtschaftung (RGSt 58 285, 289); die Bezugsberechtigung für Lebensmittel in Zeiten der Bewirtschaftung (bei hinreichender Warenmenge: BGHSt 4 259, 261); die Aussicht des gesetzlichen oder testamentarisch eingesetzten Erben oder des Vermächtnisnehmers zu Lebzeiten des Erblassers auf den Anfall der Erbschaft oder auf die Auszahlung des Vermächtnisses; 230 die Aussicht auf eine (Restitutions-)Entscheidung des Gesetzgebers (OLG Karlsruhe JR 1997 299, 301 mit Anm. Kindhäuser und Bspr. Fahl JA 1998 361, 364); die Aussicht des Versandhändlers, durch eine geringwertige Zugabe den Erstbesteller an sich zu binden (BayObLG NJW 1994 208 mit Bespr. Hilgendorf JuS 1994 466 ff); die Aussicht des Käufers auf Erhalt der zugesagten Leistung (z.B. einer Gabardinehose) bei Abschluss eines günstigen (Kauf-)Vertrages (zum Preis einer Zellstoffhose: BGHSt 16 220, 223 ff; vgl. bereits Rdn. 39 Vor § 263 und näher Rdn. 202; krit. Hefendehl S. 241 ff m.w.N.). Trotz normativer Grundlage besteht nach der älteren BGH-Rechtsprechung (BGHSt 16 367, 373 mit Nachw.) auch keine Anwartschaft der Vergabestelle bei der Submission (ebenso Hefendehl MK Rdn. 368 ff, 379 und Satzger S. 104 ff, je mit Nachw.); diese Ansicht ist durch BGHSt 38 186, 190 ff (mit Bespr. Tiedemann ZRP 1992 149 ff) überholt, da der hypothetische Wettbewerbspreis eine hinreichende Exspektanz darstellt (näher unten Rdn. 165 mit Nachw.).

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b) Die Arbeitskraft des Menschen gilt nach heutigem kulturellem und rechtlichem Verständnis als höchstpersönliche, von der Person ihres Trägers nicht ablösbare Fähigkeit und kann daher als solche nicht als (übertragbarer) Vermögensbestandteil angesehen werden. Wohl aber ist die dem Menschen mögliche Arbeitsleistung (teilweise) auf andere übertragbar und insoweit als „versachlichtes Substrat“ (Lackner LK10 Rdn. 140) geldwert.231 Hiervon ausgenommen wird (z.T. unter dem Gesichtspunkt „illegitimen Wirt-

229a

230

Anm. bzw. Bespr. Brüning ZIS 2009 300; Jahn JuS 2009 756; Ransiek/Reichling ZIS 2009 315; Rübenstahl NJW 2009 2392; Schlosser NStZ 2009 663. RGSt 42 171, 174; OLG Stuttgart NJW 1999 1564, 1565 f mit Bespr. Martin JuS 1999 824 ff und Thomas NStZ 1999 622 ff;

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Eisele aaO und FS Weber S. 277 ff; Fischer Rdn. 92; Hoyer FS Schroeder S. 500; Milonidis S. 112, 146; Rengier BT I § 13, 125; Jünemann NStZ 1998 343 f gegen Schroeder NStZ 1997 585 f. BGH NJW 2001 981 (f); Cramer Vermögensbegriff S. 236 ff; Eisele BT II Rdn. 559;

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schaftens“: Vogel § 4 III 1b) der Einsatz der Arbeitskraft zu verbotenen Zwecken (Dingung eines Mörders!) und zu solchen Zwecken, die von Recht und Gesellschaft als sittenwidrig eingestuft werden (§§ 134, 138 BGB – bis zum ProstitutionsG 2001: Dienstleistung der Prostituierten; Peep-Show; Telefonsex).232 Wurde etwa die Prostituierte um ihren Lohn geprellt, so war der Vermögensschaden unter dem doppelten Gesichtspunkt zu verneinen, dass der erbrachten sexuellen Dienstleistung „für das Recht kein in Geld zu veranschlagender Wert“ zukam (BGHSt 4 373; ebenso BGH JZ 1987 684 und wistra 1989 142) und ihr Anspruch auf Entgelt wegen der von der h.M. angenommenen Sittenwidrigkeit nichtig war. Die Zivilrechtsprechung hielt ebenfalls an der Einordnung insbesondere der Prostitution als „regelmäßig“ sittenwidrig fest, da die Vermarktung geschlechtlichen Verhaltens als zum Intimbereich gehörig dem Menschenbild des Grundgesetzes widerspreche (vgl. nur BGHZ 67 119, 122 ff; ebenso für Telefonsex BGH NJW 1998 2895 ff mit krit. Bspr. Schulze JuS 1999 636 ff).233 Strafrechtlich geschützt blieb daher nur, was die Prostituierte als Entgelt erlangt hatte (BGH JZ aaO mit zust. Anm. Barton StV 1987 485 gegen die Vorinstanz LG Bremen für einen Fall der Straßenprostitution im Sperrgebiet). – Diese Rechtsprechung ist insgesamt durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstitutionsG) vom 20.12.2001 überholt, da § 1 Satz 1 dieses Gesetzes ausdrücklich anordnet, dass die Vereinbarung entgeltlicher sexueller Leistungen eine rechtswirksame Forderung begründet, wenn die sexuelle Leistung danach erbracht wird (Fischer Rdn. 107 mit Nachw.; zu einzelnen Fallgruppen Ziethen NStZ 2003 184, 186 ff; aA Hoyer SK Rdn. 96, aber auch 133). Entsprechendes gilt für Telefonsex (BGH[Z] NJW 2008 140; Hefendehl MK Rdn. 432) und Pornofilme (Fischer aaO). Täuscht somit der Freier seine Zahlungswilligkeit vor, um die Prostituierte zur Vorleistung zu bringen, so begeht er Betrug (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 93a; Ziethen aaO S. 187). Verweigert umgekehrt die Prostituierte nach Vorauszahlung den Verkehr und die Rückzahlung, so liegt ebenfalls Betrug vor (Cramer/Perron aaO mit Nachw.). Gleichgeblieben ist dagegen die Lösung des Falles, dass die Prostituierte Leistungsbereitschaft vortäuscht und den Lohn entgegennimmt, ohne die Leistung zu erbringen: ebenfalls Betrug!234 Dasselbe gilt, wenn der Amtsträger Bestechlichkeit vortäuscht und das Bestechungsgeld annimmt (BGHSt 29 300, 302 mit zust. Bspr. Dölling JuS 1981 571) oder der gedungene Killer Mordbereitschaft vortäuscht und die Vergütung entge-

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Fischer Rdn. 100; Gössel 2 § 21, 123; Heinrich GA 1997 26 f; Hoyer SK Rdn. 130; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 439; Lackner/ Kühl Rdn. 34; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 106; Pawlik S. 261; Rengier BT I § 13, 122; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 570; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535. Zu den in Teilen der Rechtsordnung unterschiedlichen Begriffsbestimmungen Stöckel S. 29 ff mit Nachw.; zum strafrechtlichen Verständnis der Arbeitskraft Achenbach FS Roxin (2011) 1016; Jescheck in Niederschr. Bd. 13 S. 528 ff; Lampe FS Maurach S. 376 ff und die Nachw. zur älteren Literatur bei Stöckel S. 32, auch S. 41. Vgl. BGHSt 4 373; BGHStV 1987 484 mit zust. Anm. Barton und BGH JR 1988 125 f

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mit zust. Anm. Tenckhoff sowie krit. Bespr. Bergmann/Freud JR 1988 189 ff, Frommel Streit 1988 35 ff und Kühl JuS 1989 505 ff; Fischer Rdn. 107; Lackner LK10 Rdn. 140 mit Rdn. 132. Übereinstimmend (für Telefonsex) BGH NJW 1998 2895; OLG Hamm NJW 1989 2551 mit abl. Anm. Wöhrmann NStZ 1990 342; LG Mannheim NJW 1995 3398 mit Bespr. Abraham/Schwarz Jura 1997 355 ff, Behm NStZ 1996 317 ff und Scheffler JuS 1996 1070 ff. Zu Peep-Shows BVerwG NJW 1982 664 f. So schon zum früheren Recht BGH bei Dallinger MDR 1975 23 und bei Holtz MDR 1979 806; Blei II S. 236; Lackner LK10 Rdn. 242. Ebenso nach geltendem Recht Hefendehl MK Rdn. 434 m.w.N.

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gennimmt (KG NJW 2001 86 mit Bspr. Hecker JuS 2001 228 ff; OLG Stuttgart [Z] bei Freund/Bergmann JR 1991 357): Nach h.M. ist die Hingabe „guten Geldes“ auch dann ein Vermögensschaden, wenn sie zur Erreichung eines sittenwidrigen oder strafbaren Zwecks erfolgt, den der Empfänger des Geldes absprachewidrig nicht herbeiführt.235 Die Gegenauffassung (z.B. LG Regensburg NStZ-RR 2005 312; Cramer Vermögensbegriff S. 97 und JuS 1966 473; Otto Struktur S. 294) stellt meist auf das angebliche Betrugserfordernis unbewusster Selbstschädigung ab, das aber mit den Erwägungen unten Rdn. 182 ff abzulehnen ist. Zutreffend begründet Neumann JuS 1993 746, 749 den Standpunkt der h.M. wie folgt: „Geld, dem kein Gebrauchswert, sondern lediglich Tauschwert zukommt, verliert seine Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht dadurch, dass es im Einzelfall zu sittenwidrigen Zwecken eingesetzt wird; es ist als reiner Tauschwert vollständig kommerzialisiert.“ Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass mit Bergmann/Freund JR 1988 191 ff nicht auf den Schutz des Vermögens, sondern der vermögensrelevanten Verfügung und den Verfügungszweck abgestellt wird (dazu grundsätzlich bereits Rdn. 78). Abgesehen von dem vorgenannten allgemeinen Problem der Arbeits- oder Dienstleis139 tung mit rechts- oder sittenwidrigem Inhalt oder Zweck ist speziell die Frage nach der Strafbarkeit von Schwarzarbeit teilweise ungeklärt. Nach der Definition von § 1 SchwarzarbeitsbekämpfungsG (SchwarzArbG) vom 23.7.2004 geht es um das Erbringen oder Ausführenlassen von Dienst- oder Werkleistungen ohne Zahlung von (bzw. Anmeldung zu) Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen oder ohne Erfüllung der Mitteilungspflicht nach § 60 SGB I (vgl. Rdn. 57) usw. Während das Eingreifen der § 370 ff AO, 266a StGB insoweit unstreitig ist, bereitet der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers mit Blick auf § 263 Schwierigkeiten. Arzt (in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 119) hält den Arbeitsvertrag wohl für wirksam und will den vereinbarten Lohn zugestehen, da Schwarzarbeit „bloß steuer- und sozialversicherungsrechtlich verboten“ und nur „insofern quasi-betrügerisch“ sei (ebenso Fischer Rdn. 106). Damit wird außer Acht gelassen, dass nach ganz h. M. im Zivilrecht grundsätzlich ein Verstoß gegen § 134 BGB anzunehmen ist, da das SchwarzArbG „Schwarzarbeit schlechthin verbieten“ (BGHZ 85 39, 43 f) „und den Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern verhindern“ will (BGHZ 111 308, 311 mit Nachw.). Dabei muss allerdings zwischen Verträgen über die Ausführung von Schwarzarbeit (mit dem Hauptzweck der Vermeidung von Sozialabgaben, also insbesondere bei gewerblichen Arbeitgebern) und „normalen“ Dienst- oder Werkverträgen unterschieden werden; letztere werden in ihrer Wirksamkeit nicht dadurch berührt, dass Verstöße gegen die Mitteilungs-, Zulassungs- und Eintragungspflichten nach dem SGB, der GewO oder der Handwerksordnung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 und 5 SchwarzArbG) vorliegen (Ambs in Erbs/Kohlhaas S 34 § 8 Rdn. 38; BGHSt 47 8, 10 für die sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG). Verträge über die Ausführung von Schwarzarbeit sind dagegen nach § 134 BGB unwirksam (Ambs aaO). Für die Verletzung steuerlicher Pflichten, die bei der Schwarzarbeit im Vordergrund steht, ergibt sich dies aus § 134 BGB in Verb. mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, 370, 378 AO. Hiervon gehen Hefendehl (MK Rdn. 426) und Krey/Hell-

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BGHSt 29 300, 301 f mit zust. Bespr. Dölling JuS 1981 570 ff und abl. Bespr. Maiwald NJW 1981 2777, 2780; 48 322, 329 f; Bockelmann BT 1 S. 79; Gröseling NStZ 2001 518 f; Lackner/Kühl Rdn. 35; Rengier BT I § 13, 145; Wessels/Hillenkamp BT 2

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Rdn. 564; aA Bergmann/Freund JR 1988 191 ff und 1991 357 ff; Hefendehl MK Rdn. 441; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 132; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 150 m.w.N.

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mann (BT 2 Rdn. 435) im Ansatz zutreffend aus. Dabei wollen Krey/Hellmann auf dem Boden der rein wirtschaftlichen Vermögenslehre darauf abstellen, ob die nichtige Lohnforderung des Arbeitnehmers – etwa wegen des Interesses des Arbeitgebers an einer weiteren Tätigkeit desselben – faktisch durchsetzbar ist, während Hefendehl den strafrechtlichen Vermögensschutz des nichtigen Lohnanspruchs verneint. – Auch die letztgenannten Ansichten tragen aber der Zivilrechtslage nicht im Einzelnen Rechnung: § 134 BGB greift nämlich nur ein, wenn bei Vereinbarung von Schwarzarbeit ein Gesetzesverstoß sowohl von Arbeitgeber- als auch von Arbeitnehmerseite vorliegt (BGHZ 85 42 ff) oder der eine Vertragspartner den Verstoß des anderen kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGHZ 89 369, 372 ff). In der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung steht die Fallgestaltung im Vordergrund, dass nur der Auftrag- (Werkunter)nehmer („Arbeitnehmer“) gegen § 1 Abs. 2 (Nr. 5 – fehlende Eintragung in der Handwerksrolle!) SchwarzArbG verstößt und der Auftraggeber („Arbeitgeber“) dies nicht weiß (BGHZ 89 369ff und NJW 1985 2403 f mit Anm. Canaris). Strafrechtlich ist daran zu denken, dass der Arbeitnehmer etwa darüber täuscht, dass er auch an anderen Arbeitsstellen „schwarz“ tätig ist und daher Einnahmen „in erheblichem Umfang“ erzielt, wie es § 8 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG tatbestandlich voraussetzt. Zivilrechtlich verliert hier der Arbeitnehmer den Lohnanspruch auf die tatsächlich geleistete Arbeit nicht; der Vertrag ist trotz einseitigen Verstoßes (des Arbeitnehmers) gegen das SchwarzArbG gültig (BGHZ 89 373 ff mit Nachw.; Staudinger/Sack BGB § 134 Rdn. 279). Insoweit trifft also das von Arzt aaO vertretene Ergebnis zu. Auch der Fall, dass nur der Auftraggeber (z.B. Bauherr) gegen das SchwarzArbG verstößt und der Auftragnehmer dies nicht weiß, lässt den Lohnanspruch des letzteren rechtlich unberührt (Palandt/Ellenberger § 134 Rdn. 22), ist also nur unter dem sogleich Rdn. 139a behandelten Gesichtspunkt der Insolvenz (u.ä.) des Auftraggebers betrugsrelevant. – Nur wenn also beide Vertragspartner gegen das SchwarzArbG verstoßen oder der eine den Verstoß des anderen kennt und ausnutzt, führt § 134 BGB, wie schon erwähnt und mit der von BGH aaO genannten Ausnahme von Verstößen gegen sozialversicherungsrechtliche (sowie gewerbe- und handwerksrechtliche) Pflichten, zur Nichtigkeit des Vertrages und damit auch des Lohnanspruchs (zusammenfassend BGHZ 111 308, 311). Der sich damit ergebende Wertersatzanspruch nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB ist rechtlich durchsetzbar, da § 242 BGB dem Einwand aus § 817 S. 2 BGB entgegen steht (BGHZ 111 312 ff; vgl. auch unten Rdn. 158a). Jedoch ist nach § 818 Abs. 3 BGB ein erheblicher Risikoabschlag vorzunehmen (BGHZ 111 314), da Entdeckung mit Gefahr der Strafverfolgung und der Nachzahlung von Steuern und Sozialabgaben droht, keine Mängelansprüche bestehen usw. Der Schaden des Arbeitnehmers besteht somit in dem Risikoabschlag von der üblichen, höchstens der vereinbarten, Vergütung (vgl. BGHZ 111 314). Dies ist kein bloß mittelbarer oder Folge-Schaden im Sinne einer nachträglichen Wertminderung (Rdn. 162, auch Rdn. 257), da die Entdeckung von Beginn der Arbeitsleistung an droht und Nacherfüllung der Verschaffung eines mangelfreien Werkes bereits vor dessen etwaiger Abnahme verlangt werden könnte (Palandt/Sprau Rdn. 7 vor § 633), das Fehlen von Mängelansprüchen der Leistung also von Beginn an eigen ist. Demgegenüber sind die Fragen des „Arbeitsbetruges“ (Lampe FS Maurach S. 375, 139a 389) als Unterfall des Leistungsbetruges weitgehend geklärt, mag auch der Betrugstatbestand de lege lata nur den wirtschaftlichen Aspekt des Rechtsgutes Arbeitskraft schützen (zu einer etwaigen Reform mit Hilfe von abstrakten Gefährdungstatbeständen bes. Lampe aaO). Es besteht weithin Übereinstimmung darüber, dass das Vermögen des Arbeitnehmers durch Erschleichung unentgeltlichen Erbringens der Arbeitsleistung (insbesondere durch einen insolventen Arbeitgeber) auch dann geschädigt wird, wenn das

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Opfer keine Möglichkeit anderweitigen nutzbringenden Arbeitseinsatzes gehabt hätte.236 Sofern – wie in aller Regel – ein Arbeitsvertrag abgeschlossen und so die Arbeitsleistung zum Gegenstand einer vermögensrechtlichen Beziehung wird, gelten die allgemeinen Grundsätze über Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, so dass dem personalen Aspekt der Arbeitskraft hier keine besondere Bedeutung zukommt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 96; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 575): Der Abschluss eines Arbeitsvertrages durch einen insolventen Arbeitgeber ist (Eingehungs-)Betrug (BGH NJW 2001 981 f). Außerhalb vertraglicher Verhältnisse ist ähnlich wie im zivilen Bereicherungsrecht entscheidend, ob die Arbeitsleistung unter Umständen erbracht wird, die im Verkehr üblicherweise ein Entgelt bedingen (vgl. nur Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 439 m.w.N.

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c) Besitz und Eigentum werden nach h.M. auch dann durch den Betrugstatbestand gegen Entziehung durch Täuschung geschützt, wenn diese Positionen rechtswidrig oder sonstwie unredlich erlangt sind.237 Dies folgt für das Eigentum als Vollrecht daraus, dass der Eigentumserwerb im deutschen Zivilrecht unabhängig von der causa ist (Abstraktionsprinzip) und das Eigentumsrecht auch bei unredlichem oder rechtswidrigem, z.B. durch Betrug erfolgtem Erwerb ein absolut geschütztes (und nur zivilrechtlich anfechtbares) dingliches Recht ist, das als solches vor allem nach der juristischen Vermögensauffassung (oben Rdn. 128), bei wirtschaftlichem Wert aber auch nach den anderen Vermögenslehren in den Schutzbereich des Betrugstatbestandes fällt (vgl. nur Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 85 und Tenckhoff JR 1988 126, 127). Auch der Besitz als primär faktische Position ist unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit und von der Gut- oder Bösgläubigkeit des Besitzers im Verhältnis zu Dritten durch §§ 858 ff BGB gegen Störung und Entziehung rechtlich geschützt und daher – bei wirtschaftlichem Wert – nach h.M. in den Schutz des § 263 einbezogen (vgl. nur BGHSt 14 386, 388 f und 48 322, 326, je mit Nachw.).238 (Keinen wirtschaftlichen Wert hat z.B. der bloße Besitz an einem Kraftfahrzeugschein; BGH VRS 42 110, 111, aber auch Rdn. 155!) „Besitzbetrug“ ist daher nach h.M. auch bei Begehung gegenüber dem Dieb strafbar (aA Hoyer SK Rdn. 125 im Anschluss an Welzel FS Eb. Schmidt S. 426: Betrug nur zum Nachteil des Eigentümers bzw.

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BGH NJW 2001 981 f; RGSt 68 379, 380 mit zust. Anm. Mezger JW 1935 288; Cramer Vermögensbegriff S. 246; Heinrich GA 1997 34; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 96; aA Hefendehl MK Rdn. 397, der außerhalb von Vertragsbeziehungen eine „Marktexpektanz“ im Sinne einer vermögenswerten Aussicht des Getäuschten auf andere (bezahlte) Arbeit verlangt (dagegen zutreffend Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 116 Fn. 147 mit einer Parallele zum Beförderungsbetrug). Andere Einschränkungen (zur Höhe des Entgelts) bei Fischer Rdn. 100. BGH NStZ 2008 627 (Besitz an gestohlenem Kfz); Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 115a; Blei II S. 218; Fischer Rdn. 91 und 102; Hefendehl MK Rdn. 425; Hoyer SK Rdn. 124; Krey/Hellmann BT 2

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Rdn. 433 und 436; Küper BT S. 370; Lackner/Kühl Rdn. 34; Rengier BT I § 13, 122; Tiedemann GmbH – Strafrecht § 85 Rdn. 13; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535. – Faktische Herrschaft auch für das Eigentumsrecht verlangt Hoyer SK Rdn. 163, der Rdn. 125 rechtswidrigen Besitz nur dann zum Vermögen zählt, wenn „seine Veräußerung rechtlich möglich ist“, also insbesondere nicht gegen § 259 verstößt. Ebenso BGH NJW 1988 2623 (f); BayObLG JZ 1987 626, 628 mit Anm. Otto; OLG Zweibrücken NJW 1983 694 mit Bespr. Werle NJW 1985 2915 ff; Bockelmann BT 1 S. 77; Kretschmer Jura 2006 224; Küper BT S. 370 f; Tenckhoff JR 1988 126, 127; Wessels/Hillenkamp aaO.

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des früheren rechtmäßigen Besitzers). Allerdings bedarf die Bestimmung des Wertes des (vorübergehenden) bloßen Gebrauchs einer Sache (und entsprechend der Schaden des Eigentümers durch den Besitzbetrug) besonderer Feststellung (OLG Celle StV 1996 154 f; OLG Thüringen wistra 2007 236 f; näher unten Rdn. 190 ff). Den Vermögenswert eines Kfzbriefes, den der (Vorbehalts-)Verkäufer zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung zurückhält, bestimmt BGH NStZ-RR 2007 201 nach dem Wert der gesicherten Forderung. Eine stärker am subjektiven Recht (auch: auf Wahrheit) und an der rechtlichen Dis- 141 positionsfreiheit orientierte Gegenauffassung will demgegenüber den unrechtmäßigen (rechtswidrigen) Besitz von § 263 ganz ausnehmen.239 Cramer (Vermögensbegriff S. 225 ff) will nur den redlichen (auch: unrechtmäßigen) Besitzer schützen (ebenso Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 94). Letzteres wird damit begründet, dass das Zivilrecht den unredlichen Besitzer nicht wegen seiner vermögensrechtlichen Position, sondern zwecks Sicherung des Rechtsfriedens schütze (Gallas FS Eb. Schmidt S. 426; D. Geerds S. 124). Allerdings ist die bisherige Terminologie zu den einzelnen Formen des Besitzes im strafrechtlichen Schrifttum unklar. Aus §§ 858, 859 BGB, auf die sich unstreitig auch der fehlerhaft Besitzende berufen kann, ergibt sich jedenfalls, dass der rechtswidrige und/ oder unredliche Besitz vom Zivilrecht nicht missbilligt wird. Lackner (LK10 Rdn. 133) leitet hieraus den Grundgedanken ab, „dass eine einmal entstandene, sei es auch widerrechtliche Besitzlage … eine bis zur Wiederherstellung des wirklichen Rechts von jedermann zu respektierende vorläufige Position“ ist, die der Besitzer verteidigen darf. T. Walter (S. 209) hält dem allerdings entgegen, dass in dem Besitzschutz des BGB ein Gewaltverbot zum Ausdruck komme, das keine Entsprechung für Sachangriffe mittels Täuschung verlange. Jedoch baut etwa Hoyer (SK Rdn. 102 ff, 115 ff) seine gesamte Vermögenslehre geradezu in Entsprechung zu den Eigentumsdelikten (§§ 242 ff) auf (ebenso für den Strafschutz illegal erlangter Güter Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 433). Wieder anders argumentiert Vogel (§ 4 III 1c) mit der Parallele „relativer Umgangsverbote“ wie dem Hehlerei- und dem Geldwäscheverbot; im Wege einer Verallgemeinerung der Wertung der §§ 259, 261 StGB sollen überhaupt „schmutzige“ Wirtschaftswerte (aus der Betäubungsmittel-, gewerbs- oder bandenmäßigen Vermögenskriminalität, Tätigkeit krimineller Vereinigungen und Korruption; dazu Rdn. 151) aus dem Schutzbereich des Betrugsstrafrechts ausgenommen werden (so bereits Nelles S. 453 ff). Dass damit auch der anfechtbare, durch rechtswidrige Taten erlangte sowie hehlerei- oder geldwäsche„befangene“ Vollrechtserwerb in Frage gestellt wird, sieht Vogel aaO selbst; er will diese über die juristisch-ökonomische Vermittlungslehre weit hinausreichende Einschränkung damit rechtfertigen, dass es für das Strafrecht nicht auf die zivilrechtliche Rechtszuweisung, sondern auf die Beschränkung der Rechtsausübungsmacht ankomme. Angedeutet war diese Herausnahme des „vitiös Erworbenen aus dem Schutzbereich der Vermögensdelikte“ schon bei Cramer (Vermögensbegriff S. 100 f Fn. 183) in Auseinandersetzung mit dem von Schröder JZ 1965 515 vorgetragenen Regulativ der rechtlichen Missbilligung des Wertverlustes. Letztlich läuft Vogels Auffassung auf eine tatbestandliche Reduktion des Betrugstatbestandes hinaus, die wohl nicht den Vermögensbegriff, sondern die Rechtswidrigkeit der Schädigung (Vermögensverschiebung) als zusätzliches Merkmal betrifft (dazu Rdn. 264) und von der h.M. nicht geteilt wird. Nach dem oben

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Bommer S. 145 ff; Eisele BT II Rdn. 573; Gallas FS Eb. Schmidt S. 426 f; Gössel 2 § 21, 145; Hirschberg S. 327; Kindhäuser Rdn. 130 und NK Rdn. 239; Maurach/

Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 99; Mitsch BT 1 § 7, 93; Pawlik S. 260; Welzel S. 373; Zieschang FS Hirsch S. 837.

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Rdn. 132 genannten Kriterium ist die Zugehörigkeit zum Vermögen im strafrechtlichen Sinne zu bejahen.

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d) Betriebs(Geschäfts)geheimnisse sind Immaterialgüter (Tiedemann GmbH-Strafrecht § 85 Rdn. 2) und zwar nicht zu einem (absoluten) subjektiven Recht verdichtet, wohl aber handelbar und geldwert. Sie sind durch Rechtsnormen wie §§ 1, 17 ff UWG, 404 AktG, 85 GmbHG, 826 BGB rechtlich anerkannt sowie geschützt und somit dem Inhaber des Geheimnisses von Rechts wegen als Vermögensgut zugeordnet (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 234); sie stehen dem Eigentum als Ausschlussrecht nahe (Tiedemann ZStW 94, 1982, 308, 316 mit Nachw.) und zählen zu dem von § 263 geschützten Vermögen. Ein neueres Beispiel sind Bieterlisten und sonstige Informationen über Mitbieter und das Budget des Veranstalters von Ausschreibungen (BGHSt 41 140, 142 f; BGH NJW 1997 3034, 3038; zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 85 m.w.N.). Unternehmensgeheimnisse, die entgegen §§ 17, 18 UWG usw. – also in strafrechtlich missbilligter Weise – erlangt sind, gehören nach dem oben Rdn. 132 genannten Kriterium nicht zum Vermögen dessen, der sie sich auf diese Weise verschafft hat, mag auch das Gesetz vom „Verwerten“ sprechen (§§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG, 404 Abs. 2 Satz 2 AktG, 85 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Inwieweit Geheimnisse, die bereits in der Hand ihres originären Inhabers rechtswidrig sind, vom (Straf-)Recht des UWG (usw.) geschützt werden, ist umstritten (Tiedemann GmbH-Strafrecht § 85 Rdn. 13 mit Nachw.) und für § 263 scheinbar ebenso wie bei den nebenstrafrechtlichen Tatbeständen zu entscheiden, da die Schutzrichtungen vergleichbar sind. Jedoch betreffen die Straftatbestände des Nebenstrafrechts Informationen als Tatobjekte (Tiedemann aaO Rdn. 2), und für die rechtliche Zuordnung derartiger Tatobjekte zum Geheimbereich gelten andere Maßstäbe als zum Vermögensbereich. Rechtswidrige Geheimnisse gehören daher erst über den UmwegGesichtspunkt zum strafrechtlich geschützten Vermögen, dass sie nach h.M. sogar zivilund wettbewerbsrechtlich geschützt werden. Dem Schutz des Betrugstatbestandes unterliegen erst recht echte Immaterialgüter wie 143 insbesondere Marken- und Patentrechte sowie sonstige gewerbliche Schutzrechte und das Urheberrecht, die ähnlich wie das Eigentum Abwehrrechte gegenüber Dritten geben (zusammenfassend Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 615 ff; zust. Hefendehl MK Rdn. 410; ebenso Fischer Rdn. 95 und Kindhäuser Rdn. 125). Aber auch rechtlich weniger geschützte wirtschaftliche Positionen wie das betriebswirtschaftliche oder technische know how zählen zum strafrechtlich relevanten Vermögen (zust. Hefendehl aaO). Dies ergibt sich u.a. daraus, dass know how bei derivativem Erwerb gesellschafts- und steuerrechtlich aktiviert werden kann bzw. muss und die Berechtigung an ihm Gegenstand von selbständigen Übertragungs(Lizenz-)Verträgen ist (Tiedemann FS Caemmerer S. 644 ff mit Nachw.). Im Falle der Geheimhaltung gehört das know how ebenfalls zu den Schutzobjekten der §§ 17 ff UWG (i.V.m. §§ 1 UWG, 823 Abs. 2, 826 BGB); es wird der Tendenz nach von der Zivilrechtsprechung sogar als absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt (Tiedemann aaO S. 648 ff mit Nachw.). Berufsgeheimnisse sind – als Ausdruck von Verschwiegenheitspflichten – nicht ohne 144 weiteres strafrechtlich relevante Vermögensbestandteile. Zwar beziehen sich nicht zum persönlichen Lebensbereich gehörende beruflich erlangte Geheimnisse durchaus auf wirtschaftliche Vorgänge und Zustände (vgl. Sch/Schröder/Lenckner/Eisele § 203 Rdn. 10; Schünemann LK § 205 Rdn. 8 m.w.N.) und können wirtschaftlich verwertbar sein (Fischer § 205 Rdn. 3). Aktuelles Beispiel sei ein vom Mandanten mit seinem Rechtsanwalt oder Steuerberater geführtes Gespräch, in dem der Mandant sein bei einer schweizerischen Bank unterhaltenes Privatkonto mit unversteuerten hohen Geldbeträgen erwähnt. Dieses geheime Wissen ist wirtschaftlich verwertbar, kann nämlich zum Anlass und

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Gegenstand eines Ankaufes durch die deutschen Strafverfolgungsbehörden werden. Jedoch verstieße die Offenbarung und/oder Verwertung durch den Anwalt oder Berater gegen §§ 203 Abs. 1, 204 StGB. Die Ablistung des Geheimnisses durch Dritte ist zwar bei Gutgläubigkeit des Mandatsträgers straflos (Schünemann LK § 203 Rdn. 88 und 158 f mit Nachw.). Jedoch zeigt die individualrechtliche Schutzkomponente der genannten Straftatbestände an, dass Berufsgeheimnisse der Verfügbarkeit des Geheimnisträgers grundsätzlich entzogen (Kindhäuser NK Rdn. 235) und jedenfalls nur eingeschränkt handelbar sind (zust. Hefendehl MK Rdn. 408). Nach dem oben Rdn. 132 genannten Kriterium unterfallen Berufsgeheimnisse daher nicht dem Schutz des § 263 (aA Lackner LK10 Rdn. 141). – Dagegen stellen die Klientel des Anwalts und der Patientenstamm des Arztes ähnlich wie die feste Kundschaft des Kaufmanns (Rdn. 135) nach heute h.M. wirtschaftliche Werte dar, die Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sind und von § 263 geschützt werden (Cramer Vermögensbegriff S. 108). Dabei (z.B. beim Verkauf von Anwalts- und Arztpraxen) geht es aber im Allgemeinen eher um Daten des persönlichen als solche des wirtschaftlichen Lebensbereichs; anders kann es etwa bei wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Anwaltspraxen sein. Bei der Verletzung des Dienstgeheimnisses nach nach § 353b geht es überhaupt nicht um den Schutz der Individualsphäre, sondern um öffentliche Interessen (der Lauferkeit) des öffentlichen Dienstes (Vormbaum LK § 353b Rdn. 2 mit Nachw.). Damit scheidet jede Form der Übertragung des Geheimnissubstrats als Gegenstand legalen Wirtschaftens aus, mag auch die „zunehmende Kommerzialisierung und Vermarktung fast aller Lebensbereiche“ (Hefendehl MK Rdn. 405) insbesondere vor Missständen in Verwaltung, Verfassungsschutz, Polizei, Bundeswehr usw. nicht Halt machen (weitere Beispiele bei Mitsch BT 1 § 7, 85). e) Bußgeld- und Strafansprüche sowie sonstige Ansprüche auf strafähnliche Leistun- 145 gen scheiden trotz ihres finanziellen (wirtschaftlichen) Substrats und ihrer rechtlichen Normierung aus dem (wirtschaftlichen, juristisch-ökonomischen und „institutionellen“) Vermögensbegriff aus. Die Geldstrafe (RGSt 71 280, 281; OLG Karlsruhe NStZ 1990 282 f; Jänicke S. 418 ff) und die Geldbuße nach dem OWiG (Bay ObLG JR 1991 433 mit Anm. Graul; OLG Köln NJW 2002 527 f mit Bespr. Hecker JuS 2002 224 ff und Matzky Jura 2003 191 ff; OLG Schleswig SchlHA 1978 59; Jänicke S. 440 f), aber auch die Einziehung (selbst als reine Sicherungsmaßnahme: OLG Stuttgart MDR 1981 422) und der Verfall sowie das Verwarnungsgeld nach § 56 OWiG (BayObLG JR 1991 433 ff mit Anm. Graul; OLG Hamm NJW 1979 2114 f) sind keine Gegenstände des Wirtschaftsverkehrs und werden daher nicht durch den Betrugstatbestand, sondern durch andere Straftatbestände – insbesondere § 258 – geschützt.240 Dasselbe gilt für die Freiheitsstrafe (OLG Braunschweig NJW 1957 600 f). Die repressive Zwecksetzung von Strafen, Geldbußen, Einziehung und Verfall usw. spielen für diesen Ausschluss aus dem Schutzbereich des § 263 zwar eine gewisse Rolle; jedoch kommt es auf die jeweilige Einordnung und den etwaigen Vorrang der Repression nicht an. Maßgebend ist vielmehr, dass diese Maßnahmen wegen ihrer besonderen staatlichen Funktion „nicht vermögensrechtlicher Natur“ sind (BayObLG aaO; OLG Stuttgart aaO; unten Rdn. 319), „dem wirtschaftlichen Ver-

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BGHSt 38 345, 351 f mit Nachw.; Eisele BT II Rdn. 565; Fischer Rdn. 99; Hefendehl MK Rdn. 413; Hoyer SK Rdn. 129; Jänicke S. 363 ff, 401 ff; Kindkäuser Rdn. 132; Krey 2 Rdn. 490c; Lackner/Kühl Rdn. 45; Rengier BT I § 13, 126; Sch/Schröder/Cra-

mer/Perron Rdn. 78a; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 537; aA Gössel 2 § 21, 187, der aber im Ergebnis ebenfalls den Betrug mangels Vermögensverfügung des Getäuschten ablehnt; Mitsch II/1 § 7, 88.

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kehr nicht unterliegen“ (BGHSt 38 345, 351 f im Anschluss an Cramer) und ein „Rechtsgut eigener Art“ betreffen (BayObLG aaO; Hefendehl MK Rdn. 413). Graul aaO stellt dagegen im Anschluss an Schünemann (JA 1974 105, 106) entscheidend auf das Selbstbegünstigungsprinzip des § 258 ab, das nicht durch Anwendung des § 263 „unterlaufen“ werden dürfe: § 258 sei für die Vereitelung der staatlichen Strafrechtspflege eine abschließende Sonderregelung (ebenso Otto BT § 51, 83). Abgesehen davon, dass diese Ansicht fremdnützige Handlungen nicht betrifft, ist sie auch deshalb abzulehnen, weil sie außerhalb der von § 258 angesprochenen Strafen und Maßnahmen das Tor für Betrachtungen aller Art öffnet, obwohl zumindest die strafähnlichen repressiven staatlichen Reaktionen außerhalb des eigentlichen Strafrechts wegen ihrer Ähnlichkeit derselben Behandlung unterworfen werden sollten. Auch kommt es entgegen Wenzel (DAR 1989 455, 456) nicht darauf an, ob die staatliche Entscheidung hinsichtlich der Sanktion schon rechtskräftig geworden ist; die Rechtskraft wandelt nämlich entgegen einer früher verbreiteten Auffassung die Geldstrafe (usw.) nicht in eine normale Geldschuld um (OLG Karlsruhe aaO unter Hinweis auf die Sonderregelungen der §§ 459a ff StPO; Tiedemann GA 1964 353, 372). Strafprozessuale Maßnahmen wie die mit dem Rechtsinstitut der Untersuchungshaft 146 untrennbar verbundene Sicherheitsleistung nach § 116 StPO dienen der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs und scheiden daher regelmäßig ebenfalls aus dem Schutzbereich des § 263 aus (BGHSt 38 345, 352; Jänicke S. 450 ff). Inwieweit der Beschuldigte sich durch unwahres Vorbringen, falsche ärztliche Atteste usw. verteidigen darf, ist grundsätzlich einheitlich nach der StPO zu bestimmen, die dem Beschuldigten nach h.M. keine Wahrheitspflicht auferlegt (BGH aaO). Geht es allerdings nur noch um den Verfall der Kaution, so „könnten“ nach einem obiter dictum des BGH aaO „die vermögensrelevanten Aspekte überwiegen“ (vgl. aber auch Tiedemann NJW 1977 1977 f). Letzteres ist eindeutig der Fall in Bezug auf staatliche Gebühren, die eine Gegenleistung für staatliches Handeln darstellen (BayObLG NJW 1955 1567 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 78a). Auch bei bestimmten Nebenfolgen der Strafe wie Kostenansprüchen des Staates (OLG Braunschweig NJW 1957 600 f; OLG Karlsruhe NStZ 1990 282 f; Jänicke S. 452 ff) sowie Gewährung von Unterkunft und Verpflegung im Rahmen einer behördlichen Freiheitsentziehung, insbesondere im Strafvollzug (vgl. bereits Rdn. 104), tritt der wirtschaftliche Gehalt der Leistung in den Vordergrund, so dass die unberechtigte Abwehr von Kostenansprüchen des Staates ebenso wie die Erschleichung von Unterkunft und Verpflegung im Gefängnis Betrug sein kann (Cramer/Perron aaO; aA Jänicke S. 318 ff). Zur Abwehr steuerlicher Säumnis- und Verspätungszuschlägen sowie Zwangsgelder Rdn. 319.

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f) Auch der Heiratsschwindel hat zwar im Einzelfall eine vorwiegend oder ausschließlich wirtschaftliche (finanzielle) Motivation, führt aber bei erfolgter Eheschließung trotz etwaiger Täuschung des einen Partners über die Absichten des anderen nicht zu einer Verfügung über Vermögen, sofern es beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff BGB) bleibt (zust. Hefendehl MK Rdn. 417). Auch die Begründung gesetzlicher Unterhaltspflichten wird meist nur als gesetzliche Reflexwirkung von untergeordneter Bedeutung angesehen.241 Soweit dagegen durch Ehevertrag Gütergemeinschaft vereinbart und das Vermögen der Partner damit gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten wird (§ 1416 BGB), liegt hierin eine Verfügung über das Vermögen (die 241

RGSt 8 12, 14; Fischer Rdn. 94; Hefendehl MK Rdn. 417; Kindhäuser NK Rdn. 339; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 160.

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trotz des Ausgleichsanspruchs nach § 1478 BGB einen Schaden darstellt, wenn durch die Begründung der Gütergemeinschaft nicht die Vermögensminderung des einen Partners ausgeglichen wird; zust. Hefendehl MK Rdn. 418, vgl. auch BGHZ 116 178 ff). Werden durch Ehevertrag Verzichte (z.B. auf Unterhalt im Falle der Scheidung) oder besondere finanzielle Leistungen versprochen (z.B. Prämien für jedes Jahr des Fortbestandes der Ehe und weitere Prämien für die Zeugung eines Kindes – so der Fall OLG Karlsruhe 5 UF 167/94 und AG Lörrach FamRZ 1994 1456 f), so finden die entsprechenden Leistungen im Vertrag ihren Rechtsgrund (zust. Hefendehl aaO); allerdings kann der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, § 138 BGB (vgl. Rdn. 94; AG Lörrach aaO S. 1457). Die Grundsätze über Umgehungsgeschäfte (einschließlich Erschleichung) finden keine Anwendung,242 mag es auch – wie in dem vorgenannten Fall – dem einen Partner nur auf die Prämie und dem anderen Partner nur auf den Namen des anderen (adligen) Partners ankommen (zur sog. Namensehe vgl. § 19 EheG a.F.). Soweit es nicht zur Eheschließung (oder Eintragung der Lebenspartnerschaft in das 148 Lebenspartnerschaftsregister; Fischer Rdn. 94) kommt, eine entsprechende Absicht aber vorgespiegelt wird und dadurch Geschenke, Darlehen oder andere wirtschaftliche Leistungen erlangt werden (vgl. etwa die Fälle BGHSt 3 215 f und 216; OLG Hamburg NStZ 1989 226 f), ist der Vermögenscharakter derselben unzweifelhaft (zust. Hefendehl MK Rdn. 419). Ein Schaden ist nach den Grundsätzen des Spenden- und Bettelbetruges (Rdn. 181) zu bejahen (Fischer Rdn. 94; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 159; zur Berücksichtigung seelischer Schäden und „immaterieller Genugtuung“ bei der Strafzumessung OLG Hamburg aaO mit Anm. Hillenkamp StV 1989 532 f, Grasnick JZ 1990 704 ff und Weigend JR 1990 29 ff). Geschenke während der Ehe werden, soweit es nicht um gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geht (vgl. § 534 BGB), als sog. unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen im Allgemeinen erst beim Zugewinnausgleich anlässlich der Ehescheidung ausgeglichen (BGHZ 115 132 ff), fließen also grundsätzlich nur in Höhe des halben Wertes an den Schenker zurück (§§ 1372, 1378 BGB). Sind sich die Partner über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig, so ist aber (auch) das Schenkungsrecht der §§ 516, 530 ff BGB anwendbar (BGHZ 87 145 ff), so dass der Schenker bei Vorliegen einer schweren Verfehlung des anderen gegen ihn die Schenkung widerrufen und das Geschenk bzw. seinen Wert nach §§ 531 Abs. 2, 812, 818 BGB herausverlangen kann. Als schwere Verfehlung kommt je nach den Umständen z.B. ein ehebrecherisches Verhältnis in Frage (BGH FamRZ 1985 351f mit Anm. Seutemann: Schenkung eines Grundstücksanteils). Täuscht also der untreue Ehegatte eine liebevolle Ehe vor, so dürfte durch die Bitte um und/oder Annahme von Geschenke(n) ein Schenkungsbetrug gegeben sein, der denselben Grundsätzen wie bei Vorspiegelung der Absicht zur Eheschließung unterliegt; die Zuwendung findet hier nämlich ihren Rechtsgrund in der Schenkungsabrede (BGHZ 87 145, 146; ausführlich Seutemann Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten, 1984). Der insoweit für § 263 StGB relevante Gedanke der Zweckverfehlung findet im Übrigen eine Parallele im Familienrecht, das in den einschlägigen Fällen auch eine Zweckverfehlungskondiktion zulässt (str.) und die unbenannte oder ehebedingte Zuwendung ebenfalls nach dem Zuwendungszweck bestimmt. – Bei einer Scheinehe, insbesondere wenn diese nur dazu dient, einem Ausländer die Aufenthalts-

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Dazu allgemein Vogel in Schünemann/ Suárez (Hrsg.), Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 151 ff mit zahlreichen Nachw. – Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen Monografien von Bergschneider

(2008) und Wiemer (2007). Im Vordergrund steht die Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB (Palandt/Brudermüller § 1408 Rdn. 8). Zum Betrugsschutz für Unterhaltsansprüche Rdn. 154.

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erlaubnis zu verschaffen (sog. Asylantenehe), lag bis zum 31.8.1998 jedenfalls bei Erklärung der Eheschließung vor dem Standesbeamten und Begründung des gesetzlichen Güterstandes schon aus den Rdn. 147 genannten Gründen keine vermögenserhebliche Verfügung vor; auch die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis stellt aus den Rdn. 104 genannten Gründen keine solche dar (zust. Hefendehl MK Rdn. 420). Soweit nachträglich aufenthaltsrechtliche finanzielle Vorteile erlangt werden, ohne dass hierauf ein Anspruch besteht (Sozialleistungsbetrug, vgl. Rdn. 57), ist – soweit eine Ehe mit einem deutschen Partner Voraussetzung des Anspruchs ist – die Grundsatzentscheidung BVerwG NJW 1982 1956 ff zu beachten, die eine Aufdeckung des wahren Zwecks der Eheschließung verlangte (vgl. im Einzelnen Kartzke Scheinehen zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile, 1990). Hieran dürfte seit Inkrafttreten des EheschließungsrechtsG am 1.9.1998 nicht mehr festzuhalten sein. Seither muss zwar der Standesbeamte seine Mitwirkung bei der Eheschließung verweigern, wenn offenkundig wird, dass beide Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft nicht herstellen wollen (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ist die Ehe aber geschlossen worden, so ist sie zivilrechtlich wirksam und unterliegt nur auf Antrag (u.a. der Verwaltungsbehörde, § 1316 Abs. 3 BGB) der Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft (§ 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB; ausführlich Lumpp Die Scheineheproblematik in Gegenwart und Vergangenheit, 2007). Dies dürfte zur Konsequenz haben, dass die Scheinehe auch verwaltungsrechtlich anerkannt werden wird (Bosch NJW 1998 2004, 2005). Dann aber können sich strafrechtliche Konsequenzen erst ab Aufhebung der Ehe ergeben (zust. Hefendehl aaO). – Vgl. auch noch Rdn. 185 zum Betrug von Asylbewerbern gegenüber staatlichen Stellen.

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g) Naturalobligationen und andere rechtlich nicht uneingeschränkt durchsetzbare, z.B. verjährte oder einer Kondiktion ausgesetzte Forderungen sind ebenfalls Bestandteil des strafrechtlich geschützten Vermögens und können daher Gegenstand eines Betruges sein. Dies ergibt sich für die wirtschaftliche Vermögensauffassung daraus, dass diese Forderungen trotz ihrer rechtlichen Unvollkommenheit erfüllbar sind und daher je nach Erfüllungsbereitschaft des Schuldners wirtschaftlichen Wert haben (RGSt 68 379, 380; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 437 mit Nachw.). Steht allerdings fest, dass der Schuldner nicht leisten wird, so ist die Forderung wirtschaftlich wertlos (vgl. nur RGSt 36 205, 208; 40 21, 29). Auch nach h.M. und der hier vertretenen Vermögenslehre (Rdn. 33 Vor § 263) ist die Zugehörigkeit rechtlich unvollkommener Forderungen zum Vermögen nicht fraglich, da im Zweifel nicht auf den Schutz durch die Rechtsordnung, sondern auf den fehlenden Widerspruch zu ihr abzustellen ist (oben Rdn. 132; für Vermögenszugehörigkeit „klagloser“ Forderungen nach der juristisch-ökonomischen Vermittlungslehre z.B. Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535; aA Hefendehl MK Rdn. 410 m.w.N., da keine „vermögenswerte Expektanz“ bestehe). Zutreffend stellt Hoyer (SK Rdn. 126) für die h.M. fest: Für einredebehaftete Forderungen „kommt es allein auf den realisierbaren Wert an“. – In Einzelfällen kann die Bestimmung der wirtschaftlichen Werthaltigkeit einer derart unvollkommenen Rechtsposition allerdings problematisch sein. So verneint OLG Hamm NJW 1956 194 f die Vermögensrelevanz eines Pfändungspfandrechts, das einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO ausgesetzt ist (aA Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 91). Wird nicht der Inhaber der unvollkommenen Verbindlichkeit getäuscht und eventuell 150 geschädigt, sondern bringt dieser sein unvollkommenes Recht mittels Täuschung zur Entstehung, so ist die Eingehung der Naturalobligation (usw.) für den Vertragspartner nach h.M. eine Vermögensverfügung, die dann zu einem Vermögensschaden führt, wenn sich der Schuldner aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen, z.B. aus Geschäftsrücksichten, der Leistung nicht entziehen kann (zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO mit

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Nachw.). Wird die Erfüllung der unvollkommenen Verbindlichkeit mittels Täuschung über ihre Durchsetzbarkeit erreicht (vgl. bereits oben Rdn. 19: Durchsetzung von Ehemaklerlohn mittels Mahnbescheids), so liegt nach der wirtschaftlichen Auffassung ein Schaden vor, wenn der Schuldner nicht erfüllungsbereit war. Nach der rechtliche Wertungen integrierenden Vermögensauffassung ist für die Begründung dieses Ergebnisses entscheidend, dass es nach den Regeln des Zivilrechts gerade in der freien Entschließung des Schuldners liegen soll, ob er die Verbindlichkeit erfüllen will.243 Dass damit Gesichtspunkte der Dispositionsfreiheit in den Vermögens- bzw. Schadensbegriff geraten (vgl. nur Cramer Vermögensbegriff S. 216 Fn. 61), ist unschädlich, weil die einschlägige Wertung des Zivilrechts spätestens bei der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils (und damit auch schon des Schadens, vgl. unten Rdn. 186) strafrechtlich relevant wird. So hat unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils RGSt 44 203 f für die Durchsetzung einer verjährten Forderung (durch Zwang: § 253!) darauf abgestellt, dass die Entgegennahme der Leistung kein Vermögensvorteil ist, der vom Gesetz missbilligt wird (vgl. § 222 BGB), dass aber der Zwang zum Verzicht des Schuldners auf sein Leistungsverweigerungsrecht rechtswidrig ist. Entsprechendes muss für die Täuschung über das Verweigerungsrecht gelten. h) Nichtige (unwirksame) Forderungen können grundsätzlich nur nach der extrem 151 wirtschaftlichen Auffassung zum Vermögen gerechnet werden (BGHSt 2 364, 366 ff – Drehbank-Fall), wobei die Kriterien (der Rechtsprechung) für die faktische Erfüllungsbereitschaft des Schuldners als konstitutivem Merkmal für die wirtschaftliche Werthaltigkeit der Forderung (z.B. ein „Rest von Anstandsgefühl“ oder Erfüllungsbereitschaft bei hinreichendem „Lärmen“ des Inhabers der nichtigen Forderung: OLG Hamburg NJW 1966 1525 f 244) ebenso greifbare und naheliegende Angriffspunkte gegen diese Auffassung bilden wie die Ablehnung von Gewalt als Merkmal der Zurechnung zum Vermögen auf der Hand liegt (vgl. bereits Rdn. 131). Die hier vertretene, rechtliche Wertungsgesichtspunkte integrierende Vermögensauffassung lehnt derartige Konstruktionen und Überlegungen wegen der Existenz und des Inhaltes von § 138 BGB ab. Eine weitergehende neuere Ansicht des Schrifttums erweitert diesen Ausgangspunkt mit der Rechtsprechung (vgl. nur BGH NStZ 2008 151 f mit Anm. Kindhäuser/Wallau) auf Fälle der Verbotswidrigkeit nach § 134 BGB (z.T. in Verb. mit Art. 1, 2 Abs. 1 GG) und des Rechtsmissbrauchverbotes nach § 242 BGB (BGHSt 48 322, 326 f mit Anm. Kühl NStZ 2004 387), insbesondere bei dem Handel mit Objekten, die dem Bereich legitimen Wirtschaftens absolut entzogen sind (Nelles S. 436 f und Vogel § 4 III 1b; vgl. bereits Rdn. 141): Handel mit Menschen, insbesondere in den Formen des Sklaven-, Frauen-, Kinder- und Adoptionshandels; Handel mit menschlichen Organen; Handel mit Falschgeld, „harten“ und sonstigen Betäubungsmitteln sowie Kriegswaffen in der Hand von Personen, die 243

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Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 119; aA Welzel S. 375 und aus der Sicht der personalen Vermögensauffassung Bockelmann FS Mezger S. 372. Mit Bspr. Cramer JuS 1966 472 und Lenckner JZ 1967 105; ebenso Bockelmann BT 1 S. 76; Blei II S. 236; ähnlich Gössel 2 § 21, 123; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 438; aA (in Bezug auf Forderungen aus sitten- oder verbotswidrigen Geschäften) Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 116 ff; Eisele BT II

Rdn. 569; Hefendehl MK Rdn. 426; Hoyer SK Rdn. 127 (bei unheilbar nichtigen Forderungen); Küper BT S. 369; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 99, 102 und 133; Rengier BT I § 13, 136; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 93; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 535 und 569. Dagegen will Mitsch BT 1 § 7, 43 nur gesetzwidrige Ansprüche ausnehmen (dagegen aber Hefendehl MK Rdn. 431).

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keine verwaltungsrechtliche Erlaubnis zum Umgang mit diesen Gegenständen haben. Für diese Ansicht kann auch die BGH-Rechtsprechung in Anspruch genommen werden, dass der Besitz an gefälschten Papieren keinen Vermögenswert hat (Rdn. 155 a.E.), obwohl es für derartige Papiere durchaus einen Markt gibt. Jedoch kann die erwähnte Ausweitung zunächst schon nicht für die Fälle relativer Verkehrsverbote gelten, z.B. in Bezug auf verkehrsunfähige Waren, die immerhin Gegenstand des Handels für andere Zwecke als die menschliche Ernährung sein können und insoweit auch einen gewissen Handelswert haben. Auch dürfte die Annahme von BGHSt 2 364, 369, dass eine nichtige Forderung (auf Erhalt eines Teiles des Hehlerlohns) dann strafrechtlich geschützt ist, wenn sie durch eine wirtschaftlich wertvolle (gestohlene) Sache gleichsam verkörpert wird, nicht mehr mit der neueren Tendenz der BGH-Rechtsprechung zu einer ökonomisch-juristischen Vermittlungsauffassung (oben Rdn. 132) vereinbar sein (vgl. BGH NStZ 2001 334: Vorenthalten des Beuteanteils an unverzollten Zigaretten und der Bezahlung für „Kurierfahrten“ mit diesen sowie für die Verwaltung des Zigarettenlagers). Überhaupt dürfte aus Sicht der h.M. auch bei dem absolut verbotenen Handel mit Menschen, Organen usw. der Gesichtspunkt der Verwendung „guten Geldes“ zu sitten- oder verbotswidrigen Zwecken den Wert des Geldes nicht berühren (Rdn. 138; vgl. noch einmal BGHSt 48 329 f und NStZ 2003 152: Betrug durch Lieferung von Schokolade statt Haschisch nach Erhalt des Rauschgiftkaufpreises). Bei dem Verstoß gegen Formvorschriften ist im Übrigen mit Cramer (Vermögensbegriff S. 108) und Lenckner (JZ 1967 108) danach zu differenzieren, ob die Vermögenszuwendung vom Recht missbilligt oder aber nur Übereilungsschutz bezweckt und insbesondere der Formmangel durch Vollzug der Vermögenszuwendung geheilt wird (ebenso Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 92; aA RGSt 65 99, 100 mit abl. Anm. Grünhut JW 1932 2434 f). Mit Lenckner (aaO S. 108 f) ist also „im Einzelfall nach dem Normzweck und dem Grund der Unwirksamkeit zu fragen“ (zust. Hefendehl MK Rdn. 422 und 436). – Wird in Erinnerung gerufen, dass der Einsatz „guten Geldes“ zur Erreichung verbotener oder sittenwidriger Zwecke durch die unerlaubte Zwecksetzung nach h.M. nicht seine Eigenschaft als strafschutzwürdiger Vermögensbestandteil verliert (vgl. Rdn. 138), dagegen der Beauftragte (Killer, Drogenkurier usw.) nur einen von § 263 nicht geschützten nichtigen Anspruch gegen den (ihn nicht oder mit Falschgeld bezahlenden) Auftraggeber erwirbt, so ergibt sich eine Asymmetrie, die im jüngsten Schrifttum zunehmend gerügt wird (Fischer Rdn. 105 f, 108 f; Hoyer SK Rdn. 131; Küper BT S. 370, je mit Nachw.). Jedoch ist der gerügte Wertungswiderspruch in Bezug auf das Eingreifen oder Nichteingreifen des Betrugstatbestandes sowohl durch den ökonomischen Ansatz der h.M. als auch kriminalpsychologisch erklärbar. Die Assymetrie ist daher sachgerecht (zust. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 120c).

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i) Nutzungsmöglichkeiten in Bezug auf fremde Einrichtungen und Gegenstände materieller wie immaterieller Art (z.B. Labors, DV-Anlagen, Patente) gehören ähnlich wie der Besitz an Sachen (oben Rdn. 140) zum strafrechtlich geschützten Vermögen (zust. Hefendehl MK Rdn. 400; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 97a; vgl. auch unten Rdn. 191 f und 211). Hieraus ergibt sich – bei hinzutretender Täuschung, insbesondere bei Garantenstellung aus Dienstrecht – die Möglichkeit eines Nebentätigkeitsbetruges, wenn die private bzw. außerdienstliche Inanspruchnahme der faktischen Nutzungsmöglichkeiten dem Berechtigten (Arbeitgeber, Dienstherr usw.) nicht mitgeteilt und kein Nutzungsentgelt entrichtet wird (BGH NJW 1982 2881 f für die Inanspruchnahme von Universitätspersonal für eine Nebentätigkeit des Lehrstuhlinhabers; vgl. insoweit zu § 266 Schünemann LK Rdn. 129). Der Schaden des Dienstherrn entspricht dem nicht entrichteten Nutzungsentgelt (BGH NStZ 1994 189; Hefendehl aaO).

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Auch der durch § 263a nicht erfasste sog. Zeitdiebstahl als unbefugte Inanspruch- 153 nahme von DV-Anlagen (vgl. Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 60 und 66 mit Nachw.; einschlägige Fälle bei Sieber Computerkriminalität S. 125 u. 2/124) kann nach § 263 strafbar sein, wenn es zur Täuschung eines Menschen (z.B. durch Unterlassen der Mitteilung bei Vorliegen einer Garantenstellung) kommt; bei fehlender Täuschung eines Menschen ist § 265a einschlägig (Tiedemann/Valerius aaO Rdn. 60). Allerdings kommt es für den Betrugstatbestand darauf an, ob je nach Computertyp und Verkehrssitte die Leistung der DV-Anlage kommerzialisierbar ist (verneinend BGH bei Holtz MDR 1981 267, 268 für Verwaltungsleistungen einer Universitätskasse). Enger will Sieber (aaO S. 124) für die unbefugte Computernutzung nur auf den geringen, meist nicht einmal messbaren Strommehrverbrauch als Vermögensschaden abstellen. j) Vermögensrechte dinglicher und obligatorischer Art sowie Sachen (und das Eigen- 154 tum sowie der Besitz an ihnen, vgl. bereits Rdn. 140) sind außerhalb der juristischen Vermögenslehre (oben Rdn. 128) nur dann Vermögensbestandteil, wenn sie einen in Geld ausdrückbaren Tauschwert haben. Dies gilt neben den oben Rdn. 142 erwähnten Immaterialgüterrechten oder den Rdn. 104 und 236 genannten Unterhaltsansprüchen z.B. für die Beteiligung an einer BGB-Gesellschaft (BGH GA 1979 271) und für das vertraglich bestellte Pfandrecht (Hefendehl MK Rdn. 401; Hoyer SK Rdn. 135) ebenso wie für das gesetzliche Pfandrecht des Hotelinhabers an den eingebrachten (pfändbaren) Sachen der Gäste (BGHSt 32 88, 91 mit Anm. Jakobs JR 1984 385 ff und Otto JZ 1984 143 ff sowie krit. Bspr. Joerden JuS 1985 20 ff). Auch Gestaltungsrechte wie die Befugnis zur Anfechtung, Kündigung, Wandlung oder Minderung gehören hierher, soweit ihre Ausübung wirtschaftliche Folgen hat (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 85; wohl weitergehend Lackner LK10 Rdn. 127, der nur „bloße Reflexwirkungen wirtschaftlicher Art, die sich mit einem Nichtvermögensrecht verbinden können“, als unerheblich ausschließen will). Dagegen erwirbt der Grundstückskäufer mit der Auflassungsvormerkung trotz ihrer Sicherungsfunktion keinen Vermögenswert; einen solchen hat erst die Auflassung (als Anwartschaftsrecht, OLG Stuttgart NJW 2002 384 f mit Anm. Erb JR 2002 216). Zum fehlenden Rechtsanspruch auf Ersatz für Enteignungen auf dem Gebiet der früheren DDR oder auf Restitution (Rückgabe) OLG Karlsruhe JR 1997 299 ff mit insoweit zust. Anm. Kindhäuser. Wirtschaftlich wertlose Gegenstände und Sachen mit bloßem (immateriellem) Affek- 155 tionswert sind dagegen kein tauglicher Gegenstand des Betruges (wohl aber – bei hinreichender Verkörperung – von Diebstahl und Unterschlagung, vgl. Vogel LK § 242 Rdn. 44 mit Nachw.). Dasselbe soll nach h.M. auch für Gegenstände gelten „die keinen fassbaren wirtschaftlichen Wert aufweisen“ (Hefendehl MK Rdn. 411), z.B. Personalausweise (BGH NStZ 2009 694), Führerscheine (Hefendehl aaO; vgl. auch BGH bei Holtz MDR 1983 92 für § 259), Kfz-Scheine (BGH VRS 42 110) und Reisepässe (BGH bei Dallinger MDR 1972 17 mit abl. Anm. Bittner S. 1000 ff). Diese überwiegend akzeptierte Rechtsprechung ist nicht frei von Zweifeln, vor allem seit der Fortschritt der Technik und das Bedürfnis nach Fälschungssicherheit praktisch bei allen genannten Dokumentenarten zu relativ aufwendigen Herstellungsarten geführt haben und sich dies in der vom Aussteller verlangten Gebühr für die Ausstellung deutlich niederschlägt. Die genannten Dokumente haben daher heute durchaus einen „fassbaren wirtschaftlichen Wert“, so dass ihre Nichtzugehörigkeit zum Vermögen (z.B. bei Reisepässen: der Bundesrepublik Deutschland) nur mit der Erwägung begründet werden kann, dass die öffentliche Bescheinigungs- und Erlaubnisfunktion derartiger Dokumente im Vordergrund steht (zust. Hefendehl aaO; vgl. dazu oben Rdn. 104 und unten 255). Auf den wirtschaftlichen Nachteil bei der erforderlichen Wiederbeschaffung (Neuausstellung) solcher Dokumente

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kommt es dagegen nicht an, da der Täter seinen Vorteil jedenfalls nicht stoffgleich aus diesem Nachteil erstrebt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 98; zust. Hefendehl aaO; zur Stoffgleichheit näher unten Rdn. 256). Im Übrigen ist es irrelevant, dass es einen (kriminellen) „Markt“ (und Marktwert) für gefälschte Ausweispapiere gibt, da der bloße Besitz an solchen gefälschten Papieren „grundsätzlich keinen Vermögensvorteil“ darstellt (BGH bei Holtz aaO; BayObLG NJW 1979 2218 f mit krit. Anm. Paeffgen JR 1980 300 ff zu § 259, aber wohl einschränkend für gefälschte Führerscheine, wenn der Täter im Besitz eines Kraftfahrzeuges ist und dieses zu wirtschaftlichen Zwecken einsetzen will) bzw. nach dem hier zugrunde gelegten integrierten Vermögensbegriff rechtlich missbilligt ist. Nach h.M. gehören auch Rechte, die „auf Immaterielles gerichtet“ sind (Lackner 156 LK10 Rdn. 127), nicht zum Vermögen. Als Hauptbeispiel wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit seinen Unterfällen des Rechtes auf Ehre und des Namensrechtes genannt (vgl. nur Lackner aaO; Nelles S. 439). Demgegenüber weist Vogel § 4 III 1b zutreffend darauf hin, dass der Einzelne – anders als ein Unternehmen – seinen Namen zwar nicht an einen anderen veräußern, ihn aber legitimerweise z.B. für Werbezwecke nutzen kann und der Name insoweit ein Wirtschaftsgut darstellt, das als Nutzungsmöglichkeit Gegenstand eines Betruges sein kann (zust. Hefendehl MK Rdn. 405). Es kann also ähnlich wie die Arbeitsleistung im Verhältnis zur Arbeitskraft (oben Rdn. 138) die wirtschaftliche Nutzung des Namens als betrugstaugliches Substrat verstanden werden. Weitere Beispiele wie die Abbildung des (nackten) Körpers zu kommerziellen Zwecken (vgl. nur Seitz NJW 1999 1940 f mit aktuellen Fällen) führen zu dem Begriff des wirtschaftlichen Persönlichkeitsrechts (Götting Persönlichkeitsrechte sind Vermögensrechte, 1994). Seine zivilrechtlich vor allem über §§ 812 ff BGB gegengesteuerte unbefugte Ausbeutung ist auch für § 263 StGB relevant, wenn etwa die Einwilligung in die Bildveröffentlichung durch Täuschung erschlichen wird. Kein taugliches Objekt des Betruges sind schließlich nach ganz unbestrittener Ansicht 157 wertlose, „weil gänzlich uneinbringliche“ Forderungen (missverständlich Lackner LK10 Rdn. 127, der nur „im Allgemeinen“ ihre Tauglichkeit als Betrugsobjekt ausschließen will). Diese Aussage ist im gesamten Vermögensstrafrecht anerkannt (vgl. nur BGH wistra 1986 24, 25 für die Untreue). Einen im Ansatz tauglichen Maßstab für die Einschätzung der (fehlenden oder geminderten) Werthaltigkeit bildet auch hier das Bilanzrecht (Hefendehl S. 195; oben Rdn. 131; zust. BGHSt 48 199, 203 Rdn. 13). Dabei ist allerdings im Strafrecht zu berücksichtigen, dass sich Bilanzrecht und betriebswirtschaftliche Bewertungspraxis an einem wahrscheinlichen Wert ausrichten und eine Sammelbewertung mehrerer zweifelhafter Forderungen zulassen; die Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes wird daher im Strafrecht relativ häufig zur Verneinung der Werthaltigkeit führen (Tiedemann FS Klug S. 415 mit Nachw.), zumal das Bilanzrecht insoweit dem strengen Niederstwertprinzip folgt. – Kein Vermögensbestandteil ist schließlich auch die wirtschaftliche Bewegungs- oder Dispositionsfreiheit als solche (vgl. bereits Rdn. 32 Vor § 263; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 98 mit Nachw.). 3. Prinzipien der Schadensermittlung

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a) Vermögens- und Schadenslehren hängen eng zusammen (Rdn. 126). Nach der in der Rechtsprechung zunächst vorherrschenden wirtschaftlichen Auffassung (Rdn. 32 Vor § 263, oben Rdn. 130) und der hier sowie auch in der neueren Rechtsprechung zugrunde gelegten ökonomisch-juristischen (integrierten) Lehre (Rdn. 31 Vor § 263, oben Rdn. 132) liegt der Schaden darin, dass das Vermögen des Opfers infolge der Täuschung eine Einbuße an wirtschaftlichem Wert erfährt (vgl. nur BGHSt 30 388, 389; 45

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1, 4, je m.w.N.). Nicht abschließend geklärt ist, ob die Einbuße – zumindest im Grundsatz – in Geld ausdrückbar sein muss. In der älteren Rechtsprechung ist dies unter Zustimmung eines Teils des älteren Schrifttums überwiegend angenommen worden (sog. Geldwertlehre; vgl. Lackner LK10 Rdn. 125, Lampe FS Otto S. 625 f und Winkler S. 31 ff, je mit Nachw.). Die nunmehr herrschende Auffassung hält dem entgegen, dass die Geldwertlehre in Bereichen versage, in denen kein Umsatz stattfindet, und im Übrigen den Grundsatz der objektiv-individuellen Schadensberechung verfehle; entscheidend sei vielmehr das konkrete wirtschaftliche Gewicht, das Gütern im Zusammenhang eines bestimmten Vermögens zukommt, namentlich der individuelle Nutzungs- oder Wiederbeschaffungswert (Lackner aaO mit Nachw.). Wirtschaftliche Einbuße sei damit jede Einbuße, die nach allgemeiner Verkehrsanschauung das Potential des Vermögensträgers mindert, sich im Wirtschaftsleben zu behaupten; einer rechnerischen Festlegung eines bestimmten Geldbetrages bedürfe es nicht (Lackner aaO Fn. 229). – Jedoch erscheint es als zu unbestimmt und zu weitgehend (sowie als Konzession an personale Schadenslehren), jegliche Minderung des wirtschaftlichen Potentials genügen zu lassen. Vielmehr lassen sich Wiederbeschaffungswerte durchaus in Geld ausdrücken, und auch individuelle Nutzungswerte können prinzipiell in Geld bewertet werden, wie die betriebswirtschaftliche Ertragswertmethode und die Zivilrechtsprechung zu Gebrauchsvorteilen auch im privaten Bereich zeigt (grundlegend BGHZ 98 212 ff). Eine vordringende Literaturauffassung (Vogel § 4 I 1c; T. Walter S. 181 ff; Waßmer S. 143 f) hält daher an dem Erfordernis prinzipieller Quantifizierbarkeit des Schadens in Geldwert fest (so auch Hefendehl MK Rdn. 444 und 448 ff) und sieht hierin ein Kriterium, nicht nur einen – letztlich unnötigen – Umweg der Schadensbestimmung (so aber Cramer Vermögensbegriff S. 49). Dieser Auffassung mit ihrem zutreffenden Rückgriff auf Zivilrechtsprechung und Wirtschaftswissenschaften ist grundsätzlich zuzustimmen. In Grenzbereichen ist aber mit der h.M. eine Erfassung auch nicht quantifizierbarer Fälle zu erwägen. Immaterielle Schädigungen sind dagegen nirgends zu berücksichtigen (vgl. bereits Rdn. 155). Wegen des zugleich normativen Charakters des Vermögens und des Schadens scheiden als Schaden von vornherein auch die Nichtleistung von Gegenständen und die Nichterbringung von Leistungen aus, die entweder nicht vermögensrechtlicher Natur sind (vgl. Rdn. 145: Straf- und Bußgeldansprüche) oder wegen des Widerspruchs zur Rechtsordnung keine Gegenstände des (legitimen) Wirtschaftsverkehrs darstellen (vgl. Rdn. 138 und 151: Auftragsstraftaten). Dasselbe gilt für Ersatzansprüche, die aus der Deliktsbegehung entstehen und den Schadensausgleich, also den Rückfluss des Geldwertes zum Geschädigten, ermöglichen sollen (näher dazu Rdn. 166). – Die grundsätzliche Frage schließlich, ob bei zwei- und einseitigen Geschäften dieselben oder unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. Rdn. 181 ff), ist für eine normative Betrachtung weniger für den Subventionsbetrug (im Sinne des § 263) als für den meist nicht normativ vorstrukturierten Bettel- und Spendenbetrug problematisch (Ausnahme z.B. die Parteispenden, Rdn. 262). Sie wird im Zusammenhang mit diesen Typen unten Rdn. 183 ff behandelt. Gegen die Heranziehung normativer Gesichtspunkte bei der Schadensermittlung ins- 158a besondere in der neuesten Rechtsprechung des (1., 2., 3. und 5. Strafsenats des) BGH wendet sich Saliger (FS Samson, 2010, S. 455 ff) mit scharfer Kritik, welche die Rückkehr zu einer „wirtschaftlich-faktischen Bestimmung des Schadens“ propagiert, freilich zu Unrecht die „Normativierung des Schadensbegriffs“ zur Bezeichnung einer „seit Jahrzehnten … expansiven Entwicklungslinie der Schadensdogmatik“ erklärt (aaO S. 456). Geradezu für verfassungswidrig hält Rönnau (FS Rissing-van Saan, 2011, S. 518 f, 522 ff) zahlreiche Rechtsprechungsbereiche einer „Vernormativierung“ des Schadensbegriffs, die er als „Schadensfiktion“ bezeichnet, weil „die wirtschaftliche Betrachtung und Bewertung“

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„weitgehend aus dem Blick“ gerate und durch „mitunter diffuse, rechtliche Erwägungen korrigiert, nicht selten ersetzt“ werde. – Jedoch zeigt bereits die grundsätzliche Ausgliederung der Gegenstände nicht legitimen Wirtschaftsverkehrs aus dem Schutzbereich des Betruges (soeben Rdn. 158) ebenso wie die Straflosigkeit der Täuschung zwecks Erfüllung oder Abwehr eines Anspruchs – spätestens durch das begrenzende gesetzliche Absichtsmerkmal (vgl. Rdn. 186 und 230 f) –, dass der Einfluss normativer Elemente durch den Gesetzgeber vorgegeben ist und die Strafbarkeit ganzer Sachkomplexe auch einschränkt, nicht etwa nur erweitert. In ausgedehnten Wirtschaftsbereichen findet das Strafrecht ferner Normierungen vor, an die es zwar nicht strikt gebunden ist, also nicht rein akzessorisch wirkt, wohl aber schwerlich in Widerspruch insbesondere zu gesetzlichen Regelungen geraten darf; ein die Einheit der Normgeltung wahrender und mit Art. 103 Abs. 2 GG konformer Mittelweg ist insoweit nur die Beschränkung der Strafbarkeit auf Verhaltensweisen, die sich gegen den Kern der außerstrafrechtlichen Regelung wenden, wie es teilweise für den Anstellungsbetrug durch Beamtenanwärter vorgeschlagen wird (Rdn. 225). Jedenfalls ist es ohne Ergänzung des Rechts(schutz)systems auch nicht vorstellbar, ärztliche Leistungen gegenüber der Sozialversicherung, die zu den Paradebeispielen Saligers und Rönnaus (aaO) zählen, wirtschaftlich und nicht sozialrechtlich zu bewerten. Auch bei Subventionsbetrug und Steuerhinterziehung ist eine Kompensation nur in engen (normativen!) Grenzen möglich (vgl. Rdn. 267). Die Bewertung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beruht bekanntlich auf der Vereinbarung der kassenärztlichen Bundesvereinigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen (§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB V, nach dessen Absatz 2 Satz 1 der so vereinbarte „einheitliche Bewertungsmaßstab“ den „Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen“ bestimmt). Diese Vertragsgrundlage (zutr. Satzger S/S/W Rdn. 197) führt zu der viel kritisierten „streng formalen Betrachtungsweise des Sozialversicherungsrechts“ (BGH NStZ 1995 85, 86 und 2003 313, 315). Geht es insoweit um einen bindenden Kollektivvertrag und öffentliches Vermögen, so beherrschen individuelle Verträge, teilweise mit vornormiertem AGB-Inhalt, weite Bereiche des Wirtschaftslebens. Mit dem Vertragsinhalt bestimmen die Parteien wert- und preisbildende Faktoren, vereinbaren die Beschaffenheit (Eigenschaften) des Kaufgegenstandes usw. mit der zivilrechtlichen Folge, dass die Abweichung von dieser privaten Normierung einen Sachmangel darstellt (vgl. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die zu leistende Beschaffenheit einer Ware kann auch durch Verbrauchererwartung oder Gesetz festgelegt sein mit der strafrechtlichen Folge, dass die Abweichung hiervon den Minderwert der Ware ausmacht; diese Bewertung nimmt der Wirtschaftsverkehr, aber eben auf der Grundlage normativer Erwartungen der Wirtschaftsteilnehmer, vor (Rdn. 198 ff). Wie soll hier eine wirtschaftlich-faktische Alternative aussehen? Verträge können auch einen Verwendungszweck des Vertragsgegenstandes bestimmen (vgl. für Kaufverträge wiederum § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB und Rdn. 204). Bei einseitigen staatlichen (Sozial-)Leistungen fehlt dagegen außerhalb der Vertragssubventionen eine vereinbarte Zweckbestimmung. Jedoch ist hier die von Saliger (aaO) kritisch benannte „soziale Zweckverfehlung“ schon deshalb unschädlich, weil nach richtiger Ansicht die Rechtswidrigkeit des Schadens und jedenfalls wieder die subjektive Tatseite das Verständnis der Auszahlung der Leistung als wirtschaftlichen Schadens (Rdn. 160) rechtlich einordnet und korrigiert (Rdn. 185a). – Verträge können schließlich für die Parteien verbindlich vorsehen, wie der Preis gebildet werden soll, sofern er nicht ausnahmsweise durch Gesetz, also normativ, vorgeschrieben ist oder – wie regelmäßig – durch den Markt, also wirtschaftlich, ermittelt wird. In dem atypischen Sinn eines zunächst fehlenden Marktes wird der Preisfindungsprozess bei Auktionen (z.B. im Internet) und bei Ausschreibungen (insbesondere von Bauleistungen) als Wettbewerb unter den Bietern mit dem Veranstalter vereinbart (Rdn. 165; auch Tiedemann LK § 298 Rdn. 9 m.w.N.). Wird dieser Preis-

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findungsprozess von Bieterseite vorsätzlich beeinträchtigt, so ist die spätere Preisvereinbarung wegen § 134 BGB unwirksam. Diese de lege lata unausweichliche normative Entscheidung soll ebenso wie das entsprechende Ergebnis bei Schwarzarbeit (Rdn. 139) aber nach ganz h.M. nicht dazu führen, dass der Unternehmer oder Schwarzarbeiter wirtschaftlich leer ausgeht, also „umsonst“ gearbeitet hat. Ansprüche des (Bau-)Unternehmers nach §§ 812 ff oder §§ 675, 670 BGB bestehen allerdings rechtlich nicht, da der Unternehmer weder ohne Rechtsgrund noch vereinbarungsgemäß unentgeltlich gearbeitet hat. Im Falle von Schwarzarbeit (bei beiderseitiger Kenntnis hiervon, Rdn. 139) würde sogar § 817 S. 2 BGB einem Bereicherungsanspruch des Schwarzarbeiters entgegenstehen. Kraft normativer Entscheidung wendet die Rechtsprechung in beiden Fällen § 818 Abs. 2 BGB an und schließt § 817 Satz 2 unter Berufung auf § 242 BGB aus. Der Bereicherungsanspruch wird dann aber durch den Vertragspreis bzw. den „hypothetischen Wettbewerb“ nach oben begrenzt (Rdn. 165a) – nach Saliger (aaO) weiteres Paradebeispiel einer „expansiven Entwicklungslinie der Schadensdogmatik“. Übrigens ist nicht etwa der Kostenpreis, den Rönnau (aaO S. 524) möglicherweise als Alternative mit BGHSt 16 367, 373f für wirtschaftlich richtig hält, in einer Marktwirtschaft maßgebend, sondern nach deren normativen Grundprinzipien nur ein Wettbewerbspreis möglich; wird dessen Bildung von einer Partei vorsätzlich verhindert, so ist nur der Rückgriff auf den hypothetischen Wettbewerbspreis systemkonform, wie bereits BGHSt 8 221, 226 im Jahre 1955 entschieden hat (dazu auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 145: Normativierung des Schadensbegriffs auch bei Annahme einer schadensgleichen Vermögensgefährdung bereits durch Verfälschung des Preisbildungsprozesses). Der von BGH aaO eingenommene „Standpunkt einer kartellfreien Marktwirtschaft“ ist freilich ebenfalls normativ, nämlich durch das Kartellverbot des GWB (§ 1) bzw. in casu der MRVO Nr. 78 konstituiert. – Saliger und Rönnau haben nicht gezeigt, wie bei diesen hier nur beispielhaft aufgeführten Normativierungen faktische Wege möglich sein können oder gar sollen. Die Einhaltung rechtlicher Vorgaben stellt in vielen Fällen auch die von Art. 103 Abs. 2 GG geforderte Rechtssicherheit besser her als eine mitunter diffuse wirtschaftliche Bewertung. Zutreffend ist es allerdings, wenn nunmehr BVerfG wistra 2012 102, 105 Rdn. 176 statuiert, dass „normative Gesichtspunkte“ die „wirtschaftliche Betrachtung … nicht … verdrängen“ dürfen. Hiergegen verstößt der Beschluss BGH 1 StR 45/11 v. 25.1.2012 (JZ 2012 518 ff mit abl. Anm. Tiedemann), der die vorgenannte streng formale Betrachtungsweise des Sozialversicherungsrechts auf die Abrechnung des Arztes gegenüber Privatpatienten übertragen will. Die für einen Schaden erforderliche Einbuße an wirtschaftlichem Wert setzt zunächst 159 voraus, dass entweder Aktiva aus dem Vermögen ausscheiden bzw. in ihrem Wert gemindert werden (was auch bei Vereitelung einer Exspektanz der Fall sein kann, eingehend Rdn. 135 ff) oder Passiva erhöht oder neu begründet werden (unten Rdn. 173). Im wirtschaftlichen Normalfall des Austauschgeschäfts fliesst dem Vermögen, aus dem ein Aktivum ausscheidet oder das mit einem Passivum belastet wird, allerdings ein Gegenwert zu; er ist grundsätzlich als Schadensausgleich (Kompensation) zu berücksichtigen. Es wird somit eine Gesamtsaldierung vorgenommen, um den Schaden als Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwertes eines Vermögens zu ermitteln (ganz h.M.).245 Da allerdings

245

Insbesondere BGHSt 16 220, 221 und 321, 325 sowie 51 10, 15 Rdn. 18; 53 199, 201 Rdn. 10 m.w.N.; ebenso OLG Düsseldorf JZ 1996 913, 914 mit Anm. Schneider; Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 89;

Bockelmann BT 1 S. 77; Blei II S. 234; Fischer Rdn. 111; Gössel 2 § 21, 146; Hefendehl MK Rdn. 442 ff; Hoyer SK Rdn. 183; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 457; Küper BT S. 379 und 382; Lackner/Kühl Rdn. 36;

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eine Bewertung sämtlicher Vermögensgegenstände eines Vermögensinhabers („Gesamtsaldierung“) überaus aufwendig und regelmäßig überflüssig ist (Cramer Vermögensbegriff S. 49; zust. Hefendehl MK Rdn. 446), begnügt sich die h.M. für den Regelfall mit der Feststellung der konkreten, durch die Verfügung des Opfers ausgelösten Wertminderung und der weiteren Prüfung, ob ein (voller) Ausgleich durch einen entsprechenden Wertzuwachs erfolgt ist. Der Gedanke der Gesamtsaldierung macht aber nach Lackner (LK10 Rdn. 143) deutlich, dass es zum einen auf „das Schlussergebnis, das ‚Ärmerwerden‘, ankommt“ und dass weiter die Einbettung der betreffenden Vermögensgegenstände in das Gesamtvermögen und ihr wirtschaftlicher Stellenwert für das Opfer „nicht gleichgültig sind“, nämlich – bei gegebener wirtschaftlicher Gleichwertigkeit des Leistungsaustausches – unter dem Gesichtspunkt individueller Nutz- oder Gebrauchswerte schadensrelevant werden können (vgl. bereits Rdn. 126 und näher unten Rdn. 177 ff). In dieser scheinbaren Ausnahme der h.M. zugunsten der Bedürfnisse des Getäuschten liegt kein Zugeständnis an die Kritik (der Vertreter der personalen Vermögenslehre), dem Verfügenden dürften nicht die objektiven Maßstäbe eines homo oeconomicus oktroyiert werden (so aber Otto BT § 38, 8 f und Struktur S. 56 ff); es geht vielmehr um die – in Geldwert ausdrückbare (!) – Anerkennung der Relevanz der Vermögensorganisation des Vermögensinhabers und damit auch von wirtschaftlichen Nutz- und Gebrauchswerten. – Ein Teil der Lehre erkennt neben der Saldierung mit Gegenwerten auch der Zweckerreichung schadensausschließende Bedeutung zu (vgl. nur Cramer Vermögensbegriff S. 210, 216; Kindhäuser Rdn. 163 mit Nachw.; Weidemann S. 88). Diese vor allem auch von Anhängern der personalen Vermögenslehre vertretene Ansicht stellt entscheidend auf den Zweck der Vermögensverwendung bzw. der Verfügung ab und ist das Korrelat der Zweckverfehlungslehre beim Schaden. Sie wird daher im Zusammenhang mit letzterer unten Rdn. 185 behandelt. Die Rechtsprechung hat die Zweckerreichung bisher zu Recht nicht als allgemeine Konstruktion des Schadensausschlusses benutzt. Liegt die Vermögensminderung in einer Vermögensbelastung durch Abschluss eines 160 Vertrages (Eingehungsbetrug), so ist für die Schadensermittlung ein Wertvergleich zwischen den beiderseitigen Vertragsverpflichtungen vorzunehmen (BGHSt 16 220, 221; 30 388, 389; 45 1, 4; 54 69, 122 Rdn. 156; näher Rdn. 173 ff). Küper (BT S. 385) nennt dies die „Vertragswerte“. Bei ganz oder teilweise unentgeltlicher Weggabe eines Vermögenswertes liegt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten stets ein Vermögensschaden vor. Ob hier eine Kompensation mit immateriellen, insbesondere sozialen Kriterien möglich oder geboten oder eine Umrechnung in Geld sinnvoll ist oder wie diese Fälle sonst gelöst werden können, wird näher unten Rdn. 183 ff dargestellt.

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b) Maßgeblicher Zeitpunkt für den Wertvergleich ist der Vermögensstand vor und nach der Verfügung des Getäuschten (vgl. zuletzt BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 18; 53 199, 201 f Rdn. 11; 54 69, 122 Rdn. 156), beim Eingehungsbetrug also vor und nach dem Vertragsschluss (vgl. nur BGHSt 30 388, 389; 45 1, 4; 51 165, 174 Rdn. 31; 54 122 Rdn. 156; aber auch Rdn. 179 f). Bei Erbringung von Leistungen durch den Getäuschten kommt es daher auf das Ausscheiden des Gegenstandes aus dem Vermögen und bei konkreten Vermögensgefährdungen (unten Rdn. 168 ff) auf den Eintritt der Wertminderung an. Bei einseitigen Rechtsgeschäften ist ebenso wie bei Vertragsschlüssen regelmäßig der Zeitpunkt der – u.U. nur scheinbaren – rechtlichen Bindung maßgebend. – Dieses zeit-

Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 107; Mitsch BT 1 § 7, 95 und 99; Rengier BT I § 13, 156; Satzger S/S/W Rdn. 127 und

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133; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 99; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 538; Welzel S. 374.

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liche Prinzip wird auch dahingehend formuliert, dass in die Saldierung nur Vermögensbewegungen einzubeziehen sind, welche unmittelbar vor der Verfügung liegen (BGHSt 53 201 f Rdn. 11 mit Nachw.); auch für die spätere Kompensation kommen nur Gegenwerte in Betracht, die dem geminderten Vermögen unmittelbar zugeführt werden. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang.“ (BGHSt 30 388, 389 f). „Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung.“ (BGHSt 53 199, 202 Rdn. 11). Unter zeitlichen Gesichtspunkten (der Unmittelbarkeit) sind daher Maßnahmen 162 nachträglicher Schadensbeseitigung durch den Täter (z.B. Verzicht auf den erworbenen Anspruch)246 ebenso unbeachtlich wie nachträgliche Werterhöhungen und -minderungen durch spätere Ereignisse (z.B. Besserung der finanziellen Verhältnisse des dubiosen Kreditnehmers durch Erlangung einer Erbschaft, BGH bei Lackner LK10 Rdn. 145; Unfall des durch Täuschung erworbenen Kraftwagens, BGH VRS 15 112, 114; Kursentwicklung der ge- oder verkauften Aktie, v. Ungern-Sternberg ZStW 88 [1976] S. 689). Rücknahmeverpflichtungen sind jedenfalls dann keine Schadenskompensation, wenn sie unsicher sind (zust. BGH wistra 2002 263, 264). Erst recht kommen freiwillige Leistungen Dritter und Zahlungen aus öffentlichen Mitteln (z.B. „Schadenssubventionen“, Tiedemann LK § 264 Rdn. 52) nicht zugunsten des Schädigers in Ansatz (BGH NStZ 1999 353; RGSt 41 24 ff); dies folgt aus einer normativ korrigierten (oder ergänzten) Wertung der wirtschaftlichen Lage (unten Rdn. 185 ff). Nachträgliche Wertminderungen sind im Übrigen häufig auch nicht stoffgleich mit dem vom Täter erstrebten Vorteil (Lackner aaO Rdn. 146 mit den Rechtsprechungsbeispielen des Prozessaufwandes des Getäuschten zwecks Klärung der Rechtslage, Gutachterkosten für gefälschte Kunstobjekte usw.; vgl. auch Rdn. 257). – Dass nachträgliche Vorteilserlangung und tatsächliche Schadenswiedergutmachung für die Tatbestandsmäßigkeit unbeachtlich sind, ergibt sich wertungsmäßig im Einzelnen aus dem fehlenden Schutzzweckzusammenhang und aus dem Fehlen einer Vorschrift über tätige Reue beim Betrug (Vogel § 4 III 2b; vgl. unten Rdn. 175). Erzielt das mittels Täuschung verkaufte Lotterielos (Rdn. 31) doch noch einen hohen Gewinn oder wirft die weit über Wert verkaufte Warenterminoption (Rdn. 49 und 66) wider Erwarten Gewinn ab, so sind solche aleatorischen Gewinne normativ ebenfalls nicht dem Täter zuzurechnen (Lackner aaO Rdn. 145). BGHSt 30 388, 390 (zust. BGHSt 53 199, 202 Rdn. 12 mit Bespr. Schlösser NStZ 2009 663 ff) formuliert dies am Beispiel des Optionshandels dahingehend, dass bei Risikogeschäften ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als „die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung (hier: Vereinbarung eines Optionspreises) wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung (hier: die Kauf- oder Verkaufsoption), und zwar unter Berücksichtigung aller zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (dazu Valerius in Steinberg/Valerius/Popp S. 49 ff). c) Maßstab und Ausgangspunkt für die Wertbemessung ist nach der wirtschaftlichen 163 Vermögensauffassung wie auch nach der hier vertretenen ökonomisch-juristischen (integrierten) Vermittlungslehre der Verkehrs- oder Marktwert eines Gegenstandes oder einer Leistung. Dies ist anhand des jeweiligen Marktes, also nach den konkreten zeitlichen und örtlichen Verhältnissen und je nach Handels- und Umsatzstufe (Großhandel, Einzelhandel; vgl. BGH NJW 1991 2573 [f]) unter Berücksichtigung der Besonderheit von Spezial-

246

BVerfGE 126 170 ff Rdn. 126 (zu § 266); BGH wistra 1993 265, 266; Bockelmann BT/1 S. 78 f; Blei II S. 234; Gössel 2 § 21,

176; Hefendehl MK Rdn. 454; Kindhäuser Rdn. 170; Lackner LK10 Rdn. 147 m.w.N.

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märkten (Börse, Kunsthandel, Gebrauchtwagenhandel: OLG Karlsruhe NJW 1980 1762; Lebensversicherungen: BGHSt 54 69, 124 Rdn. 159), in- und ausländischen Märkten (BGHSt 38 388, 390) usw. zu bestimmen (zusammenfassend Lackner LK10 Rdn. 150 und Schmoller ZStW 103, 1991, 108 ff m.w.N.). Der Marktwert ergibt sich über Angebot und Nachfrage als nachhaltig erzielbarer Wettbewerbspreis (vgl. nur BGHSt 38 186, 191). Für Einzelheiten der Abgrenzung – auch nach den in Frage stehenden Gütern und Leistungen – kann auf den Marktbegriff des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit seiner jahrzehntelangen Judikatur Bezug genommen werden. Allgemeiner, aber inhaltlich identisch (vgl. nur BGH NStZ 1991 489 f), ist die von der Strafrechtsprechung in den Vordergrund der Formulierung gestellte Bewertung durch einen unbeteiligten, sachkundigen Beobachter (vgl. nur BGHSt 16 220 ff; KG JR 1966 391 ff; OLG Köln NJW 1979 1419 f). Beim Handel mit Warenterminoptionen an ausländischen Börsen ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung in Strafsachen der Marktwert der Option auf dem inländischen Markt zu bestimmen unter Berücksichtigung der marktüblichen Prämie sowie der Provision eines seriösen inländischen Maklers, um einen Vergleich mit dem vom Käufer zu zahlenden Optionspreis durchzuführen (BGHSt 30 388 ff mit Anm. Sonnen NStZ 1983 73; 32 22 ff sowie BGH wistra 1989 19, 22 und NJW 1983 1917 f; Lackner (Lackner/Imo MDR 1983 977 ff). Zur Täuschung über den spekulativen Charakter eines solchen Risikogeschäfts Rdn. 33 und 49. Eine von § 264 Abs. 7 Nr. 1a her bekannte Schwierigkeit ergibt sich auch bei § 263 164 dann, wenn für das in Frage stehende grundsätzlich geldwerte Wirtschaftsgut kein Markt existiert (so z.B. für den sog. Transferrubel im Zusammenhang mit dem Beitritt der früheren DDR, BGH NJ 1998 380 f mit Anm. Jordan, oder allgemeiner für Verwaltungsaufwand, BGH bei Holtz MDR 1981 267 f) oder der Markt durch Absprachen der Wettbewerber oder Bieter oder durch andere Faktoren ausgeschaltet ist. Im Ausgangspunkt ist hier rechtlich kein Betrug möglich (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 137a mit Nachw.). Beruht das Fehlen des Marktes aber auf staatlicher Intervention, so ist die staatliche Preisfestsetzung für die Bewertung und Schadensberechnung maßgebend (BGHSt 38 186, 191 f für den Selbstkostenfestpreis nach der 1999 aufgehobenen BauPreisVO). Der Schaden liegt dann in der Zuvielzahlung (BGH LM § 263 StGB Nr. 5), eventuell schon bei Überschreitung des Mindestsatzes (BGH JR 2010 404, 406 f mit Anm. Kraatz) Das sog. Spritzen auf dem Schwarzen Markt – die Ablistung von Mangelware mit anschließender Zahlung des staatlich festgesetzten Preises – ist nach h.M. als Betrug strafbar (ausführlich Lackner LK10 Rdn. 242 mit Nachw.),247 da und soweit der Mangel an Waren nicht auf staatlicher Intervention beruht (zu schwarzen Märkten mit staatlich verbotener Ware bereits Rdn. 155). Ist der Marktmechanismus durch künstliche Absprachen (Abstimmungen) ausgeschal165 tet oder durch Scheingebote beeinträchtigt – wie beim Ausschreibungs- oder Submissionsbetrug und beim (Internet-)Auktionsbetrug –, so entsteht ebenso wie beim völligen Fehlen eines Marktes die Frage nach der Zulässigkeit von Ersatzkriterien. Bevor diese im Einzelnen erörtert werden, verdient Hervorhebung, dass das Vorhandensein nur eines Nachfragers (nach dem Unikat der Bauleistung bei einer Submission) oder nur eines Anbieters (etwa eines Kunstwerkes bei einer Auktion) die Existenz eines Marktes nach der neuesten BGH-Rechtsprechung nicht in Frage stellt: „Nur die Parteien sind dann die Marktteilnehmer; sie bestimmen die preisbildenden Faktoren und die Bewertungsmaß247

Ebenso Bockelmann BT 1 S. 79; Wimmer NJW 1947/48 241 ff; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 150, die hier bereits eine

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Vermögenseinbuße des Getäuschten verneinen, weil das Opfer mit Hingabe der Ware einen verbotenen Zweck verfolgt habe.

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stäbe.“ (BGH wistra 2010 407 [f] – Falk). Zu den „vertraglichen Vereinbarungen … für die Preisbildung“ (BGH aaO für einen Fall von Unternehmenskauf) kann auch die Abrede gehören, den Preis durch Veranstaltung von Wettbewerb zu ermitteln (vgl. bereits Tiedemann LK11 Rdn. 165 für Submissionen); es geht dann um eine prozedurale Preisbildung, nämlich einen „verfahrensgerecht ermittelten Preis“ (Popp Jus 2005 693 für Internet-Auktionen). Bereits die Verfälschung dieser wettbewerblichen Verfahrenspreisbildung begründet eine konkrete schadensgleiche Vermögensgefährdung (Tiedemann aaO und in Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar2 Rdn. 59 vor § 38 sowie Wettbewerb und Strafrecht S. 16 ff; zust. OLG Frankfurt NJW 1990 1057, 1058 – Rheinausbau I – für Submissionsabsprachen). Auf dieser (vertrags)rechtlichen Grundlage besteht nach den Rdn. 137 genannten Kriterien auch eine Anwartschaft des Veranstalters auf den Marktpreis (zutr. Baumann NJW 1992 1665 und FS Oehler S. 301 f), so wie der preisgünstigste ehrliche (gesetzes- und vertragstreue) Bieter eine Anwartschaft auf den Zuschlag hat (Rdn. 135). Lehnt man diese Auffassung ab (so vor allem Hefendehl MK Rdn. 373f, 379 m.w.N.), so ist zunächst das Urteil BGHSt 16 367, 373 (Freiburger Mensa) zu erwähnen, das für einen Sonderfall (beschränkter Bauausschreibung) auf den „angemessenen“ Preis unter Ermittlung von Zeitaufwand, Lohn- und Materialkosten sowie einer gewissen Gewinnmarge abstellen wollte (ebenso LG Frankfurt/M wistra 1991 152 ff – Rheinausbau – und Hefendehl JuS 1993 811). Hiergegen spricht entscheidend, dass es in einer Marktwirtschaft keinen „angemessenen“ Preis gibt (grundsätzlich dazu Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 221 ff mit Nachw.; zust. Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rdn. 722). Unter Rückgriff auf die Grundsätze des Wettbewerbs- und Preisrechts hebt demgegenüber grundsätzlich zutreffend BGHSt 38 186, 192 (Rheinausbau I)248 im Anschluss an OLG Frankfurt aaO und Tiedemann aaO für den Eingehungsbetrug auf den hypothetischen Wettbewerbspreis ab, der als günstigster Preis bei Beachtung der für das Ausschreibungsverfahren geltenden (Wettbewerbs-)Vorschriften erzielbar gewesen wäre.249 Auch BGHSt 8 221, 226 (Zementwerke) bezeichnete bereits als „angemessen“ den „kartellfreien Preis“ „ohne die wettbewerbsbeschränkenden Abreden“ (zur MRVO Nr. 78). Seiner Ermittlung dient insbesondere das Vergleichsmarktkonzept (dazu BGHSt 52 1, 4 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 145 und 256). Für die Praxis ist das Problem durch Einführung des § 298 teilweise, nämlich bei Nichtberücksichtigung des Konkurrenzverhältnisses zu § 263 (dazu Rdn. 317), entschärft, da dieser Tatbestand auf Eintritt und Nachweis eines Vermögensschadens verzichtet. Auch sind die von BGHSt 38 186, 193 ff (und BGH NJW 1995 737 ff) vorgeschlagenen prozessualen Erleichterungen (der Beweiswürdigung) beim Schadensnachweis im Rahmen des Eingehungsbetruges nach § 263 zwar als solche wenig praktikabel (zusammenfassend Huhn S. 227 ff; Oldigs 248

249

Mit Anm. Cramer NStZ 1993 42 f, D. Geerds DWiR 1992 120 ff und Kramm JZ 1993 422 ff sowie Bespr. Broß/Thode NStZ 1993 370 f, Hefendehl JuS 1993 805 ff und ZfBR 1993 164 ff, Joecks wistra 1992 247 ff, Niederleithinger EWiR § 263 StGB 1/92 295 f, Otto JZ 1993 656 ff, Ranft wistra 1994 41 ff und Tiedemann ZRP 1992 142 ff. Zust. KG EWiR § 266 StGB 1/92 697 mit Bspr. Niederleithinger; Fischer Rdn. 169 f; Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rdn. 716 ff, 720; Hoyer Rdn. 254; Kindhäuser Rdn. 196; Krey/Hellmann BT 2

Rdn. 490b; Lackner/Kühl Rdn. 38; Moosecker FS Lieberknecht S. 414 ff; Satzger S. 88 und ZStW 109 (1997) 362 f sowie S/S/W Rdn. 142 und 208, je m.w.N.; ebenso insbesondere Huhn S. 225, Oldigs S. 73 ff, Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 145 ff und Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 107 f; abl. Cramer Preisabsprachen S. 11 ff; Hefendehl JuS 1993 805 und ZfBR 1993 166; Hohmann NStZ 2001 570; Joecks wistra 1992 250 f; Lange ZWeR 2003 352, 361 f; Mitsch JZ 1994 888 ff; Rönnau JuS 2002 549 f.

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S. 75; Tiedemann ZRP 1992 149 ff, aber auch Satzger S. 130 ff). Jedoch erfordert zum einen die Schadensfeststellung beim Betrug durchgehend nur die gerichtliche Überzeugung zum Ob der Vermögensminderung; deren Höhe kann unter Beachtung des in dubioGrundsatzes geschätzt werden.250 Zum anderen verstehen nunmehr BGH NJW 1997 3034, 3038 (Klärwerk München) und BGHSt 47 83, 88 f (Flughafen München II)251 die „nahezu zwingenden Beweisanzeichen“ der Abstands-, Ausgleichs- und Schmiergeldzahlungen als „sachfremde Rechnungsposten“, die bei einer wettbewerbskonformen Preisbestimmung „nicht in die Angebotssumme eingeflossen“ wären und daher den Mindestschaden konstituieren. Das ist zutreffend. Möglich ist auch die von BGHSt 38 186 ff (insoweit nur abgedruckt in NJW 1992 165a 921, 923) gebilligte Annahme eines Erfüllungsbetruges, der sich vor allem daraus ergeben konnte, dass die 1999 aufgehobene BaupreisVO PR Nr. 1/72 (§ 7) bei Beschränkung des Wettbewerbs auf der Anbieterseite an die Stelle des vertraglich vereinbarten Preises den regelmäßig niedrigeren Selbstkostenfestpreis treten ließ.252 Nach geltendem Recht kann die bei Abrechnung erfolgende Täuschung über zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (z.B. aus culpa in contrahendo und § 33 in Verb. mit § 1 GWB) zu einem Erfüllungsbetrug führen (BGH NJW 1992 923; ausführlich Huhn S. 269 ff; Satzger ZStW 109, 1997, 375 m.w.N.); ein Verstoß gegen das nemo-tenetur-Prinzip liegt insoweit nicht vor (vgl. Rdn. 75). Die Annahme, die Geltung des Selbstkostenfestpreises nach der BaupreisVO sei „eine Art zivilrechtliche Strafsanktion“ gewesen, die daher nicht dem Schutzbereich des § 263 unterfiel (so Hefendehl JuS 1993 809), ist mit der üblichen allgemeinen Abgrenzung von Strafe und Nichtstrafe (dazu auch BGHSt 49 275, 303) nicht zu vereinbaren (Otto ZRP 1996 308 Fn. 65; Ranft wistra 1994 45). Dasselbe gilt für pauschalierende Schadensersatzvereinbarungen (in der Regel 3 %) für den Fall von Preisabsprachen. Wenn weiter darauf hingewiesen wird, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche seien wegen der Täuschungsabsicht der Kartellmitglieder wirtschaftlich wertlos (Joecks wistra 1992 252; zust. Hefendehl aaO S. 810), wird aus der unten Rdn. 201 beschriebenen Gesamtbetrachtung von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug ein Einzelargument herausgebrochen, das allein als solches nicht tragfähig ist. Es bleibt daher nur der (für den Kauf entwickelte) Einwand, dass beim sog. unechten Erfüllungsbetrug, dem ein Eingehungsbetrug vorausgeht, kein betrugsrelevanter Schaden vorliege (Rdn. 202). Dieser Einwand verfängt hier jedoch schon aus den von BGH NStZ 1997 542, 543 dargelegten Gründen und zudem deshalb nicht, weil nur der Erfüllungsanspruch den Schadensersatz umfasst, während beim Eingehungsbetrug dem Vertrag jedenfalls für eine juristische Sekunde der hypothetische Wettbewerbspreis als Maßstab der Wertbestimmung zu Grunde liegt. Außerdem besteht insoweit zwischen den Tätern aufgrund der betrieblichen Organisation meinst keine Identität (Ranft wistra 1994 44). Die rechtlich am wenigsten angreifbare Konstruktion eines Erfüllungsbetruges geht 165b von der zivilrechtlichen Einschätzung aus, dass sowohl die Submissionsabsprache als auch die Preisvereinbarung zwischen Auftraggeber und Kartellmitglied nach § 134 BGB

250

251

Vgl. neben BGHSt 38 186, 193 bereits BGHSt 36 320, 328, je m.w.N.; Lackner/ Kühl Rdn. 36; Satzger S. 201 ff und S/S/W Rdn. 209 m.w.N.; allgemein Vogel Art. Schätzung, in HWiStR (1990) und unten Rdn. 293; krit. Huhn S. 255. Mit Anm. bzw. Bespr. Best GA 2003 157, Götting ZfBR 2003 341, Lange ZweR 2003

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252

352, Rönnau JuS 2002 545, Rose NStZ 2002 41, Satzger JR 2002 391, T. Walter JZ 2002 254. Tiedemann in Immenga/Mestmäcker2 Rdn. 60 vor § 38; zustimmend Huhn S. 279 ff, Oldigs S. 81 ff und Satzger S. 170 ff; aA Hefendehl MK Rdn. 510, je m.w.N.

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in Verb. mit § 1 GWB nichtig ist (OLG München [Z] NStZ-RR 2002 886, 887; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB § 1 Rdn. 320 und 322 mit Nachw.; Palandt/Ellenberger § 134 Rdn. 24; BGHZ 89 316, 319 zu § 5 WiStG). Dagegen bleibt der Vertrag mit dem Auftraggeber im Übrigen aus Gründen der Rechtssicherheit wirksam (BGHSt 32 389, 393; 8 221, 224 ff mit Nachw.; OLG Celle NJW 1963 2126 f zu MRVO Nr. 78; Emmerich in Immenga/Mestmäcker § 33 Rdn. 63 m.w.N.). An die Stelle der nichtigen Preisvereinbarung tritt das Entgelt nach § 818 Abs. 2 BGB (BGHZ 89 319 f mit Nachw.; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 137a m.w.N.). Der Vermögensschaden des Auftraggebers besteht damit in der Differenz von gezahltem (Vertrags-)Preis und objektivem Wert (Markt- und Verkehrswert), der auch unterhalb der Kosten des Auftragnehmers liegen kann (Staudinger/Lorenz BGB § 818 Rdn. 26 mit Nachw.). Da die Bereicherung des Auftraggebers erst mit Fertigstellung des Bauwerkes als „Leistung“ vorliegt, betrifft das Entstehen des Kondiktionsanspruchs und damit die Täuschung über die geschuldete Zahlung eindeutig erst die Erfüllungsphase (vgl. dazu BGHZ 5 197, 199 f und BGH [Z] NJW 2008 2427 f zur überhöhten Schlussrechnung eines Bauvertrages): Es liegt eine erneute Täuschung vor, die einen anderen Gegenstand und Inhalt hat als die Täuschung bei Vertragsschluss; dass diese erneute Täuschung vom Täter schon bei Vertragsschluss eingeplant war, ist unerheblich (Hefendehl S. 246 und JuS 1993 810; Klein S. 214, 255 m.w.N.). Das Vorliegen eines Erfüllungsbetruges wird daher auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass BGH NStZ 2000 260 f den Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz aus dem Vertrag von Bietern und Ausschreibungsstelle für den Fall von Preisabsprachen der ersteren als nur „mittelbare Folge“ des vom BGH (aaO S. 261) mit der Vorinstanz bejahten Eingehungsbetruges (da „der von den beteiligten Firmen abgesprochene Preis um mindestens 2 % höher lag als im echten Wettbewerb“) bezeichnet (ebenso BGH wistra 2001 103, 104 und NJW 2009 3173, 3175 Rdn. 33). Wenn Fischer (Rdn. 155) und Hefendehl (MK Rdn. 510 sowie 719) insoweit von Schadensersatzansprüchen sprechen, die erst durch „die Tat“ bzw. „erst mit der Täuschung“ entstehen, so ist dies richtig, da trotz Bezuges der Vertragsklausel auf die der Täuschung zeitlich vorgelagerte Submissionsabsprache der vertragliche Schadensersatzanspruch im Sinne der §§ 194 Abs. 1, 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Eintritt von Schaden im Sinne einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage „entstanden“ ist (BGHZ 100 228, 231); dies ist im Sinne von Eingehungsbetrug der Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Ausschreibungsstelle und erfolgreichem Bieter (so dass der Schadensersatzanspruch keine Kompensation darstellt, Rdn. 167). Für den Erfüllungsbetrug ist der später entstehende Bereicherungsanspruch bzw. die Differenz zwischen diesem und dem Vertragspreis dagegen nicht (mittelbare) Folge, sondern Gegenstand der Täuschung mittels Vorlage der Schlussrechnung. Die Überzahlung auf Grund der überhöhten Schlussrechnung begründet hier den Vermögensschaden (Klein S. 154 f und 213 f; Tenckhoff FS Lackner S. 680, 689 f, je unter Hinweis auf BGHSt 32 211, 213). Eine Anlehnung an das letztere BGH-Urteil aus dem Jahre 1983 liegt auch deshalb nahe, weil bei Bauausschreibungen nur in seltenen Fällen Schlussrechnung und Angebot übereinstimmen; in aller Regel führen die nachträgliche Aufmessung der Massen und das Erfordernis von Neuleistungen zu Nachträgen, deren erforderliche Genehmigung nach der VOB häufig an den Fristen und an Planungsänderungen der ausschreibenden Stelle scheitert. Der Höhe nach wird der Bereicherungsanspruch übrigens durch den hypothetischen Wettbewerbspreis begrenzt; dieser bildet die Obergrenze (OLG München aaO S. 888). d) Wie bereits grundsätzlich Rdn. 162 angeführt, scheiden für die Saldierung der 166 wirtschaftlich werthaltigen Positionen solche aus, die dem Schadensausgleich dienen, insbesondere also gesetzliche Ersatzansprüche des Betrugsopfers als Rechtsfolge gerade der Täuschung (BGHSt 52 323, 337 Rdn. 45; vgl. auch BVerfGE 126 170 ff Rdn. 126 zu

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§ 266). Sie dienen dem Rückfluss entzogener Werte in das geschädigte Vermögen.253 Hierzu zählen neben Ansprüchen deliktischer und vorvertraglicher Art (culpa in contrahendo) Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung 254 und aus gesetzlicher Mängelhaftung (Klein S. 127 und 156; aA Luipold S. 181ff, je mit Nachw.). Dasselbe trifft nach h.M. für das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB zu (BGHSt 21 384, 386; 54 69, 124 Rdn. 160 mit Nachw.). Für alle diese Bereiche gilt, dass bei Zulassung derartiger Ausgleichsansprüche zur Kompensation einschlägige Konstellationen, ja Grundfälle der vorsätzlichen Täuschung (insbesondere bei Vertragsschluss) dem Betrugstatbestand entzogen würden (BGHSt 21, 386; seither ständige Rechtsprechung, vgl. Luipold S. 138 mit Nachw.). BGHSt 54 124 (Rdn. 160) ergänzt für § 123 BGB: „Diese Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, soll dem getäuschten [Betrugsopfer] gerade verborgen bleiben.“ Eine im Schrifttum verbreitete Gegenansicht (dazu ausführlich Luipold S. 139 ff) will demgegenüber darauf abstellen, ob das Opfer die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts ohne Schwierigkeit beweisen kann (so z.B. Cramer Vermögensbegriff S. 177) oder dass regelmäßig eine wirtschaftliche Minderwertigkeit des Anspruchs (nur) vorliege, weil und soweit der Wille des Täters auf Vereitelung der Ausgleichsmöglichkeiten gerichtet sei (Lackner LK10 Rdn. 188 mit Hinweis auf den Schadensbegriff bei § 266, wo der Ersatzanspruch gegen zahlungswillige und liquide Schuldner als Kompensation anerkannt wird). Im letzteren Falle müsste die jederzeitige Bereitschaft des Täters zur Stornierung (z.B. der erschlichenen Bestellung) erheblich sein und zur Ablehnung einer Bestrafung wegen Betruges führen (so in der Tat BGH GA 1962 213 f; vgl. aber Rdn. 176). In Wahrheit ist die Sonderbehandlung des zahlungswilligen liquiden Täters bei § 266 auf Fälle beschränkt, in denen er eigene ausreichende Mittel jederzeit auszahlungsbereit hält (Schünemann LK § 266 Rdn. 171), und jedenfalls für den Erfüllungsbetrug gilt im Ausgangspunkt weiterhin der römisch-rechtliche Satz (des Pomponius) „minus est actionem habere quam rem“ (dazu Liebs Lateinische Rechtsregeln5 M 54; vgl. aber auch unten Rdn. 186). Soweit sich die Begründungszweifel der Literatur auf den Eingehungsbetrug beziehen, verstärken sie nur die generellen Bedenken gegenüber der Annahme einer (Vollendungs-)Strafbarkeit bei dieser Figur (dazu näher unten Rdn. 175). Im Übrigen folgen die Schwierigkeiten der Behandlung der hier einschlägigen Fälle daraus, dass die auf Täuschung beruhenden „Lossagungsmöglichkeiten“ des Opfers (BGHSt 22 88, 89; Hefendehl S. 334 ff) nicht dessen Vermögen, sondern seine Dispositionsfreiheit schützen (Klein S. 138) und ihr individueller Wert in der Hand rechtlich unerfahrener Opfer gering ist (vgl. BGHSt 31 384, 386 für die Anfechtung und 34 199, 202 für eine „Geld-zurück“-Garantie, die freilich bei massenhafter Inanspruchnahme nicht auskömmlich gewesen wäre).

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Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH bei Dallinger MDR 1970 13 und die im folgenden Text genannten neueren BGH-Entscheidungen; KG NJW 1965 703, 705. Ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 89; Fischer Rdn. 155; Haft/Hilgendorf BT I S. 93; Klein S. 127, 139 f; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 458; Küper BT S. 382 f; Lackner/ Kühl Rdn. 36a; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 110; Mitsch BT 1 § 7, 99; Otto BT § 51, 69; Rengier BT I § 13, 156; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 120; Welzel S. 375; Wessels/Hillenkamp BT 2

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254

Rdn. 545; aA Hefendehl MK Rdn. 469 (wenn die Ansprüche „einen aktuellen bilanzierungsfähigen Wert haben“); Luipold S. 129 („wirtschaftliche Betrachtungsweise“); Wahl S. 43; T. Walter S. 533 ff und FS Herzberg S. 769 (wenn die Ansprüche faktisch „gut und leicht durchzusetzen sind“). RGSt 44 230, 239; Haft/Hilgendorf, Klein, Krey/Hellmann, Lackner/Kühl, Maurach/ Schroeder/Maiwald, Sch/Schröder/Cramer/ Perron, Wessels/Hillenkamp, je aaO; aA Ahn S. 155.

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Keine Rechtsfolge der Täuschung, sondern gesetzliche Sicherungsmittel sind dagegen 167 durchsetzbare (und die Höhe des Schadens deckende) gesetzliche (z.B. Unternehmer-) Pfandrechte (z.B. nach § 647 BGB), die mit jedem Vertrag dieser Art als präventive Sicherheit verbunden sind und ohne Mitwirkung des Schuldners realisiert werden können.255 Kompensationstauglich sind ferner – ebenfalls als präventiv wirkende Sicherheiten gegen Schaden – vertraglich vereinbarte (und in hinreichender Höhe gestellte) Kautionen 256 und realistische Rücktrittrechte 257 (zu Recht einschränkend BGHSt 34 199, 203f – „Haarverdicker“ – bei tatsächlicher „Unsicherheit“ des geschäftsungewandten Opfers hinsichtlich der Durchsetzbarkeit seines Rechts), aber auch der Ausgleichsanspruch des Kreditkartenunternehmens gegen den (solventen) Karteninhaber (OLG Düsseldorf NJW 1993 1872, 1873) und die Zugriffsmöglichkeit der Bank auf das (nicht negative) Kundenkonto im Wege der Stornierung oder Umbuchung (BGH wistra 1995 143; unten Rdn. 175). Nur als „eine Art Sicherheit“ bezeichnet BGH StV 2000 78, 79 wegen der besseren rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeit zu Recht das Wechselakzept des Schuldners. – Aus dem Vermögen Dritter geleistete persönliche Sicherungen wie Bürgschaft und Schuldbeitritt hängen von der im Einzelfall zu prüfenden Bonität des Dritten ab (BGH GA 1966 51 und wistra 1988 188, 190). Dingliche Sicherungen lassen bei hinreichender Werthaltigkeit ebenfalls einen Schaden des Opfers entfallen (BGH wistra 1992 142 f und 1995 28 f: Grundschulden; BGH wistra 1993 265 f: sicherungsübereignete Wertpapiere). Jedoch kommt in diesen Fällen auch ein Betrug zum Nachteil des Sicherungsgebers in Betracht. – Alle genannten Positionen sind nur dann wirtschaftlich vollwertig und kompensationsfähig, wenn sie jederzeit „ohne nennenswerte Schwierigkeiten“ (BGH wistra 1995 222, 223), nämlich ohne besonderen Zeit- und Kostenaufwand und ohne Mitwirkung des Schuldners (BGH wistra 1995 28 f) Befriedigung erwarten lassen. Dies gilt z.B. für Zahlungsgarantien Dritter für Zahlungen von Kunden mit ec-Karte (Rengier FS Gössel S. 476 ff) und für Reiseschecks (Rdn. 219a), aber auch für gewöhnliche Schecks, sofern diese gedeckt sind und nach den Umständen ausgeschlossen ist, dass der Aussteller dem Scheck die Deckung bis zur Einlösung entzieht (vgl. auch BGH GA 1972 209 [f]; Satzger SSW Rdn. 155). Einschlägig ist ferner das sog. pactum de non petendo, das wirtschaftlich einem Forderungsverzicht entspricht (Palandt/Grüneberg § 397 Rdn. 5) und bei fehlender Mitwirkung des (getäuschten) Schuldners zu seinen Gunsten zwischen Gläubiger und (den Schuldner anschließend täuschendem) Dritten abgeschlossen werden kann (BGH JZ 1956 119, 120); dieses Stillhalteabkommen begründet rechtlich eine Einrede des Schuldners gegen die gleichwohl erfolgende Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger, der in diesen Fällen typischerweise durch den Dritten abgefunden worden ist (wie etwa im Urteil LG München 7 KLs 572 Js 46495/08 vom 27.8.2010 UA

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Zu § 647 BGB OLG Hamm JMBlNRW 1969 100, 101; Amelung NJW 1975 624; Arzt JuS 1974 693, 698; Hefendehl MK Rdn. 476; Lackner/Kühl aaO; Maurach/ Schroeder/Maiwald aaO; Otto BT § 51, 77; aA BayObLG JR 1974 336 f mit abl. Anm. Lenckner und Gössel 2 § 21, 155. BGH GA 1972 209 (f); BayObLG JR 1973 338, 339 mit Nachw. und Anm. Schröder; Klein S. 128 f; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 451a; Lackner/Kühl Rdn. 44; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 109; Satzger S/S/W Rdn. 155.

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Vor Leistungserbringung durch das getäuschte Opfer: BGHSt 34 199, 203 (Haarverdicker-Fall) mit Anm. Bottke JR 1987 428 und Bespr. Müller-Christmann JuS 1988 108 ff; BGH bei Dallinger MDR 1971 546; BayObLG MDR 1986 1046 f; Luipold S. 164 ff, 203 ff mit zahlreichen Nachw.; Rengier BT I § 13, 86; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 546. Mit Kenntnis des Rücktrittsrechts begnügt sich dagegen OLG Köln MDR 1975 244 (zust. Blei JA 1975, 87 und Hefendehl S. 296 ff).

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S. 105, das bei Vorwürfen von ärztlichem Abrechnungsbetrug durch Inrechnungstellung von M III/IV – Laborleistungen seitens des Einsendearztes, der die Honorarforderung des Laborarztes trotz des Abtretungsverbotes von § 31 BOÄ zu einem niedrigen Preis erworben und beglichen hat, eine „rechtlich ungesicherte Position“ des Patienten annimmt, da dieser davon abhängig sei, „dass sich die Beteiligten auch künftig an dieses Agreement halten“; dazu auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 144e. Maßgebend für die insoweit erforderliche Prognose der Gefahr einer tatsächlichen Doppelinanspruchnahme trotz rechtlicher Aussichtslosigkeit derselben sind die Umstände des Einzelfalls; BGHSt 47 8, 11 zu § 266 verlangt insoweit Anhaltspunkte dafür, dass der schon befriedigte Gläubiger „ein solches Vorgehen … in Aussicht genommen oder gar angedroht“ hat – was schon deshalb fern liege, weil die Beteiligten „im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung“ [hier: der Honorarforderung des Laborarztes] „damit rechnen müssen, dass das gesamte … Abrechnungssystem ruchbar geworden wäre“.) Ebenso sieht BGH NJW 2005 3650, 3653 die verdeckte Abtretung der Forderung gegen einen solventen Schuldner als Sicherung des Neugläubigers an (wobei der Schuldner gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch § 407 BGB geschützt wird). BGH NStZ-RR 2007 201 schließlich bezeichnet einen vom Kfz-Haupthändler zurückbehaltenen Kfz-Brief als Sicherheit dafür, „dass der Vertragshändler den von Kunden erhaltenen Kaufpreis an die Vorbehaltseigentümerin abführt“, sieht den Vermögenswert der gesicherten Forderung gegen den Vertragshändler aber zutreffend als nicht identisch mit dem Veräußerungswert des Kfz an. – Die Sicherheiten müssen unmittelbar durch die Verfügung erlangt sein; spätere Vermehrung des Vermögens des Getäuschten durch andere, rechtlich selbständige Handlungen dient nur der Wiedergutmachung des Schadens (BayObLG JZ 1973 315). Jedoch reicht es bei rechtsgeschäftlich bestellten Sicherheiten wie dem Garantievertrag zugunsten von ec-Kunden oder dem pactum de non petendo aus, dass diese vor einem betrügerischen Vorgehen eingeräumt werden; sie schließen dann bereits das Entstehen eines Schadens aus. Von vornherein nicht in Betracht kommen dagegen als schadenskompensierende Vorteile vertragliche Ansprüche (z.B. des Patienten) auf (z.B. Kranken-)Versicherungsleistungen (Fischer Rdn. 155; Vogel § 4 III 26); dies entspricht der Wertung des zivilen Schadensersatzrechts und wird von T. Walter (FS Herzberg S. 773) zu Recht als normativierende Betrachtungsweise bezeichnet. Schon aus diesem Grund wird beim ärztlichen Abrechnungsbetrug gegenüber Privatpatienten der Vermögensschaden derselben nicht durch die Zahlung des Versicherers oder durch den Zahlungsanspruch gegen ihn ausgeschlossen.

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e) Anders als nach der rein juristischen Vermögenslehre kann für eine wirtschaftliche (und ökonomisch-juristische) Auffassung im Grundsatz nicht bezweifelt werden, dass neben dem völligen Verlust einer Vermögensposition auch ihre Gefährdung eine Vermögensminderung und damit einen Vermögensschaden darstellen kann. Dem trägt u.a. das Bilanzrecht durch besondere Institute wie Abschreibung, Rückstellung und Wertberichtigung Rechnung (BGHSt 53 199, 203 Rdn. 13; BVerfGE 126 170 ff Rdn. 141 ff). Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer, sondern nur ein quantitativer Unterschied (zust. BGH aaO S. 202 Rdn. 12). Terminologische Unterscheidungen sind nicht maßgebend (zust. Saliger FS Samson S. 469): Jedenfalls eine „greifbare“ Gefährdung ist wirtschaftlich bereits eine Minderung der Vermögensposition – z.B. des Wertes einer Forderung – und damit ein Schaden (zusammenfassend bereits BGHSt 34 394, 395). Treffend erscheint die Kurzbezeichnung als Gefährdungsschaden bei BGHSt 53 71, 85 Rdn. 37 (ebenso Kindhäuser NK Rdn. 361 ff; Perron FS Tiedemann S. 737 ff; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 571; BVerfG aaO Rdn. 136 ff zu § 266).

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Das Hauptgewicht der folgenden Darstellung muss daher auf den Kriterien liegen, 169 welche die „bloße“, relativ entfernte und wirtschaftlich nicht messbare Vermögensgefährdung von derjenigen unterscheiden, die als Vermögensschaden anzusehen, also mit einem verbreiteten, aber wegen Art. 103 Abs. 2 GG nicht unbedenklichen Sprachgebrauch „schadensgleich“ ist (vgl. etwa BGH NStZ 1996 203) oder – richtiger – einen wirtschaftlich (z.B. bilanziell) messbaren Schaden begründet (Küper BT S. 384 und Satzger S/S/W Rdn. 182 bevorzugen den richtigen, aber etwas umständlichen Ausdruck „schadensbegründende Gefährdung“). Das Schrifttum attestierte der Rechtsprechung insoweit schon früh eine Tendenz zur zunehmenden Ausuferung des Betrugstatbestandes (vgl. Lackner LK10 Rdn. 153 mit Nachw.). Diese Gefahr wird seit langem auch im Ausland gesehen und – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Charakterisierung des Betruges als Vermögensverschiebungsdelikt – zu teilweise drastischen Einschränkungen genutzt (Rdn. 56 und 94 Vor § 263). Die jüngere BGH-Rechtsprechung hat die Gefahr ebenfalls erkannt und spricht heute zutreffend von der Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Bewertung (insbesondere bei Risikogeschäften: BGHSt 53 199, 202 f Rdn. 12 ff mit Bespr. Schlösser NStZ 2009 663 ff). Im Einzelnen stellt die Rechtsprechung seit den ersten Entscheidungen des Reichsge- 170 richts (Riemann S. 32 ff mit Nachw.) für das Vorliegen eines Vermögensnachteils darauf ab, ob im Einzelfall durch die Verfügung des Getäuschten sein Vermögen (oder das eines Dritten) konkret gefährdet wird (BGHSt 47 160, 167, 170 mit Nachw.: Erschleichen einer Kreditkarte durch Zahlungsunwilligen als vollendeter Betrug; vgl. oben Rdn. 110), nämlich mit wirtschaftlichen Nachteilen „ernstlich zu rechnen“ (BGHSt 21 112, 113; 34 394, 395; 51 165, 177 Rdn. 38 – Fall Hoyzer) oder die „nahe liegende Möglichkeit eines Verlustes“ entstanden ist (BGH NStZ 1996 203 m.w.N.). Maßgebend sind also nach verkehrsnaher wirtschaftlicher Betrachtung die Größe der Verlustgefahr und die Wahrscheinlichkeit des endgültigen Verlust eines Vermögensbestandteils (BGHSt 51 177 Rdn. 38). Allerdings ist diese verbal anerkannte Begrenzung von der Rechtsprechung inhaltlich nicht immer durchgehalten und teilweise auf nur typische, also abstrakte, Gefahrenlagen ausgedehnt worden (Lackner LK10 Rdn. 153 und Küper BT S. 387 unter Hinweis auf den Provisionsvertreter-Fall BGHSt 23 300 ff mit krit. Bespr. Lenckner JZ 1971 320; Fischer Rdn. 162 ff mit weiteren Beispielen der Rechtsprechung; besonders krit. Hefendehl MK Rdn. 535 ff: „inhaltsleere Formeln“, die nicht „über die bloße Kasuistik hinaus“ führen). – Die Kritik (zuletzt Saliger FS Samson S. 465 ff mit Nachw.) übersieht allerdings, dass die neuere Rechtsprechung zum einen auf Grund einer wirtschaftlichen Risikobewertung durchaus zutreffend teilweise bereits im Eingehungsstadium zur Annahme eines wirtschaftlichen Schadens gelangt, da und wenn bei dem Vergleich der Vertragsansprüche derjenige des Opfers nicht zum Nennwert angesetzt werden kann (Fischer Rdn. 128 ff, 159; dazu insoweit zutr. Saliger aaO S. 470 f, allerdings nur in Bezug auf die Buchführung), und zum anderen ein normativ begründeter wirtschaftlicher Schaden vorliegt, wenn die Verkehrsauffassung ein gesetzwidrig hergestelltes Produkt als minderwertig oder verkehrsunfähig einschätzt (vgl. Rdn. 198 und 208; BGH MDR 1969 497, 498 sieht bei Lebensmitteln die Qualitätsminderung allerdings bereits in der „gesetzwidrigen Herstellungsweise“). In beiden Fallbereichen, die im Folgenden trotz Fehlens einer – vor allem unter zeitlichen Gesichtspunkten drohenden – konkreten Gefahr des Totalausfalls oder endgültigen Verlustes (z.B. durch Einziehung, Fischer Rdn. 172) hier erwähnt werden, ist zu beachten, dass sie genau genommen nicht in die Kategorie der konkreten Gefährdung gehören, die Anführung dieses Begriffes bei der Schadensbegründung also für Missverständnisse sorgen kann. Normativ und zugleich auf eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ gestützt ist dagegen die Annahme einer „schadensglei-

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chen Vermögensgefährdung“ beim Anstellungsbetrug im Fall des Verschweigens von früherer Mfs-Tätigkeit bei der Einstellung als Polizeibeamter, wenn derartige Umstände „seiner Einstellung rechtlich entgegenstehen“ (BGHSt 45 1, 11 mit der Erklärung, dass der nicht wirtschaftliche Vermögensschaden hier „teilweise mit rechtlichen Gesichtspunkten … begründet“ sei, aber auch dem Zusatz, dass es „nahe liegt, dass das Fehlen persönlicher Zuverlässigkeit sich nach außen nachteilig auf die Amtsführung – die Qualität der Dienstleistung des Beamten – auswirkt“; dazu näher unten Rdn. 224: „beamtenrechtsakzessorische Lösung“). Beim Abschluss privatrechtlicher Dienstverträge durch Bewerber mit vermögensdeliktischer Vergangenheit sehen BGHSt 17 254, 259 (Tiefbauingenieur mit Bauaufsicht) und NJW 1978 2042 f (Einkäufer mit selbständigen Befugnissen, vgl. bereits Rdn. 63 sowie Rdn. 227) zunächst scheinbar recht weitgehend eine „konkrete und ständige (!) Gefahr“ für das Vermögen des Arbeitgebers durch neue Straftaten „bei günstiger Gelegenheit“. Neben die – angreifbare – Würdigung der Persönlichkeit des Bewerbers (BGHSt 17 259: „starke Anfälligkeit für Vermögensstraftaten“) treten aber auch hier zur Beurteilung der Vollwertigkeit der Arbeitsleistung dieselben „Anforderungen“ (BGHSt 17 257), die oben Rdn. 28 als (normative) Verkehrserwartungen gekennzeichnet wurden (und die bei der Besetzung von besonderen Vertrauensposten in aller Regel normativ festgelegt sind, Rdn. 226). Auch beim Kapitalanlagebetrug wird insbesondere bei Finanzierung nach dem Schneeballsystem der Rentenzahlungsanspruch des Anlegers als wirtschaftlich wertlos bestimmt und so ein früher „echter“ Schaden des Anlegers begründet (BGHSt 53 199, 204 f Rdn. 18; 51 10, 15 f Rdn. 19 m.w.N.; krit. auch hier Saliger aaO S. 468 ff mit Nachw.). Das trifft für später kommende Anleger fraglos zu und ist nur für die Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes der ersten Anlagen zweifelhaft, sofern diese eher kurzfristig sind und nicht z.B. der Altersversorgung dienen (krit. Fischer Rdn. 130; Becker HRRS 2009 339 f; Rübenstahl NJW 2009 3292). Beim Kreditbetrug wird die bloße Unsicherheit der Rückzahlung des Darlehens bei längerer Laufzeit zu einer Minderbewertung des Rückzahlungsanspruchs benutzt und nicht nur auf die konkrete (ohnehin meist nicht im zeitlichen Sinne „nahe“) Gefahr des späteren Ausfalls abgestellt („Kreditrisiko“, zusammenfassend Satzger S/S/W Rdn. 201; unten Rdn. 212 und Tiedemann LK § 265b Rdn. 8; zu diesem „banküblichen Bewertungsverfahren“ auch BVerfGE 126 170 Rdn. 154). Weiter wird beim Versicherungsnehmer im Falle der Täuschung über das Bestehen einer weiteren Versicherung versicherungsmathematisch ein erhöhtes versichertes Risiko und daher ein wirtschaftlicher Schaden des Versicherers bei Vereinbarung der normalen Prämienzahlung angenommen (BGHSt 54 69, 120 Rdn. 144 – Al Qaida; dazu aber BVerfG wistra 2012 102, 105 f mit Nachw.). – Auf der neueren Linie einer strengeren Beurteilung des echten Gefährdungsschadens verwirft BGHSt 50 174, 176 ff die Annahme des LG Frankenthal, der Abschluss eines Vertrages über die Einrichtung von 0190-Telefonservicenummern durch einen zur Manipulation des Gebührenaufkommens und „Abkassierung“ der Anbietervergütungen entschlossenen Täter stelle eine Vermögensgefährdung zu Lasten der beteiligten Netzbetreiber dar; unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Erschleichung einer Kundenkarte im sog. Zwei-Partner-System (Rdn. 110) bedient sich der BGH (aaO S. 178 f) des Unmittelbarkeitserfordernisses, um bereits das Vorliegen einer Vermögensverfügung zu verneinen, da erst die missbräuchliche Nutzung der von ihm manipulierten Telefonkarten durch den Täter selbst „entscheidend für die Schädigung der Funknetzbetreiber“ war. Schließlich löst sich zum Submissionsbetrug BGHSt 47 83, 88 f (Flughafen München II) von der ausdrücklich in Bezug genommenen Entscheidung BGHSt 38 186, 190 ff (Rheinausbau) mit der schwierigen Wertbestimmung des Werklohnanspruchs durch den hypothetischen Wettwerbspreis (Rdn. 165 mit Nachw.) und verwendet den festen (Kausalitäts-)Ansatz der Ausgleichs- und Schmiergeldzahlungen als Größe zur Bestimmung des Mindestschadens,

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weil diese Zahlungen bei einer wettbewerbskonformen Preisbestimmung „nicht in die Angebotssumme eingeflossen“ wären und daher der Auftraggeber „einen höheren Preis versprochen hat, als ohne die Preisabsprache zustande gekommen wäre“ (aaO S. 89; vgl. bereits Rdn. 165). – Die erkennbare Tendenz jedenfalls der neuesten Rechtsprechung zur Restriktion der „konkreten“ Vermögensgefährdung auf einen wirtschaftlich messbaren Kernbereich wird durch den zu § 266 ergangenen Beschluss BVerfGE 126 170 ff bestärkt, dessen Grundsätze nunmehr BVerfG wistra 2012 102 ff auf den (Eingehungs-)Betrug überträgt. Das Schrifttum hat nach anfänglicher Zustimmung (Riemann S. 44 mit Nachw.) eine 171 Vielzahl einschränkender, regelmäßig normativer Gesichtspunkte entwickelt, denen sich die Rechtsprechung gelegentlich annähert. Neben dem beachtlichen Ansatz zur Systematisierung der Fallgruppen bei Hoppenz S. 35 ff will neuerdings Hefendehl S. 259 ff von einem viktimodogmatischen Ansatz aus im Rahmen der integrierten Vermögenslehren (oben Rdn. 132) darauf abstellen, ob eine „Vermeidemacht“ des Opfers vorliegt, ob also die Gefahr aus seinem „Umfeld“ stammt (Eingehungsbetrug, unrichtige Buchung, gutgläubiger Erwerb) oder aber von dem Täuschenden (z.B. durch Erschleichen eines Blankoakzepts) oder von dritter Seite ausgeht (zust. Wahl S. 45 ff, 203 ff). Allgemeiner und ohne (ausdrücklichen) Rückgriff auf etwaige Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers sowie bilanzrechtliche Überlegungen, die bei Hefendehl zur Einzelabgrenzung eingesetzt werden, wird nicht selten auch darauf abgestellt, ob es für die endgültige Herbeiführung des Schadens noch weiterer Handlungen des Täters, des Getäuschten oder anderer Personen bedarf.258 Lackner LK10 Rdn. 153 stimmt diesem „Herrschaftsgedanken“ für den Fall zu, dass noch weitere Handlungen gerade des getäuschten Verfügenden erforderlich sind, es sei denn dass zusätzliche Gesichtspunkte wie eine Verschlechterung der Beweislage hinzutreten.259 Eine solche Unmittelbarkeit der Wertminderung wird von der Rechtsprechung als Kriterium meist abgelehnt bzw. eingeschränkt, da auch Folgemaßnahmen des Betroffenen das Vermögen in betrugsrelevanter Weise schädigen können (vgl. besonders BGHSt 16 321, 328; 17 254, 259; allgemeiner dazu Rdn. 179 f). In der neueren Literatur wird ebenfalls geltend gemacht, dass das Unmittelbarkeitskriterium allein nichts darüber aussagt, ob der Verfügende durch die Herbeiführung einer Gefährdungslage bereits sein Vermögen (oder das eines Dritten) geschädigt hat (Fischer Rdn. 160; Joecks Vermögensverfügung S. 107; Kraatz JR 2011 434, 438). – Dagegen will Cramer (Vermögensbegriff S. 13 f u. in Schönke/Schröder Rdn. 143) darauf abstellen, ob die Gefahr bereits einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch begründet (krit. dazu Hefendehl S. 78 ff u. MK Rdn. 554 ff; Riemann S. 54 ff; Wahl S. 85 f). Lenckner JZ 1971 321 f hebt mit der ausdrücklichen Zielsetzung einer Reduzierung der Vermögensgefährdung auf einen relativ eindeutigen Kernbereich (so jetzt auch Becker JR 2012 82, 83 m.w.N.) darauf ab, ob das Vermögensgut „abgeschrieben“ werden muss (zust. Arzt/Weber LH 3 Rdn. 393 u. 448), wobei aber letztlich offen bleibt, ob dies in einem bilanzrechtlichen Sinn (z.B. einschließlich der TeilAbschreibung) verstanden werden soll; 260 der von Lenckner betonte Zusammenhang mit

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Amelung NJW 1975 625; D. Meyer MDR 1971 718; Schröder JZ 1965 516; ähnlich Tröndle/Fischer 50 Rdn. 31 a.E. Zustimmend Samson/Günther SK5 Rdn. 167; Triffterer NJW 1975 616; auch Gössel 2 § 21, 156, der nicht den (primären) Gefährdungsschaden, sondern dessen Kompensation durch die nur schwer beweisbaren

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Gegenansprüche des Getäuschten verneint, und Hefendehl MK Rdn. 565 a.E. In diesem Sinne ein beachtlicher Teil des Schrifttums: Bockelmann ZStW 79 (1967) 40; Goldschmidt ZStW 48 (1928) 160 ff; Otto BT § 51, 71; auch Riemann S. 138; krit. dazu Hefendehl S. 265 ff und Becker HRRS 2009 337 ff; abl. Wahl S. 86 ff.

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der Möglichkeit des Täters, den fraglichen Vermögenswert unmittelbar und ohne Schwierigkeiten realisieren zu können, spricht eher dagegen. Schließlich will Otto (Struktur S. 277, FS Lackner S. 723 ff u. Jura 1991 495 f) danach differenzieren, ob es um die Gefährdung von gegenständlichen Vermögensobjekten oder von vermögenswerten Ansprüchen geht (vgl. dazu auch BGHSt 2 364, 369); im ersteren Fall reiche nach „rechtlichen oder quasi-rechtlichen Maßstäben“ erst der reale Besitzverlust, und nur im zweiten Fall sei der Wert (von Ansprüchen) nach wirtschaftlichen Maßstäben zu ermitteln, vor allem weil der Betroffene entweder nicht weiß, dass ein Anspruch besteht, oder er für das Nichtbestehen beweispflichtig ist und diesen Beweis nicht führen kann; die Ausfallgefahr bedeute einen realen Minderwert (ebenso Fischer Rdn. 159 u. Küper JZ 2009 800, 803). Vogel § 4 III 5 endlich erachtet auf der Grundlage des von ihm vertretenen institutionellen Vermögensbegriffs für maßgebend, ob die Gefahr „einen rechtlich institutionalisierten Grund“ hat, und verweist insoweit auf das Stadium der Vertragserfüllung und die oben Rdn. 166 behandelten kompensations(un)tauglichen Positionen.

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Die Vielfalt dieser Ansätze und Kriterien (ausführlich dazu Hefendehl MK Rdn. 540 ff) zeigt vor allem auf, dass die Abgrenzung von „bloßer“ Gefährdung und „echtem“ Schaden weitgehend von den Grundauffassungen zum Betrug bestimmt ist. Aber auch wenn – wie hier (Rdn. 38 Vor § 263) – ein viktimodogmatischer Ansatz grundsätzlich abgelehnt wird, kann auf möglichen Selbstschutz des Opfers zur Bestimmung der Frage zurückzugreifen sein, ob es bereits geschädigt ist oder nicht. Die von Hefendehl vorgenommene Verknüpfung dieses Ansatzes mit einer bilanzorientierten Bewertung ist nicht zwingend. Die Orientierung an den Maßstäben des Bilanzrechts als solche liegt zwar für die wirtschaftliche Vermögensauffassung durchaus nahe, wenn – mit Hefendehl S. 173 ff und BVerfGE 126 170 ff Rdn. 123 – die Arten der Bilanzen und die Funktionen der Bilanzprinzipien (wie z.B. des Vorsichtsprinzips) berücksichtigt und dem Strafrecht angepasst werden. Der prinzipielle Rückgriff auf die Wertansätze im Überschuldungsstatus unter Verzicht auf die im bilanzrechtlichen Schrifttum betonte Zukunftsprognose steht aber vor der Schwierigkeit – wie Hefendehl (S. 187) selbst einräumt –, dass bislang zur Ermittlung eines Vermögensschadens eine partielle Unternehmensbewertung noch nicht vorgenommen worden ist. Die sonstige Kritik an Hefendehls Versuch stellt vor allem die Frage, ob der auch vom BVerfG (aaO Rdn. 146) favorisierte Weg über das Bilanzrecht nicht in zahlreichen Konstellationen statt einer Präzisierung eine Komplizierung der Argumentation bedeutet (Wahl S. 86 ff; Erb GA 1996 142, 143 mit dem Beispiel, ob sich die ausführliche Erörterung des Problems lohnt, ob das Erschleichen der Unterschrift des Opfers unter einen Warenbestellschein, den der Täter später verfälschen will, die Bildung einer Rückstellung wegen drohender Verluste in der Bilanz rechtfertigt, obgleich die Schlussüberlegung bei Hefendehl S. 363 f auf die allgemeine Frage hinausläuft, ob tatsächlich die Situation eines Teilverlustes des Vermögensgegenstandes geschaffen worden und dies „nur für den Einzelfall“ zu beurteilen sei). Aber auch die enge Anlehnung Cramers und Vogels an die zivilrechtliche Sichtweise und Bewertung kann insgesamt nur eingeschränkt überzeugen, da eine dem Opfer unbekannte „Lossagemöglichkeit“ wirtschaftlich wertlos bzw. in ihrem Wert kaum einzuschätzen ist, wie die neuere Rechtsprechung zutreffend betont (allerdings gegen den Widerspruch z.B. Lenckners aaO S. 320, der hierin eine zu starke wohlfahrtsstaatliche Tendenz sieht).

172a

Nach allem bleibt der Standpunkt der BGH-Rechtsprechung grundsätzlich zutreffend, eine am Einzelfall orientierte konkrete Gefährdung von Vermögenspositionen nach hoher (Prognose-)Wahrscheinlichkeit zu ermitteln sowie unter Beachtung branchenüblicher Maßstäbe und Verfahren wirtschaftlich zu bewerten (ebenso insbes. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 100; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 123 [ff]; Rengier BT I

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§ 13, 155 ff; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 112 ff). Negativ steht das lebensnah-faktische Erfordernis weiterer Akte (des Opfers oder des Täters) zum Eintritt eines greifbaren Schadens in der Regel der Annahme eines Gefährdungsschadens entgegen (zust. Hoyer SK Rdn. 231, Klein S. 80 f und Riemann S. 50 m.w.N.). Positiv gewendet liegt ein solcher Schaden dann vor, wenn dem Opfer keine ihm bekannten und einseitig durchsetzbaren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den Eintritt des endgültigen Schadens zu vermeiden (Kindhäuser Rdn. 188; Satzger S/S/W Rdn. 184 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 571 m.w.N.); Beispiele solcher Möglichkeiten sind die vertraglich eingeräumte Stornobefugnis der Banken (bei Kontodeckung), das (Werkunternehmer-)Pfandrecht und das Leistungsverweigerungsrecht bei gegenseitigen Verträgen (§ 320 BGB). – Insgesamt ist die Bewertung des wirtschaftlichen Risikos mit dem Bundesverfassungsgericht am Bilanzrecht auszurichten, soweit dies möglich ist, und sollte daher zu einer Quantifizierung (Bezifferung) führen. Ist ein messbarer gegenwärtiger Minderwert nicht feststellbar, so kann in diesen „echten“ Fällen (nur) konkreter Gefährdung unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo eine Schätzung erfolgen (BGH JR 2012 79, 80 mit Anm. Becker), sofern diese hinreichend sicher (und nicht nur intuitiv, Fischer Rdn. 162) ist. In diesen Grenzfällen steht die zweifelsfrei vorliegende Versuchsstrafbarkeit nach § 263 Abs. 2 einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG entgegen (zutr. Perron FS Tiedemann S. 739). f) Dass die Eingehung von Verbindlichkeiten als Schaden angesehen werden kann, 173 wurde in der bisherigen Darstellung bereits als mehr oder weniger selbstverständlich zugrunde gelegt (vgl. besonders Rdn. 160). In der Tat ist diese Annahme für die juristische Vermögenslehre eindeutig, da das Opfer mit einem rechtlichen Anspruch belastet wird, und für die wirtschaftliche (sowie ökonomisch-juristische und integrierte) Auffassung jedenfalls naheliegend, da die Belastung mit einer Verbindlichkeit geeignet ist, einen wirtschaftlichen Minderwert des Vermögens zu begründen. Ein derartiger Eingehungsbetrug wird daher in der Rechtsprechung seit der Entscheidung der Vereinigten Strafsenate RGSt 16 1, 10 f anerkannt (zuletzt BGHSt 54 69, 122 Rdn. 156) wobei der Vermögensschaden nicht selten als schadensgleiche Vermögensgefährdung konstruiert wird, vgl. nur BGHSt 51 10, 16 Rdn. 21 f; 48 331, 346; 45 1, 4 f; BGH NJW 1994 1745, 1746 261). Sie stellt insoweit nach dem Rdn. 159 genannten Saldierungsprinzip darauf ab, ob die beiderseitigen vertraglichen Verpflichtungen gleichwertig sind (vgl. bereits oben Rdn. 160), und zwar bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (hervorgehoben von BGHSt 31 115, 117 mit Anm. Rochus JR 1983 338 f u. bereits NJW 1982 1165 mit Anm. Sonnen NStZ 1983 73 f für den Handel mit Warenterminoptionen; insoweit ergänzt BGHSt 31 117 zutreffend, dass der Schaden mit der Höhe des Optionspreises gleich ist, wenn die erworbene Gewinnchance real überhaupt nicht existiert). Ein Eingehungsschaden liegt daher dann vor, wenn der Wert der vom Getäuschten übernommenen Verpflichtung nach objektiv-individuellem Maßstab (Rdn. 177) den Wert des erlangten Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (BGHSt 45 1, 4; Lackner LK10 Rdn. 222 mit umfassenden Nachw. zur älteren Rechtsprechung). Über das Verhältnis zum Erfüllungsbetrug, vor allem wenn der Täter von Anfang an leistungsunwillig oder -fähig ist

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Insoweit in BGHSt 40 84 ff nicht mit abgedruckt. Ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 95; Fischer Rdn. 176; Gössel 2 § 21, 151; Hefendehl MK Rdn. 483 (ff); Kindhäuser Rdn. 196; Lack-

ner/Kühl Rdn. 53; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 130; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 125 ff (aber auch 129/130 ff); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 539. Zum 19. Jahrhundert Klein S. 26 ff.

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(„unechter“ Erfüllungsbetrug), ausführlich am Beispiel einschlägiger Fälle unten Rdn. 201 f. – Die Bewertung einer Verpflichtung bzw. Forderung wird aber auch dann erforderlich, wenn ein Vertragspartner die Leistung bereits erbracht, z.B. den Kredit ausgezahlt hat und für die Saldierung somit die Frage entsteht, ob diesem realen Vermögensverlust ein gleichwertiger (Rückzahlungs-)Anspruch gegenübersteht (Küper BT S. 386; historisch war dies sogar die primär gemeinte Konstellation des Eingehungsbetruges: Klein S. 117). Die Gleichwertigkeit fehlt nach allgemeinen Gesichtspunkten (der Verkehrsanschauung) dann, wenn die Rückzahlung gefährdet ist (Tiedemann/Cosson S. 22 f), was nach h.M. nicht unbedingt eine konkrete Gefährdung voraussetzt (vgl. Rdn. 172 sowie sogleich 174 und ausführlich Rdn. 212). Bei Anerkennung der Rechtsfigur des Eingehungsbetruges (zu Bedenken und Ein174 schränkungen Rdn. 175 f) wird es damit vor allem erforderlich, zwecks Feststellung des Wertes der Forderung ihre Bonität zu ermitteln. Dabei geht es nicht um den rechtlichen Bestand der Forderung, sondern um die Gefährdung ihrer Realisierung (Lackner LK10 Rdn. 223, der bereits darauf hinweist, dass es sich um eine nachteilige Bestandsveränderung im Vermögen des Betroffenen und nicht nur um eine schadensgleiche Gefährdung handelt). Bei dieser Wertbestimmung vermögen Bilanzrecht und betrieb(swirtschaft)liche Bewertungspraxis Hilfestellung zu leisten. Terminologisch und in der Sache hat die h.M. im Strafrecht Begriffe und Kriterien entwickelt, die durch die genannte außerstrafrechtliche Praxis (z.B. bankübliche Bewertungsverfahren, BVerfGE 126 170 ff Rdn. 154 oder die Kreditwürdigkeitsprüfung von Handelsauskunfteien für den Lieferanten- oder Warenkredit, vgl. Tiedemann/Sasse S. 4 ff) konkretisiert und ergänzt werden können. Hauptdeterminanten der Bonität einer Forderung sind Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Schuldners,262 allgemeiner und in Übereinstimmung mit der betriebswirtschaftlichen Kreditprüfung formuliert: seine Leistungsfähigkeit und -willigkeit als wichtigste personale Faktoren der Vertrauens- oder Kreditwürdigkeit (Tiedemann/Sasse S. 5 mit Nachw.). So hat es die häufig als zu weitgehend kritisierte BGH-Entscheidung NJW 1953 836 als Betrugsschaden angesehen, wenn Partner eines Kaufvertrages über „Feinkohle“ ein („von vornherein böswilliger“) Unternehmer ist, der nur sog. Schlammkohle liefern kann (die schlechter brennt). Natürlich ist diese Entscheidung vor dem wirtschaftlichen Hintergrund einer Zeit (Tatzeit: wohl Ende der 40er Jahre) zu sehen, in der normale („Fein“-)Kohle nicht ohne weiteres auf dem Markt zu erlangen war. Gleichwohl war die Leistung im zivilrechtlichen Sinne nicht objektiv, sondern nur subjektiv unmöglich. Jedoch deckt sich die Annahme eines Schadens mit der Annahme einer konkludenten Erklärung bei Vertragsschluss, zur Lieferung willens und in der Lage zu sein (oben Rdn. 38). Auch BGH NJW 1994 1745, 1746 nimmt einen Eingehungsschaden an, wenn der Vertragspartner nicht unbedingt erfüllungsbereit ist (weil er sich insgeheim vorbehält, die übernommene Abfallentsorgung in unzureichender Form durchzuführen; vgl. bereits Rdn. 173), und für den Kreditbetrug als Eingehungsbetrug verwendet BGH GA 1965 149 bei Vorlage falscher Dokumente den Begriff der „allgemeinen Kreditunwürdigkeit“ als schadensbegründend (krit. dazu allerdings unten Rdn. 212). Nach der Rechtsprechung erlangt in Fällen mangelnder Bonität einer Forderung, also fehlender personaler Sicherheit (Tiedemann/Sasse S. 1), der Kompensationsgesichtspunkt Bedeutung, dass die

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BGHSt 15 24, 26 f, BB 1992 523, 524, NJW 1994 1745, 1746 und 2002 2480, 2483; BayObLG NJW 1999 663; Gössel 2 § 21, 152; Kindhäuser Rdn. 196; Lackner/Kühl Rdn. 41; Satzger S/S/W Rdn. 147; Sonnen

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BT S. 165; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 128 und 132; Welzel S. 376; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 572. Ausführlich Hefendehl MK Rdn. 571 ff, auch Rdn 473. Dagegen aber Wahl S. 161 ff.

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Unsicherheit der Leistung durch (insbesondere vertragliche, vgl. Rdn. 167) reale Sicherheiten ausgeglichen werden kann, wenn und soweit diese es dem Gläubiger ermöglichen, sich wegen des Anspruchs ohne Schwierigkeiten, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn, zu befriedigen; dazu bereits Rdn. 172).263 Der Sache nach liegt eine solche Sicherheit in normativer Form auch vor, wenn die Gegenleistung erst nach Erbringung der versprochenen Leistung zu erbringen ist, der Getäuschte also „auf Vorleistung des Täuschenden bestehen kann und dadurch gesichert ist“ (BGH NJW 1994 1745, 1746 mit Nachw.; vgl. auch Rdn. 167 und 213).264 Lehrbuchartig formuliert BGH NStZ-RR 2001 328, 329: „Das Leistungsverweigerungsrecht sichert den in seiner Bonität beeinträchtigten Gegenanspruch.“ Eine solche Sicherung war übrigens im Schlammkohle-Fall BGH NJW 1953 836 zumindest zweifelhaft, da der Verkäufer erwartete, dass der Käufer den Kaufpreis vor Eintreffen (und Prüfung) der Ware gegen Aushändigung der Frachtbriefduplikate zahlen würde; da der BGH (nur) die Verurteilung wegen versuchten Betruges durch den Tatrichter aufrecht erhielt, waren insoweit zusätzliche Feststellungen zur objektiven Lage nicht erforderlich. – Im Übrigen ist auch, wie allgemein bereits oben Rdn. 167 dargelegt, ein vollwertiger Rückgriffsanspruch (des selbstschuldnerischen Bürgen, BGH NStZ 1998 570), ein Schuldbeitritt (BGH NJW 1986 1183) oder die Möglichkeit der Kredit gewährenden Bank zur Umbuchung (BGH wistra 1995 143 f) als Sicherheit ein hinreichender Ausgleich für die Belastung mit einer Schuld. Die Sicherheit muss also nicht unbedingt im engeren Sinne real bestehen, sondern kann auch unter normativen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten anzunehmen sein. Ob insoweit für die Strafbarkeit die bloße Gefahr ausreicht, dass der Getäuschte den Mangel der Leistung vor Erbringung der eigenen Leistung nicht erkennt, ist umstritten (bejahend BGHSt 23 300, 303 f).265 Auch ist innerhalb der BGH-Rechtsprechung streitig, ob die Möglichkeit des Rücktritts des Getäuschten (der die eigene Leistung noch nicht erbracht hat) oder die Stornierungsbereitschaft des Vertragspartners den Schaden ausschließt.266 Das neuere Schrifttum (eingehend dazu Hefendehl S. 334 ff sowie Klein S. 110 ff) er- 175 hebt nach der frühen, aber zunächst weitgehend erfolglosen Kritik Schröders (JZ 1965 516, JR 1966 393, JZ 1967 577 f u.ö.) gegen die Figur des Eingehungsbetruges als Fall von Vollendungsstrafbarkeit erhebliche Bedenken. Diese knüpfen teilweise daran an, dass es hier – teilweise auch nach der Rechtsprechung – um eine konkrete Vermögensgefährdung gehe, von der sich der Getäuschte häufig ohne Beweisschwierigkeiten und

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BGH GA 1972 209 (f) und StV 1997 416 f; BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 3 und 54 mit Nachw.; ebenso Fischer Rdn. 111 und 133; Hefendehl S. 266 ff; Hoyer SK Rdn. 258; Kindhäuser Rdn. 196; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 123; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 132 und 162a; Wessels/ Willenkamp BT 2 Rdn. 572. Übereinstimmend BGH NJW 2005 3650, 3653 für Sicherung bei Zahlungsunwilligkeit. Ebenso BGH NStZ-RR 1996 34 f und wistra 1992 101 (f); umfassende weitere Nachw. zur BGH-Rechtsprechung bei Klein S. 99 Fn. 401. Zustimmend Fischer Rdn. 176; Kindhäuser aaO; Küper BT S. 386 f; Lack-

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ner/Kühl Rdn. 44; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; wohl auch Rengier BT I § 13, 193. Weitere Nachw. bei Hefendehl S. 323 ff. Bejahend auch BGH GA 1962 213, 214; OLG Köln NJW 1980 1177, 1178; aA Hoyer SK Rdn. 237 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 130 ff. Ausführlich dazu Luipold S. 118 ff. Dazu Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 101; Fischer Rdn. 176; Hefendehl MK Rdn. 466 ff; Hoyer aaO; Klein S. 140; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 451a; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 109; Rengier BT I § 13, 189 ff.

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nennenswertes Prozessrisiko durch Rücktritt, Wandlung usw. befreien kann. Wenn dies damit begründet wird, „gerade für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise“ reiche „als Schaden das Eingehen einer unvorteilhaften Verbindlichkeit … noch nicht aus“ (so Samson/Günther SK5 Rdn. 167c), so kann sich diese Auffassung auf die grundsätzliche Behandlung schwebender Geschäfte in der Bilanzierungspraxis stützen (vgl. etwa Hefendehl S. 328 f mit Nachw.). Dagegen ist das weitere Argument, der konkreten Vermögensgefährdung entspreche kein (stoffgleicher) Vermögensvorteil des Täters (vgl. Rdn. 262), durch den Hinweis widerlegt, dass der Täter hier regelmäßig eine vermögenswerte Exspektanz gewinnt, die der Vermögensgefährdung des Opfers entspricht (Hefendehl S. 160 ff; unten Rdn. 254). Bei dieser Sicht widerspricht der Eingehungsbetrug auch nicht der Natur des § 263 als Vermögensverschiebungsdelikt. Gewichtiger erscheint das dogmatische und kriminalpolitische Argument, dass die Vorverlagerung der Vollendungsstrafbarkeit dem Täter die Möglichkeit des Rücktritts vor Inanspruchnahme der erstrebten Leistung nimmt 267 (während diese Möglichkeit bei den Sondertatbeständen der §§ 264, 265b ausdrücklich vorgesehen ist). Wenigstens einen großen Teil der Fälle von der Vollendungsstrafbarkeit ausnehmen wollen diejenigen Autoren, die nach dem Herrschaftskriterium (oben Rdn. 171) einen Gefährdungsschaden dann verneinen, wenn der Getäuschte es selbst in der Hand hat, den Schaden abzuwenden, z.B. bei erfolgter Kreditzusage der Kredit noch nicht ausgezahlt wird oder in einer bloßen Umbuchung besteht (BGH NStZ 1995 232), nach Bestellung der Speisen durch den Zechpreller diese noch nicht zubereitet sind usw.268 Auch in der neuesten Rechtsprechung zeichnet sich eine entsprechende Tendenz etwa in Bezug auf Kreditzusagen (BGH wistra 1995 143 f) oder beim Erschleichen von Kreditkarten im sog. Zwei-Parteien-System ab (BGH wistra 1989 61 f; oben Rdn. 110; vgl. auch BGHR § 263 Abs. 1 Vermögenschaden 10 „Leasing“ und Eingehungsbetrug 1 mit Nachw. aus der unveröff. Rechtsprechung). In den Fällen des beiderseits noch nicht erfüllten Vertrages, also in den „klassischen“ Fällen der Erschleichung einer Kreditzusage oder der Bestellung von Speisen und Getränken durch den Zechpreller, ist die Beschränkung der Strafbarkeit auf die Annahme von Versuch damit insgesamt als eine zu Recht im Vordringen begriffene Lösung der Frage des Eingehungsbetruges zu bezeichnen (Hefendehl S. 332; Vogel § 4 III 5). Im Fall bereits erfolgter Leistung des Getäuschten – historisch die primär gemeinte Konstellation des Eingehungsbetrugs (Rdn. 173) – kann eine Schädigung oder konkrete Gefährdung dagegen nur durch hinreichende Sicherheiten ausgeschlossen oder durch kompensationstaugliche Rückgewähransprüche (z.B. die Stornierungsmöglichkeit von Kreditinstituten im Hinblick auf Buchungen, BGH wistra 1985 23, 24; oben Rdn. 167) ausgeglichen werden. Zusammenfassend ist der bloße Abschluss des schuldrechtlichen, auf Leistungsaus176 tausch gerichteten Vertrages damit nach richtiger Auffassung entgegen der früher ständigen Rechtsprechung nicht ohne weiteres geeignet, die Annahme eines vollendeten Betruges zu rechtfertigen. Vielmehr kommt eine solche Annahme, nämlich die Feststellung eines Gefährdungsschadens, nur dann in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles (Lackner LK10 Rdn. 225) die Lossagungsmöglichkeit unsicher (zu beweisen) oder dem Opfer unbekannt ist.269 Der Unterschied dieser Ansicht zu dem (nicht einheitlichen)

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Fischer Rdn. 176b; Gössel 2 § 21, 154; Hefendehl S. 138 ff; Klein S. 110 ff, 242 ff; Rengier BT I § 13, 186; Riemann S. 71 ff, 91 ff, je m.w.N. Cramer Vermögensbegriff S. 135; Joecks Rdn. 78; Klein S. 116 ff; Puppe MDR 1973

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13; Riemann S. 75; F.-R. Schmidt S. 72; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 162; Vogel § 4 III 5c; Watzka S. 54. Übereinstimmend Cramer Vermögensbegriff S. 136; Lenckner JZ 1971 322 f; D. Meyer MDR 1971 720; Sch/Schröder/Cramer/Per-

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Standpunkt der Rechtsprechung ist nicht besonders groß, weil diese auch abgesehen von der soeben Rdn.175 genannten Tendenz bei objektiv bestehender Stornierungsbereitschaft des Täuschenden (BGH GA 1962 213 f; aA aber BGHSt 23 300, 303 f),270 vertraglich vereinbartem Rücktrittsrecht (BGH bei Dallinger MDR 1971 546), dem Getäuschten bekanntem gesetzlichem Widerrufsrecht (BayObLG JZ 1986 1122, 1123) 271 und feststehenden Einreden (gegenüber einer Verpflichtung aus selbstschuldnerischer Bürgschaft, BGH NStZ 1998 570) das Vorliegen eines (vollendeten) Eingehungsbetruges verneint (zusammenfassend Riemann S. 80 f m.w.N.). Zutreffend präzisiert Vogel (§ 4 III 5c) dies dahingehend, dass die Annahme eines Gefährdungsschadens dann ausgeschlossen ist, wenn dem Getäuschten rechtlich institutionalisierte Schadensverhinderungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die unabhängig von der Täuschung sind (zust. Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 539); der Streit beginnt erst bei der Behandlung solcher Einwendungen und Einreden, die gerade auf der Täuschung beruhen (und nach Vogel aaO „deswegen dem Betroffenen nicht verfügbar sind“). Zum Verhältnis von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, insbesondere zum „unechten“ Erfüllungsbetrug, unten Rdn. 202. g) Der subjektive (individuelle) Schadenseinschlag wurde in seiner grundsätzlichen 177 Bedeutung und Legitimierung bereits mehrfach im Rahmen dieser Kommentierung angesprochen (Rdn. 32 Vor § 263; oben Rdn. 126). Der „Grundsatz der Individualisierung“ bei der Beurteilung der Vermögensbeschädigung (BGHSt 16 321, 326 mit Bspr. Fahl JA 1995 198 ff – Melkmaschinen) geht davon aus, dass „die meisten Gegenstände nicht für alle Menschen den gleichen Vermögenswert haben, weil sie nicht für alle gleich brauchbar sind“ (BGH aaO S. 325 f im Anschluss an RGSt 16 1, 6 ff). Maßgebend für die Schadensbestimmung sind daher – unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls – die „persönlichen Bedürfnisse und Verhältnisse des Erwerbers“ und die „von ihm nach Maßgabe aller Umstände verfolgten Zwecke“ (BGH aaO S. 325). Dabei ist nicht die persönliche Einschätzung des Schadens durch den Getäuschten, sondern die „Auffassung eines sachlichen Beurteilers“ maßgebend (BGH aaO S. 326; Rdn. 126). In keinem Fall sind also nach der Rechtsprechung das bloße Affektionsinteresse (BGHR § 263 I Vermögensschaden 47), das subjektive Gefühl der Schädigung oder die Tatsache entscheidend, dass der Getäuschte die Vermögensverfügung nicht vorgenommen hätte, wenn ihm die Wahrheit bekannt gewesen wäre (BGH aaO S. 325; 22 88, 89 und 51 10, 15 Rdn. 18 m.w.N.). Hervorhebung verdient, dass Rechtsprechung und h.M. das Korrektiv des individuellen Schadenseinschlags bei marktmäßig ausgeglichenem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nur für die Bewertung der Gegenleistung – als unterhalb des Marktwertes liegend – verwenden, also eine „nach oben“ erfolgende Wertkorrektur der eigenen Leistung des Getäuschten ablehnen (Tiedemann FS Klug S. 416). Die Bestimmung der vom Verfü-

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ron Rdn. 132; ähnlich Lackner/Kühl Rdn. 46 und Satzger S/S/W Rdn. 157. Weitergehend Samson/Günther SK5 Rdn. 167c, Hoyer SK Rdn. 237 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 145, die jeweils schon bei objektiv sicher beweisbarem Rücktrittsrecht eine Vermögensgefährdung verneinen. Wie die letztere BGH-Entscheidung auch OLG Düsseldorf OLGSt § 263 Nr. 2 S. 4, 6; Nachweise zur sonstigen OLG-Rechtsprechung bei Luipold S. 167 Fn. 263. Wie hier Lackner/Kühl Rdn. 44; aA Maurach/Schroe-

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der/Maiwald BT 1 § 41, 109 und Rengier BT I § 13, 189. Ebenso Hefendehl MK Rdn. 465 ff (der für das AbzG bzw. jetzt § 355 BGB Kenntnis des Widerrufrechts unterstellt); Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 452; Küper BT S. 286 f; Rengier BT I § 13, 86; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 539; weitergehend Fischer Rdn. 176 und Lackner/Kühl aaO; differenzierend Luipold S. 158 f; aA Bohnenberger S. 53 ff.

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genden aufgegebenen Position, also seine Leistung, richtet sich jedenfalls nach Auffassung der Rechtsprechung ausschließlich nach ihrem Marktwert (BGH NJW 1977 155 f mit abl. Anm. Schudt). Die Frage wird etwa relevant, wenn der Getäuschte ein Recht (Vorkaufsrecht,272 Mietrecht273 usw.) aufgibt, das für ihn einen höheren als den Marktwert hat. Die Gegenauffassung (Lackner/Kühl Rdn. 51; Werle NJW 1985 2917 ff) hält demgegenüber die Berücksichtigung des persönlichen Schadenseinschlags auch hier für folgerichtig. Dies ist nach allgemeinen Grundsätzen der Vermögensbewertung (Rdn. 32 Vor § 263) zutreffend (zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 122). Insbesondere kann der (von einem sachlichen Beobachter festgestellte) individuelle Nutzwert etwa an einem alten, aber noch fahrtüchtigen Auto höher sein als der am Umsatzgeschäft orientierte Markt- oder Tauschwert, wie die Zivilrechtsprechung zum Deliktsrecht anerkennt (Rdn. 158). Angesichts teilweise missverständlicher Äußerungen im Schrifttum und des abweichenden Sprachgebrauchs des BGB (§§ 320 ff) verdient im Übrigen vorab hervorgehoben zu werden, dass sich die „Leistung“ und „Gegenleistung“ nicht nur auf das Stadium der Erfüllung, sondern auch auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages beziehen; der individuelle Schadenseinschlag betrifft also auch den Eingehungsbetrug (vgl. nur BGHSt 22 88, 89 und 23 300, 302), und zwar in Gestalt eines individuell schädigenden Vertragsschlusses bei marktmäßiger Bewertung der gegenseitigen Vertragspflichten mit einem Null-Saldo (Klein S. 86 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 128). Ferner ist trotz der Kritik von Kindhäuser (Rdn. 179) und T. Walter (S. 254 ff) festzuhalten, dass die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag in ihrem praktisch wichtigen Anwendungsbereich fehlender Brauchbarkeit (sogleich Rdn. 178) weitgehend anerkannt ist (Küper BT S. 384; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 548). – Die Bewertung der marktmäßigen Gegenleistung als Schaden betrifft vor allem zwei Konstellationen: Überwiegend anerkannt ist die Annahme der Rechtsprechung, dass sich ein Vermö178 gensschaden daraus ergeben kann, dass die Gegenleistung für ihren Empfänger nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck brauchbar ist und er sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden, namentlich ohne besondere Schwierigkeiten wieder veräußern kann (BGHSt 16 321, 326; 51 10, 15 Rdn. 19).274 Zumutbar ist also insbesondere eine ohne besonderen Aufwand sogleich und ohne Verlust realisierbare Wiederverkaufsmöglichkeit (BGHSt 51 15 mit Nachw.).275 Fehlt eine solche Möglichkeit, die Gegenleistung zu Geld zu machen, so ist umstritten, ob und inwieweit die autonomen wirtschaftlichen Zwecksetzungen des Vermögensträgers zu respektieren und eine willkürliche Aufdrängung bestimmter wirtschaftlicher Ziele oder deren Rangfolge von ihm hinzunehmen ist. Die RG-Rechtsprechung hat eine vom Ver-

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BGH NJW 1977 155 f mit abl. Anm. Schudt und Lackner/Werle JR 1978 299 ff; aA Gössel 2 § 21, 166 und Lackner/Kühl Rdn. 51. BayObLG NJW 1987 1654, 1656 mit Anm. Hillenkamp JR 1988 301, Otto JZ 1987 628 ff und Seier NJW 1988 1617; AG Kenzingen NStZ 1992 440, 441; aA Gössel aaO; Lackner/Kühl aaO; dazu auch Hellmann JA 1988 75; Rengier JuS 1989 803; Werle NJW 1985 2917 f. Vgl. weiter BGHSt 23 300, 301 f (Zeitschriftenwerbung) und wistra 1999 299, 300. Aus dem Schrifttum ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 92; Eisele BT II

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Rdn. 582; Fischer Rdn. 147; Hefendehl MK Rdn. 642 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 459 und 464; Lackner/Kühl Rdn. 48a; Mitsch BT 1 § 7, 102; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 47, 54 ff; Rengier BT I § 13, 177; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 123; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 548; Welzel S. 374. Vgl. auch BGH NStZ-RR 2000 331 und 2001 41, 42; Bockelmann BT/1 S. 83; Eisele aaO; Gössel 2 § 21, 168; Hefendehl MK Rdn. 644; Lackner/Kühl aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO.

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mögensträger nicht geplante anderweitige Verwendung nur dann als zumutbar angesehen, wenn sie nach Auffassung eines sachlichen Beurteilers in die wirtschaftlichen Pläne des Vermögensträgers ebenso gut passt wie die vertraglich vorausgesetzte, insbesondere wenn der Vermögensträger sie bereits selbst in Erwägung gezogen hatte (RGSt 16 1, 9). Einige Entscheidungen der Rechtsprechung in Fällen der Unterschriftserschleichung weisen demgegenüber in die entgegengesetzte Richtung (Lackner/Kühl Rdn. 49): Obwohl der Getäuschte überhaupt nichts bestellen und deshalb die Ware auch nicht gebrauchen wollte, wird diese negative Zwecksetzung bei hinreichender Vielfalt der Auswahl (z.B. an verschiedenen Buchtiteln) als unerheblich angesehen (vgl. näher Rdn. 207). Diese Unbestimmtheit der Grenzziehung (auch gegenüber einem Schutz der bloßen Dispositionsfreiheit!) ist der Ansatzpunkt für die Kritik des Schrifttums, das der Tendenz nach zu einer stärkeren Individualisierung und Respektierung des Willens und der Planung des Vermögensinhabers neigt.276 Mit der h.M. ist demgegenüber der Grundsatz objektiver Bewertung beizubehalten und die Individualisierung nur zuzulassen, soweit das Urteil des Vermögensträgers von der Maßfigur des sachlichen Beurteilers geteilt wird; damit wird eine Abgrenzung zum Schutz der bloßen Dispositionsfreiheit vor Täuschung ermöglicht (Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 121 mit Nachw.). Wie bereits Rdn. 126 mitgeteilt, bestehen demgegenüber im Schrifttum weiterreichende Tendenzen, im Bereich privater Lebensführung die Willkür des Betroffenen und damit auch seine Affektionsinteressen strafrechtlich zu schützen. Einen breiten Anwendungsbereich hat diese erste Fallgruppe der Rechtsprechung neuerdings in Bezug auf die u.a. zum Zweck der Alterssicherung vorgenommene und viel umworbene Geldanlage gewonnen, bei der verdeckte Innenprovisionen, unberechtigter Kapitalentzug und Einbringung in hochriskante Unternehmungen (einschließlich solcher nach dem Schneeballsystem) dazu führen können, dass die gezeichnete Anlage(summe) in vollem Umfang als Betrugsschaden anzusehen, nämlich mit der Gegenleistung eines „aliud“ an Stelle der als sicher und rentabel versprochenen Anlage zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck unbrauchbar ist und auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwendet, insbesondere nicht verkauft werden kann (BGHSt 53 199, 204 Rdn. 18; 51 10, 15 f Rdn. 18 ff mit zahlreichen Nachw. zur voraufgegangenen BGH-Rechtsprechung insbesondere zur betrügerischen Vermittlung von Warenterminoptionsgeschäften Rdn. 19; vgl. auch BGH NStZ-RR 2006 206, 207; zust. Satzger S/S/W Rdn. 214 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 123). In derartigen aliud-Fällen kann ein Betrugsschaden oft auch ohne Rückgriff auf den individuellen Schadenseinschlag angenommen werden (Rdn. 183; vgl. auch Hefendehl MK Rdn. 648). Ähnliches gilt, wenn die versprochene Leistung „praktisch wertlos“ ist (BGH NStZ 2008 96 ff: Warentermingeschäftsvermittler verfügt nicht über die behauptete Erfahrung und herausragende Kompetenz, kann die versprochenen Gewinne daher nicht vermitteln; BGH wistra 2001 386, 387: Angeblicher Kreditvermittler verspricht „Finanzsanierung“, leitet aber lediglich Kundenzahlungen an die von ihm nicht kontaktierten Gläubiger weiter). Ferner liegt nach der Rechtsprechung ein Vermögensschaden vor, wenn bei markt- 179 mäßiger Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung der Empfänger der Gegenleistung durch die eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird oder infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügen kann,

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Franzheim/Krug GA 1975 97, 102; Jakobs JuS 1977 228, 231; W. Hartmann S. 107; Schmoller ZStW 103 (1991) 104 ff m.w.N. (dort S. 96 ff auch zu weiteren Einwänden gegen die Rechtsprechung). – Die Berück-

sichtigung der „subjektiven Nützlichkeit“ im Sinne „dominanter Motive“ durch Schmoller deckt sich im Wesentlichen mit der h.M.

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die zur ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind (BGHSt 16 321, 326). Zwecks Abgrenzung von der bloßen Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit und zur Behebung der Unbestimmtheit der bisherigen Rechtsprechung (BGHSt 16 327) typisiert der BGH diese Folgeschäden in einzelne Fallgruppen: Eine Nötigung zur Vornahme weiterer vermögensschädigender Maßnahmen kommt vor allem in Betracht, wenn der Getäuschte, um die erforderlichen Mittel zur Erfüllung des Vertrages zu beschaffen, ein anderes wirtschaftlich ungünstiges Geschäft abschließen muss, etwa durch Aufnahme eines hoch verzinslichen Darlehens, durch unvorteilhafte Veräußerung eines Wertpapiers oder durch den wirtschaftlich ungünstigen Verkauf eines Sachwerts oder schließlich wenn er den Abschluss eines vorteilhaften anderen Geschäfts unterlassen muss (BGH aaO S. 328). Nach Lackner (LK10 Rdn. 158 m.w.N.) werden damit gravierende Fälle der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als Vermögensbeschädigung erfasst. Jedoch lassen sich die genannten Fälle durchaus in Geld quantifizieren. – Die zweite relevante Fallgruppe zeichnet sich dadurch aus, dass durch die vertragliche Bindung von Vermögenswerten ein so starker Mangel an Finanzmitteln herbeigeführt wird, dass eine bestimmte nahe Gefahr für die wirtschaftliche Lage eintritt, z.B. dadurch, dass bestehende oder neu aufzunehmende Zahlungsverbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht vollständig oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erfüllt werden können (BGHSt aaO S. 328). Aber auch eine weniger weit gehende Beschränkung der Verfügungsfreiheit soll ausreichen, wenn sie in einem Entzug der Mittel besteht, die für die Aufrechterhaltung einer den Verhältnissen angemessenen Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind (vgl. BGH wistra 1999 299, 300: „nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensführung“). Dies liegt (nach hier vertretener Auffassung: nur) vor, wenn lediglich noch Mittel für die Befriedigung der notdürftigsten Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Gerechtfertigt wird die gesamte Ausweitung von der Rechtsprechung mit der Erwägung, dass auf diese Weise das Gesamtvermögen eine Einbuße erfährt (BGHSt 16 321, 329; vgl. bereits oben Rdn. 159). Auch hier ist aber zu beachten, dass die Beeinträchtigung durch besondere wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen werden kann (bei denen ebenfalls eine objektiv-individuelle Bewertung vorzunehmen ist: Vogel § 4 III 2c). Als solche kommen z.B. Wertsteigerungen von erworbenen Immobilien in Betracht (BGH wistra aaO). Insgesamt bildet der Immobilien(ver)kauf ein besonders häufiges Beispiel dieser Gruppe des persönlichen Schadeneinschlages (Gesamtübersicht zum „Immobilienbetrug“ bei Gallandi wistra 1992 259 ff, 333 ff mit Parallelen zum Warenterminbetrug). Während die überwiegende Lehre auch der vorgenannten Ausweitung zustimmt,277 180 bringt eine starke Mindermeinung erhebliche Bedenken vor: Soweit gerügt wird, es werde der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Schadenszufügung (Rdn. 171) preisgegeben,278 ist mit Blick auf den Schutz des Gesamtvermögens seines Trägers zu bedenken,

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Blei II S. 235; Eisele BT II Rdn. 584 f; Gössel 2 § 21, 175; Küper BT S. 384; Lackner/ Kühl Rdn. 50; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 115; Rengier BT I § 13, 181; krit. Otto BT § 51, 74, Schmoller ZStW 103 (1991) S. 99 f und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 549; weitergehend Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 464 im Anschluss an Eser GA 1962 293 ff. Kindhäuser Rdn. 179 und Wessels/Hillenkamp aaO; dagegen Hefendehl MK

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Rdn. 651 und bereits Gössel aaO m.w.N., der hervorhebt, daß durch das Unmittelbarkeitserfordernis lediglich Beschädigungen aufgrund weiterer Handlungen anderer Personen als der des Opfers ausgeschlossen seien. Gössel aaO, Otto BT § 51, 74 und Schmoller ZStW 103 (1991) 101 kritisieren aber, dass zwischen der wirtschaftlich unsinnigen Folgemaßnahme und dem erstrebten Vermögensvorteil keine Stoffgleichheit bestehe (so auch Kindhäuser aaO m.w.N.).

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dass eine konkrete Gefahr des Verlustes oder der Minderung auch und bereits dann eine Werteinbuße darstellt, wenn die Realisierung der Gefahr von der Vornahme einer weiteren Handlung des Täters (oder eines anderen) abhängt; der Gesichtspunkt der konkreten Vermögensgefährdung („Gefährdungsschaden“) trägt also die Ausweitung jedenfalls in bestimmten Fallbereichen. Ebenso lässt sich in weiteren Fällen ein Schaden in Geld bereits nach den Grundsätzen über die Vereitelung einer Exspektanz begründen (Hefendehl S. 160 ff). Die Anerkennung der wirtschaftlichen Dispositions- und Bewegungsfreiheit als solcher als Vermögensbestandteil ist daher entgegen Eser GA 1962 290 weder erforderlich noch sinnvoll (vgl. bereits Rdn. 29 Vor § 263 und Lackner LK10 Rdn. 160). Nach Vogel (§ 4 III 2d) laufen allerdings – trotz verbaler Abgrenzungsbemühungen – auch die Auffassungen Lackners (aaO) und Schröders (NJW 1962 721) auf den Schutz der Dispositionsfreiheit hinaus, wenn darauf abgestellt wird, es dürfe dem Vermögensträger nicht die Setzung einer bestimmten Rangordnung für die Befriedigung seiner wirtschaftlichen Bedürfnisse aufgezwungen werden. Die unausweichliche Abgrenzung der Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit von der Vermögensschädigung ist demgegenüber auf der Grundlage der Rechtsprechung dadurch gegeben, dass die übermäßige Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als quantitatives Kriterium dann einen qualitativen Umschlag in einen Vermögenschaden bedeutet, wenn das aufgedrängte Geschäft dem Vermögensträger die Existenzgrundlage entzieht, ihn zu wirtschaftlich unsinniger Kreditaufnahme zwingt oder ihm die Möglichkeit zu anderweitigen wirtschaftlich sinnvollen Investitionen nimmt (so die Zusammenfassung der Fallgruppen bei Samson/ Günther SK5 Rdn. 145). Mit dieser Beschränkung und mit der Beibehaltung des Maßstabes eines (informierten) sachlichen Beurteilers ist auch die von Pawlik (S. 289) und Winkler (S. 79) gerügte Verfassungswidrigkeit wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art. 103 Abs. 2 GG zu verneinen: Die restriktive, auf Extremfälle und eindeutige Fälle der Wirtschaftswidrigkeit beschränkte Annahme von Betrugsstrafbarkeit insbesondere bei Zwang zur Vornahme unsinniger Folgemaßnahmen stellt eine im Kern hinreichend sichere Annahme dar, deren Randbereiche verfassungskonform-restriktiv zu handhaben sind.279 Irrationale Vorstellungen und Wünsche des Vermögensträgers werden überhaupt erst dann betrugsrelevant, wenn sie sich in einem (erhöhten) Marktpreis niederschlagen.280 h) Bei einseitigen Geschäften des getäuschten Verfügenden (z.B. Schenkung an den 181 angeblich armen Bettler mit angeblich körperlichen Gebrechen, Rdn. 11; Spende für einen angeblich wohltätigen Zweck; Drittmittel für wissenschaftliche Zwecke) liegt bei unbefangener wirtschaftlicher Betrachtung stets ein Vermögensverlust und damit ein Vermögensschaden vor (sog. Bettel- und Spendenbetrug; Wissenschaftsbetrug, Rdn. 184). Die Rechtsprechung geht daher traditionell davon aus, dass jede durch Täuschung bewirkte Vermögenshingabe den objektiven Tatbestand des Betruges erfüllt (zust. Triffterer in Ulsamer [Hrsg.], Lexikon des Rechts Strafrecht2 S. 162). Dasselbe gilt bei gemischten Verträgen, in deren Rahmen Leistungen ohne wirtschaftlich vollwertiges Äquivalent erbracht werden (z.B. zinsverbilligte Kredite für Umschuldung bzw. sozialen Wohnungs-

279

Dazu Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 123 mit Nachw. und unten Rdn. 257 ff, 262 f. Eisele BT II Rdn. 581; aA Gössel, Otto und Schmoller, jeweils aaO; auch Kindhäuser aaO.

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Gössel 2 § 21, 164; Hefendehl MK Rdn. 647; Rengier BT I § 13, 214; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 110; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 548.

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bau: RG JW 1936 262 und 513, OLG Hamm GA 1962 219 f; Gratis-Abgabe von Waren: BGHSt 2 325 ff – Deputatkohle; Kauf von angeblicher Blindenware zu überhöhtem Preis: Lackner LK10 Rdn. 164). Die Behandlung dieser Fälle als Betrug ist aber heute insgesamt umstritten: Eine früher vor allem auf das Regressverbot und heute insbesondere auf das Wissen 182 des Verfügenden um seinen Vermögensverlust gestützte verbreitete Lehre kommt hier entweder zur Annahme von Straflosigkeit (Binding, Frank, v. Liszt/Schmidt; neuerdings Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 111; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 68; Hefendehl MK Rdn. 665 und 674; Lampe FS Otto S. 644; T. Walter S. 547) oder zu besonderen Konstruktionen, die von der objektiv-individuellen Schadensbewertung abweichen bzw. diese ergänzen. Dies gilt besonders für eine Lehre, welche die Fälle bewusster Selbstschädigung aus dem Schutzzweck des Betrugstatbestandes ausnehmen will, vor allem durch Postulierung eines funktionalen Zusammenhangs der Betrugsmerkmale dergestalt, dass die Täuschung nicht nur die Vermögensverfügung zu motivieren, sondern darüber hinaus deren Schädlichkeit zu verschleiern hat (Schröder NJW 1962 721; zust. insbes. Lackner LK10 Rdn. 168 und Lenckner NJW 1971 600; auch Duttge aaO; Lackner/Kühl Rdn. 55 m.w.N.). Maßgebend ist hierfür die Erwägung, dass sich bei einer bewussten Selbstschädigung die Bejahung von Betrugsstrafbarkeit nicht mehr auf das Vermögen als wirtschaftlichen Wert beziehe – diesen gebe der Getäuschte bewusst und freiwillig preis –, sondern ausschließlich die Dispositionsfreiheit betreffe (aA Hefendehl MK Rdn. 659 ff; Hilgendorf JuS 1994 468; Schmoller JZ 1991 123, je m.w.N.). Straflosigkeit soll allerdings dann nicht eingreifen, wenn das Opfer infolge der Täuschung verkennt, dass es mit seiner Verfügung den von dieser verfolgten sozialen Zweck verfehle. Diese sog. Zweckverfehlungslehre ist im Schrifttum als Einschränkung der häufig vertretenen Lehre von der bewussten Selbstschädigung im Anschluss an Kohlrausch/ Lange (Vorbem. II) und Gallas (FS Eb. Schmidt S. 435) recht verbreitet.281 Die neuere Rechtsprechung hat sich in Fällen einseitiger Mittelvergabe aus privatem 183 Vermögen bei der Schadensbegründung ebenfalls häufig auf die Verfehlung des wirtschaftlichen oder sozialen Zwecks der Leistung berufen,282 allerdings streng genommen überflüssigerweise, da sie die Lehre von der bewussten Selbstschädigung ablehnt (BGHSt 19 37, 45 mit Nachw. – VW-Privatisierungsaktion; BGH NStZ 2006 624, 625 Rdn. 2 und NJW 1992 2167 ff; BayObLG NJW 1994 208 mit Bspr. Hilgendorf JuS 1994 466; vgl. aber auch BGH NJW 1995 539 f, dazu oben Rdn. 50) und daher die als Ausnahme oder Einschränkung dieser Lehre benutzte Zweckverfehlungslehre nicht benötigt (D. Geerds S. 170; Gerhold S. 20; Lackner LK10 Rdn. 167, der daher von einer „im Kern höchst unklaren Rechtsprechung“ spricht und Rdn. 170 einen Widerspruch zu ihren Grundannahmen rügt). Denkbar ist aber auch, dass die Rechtsprechung unter Schutzzweckerwägungen bei einseitigen Geschäften die Zweckverfehlungslehre für die Begrün-

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Vgl. insbesondere Bockelmann BT/1 S. 84 f; Eisele BT II Rdn. 590ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 470; Küper BT S. 399; Lackner/ Kühl Rdn. 56; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 120; Rudolphi FS Klug S. 317 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 102; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 552 ff; Welzel S. 376; aA Mitsch BT 1 § 7, 34 und 37 f, der in Fällen des Bettel- und Spendenbetrugs bereits eine tatbestandsmäßige „Täuschung

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mit Vermögensbezug“ verneint (ebenso Merz S. 125). Vgl. etwa BGHSt 19 37, 44 f (sozialpolitischer Zweck der VW-Privatisierungsaktion); BGH NJW 1992 2167 ff und 1995 539, KG JR 1962 27. Ebenso Bockelmann aaO; Bosch JA 2006 493; Maurach/Schroeder/ Maiwald aaO; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 550 ff.

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dung der Strafbarkeit im Sinne eines Quasi-Äquivalents heranzieht (vgl. dazu Rdn. 185). – Lackner (LK10 Rdn. 166) bezeichnet zunächst die Annahme von Straflosigkeit als „unerträglich“ (zust. Schmoller JZ 1991 119, 122; aA aber Hefendehl MK Rdn. 674), bezweifelt allerdings sodann (aaO Rdn. 170), dass jedes einseitige Vermögensopfer einen Vermögensschaden darstelle: Gerade bei wirtschaftlicher Betrachtung werde dieses „in seinem Sinn entwertet und daher zu einer wirtschaftlich unvernünftigen Ausgabe“, wenn es den mit ihm verfolgten wirtschaftlichen oder sozialen Zweck verfehlt (zust. D. Geerds S. 174 und Rudolphi FS Klug S. 322; aA Graul FS Brandner S. 812 f); der homo oeconomicus wolle auf diese Weise die „allgemeinen ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen“ fördern, unter denen er lebt (krit. dazu T. Walter S. 544). Allerdings sei es Aufgabe der Zweckverfehlungslehre, „nur die wirtschaftlich relevanten Zwecksetzungen zu erfassen und ihnen schadensbegründende Wirkung beizumessen, während die übrigen als irrelevant ausgeschieden werden. In den letzteren Fällen weiß nämlich der Betroffene, dass er sich schädigt. Das Vermögensopfer als solches verletzt also sein Interesse nicht. Was in Wahrheit getroffen wird, ist ausschließlich das Interesse, um des Willen er bereit ist, den Vermögenswert preiszugeben.“ Ausgeschieden werden damit nach Lackner (aaO Rdn. 173) „wirtschaftlich irrelevante Affektionsinteressen des Betroffenen“ (zust. Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 552). Auch Lackner (aaO Rdn. 172) will die damit gegenüber dem weiterreichenden Wortlaut verbundene teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes auf den Gesichtspunkt stützen, dass § 263 die bewusste Verminderung des Vermögens „durch sinnvollen Einsatz von Wirtschaftsgütern“ nicht schütze. Letztlich gehe es um „nichts anderes als die Individualisierung des Schadens“ (aaO Rdn. 173; ähnlich Kindhäuser Rdn. 181 und Wessels/Hillenkamp aaO Rdn. 550, die aber Rdn. 551 „eine objektivierbare … wirtschaftliche Zwecksetzung“ verlangen, allerdings im Folgenden auch von dem „sozialen Leistungszweck“ sprechen). – Hervorhebung verdient, dass die heute h.M. die Anwendung der kombinierten Lehre von der bewussten Selbstschädigung und Zweckverfehlung auf einseitige und wirtschaftlich unausgeglichene Geschäfte beschränkt 283 (so dass der an eine Behörde zum üblichen Preis erfolgende Verkauf von Material angeblich aus wirtschaftlich schwachen Gebieten, welche die Behörde fördern will, ebenso wenig einen Fall des Betruges darstellt 284 wie der Vertrieb einer brauchbaren Zeitschrift aufgrund der Vorspiegelung des Provisionsvertreters, er sei ein mittelloser Student,285 oder die Provision komme einer karitativen Organisation zugute: Küpper/ Bode JuS 1992 644 mit Nachw. gegen OLG Düsseldorf NJW 1990 2397 f). Ein einseitiges Rechtsgeschäft ist insbesondere auch die Auslobung eines Preisgeldes bei sportlichen Wettkämpfen. Jedoch stellt nach h.M. die Auszahlung an einen gedopten Sportler keinen Betrugsschaden dar, da sie bis zur Disqualifikation (Hefendehl MK Rdn. 677; Satzger S/S/W Rdn. 173, je mit Nachw.) in § 661 Abs. 2 BGB ihren Rechtsgrund findet (Lackner/ Kühl Rdn. 56 m.w.N.). Zum Sportbetrug in zweiseitigen Rechtsverhältnissen Rdn. 135 f. Neben OLG Düsseldorf (aaO) lässt allerdings auch die neuere BGH-Rechtsprechung 183a zum Unternehmens(ver)kauf die Tendenz erkennen, den persönlichen Schadenseinschlag 283

284

Lackner LK10 Rdn. 177; Lackner/Kühl Rdn. 56; Rengier BT I § 13, 71; Samson/ Günther5 SK Rdn. 163, Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 105; Wessels/Hillenkamp BT 2 560; aA Gallas FS Eb. Schmidt S. 43; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 120; Otto BT § 51, 75; Schmidhäuser BT 11/29. RGSt 50 316, 317 f; 73 382, 383 f; Sch/

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Schröder/Cramer/Perron aaO; aA Maurach/ Schroeder/Maiwald aaO. Ebenso OLG Köln NJW 1979 1419 f mit Bespr. Sonnen JA 1982 593 und Steinke Kriminalistik 1979 569; Eisele BT II Rdn. 592; Hefendehl MK Rdn. 678; Lackner/ Kühl Rdn. 56; aA OLG Düsseldorf NJW 1990 2397 mit abl. Bespr. Küpper/Bode JuS 1992 642.

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über den Zweck und die Motive des Verkäufers oder Käufers in die Schadensbestimmung einzubringen. Besonders deutlich formuliert der Falk-Beschluss BGH wistra 2010 407(f), dass der englische Käufer wegen seines Zieles, „auf dem europäischen Festland Fuß zu fassen“, „deutlich erkennbar zum Ausdruck brachte“, dass er ein Unternehmen mit „steigender Umsatzentwicklung“ erwerben wollte; infolge seiner Täuschung über die „nach oben manipulierten Quartalszahlen“ erwarb er aber kein „Wachstumsunternehmen“, sondern ein für ihn „unbrauchbares aliud“. Damit wird, wie die substantivische Formulierung erhellt, die individuelle Zwecksetzung des Käufers noch über die früher sog. Zusicherung einer Eigenschaft (nach § 434 BGB n.F.: Vereinbarung der Beschaffenheit) hinaus geradezu zu einem Teil des Vertragsgegenstandes, also des Kaufobjekts. Eine Parallele hierzu und zu der verbreiteten Kritik des Schrifttums bietet die neue Rechtsprechung zum Betrug bei der Vermögensanlage (BGHSt 51 10, 15 f, 53 199, 205; vgl. Rdn. 178 m.w.N.). Bei erkannt riskanten Wertpapierkäufen wird der Spekulant dagegen nicht durch § 263 geschützt, wenn das Risiko (von asset backed securities) höher ist als erwartet (Ransiek WM 2010 874). Jenseits der eher zivilrechtstechnischen Argumentation über Vertragsgegenstand und vereinbarte Beschaffenheit (zugesicherte Eigenschaft; dazu näher Rdn. 204 ff) formuliert BGH wistra 2003 457, 459 – ebenfalls für einen Fall von Unternehmensverkauf –, die Verfehlung des sozialen Zwecks vermöge einen Schaden zu begründen, wenn „der Abschluss des Geschäfts entscheidend durch den sozialen Zweck (in casu: Erhaltung von Arbeitsplätzen) bestimmt war“; als nicht ausreichend wird angesehen, dass die Präambel des notariellen Kaufvertrages lediglich die Einschätzung des Käufers wiedergibt, „bei der gegenwärtigen unveränderten Wirtschaftslage“ könnten bei dem Unternehmen ca. x Arbeitsplätze sichergestellt werden. Der Tatrichter könne daher unbeanstandet annehmen, dass „der Vertragstext nicht zwingend den Schluss“ zulasse, es sei der Treuhandanstalt als Verkäuferin „gerade auf die Erhaltung der Arbeitsplätze um jeden Preis“ angekommen (BGH aaO S. 460). – Die jüngste BGH-Entscheidung schiebt allerdings eine Begründung aus dem anerkannten Instrumentarium der Betrugsdogmatik nach: Die positive Umsatzentwicklung sei ein „preisbildender Faktor“, über den getäuscht werden kann (Rdn. 11) und dessen Manipulation die „Preisbildung“ und damit den Wert des Kaufobjekts beeinflusst (Rdn. 15) (ebenso schon OLG München NJW 1978 435, 436 zum Kauf eines „Haustyps Bungalow“ mit der „wertbildenden Eigenschaft“, dass in unmittelbarer Nachbarschaft keine Hochbauten geplant sind; vgl. auch BGH NStZ 2001 41f: vertraglich vorausgesetzter Wohnzweck wird durch schlechte geographische Erreichbarkeit und fehlende Anbindung an eine noch zu errichtende „Altersresidenz“ nicht verfehlt). Klarstellend und weiterführend (insbesondere für die Behandlung des Submissionsbetruges, Rdn. 165) ist die Aussage des BGH, dass bei Vorhandensein eines einzigen Nachfragers die Vertragspartner „die Marktteilnehmer“ sind, welche die preisbildenden Faktoren „und die Bewertungsmaßstäbe“ bestimmen; insofern war in casu die „Umsatzentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung“ (BGH wistra 2010 407). Das ist zutreffend.

184

Im neueren Schrifttum bezweifeln vor allem Hefendehl MK Rdn. 671, Kindhäuser NK Rdn. 292 und Samson/Günther SK5 Rdn. 157 (im Anschluss an Tiedemann ZStW 86 [1974] 910 ff), dass sich soziale und politische Zwecksetzungen als wirtschaftliche verstehen lassen (ebenso Hilgendorf JuS 1994 468; Hoyer SK Rdn. 217; Schmoller JZ 1991 121 m.w.N.; T. Walter S. 544). Samson/Günther wollen aus §§ 264, 265b schließen, dass bei wirtschaftlich ausgeglichenen Geschäften die Zweckverfehlung nicht zur Schadensbegründung ausreicht (grundsätzliche Bedenken gegen diesen Schluss bei Vogel § 8 III 2c) und dass bei wirtschaftlich unausgeglichenen Geschäften lediglich die Verfehlung solcher Zwecke zu einem Schaden führt, die „nach dem Vertragszweck üblicherweise verfolgt

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werden“ (ebenso Eisele BT II Rdn. 592). Im Übrigen stimmen aber Samson/Günther trotz Bedenken der h.M. zu. Auch Pawlik (S. 273 f) meint, ein einseitiges Vermögensopfer sei abgesehen von Sponsoringmaßnahmen „immer unvernünftig“, so dass es nur um den nicht-ökonomischen Sinn der Leistung gehen könne; die Zweckverfehlungslehre stehe daher in klarem Gegensatz zu der auf den homo oeconomicus abstellenden objektiv-individuellen Schadensbewertung bei ausgeglichenen Austauschbeziehungen (im Anschluss an Graul FS Brandner S. 807 f; vgl. auch Graul GA 1991 285 ff). Entgegen Lackner (LK10 Rdn. 170) und Tiedemann (Wettbewerb S. 19 f) gebe es insoweit auch keine Objektivierbarkeit oder Verallgemeinerbarkeit (ebenso schon Schmoller JZ 1991 120 m.w.N.). Als zutreffend erachtet Pawlik allein den normativen Ansatz dieser Lehre (dazu sogleich Rdn. 185 f). – In einem differenzierenden Ansatz hebt T. Walter (S. 547 ff im Anschluss an Tiedemann ZStW 86 911 ff und LK § 264 Rdn. 13) auf die Zweckbindung öffentlichen Vermögens ab und will insoweit bei Subventionen – mit Tiedemann – auf die Zweckverfehlung bzw. Zweckerreichung abstellen. Auch Schmoller (aaO S. 124) differenziert zwischen Subventionen und im eigentlichen Sinne (privaten) unentgeltlichen Leistungen (Spende, Schenkung); während bei letzteren die Weggabe wirtschaftlich Schaden bedeute, erfülle der Subventionsgeber mit der Leistung einen Rechtsanspruch oder leiste doch auf eine „ganz konkrete Anwartschaft“. Andere Autoren knüpfen an außerstrafrechtliche oder sittliche Vorwertungen an, um erhebliche von unerheblichen Zwecksetzungen zu scheiden;286 unter diesem Blickwinkel halten Maurach/Schroeder/Maiwald (BT 1 § 41, 122) das täuschende Einwerben von Drittmittteln zur Förderung wissenschaftlicher Vorhaben als Wissenschaftsbetrug für strafbar (ebenso Jerouschek GA 1999 424 f bei Absicht der Mittelverwendung entgegen der Zweckbestimmung im Fördervertrag). Pawlik (S. 275 mit Nachw.) wendet insoweit zu Recht ein, dass eine moralische Beschränkung nicht zu legitimieren und die Kommerzialisierung von ideellen Interessen – etwa nach zivilrechtlichen Vorbild bei Gerhold S. 35 ff und Hack S. 51 ff – weithin fiktiv ist (ebenso Berger S. 145; Hefendehl MK Rdn. 672 m.w.N.). Neben Graul (FS Brandner S. 828 f) sieht schließlich auch Schünemann (LK § 266 Rdn. 175 und bereits FS Faller S. 357, 363 f) die Zweckverfehlungslehre nicht als Problem des Vermögensschadens, sondern – im Sinne der Lehre vom funktionalen Zusammenhang (oben Rdn. 182) – als Frage dahingehend an, ob die Täuschung betrugsrelevante Tatsachen betreffen müsse, die dem Verfügenden das Bewusstsein vom wirtschaftlichen oder sozialen Sinn der Leistung nehmen (zust. Vogel § 4 III 3b unter Hinweis auf den ähnlichen Ansatz bei Lackner LK10 Rdn. 172: „Täuschung von besonderer Qualität“; vgl. auch Schmoller aaO S.123, 125 ff: Beschränkung des Betrugstatbestandes auf „schadensbegründende Täuschungen“, bei denen keine Alleinverantwortung des Verfügenden für seine Verfügung bestehe). Vogel (§ 4 IIIa) betont demgegenüber, dass es sich in den einschlägigen Fällen einheitlich um den Einsatz von Vermögenswerten und „in diesem Sinne“ um Wirtschaftsvorgänge handele. Auch führe bei gemischten Geschäften die Zweckverfehlungslehre nicht zur Begründung, sondern zur Einschränkung der Strafbarkeit, weil die Zweckerreichung als Kompensation für den täuschungsbedingt entstandenen Nachteil zugelassen wird (so bereits Lackner LK10 Rdn. 167 unter Bezugnahme auf die Verkehrsanschauung). Zu weiteren Begründungsansätzen aus dem Gesichtspunkt der Kompensation (Amelung) sowie den Lehren von der objektiven Zurechnung (Merz und Rengier), der mittelbaren Täterschaft

286

So bereits Goldschmidt ZStW 48 (1928) 158 und später Cramer Vermögensbegriff S. 214 sowie JZ 1971 416; ferner H. Hartmann S. 180; Herzberg MDR 1972 93, 96 f;

ausführl. Hefendehl MK Rdn. 667 m.w.N.; aA Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 471; Mitsch BT 1 § 7, 38 f; Samson/Günther 5 Rdn. 163.

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und der erschlichenen Einwilligung (Cramer, Hartmann, Seier) oder personalen Vermögens- und Schadensauffassungen (Bockelmann; D. Geerds, Otto; Hoyer) eingehend Hefendehl MK Rdn. 654 ff mit Nachw. Während somit die strafrechtliche Behandlung der Erschleichung einseitiger Leistun185 gen aus privatem (Wirtschafts-)Vermögen zu einem Exerzierfeld unterschiedlichster Meinungen und einer nur im praktischen Ergebnis einigermaßen einigen, aber inkonsistenten Rechtsprechung geworden ist, steht der Schutz öffentlichen Vermögens durch den Betrugstatbestand auf sicheren Füßen (aA Hefendehl MK Rdn. 684, der Rdn. 685 für die Erschleichung ermessensgebundener öffentlicher Leistungen Straflosigkeit und Rdn. 680 bei anspruchsgebundenen Subventionen ein zweiseitiges Geschäft mit „vollwertigem wirtschaftlichem Äquivalent“ annimmt): Spätestens seit BGHSt 19 37, 45 (mit Nachw. – VW-Aktien) kehrt in ständiger Rechtsprechung und im überwiegenden Schrifttum die bereits bei RG JW 1936 262 Nr. 25 (Ostpreußenhilfe) zu findende Aussage wieder, dass außerhalb des § 264 als Sonderregelung (vgl. hier nur BGHSt 44 233, 243 – sozialer Wohnungsbau) die Erschleichung von Subventionen als haushaltsrechtlich gebundenen öffentlichen Mitteln zu einem Schaden des Subventionsgebers (Staat, Kommune usw.) führt, „weil die zweckgebundenen Mittel verringert worden sind, ohne dass hierdurch der erstrebte Zweck erreicht worden ist“ (BGHSt 19 45; 31 93, 95 mit Anm. Tiedemann JR 1983 212 – Investitionszulage; BGH NStZ 2006 624, 625 mit Bespr. Idler JuS 2007 904, 906 – Denkmalschutz). Diese Ausgangsformel von der „zweck- und sinnlosen Fehlleitung der verfügbaren Mittel“ ist nach Wessels/Hillenkamp (BT 2 Rdn. 550) allgemein anerkant und wird insbesondere von Duttge (in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 62), Maurach/Schroeder/Maiwald (BT 1 § 41, 121), Rengier (BT I § 13, 213) und Sch/Schröder/ Cramer/Perron (Rdn. 104) gebilligt (eingehend Berger S. 189 ff m.w.N.). Soweit der mit der Subventionierung erstrebte wirtschafts-, sozial- oder kulturpolitische Zweck klar erkennbar, insbesondere normativ festgeschrieben ist, kann seine Vereitelung in der Tat unmittelbar zur Schadensbegründung herangezogen werden (so vor allem BGHSt 2 325, 326 f – Deputatkohle; BGH NStZ 2006 624, 625 Rdn. 2 – Denkmalschutz; ferner RG DRiZ Rspr. 1934 Nr. 112 Sp. 108 f mit Anm. Pée JW 1934 367 – Kreisverkehr mit Kartoffelflocken; Cramer/Perron aaO; T. Walter S. 553). Allerdings können den Subventionen als typischen „Instrumenten des Kompromisses“ (Hansmeyer) häufig keine spezifischen Ziele jenseits der primär intendierten Einkommensmehrung beim Empfänger zugeordnet werden (vgl. bereits Tiedemann Subventionskriminalität S. 316 f mit Nachw.). Maßgebend sind dann als Konkretisierung der Subventionszwecke die rechtlichen Vergaberegelungen in Gestalt von Rechts- oder ermessensbindenden Verwaltungsnormen (BGH NJW 2003 2179 f: Richtlinien eines Landwirtschaftministeriums; KG JR 1962 26 f: Richtlinien für ERP-Sondervermögen); der Verstoß gegen sie begründet ebenfalls einen Betrugsschaden.286a Ihre tatsächlichen Voraussetzungen sind zugleich Gegenstand der Täuschungshandlung, so dass vorbehaltlich der Subventionsbewilligung als Vermögensverfügung (Rdn. 100) die Schadensfeststellung keine selbständige Bedeutung hat (und daher bei § 264 Abs. 1 folgerichtig von vornherein entfällt, vgl. bereits Rdn. 181). Soweit allerdings beim Schaden davon gesprochen wird, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die Subvention (und er habe über die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs getäuscht), betrifft diese Redeweise, die sich bereits bei BGHSt 2 327 und im

286a

Vgl. neben BGHSt 2 327 etwa BGHSt 18 317, 324 – VW-Aktien; 32 256, 259 – Investitionszulage; 49 275, 299 ff; BGHZ 106 204, 209; Berger S. 288; Fischer

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Rdn. 143; Eisele BT II Rdn. 593; Kindhäuser NK Rdn. 296; Lackner/Kühl Rdn. 56; Rengier BT I § 13, 213; Satzger S/S/W Rdn 171; T. Walter S. 553.

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Übrigen etwa bei Fischer Rdn. 143, Eisele BT II Rdn. 593 und Rengier aaO findet, von vornherein nur einen Teil der Fälle. Wenn sie außerdem dazu benutzt wird, als Begründung für den Schaden das Nichtfreiwerden von einer Verbindlichkeit zu postulieren (so neben Duttge aaO und Hefendehl MK Rdn. 685 auch Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 113 und Satzger S/S/W Rdn. 171), so wird übersehen, dass „Subventionen nicht gewährt werden, um Rechtsansprüche zu erfüllen, sondern um wirtschafts- und sozialpolitische Zwecke zu erreichen“ (Tiedemann Subventionskriminalität S. 312; zust. Berger S. 185; auch Idler aaO). Folgerichtig und zutreffend stellt dagegen die ganz h.M. bei Sozialleistungen auf das Vorliegen eines (Geld-)Anspruchs ab286b, da insoweit außer der Mehrung des Einkommens des Empfängers regelmäßig keine spezifischen Zwecke verfolgt werden und durchweg detaillierte Vergaberegelungen vorliegen, die rechtliche Ansprüche begründen, begrenzen und ausschließen (vgl. §§ 38, 40 SGB I für die in §§ 18 ff genannten Sozialleistungen, § 58 BundesausbildungsförderungsG für BAföG-Leistungen; dazu auch Rdn. 57). In diesem Sinne untersuchte auch BGH wistra 1998 27, 28 zum Asylbetrug zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für Leistungen an einen Asylbewerber (wobei heute nach § 23 Abs. 3 SGB XII die Leistungsbehörde [!] zu prüfen hat, ob der nicht als asylberechtigt anerkannte Ausländer eingereist ist, „um Sozialhilfe zu erlangen“; nach dieser sog. Missbrauchsklausel entfällt der Leistungsanspruch aus Absatz 1, wenn der genannte Zweck vorrangig oder doch von prägender Bedeutung ist: BVerwGE 90 212, 214 und Arzt aaO Rdn. 110). Die eigentliche dogmatische Begründung für die Behandlung der Subventions- wie 185a auch der Sozialleistungserschleichung als Betrug nach § 263 folgt aus der grundsätzlichen, ansatzweise von Schröder (JZ 1965 513, 515 und JR 1966 471, 472) entwickelten Einsicht, dass die Vermögensverschiebung und damit der Vermögensschaden rechtswidrig sein muss, wie sich spiegelbildlich aus dem subjektiven Tatbestandsmerkmal der Absicht rechtswidriger Bereicherung über den Gesichtspunkt der Stoffgleichheit ergibt: Die Verletzung fremden Vermögens muss – ebenso wie die Absicht der Bereicherung – ojektiv der rechtlichen Vermögens(zu)ordnung widersprechen (vgl. Tiedemann ZStW 86, 1974, 908; auch Rdn. 264). Dies entspricht übrigens der europarechtlichen Betrugsdefinition in Art. 1 PIF-Übereinkommen (Rdn. 95 Vor § 263) und auch (einem Teil der) skandinavischen Strafrechtsordnungen (Rdn. 82 f Vor § 263). Für den Subventionsbetrug bedeutet dies, dass ein (rechtswidriger) Vermögensschaden durch Ausreichung der geldwerten Subventionen anzunehmen ist, wenn die normativen Voraussetzungen ihrer Vergabe nicht vorhanden sind. Das Merkmal der Rechtswidrigkeit ist im Übrigen auch geeignet, die privatrechtlichen Fälle des Bettelbetruges angemessen zu lösen, da der rechtfertigende Grund der Schenkung nach allgemeinen Gesichtspunkten (vgl. Rdn. 166) nicht in Betracht kommt, wenn er gerade durch Täuschung herbeigeführt worden ist. In dem viel diskutierten Fall der Spende schließlich, zu deren Höhe der Spender durch Täuschung über das Spendenverhalten seiner Nachbarn motiviert worden ist (BayObLG NJW 1952 798), führt unser Kriterium zwar entgegen der ganz h.M. des Schrifttums287 mit dem BayObLG zunächst scheinbar zur Strafbarkeit wegen Betruges; diese kann jedoch unter dem bereits mehrfach erwähnten Gesichtspunkt der Zweckerreichung entfallen (dazu

286b

Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 110; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 62; Fischer Rdn. 141; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 104a; OLG Hamm NJW 2005 2869 – BAföG; OLG Düsseldorf StV 2001 354 – Sozialhilfe.

287

Pawlik S. 275 f mit zahlreichen Nachw. (der schon eine relevante Täuschung verneint); ebenso insbes. Graul FS Brandner S. 803 ff; Schmoller JZ 1991 118, 128; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 102; Welzel S. 375; aA Gössel 2 § 21, 173.

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näher D. Geerds S. 173 mit Nachw.; Tiedemann LK § 264 Rdn. 31). Dieser ist als Konkretisierung der Lehre vom individuellen Schadenseinschlag verstehbar (Berger S. 123; D. Geerds aaO, je m.w.N.) und steht für die personalen Vermögenslehren (Rdn. 30 Vor § 263) sogar im Zentrum der Schadensbestimmung (Küper BT S. 334). Er ist aber nicht auf diese Lehren beschränkt (vgl. nur Gerhold S. 24), sondern fügt sich z.B. auch in das Verständnis der Schädigung als Funktionsbeeinträchtigung ein (Weidemann S. 199 ff mit Nachw.). Dieses Verständnis ist zwar Rdn. 32 f Vor § 263 aus grundsätzlichen Erwägungen zugunsten einer primär wirtschaftlichen Betrachtung verworfen worden. Jedoch ist die Zweck- und Verwendungsbindung öffentlichem Vermögen (Rdn. 184), aber auch bestimmten privatrechtlichen Vermögensmassen eigen (Berger S. 238 ff) und gewinnt bei Subventionen, aber auch bei anderen einseitigen Geschäften des öffentlichen Rechts als Ersatz des Austauschmechanismus konstitutive Bedeutung, und zwar nicht im Wege einer (nicht möglichen) Umrechnung sozialer und ideeller Zwecke in ökonomische Werte, sondern weil der bei gegenseitigen Geschäften durch die Gegenleistung erfolgende Ausgleich (italien. „saldo“) bei rechtlicher Bindung der einseitigen wirtschaftlichen Leistung durch die Respektierung dieser Bindung wahrgenommen wird. Dies ist auch der Sinn der zivilistischen Frage, ob bei der Subventionierung die Vermögensverschiebung „mit Rechtsgrund“ (Kindhäuser NK Rdn. 296) erfolgt oder „Zahlung einer Nichtschuld“ (RGSt 70 33) ist. Neben öffentlich-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen kommt als Rechtsgrund auch eine Parteivereinbarung in Betracht (Kindhäuser aaO; auch Hoyer SK Rdn. 223 und 225), freilich nur in einem realen Sinn bei Vertragssubventionen wie Bürgschaften, (Export-) Garantien, Gewährleistungen und zinsverbilligten oder zinslosen Krediten (BGH NStZ 2006 624 – Denkmalschutz) oder Stundungen (RG HRR 1938 Nr. 864 – Schweinefutter), nicht dagegen als fiktive „intersubjektive Vereinbarung“ zwischen Täter und Opfer (so aber der Schadensbegriff bei Hoyer aaO). Auch BGH aaO spricht nur in Bezug auf einen „Fördervertrag“ von einer „Gegenseitigkeitsbeziehung“, die BGH NStZ 1990 35, 36 (Rindfleischexport) für verlorene Zuschüsse zutreffend verneint (weitergehend – aber ohne Berücksichtigung der Diskussion im öffentlichen Recht – Rübenstahl/Wasserburg NStZ 2004 526 m.w.N.). Ihren eigentlichen Anwendungsbereich findet die Lehre von der Zweckerreichung damit beim Bettel- und Spendenbetrug, da und soweit der Subventionsbereich normativ geregelt ist und daher überhaupt nur ausnahmsweise die Berücksichtigung der Zweckerreichung zulässt (Tiedemann ZStW aaO S. 913). Eine solche Ausnahme liegt bei unrichtigen Angaben zum Zweck der Subventionsbewilligung vor, wenn nicht gegen die materiellen Vergabenormen, sondern gegen verwaltungstechnische Nachweisvorschriften verstoßen wird (BGH NStZ 2006 625 Rdn. 6).287a Der Vermögensschaden wird somit insgesamt zusätzlich zu der Feststellung des (einseitigen) wirtschaftlichen Wertverlustes normativ dahingehend bewertet, ob der Verlust durch eine Rechtsgrundlage (Rechtsnorm oder Vertrag) gerechtfertigt wird. Hierin liegt kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal, sondern eine „Normativierung“ der Schadensbestimmung (zust. Satzger ZStW 109, 1997, 374 ff; vgl. auch BayObLG NJW 1994 208: „Schaden im Rechtssinn“, und Arzt JR 1997 469, 470, nach dem „das Tatbestandsmerkmal ,Schaden‘ vom Attribut „rechtswidrig“ eigentlich nicht zu trennen“ ist).

186

i) Normative Korrekturen bei der Schadensermittlung sind im Vorstehenden bereits mehrfach vorgenommen worden (Rdn. 162, 174, 185). Sie entsprechen der Auffassung

287a

Ebenso Berger S. 266 f; Idler JuS 2007 906; Satzger S/S/W Rdn. 172; auch Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 104a a.E. für

242

Sozialleistungen; zur Abgrenzung BGH NStZ 2003 541, 542 Rdn. 2 f mit Anm. Wagner – Holzbackofen.

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der h.M. vor allem auch dort, wo es um die Bewertung der Erfüllung von und Befreiung von Verbindlichkeiten geht, z.B. bei dem Rückkauf der gestohlenen Sache durch den Eigentümer vom Dieb oder Hehler (BGHSt 26 346; 347 f zu § 253; krit. Dehne-Niemann ZStW 123 [2011] 485 ff m.w.N.). Bei konsequent wirtschaftlicher Betrachtung ist nicht nur das „Haben“ eines Wertes vorteilhafter als der bloße Anspruch auf Einräumung des Wertes (Rdn. 166), sondern auch umgekehrt ist die bloße, möglicherweise vom Gläubiger schwer zu beweisende Verpflichtung zu einer Leistung wirtschaftlich weniger belastend als die reale Aussonderung des Leistungsgegenstandes aus dem Vermögen (Lackner LK10 Rdn. 155 mit Nachw.). Da das Recht aber zur Erfüllung der Verbindlichkeit verpflichtet, wäre es ein normativer Wertungswiderspruch, diese Erfüllung als Verursachung eines Schadens anzusehen (BGHSt 20 136, 137 f).288 Die Lösung ist daher eine Konsequenz der (insoweit auch von der Rechtsprechung vertretenen) ökonomisch-juristischen Vermittlungslehren (Küper BT S. 391 mit Nachw., der von einem „Schadenswegfall aus Rechtsgründen“ spricht). Für die hier vertretene Auffassung (Rdn. 185) folgt dies zwanglos aus dem Erfordernis der Rechtswidrigkeit des Vermögensschadens. Vgl. im Einzelnen zur (in der Begründung schwankenden) Rechtsprechung, insbesondere beim sog. Selbsthilfebetrug, unten Rdn. 194. – Auch im Übrigen geht die neuere (BGH-)Rechtsprechung nicht selten normativ-funktional vor. So lehnen BGH NJW 1992 2167 ff, StV 1995 255 u. NStZ 1998 85 f einen „Vermögensschaden im Sinne des § 263“ ab, weil es an der Stoffgleichheit des Vermögensschadens mit dem erstrebten Vermögensvorteil fehle (ebenso bereits BGH StV 1988 386 f; vgl. auch Rdn. 194, 195, 257 m.w.N.). Diese teleologische Restriktion des Schadensbegriffs durch Berücksichtigung des subjektiven Tatbestandes stützt die hier Rdn.185 allgemein vertretene normative Auffassung und gehört zur Neuformulierung der Prinzipien der Schadensberechnung. Insgesamt kann auch der ökonomisch-juristische Vermögensbegriff als Fall der Normativierung des Schadens bezeichnet werden (Joecks Rdn. 83). 4. Schadensmöglichkeiten im Einzelnen. Die vorstehend dargestellten Prinzipien und 187 Kriterien sind durchgehend auf alle Fälle des Betruges anzuwenden. Im folgenden wird dies anhand spezieller Fallgestaltungen dargelegt. Im Vordergrund stehen dabei die zahlenmäßig überwiegenden Schadenskonstellationen und Bewertungsprobleme bei Vermögensbestandteilen, die aus dem Vermögen des Opfers ausscheiden (a), und bei Verbindlichkeiten, die das Vermögen des Opfers belasten (b). Anschließend werden die Probleme der Bewertung des Äquivalents behandelt, das dem Betroffenen aus der Vermögensverfügung zugeflossen ist (c). Schließlich werden die Fälle der „schadensgleichen“ Vermögensgefährdung behandelt, in denen es an einer gegenständlichen Bestandsveränderung im Vermögen des Opfers fehlt (d). a) Häufig ergibt sich ein Vermögensschaden daraus, dass die Vermögensverfügung 188 dem Vermögen einen Bestandteil entzieht und so seinen Wert mindert. Dabei bleiben zunächst die (häufigen) Fälle außer Betracht, in denen der Betroffene einen Gegenwert erhält: Die Entziehung eines Vermögensbestandteils durch die Verfügung umfasst neben der Weggabe verkörperter Vermögenswerte (z.B. Darlehensgewährung oder Spende in bar)

288

Ebenso BGH wistra 2004 25 (zu § 266); Graul JR 1999 338, 339; Hoyer SK Rdn. 208; Joecks Rdn. 76; Kindhäuser NK Rdn. 249; Küper BT S. 391; Lackner/Kühl

Rdn. 47; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 134; Satzger S/S/W Rdn. 149; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 117; aA Mitsch BT 1 § 7, 100.

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auch die Vermögensminderung durch nichtgegenständliche Akte wie: Vernichtung eines Anwartschaftsrechts oder einer Exspektanz (Rdn. 134 ff), insbesondere wenn das Vermögensgut, das Gegenstand der Anwartschaft ist, einem anderen zugeordnet und dadurch die Erwerbsaussicht vernichtet wird;289 Erlangung der Teilhabe an einem Geheimnis, indem die Offenbarung eines Geschäftsgeheimnisses oder von know how usw. erschlichen wird (Rdn. 142 ff); Vereitelung eines subjektiven Rechts (Rdn. 154 ff), wenn der Rechtsinhaber infolge der Täuschung auf das Recht verzichtet, es überträgt (usw.) oder der ihm zugrundeliegende Gegenstand unter Anmaßung der dem Rechtsinhaber zustehenden Befugnisse entzogen und das Recht somit faktisch preisgegeben wird.290 Bei derartiger Entziehung von Vermögensbestandteilen bestimmt sich der Wert des Verlustes grundsätzlich nach dem objektiven wirtschaftlichen Marktwert, nach hier vertretener Auffassung (Rdn. 177) aber auch (zusätzlich) nach dem persönlichen Schadenseinschlag, der zu einem höheren als dem Marktwert führen oder auch überhaupt erst einen wirtschaftlichen Wert begründen kann; dies hat insbesondere für den Kündigungsbetrug Bedeutung (Lackner/Kühl Rdn. 51; Seier S. 310 ff). – Unter dem hier vertretenen Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Schadens (Rdn. 185) zu erfassen sind die Fälle der Leistungserbringung gegenüber Unbefugten, die auf die Leistung keinen Anspruch haben (so dass auch eine bestehende Leistungsverpflichtung nicht zum Erlöschen gebracht wird): Erschleichen staatlicher Leistungen, z.B. von Wirtschafts- oder Sozialsubventionen ohne Berechtigung (BGHSt 2 325, 327 – Deputatkohle; Tiedemann ZStW 86, 1974, 906); Erschleichen der Erstattungsleistung für (einzeln abzurechnende) Umzugskosten eines Beamten (RGSt 60 294, 295) oder eines Krankenversicherers, obwohl der Patient das Medikament kostenlos als sog. Ärztemuster erhalten hat (BayObLG NJW 1977 1501); Einziehung einer Kundenforderung durch einen hierzu nicht ermächtigten Unternehmensangehörigen (BGH NJW 1968 1147f) oder durch den Scheinzessionar (BGH[Z] NJW-RR 1998 916, 917 mit Anm. Martinek EWiR 1998 547 f). Einen breiten Raum nehmen in diesem Zusammenhang neuerdings (vertrags)ärztliche Abrechnungen von nicht (persönlich oder in dem behaupteten Umfang) erbrachten Leistungen ein (BGH wistra 1992 95 ff, 1995 29 f; Frister/Lindemann/Peters 2. Kap. Rdn. 64 ff m.w.N.); eine Kompensation durch das Erfordernis ärztlicher Behandlung oder die Angemessenheit der Einschaltung von Hilfspersonal kommt insoweit nicht in Betracht (BGH NStZ 1995 85, 86 mit Anm. Hellmann S. 232 und NStZ 2003 313, 315 Rdn. 11 mit Anm. Beckenkemper/Wegner und Bespr. Idler JuS 2004 1037ff). Auch insoweit geht es um einen normativierten, nämlich am Sozialund Vertragsrecht ausgerichteten Schadensbegriff (Kindhäuser NK Rdn. 315a; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 143), der aber im Verhältnis des Arztes zum Privatpatienten nicht gilt (Tiedemann aaO Rdn. 144c; aA BGH JZ 2012 518 ff mit Anm. Tiedemann). Die Strafbarkeit wegen ärztlichen Abrechnungsbetruges ist evident bei „Luftleistungen“, wenn also abgerechnete vertragsärztliche Leistungen überhaupt nicht erbracht worden sind (vgl. nur Satzger S/S/W Rdn. 196). Dasselbe gilt bei Abrechnung zu höheren Gebührensätzen (BGH wistra 2003 231 f). Strafbar ist auch die bewusst falsche Zuordnung fachgerechter und medizinisch indizierter Leistungen zu einzelnen Abrechnungsposten. Sind die Leistungen vom Vertragsarzt nicht als eigene Leistungen, sondern durch sein Personal erbracht worden, so haben sie schon wirtschaftlich nicht den gleichen Wert (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 112 mit Nachw.). Eine eigene Leistung des Vertragsarztes liegt aber auch dann nicht vor, wenn er eine ihm verdeckt abgetretene (und mangels Wirksamkeit der Abtretung ihm nicht zustehende) Forderung eines Spezial-

289

Lackner LK10 Rdn. 180; Hefendehl S. 213; Mohrbotter GA 1971 323.

244

290

Gallas FS Eb. Schmidt S. 420; Lackner aaO.

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labors geltend macht, dem er eine Probe zur Untersuchung eingesandt hat (dazu bereits Rdn. 167 und Tiedemann aaO Rdn. 144e, auch für Privatpatienten: BGH JZ 2012 518 ff). Selbst bei medizinisch indizierter fachgerechter Leistungserbringung durch nicht von den Kassen zugelassene Ärzte („Scheinpartner“) führt die Abrechnung des zugelassenen Arztes als eigene Leistung nach OLG Koblenz MedR 2001 144, 145; (aA LG Lübeck GesR 2006 176 f) zu einem Vermögensschaden der Sozialversicherung, da das kassenärztliche Versorgungssystem nicht marktwirtschaftlich organisiert ist (Rdn. 158a; Kindhäuser NK Rdn. 315a; Satzger aaO Rdn. 198) und die Vergütungen vertragsgebunden sind (vgl. bereits Rdn. 158a und 188). Die Kritik des Schrifttums richtet sich vor allem gegen die Nullbewertung indizierter und fachgerechter Leistungen von nicht zugelassenen Ärzten, da die Sozialversicherung auch durch solche Leistungen von ihrer Leistungspflicht frei werde (vgl. zusätzlich zu den bereits Genannten vor allem Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 62; Satzger aaO; Walter FS Herzberg S. 771 f). Jedoch verneint BGH NJW 2003 1198 (ff) für den Fall eines Strohmanns in einer Zahnarztpraxis ebenfalls die strafrechtliche Berücksichtigung einer Kompensation, wie sie ein großer Teil des Schrifttums wegen der Beschränkung des § 263 auf Vermögensschutz fordert. Die Zulassung einer solchen Kompensation müsste erhebliche Konsequenzen auch für sonstige Beschaffungssysteme mit staatlicher Preisregelung haben (dazu Tiedemann aaO Rdn. 142) und ist daher mit der Rechtsprechung abzulehnen. BGH aaO lässt lediglich offen, ob die strenge sozialversicherungsrechtliche Betrachtungsweise auch für Fälle erschlichener Kassenzulassung gelten soll und meldet insoweit zutreffende Zweifel an, da die Zulassung zunächst verwaltungsrechtliche Bestandskraft und strafrechtliche Tatbestandswirkung entfaltet, also rechtlich bewirkt, dass auch der wegen Scheinselbständigkeit zu Unrecht Zugelassene „zum Kreis der Anspruchsberechtigten“ (BGH aaO) gehört. Dem Entzug eines Vermögensbestandteils durch den Täter gleich steht die Inan- 189 spruchnahme einer Leistung, für die üblicherweise ein Entgelt zu entrichten ist. Neben der individuellen Entziehung (Erschleichung) von Arbeitskraft durch kostenlose Inanspruchnahme von Dienstleistungen (Rdn. 138 f, „Arbeitsbetrug“) und individuelle Erschleichung gewerbsmäßiger Transportleistungen (BGH NStZ 2007 95, 96 – Taxifahrt durch einen Zahlungsunfähigen) zählt hierzu auch die Erschleichung von Massenleistungen wie der Beförderung durch Verkehrsunternehmen und des Zutritts zu kulturellen, sportlichen usw. Veranstaltungen. Zwar tritt in diesen Fällen insbesondere beim „Beförderungsbetrug“, aber auch beim sonstigen „Leistungsbetrug“ ein messbarer Aufwandschaden des Leistenden und ein Gewinnentgang nur dann ein, wenn ein zahlungsfähiger und -williger Benutzer abgewiesen werden muss (Tiedemann LK § 265a Rdn. 14 mit Nachw.). Jedoch nimmt die im Strafrecht h.M. mit RGSt 42 40, 41 unter normativen Gesichtspunkten einen Vermögensschaden des Leistenden auch im Übrigen an, da jedenfalls bei offener Inanspruchnahme einer Leistung, die verkehrstypisch nur gegen Entgelt gewährt wird, ein konkludenter Vertragsschluss vorliegt und der Schaden aus der Zahlungsunwilligkeit des Leistungserschleichers zu begründen ist (Tiedemann aaO Rdn. 15 mit Nachw.; aA Hoyer SK Rdn. 255 f, der im Ergebnis aber auch Strafbarkeit annimmt). Bei heimlicher Inanspruchnahme oder Minderjährigkeit des Erschleichers ergibt sich aus dem zivilen Bereicherungsrecht nicht nur die Bereicherung des Täters, sondern als ihre notwendige Entsprechung auch eine Entreicherung des Leistenden durch Eingriff in seine vermögenswerte Rechtsposition (Tiedemann aaO unter Hinweis auf Lackner LK10 Rdn. 181: „Substrat eines zuvor investierten Vermögensaufwands“; Hefendehl MK Rdn. 403: vermögenswerte Exspektanz auf das Entgelt). Daher kommt es weder darauf an, ob andere Interessenten das Entgelt erbracht hätten (Lackner aaO: halbleerer Zug), noch darauf, ob der Schwarzfahrer im Besitz eines gültigen, aber vertragswidrig nicht

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entwerteten Fahrausweises ist.291 Regelmäßig ist auch unerheblich, ob ein Erstattungsanspruch aus einer unbenutzten, durch Zeitablauf verfallenen Fahrkarte besteht (RG DR 1941 2663; Lackner aaO). Zur Vollendung in diesen Fällen Rdn. 272 ff. Bei der durch Täuschung erfolgten Entziehung des Besitzes an einer Sache („Besitz190 betrug“, Rdn. 140) ist für die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes einmal danach zu differenzieren, ob nur die faktische Besitzposition oder aber der wirtschaftlich wertvollere rechtlich gesicherte Besitz in Frage steht (Lackner LK10 Rdn. 183; Werle NJW 1985 2915 ff). Zum anderen ist zu ermitteln, ob lediglich der Besitz (z.B. bei der Leihe einer Sache) oder faktisch auch das (wertvollere) Eigentum betroffen ist (vgl. bereits Rdn. 108; für den letzteren Fall ist die Bezeichnung als Besitzbetrug nicht glücklich, Cramer Vermögensbegriff S. 230). Wird z.B. unter Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Besitz an einer Sache durch Abzahlungskauf ertrogen, so wird mit dem Besitz regelmäßig faktisch auch das Eigentum vereitelt, wenn der Täter in Zueignungsabsicht handelt, z.B. um den Gegenstand endgültig zu behalten (zust. Norouzi JuS 2005 788); in diesem Fall liegt (nur) ein Betrug vor (BGHSt 18 221, 224; Fischer Rdn. 116), da die Vereitelung des umfassenden Herrschaftsrechts den Kern des Schadens ausmacht (Lackner aaO Rdn. 182 m.w.N.; oben Rdn. 108). Kommt es dem Täter dagegen (zunächst) nur auf den Besitz an (z.B. bei der Leihe oder Miete einer Sache), so greift bei nachfolgender Zueignung (Zueignungsabsicht) neben dem zuvor verwirklichten § 263 (Besitzbetrug!) der Unterschlagungstatbestand ein (BGHSt 16 280 ff). Auch wenn der Täter den Besitz an einer Sache als Faustpfand erschleicht und dieses erforderlichenfalls verwerten will, liegt mit der Verbesserung der Gläubigerposition (durch Erlangung einer Sicherheit) zunächst ein Besitzbetrug vor (Bernsmann NJW 1982 2214, 2217 gegen BGH NJW 1982 2265 f zu § 255). Der Besitz an einer Sache (z.B. Kfz-Brief) kann auch als Sicherheit dafür dienen, dass der Schuldner (z.B. Kfz-Käufer) die Kaufpreisforderung an den Gläubiger (im Beispiel: Kfz-Lieferant) erfüllt; der Vermögenswert entspricht dann dem Wert der Forderung (nicht ohne weiteres dem Weiterveräußerungswert des Kfz, BGH NStZ-RR 2007 201; oben Rdn. 140) Zusätzlich kann zwischen Fällen, in denen der Besitz nur vorübergehend entzogen 191 werden soll, und solchen Fällen differenziert werden, in denen der Besitz endgültig entzogen wird. Bei Besitzentzug nur zu vorübergehendem Zweck liegt ein Vermögensschaden jedenfalls dann vor, wenn die Sache einen wirtschaftlichen Wert hat und entweder abgenutzt oder (teilweise) verbraucht werden soll 292 oder wenn die Besitzüberlassung üblicherweise an ein Entgelt geknüpft ist (z.B. Vermietung eines Hotelzimmers oder eines Buches aus der Leihbücherei; Benutzung eines Taxis) und dieses nicht erbracht wird.293 Wird dagegen durch die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung zu vorübergehendem Zweck der wirtschaftliche Wert der Sache nicht in fassbarer Weise gemindert und werden dem Betroffenen auch keine Gebrauchsvorteile entzogen, so fehlt ein (messbarer) Vermögensschaden (OLG Celle StV 1996 154 f: Überlassung von Teppichen zur Auswahl; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 158: Erschleichen eines nicht mehr neuwertigen Buches zum Lesen; zu neuwertigen Gegenständen BGH bei Lackner LK10 Rdn. 185). Die oben

291

292

RGSt 25 412, 414; 77 32, 34; Fischer Rdn. 116; Kindhäuser Rdn. 189; Lackner/ Kühl Rdn. 39a; Rengier BT I § 13, 211; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 139. OLG Karlsruhe Justiz 1987 430, 432; Eisele BT II Rdn. 559; Fischer Rdn. 116; Hefendehl MK Rdn. 399; Rengier BT I

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293

§ 13, 216; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 158. BGHSt 14 386, 389 und NJW 1982 2265, 2266 sowie wistra 1982 148; Cramer Vermögensbegriff S. 233; Rengier aaO; Sch/ Schröder/Cramer/Perron aaO; krit. Samson/Günther SK5 Rdn. 177.

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Rdn. 181 ff dargestellten Regeln über einseitige und gemischte Geschäfte kommen zur Anwendung, wenn eine üblicherweise nur gegen Entgelt gewährte Besitzüberlassung (z.B. Besitz an einem Taxi) zur Erreichung eines bestimmten Zweckes (z.B. für einen angeblichen Rettungseinsatz) gratis erfolgt. Bei endgültigem Besitzentzug besteht der Schaden in dem Verlust von Nutzungsmög- 192 lichkeiten, sofern die Sache vor der Weggabe tatsächlich verwendet oder „als Vermögenspotential für eine mögliche künftige Verwendung gehalten wurde“ (Lackner LK10 Rdn. 184). Die Tat kann auch vom Eigentümer gegenüber dem Entleiher oder Werkunternehmer (der z.B. die ihm übergebene Uhr repariert hat) begangen werden,294 es sei denn die Leihe ist jederzeit widerruflich oder das Werkunternehmerpfandrecht wegen abweichender Vereinbarung oder Schwarzarbeit (§ 134 BGB) nicht zustande gekommen. Dasselbe gilt im Verhältnis zum Mieter, z.B. durch Veranlassung von dessen Auszug aus der Wohnung nach Kündigung unter Vorspiegelung des Eigenbedarfs des Eigentümers (OLG Zweibrücken NJW 1983 694; AG Kenzingen NStZ 1992 440, 441). Fehlt eine wirtschaftliche Zwecksetzung durch den Betroffenen (z.B. Verwahrer oder 193 Werkunternehmer, dessen Ansprüche befriedigt sind), so ist der Besitz für ihn wertlos; anders liegt es nur, wenn wegen des Verlustes der Sache Ersatzansprüche drohen (Lackner LK10 Rdn. 184 a.E.). b) Bei Begründung einer Verbindlichkeit zu Lasten des Vermögens liegt ein Schaden 194 nach hier vertretener Auffassung erst dann vor, wenn „Lossagungsmöglichkeiten“ des Vermögensinhabers unsicher oder ihm unbekannt sind; die Rechtsprechung geht teils weiter (eingehend Rdn. 173 ff). – Für die Bewertung der Belastung mit einer Verbindlichkeit ist – abgesehen von den Kompensationsfragen beim sog. Eingehungsbetrug (hierzu aaO und noch unten Rdn. 201 f) – im Grundsatz vom Nennwert auszugehen. Dieser auch zivil- und bilanzrechtlich anerkannte Ausgangspunkt steht allerdings in Widerspruch zu einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wonach das „Haben“ eines Leistungsgegenstandes regelmäßig wirtschaftlich vorteilhafter ist als der bloße Anspruch auf die Leistung (minus est actionem habere quam rem, Rdn. 166).295 Hiernach käme ein Schaden in Betracht, wenn der Gläubiger den (zumindest: erfüllungsunwilligen) Schuldner durch Täuschung zur Erfüllung bewegt. Bei betrügerisch erwirkter Erfüllung einer vollkommenen Verbindlichkeit entfällt aber jedenfalls die Rechtswidrigkeit des vom Täuschenden erstrebten Vermögensvorteils, da ein Rechtsanspruch auf ihn besteht (unten Rdn. 265). Die Rechtsprechung hat hier nach anfänglichem Schwanken auch bereits den objektiven Schaden verneint, wenn die Erfüllung einer (vollkommenen) Verbindlichkeit erschlichen wird (BGHSt 20 136, 138; Lackner LK10 Rdn. 155 m.w.N.). Dies ist als normative Korrektur der rein wirtschaftlichen Schadensermittlung zu bezeichnen (Sch/ Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 117 m.w.N.: Schaden im „Rechtssinne“) und zutreffend (Rdn. 186). Für die hier vertretene Auffassung ergibt sich die Richtigkeit dieser Überlegung schon daraus, dass der Vermögensschaden rechtswidrig sein muss (Rdn. 185). Der sog. Selbsthilfebetrug, bei dem der Täter mit manipulierten Beweismitteln die Erfüllung eines existenten Anspruchs oder die Abweisung eines nicht existenten Anspruchs erreicht, ist daher straflos (näher Rdn. 231). Dies gilt im Ausgangspunkt auch dann, wenn die durch Täuschung erreichte Eingehung der Verbindlichkeit nur eine bereits 294

295

Cramer Vermögensbegriff S. 231; Lackner LK10 Rdn. 184; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 157; aA Gallas FS Eb. Schmidt S. 424. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 116;

übereinstimmend Arzt/Weber BT 1 LH 3 Rdn. 462 Fn. 58; auch Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 583.

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bestehende Schuld bekräftigt (z.B. durch Erteilung eines Wechselakzepts oder eines abstrakten Schuldanerkenntnisses); da der Schuldner nur einmal leisten muss, ist er nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung nicht geschädigt.296 Anders liegt es allerdings, wenn die neue (abstrakte) Verbindlichkeit mögliche Einwendungen des Schuldners aus dem Grundgeschäft abschneidet, sei es auch erst mit Begebung des (Wert-) Papiers als Folge einschlägiger Gutglaubensvorschriften (die auch Mängel des wertpapierrechtlichen Verpflichtungsaktes heilen können); der Schaden ergibt sich dann nach den Regeln der konkreten Vermögensgefährdung (Cramer Vermögensbegriff S.149; Lackner LK10 Rdn. 186 a.E.). Nach rein wirtschaftlicher Auffassung wird weiter bei einem nicht durchsetzbaren 195 und daher wertlosen Herausgabeanspruch gegen einen Dieb ein Vermögensschaden des Eigentümers verneint, wenn dieser (unter dem Einfluss einer Täuschung, z.B. über die Person des Verkäufers) das gestohlene Gut vom Dieb zu einem Preis zurückkauft, der dem Verkehrswert entspricht oder niedriger ist (OLG Hamburg JR 1974 473 mit abl. Anm. Jakobs und abl. Anm. Mohrbotter JZ 1975 102). Die überwiegende Ansicht bejaht dagegen zu Recht wiederum unter normativem Blickwinkel das Vorliegen eines Schadens, da die Gegenansicht auf eine „rechtliche Anerkennung der Früchte des Diebstahls“ hinausläuft (Lackner LK10 Rdn. 155 mit Nachw.; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 117 m.w.N.; ebenso für die Erpressung BGHSt 26 346 ff mit Anm. Gössel JR 1977 32). Zutreffend weist Küper (BT S. 383) darauf hin, dass damit die „juristisch-ökonomische“ Vermögenslehre nicht – wie sonst – der Einschränkung, sondern der Erweiterung des Vermögensschutzes dient. Bei unvollkommenen Verbindlichkeiten, insbesondere Naturalobligationen, soll es 196 demgegenüber der freien Entschließung des Schuldners überlassen bleiben, ob er die Verbindlichkeit erfüllen will (Rdn. 150). „In dieser Freiheit genießt er den Schutz der Rechtsordnung“ (Lackner LK10 Rdn. 155). Daher ist bei der Schadensermittlung der wirtschaftlich geringere Wert des Anspruchs aus einer unvollkommenen Verbindlichkeit des nicht erfüllungsbereiten Schuldners zugrunde zu legen (Lackner aaO mit Nachw.). Die Erschleichung der Erfüllung einer Naturalobligation des nicht erfüllungsbereiten Schuldners (Rdn. 150) stellt daher regelmäßig einen Betrug dar. Dasselbe gilt für den Fall, dass die erbrachte Leistung dem Täter aus anderem Rechtsgrund zustand und die entsprechende Verbindlichkeit durch Erbringung der Leistung nicht erloschen ist, also die weitere Inanspruchnahme des Betroffenen möglich bleibt (RGSt 60 294 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 117 a.E.); ist eine solche erneute Inanspruchnahme aber ausgeschlossen, so liegt kein (rechtswidriger) Vermögensschaden vor (Lackner aaO a.E.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 144e).

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c) Bewertung der Gegenleistung. Erhält der Vermögensinhaber für seine Vermögensverfügung (Rdn. 97) eine Gegenleistung, so liegt ein Vermögensschaden dann vor, wenn der wirtschaftliche Wert der von ihm erbrachten Leistung oder die belastende Wirkung der von ihm eingegangenen Verbindlichkeit durch den erlangten Gegenwert nicht ausgeglichen, also keine vollwertige Kompensation erreicht wird (Rdn. 159; zu Ausnahmen bei sog. gemischten Verträgen Rdn. 181 und 183). Welche rechtlichen Ausgleichsmöglichkeiten nicht zu berücksichtigen sind (Rückgewähransprüche, Schadensersatzansprüche usw.), wurde bereits Rdn. 158 und 166 dargelegt. Wann die Gegenleistung vollwertig ist, bestimmt sich nach Vertrag und Verkehrsauffassung. Bei sportlichen Wettkämpfen soll es 296

BayObLGSt 1955 3, 5 gegen RGSt 66 409, 411; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 117.

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nach Ansicht des Schrifttums ausreichen, dass „das Schauspiel des Wettkampfes“ geboten wird; daher sei unschädlich, dass ein einziger Teilnehmer gedopt oder bestochen ist (Kerner/Trüg JuS 2004 145; Heger JA 2003 82; Roxin FS Samson S. 447). Dies wird man weder generell sagen noch auf Fälle mit nur zwei Wettkämpfern (z.B. beim Boxen) anwenden können. Jedoch kann es je nach Geschädigtem an der Stoffgleichheit fehlen (Lackner/Kühl Rdn. 60 mit Nachw., zum Schaden von Veranstaltern und Sponsoren Rdn. 56 a.E.). 1) Der Vermögensschaden wird häufig darin bestehen, dass die erlangte Gegenleis- 198 tung qualitativ minderwertig ist, also etwa bei einem Kaufvertrag die tatsächliche Beschaffenheit der gelieferten Ware wertmäßig nicht dem gezahlten Kaufpreis entspricht, z.B. bei einer Musikkassette ein qualitativ minderwertiger Tonträger verwendet und/oder statt Originalware eine Raubkopie geliefert wird (Hecker S. 230 f; Sternberg-Lieben NJW 1985 2123; vgl. auch Rdn. 208) oder bei einem Maklervertrag nichtige Verträge vermittelt werden (BGH NStZ 1999 353, 354). Dieser Minderwert wird meist darauf beruhen, dass die Gegenleistung nicht vertragsgemäß ist, nämlich der Käufer Ware der Güteklasse II statt solche der Güteklasse I oder ein wirtschaftlich minderwertiges aliud erhält, das nach § 434 Abs. 3 BGB n.F. einem Sachmangel gleich steht (zur Täuschung in diesen Fällen Rdn. 37). „Klassische“ Beispiele aus der älteren Rechtsprechung sind Lieferungen von Kunstwein statt Naturwein (RGSt 5 137, 140) oder einer nicht tragenden statt einer trächtigen Kuh (RGSt 24 171 f). Neuere Rechtsprechungsbeispiele betreffen verfälschte Lebensmittel, die aus Rechtsgründen verkehrsunfähig sind, daher keinen (vollen) Marktwert haben und zudem die abstrakte Gefahr der Beschlagnahme beim Abnehmer begründen (BGH GA 1966 311: Verkauf von Kirschwasserverschnitt als „Schwarzwälder Kirschwasser“; BGH MDR 1969 497: von verfälschter Butter als „Deutscher Landbutter“; BGH NJW 1995 2933, 2934 mit krit. Anm. Samson StV 1996 93 f: von Wein mit unzulässigem Zusatz von Drittlandweinen u.a.m.; AG Heidelberg BB 1958 1280: von falsch etikettiertem und daher ebenfalls nicht verkehrsfähigem Wein). Neuerdings haben Fälle der Markenpiraterie (Hecker S. 231 mit Nachw.) und der Fälschung von Arzneimitteln zugenommen (dazu unten Rdn. 208). Soweit es um einen rechtlichen Makel geht, der dem Handelsgut anhaftet, ist die konkrete Gefahr der Beschlagnahme nicht erforderlich (aA Hefendehl MK Rdn. 626 ff, der bei gleichwertiger Gegenleistung „nur in Ausnahmefällen“ Kenntnis von den die Erziehung begründenden Umständen für „denkbar“ hält und die Verkehrs- sowie Verbreitungsverbote, Vernichtungsansprüche usw., also den hieraus resultierenden Minderwert, nicht berücksichtigt). Ausreichend für den Schaden ist auch ein nur quantitativer Minderwert der Gegen- 199 leistung, so dass eine Abgrenzung von Falschlieferung und Schlechtlieferung beim Kauf nicht erforderlich ist. Nicht erst unter dem Gesichtspunkt des individuellen Schadenseinschlages (so aber Lackner LK10 Rdn. 196), sondern unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Bestimmung des Wertverhältnisses von Leistung und Gegenleistung nach dem Marktwert begründet die Lieferung von Abdeckereifett an eine Lebensmittelfabrik einen Vermögensschaden (RGSt 69 283 ff; vgl. dazu bereits Rdn. 37). Auch bei einer Täuschung darüber, ob der Preis für ein Heißwassergerät die Kosten der Montage einschließt, liegt ein Schaden in Höhe der Montagekosten vor, wenn diese üblicherweise in den Listenpreis eingerechnet werden und hier ein Verkauf zum Listenpreis erfolgt ist (Vogel § 4 III 2c; OLG Köln BB 1965 768 f stellt dagegen auf einen persönlichen Schadenseinschlag ab). Im Einzelnen kommt es für die Betrugsstrafbarkeit darauf an, unbeachtliche subjek- 200 tive Wertschätzungen und bloße Affektionsinteressen von dem objektiven Markt-(Geld-) Wert und dem relevanten subjektiven Schadenseinschlag (Rdn. 177) abzuscheiden. Diese

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Grenzziehung wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht immer exakt vorgenommen. Für die erwartete Beschaffenheit der (Kauf-)Sache stellt § 434 Abs. 1 BGB nunmehr auf die vertragliche Vereinbarung, hilfsweise auf die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung und höchst hilfsweise auf die übliche Beschaffenheit zwecks gewöhnlicher Verwendung ab. Darüber hinaus ist das Verhältnis zu den zivilrechtlichen Regelungen insbesondere beim Kauf mit seinem System von Erfüllungs-, Gewährleistungs-, Wandlungs-, Minderungs- und Schadensersatzansprüchen umstritten (dazu näher Rdn. 201). Auszugehen ist in jedem Fall von dem Marktpreis (Wettbewerbspreis) für die Gegenleistung, wobei der Unterschied der Handelsstufen und Besonderheiten von Spezialmärkten zu berücksichtigen sind (Rdn. 163). Dabei ist unerheblich, ob diesem Preis eher subjektive Wertschätzungen oder sogar Affektionsinteressen zugrunde liegen, da und soweit sich diese Interessen in wirtschaftlichem Wert niederschlagen (vgl. auch Vogel § 4 III 2c, der zutreffend davon ausgeht, dass Affektionsinteressen – generalisierend und zugleich neutralisierend – „in das Geldmedium übersetzt werden können“). Stets kommt es auf den Zeitpunkt der Verfügung (Rdn.161) und den individuellen Wert in der Hand des betroffenen Vermögensinhabers an. Daher hat Auslandsbutter, die im Inland trotz gleicher Zusammensetzung zu geringeren Händlerpreisen als Inlandsbutter verkauft wird, für den nur im Inland tätigen Händler nicht den Geld(Markt)wert von Inlandsbutter (BGHSt 12 347 ff; Vogel aaO); ist dagegen der Verbraucherpreis für beide Gattungen gleich, so hat die Auslandsbutter für den Verbraucher den Geldwert von Inlandsbutter, „mag der Verbraucher auch nur deutsche Butter essen wollen“ (Vogel aaO in Klarstellung gegenüber Lackner LK10 Rdn. 190 a.E.). Hat Hopfen aus einem bestimmten Anbaugebiet („Spalter Hopfen“) – sei es auch aus irrationalen Gründen – einen höheren Marktpreis als qualitativ gleichwertiger Hopfen aus einem anderen, weniger renommierten Anbaugebiet („Hallertauer Hopfen“), so wird derjenige Bierbrauer um die Preisdifferenz geschädigt, der Spalter Hopfen bestellt und bezahlt, obwohl ihm Hallertauer Hopfen als angeblicher Spalter Hopfen geliefert und der Preis für Spalter Hopfen berechnet wird (BGHSt 8 46, 49). Entsprechendes gilt für Badesalz aus einer bestimmten Sole (BGH NJW 1980 1760 f – Alpen-Sol-Bad), Musikinstrumente bestimmter Herkunft (OLG Köln BB 1960 340) und Herrenanzüge bestimmter Markenfabrikanten („Armani“, „Boss“ usw., Lackner/Kühl Rdn. 39 mit Nachw.). – Schwieriger festzustellen ist häufig der Wert von Gegenständen im Kunstund Antiquitätenhandel sowie im Handel unter Sammlern (zum Münzhandel OLG Hamm BB 1962 1355), aber auch von Beteiligungen an Handelsgesellschaften (BGH wistra 1987 24) und anderen Unternehmen, vor allem wenn nur ein einziger Kaufinteressent vorhanden ist; maßgebend für die Wertbestimmung sind dann die nach den vertraglichen Vereinbarungen für die Vertragsparteien maßgebenden preisbildenden Faktoren (BGH wistra 2010 407 f – Falk), bei deren Fehlen oder Nichtfeststellbarkeit betriebswirtschaftliche Bewertungskriterien wie insbesondere der (Zukunfts-)Ertragswert (BGH wistra 2003 457 ff und JR 2012 79, 81 mit Anm. Becker; Florstedt wistra 2007 448 mit Nachw.). Ist der nachhaltig erzielbare (Markt-)Preis oder sonstige Wert nicht hinreichend sicher festzustellen, so greift der Grundsatz in dubio pro reo ein (zust. BGH wistra 2003 459; ebenso bereits Lackner LK10 Rdn. 192 mit Nachw. zum älteren Schrifttum für die Schadensbestimmung auf Spezialmärkten).

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Umstritten ist die Behandlung der Täuschungsfälle auf dem Markt für Gebrauchtwagen. Wird vom Verkäufer der Marktwert (unter Berücksichtigung von Baujahr, Kilometerleistung, bisheriger Verwendungsart, Zeitpunkt der letzten TÜV-Überprüfung und vor allem Unfallfreiheit) berechnet, aber über wesentliche Eigenschaften des Kraftfahrzeuges getäuscht, insbesondere Unfallfreiheit vorgespiegelt, so ist umstritten, ob es inso-

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weit um bloße Affektionsinteressen des Käufers geht.297 Nach richtiger Ansicht erhält der Käufer hier wirtschaftlich gesehen den vollen Gegenwert für die Kaufpreiszahlung, da sein enttäuschtes Interesse am Erhalt eines unfallfreien Fahrzeuges in generalisierter Form bereits im Kaufpreis berücksichtigt ist (BGH 1 StR 495/77 bei Fischer Rdn. 149; OLG Karlsruhe NJW 1980 1762; weitergehend Lackner LK10 Rdn.198, der unter Aufführung der umfangreichen älteren Kasuistik entscheidend auf den Zweck, den die Vertragspartner bei Vertragsschluss vorausgesetzt haben, und damit auf den individuellen Schadenseinschlag abstellt; ebenso Eisele BT II Rdn. 583 mit Nachw.). Die hier vertretene Lösung widerspricht allerdings dem Zivilrecht, das insoweit einen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises zuerkennt (§ 437 Nr. 2 BGB); auch beim Spezieskauf war der Kaufpreisanspruch des täuschenden Verkäufers vor der Schuldrechtsreform vom 1.1.2002 mit der Einrede der Wandel- oder Minderbarkeit belastet. Eine beachtliche Mindermeinung nimmt dies zum Anlass, einen Betrugsschaden zu postulieren, weil der Getäuschte mehr bezahle als er nach Zivilrecht zu bezahlen hat.298 Der Streitstand ist von allgemeiner Bedeutung für die Vereinbarung (früher: Zusicherung) oder Garantie von Eigenschaften von Kaufobjekten (§§ 434 Abs. 1 Satz 1, 443 BGB). Die wohl überwiegende Ansicht lehnt im Wege einer Gesamtbetrachtung, die Eingehung und Erfüllung als einheitlichen Geschäftsvorgang sieht, einen Betrugsschaden ab, da der Getäuschte für seine Leistung (Kaufpreiszahlung) das Eigentum an einer Sache (oder an einem sonstigen Gegenstand oder die Inhaberschaft an einem Recht) erhält, die (bzw. der) den vereinbarten Preis wert ist.299 Dabei wird die Zusammenfassung von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft mit der Unselbständigkeit der bei der Erfüllung nur fortwirkenden Täuschung begründet und von einem unechten Erfüllungsbetrug gesprochen, bei dem die zivilrechtliche Anspruchslage deshalb unberücksichtigt bleibt, weil der dem Getäuschten durch den Kaufvertrag eingeräumte Vorteil (z.B. Anspruch auf ein unfallfreies Auto) wirtschaftlich durch den Nachteil aufgehoben wird, dass der Täter (Verkäufer) den Erfüllungs- und den Gewährleistungsanspruch faktisch zu verteilen beabsichtigt (zusammenfassend Küper BT S. 389 f und FS Tiedemann S. 633 f). Diese Auffassung ist zwar problematisch, weil sich der Täuschende zivilrechtlich an seiner Erklärung festhalten lassen muss (§ 116 BGB) und niemand sich auf eigene Arglist berufen kann (Puppe JZ 1984 531, 532; T. Walter S. 540 f). Jedoch ist zu bedenken, dass jedenfalls dann, wenn der vereinbarte Kaufpreis dem marktüblichen entspricht und der Täuschende nicht bereit gewesen wäre, günstiger zu kontrahieren, die Täuschung keine wirtschaftliche Schlechterstellung des Getäuschten bewirkt hat, wie sie der Betrugstatbestand erfordert (vgl. auch Vogel aaO, nach dem nicht die täuschungsbedingte „pathologische“ Wertbestimmung, sondern nur eine solche maßgeblich sein kann, die ohne Irrtum zustandegekommen und

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Übersicht bei Klein S. 233 ff, Küper FS Tiedemann S. 620 ff und Tenckhoff FS Lackner S. 678 ff. In der Rechtsprechung grundlegend BGHSt 16 220 ff (Zellwollhose) mit Bespr. Lenckner NJW 1962 59; ferner BayObLG NJW 1987 2452, OLG Düsseldorf NJW 1991 1841, 1842 und JZ 1996 913, 914 mit Anm. Schneider sowie OLG Hamm NStZ 1992 593 f. Im Ergebnis ebenso Gössel 2 § 21, 150; Hefendehl MK Rdn. 500, 504 ff, 507; Hoyer SK Rdn. 143; Klein S. 243 ff; Rengier BT I § 13, 170; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 540.

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Eisele BT II Rdn. 557; Hoyer SK Rdn. 240 f; Kindhäuser Rdn. 327 und 334; Lenckner MDR 1961 653 ff; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 117; Otto BT § 51, 126 und JZ 1993 657; Pawlik S. 280 ff; Puppe JZ 1984 531 ff; Schneider JZ 1996 914, 916 ff; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 123 und 138; Seyfert JuS 1997 29, 32; T. Walter S. 537 ff. BGHSt 16 220, 221 ff mit Anm. Lenckner NJW 1962 59; BayObLG NJW 1999 663 (f); aA Schmidhäuser BT 11/23; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 138.

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zumindest insoweit intersubjektiv ist, als sie jedenfalls zwischen den Beteiligten des Wirtschaftsvorgangs geteilt wird; ähnlich Klein S. 248, 250 und Rengier BT I § 13, 170, die einen durch betrügerischen Vertragsschluss entstandenen Anspruch nicht als Bestandteil des Vermögens ansehen, weil diese Position im Zeitpunkt der Täuschungshandlung noch nicht Vermögensbestandteil war; zust. Küper FS Tiedemann S. 636 m.w.N.). Möglich bleibt eine Strafbarkeit nach § 16 UWG. Bei § 263 stellt dagegen die Vereitelung von Gewinn- und Verdiensterwartungen als solche keinen Schaden dar, wenn diese Erwartungen nicht zu einer vermögenswerten Exspektanz verdichtet sind.300 Auch reicht es nach h.M. für die Schadensbegründung nicht aus, dass dem Getäuschten vorgespiegelt wird, es handle sich um eine besonders günstige Gelegenheit zur Vermögensvermehrung, etwa weil der angebotene Kaufgegenstand viel mehr wert sei als der geforderte Preis oder weil es sich um eine Mangelware handle, die in absehbarer Zeit nicht wieder zu beschaffen sei, oder weil andere Kaufinteressenten schon bereit ständen, so dass der Kauf nicht mehr möglich sei, wenn er sich nicht sofort zum Kauf entschließe. Zusammengefasst vergleicht also die h.M. auch beim Erfüllungsbetrug Leistung und Gegenleistung, berücksichtigt dagegen nicht den Anspruch auf Erfüllung und Gewährleistung (sowie Garantie). Auf dieser Grundlage werden von der h.M. die Fälle des „unechten“ Erfüllungsbetru202 ges, bei denen der Täuschende von Anfang an täuscht und nicht erfüllungsfähig oder erfüllungswillig ist, anders gelöst als die Fälle des „echten“ Erfüllungsbetruges, bei denen der Täter erst nach Vertragsschluss täuscht. In den letzteren Fällen ist der kompensatorische Wert der tatsächlich erbrachten (Minder-)Leistung an der vertragsgemäß zu erbringenden Leistung, also an dem Anspruch auf diese zu messen, da das Opfer der Täuschung durch den Vertragsschluss eine wirtschaftlich wertvolle Exspektanz erworben hat, um die es durch die Täuschung bei der Erfüllung (im Wege des Verzichts auf Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs und Erbringung der eigenen vertragsgemäßen Leistung) gebracht wird.301 Die Schadensberechnung ist hier also zivilrechts(schuldrechts)akzessorisch und fragt nach der rechtlichen Vollwertigkeit der Erfüllung und der „Überzahlung“ wegen Bestehens eines Minderungsrechts (Küper BT S. 387 f mit Nachw.), stellt also auf die vertragliche Vereinbarung ab (Kindhäuser Rdn. 201, der dies als Widerspruch zu dem wirtschaftlichen Ausgangspunkt der h.M. rügt). Beim „unechten“ Erfüllungsbetrug wird dagegen, wie Rdn. 201 erwähnt, entgegen der zivilrechtlichen Lage ein Vermögensschaden abgelehnt (vgl. vor allem BGHSt 16 220 ff – Zellwollhose, dazu auch Fn. 297). Die Rechtsprechung hält diese grundsätzliche Differenzierung aber keineswegs stets durch und lässt damit möglicherweise grundsätzliche Zweifel an der tradierten Figur des Eingehungsbetruges erkennen. So bejaht BGH wistra 1984 225 f (mit Anm. Labsch StV 1984 514 f) einen Schaden des Auftraggebers, wenn sein Bevollmächtigter für den Verkauf eines Grundstücks im Verkehrswert von 130000,– DM einen Kaufpreis von 20 0000,– DM erzielt und 70 000,– DM behält (zu Recht krit. Vogel aaO Fn. 508 für den Fall, dass der Bevollmächtigte dies von Anfang an geplant hat). Auch OLG München NJW 1978 435 f (mit Anm. Sonnen JA 1978 257) nimmt einen Vermögensschaden von 300

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BGHSt 16 220, 223 f; BGH GA 1978 332, 333 und StV 1991 517 f; eingehend Hefendehl S. 202 ff (und MK Rdn. 507). Grundlegend RGSt 16 1, 10 f; zustimmend Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 94; klarstellend Küper FS Tiedemann S. 617 ff. In der Sache übereinstimmend Bloy JR 1987 471, 473; Cramer Vermögensbegriff S. 184 ff; Gössel 2 § 21, 180; Lack-

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ner/Kühl Rdn. 53; Otto BT § 51, 123; Rengier BT I § 13, 175; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 135; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 539. Krit. gegenüber dieser Differenzierung aber bereits Binding BT 1 S. 358 f und neuerdings D. Geerds S. 163 f sowie Otto Bekämpfung S. 73 u.ö.; andere Begründung bei Wahl S. 170 ff.

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Grundstückskäufern an, denen bei Vertragsschluss vorgespiegelt wird, es handle sich um Grundstücke in einer „Parksiedlung“ zum Bau von Bungalows, während die Bauplanung für die Nachbarhäuser in geringer Entfernung Hochbauten ausweist (vgl. oben Rdn. 183a; zust. Lackner LK10 Rdn. 196). Im „Fassadenbau-Fall“ schließlich vereinbarte der Fassadenbauer einen ungewöhnlich günstigen Preis, der hinsichtlich der Materialkosten allerdings noch unbestimmt, nämlich „nach Aufmaß“ zu bemessen war; er erzielte im Ergebnis dadurch einen marktüblichen Gesamtpreis, dass er – wie von Anfang an beabsichtigt – beim Bau unnötig viel Material verwendete. BGHSt 32 211, 213 (mit zust. Anm. Puppe JZ 1984 531 ff) lehnt hier einen Eingehungsschaden ab, da der (allein maßgebende?) schriftliche Vertragsinhalt eindeutig für den Kunden spreche, während ein Erfüllungsschaden mit der Begründung bejaht wird, dass der Fassadenbauer über den Umfang der zu erbringenden Einzelleistungen getäuscht habe (zust. auch Fischer Rdn. 119, Hefendehl MK Rdn. 503 und Klein S. 214). Tenckhoff (FS Lackner S. 689 ff) nimmt den letzteren Fall zum Anlass, das im Schrifttum verbreitete Unbehagen gegenüber der Besserbehandlung des Täters, der nicht nur bei Erfüllung, sondern schon bei Eingehung eines Rechtsgeschäfts täuscht (vgl. Klein S. 239 ff mit Nachw.), durch primäre Annahme eines Erfüllungsbetruges auszuräumen, der „durch Täuschungshandlungen bei Vertragsabschluss nicht ausgeschlossen wird“ (aaO S. 690). Hierzu ist nicht unbedingt eine neue Täuschung erforderlich, sofern die frühere Täuschung bei der Erfüllung jedenfalls mit motivierend wirkt (Rdn. 123). Die wirtschaftliche Einheits- oder Gesamtbetrachtung der h.M., insbesondere bei Zusammenfallen von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft in Fällen von Alltagsgeschäften, stellt aber auch Tenckhoff nicht in Frage. Sie ist in der Tat als Saldierung von Leistung und Gegenleistung Folge des herrschenden Vermögens- und Schadensbegriffs. Hat im Übrigen (nur) eine der Vertragsparteien bereits real geleistet, so vergleicht die h.M. zwecks Schadensermittlung den Wert der erbrachten Leistung mit dem Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung (zusammenfassend Küper BT S. 386); mangels erneuter Täuschung geht es hier um einen – teilweise – „abgewickelten“ Eingehungsbetrug (Rengier JuS 2000 645; zust. Klein S. 167 ff). Erfolgt in der Erfüllungsphase aber eine neue, selbstständige Täuschung, so sind die Grundsätze des Erfüllungsbetruges anwendbar (Lackner LK10 Rdn. 232 f; Klein S. 255 f m.w.N.). 2) Der Schaden kann sich ferner unter dem Rdn. 177 ausgeführten Gesichtspunkt des 203 persönlichen Schadenseinschlags ergeben, weil die (objektiv gleichwertige) Gegenleistung für den Vermögensinhaber nach der Bewertung durch einen objektiven wirtschaftlichen Betrachter weniger wert ist. Zunächst ist hierfür der vertraglich vorausgesetzte Zweck entscheidend (Rdn. 178; 204 vgl. für den Kauf auch § 434 BGB n.F.). Geht allerdings der Vertragszweck in den Marktwert ein (Rdn. 202: Grundstück zum Bau eines Bungalows mit entsprechender Nachbarbebauung), so ergibt sich der Schaden schon aus der Zuvielzahlung des Getäuschten (besonders deutlich: Verkauf von Ackerland als angebliches Bauerwartungsland zum Preis von Bauerwartungsland, vgl. Rdn. 11). Der vertraglich vorausgesetzte Zweck wird also erst dann (zusätzlich) relevant, wenn Leistung und Gegenleistung objektiv (marktwirtschaftlich) gleichwertig sind (in den genannten Beispielen: Preis von Ackerland bzw. von Grundstücken mit gemischter Bebauung). – Der subjektive Zweck ist sodann auf die (fehlende oder verminderte) Brauchbarkeit für den Vermögensinhaber einzuengen. Hieraus ergibt sich die Abgrenzung zu bloßen Affektionsinteressen, aber auch zu irrelevanten Hoffnungen auf Vermögenszuwachs (Rdn. 201). Negativ hat die Rechtsprechung auf dieser Grundlage die Annahme eines Schadens 205 in folgenden Fällen abgelehnt: Kauf einer voll verwendbaren Hose aus Zellwolle unter der Zusicherung, es handele sich um reine Wolle (BGHSt 16 220, 222; vgl. bereits

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Rdn. 202); Abschluss einer Versicherung mit einem anderen als dem gewünschten, aber gleich leistungsfähigen Versicherer (RGSt 28 310 ff); ordnungsgemäße Abfallentsorgung durch eine vom Vertragspartner beauftragte Drittfirma statt durch den Vertragspartner selbst (BGH NJW 1994 1745, 1747); Veröffentlichung einer Werbeanzeige in einem anderen als dem versprochenen, jedoch ebenso werbewirksamen Branchenverzeichnis (anders bei einem weniger wirksamen oder werbeunwirksamen Organ, einem sog. Anzeigenfriedhof, oder bei überhaupt fehlender Veröffentlichung: BGH NJW 1978 173 f); sachlich notwendige Wartung eines Heizöltanks aufgrund der unrichtigen Erklärung, es bestehe eine gesetzliche Wartungspflicht (OLG Stuttgart NJW 1971 633 f mit Anm. Blei JA 1971 505, 506); Anschaffung eines gesetzlich vorgeschriebenen, vom Getäuschten aber für überflüssig gehaltenen Feuerlöschers (BayObLGSt 1955 8ff); Kauf von (zwecktauglichem) Kindernährzucker aufgrund der Empfehlung, das Mittel sei zur Ernährung von Kindern „unbedingt notwendig“ (OLG Köln NJW 1968 1892, 1893); Kauf von (amerikanischen Penny-)Aktien ohne wirtschaftlich sinnvolle sofortige Wiederverkäuflichkeit (OLG München NStZ 1986 168, 169 mit Anm. Schlüter; dazu allgemein aber auch v. Ungern-Sternberg ZStW 88 1976, 676 ff).

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Positiv ist dagegen von der Rechtsprechung die Relevanz der Zwecksetzung und damit ein Schaden des Getäuschten in folgenden Fällen bejaht worden: Kauf einer Melkmaschine, die für den Viehbestand des Käufers nicht ausreicht (BGHSt 16 321, 326); Kauf eines „Wachstumsunternehmens“ (mit steigender Umsatzentwicklung), um auf dem europäischen Festland Fuß zu fassen (BGH wistra 2010 407 f); Verkauf eines Unternehmens (durch die Treuhandanstalt) mit dem sozialen (Neben-)Zweck der Erhaltung von Arbeitsplätzen (bei Aufnahme dieses Zwecks in den notariellen Vertrag, vgl. BGH wistra 2003 457 ff; Rdn. 183a); Abschluss eines wirtschaftlich nicht sinnvollen Versicherungsvertrages, insbesondere einer Risikoversicherung (BGH bei Dallinger MDR 1952 408 f); Abschluss einer Lebensversicherung, obwohl ein Sparvertrag gewollt ist (RGSt 76 49, 52 mit Anm. Bockelmann DR 1942 1113); Kauf von Warenterminoptionen zum Zwecke einer ertragreichen Geldanlage (BGHSt 32 22, 23) oder von Fondsanlagen in langfristig hochrentablen und wertbeständigen Objekten zum Zweck der Alterssicherung (BGHSt 51 10, 15 f Rdn. 15 ff mit Nachw.; vgl. bereits oben Rdn. 178); Darlehen zu Investitionszwecken (BGH JZ 1979 75, 76) oder zum Grundstückskauf (OLG Stuttgart NJW 1971 632 f mit einschr. Anm. Lenckner S. 599 und Cramer JZ 1971 415); Bestellung von Milchpulver zur Ernährung von Kleinkindern, wenn für diesen Zweck untaugliches milchfremdes Fett geliefert wird (BGH NJW 1990 1921, 1923); Anschaffung oder Übernahme nicht benötigter Möbel aufgrund einer vorgetäuschten Wohnungszusage (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 196) oder eines unwahren Heiratsversprechens (BGH GA 1966 51 f); Bestellung eines Warenautomaten, der wegen seiner Konstruktion den Bedürfnissen des Käufers nicht entspricht (BGH NJW 1968 261 f) oder keinen kostendeckenden Umsatz erwarten lässt (KG JR 1966 391 ff mit Anm. Schröder); Kauf eines angeblich gut eingeführten, in Wahrheit unverkäuflichen Geräts zum Zwecke der Werbung weiterer Käufer (BGH bei Lackner aaO); Kauf einer Heißmangel zum gewerblichen Betrieb, wenn ein ständiger Vermögensverlust nur durch unentgeltlichen Einsatz der Arbeitskraft abzuwenden ist (BGH bei Holtz MDR 1979 988); Abonnement einer Zeitschrift, die für den Käufer nach seinem Bildungsstand oder Interessenbereich nicht verwendbar ist (BGHSt 23 300 ff mit Anm. Graba NJW 1970 2221 und Schröder JR 1971 74 f; weitergehend OLG Düsseldorf NJW 1990 2397 f mit abl. Bspr. Endriß wistra 1990 338, das den mit dem Abonnement verfolgten sozialen Zweck für schadensbegründend hält, vgl. bereits Rdn. 183); Teilnahme an einem Fernkurs, dessen Schwierigkeit die Lernfähigkeit des Schülers übersteigt (BGH GA 1963 208); Kauf eines Lexikonwerks, das von dem

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ungenügend vorgebildeten Käufer nicht sinnvoll genutzt werden kann (OLG Köln NJW 1976 1222 mit krit. Bspr. Jakobs JuS 1977 228 ff); Kauf eines Lehrbuchs, das nicht zu den Lehrmitteln der Schule zählt, für deren Schüler es angeschafft wird (OLG Köln JR 1957 351 f; OLG Stuttgart NJW 1980 1177, 1178); Kauf eines Neuwagens unter der falschen Zusicherung, es handele sich um das neueste Baujahr (wenn der Käufer ein besonderes Interesse an der nachhaltigen Wiederverkäuflichkeit des Wagens hat: OLG Koblenz VRS 46 281 ff). Zum Gebrauchtwagenkauf, bei dem die ältere Rechtsprechung in Fällen der Vorspiegelung der Unfallfreiheit oder Angabe eines zu niedrigen Kilometerstandes trotz Verkaufs zum Marktpreis teilweise einen Schaden bejaht, wenn der Käufer auf diese Umstände „erkennbar besonderen Wert“ legt, OLG Hamm NStZ 1992 593 f (für „ganz spezielle individuelle Bedürfnisse des Käufers“) und die Nachw. bei Eisele BT II Fn. 1352. – Hervorhebung verdient, dass Betrugsstrafbarkeit in allen diesen Fällen nur eingreift, wenn dem Täter die eingeschränkte oder fehlende Brauchbarkeit für den Getäuschten bekannt ist (unten Rdn. 242). Schließlich verneint die Rechtsprechung allgemein einen Schaden, wenn die Gegen- 207 leistung in zumutbarer Weise anderweitig verwendet werden kann (Rdn. 178). Jedoch sind ihre Maßstäbe vor allem in den Fällen der Unterschriftserschleichung, in denen der Getäuschte überhaupt nichts bestellen und deshalb die Ware auch nicht gebrauchen will, uneinheitlich. Die bloße Gefahr der Inanspruchnahme aus dem vom Getäuschten nicht gewollten Geschäft wird allein als zur Begründung eines (Eingehungs-)Schadens nicht ausreichend bezeichnet (BGHSt 22 88 f mit abl. Anm. Heinitz JR 1968 387 f). Überwiegend wird ein Schaden erst bejaht, wenn die Verwendung des unerwünschten Gegenstands im wirtschaftlichen Gesamtkonzept des betroffenen Vermögensinhabers nach dem Urteil eines sachlichen Dritten allgemein unzumutbar ist, weil er für die aufgezwungene Leistung keine sinnvolle Verwendung hat. Ältere Urteile gehen zum Teil weiter und respektieren den Willen des Betroffenen, überhaupt nichts zu bestellen, in Verbindung mit der Unerwünschtheit der Ware und nehmen Minderwertigkeit der aufgezwungenen Leistung an (Rdn. 206 und bereits 178; BGH bei Lackner LK10 Rdn. 200 mit Nachw. auch aus der OLG-Rechtsprechung). Zu Forderungen, die Unterschriftserschleichung als eigenen Straftatbestand auszugestalten, Rdn. 106 Vor § 263. 3) Der Schaden kann sich auch daraus ergeben, dass die Gegenleistung mit einem 208 Rechtsmangel behaftet ist. Anerkannte Beispiele eines solchen Schadens sind: der fehlende Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten an einer abhanden gekommenen Sache (vgl. § 935 BGB; Rengier BT I § 13, 203: „auch dann, wenn der Kaufpreis weit unter dem Wert der Sache liegt“); der Eigentumserwerb an einer mit einem Pfandrecht belasteten Sache (vgl. § 1204 BGB; RGSt 71 85 ff); der Erwerb einer Hypothek an zweiter statt an erster Rangstelle (vgl. § 879 BGB; RGSt 3 392, 393); der Erwerb eines zivilrechtlichen Anspruchs, der wegen Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit des Schuldners ganz oder schwebend unwirksam ist (vgl. §§ 104, 108 BGB; RG JW 1928 2235). Neuere Beispiele sind die mit der Möglichkeit der Einziehung (§§ 110 UrhG, 147 MarkenG) behafteten Raubkopien von Computerprogrammen (zusätzlich Vernichtungsanspruch gegen jeden Besitzer nach § 69 f UrhG und mangels Kundenbetreuung durch den Hersteller des Originals auch im Übrigen wirtschaftlich minderwertig! Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 110), analogen Tonträgern (Cassetten, Schallplatten, Tonbänder – regelmäßig auch schlechtere Qualität! Sternberg-Lieben NJW 1985 2123) und digitalen Speichermedien (geringer Wiederverkaufswert! Cramer/Perron aaO) sowie Gegenstände der Markenpiraterie (vgl. etwa OLG Stuttgart wistra 1999 152: Rollex-Uhren aus Thailand), aber auch gefälschte Arznei- und Lebensmittel (teilweise mit Gesundheitsgefahr für Verbraucher! Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 610 ff; oben Rdn. 198). Entspre-

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chendes gilt für die Kunstfälschung (vgl. § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG für Fälschungen innerhalb der Schutzfrist „als Sonderfall der Urkundenfälschung und als Tatbestand im Vorfeld des Betruges“: Weber S. 254, dort S. 83 f auch zum Plagiat, bei dem der Abschluss eines Verlagsvertrages Betrug zum Nachteil des Verlegers sein kann, Cramer/Perron aaO und Deumeland ZVglRWiss 81, 1982, 324 f, je m.w.N.). Wird bei Erwerb vom Nichtberechtigten der Rechtsmangel aus Gründen des Ver209 kehrsschutzes durch Gutgläubigkeit des Erwerbers geheilt (vgl. §§ 405 ff, 932 ff, 1032, 1207 BGB, § 366 HGB), so liegt für die (zivil-)rechtliche Betrachtung kein Schaden vor, da der gutgläubige Erwerber Vollrechtsinhaber geworden ist (gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einer Sache: BGHSt 15 83 ff, eines Pfandrechts: BGHSt 3 370, 372, einer Scheckforderung: BGHSt 1 92 ff). Streitig ist, ob dies unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nach Verkehrsmaßstäben anders zu bewerten, also das zivilrechtlich gültige Recht weniger wert ist als bei „normalem“ Erwerb vom Berechtigten. Im Vordergrund steht der Fall des Eigentumserwerbs von jemandem, der die Sache unterschlagen hat (kein Abhandenkommen i.S.d. § 935 BGB, es sei denn dass der Unterschlagende Besitzdiener ist!). Das RG hatte zuletzt die sog. Makeltheorie entwickelt, nach der dem so erworbenen Gegenstand ein sittlicher Makel anhafte, der in Verbindung mit der konkreten Gefährdung durch drohende Zivil- oder Strafverfahren einen Minderwert bedeute (RGSt 73 61, 63302). Die neuere Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte hat den Gesichtspunkt einer aus sittlichen Gründen abzuleitenden Minderwertigkeit zu Recht aufgegeben (vgl. nur BGH JR 1990 517, 518303) und stellt für das Vorliegen eines Schadens (allein) auf die konkrete Gefährdung der Vermögensposition nach den konkreten Umständen ab (Rdn. 170). Das Schrifttum schwankt zwischen grundsätzlicher Billigung der Strafbarkeit (vor allem im älteren Schrifttum304), völliger Ablehnung305 und einer Differenzierung je nach Einzelfall306 mit Verneinung der Strafbarkeit im Durchschnittsfall (Normalfall).307 Zutreffend ist hieran zunächst, dass keine sittliche Pflicht zur Rückerstattung eines gutgläubig erworbenen Gegenstandes an den Altberechtigten besteht und eine entsprechende Pflicht auch nicht im Wirtschaftsverkehr anerkannt ist (Lackner LK10 Rdn. 201 mit Nachw.). Auch der Verlust an Ansehen, auf den noch BGH GA 1956 182 abstellen wollte, ist kein wertbildender Faktor für ein Wirtschaftsgut, son-

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Mit Anm. Mezger ZakDR 1939 202 f gegen RGSt 49 16, 17. Mit zust. Anm. Keller JR 1990 519. Zust. auch Blei II S. 237; Cramer Vermögensbegriff S. 127 ff; Kindhäuser Rdn. 186; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 477; Lackner/ Kühl Rdn. 43; Maurach NJW 1961 625, 629; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 125; Mitsch BT 1 § 7, 105; Rengier BT I § 13, 206; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 111. Bockelmann BT 1 S. 81; Jagusch LK8 Anm. III 4i vor § 249; Sch/Schröder17 Rdn. 82; Tröndle GA 1962 225, 243 f. Bockelmann JZ 1952 463; Gössel 2 § 21, 159; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 125; Schmidhäuser BT 11/23. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20,

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98; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 71; Eisele BT II Rdn. 574; Fischer Rdn. 151; wohl auch Kindhäuser Rdn. 186. – So insbesondere auch die im Text zitierte BGH-Rechtsprechung in Strafsachen. Blei II S. 237; Duttge aaO; Hefendehl MK Rdn. 598; Hoyer SK Rdn. 260; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 479; Lackner/Kühl Rdn. 43; Mitsch BT 1 § 7, 105; Norouzi JuS 2005 788; Otto BT § 51, 78; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 573, die aber nicht auf die Gefahr eines Zivilprozesses, sondern auf die seines Verlustes abstellen (ebenso Rengier BT I § 13, 206; dagegen Hefendehl aaO Rdn. 596: „nicht denkbar“). – Gegen die Möglichkeit, eine Regel für die Existenz eines Prozessrisikos zu benennen, Arzt aaO Fn. 120.

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dern nur eine Folge etwaigen Fehlverhaltens des Getäuschten (Maurach NJW 1961 629). Aber auch der Hinweis auf die Gefahr prozessualer oder sonstiger Auseinandersetzung mit dem Altberechtigten schlägt regelmäßig nicht durch, da letzterer den bösen Glauben des Erwerbers bzw. die tatsächlichen Umstände für das Vorliegen von Bösgläubigkeit beweisen muss (BGH[Z] NJW 1982 38 f); der Erwerber hat also eine relativ starke Stellung, die es im allgemeinen ausschließt, von der Wahrscheinlichkeit eines endgültigen Verlustes des erworbenen Gegenstandes zu sprechen (zust. Hoyer SK Rdn. 260). Mit Lackner/Kühl (Rdn. 43; zust. Küper BT S. 385) ist die Gefahr prozessualer Auseinandersetzungen nur dann als konkret zu bezeichnen, wenn der Gutgläubige den Gegenstand unter regelwidrigen Umständen erlangt hat, die wahrscheinlich machen, dass er ihn in einer Auseinandersetzung verteidigen muss, oder wenn er aus wirtschaftlicher Rücksichtnahme zur Herausgabe gezwungen ist. Danach ist bei Übergabe von Kfz-Schein und -brief an den Käufer eines Gebrauchtwagens regelmäßig kein Prozessrisiko vorhanden (BGH wistra 2003 230 f). Ein merkantiler Minderwert kann sich dagegen bei Sacherwerb zwecks Weiterveräußerung daraus ergeben, dass die Sache wegen ihrer Herkunft faktisch unverkäuflich ist (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 111; Küper aaO: „merkantiler Minderwert“). – Wenn die Rechtsprechung demgegenüber schon allgemein die konkrete Möglichkeit eines Rechtsstreits ausreichen lässt, weitet dies den Schadensbegriff unangemessen aus (vgl. Rdn. 168 ff). Allerdings soll nach Lackner (aaO a.E. mit Nachw.) bei Vorleistung des Erwerbers wegen der Gefährdung seines Übereignungsanspruchs dieser im Vergleich mit der Vorleistung minderwertig sein und daher ein Eingehungsbetrug in Betracht kommen. Jedoch dehnt auch diese an sich folgerichtige Konstruktion die Figur des Eingehungsbetruges zu weit aus, da bei gutem Glauben des Vorleistenden die Wahrscheinlichkeit eines Vollrechtserwerbs besteht und der Anspruch auf Eigentumsübertragung daher im Rechtssinne nicht wirklich gefährdet ist. Schließlich kommt in den Fällen des gutgläubigen Erwerbs nach einer verbreiteten, hier Rdn. 117 geteilten Ansicht ein Dreiecksbetrug zum Nachteil des Altberechtigten in Betracht, da die Gutglaubensvorschriften ein rechtliches Näheverhältnis des Erwerbers zu dem Altberechtigten begründen und daher eine Verfügung des getäuschten Erwerbers zum Nachteil des Altberechtigten vorliegt (Lackner aaO Rdn. 115; aA Pawlik S. 211 m.w.N.). Jedoch dürfte hier eine wirtschaftlich messbare Vertiefung des Schadens nicht selten kaum festzustellen sein. Auch die Täuschung (über die Art der Vollrechtsverschaffung) und der Irrtum des Erwerbers sind ähnlich zweifelhaft wie in den Sparbuch-, ec-Scheck- und Kreditkartenfällen (dazu Rdn. 43 f und 88 f). 4) Die bisherigen Ausführungen haben sich an dem Schadensmodell (z.B. des Kauf- 210 geschäfts) ausgerichtet, dass der Getäuschte eine Geldleistung erbringt und hierfür als Gegenleistung einen Gegenstand erhält, der wegen mangelnder Qualität, fehlender Quantität oder Unbrauchbarkeit innerhalb der Vermögensorganisation des Getäuschten keine wirtschaftlich gleichwertige Kompensation darstellt. Im folgenden sind weiter diejenigen Fallgestaltungen zu behandeln, in denen der Getäuschte (oder der Vermögensinhaber, für den dieser handelt) als Gegenleistung nur einen Anspruch erwirbt, der im Vergleich mit seiner Leistung wirtschaftlich minderwertig ist. Die Leistung des Getäuschten kann dabei in der Hingabe eines Sachwertes (z.B. Vermieten einer Sache) oder von Geld (z.B. Gewährung eines Darlehens) bestehen. Einen vollwertigen Ausgleich stellt dann die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses für die überlassene Sache oder des üblichen Zinses für das ausgereichte Darlehen dar (vgl. nur OLG Hamm GA 1962 219, 220). Auch umgekehrt ist die Aufnahme eines Darlehens zu üblichen Zinsen ebenso wie die Übernahme einer üblichen Ratenzahlungsverpflichtung beim Abzahlungskauf kein Schaden.

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Entgehende Nutzungsmöglichkeiten stellen wegen der Vermögenszugehörigkeit dieser Möglichkeiten (Rdn. 152) einen Vermögensschaden dar. Dieser kann z.B. im Fehlen oder in der Unterschreitung des üblichen Miet- oder Darlehenszinssatzes liegen.308 Bloße Leistungsverzögerungen werden dagegen im Wirtschaftsverkehr meist nicht besonders veranschlagt, wenn sie sich „in den üblichen Grenzen halten“ (Lackner LK10 Rdn. 202). Auch die Stundung bedeutet im allgemeinen keinen Schaden, insbesondere bei der Verlängerung eines Kredits zu wirtschaftlich ausgeglichenen Bedingungen.309 Der Stundungsbetrug ist daher nach ganz h.M. nur strafbar, wenn die Chancen für die Rückzahlung des Kredits (oder die Erfüllung eines sonstigen Anspruchs) gerade durch den Zeitaufschub verschlechtert werden (BGHSt 1 262, 264);310 eine von vornherein nicht werthaltige, „gänzlich uneinbringliche“ Forderung (z.B. eines Taxifahrers gegen einen drogenabhängigen Arbeitslosen) kann nicht weiter verschlechtert werden (BGH NStZ 2007 95, 96 mit abl. Bespr. Grabow NStZ 2010 372 ff). Ein etwaiger Verzugsschaden bei Stundung einer Forderung ist nicht stoffgleich (OLG Stuttgart NJW 2002 384 [f]; unten Rdn. 257). Als Stundung ist aber auch der vorübergehende Verzicht auf gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs (BGH wistra 1993 17) oder auf (Weiterbetreiben der) Zwangsvollstreckung (BGH NStZ 2003 546, 548 Rdn. 13; Haas GA 1996 117 f; Hefendehl MK Rdn. 623 m.w.N.), insbesondere auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 883 ZPO (OLG Stuttgart NJW 1963 825 f) zu behandeln. Ansprüche aus (Geld-)Kreditgewährung sind abgesehen von ganz kurzfristiger Kredi212 tierung wegen der mehr oder weniger langen Laufzeiten des Kredits allgemein weniger wert als ein sofort fälliger Anspruch auf (Rück-)Zahlung. Kreditgewährung ist daher mit einem typischen Risiko belastet. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit des Kreditbetruges (im eigentlichen Sinne nach § 263; zur Terminologie des § 265b vgl. Tiedemann LK Rdn. 13 mit Nachw.). Er bezieht sich bereits auf die Kreditzusage als konkrete Vermögensgefährdung (BGHSt 15 24, 26; Satzger S/S/W Rdn. 199). Das typische (Kredit-)Risiko bedarf selbständiger wirtschaftlicher Bewertung, da es nicht erst auf die sonst maßgebliche konkrete Gefahr der endgültigen Vereitelung des Rückzahlungsanspruchs (oben Rdn. 170) ankommt (vgl. nur BGH bei Holtz MDR 1981 810 [f] = NStZ 1981 351; BVerfGE 126 170 ff Rdn. 154). Regelmäßig dient ein im Zinssatz enthaltener Risikozuschlag als Ausgleich für diesen Minderwert von Ansprüchen aus Kreditgewährung (Bockelmann ZStW 79, 1967, 37). Stattdessen oder zusätzlich kommt die Bestellung von vollwertigen Sicherheiten in Gestalt von Grundpfandrechten (z.B. Grundschuld, BGH NStZ 2009 150 f und NStZ-RR 2000 331 f sowie StV 1997 416 f; Hypothek, BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 3, oder Sicherungshypothek, BGHR Vermögensschaden 44), Schiffshypothek (BGH wistra 1995 222, 223), Faustpfand (OLG Hamm JMBl NRW 1969 100 ff), Sicherungsübereignung von Waren (RGSt 74 129 ff) oder Wertpapieren (BGH wistra 1993 265 f), Mithaftung von Bürgen (BGH GA 1966 51 f), Schuldbeitritt (BGH NJW 1986 1183), Begebung von Wechseln usw. in Betracht (BGH StV 1995 254 f). Sind diese Sicherheiten ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand, insbesondere ohne

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BGHSt 1 262, 264 (gegen RGSt 3 332); Bockelmann ZStW 79 (1967) 37; Lackner LK10 Rdn. 204 m.w.N. BGH wistra 1986 170 f; Sch/Schröder/ Cramer18 Rdn. 115; Tröndle/Fischer 50 Rdn. 31b. BGH StV 2003 447, NStZ 2003 546, 548 Rdn. 13 und 2005 160, 161 Rdn. 10; OLG

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Stuttgart NJW 1963 825 f; Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 70; Eisele BT II Rdn. 553; Fischer Rdn. 134 und 172; Grabow NStZ 2010 372; Lackner/Kühl Rdn. 41; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 123; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 115; Tiedemann Jura 1981 26; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 572 m.w.N.

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Mitwirkung des Schuldners, zu realisieren, so spielt die Unwilligkeit des Schuldners zur (Rück-)Zahlung nach h.M. keine Rolle (BGH wistra 1994 110, 111, NStZ-RR 2000 331 f und NStZ 2009 150 f).311 Ist die Realisierung der Sicherheiten dagegen nicht unproblematisch (oder wird das Bestehen der Sicherheiten nur vorgetäuscht: BGH wistra 1993 265 f und 340, 341, StV 1995 254, 255), so begründet die Leistungsunwilligkeit des Schuldners regelmäßig einen Minderwert des Rückzahlungsanspruchs (BGHSt 15 24, 26; aA Hoyer SK Rdn. 258). Dasselbe gilt bei langfristigen (hohen) Bankkrediten, wenn die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu den Fälligkeitsterminen „zwar möglich, aber nicht sicher ist“ (BGH bei Holtz MDR 1981 810 [f]); zust. Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 123); allerdings muss nach BGH aaO „die Unsicherheit einen Grad erreichen, der über das übliche, von den Beteiligten vorausgesetzte und auch in Kauf genommene Maß an Risiken hinausgeht“ (zust. Hefendehl MK Rdn. 575). Auch bei Kreditunwürdigkeit, z.B. Kreditaufnahme unter falschem Namen (BGH GA 1967 19 f), Vorlage gefälschter Verdienstbescheinigungen oder Wechsel (BGH GA 1965 149) usw. nimmt die Rechtsprechung einen solchen Minderwert an, weil die bewusste Falschinformation über einen für die Beurteilung künftiger Leistungsfähigkeit wichtigen Faktor den Wert des Rückzahlungsanspruchs mindere, „wenn die Leistungsfähigkeit zum Fälligkeitstag nicht durch andere Umstände gesichert erscheint“ (Lackner LK10 Rdn. 214; ebenso Hefendehl aaO m.w.N.). Diese Auffassung ist nicht unbedenklich (Bockelmann aaO S. 40; Goldschmidt ZStW 48 [1928] S. 160) und trifft zudem auf Vorsatzprobleme (vgl. hier nur Tiedemann LK § 265b Rdn. 8; näher unten Rdn. 243). Sie entspricht eher der vom Vermögensschaden gelösten Betrachtungsweise des § 265b als dem Grundkonzept des § 263, dessen Tatbestandsstruktur den Nachweis eines wirklichen Vermögensschadens unausweichlich macht: Bei Prognosen wie der Beurteilung der Bonität des Rückzahlungsanspruchs kann daher die Täuschung über einzelne Wertfaktoren (außerhalb der Zahlungsunwilligkeit) nur indizielle Bedeutung für die Annahme eines Schadens haben. Ebenso führt die Täuschung über den Verwendungszweck eines Kredits (z.B. Bau eines Privathauses mit Hilfe des für den Betrieb ausgereichten Investitionskredits) nicht stets zu einem Schaden; sie kann aber bei zweifelhafter Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers zur Prognose künftiger Rückzahlungsunfähigkeit beitragen (BGH JZ 1979 75 ff; Satzger S/S/W Rdn. 202; oben Rdn. 206) oder bei besonders günstigen Bedingungen (z.B. Zinslosigkeit) des Darlehens nach den Grundsätzen des Schenkungsbetruges (Rdn. 148) und der Zweckverfehlung bei wirtschaftlich unausgeglichenen Geschäften (Rdn. 182) einen Schaden begründen (Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 162a). Auch bei nur möglicher Leistungsunfähigkeit des Schuldners kommt es entscheidend auf Art und Umfang der Sicherheiten an, deren Wert für den Zeitpunkt der Vermögensverfügung (Darlehenshingabe, vgl. nur BGH wistra 1993 265 ff) nach dem Standpunkt eines sachkundigen und unterrichteten Beobachters zu beurteilen ist (Cramer Vermögensbegriff S. 138; zur Frage des Eingehungs- oder Erfüllungsbetruges näher oben Rdn. 173 ff). Da allerdings das Vermögensinteresse des Kreditgebers nur auf Deckung des Rückzahlungsanspruchs geht, ist eine durch Täuschung bewirkte Verhinderung der vertraglich ausbedungenen Übersicherung nicht geeignet, die Annahme eines Schadens zu begründen (BGH StV 1995 254, 255 und NJW 1986 1183).312 Auch sonst ist die Täuschung über Sicherheiten schadensirrelevant, wenn der

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Übereinstimmend Eisele BT II Rdn. 552; Fischer Rdn. 133; Gössel 2 § 21, 156; Lackner/Kühl aaO; Rengier BT I § 13, 209; Satzger S/S/W Rdn. 200; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 162a; Wessels/Hillenkamp aaO;

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Wahl S. 161 ff; enger Bockelmann NJW 1961 145 und Otto Strafrechtlicher Vermögensschutz S. 278. Ebenso schon BGH NJW 1964 874 und Lackner LK10 Rdn. 218 m.w.N.; überein-

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Rückzahlungsanspruch auf Grund der Vermögenslage des Darlehensnehmers oder anderer Umstände wirtschaftlich sicher ist (BGH NStZ-RR 2001 328, 329; Satzger S/S/W Rdn. 201). Bleibt die vereinbarte angemessene dingliche Sicherung (z.B. durch Grundpfandrechte) aus, so ist die Sicherung durch persönliche Verpflichtung Dritter (z.B. eines Bürgen, BGH NStZ-RR 2009 206) nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten im allgemeinen riskanter und muss daher vom Schuldner regelmäßig durch Zahlung höherer Zinsen ausgeglichen werden (BGH NJW 1986 1183; Cramer/Perron aaO; Satzger aaO, je m.w.N.); bereits in dem Entgang solcher Mehrzinsen kann ein Schaden liegen. Andernfalls kommt ein Gefährdungsschaden in Betracht (zust. BGH NStZ-RR 2009 206 und bereits wistra 1988 188 ff), der nach den von BVerfG aaO genannten Maßstäben zu berechnen ist (dazu Kraatz JR 2011 434, 439). Beim Lieferanten- oder Warenkreditbetrug kann der übliche Eigentumsvorbehalt den 212a Vermögensschaden des Lieferanten fabrikneuer Ware dann nicht ausschließen, wenn diese – wie bei einem PKW – bereits durch die erste Nutzung eine hohe, durch anfängliche Ratenzahlungen nicht zu kompensierende Werteinbuße erleidet (Norouzi JuS 2005 788; Tiedemann/Sasse S. 13). Bei anderen Waren kann der Eigentumsvorbehalt aber eine wirksame und vollwertige Sicherheit darstellen (aA Eisele BT II Rdn. 553 und Rengier BT I § 13, 210 für den „Regelfall“), es sei denn dass der Vorbehaltskäufer in Zueignungsabsicht handelt (Rdn. 190), was in der Krise des Käuferunternehmens häufig sein wird (Vollmer Art. Warenkreditbetrug, in HWiStR, 1987, S. 3). Zu den verschiedenen Fallgestaltungen beim (Verbraucher-)Abzahlungskauf mit und ohne Einschaltung von Teilzahlungs- und Kundenkreditbanken Tiedemann/Sasse S. 12 ff mit weiteren Nachw. Außerhalb des Kreditgeschäfts begründet nur eine konkrete Gefährdung die An213 nahme eines Vermögensschadens (Rdn. 170), auch wenn bei rein wirtschaftlicher Betrachtung bereits entfernte Möglichkeiten der Uneinbringlichkeit zur Minderbewertung eines Anspruchs führen mögen (Saliger FS Samson S. 470 f; zu noch weitergehenden Einengungsvorschlägen des Schrifttums oben Rdn. 171). Unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Wirtschaftsverkehrs ergeben sich vor allem die bereits Rdn. 174 und 212 erwähnten „Schadenstypen“, zu denen vorab allgemein die Leistungsunwilligkeit des Schuldners gehört. Bei bestehender Leistungsfähigkeit kann sie allerdings nach der Rechtsprechung nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles schadensbegründend wirken,313 so dass bei Zechprellerei und vergleichbaren Unredlichkeiten im Rahmen von Bargeschäften ein Schaden verneint wird, wenn der Anspruch mit Sicherheit gerichtlich durchgesetzt und im Vollstreckungswege beigetrieben werden kann (BGH GA 1972 209 ff; BayObLG NJW 1957 1566). Weitergehend will Lackner (LK10 Rdn. 207) auf den bei zwangsweiser Rechtsverfolgung entstehenden Zeit- und Kostenaufwand abstellen (hinsichtlich dessen aber entgegen Lackner aaO Fn. 347 die Stoffgleichheit fehlt, OLG Düsseldorf NJW 1993 2694, 2695 sowie unten Rdn. 257) und daher eine wirtschaftliche Schlechterstellung des Gläubigers bejahen (im Anschluss an Mittelbach JR 1958 66, 67 314; vgl. auch OLG Karlsruhe wistra 1997 109, 110). – Sodann und vor allem ist die unzureichende Leistungsfähigkeit des Schuldners Grund für die Annahme fehlender Bonität des gegen ihn gerichteten Anspruchs und damit eines Schadens (Rdn. 174). Die

313

stimmend Hoyer SK Rdn. 258; Satzger S/S/W Rdn. 201; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 162. RG JW 1924 818; Welzel S. 376; ähnlich Samson/Günther SK5 181 a.E. und besonders Wahl S. 161 ff m.w.N.

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314

Ebenso Gössel 2 § 21, 156; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 111; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 112.

Klaus Tiedemann

Betrug

§ 263

konkrete Gefährdung dieses Anspruchs richtet sich nach den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners (Lackner aaO Rdn. 208, der aber darauf abstellt, ob die Erfüllung des Anspruchs nach den konkreten Umständen unwahrscheinlich ist). BGH StV 1985 186, 187 (mit Anm. Naucke) sieht den Rückzahlungsanspruch einer Bank gegen einen vermögenden Angeklagten (aus angebahntem und bevorschusstem Kauf von Münzen) als wirtschaftlich vollwertig an. Bei täuschender Werbung für Kapitalanlage nach dem Schneeballsystem erwerben dagegen alle Anleger nur eine unsichere Chance auf Rückzahlung und Zinsgewinn, auch wenn den ersten Anlegern aus den Einzahlungen der späteren der eingezahlte Betrag mit dem zugesagten Gewinn geleistet wird (BGHSt 53 199, 204 f Rdn. 18 mit Anm. Küper JZ 2009 800 und bereits BGH wistra 1991 307 f mit Bespr. Pasker JA 1992 159 f; aA Saliger aaO S. 467 ff). Die Gefährdung eines unsicheren Anspruchs kann aber auch hier durch ausreichende Sicherheiten ausgeglichen werden (vgl. nur BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 7 und wistra 1992 24, 25; oben Rdn. 167 m.w.N.). Die Unsicherheit der Leistungserbringung kann auch auf speziellen Umständen be- 214 ruhen, zu denen nach Lackner (LK10 Rdn. 209 mit Nachw.) die Doppelverpflichtung des Schuldners in Bezug auf denselben Leistungsgegenstand zählt: Mehrfachverkauf einer Sache (OLG Düsseldorf JMBl NRW 1969 64, 65); Doppelvermietung derselben Wohnung (BGH bei Lackner aaO); „Exklusivvertrag“ über dasselbe Objekt mit mehreren Verlegern (BGH bei Dallinger MDR 1970 197). In allen diesen Fällen ist zweifelhaft (allerdings nicht im vorgenannten Sinne Lackners „unwahrscheinlich“!), ob die Getäuschten ihre Ansprüche durchsetzen können. Im Einzelnen ist nach der Rechtsprechung bei Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo keine Gesamtbewertung der wirtschaftlichen Vorgänge, sondern eine nach Opfern getrennte Betrachtung zugrunde zu legen,315 so dass etwa beim Mehrfachverkauf derselben Sache an A und B zugunsten des Täters mit Blick auf den Verkauf an A zu unterstellen ist, dass er den Kaufgegenstand an diesen übereignen wolle und werde, und mit Blick auf B zu unterstellen ist, dass an diesen geliefert werden soll. Bei prozessual nicht feststellbarer Willensrichtung des Täters müsste daher Freispruch erfolgen; dieses Ergebnis kann nur durch eine sog. Opfer-Wahlfeststellung verhindert werden (Rdn. 6; Tiedemann FS R. Schmitt S. 139, 145 ff). – Zweifelhaft ist in den Fällen des Mehrfachverkaufs, der Mehrfachvermietung usw. im Übrigen auch bereits die Annahme einer (konkludenten) Täuschung; die zivilrechtliche Vorwertung, dass beliebig viele schuldrechtliche Verträge über eine Sache abgeschlossen werden können und nur gegebenenfalls Schadensersatz wegen nachträglichen (!) Unvermögens geschuldet wird, erschwert die (strafrechtliche) Annahme einer konkludenten Erklärung des Inhalts, die Sache nicht bereits einem anderen verkauft, vermietet usw. zu haben. Wegen der Schwierigkeit der Nachprüfung (Rdn. 36 f und 49) dürfte allerdings eine Verschiebung des Aufklärungsrisikos auf die Anbieterseite nahe liegen. Auch die Annahme eines Schadens ist aber nicht unproblematisch, wenn der Anbieter zur Schadensersatzleistung willens und fähig ist, weil z.B. der solvente Drittkäufer viel mehr als der ebenfalls bereits getäuschte Zweitkäufer zu zahlen bereit ist; auf der Grundlage der Ausführungen Rdn. 166 liegt gleichwohl die Annahme eines Schadens nahe. Kein Fall fehlender Bonität ist dagegen das Handeln als Vertreter ohne Vertretungs- 215 macht: Die Beurteilung der Haftung des Handelnden aus § 179 Abs. 1 BGB für die Erfüllung des Geschäfts folgt allgemeinen Grundsätzen, so dass bei Leistungswilligkeit und 315

Vgl. BGH NJW 1957 1643 f (für Tötung); Tiedemann FS R. Schmitt (1992) 139 (146 ff).

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-fähigkeit des vollmachtlosen Vertreters mangels Minderwertes des gegen ihn gerichteten Anspruchs kein Betrugsschaden vorliegt (OLG Hamm JMBl NRW 1965 142 f; Lackner LK10 Rdn. 210 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls sicher zu erwarten ist, dass der Vertretene das Geschäft genehmigen wird (OLG Hamm GA 1974 26, 27; Lackner aaO).

216

5) Der Scheckbetrug ist ein Unterfall des Kreditbetruges (Rdn. 42), so dass im Verhältnis zu diesem trotz schriftgemäßer Haftung aus dem Zahlungspapier und fehlender Kreditfunktion im Ergebnis keine Besonderheiten gelten. Ob der Scheck vollwertig ist, nämlich wirtschaftlich den Nennwert der Schecksumme verkörpert und seine Funktion bargeldloser Zahlung erfüllt, hängt beim nicht garantierten Scheck von seiner Deckung ab (zur Täuschung bereits Rdn. 42). Fehlt wegen negativen Kontostandes oder fehlender Kreditlinie des Scheckausstellers die Deckung sowohl im Zeitpunkt der Begebung als auch bei Vorlage des Schecks, so ist die Minderwertigkeit (fehlende Bonität) des Schecks offensichtlich: er wird bei Vorlage von der bezogenen Bank nicht eingelöst. Wenn die Deckung dagegen nur bei Begebung fehlt, richtet sich die Vollwertigkeit (Bonität) des Schecks nach wohl h.M. danach, ob hinreichend sicher zu erwarten ist, dass bei Vorlage Deckung auf dem Konto vorhanden sein wird; dies entspricht der Bewertung der Scheckqualität durch den Wirtschaftsverkehr.316 BGHSt 3 69, 72 (vgl. Rdn. 42) lässt dagegen schon einen nicht näher definierten Grad von Wahrscheinlichkeit der Deckung genügen (während die ältere Rechtsprechung einen Schaden gelegentlich bereits dann bejaht hat, wenn die Deckung im Zeitpunkt der Begebung fehlte: OLG Oldenburg JZ 1951 339 ff mit Anm. Mezger). Zum Schutz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (als zusätzlichem Rechtsgut: BGHSt 47 160, 168 zu § 266b) wird nur ein kleines Ausfallrisiko hinzunehmen sein (Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck 4 § 49, 12 und Trück ebda5: 10 %; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 342). Die Hingabe des Schecks erfolgt erfüllungshalber, begründet also unter Weiterbestand 217 der bisherigen Forderung des Schecknehmers eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit (BGHZ 44 178, 179; 83 97, 101). Ist diese Grundforderung ohne weiteres realisierbar, so entfällt trotz Nichteinlösung des Schecks der Schaden.317 Dagegen kann sich ein Schaden daraus ergeben, dass – bei Nichteinlösung des Schecks – die Forderung, zu deren Erfüllung der Scheck gegeben wurde, nicht realisierbar ist (Otto aaO). Hat der Schecknehmer schließlich seine Leistung nicht Zug um Zug gegen Begebung des Schecks, sondern schon vorher erbracht, so kann bei erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage die durch die Scheckhingabe bewirkte Unterlassung der sofortigen Geltendmachung der Forderung ebenfalls zu einem Schaden führen (Otto aaO). Ein Scheckbetrug gegenüber der bezogenen Bank kann dadurch begangen werden, 218 dass der Scheckeinreicher über den (unter Vorbehalt) gutgeschriebenen Betrag verfügt, ohne dass der Scheck von der Bank des Ausstellers eingelöst wird. Die vorläufige Gutschrift stellt nur dann eine schadensgleiche Vermögensgefährdung dar, wenn der Täter

316

BGH wistra 1982 188 f und bereits JZ 1952 282 (nur LS); Bockelmann ZStW 79 (1967) 49; Fischer Rdn. 166; Kindhäuser NK Rdn. 135; Lackner/Kühl Rdn. 11; Satzger S/S/W Rdn. 203; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 29; krit. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 58 und Hefendehl MK Rdn. 577.

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Vgl. Rdn. 265 a.E. und BGH NJW 1983 461; Fischer aaO; Hefendehl MK Rdn. 578; Otto Art. Scheckbetrug, in HWiStR, 1985, sub II. 1.d bb m.w.N.; Satzger aaO; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 342.

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Betrug

§ 263

„hierauf Zugriff … nehmen“ kann (BGH NStZ-RR 2007 236, 237). Der Rückforderungsanspruch, den die Einreicher-Bank erlangt, ist kein Äquivalent für ihre Leistung (Otto aaO S. 5). Die betrügerische Ausnutzung des unter Vorbehalt gutgeschriebenen Scheckbetrages ist auch der Ausgangspunkt der Scheckreiterei (Rdn. 45; BGH wistra 2001 218, 219 f). Der Betrug ist hier mit Einräumung der Verfügungsmacht über die erste Schecksumme als vorläufiger Gutschrift durch die Einreicher-Bank vollendet (BGH aaO und wistra 2009 151, 152 mit Anm. Bosch S. 257; Hefendehl MK Rdn. 580; Otto aaO m.w.N.). Auch hier ist der Rückforderungsanspruch der Bank minderwertig oder wertlos, zumal sich die Beteiligten durch die Scheckreiterei als kreditunwürdig erwiesen (BGH bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 342a). Bei einem garantierten Scheck auf der Grundlage eines (durch Art. 4 ScheckG nicht 219 ausgeschlossenen) Garantievertrages mit der bezogenen Bank kann sich eine Minderwertigkeit nur daraus ergeben, dass dem Schecknehmer die fehlende Kontodeckung positiv bekannt ist (vgl. BGHZ 64 79 ff; oben Rdn. 43). Hier erleidet in der Regel allein die bezogene Bank einen Schaden, da sie den Scheck einlösen muss, ohne bei dem Scheckaussteller sogleich auf den Nennwert (als Guthaben auf seinem Konto) zurückgreifen zu können: Die Bank erwirbt gegen den Scheckaussteller nur einen Ersatzanspruch, dessen Bonität sich nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt (Rdn. 174). Ist dieser Anspruch minderwertig, so liegt ein Betrug entsprechend dem früheren sog. Scheckkartenbetrug (zum Nachteil der Bank) vor. Eine solche Konstruktion hat die umstrittene Entscheidung BGHSt 24 386 ff vor Einführung des § 266b gewählt. Ein Betrug zum Nachteil des Schecknehmers scheidet wegen der Einlösungsgarantie regelmäßig aus. Der Scheckaussteller kann nach der Rechtsprechung aber einen Betrug zum Nachteil seiner Bank (mit konkreter Gefährdung ihres Vermögens, Rdn.170) bereits dadurch begehen, dass er sich Scheckformulare mit Einlösungsgarantie in der Absicht missbräuchlicher Verwendung aushändigen lässt (BGHSt 47 160, 167 und wistra 2009 107 m.w.N.; aA Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 145: keine konkrete Gefährdung). Reiseschecks (Travellerschecks), welche die früher üblichen Kreditbriefe abgelöst 219a hatten, haben ihre bargeldersetzende Funktion teilweise durch Kredit- und ec-Karten verloren. Sie sind im Rechtssinne mit Blick auf Art. 4 ScheckG keine Schecks, sondern Legitimationspapiere (so Baumbach/Hefermehl/Casper, WechselG, ScheckG, Einl. SchG Rdn. 9) oder – wohl zutreffender – angenommene Zahlungsanweisungen im Sinne der §§ 783, 784 BGB und damit Rektapapiere (Hadding MK-HGB, Anh. nach § 372 Rdn. F 6 ff m.w.N.). Gesamtfälschungen der Wertpapiervordrucke dürften selten sein (Ruß LK § 151 Rdn. 4). Bei Fälschung der (zweiten Kunden-)Unterschrift besteht kein Zahlungsanspruch gegen das ausgebende Unternehmen; jedoch wird dieses auf Grund der Legitimationswirkung der Urkunde gegenüber dem Kunden (Reisenden) frei, wenn es bei der Prüfung der Echtheit der Unterschrift nicht fahrlässig gehandelt hat (OLG Frankfurt a.M. WM 1980 752; Hadding aaO Rdn. F 12 f). Die Betrugsstrafbarkeit des Fälschers von (gestohlenen oder abhanden gekommenen) Reiseschecks bestimmt sich daher nach denselben Grundsätzen wie in Rdn. 89 dargelegt. Auch der Wechselbetrug ist ein Unterfall des allgemeinen Kreditbetruges (nach 220 § 263).318 Auch hier tritt die Wechselforderung neben die Forderung aus dem Grundgeschäft, da der Wechsel ebenso wie der Scheck erfüllungshalber und nicht an Erfüllungs Statt hingegeben wird (BGHZ 96 182, 186). Wie bei der Scheckbegebung (Rdn. 216) kann auch beim Wechselakzept bereits der Forderung aus dem Grundgeschäft die Bonität 318

Lackner/Kühl Rdn. 41; Otto aaO; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 330.

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fehlen und den Schaden des Gläubigers begründen. Bei fehlender Erfüllungsbereitschaft des Schuldners verdeckt die Hingabe des Wechsels die Täuschung des Schuldners, und auch der Wechselforderung fehlt in diesem Fall die Bonität (Otto Art. Wechselbetrug, HWiStR, 1985, sub II 1a). Erreicht der Schuldner durch Hingabe eines Wechselakzepts die Stundung der Grundforderung oder erreicht er eine Prolongation des Wechsels, so entsteht ein relevanter Schaden nur, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung und dem durch Stundung festgelegten Zeitpunkt Vermögensverfall eintritt (Rdn. 211; BGH wistra 1986 170 f; Otto aaO sub II 1b; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 336). Wie bei jedem Kreditbetrug ist aber zu beachten, dass die Gutschrift (der Diskontsumme) auf dem Konto des Wechseleinreichers nur dann zu einem Schaden der Bank führen kann, wenn das Konto negativ wird (Tiedemann aaO Rdn. 339 mit Nachw.). – In der Wirtschaftspraxis ist der Wechselkredit weitgehend durch sog. Bestellerkredite der Banken und durch Bankbürgschaften abgelöst worden (Tiedemann aaO Rdn. 332). Im Außenwirtschaftsverkehr sind Bankgarantien und Standby Letters of Credit übliche Instrumente der Zahlungssicherung (dazu die „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive“, ERA, und die „Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien“, URDG). Die Möglichkeit eines Wechselbetruges ergibt sich vor allem daraus, dass Finanz221 wechsel als angebliche Waren- oder Handelswechsel begeben und in Umlauf gebracht werden (Rdn. 47). Da bei den Finanzwechseln, die auch als Kreditwechsel bezeichnet werden, die wirtschaftliche Sicherung durch ein Warengrundgeschäft fehlt, entfällt die wirtschaftliche Gewähr dafür, dass der Akzeptant während der Wechsellaufzeit bis zur Vorlage des Wechsels die Finanzmittel erlangt, die es ihm ermöglichen, den Wechsel einzulösen (vgl. nur Otto aaO sub II 2 und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 334). Diese fehlende Sicherung durch den Wert einer Ware (und früher das Verbot einer Rediskontierung von Finanzwechseln nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBankG a.F.) führt dazu, dass Finanzwechseln regelmäßig ein geringerer Wert beigemessen wird als Waren- oder Handelswechseln (BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 2 unter Verweis auf NJW 1976 2028 f; auch BGH NStE Nr. 20 sowie bei Lackner LK10 Rdn. 221 m.w.N.). Der Gefährdungsschaden des den Wechsel Ankaufenden liegt auf der Hand, wenn die Wechselverpflichteten – wie relativ häufig – zahlungsunfähig oder -unwillig oder jedenfalls „unzuverlässig“ sind (BGH bei Tiedemann aaO). Aber auch bei Zahlungsfähigkeit des Schuldners nimmt die h.M. einen Schaden an, wenn im konkreten Fall ein Warenwechsel höher als ein Finanzwechsel bewertet wird, weil ein Warenwechsel vertraglich geschuldet, stillschweigend nach Handelsbrauch (insbesondere im Verkehr mit Kreditinstituten) oder nach den Geschäftsgepflogenheiten der Partner zugesichert oder bei der Bemessung des Gegenwerts zugrunde gelegt worden war (so der Fall BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 2; Tiedemann aaO).319 Heute nicht mehr erfolgversprechend ist die plumpe Begebung von sog. Kellerwechseln, bei denen das Gefälligkeitsakzept einer vermögenslosen oder nicht existierenden Person vorliegt (RGSt 12 395 [ff]). Bei gefälschten Wechseln wird auch bei Zahlungsfähigkeit des Bezogenen wegen der konkreten Gefahr der Nichtzahlung ein Minderwert angenommen (BGH GA 1965 149; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 163). Die Einlösung eines minderwertigen Wechsels stellt grundsätzlich nur den Ausgleich eines bereits eingetretenen Schadens der, sofern sie nicht – im Sinne der bilanz- und steuerrechtlichen Wertaufhellungstheorie – die Unrichtigkeit der ursprünglichen Prognose erweist (Tiedemann aaO Rdn. 340 mit Nachw.). Stehen Zahlungsfähig319

Lackner LK10 Rdn. 221 mit Nachw. aus der RG-Rechtsprechung; Hefendehl MK

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Rdn. 582; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 163.

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keit und -bereitschaft des Wechselakzeptanten fest, so fehlt es an einem Schaden (BGH NStZ 1997 31; Hefendehl MK Rdn. 582 m.w.N.; Tiedemann aaO Rdn. 334 f, dort auch zur Veränderung der Rechtslage seit Einführung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion am 1.1.1999). Bei der Wechselreiterei ziehen Kreditsucher, die auf anderem Wege keinen Kredit 222 mehr erhalten, gegenseitig Wechsel aufeinander, und jeder Beteiligte versucht, mit dem Akzept des anderen Kredit – insbesondere durch Diskontierung der angeblichen Handelswechsel bei der eigenen Bank – zu erlangen (Rdn. 48; BGHR § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 2). Wegen der Wahrscheinlichkeit der Entdeckung wird die Wechselreiterei häufig durch organisierte Einschaltung von Vermittlern auf eine Vielzahl von Personen erstreckt („organisierter Akzeptaustausch“) und mit anderen Methoden der Irreführung verbunden, z.B. mit einer Kombination von Wechsel- und Scheckreiterei (der Aussteller händigt dem Akzeptanten des Wechsels zur Sicherheit einen Scheck aus; bei Fälligkeit des Wechsels reicht der Akzeptant seiner Bank den Scheck mit nachfolgender Gutschrift der Schecksumme ein, so dass bei Fälligkeit des Wechsels die Wechselsumme abgebucht werden kann).320 Rechtliche Probleme bei der Bestimmung des Vermögensschadens entstehen hier kaum; im Vordergrund stehen die kriminalistischen Schwierigkeiten des Tatnachweises. Auffangweise kann § 54 KWG eingreifen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 338). Bei Lastschriftbetrug (Rdn. 39) ist der Vermögensschaden des belasteten Bankkunden 222a („Schuldners“) offenkundig, wenn der Kunde den abgebuchten (eingezogenen) Betrag nicht oder nicht in dieser Höhe schuldet und der Abbuchung nicht widerspricht; bei Widerspruch liegt ein Betrug zum Nachteil der Inkasso-Bank (Gläubiger-Bank) vor, wenn der Einziehende zahlungsunfähig ist (BGHSt 50 147, 153 f). – Bei der Lastschriftreiterei wird das Lastschriftverfahren, das dem bargeldlosen Zahlungsverkehr dient (BGH aaO S. 151), zur Kreditbeschaffung – „letztlich zum Nachteil der ersten Inkassobank“ – missbraucht (BGH aaO S. 155; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 343a). Der Tatbestand des (Kredit-)Betruges nach § 263 gegenüber der jeweiligen Inkassobank ist erfüllt, da nach den Umständen mit Widerruf oder Rückbuchung zu rechnen ist; die Annahme von Vermögensschaden setzt allerdings ebenfalls voraus, dass sich die jeweilige Bank nicht durch Rück- oder Umbuchung befriedigen kann (Rdn. 220) bzw. der Bankkunde zahlungsunfähig ist (Fischer Rdn. 166; auch Hefendehl MK Rdn. 101 Fn. 297; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 49, 27). Bei entsprechendem Umfang der Lastschriftreiterei kommt auch eine Strafbarkeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG in Betracht (AG Gera NStZ-RR 2005 213, 215; Tiedemann aaO Rdn. 344 a.E.). 6) Der Anstellungsbetrug ist nach h.M. ein Eingehungsbetrug (vgl. nur BGHSt 45 1, 223 4), bei dem der (Eingehungs-)Schaden darin liegt, dass die vom Dienstherrn übernommene Verpflichtung zur Geldleistung die vom Verpflichteten versprochenen Dienste wertmäßig übersteigt (vgl. neben BGH aaO nur BGHSt 17 254, 256; Hefendehl MK Rdn. 512 m.w.N.); BGHSt 45 1, 11 spricht mit BVerfG NStZ 1998 506 f von einer schadensgleichen Vermögensgefährdung (Rdn. 170; zur Täuschung bereits Rdn. 63). Neben dieser Begründung aus dem Vergleich der im Dienstvertrag übernommenen gegenseitigen Verpflichtungen kommt nach der Rechtsprechung die Annahme eines Schadens auch unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass der Dienstverpflichtete zur Vertragsuntreue 320

Gössel 2 § 21, 152; Lackner aaO; Lackner/ Kühl Rdn. 41; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 337.

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entschlossen, nämlich gewillt ist, den Vertragspartner durch Veruntreuung o.ä. zu schädigen (aA zu Recht Hoyer SK Rdn. 257; Kindhäuser NK Rdn. 198; Lackner/Kühl Rdn. 52; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 154, vgl. oben Rdn. 106), oder wenn sonst eine konkrete Gefährdung der Vermögensinteressen des Dienstherrn vorliegt (Rdn. 63; Miehe JuS 1980 264 f). Im Einzelnen differenziert die h.M. bei der Erschleichung einer Stelle zwischen Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft sowie sonstigen Arbeitnehmern (Arbeitern). Die Beurteilung der durch Täuschung erschlichenen Anstellung von früheren Mitarbeitern der Stasi (usw., vgl. Rdn. 63) hat Bewegung in diese Differenzierung und die anzuwendenden Maßstäbe gebracht (vgl. sogleich Rdn. 224). BVerfG aaO (mit krit. Anm. König) hatte jedoch die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung als jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet. Da die Diskussion alles andere als abgeschlossen ist, wird in Rdn. 224 zunächst die überkommene Rechtsprechung dargestellt.

224

Am strengsten sind die Maßstäbe der bisherigen Rechtsprechung bei der Erschleichung einer Beamtenstellung. Nach überkommener Auffassung beschränkt sich das Beamtenverhältnis nicht auf die Leistung von Arbeit gegen Entgelt, sondern hat seinen Schwerpunkt in gegenseitigen Treupflichten, die den Dienstherrn zur (vermögensrechtlichen) Fürsorge verpflichten. Daher ging die Rechtsprechung davon aus, dass der Beamte „seine ganze Persönlichkeit“ schulde (RGSt 65 281, 282; dazu Protzen S. 38 ff; krit. u.a. Dammann/Kutscha NJ 1999 284 und Jerouschek GA 1999 421), und nahm bei falschen Angaben über die persönlichen Verhältnisse (fachliche Eignung, Vorbildung oder auch „persönliche Würdigkeit“) einen Vermögensschaden des Staates an (vgl. nur BGHSt 5 358, 359; LG Dresden NJ 1998 154 f zum Fall einer Richterin der ehemaligen DDR, die sich zur inoffiziellen Mitarbeit beim MfS verpflichtet hatte und infolge Täuschung über diese Tätigkeit in den Justizdienst des Landes Sachsen übernommen worden war). Die Kritik des Schrifttums (Geppert FS Hirsch S. 534 ff; Lackner LK10 Rdn. 239, je mit Nachw.) und der neueren instanzgerichtlichen Judikatur (z.B. LG Berlin NStZ 1998 302, 303 für den Fall eines später als Polizeiobermeister des Landes Berlin übernommenen inoffiziellen Mitarbeiters des MfS) richtet sich vor allem gegen die Annahme, dass es hier noch um den Schutz von Vermögensinteressen gehe (Duttge JR 2002 273; Kargl wistra 2008 127; Otto JZ 1999 739); es handele sich in Wahrheit um einen Angriff auf die staatliche Verwaltung, der nur durch einen Sondertatbestand zutreffend zu erfassen sei (wie ihn die Strafrechtsreformbewegung seit langem vorgeschlagen hat: LG Berlin aaO mit Nachw.; das Urteil wurde von dem unten behandelten Beschluss BGHSt 45 1 ff aufgehoben). Überwiegend gebilligt wird aber vom Schrifttum die Rechtsprechung, dass ein Schaden des Dienstherrn aus dem Fehlen von Eigenschaften oder Ausbildungsbedingungen erwachse, die nach dem einschlägigen Beamtenrecht, insbesondere den Einstellungs- und Laufbahnvorschriften, Voraussetzung für die Ernennung zum Beamten und daher für die Erfüllung der „besonderen Bedürfnisse zuverlässiger Staatstätigkeit“ erforderlich sind (Lackner aaO; Hefendehl MK Rdn. 521 m.w.N.; weitergehend insbes. LG Berlin aaO, das nur auf die ordnungsgemäße Erbringung des „Arbeitspensums“ abstellen wollte). Entscheidend ist danach die vom Standpunkt des Staates aus beurteilte Tauglichkeit für das Amt; sie fehlt bei mangelnder beruflicher Vorbildung. Die Annahme eines Vermögensschadens wird hier mit der Erwägung gerechtfertigt, dass der Staat mit Blick auf die Einstellung als Beamter eine Monopolstellung hat und insoweit den „Preis“ für die Dienstleistungen des Beamten einseitig festsetzt, und zwar unter Berücksichtigung der für die Anstellung erforderlichen persönlichen und sonstigen Voraussetzungen (Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 109; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 156 m.w.N.; aA Satzger S/S/W Rdn. 195). Nach der (umstrittenen) älteren Rechtsprechung konnte der

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Schaden aber auch durch charakterliche oder sittliche Mängel begründet werden (BGH bei Geppert aaO S. 532 f). Einschlägige Beispiele sind insbesondere Vorstrafen wegen Diebstahls und Urkundenfälschung bei einem Bewerber um ein Bürgermeisteramt (BGH GA 1956 121 ff), diese und zusätzliche Straftaten bei der Einstellung eines Polizeibeamten (KG JR 1948 141) oder die Neigung eines Lehrers zur Unwahrhaftigkeit (OLG Oldenburg NdsRpfl 1948 94 f; weitere Beispiele und Fälle bei BGHSt 45 1, 6 ff). Ob frühere MfS-Mitarbeit oder andere „politische Belastung“ diesen Mängeln gleichgestellt werden kann, war umstritten (vgl. die unveröffentlichten Urteile bei BGHSt 45 10; abl. Gading NJ 1996 299). BGHSt 45 1, 11 ff (mit Anm. Geppert NStZ 1999 305, Otto JZ 1999 738 und Seelmann JR 2000)320a entwickelt demgegenüber auf Vorlage durch KG JR 1998 434 ff zutreffend eine „beamtenrechtsakzessorische“ Lösung und stellt hinsichtlich der fachlichen Qualifikation weiterhin darauf ab, ob die rechtlich erforderliche Ausbildung erfolgt ist – sonst vermöge der Bewerber „unter rechtlichen Gesichtspunkten“ keine gleichwertige Gegenleistung für die Beamtenbezüge zu erbringen (insoweit zust. Hefendehl aaO). Die persönliche Eignung („im Sinne persönlicher Zuverlässigkeit“) eines früheren Stasi-Mitarbeiters für eine Beamtenstellung als Polizist wird danach beurteilt, ob die Einstellungsbehörde den Bewerber nach Gesetz oder Verwaltungsvorschriften wegen einer Ermessensreduzierung auf Null ablehnen musste (zust. Arzt aaO; Fischer Rdn. 153; Kindhäuser Rdn. 197). Dasselbe gilt, wenn Mängel vorliegen, die zur Entlassung eines Beamten führen müssen (BGH aaO S. 14 f unter Hervorhebung des auch von BVerfGE 96 171, 187 f betonten Zeitfaktors bei der Beurteilung der Stasi-Fälle). Dagegen will Hefendehl (aaO im Anschluss an Budde S. 224 ff) das Verschweigen von Vorstrafen und früherer „Tätigkeit als IM“ allgemein zulassen, da die Ernennung eines solchen Bewerbers keine konkrete Vermögensgefährdung darstelle. Zutreffend ist es demgegenüber, das Verschweigen von Vorstrafen am normativen Maßstab der Garantenpflicht (zur Aufklärung, Rdn. 63) zu messen und für charakterlich-sittliche Mängel auf deren Schwerte und Relevanz für das zu übertragende Amt abzustellen (zust. Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 577, die aber die Orientierung an der verwaltungsrechtlichen Ermessensreduzierung auf Null ablehnen). Zur Übertragung dieser Grundsätze auf die erschlichene Anstellung eines Wissenschaftlers („Wissenschaftsbetrug“, Rdn. 36) Fischer Rdn. 154; Jerouschek GA 1999 420 f und Ottemann S. 256 ff je mit Nachw. Weniger streng und mit allgemeinen Grundsätzen der Schadensberechnung von An- 225 fang an vereinbar sind die Maßstäbe bei der Beurteilung von Falschangaben bei der Einstellung von Angestellten des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft. Maßgebend ist insoweit der Wert der Arbeitsleistung, nämlich die tatsächlich erbrachte, allerdings auch an den Erwartungen der jeweiligen Vergütungs- oder Tarifgruppe zu messende Leistung (BGHSt 17 254, 256 ff und bereits NJW 1961 2027 f).321 Auf die Einhaltung der (z.B. öffentlich-rechtlichen) Vorbedingungen für die Anstellung kommt es entgegen einer Mindermeinung des Schrifttums grundsätzlich nicht an (Lackner LK10 Rdn. 238 mit

320a

Bespr. Von Duttge JR 2002 271 (273 mit dem Vorschlag einer eingeschränkt beamtenrechtsakzessorischen Lösung), Jahn JA 1999 628 ff, Jerouschek/Koch GA 2001 273 ff und Prittwitz JuS 2000 335 ff. Zust. zu dem BGH-Beschluss außer den im Text Genannten auch Kindhäuser NK Rdn. 383; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 482 (a); Rengier BT I § 13, 225.

321

Ebenso Fischer Rdn. 154; Gössel 2 § 21, 157; Hefendehl MK Rdn. 516; Lackner/ Kühl Rdn. 52; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 126; Mitsch BT 1 § 7, 107; Rengier BT I § 13, 226; Satzger S/S/W Rdn. 192; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 154; Welzel S. 374; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 577; wohl enger Jerouschek GA 1999 421.

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Nachw.). Allein aus dem unzureichenden oder unüblichen (z.B. Außenseiter-)Ausbildungsgang kann daher im Allgemeinen kein Schaden hergeleitet werden. Die erschlichene Zulassung als Kassenarzt gehört trotz einer gewissen Ähnlichkeit nicht zum Anstellungsbetrug (BGH NStZ 1994 808, 809; Lackner/Kühl Rdn. 52 m.w.N.; vgl. bereits oben Rdn. 104). Anders ist es, wenn eine Stelle erschlichen wird, die besonderes Vertrauen und beson226 dere Zuverlässigkeit erfordert und daher höher als sonst bezahlt wird (BGH NJW 1961 2027 f und 1978 2042 f; Lackner LK10 Rdn. 238),322 oder wenn über Alter, Familienstand oder frühere Beschäftigungszeiten falsche Angaben gemacht werden und dadurch die Einstufung in eine höhere Vergütungs- oder Tarifgruppe erreicht wird (BGHSt 17 254, 257).323 Auch bei ausreichender Leistung liegt aber allgemein ein Schaden dann vor, wenn nach besoldungsrechtlichen oder tariflichen Vorschriften allgemeine Leistungsanforderungen bestehen, die insbesondere bei kurzfristiger Tätigkeit nicht anhand der tatsächlich erbrachten Leistung beurteilt werden können, sondern sich in einem „allgemeinen Leistungsvermögen“ des Angestellten niederschlagen (BGH aaO S. 257 f; Lackner/Kühl Rdn. 52 m.w.N.; vgl. auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 144e). Treffend stellt Arzt (aaO, vgl. oben Rdn. 224) auf die Gewähr für die fachliche Qualifikation ab: Der Arbeitgeber kann durch normierte Einstellungsvoraussetzungen „auf zweifelsfrei ordnungsgemäße Dienste hinarbeiten; er braucht sich nicht auf eine Diskussion einzulassen, ob in dubio pro reo der nicht Qualifizierte vielleicht (!) einigermaßen ordentlich gearbeitet hat“. Soweit bei sonstigen Angestellten und Arbeitern keine formalisierten Ausbildungs227 gänge und keine besonderen Anforderungen an die Vertrauenswürdigkeit oder Zuverlässigkeit bestehen, ist der Wert der erbrachten Arbeitsleistung maßgebend (Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 154 und Protzen S. 45 f gegen RGSt 75 8 ff zu einem vorbestraften, aber fachlich geeigneten Erdarbeiter bei Wehrmachtsbauten). Allerdings kann diese wegen fehlender fachlicher Kenntnisse oder Fähigkeiten oder auch deshalb minderwertig sein, weil die Leistung vom Arbeitgeber z.B. wegen gesundheitlicher Gefahren für Dritte nicht verwendet werden darf (RGSt 42 49 ff: geschlechtskranker Steward). Weitergehend lässt die Rechtsprechung allerdings auch eine „schadensgleiche“ Gefahr genügen, dass ein Arbeitnehmer mit krimineller Vergangenheit im Betrieb des Dienstherrn Straftaten begeht oder sonst nachteilige Vermögensakte vornimmt (BGHSt 17 254, 259).324 Die Literatur lehnt diese Ausweitung überwiegend und zutreffend ab, weil nach allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 106 und 223) insoweit keine unmittelbar schädigende Vermögensverfügung des Arbeitgebers vorliegt und/oder kein Sachzusammenhang mit der Anstellung besteht (Kindhäuser Rdn. 198 a.E.; Satzger S/S/W Rdn. 193; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; je m.w.N.).325

322

323

Ebenso Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 483 sowie Gössel, Lackner/Kühl, Maurach/ Schroeder/Maiwald, Mitsch, Rengier, Satzger, Sch/Schröder/Cramer/Perron, Welzel und Wessels/Hillenkamp, jeweils aaO; aA Hefendehl MK Rdn. 515 und 518. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 109 (mit zutreffendem Hinweis auf „leistungsfremde soziale Momente“ in der modernen Entlohnungspraxis); Fischer

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324 325

Rdn. 152; Gössel und Sch/Schröder/Cramer/Perron, jeweils aaO. BGH NJW 1978 2042, 2043 mit abl. Anm. Sonnen JA 1979 166 f (vgl. bereits Rdn. 63). Ebenso Eisele BT II Rdn. 577 f; Hefendehl MK Rdn. 518; Hoyer SK Rdn. 257; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 488; Lackner/Kühl Rdn. 52; Rengier BT I § 13, 229; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 154; Louis S. 128 f m.w.N. (für § 266).

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d) Eine Wertminderung des Vermögens kann schließlich ohne reale Bestandsverände- 228 rung durch konkrete Gefährdung des Vermögens erfolgen (Rdn. 168). Sie dient allerdings auch in anderen, hier nicht erneut zu behandelnden Fallgruppen zur Begründung eines Vermögensschadens (Rdn. 173). Es verbleiben insbesondere nach der Rechtsprechung folgende Schadenstypen (zu den unterschiedlichen Stellungnahmen des Schrifttums Rdn. 171): 1) Der Vermögensinhaber wird durch Täuschung veranlasst, einen ihm zustehenden 229 Anspruch nicht oder nicht sofort geltend zu machen, z.B. weil ihm die Existenz der Forderung verschleiert wird;326 die Kenntnis von der Forderung wird daher auch als wertbildender Faktor bezeichnet (Bublitz/Gehrmann wistra 2004 126; Hefendehl MK Rdn. 586; ähnlich BGHSt 52 323, 333 f, 336 f, 339 – Siemens/Enel – zum Unterhalten „verdeckter“ Kassen nach § 266, der aber „die Möglichkeit zur Disposition über das eigene Vermögen“ als „Kern der … Rechtsposition“ schütze: Rdn. 47). Entsprechendes gilt, wenn der Vermögensinhaber an der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen gehindert 327 oder sonstwie wegen der Erfüllung des Anspruchs hingehalten wird (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 245 m.w.N.). In den letzteren Fällen liegt auch eine bewusste Vermögensverfügung vor (wie sie Hefendehl MK Rdn. 586 fordert). In diesen Zusammenhang gehört auch die Erschleichung einer Stundung (dazu bereits Rdn. 211). In allen diesen Fällen kommt es für die Schadensermittlung darauf an, ob durch die Unterlassung sofortiger Geltendmachung des Anspruchs seine Realisierung konkret gefährdet wird. Entgegen Hefendehl (aaO Rdn. 584) hängt dies nicht von einer „dem Sachverhalt immanenten Aufdeckungsgefahr“ ab. War die Bonität des Anspruchs schon vor der Unterlassung seiner Geltendmachung schlecht, so kommt es darauf an, ob die Hinausschiebung der Geltendmachung die Aussichten der Realisierbarkeit weiter verschlechtert hat (Lackner LK10 Rdn. 247 mit umfassenden Nachw. zur älteren Rechtsprechung). Zur notwendigen Individualisierung des Anspruchs (und des Schuldners) Weidemann NStZ 1985 210. 2) Dem Gläubiger oder dem Schuldner werden (richtige) Beweismittel entzogen oder 230 es werden falsche Beweismittel eingesetzt mit der Folge der konkreten Gefahr einer Rechtsvereitelung für den Gläubiger oder unberechtigter Inanspruchnahme des Schuldners. Dieser sog. Beweismittelbetrug wurde bereits Rdn. 109 angesprochen. Im engeren Sinne betrifft er aber nur das Ablisten eines vollständigen und nicht weiter veränderungsbedürftigen Beweismittels; z.B. das Unterschreiben eines Schuldscheins durch jemanden, der nichts (oder weniger) schuldet (BGHSt 34 394 ff 328; aA Riemann S. 94 und Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 146: nur Betrugsversuch) oder die Erteilung einer Quittung durch den Gläubiger ohne Erhalt der (vollen) Leistung (RGSt 58 183 und JW 1930 922; OLG Düsseldorf wistra 1985 110, 111) oder die Aushändigung einer Ausfertigung der notariellen Urkunde über die erschlichene Bestellung einer Grundschuld (BGH GA 1979 271 [nur LS]) oder das Erschleichen eines Schuldanerkenntnisses (Kindhäuser Rdn. 188). Nur im weiteren Sinne einschlägig sind die bereits Rdn. 109 behandelten 326

327

Lackner LK10 Rdn. 245 mit Rechtsprechungsnachweisen; übereinstimmend Lackner/Kühl Rdn. 42 und Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 144. Einschränkend Hefendehl MK Rdn. 584 ff, 586. OLG Düsseldorf NJW 1994 3366, 3367; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 115 und 144.

328

Mit Anm. Sonnen StV 1989 479 ff; ebenso RG JW 1927 2139 mit Anm. Grünhut und 1928 411; auch Lackner/Kühl aaO allgemein für das Erschleichen falscher Beweismittel.

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Fälle der Fälschung oder Verfälschung von Beweismitteln, z.B. das Unterschreiben eines Warenbestellscheins oder einer anderen Verpflichtungserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen (BGHSt 22 88, 89 sowie GA 1962 213 f und bei Lackner LK10 Rdn. 200 m.w.N.; aA Cramer/Perron aaO) oder die Blankounterschrift unter einen Bestellschein, in den der Täter abredewidrig einen höheren Preis (RG GA Bd. 50 123) oder eine größere Warenmenge (Rdn. 109) einsetzt (dazu auch Hefendehl MK Rdn. 606 f, 615 f m.w.N.). Häufig wird hierzu auch das Erschleichen eines Blankoakzepts gerechnet, das der Täter anschließend abredewidrig ausfüllt (Lackner aaO Rdn. 107, 180, 248 m.w.N. und differenzierendem Hinweis auf den Zusammenhang des Beweismittelbetruges mit der Erschleichung des Eingehens einer rechtsgrundlosen Verbindlichkeit; dazu bereits oben Rdn. 109). Entgegen einzelnen pauschalen Begründungen der Rechtsprechung liegt aber nicht in allen diesen Fällen notwendigerweise ein Schaden vor. Vielmehr ist maßgebend, ob durch die Verfügung des Getäuschten (dazu Rdn. 109) nach den Umständen des Einzelfalles die Beweislage so sehr verschlechtert worden ist, dass der Verlust des Rechtes des Gläubigers oder die unbegründete Inanspruchnahme des angeblichen Schuldners konkret naheliegt, also wahrscheinlich ist (Lackner aaO Rdn. 248 mit Nachw. gegen Schröder JZ 1965 515; enger auch Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO und Riemann S. 99 ff, die darauf abstellen, ob der Täter bereits eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das fremde Vermögen erlangt hat). Eine solche konkrete Gefährdung (Kindhäuser aaO: „Verschiebung faktischer Verfügungsmacht auf Kosten des Berechtigten“) ist insbesondere gegeben, wenn für die im Schuldschein genannte Geldsumme bereits eine Zahlungsfrist gesetzt worden (BGHSt 34 394, 395 f) oder wenn die Möglichkeit einer Durchsetzung der angeblichen Forderung im Urkundenprozess nach § 592 ff ZPO gegeben ist (BGH aaO S. 396; enger Sonnen StV 1989 479, 480 f, der Einreichung einer Klageschrift im Urkundenprozess verlangt). Sie kann im Einzelfall fehlen, insbesondere weil der Betroffene über andere sichere Beweismittel verfügt (BGH wistra 1987 21: Benennung der Mitspieler bei angeblicher Spielschuld) oder weil die Gefährdung durch ein vollwertiges Äquivalent ausgeglichen wird (Hefendehl S. 397 f). BGHSt 22 88 f sieht im Fall der Unterschriftserschleichung durch Provisionsvertreter die schlechte Beweislage des Pseudokunden als für den Betrugsschaden bedeutungslos an, während Hefendehl (MK Rdn. 615 f) in der erdrückenden Beweissituation sogar „eine Verschlechterung der Rechtslage“ erblickt, „die mit einem Vermögensschaden gleichzusetzen ist“. Bei der Entscheidung zwischen diesen Alternativen (die auch bei der Vermögensverfügung bestehen, Rdn. 109), ist anerkannter Ausgangspunkt die Einsicht, dass „eine vom Schuldner bestrittene oder in einem Rechtsstreit befangene Forderung nicht denselben wirtschaftlichen Wert verkörpert wie eine vom Schuldner anerkannte oder gar freiwillig erfüllte“. BGHSt 3 160, 162 gelangt so zu dem wirtschaftlich zutreffenden Zwischenergebnis, dass die Einführung falscher Beweismittel in den Zivilprozess für einen begründeten, aber schwer zu beweisenden Anspruch die „Aussichten auf einen Sieg verbessert“ und daher „einen Vermögensvorteil“ der gegen die Wahrheitspflicht verstoßenden Prozesspartei darstellt. Gegenüber der Erklärung dieses Vorteils als „bedeutungslos“ durch BGHSt 22 89 wendet Arzt (in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 125 sowie JR 1997 469 ff zu BGHSt 42 268 ff) ein, von einem „Sieg“ des materiellen Rechts könne nicht gesprochen werden, wenn es für das Strafverfahren nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ genügt, dass nur nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Täter „materiell-rechtlich im Recht war“; in dem Arzthaftungsprozess mit manipulierten Krankenunterlagen (Fall des BGH aaO) entwerte die Beweismittelfälschung den (beweismäßig zweifelhaften) Anspruch der Patientin, dessen Nichtexistenz die Strafkammer „in dubio pro reo“ unterstellt hatte. Es geht somit um ein grudsätzliches Problem, nämlich das des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozessrecht, von BGH aaO S. 271 verkürzt auf die Be-

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ziehung von Ziel und Mittel. Mit Arzt und der vom BGH aufgegebenen RG-Rechtsprechung ist für § 263 eine Einheit materiell-rechtlicher und prozesssualer Betrachtungsweise zu postulieren (Tiedemann FG BGH Bd. IV, 2000, 561 mit Nachw.): „Der Vermögenswert eines im Streit befangenen Anspruchs kann nicht losgelöst von der jeweiligen Verfahrenslage gedacht und bestimmt werden.“ (RGSt 72 133, 137 zum Prozessbetrug und unter Hinweis auf die abweichende Rechtsprechung zur Täuschung „außerhalb eines Rechtsstreites“, da nur im Zivilprozess die ZPO die „zugelassenen Mittel“ regele.) Hervorhebung verdient der Unterschied von Beweismittel- und Selbsthilfebetrug: 231 Dient die Erschleichung falscher Beweismittel der Erfüllung eines bestehenden (und fälligen) Anspruchs oder der Abwehr eines materiell unbegründeten Anspruchs, so entsteht aus den Rdn. 194 dargelegten Gründen für eine ökonomisch-juristische Sichtweise kein Schaden (BGHSt 20 136, 137 f zu § 253; Fischer Rdn. 135), bei ausschließlich wirtschaftlicher Betrachtung fehlt es jedenfalls an der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils (BGHSt 3 160, 162 f; 42 268, 271; auch 47 8, 10 zu § 266; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 147 m.w.N.). Die Rdn. 230 genannten Grundsätze gelten also nach h.M. nur, wenn die falschen Beweismittel „die wahre Rechtslage verdunkeln sollen“ (Lackner LK10 Rdn. 248). 3) In Handelsbüchern werden unrichtige oder unvollständige Buchungen vorgenom- 232 men. Da diese den Vermögensbestand der Beteiligten nicht berühren, sondern nur deklaratorisch wirken (BGHSt 6 115, 116), kommt es für die Schadensfeststellung wieder darauf an, ob durch die Falschbuchung die konkrete Gefahr des (endgültigen) Wertverlustes droht oder für den scheinbar Begünstigten die konkrete Möglichkeit geschaffen wird, die angebliche Forderung geltend zu machen (BGHSt 47 8, 11 zu § 266). Dies hängt von den Umständen des Falles ab (BGHSt 6 115, 117; Louis S. 127; Saliger FS Samson S. 470 f), insbesondere davon, ob der durch die Fehlbuchung Begünstigte über den Wertbetrag sofort und ungehindert verfügen kann (BGH NStZ 1996 203 und 2004 264).329 Wird die Erfüllung einer Verbindlichkeit nicht verbucht, so kommt es auf die konkrete Gefahr eines unberechtigten neuen Zugriffs durch den Gläubiger an (BGHSt 20 304 f und bei Tiedemann GmbH-Strafrecht 4 Rdn. 21 vor §§ 82 ff; Louis aaO m.w.N.). Eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit gewährt vor allem auch die unrichtige Gutschrift auf einem Girokonto, da und soweit der Kontoinhaber (aber auch das Kreditinstitut durch Stornierung, Rdn. 167 und 175, oder Überweisung oder Auszahlung, BGH NStZ 2004 264, 265) über den gutgeschriebenen Betrag – sei es auch nur im Rahmen einer Kreditierung – verfügen kann (Rdn. 41); dies ist meist sogar bei nur vorläufigen Gutschriften (z.B. wegen Scheckeinreichung, Rdn. 217) der Fall (Rdn. 42 und 45). Eine konkrete Gefährdung fehlt dagegen, wenn ein Provisionsvertreter Auszahlung des ihm gutgeschriebenen Betrages erst nach Eingang der Kundenzahlung verlangen kann (RG LZ 1914 1051 Nr. 29; Hefendehl MK Rdn. 593 m.w.N.) oder seine Firma die Möglichkeit hat, die Gutschrift ohne weiteres zu stornieren (Rdn. 167). Bei Nichtverbuchung eines Vermögenswertes ist dieser häufig endgültig verloren, es 233 sei denn dass besondere Umstände für die Entdeckung des Fehlers sprechen (RG JW 1926 586 f mit zust. Anm. Grünhut S. 1197 f; vgl. auch BGHSt 52 323, 334 Rdn. 38 –

329

Fischer Rdn. 172; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 40, 10; Schmidhäuser BT 11/26; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 144; weitergehend Lackner/Kühl Rdn. 42; aA Maurach/Schroeder/Maiwald

BT 1 § 41, 123 (erschlichene Eintragung für Vermögensgefährdung unzureichend). – Zusammenfassend zur Rechtsprechung BGHSt 40 287, 295 f und 47 8, 11, je zu § 266.

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Siemens, oben Rdn. 229, und 55 266, 277 f – RWE). Häufig liegt also eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vor (BGH bei Tiedemann aaO Rdn. 20; Louis S. 127, je für § 266). Die Gesamtdiskussion über die Behandlung „schwarzer Kassen“ (ausführliche Übersicht bei Schünemann LK § 266 Rdn. 179 f) leidet darunter, dass öffentliche und private Kassen meist gleich behandelt werden; die strenge normative Zweckbindung öffentlicher Mittel kann aber nicht unbesehen auf Unternehmens- und private Haushalte übertragen werden (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 156 mit Nachw.; auch oben Rdn. 184 f). Vor allem bei Absicht zweckgemäßer Verwendung nichtöffentlicher Mittel kann nicht ohne weiteres von einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ausgegangen werden (Kohlmann Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers [1990] Rdn. 286).

234

4) Breiten Raum nehmen Gefährdungen von Vermögensinteressen schließlich durch Falschangaben (und garantenpflichtwidriges Unterlassen richtiger Angaben) im Prozessverkehr ein, vor allem im Zivilverfahren (zur Abwendung oder Herbeiführung strafrechtlicher und strafähnlicher Maßnahmen und Sanktionen Rdn. 104, 145 und 320). Hierauf beruht die Möglichkeit des Prozessbetruges, der einerseits durch Täuschung des Prozessgegners oder der für ihn handelnden Personen begangen werden kann („Betrug im Prozess“, Lackner LK10 Rdn. 304 im Anschluss an Lenckner S. 170 ff) und andererseits durch Täuschung des Gerichts (Richter oder Rechtspfleger, im Vollstreckungsverfahren auch des Gerichtsvollziehers) verwirklicht werden kann (Prozessbetrug im engeren Sinne, Lackner aaO). Möglich ist aber auch Tatbegehung durch Zeugen und Sachverständige (vgl. nur OLG Karlsruhe JR 1997 299 ff mit Anm. Kindhäuser und Bespr. Fahl JA 1998 361, 362 m.w.N.). Der Betrug im Prozess erfolgt durch Täuschung des Prozessgegners mittels falschen 235 Parteivortrags und sachlich unbegründeter Anträge (die sich primär an das Gericht wenden), durch vorbereitende Schriftsätze, Vergleichsverhandlungen usw., auch durch Erzielung eines Mahnbescheids, wenn dieser dem rechtsunkundigen Schuldner gerichtliche Anerkennung des geltend gemachten Anspruchs vortäuschen soll (RGSt 65 33 ff; oben Rdn. 19). Vermögensverfügungen des getäuschten Prozessgegners liegen nach der recht weitgehenden h.M. insbesondere im Nichtbestreiten der Forderung (RGSt 72 133, 138); der Abgabe eines Geständnisses nach § 288 ZPO oder der Klagerücknahme nach § 269 ZPO (Lackner LK10 Rdn. 304); der Erklärung eines Anerkenntnisses nach § 307 ZPO (Jänicke S. 499; Koffka ZStW 54, 1935, 62); der Terminsversäumnis, wenn sie eine unmittelbare Verschlechterung der Prozesslage zur Folge hat (Koffka aaO S. 64; Jänicke S. 475 f m.w.N.). Die Vornahme derartiger Prozesshandlungen und Unterlassungen soll in der Regel durch Verschlechterung der Prozesslage unmittelbar zu einem Gefährdungsschaden führen, auch wenn eine Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Prozessgegners erst mit der richterlichen Entscheidung entsteht (Lackner aaO a.E. und Rdn. 315). Näher liegt vor diesem Zeitpunkt die Annahme bloßer Versuchsstrafbarkeit, bei der zudem die Rdn. 279 mitgeteilte Einschränkung zu beachten ist (vgl. aber auch Rdn. 276). Der eigentliche Prozessbetrug besteht in der Täuschung des Rechtspflegeorgans, das 236 über das Vermögen der Prozessparteien verfügt (Rdn. 100, 113); entgegen einer im älteren Schrifttum vertretenen Ansicht steht der hoheitliche Charakter nicht der Annahme einer Verfügung entgegen (vgl. nur Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 63 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 649 mit Nachw.). Da die richterliche (usw.) Sachentscheidung keine Änderung der materiellen Rechtslag e bewirkt, wohl aber die Möglichkeit der Vollstreckung eröffnet oder abschneidet, geht es auch hier um eine „schadensgleiche“ Vermögensgefährdung (zusammenfassend Eisenberg FS Salger S. 24 mit Nachw.), und zwar nicht nur bei Leistungs-, sondern auch bei Feststellungs- und Gestaltungsurteilen,

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z.B. in Ehe- und Kindschaftssachen (mit Blick auf die Unterhaltsansprüche: BGHSt 3 160 ff; Koffka ZStW 54, 1935, 59 f), unter Umständen auch bei reinen Prozessurteilen (Lenckner S. 119; Jänicke S. 491), erst recht bei Klagabweisung (RGSt 71 303, 305), Erlass eines Vollstreckungsbescheides (RGSt 59 104, 106) und allgemein bei Erlass eines auch nur vorläufig vollstreckbaren Urteils (BGH NStZ 1992 233 f; Jänicke S. 490; Rengier BT I § 13, 199; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 144). Mangels schadensgleicher Gefährdung führt dagegen der Erlass eines Mahnbescheides noch nicht zur Vollendung, sondern bleibt im Stadium des versuchten Betruges (BGHSt 24 257, 261; Lackner/Kühl Rdn. 42). Zur Vollendung (und Beendigung) im Einzelnen Rdn. 272 f. Zum Prozessbetrug im Adhäsionsverfahren Lenckner S. 186 ff und Jänicke S. 601 ff. Außerhalb des Zivilprozesses sind folgende Rechtsprechungsbeispiele für die An- 237 nahme einer konkreten Vermögensgefährdung einschlägig: unrichtige Grundbucheintragung (wegen der Möglichkeit einer Verfügung zugunsten gutgläubiger Dritter, OLG Stuttgart NStZ 1985 365 f; RGSt 66 371, 373); bindende notarielle Urkunde über eine Grundschuldbestellung (BGH GA 1979 271); Ausstellung eines falschen Erbscheins (RGSt 53 260, 261); Erlass eines falschen Rentenbescheides (RGSt 62 418 ff). Berichtigungs- und Ausgleichsansprüche usw. stellen keine relevante Kompensation dar (Hefendehl MK Rdn. 620). Zu einem (in casu verneinten) Prozessbetrug im Verfahren vor dem BVerfG OLG Karlsruhe JR 1997 299 ff mit krit. Anm. Kindhäuser, der eine Zurechnung der nachfolgenden Entscheidung des Gesetzgebers verneint. Ebenso wie allgemein beim Beweismittelbetrug (Rdn. 231) wird von § 263 beim Pro- 238 zessbetrug nur die materiell unbegründete Verschlechterung der Verfahrenslage erfasst. Die Prozesstäuschung aus bloßer Beweisnot führt nach richtiger Auffassung nicht zu einem Schaden, nach rein wirtschaftlicher Betrachtung (so BGHSt 3 160, 162) jedenfalls nicht zu einem rechtswidrigen Vermögensvorteil (Rdn. 186 und 194; BGHSt 3 162 und 42 268, 271 f mit Anm. Arzt JR 1997 469 ff und Kudlich NStZ 1997 432 ff; Fischer Rdn. 98 und 192 m.w.N.).

VI. Vorsatz, Bereicherungsabsicht und Irrtum Der subjektive Tatbestand des Betruges setzt Vorsatz und die Absicht voraus, sich 239 oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei können in mehrfacher Hinsicht Irrtümer auftreten, die im Falle ihrer Relevanz entweder den subjektiven Tatbestand ausschließen (§ 16) oder jedenfalls die Schuld mindern (§ 17). 1. Der Vorsatz kann nach ganz h.M. auch ein nur bedingter sein (dolus eventualis, 240 BGHSt 16, 1 ff 330; näher Rdn. 244 ff) und muss alle Merkmale des objektiven Tatbestandes umfassen. Entsprechend allgemeinen Lehren setzt er ein Wissens- und ein Willensmoment voraus. Ist der objektive Tatbestand nicht oder nicht vollständig verwirk-

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Mit Bspr. Fahl JA 1997 110 ff. Zust. und ebenso Bockelmann BT/1 S. 96; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 75; Fischer Rdn. 180; Gössel 2 § 21, 7 und 196; Joecks Rdn. 96; Kindhäuser Rdn. 207; Lackner/ Kühl Rdn. 57; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 137; Mitsch BT 1 § 7, 113; Otto BT § 51, 87; Satzger S/S/W Rdn. 217;

Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 165; Sonnen BT S. 166; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 578; krit. und einschränkend Hoyer SK Rdn. 264; auch Dencker FS Grünwald S. 80 f, der für die Verfügung Absicht verlangt (zustimmend Hefendehl MK Rdn. 688).

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licht, so bleibt Versuch möglich (dazu Rdn. 276 ff). – Nach hier vertretener Ansicht kommt dagegen im Anschluss an das ältere Schrifttum dolus eventualis nicht beim Prozessbetrug (Rdn. 234 ff) in Betracht, da prozessual befugtes Handeln nicht strafbar ist (Tiedemann FG Peters, 1984, 131, 145; Walter S. 513; vgl. auch unten Rdn. 265). Wenn etwa § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Partei zwingt, ihre Behauptungen bestimmt vorzubringen, und ähnlich die Rechtsprechung zu § 244 Abs. 3 StPO von dem Antragsteller im Adhäsionsverfahren verlangt, einen Beweisantrag so zu formulieren, dass die zu beweisende Tatsache nicht nur als möglich, sondern als vorhanden bezeichnet wird, so kann die Inkaufnahme der Unrichtigkeit der Behauptung nicht zur Strafbarkeit wegen Prozessbetruges führen. Insbesondere verbietet im Zivilprozess § 138 ZPO den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten lediglich Behauptungen wider besseres Wissen, also die „bewusste Lüge“, nicht aber den Vortrag zweifelhafter Tatsachenbehauptungen (Tiedemann Jura 1981 24, 31 mit Nachw.; auch BGHSt 4 327, 330). Lackner (LK10 Rdn. 309 mit Nachw. zum älteren Schrifttum) und Lenckner (Prozessbetrug S. 132 sowie Art. Prozessbetrug, in HWiStR, 1990, sub II 4) lassen demgegenüber auch beim Prozessbetrug dolus eventualis genügen, verlangen aber die Feststellung, dass der Täter „die Behauptung auch für den Fall ihrer Unwahrheit will“ (Lackner aaO). Diese Feststellung dürfte nur ausnahmsweise sicher zu treffen sein. Bereits die Täuschung will Kindhäuser (NK Rdn. 351) verneinen, da der Täter hier „kein unerlaubtes Risiko“ schafft. Zur Einschränkung des dolus eventualis durch die h.M. beim Kreditbetrug unten Rdn. 244.

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a) Das intellektuelle Element des Vorsatzes („Wissen“) erfordert die Vorstellung des Täters, dass er über eine (äußere oder innere) Tatsache täuscht, dadurch einen Irrtum erregt oder unterhält, der eine Vermögensverfügung des Getäuschten verursacht, die unmittelbar sein Vermögen oder das eines anderen schädigt; hinzu treten muss Kenntnis vom Kausalzusammenhang zwischen diesen Vorgängen. Kenntnis der Tatsachen ist nicht ausreichend. Vielmehr muss der Täter die sachliche Bedeutung der Tatumstände richtig erfassen, nämlich laienhaft den sozialen Sinngehalt verstehen („Parallelwertung in der Laiensphäre“, vgl. nur Lackner LK10 Rdn. 257 mit Nachw.). Hieran kann es z.B. fehlen, wenn der Täter nur zu Imponierzwecken vorübergehend Besitz an einer Sache haben will und zweifelhaft bleibt, ob er sich der Verfügungsmöglichkeit und des darin liegenden Vorteils (Rdn. 254 f) bewusst ist (BGH NJW 1988 2623 f und bereits VRS 42 110, 111, je zu § 255). Dagegen ist eine zutreffende rechtliche Subsumtion nicht erforderlich, so dass etwa die rechtliche Einordnung der konkreten Vermögensgefährdung oder der Vereitelung einer Exspektanz als Schaden für die Vorstellung des Täters irrelevant ist. Auch braucht der Täter nicht zu wissen, wer der wirkliche Geschädigte ist.331 Zu den positiven Voraussetzungen hinreichender Kenntnis gehört es, dass der Täter 242 bei der konkludenten Täuschung die sie begründende Verkehrsauffassung (Rdn. 30), aber auch die rechtsnormative Risikoverteilung bei einzelnen Geschäftstypen (Rdn. 30 ff) kennt (zust. Satzger S/S/W Rdn. 218; ebenso BayObLG NJW 1999 1648, 1649; Hefendehl MK Rdn. 689; Kindhäuser Rdn. 207). Ebenso muss der Vorsatz den Irrtum des Opfers umfassen (vgl. nur AG Siegburg NJW 2004 3725 mit Bespr. Goeckenjahn JA

331

BGH bei Dallinger MDR 1972 571; RGSt GA 67 (1919) 437 f; Duttge aaO; Kindhäuser aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO (a.E.); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 578a; vgl. auch Rengier FS Gössel S. 478

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(zu LG Konstanz 5 Ns 36/01 45 Js 1764/00 v. 19.10.2001: Betrug im eLV bei Zahlungsgarantie Dritter, die den zahlenden Kunden unbekannt ist).

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2006 758 ff; Weidemann S. 124). Hieran fehlt es regelmäßig, wenn der eine Auszahlung von der Postbank Verlangende die Praxis der Bank kennt, Auszahlungen bis zu der erbetenen Höhe ohne Überprüfung des Kontostandes vorzunehmen, und davon ausgeht, die Schalterbediensteten würden sich keine Gedanken über seine Bonität machen (OLG Frankfurt NStZ-RR 1998 333, 334; Hefendehl aaO), oder wenn sich der Täter an einer Selbstbedienungstankstelle unbeobachtet glaubt (OLG Köln NJW 2002 1059, 1060 mit Beschränkung auf Fälle sicheren Wissens). Beim sog. Dreiecksbetrug muss er jedenfalls die Umstände kennen, die das Näheverhältnis des Getäuschten und damit seine Verfügungsmacht über das fremde Vermögen (Rdn. 115 ff) begründen (zust. Satzger aaO Rdn. 220; ebenso Hoyer SK Rdn. 263; Hefendehl aaO). Mit Blick auf den Vermögensschaden muss der Täter die für den Schadensbegriff relevanten Umstände und Besonderheiten, also z.B. die eine konkrete Vermögensgefährdung begründenden Umstände kennen (BGHSt 48 331, 346 mit Anm. Beulke JR 2005 37, 21 112, 115 und NStZ 2003 264 sowie wistra 1996 261, 262; Fischer Rdn. 181) oder wissen, dass ein Gegenstand wegen des persönlichen Schadenseinschlags (Rdn. 177 ff) für den Vermögensinhaber unbrauchbar ist (zust. Duttge D/D/R Rdn. 75 und Satzger aaO), z.B. ein im Wege des Franchising vertriebenes Energiespargerät „praktisch unabsetzbar“ ist (BGH NStE Nr. 17 zu § 267 StPO). Will der Täter in diesem Sinne den Wert des Vermögens des Opfers nicht vermindern, so fehlt der erforderliche Vorsatz (vgl. nur BGH wistra 1987 24, 25 und 1988 348, 349: Unkenntnis des Marktwertes bei Gebrauchtwagenverkauf). Ein Tatbestandsirrtum (§ 16) liegt auch dann vor, wenn dem Täter unbekannt ist, dass ihn die Verkehrsanschauung oder normative Maßstäbe zur Abgabe einer vollständigen Erklärung zwingen (zust. Satzger aaO); daher ist die Abgrenzung zur garantenpflichtwidrigen Unterlassung, bei der ein Irrtum über die Garantenpflicht nach h.M. bloßer Verbotsirrtum (Gebotsirrtum) ist, auch praktisch wichtig: Unvollständige Angaben macht nur derjenige vorsätzlich, der den Soll-Zustand vollständiger Angaben und damit seine Verpflichtung zur vollständigen Erklärung kennt (BGH wistra 1993 225 f; Tiedemann LK § 264 Rdn. 142, § 265b Rdn. 98 und Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 231ff sowie GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 174). Dieser wegen des Fehlens von Fahrlässigkeitsstrafbarkeit wichtige Grundsatz verbindet den Betrug mit den (sonstigen) Fälschungsdelikten, aus denen er historisch hervorgegangen ist (Rdn. 14 Vor § 263). Der Grundsatz entspricht der Sache nach der h.M., auch wenn diese ihn meist nicht ausdrücklich formuliert (vgl. aber zu § 267 RGSt 52 88, 92; bedenklich Marxen EWiR 1999 519, 520, der nur auf die Kenntnis der tatsächlichen Umstände abstellen will). Immerhin spricht BGH wistra 1982 188 (f) vom erforderlichen „Täuschungsbewusstsein“, und die ganz h. M. nimmt zutreffend an, dass nur derjenige vorsätzlich täuscht, der die vorgespiegelte Tatsache für unwahr hält (zust. Fischer Rdn. 180; Hefendehl MK Rdn. 689; Satzger aaO Rdn. 218). Weiß der Täter in diesem Sinne nicht, dass von ihm zusätzliche Angaben z.B. im Rahmen einer Auskunftspflicht verlangt werden (Rdn. 54 ff), so kennt er die Unwahrheit seiner (unvollständigen) Erklärung nicht (BGH[Z] r + s 1986 190 [f] für den Abschluss einer Lebensversicherung; Tiedemann Jura 1981 26). Dasselbe gilt im Ergebnis mit Dammann/Kutscha (NJ 1999 285 zu BGHSt 45 1 ff), wenn der Täter eines Anstellungsbetruges meint, seine frühere MfS-Tätigkeit (Rdn. 224) sei schadensirrelevant, und daher die von ihm verlangten Auskünfte unvollständig (aber nicht ausdrücklich unrichtig) erteilt; er irrt hier über das Tatbestandsmerkmal der Unwahrheit seiner Erklärung. Im Fall BGHSt 45 1 ff hatte der Täter allerdings die frühere Tätigkeit bei einer Anhörung ausdrücklich abgestritten (vgl. Jahn JA 1999 628 ff). Die Annahme, in diesem Sinne lügen zu dürfen, ist nach h.M. nur ein Verbotsirrtum. Bei konkludenter Täuschung ist ferner ein Tatbestandsirrtum über den Vermögensschaden zu erwägen, der auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung zum Anstellungsbetrug bei Beamten stark normativiert ist. Meint der Täter also, die von ihm

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verschwiegene frühere Tätigkeit sei rechtlich kein Entlassungsgrund, so handelt er ohne Schädigungsvorsatz. In diesem Sinne muss der Vorsatz bei Erschleichung von Subventionen die Anspruchsvoraussetzungen umfassen (vgl. Rdn. 185) und sich zum Beispiel darauf erstrecken, dass sog. Einflussspenden und nichtgeleistete Parteispenden nicht in den Rechenschaftsbericht der Partei aufgenommen werden dürfen, um staatliche Förderung nach dem PartG zu beantragen (BGHSt 49 275, 300 ff, 305); ähnlich verneint BGH aaO S. 306 den Gehilfenvorsatz eines in die Abwicklung der Spendenzahlung eingeschalteten Angestellten des Spenders „mit Blick auf die äußerst komplexe Rechtslage“. – Übereinstimmung besteht in der Sache darin, dass kein Betrugsvorsatz vorliegt, wenn der Täter an die Durchführbarkeit eines geplanten Vorhabens glaubt (BGH wistra 1987 24 f: Errichtung und Betrieb eines Feriendorfs) oder den ernsthaften Willen zur Vertragserfüllung hat (BGH NStZ 1997 186 f; OLG Stuttgart NJW 1969 1975). Daher kann der Betrugsvorsatz bei Phantasten und Okkulttätern fehlen, wenn und soweit sie an die Wahrheit ihrer Behauptungen glauben (RGSt 49 21, 29 m.w.N.). Der Präzisierung der Täuschungshandlung (z.B. mit Blick auf die Verwendung hingegebenen Geldes) kommt daher besondere Bedeutung zu (Rdn. 12). Erleichtert wird die Vorsatzfeststellung auch durch mehrere Begründungsansätze für Täuschung und Schaden (z.B. bei der Lastschriftreiterei, Fahl Jura 2006 737). Beim Submissionsbetrug als Erfüllungsbetrug (Rdn. 165) fehlt der (Täuschungs- und Schädigungs-)Vorsatz, wenn dem Täter nicht bekannt ist, dass bei öffentlichen Aufträgen die künstliche Beschränkung des Wettbewerbs der Anbieter den hypothetischen Wettbewerbspreis an die Stelle des Vertragspreises treten lässt (Tiedemann ZRP 1992 150; zust. Satzger S. 177). Auf der anderen Seite genügt für den Schädigungsvorsatz die Kenntnis der Um243 stände, die mindestens einen Gefährdungsschaden begründen, etwa beim Kreditbetrug (Rdn. 212) die Kenntnis der fehlenden Bonität des Rückzahlungsanspruchs (BGH NStZRR 2001 328, 330), auch wenn der Täter beabsichtigt oder hofft, durch Erfüllung des Anspruchs den endgültigen Schaden abwenden zu können (BGH aaO und NStZ 2003 264).332 Hält der Täter aber zu Unrecht die bestellten Sicherheiten für ausreichend, so entfällt wiederum sein Schädigungsvorsatz (Lackner LK10 Rdn. 257). Auch bei Annahme des Täters, einen materiell begründeten Anspruch zu verfolgen, fehlt regelmäßig ein Schädigungsvorsatz (vgl. Rdn. 269; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 165 mit Nachw.), jedenfalls das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils. Die für den dolus eventualis ausreichende Möglichkeitsvorstellung kann sich auf alle 244 oder auf einzelne Tatbestandselemente beziehen (BGH wistra 1992 233, 234), insbesondere auf die Unwahrheit der aufgestellten Behauptung, auf den Eintritt eines Vermögensschadens oder auf die motivierende Wirkung des Irrtums für die Vermögensverfügung (Lackner LK10 Rdn. 257 mit Nachw. aus der RG-Rechtsprechung). Die Bejahung des voluntativen Elements (dazu im Einzelnen Rdn. 245 f) bedarf besonderer Prüfung, um eine hinreichende Abgrenzung gegenüber der straflosen bewussten Fahrlässigkeit zu gewährleisten (Seibert NJW 1956 1466 f). Dies wird in der Praxis nicht immer hinreichend ernst genommen (vgl. nur BGHSt 48 331, 346 und wistra 1982 188 f). Denkgesetzlich ausgeschlossen ist eine bloße Möglichkeitsvorstellung hinsichtlich eigener Absichten, vor allem in Bezug auf die Zahlungsunwilligkeit beim Kreditbetrug (Rdn. 212) und andere innere Tatsachen: Niemand kann mit der bloßen Möglichkeit rechnen, im

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BGH bei Dallinger MDR 1972 197 f; Lackner LK10 Rdn. 257 m.w.N.; ferner Bockelmann BT 1 S. 96; Maurach/Schroeder/Mai-

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wald BT 1 § 41, 137; Samson/Günther SK5 Rdn. 181; zweifelnd Fahl Jura 2006 737.

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gegenwärtigen Zeitpunkt etwas zu wollen oder nicht zu wollen.333 Hierauf beruht die eingeschränkte Praktikabilität des §263 beim Kreditbetrug (missverständlich Haft ZStW 88 [1976] 390 ff). b) Das voluntative Element des Vorsatzes („Wollen“) erfordert nach allgemeinen 245 Regeln eine Billigung von Tathandlung (Täuschung) und Erfolgseintritt (Vermögensschaden). Beim dolus eventualis wird die Billigung nach der Rechtsprechung zu einer solchen „im Rechtssinn“ herabgestuft (BGHSt 7 363, 369) und mit dem „billigenden Inkaufnehmen“ der Tatbestandsverwirklichung identifiziert (so auch § 17 Abs. 2 AE), während die Lehre überwiegend im Anschluss an § 16 E 1962 darauf abstellt, dass der Täter die Möglichkeit des Erfolges sieht und sich mit der Tatbestandsverwirklichung „abfindet“ (vgl. Vogel LK § 15 Rdn. 103 ff). Nach der Rechtsprechung sind die objektive Nähe und der Grad der Gefahr des Erfolgseintritts die wichtigsten Indizien für das Vorliegen von dolus eventualis (BGHSt 36 1, 10; Vogel aaO Rdn. 106 ff). Hält der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich, so liegt jedenfalls für die Rechtsprechung die Annahme von dolus eventualis im allgemeinen nahe. Insgesamt ist allerdings zu bedenken, dass diese Rechtsprechung ebenso wie das ausgedehnte Schrifttum meist am Beispiel der Gewaltdelikte ausgerichtet und daher für die Handhabung des Betrugstatbestandes nur im Grundsatz (sowie zur Frage der Verdrängung von Zweifeln, dazu Schroeder LK11 § 16 Rdn. 89 und 92 f) brauchbar ist (BGHSt 38 345, 350 mit Nachw.). Zutreffend stellt BGHSt 48 331, 347 heraus, dass der „Schluss von einem bestimmten Gefährdungspotential auf ein entsprechendes Wollen des Täters“ nicht zwingend ist und bei der Komplexität und Mehrdeutigkeit zahlreicher Wirtschaftsstrafsachen „das Wollenselement nicht ausschließlich aus der Perspektive der Schadenswahrscheinlichkeit betrachtet werden“ kann. Bei Fehlen einer überwiegender Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt umgekehrt eine Billigung durch den Täter nicht nahe (BGH NStZ-RR 2008 239 f). Der Tendenz nach ist die relativ großzügige Annahme von dolus eventualis durch die Praxis (Rdn. 244) gleichwohl zutreffend, da in Bezug auf den Betrugstatbestand die bei Gewaltdelikten beachtliche Hemmschwelle gegenüber der Herbeiführung des Erfolgseintritts fehlt: Wer unrichtige oder unvollständige Angaben (z.B. im Zusammenhang mit einem Kreditantrag) macht und dabei die Möglichkeit der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben erkennt, wird in aller Regel hinsichtlich der Täuschung mit bedingtem Vorsatz handeln (jedenfalls wenn der Täter selbst Kreditnehmer ist, vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 95). Relativ häufig wird es so sein, dass der Täter die Täuschung mit direktem Vorsatz vornimmt und sich um des erstrebten Vorteils willen mit der von ihm gesehenen Gefahr einer Vermögensschädigung des Opfers „abfindet“, diesen Erfolgseintritt also „billigend in Kauf nimmt“. Da sich bei § 263 das Opfer selbst schädigt und das Handeln des Täters auf die Täuschung oder sogar das Unterlassen der Aufklärung beschränkt ist, wird die Erkenntnis einer Möglichkeit des Schadenseintritts den vorsätzlich täuschenden Täter nur selten hemmen, vor allem soweit es nicht um das Ertrügen greifbarer Gegenstände, sondern um die Beeinträchtigung von Anwartschaften (Exspektanzen), die Herbeiführung einer konkreten Vermögensgefährdung u.ä. geht. Die den Schadensbegriff objektiv ausdehnenden Umstände (schadensgleiche Vermögensgefährdung, Verlust einer Exspektanz usw.) werden daher bei einschlägiger Kenntnis des Täters meist vom dolus

333

RGSt 30 334, 336; Lackner aaO m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung; ebenso Bockelmann BT/1 S. 69; Maurach/Schroe-

der/Maiwald aaO; Satzger S/S/W Rdn. 217; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 165; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 578.

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eventualis umfasst sein. Dies entbindet nicht von einer „Gesamtwürdigung des Einzelfalls“ (BGH NStZ 2004 218, 220; Vogel aaO Rdn. 113).

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Hervorhebung verdient, dass auch das voluntative Element nur auf die Tatbestandsverwirklichung als solche zu beziehen ist. Wer daher die schadensgleiche Vermögensgefährdung oder die typische Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung (Rdn. 243) erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben (zust. BGHSt 53 199, 204 Rdn. 17). „Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an“ (BGH aaO; zust. Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 578). Es ist daher zumindest missverständlich, wenn Haft (ZStW 88, 1976, 390 ff) für den Kreditbetrüger entscheidend auf Prognosen abstellen will.

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c) Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Vorsatzes ist die Vornahme der Täuschungshandlung, also der täuschenden Einwirkung auf das Opfer, bei sog. mehraktigen Verfügungen (oben Rdn. 111) nach h.M. auf die erste der beteiligten Personen (Lackner LK10 Rdn. 259). Genauer ist bei mehraktigen („gestreckten“) Täuschungen für den Versuch (Rdn. 276 ff) Vorsatz bei dem unmittelbaren Ansetzen zu der ersten vermögensrelevanten Täuschungshandlung ausreichend, während für Vollendungsstrafbarkeit voller Vorsatz bei jeder der Täuschungshandlungen zu verlangen ist (dagegen nicht bei solchen Handlungen, die für das Hervorrufen einer für die Verfügung wenigstens mitursächlichen Fehlvorstellung nicht mehr erforderlich gewesen sind). Die richtige Bestimmung des relevanten Zeitpunktes spielt vor allem dann eine Rolle, wenn der Täter aufkommende Zweifel wieder verdrängt (Rdn. 245). Ob der Täuschungs- und Schädigungsvorsatz noch im Zeitpunkt der Vornahme der Verfügung und/oder des Eintritts des Vermögensschadens vorliegt, ist unerheblich. Umgekehrt ist ein dolus subsequens, also die Fassung des Tatentschlusses nach gutgläubiger Vornahme der Täuschungshandlung, nicht bzw. nur dann relevant, wenn eine Täuschung durch garantenpflichtwidriges Unterlassen in Betracht kommt. Dies wird bei gutgläubiger Gefährdung der Vermögensinteressen des Opfers relativ häufig der Fall sein, da und soweit eine solche Gefährdung pflichtwidrig ist und eine Garantenstellung aus Ingerenz entstehen lässt (Rdn. 68).

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2. Die Absicht, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, gehört ebenfalls zum subjektiven Tatbestand. Sie ist subjektives Unrechtsmerkmal (vgl., oben Rdn. 3) und macht aus dem Betrug ein kupiertes Erfolgsdelikt, da mit dem Eintritt des Vermögensschadens beim Opfer nicht zwingend eine entsprechende Vermögensmehrung beim Täter (oder einem Dritten) verbunden ist (Hefendehl S. 152 ff mit Nachw.). Die Bereicherungsabsicht verleiht § 263 sein Gepräge und gestaltet ihn als typisches Bereicherungsdelikt aus (grundlegend Merkel S. 68 ff, 90 ff; ferner Mohrbotter S. 121 m.w.N.). Sie ist aber als Unrechtselement kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 (näher Rdn. 288). Die Absicht braucht sich nach h.M. entgegen dem Anschein des Gesetzeswortlauts und wie bei §§ 242, 253 nicht auf die Rechtswidrigkeit des Vorteils zu beziehen (aA T. Walter S. 279 f); insoweit genügt vielmehr dolus eventualis (BGHSt 31 178, 181; Rdn. 268). Das Erfordernis der Absicht wirft Probleme hinsichtlich der Abgrenzung vom Beweggrund (Motiv) einerseits und von als sicher vorausgesehenen Nebenfolgen andererseits auf. Zentrale Bedeutung für die Bestimmung des Wesens des Betrugstatbestandes kommt zusätzlich dem Merkmal der sog. Stoffgleichheit zwischen erstrebtem Vermögensvorteil und verursachtem Vermögensschaden zu.

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a) Absicht bedeutet (auf die Tatbestandsverwirklichung) zielgerichteten Willen und 249 schließt daher den dolus directus ersten Grades ein.334 Als intellektuelles Element genügt damit die Vorstellung des Täters, dass er sich den Vorteil (auch: nur möglicherweise, Küper BT S. 87) verschaffen werde; das Vorliegen der Absicht wird durch den Gedanken an das Misslingen der Vermögensverschiebung nicht ausgeschlossen (Lackner LK10 Rdn. 263 mit Nachw.; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 176). Die Formel von BGHSt 16 1, 7 (ebenso BGH NJW 2009 2900, 2902 Rdn. 21), es genüge die Voraussicht einer „sicheren … Folge“, ist von BGHSt 18 246, 248 und 21 283, 284 f dahin klargestellt werden, dass es ausreicht, wenn der Täter den Erfolg, auf den es ihm ankommt, für mindestens möglich hält (dazu Achenbach NStZ 2010 621, 622 Fn. 2). Zweifel bestehen demgegenüber im Hinblick auf das voluntative Element. Überein- 250 stimmung besteht heute im Ausgangspunkt darüber, dass es dem Täter (auch) darauf ankommen muss, den Vermögensvorteil zu erreichen, ohne dass dies aber sein Beweggrund sein müsste.335 Diese Ausweitung wird aus der Zugehörigkeit der Absicht zum (subjektiven) Tatbestand gefolgert. Unstreitig ist heute im Verhältnis von Rechtsprechung und Schrifttum auch, dass der Vorteil weder der einzige noch der überwiegende oder maßgebende Zweck des Handelns sein muss: Es genügt, wenn der Täter den Vorteil neben anderen (wichtigeren) Zielen oder nur als Mittel für einen anderweitigen Zweck anstrebt.336 Dies bejaht die neuere Rechtsprechung etwa in den Fällen des Beförderungsoder Leistungsbetruges, wenn der Täter in erster Linie wegen einer Veranstaltung keine Zeit versäumen, daneben aber auch eine wirtschaftliche Aufwendung ersparen will (BGHSt 16 1, 6),337 und des Provisionsvertreterbetruges, wenn der Vertreter durch Veranlassung eines Kunden zum Abschluss eines nachteiligen Vertrages seinem Geschäftsherrn einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen will, weil dieser notwendiges Mittel zur Erlangung der vom Täter angestrebten Auszahlung der Provision durch den Geschäftsherrn ist (BGHSt 21 384, 386; Hefendehl MK Rdn. 721; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 176, je m.w.N.). BGH NJW 2009 2900, 2902 (Rdn. 22) bejaht Bereicherungsabsicht auch für das Vorstandsmitglied eines Straßenreinigungsunternehmens, dessen überhöhte Rechnungen vorwiegend einen Tariffehler vertuschen, aber auch zu Mehreinnahmen des Unternehmens führen sollten („notwendiger zudem nicht einmal un-

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Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 77; Eisele BT II Rdn. 597; Gössel 2 § 21, 230; Hefendehl MK Rdn. 721; Hoyer SK Rdn. 272; Joecks Rdn. 97; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 494; Küper BT S. 86 ff; Lackner/ Kühl Rdn. 58; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 136; Mitsch BT 1 § 7, 116; Otto BT § 51, 88; Rengier BT I § 13, 238; Roxin AT I § 12, 13 (m.w.N. Rdn. 16); Satzger S/S/W Rdn. 226; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 176; Sonnen BT S. 166; Vogel LK § 15 Rdn. 90; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 579. Fischer Rdn. 190; Gössel aaO; Hefendehl aaO; Krey/Hellmann aaO; Lackner/Kühl aaO; Otto aaO; Rengier aaO; Satzger aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Wessels/ Hillenkamp aaO. Bockelmann BT 1 S. 97; Duttge aaO; Eisele

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BT II Rdn. 597; Gössel aaO; Hefendehl aaO; Krey/Hellmann aaO; Lackner/Kühl aaO; Mitsch BT 1 § 7, 116; Otto aaO; Rengier aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Welzel S. 377. Vgl. Rdn. 240. Zustimmend bzw. ebenso Duttge aaO; Eisele aaO; Kindhäuser Rdn. 209; Krey/Hellmann aaO; Lackner/ Kühl aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 579. Krit. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 132 ff (auch mit schweizer. Rechtsprechung); Fahl JA 1997 112 f; Küper BT S. 89; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 136; Welzel NJW 1962 20, 21. Zur falschen Namensangabe beim sog. Schwarzfahren, um der Strafverfolgung zu entgehen, DyllaKrebs NJW 1990 889.

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erwünschter Nebeneffekt“). Bereicherungsabsicht liegt auch bei TV-Moderatoren vor, welche die Zuschauer zur Wahl einer gebührenpflichtigen (Mehrwertdienste-)Telefonnummer und Teilnahme an einem Gewinnspiel auffordern und als eigenen Vorteil die dauerhafte Sicherung ihrer Anstellung bei dem TV-Sender anstreben (Schröder/Thiele Jura 2007 822 f; zur Festigung der beruflichen Position als wirtschaftlichem Vorteil auch AG Saarbrücken wistra 1991 3 18); dieser Vorteil ist bezweckt und die Bereicherung des Senders notwendiges Zwischenziel oder Mittel. Entgegen BGH NJW 1982 2265 f (für § 253) wird auch die Erschleichung eines Pfandrechts als Sicherung für eine unsichere Forderung als beabsichtigtes (und durchaus stoffgleiches!) Zwischenziel anzusehen sein (Bernsmann NJW 1982 2214, 2217). Besonders umstritten sind dagegen die Fallkonstellationen, dass der Täter die Zulassung zu einem Pferderennen erschleicht und nicht um des Gewinnes willen, sondern aus Sportleidenschaft handelt (Betrug bejahend RGSt 44 87, 90 f; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO), zwecks Werksspionage oder zur Aufdeckung und Publikation von Missständen im Betrieb eine Stellung als bezahlter Arbeiter annimmt (Cramer/Perron aaO und Haft/Hilgendorf BT I S. 98 einerseits; F. Geerds JR 1982 183, 184 andererseits: Fall Wallraff, vgl. BGHZ 80 25 ff) oder schließlich unter falschem Namen Waren (z.B. Blumen, Torten, Verlobungskarten) mit dem Auftrag bestellt, sie unter Einziehung des Kaufpreises bei dem Adressaten, dem der Täter Ärger bereiten will, der aber Annahme der Ware und Bezahlung verweigert, abzuliefern (Betrug bejahend BayObLG JZ 1972 25 f mit abl. Anm. Schröder und Bespr. Herzberg JuS 1972 185; Lackner LK10 Rdn. 261 m.w.N. zum Schrifttum, das wegen des primären Schädigungsmotivs Betrug teilweise ablehnt: Eisele BT II Rdn. 589; Joecks Rdn. 99; Krack FS Puppe S. 1205 ff; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 579; differenzierend nach Waren und Lieferungsleistung Herzberg JuS 1972 189; zust. LG Kiel NStZ 2008 219, 221 [bestätigt durch OLG Schleswig-Holstein bei Krack aaO Fn. 3] und Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 136; Betrug bejahen auch Hefendehl MK Rdn. 726, Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 497, Lackner/Kühl Rdn. 58, Rengier BT I § 13, 239 und Seelmann JuS 1982 748 f).

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Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen vor allem dann, wenn der Täter den Vorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines Verhaltens, das ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichtet ist, voraussieht; dies reicht – als dolus directus zweiten Grades – nicht aus (BGH NJW 1988 2623 f; Eisele BT II Rdn. 589; Rengier BT I § 13, 245, je m.w.N.). Damit wird eine Unterscheidung von (für die Strafbarkeit hinreichenden) noch beabsichtigten Zwischenzielen und (die Strafbarkeit ausschließenden) unvermeidlichen, aber als sicher vorausgesehenen Nebenfolgen erforderlich.

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Die Rechtsprechung grenzt danach ab, ob der als sicher eintretend vorausgesehene Bereicherungserfolg dem Täter innerlich erwünscht oder – etwa als „peinliche oder lästige Folge seines Handelns“ (BGHSt 16 1, 6) – innerlich unerwünscht ist. Das ist eine „nach dem emotionalen Kriterium“ vorgehende Betrachtungsweise (Küper BT S. 89), die Hefendehl (MK Rdn. 725) als „psychologisierend“ bezeichnet. Dies ist insofern zutreffend, als die Psychologie seit Freud den Wunsch als konkrete und durch individuelle Erfahrung angereicherte Form eines Motivs versteht, das seinerseits als Faktor definiert wird, der in die Aktivierung und Steuerung von Verhaltensweisen eingreift; es weitet sich aber auch bis zur „Ursache“ einer Handlung und einer finalen „Strebung“ aus (Nuttin Art. Motiv und Motivation, in Herders Lexikon der Psychologie, 1980/2007, mit Nachw.). Die Vorwürfe gegenüber der Rechtsprechung, sie vermöge „kaum sachgerecht (zu) differenzieren“ (Eisele BT II Rdn. 598), das Erwünschtsein sei nur ein „Indiz“ für das Erstreben von Nebenerfolgen (Rengier BT I § 13, 243) und die notwendige Folge vom Zwischenziel nicht abgrenzbar (Rengier JZ 1990 321) bzw. von der Rechtsprechung

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vermischt (Küper aaO), sind daher zu relativieren. Die Kritik des Schrifttums richtet sich auch ganz überwiegend nur gegen die teilweise „wenig plausible Begründung“ und nennt die eine Strafbarkeit verneinenden Ergebnisse „diffus billig“ (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 133). So hat OLG Köln JR 1970 468, 469 (mit zust. Anm. Schröder) einen Tierarzt vom Betrugsvorwurf freigesprochen, weil er (geringe) Gebühren für die angebliche Entnahme von Rinderblutproben (zur Untersuchung auf Brucellose) entgegennahm, obwohl er die 45 km lange Anreise zu zwei Tieren als lästig empfunden und daher unterlassen hatte; außerdem hatte angeblich ein Tier einen Kasten mit ca. 30 gefüllten Blutkanülen umgetreten, und der Tierarzt wollte die an einem heißen Sommertag in einem engen Stall „kaum zu bewältigende Arbeit“ der Wiederholung der Blutentnahme nicht vornehmen, sondern füllte die Kanülen mit dem Blut eines einzigen Rindes auf. Auch OLG Köln NJW 1987 2095 f sprach eine Angeklagte frei, die zwecks Erregung von Aufmerksamkeit die Entführung ihres Kleinkindes vorgetäuscht und von den Angehörigen beträchtliche Geldsummen angenommen hatte, um die Geschichte von der Entführung glaubhaft erscheinen zu lassen. BayObLG JZ 1994 584 (mit abl. Anm. Seier NZV 1995 34 f) hob die Verurteilung eines Pkw-Fahrers auf, der zur Vermeidung des Verlustes des Schadensfreiheitsrabatts gegenüber seinem Haftpflichtversicherer eine falsche Unfallanzeige eingereicht und dabei in Kauf genommen hatte, dass sein Versicherer keinen Schadensersatz leisten musste. KG NJW 1957 882 f schließlich hatte die Bestrafung eines Berliner Beamten abgelehnt, der gegenüber seiner Behörde Flugreise- statt der entstandenen Pkw-Kosten geltend machte, um ein Disziplinarverfahren (wegen des damals verbotenen Landweges nach Westdeutschland) zu vermeiden. Dagegen bestrafte BGH bei Lackner LK10 Rdn. 262 einen Täter, der sich zwecks Vornahme von Diebstählen in das Wartezimmer einer Arztpraxis begab und sich dort – wider Erwarten vom Arzt aufgerufen – zur Verhütung seiner Entlarvung als Dieb krank stellte und die ärztliche Behandlung in der Absicht entgegennahm, das Honorar des Arztes nicht zu entrichten. Freigesprochen vom Betrugsvorwurf wurde dagegen ein Verurteilter, der zur Erlangung von Strafaufschub gegenüber der Staatsanwaltschaft unrichtige Angaben machte und damit zugleich den Verfall der geleisteten Sicherheit abwendete (BGH NJW 1993 273 ff). Während das Schrifttum diese Rechtsprechung zu einem erheblichen Teil billigt,338 253 rügt eine beachtliche Minderansicht, dass sich die Rechtsprechung von dem Ausgangspunkt: der Definition der Absicht als zielgerichtetes Wollen (Rdn. 249), entferne und teilweise in Anlehnung an die überholte Tätertypenlehre ein Bereicherungsmotiv einführe, dass aber auch die inneren Gefühle praktisch nicht aufklärbar und beweisbar seien (Oehler NJW 1966 1633, 1635 f; Dencker FS Grünwald S. 91 ff; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 176). Rengier (JZ 1990 325 f) bezeichnet im Anschluss an Lackner (Niederschr. Bd. 12 S. 125) als Zwischenziel, „was gewissermaßen als Plattform anvisiert wird, um ein dahinterstehendes weiteres (außertatbestandliches) Ziel überhaupt erreichen zu können“, und will als sicher vorausgesehene unvermeidliche Nebenfolgen ebenfalls in den (motivfreien) Absichtsbegriff einzubeziehen; Geringfügigkeitsüberlegungen werden in den Geltungsbereich des § 263 Abs. 4, skurrile Fälle in den Anwendungsbereich der §§ 20, 21 verwiesen. Diese an sich klare Lösung, die sicheres Wissen ausreichen lässt, widerspricht

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Blei II S. 239 f; Fischer Rdn. 190; Gössel 2 § 21, 230 und 231; Hefendehl MK Rdn. 725; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 494; Lackner/Kühl Rdn. 58; Maurach/Schroeder/

Maiwald aaO; Otto BT § 51, 88; auch Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 176 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 579.

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allerdings sowohl dem Rechtsgefühl als auch der strafbarkeitseinschränkenden Funktion des Absichtsmerkmals beim Betrugstatbestand (Jerouschek GA 1999 419 f). Inwieweit sie noch der ganz herrschenden Unterscheidung von dolus directus ersten und zweiten Grades entspricht, soll als allgemeines Problem hier nicht weiter verfolgt werden. Lackner (LK10 Rdn. 262) stellt darauf ab, ob der vorgestellte Vorteil bei Bildung des Handlungsentschlusses „überhaupt … zu Buch schlägt“, also in Bezug auf den Vorteil tatsächlich Zweckverfolgung vorliegt. Demgegenüber hat die mit dem Gesetzeswortlaut durchaus vereinbare Lösung Rengiers den Vorteil, dass sie strikt zwischen Motivation (als Schuldbestandteil) und tatbestandsbezogenem Täterentschluss trennt. Klare Differenzierungen liefern auch die von v. Selle (JR 1999 312 ff) vorgetragenen Kriterien der zeitlich vorausgehenden Absicht und der Spontaneität ihrer Fassung und Umsetzung sowie der „nicht eigens repräsentierten Selbstverständlichkeit“ (daher kein Betrug im Arztpraxis- und im Ausbildungskurs-Fall). – Die Schwierigkeiten einer zutreffenden und für alle Fälle brauchbaren Grundsatzentscheidung sind offenbar auch dadurch bedingt, dass die rechtsgutsbezogene Absicht nicht nur ein (subjektives) Tatbestandsmerkmal, sondern auch ein Schuldelement ist (grundlegend dazu allgemein Schmidhäuser Gesinnungsmerkmale im Strafrecht, 1958, S. 186). Bereits dem Typus des (gewinnsüchtigen) Bereicherungsdelikts (Rdn. 248) widerspricht es tendenziell, unvermeidliche Nebenfolgen eines auf andere Zwecke gerichteten Handelns als strafbarkeitsbegründend anzusehen. Zutreffend lehnt daher Roxin (AT I § 12, 13) Betrug dort ab, „wo die Bereicherung dem anders motivierten Täter nur gegen seinen Wunsch und Willen aufgezwungen wird“. In Anlehnung an die sonstige Bewertung gewinnsüchtigen Handelns (vgl. BGHSt 1 388, 389 f; 3 30, 32) ist bei der Annahme finalen Bereicherungsstrebens eine restriktive Leitlinie zu verfolgen (Tiedemann FG BGH Bd. IV S. 562), die allerdings mit ihrem Bezug auf die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils sittliche Kriterien ausschließt. Trotz aller Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten verdienen damit bis zur Vorlage einer dogmatisch voll befriedigenden Lösung der Standpunkt der Rechtsprechung und die auf den Einzelfall abstellende Lösung Lackners den Vorzug (zust. Tiedemann aaO und auch Jerouschek aaO für den Wissenschaftsbetrug: keine Bereicherungsabsicht in Bezug auf das Honorar bei einem Wissenschaftler, der einer Fachzeitschrift einen wissenschaftlich dubiosen Aufsatz zur Veröffentlichung anbietet; vgl. bereits Rdn. 36 und 224 a.E.; ebenso allgemein zur Befriedigung von Berufsehrgeiz v. Selle aaO S. 313). Die Bereicherungsabsicht wird daher entgegen Lingens (NZWehrR 1999 71) im allgemeinen auch bei eigenmächtiger, zum Verlust der Dienstbezüge führender Abwesenheit des Soldaten von der Truppe (vgl. Rdn. 57) fehlen.

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b) Der Vermögensvorteil ist das Gegenstück zum Vermögensschaden und grundsätzlich nach denselben Prinzipien wie dieser zu bestimmen (dazu Rdn. 133 ff; zust. Satzger S/S/W Rdn. 225; krit. Dencker FS Grünwald S. 86 ff). Er ist abhängig vom Vermögensbegriff (Rdn. 127 ff) und besteht sowohl nach der wirtschaftlichen als auch nach den ökonomisch-juristischen (institutionellen) Vermögenslehren in der günstigeren Gestaltung der Vermögenslage, also in einer Erhöhung des wirtschaftlichen Wertes des Vermögens (BGH VRS 42 110 [ff] zu § 253; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 167 m.w.N.). Der Begriff ist somit enger als der des Vorteils in §§ 257, 331 ff. Außer Betracht zu bleiben haben alle nicht wirtschaftlichen (geldwerten) Vorteile, auch wenn sie mit „wirtschaftlichen Reflexwirkungen“ verbunden sind (vgl. nur Lackner LK10 Rdn. 264). So sind nach h.M. keine Vermögensvorteile: Abwehr von Straf- und Bußgeldansprüchen sowie Verwarnungsgeld (Rdn. 145), Eingehen einer „reichen Ehe“ (Rdn. 147), Erlangung des Geschlechtsverkehrs (außer mit Prostituierten; aA zum früheren Recht BGHSt 4 373, vgl. Rdn. 138), Kenntnisnahme von Berufsgeheimnissen (Rdn. 144).

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Alle Umstände, die auf der Seite des Opfers einen wirtschaftlichen Schaden begrün- 255 den, beispielsweise auch nur in Form einer konkreten Vermögensgefährdung, können gleichsam mit umgekehrten Vorzeichen im Vermögen des durch die Verfügung Begünstigten einen Vorteil darstellen, in dem genannten Beispiel als vermögenswerte Exspektanz (ausführlich Hefendehl MK Rdn. 705 ff). In Betracht kommen insbesondere: Erhalt der Früchte einer Straftat, z.B. von Bestechungsgeldern (RGSt 63 186, 190), Erlangen der mit einer behördlichen Freiheitsentziehung verbundenen wirtschaftlichen Vorteile (BGHSt 14 170, 171; vgl. Rdn. 104), Erwerb des Eigentums an Sachen (anstelle einer bestrittenen Geldforderung, mit der aufgerechnet wird, RGSt 57 370 f). Vermögenswerte Vorteile sind aber auch das Abwenden des drohenden Verlustes eines Vermögensgegenstandes (RGSt 73 296; Satzger S/S/W Rdn. 225); die Nichterbringung einer geschuldeten Leistung durch den Schuldner oder Dritte (OLG Stuttgart NJW 1962 502, 503); die Abwehr eines berechtigten (Schadensersatz-)Anspruchs (BGHSt 42 268, 271); das Ersparen von Aufwendungen, insbesondere die Nichterfüllung einer Forderung, die der Getäuschte nicht geltend macht oder nicht vollstreckt (Rdn. 229). Entsprechend der Vermögensgefährdung des Opfers beim Beweismittelbetrug (Rdn. 230) kann auch die Verbesserung der Beweislage einen Vermögensvorteil darstellen (RG R 2 599; Kindhäuser Rdn. 210; aA Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 167), z.B. auch durch eine – nur deklaratorisch wirkende – Gutschrift (BGHSt 6 115, 116 f mit Nachw.). Beim Prozessbetrug liegt allerdings Vollendung (Schädigung) und frühestens damit ein Vorteil des Täters erst mit Erlass der zumindest vorläufig vollstreckbaren Entscheidung vor (Rdn. 272); vorher fehlt es auch auf der Opferseite noch an einer konkreten Vermögensgefährdung (Rdn. 235 f). – Unmittelbar vermögenssteigernd wirkt ferner die Erlangung von Kredit, z.B. durch Wechseldiskontierung (RGSt 12 395, 396), oder die Stundung einer Forderung, z.B. im Wege der Wechselprolongation (RGSt 3 332, 333); beide Arten der Kreditierung haben im Wirtschaftsverkehr Geldwert, so dass es auf die für den Schaden des Opfers erforderliche Gefährdung oder Verschlechterung der Vermögenslage durch besondere Umstände (Rdn. 212 und 229) hier nicht ankommt. Auch das bloße Erlangen von Besitz ist anders als bei der Bestimmung des Vermögensschadens (Rdn. 190) schon wegen der tatsächlichen Verfügungsmöglichkeit ein Vermögenswert (RGSt 1 55, 57; BGH NJW 1989 918 [f]). Aus der Einordnung der Verbesserung der Prozesslage als Vermögensvorteil folgt, dass ein solcher Vorteil erst recht in der Erlangung eines Vollstreckungstitels liegt (RGSt 52 88, 92 f für einen ungewissen Anspruch). Damit nicht vereinbar ist die Ansicht, ein Pfändungspfandrecht stelle keinen Vermögensvorteil dar, wenn die Grundforderung nicht besteht (so aber OLG Hamm NJW 1956 194 f, das auf die Auffassung „billig und gerecht denkender Menschen“ abstellt). Hervorhebung verdient, dass die neuere Rechtsprechung in dem Erlangen eines fremden oder gefälschten Reisepasses keinen Vermögensvorteil (mehr) sieht (Rdn. 155; Fischer Rdn. 97 m.N. und 186). Nach allgemeinen Regeln kommt es schließlich auf spätere Ersatzleistung, Rückzahlung des Darlehens, Einlösung des Wechsels usw. nicht an (vgl. nur RGSt 12 395, 396; Schönke/Schröder/Cramer/Perron aaO). c) Mit dem Erfordernis der sog. Stoffgleichheit bezeichnet die h.M. einen besonderen 256 („funktionalen“) Zusammenhang zwischen Schaden und Vorteil: Der Täter muss den Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, dass der Vorteil „die Kehrseite des Schadens“ ist (BGHSt 6 115, 116), Vorteil und Schaden also „korrespondieren“ (BayObLG NZV 1995 33, 34 mit Anm. Seier; Küper BT S. 90) oder sich „entsprechen“ (Lackner LK10 Rdn. 265 a.E. m.w.N.). Ausgangspunkt dieses Erfordernisses ist die von Merkel (S. 118) auf der Grundlage der juristischen Vermögenslehre begründete Identitätstheorie, die den Betrug als Vermögensverschiebungsdelikt im strengen Sinne versteht und daher die Überführung eines Vermögensgegenstandes

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unter Wahrung seiner inhaltlichen (substantiellen) Identität in das Vermögen des Bereicherten verlangt. Damit wurde auf Substanzgleichheit abgestellt. In diesem Sinne besteht auch heute noch Stoffgleichheit beim Sachbetrug in der Identität des Tatobjekts (Kindhäuser Rdn. 212). Zu einer Abkopplung von dem realen Vermögenstransport musste indessen die wirtschaftliche Vermögensauffassung (Rdn. 130) führen, da sie zur Feststellung eines Schadens eine Saldierung verlangt und folgerichtig eine Wertverschiebung ausreichen lässt. Dies wird u.a. mit der Natur des Betruges als Vermögensdelikt gerechtfertigt (vgl. nur Seelmann JuS 1982 749; krit. Dencker FS Grünwald S. 84 f, der auch bei Merkel eine Saldierung entdecken und ihn der heutigen ökonomisch-juristischen Vermögenstheorie zurechnen will, sowie Kindhäuser FS Dahs S. 74 ff, der auf das Verhältnis des „Objekts der Vermögensminderung“, nicht des Vermögensschadens zum erstrebten Vorteil abstellt; ähnlich Hefendehl MK Rdn. 693). Von Vertretern der „institutionellen“ Vermögenslehren wird diese Ausweitung vor allem am Beispiel der Anwartschaften (Exspektanzen) zu dem vorläufigen Schluss weitergeführt, das Merkmal der Stoffgleichheit (im Sinne der „Kehrseitentheorie“, Hoppenz S. 29 ff) sei überhaupt überflüssig, da selbstverständlich, oder sogar verfehlt, weil zum einen ein Vermögensgegenstand stets individuell – in der Hand eines Wirtschaftssubjektes – zu bewerten sei (Hefendehl S. 48) und zum anderen eine vermögensmindernde Verfügung vorbehaltlich einer Kompensation stets zu einem Vermögensschaden und einem Vermögensvorteil führe (Hefendehl S. 162 f und MK Rdn. 709 ff). Vogel (§ 4 III 6c) sucht im Anschluss an Mohrbotter (S. 190 f) die erforderlichen Lösungen nur noch über die Rechtswidrigkeit von Schaden und Vorteil (dazu Rdn. 185 und 264). Demgegenüber will Wolfs (S. 77 ff) darauf abstellen, ob der vom Täter erstrebte Vorteil der Vermögensverfügung des Getäuschten „zurechenbar“ ist. T. Walter (S. 280 ff) hält das Problem der Stoffgleichheit allenfalls für ein solches des objektiven (Verfügungs-)Tatbestandes. Für die Lehre von der objektiven Zurechnung schließlich ergibt sich allgemein das Erfordernis der Unmittelbarkeit des Vermögensschadens daraus, dass der Risikozusammenhang zwischen der Täuschungshandlung des Täters, der Verfügung des Opfers und seinem (oder eines Dritten) Schaden zu wahren ist (Amelung NJW 1975 625; Pérez Manzano in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 221). – Das Problem der sog. Stoffgleichheit wird jedenfalls terminologisch nach heutiger Überzeugung einseitig und „missverständlich“ bzw. „irreführend“ so bezeichnet, wie BGHSt 34 379, 391 „namentlich bei der Vereitelung von Gewinnaussichten“ und Küper (BT S. 90) zusätzlich zur konkreten Vermögensgefährdung sowie zum individuellen Schadenseinschalg festhalten. Rechtsprechung und Lehre haben inzwischen aber terminologisch wie sachlich eine Reihe von Klarstellungen gebracht: Zunächst führt das Erfordernis einer Entsprechung von Schaden und Vorteil dazu, 257 dass mittelbare Schäden, die der Getäuschte durch Vornahme weiterer Handlungen nach der täuschungsbedingten Verfügung und Eintritt des Vermögensschadens herbeiführt, ebenso wie Folgeschäden, die z.B. durch die erschlichene Gebrauchsüberlassung entstehen, nicht unter den Betrugstatbestand fallen (zusammenfassend BGH NJW 1989 918 [f] und NStZ 2000 260, 261).339 Entscheidend ist nach der Rechtsprechung, „dass dieselbe Vermögensverfügung des Getäuschten, die den Täter oder einen Dritten bereichern soll, den Schaden unmittelbar herbeiführt“ (BGHSt 34 379, 391). Im Hinblick hierauf scheiden als relevante Betrugsschäden beispielsweise aus: entgehendes Arbeitsentgelt nach täu-

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Ebenso Fischer Rdn. 187 und 189; Gössel 2 § 21, 212; Kindhäuser Rdn. 215; Lackner/ Kühl Rdn. 59; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 141; Rengier BT I § 13, 246 ff;

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Satzger S/S/W Rdn. 229. Vgl. auch Gundlach MDR 1981 194 f und Hefendehl MK Rdn. 719.

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schungsbedingter Kündigung einer Arbeitsstelle im Hinblick auf einen vom Täter in Aussicht gestellten anderweitigen Vertragsschluss (BGH NStZ 1998 85 f); Kosten für die Rückreise mit einer Linienmaschine aus dem Urlaub wegen angeblich günstiger Kapitalanlage (BGHR § 263 Abs. 1 Stoffgleichheit 2); Wechselunkosten (BGHSt 6 115 ff); Prozesskosten (BGH NStZ 1998 570; BayObLGSt 1955 8, 10; oben Rdn. 162); Auswirkungen der gegen eine GmbH gerichteten Tat auf das Vermögen der Gesellschafter (BGHSt 51 29, 33 Rdn. 11 zu § 266); Beschädigungen bei Verwendung der aufgeschwindelten Sache (OLG Hamburg LZ 1919 447 [f]). Praktisch besonders wichtig ist die Ausscheidung von Zinsen sowie von Rechtsanwalts- oder Notarkosten (BGH NStZ 2002 433, 434 Rdn. 7; OLG Stuttgart JR 2002 214, 215 mit insoweit zust. Anm. Erb) und sonstigen Aufwendungen zur Rechtsverfolgung aus der Bereicherungsabsicht des Täters, der diese Nachteile des Opfers nicht als seinen Vorteil anstrebt (vgl. bereits Rdn. 162; BGH wistra 2002 263, 265 und NJW 2009 3173, 3175 Rdn. 33 mit Anm. Mosiek HRRS 2009 565 zu § 266). Dasselbe gilt für Kosten der Rückabwicklung des durch Täuschung erschlichenen Vertrages (OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2008 240) und Vermögensnachteile wegen Nichtdurchführung eines Vertrages (BGH NStZ 1998 85 und StV 1995 255; vgl. aber auch Rettenmaier/Kopf JR 2007 230 f). Beim Submissionsbetrug sind (pauschalierte) Schadenersatzansprüche (aus Vertrag oder Gesetz) beim Eingehungsbetrug nach der neueren BGH-Rechtsprechung nur mittelbare Folgen der durch Täuschung erreichten Auftragserteilung (Rdn. 165 mit Nachw.), dagegen beim nachfolgenden Erfüllungsbetrug unmittelbarer Gegenstand der (neuen) Täuschung (über die Höhe der nach § 812 BGB geschuldeten Zahlung, wobei die Verfügung im Unterlassen der Herabsetzung der vereinbarten Vergütung bzw. in der Zuvielzahlung und der Schaden in der Differenz von Vereinbarung und Wertersatzanspruch besteht, vgl. Rdn. 165a). Weitgehende Einigkeit besteht zwischen Rechtsprechung und Schrifttum auch über 258 die Behandlung und vor allem über die Ausscheidung bestimmter Fallgruppen, die als externe Vorteile bezeichnet werden können. Es geht auch insoweit um das Unmittelbarkeitsprinzip, mit dem zum einen Unmittelbarkeit der Verknüpfung des Schadens mit dem Vorteil in dem Sinne verlangt wird, dass ein und dieselbe Verfügung unmittelbar den Vermögens- oder Werttransport bewirken muss (so die Rechtsprechung; vgl. BGHSt 34 379, 391 mit Nachw.); dies allein führt allerdings nicht wesentlich über das Rdn. 256 genannte Erfordernis hinaus. Greifbarer (und zugleich letztlich entscheidend) ist zum anderen das Kriterium, dass der Vorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten erlangt bzw. angestrebt sein muss. Nach einhelliger Ansicht scheiden daher Belohnungen aus, die dem Täter für seine Tat von Dritten zugesagt werden (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 168 mit Nachw.).340 Einschlägig ist etwa der Fall, dass jemand für einen anderen die gegen den anderen verhängte Freiheitsstrafe verbüßt und dabei den Staat mit den oben Rdn. 146 als Schaden genannten Strafvollzugskosten belastet sowie eine Belohnung von Verurteilten erhält (RGSt 5 277, 279 f; Weidemann S. 143, 179); allerdings entsteht in diesem Beispielsfall das Problem, ob der Täter nicht den dem Schaden des Staates entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil (Unterbringung und Verpflegung, Rdn. 146) als notwendiges Zwischenziel ebenfalls anstrebt (dazu Rdn. 250 ff). Einen weiteren Beispielsfall bildet die durch Täuschung des Haftpflichtversicherers über einen Unfall erschlichene „Belohnung“ in Gestalt der Erhaltung eines Schadensfreiheitsrabatts für unfallfreies Fahren,

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Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 80; Eisele BT II Rdn. 599; Fischer Rdn. 188 f; Gössel 2 § 21, 204 und 213; Joecks Rdn. 99; Kindhäuser Rdn. 215; Krey/Hellmann BT 2

Rdn. 453; Küper BT S. 90; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 138; Rengier BT I § 13, 247; Satzger S/S/W Rdn. 230; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 168.

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wenn der unfallbeteiligte Versicherungsnehmer in Kauf nimmt, dass der Unfallgegner durch Unterbleiben der Schadensersatzleistung einen Nachteil erleidet (BayObLG JZ 1994 584 mit insoweit zust. Anm. Seier NZV 1995 34 f). Nicht „stoffgleich“ ist auch der Vorteil eines Patienten, der von seinem Hausarzt Rezepte für Übermengen an Medikamenten erhält, mit dem Schaden des Hausarztes durch drohende Regressansprüche der Krankenkasse (BGHSt 49 17, 23) oder das Einkassieren von Mietzins durch einen Täter, der betrügerisch einen Handwerker beauftragt, in einem fremden Miethaus die Heizung zu sanieren, damit der Täter gegenüber den Mietern fälschlich als Hauseigentümer auftreten kann (BGH NStZ-RR 2002 10). Schließlich erlangt bei Kursmanipulationen (z.B. beim sog. Scalping, Rdn. 49a) der Täter seinen Vorteil (Kursgewinn) nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Getäuschten (die ihre Aktien zu einem niedrigen Kurs verkaufen) und auch nicht aus der Bereicherung Dritter (die Aktien mit steigendem Kurs kaufen: BGH JZ 2005 90, 92; Hefendehl MK Rdn. 720; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO). Einen weiteren realitätsnahen Beispielsfall bildet Seier aaO S. 34 f: Belohnung eines Zeugen für seine Falschaussage im Zivilprozess durch einen Prozessbeteiligten. Bei Pingoder Lockanrufen (Rdn. 11 f) hängt die Stoffgleichheit des Schadens der Telefonkunden mit dem Gewinn des Mehrwertdienstleisters von dem Gebühreneinzugsverfahren ab (Brand/Reschke NStZ 2011 382 f gegen OLG Oldenburg wistra 2010 453 f). In dieselbe Fallgruppe gehören die praktisch wichtigen und von der neuen Rechtspre259 chung zutreffend eingeordneten Fälle des Betruges durch Provisionsvertreter, die den Vorteil der Provisionszahlung aus dem Vermögen ihres Geschäftsherrn anstreben, aber den über die Brauchbarkeit der Ware usw. getäuschten Besteller an seinem Vermögen schädigen. Eine frühere Rechtsprechung hatte sich insoweit darauf berufen, dass dieselbe Verfügung (der Bestellung) unmittelbar den Schaden des Kunden und den (aufschiebend bedingten: §§ 87, 87a HGB) Provisionsanspruch des Vertreters verursache (Lackner LK10 Rdn. 270 mit Nachw.). Seit BGHSt 21 384 ff ist demgegenüber zu Recht anerkannt, dass Stoffgleichheit mehr als nur unmittelbare Verknüpfung von Schaden und Vorteil bedeutet und dann entfällt, wenn der Schaden im Vermögen des Kunden entsteht, während der Vorteil aus dem Vermögen des Geschäftsherrn angestrebt wird. Zu bejahen ist in derartigen Fällen nur ein fremdnütziger Betrug des Provisionsvertreters, da die Bereicherung seines Geschäftsherrn notwendiges Zwischenziel zur Erlangung des Provisionsanspruchs ist (BGHSt aaO; ebenso für den fremdnützigen Betrug zugunsten des Versicherers BayObLG aaO [Rdn. 258] und für den Betrug zum Nachteil von Kapitalanlegern bei Zahlung der Vermittlerprovision aus Zinszahlungen der Betreiberunternehmen aus Einzahlungen anderer Anleger BGH NStZ 2003 264 sowie für die Täuschung des Kunden durch den Fahrer einer Mineralöltransportfirma über die gelieferte Ölmenge OLG Düsseldorf wistra 1985 110, 111). Daneben kommt aber auch ein Betrug zum Nachteil des Geschäftsherrn in Betracht, da und soweit diesem vom Täter angeblich einwandfreie Bestellungen, Forderungen, Quittungen usw. hereingegeben werden (BGHSt 21 384, 385).341 Unter dem Gesichtspunkt der „Stoffgleichheit“ als strafbar angesehen wurden auch 260 folgende Betrugsfälle, in denen der Vermögensschaden des Getäuschten als Bereicherung zunächst in das Vermögen eines Dritten transportiert wird und der Täter sich anschlie-

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Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 129; Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 78; Brand/Reschke NStZ 2011 382 f; Duttge aaO Rdn. 81; Eisele BT II Rdn. 600 f; Fischer Rdn. 188; Hefendehl MK Rdn. 720; Krey/Hellmann BT 2

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Rdn. 454; Küper aaO; Lackner/Kühl Rdn. 60; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 140; Rengier BT I § 13, 254; Satzger S/S/W Rdn. 231; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 169; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 586.

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ßend den Vorteil aus diesem Vermögen verschaffen will: Das Formular über den Kreditvertrag des Käufers mit einer Finanzierungsbank wird vom Verkäufer abredewidrig ausgefüllt, um von der Bank das Darlehen zur Deckung des Kaufpreises zu erlangen (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 270); der aufgrund einer Ausschreibung mit dem Schulneubau beauftragte Architekt lässt in das Angebot der Baufirma für sich eine von der Firma zu zahlende verdeckte Provision einkalkulieren (OLG Karlsruhe NJW 1968 560, 561). Hier wie auch in dem Fall (BGHSt 13 315 ff), dass der Reisende vom Fahrkartenverkäufer über die Höhe des Fahrpreises getäuscht, der zuviel gezahlte Betrag in die Kasse gelegt und vor der Abrechnung der gleiche Betrag wieder entnommen wird, stellt sich allerdings das Problem der Stoffgleichheit nicht, da und soweit ein fremdnütziger Betrug (im letzten Fall: zugunsten der Bahn) vorliegt (vgl. Rdn. 271). – Zusammenfassend und klarstellend gegenüber dem missverständlichen Ausdruck „Stoffgleichheit“ ist also erforderlich, dass Vorteil und Schaden auf derselben Verfügung beruhen und der Vorteil zu Lasten des geschädigten Vermögens geht (BGHSt 34 379, 391 und NStZ 1998 85 f). Die Einbeziehung notwendiger Zwischenziele in die Bereicherungsabsicht (Rdn. 251 ff) führt dabei nicht selten zur Strafbarkeit solcher Fälle, die auf den ersten Blick durch einen Vermögenszufluss über ein Drittvermögen gekennzeichnet sind (so wohl auch der Rdn. 250 genannte Grenzfall des BayObLG, in dem der Schaden des Lieferanten notwendiges Zwischenziel für den Vorteil des Täters ist: Vogel § 4 III 6 Fn. 766; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 168). Eine inhaltliche Klärung durch die neuere Rechtsprechung und Literatur haben ferner 261 die Fälle von Rechtsschein und Garantieerklärung erfahren. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Verfügung des Getäuschten, z.B. des gutgläubig Eigentum Erwerbenden oder des Schecknehmers bei Auszahlungsgarantie, zwar nur die Minderung des eigenen Vermögens bezweckt und insoweit auch eine entsprechende Bereicherung des Täters erfolgt, die eigentliche, endgültige und unmittelbar durch die Verfügung ausgelöste Schädigung aber im Vermögen eines Dritten, z.B. des bisherigen Sacheigentümers oder des die Scheckeinlösung garantierenden Dritten, erzeugt wird (Rdn. 117). In diesen Fällen wird heute die „Stoffgleichheit“ bejaht (früher: unterstellt, Lackner LK10 Rdn. 271 und 324 mit Nachw.), insbesondere seit BGHSt 24 382, 386 (zur früheren Problematik der Scheckkartengarantie). Während die Einheitlichkeit der Vermögensverfügung in den Garantiefällen nicht zweifelhaft ist, wird das Argument, dass Schaden und Vorteil aus demselben Vermögen stammen müssen, von Lackner (LK10 Rdn. 274) als begriffsjuristisch abgetan; es sei ein Wertungswiderspruch, bei der Vermögensminderung eine Kompensation anzuerkennen (oben Rdn. 159 ff), wenn beim Vorteil nicht angenommen werde, dass er auch „auf Kosten des ausgleichenden Vermögens gewonnen“ werden kann (im Anschluss an OLG Köln NJW 1978 713, 715 und Heimann-Trosien JZ 1976 551). Allerdings passt diese Erklärung unmittelbar nur für die Garantie-, nicht oder nur eingeschränkt dagegen für die Rechtsscheinfälle, in denen schwerlich die Rede davon sein kann, der Schaden werde auf einen „dahinterstehenden Dritten abgewälzt“ (so aber Lackner aaO, der auch für die Rechtsscheinfälle in der Einbuße des geschädigten Dritten „zugleich das Äquivalent für die dem Bereicherten zufließende vermögenswerte Leistung“ sieht). Nur in einem weiteren Sinne, der allerdings zu der Einordnung des Betrugstatbestandes als Vermögensdelikt passt, lassen sich die Tendenzen zur Ausweitung der Betrugsstrafbarkeit durch den Kompensationsgedanken rechtfertigen. Im Einzelnen liegt bei richtiger Betrachtung in den Garantiefällen ein Dreiecksbetrug vor, der auch von der Rechtsprechung anerkannt wird (und mit Bejahung der normativen Nähebeziehung und der Bereicherungsabsicht zur Strafbarkeit führt; zust. Satzger S/S/W Rdn. 232; ebenso Eisele BT II Rdn. 599; T. Walter S. 282). Die Frage der Stoffgleichheit stellt sich dann

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nicht mehr. Ähnlich liegt es letztlich in den Rechtsscheinfällen, bei denen aber keine Einheitlichkeit der Vermögensverfügung mehr gegeben ist: Die letztlich erstrebte Bereicherung des Täters (Verkaufserlös) beruht auf einer anderen Verfügung als die Schädigung des ursprünglichen Eigentümers (durch Übereignung der Sache). Walter aaO sieht auch hier einen „adressatenbegünstigenden“ Dreiecksbetrug dergestalt als gegeben an, dass sich der Getäuschte das Eigentum des Dritten „leistet“ (wobei entgegen Walter auch hier das normative Näheverhältnis ausreicht, Rdn. 117, und es auch nicht an der Absicht des Täters fehlt, dem Getäuschten zum Eigentumserwerb zu verhelfen, vgl. Rdn. 249 ff). Die Stoffgleichheit wirft also in diesem Fallbereich keine Probleme auf. Mit Blick auf die früher als problematisch angesehene „Stoffgleichheit“ bei der Schä262 digung um Anwartschaften (Exspektanzen) hat bereits Lackner (LK10 Rdn. 274) darauf hingewiesen, dass der Bereicherte (z.B. bei einer Submission) den Gewinn unmittelbar zu Lasten des Geschädigten (z.B. des aussichtsreichsten Konkurrenten) macht, der die geldwerte Aussicht auf denselben Gewinn einbüßt (zust. BGHSt 34 379, 391 f; so auch Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 168). Ebenso führt bei der Erschleichung von Parteienfinanzierung die Festsetzung einer zu hohen Förderquote durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages unmittelbar zu einem entsprechenden Quotenschaden der anderen Parteien (BGHSt 49 275, 304 mit Bespr. Saliger/Sinner NJW 2005 1073 ff). Dem entspricht es, wenn Hefendehl (S. 160 ff) sowohl dieses Problem als auch das der schadensgleichen Vermögensgefährdung342 durch die Überlegung löst, dass der Gefährdung des Opfers nicht nur eine spiegelbildliche, sondern sogar identische Exspektanz des Täters (oder des dritten Begünstigten) entspricht, die nach allgemeinen Grundsätzen Vermögenswert hat. Erreicht der Grad der Gefährdung eine messbare Risikosteigerung, so ist der Täter im Autovermieter-Fall BGHSt 21 112 ff bereichert und der Getäuschte um denselben Betrag geschädigt, wenn der Getäuschte für seine Leistung den normalen Preis berechnet (Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 123; ebenso BGHSt 54 69, 126 f Rdn. 168 zum Versicherungsbetrug – Al Qaida). Problematisch erscheinen jedenfalls unter den Annahmen der Identitätstheorie 263 (Rdn. 256) die Fälle der Schadensbegründung durch individuellen Schadenseinschlag und Zweckverfehlung. Bei dem persönlichen Schadenseinschlag wird zum Teil die Stoffgleichheit ohne nähere Prüfung bejaht oder unterstellt (so die Rechtsprechung seit RGSt 16 1 ff und ein Teil des Schrifttums);343 teilweise werden Schaden und Vorteil auf den Kaufpreis oder auf einen Teil desselben bezogen (so Otto Struktur S. 208; Weidemann S. 155). Lackner (LK10 Rdn. 272 und 274) meint dagegen, der Vorteil ergebe sich aus der regulären Gewinnspanne des normalen Kaufgeschäfts, während der Schaden des Opfers sich auf den Teil des Kaufpreises beziehe, der den nach individuellen Maßstäben ermittelten Wert der Gegenleistung übersteigt (ebenso Satzger S/S/W Rdn. 234; dagegen aber Rengier BT I § 13, 253). Auch Lackner bejaht jedoch den erforderlichen funktionalen Zusammenhang, da der Täter nicht aus dem Vermögen Dritter, sondern aus dem des Opfers bereichert wird und sein Vorteil nur „auf einer anderen Ebene“ als der Nachteil des Opfers liegt (im Ergebnis übereinstimmend Hoyer SK Rdn. 271; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 168; Hefendehl MK Rdn. 717 mit Lösung über eine vermögenswerte Exspektanz). Arzt(Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 123) gelangt mit einer überzeugenden Begründung zur Bejahung von „Stoffgleichheit“, die er nicht auf die einzelnen zu

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Krit. Schmoller ZStW 103 (1991) 100 f, 113 f; Samson/Günther SK5 Rdn. 190 m.w.N.

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PolBl BW 1967 179 und JuS 1969 327; dagegen insbesondere Weidemann NStZ 1985 209.

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saldierenden Rechnungsposten, sondern auf den Saldo zwischen Leistung und Gegenleistung bezieht: Der Vorteil liegt im vollen Kaufpreis, ohne dass der Käufer im Fall BGHSt 16 321 ff dafür einen vollen Gegenwert erhält (zust. auch Eisele BT II Rdn. 602; Rengier aaO); der Saldo erfasse auch mittelbare Folgen im Vermögen des Opfers, z.B. Liquiditätseinbußen oder Zwang zur Aufnahme hoch verzinslicher Darlehen (Rdn. 257; dazu bereits Rdn. 263 unter dem Gesichtspunkt der Vermögensgefährdung). – Bei der Begründung des Schadens aus einer Zweckverfehlung im privaten oder öffentlich-rechtlichen Bereich (Rdn. 182 ff) hat vor allem R. Schmitt Bedenken gegen die Existenz der Stoffgleichheit erhoben.344 Lackner (LK10 Rdn. 274) hält dem entgegen, dass hier sogar die Identität gewahrt bleibe, da der Zweckverfehlung auf der Opferseite als Umkehrung die dem Bereicherten zugute kommende Zweckentfremdung gegenüberstehe. Bedenken hiergegen ergeben sich aber daraus, dass bei der Zweckverfehlung als Vermögensschaden entscheidend der nicht-ökonomische Sinn der Leistung ist (Rdn. 184), während der Täter als Vorteil höchst direkt einen Geldwert anstrebt. Auch hier lässt sich aber über den Kompensationsgedanken (Rdn. 185) eine die h.M. stützende angemessene Lösung finden. d) Die Rechtswidrigkeit des unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten an- 264 gestrebten Vorteils ist nach einer von RGSt 5 352, 353 f begründeten und auch vom Schrifttum heute nahezu einhellig gebilligten Formel danach zu bestimmen, dass auf den Vorteil kein Rechtsanspruch besteht.345 Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach Zivil- und öffentlichem Recht (BGHSt 3 160, 162; 49 275, 302 ff)346 und kann im Einzelfall zu schwierigen außerstrafrechtlichen Fragen führen (z.B. bei der Geltendmachung von Fangprämien oder pauschaliertem Schadensersatz gegenüber Ladendieben, vgl. dazu nur Lackner aaO Rdn. 282; BGH[Z] NJW 1980 119 ff, je m.w.N.). Selbst wenn eine Forderung bereits tituliert ist, hat der Strafrichter die außerstrafrechtliche Rechtslage ohne Bindung an die Entscheidung des Zivilgerichts (usw.) zu beurteilen (und ausreichende Feststellungen dazu zu treffen, BayObLG StV 1990 165). Beim Erfüllungsbetrug liegt somit nach h.M. ein rechtswidriger Vermögensvorteil bereits darin, dass der Täter mehr erhält, als er vertraglich beanspruchen kann, bzw. weniger leistet, als er zu leisten verpflichtet wäre (BGHSt 49 275, 305; OLG Stuttgart JR 1982 470, 471 mit Anm. Bloy und weit. Nachw.). Beim Eingehungsbetrug besteht im Geltungsbereich der Privatautonomie, also außerhalb der Geltung von Kontrahierungszwang, von vornherein keinerlei Anspruch des Täters (auf Abschluss eines günstigen Vertrages). – Das Erfordernis der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils begrenzt den Betrug in seiner Reichweite objektiv (Küper BT

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Übereinstimmend Joecks Vermögensverfügung S. 105; Lackner/Kühl Rdn. 40; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 123; Mitsch, BT 1 § 7, 97; Riemann S. 61 f und 111 ff; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 143 ff; Welzel S. 376; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 571; Krit. Otto BT § 51, 70 ff. So insbesondere BGHSt 19 206, 216; Bockelmann BT 1 S. 98; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 82; Eisele BT II Rdn. 604; Fischer Rdn. 191; Haft/Hilgendorf BT I S. 98 f; Hefendehl MK Rdn. 729; Hoyer SK Rdn. 274 (der bereits den Schaden verneint: Rdn. 275); Joecks Rdn. 100; Kind-

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häuser Rdn. 218; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 499; Küper BT S. 84; Lackner/Kühl Rdn. 61; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 143; Mitsch BT 1 § 7, 124; Otto BT § 51, 94; Rengier BT I § 13, 265; Satzger S/S/W Rdn. 237 (der ebenfalls bereits den Schaden verneint); Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 172; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 581; aA Welzel S. 377. Ebenso Fischer aaO; Hefendehl MK Rdn. 731; Kindhäuser NK Rdn. 372; Lackner/Kühl aaO; Schmidhäuser BT 11/38; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 174 mit weiteren Rechtsprechungsnachw.

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S. 84 und NStZ 1993 313, 314 f m.w.N.). Zutreffend weist Vogel (§ 4 IV 2) im Anschluss an Hegler darauf hin, dass sich in diesem Tatbestandserfordernis ein überindividueller Legitimationsaspekt über die Schädigung fremden Vermögens durch Täuschung hinaus verbirgt, weil die Schädigung fremden Vermögens erst dadurch als sozial unerträglich und daher unrecht ausgezeichnet wird, dass sie im Widerspruch zu der rechtlichen Vermögens(zu)ordnung erfolgt (vgl. bereits Rdn. 185). Zu Recht machen ferner Rengier (BT I § 13, 267) und Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 173) darauf aufmerksam, dass auf diese Weise auch der rein wirtschaftliche Vermögensbegriff im Ergebnis grundsätzlich korrigiert wird (zust. Hefendehl MK Rdn. 737; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 583 m.w.N.). Küper (BT S. 85) bezeichnet die Einordnung der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils als Merkmal des objektiven Tatbestandes zu Recht als heute überwiegend anerkannt. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils nach materiellem Recht 265 bedeutet, dass die Rechtswidrigkeit entfällt, wenn der Täter auf den Vermögensvorteil einen fälligen und einredefreien Anspruch hat 347 (nach richtiger Auffassung fehlt es dann sogar schon am Schaden, Rdn. 186 und 194; ebenso Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 145 m.w.N.). Dabei ist es gleichgültig, ob der verfolgte oder abgewehrte Anspruch obligatorisch oder dinglich ist und ob es sich um eine Gattungs-, Spezies- oder Geldschuld handelt (zust. Eisele BT II Rdn. 604 und Satzger S/S/W Rdn. 237); die im Verhältnis zu § 242 (vgl. Vogel LK § 242 Rdn. 40 ff mit Nachw.) unterschiedliche Behandlung der Gattungsschuld ist dadurch bedingt, dass der Schuldner durch seine Vermögensverfügung von seinem Auswahlrecht Gebrauch gemacht hat (Seelmann JuS 1982 749). Als „einredefrei“ sind nur Ansprüche anzusehen, die frei von Einreden und Einwendungen, aber auch von Anfechtungs-, Rücktritts-, Widerrufs-, Kündigungs-, Wandlungs- und Minderungsrechten sind; der Möglichkeit einer Einrede stehen also Rechte gleich, die durch einfache Gestaltungserklärung den Anspruch zunichte machen. Bei Täuschung über die Tatsache der Verjährung und daraufhin erfolgender Leistung liegt übrigens trotz § 214 Abs. 2 BGB ein Betrug vor, da diese Vorschrift nur freiwillige Leistungen des Schuldners betrifft und daher bei Zwang(svollstreckung), aber auch bei Täuschung nicht anwendbar ist (Staudinger/Peters/Jacoby § 214 Rdn. 37). Lässt sich bei der Ehevermittlung (§ 656 BGB) der Vermittler die Vergütung bereits bei der Vermittlung auszahlen, so strebt er nach BGH NJW 1989 1435, 1436 (a.E.) keinen rechtswidrigen Vermögensvorteil an (dazu bereits Rdn. 150). Kein Betrug ist auch die Erschleichung der Zahlung bei sonstigen Naturalobligationen wie Spiel und Wette (vgl. § 762 BGB und Fischer Rdn. 192; aA Kindhäuser NK Rdn. 375 und Satzger S/S/W Rdn. 241, da es im Belieben des Täters stehe, ob er die unvollkommene Schuld erfüllen will). – Da nur das materielle Recht maßgebend ist, kommt es nach heute h.M. auf die Art der prozessualen Durchsetzung oder Abwehr des Anspruchs nicht an: Wer einen fälligen und einredefreien Anspruch hat und diesen mit Täuschungsmanövern durchsetzt, weil z.B. die Beweisbarkeit des Anspruchs unsicher ist, strebt ebensowenig einen rechtswidrigen Vorteil an wie derjenige, der einen sachlich unbegründeten Anspruch mit unlauteren Mitteln abwehrt (BGHSt 42 268, 271).348 Maßgebend ist also allein, ob das mit der Täuschung verfolgte Endziel der

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Blei II S. 239; Eisele BT II Rdn. 604; Fischer Rdn. 192; Hefendehl MK Rdn. 729; Joecks Rdn. 100; Kindhäuser Rdn. 218; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 499; Küper BT S. 84; Lackner/Kühl Rdn. 61; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 143; Mitsch BT 1 § 7,

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122; Otto BT § 51, 97; Rengier BT I § 13, 265; Satzger S/S/W Rdn. 240; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 173; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 583. Mit Anm. Arzt JR 1997 469 und Kudlich NStZ 1997 432. Ebenso BGHSt 3 160,

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Rechtsordnung entspricht (BGHSt 20 136, 137 mit Bspr. Schröder JZ 1965 513 ff für § 253): „Auf die Art des täuschenden Mittels kommt es nicht an“ (BGH wistra 1982 68 [f]). Hieraus ergibt sich nach ganz h.M. die Straflosigkeit des sog. Beweismittel- und des sog. Selbsthilfebetruges (bei dem es nach der neueren Rechtsprechung aber schon am Schaden fehlt, Rdn. 194 und 231; vgl. auch unten Rdn. 269 f zum Irrtum in diesen Fällen). Es ist somit im Ergebnis gleichgültig, ob die Erschleichung von Beweismitteln im Sinne von Rdn. 230 einen wirtschaftlichen Nachteil des Getäuschten begründet. Dasselbe gilt nach BayObLGSt 1955 3, 7 und Lackner/Kühl (Rdn. 61) für die Besserstellung des Täters durch Erschleichung von Schecks und Wechseln; dies ist zutreffend, weil die Hingabe dieser Wertpapiere erfüllungshalber erfolgt (§ 364 Abs. 2 BGB) und nur eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit unter Weiterbestand der bisherigen Forderung bietet (Palandt/Grüneberg § 364 Rdn. 8). Da die Aufrechnung eine von der Rechtsordnung als gleichwertig anerkannte Art der Erfüllung ist (vgl. §§ 387 ff BGB), macht auch die Erschleichung der Aufrechnungslage, z.B. durch Aufnahme eines Darlehens mit anschließender Erklärung der Aufrechnung gegenüber dem Darlehensgeber, den Vorteil nicht rechtswidrig.349 Dagegen besteht kein Recht darauf, anstelle einer bestrittenen Geldforderung Waren (RGSt 63 186, 187) oder einen Wechsel zu erhalten (BGH StV 2000 78, 79). Sonderfälle betreffen das Insolvenz- und das Kartellrecht: Wenn der Schuldner wegen 266 Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Verfügungsbefugnis mehr hat und der Gläubiger bei ordnungsmäßigem Vorgehen mit seiner Forderung ganz oder teilweise ausfallen würde, wird die Erschleichung der Erfüllung als rechtswidrig angesehen (Hefendehl MK Rdn. 730; Otto Struktur S. 231; Satzger S/S/W Rdn. 240); das Insolvenzrecht wird also wegen des Übergangs des Verwaltungs- und Verfügungsrechts des Schuldners auf den Insolvenzverwalter und der Unwirksamkeit von Verfügungen des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 80, 81 InsolvenzO) als Teil des materiellen Rechts behandelt, obwohl es (nur) die Befriedigungsweise, also die Vollstreckung, betrifft (vgl. § 1 InsolvenzO). Wehrt der Schuldner dagegen mittels Täuschung eine kartellrechtlich überhöhte und daher teilweise nichtige Preisforderung ab, so wird die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils hinsichtlich des überhöhten Teils der Forderung verneint (BGHSt 8 221, 226 zur MRVO Nr. 78; zust. auch unter der Geltung des GWB Immenga/Mestmäcker2 § 1 Rdn. 408 und für die Preisdiskriminierung nach § 20 GWB van Venrooy BB 1979 555, 556 ff). Im Preisrecht gilt allgemein der Grundsatz, dass nur im Hinblick auf den unzulässigen Teil des Rechtsgeschäfts (Teil-)Nichtigkeit besteht (BGHZ 89 316, 319 f; oben Rdn. 165b). Ist in diesem Sinne (oder allgemein) ein Anspruch nur teilweise begründet und will der Täter den Anspruch mittels Täuschung ganz durchsetzen, so ist (nur) der angestrebte überschießende Vermögensvorteil rechtswidrig (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 276). Die Rechtswidrigkeit kann im Übrigen auch darauf beruhen, dass die Rechts-

162 f; BGH wistra 1982 68 (f) und JR 1999 336, 337 (zu § 253) mit Anm. Graul; BayObLG StV 1995 303, 304; OLG Düsseldorf JR 1998 478, 479 mit insoweit zust. Anm. Krack; Blei aaO; Bockelmann BT 1 S. 99; Eisele BT II Rdn. 605; Fischer aaO; Gössel 2 § 21, 221; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 500; Küper S. 84; Lackner/Kühl aaO; Mitsch aaO; Otto BT § 51, 94; Rengier aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO;

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Wessels/Hillenkamp aaO; aA Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 125 und Arzt aaO S. 471: „Integration der Beweislage als wirtschaftlicher Faktor in den Vermögensbegriff“ (zustimmend oben Rdn. 230). BGH NJW 1953 1479; Eisele BT II Rdn. 604 f; Kindhäuser NK Rdn. 373; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 490; Lackner/Kühl aaO; Otto BT § 51, 101; Rengier BT I § 13, 266.

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ordnung die Hinnahme eines Verlustes oder die Erfüllung einer Verbindlichkeit verlangt (OLG Stuttgart NJW 1962 502, 503; Lackner aaO Rdn. 280; zu Schaden und Vorteil bei dieser Konstellation oben Rdn. 186 und 264).

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Eine differenzierte Behandlung erfordern schließlich die Fälle, in denen der Täter eine Leistung erschleicht, die das Opfer aus einem anderen Rechtsgrund schuldet. Allgemein richtet sich die Bestimmung der Rechtswidrigkeit der so erlangten Leistung danach, ob der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit wird oder nicht; nur im zweiten Fall liegt Betrug vor (BGH NJW 1953 1479 f und wistra 1982 68 f; Hefendehl MK Rdn. 735; Kindhäuser NK Rdn. 375; Satzger S/S/W 239). Dies wird praktisch bei der Erschleichung von Subventionen und sonstigen staatlichen Leistungen, auf die der Täter aus anderen als den von ihm angegebenen Tatsachen einen Anspruch hat. Im Rahmen des § 264 wird eine Kompensation von der Rechtsprechung in bewusster Abkehr von der Lösung bei § 263 abgelehnt, weil § 264 (auch) der Fehlleitung von Subventionen entgegenwirken und damit das Vergabeverfahren schützen wolle (zuletzt BGHSt 36 373, 374 ff; einschränkend Tiedemann LK § 264 Rdn. 102 m.w.N.). Bei § 263 soll es dagegen insbesondere nach der Rechtsprechung nicht auf die Geltendmachung des anderen Anspruchs ankommen; maßgebend ist vielmehr der „wirkliche Sachverhalt“ (BGH MDR 1983 419, 421 zur Gewährung von Fördermitteln nach dem KrankenhausfinanzierungsG). Daher soll nach Lackner (LK10 Rdn. 278) der Antrag eines Beamten auf Ersatz von Umzugskosten nicht zu einem rechtswidrigen Vorteil führen, wenn statt der zu Unrecht aufgeführten, weil nicht entstandenen Speditionskosten andere, nicht geltend gemachte, aber an sich erstattungsfähige Umzugsaufwendungen vorliegen (aA Otto Struktur S. 231). RGSt 60 294 f nimmt aber für diesen Fall eine Mehrheit selbständiger Ersatzansprüche und deshalb Betrug an, weil die Bezahlung der angeblichen Speditionskosten den Dienstherrn des Beamten nicht von der Verpflichtung zur Erstattung der anderen Auslagen befreie (zust. Kindhäuser aaO). Unabhängig von der Richtigkeit dieser Einzelfallentscheidung ist dem RG darin zuzustimmen, dass allgemein keine Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils vorliegt, wenn die durch Täuschung erlangte Leistung rechtlich oder tatsächlich die Geltendmachung des wirklich bestehenden Anspruchs ausschließt (so ausdrücklich RG aaO; Fischer Rdn. 191; Kindhäuser aaO). Maßgebend hierfür ist, ob es wirklich um mehrere Ansprüche geht, die nebeneinander bestehen oder sich gegenseitig ausschließen, oder ob nur mehrere Tatsachen vorliegen, die zu demselben Anspruch führen. Überhaupt ausgeschlossen ist eine Kompensation, wenn die Anspruchsvoraussetzungen fest umschrieben sind und vom Täter nicht erfüllt werden, wie z.B. die Abrechnungsfähigkeit der von einem Vertragsarzt (früher Kassenarzt) erbrachten Leistung nach der kassenärztlichen Gebührenordnung (Rdn. 39; BGH NStZ 1995 85, 86 mit Anm. Hellmann S. 232 f und bereits 1993 388, 389, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet von BVerfG NJW 1998 810). Die entgegengesetzte Ansicht von Gaidzik (wistra 1998 331 ff m.w.N.) bezieht in unzulässiger Weise hypothetische Reserveursachen (dazu Rdn. 122 f) ein und überspielt im Wege einer Gesamtbetrachtung das Fehlen eines Anspruchs auf die durch Täuschung erlangte Leistung. In der Leistung der Krankenkasse auf einen nicht gegen sie bestehenden Anspruch liegt ein Vermögensschaden der Kasse (BGH NStZ 2003 313, 315 Rdn. 11 mit Anm. Beckemper/Wegner und wistra 2003 231 f; oben Rdn. 188); eine Kompensation durch die Vornahme indizierter und sachgemäßer ärztlicher Behandlung findet nach bisheriger Rechtsprechung nicht statt (BGH aaO; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 143; oben Rdn. 188; aA Hefendehl MK Rdn. 527 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 112, je m.w.N.). – Grundsätzlich abweichend nimmt Otto (Struktur S. 230 f mit Fn. 472) stets Rechtmäßigkeit des Vorteils an, wenn ein Rechtsgrund besteht, da die subjektive Einstellung des Schuldners nichts daran

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ändere, dass der Gläubiger „nur die geschuldete Leistung erhält“. Dies widerspricht der zivilrechtlichen Erfüllungslehre, da nach h.M. zwar grundsätzlich die reale Bewirkung der Leistung durch den Schuldner genügt (Palandt/Grüneberg § 362 Rdn. 5 mit Nachw.), aber bei Bestehen mehrerer Schuldverhältnisse die durch den Schuldner vorgenommene Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) bzw. die gesetzlich festgelegte Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB) maßgebend ist; die Tilgungsbestimmung durch den Schuldner muss in analoger Anwendung des § 366 Abs. 1 BGB letztlich auch dann entscheidend sein, wenn nur ein einziges Schuldverhältnis besteht, der Gläubiger jedoch mittels Täuschung den Schuldner zur Erfüllung eines tatsächlich nicht bestehenden Schuldverhältnisses bewegen will. Das Schuldverhältnis, das der Schuldner nicht erfüllen wollte, besteht dann weiter; eine Aufrechnung ist durch § 393 BGB ausgeschlossen. e) Der Irrtum über die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils wird von Rechtspre- 268 chung und h.M. zutreffend als Tatbestandsirrtum behandelt.350 Dies ergibt sich (vor allem für die Rechtsprechung) daraus, dass die Rechtswidrigkeit sich nach materiellem Recht als Widerspruch zur außerstrafrechtlichen materiellen Rechtsordnung bestimmt (Rdn. 264) und als objektiv tatbestandseinschränkendes Element erscheint (Rdn. 248), also (objektives) Tatbestandsmerkmal ist (zusammenfassend BGHSt 42 268, 271 und Satzger S/S/W Rdn. 236 m.w.N.). Hieraus wird weiter seit RGSt 55 257 ff abgeleitet, dass die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils nicht Inhalt der Zielvorstellung des Täters (Rdn. 248), sondern wie alle anderen Tatbestandsmerkmale lediglich vom Vorsatz – bis hin zum bedingten Vorsatz – umfasst sein muss (BGHSt 31 178, 181).351 Das Schrifttum kommt ganz überwiegend zu denselben Ergebnissen, wenn auch (in den Fällen oben Rdn. 265 und 267) bereits über die Ablehnung des Schädigungsvorsatzes oder – bei Annahme einer Rechtfertigung der Schädigung des Opfers – als Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes (vgl. Lackner LK10 Rdn. 288 mit Nachw.). Dies führt dazu, dass die Verkennung der Rechtslage (Lackner/Kühl Rdn. 62: „Be- 269 wertungsirrtum“) häufig einen vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum begründet: Wer meint, einen von der Rechtsprechung anerkannten Anspruch auf den Vorteil zu haben, handelt bezüglich der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils ohne Vorsatz.352

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BGHSt 4 105, 106 f und VRS 42 110, 111 m.w.N. (für § 253); BGH StV 1992 106 und BGHSt 42 268, 272 f mit Anm. Arzt JR 1997 469 und Kudlich NStZ 1997 432; 48 322, 328 (zu § 253); Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 81; Eisele BT II Rdn. 607; Fischer Rdn. 193; Gössel 2 § 21, 194, 225 und 235 f; Hefendehl MK Rdn. 740; Hoyer SK Rdn. 274; Joecks Rdn. 101; Kindhäuser Rdn. 220; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 501; Küper BT S. 85; Lackner/Kühl Rdn. 62; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 §41, 46; Rengier BT I § 13, 268; Satzger S/S/W Rdn. 243; Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 175; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 578. Ebenso BGHSt 42 268, 272 f mit Anm. Arzt aaO und Kudlich aaO; Blei II S. 240;

352

Bockelmann BT 1 S. 99; Joecks aaO; Kindhäuser NK Rdn. 353 und 371; Krey/Hellmann aaO; Küper aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 143; Otto BT § 51, 99; Rengier aaO; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 176 (a.E.); Wessels/Hillenkamp aaO und Rdn. 579; aA Mitsch BT 1 § 7, 125 und T. Walter S. 279. BGHSt 4 105, 106 f (für § 253); BayObLG StV 1990 165; OLG Bamberg NJW 1982 778; Krey/Hellmann aaO; Küper BT S. 75; Rengier aaO; Satzger S/S/W Rdn. 243; Schmidhäuser BT 11/38; Welzel S. 376; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 578. Bedenklich BGH NJW 1995 737, 738 mit Ausführungen zum Unrechtsbewusstsein ohne Aussage zum Vorsatz.

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BGH NStZ 2003 663, 664 (Rdn. 8 mit Nachw.) fordert zutreffend die Feststellung – nicht Unterstellung – eines „normativen Verständnisses des Täters“, um jedenfalls bedingten Vorsatz bejahen zu können. Wenn Lackner LK10 Rdn. 287 dies mit den Worten umschreibt, der Täter müsse sich eine entsprechende „Sachlage“ vorstellen, ist dies zumindest missverständlich, da auch bei richtiger Erfassung der Sachlage eine Fehlbeurteilung der Rechtslage vorliegen und zu einem Tatbestandsirrtum führen kann (zust. Satzger S/S/W Rdn. 243; vgl. Graul JR 1999 338, 339 mit Nachw.; allerdings auch BGHSt 3 160, 163) – so etwa wenn ein Geschäftsinhaber darauf vertraut, der gegenüber dem Ladendieb geltend gemachte überhöhte Schadensersatzanspruch sei zivilrechtlich begründet. Allerdings muss der Täter eine einigermaßen klare Vorstellung über Grund und Höhe des Anspruchs und nicht nur „vage Vorstellungen“ und „einen reinen Verdacht“ haben (BGH JR 1999 336, 337 zum Anteil des Angeklagten an den Einnahmen einer chaotisch verlaufenen Techno-Veranstaltung). Auf dieser Grundlage hat die Rechtsprechung in folgenden Fällen einen Tatbestandsirrtum angenommen: Die Kindesmutter geht davon aus, ihr Kind habe einen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten, und sagt daher im Zivilprozess in Bezug auf den Mehrverkehr falsch aus (BGHSt 3 160, 163); der Täter meint, für die ihm zugefügte Beleidigung einen Anspruch auf Genugtuung in Form von Geldzahlung einer bestimmten Höhe zu haben (BGH bei Holtz MDR 1990 488 zu § 255); er meint, Anspruch auf die durch Bankakkreditiv bereitgestellte Geldsumme zu haben, um erbrachte Vorleistungen von dem vertragsbrüchigen Vertragspartner ersetzt zu erhalten (BGH wistra 1982 68 f, Sachverhalt bei Holtz MDR 1982 281); der Täter nimmt an, erhaltene Geldzahlungen stellten kein Einkommen im Sinne des Sozialhilferechts (§ 60 Abs. 1 SGB I) dar (BGH StV 1992 106); er geht davon aus, dass die von der AOK gegen ihn erwirkten Zivilurteile falsch sind und er zur Zahlung nicht verpflichtet ist (BayObLG StV 1990 165); der Leiter eines privaten Altenpflegeheims glaubt, wegen Tariflohnerhöhungen vom Sozialhilfeträger erhöhte Pflegesätze für die Heimbewohner auch dann verlangen zu dürfen, wenn er die Lohnerhöhungen auf freiwillige Sonderzahlungen anrechnet (BGH NStZ-RR 1997 257, 258); der Inhaber einer Autowerkstatt berechnet 3 % des Arbeitslohns für Kleinteile, die bei der Reparatur nicht verwendet wurden, und hält diesen „Kleinteilzuschlag“ als pauschale Berechnungsweise aufgrund einer Empfehlung des von ihm vertretenen „renommierten Automobilwerkes“ für berechtigt, vor allem um Beanstandungen seitens der Versicherungsunternehmen zu vermeiden (OLG Bamberg NJW 1982 778). Wie der letztgenannte Fall zeigt, kommt es auf das Verschulden bei § 16 Abs. 1 nach allgemeinen Grundsätzen nicht an, so dass falsche Belehrungen durch Standesvertretungen usw. für den Vorsatzausschluss durchaus relevant sein können (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 175 gegen Müller/Wabnitz NJW 1984 1788). Setzt der Täter (Arzt beim Abrechnungsbetrug) allerdings „gegriffene“, also mehr oder weniger willkürliche Werte ein, so liegt die Annahme von dolus eventualis bezüglich überhöhter Beträge nahe (BGH NStZ 1994 585, 586: „Die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird auch durch Bemühungen um eine praktikable Abrechnung nicht ohne weiteres ausgeschlossen“. Ähnlich BGH JR 1999 336, 337 mit zust. Anm. Graul).

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Schwieriger ist die Rechtslage in den Rdn. 265 und 267 beschriebenen Fällen der Aufrechnung und des Anspruchs aus einem anderen Rechtsgrund. Wenn der Täter insoweit weiß, dass er auf den erstrebten Vorteil keinen Anspruch hat, aber gleichwohl annimmt, sich mit diesem Vorteil für einen anderen Anspruch bezahlt machen zu dürfen, handelt er auch dann im Tatbestandsirrtum, wenn die Aufrechnung oder Kompensation aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist (Lackner LK10 Rdn. 287 unter missverständlicher Betonung der irrigen Vorstellung von einer „Sachlage“; vgl. bereits oben Rdn. 269). Glaubt also

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ein Kriegsversehrter, Anspruch auf Rente zu haben, weil seine Lungenkrankheit möglicherweise auf Kriegseinwirkungen zurückzuführen ist, so handelt er unvorsätzlich, auch wenn er zur Begründung seines Anspruchs eine Beinverletzung anführt, die er angeblich durch Granatsplitter erlitten hat (BGH bei Dallinger MDR 1956 10 f). Meint der Täter dagegen, auch bei einem noch nicht fälligen, bedingten, unvollkommenen oder einredebehafteten Anspruch den – objektiv rechtswidrigen – Vorteil erschleichen zu dürfen, so weiß er, dass er im Rechtssinne keinen Anspruch auf die Leistung hat und stellt sich einen der Rechtsordnung unbekannten Erlaubnisgrund für sein Handeln vor; dies ist ein Verbotsirrtum nach § 17 (zust. Hefendehl MK Rdn. 741 und Satzger S/S/W Rdn. 244). Dasselbe gilt, wenn sich jemand für befugt hält, ein Zurückbehaltungsrecht seines Geschäftspartners zu unterlaufen (BGH bei Holtz MDR 1981 100; Hefendehl aaO). Zu Recht hebt Lackner (aaO mit Nachw.) hervor, dass in diesen Grenzfällen die innere Tatseite nach der BGH-Rechtsprechung sorgfältiger Prüfung (und Feststellung) bedarf. – Zum umgekehrten Tatbestandsirrtum (irrige Annahme der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils als untauglicher Versuch) Rdn. 281. f) Wird der Vermögensvorteil vom Täter zugunsten eines Dritten angestrebt, so liegt 271 ein sog. fremdnütziger Betrug vor. Eigen- und fremdnütziger Betrug sind rechtlich gleichwertig, so dass Wahlfeststellung möglich ist (RG GA Bd. 52 384). Die Zuwendung des Drittvorteils ist nicht selten – entsprechend der Ausweitung des Absichtsbegriffes (Rdn. 249 ff) – Zwischenziel für einen vom Täter für sich selbst angestrebten Vorteil, etwa in den Fällen des Provisionsvertreterbetruges (zugunsten des Geschäftsherrn, Rdn. 259) oder der Erhebung überhöhter Paketgebühren (zugunsten der Bahn, um sich den Mehrerlös später durch Unterschlagung zuzueignen, RGSt 75 378, 379; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 177; oben Rdn. 260). Die Möglichkeit des fremdnützigen Betruges schließt nicht die Annahme aus, dass bei altruistischem Handeln nur Beihilfe zum eigennützigen Betrug vorliegt (BGH bei Dallinger MDR 1973 16 f; Sch/Schröder/Cramer/ Perron aaO; unten Rdn. 286.

VII. Vollendung, Beendigung und Versuch 1. Die Vollendung des Betruges liegt im Eintritt des Vermögensschadens, wobei teil- 272 weise Schädigung – z.B. durch Zahlung eines geringeren als des geforderten Betrags – ausreicht (RGSt 33 78, 79 zu § 253).353 Der vom Täter erstrebte Vorteil braucht dagegen (noch) nicht erlangt (BGHSt 32 236, 243 mit Nachw., insbes. BGHSt 19 342, 344 zu § 255) oder auch nur erreichbar zu sein (BGHSt 32, 243).354 Es geht um „ein Delikt mit überschießender Innentendenz“ (BGHSt 32 243). Entsprechendes gilt bei Verfügung des Getäuschten durch Unterlassen (Rdn. 102 f), wobei es darauf ankommt, wann der An353

BGH NJW 1984 987, 988; Blei II S. 240; Bockelmann BT 1 S. 64; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 85; Fischer Rdn. 200; Gössel 2 § 21, 238; Kindhäuser Rdn. 223; Lackner/Kühl Rdn. 63; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 41, 149; Mitsch BT 1 § 7, 108; Otto BT § 51, 105; Satzger S/S/W Rdn. 246; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 178; Welzel S. 188; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 580.

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Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 130; Blei aaO; Bockelmann aaO; Duttge aaO; Hefendehl MK Rdn. 751; Kindhäuser NK Rdn. 352; Lackner/Kühl aaO; Mitsch aaO; Otto aaO; Satzger S/S/W Rdn. 247; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Welzel aaO; Wessels/Hillenkamp aaO.

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spruch bei Sachverhaltskenntnis hätte geltend gemacht werden können (RGSt 77 32, 34);355 der Vermögensschaden wird hier häufig in einer schadensgleichen Gefährdung liegen (Rdn. 170 ff). Liegt der Schaden in der Nichtgeltendmachung eines Anspruchs (Rdn. 229), so ist für die Vollendung der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Geschädigte bei Kenntnis der Sachlage den Anspruch hätte geltend machen können (RGSt 77 32, 34). Spätere Geltendmachung ist als nachträgliche Schadensbeseitigung unerheblich (zust. Hefendehl MK Rdn. 752). Beim Prozessbetrug (i.e.S., Rdn. 236) liegt nach h.M. ein Vermögensschaden und damit Vollendung mit Erlass der benachteiligenden und zumindest vorläufig vollstreckbaren Entscheidung vor (Rdn. 236; aA Kindhäuser NK Rdn. 378), im Mahnverfahren nicht bereits mit dem Mahnbescheid (BGHSt 24 257, 261), sondern erst mit dem Vollstreckungsbescheid (RGSt 59 104, 106; Münker S. 97 ff). Beim Versicherungsbetrug durch einen zur Herbeiführung oder Vortäuschung des Versicherungsfalles entschlossenen Täter (unter Verschweigen anderer Versicherungsverträge und -anträge über dasselbe Risiko) ist der (Eingehungs-)Betrug bereits mit Vertragsschluss vollendet, da und soweit eine objektive Risikobewertung zu einer erheblichen Prämienerhöhung geführt hätte, die vereinbarte normale Prämienzahlung nämlich nicht dem versicherten Risiko entspricht (BGHSt 54 69, 120, Rdn. 144 – Al Qaida – mit Anm. Thielmann/ Groß-Bölting/Strauß HRR S 2010 38 und Joecks wistra 2010 179; aA Saliger FS Samson S. 477 ff, der die Unfall- und Betrugsgefahr als Teil des „normalen Risikos der Versicherungsgesellschaft“ bezeichnet, mit dem Verweis auf BGH StV 1985 368 f aber den von BGH aaO S. 369 hervorgehobenen risiko- und prämienerhöhenden Umstand einer Kumulierung der Summenversicherungen übersieht). Die Risikobewertung führt auch beim Kapitalanlagebetrug zu einem frühen Vollendungszeitpunkt, vor allem wenn bei einer Finanzierung nach dem Schneeballsystem der Rentenanspruch des Anlegers wirtschaftlich wertlos ist (BGHSt 53 199, 204 f Rdn. 18; 51 10, 15 f Rdn. 19 m.w.N.; krit. Saliger aaO S. 468 ff mit Nachw.). Dasselbe gilt für die Annahme eines „Quotenschadens“ beim Sportwettbetrug mit Bezug (auch) auf Spiele mit bestochenen Spielern und/oder Schiedsrichtern (BGHSt 51 165, 175 f Rdn. 32 ff – Hoyzer; aA Saliger aaO S. 458 ff, je m.w.N.). – Beim Subventionsbetrug liegt Vollendung mit der erschlichenen Bewilligung vor (vgl. BGHSt 49 275, 304), beim Scheckbetrug zum Nachteil der Bank mit der vorläufigen Gutschrift (Satzger S/S/W Rdn. 204), sofern der Täter hierauf Zugriff hat (Rdn. 218), beim sonstigen Kreditbetrug bereits mit der verbindlichen Kreditzusage (Rdn. 212). Für den Rdn. 34 und 137 erwähnten Fall der Erschleichung eines Vermächtnisses stellt RGSt 42 171, 174 zutreffend darauf ab, dass der Vermögensschaden erst mit dem Erbfall eintritt. Entdeckt der Getäuschte seinen Irrtum vor der von ihm angeordneten Zahlung und verhindert er diese deshalb nicht, weil er irrig davon ausgeht, sie sei bereits erfolgt, so steht dies nach OLG Köln JMBl NRW 1962 176 f und Lackner LK10 Rdn. 290 der Vollendung nicht entgegen (vgl. Rdn. 111, wonach ein Irrtum des Kassenbeamten und freiwilliges Handeln im Sinne der Verfügungsdogmatik zu fordern ist). Durch die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsrechts überholt ist die Rechtsprechung zur Vollendung des Beitragsbetruges bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung. BGH NStZ 1987 223 f (mit Anm. Weidemann) differenzierte für die frühere Rechtslage danach, ob der Verleiher auch die für den Entleiher zuständige Einzugsstelle täuschte (nur dann Vollendung, sonst Versuch!). Nach heutigem Recht ist der illegale Verleiher selbst Arbeitgeber und damit Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, so dass die aktive Täuschung der für ihn zuständigen Einzugsstelle (nicht dagegen das völlige Unterlassen

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Duttge aaO; Hefendehl MK Rdn. 752; Kindhäuser NK Rdn. 379; Lackner/Kühl

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aaO; Satzger S/S/W Rdn. 248; Schaffstein FS Dreher (1977) 147, 161 ff.

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der Meldung, Rdn. 57) zur Annahme eines vollendeten Betruges führt (Möhrenschlager Art. Arbeitnehmerüberlassung, in HWiStR, 1990, sub IV 3 mit Nachw.), allerdings seit 2004 mit Vorrang des § 266a (BGH wistra 2007 307, 2008 180 f; Möhrenschlager LK Rdn. 3 m.w.N.). 2. Die für den Verjährungsbeginn (Rdn. 337 f) wichtige Beendigung des Betruges ist 273 mit Abschluss der Tat im Ganzen anzunehmen (vgl. nur Lackner LK10 Rdn. 291). Hierzu gehört nach h.M., dass der erstrebte Vermögensvorteil tatsächlich erlangt wird (BGH wistra 2009 151, 152).356 Nach einer Minderansicht des Schrifttums soll es dagegen auf den endgültigen Eintritt des Schädigungserfolgs als die eigentliche Rechtsgutsverletzung ankommen.357 Dies ist nach allgemeinen Grundsätzen zutreffend, jedoch nicht im Sinne einer Alternative, sondern einer Ergänzung zur h.M. (zust. Satzger S/S/W Rdn. 249): Bei tatsächlicher Erlangung des Vermögensvorteils ist der Betrug beendet, weil der Gefährdungsschaden in den greifbaren Schaden umgeschlagen ist. a) Soweit Eingehungs- und Erfüllungsbetrug tatbestandlich nebeneinander bzw. 274 nacheinander vorliegen (Rdn. 173 und 201 f), ist der Betrug mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts und Eintritt des Eingehungsschadens vollendet, aber bei ursächlich fortwirkender Täuschung erst mit Verwirklichung der tatsächlichen Wertminderung in der Erfüllungsphase beendet (BGH NStZ 1997 542, 543 mit Nachw.).358 Dagegen nimmt die Rechtsprechung zum Anstellungsbetrug, der auch von ihr als Eingehungsbetrug verstanden wird (Rdn. 223), Beendigung der Tat bereits mit Eingehung der beiderseitigen Verpflichtungen an, da die der Anstellung nachfolgenden Gehaltszahlungen keine neue Verwirklichung des Betrugstatbestandes und auch keine Erweiterung oder Fortsetzung des bereits eingetretenen Vermögensschadens darstellen (vgl. nur BGHSt 22 38 ff mit abl. Anm. Schröder JR 1968 345 f). Demgegenüber will Lackner (LK10 Rdn. 293) im Anfordern der jeweiligen Gehaltszahlung eine neue positive Täuschung und auch in der Entgegennahme der Erfüllungsleistungen eine aus Ingerenz strafbare Unterlassung sehen (vgl. auch AG Minden MDR 1950 692 f mit abl. Anm. A. Lange); der Schaden ergebe sich daraus, dass nach allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 168) der Erhalt der Leistung wertvoller ist als der bloße Anspruch auf sie. Beendigung (und damit Beginn der Verjährung) trete daher erst mit der letzten dem Tatplan entsprechenden Erfüllungshandlung ein.359 b) Dagegen nehmen Rechtsprechung und h.M. beim Rentenbetrug Beendigung der 275 Tat erst mit Erbringen der letzten Rentenzahlung an (BGHSt 27 342 f mit zust. Bspr.

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BGH wistra 2004 228, 229; Fischer Rdn. 201; Hefendehl MK Rdn. 753; Kindhäuser Rdn. 223; Klein S. 181; Mitsch BT 1 § 7, 111; Otto BT § 51, 105; Rengier BT I § 113, 117; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 178; krit. Gössel 2 § 21, 238. Kindhäuser NK Rdn. 381; Lackner/Kühl Rdn. 63; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 149 unter Bezugnahme auf Kühl Die Beendigung des vorsätzlichen Begehungsdelikts (1974) S. 101 ff; Otto FS Lackner (1987) 722 f.

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Ebenso Fischer Rdn. 201, Hefendehl MK Rdn. 754; Jescheck FS Welzel (1974) 683, 688; Klein S. 168 ff; Lackner/Kühl Rdn. 64 und § 78a Rdn. 4; Otto BT § 51, 122; Schmidhäuser BT 11/24. Im Anschluss an Kühl JZ 1978 552 und Schröder JZ 1968 346. Ebenso Fischer § 78a Rdn. 9; Hefendehl MK Rdn. 757; Kühl (oben Fn. 357) S. 167 f; Lackner/Kühl § 78a Rdn. 4; Rengier BT I § 13, 224; Schmid LK § 78a Rdn. 5; Sch/Schröder/ Stree/Sternberg-Lieben § 78a Rdn. 4.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Kühl JZ 1978 549 ff; BGH wistra 2001 339 [f]: BAföG).360 Dasselbe gilt für Unterhaltszahlungen infolge eines Prozessbetruges (BGH aaO) und für Mietzahlungen beim „Vermieterbetrug“ (OLG Koblenz MDR 1993 70, da der Schaden infolge zu kleiner Wohnfläche und überhöhter Mietnebenkosten erst durch die einzelnen „inäquivalenten Zahlungen des Mietzinses offen zutage“ tritt). Die Begründung entspricht der vorgenannten Ansicht Lackners, erblickt in der Entgegennahme der einzelnen Zahlungen aber nicht die Verwirklichung eines neuen Betruges, sondern „die Manifestierung der Vermögensschädigung“ (BGH aaO); die Rentenbewilligung stelle nur eine konkrete Vermögensgefährdung dar. Nach verbreiteter Ansicht ist die unterschiedliche Behandlung beider Fallgruppen (Anstellungsbetrug/Rentenbetrug usw.) nicht gerechtfertigt (vgl. nur Riemann S. 64 und Schmid LK § 78a Rdn. 5, je mit Nachw.). Insbesondere wird dem Hinweis von OLG Köln MDR 1957 371 f, die Einzelleistungen in der Erfüllungsphase des Anstellungsbetruges könnten eine „an sich“ äquivalente Gegenleistung darstellen, Widerspruch zur grundsätzlichen Bewertung der geleisteten Dienste vorgeworfen (Lackner LK10 Rdn. 293; Kühl aaO S. 553). Demgegenüber weist Otto (FS Lackner S. 732 f) darauf hin, dass der Rentenbescheid als Feststellung einer Leistungspflicht nur deklaratorischer Natur sei (so auch Lackner aaO Rdn. 294 und Kühl aaO S. 552, ohne hieraus aber Konsequenzen zu ziehen); der Erlass des unrichtigen Rentenbescheides stelle daher – anders als der Vertrag über die Begründung eines Anstellungsverhältnisses – nur eine als Schaden (noch) nicht ausreichende Vermögensgefährdung dar. Zwar beruht diese Auffassung Ottos auch auf seiner abweichenden Interpretation des Verhältnisses von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug (vgl. Otto aaO S. 728 f und BT § 51, 122 ff). Jedoch ist der Hinweis auf die nur deklaratorische Natur des Rentenbescheides nach der im Sozialrecht ganz herrschenden Auffassung zutreffend (vgl. nur BSGE 23 62, 63 ff) und begründet einen wesentlichen Unterschied zum Abschluss von Dienstverträgen. Der Rentenbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zur Entstehung bringt und sich ständig neu aktualisiert; daher müssen auch bei jeder Rentenzahlung deren Voraussetzungen vorliegen. Neben diesem Unterschied in der ständigen Erneuerung des Leistungsverhältnisses ist aber partiell auch der vorerwähnte Hinweis von OLG Köln beachtlich: Renten- und Unterhaltsbetrug betreffen einseitige Leistungsverhältnisse, während beim Anstellungsbetrug ein fortlaufendes Austauschverhalten begründet wird, bei dem der „Eingehungsschaden“ jedenfalls bei Erschleichung einer Beamtenstellung (Rdn. 224) weithin auf der Grundlage normativer Erwartungen begründet und auf eine Überprüfung der späteren Einzelleistungen des Beamten verzichtet wird; sind diese Einzelleistungen als solche brauchbar, so ist nur der Vertrag selbst tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Betrugsschaden. Otto aaO sieht im Übrigen einen Unterschied auch in Bezug auf die Rechtswidrigkeit (des Vorteils bzw. Schadens, Rdn. 267), da die durch Anstellungsbetrug erschlichenen Einzelzahlungen (vor Anfechtung des Vertrages) nicht rechtswidrig seien, während die erschlichenen Rentenzahlungen auch in Bezug auf jede Einzelzahlung als nicht gerechtfertigt bezeichnet werden müssen. Dies ist allerdings nicht zutreffend, da die Anfechtbarkeit des Anstellungsvertrages den Zahlungsanspruch als nicht rechtmäßig erscheinen lässt (Rdn. 265); entsprechendes gilt für den rücknehmbaren Rentenbescheid. Die Auffassung der Rechtsprechung zur Differenzierung von Anstellungs- und Rentenbetrug verdient im Ergebnis Zustimmung.

360

Ebenso RGSt 62 418, 419; Fischer aaO; Kühl (oben Fn. 357) S. 166 f; Lackner/Kühl

298

aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 153; Schmid aaO.

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Betrug

3. Der nach Absatz 2 strafbare Versuch setzt zunächst voraus, dass der Tatentschluss 276 die Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale umfasst, diese aber in ihrer Gesamtheit (noch) nicht verwirklicht sind. Beispielsweise kann es am Irrtum fehlen, wenn der Vertragspartner von der Täuschung keine Kenntnis erlangt, z.B. das ohne Zahlungsabsicht erfolgende Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle nicht bemerkt wird (BGH NJW 1983 2827 mit Anm. Gauf/Deutscher NStZ 1983 505 ff), oder das Opfer sich nicht täuschen lässt, also die Täuschung durchschaut (OLG Saarbrücken VRS 75 345, 346). Das Fehlen einer Vermögensschädigung kann sich daraus ergeben, dass der Getäuschte bei Auslieferung von Waren gegen Barzahlung auf Zug-um-Zug-Leistung bestehen und so den Schadenseintritt „ohne weiteres abwenden kann“ (BGH StV 1983 330 L, ebenso BGH NStZ-RR 1996 34, 35), oder dass die Fälligkeit des erschlichenen Vermächtnisses mangels Eintritts des Erbfalls noch nicht gegeben ist (RGSt 42 171, 174, vgl. Rdn. 272) oder schließlich die erforderliche Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch den Inhaber der elterlichen Gewalt nicht erteilt wird (OLG Neustadt MDR 1960 944 f). – Zudem muss der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Begehung des Betruges angesetzt haben. Hierfür genügt jedenfalls im Allgemeinen die Ausführung der relevanten Täuschungshandlung. Als Beispiele werden die Abgabe eines täuschenden Vertragsangebotes (BGH wistra 1996 343 f und NStZ 1997 31, 32; Kindhäuser Rdn. 222), insbesondere die Abgabe eines Scheingebotes bei der Versteigerung,361 oder die Meldung eines fingierten Schadens bei dem Versicherungsunternehmen (BGH bei Tröndle/Fischer 54 Rdn. 44) genannt. Allerdings ist nach h.M. bei mehrgliedrigen Tatbeständen wie dem Betrug die Ansatzformel nicht auf die Verwirklichung des (ersten) tatbestandlichen Handlungsmerkmals, sondern auf die Tatbestandsverwirklichung im Ganzen zu beziehen (vgl. nur Lackner/Kühl § 22 Rdn. 10; für den Betrug gegenüber einem Makler BGHSt 31 178 ff; dazu sogleich Rdn. 277). Unter tendenzieller Überspielung allgemeiner Kausalitätslehren, nach denen Mitkausalität genügt, spricht die neuere Betrugsrechtsprechung bei „gestreckten Täuschungen“ auch davon, eine betrugsrelevante Täuschung (Rdn. 27) liege erst in dem Versuch einer Hervorrufung desjenigen Irrtums, „der den Getäuschten zu der schädigenden Vermögensverfügung bestimmt und damit für den Eintritt des Schadens ursächlich wird“ (BGHSt 37 294, 296 mit zust. Anm. Kienapfel JR 1992 122 f und Bspr. Küper JZ 1992 338 ff – Amexco).362 Die Nennung eines falschen Namens, die unrichtige Behauptung eines Vertretungsverhältnisses oder die falsche Angabe der Höhe der Schenkungssteuer reicht danach noch nicht aus, wenn die Verfügung des Opfers von der Täuschung über ein weiteres Ereignis oder einer Wiederholung der Täuschung (im notariellen Schenkungsvertrag) abhängen soll (BGH aaO und wistra 1984 142, 143, 2011 137 [f] Rdn. 7; OLG Karlsruhe NJW 1982 59 f mit Bspr. Burkhardt JuS 1983 426 ff). Dies ist keine Folge einer Ablehnung der „Teilverwirklichungstheorie“ beim Versuch,363 sondern im Ergebnis eine jedenfalls vertretbare Konsequenz der tatbestandlichen Eingrenzung des Versuchsbeginns in derartigen Kumulationsfällen. In der Sache bedeutet es dasselbe, wenn darauf abgestellt wird, dass die bloße Erschleichung des allgemeinen Vertrauens des Opfers durch Falschangaben (noch) nicht ausreicht (so BGH wistra 1984 225, 226; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 179; Vogler FS Stree/Wessels

361 362

Baumann NJW 1971 23 ff; Lackner LK10 Rdn. 295; Locher/Blind NJW 1971 2290 f. Ebenso BGH NStZ 1997 31 f; Burkhardt JuS 1983 426 ff; Gössel 2 § 21, 238; Maaß JuS 1984 25, 28; Maurach/Gössel/Zipf AT 2 § 40, 18 und 61; Mitsch BT 1 § 7, 110; Otto

363

BT § 51, 104; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 179. So aber Jakobs AT 25, 70 in Fn. 105a und Küper JZ 1992 338, 342 ff; dazu Seier ZStW 102 (1990) 584 ff.

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S. 285, 299) oder dass – positiv gewendet – nach der Vorstellung des Täters bereits ein Angriff auf die Verfügungsfreiheit des Opfers vorliegen muss (OLG Karlsruhe aaO S. 60; Küper aaO S. 347 m.w.N.). Hieran fehlt es z.B. auch bei der Erschleichung der Zulassung als Kassenarzt (BGH NStZ 1994 808, 809; vgl. bereits Rdn. 135).

277

a) Ist es noch nicht zur Vornahme einer vermögensrelevanten Täuschungshandlung gekommen, so gewinnt in Abgrenzung zur straflosen Vorbereitungshandlung die Frage Bedeutung, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Täuschung bereits unmittelbar angesetzt hat (§ 22). Hierzu hat sich insbesondere in der Rechtsprechung weitgehend die Formel durchgesetzt, dass der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung übergeht (vgl. nur BGHSt 37 294, 297 f und wistra 2011 137 [f] Rdn. 7). Diese Formel führt ebenso wie die von der Rechtsgutsgefährdung durch unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbestandserfüllung (vgl. nur BGHSt 31 178, 181 f mit Nachw.) zu einer stärkeren Eingrenzung der Versuchsstrafbarkeit als in der älteren Rechtsprechung (vor Einführung des § 22) angenommen. Zweifelsfrei ist die Bejahung von Versuchsstrafbarkeit regelmäßig bei Absendung der Meldung eines fingierten Schadens an den Versicherer (vgl. Rdn. 276), Absendung eines täuschenden Vertragsangebotes (Hillenkamp LK § 22 Rdn. 103), Vereinbarung von Barzahlung durch einen zahlungsunfähigen und zahlungsunwilligen Käufer (BGH NStZ-RR 1996 34 f), Anzeige des angeblichen Verlustes von Scheckvordrucken und Scheckkarte gegenüber der Bank, welche die Schadensmeldung an den Scheckkartenversicherer weiterleiten soll (BayObLG NJW 1988 1401 f), Einwirkung auf einen gutgläubigen Vergleichsverwalter als Tatmittler gegenüber den Gläubigern (BGHSt 4 270, 272 ff) jedenfalls dann, wenn der Tatmittler nach dem Tatplan in unmittelbarem Anschluss die Täuschung durchführen soll und das Vermögen des Opfers damit bereits im Zeitpunkt der Einwirkung auf den Tatmittler gefährdet ist (vgl. BGHSt 43 177, 179 mit zust. Anm. Roxin JZ 1988 211, 212). Wegen der Besonderheiten des Zivilrechts (§ 652 BGB) wird Betrug gegenüber einem Makler erst versucht, wenn der Auftraggeber, der die Bereitschaft zur Zahlung des Maklerlohns nur vortäuscht, Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung unmittelbar zum Abschluss des nachgewiesenen oder vermittelten Geschäftes führen; die Relevanz dieses relativ späten Zeitpunkts ergibt sich aus der Freiheit des Auftraggebers, das ihm nachgewiesene oder vermittelte Geschäft abzuschließen oder nicht abzuschließen (BGHSt 31 178, 181 ff mit abl. Bspr. Maaß JuS 1984 25 ff; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 179). Dagegen ist es eine straflose Vorbereitung des Betruges, wenn nur die Vertragsbereit278 schaft eines anderen sondiert wird (BGHR § 22 Ansetzen 8; Fischer Rdn.198; Hillenkamp LK § 22 Rdn. 103), insbesondere wenn der Abschluss eines Diskontgeschäfts über ausländische Wertpapiere und die Zahlung des Kaufpreises nach der Vorstellung des Täters noch von der Vorlage der Originalwertpapiere abhängen (BGH NStZ 1997 31, 32); wenn die bereits zugesagte Auszahlung von Bargeld gegen Vorlage einer Kreditkarte noch von dem Eingang einer Deckung abhängt und diese nicht vorgespiegelt, sondern nur angekündigt wird (BGHSt 37 294, 297 – Amexco, vgl. oben Rdn. 276); wenn die Zulassung als Vertragsarzt erschlichen wird, aber noch keine Abrechnung eingereicht wurde (Rdn. 276; Satzger S/S/W Rdn. 254); wenn ein Einbruch oder sonstiger Versicherungsfall fingiert, aber noch nicht dem Versicherer gemeldet wird (BGHSt 40 299, 302 mit Nachw.364 gegen RGSt 72 66, 67); wenn auf den Todesfall bezogene gefälschte Ver364

Ebenso OLG Koblenz VRS 53 27 f; OLG München wistra 2006 436; Hillenkamp LK

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§ 22 Rdn. 103 und 106; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 151; Satzger S/S/W

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Betrug

träge noch zu Lebzeiten des angeblich Verfügenden vorgelegt werden (BGH NStZ 2004 264, 265; Fischer Rdn. 197); wenn bei einem Kreditantrag die dem ausländischen Darlehensgeber zugesagte Sperrerklärung für Kreditsicherheiten noch nicht bei der inländischen Bank hinterlegt ist (BGH NStZ 2002 433, 435); wenn unrichtige Bauleistungsverzeichnisse zwecks „Vorprüfung“ vorgelegt werden, aber ihre Aufnahme in die Schlussrechnung einer (streitigen) Erörterung vorbehalten bleibt (BGH NStZ 2000 589; Fischer Rdn. 198); wenn der gegen Scheckmissbrauch Versicherte noch nicht an seine Bank herangetreten ist, um eine Regulierung des angeblichen Schadens durch den Versicherer zu erreichen (BayObLG MDR 1988 517); wenn falsche Bescheinigungen hergestellt, aber noch nicht gebraucht werden (RGSt 51 341, 342 f); wenn jemand unter Angabe eines falschen Namens und Einzahlung eines geringen Geldbetrages Postsparbücher ausstellen lässt, um später die Eintragungen der eingezahlten Beträge und damit des Guthabens zu verfälschen und mit den gefälschten Sparbüchern höhere Beträge abzuheben (BGH wistra 1984 142 f; Hillenkamp aaO und Rdn. 106). Weitere Beispiele aus der älteren Rechtsprechung bei Lackner LK10 Rdn. 296. Straflos sind unter dem Rdn. 277 genannten Gesichtspunkt einer stärkeren Eingren- 279 zung des Betrugsversuchs seit Einführung des § 22 die Fälle des bloßen Aufladens mindergewichtiger Ware zum sofortigen Abtransport an den Käufer (OLG Köln NJW 1952 1066 ff mit Anm. Mezger) und des Anbringens eines Abnahmestempels an mangelhaftem Kriegsmaterial sowie Bereitstellung zur Absendung an die Heeresverwaltung (RGSt 51 341, 342 f), des Schreibens eines Briefes an einen anderen, um ihn als Tatmittler zu gewinnen (RGSt 77 172, 173; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 179), und der Beschaffung einer falschen Bescheinigung, mit der später getäuscht werden soll (OLG Celle DRZ 1947 135). Allgemein problematisch ist dagegen die Bestimmung der Strafbarkeitsgrenze beim Prozessbetrug; insoweit kommt es auf Bedeutung und Wirkung der einzelnen Prozesshandlungen sowie auf die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Prozessbeteiligten an (zusammenfassend Lackner/Kühl Rdn. 65 mit Nachw.). Umstritten ist insbesondere, ob es für den Versuch des Betruges im Zivilprozess auf die Einreichung der Klageschrift bzw. der vorbereitenden Schriftsätze, auf die Kenntnisnahme des Richters hiervon oder erst auf die Bezugnahme hierauf in der mündlichen Verhandlung ankommt. Lackner (LK10 Rdn. 319 m.w.N.) vertritt die letztgenannte, also engste Auffassung, da die Behauptungen in Klageschrift und vorbereitenden Schriftsätzen zunächst nur an den Gegner gerichtet seien. Hiergegen wendet OLG Bamberg NStZ 1982 247 f mit Anm. Hilger ein, dass ein Urteil im Zivilprozess auch ohne mündliche Verhandlung ergehen kann (§§ 307 Abs. 2, 331 Abs. 3 ZPO) und in diesen Fällen ebenfalls die Annahme von Prozessbetrug möglich sein müsse. Die weiteste Auffassung schließlich vertreten BGH bei Dallinger MDR 1975 196, 197 und ein erheblicher Teil des Schrifttums.365 Insoweit rügt Hilger aaO zunächst allgemein und zutreffend, dass außerhalb des Prozesses tatsächliche

365

Rdn. 254; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 179; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 657 f; aA RGSt 72 66 f. Beukelmann in von Heintschel-Heinegg Rdn. 87; Fischer Rdn. 199 („jedenfalls im Verfahren ohne mündliche Verhandlung“); Hefendehl MK Rdn. 749; Maurach/Gössel/ Zipf AT 2 § 40, 63; Maurach/Schroeder/ Maiwald aaO; Satzger S/S/W Rdn. 256. Aus der Rechtsprechung OLG München NJW 2006 3364f (f) mit Anm. Schiemann und

Bespr. Bosch JA 2007 151 ff, Kraatz Jura 2007 531 ff sowie Zaczyk FS Krey S. 485 ff: Übergabe eines manipulierten Kfz an den gutgläubigen Sachverständigen nach Beweisbeschluss im Zivilprozess wegen Wandlung des Kaufvertrages (Betrugsversuch in mittelbarer Täterschaft, zu dem OLG München auch die Beauftragung des ebenfalls gutgläubigen Rechtsanwalts mit Klageerhebung auf der Grundlage einer gefälschten Urkunde rechnet).

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Kenntnisnahme nirgends für die Annahme eines Täuschungsversuchs gefordert wird und dass sich im Zivilprozess, wie § 273 ZPO ergibt, bereits der falsche Angaben enthaltende Schriftsatz an das Gericht wendet (zust. Hefendehl MK Rdn. 749; vgl. auch Seier ZStW 102, 1990, 591 f). Hilger aaO wirft weiter die Frage auf, ob der Versuchsbeginn im mündlichen und schriftlichen Zivilverfahren notwendigerweise einheitlich bestimmt werden muss (verneinend Lenckner Art. Prozessbetrug, in HWiStR, 1990, sub II 5). – Die weite Auffassung des BGH bei der Bestimmung des Versuchsbeginns erscheint grundsätzlich als zutreffend (vgl. auch BayObLG NJW 1996 406, 408). Allerdings sind konsequenterweise (Rdn. 276) lediglich „klimaverbessernde“ Täuschungen (z.B. unwahre Tatsachenbehauptungen in Bezug auf die Person des Prozessgegners oder prospektive Zeugen, um deren Glaubwürdigkeit zu erschüttern) auszunehmen (zust. Hefendehl aaO). Jedoch liegt bereits im Antrag auf Erlass des Mahnbescheides der Beginn der Täuschungshandlung (BGHSt 24 257, 261; Satzger S/S/W Rdn. 256; aA Hefendehl MK Rdn. 748 und Kindhäuser NK Rdn. 376), sofern man mit der Rechtsprechung einen Irrtum des Rechtspflegers im Mahnverfahren (Rdn. 19 und 90) und die Ursächlichkeit dieses Irrtums für den Erlass des Mahn- und des späteren Vollstreckungsbescheids (Rdn. 235 f) bejaht (Lackner aaO; Münker S. 104 ff m.w.N.). Auch in der Vorlage einer Urkunde zwecks Beweisführung im Zivilprozess ist bereits ein Versuch des Prozessbetruges zu sehen (RGSt 1 227 ff; Hilger aaO). 280 Bei der Täuschung durch Unterlassen gelten für die Bestimmung des Beginns der Ausführung keine Besonderheiten. Innerhalb des allgemeinen Streits um die Behandlung des Versuchsbeginns beim unechten Unterlassungsdelikt (dazu Hillenkamp LK § 22 Rdn. 142 ff mit Nachw.) soll es nach Lackner (LK10 Rdn. 295) auf den Zeitpunkt ankommen, von dem an nach Vorstellung des Täters das betroffene Vermögen ohne sofortige Abhilfe konkret gefährdet erscheint, also jederzeit mit der schädigenden Vermögensverfügung des Getäuschten gerechnet werden muss (zust. Satzger S/S/W Rdn. 257 m.w.N.). Demgegenüber ist nach hier vertretener Auffassung maßgebend, wann der Unterlassungsentschluss durch äußere Handlungen objektiviert wird, die diesen Entschluss hinreichend erkennen lassen; bei Fehlen solcher Handlungen kommt es darauf an, wann die Verhinderung der Vermögensverfügung schwierig wird (Tiedemann LK § 283 Rdn. 201 mit Nachw.; zust. Hillenkamp LK § 22 Rdn. 152 a.E.).

281

b) Auch der untaugliche Versuch ist entsprechend allgemeinen Lehren zu behandeln. Er liegt nach der Rechtsprechung sowohl bei tatsächlichen als auch bei rechtlichen Fehlvorstellungen vor, sofern diese den objektiven oder subjektiven Tatbestand des Betruges betreffen. Beispielsfälle sind die vermeintlich unwahre Behauptung der Lastenfreiheit von zu verpfändenden Gegenständen (deren Sicherungsübereignung rechtlich unwirksam war, RGSt 50 35, 36 ff), Unmöglichkeit des Eintritts des gewollten Vermögensschadens (RGSt 74 316, 318), irrige Annahme eines Vermögensschadens aufgrund persönlichen Schadenseinschlags (OLG Köln NJW 1968 1893 [f]), oder wenn die Hinauszögerung der Geltendmachung eines Anspruchs in der irrigen Vorstellung erfolgt, der Anspruch sei noch realisierbar und das Hinauszögern seiner Geltendmachung gefährde zunehmend die Realisierbarkeit (OLG Karlsruhe Justiz 1987 430, 432) oder wenn der Schadensfall vom vermeintlichen Mittäter seinem Versicherer gemeldet wird, weil er von der angeblichen Inszenierung des Versicherungsfalles nichts weiß und daher in den ihm gegenüber begangenen „Raub“ eingewilligt hat (BGHSt 40 299, 302366). In diesen Fällen liegt ein umge366

Mit Bespr. Roßmüller/Rohrer MDR 1996 986. Zustimmend Fischer Rdn. 194; Heckler

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GA 1997 72, 78 ff; Hefendehl MK Rdn. 750; Jung JuS 1995 360 f; Weber

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Betrug

kehrter Tatbestandsirrtum vor, im letztgenannten Beispiel sowohl über das Tatbestandserfordernis des rechtswidrigen Vermögensvorteils als auch über das Merkmal gemeinschaftlicher Begehung nach § 25 Abs. 2. Untauglicher Versuch ist jedenfalls anzunehmen, wenn der Täter den angestrebten Vorteil irrtümlich für rechtswidrig hält, also irrig meint, ihm oder dem begünstigten Dritten stehe kein Anspruch auf den Vermögensvorteil zu (vgl. Rdn. 268; BGHSt 42 268, 272 f mit Nachw.).367 Hierfür reicht es aus, dass der Täter hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Vorteils mit dolus eventualis handelt (BGHSt 42 268, 273 mit Anm. Arzt JR 1997 469 ff und Kudlich NStZ 1997 432 ff für einen ärztlichen Aufklärungspflichtverletzungs- und Kunstfehlerprozess). Die Abgrenzung zum straflosen Wahndelikt („umgekehrter Verbotsirrtum“) ist dort 282 relativ einfach, wo der Täter einem „umgekehrten Subsumtionsirrtum“ erliegt, also etwa seinen Vertragspartner für geschädigt hält, während die von ihm richtig erfasste Sachlage auch unter Berücksichtigung des persönlichen Schadenseinschlags keinen wirtschaftlichen Schaden ergibt (OLG Köln NJW 1968 1893 f für den durch Täuschung erfolgten Verkauf von Babynahrungsmitteln). Schwieriger ist die Grenzziehung von umgekehrtem Tatbestands- und umgekehrtem Verbotsirrtum im Bereich rechtlicher Bewertung. Ein eher „klassisches“ Beispiel ist die Fingierung eines Versicherungsfalles durch einen vermeintlichen Repräsentanten, der wegen enger persönlicher Beziehungen zum Versicherungsnehmer annimmt, dieser habe keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung (vgl. Tiedemann/Waßmer Jura 2000 533). Ein neueres Beispiel bildet die irrige Annahme eines Arztes, die gegen ihn erhobene Schadensersatzklage einer Patientin sei möglicherweise begründet, und der daher zum Zweck der Klagabweisung gefälschte Krankenunterlagen vorlegt (BGHSt 42 268 ff; vgl. soeben Rdn. 281 a.E.). Im Schrifttum wird insoweit teilweise darauf abgestellt, ob der Rechtsirrtum das „Vorfeld“ des Tatbestandes betreffe (dann Verbotsirrtum bzw. Wahndelikt),368 ob sich der Täter „an sich rechtstreu“ oder „an sich rechtsfeindlich“ verhalte (so Kudlich NStZ 1997 432, 433 f) oder ob die Fehlvorstellung eine Überdehnung des strafrechtlichen Schutzbereichs darstellt (dann Verbotsirrtum bzw. Wahndelikt)369. Die Rechtsprechung lehnt die vorgenannten Differenzierungen zutreffend ab und bestraft in den genannten Fällen des Irrtums über die materielle Rechtslage wegen untauglichen Versuchs (vgl. zuletzt BGHSt 42 268, 272 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 175), in dem genannten Versicherungsbeispiel allerdings bei Ausbleiben der Haupttat (§ 263) nur wegen § 265 (Tiedemann/Waßmer aaO S. 539 und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 490; vgl. auch unten Rdn. 302). Die irrige Annahme, im Zivilprozess nicht mittels falscher Beweismittel täuschen zu dürfen, betrifft nach h.M. die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils oder bereits den Schaden (Rdn. 238). Auf der Grundlage der h.M. geht es insoweit um einen umgekehrten Subsumtionsirrtum, also um ein Wahndelikt, das im Arztfall aber nichts am gleichzeitigen Vorliegen eines strafbaren untauglichen Betrugsversuchs ändert.

367

FS Lenckner S. 435, 446 ff; aA Hillenkamp LK § 22 Rdn. 176 m.w.N. zu der Streitfrage, ob das objektive Fehlen der Zurechnungsbasis von Mittäterschaft durch deren nur subjektive Annahme ausgeglichen werden kann. Hefendehl MK Rdn. 742; Hillenkamp aaO Rdn. 181; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 175.

368

369

So Burkhardt JZ 1981 683 ff; Jakobs AT Abschn. 25, 42; Kindhäuser GA 1990 407, 419; Roxin AT II § 29, 390, 409, 413 ff und 419 (differenzierend). Baumann/Weber/Mitsch AT § 26, 38; Otto AT § 18, 71 ff; Wessels/Beulke AT Rdn. 621 ff. Für Vollendung dagegen Gössel GA 2003 903, 904.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

VIII. Täterschaft und Teilnahme 283

1. Unter der Geltung der allgemeinen Lehren zu §§ 25 ff ergeben sich teilweise Besonderheiten daraus, dass § 263 – ebenso wie § 242 n.F. – auch fremdnützig begangen werden kann (Rdn. 271). Das von der Rechtsprechung weiterhin zur Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe herangezogene Kriterium des eigenen Tatinteresses greift hier also ins Leere (BGHSt 40 299, 301). Mittäterschaft ist aber grundsätzlich auch in der Form möglich, dass ein Mittäter nur die Bereicherung eines anderen anstrebt (BGH aaO). In diesem Fall tritt neben einer Präzisierung des Absichtsmerkmals (Rdn. 249 ff) das Abgrenzungskriterium gleichgeordneten arbeitsteiligen Vorgehens aufgrund eines gemeinsamen Tatplans (und der Tatherrschaft oder wenigstens des Willens hierzu) in den Vordergrund. Der Zusammenschluss als Bande oder in sonstiger Form ersetzt nicht den gemeinsamen Tatplan bezüglich der Einzeltaten (BGH wistra 2010 217, 218 f). Nach h.M. kann aber Mitwirkung bei der Vorbereitung für die Annahme von Mittäterschaft ausreichen (vgl. nur BGHSt 40 302; OLG Celle NJW 1994 142, 143, je mit Nachw.), z.B. durch Inszenierung eines Versicherungsfalls und ohne Mitwirkung bei der Schadensmeldung gegenüber dem Versicherer (BGH aaO; BGHR § 25 Abs. 2 Mittäterschaft 3);370 BGH StV 1997 411 nimmt insoweit „bei wertender Betrachtung“ dieses Tatbeitrages allerdings nur Beihilfe an. BGH NStZ 2002 146 spricht von dem für Mittäterschaft kennzeichnenden „engen Verhältnis“ zur Betrugstat (und verneint dieses für Hersteller gefälschter Schecks, da diese genaue Vorgaben erhielten und nicht „Partner“ bei den in Aussicht genommenen Betrügereien sein sollten). (Sukzessive) Mittäterschaft wird von der Rechtsprechung bis vor Beendigung der Tat zugelassen, soweit das spätere Handeln noch Einfluss auf den tatbestandsmäßigen Erfolg hat (zuletzt BGH wistra 2009 389, 390; aA Schünemann LK § 25 Rdn. 197 m.w.N.). Beim Betrug durch Unterlassen als einem Sonderdelikt kann Mittäter nur sein, wer ebenfalls eine Garantenpflicht gegenüber dem geschädigten Vermögen hat (Schünemann aaO Rdn. 162 mit Nachw.). Mittelbare Täterschaft ist nach ganz h.M. ohne Einschränkung möglich (vgl. nur 284 RGSt 64 422, 425; enger Gundlach MDR 1981 194 ff). Dabei hat die umstrittene und hier abgelehnte Konstruktion des gesamten Betrugstatbestandes als Fall mittelbarer Täterschaft (mit dem Opfer als Tatmittler, Rdn. 5) aus der Betrachtung auszuscheiden. Die Benutzung gutgläubiger Dritter („Irrtumsherrschaft“ des mittelbaren Täters) kann etwa in der Weise vor sich gehen, dass der Tatmittler Verträge abschließt und erfüllt (RG aaO mit Nachw.; zust. Hefendehl MK Rdn. 759). Einschlägig ist auch die Konstellation, dass der Täter jemanden in der Erwartung täuscht, dieser werde seinen Irrtum einem anderen vermitteln und den anderen so zu einer Vermögensverfügung veranlassen (RGSt 11 246, 249 für die Versendung falsch deklarierter Ware; Brand/Reschke NStZ 2011 382 f zum Mehrwertdienstbetrug). RG aaO sieht hierin eine Ausweitung des Irrtumsmerkmals, für das ausreiche, wenn ein Irrtum nur mittelbare Ursache der Vermögensbeschädigung wird (und hebt die Bedeutung dieser Ansicht für die Versuchsstrafbarkeit hervor). BGH NStZ 1994 35 behandelt diese Konstellation dagegen zutreffend als Fall mittelbarer Täterschaft (zust. Hefendehl aaO und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 180). Mittelbare Täterschaft ist auch gegeben, wenn der Täter gegenüber einer Behörde falsche Angaben macht, um der Inanspruchnahme durch einen Geschädigten zu entgehen, und dabei weiß, dass der Geschädigte die Behörde um Auskunft bitten wird (OLG Stuttgart NJW 1962 502 f mit abl. Anm. Merkert S. 1023 f, der zusätzlich Wollen 370

Ebenso BGH wistra 1992 181, 182; Fischer Rdn. 203; Sch/Schröder/Cramer/Perron

304

Rdn. 180; wohl auch Hefendehl MK Rdn. 758.

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§ 263

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dieses Vorgangs verlangt). BGHSt 48 331, 342 und wistra 1998 148, 150 übertragen die von BGHSt 40 218, 236 ff (mit abl. Anm. Roxin JZ 1995 51) entwickelte mittelbare Täterschaft kraft „Organisationsherrschaft“ in Unternehmen auf den Betrugstatbestand und bezeichnen es als unerheblich, ob die unmittelbar Handelnden gut- oder bösgläubig und ob sie „austauschbar“ (fungibel) sind oder ob ein Unterlassen des Geschäftsführers (in Garantenstellung) vorliegt (dazu auch Rdn. 311). Erfordert wird nach dieser Rechtsprechung nur, dass der Hintermann durch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen schafft oder ausnutzt, innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst und innerhalb derer sich das Tätigwerden des Vordermannes abspielt (Rissingvan Saan FS Tiedemann S. 401; zu Parallelen im niederländischen Strafrecht Tiedemann FS Achenbach S. 568).371 Kenntnis des Hintermann von den einzelnen Straftaten ist nicht erforderlich (BGH wistra 1998 148). – Einen (versuchten) Prozessbetrug in mittelbarer Täterschaft bejaht AG Stuttgart DAVorm 1990 160 f, wenn der im Zivilprozess für die Feststellung seiner Vaterschaft in Anspruch Genommene einen (bösgläubigen) Dritten zur Blutuntersuchung zwecks Erstellung eines Blutgruppengutachtens vorschiebt; richtigerweise ist hier (Anstiftung zur) Beihilfe anzunehmen. – Zur Anstiftung durch einen Rechtsanwalt OLG Frankfurt (Z) VersR 1979 162, 163. Zur Konkurrenzlösung bei mehreren Taten des Tatmittlers Rdn. 311. Auch Nebentäterschaft ist mit Blick auf dieselbe Vermögensverfügung möglich, etwa 285 nach RG GA Bd. 47 295 dann, wenn die Geldherausgabe sowohl durch die Täuschung des einen Täters als auch durch die nachfolgende und entscheidende Täuschung eines daneben handelnden Ehepaares veranlasst worden ist (zust. Hefendehl MK Rdn. 761 und Kindhäuser NK Rdn. 385). 2. Beihilfe ist auch beim Betrug nach ganz h.M. nicht nur bis zur rechtlichen Vollen- 286 dung (Rdn. 272), sondern bis zur tatsächlichen Beendigung in dem Rdn. 273 ff beschriebenen Sinne möglich, und zwar auch dann, wenn nach Vollendung keine Tatbestandsmerkmale mehr verwirklicht werden (BGHSt 51 165, 178 Rdn. 41; aA Hefendehl MK Rdn. 762, der aber von einem „Beihilfebetrug“ spricht). Die Beendigung betrifft vor allem die Erfüllungsphase nach einem Eingehungsbetrug (Rdn. 274). Im Vorbereitungsstadium des Betruges kann Beihilfe z.B. dadurch geleistet werden, dass dem Täter zum Zwecke der späteren Täuschung eine inhaltlich falsche Urkunde geliefert wird (Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 180), etwa in Gestalt eines inhaltlich falschen, überhöhte Werte ansetzenden Sachverständigengutachtens (BGHSt 42 135, 136 372), oder bei der Inszenierung eines (Verkehrs-)Unfalls zwecks Begehung von Versicherungsbetrug der Fahrer vermittelt wird (BGH VRS 83 185, 188 f) oder beim Sportwettenbetrug der bestochene Schiedsrichter regelwidrige Entscheidungen vorher zusagt (oder bis zur Auszahlung des manipulierten Wettgewinns trifft, BGHSt 51 165, 178 Rdn. 41 – Hoyzer; aA Cramer/Perron aaO: Mittäterschaft). In Abgrenzung zur Mittäterschaft (Rdn. 283) spielt der Gehilfe objektiv nur „eine untergeordnete Rolle“ (BGHR § 263 Abs. 1 Gehilfe 1; BGH wistra 2001 378 und 2007 258). Beihilfe ist z.B. für einen Buchhalter angenommen worden, der den betrügerischen Handel von Warenterminoptionen durch Notierung und

371

Zustimmend BGHSt 49 147, 163 f (Bremer Vulkan) mit Anm. Tiedemann JZ 2005 45 (zu § 266) und NJW 1998 767, 769 sowie Nack GA 2006 342 ff. Ausführlich zuletzt Noltenius in Steinberg/Valerius/Popp S. 9 ff m.w.N.

372

Mit Anm. Kindhäuser JR 1997 273, Loos JR 1997 297, Roxin JZ 1997 210 und Schlehofer StV 1997 412 sowie Bespr. Fahl JA 1997 11, 14 und Martin JuS 1997 277; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 587.

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Auflistung der Geschäftsabschlüsse, Berechnung der Provisionszahlungen für die Telefonverkäufer und Führung eines Kassenbuches sowie Zahlung der erforderlichen Sozialabgaben unterstützte und dabei die Schädigung der Kunden billigend in Kauf nahm, um seine aus Altersgründen gefährdete Arbeitsstelle und ein bescheidenes monatliches Einkommen (von etwa 1500 DM) zu erhalten (BGH wistra 1989 346 [f]). Entsprechendes gilt für ein „Service-Unternehmen“, das seine Organisation zur Abdeckung der Schwarzarbeit Dritter zur Verfügung stellt (BGH wistra 1998 152 ff), und für Geldkuriere nach Phishing-Angriffen (Borges ZIP 2006 1983 mit Nachw.). Beihilfe durch einen Notar kann in der Beurkundung von Verträgen mit erkannt wertlosen Sicherheiten (LG Berlin StV 2004 545) oder in der Weiterleitung eines betrügerisch erlangten Darlehensbetrages vom Notaranderkonto an den Täter liegen (BGH wistra 2000 459, 460 und NStZ-RR 2001 241, 242; zu Rechtsanwälten wistra 2006 459 f, NStZ 2000 34 f); für eine Rechtfertigung aus Berufsrecht (Rdn. 290) ist hier kein Raum (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 190, 192a mit Nachw.). Für Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer kommt auch eine Beihilfe durch Unterlassen in Betracht (vgl. Fischer Rdn. 205). Jedoch haben diese Berufsgruppen nur eine eingeschränkte Garantenpflicht (Silva Sánchez FS Tiedemann S. 244 f; Tiedemann LK § 265b Rdn. 109 und aaO Rdn. 192a; vgl. auch BGHSt 4 327, 329 ff). Im Übrigen ist Beihilfe durch Unterlassen nach allgemeinen Grundsätzen möglich (§ 13). Sehr weitgehend bejaht BGH wistra 2000 92, 93 (mit Anm. Wollweber S. 338) eine Garantenstellung von Polizeibeamten, die außerdienstlich von einem fortgesetzten Kreditbetrug ihres Kollegen zum Nachteil einer Bank mit einem Gesamtschaden von 2,3 Mio DM erfuhren. Für den Gehilfenvorsatz ist keine präzise Vorstellung von der Haupttat (Opfer, Tat287 zeit, Details der Begehungsweise) erforderlich. Es genügt daher, wenn der Gehilfe davon ausgeht, sein Beitrag werde vom Haupttäter zu Schädigungen potentieller Tatopfer genutzt (BGHSt 42 135, 137 ff).373 Dolus eventualis reicht im allgemeinen aus (Schünemann LK § 27 Rdn. 55 mit Nachw.), allerdings nicht bei den soeben Rdn. 286 genannten Berufsgruppen, soweit diesen die Ablehnung der Mitwirkung an Angelegenheiten ihrer Mandanten nur bei erkannter Rechtswidrigkeit (z.B. des zu beurkundenden Vertrages) vorgeschrieben ist (LG Koblenz ZIP 1990 1290 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 192a m.w.N.), und nicht bei Rechtsanwälten in Bezug auf ihren (Partei-)Vortrag im Zivilprozess (Rdn. 240 und 290). BGHSt 46 107, 112 ff stellt für „berufstypische neutrale Handlungen“ (in casu: von Bankangestellten) darauf ab, dass bei dolus eventualis regelmäßig keine Beihilfe vorliegt, es sei denn das erkannte Risiko der strafbaren Haupttat sei besonders hoch, da der Täter „erkennbar tatgeneigt“ ist; andernfalls begründe nur sicheres Wissen von der bevorstehenden Haupttat eine Beihilfe. Eine „Solidarisierung“ mit dem Haupttäter kann aber auch in der starken Verringerung des Entdeckungsrisikos durch nicht nur psychische, sondern zugleich umfangreiche physische Hilfe gesehen werden (BGH aaO S. 114 f; zust. Tiedemann aaO Rdn. 191 m.w.N.). Andererseits kann aus der Kenntnis des Rechtsanwalts von der „besonderen Risikohaftigkeit des Anlagemodells“ nicht auf seine Kenntnis wahrheitswidriger Angaben der Verkäufer geschlossen werden (BGH NStZ 2000 34, 35). – In Bezug auf Rechts- und Irrtumsfragen ist der Gehilfenvorsatz nach denselben Regeln wie der Tätervorsatz zu bestimmen (Tiedemann ZIP 2004 2056, 2057). Zur Abgrenzung der Beihilfe von der Hehlerei bei mittelbarem

373

BGH NStZ 2002 200, 201 Rdn. 10. Vgl. auch Fn. 372 und die Bspr. Scheffler JuS 1997 598 ff; Häcker in Müller-Gugenber-

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ger/Bieneck § 96, 65 und 71 ff; Hefendehl MK Rdn. 762; Wessels/Hillenkamp aaO.

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Betrug

Besitz des Täuschenden Martens JA 1996 248 ff, zur Abgrenzung gegenüber der Begünstigung BGH wistra 1993 17. 3. Die Bereicherungsabsicht stellt nach herrschender und zutreffender Ansicht kein 288 besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 dar,374 so dass die Strafe für Anstifter und Gehilfen nicht nach dieser Vorschrift zu mildern ist. Die Absicht des Täters ist vielmehr als subjektives Unrechtselement (Rdn. 248) „tatbezogen“. Sie muss daher nach allgemeinen Grundsätzen der Akzessorietät dem Teilnehmer bekannt, also zumindest von dessen dolus eventualis (Rdn. 287) umfasst sein. Von dieser Auffassung, die auch im Schrifttum vorherrscht, geht die Rechtsprechung als selbstverständlich aus (Lackner LK10 Rdn. 297 mit Nachw.).

IX. Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung Für die Bestimmung und den Ausschluss der Rechtswidrigkeit gelten die allgemeinen 289 Grundsätze. Eine Rechtfertigung nach § 34 wird nur selten – etwa bei Handeln zwecks Erhaltung des Arbeitsplatzes in außergewöhnlichen Konstellationen – in Betracht kommen. Beim sog. wirtschaftlichen Notstand wird es meist bereits an der Erforderlichkeit, jedenfalls an der Angemessenheit einer betrügerischen Schädigung fehlen (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 193 mit Nachw.). 1. Im Schrifttum wird teilweise in Konkretisierung des Gedankens der Sozialad- 290 äquanz (Rdn. 35 Vor § 263) ein Rechtfertigungsgrund des Handelns im Rahmen der beruflichen Ordnung angenommen, und zwar insbesondere für Rechtsanwälte und Notare.375 Die Rechtsprechung wählt in einschlägigen Grenzfällen demgegenüber den Weg über die Verneinung des Vorsatzes, kombiniert das subjektive Kriterium aber neuerdings zutreffend mit dem objektiven Sinngehalt des Geschehens (vgl. bereits Rdn. 287).376 Oben Rdn. 240 wird in Übereinstimmung mit dem älteren Schrifttum die Ansicht vertreten, dass beim Prozessbetrug dolus eventualis des Prozessvertreters bzw. der Parteien für die Strafbarkeit nicht ausreicht. Die unterschiedliche systematische Einordnung hat insbesondere für den Irrtum Konsequenzen. 2. Weitergehend kommt eine Rechtfertigung, teilweise aber auch schon ein Tatbe- 291 standsausschluss, in Fällen der Täuschung durch unvollständige oder ganz unterlassene Angaben in Betracht, soweit gesetzliche Schweigerechte bestehen. Abgesehen von den speziellen organschaftlichen Schweigerechten im Handelsgesellschafts- und Wirtschafts-

374

375

Zustimmend Fischer Rdn. 205; Lackner/ Kühl Rdn. 58 und § 28 Rdn. 6; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 147; Sch/ Schröder/Cramer/Heine § 28 Rdn. 20; aA Samson SK3 Rdn. 195 und § 28 Rdn. 20 sowie Schmidhäuser BT 11/39. Krekeler AnwBl 1993 69, 72; Tiedemann Jura 1981 31 und NJW 1988 1311, 1312 sowie GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 25; Volk BB 1987 139, 144 f. Zustimmend Silva Sánchez FS Tiedemann S. 238.

376

BGH NStZ-RR 2001 241, 242 und 2000 34 f (f) sowie 1999 184, 186 (für Beihilfe des Rechtsanwalts zu § 266); RGSt 37 321, 322 f; 60 6, 8; OLG Düsseldorf NStZ 1984 29; ebenso Baumgarte wistra 1992 41, 43 und Häcker in Müller-Gugenberger/Bieneck § 25, 11 f; vgl. aber auch BGH wistra 1993 181 f. Näher dazu Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 191 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 587.

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recht (z.B. § 131 Abs. 3, 160 Abs. 2 AktG)377 kommt vor allem beim Anstellungsbetrug (Rdn. 223 ff) dem Verschweigen von Vorstrafen Bedeutung zu. Soweit die ausdrückliche Frage des Arbeitgebers nach Vorstrafen wahrheitswidrig beantwortet wird, nimmt die ältere außerstrafrechtliche Literatur bei Unzulässigkeit der Frage überwiegend ein Lügerecht (als Notwehrrecht wegen Verletzung der Intimsphäre) an (vgl. nur MünchKommKramer 3 Rdn. 7; Staudinger/Dilcher 12 Rdn. 26 f, je zu § 123). Dies gilt wegen des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung auch für das Strafrecht. Eindeutig ist die Rechtslage ferner bei Tilgung (und Tilgungsreife) von Vorstrafen, also ihrer Entfernung und Vernichtung der Eintragung im Strafregister; der Verurteilte gilt insoweit als nicht (mehr) bestraft und darf sich daher als unbestraft bezeichnen (§ 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG). Hier entfällt bereits der Tatbestand der Täuschung (vgl. auch Rdn. 63). Dasselbe gilt nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG für Vorstrafen, die nicht in ein (Privat-)Führungszeugnis aufzunehmen sind, und erst recht für Vorstrafen, die von vornherein nicht im Strafregister vermerkt sind. In diesen Fällen beschränkter Auskunft gilt der Verurteilte zwar nach wie vor als bestraft, darf sich aber gegenüber Privatpersonen und privaten Stellen als unbestraft bezeichnen (Peters Strafprozess S. 704). Dieses Ergebnis (fehlender Tatbestandsmäßigkeit) gilt auch für das Unterlassen der Offenbarung solcher Vorstrafen (Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 484 mit Nachw.). Die Rechtslage ist Folge und Wirkung der Rehabilitation des Verurteilten, dessen Strafmakel zwecks Wiedereingliederung in die Rechtsgemeinschaft beseitigt wird: Die Rehabilitation verschafft ihm wieder die rechtliche Stellung eines Nichtverurteilten (vgl. nur Peters aaO S. 703).

X. Strafdrohung und Strafbemessung, insbesondere die besonders schweren Fälle 292

1. Die Strafe für den Betrug ist nach dem ordentlichen Strafrahmen des Absatzes 1 Freiheitsstrafe von einem Monat (§ 38 Abs. 2) bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe von fünf bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen (§§ 40 ff). Die Wahl der Strafart und die Bemessung der Strafhöhe richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafzumessung (§§ 46 ff). Neben einer Freiheitsstrafe kann Geldstrafe unter den Voraussetzungen des § 41 (oder des § 53 Abs. 2 S. 2, dazu BGH JR 1989 425, 426 mit Anm. Bringewat) verhängt werden. 293 Für die Strafbemessung gelten die allgemeinen Grundsätze des § 46. Eine wichtige Rolle spielt vor allem die besondere Höhe des eingetretenen oder vorhergesehenen Schadens (vgl. nur BGH StV 1993 520 [f] mit Nachw.; vgl. auch Abs. 3 Nr. 2!),378 da der Schuldumfang (§ 46 Abs. 1 S. 1) wesentlich durch die Schadenshöhe bestimmt wird (BGHSt 36 320, 325; Fischer Rdn. 208; Theune LK § 46 Rdn. 66 und 146; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 187a). Dabei ist allerdings der eigentliche Betrugsschaden (z.B. beim Warentermingeschäft) von der Verwirklichung des einem Spekulationsgeschäft ohnehin anhaftenden Risikos zu unterscheiden (BGH wistra 1984 61 [f]), und allgemein

377

378

Diese müssen aber ähnlich wie bei § 55 StPO ausdrücklich in Anspruch genommen werden: Geilen Aktienstrafrecht § 400 Rdn. 64 und 117 ff. BGH NStZ 1999 244, 245 und wistra 2006 20 (zur Lastschriftreiterei mit sich ablösen-

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den Krediten, die nicht einfach zu einem Gesamtschaden addiert werden dürfen); Bockelmann BT 1 S. 100; Fischer Rdn. 207; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 155; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 187a.

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kann der Gefährdungsschaden nicht mit dem tatsächlichen Schaden gleichgesetzt werden (BGHSt 53 199, 202 f Rdn. 13 und wistra 1999 185, 187). Stets ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen (vgl. nur BGH wistra 1997 22; Theune aaO Rdn. 60), bei der zahlreiche andere, auch subjektive, Umstände von Bedeutung sind (BGH wistra 1999 186 für eine psychopathische Persönlichkeitsstruktur, auch unterhalb des Schweregrades von § 21). BGHSt 36 320, 322 und NStZ 1988 408 heben insoweit die besondere kriminelle Energie, das Ausmaß des Vertrauensbruchs und die Dauer des betrügerischen Verhaltens hervor (vgl. auch Absatz 3 Nr. 1: gewerbsmäßige Begehung). Das Bestreiten des Betrugsvorwurfs darf nicht zu einer Strafschärfung führen (BGH wistra 1999 185, 187; Theune aaO Rdn. 207 m.w.N.). – Ausufernden Beweisaufnahmen allein über die Höhe des Gesamtschadens bei Serientaten sollte möglichst frühzeitig durch Beschränkung des Verfahrensstoffes entgegengewirkt werden (OLG Karlsruhe Die Justiz 1998 535, 536; dazu grundsätzlich Rissing-van Saan FS Tiedemann S. 391 ff). Der Gesamtschaden kann aber auch geschätzt, nämlich mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitserwägungen bestimmt werden, wobei jedoch alle Tatsachen (Schätzungsgrundlagen) zur Überzeugung des Richters feststehen müssen (Vogel Art. Schätzung, in HWiStR, 1990, mit Nachw.). BGHSt 36 320, 328 hebt unter Hinweis auf BGH NJW 1958 1244 f hervor, dass auch im Rahmen von Betrugsverfahren die Schätzung des Schadens nicht zu beanstanden ist, „wenn die Sachlage seine genaue Ermittlung nicht gestattet“. Grundsätzlich betont jedoch die neuere BGH-Rechtsprechung das Erfordernis, insbesondere bei Serienbetrügereien (z.B. jahrelangem kassenärztlichem Abrechnungsbetrug) bereits für den Schuldspruch die Höhe des jeweils verursachten Schadens mit ausreichenden Feststellungen zu belegen, wobei „Mindestfeststellungen“ genügen können (BGHSt 53 199, 203 Rdn. 14 mit Nachw. zu Anlagebetrügereien und BGHSt 36 321 für Abrechnungsbetrügereien, wenn der Tatrichter zu der Überzeugung gelangt, bestimmte Gebührenziffern seien pro Quartal mindestens auf einer bestimmten Anzahl von Krankenscheinen zu Unrecht eingetragen worden; ausführlich zur Behandlung von Serienstraftaten im Urteil Rissing-van Saan LK Rdn. 72 f Vor § 52, speziell zur Strafzumessung Rdn. 75 ff mit Nachw.). Hochrechnungen nach mathematisch-statistischen Verfahren sind im allgemeinen unzulässig, da ihre Anwendung die Gewissheit voraussetzt, dass sich der Täter in einem bestimmten Zeitraum ebenso verhalten hat wie in einem anderen (BGHSt 36 323 f). Sind aber typisierte Verhaltensmuster als gleichmäßig beibehalten festgestellt oder wird Besonderheiten Rechnung getragen, so sind sie mit einer statistischen Hochrechnung zur Bestimmung des Schuldumfangs erfassbar (BGH aaO S. 326 f). Ebenso sind Hochrechnungen zur Überprüfung eines anderweit gewonnenen Beweisergebnisses zulässig (BGH aaO S. 323 unter Hinweis auf BGHR StPO § 261 Geständnis 1). Die BGH-Rechtsprechung zum kassenärztlichen Abrechnungsbetrug weist auch darauf hin, dass bei einer sich über zahlreiche Quartale erstreckenden Falschabrechnung angesichts des Ausmaßes des Vertrauensbruchs eine Geldstrafe nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters in Betracht kommt (BGH wistra 1992 296 und StV 1993 520 f). Fakultative standesrechtliche Folgen dürfen ebenso strafmildernd berücksichtigt werden (BGH wistra 1987 329 mit Nachw.) wie die Tatsache, dass ein Angeklagter nach Einstellung des Verfahrens gegen Mitangeklagte (wegen Verhandlungsunfähigkeit) die strafrechtlichen Konsequenzen im wesentlichen allein tragen muss (BGH StV 1993 520 f). 2. Für besonders schwere Fälle gilt der erhöhte Strafrahmen des Absatzes 3, der Frei- 294 heitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Es handelt sich jedenfalls nach Auffassung der Rechtsprechung um eine Strafzumessungsregel (Theune LK Rdn. 18 Vor §§ 46–50; krit. Calliess NJW 1998 929, 931 mit Nachw.; Freund et al., ZStW 109,

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1997, 455, 471), deren Untergrenze durch das 6. StrRG 1998 gemildert worden ist. Zugleich hat dieses Gesetz die durch das 3. StRÄndg gestrichenen Regel-Beispiele in erweiterter Form wieder eingeführt und damit insgesamt die Gesetzesbestimmtheit verbessert (Freund et al. aaO; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 588 m.w.N.). Diese Gesetzestechnik mit ihrer tatbestandsähnlichen Indizwirkung bei Verwirklichung der gesetzlichen Merkmale macht die Vornahme einer Gesamtwürdigung des gesamten Tatbildes einschließlich aller subjektiven Umstände und der Täterpersönlichkeit nicht überflüssig (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 188i mit Nachw.). Sie kann trotz Vorliegens eines Regel-Beispiels nach unbestrittener Ansicht zur Verneinung der Straferhöhung führen (BGH wistra 2008 474, 476, 2009 272 f), nach überwiegender Ansicht aber auch bei Vorliegen gravierender schulderhöhender Umstände eine Straferhöhung ohne Verwirklichung eines Beispiels nach Nrn. 1–5 begründen.379 Dabei ist seit der Typisierung durch Absatz 3 n.F. die für Absatz 3 a.F. maßgebende Abweichung des Tatbildes vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Betrugsfälle 380 nicht mehr relevant. Bereits zu diesem Durchschnittsbild gehört übrigens das („schamlose“) Ausnutzen der Gutgläubigkeit und geschäftlichen Unerfahrenheit des Opfers (OLG Düsseldorf StV 1993 76; ausführlich zum „normativen Normalfall“ Theune LK § 46 Rdn. 60 ff, zum Betrug Rdn. 136, 155, auch 228, 231 u.ö.). Jedoch ist bei ganz besonderer Sorglosigkeit des Geschädigten (in Form jeglichen Verzichts auf unschwer mögliche Schutzvorkehrungen) nach altem wie nach neuem Recht eine Verneinung des besonders schweren Falles aufgrund einer Gesamtwürdigung möglich (LG Gera NStZ-RR 1996 167 f zum alten, Hefendehl MK Rdn. 765 zum neuen Recht). Dies hat besonders bei der Erschleichung einseitiger (staatlicher oder EU-)Leistungen Bedeutung, wenn die Kontrollen fehlen (Fischer Rdn. 227) oder ganz unzulänglich sind (dazu grundsätzlich Tiedemann LK § 264 Rdn. 10 mit Nachw.). Aus der Verweisung des Absatzes 4 auf § 243 Abs. 2 ergibt sich, dass ein besonders 295 schwerer Fall zwingend dann nicht angenommen werden darf, wenn sich die Tat auf eine „geringwertige Sache“ oder einen sonstwie geringwertigen Vermögensgegenstand bezieht, also die Werteinbuße im Vermögen des Opfers gering ist (ganz h.M., vgl. nur Lackner/Kühl Rdn. 66 mit Nachw.). Zur Bestimmung der Geringwertigkeit, die sich in erster Linie am objektiven Verkehrswert ausrichtet und deren Grenze zur Zeit bei höchstens 50 Euro liegt, im Einzelnen Vogel LK § 248a Rdn. 6 f mit Nachw. Zum Antragserfordernis in diesem Fall (Absatz 4) Rdn. 305.

296

a) Nr. 1 des Absatzes 3 bezeichnet als regelmäßig besonders schweren Fall des Betruges die gewerbsmäßige Begehung. Dies war schon von der h.M. zu Absatz 3 a.F. so gesehen worden. Die Definition der Gewerbsmäßigkeit stimmt mit der in §§ 243 Abs. 1 Nr. 3, 253 Abs. 4 S. 2, 260 Abs. 1 Nr. 1, 260a Abs. 1, 261 Abs. 1 Nr. 3 usw. überein. Es geht um die Tatbegehung in der Absicht, sich aus der Wiederholung des Betruges eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen (BGH wistra 2011 462 [f]; Rissing-van Saan LK Rdn. 80 Vor § 52 m.w.N.). Daher reicht

379

Vgl. nur Theune LK Rdn. 19 Vor §§ 46–50; weiter (und ebenso) Fischer Rdn. 209 und 227; Hefendehl MK Rdn. 765; Rengier BT I § 3, 4; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 188i; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 589 und 198 f, je mit Nachw.

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So zu Absatz 3 a.F. BGH wistra 1987 257 (f), 1988 304, 1989 305 (f) und 1995 188 (f).

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bereits die erste Tat aus (BGHSt 49 177, 181). Auch genügen mittelbare Vorteile (BGH wistra 2009 351, 2011 462 und NStZ 2008 282). Alternativ kommt bandenmäßige Begehung in Betracht; bei Kumulation mit gewerbs- 297 mäßiger Begehung greift Absatz 5 ein. Die Bande muss sich zur fortgesetzten, nämlich wiederholten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden haben, setzt also eine Bandenabrede voraus (BGHSt 54 69, 130 Rdn. 179 – Al Qaida). Diese führt nicht zu einer gegenseitigen Zurechnung von Einzeltaten nach § 25 Abs. 2, dessen Voraussetzungen gesondert festzustellen sind (vgl. Rdn. 283). Die Bandenzielsetzung ist weit zu verstehen: Urkundenfälschung umfasst neben § 267 auch Taten nach §§ 268 bis 281, Betrug neben § 263 auch Taten nach §§ 263a (aA Fischer Rdn. 212 mit Nachw.), 264, 264a, 265b, wohl auch § 266b (str., vgl. Fischer aaO mit Nachw.), dagegen nicht die Delikte nach §§ 265, 265a, 266, 266a, da insoweit das Tatbestandsmerkmal der Täuschung fehlt (Fischer aaO). Die demgegenüber auf §§ 263, 267 beschränkte und auf Absatz 5 gestützte Auslegung Hefendehls (MK Rdn. 770 und 771) lässt sowohl die gesetzlichen Abschnittsüberschriften als auch die unterschiedlichen Entstehungszeiten der Absätze 3 und 5 unberücksichtigt; die genauere Bezeichnung in Absatz 5 trägt den gesteigerten Bestimmtheitsanforderungen bei Verbrechen (dazu Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 197 f mit Nachw.) Rechnung. – Der Begriff der Bande, die im Gegensatz zur kriminellen Vereinigung als lose Gruppe definiert wird (Vogel LK § 244 Rdn. 53), erfordert nach der Rechtsprechung drei Personen (BGHSt 46 321, 328 f). International überwiegt die gesetzestechnische Benutzung des Banden-Kriteriums als Mittel zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (Tiedemann/Kinzig ZStW 112, 2000, 704, 714 f; T. Walter ZStW 117, 2005, 912, 928), die einer der Anlässe zur Reform des StGB durch das 6. StrRG war (vgl. nur Tiedemann LK § 265 Entstehungsgeschichte). Der Große Senat für Strafsachen hat sich hiervon mit Blick auf die neuere nationale Gesetzgebungsgeschichte distanziert und lässt ausreichen, dass die Mitglieder einer „Bande“ ihre je eigenen Interessen (an Beute- und Gewinnerzielung sowie einer wirksamen und risikoarmen Tatausführung) verfolgen (aaO S. 329 f). Auch die fortgesetzte Begehung, zu der sich die Bande verbunden haben muss, ist nicht im technischen Sinne der (für § 263 aufgegebenen, unten Rdn. 311) Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung zu verstehen. Vielmehr genügt die Zielsetzung, mehrere selbständige im Einzelnen noch ungewisse Taten zu begehen, die auch noch von einer Bedingung abhängen können (zust. Hefendehl MK Rdn. 768). Zeitliche, räumliche oder gegenständliche Beschränkungen der geplanten Taten sind unerheblich (anders, wenn die Verabredung auf wenige Stunden begrenzt ist, OLG Hamm NJW 1981 2207, 2208 mit zust. Anm. Tenckhoff JR 1982 208 f). – Besteht die bandenmäßige Verbindung, so unterfällt bereits die erste Tat durch einen einzigen Täter dem Regel-Beispiel (BGHSt 49 177, 186 ff; Hefendehl aaO). Bandenmitglied kann im Übrigen auch sein, wenn die Aufgabe zukommt, bei den geplanten Taten lediglich eine dauerhafte Gehilfenfunktion auszuüben (BGHSt 47 214, 216 ff mit Nachw.). Mittäter des Betruges sind nicht ohne weiteres Mitglieder der von den Betrügern gebildeten Bande (LG Berlin StV 2004 545 für einen Notar, der wertlose Grundschuldbestellungen beim bandenmäßigen Anlagebetrug beurkundet). b) Nr. 2 betrifft die Herbeiführung eines großen Vermögensschadens oder bei – im 298 untechnischen Sinne (Rdn. 297 a.E.) – fortgesetzter Begehung die Absicht der Herbeiführung einer Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten einer großen Zahl von Menschen. – Die 1. Alt. meint den Erfolgsunwert großen Schadensausmaßes; ein Versuch begründet die Indizwirkung dieses Regelbeispiels nicht (BGH wistra 2007 111 und NStZ-RR 2009 206; Fischer Rdn. 217 m.w.N.). Auch ein Gefährdungsschaden reicht nach der BGH-Rechtsprechung nicht aus, da ein „Verlust“ nach Wortsinn und systemati-

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schem Zusammenhang (mit der 2. Alt.) endgültig sei (BGHSt 48 354, 357 ff).381 Jedoch ist die Wortauslegung nicht zwingend, wie die Rechtsprechung zu den einzelnen Alternativen des § 226 Abs. 1 Nr. 1 zeigt; dort wird auch aus der im Sinne eines Totalverlustes ausgelegten Nr. 2 kein systematischer Schluss gezogen (Hirsch LK11 § 226 Rdn. 8 ff mit Nachw.). Innerhalb des § 263 führt die BGH-Rechtsprechung zu Absatz 3 Nr. 2 mit dem Erfordernis eines Endschadens als „Verlust“ dort zu klaren Ergebnissen, wo es um Sachen (wie im Falle BGHSt 48 354 ff: Grundstückseigentum) oder um Arbeitsleistungen (wie im Fall BGH NJW 2005 3650 ff: an einen zahlungsunwilligen Besteller) geht. Forderungen und Immaterialgüterrechte können ebenfalls Gegenstand eines Vermögensverlustes sein, wenn sie etwa auf einen neuen Inhaber übertragen werden und keine hinreichende Kompensation geleistet wird. Aber auch ohne Inhaberwechsel kann das subjektive Recht ganz oder teilweise entwertet werden, wenn etwa der Gläubiger mit seiner Forderung bei der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise ausfällt oder die Forderung wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ganz oder teilweise abgeschrieben werden muss. Der Vermögensverlust wird durch solche Vorgänge manifest, ist aber nicht an sie gebunden: Die wirtschaftlich-wertende Betrachtung unter Einbeziehung der Frage nach der Kompensation kann ergeben, dass der Rentenzahlungsanspruch des Kapitalanlegers minderwertig (unsicher) oder ganz wertlos ist und daher keine (hinreichende) Schadenskompensation darstellt, die Einzahlung also ganz oder teilweise „verloren“ ist. Auch kann bereits vor dem Stadium der (teilweisen) Erfüllung die Belastung des Vermögens mit Verbindlichkeiten, z.B. unverfallbaren Pensionsverpflichtungen bei einem Unternehmenskauf, einen in Geld messbaren Schaden und der Kaufvetrag daher ein Verlustgeschäft im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 2 darstellen (zu der bei § 283 wie bei § 263 erforderlichen Saldierung mit der Prognose einer tatsächlichen Vermögensminderung Radtke MK § 283 Rdn. 24 und Tiedemann LK § 283 Rdn. 54, je mit Nachw.). Für § 263 Abs. 3 1. Alt. reicht daher entgegen der Rechtsprechung grundsätzlich auch ein Gefährdungsschaden aus. Dies gilt nicht, wenn eine an das Bilanzrecht angelehnte wirtschaftliche Bewertung keinen messbaren Schaden ergibt. Durchlaufende Posten wie die Umsatzsteuer in einem Rechnungsbetrag scheiden bei der Feststellung des Verlustes ebenfalls aus (BGH NJW 2005 3650, 3653).

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a) Zur (objektiven) Größenordnung des Vermögensverlustes besteht seit BGHSt 48 360, 362 ff (mit Anm. bzw. Bespr. Hannich/Röhm NJW 2004 2061, Krüger wistra 2005 247 und Rotsch ZStW 117, 2005, 597 ff) weitgehend Einigkeit darüber, dass sich die Abgrenzung an einem Wert von 50 000 Euro ausrichten sollte, wobei im Einzelfall auf Grund einer „Gesamtbetrachtung“ (Rdn. 294) genügend Spielraum für eine gerechte Straffindung bleibt (BGH aaO S. 364; Tiedemann LK11 Rdn. 298). Diese Grenzziehung ist u.a. von BGH NJW 2005 3650, 3653, NStZ-RR 2007 269 (nur LS) sowie wistra 2009 236, 237 bestätigt und von der Rechtsprechung überzeugend begründet worden (krit. aber Fischer Rdn. 215 f, Lang et al. NStZ 2004 530 und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 591). Bei Handlungseinheit und „fortgesetzter Begehung“ sind die Einzelschäden zu 381

Mit Anm. bzw. Bespr. von Gallandi NStZ 2004 268, Krüger wistra 2004 146, Lang et al. NStZ 2004 528, Rotsch wistra 2004 300. Ebenso BGH NJW 2005 3650, 3653 und StV 2007 132; Eisele BT II Rdn. 612; Hoyer SK Rdn. 282; Kindhäuser Rdn. 228 und NK Rdn. 394; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 502; Lackner/Kühl

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Rdn. 66; Rengier BT I § 13, 278; krit. Fischer Rdn. 217 (mit Nachw.) und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 591; Rotsch ZStW 117 (2005) 589 ff; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 188c; aA Hefendehl MK Rdn. 775 und 776; Gallandi aaO; Peglau wistra 2004 8; Wahl S. 74.

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addieren (zust. Hefendehl MK Rdn. 777 m.w.N. und BGH NStZ 2011 401 ff, aber unter Beschränkung auf dasselbe Opfer). Die Qualifizierung als Vermögensverlust erfordert bei schadensgleichen Vermögensgefährdungen (Rdn. 168ff) eine bilanziell-wertende Betrachtung (Rdn. 298 a.E.). Eine große Anzahl von Menschen im Sinne der 2. Alt. soll nach Kindhäuser (Rdn. 229 299 mit Nachw.) in Anlehnung an die Begriffsbestimmung bei §§ 306b Abs. 1, 330 Abs. 2 Nr. 1 definiert werden und mindestens 20 Menschen erfordern. Dies ist für jene Tatbestände als gemeingefährliche Delikte naheliegend. Für eine „tatbestandsspezifische Auslegung“ (BGHSt 44 175, 177) von Nr. 2 ist dagegen auf die Parallele zu § 283a Nr. 2 zu verweisen, auch wenn dort von „vielen“ Personen gesprochen wird (was als „große Zahl“ ausgelegt wird, Tiedemann LK Rdn. 9). Da Nr. 2 ebenso wie § 283a an die für die Wirtschaftskriminalität typische Breitenwirkung auf der Opferseite anknüpft, wird man ebenso wie dort (vgl. Tiedemann aaO) eine Zahl von weniger als 10 Personen jedenfalls in aller Regel nicht genügen lassen können (zust. Hoyer SK Rdn. 285). Von dieser Grenze an kommt Nr. 2 in Betracht, wobei auch die Art der Tatbegehung, das Ausmaß der Verlustgefahr usw. zu berücksichtigen ist. Erheblich enger stellen Joecks Rdn. 109 und Schroth BT S. 131 auf 50 Opfer ab und verweisen auf das Beispiel von Publikumspersonengesellschaften; dies reicht bedenklich an den vom Gesetzgeber gerade nicht verwandten Begriff der Öffentlichkeit (vgl. Rdn. 47 Vor § 263) heran. Im Schrifttum wird vermittelnd die Zahl 20 genannt (Hefendehl MK Rdn. 779 mit Nachw.), wobei sich Maurach/Schroeder/Maiwald (BT 1 § 41, 155b) hierfür aber zu Unrecht auf die Auslegung von § 306b beziehen, dessen Tatbestand von BGHSt 44 178 bei 14 Geschädigten „jedenfalls“ bejaht wurde. – Zutreffend rügen Fischer (Rdn. 219) und Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 188d) im Übrigen die Unklarheit des Erfordernisses einer Gefährdungsabsicht, die nach dem Sinn der Vorschrift (Absatz 1) vom Gesetzgeber nicht wörtlich gemeint sein kann. Richtigerweise ist wie bei § 283a Nr. 2 von Wissentlichkeit auszugehen, was ebenfalls mit Grundsätzen einer tatbestandsspezifischen Auslegung in Einklang steht und für Nr. 2 sichere Kenntnis vom Eintritt des Gefährdungserfolges voraussetzt (zust. Hefendehl MK Rdn. 780 und Kindhäuser aaO; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 188d m.w.N.). Erfasst werden sollen die Fälle, in denen der Täter durch eine Mehrzahl von rechtlich selbständigen Täuschungshandlungen eine Vielzahl von Personen schädigen will (BT-Drs. 13/8587 S. 64). Der Begriff des Verlustes ist wie bei der 1. Alt. (Rdn. 298) zu verstehen, wobei hier wie auch bei § 283a Nr. 2 (Tiedemann LK Rdn. 8 mit Nachw.) die konkrete Gefährdung ausreicht (ebenso Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 591 mit Nachw.; aA Hefendehl aaO im Anschluss an Peglau wistra 2004 8). Menschen sind nur natürliche Personen (BGH NJW 2001 319). c) Nr. 3 betrifft die Verursachung wirtschaftlicher Not einer anderen Person. Damit 300 werden auch Schäden einbezogen, die nicht stoffgleich im Sinne von Rdn. 256 ff sind (Hefendehl MK Rdn. 781 mit Nachw.), so dass auch Dritte (Gläubiger, juristische Personen) in Betracht kommen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 188e m.w.N.). Der Begriff der wirtschaftlichen Not ist wie bei § 283a Nr. 2 (dazu Tiedemann LK Rdn. 10 mit Nachw.) auszulegen und stellt auf die Befriedigung durchschnittlicher materieller und kultureller Bedürfnisse ab; dem Opfer müssen die Mittel für lebenswichtige Aufwendungen für sich oder für unterhaltsberechtigte Personen fehlen (Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 592 mit Nachw.). Der (Quasi-)Vorsatz des Täters muss nicht nur die tatsächlichen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Not umfassen (so aber Fischer aaO mit Nachw.), sondern muss sich auch auf die wirtschaftliche Bedrängnis der anderen Person beziehen. Insgesamt ungeklärt ist das Problem, dass im Sozialstaat wirtschaftliche Not regelmäßig durch Sozial(versicherungs)leistungen abgewendet wird und es daher sinnvoll erscheint,

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solche Leistungen nicht zu berücksichtigen. Zweifelhaft ist aber, ob sich eine solche Auslegung noch innerhalb der Wortlautgrenze bewegt (vgl. auch § 170 Abs. 1!). Die bejahende Auffassung liegt mit Blick auf die parallele Auslegung des (allerdings stärker normativen) Schadensbegriffs (Rdn. 185) nahe (zust. Hefendehl aaO mit Nachw.).

301

d) Nr. 4 stellt auf den Missbrauch der Befugnisse oder der Stellung als Amtsträger ab. Das Regel-Beispiel entspricht wörtlich dem des § 264 Abs. 2 Nr. 2 (und wird dort durch Nr. 3 um den Fall des kollusiven Zusammenwirkens von Täter und Amtsträger ergänzt, Tiedemann LK § 264 Rdn. 175 mit Nachw.). Bei Nr. 4 ist der Amtsträger selbst Täter des Betruges; allerdings kommt entsprechend der allgemeinen Handhabung der Regel-Beispiele auch bloße Beihilfe des Amtsträgers in Betracht (zust. Hefendehl MK Rdn. 782 mit Nachw.), was praktisch bedeutsam ist, da es beim verfügungsbefugten Amtsträger, der wissentlich zum Nachteil der öffentlichen Hand handelt, häufig am Irrtum fehlen wird. Die Legaldefinition des Amtsträgerbegriffs ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 2. Entgegen Lackner/Kühl (Rdn. 66) kommt für Nr. 4 die Ausweitung auf ausländische und EG-Amtsträger durch Art. 2 § 1 IntBestG 1997 angesichts dessen ausdrücklicher Beschränkung auf §§ 334 ff nicht unmittelbar in Betracht; allerdings bleibt Analogie möglich (zust. Hefendehl aaO mit Nachw.). – Missbrauch liegt vor, wenn der Amtsträger vorsätzlich rechtswidrig, insbesondere vorsätzlich ermessenswidrig handelt (Tiedemann LK § 264 Rdn. 173 mit Nachw.). „Befugnisse“ werden missbraucht, wenn der Amtsträger innerhalb seiner an sich gegebenen Zuständigkeit handelt; Missbrauch der „Stellung“ meint Handlungen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs, aber unter Ausnutzung der durch das Amt gegebenen Handlungsmöglichkeiten (Tiedemann LK § 264 Rdn. 173; zust. Hefendehl aaO und Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 593, je m.w.N.).

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e) Nr. 5 greift die Tathandlung des § 265 a.F. („Versicherungsbetrug“) auf (BT-Drs. 13/9064 S. 18) und übernimmt dessen tradierte Beschränkung auf den besonders gefährlichen Einsatz von Elementargewalten gegenüber Sachen von besonderem Wert (dazu Tiedemann LK11 § 265 a.F. Rdn. 7 mit Nachw.), ohne eine allgemeine Strafschärfung bei Betrug zum Nachteil von Versicherern vorzusehen. Im Unterschied zum früheren Recht, wonach das Inbrandsetzen gegen Feuersgefahr versicherter Sachen bzw. das Sinken- oder Strandenmachen versicherter Schiffe in betrügerischer Absicht als (gemeingefährliche) Vorbereitungshandlung zum Betrug selbständig unter Strafe gestellt war, ist Nr. 5 als unselbständiges strafschärfendes Regel-Beispiel zum Betrug konzipiert. – Voraussetzung der Anwendbarkeit von Nr. 5 ist zunächst, dass überhaupt eine Strafbarkeit wegen Betruges oder versuchten Betruges (Absatz 1 oder 2) gegeben ist. Ein vollendeter Betrug scheidet aus, wenn der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf die Versicherungsleistung hat, namentlich wenn der Versicherungsfall ohne seine Mitwirkung und ohne Mitwirkung eines Repräsentanten im versicherungsrechtlichen Sinne herbeigeführt worden ist (Rengier § 15, 15; Tiedemann/Waßmer Jura 2000 538 f m.w.N.). In derartigen Fällen – in denen es zugleich am „Vortäuschen“ eines Versicherungsfalles fehlt, wenn der Versicherungsfall gemeldet wird – bleibt aber die Möglichkeit eines untauglichen Betrugsversuchs, sofern der Täter irrig davon ausgeht, die Versicherung sei nicht leistungspflichtig (Rdn. 281). – Sodann muss der Betrug oder Betrugsversuch durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles begangen worden sein. Da stets eine Sache in Brand gesetzt oder durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht worden, also ein Versicherungsfall im (Rechts-)Sinne des versicherten Schadensereignisses eingetreten sein muss, kann sich das Vortäuschen nur auf Tatsachen beziehen, welche die Leistungspflicht des Versicherers begründen, insbesondere die fehlende Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer oder seinen Reprä-

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sentanten (§ 81 VVG). Gegenstand der Täuschung ist also im Kern das Bestehen des Anspruchs auf Versicherungsleistungen (Kindhäuser Rdn. 232). Im Einzelnen setzt das Vortäuschen damit die Meldung des Versicherungsfalles und die Geltendmachung des angeblichen Leistungsanspruchs gegenüber dem Versicherer voraus, und zwar durch bewusst wahrheitswidrige Darstellung der tatsächlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalles (Fischer Rdn. 223; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 491 mit Nachw.; Wolff S. 95 ff). Nach allgemeinen Grundsätzen der Dogmatik der Regel-Beispiele genügt für die Annahme eines besonders schweren versuchten Betruges aber auch das unmittelbare Ansetzen zur Meldung (z.B. Absenden des Schreibens an den Versicherer, Rdn. 277). – Schließlich muss der Täter oder ein anderer mit dem Zweck, einen Versicherungsfall vorzutäuschen, eine Vortat begangen, nämlich eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht haben. Die Vortat muss vollendet (wenngleich nicht beendet) worden sein (Fischer Rdn. 224); eine nur versuchte Vortat kann die Regelwirkung der Nr. 5 nicht auslösen, selbst wenn sich ein vollendeter oder versuchter Betrug zum Nachteil des Versicherers durch anderweitiges Vortäuschen des Versicherungsfalles anschließt. Die Vortathandlungen entsprechen im wesentlichen § 265 a.F., so dass auf die diesbezüglichen Kommentierungen verwiesen werden kann (vgl. hier nur Tiedemann LK11 § 265 a.F. Rdn. 14 f, 18 ff). Allerdings verlangt Nr. 5 nicht mehr, dass die Sache „versichert“ sein muss; deshalb kann im Rahmen von Nr. 5 auch darüber getäuscht werden, dass es sich bei der in Brand gesetzten Sache (usw.) um die versicherte gehandelt hat (Kindhäuser aaO; Otto BT § 51, 111; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 660). Einschlägig ist aber auch die Einwirkung auf die versicherte Sache (aA Eisele BT II Rdn. 618 mit Nachw.). Im Übrigen muss sich der geltend gemachte Anspruch freilich entsprechend der Rechtslage zu § 265 a.F. (dazu Tiedemann aaO Rdn. 15) gerade aus dem vorgetäuschten Versicherungsfall ergeben („Deckungsgleichheit“, Tiedemann LK § 265 Rdn. 24 mit Nachw.). Der Versicherungsfall darf daher nur die in Nr. 5 vorausgesetzten Versicherungsarten, nicht aber Personen- oder Vermögensfolgeschäden betreffen (Fischer Rdn. 225; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 188h; Wolff S. 118; aA Wirth S. 275 f). Für die Bestimmung des bedeutenden Werts einer Sache kann auf die Erläuterungen zu §§ 305a, 307, 308, 315 ff verwiesen werden.382 Umstritten ist die Auslegung des Erfordernisses, dass die Vortat „zum Zweck“ der Vortäuschung des Versicherungsfalles begangen worden sein muss. Die h.M.383 setzt das Erfordernis mit der „betrügerischen Absicht“ nach § 265 a.F. gleich und verlangt insbesondere, dass der Vortäter Vorsatz mit Blick auf den späteren Versicherungsbetrug – insbesondere die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils – haben muss. Die Gegenauffassung (Wolff S. 96 m.w.N.) weist auf den unterschiedlichen Wortlaut sowie darauf hin, dass Gegenstand der nach heutigem Recht geforderten Absicht eben nur das Vortäuschen des Versicherungsfalles, nicht auch das Erlangen eines unrechtmäßigen Vermögensvorteils, sei. Jedoch kann ein Versicherungsfall, wie dargelegt, nur vorgetäuscht werden, wenn kein Anspruch auf die Versicherungsleistung besteht. Im Ergebnis ist deshalb der h.M. zu folgen, namentlich für den Fall,

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Nach Kindhäuser Rdn. 233 soll der Sachwert mehr als 700 Euro, nach Hefendehl MK Rdn. 785, Hoyer SK Rdn. 289 und nach Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 659 (m.w.N.) mindestens 1000 Euro betragen. „Mindestens 750 Euro“ verlangen Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 155e.

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Eisele BT II Rdn. 617 und 619; Fischer Rdn. 224; Hefendehl MK Rdn. 786; Joecks Rdn. 115; Kindhäuser aaO; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 510; Rengier BT I § 15, 11; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 188h; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 660.

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dass ein Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne den Versicherungsfall ohne Kollusion mit dem Versicherungsnehmer herbeiführt und hierbei annimmt, der Versicherer sei leistungspflichtig: Hier verbleibt es für den Repräsentanten bei der Strafbarkeit nach § 265 n.F. (in Tateinheit mit eventuell verwirklichten Eigentums- oder Gemeingefährdungsdelikten), und der Versicherungsnehmer, der den Versicherungsfall in Kenntnis der Sach- und Versicherungsrechtslage meldet, macht sich nur wegen einfachen (versuchten) Betruges strafbar. – Im Verhältnis zu § 265 a.F. sind §§ 263 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 5, 265 n.F. bei konkreter Betrachtung kein milderes Gesetz im Sinne von § 2 Abs. 3, wenn Nr. 5 erfüllt ist; die Aufwertung des Betruges zum besonders schweren Fall gleicht die Herabstufung des § 265 a.F. zum Vergehen aus (BGH NStZ 2000 93 mit Nachw.). Alttaten sind also nach altem Recht zu beurteilen. § 265 n.F. stellt u.a. auch die künstliche, aber an sich vom versicherten Risiko umfasste Herbeiführung von Versicherungsfällen unter Strafe (Tiedemann LK § 265 Rdn. 6 sowie 23) und geht damit weiter als Nr. 5. Gleichwohl und trotz des wenig sinnvollen Wortlauts der Subsidiaritätsklausel („die Tat“) ist § 265 n.F. nach dessen Absatz 1 bezüglich derselben Versicherungsleistung subsidiär zu § 263 (BGH NJW 2000 226, 227 mit Nachw.; Murmann NStZ 1999 14, 17), und zwar auch für die Fälle des Versuchs und der Teilnahme (BGH NStZ 1999 243, 244; Tiedemann LK § 265 Rdn. 37 f). Versuch des § 263 Abs. 3 Nr. 5 ist insbesondere bei irriger Annahme des Täters möglich und strafbar, er habe keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung (Tiedemann/Waßmer aaO S. 539 mit Nachw.).

XI. Haus- und Familienbetrug; Bagatellbetrug (Absatz 4) 303

1. Die Verweisung von Absatz 4 auf § 247 führt zunächst in den Fällen zum Erfordernis eines Strafantrages (§ 77), in denen durch den Betrug ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer des Täters verletzt wird oder der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt. Für diese Tatbestandsmerkmale (und die Vorsatzfragen) kann auf die Darstellung bei Vogel LK zu § 247 Bezug genommen werden. Ein Strafantrag ist nach ganz h.M. auch bei einem besonders schweren Fall nach Absatz 3 erforderlich (Fischer Rdn. 228; Hefendehl MK Rdn. 790; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 191). – Ebenso wie bei der Verweisung auf § 243 Abs. 2 (Rdn. 295) kommt auch für den Haus- und Familienbetrug nicht nur ein Sachbetrug, sondern wegen der „entsprechenden“ Anwendung des § 247 jede betrügerische Schädigung eines Vermögenswertes in Betracht (vgl. auch BGHSt 5 263, 265 ff zu § 264a StGB a.F. – Erschleichen der Nutzung von Wohnraum, „Mietbetrug“). Strafantragsberechtigt ist aber nach h.M. nur der Geschädigte als „Träger des geschützten Rechtsgutes“ (BGHSt 7 245, 246), nicht dagegen der hiervon etwa personenverschiedene Getäuschte (vgl. nur RGSt 74 167, 168 mit Anm. Gallas ZAkDR 1940 246 und Mezger DR 1940 1098; Hefendehl aaO m.w.N.; oben Rdn. 6). Im Betrugsbereich können Besonderheiten insbesondere beim Heiratsschwindel 304 (Rdn. 147 f) entstehen: Ein „Verlöbnis“ des Heiratsschwindlers mit dem Opfer (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1a) ist bei mangelnder Ernstlichkeit des Heiratsversprechens auch dann unwirksam, wenn der andere Partner hiervon nichts weiß (BGHSt 3 215, 216, BGH NJW 1979 2055 und JZ 1989 256, je m.w.N.). Dasselbe gilt in aller Regel, wenn der eine Partner schon verheiratet (RG JW 1937 3302) und noch nicht geschieden ist (BGH JR 1984 339 mit Anm. Rudolphi; Hilgendorf LK § 11 Rdn. 12 m.w.N.). In allen diesen Fällen besteht kein Strafantragserfordernis. BGHSt 29 54, 55 f überträgt die Grundsätze zur strafrechtlichen Unwirksamkeit des Verlöbnisses auf die Beurteilung der häuslichen Gemeinschaft, deren Vorliegen ebenfalls nur bei ernstlichem Willen (zum Zusammen-

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leben) anzunehmen ist; dieser Wille fehlt, wenn der eine Partner das Zusammenleben zur Begehung von Straftaten gegen den anderen ausnutzen will (zust. Hefendehl MK Rdn. 790). – Trotz Änderung des Kindschaftsrechts und des § 11 Abs. 1 Nr. 1a behält die Rechtsprechung zum Prozessbetrug (Rdn. 235 ff) ihre Bedeutung. Sie stellte auf die natürliche Abstammung ab und nahm daher ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen nichtehelichem Kind und seinem Erzeuger an (BGHSt 7 245, 246; Lackner LK10 Rdn. 338 m.w.N.). § 11 Abs. 1 Nr. 1a führt nunmehr zu demselben Ergebnis, so dass ein Strafantrag des Kindes erforderlich ist, wenn der nichteheliche Vater durch wahrheitswidriges Bestreiten der Vaterschaft eine Vermögensschädigung des Kindes durch Klageabweisung erreicht (so der Fall BGHSt 7 245 ff und nunmehr NStZ 1985 407; Hefendehl aaO; Hilgendorf aaO Rdn. 5). Für die Beantwortung der Frage, ob die blutsmäßige Abstammung feststeht, kommt es auf die Beurteilung durch das erkennende Gericht an, da dieses über das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen zu befinden hat (BGH aaO S. 246 mit Nachw.; näher Hilgendorf aaO). Richtet sich der Betrug gegen eine Handelsgesellschaft, so sind bei oHG und KG als 304a Personengesellschaften die Gesellschafter geschädigt und strafantragsberechtigt, wenn und soweit sie natürliche Personen sind. Gesellschafter einer GmbH, die Angehörige des Täters (z.B. des Geschäftsführers oder Mitgesellschafters) sind, werden von BGH NJW 2003 2924, 2926 sowie wistra 2005 106 und NStZ-RR 2007 79 f ebenfalls als Verletzte und daher Strafantragsberechtigte angesehen. Dem stimmt die h.M. zu (Tiedemann FS Mehle S. 625, 635 mit Nachw.), da die Gesellschafter Inhaber (Träger) des Gesellschaftsvermögens als dem geschützten Rechtsgut sind und grundsätzlich in dessen Schädigung einwilligen können (vgl. zuletzt BGHSt 54 52, 57 Rdn. 24; Tiedemann aaO S. 633 m.w.N.). Da die Einwilligung allerdings nur den – auch in Form des Gewinnvorschusses – verteilbaren Vermögensanteil betrifft (§§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG), besteht nur insoweit ein Strafantragserfordernis; wird durch den Betrug dagegen das Stammkapital der GmbH angegriffen oder ihre Existenz sonstwie konkret gefährdet, so führt das eigene Bestandsinteresse der Gesellschaft dazu, dass (insoweit) kein Strafantrag erforderlich ist (vgl. nur Fischer § 266 Rdn. 193; Tiedemann aaO S. 634 ff m.w.N.). Entsprechendes gilt für die AG, bei der von vornherein nur der Bilanzgewinn für die Aktionäre disponibel ist (§§ 57 Abs. 3, 58 Abs. 1, 2 und 4 AktG); mindert der Betrugsschaden diesen, so besteht ein Strafantragsrecht der Person(en), deren Angehöriger der Betrugstäterschaft verdächtigt wird. Die gegenteilige Ansicht von OLG Frankfurt NJW 2011 691, 693 f (zu § 266 im Klageerzwingungsverfahren) will an der Auffassung festhalten, „wonach das Vermögen juristischer Personen für ihre Anteilseigner Fremdvermögen ist, und zwar selbst dann wenn alle Anteile in einer Hand vereinigt sind (vgl. BGHSt 34 379–392)“; die neuere BGH-Rechtsprechung beziehe sich „nur auf solche Fälle, in denen ein Mitgesellschafter durch eigenmächtige Gewinnentnahmen die anderen Gesellschafter und nicht die GmbH selbst geschädigt hat.“ Daran ist nur richtig, dass die oben genannte neuere BGH-Rechtsprechung ebenso wie der Beschluss des OLG § 266 betrifft und der Täter als geschäftsführender Gesellschafter durch Missbrauch seiner Verwaltungsbefugnis auf denjenigen Anteil am Gesellschaftsvermögen zugreift, der den Gesellschaftern wertmäßig als Gewinn zusteht; dies ändert aber nichts daran, dass zunächst die Gesellschaft (GmbH) Inhaberin des gesamten Vermögens ist und durch eine solche Entnahme geschädigt wird. Dass die Gesellschafter, die einen Gewinnanspruch haben, durch dessen Vereitelung (ebenfalls) zu strafantragsberechtigten Verletzten werden, ist eine begrüßenswerte, aber nicht selbstverständliche und auch nicht durch Besonderheiten der Fallgestaltung bedingte Wende in der Judikatur des BGH. Diese lässt sich auch auf die AG übertragen und hat auch für § 263 Geltung, da sich die Rechtslage nicht dadurch ändert, dass der Täter

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den Zugriff auf denselben wertmäßigen Gewinnanteil durch Täuschung eines Auszahlungsbefugten bewerkstelligt und so den Bilanzgewinn und damit den Gewinnanspruch der Gesellschafter schmälert.

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2. Ein relatives Antragsdelikt ist infolge der Verweisung von Absatz 4 auf § 248a der Bagatellbetrug. Bei besonderem öffentlichem Interesse an der Strafverfolgung kann die Strafverfolgungsbehörde von Amts wegen einschreiten, insbesondere in den Fällen des Absatzes 3 Nrn. 1, 4 und 5 (Naucke FS Lackner S. 700, 702). Das in diesem Sinne relative Antragserfordernis gilt auch hier (vgl. bereits Rdn. 303) nach heute ganz h.M. nicht nur beim Sach-, sondern bei jedem Betrug mit geringem Schaden (BGHSt 5 263, 265 ff; Hefendehl MK Rdn. 788; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 192).384 Die Annahme eines besonders schweren Falles (z.B. nach Absatz 3 Nr. 5) ist wegen der gleichzeitigen Verweisung auf § 243 Abs. 2 ausgeschlossen (krit. Naucke aaO S. 700 ff). Zur Wertgrenze (zur Zeit höchstens 50 Euro) Rdn. 295. Ein „Denken in Typen“ („Kleinbetrüger“) wird durch Absatz 4 entgegen Naucke aaO S. 697 weder gefordert noch gefördert. Der erstrebte Vermögensvorteil muss ebenfalls geringwertig sein. Dies ist angesichts 306 der sog. Stoffgleichheit von Vorteil und Schaden (Rdn. 256 ff) im Grundsatz selbstverständlich (und entspricht bei § 248a der Identität der gestohlenen oder unterschlagenen Sache, auf deren Wert es nach h.M. bei den Eigentumsdelikten nicht ankommt). Wenn und soweit allerdings der Vermögensvorteil bei Absatz 1 nach seinem Wert in der Hand (bzw. Vorstellung) des Täters bestimmt wird (Rdn. 254 f), kann er ausnahmsweise die Höhe des Schadens übersteigen. Für diese Konstellation, die vor allem beim Besitzbetrug relevant wird (Rdn. 140 f), ist die Frage erheblich. Da die Vorteilsabsicht zum subjektiven Tatbestand und damit zum typischen Unrecht gehört (Rdn. 248), erscheint es als folgerichtig und sinnvoll, bei einer Überschreitung der Wertgrenze durch den angestrebten Vorteil die Anwendbarkeit von Absatz 4 zu verneinen (zust. Fischer Rdn. 228; aA Hefendehl MK Rdn. 791 und Kindhäuser NK Rdn. 404). Für Tatobjekte ohne objektiven Verkehrswert oder ohne legalen Markt gilt das Antragserfordernis nicht (Hefendehl und Kindhäuser, je aaO).

XII. Gewerbsmäßiger Bandenbetrug (Absatz 5) 307

Die durch das 6. StrRG 1998 eingefügte echte Qualifikation (BGH NStZ-RR 2007 269 LS) dient zusammen mit Absatz 7 der Bekämpfung der professionellen, insbesondere der Organisierten Kriminalität (BT-Drs. 13/8587 S. 64). Absatz 5 ist mit seiner Kumulation gewerbs- und bandenmäßiger Tatbegehung § 260a Abs. 1 nachgebildet und findet eine Parallele in § 244a. Die Qualifikation stellt – auch in dem minder schweren Fall (vgl. § 12 Abs. 3) – ein Verbrechen dar, auf das daher § 30 Anwendung findet; dies wird von RegE S. 147 für wesentlich zur Erreichung der vorgenannten Zwecksetzung gehalten. Die vom RegE vorgesehene Voraussetzung, dass Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt sein müssen, ist aufgrund einer Änderungsempfehlung des Bundesrates nicht Gesetz geworden (vgl. BT-Drs. aaO S. 64 f und 13/9064 S. 18 f). Die als Ausgleich beschlossene Schaffung eines minder schweren Falles soll „exzeptionell gelagerten Fällen“ Rechnung tragen (BT-Drs. aaO S. 64 unter Hinweis auf im Betrugsbereich noch nicht bekannt gewordene Banden von Jugendlichen zur fortgesetzten Begehung kleinerer 384

Ebenso Gössel 2 § 10, 12; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 504; Lackner/Kühl Rdn. 66;

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Mitsch BT II/1 § 7, 134; Welzel S. 378; aA RGSt 63 153, 156 f und DR 1941 709.

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Delikte). Einen allgemeinen Anwendungsbereich des minder schweren Falles eröffnen, da Absatz 4 nicht für Absatz 5 gilt, Taten mit Bezug auf geringe Vermögenswerte (Fischer Rdn. 229; Hefendehl MK Rdn. 792). Das relevante „kriminelle Betätigungsfeld der Bande“ (BT-Drs. 13/9064 S. 19) ist durch Einbeziehung von §§ 263a, 264 einerseits und §§ 267, 268, 269 andererseits über den eigentlichen Betrugsbereich hinaus erweitert worden; im Verhältnis zu Absatz 3 Nr. 1 liegt insoweit aber eine Einengung vor, da insbesondere §§ 264a, 265, 265a, 265b ausgespart werden. Zur Bandenabrede und zum Erfordernis gewerbsmäßigen Handelns vgl. Rdn. 296 f. – Die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs ist im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen (BGH NStZ-RR 2007 269 – nur LS). Ihr steht nicht entgegen, dass die Einzeldelikte der Bandenmitglieder aus der Unternehmensstruktur heraus begangen werden und daher als „uneigentliches Organisationsdelikt“ (dazu Rdn. 311) zu einer einheitlichen Tat oder zu wenigen einheitlichen Taten nach § 52 Abs. 1 zusammengefasst werden (BGHSt 49 177, 184 ff zum Betrieb einer Limited mit dem Zweck betrügerischer Einwerbung von Kapitalanlagen).

XIII. Wahlfeststellung und Konkurrenzen 1. Die Wahlfeststellung bei der Verurteilung richtet sich nach allgemeinen Grundsät- 308 zen (zu diesen Dannecker LK Anh. zu § 1 Rdn. 43). Zu ihnen gehören vor allem der Vorrang des Grundsatzes in dubio pro reo bei Stufenverhältnissen und die Anerkennung der Postpendenzfeststellung durch BGHSt 35 86, 89 (für das Verhältnis von § 259 und §§ 255, 250). Daher ist nur („eindeutig“) wegen Hehlerei zu verurteilen, wenn feststeht, dass der Täter in Kenntnis der Vortat einen Teil der Betrugsbeute erlangt hat, aber nicht aufklärbar ist, ob er an dem voraufgegangenen Betrug als Mittäter beteiligt war (BGH NJW 1989 1867, 1868 mit Nachw.). Ebenso erfolgt nur Verurteilung wegen Computerbetrugs (§ 263a), wenn dieser Tatbestand sicher und § 263 nur möglicherweise verwirklicht ist (BGH NStZ 2008 396 f), und wegen Untreue, wenn die Täterschaft an einem voraufgegangenem Betrug fraglich ist, aber (Mit-)Täterschaft an der späteren Veruntreuung der Betrugsbeute feststeht (OLG Hamburg MDR 1994 712 f). Angesichts des überaus kontroversen Streitstandes zur Wahlfeststellung im Schrifttum (dazu Dannecker aaO Rdn. 118 ff mit Nachw.) beschränkt sich die folgende Übersicht auf eine kritische Wiedergabe der Rechtsprechung: Die Rechtsprechung hat Wahlfeststellung zugelassen im Verhältnis des Betruges zum 309 Computerbetrug (BGH NJW 2008 1394) und zur Unterschlagung, vor allem wenn der Betrug auf die Erlangung von Eigenbesitz an einer Sache gerichtet ist.385 Hieran hat sich durch die Subsidiaritätsklausel des § 246 n.F. nichts geändert, soweit die in Betracht kommende Täuschungshandlung (und Gewahrsamserlangung) der ebenfalls in Betracht kommenden Zueignung zeitlich vorausgeht (zu den Konkurrenzen Rdn. 313). Zulässig ist Wahlfeststellung nach der Rechtsprechung auch im Verhältnis zur Untreue.386 Ferner

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OLG Hamm NJW 1974 1957, 1958; OLG Saarbrücken NJW 1976 65, 67 f mit Bespr. Günther JZ 1976 665 ff; Fischer § 1 Rdn. 27; Hefendehl MK Rdn. 806; Lackner/ Kühl § 1 Rdn. 14; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 34, 40; Otto BT § 59, 4; Sch/Schröder/Eser/Hecker § 1 Rdn. 110;

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krit. Hoyer SK Rdn. 304 und Dannecker LK Anh. zu § 1 Rdn. 117 m.w.N. BGH GA 1970 24; OLG Hamburg JR 1956 28 mit Anm. Nüse; ebenso Fischer aaO; Hefendehl MK Rdn. 808; Lackner/Kühl aaO; Sch/Schröder/Eser/Hecker aaO.

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ist die neuere Rechtsprechung von der Zulässigkeit einer Wahlfeststellung zwischen Betrug und (gewerbsmäßiger) Hehlerei ausgegangen (BGH NJW 1974 804, 805; vgl. aber auch BGH NJW 1989 1867, 1868; zust. insbes. Hoyer SK Rdn. 304). Die Zulässigkeit der Wahlfeststellung ist von der Rechtsprechung dagegen verneint 310 worden im Verhältnis zum Diebstahl, und zwar vor allem wegen des unterschiedlichen Täterwillens und der unterschiedlichen Mitwirkung des Opfers (BGH NStZ 1985 123).387 Ob insoweit für das Verhältnis zwischen Betrug und Trickdiebstahl etwas anderes gilt (so OLG Karlsruhe NJW 1976 902, 903 f; zust. insbes. Hoyer SK Rdn. 303), ist umstritten (Hefendehl MK Rdn. 807 m.w.N.). Abgelehnt wird eine Wahlfeststellung mit Rücksicht auf die Unterschiedlichkeit der geschützten Rechtsgüter und Tatvorwürfe auch im Verhältnis zur Urkundenfälschung, wenn keine sichere Feststellung dahingehend möglich ist, ob ein Vertragsformular vor oder erst nach der Unterschriftsleistung durch den Getäuschten vom Provisionsvertreter ausgefüllt worden ist (OLG Düsseldorf NJW 1974 1833, 1834; aA Hefendehl aaO; vgl. dazu auch Rdn. 109, 207 und 230). Obwohl regelmäßig nicht feststellbar ist, ob sich ein Amtsträger mit oder ohne inneren Vorbehalt als käuflich gezeigt hat, verneint BGHSt 15 88, 99 f ohne nähere Begründung auch eine Wahlfeststellung im Verhältnis zwischen Betrug und Bestechlichkeit. Auf der Hand liegt schließlich die Unzulässigkeit der Wahlfeststellung im Verhältnis zum Abbruch der Schwangerschaft (BGH bei Dallinger MDR 1958 739).

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2. Eine Annahme von Fortsetzungszusammenhang zwischen einzelnen Taten des Betruges ist seit der grundsätzlichen Ablehnung dieses Rechtsinstituts durch BGHSt 40 138, 145 ff388 nicht mehr möglich. Eine der vom Großen Senat aaO zugelassenen Ausnahmen liegt nicht vor. Vielmehr wurde gerade für den (kassenärztlichen Abrechnungs-) Betrug die Möglichkeit von Fortsetzungszusammenhang ausdrücklich (aaO S. 165, 167) ausgeschlossen. Dies hat die neuere BGH-Rechtsprechung stets erneut betont (vgl. nur BGH NJW 1994 2966, 2967 sowie wistra 1995 102 [f], 1996 62 und 144, 145). Auch die vom Steuerstrafrecht ausgehende Konstruktion eines „institutionalisierten Systems“ (BGH NJW 1992 1054 ff) ist entgegen Bittmann/Dreier (NStZ 1995 105, 108) mit der neuen BGH-Rechtsprechung nicht vereinbar (BGH wistra 1996 62; Rissing-van Saan FS Tiedemann S. 392). Angreifbar ist auch die Annahme eines (uneigentlichen) „Organisationsdelikts“ durch BGHSt 48 331, 341 ff und 49 177, 184 (abl. BGH JZ 2010 420, 422 mit Anm. Kubiciel sowie Rissing-van Saan aaO S. 394 f, die nur ein „Verbunddelikt“ auf der Grundlage von Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft im herkömmlichen Sinne zulässt: aaO S. 399). Dasselbe gilt für die Figur einer „mit der Leitung des Geschäfts … einhergehenden organisatorischen Verzahnung“ (so BGH wistra 1999 179 [f]). Den Besonderheiten von Serienbetrügereien muss daher einerseits im Wege der Gesamtstrafenbildung nach § 54 und andererseits über die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit Rechnung getragen werden. Letztere wird von der Rechtssprechung dahin definiert, dass zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart „unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang“ besteht, dass „das

387

388

Ebenso OLG Karlsruhe Justiz 1973 57; Fischer aaO; Lackner/Kühl § 1 Rdn. 15; Sch/Schröder/Eser/Bosch § 242 Rdn. 79; aA Hefendehl MK Rdn. 807 und Kindhäuser NK Rdn. 415. Mit Anm. bzw. Bespr. Arzt JZ 1994 100, Aden JZ 1994 1109, Bohnert NStZ 1995

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460, Geisler Jura 1995 74; Gribbohm FS Odersky S. 387, Peters NStZ 1994 591, Ruppert MDR 1994 973, Wollweber NJW 1996 2632, Zschockelt NStZ 1994 361 und StraFo 1996 131. Ebenso z.B. OLG Brandenburg wistra 2009 404 f.

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gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint“ und „die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen“ (zuletzt BGH wistra 2010 476 [f Rdn. 5 mit Nachw.] zur Einreichung von zwei Lastschriften an einem Tag, Einziehung der Beträge von dem einzigen Empfänger und Verfügung über die Gutschriften). BGH wistra 1998 148, 150 hebt für den Geschäftsleiter als mittelbaren Täter (kraft Organisationsherrschaft, oben Rdn. 284) hervor, dass der einmal gefasste Entschluss, nach Erkenntnis der Zahlungsunfähigkeit „den Geschäftsbetrieb im bisherigen Umfange fortzuführen“, nur als eine Tat der Beteiligung am Betrug zu werten sei. BGH wistra 1998 224, 225 sieht die (Mit-)Ausübung der Geschäftsleitung als Kriterium für die Verbindung der einzelnen betrügerischen Geschäftsvorfälle in der Person des Geschäftsleiters zu einer einzigen Tat des Betruges. BGH wistra 1999 179 (f) bestätigt diese Konstruktion für ein in betrügerischer Absicht gegründetes und geleitetes (Film-)Unternehmen, hebt aber das Erfordernis hervor, dass die jeweils (bei den Vorstellungsgesprächen) handelnden Mitarbeiter „nicht jeweils auf direkte Anweisungen oder konkrete Einwirkungen des Angeklagten hin“ tätig wurden. Diese Rechtsprechung, die sich auch auf ältere Entscheidungen stützt, stimmt im wesentlichen mit der Zurechnung von Unternehmenshandeln durch BGHSt 37 106 ff sowie mit der Annahme von Unterlassungseinheit bei Verletzung mehrerer Aufsichtspflichten überein, die durch eine einzige Handlung erfüllt werden könnten (vgl. dazu Tiedemann NJW 1988 1169, 1173 mit Nachw.), und deckt sich mit der Annahme einer einzigen Tat des mittelbaren Täters, wenn seine gutgläubigen Angestellten mehrere betrügerische Vertragsabschlüsse tätigen (vgl. BGH wistra 1993 336, 1996 230 [f] und NStZ 1996 610, 611): Der mittelbare Täter wird nach seinem eigenen Tatbeitrag beurteilt (BGH wistra 1999 23, 24 und 2001 144; Rissing-van Saan aaO S. 400). Auch die Figur der Mittäterschaft wird – bei Bösgläubigkeit der unmittelbar Handelnden – für die Zurechnung zum Planer oder Organisator als Tateinheit benutzt (BGH wistra 2007 100, 101 f; 2004 463, 464; 2001 336, 337; Rissing-van Saan aaO S. 399). Nur eine Tat liegt von vornherein auch vor, wenn durch dieselbe Täuschung mehrere Personen geschädigt werden (BGHSt 47 1, 2), aber wohl auch dann wenn die auf dasselbe Ziel (des Prozessbetruges) gerichteten Täuschungen mit Blick auf dieselben Tatsachen durch aufeinander folgende Vorträge fortgesetzt werden (BGHSt 43 317, 320; Lackner LK10 Rdn. 316 m.w.N.); BGHSt 24 257, 261 spricht hier von der Bewertungseinheit der „gestreckten Täuschung“. Eine Verklammerung zur Tateinheit nimmt BGH NStZ-RR 1998 234 für mehrere Schadensmeldungen gegenüber mehreren Versicherern (nach inszeniertem LKW-Unfall in Spanien) an, wenn die Anspruchsschreiben einem Versicherer mit der Anweisung zugeleitet werden, diese an sämtliche anderen beteiligten Versicherungsgesellschaften zu übersenden. Nur ein vollendeter Betrug liegt auch vor, wenn die Versicherung nach einem (gestellten oder hinsichtlich der Kosten übertriebenen) Unfall zunächst nur einen Teilbetrag und erst aufgrund einer Klage weitere Zahlungen leistet (BGH NStZ-RR 1999 110; zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 180a). Für die Annahme einer Tat (Tateinheit) reicht es nach allgemeinen Grundsätzen dagegen nicht aus, wenn mehrere Täuschungen gegenüber verschiedenen Personen auf dasselbe Inserat in einer Zeitschrift als einheitliche Vorbereitungshandlung zurückgehen (BGH NStZ 1985 70). – Die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen wird für jeden Täter nur nach seinem eigenen Tatbeitrag beurteilt (BGH NStZ-RR aaO und 2004 9 sowie wistra 2010 217, 219 m.w.N.). Hierauf beruht die Zusammenfassung der zahlreichen (Serien-)Taten Untergebener oder sonst wie Ausführender zu einer (Betrugs-)Tat beim Organisator. Nur eine Betrugstat liegt auch vor, wenn die bei Eingehung des Vertrages begangene Täuschung in der Erfüllungsphase fortwirkt und den Eingehungs- zu einem endgültigen Schaden vertieft (BGH NStZ 1997 542, 543 mit Nachw.; oben Rdn. 274).

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3. Bei Zusammentreffen des Betruges mit anderen Verletzungen des Strafgesetzes gilt bei Handlungseinheit und für deren nähere Bestimmung als Tateinheit (Idealkonkurrenz, § 52) oder Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz, Scheinkonkurrenz) Folgendes:

a) Zusammentreffen mit Tatbeständen des Strafgesetzbuchs: Tateinheit ist wegen zumindest teilweiser Deckung der tatbestandsmäßigen Handlungen (BGHSt 43 317, 319 mit Nachw.) möglich mit §§ 98, 99 (BGH, OLG Karlsruhe und OLG Düsseldorf GA 1962 23; BayObLG GA 1962 24) – § 132 (BGHSt 12 30, 31) – § 132a (BGH bei Fischer Rdn. 235) – § 142 (Lackner/Kühl Rdn. 67; zweifelnd OLG Köln VRS 50 344 ff) – § 145d Abs. 1 Nr. 1 (BGH wistra 1985 19 für gleichzeitige Absendung der Strafanzeige an die Polizei und der Schadensmeldung an den Versicherer „in einem Akt“). Ferner mit Geld- und Wertzeichenfälschung, da und soweit diese ohne gleichzeitige Verwirklichung des § 263 begangen werden können: § 146 Abs. 1 Nr. 3 (ganz h.M., BGHSt 3 154, 156; Ruß LK § 146 Rdn. 35 m.w.N.); § 147 (OLG Düsseldorf JMBl NRW 1986 93, 94; Fischer § 147 Rdn. 7 m.w.N.); § 148 Abs. 1 (BGHSt 31 380, 381 f389). Dagegen tritt § 263 hinter § 148 Abs. 2 zurück, da die Wiederverwendung bereits verwendeter Wertzeichen ohne gleichzeitige Begehung eines Betrugs(versuchs) kaum denkbar ist und die mildere Strafdrohung des Abs. 2 daher als Privilegierung erscheint (OLG Koblenz JR 1984 163, 164 mit zust. Anm. Lampe; Ruß LK § 148 Rdn. 17; Schauer S. 192 ff). Zutreffend nimmt BGHSt 46 48, 52 (mit Nachw. und Anm. Krack NStZ 2001 139; ebenso BGH NStZ 2001 140, 142) für § 152a (in casu: Fälschung von Euroscheckvordrucken) Tateinheit mit § 263 an. – Tateinheit ist weiter möglich mit §§ 153 ff (vgl. zuletzt BGHSt 43 317, 320 mit abl. Anm. Momsen NStZ 1999 306 f für Prozessbetrug und Anstiftung zu § 153 durch Benennung eines zur Falschaussage bereiten Zeugen: „Die Falschaussage ist das Mittel, mit dem der Täter den Prozessbetrug begeht.“), §156 (BGH NJW 1981 2131, 2132 mit Anm. Seelmann) und § 164 (RGSt 53 206, 207 f; Fischer Rdn. 235). §§ 242 ff: Wie oben Rdn. 98, 105 ff beschrieben, schließen sich die Vermögensverfü313 gung bei § 263 und die Wegnahme bei § 242 nach überwiegender Auffassung schon auf Tatbestandsebene aus (Exklusivität), und zwar jedenfalls nach Ansicht der Rechtsprechung, die zutreffend erscheint (Rdn. 105), auch beim sog. Dreiecksbetrug (Rdn. 116). Tateinheit ist daher nur ausnahmsweise möglich, nämlich mit Blick auf verschiedene Tatobjekte (dieselbe Täuschung führt zur Duldung der Wegnahme einer Sache und zur freiwilligen Aufgabe des Besitzes an einer anderen: Lackner LK10 Rdn. 330) oder in Bezug auf verschiedene Opfer (der gutgläubige Käufer wird durch Täuschung veranlasst, die ihm verkaufte fremde Sache aus dem Gewahrsam des Eigentümers zu holen und als Gegenstand des Kaufvertrags zu behalten: RGSt 70 212 ff; vgl. auch RGSt 48 58 ff – Gänsebucht). Dagegen fehlt es entgegen OLG Frankfurt NJW 1962 1879, 1880 (mit abl. Anm. Kohlhaas) schon am Diebstahl, wenn ein Soldat bei der Abmusterung einen anderen als den ihm zugeteilten Ausrüstungsgegenstand auf der Bekleidungskammer abgibt (BGHSt 19 387, 388; vgl. auch Vogel LK § 242 Rdn. 139: enge Sachwerttheorie). Versuch und Vollendung beider Tatbestände können tateinheitlich dann zusammentreffen, wenn der Täter sein Vorgehen während der Tatausführung ändert, z.B. mit der Wegnahme einer Sache beginnt und den hinzukommenden Berechtigten durch Täuschung veranlasst, den Gewahrsam freiwillig aufzugeben (OLG Köln MDR 1966 253 f). –

389

Mit zust. Anm. Kienapfel JR 1984 162 f. Ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 20, 143; Blei II S. 240; Fischer § 148 Rdn. 10; Lackner/Kühl § 148 Rdn. 7; Ruß

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LK § 148 Rdn. 17; Sch/Schröder/Stree § 148 Rdn. 26; aA OLG Koblenz NJW 1983 1625 und Rudolphi/Stein SK § 148 Rdn. 12.

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§ 246: Seit der Neufassung durch das 6. StrRG ist die Unterschlagung subsidiär, nach früherer Ansicht wurde der Unwert der Zueignung als durch § 263 konsumiert angesehen (Lackner LK10 Rdn. 330 mit Nachw.). Auch hier liegt ausnahmsweise Tateinheit vor, wenn die geschädigten Personen verschieden sind, also in der Täuschung des einen zugleich eine Zueignungshandlung zum Nachteil eines anderen enthalten ist (BGH GA 1965 207 gegen BGHSt 1 262, 264), z.B. wenn sich jemand durch Kaufangebot an den Getäuschten die fremde Sache zueignet (BGH bei Dallinger MDR 1967 173 f). Ob auch diese Fälle der Schädigung verschiedener Personen durch die Subsidiaritätsklausel erfasst werden sollen, ist ungeklärt, nach deren Wortlaut allerdings zu bejahen (ebenso Vogel LK § 246 Rdn. 78; aA Hefendehl MK Rdn. 800). – § 253: Nach nahezu einhelliger Ansicht geht eine Täuschung in der Drohung auf, wenn sie nur dazu dient, die Drohung gefährlicher erscheinen zu lassen (z.B. Androhung von Lebensgefahr für das wirklich entführte Opfer durch den angeblichen Entführer, BGHSt 23 294 ff). Überwiegend wird dieses Ergebnis bereits über die Verneinung (verschiedener Merkmale) des Tatbestandes, häufig aber auch erst über die Konkurrenzen gesucht (ausführlich Hoyer SK Rdn. 297 und Vogel LK § 253 Rdn. 7 mit Nachw.). Erreicht der Täter aber mit der Täuschung, er werde selbst erpresst, die Zahlung eines Schweigegeldes, so liegt nur Betrug vor (BGHSt 7 197 f; Küper GA 2006 456: „fraudulöse Warnung“). – § 259: Tateinheit scheidet nach h.M. aus, da die Begehung einer Hehlerei eine abgeschlossene Vortat voraussetzt. Bei engem zeitlich-räumlichem Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung aber Tateinheit zwischen Teilnahme an der Vortat des Betruges und Hehlerei denkbar (RGSt 59 128, 131). Im Übrigen ist Tateinheit möglich, wenn die tatbestandsmäßige Handlung des § 259 zugleich die Täuschung im Sinne des § 263 enthält; so kann die Absatzhilfe durch Täuschung von Kaufinteressen geschehen (KG JR 1966 307 f; T. Walter LK § 259 Rdn. 109) oder der Vortäter „geprellt“ werden (F. Geerds GA 1958 129, 135; oben Rdn. 140). §§ 264 ff: Der Tatbestand des Subventionsbetruges (§ 264) stellt nach h.M. – ähnlich 314 wie § 370 AO (Rdn. 319) – eine gegenüber § 263 selbständige und abschließende Sonderregelung dar, die im Verhältnis zum Betrug Vorrang hat (Tiedemann LK § 264 Rdn. 185 mit Nachw.). Jedoch ist um der Verhinderung von Strafbarkeitslücken willen § 264 nach h.M. nicht in dem Sinne exklusiv, dass bei Nichtverwirklichung dieses Tatbestandes nicht auf § 263 zurückgegriffen werden könnte; der Betrugstatbestand (und Versuchsstrafbarkeit nach seinem Absatz 2) bleibt vielmehr einschlägig, wenn § 264 aus irgendeinem Grunde nicht zum Zuge kommt (BGHSt 44 233, 243; Tiedemann aaO Rdn. 186, je m.w.N.). – § 264a tritt nach h.M. in Idealkonkurrenz zu § 263, da § 264a auch Kapitalmarktinteressen schützt (str., vgl. Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 110 mit Nachw., zust. Hefendehl MK Rdn. 802). – Während § 265 n.F. und § 265a nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers im Verhältnis zu § 263 subsidiär sind (vgl. bereits Rdn. 302 und Tiedemann LK § 265a Rdn. 56 mit Nachw.), besteht im Hinblick auf § 265b derselbe Streit wie bei § 264a; zutreffend ist mit Blick auf den zusätzlichen Schutz der Kreditwirtschaft die Annahme von Idealkonkurrenz (Tiedemann LK § 265b Rdn. 113; aA BGHSt 36 130 ff mit Anm. Kindhäuser JR 1990 520 ff). Lackner (LK10 Rdn. 331 mit Nachw.) nannte dieses Ergebnis noch nahezu einhellig anerkannt; seither ist aber die durch Lackner aaO geförderte Kritik, § 265b liege „nach seiner tatbestandlichen Konstruktion vollständig im Vorfeld des Betruges“, gewachsen. Letztlich geht es um allgemeine Fragen der Rechtsgutsbestimmung, die sich in unterschiedlicher Weise „tatbestandsnah“ an der Handlungsbeschreibung des Strafgesetzgebers oder aber in stärkerer Anlehnung an die Sichtweise des Wirtschaftsrechts (hier: des KWG) vornehmen lässt (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 12 ff). Vor allem Beispiele des Neben-

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

strafrechts (z.B. des AWG) zeigen, dass es im Bereich überindividuellen Rechtsgüterschutzes nicht auf den Wortlaut der gesetzlichen Handlungsumschreibung ankommen kann (Tiedemann aaO Rdn. 64). § 266 ff: Tateinheit mit § 266 ist nach h.M. anzunehmen, wenn verschiedene Opfer 315 betroffen sind (Kindhäuser Rdn. 237) oder die Untreue mittels Täuschung begangen wird, z.B. Gelder durch Täuschung erlangt und zweckwidrig verwendet werden (BGHSt 8 254, 260).390 Hier wie auch bei den nachfolgend behandelten Sondertatbeständen der Untreue begründet die Täuschung als Schädigungsmittel zusätzliches Tatunrecht (vgl. nur BGHSt 32 236, 246 f). Beim Betrug durch Unterlassen (§ 13) wird aber mit unterschiedlicher Begründung Vorrang des § 266 schon auf Tatbestandsebene angenommen (Hefendehl MK Rdn. 802 mit Nachw.). Für § 266a Abs. 1 bei Täuschung der Einzugsstelle über ihr vorenthaltene Arbeitnehmerbeiträge sowie in Bezug auf Beitragsanteile des Arbeitgebers ging BGHSt 32 236, 240 f von Tateinheit aus; seit der Neufassung wird § 266a als lex specialis angesehen (BGH NStZ-RR 2007 236; Hefendehl aaO mit Hinweis auf den Ausschluss von § 266a Abs. 2 durch die Privilegierung für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten nach § 111 Abs. 1 Satz 2 SGB IV; Möhrenschlager LK § 266a Rdn. 110). Auch § 266b ist, soweit er den Kartenmissbrauch regelt, eine abschließende Sonderregelung im Verhältnis zu § 263, der daher grundsätzlich zurücktritt (BGHSt 47 160, 163 f; Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 63 m.w.N.). Während aber insbesondere OLG Hamm MDR 1987 514 (f) für eine gleichzeitige Anwendung des § 263 keinen Raum sieht, befürwortet BGH NStZ 1993 283 f in bestimmten Fällen die Annahme von Tateinheit zwischen § 266b und § 263.391 Dies soll z.B. dann gelten, wenn die Kreditkarte bereits durch Täuschung erlangt worden ist (so die Fälle BGHSt 33 244, 246 und 47 160, 170 f; dazu Rdn. 43 und 110); bei Bejahung von Betrug liegt dann aber in der Regel Tatmehrheit vor oder § 266b tritt als mitbestrafte Nachtat zurück, es sei denn dass der Einsatz der betrügerisch erlangten Karte von vornherein geplant war (BGHSt 47 169 f: Tateinheit; vgl. näher Möhrenschlager aaO Rdn. 64 ff). §§ 267 ff: Die h.M. bejaht Tateinheit mit §§ 267, 268, 269,392 insbesondere wenn der 316 Täter mittels der falschen Urkunde, der technischen Aufzeichnung oder den Daten im Rechtsverkehr täuscht (§§ 267 Abs. 1 3. Alt., 268 Abs. 1 Nr. 2, 269 Abs. 1, 273, 279, 281). Auch mit § 271 ist Tateinheit möglich (BGHSt 8 289, 292 ff für die Falschbeurkundung der ordnungsgemäßen Vermischung von Gewinnlosen durch einen Notar). Die von §§ 274, 275 erfassten Manipulationen liegen dagegen ebenso wie die Tathandlungen nach §§ 276, 277, 278 in der Regel zeitlich vor der Täuschungshandlung (vgl. Rdn. 23 u. 109) und treffen daher nicht tateinheitlich mit § 263 zusammen.

390

391

Ebenso RGSt 73 6, 8; BGH wistra 1984 225, 226 und NStZ 2008 340 (f) m.w.N.; Fischer Rdn. 235; Gössel 2 § 21, 244; Hefendehl MK Rdn. 802; Lackner/Kühl § 266 Rdn. 23; Sch/Schröder/Perron § 266 Rdn. 54; Schauer S. 179 ff; Schünemann LK § 266 Rdn. 208 m.w.N.; aA Kindhäuser Rdn. 237. Ebenso Joecks § 266b Rdn. 17; Lackner/ Kühl § 266b Rdn. 9; Otto BT § 54, 53 und § 51, 145; Sch/Schröder/Perron § 266b Rdn. 14; aA Gössel 2 § 26, 52 und 57; Ranft JuS 1988 678.

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BGH JZ 1952 89 sowie NStZ 1993 283 (f); Blei II S. 240; Hefendehl MK Rdn. 799; Joecks § 268 Rdn. 31 und § 269 Rdn. 20; Lackner/Kühl Rdn. 67 und § 269 Rdn. 13; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 156; Schmidhäuser BT 11/40; Sch/Schröder/ Cramer/Heine § 267 Rdn. 100; Welzel S. 378; Zieschang LK § 267 Rdn. 296 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; aA Hefendehl MK Rdn. 800.

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§ 263

Betrug

§§ 283 ff: Mit § 283 ist Tateinheit möglich, insbesondere mit dem Verheimlichen von 317 Vermögensbestandteilen nach Abs. 1 Nr. 1 (RG LZ 1923 142 Nr. 9) und der Verschleuderung kreditierter Ware nach Nr. 3 (RGSt 66 175, 180; Tiedemann LK § 283 Rdn. 240), regelmäßig dagegen nicht mit den Buchführungsdelikten (§§ 283 Abs. 1 Nrn. 5–7, 283b; BGH bei Lackner LK10 Rdn. 331: Tatmehrheit). – Mit §§ 284, 287 ist ebenfalls Tateinheit möglich, da die dort genannten Veranstaltungen ihren Charakter als Glücksspiel nicht dadurch verlieren, dass der Veranstalter oder ein Teilnehmer den Zufall ausschaltet (RGSt 61 12, 15 f; Krehl LK § 284 Rdn. 7 und 10, § 287 Rdn. 31; aA Hefendehl MK Rdn. 800). – Auch mit § 291 ist Tateinheit möglich (RG LZ 1917 1173; Schauer S. 227 ff; Wolff LK § 291 Rdn. 75, je m.w.N.), allerdings nur dann, wenn die Täuschung (z.B. über den Tax- oder Listenpreis) gegenüber der wucherischen Handlung einen selbständigen Unwert verwirklicht (zust. Hefendehl MK Rdn. 801 – andernfalls Konsumtion des Betruges als Begleittat: Lackner/Kühl § 291 Rdn. 12). Noch weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob § 291 gegenüber der schärferen Strafdrohung des § 263 eine Sperrwirkung entfaltet.393 – Der vorrangig wettbewerbsschützende § 298 tritt nach h.M. zu § 263 in Tateinheit, wenn das täuschende Angebot (Rdn. 39) zu einem Vermögensschaden führt (Hefendehl MK Rdn. 802 mit Nachw.). – §§ 306 ff: Der Umstand, dass die Brandlegung die Voraussetzungen für den später zu begehenden Betrug gegenüber dem Versicherer schaffen soll, genügt nicht für die Annahme von Tateinheit (BGH NStZ-RR 2004 235, 236 mit Nachw.). – § 323a: Tateinheit von Betrug mit anschließendem Vollrausch kommt in Betracht, wenn der Betrug, z.B. eine Zechprellerei, zu dem Zweck begangen wird, sich in einen die Schuldfähigkeit ausschließenden Rausch zu versetzen (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 331). Zu beachten ist, dass kein Betrug als Rauschtat und folglich auch keine Konkurrenz vorliegt, wenn der Täter infolge seines Rauschzustandes die unrichtige Behauptung für wahr gehalten hat (BGHSt 18 235 ff). §§ 331 ff: Mit §§ 331, 332 ist Tateinheit möglich, z.B. durch Vorteilsannahme unter 318 Vorspiegelung der Bereitschaft, die Diensthandlung vornehmen zu wollen (BGHSt 15 88, 99; Hefendehl MK Rdn. 799 m.w.N.). Tateinheit ist auch angenommen worden für das Verhältnis der Teilnahme des Amtsträgers am Betrug des Lieferanten zum Nachteil des Staates und Annahme einer Belohnung aus dem Mehrerlös (BGHSt 20 1 [ff]).394 Die Vornahme der Diensthandlung gehört dagegen nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit, so dass im Verhältnis zu den durch die Diensthandlung verwirklichten Vermögensdelikten Tatmehrheit besteht (BGH NStE Nr. 49 zu § 52 StGB für Betrug und Untreue durch einen Angestellten einer Universitätsklinik, der Scheinrechnungen als sachlich richtig abzeichnete und hierfür von den Lieferfirmen „Provisionen“ erhielt; ebenso bereits BGH NStZ 1987 326, 327 m.w.N.). Jedoch können Bestechlichkeit und Betrug durch Untreuehandlungen in einer Tateinheit begründenden Weise miteinander verknüpft werden (BGH bei Holtz MDR 1985 627 f für die Manipulation von Ansprüchen gegen die Post). – Mit §§ 352, 353 kommt Tateinheit nach ständiger Rechtsprechung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn und soweit sich nämlich die Täuschung auf andere Umstände als die Voraussetzungen der Gebühren, Steuern usw. bezieht (vgl. nur Lackner LK10 Rdn. 331 mit dem Beispiel, dass ein Rechtsanwalt Tagegelder für eine nicht unternommene Reise berechnet; ausführlich Schauer S. 188 ff m.w.N.). In diesem Sinne bejaht

393

Dazu Lackner/Kühl § 291 Rdn. 12; Lackner/Werle NStZ 1985 503, 504 f; ausführl. Schauer S. 258 ff (für Limitierung der Strafhöhe im Sinne einer relativen Sperrwirkung); Sch/Schröder/Heine § 291 Rdn. 51.

394

Zustimmend Lackner/Kühl § 331 Rdn. 20; Sch/Schröder/Heine § 331 Rdn. 55 und § 332 Rdn. 28.

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

OLG Karlsruhe NStZ 1991 239 f neben § 352 einen tateinheitlichen Betrug durch Unterlassen seitens eines Rechtsanwalts, der seinen Mandanten nicht über die Pflicht der unterlegenen Gegenseite zur vollen Erstattung der Gebühren und Auslagen aufklärt (vgl. Rdn. 62). In allen übrigen Fällen wird § 263 durch den privilegierenden Sondertatbestand des §352 (BGH NJW 2009 2900 [ff] mit Anm. Bittmann, NStZ-RR 2007 142, 144; OLG Düsseldorf NJW 1989 2901) und durch den Sondertatbestand des § 353 Abs. 1 verdrängt, da die Täuschung über das Bestehen der Schuld begriffsnotwendig zu den Tathandlungen dieser Tatbestände gehört (BGH wistra 2009 393, 394; OLG Karlsruhe aaO für ein unwirksames Erfolgshonorar des Rechtsanwalts; Schauer S. 191 und Vormbaum LK § 352 Rdn. 24, § 353 Rdn. 24, je m.w.N.). Tateinheit kommt in Frage, wenn die Täuschung sowohl die Voraussetzungen für die Begründung und Höhe der Gebühren, Steuern usw. als auch zusätzliche (vermögensrelevante) Umstände betrifft (BGHSt 2 35, 36 und NJW 2009 2900 m.w.N.; Bittmann aaO). Bei der Leistungsverkürzung nach § 353 Abs. 2 tritt Betrug gegenüber der (tatbestandsimmanenten) konkludenten Täuschung, die Abzüge seien begründet, zurück (BGH wistra aaO); werden dagegen bestimmte Tatsachen behauptet, auf welche die Abzüge gestützt werden, so ist Tateinheit mit § 263 möglich (Sch/Schröder/Cramer/Sternberg-Lieben/Hecker § 353 Rdn. 14 m.w.N.). b) Zusammentreffen mit Tatbeständen des Nebenstrafrechts:

319

1) Das Steuerstrafrecht, insbesondere die Steuerhinterziehung nach § 370 AO, stellt eine abschließende Sonderregelung dar, die nach ständiger Rechtsprechung § 263 im Wege der Gesetzeskonkurrenz vorgeht (Spezialität im weiteren Sinn; vgl. zuletzt BGHSt 51 356, 363 Rdn. 33; Lackner/Kühl Rdn. 68, je mit Nachw.; zum entsprechenden Verhältnis von § 264 zu § 370 AO Tiedemann LK § 264 Rdn. 186 m.w.N.).395 Dies wird vor allem für das Erschleichen nicht gerechtfertigter Steuervorteile relevant, die solche im technischen Sinne des § 370 Abs. 1 AO sein, aber auch in Gestalt von Steuervergütungen (§§ 370 Abs. 4 Satz 2, 37, 43) gewährt werden oder sich aus der zu niedrigen Festsetzung (oder zu hohen Erstattung) der Steuer (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO) ergeben können. Probleme der Abgrenzung zu § 263 folgen daraus, dass §§ 370 ff AO steuerrechtlich das Bestehen eines Steuerschuldverhältnisses (§§ 37 ff AO) und nach traditioneller Ansicht strafrechtlich die Existenz eines Steueranspruchs als Schutzobjekt voraussetzen.396 Wird daher zwecks Erlangung eines Vermögensvorteils insbesondere in Form der Vorsteuererstattung bei der Umsatzsteuer (Steuervergütung, vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 42) der gesamte Steuervorgang zum Zwecke der Täuschung vom Täter erfunden, so fehlte es nach früher h.M. an dem erforderlichen Bezugspunkt des Steuerstrafrechts, und es kam nicht Steuerhinterziehung, sondern Betrug in Betracht, weil das Vermögen des Staates, nicht dagegen der spezifische Steueranspruch verletzt oder gefährdet wurde.397 Diese teleologische Reduktion des § 370 AO galt insbesondere, wenn die Ausfuhr von Waren

395

396

BGHSt 36 100, 101; BayObLG NJW 1989 2142, 2143; Fuhrhop NJW 1980 1261 ff; Hoyer SK Rdn. 298; Kindhäuser NK Rdn. 411; Lackner/Kühl Rdn. 68; Mitsch BT II/1 § 7, 12; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 96; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 170. Historische Übersicht bei Berger S. 24 ff. BGHSt 23 319, 322; 24 178, 180. Zusam-

326

397

menfassend Tiedemann aaO Rdn. 121 ff und Tiedemann/Otto ZStW 107 (1995) 597 ff. BGH NJW 1972 1287 (Fall Ermisch), wistra 1986 172 mit abl. Anm. Würthwein S. 258 und 1987 177; Lackner LK10 Rdn. 332 m.w.N. (auch zur Gegenansicht des älteren Schrifttums).

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Betrug

§ 263

nur vorgetäuscht wurde (BGH NJW 1972 1287 – Fall Ermisch; dazu Tiedemann Subventionskriminalität S. 269 ff). Wurde der Steuervorgang dagegen nur teilweise erfunden, weil z.B. innerhalb eines Unternehmens neben tatsächlichen Geschäftsvorfällen weitere Vorfälle fingiert wurden, so lag nach einer im Schrifttum lebhaft bestrittenen Ansicht der Rechtsprechung ein relevanter Steuervorgang als Anknüpfungspunkt vor mit der Folge des Eingreifens von § 370 AO.398 Diese scheinbar gefestigte Rechtsprechung schränkte zunächst BGHSt 36 100, 103 (mit Anm. Kratzsch JR 1990 249 ff) mit der Begründung ein, wenn ein tatsächlich existierendes Unternehmen Vorsteuer geltend mache, erfolge dies in einem steuerrechtlichen Verfahren, und die Finanzbehörde werde in einem solchen Verfahren tätig; der Gesamtvorgang sei daher auch bei Fiktion der tatsächlichen Grundlage im Steuerrecht verankert (zust. Fischer Rdn. 237; Hefendehl MK Rdn. 804; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 123). Zusätzlich stellt BGH aaO auf den Wertungswiderspruch ab, der in der Unterscheidung liege, ob der gesamte oder nur ein (möglicherweise geringer) Teil des Vorgangs erfunden wurde. Offen blieben nach BGH aaO die Fälle, dass auch die Existenz des Unternehmens vorgetäuscht oder ein Unternehmen geradezu zum Zwecke der Erlangung rechtswidriger Steuervorteile gegründet wird. BGHSt 40 109, 111 ff bejaht sodann aber auch für die vorgetäuschte Existenz eines Unternehmens die Anwendung von § 370 AO, da und soweit der vom Täter erstrebte Vorteil „ausschließlich auf steuerrechtlichen Regeln beruht“. BGH wistra 1998 64 (f) stellt am Beispiel der Ertragsteuern klar, dass diese neuere Rechtsprechung nicht auf das Umsatzsteuerrecht beschränkt ist. Insgesamt entspricht die neuere Rechtsprechung der zutreffenden Tendenz, bei der 320 Abgrenzung von Steuervorteilen und sonstigen Vorteilen auf das Kriterium der Anwendung von Steuerrecht in einem Steuerrechtsverfahren abzustellen (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 41 mit Nachw.). Sie wird durch die Neufassung des § 370 AO (1977) nahegelegt, da der nunmehr als ausreichend erachtete Eintritt einer Gefährdung des Steueraufkommens von dem Bestehen eines Steueranspruchs unabhängig (Kratzsch JR 1990 250) und die Täuschung über die Rechtmäßigkeit des Steuervorteils entscheidend ist (BGHSt 40 109, 112). Erst recht ist der neueren Rechtsprechung dann zuzustimmen, wenn der Schutzzweck des § 370 AO (auch) in der Sanktionierung von Pflichten, die der steuerlichen Sachverhaltsermittlung dienen, gesehen wird (so bereits zur alten Rechtslage Tiedemann ZStW 82, 1970, 976, 979 und Wirtschaftsstrafrecht II S. 118 f). – Nicht bruchlos in diese neuere Rechtsprechung fügt sich demgegenüber BGHSt 43 381, 400 ff ein, demzufolge auf die täuschungsbedingte Abwendung von Verspätungs- und Säumniszuschlägen sowie Zwangsgeldern weder § 370 AO anwendbar sein soll (da derartige steuerliche Nebenleistungen keine Steuern i.S.d. § 3 Abs. 1 AO seien) noch § 263 Anwendung finden kann (da die steuerrechtliche Regelung im Rahmen der AO abschließend sei). Der Kritik (vgl. etwa Vogel § 8 III 4b) ist zuzugeben, dass es sich auch hier um Leistungen in einem steuerlichen Verfahren handelt. Allerdings verdient das Urteil insoweit Zustimmung, als es zum einen die steuerrechtliche Verweisung aus Gründen der Gesetzesbestimmtheit eng handhabt (dazu bereits Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 241 f mit Nachw.) und zum anderen staatliche Ansprüche mit (auch) repressivem Charakter aus dem strafrechtlichen Schutz staatlichen Vermögens ausnimmt (dazu ausführlich Rdn. 145). Tateinheit von Betrug und Steuerhinterziehung kommt mit der Rechtsprechung und 321 in Übereinstimmung mit dem in Rdn. 320 genannten Kriterium in Betracht, wenn es um 398

BGH MDR 1975 947, 1980 107 und wistra 1987 177 m.w.N.

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verschiedene Tatobjekte geht, also neben dem Steuervorteil andere Vermögensvorteile erstrebt werden (BGHSt 36 100, 101 mit Nachw.; Hefendehl MK Rdn. 804 m.w.N.). Unter § 263 fallen insoweit vor allem Sozialleistungen (RGSt 60 161, 163 und OLG Koblenz OLGSt 25 zu § 392 RAO a.F.: Frauen- und Kinderzuschüsse zum Lohn), aber auch Kultursubventionen, Entschädigungsleistungen (Tiedemann LK § 264 Rdn. 52), Spar- sowie Wohnungsbauprämien (Würthwein wistra 1986 258, 259) und die Eigenheimzulage (BGH NJW 2007 2864), während EU- und Wirtschaftssubventionen primär nach § 264 (vgl. dessen Absatz 7 Nr. 1b und Nr. 2) zu behandeln sind. Die Exklusivwirkung der §§ 370 ff AO bleibt – anders als bei § 264 (Rdn. 314) – 322 auch dann bestehen, wenn die einschlägigen Straftaten mangels Strafantrags (erforderlich bei der Kirchensteuerhinterziehung in Niedersachsen: Rönnau wistra 1995 47) nicht verfolgt werden können oder deshalb nicht als Steuerhinterziehung oder Steuervorteilserschleichung erfasst werden, weil es um ausländische Steuern geht, die nicht dem Schutzbereich der §§ 370 ff unterfallen (so dass auch keine strafbare Teilnahme hieran möglich ist: OLG Hamburg NJW 1964 935, 937).399 Wegen Verzichts der Landesgesetzgeber (mit Ausnahme Niedersachsens) ist dagegen der Betrugstatbestand bei der Hinterziehung von Kirchensteuer einschlägig (BGH NStZ 2009 157, 159 mit Anm. Schützberg wistra 2009 31; str., vgl. Rönnau aaO S. 47 ff m.w.N.).

323

2) Im übrigen Nebenstrafrecht kann Betrug mit zahlreichen anderen Gesetzesverletzungen in Tateinheit zusammentreffen; der ausschließliche oder zusätzliche überindividuelle Rechtsgutsaspekt verhindert hier auch bei Taten im sog. Vorfeld des Betruges (Rdn. 47 Vor § 263) die Annahme von Gesetzeseinheit mit Vorrang des § 263 (Lackner LK10 Rdn. 333). Hervorzuheben sind: AktG: §§ 399, 400, 403 treten nach h.M. zu dem Betrugstatbestand in Tateinheit,400 soweit in den Falschangaben, der unrichtigen Darstellung oder dem falschen Bericht eine Täuschungshandlung gegenüber einer anderen Person liegt. §§ 399, 400 wenden sich aber vorab an das Publikum, werden also durch eine gemeingefahrähnliche Begehungsweise gekennzeichnet (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 374). Vgl. auch unten „Bilanzstrafrecht“. ArzneimittelG: Das Inverkehrbringen bedenklicher (usw.) Arzneimittel nach § 95 AMG kann ähnlich mit § 263 tateinheitlich zusammentreffen wie das Inverkehrbringen verfälschter Lebensmittel (vgl. „Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch“); insoweit besteht ein absolutes Verkehrsverbot (Zipfel Art. Arzneimitteldelikte, in HWiStR, 1986, sub IV 1). BGH bei Fischer Rdn. 238 nimmt Tateinheit mit Betrug für § 96 Nrn. 3 und 5 an (dazu Satzger S/S/W Rdn. 273 m.w.N.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 557, auch zum Doping im Sport). AusländerG: BGHSt 36 124 (ff) geht zutreffend davon aus, dass die illegale Einschleusung ausländischer Frauen zu Zwecken der Ehevermittlung mit Betrug in Tateinheit stehen kann (vgl. § 47a AusländerG a.F.). Vgl. jetzt §§ 95, 96 AufenthG (dazu Tiedemann aaO Rdn. 605 ff mit Nachw.).

399

400

Ebenso Lackner LK10 Rdn. 332; krit. Tiedemann in Institute of Comparative Law, Waseda University (Hrsg.), Recht in Ost und West (Tokio 1988) S. 927, 935 ff m.w.N. Geilen Aktienstrafrecht § 399 Rdn. 182, § 400 Rdn. 124 und § 403 Rdn. 48; Hefen-

328

dehl MK Rdn. 804; Kindhäuser Rdn. 239; Otto Aktienstrafrecht § 399 Rdn. 120, § 400 Rdn. 95 und § 403 Rdn. 44; Satzger S/S/W Rdn. 273; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 181; aA Fischer Rdn. 237 und Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 171.

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§ 263

Betrug

BAföG: Die Ordnungswidrigkeit nach § 58 Abs. 1 BAFöG schließt § 263 StGB (dazu oben Rdn. 57) nicht aus (BayObLG JZ 2005 306 f mit zust. Anm. Vogel; Kindhäuser Rdn. 239 m.w.N.; aA Hefendehl MK Rdn. 805: „staatliches Kontingentdelikt“). BetäubungsmittelG: In Betracht kommt Tateinheit von § 263 mit §§ 29 ff insbesondere in den Fällen, in denen Betäubungsmittel abgegeben, verabreicht, veräußert oder sonst in den Verkehr gebracht werden (Fischer Rdn. 238). Bilanzstrafrecht: Die allgemeinen Regelungen der §§ 331, 332 HGB sind (abstrakte) Gefährdungsdelikte mit dem Zweck des Schutzes des Vertrauens in die Richtigkeit der Information über die Verhältnisse von Handelsgesellschaften (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 464 mit Nachw.). Sie können ebenso wie die sie ergänzenden (subsidiären) Straftatbestände des AktienG, GmbHG und GenG und § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB mit § 263 in Tateinheit treten, wenn durch die unrichtige Darstellung oder Berichterstattung eine andere Person getäuscht wird.401 Vgl. bereits oben „AktG“. BörsenG: Nach Streichung des § 95 a.F. (Kommissionsbetrug) kommt Tateinheit vor allem mit dem wucherähnlichen § 49 (Verleitung zu Spekulationen an der Börse, BGHSt 29 152, 158 f, § 89 a.F.) in Betracht;402 dieser Tatbestand hat vor allem für die Anlageberatung Bedeutung (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 52 f). Aber auch zu § 38 Abs. 2 WpHG (Kurs- und Marktpreismanipulation, Rdn. 49a) ist nach h.M. Tateinheit möglich,403 da der Spezialtatbestand ebenso wie § 88 BörsenG a.F. die ordnungsgemäße Preisbildung (und nicht nur das Vermögen) sichern soll (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 354 mit Nachw.; zust. Hefendehl MK Rdn. 804). BundesvertriebenenG: § 98 steht mit § 263 in Tateinheit, da die Vergünstigungen, die nach dem BundesvertriebenenG zu gewähren sind, nicht nur in Vermögensvorteilen bestehen und nicht durchweg einen Vermögensschaden begründen (BGHSt 9 30, 31 ff).404 DepotG: Der Tatbestand der ungetreuen Depotverfügung (§ 34), nämlich die rechtswidrige Verfügung über Wertpapiere, die dem Täter als Verwahrer usw. anvertraut wurden (usw., Schünemann LK § 266 Rdn. 222), kann mit § 263 in Tateinheit treten, wenn Verfügung und Täuschung zusammenfallen. § 35 will demgegenüber den Eintritt eines Vermögensschadens verhindern (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 319; Ulsenheimer Art. Depotgesetz, in HWiStR, 1986, sub III 6b) und wird von § 263 verdrängt (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 182). GenossenschaftsG: §§ 147 ff entsprechen im wesentlichen §§ 399 ff AktG (vgl. dazu Pfohl Art. Genossenschaftsstrafrecht, in HWiStR, 1987). Es gilt Entsprechendes wie oben „AktG“.

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Cobet Fehlerhafte Rechnungslegung (1991) S. 82; Hefendehl aaO; Kindhäuser NK Rdn. 411; Schüppen Systematik und Auslegung des Bilanzstrafrechts (1993) S. 121; Tiedemann LK § 283 Rdn. 240 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 476; aA Fischer Rdn. 237 für § 333 HGB. Fischer Rdn. 238; Gössel 2 § 23, 91 (für § 264); Hefendehl aaO; Lackner/Kühl Rdn. 67; Nack in Müller-Gugenberger/ Bieneck4 § 68, 32; Schauer S. 187 m.w.N.; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 181;

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Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 364; Vogel in Assmann/Schneider (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz (5. Aufl. 2009) Rdn. 15 Vor § 38 m.w.N. Gössel aaO (für § 264); Lackner/Kühl aaO; Schauer S. 186; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 181; Tiedemann aaO Rdn. 361; Vogel aaO; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 14, 171; aA Fischer Rdn. 237 (Vorrang des § 263). Ebenso BGH bei Tröndle/Fischer 54 Rdn. 62; Fischer Rdn. 238; Lackner/Kühl Rdn. 67.

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

GeschlechtskrankheitenG: Mit § 9 (verbotene Behandlung von Geschlechtskrankheiten durch Nichtärzte und sog. Fernbehandlung) liegt Tateinheit im Verhältnis zum Betrug vor (RG DR 1940 1838 [f]; Lackner LK10 Rdn. 333). GewO: Mit §§ 148, 148a GewO kann Tateinheit bestehen (BGH NStZ 1992 595; Fischer Rdn. 238). GmbHG: Die falschen Angaben nach § 82 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 werden gegenüber dem Registergericht gemacht und können tateinheitlich eine Beihilfe zum Betrug darstellen, da Beihilfe bereits im Vorbereitungsstadium möglich ist (Rdn. 286; Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 189; zust. Hefendehl MK Rdn. 804). Absatz 2 Nr. 2 entspricht § 399 AktG und kann in gleicher Weise mit § 263 tateinheitlich zusammentreffen, z.B. wenn und soweit die öffentliche Mitteilung den Beginn der Täuschung potentieller Kapitalanleger darstellt (Tiedemann aaO Rdn. 190; zust. Hefendehl aaO) oder unrichtige Darstellungen der Vermögenslage der GmbH dem Kreditgeber zur Erlangung eines Kredits vorgelegt werden (BGHSt 13 382, 383; Tiedemann aaO m.w.N.). HeilmittelwerbungsG: § 14 stellt irreführende Werbung unter Strafe und entspricht den Regelungen im AMG und LFGB (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 232; Zipfel Art. Heilmittelwerbegesetz, in HWiStR, 1986, sub V). Tateinheit mit § 263 ist wie bei diesen Materien und wie bei § 16 UWG möglich (vgl. unten „UWG“); vgl. Pfohl in Müller-Gugenberger/Bieneck § 72, 97. HeilpraktikerG: Der Tatbestand der verbotenen Ausübung der Heilkunde (§ 5) kann zu § 263 in Tateinheit treten (BGHSt 8 237, 239).405 HopfenherkunftsG: § 21 a.F. (außer Kraft seit 1.4.1997) schützte das Vertrauen auf die Herkunftsbezeichnung und war als Auffangtatbestand zu § 263 konstruiert, dem gegenüber der Tatbestand nach ausdrücklicher Gesetzesregelung subsidiär war (BGHSt 8 46, 51 f; Schönke/Schröder/Cramer 26 Rdn. 182). Insiderhandel s. WertpapierhandelsG KreditwesenG: Das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis (§ 54 Abs. 1 KWG) wird vor allem in Randbereichen relevant (z.B. Finanzwechsel- und Schecktauschvermittlung sowie Lastschriftreiterei, oben Rdn. 48 und 220a sowie Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 338, 344; Annahme von Einlagen bei der Baufinanzierung, Gallandi wistra 1992 337 f) und tritt zu § 263 in Tateinheit (ebenso Hefendehl MK Rdn. 804; Ulsenheimer, Art. Kreditwesengesetz in HWiStR, 1988, sub IV 5). KriegswaffenkontrollG: Die ungenehmigte Überlassung von Kriegswaffen und die Vornahme von Rechtsgeschäften in Bezug auf diese (§ 22a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7) kann tateinheitlich mit § 263 zusammentreffen. Kursmanipulation s. BörsenG Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): Das Inverkehrbringen verfälschter Lebensmittel (ohne entsprechende Kennzeichnung) ist nach §§ 58, 59, LFGB strafbar und kann zu § 263 StGB in Tateinheit treten (vgl. BGHSt 12 347, 350 f zu §§ 11, 12 LMG 1936; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 542).406

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Ebenso Fischer Rdn. 238; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 156; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 181. Ebenso BGHSt 12 347, 350 f (zu §§ 4 Nr. 2, 11 Abs. 1 LebMG a.F.); OLGKöln OLGSt

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§ 263 S. 150, 153; Dannecker WiVerw 1996 190, 198; Fischer Rdn. 238; Hefendehl aaO; Pfohl in Müller-Gugenberger/Bieneck § 72, 49; Sch/Schröder/Cramer/Perron aaO; Zipfel/Rathke Lebensmittelrecht Bd. 2 § 17 LMBG Rdn. 325.

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§ 263

Betrug

MarkenG: Die Tathandlung des Benutzens, Inverkehrbringens usw. von geschützten Marken und sonstigen geschützten Kennzeichen unter Verletzung von Marken- und Kennzeichenrechten (§§ 143, 144) kann ebenso wie der frühere § 24 WZG (RGSt 43 87, 121) tateinheitlich mit § 263 verwirklicht werden (Fischer Rdn. 238). Der Strafschutz dient vor allem der Bekämpfung der Produktpiraterie (oben Rdn. 208 und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 610 ff). SchwarzarbeitsbekämpfungsG: Der echte Unterlassungsstraftatbestand des § 9 ist gegenüber § 263 StGB subsidiär (oben Rdn. 57). Schwarzhören und -fernsehen: Ordnungswidrigkeit nach § 9 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag; § 265a ist bei schlichtem Schwarzhören und -sehen ohne technische Manipulation nicht erfüllt (Tiedemann LK § 265a Rdn. 44 mit Nachw.). UrheberG: Der Schutz der §§ 106 ff dient dem Urheberrecht und verwandten Schutzrechten, deren Verletzung vor allem durch die Raubdruckbewegung und das unrechtmäßige Kopieren von Computersoftware strafrechtliche Relevanz erlangt hat (oben Rdn. 208; Weber Art. Urheberstrafrecht, in HWiStR, 1986, sub I). Die Verletzung fremden geistigen Eigentums durch unerlaubte Vervielfältigung, Verbreitung (auch im Internet) oder öffentliche Wiedergabe tritt aber auch insbesondere beim Musikdiebstahl (dazu Sternberg-Lieben NJW 1985 2121 ff) und der Videopiraterie zu einem Betrug gegenüber gutgläubigen Händlern und Endverbrauchern in Tateinheit (Fischer Rdn. 238; v. Gravenreuth NJW 1983 1742 1745; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 2 f; Weber aaO sub III 2 f m.w.N.). UWG: Der Tatbestand der irreführenden Werbung (§ 16) dient häufig der Anbahnung schwererer Betrugskriminalität, z.B. bei unlauterer Werbung für Kapitalanlage oder Kreditvermittlung (Tiedemann Wettbewerb und Strafrecht S. 32 ff); der Strafschutz bezweckt neben Verbraucher- auch Wettbewerberschutz (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 217 mit Nachw.). Wird mittels der irreführenden Werbung eine Person getäuscht, so kommt Tateinheit mit § 263 in Betracht (BGH NJW 1972 592 zu § 4 UWG a.F.).407 Auch mit § 17 UWG kommt Tateinheit (Kindhäuser Rdn. 239) oder Tatmehrheit in Betracht (z.B. bei Anstellungsbetrug mit dem Ziel der Wirtschaftsspionage, Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 241). WaffenG: §§ 52a, 53 stellen u.a. das Überlassen und Vertreiben von Schusswaffen unter Strafe. Dieses Verhalten kann mit § 263 tateinheitlich zusammentreffen (BGH bei Tröndle/Fischer 54 Rdn. 62 und bei Steindorf § 53 WaffenG Rdn. 42: Heiratsschwindler erschwindelt als bewaffneter falscher Kriminalbeamter Gelder). WeinG: Ebenso wie beim LFGB kann das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses (§§ 48, 49) mit Betrug tateinheitlich zusammentreffen (Fischer Rdn. 238 mit Nachw.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 549), etwa beim Inverkehrbringen eines mit Flüssigzucker versetzten Weines unter der Bezeichnung „Spätlese“ (Zipfel Art. Weinstrafrecht, in HWiStR, 1986, sub V 3 zum früheren Recht mit Nachw. und Hinweisen insbesondere zur fehlenden Verkehrsfähigkeit). WertpapierhandelsG (WpHG): Die Strafbestimmung gegen Insider-Geschäfte (§ 38 Abs. 1) kann wegen des (auch) überindividuellen Schutzzwecks des Gesetzes (Tiedemann

407

Ebenso Fischer Rdn. 238; Gössel 2 § 23, 91 (für § 264); Hernández S. 161 mit zahlreichen Nachw.; Kindhäuser Rdn. 239; Otto GRUR 1979 90, 97 f; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 181; Wittig Wirt-

schaftsstrafrecht § 14, 171 m.w.N.; krit. Joecks wistra 1992 251; aA Hefendehl MK Rdn. 804 und Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rdn. 423.

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§ 263

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

StV 1996 699 [f]) tateinheitlich mit § 263 zusammentreffen (Fischer Rdn. 238; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 365 Fn. 82; Vogel in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz5 Rdn. 14 Vor § 38 für das rechtspflichtwidrige Verschweigen des Betrugstäters, dass er unter Ausnutzung einer Insidertatsache handelt). Betrug durch aktives (konkludentes) Tun wird nur in Ausnahmesituationen vorliegen (Ulsenheimer Art. Insider-Informationen, in HWiStR, 1975, sub IV zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WertpapierhandelsG; Vogel aaO m.w.N.). Eine Exklusivität zwischen § 38 WpHG und § 263 bei Fehlen einer Rechtspflicht zur Offenbarung besteht dagegen nicht; vielmehr kann eine inhaltlich unrichtige Beratung beim Wertpapierkauf oder -verkauf durchaus gleichzeitig eine verbotene Weitergabe einer Insiderinformation darstellen, insbesondere wenn diese Information entstellt oder übertrieben wird oder unvollständig ist. Dagegen ist § 263 selbstverständlich dann nicht erfüllt, wenn wegen der Wahrheit der mitgeteilten Insider-Tatsache schon keine Täuschung vorliegt. – Zur Marktmanipulation (§ 38 Abs. 2 WpHG) vgl. „BörsenG“. WiStG: §§ 2 ff enthalten Ordnungswidrigkeiten, für deren Zusammentreffen mit § 263 StGB § 21 OWiG gilt. Wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung können Verstöße nach § 1 (Sicherstellungsgesetze) mit § 263 StGB tateinheitlich zusammentreffen (so auch Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 181). Für das frühere Preisstrafrecht des § 19 WiStG 1949 bejahte BGH LM Nr. 5 (mit Nachw.) die Möglichkeit von Tateinheit mit § 263.

324

4. Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz) liegt bei mehreren Handlungen vor, von denen die eine den Betrugstatbestand verwirklicht und die andere einen Straftatbestand, der ebenfalls Vermögensinteressen (im weiteren Sinne) schützt. Dabei kann die nachfolgende Betrugshandlung der Sicherung des Vorteils aus der anderen Handlung oder die andere Handlung der Sicherung der durch Betrug erlangten Vermögensposition dienen:

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a) Der Betrug ist nach ganz h.M. mitbestrafte Nachtat, wenn er als sog. Sicherungsbetrug nur die aus der Vortat gewonnenen Vorteile sichern, ausnutzen oder verwerten soll und keinen neuen selbständigen Schaden verursacht (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 184 mit Nachw.),408 also keine „Erweiterung oder Vertiefung“ des schon angerichteten Schadens herbeiführt (BGH StV 1992 272, NStZ 1993 591 und 2004 568, zuvor bereits BGHSt 6 67, 68). Die durch die erste Tat geschaffene rechtswidrige Vermögenslage wird dann nur aufrechterhalten (Fischer Rdn. 233). Hierzu ist insbesondere erforderlich, dass der Betrug sich gegen dasselbe Angriffsobjekt wie die Vortat richtet und kein andersartiges Rechtsgut verletzt wird (Rissing-van Saan LK Rdn. 157 Vor § 52). Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird nur wegen der ersten Tat verurteilt; diese Verurteilung gilt das Unrecht der Nachtat (Betrug) in vollem Umfang mit ab (vgl. nur BGH MDR 1979 1034, 1035 mit Nachw.). Dies gilt auch dann, wenn der Sicherungsbetrug nur versucht wird (BGH aaO). Hauptanwendungsfall dieses Sicherungsbetruges ist die nachträglich täuschende Vereitelung von Rückgewähransprüchen des durch einen Betrug bereits um einen Sachwert Geschädigten (BGH GA 1957 409, 410; 1958 369, 370; 1961 83). Als erste Taten kommen neben Betrug (BGH aaO) vor allem Diebstahl (BGH NStZ 1993 591, 2008 396 und wistra 1999 108 m.w.N.), unbefugte Stromentnahme nach

408

Vgl. BGH wistra 1992 342, 343 f; Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 20, 144; Blei II S. 240; Bockelmann BT/1 S. 100; Fischer Rdn. 233; Hefendehl MK Rdn. 797; Kindhäuser Rdn. 238; Krey/Hellmann BT 2

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Rdn. 489; Lackner/Kühl Rdn. 69; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 157; Rengier BT I § 13, 270; Schmidhäuser BT 11/40; Welzel S. 378; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 596; krit. Otto BT § 51, 152.

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Betrug

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§ 248c (BGH GA 1958 369, 370) und Unterschlagung (BGH GA 1961 83; BayObLG NJW 1999 1648, 1649 mit Anm. Marxen EWiR 1999 519 f) sowie Untreue (BGH wistra 1989 60 f, NStZ 2004 568, 570 und NJW 2009 203 f), aber auch z.B. Vollstreckungsvereitelung (Haas GA 1996 119 mit Nachw.) in Betracht. Im Verhältnis zu § 242 ist aber zu beachten, dass der nachfolgende Betrug selbständige Bedeutung behält (und Tatmehrheit anzunehmen ist), wenn der Diebstahl (z.B. von Scheckvordrucken) für den Eigentümer nur eine Vermögensgefährdung bedeutet und ein konkreter Vermögensschaden erst durch die weitere Handlung (z.B. Einlösung der Schecks) entsteht. Auch scheidet die Annahme eines Sicherungsbetruges dann aus, wenn die Geschädigten verschiedene Personen sind (BGH aaO für die Abhebung von einem gestohlenen Sparbuch, wenn auch ungekündigtes Sparkapital ausgezahlt wird, das zu Lasten der Sparkasse geht; Entsprechendes gilt für die Vorlage eines unterschlagenen Schecks, wenn die Bank wegen grober Fahrlässigkeit selbst einen Schaden erleidet: BayObLG aaO). Der deutlichste Fall ist der Verkauf einer gestohlenen Sache an einen gutgläubigen Dritten, der wegen § 935 BGB kein Eigentum erwirbt und daher für seine Kaufpreiszahlung kein volles Äquivalent erhält (BGH NStZ 2009 38 f). Hervorhebung verdient ferner, dass die Nachtat alle Betrugsmerkmale erfüllen muss, damit die Konkurrenzfrage relevant wird. Ob dies bei der Vorlage eines gestohlenen Sparbuchs oder bei Verschweigen eines Diebstahls an der Kasse eines Selbstbedienungsladens zutrifft, ist umstritten, wie Rdn. 88 und Rdn. 120 ausgeführt. Ist gegenüber dem durch die Vortat Geschädigten kein neuer selbständiger Schaden entstanden, so kann nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung auch bereits der Tatbestand des Betruges verneint werden (Otto BT § 51, 152; Sickor GA 2007 590; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 596 m.w.N.). Die Sachfrage bleibt aber letztlich dieselbe. Allerdings kann der Unterschied der Auffassungen Folgen für die Strafbarkeit der Teilnahme haben, die bei Annahme einer mitbestraften Nachtat ohne weiteres möglich ist (BGH bei Lackner LK10 Rdn. 336; Hefendehl MK Rdn. 797). Ebenso bleibt die Nachtat nach h.M. taugliche Vortat für Anschlussdelikte wie Begünstigung und Hehlerei (vgl. nur Lackner aaO). Typisch für die Begehung eines Sicherungsbetruges ist nach ständiger Rechtsprechung 326 vor allem die Täuschung bei Kontrollen (vgl. nur die Fälle BGH wistra 1989 60 f und 1992 342 ff) und allgemein das Machen falscher Angaben zur Verdeckung eines Eigentums- oder Vermögensdelikts zwecks Vereitelung der Rückgewähr- oder Schadensersatzansprüche (BGH aaO und bereits GA 1957 413, 414). Da nach h.M. die Wegnahme eines fremden Sparbuchs in der Absicht, das Sparkapital ganz oder teilweise abzuheben, einen Diebstahl begründet (Ruß LK § 242 Rdn. 60 mit Nachw.), erfasst die Verurteilung wegen dieses Zueignungsdelikts auch die nachfolgende Abhebung, wenn diese die Tatbestandsmerkmale des Betruges erfüllt (dazu bereits Rdn. 88; vgl. BGHR § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 7 und StV 1992 272). Neues selbständiges (Betrugs-)Unrecht wird aber nach BGH NStZ 1993 591 dann verwirklicht, wenn der Dieb des Sparbuches durch Täuschung eine Kontosperre beseitigt, die nach dem Diebstahl eingerichtet wurde und den Eintritt eines Vermögensschadens verhindern würde (zust. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 184); in diesem Fall begründet der Diebstahl ebenso wie in der Rdn. 325 genannten Konstellation nur eine Gefährdung der Vermögensposition. – Entsprechendes gilt, wenn eine Sache unterschlagen und sodann an einen gutgläubigen Dritten veräußert wird; der hierin liegende Dreiecksbetrug (Rdn. 112 ff) zum Nachteil des Eigentümers der Sache ist mitbestrafte Nachtat, da die Veräußerung nur die bereits durch Unterschlagung erlangte Herrschaftsposition auswertet (RGSt 49 16, 18; zur Frage eines Betruges zum Nachteil des Käufers Rdn. 209). Liegt allerdings die Zueignung erst in der Veräußerung, so tritt § 246 als subsidiär zurück, sofern überhaupt ihre Tatbestandsmäßigkeit nach § 246

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

bejaht wird (vgl. zum Streitstand Vogel LK § 246 Rdn. 50 ff und Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 185, je m.w.N.). Allgemein entfällt bei Verursachung eines neuen bzw. Vertiefung und Erweiterung des 327 bisherigen Schadens die Annahme von Sicherungsbetrug zugunsten der Annahme von Tatmehrheit (§ 53), auch wenn es um denselben Geschädigten geht. Dies wurde für den Diebstahl von Scheckformularen und die anschließende Einlösung der gefälschten Schecks bereits Rdn. 325 ausgeführt und lässt sich dahin verallgemeinern, dass Tatmehrheit vorliegt, wenn gestohlene Formulare ausgefüllt und mit ihrer Hilfe Leistungen des Bestohlenen erschlichen werden (RGSt 43 60, 66 für die Wegnahme und anschließende Ausfüllung von Formularen von Freifahrtscheinen für die Eisenbahn). Ebenso liegt in der Wegnahme einer zwar für den Täter bestimmten, aber bereits abgerechneten und quittierten Postanweisung nur der Verlust eines Beweismittels, während erst die Vorlage gegenüber einem anderen Schalterbeamten zur nochmaligen Einlösung zum „Verlust des baren Geldes“ führt (RGSt 49 405, 407 f). Tatmehrheit wird auch angenommen, wenn der Dieb eines Hypothekenbriefes vom Geschädigten einen Ausweis erschleicht, der ihn als Gläubiger legitimieren soll (RGSt 64 281, 283), oder wenn die gestohlene Sache dem Eigentümer unter Vornahme einer Täuschung zurückverkauft wird (Rdn. 186; Lackner LK10 Rdn. 334 mit Nachw.). Dasselbe gilt, wenn der Täter eines Anstellungsbetruges (Rdn. 223 ff) später ein falsches Geburtsjahr angibt und so die Erhöhung seiner Bezüge erreicht (OLG Celle MDR 1973 242). – Erst recht entfällt die Annahme bloßen Sicherungsbetruges bei der Schädigung Dritter (vgl. bereits Rdn. 325). So liegt es bei der bereits erwähnten Veräußerung einer gestohlenen Sache an einen gutgläubigen Dritten (RGSt 51 4, 8) und bei der Einlösung gestohlener Rabattmarken zu Lasten eines Dritten (OLG Düsseldorf JMBl NRW 1971 44 f). Dem steht die Verletzung unterschiedlicher Rechtsgüter gleich, z.B. bei der Urkundenfälschung im Verhältnis zum anschließenden Betrug (durch Einlösung der gefälschten Schecks BGHR § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 7) oder beim Versicherungsbetrug nach § 263 im Anschluss an den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b (Lackner LK10 Rdn. 334 mit Nachw.).

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b) Umgekehrt kann nach h.M. eine dem Betrug nachfolgende Tat lediglich der Sicherung oder Auswertung der durch den Betrug erlangten Position dienen und daher als mitbestrafte Nachtat zurücktreten (Fischer Rdn. 233 mit Nachw.).409 Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Täter die betrügerisch erlangte Sache im Sinne des § 303 zerstört oder beschädigt (Lackner LK10 Rdn. 335 mit Nachw.), z.B. einen Schuldschein, dessen Herausgabe er vom Gläubiger erschlichen hat, vernichtet (RG GA 50, 1903, 121 für das Verhältnis zu § 274 Abs. 1 Nr. 1 – wegen dessen überindividuellem Bezug bedenklich!). Dasselbe gilt für die Veruntreuung eines auf betrügerische Weise erlangten Gegenstandes nach § 266 (BGH NStZ 2001 195, 196 mit Nachw.), wobei aber BGHSt 6 67 f (zur Erschleichung und zweckwidrigen Verwendung von Bauvorschüssen) zutreffend hervorhebt, dass der Vorsatz des Täters von Anfang an darauf gerichtet sein muss, sich mit dem Besitz (der Gelder) zugleich die volle Verfügungsgewalt zu sichern, um die Sache nach Belieben zu eigenem Nutzen verwenden zu können (zust. BGH wistra 1984 225, 226). Ein weiteres Beispiel für den Betrug als selbständige, andere Vermögensdelikte aufzehrende Tat ist der Fall RGSt 48 290 f, in dem der Täter sich durch Betrug Wechsel zum Diskont übergeben ließ, um die Wechsel, wie von vornherein beabsichtigt, anschließend zur Begleichung eigener Schulden an Dritte weiterzugeben. In demselben 409

Vgl. aus neuerer Zeit BGH NStZ-RR 1996 131, 132; zuvor OLG Celle MDR 1973 242

334

und OLG Hamm MDR 1968 779; Blei II S. 240; Hefendehl MK Rdn. 798.

Klaus Tiedemann

Betrug

§ 263

Sinne nimmt BGHR § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 6 Vorrang des § 263 an, wenn der Täter eine fremde Geldautomatenkarte erschwindelt und hiermit Geld abhebt (§ 263a, vgl. Tiedemann/ Valerius LK Rdn. 49 mit Nachw.) sowie verbraucht (§ 246).410 Entsprechendes gilt für das Verhältnis zur (Sicherungs-)Erpressung, wenn der Täter einen durch Betrug erlangten Vermögensvorteil durch Gewaltanwendung gegenüber dem Geschädigten, der seinen (Kaufpreis-)Anspruch durchsetzen will, sichert (BGH JR 1984 387, 388 mit Anm. Kienapfel). Auch hier ist aber durchgehend erforderlich, dass die Nachtat alle Tatbestandsmerkmale einer Straftat erfüllt, damit die Konkurrenzfrage überhaupt relevant wird (vgl. Rdn. 324). Hieran fehlt es, wenn der Täter durch den Betrug (anfechtbares) Eigentum an der Sache erlangt hat und die anschließende Verwertung mangels Fremdheit der Sache keine Unterschlagung darstellen kann (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 185). Umstritten ist die Behandlung der Konstellation, dass der Täter durch den Betrug nur Besitz an der fremden Sache erlangt, dabei aber Zueignungsabsicht hatte (Rdn. 190). Die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums verneinen hier schon den Tatbestand der Unterschlagung (vgl. nur BGHSt 14 38, 41 ff; Lackner/Kühl Rdn. 69), während eine vor allem im Schrifttum verbreitete Ansicht die Unterschlagung in der Regel als mitbestrafte Nachtat ansieht (vgl. Vogel LK § 246 Rdn. 51 m.w.N.). Bei letzterer Annahme gelten dieselben Grundsätze wie zuvor für das Verhältnis des Betruges zur Untreue ausgeführt. Verschafft sich der Täter dagegen beim Besitzbetrug (Rdn. 140) den Besitz an einer Sache ohne Zueignungsabsicht, so bleibt eine nachfolgende Unterschlagung der Sache möglich und ist auch selbständig strafbar (§ 53), da der Betrugsschaden um die Verletzung der Eigentümerposition erweitert wird (BGHSt 16 280 ff; Vogel aaO Rdn. 50; vgl. bereits oben Rdn. 327). Wegen des Bezuges der Unterschlagung auf zusätzliche Vermögenswerte gilt dasselbe in dem Fall (RGSt 61 37 ff) eines Amtsträgers, der Sozialrentnern nicht die vollen ihnen zustehenden Geldbeträge auszahlt und die so zurückbehaltenen Teilbeträge für sich verwendet, nachdem er die Rentner durch Täuschung dazu gebracht hat, über die vollen Summen zu quittieren; diese Quittungen wurden der Behörde als Verwendungsbelege eingereicht.

XIV. Führungsaufsicht (Absatz 6), Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall (Absatz 7) 1. Nach Absatz 6 kann neben der Strafe im Urteil Führungsaufsicht angeordnet wer- 329 den, wenn die Gefahr besteht, dass der Täter weitere Straftaten begehen wird (§ 68 Abs. 1). Diese Maßregel kann auch bei Versuch und Teilnahme angeordnet werden und kommt insbesondere für kriminell besonders schwer Gefährdete mit schlechter Prognose bei Entlassung aus dem Strafvollzug in Betracht. 2. Bei Verurteilung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von 330 Betrug, Computerbetrug oder Subventionsbetrug oder zur Fälschung von Urkunden, technischen Aufzeichnungen oder beweiserheblichen Daten verbunden hat, sollte nach Absatz 7 Vermögensstrafe (§ 43a) angeordnet werden. § 43a ist mit Gesetzkraft durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.3.2002 (BGBl I S. 1340) für nichtig erklärt worden (BVerfGE 105 135 ff). Die Verweisung auf diese Vorschrift ist daher hinfällig. Zur Behandlung von Altfällen Häger LK § 43a mit Nachw. 410

Zustimmend Hefendehl aaO und Kindhäuser NK Rdn. 414.

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§ 263 331

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Bei § 263 (auch Absatz 1 und Absatz 2) ist stets – und zwar auch bei fehlender Schuld (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) – zwingend der Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers anzuordnen, die er als Entgelt für die Tat oder als Gewinn aus ihr erlangt hat (§ 73). Dies betrifft vor allem die Belohnung (Rdn. 258) und den rechtswidrigen Vermögensvorteil (Rdn. 264 ff) sowie die hieraus etwa gezogenen Nutzungen, hierfür erlangten Gegenwerte und Ersatz für Zerstörung usw. (§ 73 Abs. 2). Dabei ist nach Absatz 7 entsprechend der Absicht des historischen Gesetzgebers der Erweiterte Verfall, nämlich Verfall des Gegenstands (§ 73) oder Wertersatzes (§ 73a) auch dann anzuordnen, wenn nur ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für die strafrechtlich relevante Herkunft der Gegenstände oder des Wertersatzes besteht (vgl. W. Schmidt LK § 73d Rdn. 34 ff mit Nachw.). Der erweiterte Verfall dient der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. BGHSt 40 371, 372 f verlangt für den erweiterten Verfall in verfassungskonformer Auslegung des § 73d uneingeschränkte tatrichterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände oder des Wertersatzes (zust. Hefendehl Rdn. 793). – Diese Maßnahme ist insgesamt weniger einschneidend als die für verfassungswidrig erklärte Vermögensstrafe und daher nach Absatz 7 Satz 2 auch bei nur gewerbsmäßigem Handeln (Absatz 3 Nr. 1 1. Alt., dazu Rdn. 296) anzuwenden.

XV. Internationales Strafrecht 1. Internationaler Schutzbereich

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a) Das Vermögen gehört als Individualrechtsgut zu den sog. inländischen Rechtsgütern, die ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Rechtsgutsinhabers oder die Belegenheit des Angriffsobjekts dem Schutzbereich des deutschen Strafrechts unterfallen (h.M., vgl. nur Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 25; Werle/Jeßberger LK Rdn. 274 Vor § 3, je m.w.N.). Vorbehaltlich der §§ 3 ff (sogleich Rdn. 334 f) ist § 263 deshalb auch dann anwendbar, wenn im Ausland belegenes Vermögen oder Vermögen eines Ausländers geschädigt werden. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn Tatobjekt das Fiskalvermögen eines ausländischen Staates, einer sonstigen ausländischen Person des öffentlichen Rechts oder einer internationalen Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit ist (Sch/ Schröder/Cramer/Perron Rdn. 1/2; Tiedemann aaO). Unstreitig ist insoweit, dass Taten, die im Rahmen privatrechtlicher (oder allenfalls verwaltungsprivatrechtlicher) Fiskalgeschäfte mit ausländischen oder internationalen Personen öffentlichen Rechts begangen werden, in den Schutzbereich des § 263 fallen (vgl. nur BayObLG NJW 1980 1057 [f] mit Nachw.). Aber auch der Subventionsbetrug (im untechnischen Sinne) zum Nachteil eines ausländischen Staates, einer sonstigen ausländischen Person des öffentlichen Rechts oder einer internationalen Organisation mit Rechtspersönlichkeit betrifft Haushaltsvermögen, das trotz seiner überindividuellen Rechtsgutsaspekte als solches kein unmittelbarer Ausfluss von ausländischer oder internationaler Hoheitsgewalt ist, sondern so weit den Charakter eines Individualrechtsguts behält, dass es – z.B. im Wege unionsfreundlicher Auslegung – in den Schutzbereich des § 263 einbezogen werden kann (vgl. bereits oben Rdn. 6 sowie Rdn. 99 Vor § 263; Berger S. 32 ff; Tiedemann aaO und NJW 1990 2227, Werle/Jeßberger aaO Rdn. 280 ff, je m.w.N.). Nicht mehr in den Schutzbereich deutschen Strafrechts fallen allerdings nach bisher ganz h.M. ausländische hoheitliche Abgaben, namentlich Steuern und Zölle, die als staatliche Interessen ausländischer Hoheitsträger und als unmittelbarer Ausfluss von ausländischer Hoheitsgewalt zu den sog. ausländischen und vom deutschen Strafrecht nicht geschützten Rechtsgütern zählen (vgl. nur BayObLG aaO mit Nachw.; Kindhäuser NK Rdn. 10; Tiedemann aaO Rdn. 124). Die Hinterziehung ausländischer Abgaben kann deshalb weder über das deutsche Ab-

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§ 263

gabenstrafrecht noch über § 263 erfasst werden, selbst wenn im Einzelfall die Voraussetzungen der §§ 3 ff erfüllt sind. Anders liegt es bei den finanziellen Interessen der Europäischen Union, namentlich bei auf Unionsrecht beruhenden Subventionen und Abgaben sowie Zöllen nach dem Gemeinsamem Zolltarif. Für den Subventionsbereich ergibt sich dies aus §§ 6 Nr. 8, 264 Abs. 7 Nr. 2, für den Abgabenbereich aus §§ 1 Abs. 1 AO, 12 Abs. 1, 35 MOG und allgemein im Rahmen des § 263 aus der Assimilierungsverpflichtung nach Art. 325 Abs. 2 AEUV (eingehend hierzu Rdn. 99 Vor § 263 und Werle/Jeßberger aaO). b) Bisher wenig erörtert ist die Problematik, dass es bei Betrugstaten zum Nachteil 333 ausländischen Vermögens zu einer sog. Fremdrechtsanwendung kommen kann (allgemein hierzu Werle/Jeßberger aaO Rdn. 330 ff mit Nachw.), wenn und soweit der Vermögensbegriff rechtlich konstituiert oder zumindest limitiert wird (ökonomisch-juristische Vermittlungslehren, Rdn. 132 ff). Die hierfür maßgebende Vermögensrechtsordnung ist nach allgemeinen Grundsätzen des internationalen Straf- und Zivilrechts die lex rei sitae (vgl. nur OLG Schleswig NJW 1989 3105 f für griechische Münzen). Diese kann gegebenenfalls enger oder weiter sein als das deutsche Recht; beispielsweise mag eine ausländische Rechtsordnung Warenterminoptionsgeschäfte als sittenwidrig und nichtig ansehen mit der Folge, dass ein Anspruch aus einem derartigen Auslandsgeschäft grundsätzlich keinen Vermögenswert hat, oder nach ausländischem Tatortrecht mag der Vertrag zwischen dem Freier und der Prostituierten rechtsunwirksam sein mit der Folge, dass der Freier die Prostituierte betrügen darf, wenn er vorhat, nicht zu bezahlen (zu derartigen Fällen Rdn.138). Grenzen für die Anerkennung des Fremdrechts ergeben sich allerdings aus dem deutschen ordre public (Sch/Schröder/Eser Rdn. 41 und 74 Vor §§ 3–9 mit Nachw.). 2. Internationales Strafrecht i.e.S. Fällt die Tat in den Schutzbereich des § 263, so 334 richtet sich dessen Anwendbarkeit im Übrigen nach §§ 3 ff. a) § 263 ist uneingeschränkt auf Inlandstaten nach §§ 3, 9 anwendbar. Nach dem 334a Flaggenprinzip des § 4 werden Taten auf Schiffen und Luftfahrzeugen, die berechtigt sind, die Bundesflagge oder das Staatsangehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen, wie Inlandstaten behandelt (praktisch bedeutsam für „Butterfahrten“ u.ä.!). Nach dem Ubiquitätsprinzip (§ 9 Abs. 1) genügt es, dass im Inland getäuscht worden (Tätigkeitsort) oder der Vermögensschaden im Inland eingetreten ist (Erfolgsort). Ein inländischer Tätigkeitsort liegt beispielsweise vor, wenn das täuschende Angebot im Inland abgesandt worden ist (RG HRR 1939 Nr. 397; Werle/Jeßberger LK § 9 Rdn. 59). Für einen inländischen Erfolgsort genügen bloße Vorbereitungshandlungen (z.B. Erstellung von Unterlagen und Weitergabe von Informationen) nicht (BGH NStZ 2001 328, 330) und mittelbare Schäden (z.B. Schäden, die einer inländischen Muttergesellschaft aus der betrügerischen Schädigung einer ausländischen Tochtergesellschaft entstehen) nur dann, wenn sie objektiv und subjektiv tatbestandsmäßige Vermögensschäden nach § 263 darstellen (OLG Frankfurt NJW 1989 675 f). Dagegen reicht es nicht aus, dass nur die angestrebte Bereicherung im Inland eintreten soll, da die Bereicherung kein „zum Tatbestand gehörender Erfolg“ im Sinne von § 9 Abs. 1 ist (OLG Frankfurt wistra 1990 271 f; Werle/Jeßberger aaO Rdn. 60). Wenig erörtert ist bisher, ob eine Inlandstat vorliegt, wenn nur der Irrtum bzw. die Vermögensverfügung im Inland eintreten, beispielsweise ein inländischer Kapitalanleger auf einen ausländischen, über Tatsachen täuschenden Anlageprospekt hin über im Ausland belegenes Vermögen verfügt. Nach den Grundsätzen über die sog. Transitdelikte begründen auch die vertatbestandlichten „Teilerfolge“ des Irrtums bzw. der Vermögensverfügung einen so intensiven

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Inlandsbezug, dass insgesamt eine Inlandstat anzunehmen ist (Werle/Jeßberger aaO Rdn. 55). Nicht mehr ausreichend ist es hingegen, wenn das Inland nur „ungefährdete Durchgangsstation“ ist (Sch/Schröder/Eser § 9 Rdn. 6b mit Nachw.), etwa wenn das täuschende Angebot oder die irrtumsbedingte Anweisung, eine Vermögensverfügung vorzunehmen, durch die deutsche Post vom Ausland ins Ausland weiterbefördert wird. Diese Grundsätze gelten auch für den Betrug im Internet; der Umstand, dass betrügerische Angebote über im Inland belegene Server geleitet werden, genügt daher für sich nicht, um eine Inlandstat anzunehmen (vgl. Sieber NJW 1999 2065, 2072; Tiedemann/ Valerius LK § 263a Rdn. 88 m.w.N.; Werle/Jeßberger aaO Rdn. 78; zu einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des inländischen Providers Sieber JZ 1996 494, 499 ff und Werle/Jeßberger aaO m.w.N.).

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b) Bei Auslandstaten kann § 263 vor allem nach Maßgabe des passiven bzw. aktiven Personalitätsprinzips (§ 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1) zur Anwendung gelangen. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass das Opfer, nämlich der an seinem Vermögen Geschädigte, bzw. der Täter Deutscher ist. Weiter muss die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht sein. Dafür genügt die abstrakte Strafdrohung nicht; vielmehr muss die konkrete Tat einer Strafvorschrift des Tatortrechts unterfallen (BGH NStZ-RR 2001 328, 330). Darauf, ob diese Strafvorschrift der deutschen vergleichbar ist, insbesondere ein vergleichbares Rechtsgut vor vergleichbaren Angriffsweisen schützt, kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht an (vgl. Werle/Jeßberger LK § 7 Rdn. 30 mit Nachw.). Damit genügt es beispielsweise, dass die Auslandstat am Tatort als Urkundendelikt, als Betrugssonderdelikt, etwa als Warenfälschung nach Art. 154 ff schweizer. StGB (Rdn. 55 Vor § 263), oder als conspiracy to defraud (Rdn. 87 Vor § 263) strafbar ist. Auch nach engeren Literaturauffassungen (vgl. nur Werle/Jeßberger aaO Rdn. 34 ff mit Nachw.) müssen Tatortstrafvorschrift und deutsche Vorschrift keineswegs deckungsgleich sein; eine Tatortstrafbarkeit wegen Betruges nach Art. 146 schweizer. StGB (Rdn. 51 Vor § 263), § 146 österreich. StGB (Rdn. 56 ff Vor § 263), escroquerie nach Art. 313-1 französ. Code Pénal (Rdn. 63 ff Vor § 263), truffa nach Art. 640 Abs. 1 italien. Codice Penale (Rdn. 69 ff Vor § 263), estafa nach Art. 248 Abs. 1 span. Código Penal (Rdn. 72 ff Vor § 263) oder fraud nach dem engl. Fraud Act (Rdn. 88 ff Vor § 263) genügt daher stets, mögen die genannten Tatbestände auch im Einzelnen abweichend von § 263 ausgestaltet sein. – Eine Tatortstrafbarkeit ist dann nicht erforderlich, wenn der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. Nach einer vordringenden Literaturauffassung (Sch/Schröder/Eser § 7 Rdn. 23; Werle/Jeßberger aaO Rdn. 53) soll insoweit ausreichen, dass die Tatortjustiz die in Rede stehenden Straftaten tatsächlich nicht verfolgt, zumindest wenn diese Praxis auf einer hinreichend manifestierten kriminalpolitischen Grundsatzentscheidung beruht. Hiernach käme es im Verhältnis zu Staaten, die sich als „Finanzoasen“ verstehen und daher von ihrem Territorium aus begangene Betrügereien, namentlich betrügerische „offshore“-Gesellschaften oder Scheingesellschaften, faktisch dulden, nicht auf die Tatortstrafbarkeit an, sofern nur Täter oder Opfer der Auslandstaten Deutsche wären. Dieses Ergebnis ist zwar in kriminalpolitischer Hinsicht wünschenswert. Jedoch dürfte Art. 103 Abs. 2 GG einer derartigen Ausweitung des § 7 entgegenstehen.411

411

Dazu BGHSt 42 275, 282; OLG Düsseldorf NJW 1983 1277 f; ausführlich Eser JZ 1993 875, 881 f m.w.N.; krit. Hoyer SK Rdn. 6,

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Oehler JR 1977 425 und Scholten NStZ 1994 266, 268 f (insbesondere zu § 7 Abs. 2 Nr. 2).

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XVI. Strafantrag, Verjährung und Strafverfolgung 1. Ausnahmsweise, nämlich bei Haus- und Familienbetrug sowie bei geringem Scha- 336 den (Bagatellbetrug), ist nach Absatz 4 ein Strafantrag erforderlich. Zu dessen Voraussetzungen (und zu seiner Ersetzung bei geringem Schaden durch Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung) Rdn. 305 f. Zum Strafantrag bei serienmäßigem Leistungsbetrug (Beförderungsbetrug, Fernmeldebetrug usw.) vgl. die hier entsprechend geltenden Ausführungen von Tiedemann LK § 265a Rdn. 60. Beim Prozessbetrug beginnt die Strafantragsfrist zwar bereits mit Erlangen des Vollstreckungstitels, bei nachfolgender Vollstreckung aus diesem aber erst mit der Kenntnis des Geschädigten von dem letzten Akt der Zwangsvollstreckung, da sich erst hierin der eigentliche Vermögensschaden manifestiert (OLG Karlsruhe wistra 1995 154 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 191). 2. Die Verfolgungsverjährung beginnt nach der allgemeinen Regel des § 78a mit der 337 Beendigung des Betruges, also nach h.M. nicht bereits mit der tatbestandsmäßigen Vollendung, sondern mit dem Erhalt des angestrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils und Abschluss der Tat im Ganzen (Rdn. 273; Hefendehl MK 753 m.w.N.). Zur Behandlung von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, Anstellungs- und Renten- sowie BAföG- und Vermieterbetrug unter diesem Blickwinkel Rdn. 274 f. Beim Prozessbetrug ist für den Verjährungsbeginn bei Verurteilung des Beklagten zu einer Leistung nicht das Urteil, sondern erst der Empfang der Leistung (in der Regel im Wege der Zwangsvollstreckung) maßgebend (Lackner LK10 Rdn. 339 mit Nachw.). Beim Betrugsversuch beginnt die Verfolgungsverjährung mit Abschluss des letzten zur 338 Täuschung bestimmten Täterverhaltens (RGSt 72 150 f). Kommt der Betrug zur Vollendung, so knüpft die Verjährung auch dann an die vollendete Tat an, wenn die versuchte bereits verjährt ist (RGSt 42 171, 174; Lackner LK10 Rdn. 339 m.w.N.). 3. Nach § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG ist die Wirtschaftsstrafkammer für die Aburteilung 339 des Betruges zuständig, wenn zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind. Dies ist nach OLG Stuttgart wistra 1991 236 f (m.w.N.) bei wirtschaftlichen Zusammenhängen anzunehmen, die außerhalb der allgemeinen Erfahrung eines Richters liegen und Spezialwissen erfordern, z.B. bei Missbrauch „komplizierter und schwer zu durchschauender Mechanismen des modernen Wirtschaftslebens“ und insbesondere bei dem Erfordernis der Bewertung von Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen. Dies wird regelmäßig in den Fällen des sog. Wirtschaftsbetruges zutreffen, also vor allem wenn die in § 74c Abs. 1 Nr. 5 genannten besonderen Betrugsformen (z.B. Kapitalanlageschwindel) im Rahmen des allgemeinen Betrugstatbestandes begangen werden (Rdn. 43 ff Vor § 263, OLG Celle wistra 1991 359 f mit Anm. Kochheim), aber auch für die von vornherein nur über § 263 faßbaren Erscheinungsformen des Baubetruges (Rdn. 11), Insolvenzbetruges (Rdn. 266), Sanierungsbetruges (Richter Art. Sanierungsbetrug, in HWiStR, 1985) u.a.m. Zahlreiche Erscheinungen dieser Art werden serienmäßig begangen. Dies allein, also der Umfang des Verfahrensstoffes, reicht für die Bejahung der Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer nicht aus. Jedoch wird häufig die Erkenntnis und der Beweis des Einsatzes mehr oder weniger komplizierter Betrugsschemata über einen längeren Zeitraum vor allem dann besondere wirtschaftliche Kenntnisse erfordern, wenn aus Gründen der Prozessökonomie eine Beschränkung des Beweisstoffes auf einzelne Taten und Geschädigte geboten ist; dazu Rdn. 293 (Schätzung und Hochrechnung, hierzu auch BGHSt 40 374, 376 f für die gewerbsmäßige Hehlerei) und Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 125 m.w.N.

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RiStBV Nrn. 236 bis 238 bringen besondere Hinweise für die Strafverfolgung von Abzahlungsbetrug (Rdn. 65 und 190), Maklerbetrug (Rdn. 134 und 277), Betrug durch Geschäftsleiter von Kreditinstituten und von Schwindelunternehmen, die z.B. zur Begehung von Stoßbetrug tätig werden (dazu BGH wistra 1999 181 ff; Tiedemann/Sasse S. 12 ff; Rdn. 4 Vor § 263). Weiterhin unentbehrlich sind die kriminalistischen Hinweise und Mitteilungen bei F. Geerds Handbuch der Kriminalistik10 (2 Bde.), Zirpins/Terstegen Wirtschaftskriminalität (1963) und neuerdings Müller/Wabnitz/Janovsky Wirtschaftskriminalität 5 (insbesondere zum EU-Betrug, zum Kredit-, Scheck- und Wechselbetrug und zu anderen Betrugsarten im Bankenbereich, Kapitalanlagebetrug, illegaler Beschäftigung und Betrug im Bereich des Gesundheitswesens). In dem letzteren Werk findet sich S. 335 ff auch eine Aufstellung öffentlicher und privater Institutionen, mit denen die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung von (Wirtschafts-)Betrug zusammenarbeiten sollten. Zu typischen Fehlern bei Ermittlungen wegen Betruges Peters Fehlerquellen im Strafprozess Bd. 2 (1972) S. 201 f.

§ 263a Computerbetrug (1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 263 Abs. 2 bis 7 gilt entsprechend. (3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 149 Abs. 2 und 3 entsprechend. Schrifttum Literatur zum Computerbetrug. Abu-Zeitoun Die Computerdelikte im deutschen Recht (2005); Achenbach Die „kleine Münze“ des sog. Computer-Strafrechts – Zur Strafbarkeit des Leerspielens von Geldspielautomaten, Jura 1991 225; Altenhain Der strafbare Mißbrauch kartengestützter elektronischer Zahlungssysteme, JZ 1997 752; Arloth Computerstrafrecht und Leerspielen von Geldspielautomaten, Jura 1996 354; ders. Leerspielen von Geldspielautomaten – Ein Beitrag zur Struktur des Computerbetrugs, CR 1996 359; Bär Wardriver und andere Lauscher – Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit WLAN, MMR 2005 434; Baier Konsequenzen für das Strafrecht bei Abschaffung des Euroscheckverkehrs, ZRP 2001 454; Bandekow Strafbarer Mißbrauch des elektronischen Zahlungsverkehrs (1989); R. Baumann/Bühler Strafrecht – Die Bankomat-Kriminellen, JuS 1989 49; Beck/Dornis „Phishing“ im Marken(straf)recht, CR 2007 642; Berghaus § 263a StGB und der Codekartenmißbrauch durch den Kontoinhaber selbst, JuS 1990 981; Bernsau Der Scheck- und Kreditkartenmißbrauch durch den berechtigten Karteninhaber (1990); Beucher/Engels Harmonisierung des Rechtsschutzes verschlüsselter Pay-TV-Dienste gegen Piraterieakte, CR 1998 101; Bieber Rechtsprobleme des ec-Geldautomatensystems, WM 1987 Beil. Nr. 6; Bieber Noch einmal Strafrecht – Die Bankomat-Kriminellen, JuS 1989 475; Brand Missbrauch eines Geldausgabeautomaten durch den berechtigten EC-Karteninhaber, JR 2008 496; Bühler Die strafrechtliche Erfassung des Mißbrauchs von Geldautomaten (1995); Bühler Ein Versuch, Computerkriminellen das Handwerk zu

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§ 263a

legen, MDR 1987 448; Bühler Zum Konkurrenzverhältnis zwischen § 263a StGB und § 266b StGB beim Scheck- und Kreditkartenmißbrauch, MDR 1989 22; Bühler Geldspielautomatenmißbrauch und Computerstrafrecht, MDR 1991 14; Bühler Manipulation von Geldspielautomaten, wistra 1994 256; Buermeyer Der strafrechtliche Schutz drahtloser Computernetzwerke (WLANs), HRRS 2004 285; Buggisch Dialer-Programme – Strafrechtliche Bewertung eines aktuellen Problems, NStZ 2002 178; Busch/Giessler SIM-Lock und Prepaid-Bundles – Strafbarkeit bei Manipulationen, MMR 2001 586; Dannecker Neuere Entwicklungen im Bereich der Computerkriminalität – Aktuelle Erscheinungsformen und Anforderungen an eine effektive Bekämpfung, BB 1996 1285; Dressel Strafbarkeit von Piraterie-Angriffen gegen Zugangsberechtigungssysteme von Pay-TV-Anbietern, MMR 1999 390; Duttge Vorbereitung eines Computerbetruges: Auf dem Weg zu einem „grenzenlosen“ Strafrecht, Festschrift Weber (2004) 285; Eck Die neuen Straftatbestände zur Bekämpfung der Computerkriminalität und ihre Bedeutung für die Datendienste der Deutschen Bundespost, ArchPF 1987 105; Ehrlicher Der Bankomatenmißbrauch – Seine Erscheinungsformen und seine Bekämpfung (1989); Eisele/ Fad Strafrechtliche Verantwortlichkeit beim Missbrauch kartengestützter Zahlungssysteme, Jura 2002 305; Engelhard Computerkriminalität und deren Bekämpfung durch strafrechtliche Reformen, DVR 1985 165; Etter Noch einmal: Systematisches Entleeren von Glückspielautomaten, CR 1988 1021; ders. Neuere Rechtsprechung zu § 263a StGB – Versuch einer systematischen Einordnung, CR 1991 484; Fest/Simon Examensrelevante Grundlagen des Bankrechts im Besonderen Teil des StGB, JuS 2009 798; Frank „You’ve got (Spam-)Mail“. Zur Strafbarkeit von E-Mail-Werbung, CR 2004 123; Frey Computerkriminalität in eigentums- und vermögensstrafrechtlicher Sicht (1987); Fülling/Rath Internet-Dialer – Eine strafrechtliche Untersuchung, JuS 2005 598; Füllkrug Manipuliertes Glück – Spiele an Geldspielautomaten, Kriminalistik 1988 587; Gercke Ist die Mehrfachnutzung kostenloser Internettestzugänge strafbar? ZUM 2001 567; Gercke Die Strafbarkeit von „Phishing“ und Identitätsdiebstahl, CR 2005 606; Gercke/Brunst Praxishandbuch Internetstrafrecht (2009); Geßler Kapitalanlagebetrug und Computerbetrug nach dem 2. WiKG, Kriminalist 1986 519; Goeckenjan Gefälschte Banküberweisung: Betrug, Computerbetrug oder Ausnutzung einer Strafbarkeitslücke? JA 2006 758; dies. Phishing von Zugangsdaten für Online-Bankdienste und deren Verwertung, wistra 2008 128; Gogger Die Erfassung des Scheck-, Kredit- und Codekartenmißbrauchs nach Einführung der §§ 263a, 266b StGB durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1995); Gutiérrez Francés Fraude informático y estafa (Madrid 1991); Haft Das neue Computer-Strafrecht, DSWR 1986 255; Haß Der strafrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in: Lehmann (Hrsg.) Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. (1993) 467; Haurand/Vahle Computerkriminalität, RDV 1990 128; Hecker Die Strafbarkeit des Ablistens oder Abnötigens der persönlichen Geheimnummer, JA 1998 300; Hecker Herstellung, Verkauf, Erwerb und Verwendung manipulierter Telefonkarten, JA 2004 762; Hefendehl Strafrechtliche Probleme beim Herstellen, beim Vertrieb und bei der Verwendung von wiederaufladbaren Telefonkartensimulatoren, NStZ 2000 348; Heger Fünf Jahre §§ 152a Abs. 2, 263a Abs. 3 StGB: Ein Plädoyer für die Korrektur handwerklicher Mängel bei der innerstaatlichen Umsetzung von EU-Vorgaben, ZIS 2008 496; Heghmanns Strafbarkeit des „Phishing“ von Bankkontendaten und ihre Verwertung, wistra 2007 167; Hellmann Zur Strafbarkeit der Entwendung von Pfandleergut und der Rückgabe dieses Leerguts unter Verwendung eines Automaten, JuS 2001 353; Hilgendorf Grundfälle zum Computerstrafrecht, JuS 1996 509, 702, 890, 1082, 1997 130, 323; ders. Scheckkartenmißbrauch und Computerbetrug – OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1998, 137, JuS 1999 542; Hilgendorf/Frank/Valerius Computerund Internetstrafrecht (2005); Huff Die Strafbarkeit im Zusammenhang mit Geldautomaten, NStZ 1985 438; Huff Strafbarkeit der mißbräuchlichen Geldautomatenbenutzung durch den Kontoinhaber, NJW 1986 902; Huff Die mißbräuchliche Benutzung von Geldautomaten, NJW 1987 815; Husemann Die Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch das 35. Strafrechtsänderungsgesetz, NJW 2004 104; Jungwirth Diebstahlsvarianten im Zusammenhang mit Geldausgabeautomaten, MDR 1987 537; Kempny Überblick zu den Geldkartendelikten, JuS 2007 1084; Kindhäuser Der Computerbetrug (§ 263a StGB) – ein Betrug? Festschrift Grünwald (1999) 285; Kleb-Braun Codekartenmißbrauch und Sparbuchfälle aus „Volljuristischer“ Sicht, JA 1986 249; Kögel Die Strafbarkeit des „Finanzagenten“ bei vorangegangenem Computerbetrug durch „Phishing“, wistra 2007 206; Kraatz Der Computerbetrug (§ 263a StGB), Jura 2010 36; Kudlich Mit Tesafilm zum Reichtum: Missbrauch eines Geldwechselautomaten – OLG Düsseldorf, NJW 2000, 158, JuS 2001 20; Kudlich Computerbetrug und Scheckkartenmissbrauch durch den berechtigten Kar-

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teninhaber – BGH, NJW 2002, 905, JuS 2003 537; Lackner Zum Stellenwert der Gesetzestechnik – Dargestellt an einem Beispiel aus dem Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Festschrift Tröndle (1989) 41; Lampe Die strafrechtliche Behandlung der sog. Computer-Kriminalität, GA 1975 1; Lampe Erfordert die Bekämpfung der sogenannten Computerkriminalität neue strafrechtliche Tatbestände? in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Bd. XII (1977), Anlage 3 (zit.: Tagungsberichte Bd. XII Anl. 3); Lenckner Computerkriminalität und Vermögensdelikte (1981); Lenckner/ Winkelbauer Strafrechtliche Probleme im modernen Zahlungsverkehr, wistra 1984 83; Lenckner/ Winkelbauer Computerkriminalität – Möglichkeiten und Grenzen des 2. WiKG, CR 1986 654; Löhnig Unberechtigte Bargeldabhebung mit eurocheque-Karte und Geheimnummer an defektem Geldautomaten, JR 1999 362; Meier Strafbarkeit des Bankomatenmißbrauchs, JuS 1992 1017; Meurer Die Bekämpfung der Computerkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, Festschrift Kitagawa (1992) 971; Mitsch Die Verwendung einer Codekarte durch einen Nichtberechtigten als Diebstahl – AG Kulmbach, NJW 1985, 22, JuS 1986 767; Mitsch Strafbare Überlistung eines Geldspielautomaten – OLG Celle, NJW 1997, 1518, JuS 1998 307; Möhrenschlager Das neue Computerstrafrecht, wistra 1986 128; Möhrenschlager Computerstraftaten und ihre Bekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland, wistra 1991 321; Mühlbauer Die Betrugsähnlichkeit des § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB anhand der „Geschäftsgrundlagen“ beim Geldautomatengebrauch, wistra 2003 244; Mühlbauer Ablisten und Verwenden von Geldautomatenkarten als Betrug und Computerbetrug, NStZ 2003 650; Münker Der Computerbetrug im automatischen Mahnverfahren, Diss. Freiburg 2000; Neuheuser Die Strafbarkeit des Bereithaltens und Weiterleitens des durch „Phishing“ erlangten Geldes, NStZ 2008 492; Neumann Leerspielen von Geldspielautomaten – Diebstahl und Computerbetrug, CR 1989 717; Neumann Unfaires Spielen am Geldspielautomat – OLG Celle, NStZ 1989, 367, JuS 1990 535; Otto Zum Bankomatenmißbrauch nach Inkrafttreten des 2. WiKG, JR 1987 221; Otto Examinatorium: Probleme des Computerbetrugs, Jura 1993 612; Paul Gezinkte Karten – Über die vielen Möglichkeiten des Kreditkartenmißbrauchs, NJW-CoR 1994 284; Picotti I reati informatici (Padua 1998); Popp „Phishing“, „Pharming“ und das Strafrecht, MMR 2006 84; Popp Informationstechnologie und Strafrecht, JuS 2011 385; Radtke Aktive Mitwirkungspflichten und die „freiwillige“ aktive Mitwirkung des Betroffenen bei dem Zugriff auf elektronisch gespeicherte Daten im Strafprozess, Festschrift Meyer-Goßner (2001) 321; Ranft Der Bankomatenmißbrauch, wistra 1987 79; Ranft Zur „betrugsnahen“ Auslegung des § 263a StGB, NJW 1994 2574; ders. „Leerspielen“ von Glücksspielautomaten – BGHSt 40, 331, JuS 1997 19; Richter Computerkriminalität und Strafrecht, in Handbuch der modernen Datenverarbeitung (HMD) H. 146 (1989) 76; Richter Mißbräuchliche Benutzung von Geldautomaten – Verwendung duplizierter und manipulierter Euroscheckkarten, CR 1989 303; Richter Strafbarer Mißbrauch des Btx-Systems, CR 1991 361; Rohner Computerkriminalität (Zürich 1976); Rossa Mißbrauch beim electronic cash – Eine strafrechtliche Bewertung, CR 1997 219; Sarzana Informatica e diritto penale (Mailand 1994); Sasdi Strafbarkeit der Funktionserweiterung technischer Geräte. Eine Untersuchung des strafrechtlichen Schutzes für das Geschäftsmodell der PrepaidPakete, CR 2005 235; Scheffler Einsatz einer Pay-TV Piraten-SmartCard – strafrechtliche Würdigung, CR 2002 151; Scheffler/Dressel „Unbefugtes“ Verwenden von Daten beim Computerbetrug, NJW 2000 2645; Scheu/Kohler Der Strafrechtsschutz beim Mißbrauch von computergesteuerten Geldspielautomaten, Der Münzautomat 1987 56; Schirmbacher/Ihmor Affiliate-Werbung – Geschäftsmodell, Vertragsgestaltung und Haftung, CR 2009 245; Schlüchter Zweckentfremdung von Geldspielgeräten durch Computermanipulationen, NStZ 1988 53; Schlüchter Entschlüsselte Spielprogramme: Schutz für elektronisch gespeicherte geistige Inhalte, CR 1991 105; Schlüchter Bankomatenmißbrauch mit Scheckkarten-Blanketten, JR 1993 493; Schmid Computer- sowie Check- und Kreditkarten-Kriminalität (Zürich 1994); Schmidt Rechtsprechungsübersicht: „Leerspielen“ eines Geldautomaten, JuS 1995 557; Schmitt Strafrechtliche Probleme als Folge von Neuerungen im Bankwesen, Jura 1987 640; Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck Das (zivilrechtliche) Mysterium des Flaschenpfandes – strafrechtlich betrachtet, Jura 2006 821; Schnabel Telefon-, Geld-, Prepaid-Karte und Sparcard, NStZ 2005 18; Schönauer Zur Bedeutung der Programmgestaltung im Rahmen des Computerbetruges, wistra 2008 445; Schulz Rechtsprechung Strafrecht: Computerbetrug, JA 1995 538; Schulz/Tscherwinka Probleme des Codekartemißbrauchs, JA 1991 119; Schulze-Heiming Der strafrechtliche Schutz der Computerdaten gegen die Angriffsformen der Spionage, Sabotage und des Zeitdiebstahls (1995); Seidl/Fuchs Die Strafbarkeit des Phishing nach Inkrafttreten des 41. Straf-

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Computerbetrug

§ 263a

rechtsänderungsgesetzes, HRRS 2010 85; Seidl/Fuchs Zur Strafbarkeit des sog. „Skimmings“, HRRS 2011 265; Sieber Computerkriminalität und Strafrecht, 2. Aufl. (1980); Sieber Informationstechnologie und Strafrechtsreform: Zur Reichweite des künftigen 2. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1985); Sieber The International Handbook on Computer Crime – Computer-related Economic Crime and the Infringements of Privacy (1986); Sieber Der strafrechtliche Schutz der Information, ZStW 103 (1991) 779; Sieg Strafrechtlicher Schutz gegen Computerkriminalität, Jura 1986 352; Sonnen Wegnahme und Mißbrauch einer codierten eurocheque-Karte, JA 1988 461; Spahn Wegnahme und Mißbrauch codierter Scheckkarten nach altem und neuem Recht, Jura 1989 513; Steinhilper Ist die Bedienung von Bargeldautomaten unter mißbräuchlicher Verwendung fremder Codekarten strafbar? GA 1985 114; Steinke Kriminalität durch Beeinflussung von Rechnerabläufen, NStZ 1984 295; Steinke Mit kleinen Karten an das große Geld – Neue Strafvorschriften zum Schutz gegen moderne Fälscher, Kriminalistik 1987 62; Steinke Verbrecher am Rechner – Was bringen die Gesetze gegen Computer-Kriminalität? Kriminalistik 1987 73; Steinke Dem Glück auf die Sprünge geholfen – Überlistung computerisierter Spielautomaten, Kriminalistik 1988 565; Stuckenberg Zur Strafbarkeit von „Phishing“, ZStW 118 (2006) 878; Thaeter Die unendliche Geschichte „Codekarte“, JA 1988 547; Thaeter Zur Struktur des Codekartenmißbrauchs, wistra 1988 339; Tiedemann Computerkriminalität und Mißbrauch von Bankomaten, WM 1983 1326; Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber, JZ 1986 865; Tiedemann Die deutsche Strafrechtsregelung zur Erfassung der Computerkriminalität im internationalen Vergleich, Gedächtnisschrift Fernández Albor (Santiago de Compostela 1989) 689; Tiedemann Computerkriminalität und Strafrecht, Festschrift Kaiser (1998) 1373; Valerius Täuschungen im modernen Zahlungsverkehr (Teil 2) JA 2007 778; Vassilaki Computer-Strafrecht (2005); U. Weber Konkurrenzprobleme bei der strafrechtlichen Erfassung der Euroscheck- und Euroscheckkartenkriminalität durch das 2. WiKG, Gedächtnisschrift Küchenhoff (1987) 485; U. Weber Probleme der strafrechtlichen Erfassung des Euroscheck- und Euroscheckkartenmißbrauchs nach Inkrafttreten des 2. WiKG, JZ 1987 215; U. Weber Aktuelle Probleme bei der Anwendung des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Festschrift Krause (1990) 427; Westpfahl Strafbarkeit des systematischen Entleerens von Glücksspielautomaten, CR 1987 515; Yoo Codekartenmißbrauch am POS-Kassen-System: Strafrechtliche Überlegungen zur Computerkriminalität (1997); Zahn Die Betrugsähnlichkeit des Computerbetrugs (2000). Vgl. ferner das Schrifttum zu § 263. Einschlägige außerstrafrechtliche Literatur (Auswahl). Betzel Sicherung des Rechnungswesens (1974); Bschorr Computerkriminalität: Gefahr und Abwehr (1987); Burhenne/Perband EDV-Recht (Stand: 2011); Grosch/Liebl Computerkriminalität (1994); Jaeger Computerkriminalität, 2. Aufl. (1998); Kersten Sicherheit in der Informationstechnik, 2. Aufl. (1995); Kilian/Heussen (Hrsg.) Computerrechts-Handbuch – Informationstechnologie in der Rechts- und Wirtschaftspraxis (Stand: Februar 2011); Poerting/Pott Computerkriminalität – Ausmaß, Bedrohungspotential, Abwehrmöglichkeiten (1986); Rossa Mißbrauch beim electronic cash – Eine zivilrechtliche Bewertung, CR 1997 138; Schultz Computerkriminalität (1993); Sieber Informationsrecht und Recht der Informationstechnik, NJW 1989 2569; Sieber Computerkriminalität und Informationsstrafrecht, CR 1995 100; Zimmerli/Liebl (Hrsg.) Computermißbrauch – Computersicherheit (1984).

Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde eingefügt durch Art. 1 Nr. 9 des 2. WiKG vom 15.5.1986 (BGBl. I 721) und trat zum 1.8.1986 in Kraft. Absatz 2 wurde durch Art. 1 Nr. 59 des 6. StrRG vom 26.1.1998 (BGBl. I 164) zum 1.4.1998 redaktionell angepasst, da mit demselben Gesetz der Betrug in § 263 Abs. 3 geändert und um benannte Regelbeispiele erweitert sowie um weitere Regelungen in § 263 Abs. 5 (Qualifikation des gewerbsmäßigen Bandenbetruges) und Abs. 7 (Verweis auf den – mittlerweile für nichtig erklärten – § 43a zur Vermögensstrafe und auf den Erweiterten Verfall) ergänzt wurde. § 263a Abs. 3 und 4 beruhen auf Art. 1 Nr. 10 des 35. StrÄndG vom 22.12.2003 (BGBl. I 2838). Die Änderungen dienten der Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 2. SpStr. des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 28.5.2001 zur Bekämpfung von

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Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (ABl. EG Nr. L 149, 1) und traten zum 28.12.2003 in Kraft. Gesetzesmaterialien Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG), BTDrucks. 10/5058 (zit.: Beschlußempfehlung); Bundesminister der Justiz (Hrsg.) Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Bd. XII (1977) (zit.: Tagungsberichte Bd. XII); Protokolle der Sitzungen des Rechtsausschusses, Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Stenographischer Dienst, 26. Sitzung (zit.: Prot.); Regierungsentwurf (RegE) eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BTDrucks. 10/318 = BRDrucks. 219/82 und BRDrucks. 150/83. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Fünfunddreißigsten Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (35. StrÄndG), BTDrucks. 15/1720; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 15/2046.

Übersicht Rdn. I. Kriminalpolitischer Hintergrund und praktische Bedeutung; Auslandsrechte . II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes . . . . . III. Täterkreis

1 13

. . . . . . . . . . . . . . .

18

IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand 1. Daten und Datenverarbeitung . . . . a) Begriff der Daten . . . . . . . . . b) Begriff der Datenverarbeitung . . . 2. Die Tathandlungen und ihr Erfolg . . a) Wurzeln der Handlungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis der vier Tathandlungen c) Zwischenerfolg der Beeinflussung . d) Unrichtige Programmgestaltung (1. Var.) . . . . . . . . . . . . . . e) Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten (2. Var.) . . . f) Unbefugte Verwendung von Daten (3. Var.) . . . . . . . . . . . . . . aa) Missbrauch von ec-Bankautomaten . . . . . . . . . . bb) Missbräuche im bargeldlosen Zahlungsverkehr . . . . . . . cc) Missbrauch von Wertkarten . . dd) Missbrauch von OnlineSystemen (Homebanking und Leistungserschleichung, elektronische Märkte) . . . . . . . . ee) Missbrauch von Telekommunikationsnetzen („Phreaking“) und sog. Zeitdiebstahl . . . . . ff) Missbräuchliches Leerspielen von Geldspielautomaten . . . g) Unbefugte Einwirkung auf den Ablauf (4. Var.) . . . . . . . . . .

19 19 20 22 23

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23 24 26 27 32 40 47 52 55

56

59 61 62

Rdn. h) Begehung durch Unterlassen . . . i) Beeinflussung des Ergebnisses . . . j) Vermögensbeschädigung . . . . . V. Vorsatz und Absicht . . . 1. Vorsatz . . . . . . . 2. Irrtumsfälle . . . . . 3. Bereicherungsabsicht

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

64 65 70

. . . .

72 72 75 76

. . .

77 77 79

. . . . . .

80 81 82 86 91 92

VII. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . 1. Innerhalb des § 263a . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Tatbeständen .

93 93 95

VIII. Internationales Strafrecht . . . . . . . .

101

VI. Vollendung und Beendigung, Versuch und Vorbereitungshandlungen . . . . 1. Vollendung und Beendigung der Tat 2. Versuch . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbereitungshandlungen (Absätze 3 und 4) . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektiver Tatbestand . . . . . aa) Tatgegenstand . . . . . . . . bb) Tathandlungen . . . . . . . b) Subjektiver Tatbestand . . . . . c) Tätige Reue . . . . . . . . . . .

IX. Strafantrag, Strafverfolgung, Strafzumessung (Absatz 2) . . . . . . . . . 1. Strafantrag . . . . . . . . . . . . 2. Strafverfolgung . . . . . . . . . 3. Strafzumessung . . . . . . . . .

. . . .

103 103 104 106

X. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auszug aus den Bedingungen für die girocard . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auszug aus der Vereinbarung über ein institutsübergreifendes System zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic-cash-System) . . .

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. . . .

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I. Kriminalpolitischer Hintergrund und praktische Bedeutung; Auslandsrechte Der Straftatbestand wurde durch das 2. WiKG vom 15.5.1986 (BGBl. I 721) ein- 1 geführt, das zusammen mit weiteren Änderungen (vgl. Tiedemann LK Rdn. 7 und 12 Vor §§ 263 ff) das sog. Computerstrafrecht in das StGB einstellte. Dieses betrifft neben dem durch § 263a geschaffenen Vermögensschutz vor allem den Schutz der Sicherheit des Beweisverkehrs mit Daten (§ 269), aber auch den Bestand und die Verwendbarkeit (vgl. §§ 303a, 303b) sowie seit dem 41. StrÄndG vom 7.8.2007 (BGBl. I 1786) die Geheimhaltung von Daten (§§ 202a–202c). Für die letztgenannten Tatbestände wird der Datenbegriff durch § 202a Abs. 2 im Sinne elektronischer, magnetischer oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbarer Speicherung oder Übermittlung legaliter definiert. Eine entsprechende Definition fehlt für § 263a, allerdings ausweislich der Entstehungsgeschichte lediglich deshalb, weil hier die Manipulation nicht nur an bereits gespeicherten Daten begangen wird, sondern als sog. Eingabe- oder Input-Manipulation auch erst unrichtige Daten in das Verarbeitungssystem eingespeist werden (BTDrucks. 10/5058 S. 30). Bei § 263a (und § 269) werden daher Daten weitergehend als kodierte oder kodierbare (verschlüsselbare) Informationen verstanden (näher und krit. unten Rdn. 19 ff). Die bereits durch § 202a Abs. 2 nahegelegte Weite des Datenbegriffs führt in der Literatur zunehmend zu einer Ausweitung des „klassischen“ Begriffs des Computer- oder (E)DV-Strafrechts zum sog. Informationsstrafrecht (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 494 mit Nachw.), das zum Teil noch mit dem „Kommunikationsstrafrecht“ zusammengefasst wird; entsprechend wird im neueren kriminologischen Sprachgebrauch der Begriff „Computer- oder (E)DV-Kriminalität“ durch „IuK“-(Informations- und Kommunikations-)Kriminalität ersetzt.1 Jedoch meint § 263a hauptsächlich Systeme der (elektronischen) Datenverarbeitung und schließt rein mechanisch wirkende Geräte aus, da sonst § 265a funktionslos würde (unten Rdn. 22). Auch wird die Telekommunikation mittels Netzen, die öffentlichen Zwecken dienen, also die Gesamtheit der öffentlichen Datenübertragungssysteme, von § 265a 2. Var. geschützt (Tiedemann LK § 265a Rdn. 24 mit Nachw.), soweit es um die Erbringung der Leistung der Nachrichtenübermittlung geht (näher unten Rdn. 59). Es erscheint daher vorzugswürdig, § 263a weiterhin – mit seiner Überschrift – als Computerbetrug zu bezeichnen und so auf den Einsatz von DV-Systemen zum Zwecke rechtswidriger Erlangung von Vermögensvorteilen, die durch diese Systeme vermittelt werden, abzustellen. Ebenso werden die zugehörigen kriminologischen Erscheinungsformen im Folgenden weiterhin als Computer- oder DV-Kriminalität bezeichnet. Diese Terminologie hat rechtlich zugleich den Vorteil, dass nicht die Information und Kommunikation, sondern das Vermögen als geschütztes Rechtsgut erscheint (näher dazu unten Rdn. 13 ff). Die Notwendigkeit zur Einführung des § 263a ergab sich aus dem zunehmenden Ein- 2 satz von Datenverarbeitungssystemen in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung, insbesondere zwecks Abwicklung des Zahlungsverkehrs bei Banken und der Abrechnungsvorgänge bei Versicherungen (vgl. bereits Sieber Computerkriminalität S. 16 ff). Derartige Systeme machen menschliche Entscheidungsprozesse ganz oder teilweise überflüssig und entscheiden automatisch, nämlich „selbsttätig“ (vgl. AE § 202 Abs. 1). Ähnlich wie bei den mechanischen Leistungsautomaten (und den massenhaften Verkehrs1

Bundeskriminalamt (Hrsg.) Kernaussagen zur IuK-Kriminalität 2008; Gruhl in MüllerGugenberger/Bieneck § 42 Rdn. 7; Sieber

ZStW 103 (1991) 779 (786 ff) und NJW 1989 2569 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 494 m.w.N.

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leistungen) nach § 265a (dazu Tiedemann LK § 265a Rdn. 1 ff) führt das Fehlen von entscheidungsbefugten oder Kontroll-Personen dazu, dass der allgemeine Betrugstatbestand nicht einzugreifen vermag, da dieser eine Täuschung und den Irrtum eines Menschen, also einen psychologischen Sachverhalt voraussetzt, der kausal zu einer Vermögensverfügung des Irrenden führen muss. Dabei kann im Einzelnen zumindest zweifelhaft sein, inwieweit bei fehlender Entscheidungsmacht die bloße Kontrolltätigkeit natürlicher Personen noch eine Vermögensverfügung i.S.d. § 263 darstellt, wenn nur Formalien geprüft oder nur Stichproben vorgenommen werden (BTDrucks. 10/318 S. 18 f). Vor allem im Hinblick auf das von der ganz h.M. anerkannte Irrtumserfordernis bei § 263 ging es damit um die Schließung einer echten Gesetzeslücke,2 während andere gesetzgeberische Neuerungen des (1. und des) 2. WiKG eher auf einer Neubewertung von Schutzinteressen beruhten und mehr praktisch als theoretisch bestehende Schwächen des allgemeinen Betrugstatbestandes ausgleichen sollten (vgl. Tiedemann LK Rdn. 2 ff Vor §§ 263 ff). – Die Eigentumsstraftatbestände (§§ 242 ff) vermögen die beim Betrugstatbestand offenkundige Lücke in der Regel nicht zu schließen, da Computermanipulationen häufig nichtkörperliche Tatobjekte wie Buch-(Giral-)Gelder, Geschäftsgeheimnisse, know-how oder sonstige Informationen betreffen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 499; ders. WM 1983 1328 f) und diese entgegen Haft (DSWR 1979 46 und 1986 256) selbst im Wege extensiver Auslegung nicht mehr unter den Sachbegriff des StGB gebracht werden können (Tiedemann GedS Fernández Albor S. 708; vgl. auch BVerfGE 92 1, 16 f). Auch der Tatbestand der Untreue (§ 266) scheidet für Datentypisten, Programmierer, Operatoren sowie für betriebsfremde Personen in aller Regel bereits deshalb aus, weil es insoweit an der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit wirtschaftlichen Handelns sowie der Verpflichtungs- oder Verfügungsbefugnis fehlt (Schünemann LK § 266 Rdn. 136; Tiedemann WM 1983 1330). Im Zuge der weiteren technischen Entwicklung dürfte sich vor allem mit der Ausbreitung von Onlinebanking, Onlineshopping usw. sowie weiterer Nutzungsmöglichkeiten des Internets und sonstiger Computernetze eine weitere Zunahme des Kreises externer Täter ergeben. Die Entwicklung hängt nach Einführung verschlüsselter digitaler Signaturen vor allem von sonstigen Fragen gesteigerter Sicherheit der Informationstechnik ab (siehe schon Tiedemann FS Kaiser S. 1376 ff). Die Gesetz gewordene Fassung geht auf die Empfehlungen der Sachverständigenkom3 mission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität aus dem Jahre 1976 zurück (BTDrucks. 10/318 S. 17) und lässt sich von der Überlegung leiten, dass umfassende wirtschaftsrechtliche Regelungen präventiver Art für die betroffenen Wirtschaftskreise nicht akzeptabel sind, da sie die wirtschaftliche Tätigkeit unangemessen (und schwerer als durch Schaffung von Straftatbeständen) einengen könnten (BTDrucks. 10/318 S. 16). Diese Sicht des ultima ratio-Prinzips durch den RegE (und Tiedemann Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht [1969] S. 145) hat die Zustimmung u.a. des XIII. Internatio2

Begr. RegE BTDrucks. 10/318 S. 18 f; Beschlussempfehlung BTDrucks. 10/5058 S. 29; BGHSt 47 160, 162; 51 356, 364; Arloth CR 1996 363 f; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 26 f; Berghaus JuS 1990 982; Bühler S. 71, 83 f, 97; Cramer JZ 1992 1032; Duttge HK-GS Rdn. 2; Fischer Rdn. 2; Frommel JuS 1987 667; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Gruhl in Müller-Gugenberger/Bieneck § 42 Rdn. 62; Haurand/Vahle RDV 1990 132; Hilgendorf SSW Rdn. 2; Kindhäuser NK

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Rdn. 2; Krey/Hellmann Rdn. 512d; Lackner/ Kühl Rdn. 2; Lenckner Computerkriminalität S. 26, 34; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 654; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 227; Otto BT § 52 Rdn. 28, JR 1987 225 und Jura 1993 612; Ranft NJW 1994 2574; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 1; Sieber Informationstechnologie S. 36 f; Tiedemann WM 1983 1329 f und JZ 1986 869; A. Weber WM 1986 1134 f; Wessels/Hillenkamp Rdn. 601; Wohlers MK Rdn. 1.

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nalen Strafrechtskongresses 1984 gefunden.3 – Entsprechend den Empfehlungen der Kommission (Tagungsberichte Bd. XII S. 76 ff) und dem Vorschlag des RegE (BTDrucks. 10/318) knüpft der Straftatbestand mit seiner ersten und zweiten Variante an kriminologische Einteilungen, nämlich an Programm- und Input-Manipulationen an (BTDrucks. 10/318 S. 18 f; 10/5058 S. 30). Insoweit hat der RegE durch die parlamentarischen Beratungen keine Veränderung erfahren. Die heutige vierte Variante („sonst unbefugte Einwirkung auf den Ablauf“ des DV-Vorgangs) war – ohne das Merkmal „unbefugt“ und unter Bezugnahme nur auf den Ablauf des Programms – ebenfalls bereits im RegE enthalten; mit der Gesetz gewordenen Formulierung sollten neue Manipulationstechniken, z.B. Einwirkungen auf den maschinellen Ablauf oder zeitlichen Verlauf, auf den Datenfluss, vor allem auch Konsol- und Hardware-Manipulationen erfasst werden (BTDrucks. 10/5058 S. 30). Neu eingefügt wurde im Gesetzgebungsverfahren schließlich als dritte Tatbestandsvariante die „unbefugte Verwendung von Daten“. Mit ihr sollten wegen Zweifeln, ob insoweit eine Verwendung „unrichtiger“ Daten vorliegt, vor allem der Missbrauch von Geldautomaten (Bankomaten) und die unbefugte Benutzung eines fremden Anschlusses an das Bildschirmtextsystem (Btx-System) inkriminiert werden (BTDrucks. 10/5058 S. 30). – Mit diesen Ausweitungen ist allerdings die zunächst im Anschluss an die Vorschläge der Kommission vom RegE gewollte enge Anlehnung des § 263a an den Tatbestand des Betruges und der alleinige Zweck der Schließung von Lücken, die bei Anwendung des Betrugstatbestandes aufträten (BTDrucks. 10/318 S. 19), aufgegeben worden. Um eine strikte Anbindung an § 263 sicherzustellen und um eine ungewisse Ausdehnung der Strafbarkeit zu vermeiden, war zuvor in der Literatur vorgeschlagen worden, anstelle der Schaffung eines neuen Sondertatbestandes nur § 263 selbst zu ergänzen.4 Diesem Vorschlag ist der Gesetzgeber im Wesentlichen deshalb nicht gefolgt, weil neben dem zentralen Irrtumserfordernis auch andere personenbezogene Merkmale des § 263 bei Anwendung auf Computerhandeln einer teilweise anderen Interpretation als bei menschlicher Tätigkeit bedürfen (BTDrucks. 10/5058 S. 30): So „entspricht“ der Verfügung nach § 263 bei § 263a der Datenverarbeitungsvorgang (Lenckner/Winkelbauer wistra 1984 88). Und bereits die „manipulative“ Tathandlung löst sich zumindest teilweise von dem Modell inhaltlich unrichtiger Kommunikation, wie es § 263 bei dem Täuschungserfordernis zugrunde liegt (vgl. näher unten Rdn. 16 und 44). Jedoch soll sich nach Ansicht des historischen Gesetzgebers die Auslegung des § 263a „zu dessen Eingrenzung an der Auslegung des § 263 StGB … orientieren“ (BTDrucks. 10/5058 S. 30). Die Kritik an § 263a ist insoweit verstummt, als sie sich gegen die grundsätzliche 4 Notwendigkeit einer strafrechtlichen Sonderregelung des Computerbetruges5 richtete. Im Vordergrund stehen bis heute Bedenken und Zweifel, die vor allem unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Unbestimmtheit insbesondere der dritten Tatbestandsvariante,6 aber auch gegenüber der vierten Variante 7 geäußert werden. Insoweit hatten schon Lenckner/Winkelbauer (wistra 1984 87 f) bei ihrem Vorschlag, die einschlägige Lücke im Vermögensstrafrecht bei der „Verschiebung“ von Buchgeld durch Ergänzung

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Vgl. Tiedemann JZ 1986 866 und FS Stree/ Wessels S. 530 f; krit. Trendelenburg Ultima ratio? (2011) S. 172 ff m.w.N. Haft Prot. 26/164; Lenckner Computerkriminalität S. 46 ff; Sieber Informationstechnologie S. 37. So neben Haft Prot. 26/164 vor allem auch Tröndle bei Lenckner Computerkriminalität

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S. 24, 37 f; ferner Sieg Jura 1986 362; später Frey S. 183 ff. Zusammenfassend Kindhäuser NK Rdn. 19; Lackner/Kühl Rdn. 12 mit Nachw. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Duttge HK-GS Rdn. 22; Kindhäuser NK Rdn. 28; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16.

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des damaligen Entwurfs eines § 263a zu schließen, auf das Erfordernis hingewiesen, im Gesetz zusätzliche Kriterien anzuführen, um nicht jede Pflichtverletzung im Innenverhältnis zum Grund einer „unbefugten“ Datenverarbeitung zu erheben (zust. Schlüchter S. 89 f). Nachdem der Gesetzgeber diesem Rat nicht gefolgt ist, werden einschlägige Argumente und Kriterien in großer Zahl diskutiert (näher dazu unten Rdn. 40 ff). Mit der Tendenz und Anerkennung einer restriktiven Auslegung lassen sie im Ergebnis aber den Vorwurf eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG entfallen: 8 Die restriktive Normhandhabung zum Zwecke der Normerhaltung ist ein anerkanntes, wenn auch nicht unbestrittenes Mittel zur Vermeidung des Ergebnisses der Annahme von Normnichtigkeit wegen Unbestimmtheit (Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 38 ff, 186 ff m.w.N.). – Neuen Anlass zur Kritik gibt die Ausweitung der Strafbarkeit auf das Vorfeld des Computerbetruges durch die Einfügung der Absätze 3 und 4 durch das 35. StrÄndG vom 22.12.2003 (BGBl. I 2838). Der europäischen Vorgaben geschuldeten Sanktionierung von Vorbereitungshandlungen wird nicht zu Unrecht vorgehalten, dass sie „zu einer systematisch widersprüchlichen … und kriminologisch zweifelhaften Vorverlagerung des strafrechtlichen Vermögensschutzes“ führe (Fischer Rdn. 29; siehe auch Lackner/Kühl Rdn. 26a). Außerdem werden Bedenken in Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz (Duttge HKGS Rdn. 35; Wohlers MK Rdn. 68) sowie den „ultima ratio“-Charakter des Strafrechts geäußert (Duttge HK-GS Rdn. 35; ders. FS Weber S. 285, 294 ff; zustimmend Otto BT § 52 Rdn. 49). Hinzu treten Probleme bei der Anwendung der Norm, da sich der Zweck der tatgegenständlichen Computerprogramme entgegen der Annahme des Gesetzgebers nicht objektiv bestimmen lässt (siehe dazu Rdn. 83 ff). In kriminalpolitischer Hinsicht wird gerügt, dass § 263a insofern zu weit geht, als 5 bloße zivilrechtliche Vertragsverstöße berechtigter Kontoinhaber (bei Kontoüberziehung durch Benutzung von Bankomaten, vgl. unten Rdn. 51) in Frage stehen (vgl. bereits Tiedemann GedS Fernández Albor S. 701). Allerdings ist die Einbeziehung dieses als strafwürdig erachteten Falles (vgl. auch § 266b) vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt (Möhrenschlager wistra 1986 133; Tiedemann JZ 1986 869). Die Kritik weitet sich daher auch dahin aus, dass der Straftatbestand nicht einschränkend auf zumutbare Sicherungsvorkehrungen der Systembetreiber abstellt (vgl. nur Frey S. 283; Meurer FS Kitagawa S. 978), wie es z.B. Art. 148 schweizer. StGB hinsichtlich des Missbrauchs von Scheckund Kreditkarten vorsieht, wonach der Kartenaussteller und das Vertragsunternehmen „die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben“ müssen. Soweit damit viktimologische Gesichtspunkte eigenverantwortlichen Opferschutzes gemeint sind, kann für ihre Entkräftung auf Tiedemann LK § 265b Rdn. 7 mit Nachw. verwiesen werden. Speziell für § 263a geht es zu weit, bei Computermanipulationen im Vermögensbereich generell von einem hohen Opfer-Mitverschulden zu sprechen (so aber Sieg Jura 1986 362). Freilich ist es zutreffend, dass sich insbesondere die Hersteller von EDV-Anlagen umfassenden Sicherheitsauflagen des Gesetzgebers widersetzt haben (Sieber Computerkriminalität S. 33 f), die aber der RegE vor allem in Form vollständiger Doppelkontrollen aller Daten als unpraktikabel und unökonomisch eingeschätzt hat (BTDrucks. 10/318 S. 16, 18; vgl. bereits oben Rdn. 3). Soweit Sieber (Informationstechnologie S. 40 ff) im Gesetzgebungsverfahren hinreichende Sicherung gegen Missbrauch als Erfordernis des neuen Straftatbestandes forderte und hierfür „die Parallele

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BGHSt 38 120, 122 mit Nachw.; Berghaus JuS 1990 982; Bühler S. 130, 134; Cramer JZ 1992 1032; Ehrlicher S. 80 ff, 89; Hoyer SK Rdn. 6; Lackner/Kühl Rdn. 12; Schlüchter

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S. 94; U. Weber FS Krause S. 435; Wohlers MK Rdn. 8; krit. aber Haß in Lehmann XII Rdn. 16; aA Mitsch JR 1995 432; Thaeter JA 1988 551.

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Computerbetrug

§ 263a

zum bisherigen Betrugstatbestand“ anführte, ist zu bedenken, dass jedenfalls das deutsche Betrugsstrafrecht auch sorglose Opfer schützt (vgl. dazu Tiedemann Rdn. 35 ff Vor § 263). Gerade eine restringierend an § 263 angelehnte Fassung des § 263a (oben Rdn. 3) muss daher jedenfalls nicht zwingend engere Voraussetzungen der Strafbarkeit aufstellen, mögen solche auch für eine viktimodogmatische Auslegung diskutabel bleiben (vgl. unten Rdn. 45 und 51). Unter dogmatischen Aspekten wird vor allem bemängelt, dass die vom Gesetzgeber 6 historisch gewollte inhaltliche Anbindung an den allgemeinen Betrugstatbestand misslungen sei.9 Nach Ranft (NJW 1994 2574) war es „bereits im Ansatz ein gesetzgeberischer Fehlgriff“, eine Entsprechung zur Vermögensverfügung zu konstruieren, da es um einen Vermögensübergang „allein durch einen Zugriff“ des Täters gehe. Auch Otto (BT § 52 Rdn. 29) bemängelt, dass die betrugsprägenden Elemente der Täuschung und des Irrtums beim Computerbetrug fehlen und insoweit gerade keine Ähnlichkeit zwischen den Tatbeständen gegeben sei (zust. Dannecker BB 1996 1288). In ähnlichem, zugleich kriminalpolitisch ausgerichtetem Sinne hatte schon Sieg (Jura 1986 362) darauf hingewiesen, dass § 263a systemwidrig den Schutz des Vermögens gegen bestimmte Angriffsformen (List, Drohung, Vertrauensbruch) durch die bloße „Manipulierung der EDVAnlage“ ergänze. Auch Tiedemann (GedS Fernández Albor S. 708) hatte in einem internationalen Rechtsvergleich gefragt, ob die bloße Tatsache der DV-Speicherung „eine so besondere Schutzbedürftigkeit der Information begründet, wie es das Strafrecht erfordert“. Vor allem im praktischen Rechtsanwendungsvergleich zu § 266 wird deutlich, dass Täter unterhalb der für diesen Straftatbestand erforderlichen Schwelle besonderer Treupflichten durch § 263a erfasst werden, der damit eine Art „Computeruntreue“ darzustellen scheint.10 – Auf diese Bedenken und Hinweise, die nicht die Geltung, wohl aber die Legitimität und Einordnung des neuen Straftatbestandes in das Betrugssystem in Frage stellen, wird unten Rdn. 16 zurückzukommen sein. An dieser Stelle sei nur daran erinnert, dass auch andere Spezialtatbestände im Umfeld des Betruges nicht ohne Weiteres in das Betrugsstrafrecht passen, vor allem weil und soweit dieses Lücken schließt, die aus der Beschränkung des Eigentumsstrafrechts auf körperliche Gegenstände folgen (vgl. Tiedemann LK § 265a Rdn. 15 mit Nachw.). Ebenso sei schon hier erwähnt, dass der Reformgesetzgeber das Problem keineswegs übersehen hat: Der Bericht des Rechtsausschusses qualifiziert die Computermanipulation als neue, zusätzliche Angriffsform im System des Vermögensstrafrechts (BTDrucks. 10/5058 S. 30; näher unten Rdn. 13). Die praktische Bedeutung des § 263a ist beträchtlich. Innerhalb des Computerstraf- 7 rechts des StGB ist § 263a das häufigste Computerdelikt. So war 2010 schon ungefähr jeder vierter erfasster Fall an Computerkriminalität (23.612 von 84.377) ein Betrugsdelikt mittels rechtswidrig erlangter Debetkarten mit PIN, die daher in der Polizeilichen Kriminalstatistik (2010 S. 248 f) gesondert ausgewiesen und jedenfalls seit BGHSt 38 120 allein durch § 263a erfasst werden (vgl. unten Rdn. 47 ff). Zwar nimmt der prozentuale Anteil dieser Straftaten in den letzten Jahren stetig ab; dies ist allerdings einem Anstieg der insgesamt erfassten Fälle von Computerkriminalität geschuldet und nicht etwa einem erheblichen Rückgang dieser kriminellen Erscheinungsform in absoluten

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Frey S. 183 f; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 236 mit Nachw.; Ranft NJW 1994 2574; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 2; auch Kindhäuser FS Grünwald S. 285, 287 ff; Schlüchter S. 85 f. Vgl. ferner die Angaben im folgenden Haupttext.

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Lenckner/Winkelbauer wistra 1984 88; Sieber Informationstechnologie S. 40; auch Frommel JuS 1987 667; Schünemann LK § 266 Rdn. 136 und 208.

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Zahlen (2009: 23.163 von 74.911; 2008: 23.689 von 63.642; 2007: 25.348 von 62.944; 2006: 27.347 von 59.149). Dadurch wurde 2010 ein Schaden von fast 23 Millionen Euro verursacht (Polizeiliche Kriminalstatistik 2010, Anhang Tabelle 07), wobei im Einzelfall zumeist ein Schaden von 500 bis 2.500 EUR entstand. Darüber hinaus wurden 27.292 Fälle sonstigen Computerbetruges verzeichnet (2009: 22.963; 2008: 17.006; 2007: 16.274; 2006: 16.211), die somit ungefähr ein weiteres Viertel der gesamten Computerkriminalität ausmachen und 2010 einen Schaden von nahezu 47 Mio. Euro hervorriefen. Darunter befand sich noch bis zum Anfang der 1990er Jahre ein erheblicher Anteil von Geldspielautomatenmissbräuchen (Bühler S. 9; Möhrenschlager wistra 1991 322, je mit Nachw.), die aber wegen technischer Änderungen mittlerweile ihre Bedeutung verloren haben (Kindhäuser NK Rdn. 60). Inzwischen bilden der Missbrauch von sonstigen Magnetstreifenkarten (z.B. Tankkarten, Kunden- und Devisenkarten) und die Überwindung von SIM-Lock-Sperren zur illegalen Nutzung von Mobiltelefonen den Großteil solcher Delikte. Insgesamt wurden in den letzten Jahren demnach jeweils mehr als 40.000, 2010 sogar mehr als 50.000 Fälle des Computerbetruges registriert. Die Strafverfolgungsstatistik 2010 führt demgegenüber „nur“ 3.464 Aburteilungen wegen Computerbetruges an (2009: 3.324; 2008: 3.486; 2007: 3.484; 2006: 2.995), da der einschlägige Tatvorwurf nicht selten über § 154a StPO in Wegfall kommt. Nicht berücksichtigt sind 7.993 Betrugsfälle mit Zugangsberechtigungen zu Kommunikationsdiensten (2009: 7.205; 2008: 5.244; 2007: 5.998; 2006: 5.822; Schadenshöhe über 14 Mio. Euro), worunter sämtliche Übertragungen von Sprache/Ton, Texten und Bildern, unabhängig vom Übertragungsweg, verstanden werden (Polizeiliche Kriminalstatistik 2010 S. 13). Als Zugangsberechtigung dienen dabei Karten (z.B. Telefon- und Zugangsberechtigungskarten) und andere Zugangsdaten wie Passwörter. Dies betrifft vor allem den Missbrauch von Zugängen zum Internet (Accountmissbrauch) sowie die zum Nachteil von Telekommunikationsunternehmen oder ihrer Kunden erfolgenden Praktiken der Geldschöpfung, z.B. mittels Manipulationen des Telekommunikationsnetzes als Mittel zur Abrechnung kostspieliger Mehrwertdienste (siehe schon Dannecker BB 1996 1288: „neue Welle von Computermanipulationen“). Jedenfalls der Missbrauch von Telefonkarten fällt aber unter § 265a (Tiedemann LK § 265a Rdn. 43; näher zur strafrechtlichen Einordnung des sonstigen Missbrauchs von Telekommunikationsanlagen, dem sog. Phreaking, unten Rdn. 59) und ist daher nicht von der Statistik zu § 263a erfasst. Gleiches gilt für den Missbrauch von (gestohlenen oder gefälschten) Kreditkarten (Dannecker BB 1996 1288 mit Nachw.), der § 263 zuzuordnen bleibt (Tiedemann LK § 263 Rdn. 43 mit Nachw.). Die praktisch ebenfalls gewichtige Verfälschung von Computerprozessoren stellt im Falle des Vertriebs einen Warenbetrug i.S.d. § 263 dar.

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Ausländische Regelungen und internationale Empfehlungen haben seit jeher für die Handhabung des § 263a besonderes Gewicht, weil vor dessen endgültiger Gestaltung durch den Gesetzgeber umfangreiche Erhebungen zu den im Ausland getroffenen oder geplanten strafrechtlichen Regelungen der Computerkriminalität vorgenommen wurden (vgl. nur Möhrenschlager wistra 1986 129 f). Der deutsche Straftatbestand war also eng in eine zeitlich und sachlich parallele internationale Reformbewegung eingebunden. Die Regelungsmodelle, die sich dabei herausbildeten, lassen die Rechtsnatur, aber auch Vorund Nachteile des § 263a deutlicher hervortreten als eine isolierte Betrachtung. – Eine wesentliche Sorge des deutschen Gesetzgebers war es, mit der bloßen Schließung einer Lücke des Betrugstatbestandes nicht alle von der Kommunikationstechnik ermöglichten strafwürdigen Manipulationen zu erfassen; dem stand die Befürchtung gegenüber, durch eine weite Gestaltung des Straftatbestandes auch Fälle einzubeziehen, die nicht strafwürdig sind (vgl. bereits oben Rdn. 3). Diese doppelte Skepsis fand in ausländischen Reform-

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Computerbetrug

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diskussionen ihre Entsprechung.11 Übrigens hat die deutsche Regelung des 2. WiKG auch ihrerseits ausländische Reformen angeregt (z.B. § 246-2 japan. StGB in der Fassung von 1987, vgl. Sonoda wistra 1988 167 ff mit einer allerdings nicht mangelfreien Übersetzung des japanischen Straftatbestandes; die Bankomaten-Fälle werden in Japan aber weiterhin über den Diebstahlstatbestand erfasst). Die möglichen Regelungsmodelle w erden bereits in den wichtigsten internationalen 9 Vorschlägen und Empfehlungen sichtbar. So definiert der OECD-Bericht von 1986 den Computerbetrug ohne Erfordernis einer Täuschung, eines Irrtums, einer Vermögensverfügung und eines Vermögensschadens in Anlehnung an die kriminologischen Erscheinungsformen (Sarzana S. 59) als Eingabe, Änderung, Löschung und/oder Unterdrückung von Computerdaten und/oder Computerprogrammen in der (bloßen!) Absicht einer rechtswidrigen Übertragung von Geldmitteln oder anderen Vermögensvorteilen.12 Stärker an kontinentale Vorstellungen vom Betrug angelehnt ist die Empfehlung R (89) 9 des Europarates von 1989, die bei identischer Handlungsumschreibung objektiv eine Vermögensschädigung fordert, allerdings für den subjektiven Tatbestand den nationalen Gesetzgebern die Möglichkeit offen hält, anstelle der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, auf die Absicht abzustellen, dem anderen rechtswidrig sein Vermögen zu entziehen.13 Dem haben sich die Empfehlungen der Association Internationale de Droit Pénal (AIDP) von 1994 im Wesentlichen, aber unter Betonung des Vorranges eines bestimmt gefassten objektiven Tatbestandes, angeschlossen.14 In Fortführung dieser Vorarbeiten bestimmt Art. 3 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 28.5.2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (ABl. EG Nr. L 149, 1), dass die Mitgliedstaaten die (vorsätzliche) „Ausführung oder Veranlassung einer Übertragung von Geld oder monetären Werten, durch die einer anderen Person ein unzulässiger Vermögensverlust entsteht, mit der Absicht, dem Zuwiderhandelnden oder einem Dritten einen unzulässigen Vermögensvorteil zu verschaffen“ unter Strafe stellen sollen, wenn dies durch „unrechtmäßige Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Computerdaten, insbesondere von Identifikationsdaten, oder unrechtmäßiges Eingreifen in den Ablauf eines Computerprogramms oder den Betrieb eines Computersystems“ geschieht. Dies entspricht weitgehend Art. 8 (Computerbezogener Betrug) des Übereinkommens des Europarates über Computerkriminalität vom 23.11.2001 (SEV Nr. 185; in den ersten Staaten in Kraft getreten am 1.7.2004; Zustimmungsgesetz des Bundestages vom 5.11.2008 [BGBl. II 1242]), der insoweit von der vorsätzlichen und unbefugten „Beschädigung des Vermögens eines anderen durch (a) Eingeben, Verändern, Löschen oder Unterdrücken von Computerdaten; (b) Eingreifen in den Betrieb eines Computersystems“ spricht, jeweils „in der betrügerischen oder unredlichen Absicht, sich oder einem anderen unbefugt einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen“. Für die erforderliche legislatorische Umsetzung der überwiegend neutralen Formeln 10 von der Einwirkung auf oder Verwendung von Daten lassen diese internationalen Einschätzungen und Stellungnahmen ansatzweise erkennen, dass zur Erfassung des Computer„betruges“ entweder ein Betrugs- oder aber ein Diebstahlsmodell gewählt werden

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Breite Übersicht in der Sammelveröffentlichung von Sieber (Hrsg.) Information Technology Crime – National Legislations and International Initiatives (Köln 1994); ferner Sarzana S. 127 ff. OECD Computer-Related Criminality –

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Analysis of Legal Policy in the OECD-Area (1986). Council of Europe Computer-Related Crime (1990). Tiedemann/Möhrenschlager ZStW 108 (1996) 688, 697.

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kann. Erstgenanntes steht vor allem vor der Schwierigkeit, wie die Täuschungshandlung umschrieben bzw. ersetzt werden soll, und nähert sich bei Verwendung von Merkmalen wie „unecht“, „unbefugt“ usw. (wie z.B. auch in Art. 640ter italien. Codice Penale, Art. 221 Abs. 1 portug. Código Penal und Art. 147 schweizer. StGB, das bei der Einwirkungshandlung zusätzlich noch Analogie vorsieht) 15 Zurechnungslösungen aus dem Urkunden- und Untreuestrafrecht an. Das (Diebstahls-)Modell muss hingegen die Tatobjekte auf nichtkörperliche Gegenstände ausdehnen (wie es das englische Strafrecht allgemein schon im Theft Act 1968 s. 4 Abs. 1 statuierte: „Property includes … intangible property“, und es das US-Strafrecht teilweise speziell für Computerdaten definiert16). Daneben existieren abgewandelte Betrugsmodelle, z.B. in Art. 1 Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der EG von 1995:17 Die Täuschungshandlung wird – im Sinne unrichtiger Erklärungen – durchaus traditionell gestaltet, dagegen wird von einem Irrtumserfordernis ganz abgesehen und der Schaden relativiert bzw. normativiert (vgl. Tiedemann LK Rdn. 95 Vor § 263). Damit dürfte Art. 1 des Übereinkommens den Computerbetrug (zum Nachteil von EU-Vermögen) ohne Weiteres einschließen, wobei der Verzicht auf das Irrtumserfordernis mit Schwerpunktsetzung bei der Täuschungshandlung englisch-französischer Tradition entspricht (die übrigens auch im spanischen Schrifttum vor der Reform von 1995 zu der Frage geführt hatte, ob nicht die Beschränkung des spanischen Betrugstatbestandes auf Täuschungseignung einen eigenen Tatbestand des Computerbetruges überflüssig mache18). Als erheblich abgewandeltes Betrugsmodell muss auch Art. 248 Abs. 2 span. Código Penal eingestuft werden, der in unmittelbarem Anschluss an den Betrugstatbestand darauf abstellt, dass die nicht vom Einverständnis (!) des Berechtigten gedeckte Übertragung eines Vermögenswertes erreicht und dadurch eine Person geschädigt wird; nach Absatz 1 setzt demgegenüber der allgemeine Betrugstatbestand voraus, dass der Getäuschte eine Verfügung zum eigenen oder zum Schaden eines anderen vornimmt. Als reines Absichtsdelikt („avec une intention frauduleuse“) ist seit dem Jahre 2000 Art. 504 quater im belgischen Code Pénal ausgestaltet („fraude informatique“). Ein zusätzliches Gesetzgebungsmodell wird im anglo-amerikanischen Recht sichtbar, 11 wenn als Basisunrecht („baseline offence“) 19 der „unauthorized access to computer material“ pönalisiert und durch zusätzliche Merkmale qualifiziert wird (so etwa s. 1–3 des durch den Fraud Act 2006 nicht geänderten, sondern ergänzten englischen Computer Misuse Act 1990, vgl. Rdn. 12 a.E.; zum statute law US-amerikanischer Bundesstaaten Gutiérrez S. 128 ff). Hier ist der Computermissbrauch Unterfall des Täterzugriffs auf fremdes Vermögen, das gegen den Zugriff (nur) dadurch gesichert ist, dass die Daten „held in any computer“ sind (Art. 1 lit. a Computer Misuse Act). Der Zusammenhang mit „data privacy“ und „data integrity“ und damit die Gesamteinordnung in ein Strafrecht zum Schutz von (Persönlichkeits- und Betriebs-)Geheimnissen ist evident. Nach Wise wird hier „exclusive access“ zum geschützten Rechtsgut und zu „a form of property“;20

15 16 17 18

Dazu näher Schmid § 7 Rdn. 77 ff. Zur Entstehungsgeschichte Frey S. 234 f. Wise Revue Internationale de Droit Pénal 1993 647, 661 f. ABlEG Nr. C 316/48 vom 27.11.1995. Gutiérrez S. 404 ff; ablehnend insoweit aber das spanische Tribunal Supremo bei Tiedemann Lecciones de Derecho Penal Económico (Barcelona 1993) 51. Näher zur

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Täuschungshandlung nach spanischem Recht Pérez Manzano in Schünemann/Suárez González (Hrsg.) Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts (1994) 213, 217 ff. Wise Revue Internationale de Droit Pénal 1993 647, 661. Wise Revue Internationale de Droit Pénal 1993 647, 661.

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Computerbetrug

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Gutiérrez (S. 130) sieht dagegen Funktion und Sicherheit der Computeranlagen als geschützt. Unter den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen folgt vor allem Frankreich diesem Trend, indem Art. 323-1 ff Code Pénal 1994 den Computermissbrauch völlig vermögens- und schadensunabhängig definieren (Gutiérrez S. 185; T. Walter Betrugsstrafrecht S. 434) und damit einen nur indirekten Vermögensschutz etablieren.21 Art. 323-1 betrifft den „fraudulösen“ Zugang zu (und „Aufenthalt“ in) einer DV-Anlage, wobei es auf eine Zugangssperre nicht ankommt und auch der sog. Zeitdiebstahl erfasst wird.22 Der eigentliche Computerbetrug und insbesondere der Missbrauch von ec-Karten wird nur durch den allgemeinen Betrugstatbestand erfasst.23 Das deutsche Computerstrafrecht steht dieser Entwicklung geradezu konträr gegen- 12 über und lehnt sich an die klassischen Straftatbestände des Betruges, der Urkundenfälschung und der Sachbeschädigung an.24 Dem folgen und entsprechen andere Strafgesetzbücher innerhalb und außerhalb der Europäischen Union, insbesondere in Griechenland (Art. 386A Strafgesetzbuch) und den nordischen Staaten (§ 279 dän. Straffeloven, Kap. 9 § 1 Abs. 2 schwed. Brottsbalken, Kap. 36 § 1 Abs. 2 finn. Strafflag sowie § 270 Abs. 1 Nr. 2 norweg. Straffeloven – mit Ausnahme Dänemarks jeweils im Rahmen des Betrugstatbestandes).25 Eine dem Betrug nahe Variante bietet insbesondere auch § 148a des österreichischen StGB, der als „betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauch“ die (nicht notwendigerweise: unrichtige, unvollständige oder unbefugte) Programmgestaltung, Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten oder sonstige Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs pönalisiert, sofern dies zu einer Ergebnisbeeinflussung und Vermögensschädigung führt. Die gesetzestechnisch einfachste Lösung wählt der englische Fraud Act 2006, der in s. 2 Abs. 5 der Täuschung einer Person die Täuschung (misrepresentation) von Geräten und Systemen gleichstellt (Tiedemann LK Rdn. 88 Vor § 263).

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes Die ganz h.M. sieht entsprechend der Entstehungsgeschichte des § 263a (oben 13 Rdn. 3) ebenso wie bei § 263 ausschließlich das Vermögen als geschütztes Rechtsgut an.26 Das Allgemeininteresse am Funktionieren und an der Sicherheit der in Wirtschaft und Verwaltung eingesetzten DV-Systeme wird als bloßer Schutzreflex bezeich-

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25 26

Francillon Revue Internationale de Droit Pénal 1993 291, 306. T. Walter Betrugsstrafrecht S. 433 hält Art. 323-3 für zumindest auf den Codekartenmissbrauch anwendbar. Pradel/Danti-Juan Droit pénal spécial (5. Aufl. Paris 2010) Nr. 1001 S. 589. Pradel/Danti-Juan Nr. 842 S. 499 f; T. Walter Betrugsstrafrecht S. 435 ff, 440, je mit Nachw.; zum Irrtumserfordernis insoweit Tiedemann LK Rdn. 65 Vor § 263. Lenckner/Winkelbauer CR 1986 654 f; Möhrenschlager wistra 1991 325; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 495. Ältere Gesamtübersicht bei Sarzana S. 253 ff und Sieber International Handbook S. 197 ff. BGHSt 40 331, 334; A/W/Heinrich BT § 21

Rdn. 31; Duttge HK-GS Rdn. 1; Fischer Rdn. 2; Frey S. 183; Frommel JuS 1987 667; Gercke/Brunst Rdn. 172; Gössel II § 22 Rdn. 1; Gogger S. 49; Haft NStZ 1987 7; Haß in Lehmann XII Rdn. 6; Hilgendorf SSW Rdn. 1; Hoyer SK Rdn. 2; Kindhäuser NK Rdn. 2; Krey/Hellmann Rdn. 512c; Lackner/Kühl Rdn. 1; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 227; Otto BT § 52 Rdn. 30; Ranft NJW 1994 2574; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 1; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 1; Schlüchter S. 85; Schulz JA 1995 540; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 496; Wessels/Hillenkamp Rdn. 602; Wohlers MK Rdn. 1.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

net.27 Dem entspricht es, dass § 269 als selbstständige Abspaltung vom strafrechtlichen Vermögensschutz die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs mit Daten schützt,28 die überindividuelle Sicherheitskomponente also – wie beim allgemeinen Betrugstatbestand – in das Urkundenstrafrecht verwiesen ist. Die Benutzung von Computern zur Begehung eines Betruges wird bei dieser Sicht zu einer reinen Frage des Tatmittels. Dies führt folgerichtig zu einer Ausweitung der Angriffsformen des Vermögensstrafrechts von der Täuschung und Drohung (sowie Gewalt und Treuwidrigkeit) auf das Mittel des Einsatzes von DV-Anlagen bzw. von computergespeicherten Daten (BTDrucks. 10/5058 S. 30; BGHSt 40 331, 334; BayObLG NJW 1991 438, 440; oben Rdn. 6). Wenn Frey (S. 183) meint, auch bei § 263a gehe es insgesamt um „List“, so ist dies zwar als Aussage richtig oder doch möglich, entkleidet aber dieses Merkmal des bei § 263 unstreitigen kommunikativen Bezuges der Täuschung (!) auf Menschen. Auch die „materielle Unwahrheit“ (Frey S. 183) ist vor allem in Abgrenzung zu den Urkunden-, aber auch Bilanz- und anderen Fälschungsdelikten zu allgemein, um betrugsspezifische Tathandlungen zu kennzeichnen. Die Daten und/oder die ihnen entsprechenden Informationen sind damit – anders als im US-amerikanischen Recht (oben Rdn. 11) – nicht einmal Tatobjekt des § 263a. Im System des Eigentums- und Vermögensstrafrechts zeigt dies – neben dem Fälschungsschutz des § 269 – der wiederum verselbstständigte Bestandsschutz der §§ 202a bis 202c und §§ 303a, 303b. Schließlich scheint die Nichtaufnahme des überindividuellen Sicherheitsaspektes in die Rechtsgutsbestimmung des Computerbetruges durch die Annahme gestützt zu werden, dass andernfalls auch beim allgemeinen Betrugstatbestand neben dem Vermögen Verkehrsprinzipien wie das von Treu und Glauben als Schutzgut angesehen werden müssten. Diese Sichtweise wird allerdings dann relativiert, wenn berücksichtigt wird, dass die 14 Lücke bei § 263 nicht nur durch das Fehlen eines Irrtums der DV-Anlage, sondern innerhalb des Eigentums- und Vermögensstrafrechts insgesamt auch und vor allem durch die Nichteinbeziehung nichtgegenständlicher Objekte und Werte in §§ 242 ff bedingt ist. Wenn daher für das Eigentumsstrafrecht anerkannt wird, dass neben dem Eigentum ebenso der Gewahrsam rechtlich geschützt ist,29 liegt es jedenfalls bei wertender Herausnahme des § 263a aus dem Vermögensstrafrecht und Zuordnung zum Eigentumsstrafrecht (dazu sogleich Rdn. 16) nahe, in Anlehnung an die oben Rdn. 11 dargestellte Auffassung des anglo-amerikanischen Rechtssystems die Befindlichkeit der Daten in einer DV-Anlage nicht als zufällig oder nebensächlich anzusehen. Es kommt hinzu, dass entgegen häufigen Formulierungen nicht diese Daten, sondern erst die ihnen zugrunde liegenden Informationen den Tatsachen bei § 263 entsprechen. Vgl. aber Rdn. 16a. Ebenso wie § 263 ist § 263a vom Gesetzgeber als Erfolgsdelikt (Vermögensbeschädi15 gung)30 und nach wohl überwiegender Auffassung auch als Vermögensverschiebungsdelikt mit dem Erfordernis der Stoffgleichheit zwischen eingetretenem Schaden und beabsichtigtem Vorteil (unten Rdn. 76) konstruiert.31 Die möglicherweise zusätzlich anzunehmende überindividuelle Schutzkomponente (soeben Rdn. 14) ändert hieran nichts.

27

Haß in Lehmann XII Rdn. 6; Kindhäuser NK Rdn. 2; Krey/Hellmann Rdn. 512c; Lackner/Kühl Rdn. 1; Otto Jura 1989 33. – Nach Otto (JR 1987 225) wird der Schutz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in § 263a „miterfaßt, hat aber keine eigenständige Bedeutung neben dem Vermögensschutz“ (weitergehend insoweit Bandekow S. 301 ff).

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28

29 30 31

Fischer § 269 Rdn. 2; Lackner/Kühl § 269 Rdn. 1; Möhrenschlager wistra 1991 326; Sch/Schröder/Cramer/Heine § 269 Rdn. 4. Vogel LK Rdn. 59 Vor §§ 242 ff mit Nachw. Vgl. nur Gössel II § 22 Rdn. 2; Hilgendorf SSW Rdn. 1; Wohlers MK Rdn. 2. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 30; Duttge HK-GS Rdn. 1.

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Computerbetrug

§ 263a

Ob § 263a entsprechend dem Willen des Gesetzgebers ein betrugsähnliches Delikt ist, 16 erscheint aus den schon oben Rdn. 6 angeführten Gründen zweifelhaft. Allerdings ist der Untreue-Aspekt auf Täter beschränkt, denen eine Befugnis im Verhältnis zum Vermögensinhaber eingeräumt ist, betrifft also nicht externe Täter, die sich unter Überwindung von Sperren Zugang zu dem Vermögen verschaffen. Dass im ersten Fallbereich bei entsprechender Höhe und Weite der Befugnis Idealkonkurrenz mit § 266 auftreten kann, stellt keine Besonderheit dar (zutr. Lenckner/Winkelbauer CR 1986 655; siehe auch Rdn. 100). Gravierender ist der Einwand, dass die in der Codierung liegende und häufig weiter (z.B. durch Passwörter oder andere Zugangssperren) qualifizierte Sperre vom – jedenfalls externen – Täter durch Anwendung von List überwunden oder ausgeschaltet wird und damit eher ein „von außen kommender“ Zugriff auf fremdes Vermögen als eine (durch List und Verfügung des Computers erreichte) Inempfangnahme von Vermögenswerten vorliegt (Ranft NJW 1994 2574; auch Mitsch JZ 1994 884). Besonders deutlich wird dies, wenn erschlichene Passwörter dazu benutzt werden, um Leistungen wie z.B. Auskünfte oder Computerprogramme widerrechtlich abzurufen. Ähnlich wie bei § 265a (dazu Tiedemann LK § 265a Rdn. 15) erscheint die Tat dann eher als ein Leistungsentziehungs- denn als Betrugsdelikt. Maßgebend für die Strafbarkeit nach § 263a werden bei einer solchen Betrachtung Gesichtspunkte des (subjektiven) Willens und Einverständnisses des Systembetreibers, was freilich die Integration der deutlich betrugsähnlichen zweiten Tatbestandsvariante vor Schwierigkeiten stellt. Überzeugend wäre dies freilich nur, wenn die Funktion des Computers auf die eines 16a bloßen Hilfsmittels menschlicher Tätigkeit und einer eher mechanischen Sperre, die als Sphäre gespeicherter Daten das Vermögen gegen fremden Zugriff sichert, beschränkt werden könnte. Davon kann aber nicht die Rede sein. Zwar geht es zu weit, zwischen elektronischer Datenverarbeitung und menschlichen Denk- und Entscheidungsvorgängen technologisch-kybernetisch mehr oder weniger vollständige Parallelen herzustellen (so aber vornehmlich Hilgendorf JuS 1996 510, der daher die Existenzberechtigung des § 263a für zweifelhaft hält). Denn da Computer weder Bewusstsein noch Vorstellung von der Wirklichkeit haben, kann die Beeinflussung des Ergebnisses einer Datenverarbeitung weder ontologisch noch wertungsmäßig mit einem Irrtum gleichgesetzt werden (vgl. auch unten Rdn. 26 und 65). Deshalb sind auch Versuche, statt an die Datenmanipulation und deren Täuschungsähnlichkeit an hypothetische Irrtumskonstellationen anzuknüpfen (vgl. unten Rdn. 49), ebenso problematisch wie der Versuch, § 263a auf Einwirkungen auf Datenverarbeitungsvorgänge von besonderer Wichtigkeit zu beschränken, welche dem Hervorrufen eines Irrtums bei einem Menschen vergleichbar sind (vgl. unten Rdn. 22). Gleichwohl gingen Vorstellung und Wille des historischen Gesetzgebers nicht von (primitiven) Sperren, sondern von (hoch)komplexen und wenngleich von Menschen programmierten, so doch selbsttätig wirkenden Anlagen (oben Rdn. 2) aus. Insofern begründet zum einen das äußere Bild einer selbsttätigen Weggabe und einer selbstständigen vermögensrelevanten Entscheidung, also die bei § 263a vorausgesetzte Verfügungsähnlichkeit der Computerfunktion, die Betrugsähnlichkeit des § 263a. Zum anderen beruht die Verfügung auf einer Dateneingabe und -verwendung mit manipulativem Charakter. Insofern ist die Täuschungsähnlichkeit des Täterverhaltens der Schlüssel vor allem für die bei der dritten Variante erforderliche „restringierende“ Auslegung:32 In hin-

32

So vor allem OLG Köln NJW 1992 125, 126; Fischer Rdn. 11; Hoyer SK Rdn. 6 f; Lackner FS Tröndle S. 53 ff; Schlüchter NStZ 1988 59; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 2;

Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 504; Wessels/Hillenkamp Rdn. 603. Näher unten Rdn. 40 ff, aber auch Rdn. 49.

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reichender Loslösung von dem menschlichen Interaktionsprozess muss die Betrugsähnlichkeit des Gesamtverhaltens gewürdigt werden, wobei auch die Manipulation der sächlichen Umwelt – also die für § 263 irrelevante Objektsveränderung – der Handlung und ihrer Bewertung das Gepräge gibt (näher unten Rdn. 44). Dass dies vor allem im Bereich konkludenter Täuschungen zu Unsicherheiten führt,33 muss ebenso wie bei § 263 in Kauf genommen, kann aber wie dort durch Heranziehung normativ verfestigter Erwartungen und Berücksichtigung des jeweiligen Geschäftstyps konkretisiert werden. Im Übrigen betrifft die „Betrugsäquivalenz“ freilich entgegen Hoyer (SK Rdn. 48) und Sch/ Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 2) nicht alle Tathandlungen des § 263a, sondern nur diejenigen, die eine Parallele in dem Täuschungsverhalten gegenüber Menschen finden, also insbesondere nicht die erste und die vierte Variante (zutr. Lampe JR 1988 438; vgl. auch Wohlers MK Rdn. 4; dazu unten Rdn. 32). Die übrigen Tathandlungen können demgegenüber gerade wegen ihrer Verselbstständigung durchaus zu einer Ausdehnung der Strafbarkeit im Vergleich zu § 263 führen; dies ist Folge der vom Gesetzgeber gewollten Erweiterung des strafrechtlichen Vermögensschutzes um eine zusätzliche Angriffsform. Zugleich muss damit die oben Rdn. 14 diskutierte überindividuelle Schutzkomponente endgültig aus § 263a ausgeschieden werden: Anders als §§ 264, 264a, 265, 265b zielt dieser Straftatbestand – ähnlich wie § 263 und § 265a – allein auf Vermögensschutz und betont auch nicht den instrumentalen Wert von Computern als heute unerlässlichen Mitteln der Wirtschaft und Verwaltung (weitergehend AE BT § 202 Begr. S. 111): Die „Manipulation“ von Daten und Informationen ist Tatmittel und löst sich bei den meisten Tatbestandsvarianten des § 263a in schlichte Unrichtigkeit oder Unwahrheit auf; die Sicherheit der DV-Anlagen bleibt damit im Sinne der ganz h.M. bloßer Reflex des Vermögensschutzes in diesem Bereich. Allerdings führt die bereits oben Rdn. 3 a.E. erwähnte und unten Rdn. 44 a.E. näher behandelte sächliche Manipulation (des Programms, der Konsole, der Hardware usw.) zu einem Handlungsunwert, welcher der (ausdrücklichen) Täuschung beim Betrug entspricht. § 263a ist nicht nur materiellrechtlicher Auffangtatbestand im Verhältnis zu § 263, 17 dessen Lücken er schließen soll (Tiedemann LK Rdn. 6 Vor § 263; vgl. allerdings auch unten Rdn. 74), sondern – vorbehaltlich des Rdn. 22 erwähnten Unmittelbarkeitsgrundsatzes – zugleich Spezialvorschrift im Verhältnis zu anderen das Eigentum und Vermögen schützenden Straftatbeständen, die durch § 263a ausgeschlossen werden.34 Greift infolge Täuschung natürlicher Personen der allgemeine Betrugstatbestand (oder z.B. § 264) ein, so tritt § 263a im Hinblick auf seine Lückenfüllungsfunktion schon aus Tatbestandsgründen zurück. Zweifelhaft kann dies nur sein, wenn zwar ein Mensch getäuscht wird, diese Täuschung aber zu keinem Vermögensschaden führt; in diesen Fällen kann die Manipulation des Computers einen Vermögensschaden des Betreibers begründen, insbesondere wenn dieser dem Getäuschten die Zahlung garantiert (vgl. unten Rdn. 52).

33 34

Gössel II § 22 Rdn. 16; Hilgendorf JuS 1997 132; Ranft NJW 1994 2575. BayObLGSt 1986 127, 130; Cramer JZ 1992 1032; Gössel II § 22 Rdn. 40; U. Weber

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JZ 1987 215 f und GedS Küchenhoff S. 488 f; aA insbesondere Ranft JuS 1997 22 f.

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§ 263a

III. Täterkreis § 263a ist nach unbestrittener Ansicht kein Sonderdelikt. Täter kann also jedermann 18 sein,35 auch wenn faktisch vor allem die Programm- und Ablaufmanipulationen der ersten und vierten Variante in der Regel nur von Programmierern, Operatoren und anderen Personen mit spezieller Sachkunde und Zugang zu dem DV-System, also gleichsam von innen, begangen werden können. Eine rechtliche Beschränkung auf betriebsangehörige Personen setzt aber keine Tatbestandsvariante des § 263a voraus, so dass auch die bei Entstehung des Straftatbestandes eher im Hintergrund stehende Täterschaft außenstehender Personen rechtlich möglich ist und einschlägig bleibt (Tiedemann FS Kaiser S. 1382). Einzelfragen sind bei den einzelnen Tatbestandsvarianten, z.B. im Hinblick auf die Tathandlung des „Verwendens“ unrichtiger oder unvollständiger Daten, zu klären (unten Rdn. 23 ff).

IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand 1. Daten und Datenverarbeitung. Das Gesetz verwendet beide Begriffe ohne Defini- 19 tion; diejenige des § 202a Abs. 2 ist wegen ihrer ausdrücklichen Bezugnahme auf Abs. 1 und der fehlenden Verweisung auf § 202a in § 263a (anders § 274 Abs. 1 Nr. 2 und § 303a Abs. 1) hier nicht anwendbar (vgl. bereits Rdn. 1). Für den Begriff des Datums muss daher auf allgemeine Begriffsbestimmungen zurückgegriffen werden. Die des § 3 Abs. 1 BDSG („Einzelangabe“) ist zu weit und betrifft jede Information.36 Demgegenüber legt die bereits oben Rdn. 1 mitgeteilte Begründung des RegE jedenfalls eine Anknüpfung an § 202a Abs. 2 nahe. Auch der technische Sprachgebrauch von technischen Normen ist für das Begriffsverständnis einschlägig (Schulze-Heiming S. 20 ff mit Nachw.). a) Daten lassen sich als Darstellungen (Repräsentation) von Tatsachen, Informatio- 20 nen oder Konzepten kennzeichnen, wobei die Darstellung in einer für die Verarbeitung in einem Computersystem geeigneten Form erfolgt (vgl. ISO/IEC-Norm 2282, welche die frühere DIN-Norm 44300 Nr. 19 ersetzt; der Verarbeitungszweck ist aber für § 263a nicht zwingend).37 Unerheblich ist, ob die Informationen in das Ergebnis des jeweiligen Verarbeitungsvorgangs eingehen sollen oder ob sie für andere Zwecke, z.B. zur Kontrolle der Funktion der DV-Anlage oder zur Abschirmung gegen das Eindringen Unbefugter (z.B. Passwörter), bestimmt sind.38 Auch Computerprogramme, d.h. Arbeitsanweisungen an den Computer, die aus einer Folge von Befehlen als einzelnen Ablaufschritten bestehen,39 sind aus Daten zusammengefügt und daher selbst (ein Inbegriff von) Daten;40 35

36 37

Vgl. nur Kindhäuser NK Rdn. 2; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31; Wohlers MK Rdn. 71. Fischer Rdn. 3; Schulze-Heiming S. 23 f; Wohlers MK Rdn. 13. Vgl. auch Achenbach Jura 1991 227; Frey S. 26; Gössel II § 22 Rdn. 5; Hoyer SK Rdn. 11; Kindhäuser NK Rdn. 10; Lackner/ Kühl Rdn. 3; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 229; Meurer FS Kitagawa S. 977; Schulze-Heiming S. 24 ff; Sieber Computerkriminalität S. 6 m.w.N.

38 39 40

Kindhäuser NK Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 3; Möhrenschlager wistra 1986 132. Hoyer SK Rdn. 22; Kindhäuser NK Rdn. 13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5. Kindhäuser NK Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 3, je m.w.N.; ferner Gössel II § 22 Rdn. 20; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 229; Otto BT § 52 Rdn. 31; Tiedemann JZ 1986 869.

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ebenso versteht die ISO/IEC-Norm 2282 unter Computerdaten jede Darstellung „einschließlich eines Programms, das die Ausführung einer Funktion durch ein Computersystem auslösen kann“. Erhebliche Bedeutung für die Bestimmung der Strafbarkeit hat die meist nicht aus21 drücklich diskutierte (und von BGHSt 40 331, 334 offen gelassene) Frage, ob die Daten kodiert oder nur kodierbar sein müssen. So verneint OLG Köln NJW 1992 125, 127 (mit Anm. Otto JR 1992 252 ff) den Tatbestand des § 263a bei auftragswidriger Verwendung einer fremden ec-Karte mit der Begründung, die Eingabe des durch den Bankomaten auszuzahlenden Geldbetrags sei mangels Kodierung und Fixierung der Information auf einem Datenträger keine Verwendung von „Daten“ (aA z.B. Huff NJW 1987 817); die überwiegende Ansicht sieht hierin dagegen erst eine Frage der Unbefugtheit (der Verwendung von Daten, vgl. Rdn. 50). BayObLG NJW 1991 438, 440 (mit Anm. Neumann JR 1991 302 ff) erblickt demgegenüber bei dem gezielten Leerspielen von Glücksspielautomaten eine „Verwendung von Daten“ in der Auswertung eines sog. Manipulationsprogramms, das den Spieler in die Lage versetzt, die „Risikotaste“ in dem Moment zu drücken, in dem dies Gewinn verspricht: Hier sind mit „Daten“ ersichtlich die aus dem Manipulationsprogramm stammenden (entkodierten) Informationen gemeint (ebenso Bühler S. 101 f). – Die Lösung folgt aus teleologischer Auslegung in Verbindung mit der vom Gesetzgeber gewollten Erfassung einer neuen Angriffsform auf das Vermögen (oben Rdn. 13): Nicht jede Information, die für eine DV-Anlage bestimmt ist, in sie eingeht oder aus ihr stammt, ist ein Datum i.S.d. § 263a. Mag auch der allgemeine Sprachgebrauch weiter gehen und das Datum mit der Information gleichsetzen, so ist computerspezifisch entsprechend der Rdn. 20 genannten ISO/IEC-Norm eine Darstellung der Information notwendig, damit der Computer die Information „lesen“ kann. Daten sind somit Zeichen, die etwas über Tatsachen aussagen (Haft Prot. 26/165) oder sie zumindest „darstellen“. Daten sind folglich nur kodierte Informationen.41 Jedoch ist die Form der Repräsentation gleichgültig und die Auftragung (Fixierung) auf einen Datenträger entgegen Haft (DSWR 1986 256 und NStZ 1987 8) für den Datenbegriff nicht erforderlich.42 Zum Datum wird die Information aufgrund der notwendigen Kodierung daher (auch unter zeitlichen Aspekten) erst, wenn sie von der visuell erkennbaren in die kodierte Form überführt ist, die für die Arbeitsweise der DV charakteristisch ist (zutr. Gössel II § 22 Rdn. 5; Schmid § 2 Rdn. 17 und 25). Die Eingabe kann dabei auch durch Eintippen von Zahlen mittels einer Tastatur erfolgen (Schmid § 2 Rdn. 28). Bei teleologischer Auslegung bestehen keine Bedenken, eine z.B. erst im Bankomaten kodierte Information von dem Zeitpunkt der Kodierung an als (neu entstehendes) Datum anzusehen, das vom Täter „verwendet“ wird (zu letztgenanntem Begriff näher Rdn. 36 ff). Auch die nicht kodierte Eingabe des auszuzahlenden Geldbetrages durch Drücken von entsprechenden Zahlenknöpfen führt zu einer Darstellung, die als (kodierte) Zahlenreihe die Information „gewünschter Geldbetrag“ verkörpert (Gogger S. 64). Es reicht ferner aus, dass die eingegebene Information – wie die persönliche Geheimnummer beim Bankomaten – als sog. Berechtigungsdatum im Computer gespeichert ist. Und bei dem gezielten Leerspielen von Glücksspielautomaten braucht nicht auf die ausgedruckte Liste mit

41

Fischer Rdn. 3; Gercke/Brunst Rdn. 180; Hoyer SK Rdn. 11; Kindhäuser NK Rdn. 11; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 494; Wessels/Hillenkamp Rdn. 605; ähnlich Wohlers MK Rdn. 13; aA Achenbach Jura 1991 227; A/W/Heinrich BT § 21

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Rdn. 27; Bühler S. 102; Goeckenjan JA 2006 758, 762; Otto BT § 52 Rdn. 31; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 3. Hoyer SK Rdn. 11; Schulze-Heiming S. 24 ff; Wohlers MK Rdn. 13; je m.w.N.

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Informationen abgestellt zu werden; vielmehr wird durch Drücken der Risikotaste die Anweisung zur Erhöhung der Gewinn- und Verlustchancen gegeben und dieses im Computer enthaltene Datum verwendet (Bühler S. 103; Neumann JR 1991 304). Nur wenn man dies alles nicht für ausreichend hält, wirkt der Eingebende immerhin auf kodierte Informationen ein und erfüllt daher bei fehlender Befugnis mit BGHSt 40 331, 334 jedenfalls die vierte Tatbestandsvariante (Wessels/Hillenkamp Rdn. 617). b) Der Begriff der Datenverarbeitung ist im Ausgangspunkt weit zu verstehen und 22 meint die technischen Vorgänge, die durch Aufnahme von Daten und ihre Verknüpfung nach Programmen zu Arbeitsergebnissen führen.43 Jedoch ist damit nicht der gesamte Arbeitsbereich gemeint. Anders als in § 303b werden nur die konkreten, dem jeweiligen Ergebnis vorausliegenden „Vorgänge“ der Datenverarbeitung geschützt.44 Nicht vom Gesetzeswortlaut, wohl aber vom Gesetzeszweck und von der Überschrift her geboten ist ferner die Eingrenzung auf automatische Datenverarbeitung,45 praktisch vor allem auf elektronische Datenverarbeitung, also EDV-Systeme.46 Einzubeziehen sind aber auch vergleichbar (z.B. akustisch, optisch, biologisch usw.) arbeitende Medien (Schmid § 2 Rdn. 12 für das schweizer. Strafrecht). Dem Begriff unterfallen ebenso der Personal Computer (PC) und der Mikroprozessor (Chip), mögen beide auch nicht (ganz) dem Bild eines Computers entsprechen, das der Gesetzgeber bei Einführung des § 263a noch vor sich sah (Altenhain JZ 1997 755 Fn. 31; auch Schmid § 2 Rdn. 18). Bereits nach der Überschrift des Tatbestandes und wegen der Existenz des § 265a (oben Rdn. 1) ausgeschlossen sind dagegen rein mechanisch wirkende Geräte,47 und nach dem Schutzbereich des § 263a scheidet ferner die menschliche Datenverarbeitung aus (§ 263!). Wenn Otto (BT § 52 Rdn. 32) darüber hinaus bloße technische Sicherheitseinrichtungen (Wegfahrsperren!) ausschließen will, so ist ein Abgrenzungskriterium innerhalb der Datenverarbeitungseinrichtungen nicht ersichtlich, zumal es auch etwa auf eine „Anlage“ von nicht unerheblicher Größe (§§ 325, 325a!) nicht ankommt. Ebenso wenig kann entgegen Hilgendorf (JR 1997 347, 350; ähnlich Mitsch JuS 1998 307, 314) entscheidend sein, ob der in Rede stehende Datenverarbeitungsvorgang von besonderer Wichtigkeit ist (abgesehen davon, dass bei Anlegung betrugsparalleler Maßstäbe jeder vermögensrelevante Datenverarbeitungsvorgang, der eine schädigende Vermögensverfügung zur Folge hat, „von besonderer Wichtigkeit“ ist). Die Ausgrenzung solcher Sicherheitseinrichtungen ergibt sich vielmehr erst aus dem Unmittelbarkeitserfordernis (unten Rdn. 65 ff): Muss die gesicherte Sache (bei fortbestehendem Gewahrsam) noch weggenommen werden, so sind §§ 242, 243 einschlägig (OLG Celle JR 1997 345, 347 mit Anm. Hilgendorf; OLG Düsseldorf NJW 1999 3208, 3209; auch BGHSt 38 120, 122 ff). Entsprechend greift § 265a ein, wenn der Täter eine elektronische Zugangssperre überwindet und die Leistung des 43

44

BTDrucks. 10/318 S. 21; Bühler S. 72; Fischer Rdn. 3; Gössel II § 22 Rdn. 6; Haß in Lehmann XII Rdn. 17; Hilgendorf SSW Rdn. 3; ders. JuS 1997 131; Hoyer SK Rdn. 9; Kindhäuser NK Rdn. 12; Lackner/ Kühl Rdn. 4; Otto BT § 52 Rdn. 31; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 3; Sieber Computerkriminalität S. 6 ff m.w.N.; Wessels/Hillenkamp Rdn. 605; Wohlers MK Rdn. 12. Fischer Rdn. 3; Hilgendorf JuS 1997 131; Kindhäuser NK Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 4; Wohlers MK Rdn. 14.

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Lenckner/Winkelbauer CR 1986 658; Möhrenschlager wistra 1986 133; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 494 m.w.N. Haß in Lehmann XII Rdn. 17; Lackner/Kühl Rdn. 4; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 658; Otto BT § 52 Rdn. 32; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 494; Wohlers MK Rdn. 14. Fischer Rdn. 3; Hilgendorf SSW Rdn. 3; Kindhäuser NK Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 4.

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Automaten (z.B. Telekommunikation oder auch Waschen von Gegenständen) in Anspruch nimmt (zur Deutung des § 265a als Leistungsentziehungsdelikt Tiedemann LK § 265a Rdn. 15 mit Nachw.). Elektronische Geldprüfgeräte in Waren- und Leistungsautomaten und erst recht Geräte zum „Ablesen“ von Wertkarten (dazu Rdn. 55) führen dagegen zur Anwendung des § 263a,48 wenn die Ware nach der Manipulation mangels Gewahrsams weder zusätzlich weggenommen noch die Leistung erst durch einen weiteren Akt gewährt werden muss (vgl. auch unten Rdn. 59). Auch die elektronischen Steuerelemente in (neueren) Glücksspielautomaten machen diese zu einer – den Gewahrsam an den gewonnenen Geldstücken aufgebenden – DV-Anlage.49 2. Die Tathandlungen und ihr Erfolg

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a) Die Beschreibung der Tathandlungen durch Absatz 1 lehnt sich an kriminologische Einteilungen und Bezeichnungen sowie an die zeitliche Abfolge der Datenverarbeitung an (vgl. BTDrucks. 10/5058 S. 30): Die 1. Variante betrifft Programmmanipulationen, die 2. Variante hat Manipulationen bei der Eingabe (Input) von Daten oder Informationen zum Gegenstand, und die 4. Variante umfasst mit den Ablaufmanipulationen Einwirkungen auf den Datenfluss, die Konsole, den Daten-Output und die Hardware, also die technisch-maschinelle Ausstattung des Computers.50 Der 3. Variante (unbefugte Verwendung von Daten) entspricht dagegen keine bestimmte kriminologische Erscheinung; zu den vom Gesetzgeber primär gemeinten Fällen (unbefugter Gebrauch einer fremden Geldautomatenkarte und unbefugte Benutzung eines fremden Anschlusses an das Bildschirmtextsystem) bereits Rdn. 3. – Die Umsetzung des kriminologisch-unscharfen, aber international gebräuchlichen Begriffs der Manipulation, der eher auf die Veränderung von realen Zuständen und Lagen abzielt, in täuschungsähnliche Akte mit kommunikativem Bezug hat der Gesetzgeber bei den ersten beiden Handlungsvarianten durch unveränderte Übernahme der aus dem Betrugsstrafrecht bekannten Formulierung für unrichtige (unvollständige) Erklärungen (gegenüber natürlichen Personen) vorgenommen (vgl. §§ 263, 264 Abs. 1 Nr. 1, 264a, 265b Abs. 1). Die 3. und die 4. Variante werden dagegen durch die fehlende Befugnis des Täters (zur Verwendung der Daten oder zur Einwirkung auf den Ablauf der Datenverarbeitung) charakterisiert und lehnen sich insoweit an Gedanken der Untreue, soweit der Täter schon vor der Tat Zugang zu den Daten hatte, aber auch der Unechtheit i.S.d. Fälschungsdelikte (§§ 267 ff usw.) an (Tiedemann FS Kaiser S. 1382 f). Verfälschungsaspekte sind jedoch auch bei der Unrichtigkeit der 1. und 2. Variante vorhanden (näher unten Rdn. 29 ff).

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b) Für das Verhältnis der vier Tathandlungen legt das Gesetz durch Verwendung des Wortes „sonst“ die Annahme nahe, dass die 4. Variante Grundtatbestand und Oberbegriff für die übrigen Varianten ist 51 (vgl. zu einem ähnlichen Problem bei § 283 Abs. 1 Nr. 8 Tiedemann LK Rdn. 9 ff). Danach müssten die ersten drei Tathandlungen durch-

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Bühler S. 70; Lackner/Kühl Rdn. 4; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659; Otto BT § 52 Rdn. 32 (alle ohne Einschränkung). BGHSt 40 331 ff; Bühler S. 70; aA Hoyer SK Rdn. 28 und für das schweizer. Strafrecht Schmid § 2 Rdn. 63. Dazu aus kriminologischer Sicht Poerting/ Pott S. 49 ff; Sieber Computerkriminalität

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S. 40 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität Bd. 2 (1976) 148 ff. Gössel II § 22 Rdn. 3; Kindhäuser NK Rdn. 8; Kleb-Braun JA 1986 259; Lackner/ Kühl Rdn. 5; Ranft wistra 1987 83 und JuS 1997 20; vgl. auch Hoyer SK Rdn. 8.

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Computerbetrug

§ 263a

gehend als Beispiele der 4. Variante zu interpretieren sein, also in jedem Fall zu einer unbefugten Einwirkung auf den Ablauf führen. – Zutreffend ist es insoweit noch, jede Programmgestaltung und Dateneingabe sowie -verwendung als Einwirkung auf den Ablauf des Datenverarbeitungsvorgangs zu verstehen. Schwerer konstruierbar ist auf den ersten Blick, dass die Verwendung unrichtiger Daten zugleich unbefugt i.S.d. 4. Variante ist. Jedenfalls müsste bei einer solchen Konstruktion die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit (!) stets zwingend auf die Befugnis zur Einwirkung auf den Ablauf der DV bezogen werden. Dies ist teilweise ohne Weiteres möglich, und eine solche Beziehung herzustellen ist durchaus sinnvoll, weil es letztlich z.B. kein „falsches“ Programm als solches gibt (vgl. unten Rdn. 29 ff). Wird jedoch vom Sachbearbeiter die unrichtige (unwahre) Angabe, minderjährige Kinder zu haben, in die DV eingegeben, um Kindergeld zu erschleichen, so kann ebenso wie bei der Angabe eines unrichtigen Vertragsdatums im automatisierten Mahnverfahren (unten Rdn. 39) nur mit Schwierigkeiten gesagt werden, die Einwirkung auf die DV zwecks Bezuges von Kindergeld oder Erstellung des Mahnbefehls sei „unbefugt“. Die überwiegende Meinung hält eine solche Aussage für zwar denkmöglich, aber wenig sachgemäß.52 Überzeugender und mit dem möglichen Wortsinn durchaus vereinbar ist daher die Annahme, die in der 4. Variante einen Auffangtatbestand für Fälle sieht, die von den übrigen Varianten nicht erfasst werden.53 Dies ermöglicht zugleich eine selbstständige und betrugsnahe Auslegung der ersten drei Varianten (während die Behandlung der 4. Variante als Grundtatbestand die Ablösung des gesamten Computerbetruges von § 263 begünstigen und damit ihre Unbestimmtheit erhöhen würde: Achenbach Jura 1991 228; Schulz JA 1995 539 m.w.N.). Nach jeder Auffassung ist die Aufzählung der vier genannten Mittel der Beeinflussung 25 des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs abschließend und nicht durch Analogie erweiterungsfähig.54 Angesichts der weiten Fassung der (4.) Auffangvariante ist auch kein Bedürfnis für eine zusätzliche Erweiterung zu erkennen. Soweit ersichtlich, sind trotz Entwicklung zahlreicher neuer Kommunikationstechniken und Missbrauchsformen in den mehr als 25 Jahren seit Inkrafttreten des § 263a keine strafwürdigen Fälle bekanntgeworden, die von § 263a nicht erfasst worden wären (hierzu schon Tiedemann FS Kaiser S. 1383). c) Der Täter muss durch eine der genannten Tathandlungen den vermögenserheb- 26 lichen Datenvorgang und sein Ergebnis beeinflussen, ihn also zumindest mitbestimmen 55 (näher unten Rdn. 65 ff). Diese Beeinflussung tritt an die Stelle der Erregung eines Irrtums beim Menschen (entspricht ihr aber weder ontologisch noch wertungsmäßig, oben Rdn. 16; missverständlich BTDrucks. 10/318 S. 19). Sie ist Zwischenerfolg aller 52 53

Vgl. unten Rdn. 35 und 48 sowie Lackner/ Kühl Rdn. 5 m.w.N. BayObLG NJW 1994 960; Achenbach Jura 1991 228; Arloth CR 1996 363; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Ehrlicher S. 87; Fischer Rdn. 5; Gercke/Brunst Rdn. 184; Gogger S. 51; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 5; Haft BT S. 199 f und DSWR 1986 256; Hilgendorf SSW Rdn. 4; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 151; Lampe JR 1988 438 und 1990 349; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 658; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 235; Otto BT § 52 Rdn. 47; Rengier BT 1 § 14

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Rdn. 31; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 510; Wohlers MK Rdn. 56. Siehe nur Hellmann JuS 2001 353, 356; Lackner/Kühl Rdn. 5; weitergehend mit einer ausdrücklichen Analogieklausel das schweizer. StGB, vgl. bereits Rdn. 10. BTDrucks. 10/318 S. 19 f; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Lackner/Kühl Rdn. 22; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659; Möhrenschlager wistra 1986 133; Otto BT § 52 Rdn. 47; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 4; Tiedemann JZ 1986 869.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Tathandlungen.56 Dagegen braucht die Tathandlung nicht schon die bezweckte Vermögensdisposition (Vermögensverfügung) unmittelbar auszulösen (BTDrucks. 10/318 S. 19; Tiedemann JZ 1986 869). – Das Ergebnis des Datenverarbeitungsvorganges ist dann „beeinflußt“, wenn es von dem Arbeitsergebnis abweicht, das ohne die Tathandlung bzw. bei einem programmgemäßen Ablauf des Computers 57 erzielt worden wäre. Bei der 3. und 4. Variante reicht allerdings auch das unbefugte Ingangsetzen einer „richtigen“ DV aus.58 Dies zeigt erneut, dass die Beeinflussung zwar an die Stelle des Irrtums eines Menschen beim Betrug tritt, ihr aber nicht (oder nicht in jeder Hinsicht) entspricht (aA Haft Prot. 26/166).

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d) Die 1. Variante, die unrichtige Gestaltung des Programms, hat nach h.M. nur klarstellende Bedeutung, weil Programme Daten sind (Rdn. 20) und daher im Falle der Unrichtigkeit jedenfalls bei (eigener) „Verwendung“ (dazu Rdn. 38) auch unter die allgemeinere 2. Variante fallen.59 Die 1. Variante ist insoweit lex specialis. Sie ist vom Gesetzgeber wegen ihrer spezifischen Gefährlichkeit (Dauer- und Wiederholungswirkung der Programmmanipulation) besonders hervorgehoben worden (BTDrucks. 10/5058 S. 30). Die Tathandlung führt zu einer unrichtigen Verarbeitung der eingegebenen richtigen Daten und kann daher zugleich die 4. Variante erfüllen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5), die jedoch subsidiär ist (vgl. Rdn. 24). Unerheblich ist, ob die Manipulation von vornherein – bei Gestaltung des Programms – oder nachträglich vorgenommen, also das zunächst richtige Programm verfälscht wird.60 Ebenso ist die Art des Programms nicht entscheidend. Möhrenschlager (wistra 1986 132) nennt als Beispiele für unterschiedliche Programme Anwender-, Systemkontroll-, Quell- und Maschinenprogramme. Ähnlich weit ist der Begriff der Gestaltung. Er umfasst sowohl das Neuschreiben 28 ganzer Programme und Programmteile als auch das Hinzufügen (sog. Programmschleife bzw. Programmroutine), die Veränderung und das Löschen einzelner Programmablaufschritte, die Herstellung von Verzweigungen, welche Systemkontrollen umgehen, die Änderung von Bedingungen der Plausibilitätsprüfung und der Einbau sonstiger falscher Funktionen.61 Hierzu kann sich der Täter auch selbsttätig wirkender Programme bedienen; dies gilt etwa für sog. Java- oder Active-X-Programme, die durch Nutzung bestimmter Internetdienste aktiviert werden und die Finanzsoftware des Nutzers – von diesem unbemerkt – manipulieren, nämlich beim Homebanking zu ungewollten Banküberweisungen des Nutzers führen können, oder für sog. Dialer, die Verbindungen zum Internet – wiederum vom Benutzer unbemerkt – über kostspielige Servicenummern herstellen.62

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Fischer Rdn. 20; Gössel II § 22 Rdn. 30; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 511; Wessels/Hillenkamp Rdn. 604. Hilgendorf SSW Rdn. 28; Kindhäuser NK Rdn. 32; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 19; Wohlers MK Rdn. 17. Lackner/Kühl Rdn. 22; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 16; Wessels/Hillenkamp Rdn. 612; aA Wohlers MK Rdn. 18. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Duttge HK-GS Rdn. 5; Fischer Rdn. 6; Frey S. 191 f; Gercke/Brunst Rdn. 175; Gössel II § 22 Rdn. 20; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Haft NStZ 1987 7; Hilgendorf JuS 1997 131; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 139; Lackner/Kühl Rdn. 6; Maurach/Schroeder/

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Maiwald I § 41 Rdn. 231; Möhrenschlager wistra 1986 132; Otto BT § 52 Rdn. 33; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 7; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 500; Wessels/Hillenkamp Rdn. 609; Wohlers MK Rdn. 21; aA Lenckner/Winkelbauer CR 1986 655; zw. auch BTDrucks. 10/318 S. 20. Duttge HK-GS Rdn. 5; Hoyer SK Rdn. 25; Kindhäuser NK Rdn. 13; Lackner/Kühl Rdn. 6; Möhrenschlager wistra 1986 132; Wohlers MK Rdn. 23. Fischer Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 22; Möhrenschlager wistra 1986 132; Schlüchter S. 87 f. Siehe hierzu Buggisch NStZ 2002 178, 180 f; Duttge HK-GS Rdn. 6; Fischer Rdn. 6; Frank CR 2004 123, 125 ff; Fülling/Rath JuS 2005

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§ 263a

Neben diesen im Ansatz systemkonformen gibt es systemkonträre Programmmanipulationen, die nicht die dem Programm immanenten Programmablaufschritte ändern, sondern die vorhandenen durch nicht vorgesehene überlagern, insbesondere die zur Verhinderung von Manipulationen eingebauten Kontrollen umgehen.63 Die Bestimmung der Unrichtigkeit des Programms ist umstritten. Die Begründung des 29 RegE (BTDrucks. 10/318 S. 20) und ein Teil der Literatur (Bühler S. 98; Kindhäuser NK Rdn. 14; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5) stellen darauf ab, ob das Programm dem Willen des (der) Verfügungsberechtigten (krit. zu deren Bestimmbarkeit Frey S. 192 f) entspricht, wobei in Fällen der Täuschung durch den Täter der wahre Wille des Verfügungsberechtigten maßgebend sein soll (Möhrenschlager wistra 1986 132). Die in dem Wort „unrichtig“ enthaltene Abweichung von der Wirklichkeit (vgl. nur Tiedemann LK § 264 Rdn. 96) wird hier also auf die subjektive Sicht und Intention des Auftraggebers oder Verwenders (Systembetreibers) bezogen; gerade deshalb soll diese Interpretation der des Betrugstatbestandes entsprechen (BTDrucks. 10/318 S. 20). Lenckner/Winkelbauer (CR 1986 655) deuten diesen – von ihnen geteilten – subjektiven Richtigkeitsbegriff dahin, der Täter handle (auch) bei der 1. Variante des § 263a „unbefugt“. Vorherrschend ist demgegenüber eine objektive Betrachtungsweise, die sich als be- 30 trugsnäher (richtiger: vermögensschützender) versteht, da sie nicht auf den Schutz des über das Programm Verfügungsberechtigten, sondern auf den Schutz der an der Datenverarbeitung Beteiligten und damit auf die von der DV zu bewältigende Aufgabenstellung abhebt.64 Maßgebend für die „Täuschung“ des Computers soll nach dieser Auffassung sein, ob durch das Programm ein dem Zweck der jeweiligen Datenverarbeitung entsprechendes, objektiv zutreffendes Ergebnis entsteht (so dass z.B. ein vom Arbeitgeber gestaltetes Programm unrichtig ist, wenn es den Lohn der Arbeitnehmer niedriger errechnet als es der Leistung der Arbeitnehmer entspricht: Otto BT § 52 Rdn. 34). Häufig werden damit die gesetzlichen Voraussetzungen der Vermögensverschiebung maßgebend (vgl. nur Lackner/Kühl Rdn. 7); der Richtigkeitsbegriff wird also normativiert. Möglich ist auch, dass die unrichtige Programmierung von vornherein die Daten in einen anderen Zusammenhang bringt oder sie unterdrückt (BTDrucks. 10/318 S. 20; Lackner/Kühl Rdn. 7). Dagegen würde die Einengung der Unrichtigkeit auf betrugs- und schadensrelevante Tatsachen dazu führen, dass derjenige Programmierer straflos bleibt, der gegen den Willen des Verfügungsberechtigten (Systembetreibers) Falschberechnungen korrigiert, die zu Lasten Dritter erfolgen sollen. – Nach dieser herrschenden Auffassung kann also auch der Systembetreiber Täter sein (Wohlers MK Rdn. 22). Die herrschende Meinung erscheint als zutreffend. Nicht nur aus kriminalpolitischen, 31 sondern auch aus semantischen Gründen muss (ebenso) derjenige, der das Programm selbst gestaltet, vor allem es neu schreibt, die Gestaltung „unrichtig“ vornehmen können. Der Wille des Gestalters kann also nicht, jedenfalls nicht allein, Ausgangspunkt für die

63 64

598, 600 f; Gercke/Brunst Rdn. 177 und 209 bis 214; Hilgendorf SSW Rdn. 5; Kindhäuser NK Rdn. 60a; Lackner/Kühl Rdn. 6. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; Wohlers MK Rdn. 23. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Duttge HK-GS Rdn. 6; Fischer Rdn. 6; Gercke/ Brunst Rdn. 178; Gössel II § 22 Rdn. 21; Haft DSWR 1986 255 und NStZ 1987 7; Haß in Lehmann XII Rdn. 12; Hilgendorf

SSW Rdn. 5; ders. JuS 1997 131; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 139; Hoyer SK Rdn. 24; Kraatz Jura 2010 36, 39; Lackner FS Tröndle S. 55; Lackner/Kühl Rdn. 7; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 231; Otto BT § 52 Rdn. 34 und Jura 1993 613; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 7; Schlüchter S. 87 und JR 1993 49; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 501; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 609; Wohlers MK Rdn. 22.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

inhaltliche Bestimmung der Richtigkeit des Programms sein. Maßstab für diese Bestimmung ist allgemein – in Anlehnung an das sonstige Betrugsstrafrecht – die objektive Wirklichkeit (krit. Kindhäuser NK Rdn. 14). Sie besteht primär aus Tatsachen, bei fehlender Beschränkung des Gesetzes auf solche aber auch aus sonstigen Umständen und Gegebenheiten (vgl. nur Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 78). Zu diesen gehört auch das Verhältnis zwischen den Beteiligten mit seinen gesetzlichen, vertraglichen usw. Regelungen und Voraussetzungen. Vermögensschutz dieser Beteiligten kann durch § 263a (1. Var.) nur erreicht werden, wenn die Richtigkeit der Arbeitsanweisung auf das ordnungsmäßige Funktionieren der DV als Hilfsmittel zur Erfüllung der Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten bezogen wird. Insoweit ist es zutreffend, von einem (konkreten) Zweck der DV zu sprechen, wie es insbesondere Lackner (FS Tröndle S. 55) vorschlägt. Allerdings entfernt sich § 263a (entgegen Lackner FS Tröndle S. 55 f) auch und bereits mit dieser Auslegung von den „falschen“ oder entstellten Tatsachen des § 263 Abs. 1, da dieser abgesehen von Ausnahmefällen gerade keine unrichtige „Gestaltung“ des menschlichen Denk- und Entscheidungsprozesses kennt, sondern sich gleichsam auf die 2. Variante des § 263a, die Mitteilung falscher Informationen, beschränkt. (Denkbar und möglich ist bei § 263 allerdings eine Täuschung über Regeln, Konventionen, Gesetze usw.; vgl. Haft Prot. 26/165. Ein hauptsächlicher Anwendungsbereich des Betruges ist dies aber nicht, und einschlägige Fälle müssen gerade als Falschinformation über Tatsachen konstruiert werden.) Jedoch hält sich die auch hier favorisierte Auslegung in einem legitimen Rahmen, da dieser durch Kriterien aufgefüllt und abgesteckt wird, wie sie zur (normativen) Bestimmung der Unrichtigkeit bei konkludenten Täuschungen im Rahmen des allgemeinen Betrugstatbestandes verwandt werden (näher dazu Rdn. 44). Zugleich erweist es sich, da die 1. Variante bei § 263 keine praktisch bedeutsame Parallele findet, als sinnvoll, dass der Gesetzgeber diese Variante selbstständig benannt und vorangestellt hat.

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e) Die 2. Variante, die Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, hat nicht nur die bisher häufigste (Eingabe- oder Input-)Manipulation zum Gegenstand, sondern stellt auch am ehesten eine Parallele zur Täuschungshandlung beim Betrug dar.65 Anstelle des allgemein für überholt erachteten Wortlauts der Täuschungsbeschreibung bei § 263 orientierte sich der Gesetzgeber am neueren Sprachgebrauch, wie er auch von §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, 265b Abs. 1 Nr. 1 verwendet wird (BTDrucks. 10/318 S. 20). In Entsprechung zum menschlichen Denkprozess, der durch die Täuschungshandlung beeinflusst werden soll, werden dem Computer falsche Tatsachen (Daten) „mitgeteilt“, nämlich zur Verarbeitung eingegeben. Das „Verwenden“ der unrichtigen oder unvollständigen Daten besteht allgemein und jedenfalls im Einführen der Daten in den Verarbeitungsvorgang, der beginnt oder bereits abläuft (näher unten Rdn. 36).66 Unrichtig sind die Daten damit – wie die Informationen (Tatsachen) bei §§ 263, 33 264 –, wenn sie nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 96 mit Nachw.), nämlich den Lebenssachverhalt unzutreffend wiedergeben.67 Die 65

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Kindhäuser NK Rdn. 16; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 6; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 502; vgl. aber auch Frey S. 188 ff. Fischer Rdn. 7; Kindhäuser NK Rdn. 16; Lackner FS Tröndle S. 54; Lackner/Kühl Rdn. 9; Otto Jura 1993 613; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 6; Wohlers MK Rdn. 29.

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Bandekow S. 236; Bühler S. 71; Fischer Rdn. 7; Frey S. 188; Gercke/Brunst Rdn. 181; Haft DSWR 1986 256; Hilgendorf SSW Rdn. 6; Kindhäuser NK Rdn. 17; Lackner/Kühl Rdn. 10; Otto BT § 52 Rdn. 37 und Jura 1993 613; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 6; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 503; auch Gössel

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Computerbetrug

§ 263a

durch die Daten dargestellten Informationen müssen also falsch sein (Hilgendorf JuS 1997 131). Der Begriff der Unrichtigkeit ist – wie auch sonst im Betrugsstrafrecht – objektiv auszulegen und auf Tatsachen beschränkt (Schlüchter S. 88 Fn. 315a). Prognosen, Werturteile usw. kommen nur insoweit in Betracht, als ihre gegenwärtige Tatsachenbasis in Frage steht. Die Daten sind unvollständig, wenn sie den Lebenssachverhalt nicht hinreichend 34 erkennen lassen,68 seinen Sinn also insbesondere durch Weglassen erheblicher Umstände entstellen (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 97 mit Nachw.). Der Unterschied der Verwendung unvollständiger Daten zum Unterlassen (vollständiger Angaben, dazu unten Rdn. 64) besteht nach allgemeinen Grundsätzen darin, dass es hier – beim positiven Tun – um das Weglassen von Teilaussagen zu einem einheitlichen Sachverhalt geht (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 97). Nicht erfasst von § 263a sind hingegen Konstellationen, bei denen die Datenverarbeitung pflichtwidrig völlig unterbleibt, also überhaupt keine Daten verwendet werden.69 Schwierigkeiten können die Fälle bereiten, in denen bei § 263 eine konkludente Täu- 35 schung von natürlichen Personen angenommen wird, vor allem soweit das Vorhandensein einer Befugnis und/oder das Fehlen von Manipulationen als miterklärt gilt. Für die erstgenannte Konstellation wurde im Gesetzgebungsverfahren bezweifelt, ob insbesondere die Verwendung der ec-Karte an Geldautomaten (Bankomaten) durch nichtberechtigte Dritte (z.B. Diebe oder Finder der Karte) als Verwendung unrichtiger Daten verstanden werden kann, obwohl der Computer die Befugnis nicht prüft (vgl. bereits Rdn. 3); dieser Zweifel hat bekanntlich zur Aufnahme der 3. Variante in den Tatbestand geführt. Hieraus wird man folgern müssen, dass die Richtigkeit bei der 2. Variante nicht auch auf die Berechtigung zu beziehen ist, die „betrugsnahe Auslegung“ (vgl. bereits Rdn. 3 a.E.) also jedenfalls hier nicht zur Ausweitung führen soll. Im Gegenteil ist bei der 2. Variante die Auslegung insofern „computerspezifisch“ vorzunehmen, als Daten und Informationen, auf die der Computer programmgemäß nicht reagiert (z.B. weil Missbrauchserkennungsmodule fehlen), nicht als unrichtig oder unvollständig angesehen werden können.70 Dies gilt auch für sonstige Missbräuche, soweit das Programm nicht auf ihre Erkennung angelegt ist, sei es für die Rückgabe entwendeten Pfandleerguts am Automaten (Duttge HK-GS Rdn. 9; Fischer Rdn. 7) oder die Benutzung eines zulässigen Signalisierungsverfahrens, um unter Ausnutzung eines im Risikobereich des Mobilfunkbetreibers liegenden Programmfehlers unentgeltlich zu telefonieren (OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 334). Infolge der nicht untypischen Beteiligung mehrerer Personen bei der Erstellung der 36 Informationen, bei ihrer Kodierung und bei der Eingabe der Daten in die DV kann fraglich sein, wie weit die Tathandlung und der Täterkreis beim Verwenden zu ziehen sind.

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II § 22 Rdn. 19; Hoyer SK Rdn. 26; Wohlers MK Rdn. 27. Fischer Rdn. 7; Gercke/Brunst Rdn. 181; Haft DSWR 1986 256; Hilgendorf SSW Rdn. 6; Kindhäuser NK Rdn. 17; Otto BT § 52 Rdn. 37 und Jura 1993 613; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 6; Stuckenberg ZStW 118 (2006) 878, 907; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 503; Wohlers MK Rdn. 27; auch Gössel II § 22 Rdn. 19 („Information über einen nicht so existierenden Gegenstand“) und Lackner/Kühl

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Rdn. 10 m.w.N. („pflichtwidriges Vorenthalten“ wahrer Tatsachen; zust. Bühler S. 71 und Hilgendorf JuS 1997 131). Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 143; Lackner/Kühl Rdn. 10; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 654, 657; Wohlers MK Rdn. 32. Vgl. für den Bankomatenmissbrauch Duttge HK-GS Rdn. 9; Kindhäuser NK Rdn. 17; Schlüchter JR 1993 495; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 503; aA Wohlers MK Rdn. 27; für das Online-Banking Stuckenberg ZStW 118 (2006) 878, 907.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Der Gesetzgeber hat bewusst nicht auf die Eingabe (so noch der Vorschlag der Sachverständigen-Kommission), sondern auf die „Verwendung“ falscher Daten abgestellt (BTDrucks. 10/318 S. 20). Daher besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass nicht nur der unmittelbar (mechanisch) die Daten Eingebende (z.B. Operator oder Terminalbenutzer) erfasst wird, sondern auch mittelbar Eingebende bzw. die Eingabe vorbereitende Personen wie das sog. Datenerfassungspersonal (z.B. Datentypisten) sowie Sachbearbeiter, aber auch Außenstehende, die falsche Daten oder noch nicht maschinenlesbare sog. Urbelege (z.B. Rechnungen) liefern und auf diese Weise das Ergebnis des vermögenserheblichen Datenverarbeitungsvorgangs beeinflussen.71 Umstritten ist allerdings zum einen, ob die Zwischenschaltung von Personen nach den Grundsätzen mittelbarer Täterschaft zu beurteilen, also nur die Einschaltung gutgläubiger Dritter für die Bejahung von § 263a unschädlich ist. Dies bejaht die überwiegende Ansicht, so dass vorsätzliches Handeln – insbesondere Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit – der Zwischenperson den Hintermann, der hiervon Kenntnis hat, zum bloßen Teilnehmer werden lässt.72 – Streitig ist zum anderen, ob von dieser Behandlung solche Zwischenpersonen auszunehmen sind, die den Dateninhalt sachlich nachzuprüfen haben, also taugliche Adressaten einer Täuschung i.S.d. § 263 sind. Die überwiegende Auffassung lehnt eine solche Ausnahme ab, da die Prüfungspflicht der Zwischenperson die Annahme mittelbarer Täterschaft des Hintermannes nicht berühre,73 während eine Gegenauffassung im Hinblick auf die Auffangfunktion des § 263a ganz grundsätzlich nur § 263 für einschlägig hält, wenn die Zwischenperson selbst getäuscht wird, und § 263a dann allein auf die die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit erkennende und die Daten verwendende Zwischenperson anwenden will.74 Ähnliche Streitfragen zur Auswirkung der Auffangfunktion (auf die Tatbestands37 mäßigkeit oder erst auf die Konkurrenzen) sind von § 265a bekannt (Tiedemann LK § 265a Rdn. 21), und die Frage der Entscheidungs- und Kontrollbefugnis eingeschalteter Personen ist auch bei § 264 – wenngleich in anderem Zusammenhang – umstritten (Tiedemann LK § 264 Rdn. 37). Bei § 263a halten Lenckner/Winkelbauer (CR 1986 656) die Täuschung der entscheidungsbefugten Zwischenperson deshalb für tatbestandsausschließend, weil der Schaden nicht durch die Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, sondern durch die Täuschung eines Menschen verursacht werde. Zur Beantwortung dieser Streitfragen um die Auslegung des Verwendungsbegriffes 38 bei § 263a ist davon auszugehen, dass der Datenbegriff (oben Rdn. 20 f) dazu zwingt, jedenfalls bei Lieferung von Informationen und Unterlagen, die erst noch in maschinenlesbare Daten umgesetzt (kodiert) werden müssen, die Grundsätze mittelbarer Täterschaft anzuwenden, da eine solche Lieferung noch keine Verwendung von „Daten“ darstellt (aA Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4). Sobald dagegen die Kodierung der Information als Datum erfolgt ist, steht nichts entgegen, jede Weitergabe in Richtung auf die eigentliche Datenverarbeitung als eigene Täterschaft zu verstehen, da der Gesetzgeber diese gerade nicht auf die Eingabe beschränkt hat. Ähnlich wie bei § 264a (Tiedemann/

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Vgl. BTDrucks. 10/318 S. 20; Gössel II § 22 Rdn. 8; Hilgendorf SSW Rdn. 7; Hoyer SK Rdn. 27; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 502; Wohlers MK Rdn. 29 mit Nachw. zur Gegenansicht. Lackner FS Tröndle S. 54 f; Lackner/Kühl Rdn. 9; wohl auch Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 6 und Haß in Lehmann XII Rdn. 9.

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Kindhäuser NK Rdn. 41; Lackner/Kühl Rdn. 9; Otto BT § 52 Rdn. 36 und Jura 1993 613. Hoyer SK Rdn. 13; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 656; Möhrenschlager wistra 1986 132.

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Computerbetrug

§ 263a

Vogel LK Rdn. 102) kann allerdings bloße Verursachung der Weitergabe und Eingabe nicht ausreichen; vielmehr ist auch hier begrenzend das Kriterium der Tatherrschaft heranzuziehen. Daher geht die von Otto (BT § 52 Rdn. 35) vertretene Auslegung des „Verwendens“ als „Nutzung“ der Daten „bei“ der DV zu weit, jedenfalls wenn sie nicht als Benutzung, sondern im Sinne von Nutzen-Ziehen verstanden wird (im ersten Sinne aber zutr. Gössel II § 22 Rdn. 8 m.w.N.). Die h.M. verlangt „Einführung“ der Daten gerade in den Datenverarbeitungsprozess,75 was nach Otto (Jura 1993 613) bei der hier in Frage stehenden 2. Variante „nach den relevanten Sachverhalten … in jedem Fall vorauszusetzen ist“. Es muss also für die Vollendung der Tat zu irgendeinem Zeitpunkt zu einer – wenn auch nicht persönlich durch den Täter vorgenommenen – Eingabe der Daten kommen. Die Erkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit durch eine Zwischenperson, welche die Daten weitergibt und folglich selbst vorsätzlich verwendet, wird die Tatherrschaft des Hintermannes in der Regel ausschließen bzw. unterbrechen. Die bloße Tatsache dagegen, dass die Zwischenperson entscheidungs- oder kontrollberechtigt ist, ihr gegenüber – bei entsprechender Kenntnis des Hintermannes – also eine Täuschungshandlung und ein Betrug begangen werden kann, könnte die Anwendung des § 263a nur ausschließen, wenn im Verhältnis zu § 263 tatbestandliche Exklusivität besteht. Auch diese Annahme ist umstritten.76 Die historische Lückenschließungsfunktion des § 263a spricht für den bereits oben Rdn. 17 bejahten Vorrang des § 263; gegen die Annahme von Exklusivität sprechen die oben Rdn. 2 erwähnten Abgrenzungszweifel bei der Bestimmung des Ausmaßes der Kontrolltätigkeit insbesondere bei bloßer Prüfung von Formalien oder Vornahme von Stichproben. Die Streitfrage hat nur sehr eingeschränkte praktische Bedeutung und kann daher für die praktische Rechtsanwendung ähnlich wie bei § 265a (Tiedemann LK Rdn. 22) letztlich offen bleiben sowie auf die Konkurrenzebene verwiesen werden. Die Fallkonstellation vorhandenen Betrugsvorsatzes bei objektiv fehlendem Irrtum der Kontrollperson wird daher unten Rdn. 73 weiter behandelt und gelöst. Vor allem unter Schutzbereichserwägungen umstritten ist schließlich, ob die Unrich- 39 tigkeit oder Unvollständigkeit bei der Verwendung einer Angabe (z.B. die unrichtige Behauptung eines Vertragsschlusses) für § 263a deshalb unbeachtlich ist, weil sie gegenüber einer natürlichen Person irrelevant wäre, nämlich mangels Prüfung zu keinem Irrtum führte. Praktisch betrifft dies vor allem das automatisierte Mahnverfahren nach § 689 Abs. 1 Satz 2 ZPO: Seit 1976 prüft das Gericht (Rechtspfleger) im Mahnverfahren den Wahrheitsgehalt der Angaben des Antragstellers zur Schlüssigkeit des Anspruchs nicht (mehr) nach; allerdings ist anstelle einer Substantiierung jedenfalls eine Individualisierung des Anspruchs (zwecks Abgrenzung gegenüber anderen Ansprüchen) erforderlich (vgl. nur BGH[Z] NJW 1981 876). Hieraus folgt, dass Falschangaben zur Substantiierung des Anspruchs bei Einschaltung eines Rechtspflegers in den Erlass des Mahnbescheides keinen (vollendeten) Betrug nach § 263 (und allenfalls einen versuchten Betrug wegen billigender Inkaufnahme der ausnahmsweise erfolgenden Prüfung) bedeuten (vgl. Tiedemann LK § 263 Rdn. 90, aber auch OLG Düsseldorf NStZ 1991 586). Eine ver-

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Arloth CR 1996 363 mit Nachw.; Fischer Rdn. 8; Hilgendorf JuS 1997 131; Lackner/ Kühl Rdn. 9; Lampe JR 1990 348 (nur für die 2. Variante); Neumann CR 1989 719, JuS 1990 536 und JR 1991 304; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 8 (und 10); Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 502.

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Dafür Fischer Rdn. 38; Hoyer SK Rdn. 63; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660; Möhrenschlager wistra 1986 132; dagegen Haß in Lehmann XII Rdn. 11; Lackner FS Tröndle S. 55.

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breitete Ansicht lehnt daher auch für das automatisierte Verfahren einen (vollendeten) Computerbetrug ab, um den Schutzbereich des § 263a nicht in einen (Wertungs-)Widerspruch zu § 263 zu bringen.77 Die Gegenansicht78 kann sich darauf stützen, dass der Computerbetrug vom Gesetzgeber als eine neben Täuschung, Drohung, Gewalt und Treuwidrigkeit neue Angriffsform im Vermögensstrafrecht konzipiert ist (BTDrucks. 10/5058 S. 30; oben Rdn. 13), die daher teilweise durchaus zu Strafbarkeitsausweitungen führen kann. Zudem ist zu bedenken, dass die zivilprozessuale Wahrheitspflicht auch im Mahnverfahren gilt.79 Schließlich liegen unrichtige Angaben im Mahnverfahren auch nicht außerhalb des Schutzzwecks des § 263a. Denn wenn der Tatbestand das Vermögen schützt (oben Rdn. 13), so kann dieses durch Falschangaben im Mahnverfahren durchaus gefährdet werden (wenn auch in konkreter Weise erst mit Ablauf der Widerspruchsfrist). Jedenfalls kann die Unrichtigkeit dann schwerlich in Frage gestellt werden, wenn die einschlägige Information vom Computerprogramm erhoben wird. In Wahrheit geht es hier daher um das Problem der Beeinflussung des Ergebnisses der Datenverarbeitung durch die Falschangabe, in der Sprache des § 263 um ihre Kausalität für die Vermögensverfügung (dazu unten Rdn. 68).

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f) Die 3. Variante, die unbefugte Verwendung von Daten, geht ausweislich der Entstehungsgeschichte (oben Rdn. 3) davon aus, dass die verwendeten Daten „richtig“ im Sinne der vom Computerprogramm zugrunde gelegten Informationen sind und daher den Zugang zum Computer eröffnen. Sie unterscheidet sich also von der 2. Variante dadurch, dass die Daten objektiv richtig sind und ohne Befugnis verwendet werden (Frey S. 194). Das Fehlen der Befugnis gehört zum Tatbestand (und stellt kein allgemeines Verbrechensmerkmal dar),80 da befugtes Handeln hier völlig unrechtsneutral ist, also nicht den Tatbestand als Unrechtsvertypung zu erfüllen vermag. Nach verbreiteter Ansicht soll das „Verwenden“ wie bei der 2. Variante auszulegen 41 sein.81 Dies ist aber dann zu weit,82 wenn das Verwenden als Nutzen oder Benutzen verstanden wird (vgl. oben Rdn. 38), würde bei solcher Auslegung doch auch die Verwendung ausgedruckter (entkodierter) Daten tatbestandsmäßig sein.83 Zwar stellt das zusätzliche Erfordernis der Beeinflussung der Datenverarbeitung sicher, dass die Verwen-

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A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Bieber WM 1987 Beil. 6 S. 26; Duttge HK-GS Rdn. 10; Haß in Lehmann XII Rdn. 10; Hilgendorf SSW Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 30; Kraatz Jura 2010 36, 41; Krey/Hellmann Rdn. 512f; Lackner/Kühl Rdn. 20; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 656; Maurach/Schroeder/ Maiwald I § 41 Rdn. 232; Meurer FS Kitagawa S. 978; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 9; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 6; Wessels/Hillenkamp Rdn. 609; Wohlers MK Rdn. 28. RegE BTDrucks. 10/318 S. 20 f; Dannecker BB 1996 1289; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Haft NStZ 1987 8; Kindhäuser NK Rdn. 18; Möhrenschlager wistra 1986 132; Münker S. 70 ff; Otto BT § 52 Rdn. 37; Schlüchter S. 88. Dannecker BB 1996 1289; Granderath DB

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1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Kindhäuser NK Rdn. 18; Möhrenschlager wistra 1986 132; Tiedemann LK § 263 Rdn. 90 m.w.N.; Wagner MK ZPO § 138 Rdn. 1. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Fischer Rdn. 10; Gössel II § 22 Rdn. 13; Gogger S. 54; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4; Hoyer SK Rdn. 31; Kindhäuser NK Rdn. 21; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 657; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 11; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; Wohlers MK Rdn. 35. Vgl. nur BayObLG NJW 1991 438, 440; Bühler S. 99; Wohlers MK Rdn. 35; aA Lampe JR 1990 348. Ebenso Fischer Rdn. 9; Hoyer SK Rdn. 32; Kindhäuser NK Rdn. 20. So allerdings Hilgendorf JuS 1997 131; Lampe JR 1990 348; vgl. aber auch Haurand/Vahle RDV 1990 133.

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§ 263a

dung gegenüber der DV-Anlage erfolgt (hierauf stellt Ranft JuS 1997 21 auf der Grundlage der Ansicht ab, die 4. Variante sei Grundtatbestand des gesamten § 263a; dazu oben Rdn. 24). Dem entspricht die bereits Rdn. 38 angeführte Definition Rengiers (BT 1 § 14 Rdn. 10) als Einführung „gerade in den Datenverarbeitungsprozess“. Jedoch ist es zufällig und für die Strafwürdigkeit nicht entscheidend, dass gegenüber dem Computer Informationen benutzt werden, die zuvor kodiert waren: Maßgebend ist die (eventuell: erneute) Kodierung unmittelbar vor, während oder nach der Eingabe (vgl. bereits Rdn. 21). – Besonders umstritten ist, was „unbefugt“ im Einzelnen bedeutet. Dabei zielen die diskutierten Kriterien teilweise auf den allgemeinen Wortsinn, teilweise aber auch auf das geschützte Rechtsgut und andere (die Strafbarkeit einschränkende) Gesichtspunkte ab: Am weitesten gehen die Ansichten, die als „unbefugt“ jede vertragswidrige, dem 42 wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Rechtsgutsinhabers (DV-Betreibers) widersprechende Datenverarbeitung ansehen. Diese Kriterien werden teils gleichgesetzt oder kombiniert,84 teils einzeln und getrennt benutzt. So will Otto unter Berufung auf den Wortsinn jede Verwendung von Daten erfassen, welcher „der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten entgegensteht“ (BT § 52 Rdn. 40; vgl. auch Kindhäuser NK Rdn. 27). Maiwald bezieht hingegen die Zweckwidrigkeit der Datenverwendung auf das „vertraglich vereinbarte Dürfen“.85 Nur den „wirklich bestehenden Willen“ des Verfügungsberechtigten hält Gössel II (§ 22 Rdn. 13) für relevant. BGHSt 40 334 f folgert – allerdings für die 4. Variante – aus dem geschützten Rechtsgut des Individualvermögens, dass dem subjektiven Willen seines Trägers maßgebliche Bedeutung zukomme (unter Berufung auf Mitsch JZ 1994 883 f); daher könne „sein Erwartungshorizont, soweit dieser sich an vernünftigen Gründen orientiert und erkennbar in Erscheinung tritt, nicht außer Betracht bleiben“, und es sei darauf abzustellen, ob der DV-Betreiber die Benutzung „ausdrücklich oder stillschweigend gestattet hat“ oder dies „seinem mutmaßlichen Willen entspricht“ (BGHSt 40 335). Diese auf den ersten Blick mehr oder weniger identischen, nämlich auf eine subjek- 43 tivierende Auslegung hinauslaufenden Argumente (Hilgendorf SSW Rdn. 14; ders. JuS 1997 132)86 unterscheiden sich bei näherer Betrachtung nicht unerheblich: Maiwald schlägt der Sache nach eine zivilrechtsakzessorische Lösung vor und will damit bloßes Vertragsunrecht unter Inkaufnahme einer allgemeinen „Computeruntreue“ pönalisieren (zutr. Hoyer SK Rdn. 15). Der von Otto als maßgeblich angesehene ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten sowie dessen von BGHSt 40 331 betonter Erwartungshorizont führen der Sache nach Kriterien der Einwilligung ein, wie sie von § 242 bekannt und auch dem Leistungsentziehungsdelikt des § 265a eigen sind (vgl. Tiedemann LK § 265a Rdn. 36 ff); die tatsächlich erteilte Einwilligung wird aber durch den Gesichtspunkt der Vernünftigkeit korrigiert und mit dem des mutmaßlichen Willens und der stillschweigenden Gestattung auslegungsbedürftig und -fähig, also stark normativiert (Neumann StV 1996 375): Wer Kenntnis von dem Programm eines Geldspielautomaten rechtswidrig (!) erlangt habe und an einem solchen Automaten einsetze, handele unbefugt, da es (auch) auf die Art der Erlangung der eingesetzten Kenntnisse ankomme (BGHSt 40 335, wo aber offengelassen wird, ob dieses unbefugte Handeln eine „Verwen84 85 86

Vgl. auch die Darstellung bei Bühler S. 112 ff. Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 233. In diesem Sinne neben den bereits im Text

Zitierten auch Bühler S. 134 und MDR 1991 16; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 657; Popp JuS 2011 385, 392; Ranft JuS 1997 22; Scheffler/Dressel NJW 2000 2645 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

dung“ von „Daten“ i.S.d. 3. Variante darstellt). Bei Einsatz unerlaubter Hilfsmittel werde der Risikobereich des Automatenbetreibers überschritten; dessen Vorbehalt betreffe nicht nur seine Motivation, sondern stelle „eine grundlegende Voraussetzung für befugtes Spielen“ dar (BGHSt 40 335 gegen Schlüchter NStZ 1988 59). Der Sache nach reicht auch nach dieser Auffassung vertragswidrige Nutzung der Daten für die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit aus (zum zivilrechtlichen Vertragsschluss Ranft wistra 1987 80 ff; auch Tiedemann LK § 265a Rdn. 14 mit Nachw.). – Die Richtigkeit dieser subjektivierenden, aber durch objektive Kriterien korrigierten Sicht bestimmt sich letztlich nach der Rechtsnatur des § 263a, verdient also auf der Grundlage der hier vertretenen Deutung (oben Rdn. 16) keine Unterstützung. Auch muss bezweifelt werden, dass diese Auslegung „klar und einfach handhabbar“ ist (so aber Hilgendorf JuS 1997 132). Im Übrigen erscheint schon der Ausgangspunkt fraglich, dass die Maßgeblichkeit des subjektiven Willens des Rechtsgutsinhabers aus der individualisierenden Rechtsgutsbestimmung des § 263a folge und dass die Subjektivierung des Schutzes zum Ausschluss illegal erworbener Kenntnisse führe.87 Zur weiteren Kritik Mühlbauer wistra 2003 244, 245 ff; Wohlers MK Rdn. 42 und 44. Erklärtermaßen mit restriktiver Zielsetzung bei der Auslegung des § 263a stellt eine 44 weitere Meinung(sgruppe) darauf ab, ob die Handlung des Täters täuschungsähnlich bzw. täuschungsäquivalent ist.88 Dies soll entsprechend der von § 269 ausdrücklich angeordneten Vergleichsmethode danach bestimmt werden, ob bei Einsatz der Daten bzw. Informationen gegenüber einer natürlichen Person eine zumindest konkludente Täuschung oder eine garantenpflichtwidrige Täuschung durch Unterlassen anzunehmen wäre.89 Angesichts der Unsicherheit bei der Inhaltsbestimmung des Begriffes des Erschleichens bei § 265a (vgl. dazu Tiedemann LK Rdn. 34 ff) sollte allerdings entgegen Lampe (JR 1988 438 f) trotz der schon oben Rdn. 16 erwähnten teilweisen Strukturähnlichkeit des § 263a das Fehlen der Befugnis nicht an jenem Tatbestand (zutr. Bernsau S. 164 ff), sondern mit der wohl überwiegenden Ansicht des Schrifttums und einiger Oberlandesgerichte an der Parallele zu § 263 ausgerichtet werden (vgl. allerdings auch unten Rdn. 49). Diese „betrugsspezifische“ Auslegung schränkt entsprechend dem Willen des historischen Gesetzgebers (oben Rdn. 3 a.E.) den natürlichen Wortsinn ein und führt in Anwendung von Kriterien der konkludenten Täuschung beim Betrug (und der Betrugsstrafbarkeit durch Unterlassen) jedenfalls dann zur Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit, wenn die Befugnis des Täters zu den Grundlagen des jeweiligen Geschäftstyps gehört und nach der Verkehrsanschauung als selbstverständlich vorhanden vorausgesetzt oder aber über das Fehlen der nach dem Geschäftstyp vorausgesetzten Deckung nicht aufgeklärt

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Schulz JA 1995 540; Zielinski NStZ 1995 346. OLG Dresden StV 2005 443; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998 137, 137; OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 334; OLG Köln NJW 1992 125, 126; OLG Zweibrücken CR 1994 241; LG Bonn NJW 1999 3726; Altenhain JZ 1997 757; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 32; Buermeyer HRRS 2004 285, 288; Duttge HK-GS Rdn. 15; Fischer Rdn. 11; Haß in Lehmann XII Rdn. 14; Hoyer SK Rdn. 19 und 33; Kempny JuS 2007 1084, 1085; Krey/Hellmann Rdn. 513; Lackner

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FS Tröndle S. 52; Lackner/Kühl Rdn. 13; Lampe JR 1988 437; Meier JuS 1992 1019; Mühlbauer wistra 2003 244, 248; ders. NStZ 2003 650, 651; Niehaus/Augustin JR 2008 436, 437; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 14; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 9; Schlüchter S. 90 f und NStZ 1988 59; Valerius JA 2007 778, 780; Wessels/Hillenkamp Rdn. 613; Wohlers MK Rdn. 44; Zielinski CR 1992 223 und NStZ 1995 347. Ausführlich und grundlegend Lackner FS Tröndle S. 53 ff; ebenso bereits Schlüchter S. 90 f.

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§ 263a

wird.90 Als unbefugt erweist sich daher etwa die Rückgabe entwendeten Pfandguts an einem Rücknahmeautomaten.91 Dass die betrugsspezifische Auffassung zu unbestimmt sei (so vor allem Achenbach Jura 1991 228; Hilgendorf JuS 1997 132; zusammenfassend zur Kritik Kindhäuser NK Rdn. 25 f), kann gerade im Vergleich zu der vorgenannten subjektivierenden Auffassung nicht ernsthaft behauptet werden (vgl. freilich auch unten Rdn. 49). Allerdings tritt durch Verwendung der zu § 263 anerkannten Kriterien eine weitreichende Normativierung der Täuschungshandlung ein, die jedoch ebenso wenig die subjektivierende Auslegung zu vermeiden weiß (oben Rdn. 43). Diese Normativierung vermag gerade auch die von Lampe (JR 1990 349) für entscheidend erachtete „Betrugsähnlichkeit des Gesamtverhaltens“ zu erfassen und löst sich hinreichend von dem menschlichen Interaktionsprozess, um die Täuschung des Computers zu definieren: Neben dem Vergleich mit der Täuschung menschlicher Interaktionspartner gibt die „Manipulation“ der sächlichen Umwelt, also die für § 263 irrelevante Objektsveränderung, der Handlung und ihrer Bewertung das Gepräge. Dabei schließt der Betrugsvergleich vor allem bloße Ordnungsverstöße aus. Beispielsweise ist die Datenverwendung in Ausnutzung einer Fehlfunktion der Datenverarbeitung in der Regel nur ein Ordnungsverstoß (etwa wenn der Täter bemerkt, dass der Glücksspielautomat funktionswidrig auf jedes Betätigen der Risikotaste hin hohe Gewinne ausschüttet, und sodann die Risikotaste mehrfach betätigt). Entsprechendes gilt für das Ausnutzen eines internen Fehlers in dem Gebührenerfassungssystem eines Mobilfunkbetreibers, der bei Wahl eines zulässigen Signalisierungsverfahrens ein unentgeltliches Telefonieren ermöglicht (OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 334).92 Eine ebenfalls restriktive („computerspezifische“) Auslegung will schließlich darauf 45 abstellen, ob sich der der Datenverwendung entgegenstehende Wille des Betreibers im Computerprogramm niedergeschlagen hat, also die verwendeten Daten bei der Programmgestaltung berücksichtigt sind.93 Diese Ansicht ist abzulehnen, da sie den Anwendungsbereich der 3. Variante übermäßig verengt, nämlich im Wesentlichen mit dem der 2. Variante zusammenfallen lässt (siehe nur Kindhäuser NK Rdn. 24; Wohlers MK Rdn. 41): Fragt der Computer die Zugangsberechtigung ganz oder teilweise ab, so erfüllt die Eingabe von insoweit unrichtigen Daten die 2. Variante (vgl. bereits oben Rdn. 35).

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Vgl. insbesondere OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 334; Lackner FS Tröndle S. 49 f, 53; Lackner/Kühl Rdn. 13; Mühlbauer wistra 2003 244, 249; ders. NStZ 2003 650, 651; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 504; ferner Fischer Rdn. 11; Wohlers MK Rdn. 44. Hilgendorf schlägt dagegen eine betrugsnahe Interpretation unter Anknüpfung an den Irrtum vor und verlangt eine personersetzende (JR 1997 347, 349 f) bzw. intellektersetzende (JuS 1999 542, 543) Funktion der Datenverarbeitung. Rengier BT 1 § 14 Rdn. 5; Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck Jura 2006 821, 824 (jedoch fehlt es an der Unmittelbarkeit der dadurch mitbestimmten Vermögensverfügung, wenn ein ausgegebener Pfandbeleg noch an der Kasse eingelöst werden muss); aA Hellmann JuS 2001 353, 355 f.

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Siehe ferner Fischer Rdn. 11b; Hilgendorf/ Frank/Valerius Rdn. 150; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 30a; Wessels/Hillenkamp Rdn. 613; Wohlers MK Rdn. 53. OLG Celle CR 1989 1003 mit insoweit zust. Bspr. Neumann JuS 1990 535, 537; LG Duisburg CR 1988 1027; LG Freiburg NJW 1990 2635, 2636 f; LG Ravensburg StV 1991 214, 215 mit Anm. Herzog S. 215, 217 (mit fragwürdiger kriminalpolitischer und kriminologischer Begründung); Achenbach JR 1994 295 und bereits Jura 1991 227 (der dies zu Unrecht als die überwiegend vertretene Ansicht bezeichnet); Arloth Jura 1996 357 f; Haurand/Vahle RDV 1990 133; Neumann JuS 1990 535, 537, JR 1991 305 sowie StV 1996 375.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Enthält das Computerprogramm in diesem Sinne (funktionierende) Missbrauchserkennungsmodule, so tritt der Automat im Übrigen gar nicht in Funktion mit der Folge, dass allenfalls versuchter Computerbetrug nach Absatz 2 vorliegen kann (ebenso Fischer Rdn. 10a). Die „computerspezifische“ Auslegung eröffnet somit der 3. Variante keinen sinnvollen Anwendungsbereich und ist zu eng (zutr. Bernsau S. 163 f), weil sie bereits den vom historischen Gesetzgeber gezielt inkriminierten Missbrauch des Bankomaten durch eindeutig Nichtberechtigte (Kartendieb!) straflos stellt. Sie trägt freilich viktimodogmatischen Anliegen des Opferselbstschutzes Rechnung und schränkt die Strafbarkeit im Sinne der oben Rdn. 5 mitgeteilten kriminalpolitischen Sichtweise ein. Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Auslegungskriterien, insbesondere auf der 46 Grundlage der „betrugsspezifischen“ (oder betrugsäquivalenten) Auslegung, ergibt sich für die wichtigsten Fallgruppen:

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aa) Der weiterhin praktisch besonders wichtige Bereich des Missbrauchs von ec-Bankautomaten(karten) (zur Funktionsweise Fest/Simon JuS 2009 798, 799) ist für die strafrechtliche Behandlung danach zu differenzieren, ob der Automat von dem Kontoinhaber selbst oder von einem Dritten in Anspruch genommen wird; der Dritte kann im Verhältnis zum Kontoinhaber berechtigt, z.B. als Bevollmächtigter, oder nicht berechtigt, z.B. als Fälscher oder Dieb der Karte, aber auch in Überschreitung des Auftrages des Kontoinhabers handeln; der Kontoinhaber schließlich kann im Verhältnis zu seiner Bank je nach Kontostand bzw. ihm eingeräumten Kredit berechtigt oder aber deshalb unberechtigt handeln, weil er das Kreditlimit überschreitet. Im Einzelnen ist zusätzlich danach zu differenzieren, ob der Täter einen Bankautomaten der kartenausstellenden oder einer dritten Bank in Anspruch nimmt. Der nichtberechtigte Dritte kann sich entweder einer (von ihm oder anderen) manipu48 lierten, also gefälschten Karte oder aber einer (von ihm oder anderen) rechtswidrig erlangten Original-Karte bedienen. Unstreitig ist nur die Strafbarkeit im ersten Fall,94 in dem z.B. der Magnetstreifen der Karte umgruppiert (so die Fälle BayObLGSt 1993 86 mit Anm. Hilgendorf JR 1994 478 ff; AG Böblingen WM 1990 64) oder vom Täter durch Kodierung von Scheckkarten-Blanketten eigenmächtig gestaltet worden ist (so der Fall BGHSt 38 120). In derartigen Fällen liegt nach allen vertretenen Auslegungsvarianten (oben Rdn. 41 ff) Strafbarkeit vor, da die Benutzung derart manipulierter Karten sowohl dem Willen der Bank und des Kontoinhabers widerspricht und bei fiktiver Übertragung auf das Verhalten gegenüber einem Bankangestellten über die Berechtigung getäuscht würde als auch die im Computerprogramm spezifisch enthaltenen Sicherungen außer Kraft gesetzt werden; nur nach der „computerspezifischen“ Auslegung ist die Strafbarkeit dann zweifelhaft, wenn – wie im Fall BGHSt 38 120 – das MM-Sicherheitssystem ganz fehlt oder diese Sicherung defekt ist. Entgegen Ranft (wistra 1987 84) kommt in diesen Fällen der manipulierten Karte keine Verwendung unrichtiger Daten (so aber auch Zielinski CR 1992 224) und keine unrichtige Gestaltung des Programms (so aber auch Ehrlicher S. 92) in Betracht, da die Täter gerade die richtigen, den Zugang zum Bankomaten eröffnenden Daten auf den Magnetstreifen auftragen (zutr. Schlüchter

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A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 39; Duttge HK-GS Rdn. 16; Eisele CR 2011 131, 135; Eisele/Fad Jura 2002 305, 309; Fischer Rdn. 12a; Hilgendorf SSW Rdn. 16; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 148; Hoyer SK Rdn. 36; Kindhäuser NK Rdn. 46; Lack-

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ner/Kühl Rdn. 14; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 17; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; Seidl/Fuchs HRRS 2011 265, 271; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 508; Wessels/Hillenkamp Rdn. 614; Wohlers MK Rdn. 45.

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JR 1993 495). – Das bloße Ausspähen oder Auslesen der Daten auf den Magnetstreifen von ec-Karten, um anschließend Dubletten zum Zweck der Geldabhebung herzustellen (sog. Skimming), ist nicht tatbestandsmäßig.95. Auch der zweite Fallbereich der durch verbotene Eigenmacht oder sonst rechtswidrig 49 erlangten Original-Karte (so der Fall BayObLGSt 1986 127 und ein Teil der von OLG Köln NJW 1992 125 ff beurteilten Fälle) wird von der ganz h.M. entsprechend der Zielsetzung des historischen Gesetzgebers (oben Rdn. 3) für strafbar gehalten: Die subjektivierende Auslegung stellt darauf ab, dass der Täter gegen den Willen des berechtigten Kontoinhabers (Hilgendorf JuS 1997 134) oder gegen die Bankbedingungen und damit gegen den Willen der Bank 96 handelt. Nach der betrugsspezifischen Auslegung sollte das Tun bei fiktivem Handeln gegenüber einem Bankangestellten eine Täuschung darstellen, nämlich in der Vorlage der dem Täter nicht gehörenden ec-Karte bestehen und daher eine konkludente Täuschung über die Berechtigung zur Nutzung der Karte sein.97 Allerdings zeigt dieser (zweite) Lösungsansatz zugleich eine allgemeine Schwäche der „betrugsspezifischen“ oder „betrugsäquivalenten“ Auslegung auf (dazu auch Altenhain JZ 1997 758; Ranft NJW 1994 2579): Die Herstellung einer Parallele zur Täuschung eines Menschen (U. Weber FS Krause S. 435: „Personifizierung der Fallgestaltung“) verschiebt nicht selten den äußeren und inneren Gehalt der Handlungsweise (vgl. auch BGHSt 38 123). So wurde zum Vergleich auf die Einreichung eines Euroschecks unter falschem Namen und Vorlage der dem Täter nicht gehörenden ec-Karte verwiesen,98 obwohl im Verhältnis von kontoführender Bank und Kontoinhaber der Scheck seine Garantiefunktion verlor und zum bloßen Auszahlungsbeleg wurde (dazu Bernsau S. 196 ff). Zudem war die Doppelfunktion der ec-Karte als Scheckeinlösungsgarantie und als Debetkarte eher zufällig, wie Existenz und Gebrauch institutsinterner Bankomatenkarten (z.B. der S-Karte bei den Sparkassen) zeigten und schließlich auch das Auslaufen der Euroscheck-Garantie zum 1.1.2002 belegte. Die Parallele zur Verwendung der Bankomatenkarte liegt daher im Verkehr mit einem fiktiven Bankangestellten eher in der Vorlage eines Ausweises, der den Vorlegenden im Sinne eines schlichten Beweispapiers als Kontoinhaber legitimiert, und in der schlichten Abhebung (Auszahlung) von Bargeld (gegen nachgeahmte Unterschrift des Berechtigten: Zielinski CR 1992 224). Die Vorlage der ec-Karte kann als solcher Ausweis und als Nachweis der Bonität des Kunden bis zur Garantiesumme angesehen werden (Bernsau S. 196 f). Die Überprüfung der Unterschrift und der Kontodeckung bei Bargeldauszahlung durch einen Bankangestellten (Bernsau S. 197; auch BGHSt 46 196, 199) verschiebt die Parallele jedoch erneut. Die hier Rdn. 44 vorgeschlagene Gesamtbewertung orientiert sich daran, dass der Dieb (usw.) der Karte keine Befugnis zur Abhebung eines Geldbetrages hat und sein Verhalten am Bankomaten damit betrugsähnlich ist (zum Betrug Tiedemann LK § 263 Rdn. 89 mit Nachw.). – Zweifelhaft bleibt, wie die „com-

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BGH NStZ 2011 154 mit Anm. Schuhr = JR 2010 497 mit Anm. Schiemann JR 2010 498; Eisele CR 2011 131, 132 ff; Seidl/Fuchs HRRS 2011 265, 266 ff. Siehe ferner BGH NStZ 2010 275 mit zust. Bespr. Tyszkiewicz HRRS 2010 207; NStZ 2010 509; zum Versuchsbeginn BGH NStZ 2011 89, NStZ 2011 517 und wistra 2011 299. Gössel II § 22 Rdn. 17; Kindhäuser NK Rdn. 46; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 233.

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A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 38; Hoyer SK Rdn. 37; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 17 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; Wessels/Hillenkamp Rdn. 614. Meier JuS 1992 1019 mit Nachw. Bei der Benutzung von Geldautomaten dritter Banken wurde ein Vergleich mit der Begebung eines scheinbar garantierten Euroschecks durch einen Nichtberechtigten vorgenommen: Zielinski CR 1992 224.

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puterspezifische“ Auslegung das vom Gesetzgeber gewollte Ergebnis der Strafbarkeit (des Diebes der echten Karte) begründen sollte, da die Identität und Berechtigung des Automatenbedieners gerade keinen Niederschlag im Computerprogramm findet (vgl. nur Altenhain JZ 1997 758; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 857 f): Für den Automaten sind Identität und Berechtigung durch Eingabe der richtigen (echten) Karte und der zugehörigen PIN-Nummer hinreichend festgestellt. Zu der umstrittenen Frage einer Beeinflussung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs vgl. unten Rdn. 69. Die Nichtberechtigung des Dritten kann sich vor allem nach der subjektivierenden 50 Auslegung auch daraus ergeben, dass dieser zwar von dem Konto- und berechtigten Karteninhaber unter Überlassung der Karte und Bekanntgabe der PIN-Nummer beauftragt worden ist, diese Bevollmächtigung aber den AGB (siehe Anhang 1 unten Rdn. 108 A. II. 6.3) und damit dem Willen der Bank widerspricht.99 Nach der betrugsspezifischen Auslegung bleibt die Strafbarkeit dagegen hier zu verneinen, da die erteilte Vollmacht im Außenverhältnis wirksam ist und der Täter damit gegenüber einem Bankangestellten nicht über eine von seiner eigenen Person abhängende Wirksamkeitsvoraussetzung täuschte.100 Die Handlung hat hier deshalb keinen Täuschungswert, weil das vertragliche Verbot, die Karte Dritten zu überlassen, nur der Verhinderung ihrer missbräuchlichen Benutzung dient und den Karteninhaber nicht daran hindert, durch einen Dritten rechtswirksam Geld von seinem Konto abheben zu lassen (OLG Köln NJW 1992 126 f mit abl. Anm. Otto JR 1992 252 ff). Dasselbe gilt aber bei Überschreitung des Auftrags durch den Dritten, z.B. durch Abheben eines höheren Geldbetrages und Verbrauch für sich selbst (so OLG Dresden StV 2005 443, OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998 137, OLG Jena wistra 2007 236 sowie einer der von OLG Köln NJW 1992 126 beurteilten Fälle).101 Die Rechtsprechung102 verneint das Vorliegen einer täuschungsgleichen Handlung vor allem mit der Begründung, es liege hier wie bei der Erteilung einer Bankvollmacht, bei der dem Auftreten eines Bevollmächtigten ebenfalls keine konkludenten Erklärungen über seine Befugnisse im Innenverhältnis zu entnehmen sind. Erreicht der Dritte die Überlassung von Karte und Geheimnummer durch Täuschung des Kontoinhabers, so liegt (nur) Betrug nach § 263 vor.103 Außerdem kommt zum Nachteil des Kontoinhabers eine Strafbarkeit wegen Untreue in Betracht.104

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Vgl. Ehrlicher S. 91; Mitsch JZ 1994 882. Nach Kindhäuser NK Rdn. 50 und Otto BT § 52 Rdn. 44 fehlt es aber an der Absicht des Täters, sich rechtswidrig zu bereichern. Meier JuS 1992 1019; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 12; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 486; Wohlers MK Rdn. 46. Duttge HK-GS Rdn. 18; Fischer Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 39; Kempny JuS 2007 1084, 1088; Kraatz Jura 2010 36, 42 f; Löhnig JR 1999 362, 364; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 507; Valerius JA 2007 778, 781; Wohlers MK Rdn. 46; aA A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 40; Eisele/Fad Jura 2002 305, 310; Lackner/Kühl Rdn. 14; Möhrenschlager wistra 1986 133; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 20.

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OLG Dresden StV 2005 443; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998 137, 137; OLG Jena wistra 2007 236, 237; OLG Köln NJW 1992 127. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 6; § 263a Anwendungsbereich 1; OLG Dresden StV 2005 443; OLG Jena wistra 2007 236, 237; Duttge HK-GS Rdn. 18; Eisele/ Fad Jura 2002 305, 310; Fischer Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 39; Löhnig JR 1999 362, 364; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12; Valerius JA 2007 778, 781; aA Hecker JA 1998 300, 301; Krey/Hellmann Rdn. 513c wegen fehlender Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung. – Gesamtüberblick auch bei Tiedemann LK § 263 Rdn. 110 m.w.N. OLG Dresden StV 2005 443; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998 137, 137; OLG Hamm NStZ-RR 2004 111, 112; Fischer Rdn. 13;

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Der Kontoinhaber selbst kann nach der subjektivierenden Auslegung im Verhältnis zu 51 seiner Bank unberechtigt (vertragswidrig) handeln, wenn er das Konto überzieht und den ihm eingeräumten Kreditrahmen überschreitet (so die Fälle BGHSt 47 160; OLG Schleswig NJW 1986 2652; OLG Stuttgart NJW 1988 981).105 Auch Vertreter der betrugsspezifischen Auslegung gelangen wegen der früher bejahten Parallele zur Täuschung des Bankangestellten über die Deckung des Kontos zur Bejahung der Strafbarkeit nach § 263a.106 Strafwürdigkeitsüberlegungen dahingehend, dass die überwiegende Auffassung hier ziviles Vertragsunrecht pönalisiere,107 übersehen, dass die Benutzung eines Computers vom Strafgesetzgeber als neues Angriffsmittel auf das Vermögen gesehen wird (oben Rdn. 13). Gerade weil der Bankangestellte in aller Regel den Kontostand überprüft, ist die Geldabhebung über den Automaten für den Täter einfacher und eher geeignet, zu Bargeld zu kommen. Die Strafwürdigkeit seines Verhaltens könnte daher nur durch die Überlegung in Frage gestellt werden, dass der Berechtigte – die Bank – sich hier nicht hinreichend schützt; so etwa BGHSt 47 160, 166, wonach es das kartenausstellende Kreditinstitut selbst in der Hand habe, die Bonität ihres Kunden durch geeignete technische Kontrollmaßnahmen zu überprüfen und eine Auszahlung des Geldes bei Benutzung seines Geldautomaten zu verweigern. Jedoch widerspricht diesem viktimologischen Argment die historisch gewollte Unabhängigkeit des Schutzes der Computersphäre von Selbstschutzerwägungen (oben Rdn. 5). Gleichwohl verneinen die mittlerweile wohl überwiegende Meinung im Schrifttum108 sowie die Rechtsprechung eine Strafbarkeit gemäß § 263a. Stellvertretend scheitert nach BGHSt 47 160, 163 f (mit zust. Anm. Zielinski JR 2002 342 und Bespr. Kudlich JuS 2003 537, Mühlbauer wistra 2003 244, ders. NStZ 2003 650) eine „unbefugte“ Verwendung von Daten daran, dass der Geldautomat nicht die Bonität des berechtigten Karteninhabers prüfe, sondern nur, ob er sich im Rahmen des Verfügungsrahmens bewege; ein Einwand, der allerdings nicht so sehr die betrugsäquivalente als vielmehr die „computerspezifische“ Auslegung trifft. Zudem verweist der BGH auf erhebliche Wertungswidersprüche zu § 266b, der ein auf den berechtigten Kar-

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Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12; Valerius JA 2007 778, 781. Vgl. dazu Anhang 1 unten Rdn. 108 A. II. 2; Bandekow S. 239; Gössel II § 22 Rdn. 17; Gogger S. 55 ff; Granderath DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 4 f; Hilgendorf SSW Rdn. 17; ders. JuS 1997 134; Kindhäuser NK Rdn. 47; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 233; Otto BT § 52 Rdn. 44; krit. Frey S. 197 f; aA Huff NJW 1987 817; Schulz/Tscherwinka JA 1991 125. Für Vorrang des § 266b auf Konkurrenzebene Mitsch JZ 1994 881 m.w.N.; für Vorrang (Sperre) schon auf Tatbestandsebene A/W/Weber BT § 23 Rdn. 53 und U. Weber JZ 1987 217 sowie GedS Küchenhoff S. 490 ff. – Zu dem weiteren Fall, dass der Kontoinhaber von seiner Bank aufgefordert wurde, die Karte zurückzugeben, Berghaus JuS 1990 982 m.w.N. (insoweit für Strafbarkeit auch Huff NJW 1987 817). Bernsau S. 166 ff; Eisele/Fad Jura 2002 305, 311; Haß in Lehmann XII Rdn. 14; Lackner

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FS Tröndle S. 54; Lackner/Kühl Rdn. 14; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 23; Schlüchter S. 91; Wessels/Hillenkamp Rdn. 615; ebenso Ehrlicher S. 89 f; Tiedemann JZ 1986 869. Vgl. jetzt aber BGHSt 46 196, 199 und dazu Tiedemann LK § 263 Rdn. 41. So insbesondere Haurand/Vahle RDV 1990 133; Meurer FS Kitagawa S. 978; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 11. OLG Stuttgart NJW 1988 981; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 42; Brand JR 2008 496, 497; Duttge HK-GS Rdn. 17; Fischer Rdn. 14a; Hoyer SK Rdn. 35; Kempny JuS 2007 1084, 1086; Kraatz Jura 2010 36, 43; Kudlich JuS 2003 537, 540; Löhnig JR 1999 362, 363; Mühlbauer wistra 2003 244, 249 ff; ders. NStZ 2003 650, 651; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 11; Valerius JA 2007 778, 782; U. Weber JZ 1987 217 und FS Krause S. 436; Wohlers MK Rdn. 46; Zielinski CR 1992 227; ders. JR 2002 342, 343.

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teninhaber beschränktes Sonderdelikt darstelle. Da diese Vorschrift nach hM auf das Zwei-Partner-System keine Anwendung finde (Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 35 mit Nachw.), dürfe insoweit (also bei Abhebungen am Geldautomaten des kartenausgebenden Kreditinstituts) auch nicht auf § 263a zurückgegriffen werden. Insoweit werde die ec-Karte lediglich zur technischen Erleichterung des Auszahlungsvorgangs verwendet, ohne dass eine Zahlungsverpflichtung des Instituts entstehe. Die Auffassung führt jedenfalls dazu, dass der Missbrauch der ec-Karte durch den Kontoinhaber straflos bleibt, wenn dieser Geld an einem Automaten der Ausstellerbank abhebt. Bei der Benutzung der ec-Karte an Geldautomaten fremder Kreditinstitute hingegen soll nach BGHSt 47 160, 164 f die Anwendung des § 266b wegen der Zahlungsverpflichtung des kartenausgebenden Instituts gerechtfertigt sein, die sich zu Gunsten des automatenbetreibenden Instituts u.a. aus der damaligen Vereinbarung über das deutsche ec-Geldautomaten-System ergab (vgl. Anhang 2 unten Rdn. 109 10.).109 Indes war es eher eine Fehlannahme, den Missbrauch der Bargeldfunktion der ec-Karte (im Sinne von Eurocheque-Karte) auch unter einen Straftatbestand zu subsumieren, der den Missbrauch der Scheckgarantiefunktion zum Gegenstand hat.110 Der Streit dürfte mit dem Ablauf der Einlösungsgarantie für Euroschecks zum 1.1.2002 jedoch obsolet geworden sein. Seitdem hat die ec-Karte ihre Funktion als Scheckkarte völlig verloren und fungiert nur noch als „electronic cash“Karte (siehe sogleich Rdn. 52). § 266b Abs. 1 scheidet daher nunmehr von vornherein mangels tauglichen Tatgegenstandes aus.111

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bb) Der Missbrauch der Scheckkarte kann sich auch auf ihre Zahlungsfunktion im point of sale (POS)-System beziehen, bei dem der Händler aufgrund der Kartenüberprüfung nach Legitimation des Verwenders der Karte durch Eingabe der PIN eine sog. Autorisierung seitens der Bank (Garantie oder abstraktes Schuldversprechen) mit späterer Verrechnung im Lastschriftverfahren erhält (vgl. Altenhain JZ 1997 752; Fest/Simon JuS 2009 798, 802; jeweils mit Nachw.). Insoweit gelten die vorstehenden Grundsätze zum Bankomatenmissbrauch entsprechend.112 Wegen der direkten Bezahlung (mit Plastikgeld) wird hier auch von „electronic cash“ gesprochen. Da der Händler selbst dann unmittelbar einen vollwertigen Anspruch gegen das Kreditinstitut erlangt, wenn ein Nichtberechtigter die Karte benutzt,113 scheidet ein Betrug zum Nachteil des Händlers aus.114 Jedoch liegt in der Eingabe der Karte in das Lesegerät des Kassenterminals beim Händler durch den Nichtberechtigten eine unbefugte Verwendung von Daten, die bei der Bank oder dem berechtigten Karteninhaber einen Vermögensschaden verursacht.115

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Ebenso OLG Stuttgart NJW 1988 981; Ehrlicher S. 96, 98; Löhnig JR 1999 362, 362; Mitsch JZ 1994 881 mit Nachw.; aA insbesondere Berghaus JuS 1990 982 mit Nachw. Lackner/Kühl § 266b Rdn. 3; Wessels/Hillenkamp Rdn. 616. A/W/Heinrich BT § 21 Rn. 43a; Baier ZRP 2001 454, 455 f; Kraatz Jura 2010 36, 44; Lackner/Kühl § 266b Rdn. 3; Möhrenschlager LK § 266b Rdn. 30; Rengier BT 1 § 19 Rdn. 2; Sch/Schröder/Lenckner/Perron § 266b Rdn. 4; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 406; Valerius JA 2007 778, 783; Wessels/Hillenkamp Rdn. 616; aA A/W/Weber BT § 23 Rn. 48a; Brand JR

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2008 496, 499 ff, der die ec-Karte als „Kreditkarte“ im Sinne des § 266b ansieht. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 43b; Duttge HK-GS Rdn. 19; Fischer Rdn. 15; Hilgendorf SSW Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 40; Kindhäuser NK Rdn. 52; Krey/Hellmann Rdn. 518e; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 13. Altenhain JZ 1997 754 mit Nachw.; aA Bandekow S. 208 f, 295. Eisele/Fad Jura 2002 305, 308; Tiedemann LK § 263 Rdn. 89 mit Nachw.; Yoo S. 62; aA Bandekow S. 209. Altenhain JZ 1997 755 f; Bandekow S. 295; Eisele/Fad Jura 2002 305, 308; Hoyer SK

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Problematisch bleibt allerdings die Stoffgleichheit zwischen diesem Schaden und dem Vorteil, der in dem Eigentumserwerb vom Händler liegt (dazu unten Rdn. 76). – Verwendet der Karteninhaber selbst die Karte missbräuchlich, nämlich unter Überschreitung des Kreditrahmens, zum Einkauf, so ergeben sich für die Frage nach der Unbefugtheit dieser Datenverwendung die gleichen Überlegungen wie oben Rdn. 51.116 Verbreitet sind ebenso Zahlungsverfahren, bei denen keine automatische Online- 53 Überprüfung der Karte stattfindet und die Bank daher keine Zahlungsgarantie gewährt, z.B. beim Elektronischen Lastschriftverfahren oder beim zum 31.12.2006 eingestellten POZ-System (Point of Sale ohne Zahlungsgarantie). Die Berechtigung des Verwenders der Karte folgt hier allein aus seiner Unterschrift. Hier liegt sowohl bei Handeln eines Nichtberechtigten als auch bei Einkauf durch den berechtigten Karteninhaber ohne Kontodeckung Betrug zum Nachteil des Händlers vor.117 § 263a scheidet schon deshalb aus, weil die Bank nicht geschädigt wird. Die ec-Karte kann schließlich als Geldkarte unmittelbar bargeldersetzende Funktion 54 übernehmen, indem am Ladeterminal der Bank ein Geldbetrag auf der Karte gespeichert wird und der Händler eine entsprechende Garantie gegen die Bank erhält. (Unabhängig von ec-Karten können auch Paycards und Kreditkarten in derselben Weise verwendet werden und unterliegen derselben strafrechtlichen Beurteilung: Bernsau S. 221). Die unbefugte Aufladung durch Nichtberechtigte stellt einen Computerbetrug zu Lasten der Bank oder des Karteninhabers dar.118 Ob die Verwendung einer (z.B. gefundenen oder gestohlenen) Geldkarte durch den Nichtberechtigten § 263a zum Nachteil des Berechtigten verwirklicht – ein Computerbetrug zum Nachteil des Kreditinstituts scheidet aus, da dieses schon bei dem Vorgang der Aufladung eine Kompensation erhalten hat –, hängt davon ab, wie die Frage des Dreiecksbetruges bei § 263a gelöst wird (dazu unten Rdn. 71). Zum Verhältnis zu §§ 242 ff, 246 unten Rdn. 98. cc) Zunehmend werden die manipulationsanfälligen Magnetstreifen- durch weit- 55 gehend sichere Chipkarten (Speicherkarten) ersetzt (z.B. neben den Rdn. 54 erwähnten Geldkarten und Paycards auch Krankenversicherungskarten, Tankkarten, Telefonkarten und Prepaid-Karten). Soweit der Inhaber dieser Wertkarten dem Emittenten den Gegenwert der auf die Karte (z.B. Geldkarte von Banken) gespeicherten Einheiten im Voraus zu bezahlen hat, und da die Fälschung dieser Karten außerordentlich aufwändig ist, dürfte der Anwendungsbereich des § 263a praktisch gering sein (zur Fälschung von Telefonkarten unten Rdn. 59). Rechtlich ist ihr Missbrauch im Verhältnis zum Kartenberechtigten (Dreiecksbetrug?) wie der von Geldkarten zu beurteilen (vgl. nur Altenhain JZ 1997 759 f). So verwirklicht die Eingabe des Zifferncodes einer deliktisch erlangten Prepaid-

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Rdn. 40; Kindhäuser NK Rdn. 53; Lackner/Kühl Rdn. 14; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 13; Wohlers MK Rdn. 48; Yoo S. 62; aA Rengier BT 1 § 14 Rdn. 27. Für Strafbarkeit Bernsau S. 219 f; Kindhäuser NK Rdn. 53; Lackner/Kühl Rdn. 14; für Straflosigkeit Altenhain JZ 1997 758 und Rossa CR 1997 221 f. Vgl. auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 509 m.w.N. Altenhain JZ 1997 759; Duttge HK-GS Rdn. 19; Eisele/Fad Jura 2002 305, 309;

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Fischer Rdn. 15; Hilgendorf SSW Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 41; Kindhäuser NK Rdn. 54; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 28; Rossa CR 1997 228; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 13; Tiedemann LK § 263 Rdn. 89; Wohlers MK Rdn. 49. Altenhain JZ 1997 760; Hilgendorf SSW Rdn. 19; Hoyer SK Rdn. 42; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 13; Schnabel NStZ 2005 18, 18 f; Wohlers MK Rdn. 50. – Zur Ablehnung des § 266b Möhrenschlager LK Rdn. 31.

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Karte in sein eigenes Mobiltelefon Variante 3 (Schnabel NStZ 2005 18, 19). Hingegen erfasst § 263a auf Grundlage der hier vertretenen betrugsspezifischen Auslegung (oben Rdn. 44) insbesondere nicht die nur im Verhältnis zu einem Dritten unberechtigte Datenverwendung (Fischer Rdn. 11b; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 150; vgl. oben Rdn. 50 zur ec-Karte). Dies gilt u.a. für den abredewidrigen Gebrauch einer vom Karteninhaber überlassenen Telefonkarte (BGH NStZ 2005 213) oder SIM-Karte (BGHSt 50 174, 179; auch LG Bonn NJW 1999 3726; Duttge HK-GS Rdn. 21; Wohlers MK Rdn. 53) sowie für die unbefugte private Nutzung einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Tankkarte (OLG Celle NdsRpfl 2011 46, 47; AG Eggenfelden NStZ-RR 2009 139, 140).

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dd) Der Missbrauch auch des früheren Bildschirmtext-(Btx-)Systems beim Homebanking ist der zweite vom historischen Gesetzgeber bei Einführung der dritten Tatbestandsvariante des § 263a anvisierte Fallbereich (oben Rdn. 3), dessen praktische Bedeutung allerdings erheblich geringer war als die vorgenannten Konstellationen des Missbrauchs der ec-Karte und anderer Karten. Zunehmende Relevanz erhält diese Fallgruppe durch ihre aktuelle Erscheinungsform in der Verwendung von Daten, die im Wege des Phishings erlangt worden sind. Der Begriff „Phishing“ umschreibt Versuche, z.B. über gefälschte Webseiten oder trügerische E-Mails an die kontorelevanten Daten eines Benutzers, insbesondere seine PIN und Transaktionsnummern (TANs) zu gelangen.119 Die strafrechtliche Problematik ist insofern dem ec-Kartenmissbrauch ähnlich, als es auch bei der Vornahme von Online-Überweisungen im unbaren Zahlungsverkehr darum geht, die Identität des Verwenders zum Nachteil des Berechtigten zu fälschen und die Erkennung durch den Bank-Computer zu umgehen. Die Vornahme einer Überweisung (z.B. auf das eigene Konto) ohne Einwilligung des Kontoinhabers unter Vorspiegelung dessen Identität ist daher tatbestandsgemäß.120 Dies betrifft nicht zuletzt Transaktionen mit gephishten Daten;121 zur Strafbarkeit des Weiterleitens des derart überwiesenen Geldes LG Darmstadt wistra 2006 468 mit Bespr. Kögel wistra 2007 206; AG Hamm CR 2006 70 f mit Anm. Werner/Borges; siehe hierzu auch Neuheuser NStZ 2008 492. Wenn es für die Kontoverfügung zusätzlicher Datenangaben, z.B. je nach Höhe der Verfügung verschieden lautender Passwörter, bedarf, erweitert sich der Anwendungsbereich des § 263a entsprechend (Lenckner/Winkelbauer CR 1986 657 f für die subjektivierende Auslegung), und zwar auch nach der computer- und der betrugsspezifischen Auslegung (Fischer Rdn. 16). Die nur absprachewidrige, vom berechtigten Inhaber grundsätzlich gestattete Benutzung des (fremden) Anschlusses ist dagegen ebenso wie bei der Überlassung der ec-Karte (oben Rdn. 50) straflos (OLG Zweibrücken CR 1994 241 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 14). Eine weitere Modernisierung im Zahlungsverkehr bildet die automatisierte Überprüfung von Überweisungsträgern auf ihre Echtheit durch Belegerfassungssysteme. Die Einreichung gefälschter Überweisungsbelege stellt

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Siehe zur Strafbarkeit des Phishings nur Goeckenjan wistra 2008 128; Heghmanns wistra 2007 167; Popp MMR 2006 84; Seidl/Fuchs HRRS 2010 85; Stuckenberg ZStW 118 (2006) 878; Tiedemann LK § 263 Rdn. 110 m.w.N. Bandekow S. 297; Fischer Rdn. 11a und 16; Hilgendorf SSW Rdn. 20; Hoyer SK Rdn. 43; Kindhäuser NK Rdn. 57; Lackner/Kühl Rdn. 14b; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 51.

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Beck/Dornis CR 2007 642, 642; Duttge HK-GS Rdn. 20; Gercke CR 2005 606, 611; Goeckenjan wistra 2008 128, 131 f; Heghmanns wistra 2007 167, 169; Kindhäuser NK Rdn. 60a; Popp MMR 2006 84, 84 f; Seidl/Fuchs HRRS 2010 85, 88; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 517; krit. Stuckenberg ZStW 118 (2006) 878, 908 ff.

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Computerbetrug

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dann eine unbefugte Verwendung von Daten dar (BGH NJW 2008 1394, 1394); zum Alternativvorsatz des Täters und zur möglichen Wahlfeststellung Rdn. 73 f. Geschlossene Online-Systeme (wie etwa früher T-Online oder Btx) werden auch zum 57 Angebot von entgeltlichen Dienstleistungen (z.B. Datenbankauskünften: OLG Zweibrücken CR 1994 241 f) eingesetzt, die nach Übermittlung einer Identifizierungsnummer („Anschlusskennung“) abgerufen werden können (Richter CR 1991 362 f). Gelingt es dem Täter, mittels technischer oder anderer Manipulationen die Berechtigungsdaten in Erfahrung zu bringen und durch ihre Verwendung auf Kosten des Berechtigten des Anschlusses Leistungen abzurufen, so ist die Variante 3 unproblematisch anwendbar.122 Da zum Abruf der Leistungen nach den Vertragsbedingungen nur berechtigt ist, wer willens und in der Lage ist, die geforderten Entgelte zu erbringen, handelt auch der zahlungsunfähige oder zahlungsunwillige Online-Teilnehmer bei Abruf von Leistungen unbefugt i.S.d. § 263a.123 Allerdings liegt dies nur für die subjektivierende Auslegung auf der Hand (aA Gössel II § 22 Rdn. 17). Da aber auch beim Betrug die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit Gegenstand konkludenter Erklärung bei Eingehung vertraglicher Verpflichtungen mit Vorleistung des anderen Vertragspartners ist (BGHSt 15 24; Tiedemann LK § 263 Rdn. 38 m.w.N.), ist das Ergebnis nach der betrugsspezifischen – nicht dagegen nach der computerspezifischen – Auslegung dasselbe (Otto Jura 1993 615 und Ranft NJW 1994 2579 gegen OLG Zweibrücken CR 1994 241 f). Zweifelhaft erscheinen daher die Entscheidungen LG Freiburg K&R 2008 624 und OLG Karlsruhe NJW 2009 1287, 1288, wonach die Eingabe der zutreffenden Bankdaten eines Kunden in ein computergesteuertes Konfigurationsmenü bei fehlender Zahlungsabsicht keine unbefugte Verwendung von Daten darstelle, weil die Bonität eines Kunden für den Abschluss eines (hier: „Web Hosting“-)Vertrages unerheblich sei. Zunehmend wird auch das Internet als Vertriebsweg für Dienstleistungen und Waren, 58 insbesondere für Online-Shopping und Online-Banking, eingesetzt. Die Lieferung der Waren erfolgt auf dem Postweg, die Bezahlung per Vorkasse oder Überweisung nach Rechnungsstellung bzw. durch Abbuchung des Rechnungsbetrages von einem Girokonto des Bestellers im Rahmen des Lastschriftverfahrens oder von einem Kreditkartenkonto. Die hierzu erforderlichen Daten, nämlich die Nennung der Bankverbindung nebst Einzugsermächtigung bzw. der Kreditkartennummer nebst Verfallsdatum und Prüfziffer der Karte, werden in der Regel zusammen mit der Bestellung online übermittelt. Auch hier stellt die Verwendung der notwendigen Daten durch den Nichtberechtigten einen Computerbetrug dar.124 ee) Der Missbrauch von Netzen der Telekommunikation („Phreaking“) verdient im 59 Hinblick auf das Verhältnis zu § 265a Hervorhebung. Er richtet sich z.T. gegen den Netzbetreiber (z.B. blue boxing, Fälschung von calling cards und Herstellung von Telefonkartensimulatoren: Sieber CR 1995 102; zur Verwendung von Telefonkartensimulatoren BGH NStZ-RR 2003 265, 268; ferner LG Würzburg NStZ 2000 374, 374, das eine Verwirklichung der Variante 4 annimmt125) oder besteht in der Inanspruchnahme der

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Kindhäuser NK Rdn. 58; Möhrenschlager wistra 1986 133; Richter CR 1991 364; Wohlers MK Rdn. 52. AG Stuttgart bei Richter CR 1991 363; Hoyer SK Rdn. 44; Kindhäuser NK Rdn. 58; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 30. Hoyer SK Rdn. 44; Lackner/Kühl Rdn. 14b;

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Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 15; Wohlers MK Rdn. 52. Zustimmend Hefendehl NStZ 2000 348, 349; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 235; aA Hecker JA 2004 762, 768; Schnabel NStZ 2001 374, 375: jeweils Variante 2; hiergegen Wohlers MK Rdn. 31.

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Telekommunikationsleistung auf Kosten berechtigter Anschlussinhaber (z.B. Nutzung eines fremden WLAN unter Verwendung des WEP-Schlüssels: Bär MMR 2005 434, 437; Buermeyer HRRS 2004 285, 288). Für diese Fälle ist zu beachten, dass § 263a nur die Vermittlung der (Ware oder) Leistung durch den Computer, nicht dagegen dessen eigene Leistung (der Kommunikation) meint.126 Nur dann, wenn der Inhalt der Telekommunikation selbst eine (zusätzliche) vermögenswerte (Dienst-)Leistung darstellt, greift § 263a ein; andernfalls, also für die bloße Erschleichung der Telekommunikation, ist § 265a einschlägig.127 Eine solche zusätzliche Leistung stellen etwa gebührenpflichtige Sonderleistungen unter einer 0190-Servicenummer (z.B. Sexdienste, Teilnahme an „Call in“Gewinnspielen, Beratungsleistungen) dar, deren Abruf auf Kosten des Inhabers eines Telefonanschlusses daher unter § 263a fällt, jedenfalls soweit über erhöhte Telefongebühren ein besonderes Entgelt verlangt wird. Gleiches gilt für den Mobilfunkkunden, der die SIM-Lock-Sperre seines Mobiltelefons durch Aufspielen einer neuen Software (Variante 1; Busch/Giessler MMR 2001 586, 593 f, aA mangels unmittelbarer Vermögensverfügung Sasdi CR 2005 235, 239) oder durch die unberechtigte Eingabe des Unlock-Codes beseitigt (Variante 3; Busch/Giessler MMR 2001 586, 591 f). Schließlich verwirklicht auch der Zuschauer, dem es gelingt, die verschlüsselt ausgestrahlten Sendungen des Pay-TV durch Manipulation des Decoders und/oder der Berechtigungskarte zu empfangen, den Tatbestand der Variante 3;128 nach Beucher/Engels CR 1998 101, 104, Fischer Rdn. 17 und Hilgendorf SSW Rdn. 21 fehlt es hier in der Regel aber an einer unmittelbaren Vermögensschädigung. Zur Tatbestandsmäßigkeit nach § 265a, der in solchen Fällen subsidiär ist, Tiedemann LK Rdn. 44 mit Nachw. Aus ähnlichen Gründen ist auch der Zeitdiebstahl durch unbefugte Inanspruchnahme 60 der DV nicht tatbestandsmäßig:129 § 263a betrifft nur den durch Einsatz von Computern erreichten (und durch ihre Manipulation beeinträchtigten) Vermögensschutz, nicht dagegen den Schutz des Computers selbst. Der Vermögenswert der Computerleistung als solcher kann nur Gegenstand des § 265a sein, der daher auch für die Strafbarkeit des Zeitdiebstahls maßgebend ist. Für § 263a gilt: Zwar kann z.B. die Erschleichung eines Passwortes, also der Zugangsberechtigung, Ergebnis der Beeinflussung eines Datenverarbeitungsvorgangs sein; jedoch wird die Kenntnis des Passwortes in aller Regel die eigentliche Vermögensschädigung (z.B. durch Abruf von Informationen oder auch durch Inanspruchnahme der Computerleistung) lediglich vorbereiten, stellt also selbst keine konkrete Vermögensgefährdung dar. Für die Erfassung des Zeitdiebstahls als unbefugter Benutzung des Computers fehlt damit – je nach Computertyp und Verkehrssitte – nicht nur der Vermögensschaden (wenn die Leistung der DV nicht kommerzialisierbar ist),

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Ebenso Hecker JA 2004 762, 769; Hefendehl NStZ 2000 348, 349; Schnabel NStZ 2001 374, 375; Tiedemann LK § 265a Rdn. 29 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 512; offen gelassen von OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 333; vgl. bereits oben Rdn. 7 und 22. Duttge HK-GS Rdn. 21; Fischer Rdn. 17; Frank CR 2004 123, 124; Hefendehl NStZ 2000 348, 349; Hoyer SK Rdn. 44; Kindhäuser NK Rdn. 59; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 15; Tiedemann LK § 265a Rdn. 29 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 512; aA Eck Archiv PF 1987 106.

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Dressel MMR 1999 390, 392; Duttge HK-GS Rdn. 21; Kindhäuser NK Rdn. 59; Scheffler CR 2002 151, 152 ff; Wohlers MK Rdn. 52. Fischer Rdn. 17; Frey S. 316 (ff); Haß in Lehmann XII Rdn. 17; Hilgendorf SSW Rdn. 29; Möhrenschlager wistra 1986 133; Schlüchter S. 73; Schulze-Heiming S. 260 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 497; aA Kleb-Braun JA 1986 259 und wohl auch Bieber WM 1987 Beil. 6 S. 25 f.

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sondern vor allem die Verfügung des Computers über das Vermögen des Berechtigten (vgl. bereits Rdn. 22). Vergleichbares gilt bei der unberechtigten Mitbenutzung eines drahtlosen Netzwerks (WLAN), sofern der Betroffene für seinen Internetzugang eine Flatrate bezahlt (Bär MMR 2005 434, 437; Buermeyer HRRS 2004 285, 288). Es geht somit jeweils nicht um Fragen der Befugnis bei der Verwendung von Daten, sondern um zusätzliche Tatbestandsmerkmale des § 263a (vgl. dazu abschließend unten Rdn. 66). ff) An praktischer Bedeutung verloren hat wegen der Weiterentwicklung technischer 61 Sicherungen das missbräuchliche Leerspielen von Geldspielautomaten durch einen Spieler mit (rechtswidrig erlangten) Systemkenntnissen. BGHSt 40 331 ff (mit Anm. Mitsch JR 1995 432 f, Neumann StV 1996 375 und Zielinski NStZ 1995 345 ff) nimmt – auf Vorlage des BayObLG – insoweit „jedenfalls“ die 4. Variante an und lässt offen, ob das Auswerten des vom Täter mitgebrachten rechtswidrig erlangten Computerprogramms oder des in dem Spielautomaten enthaltenen Programms eine „Verwendung“ von „Daten“ im Sinne der 3. Variante ist (vgl. bereits oben Rdn. 21). Letzteres wird von BayObLG NJW 1991 438, 440 (mit Anm. Neumann JR 1991 302 ff) bejaht, da die Betätigung der Risikotaste, mit der das Spiel von außen beeinflusst werden kann, auf der Auswertung eines sog. Manipulationsprogramms beruht.130 Für die Bestimmung der Unbefugtheit des Handelns verbindet BGHSt 40 335 f die subjektivierende Auslegung (nach dem Erwartungshorizont des Automatenbetreibers) mit der betrugsspezifischen, da es bei rechtswidriger Erlangung der Kenntnis vom Computerprogramm des Spielautomaten an „einer grundlegenden Voraussetzung für befugtes Spielen“ fehle, das „nicht mehr im Risikobereich des Automatenbetreibers“ liege. In Anlehnung an die Rechtsprechung zum Wettbetrug (BGHSt 29 165; 51 165; aA aber BGHSt 16 120) wird man in der Tat entsprechend der Rechtslage bei § 263 (Tiedemann LK Rdn. 31) eine konkludente Vorspiegelung dahingehend bejahen müssen, dass der Spieler nicht auf rechtswidrige (!) Weise Kenntnis vom Programm des Spielautomaten erlangt (oder rechtswidrig auf dieses Programm eingewirkt) hat:131 Beim Spiel bildet die Unkenntnis von seinem Ausgang die Geschäftsgrundlage. Bei computerspezifischer Auslegung, die auf ein „systemwidriges“ Vorgehen abstellt, dürfte § 263a indessen zu verneinen sein.132 § 263a ist dagegen nicht einschlägig, wenn der Täter in einer mitgeführten Computeranlage die am Spielautomaten angezeigten Daten mit dem Ziel verarbeitet, Informationen für eine gewinnsichere Betäti-

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Ebenso Bühler S. 101 ff und der Vorlagebeschluss BayObLG NJW 1994 960 mit Anm. Achenbach JR 1994 293 ff. BayObLG NJW 1994 960 mit Anm. Achenbach JR 1994 293 ff; LG Saarbrücken NJW 1989 2272; AG Ansbach CR 1989 415; AG Aschaffenburg CR 1988 1030; AG Augsburg CR 1989 1004; AG Fürth CR 1989 1007; AG Neunkirchen CR 1988 1028; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 47; Duttge HK-GS Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 45; Krey/Hellmann Rdn. 518d; Lackner/Kühl Rdn. 14a; Mitsch JZ 1994 882 und JR 1995 433; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 32; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 617; ebenso Gössel II § 22 Rdn. 17; aA OLG Hamm CR 1991 233; LG Duisburg wistra 1988 278 f; LG Stutt-

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gart NJW 1991 441 mit Anm. Bühler MDR 1991 14; Achenbach JR 1994 293; Maurach/ Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 234; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17; Schlüchter NStZ 1988 59; Wohlers MK Rdn. 58; je m.w.N. OLG Celle CR 1989 1002 mit Anm. Etter und Anm. Lampe JR 1990 347 ff; OLG Karlsruhe Rpfleger 1992 268 (LS; ausführlicher Bühler S. 86 ff); LG Aachen JR 1988 436 f mit Anm. Lampe; LG Freiburg NJW 1990 2635 mit Anm. Otto CR 1990 797 f; LG Ravensburg StV 1994 214 f mit Anm. Herzog; Arloth CR 1996 364 f; Ranft NJW 1994 2579. – Übersicht zur sonstigen LG- und AG-Rechtsprechung bei Bühler S. 110 f, 116 f.

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gung der Risikotaste zu gewinnen (LG Göttingen NJW 1988 2488). Nicht tatbestandsmäßig ist auch die Vorausberechnung der Spielkonstellationen ohne Einwirkung auf den Spielautomaten (LG Aachen JR 1988 436 f) und die Benutzung von Zahlenlisten zu demselben Zweck (StA beim LG Ellwangen CR 1988 750).

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g) Die 4. Variante erfasst mit der unbefugten Einwirkung auf den Ablauf des Datenverarbeitungsvorgangs in Anlehnung an das österreichische Recht (BTDrucks. 10/5058 S. 30; vgl. oben Rdn. 12) alle verbleibenden, also nicht unter die voraufgehenden Varianten fallenden Manipulationen unter Einschluss der Output-Manipulationen, z.B. durch Verhinderung des Ausdrucks.133 Gemeint sind damit vor allem Konsolmanipulationen, soweit sie nicht Input-Manipulationen sind (dazu bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II 150 f), und Hardware-Manipulationen, aber auch störende Einwirkungen auf den Aufzeichnungsvorgang i.S.d. § 268 Abs. 3 und von der 1. Variante nicht erfasste, insbesondere nachträgliche Einwirkungen auf das Programm, z.B. auf dessen zeitlichen oder maschinellen Ablauf (BTDrucks. 10/318 S. 20).134 Dies betrifft etwa den Gebrauch von Mietkartentelefonen mit Telefonkarten dergestalt, dass unmittelbar nach Herstellung einer angewählten Verbindung – und somit zwar bereits nach Erfassung und Gutschrift des fälligen Gebührenaufkommens zugunsten des Mieters des Kartentelefons, aber noch vor der erst ca. eine Sekunde später erfolgenden Abbuchung des Verbindungsentgelts von der Telefonkarte des Nutzers – die Karte wieder aus dem Gerät entfernt wird (OLG München NJW 2007 3734, 3736 f mit Bespr. Schönauer wistra 2008 445, der Variante 3 als einschlägig erachtet, 451; Wessels/Hillenkamp Rdn. 617). Im Gegensatz hierzu ist das Ausnutzen von Automatendefekten nicht als unbefugte Einwirkung anzusehen (Kraatz Jura 2010 36, 45; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 30a; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17a; Wessels/Hillenkamp Rdn. 617; aA OLG Braunschweig NJW 2008 1464 mit krit. Anm. Niehaus/Augustin JR 2008 436; vgl. schon Rdn. 44). Erforderlich ist nicht, dass die Einwirkung zu einem „falschen“ Ergebnis des Datenverarbeitungsvorgangs führt (oben Rdn. 26; aA Lenckner/Winkelbauer CR 1986 658). Variante 4 ist indes nicht verwirklicht, wenn jemand einen Geldwechselautomaten durch einen mit Klebefilm präparierten Geldschein zur Auszahlung von Münzen veranlasst und sodann den eingeführten Geldschein wieder herauszieht (OLG Düsseldorf NJW 2000 158, 158 mit Bespr. Kudlich JuS 2001 20).135 Nach Lackner (FS Tröndle S. 56) liegt in der „betrugsspezifisch“ ausgelegten Unbefugtheit der „Täuschungswert“ des Verhaltens. Dieser ist allerdings ähnlich wie bei der 1. Variante (oben Rdn. 31) deshalb fiktiv, weil beim Menschen eine Einwirkung auf den Ablauf des Denk- und Entscheidungsprozesses außerhalb von unrichtigen Angaben (Input-Manipulation!) nur durch täuschungsfremde Einwirkungen, z.B. durch Herbeiführen von Übermüdung, Trunkenheit usw. möglich ist. Eine Täuschungs„ähnlichkeit“ der Handlung ist hier daher entgegen Haft (NStZ 1987 8) und Ranft (NJW 1994 2574) nicht erforderlich (vgl. auch Frey S. 198 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 510; Wohlers MK Rdn. 60). Vor allem können Hardware-Manipulationen auch

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Hilgendorf SSW Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 47; Kindhäuser NK Rdn. 28; Lackner/Kühl Rdn. 15; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 510; Wohlers MK Rdn. 55; aA Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 4. Fischer Rdn. 18; Kindhäuser NK Rdn. 28; Lackner/Kühl Rdn. 15; Möhrenschlager

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wistra 1986 133; Tiedemann JZ 1986 869 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 510; krit. Haft NStZ 1987 8. Ebenso Fischer Rdn. 19; Hilgendorf SSW Rdn. 26; Lackner/Kühl Rdn. 14a; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17a; Wohlers MK Rdn. 59; aA Otto BT § 52 Rdn. 45; ders. JR 2000 214, 215.

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in Sachbeschädigungen bestehen, sofern es dadurch zu unrichtigen Abläufen des Datenverarbeitungsvorgangs kommt. Der Ausschluss gewaltsamer Einwirkungen bei § 265a (Tiedemann LK Rdn. 37) ist dort durch die Tathandlung des Erschleichens bedingt. Demgegenüber ist die „Einwirkung auf den Ablauf“ als Begriff überaus weit136 und wird im Wesentlichen lediglich durch das zusätzliche Merkmal „unbefugt“ begrenzt. Ihr essentielles Moment ist die Manipulation, und ein Betrugsvergleich dient weitgehend nur dem Ausschluss bloßer Ordnungsverstöße (vgl. auch oben Rdn. 44 a.E.). Die Frage der Unbefugtheit, die auch hier zum Tatbestand zählt,137 wird teilweise 63 ebenso wie bei der 3. Variante behandelt.138 Zutreffend erscheint es demgegenüber, an die 1. und 2. Variante anzuknüpfen und einschränkend auf die unrichtige Verarbeitung der richtig eingegebenen Informationen abzustellen.139 Entgegen BGHSt 40 331, 335 beseitigt die ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung durch den Betreiber nicht ohne Weiteres die Unbefugtheit. Vielmehr bestimmt sich die Richtigkeit des Ergebnisses der DV-Anlage teilweise unabhängig vom Willen des Betreibers nach Aufgabe und Zweck des konkreten Programms (vgl. oben Rdn. 30 f). Diese Auslegung ist auch geeignet, die gesetzliche Bestimmtheit der weitgefassten 4. Variante zu verbessern bzw. herzustellen. h) Die vorstehend erläuterten Tathandlungen können auch durch Unterlassen be- 64 gangen werden.140 Dies setzt allerdings voraus, dass tatsächlich ein DV-Vorgang stattfindet.141 Die garantenpflichtwidrige Nichteingabe von Daten in die DV-Anlage (z.B. durch einen Steuerbeamten: Schweizer BGE 96 IV 185) kann unter dieser Voraussetzung entsprechend der Behandlung des Unterlassens beim Betrug strafbar sein, und zwar nicht nur als (aktive) Verwendung unvollständiger Daten (Lenckner/Winkelbauer CR 1986 656 f mit Nachw.). Daneben kann § 263a – in allen Varianten – durch Unterlassen in der Weise begangen werden, dass z.B. der Betriebsinhaber oder ein anderer Garant (z.B. Vorgesetzter) die Verwendung unrichtiger Daten usw. durch seinen Angestellten (Nachgeordneten) vorsätzlich duldet (vgl. auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 94 mit Nachw.). i) Die Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs wird vom 65 Tatbestand als (Zwischen-)Folge der Tathandlung erfordert (vgl. bereits Rdn. 26). Der DV-Vorgang und dessen Beeinflussung treten an die Stelle von Irrtum und Verfügung beim Betrug.142 – Aus der Charakterisierung des Tatbestandes als Betrug ergibt sich

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Vgl. nur Gössel II § 22 Rdn. 26 (mit dem Beispiel des Überspielens von sog. Viren, die zur Behinderung der Verarbeitungsvorgänge oder zur teilweisen Zerstörung der Datenbestände führen können). Vgl. nur Hoyer SK Rdn. 46; Kindhäuser NK Rdn. 29; Neumann JuS 1990 536; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16. Duttge HK-GS Rdn. 22; Fischer Rdn. 18; Gössel II § 22 Rdn. 26; Hoyer SK Rdn. 46; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16; vgl. auch OLG München NJW 2007 3734, 3737; krit. Schönauer wistra 2008 445, 446. Lackner/Kühl Rdn. 15; Maurach/Schroeder/ Maiwald I § 41 Rdn. 235; Otto BT § 52 Rdn. 46; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 510.

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Siehe nur Fischer Rdn. 5; Gercke/Brunst Rdn. 174; Kindhäuser NK Rdn. 9; Lackner/ Kühl Rdn. 5; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 4. Fischer Rdn. 8 für Variante 2; Frey S. 191; Hilgendorf SSW Rdn. 7; Hilgendorf/Frank/ Valerius Rdn. 143; Kindhäuser NK Rdn. 9; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 657; vgl. schon Rdn. 34. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 33; Duttge HK-GS Rdn. 25; Fischer Rdn. 5; Kindhäuser NK Rdn. 3; Lackner/Kühl Rdn. 16; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 236; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 511; Wessels/Hillenkamp Rdn. 604.

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zunächst, dass der DV-Vorgang vermögenserheblich sein muss.143 Er muss sodann wie bei § 263 unmittelbar, nämlich ohne weitere deliktische Zwischenhandlungen des Täters, vermögensmindernd wirken,144 also eine Vermögensverfügung darstellen. Auch wenn elektronische Türschlösser und Wegfahrsperren als DV-Anlagen i.S.d. § 263a angesehen werden (dazu oben Rdn. 22), ist die Manipulation daher nicht tatbestandsgemäß, wenn sie dem Täter nur die Möglichkeit zur Wegnahme von Sachen oder des Kraftfahrzeuges eröffnet.145 Gleiches gilt für elektronisch gesteuerte Münzprüfer bei Geldautomaten.146 Verfügung und Wegnahme schließen sich aus: Zwischen § 263a und § 242 (sowie anderen Fremdschädigungsdelikten) besteht ein Verhältnis der Exklusivität (vgl. bereits oben Rdn. 17).147 An der Vermögensdisposition des Computers fehlt es trotz vermögensschädigender 66 Auswirkungen in Fällen von Computersabotage (z.B. durch Fehlprogrammierung seitens des von der Konkurrenz bestochenen Operators) oder Lahmlegung der DV mit der Folge mangelnder oder mangelhafter Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse des Computers.148 Mit diesem Kriterium wird auch die bereits oben Rdn. 60 erwähnte Straflosigkeit des sog. Zeitdiebstahls, also der unbefugten Inanspruchnahme eines fremden DV-Systems für eigene Zwecke ohne Entrichtung eines Entgelts, begründet: Insoweit werden keine Ergebnisse der DV manipuliert.149 Über das Kriterium der Unmittelbarkeit ist der Computerbetrug ebenso von sonst 67 betrügerischem Verhalten abzugrenzen. So führt die unberechtigte Verwendung einer Krankenversicherungskarte bei einem Arztbesuch noch nicht zu einer vermögensrelevanten Disposition des die Daten einlesenden Computers. Vielmehr erfolgt die Vermögensverfügung erst durch den Arzt, wenn er seine Sachleistungen erbringt oder Leistungen verordnet; in Betracht kommt daher nur eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß § 263 (OLG Hamm NJW 2006 2341). An der erforderlichen Unmittelbarkeit der Vermögensminderung fehlt es ferner dann, wenn der DV-Vorgang noch von einem Menschen in eine Vermögensdisposition umgesetzt werden muss. Allerdings ist es unschädlich, dass zur Herbeiführung des Vermögensschadens eine nachgeordnete Person ohne eigene Entschei-

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BTDrucks. 10/318 S. 19; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 20. OLG Celle JR 1997 345, 347 mit Anm. Hilgendorf; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 34; Duttge HK-GS Rdn. 25; Fischer Rdn. 20; Gercke/Brunst Rdn. 190; Gössel II § 22 Rdn. 33; Hoyer SK Rdn. 49; Lackner/Kühl Rdn. 17; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 237; Möhrenschlager wistra 1986 133; Otto BT § 52 Rdn. 47; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 4; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Schlüchter S. 93; Wohlers MK Rdn. 61. Übereinstimmend auch BGHSt 38 120, 122 ff. Duttge HK-GS Rdn. 25; Fischer Rdn. 20; Hilgendorf SSW Rdn. 31; Hoyer SK Rdn. 50; Kindhäuser NK Rdn. 33; Lackner/Kühl Rdn. 19; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 5; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Wohlers MK Rdn. 62.

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OLG Celle JR 1997 345 mit Anm. Hilgendorf und Bspr. Mitsch JuS 1998 307; OLG Düsseldorf NJW 1999 3208, 3209; Fischer Rdn. 19; Wessels/Hillenkamp Rdn. 621. Hoyer SK Rdn. 49; Kindhäuser NK Rdn. 34; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 23; Schulz/Tscherwinka JA 1991 123; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 606. Fischer Rdn. 22; Kindhäuser NK Rdn. 31; Lackner/Kühl Rdn. 25; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659; Möhrenschlager wistra 1986 133; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 21; Wessels/Hillenkamp Rdn. 611. Fischer Rdn. 17; Kindhäuser NK Rdn. 31; Möhrenschlager wistra 1986 133 Fn. 53a; Schlüchter S. 93; Schulze-Heiming S. 262.

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Computerbetrug

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dungsbefugnis, also ohne Vornahme einer Inhaltskontrolle, tätig werden muss oder das Arbeitsergebnis der DV-Anlage sonst Teilstück einer mehraktigen (mehrstufigen) Verfügung ist.150 Während aber die Einschaltung von Kontrollpersonen mit inhaltlichen Entscheidungsbefugnissen zur Anwendung des vorrangigen § 263 führt,151 kann zweifelhaft sein, wie die inhaltliche Stichproben-Kontrolle des Ausdrucks zu behandeln ist. Nach Lackner/Kühl (Rdn. 18) soll § 263a hier anwendbar sein, da es vom Zufall abhänge, ob die Manipulation bei der Kontrolle entdeckt wird, und die Ausdrucke „meist“ schon als solche die Voraussetzungen einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung erfüllen (ebenso Hilgendorf SSW Rdn. 31; Wohlers MK Rdn. 62). Indessen löst sich diese Gesamtbetrachtung des DV-Vorgangs von der im Strafrecht unausweichlichen Individualisierung der Tathandlung und des Taterfolges, so dass es auf die Situation in jedem konkreten Einzelfall ankommt (Kindhäuser NK Rdn. 35). Sind entsprechende tatsächliche Feststellungen nicht möglich (dazu auch Tiedemann LK § 263 Rdn. 87), so entsteht das Problem der Wahlfeststellung (dazu unten Rdn. 74). Das Beeinflussen setzt voraus, dass die Tathandlung den Arbeitsvorgang der DV-An- 68 lage – sei es auch nur in zeitlicher Hinsicht – zumindest mitbestimmt, also jedenfalls mitursächlich ist, und dadurch mindestens mittelbar eine Vermögensdisposition des Computers auslöst.152 Vor allem wegen des Kausalitätserfordernisses ist zweifelhaft und streitig, ob die Verwendung allgemein unrichtiger Daten (z.B. Behauptung eines Vertragsschlusses) im automatisierten Mahnverfahren tatbestandsmäßig ist (vgl. bereits oben Rdn. 39). Die bejahende Ansicht153 begründet die Strafbarkeitserweiterung im Vergleich zu § 263, der wegen Wegfalls der Schlüssigkeitsprüfung durch das Gericht nicht einzugreifen vermag, mit der selbstständigen Benennung der Tatmittel in § 263a und schwächt das strikte Kausalitätserfordernis durch die Formel ab, dass die manipulierten Daten „in den Verarbeitungsvorgang Eingang finden und ihn mitbestimmen müssen“ (BTDrucks. 10/318 S. 19 f). Die verneinende Auffassung beruft sich auf die Parallelität zu § 263, also auf das Fehlen der Kausalität, und postuliert eine Überschreitung des Schutzzwecks der Norm bzw. Richtigkeit der relevanten Angaben.154 Insoweit zutreffend weisen Lenckner/Winkelbauer (CR 1986 656) darauf hin, dass es entgegen der von BTDrucks. 10/318 S. 21 angenommenen Parallele zum automatisierten Lastschrifteinzugsverfahren der Banken nicht um die Geltendmachung angeblicher, sondern wirklicher Zahlungsansprüche geht (und einschlägige Falschangaben daher zweifelsfrei zur Anwendung des § 263a führen; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 511). Da im gerichtlichen Mahnverfahren erst der Vollstreckungsbescheid eine konkrete Vermögensgefährdung darstellt und hierfür ein neuer Antrag des Vollstreckungsgläubigers erforderlich ist (§ 699 Abs. 1

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A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 34; Fischer Rdn. 20; Hoyer SK Rdn. 51; Lenckner/ Winkelbauer CR 1986 659; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 21; Wohlers MK Rdn. 62. Vgl. nur A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 34; Hoyer SK Rdn. 51; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 21; Wohlers MK Rdn. 62. Zu Pflichtverletzungen von Publishern bei Werbung auf Webseiten Schirmbacher/Ihmor CR 2009 245, 248 ff. BTDrucks. 10/318 S. 19 f; Bühler S. 106; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 153; Kindhäuser NK Rdn. 31; Lenckner/Winkelbauer

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CR 1986 659; Möhrenschlager wistra 1986 133 Fn. 53a; Otto BT § 52 Rdn. 47; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 4; Schulz/Tscherwinka JA 1991 122 f; Tiedemann JZ 1986 869; Wessels/Hillenkamp Rdn. 605. BTDrucks. 10/318 S. 20 f; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 4; Haft NStZ 1987 8; Möhrenschlager wistra 1986 132; Münker S. 71 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 511. Haß in Lehmann XII Rdn. 10; Lackner/ Kühl Rdn. 20; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 656.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

ZPO), kann freilich erst dieser Antrag einen Versuch nach § 263a darstellen (ebenso Kindhäuser NK Rdn. 18; aA OLG Düsseldorf NStZ 1991 586 und Münker S. 111 f), dessen Begehung dann mit Erlass des Vollstreckungsbescheides vollendet werden kann. Wegen der möglichen und ausnahmsweise auch erfolgenden Vornahme einer Schlüssigkeitsprüfung durch den Rechtspfleger liegt aber an sich bei Behauptung eines nicht bestehenden Anspruchs eine Täuschung und ein mit dolus eventualis unternommener Betrugsversuch nach § 263 vor, wenn berücksichtigt wird, dass es kriminalpolitisch um den Schutz angeblicher Schuldner vor „Übertölpelung“ geht (vgl. Tiedemann LK § 263 Rdn. 90; zum Einfluss von Motiven und Interessenlagen auf die Bestimmung des dolus eventualis Vogel LK § 15 Rdn. 113 mit Nachw.). Da dogmatisch die Betrugsähnlichkeit des § 263a keine völlige Identität der Beeinflussung des DV-Vorgangs mit der Vermögensverfügung beim Betrug erfordert, erscheint im Ergebnis die Bejahung des § 263a bzw. des Versuchsbeginns mit Stellung des Antrags auf Erlass des Vollstreckungsbescheids zutreffend, sofern die allgemein unrichtigen Angaben Eingang in den DV-Vorgang finden. Die Beeinflussung erfordert im Einzelnen nicht, dass der DV-Vorgang bei Vornahme 69 der Tathandlung bereits in Gang befindlich war. Vielmehr reicht aus, dass er – wie bei der Datenverwendung gegenüber Bankomaten – durch sie erst in Gang gesetzt oder sonstwie gesteuert wird.155

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j) Die für die Vollendung des Tatbestandes erforderliche Vermögensbeschädigung entspricht in jeder Hinsicht der bei § 263.156 Sie muss gemäß dem Wortlaut des § 263a ursächliche Folge der Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs sein, so dass nicht die Tathandlung als solche, sondern das durch sie manipulierte Arbeitsergebnis des Computers zur Schadensfolge in Beziehung zu setzen ist (Fischer Rdn. 22; Schlüchter S. 93). Nach ganz h.M. (zu § 263) kann der Schaden auch in der Begründung einer Verbindlichkeit liegen, z.B. bei der sog. Autorisierungserklärung des Betreibers von kartengestützten elektronischen Zahlungssystemen (oben Rdn. 52). Zur Vermögensbeschädigung bei der wiederholten Nutzung kostenloser Probezugänge zum Internet unter Rückgriff auf die Zweckverfehlungslehre Gercke ZUM 2001 567, 569 f. Kein Vermögensschaden stellt dagegen der Aufwand dar, um Schäden zu beheben, die durch die Manipulation am Computer, an seinem Programm oder seiner Hardware entstanden sind; insofern fehlt es an der erforderlichen Stoffgleichheit zwischen erstrebtem Vermögensvorteil und eingetretenem Schaden (näher unten Rdn. 76).157

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Vgl. bereits oben Rdn. 26 a.E.; BGHSt 38 121; BayObLG JR 1994 289; OLG Köln NJW 1992 125 f; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 36; Berghaus JuS 1990 981; Bieber WR 1987 Beil. 6 S. 23; Bühler S. 73 („Die Auslösung ist die stärkste Form der Beeinflussung.“); Cramer JZ 1992 1032; Ehrlicher S. 80 ff; Gogger S. 66 f; Haft NStZ 1987 8; Hoyer SK Rdn. 12; Huff NJW 1987 817; Kindhäuser NK Rdn. 32; Lackner FS Tröndle S. 58; Otto JR 1987 224; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 18; Schlüchter S. 92; Schulz/Tscherwinka JA 1991 122 f; Thaeter JA 1988 550; U. Weber FS Krause S. 432; Wessels/Hillenkamp Rdn. 605; aA LG Wiesbaden NJW 1989

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2551 f; Etter CR 1991 487; Gössel II § 22 Rdn. 24 (aber auch Rdn. 25); Jungwirth MDR 1987 543; Kleb-Braun JA 1986 259; Ranft wistra 1987 83. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 30; Gössel II § 22 Rdn. 35; Hilgendorf SSW Rdn. 30; Hoyer SK Rdn. 52; Kindhäuser NK Rdn. 36; Lackner/Kühl Rdn. 23; Lenckner/ Winkelbauer CR 1986 660; Maurach/ Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 238; Möhrenschlager wistra 1986 133; Otto BT § 52 Rdn. 47; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 24; Wessels/Hillenkamp Rdn. 606; Wohlers MK Rdn. 61. Vgl. nur Fischer Rdn. 22; Hoyer SK Rdn. 52; Lackner/Kühl Rdn. 25.

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Computerbetrug

§ 263a

Die Vermögensdisposition der DV-Anlage muss nicht notwendigerweise das Vermö- 71 gen des Betreibers, sondern kann unter bestimmten Voraussetzungen auch das Vermögen Dritter betreffen. Nach ganz h.M. finden insoweit die zu § 263 entwickelten Grundsätze über den Dreiecksbetrug (dazu ausführlich Tiedemann LK Rdn. 112 ff) sinngemäß Anwendung.158 Greifen diese Grundsätze und Kriterien (insbesondere Näheverhältnis oder Rechtsscheinmacht des Verfügenden im Verhältnis zum Geschädigten) nicht ein, so kann Diebstahl oder ein anderes Fremdschädigungsdelikt in mittelbarer Täterschaft vorliegen (Hoyer SK Rdn. 49 a.E.). – Demgegenüber meint Haft (NStZ 1987 8), nur in den (seltenen) Fällen, in denen der Geschädigte auch der Betreiber des Computers ist, bestehe die nach allgemeinen Betrugsgrundsätzen erforderliche besondere Beziehung zwischen Computer und geschädigtem Betreiber: Der Computerbetrug sei „strukturell ein Dreiecksbetrug“ (zust. Gogger S. 77). In allen anderen – den meisten – Fällen fehle dagegen ein Näheverhältnis, z.B. zwischen Bankcomputer und Bankkunden; auch an dieser Systemstelle müssten daher allgemeine Betrugsgrundsätze aufgegeben werden. Diese Sicht ist auch nicht dann folgerichtig, wenn man wie hier (oben Rdn. 16) in dem Arbeitsergebnis der DV-Anlage eine eigene Verfügung des Computers und daher in § 263a ein betrugsähnliches Delikt sieht. Auch der an den angeblichen Bankkunden Geld der Bank auszahlende Bankangestellte wirkt als Vertreter der Bank, die damit eine Verfügung über das Konto des Kontoinhabers vornimmt; dabei steht sowohl der Angestellte zur Bank als auch diese zum Kontoinhaber in einem Näheverhältnis. Ersetzt man den Angestellten der Bank durch einen Bankomaten, so bleibt der Computer ein Hilfsmittel des Systembetreibers; die Verfügung des Computers über das Bargeld der Bank ist insoweit als Selbstschädigung des Betreibers anzusehen: Der Systembetreiber tritt an die Stelle des (Getäuschten und) Verfügenden beim Betrug (zutr. Altenhain JZ 1997 754 f; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659). Im Verhältnis von Bank und Kontoinhaber ändert sich dagegen durch die Automatisierung nichts. Vor allem muss weder zwischen Angestelltem und Bankkunden noch zwischen Computer und Kunden ein Näheverhältnis vorhanden sein. Damit steht nichts entgegen, für die Beurteilung der Schädigung anderer als des Verfügenden die Grundsätze des Dreiecksbetruges insgesamt „sinngemäß“ heranzuziehen.

V. Vorsatz und Absicht 1. Vorsatz. Der Vorsatz – unstreitig auch als nur bedingter – muss sich gemäß § 16 72 Abs. 1 auf alle Tatbestandsmerkmale, insbesondere auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Daten und auf die Unbefugtheit ihrer Verwendung oder der Einwirkung auf den Ablauf beziehen. Bei „betrugsspezifischer“ Bestimmung der Unbefugtheit (oben Rdn. 44) zählen jedenfalls die tatsächlichen Voraussetzungen, die den Mangel der Befugnis begründen, zum Tatbestand.159 Ähnlich wie der Täter aber bei der „subjektivierenden“ Auslegung die Vertrags- oder Zweckwidrigkeit seines Tuns bzw. den entgegenstehenden Willen des Betreibers (oben Rdn. 43) kennen muss, um vorsätzlich zu handeln, reicht Tatsachenkenntnis auch bei der betrugsspezifischen Auslegung nicht ohne Weiteres

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Duttge HK-GS Rdn. 26; Fischer Rdn. 21; Hilgendorf SSW Rdn. 32; Hoyer SK Rdn. 49; Kindhäuser NK Rdn. 34; Lackner/Kühl Rdn. 21; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 659 f; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 6; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 22.

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Fischer Rdn. 23; Hoyer SK Rdn. 53; Kindhäuser NK Rdn. 39; Lackner/Kühl Rdn. 24; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 27; Wessels/Hillenkamp Rdn. 607; Wohlers MK Rdn. 65.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

aus. Da das Fehlen der Befugnis gerade den Unrechtsgehalt des im Übrigen neutralen Handelns ausmacht, vermag der Tatbestand seine „Appellfunktion“ für das Unrechtsbewusstsein nur zu erfüllen, wenn zum Vorsatz auch die laienhafte Kenntnis oder Wertung gerechnet wird, dass das Handeln nicht erlaubt ist. Es liegt hier ähnlich wie bei der fehlenden Befugnis nach § 132a und dem Genehmigungserfordernis der §§ 327, 328 (sowie im Nebenstrafrecht; dazu Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 321 ff). Gestattet etwa der berechtigte ec-Karteninhaber einem Dritten die Geldabhebung, so ist nach der subjektivierenden Auslegung, die auf die Vertragswidrigkeit im Verhältnis zum Kreditinstitut abstellt, Kenntnis des Täters von dieser Vertragswidrigkeit, also der Sache nach Rechtskenntnis erforderlich; nach der betrugsspezifischen Auslegung entfällt dagegen schon der objektive Tatbestand (oben Rdn. 50). Im Verhältnis zum Betrugsvorsatz ist zwar davon auszugehen, dass sich § 263 und 73 § 263a gegenseitig ausschließen, da letztere Vorschrift (nur) zur Anwendung kommt, wenn die eigentliche (schädigende) Vermögensverfügung ausschließlich vom Computer getroffen wird (vgl. nur Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660; oben Rdn. 17). Jedoch kann sich der Täter irrig vorstellen, ein Mensch sei mit inhaltlicher Prüfungskompetenz eingeschaltet und treffe die schädigende Verfügung, oder er kann zu Unrecht davon ausgehen, der gesamte Vorgang werde maschinell erledigt; im ersten Fall hat der Täter Betrugsvorsatz, im zweiten auf § 263a gerichteten Vorsatz. Die unbestrittene h.M. bestraft hier wegen der Gleichwertigkeit des Unrechts und nur unwesentlicher Abweichung im Kausalverlauf jedenfalls nach dem Tatbestand, der objektiv verwirklicht ist (Vollendung).160 Zusätzlich Versuch des anderen Tatbestandes anzunehmen (so Lackner/Kühl Rdn. 24), widerspricht der Gleichwertigkeit des Unrechts sowie bei Annahme von §§ 263a, 22 der gesetzgeberisch gewollten Auffangfunktion des § 263a (vgl. oben Rdn. 17). Allerdings soll der Versuch entsprechend allgemeinen Grundsätzen subsidiär sein (Lackner FS Tröndle S. 57), so dass der Streit ähnlich wie oben Rdn. 38 im Ergebnis nur selten relevant wird. Vor allem gilt auch für Teilnehmer das für Täter Ausgeführte entsprechend: Stellt der Gehilfe dem späteren Täter eine gefälschte ec-Karte in der Vorstellung zur Verfügung, dieser werde mit der Karte Bankomaten ausplündern, so wird der Gehilfe aus §§ 263, 27 bestraft, wenn der Täter mittels Elektronischen Lastschriftverfahrens (oben Rdn. 53) einkauft und mit der Karte „bezahlt“, also gegenüber dem Händler einen Betrug begeht. Fasst der Täter mit Alternativvorsatz die Verwirklichung beider Straftatbestände ins Auge, während objektiv nur einer verwirklicht wird, so liegt in Bezug auf diesen Vollendung vor; bezüglich des anderen Tatbestandes ist begrifflich wiederum Versuch gegeben (Lackner/Kühl Rdn. 24), der aber unter Konkurrenzerwägungen ebenfalls (als subsidiär) in Wegfall kommt.161

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A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 35; Duttge HK-GS Rdn. 29; Fischer Rdn. 23; Hilgendorf SSW Rdn. 34; Hilgendorf/Frank/ Valerius Rdn. 136; Hoyer SK Rdn. 54; Kindhäuser NK Rdn. 38; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660 f; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 28. Fischer Rdn. 23; Hilgendorf SSW Rdn. 34; Kindhäuser NK Rdn. 38; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 28. Zutr. Lenckner/ Winkelbauer CR 1986 661, die aber für die

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Konstellation, dass die Verwirklichung beider Tatbestände im Versuch stecken bleibt, wegen ihrer Selbstständigkeit Tateinheit annehmen und dieses Ergebnis als wenig einleuchtend bezeichnen; das Ergebnis ist jedoch bei Zusammentreffen etwa von §§ 246, 263 nicht anders und lässt sich im Rahmen des § 263a dadurch vermeiden, dass die Auffangfunktion dieser Strafvorschrift bereits auf Tatbestandsebene berücksichtigt wird.

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Computerbetrug

§ 263a

Weiter ist möglich, dass sich im Strafverfahren nicht aufklären lässt, ob die für das 74 Datenverarbeitungsergebnis vorgesehene menschliche Stichproben-Kontrolle im konkreten Einzelfall vorgenommen worden ist oder nicht. Steht insoweit fest, dass entweder der Tatbestand des § 263 oder der des § 263a vorliegt, so ist im Wege der Wahlfeststellung eine alternative Verurteilung möglich.162 2. Irrtumsfälle. Sonstige Irrtumsfälle betreffen überwiegend Verbots- und insbeson- 75 dere Subsumtionsirrtümer. Dies gilt etwa für die Annahme, ein vom Programmierer auftragsgemäß entworfenes Programm sei stets richtig (vgl. dazu oben Rdn. 29), ebenso wie für die Auffassung, die Verwendung einer entwendeten ec-Karte sei nicht unbefugt, da der Computer die Befugnis (nur) nach den Daten des Magnetstreifens und der PIN-Nummer bestimmt („computerspezifische“ Auslegung, oben Rdn. 49). Umgekehrt ist die Annahme, jede Vertragswidrigkeit lasse die Datenverwendung unbefugt werden (subjektivierende Auslegung, oben Rdn. 42), ein strafloses Wahndelikt (Hoyer SK Rdn. 53). 3. Bereicherungsabsicht. Die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen 76 Vermögensvorteil zu verschaffen, ist unstreitig ebenso wie bei § 263 zu bestimmen. An ihr fehlt es, wenn der entgegen den AGB beauftragte Dritte auftragsgemäß Geld am Bankomaten abhebt und so nach der subjektivierenden Auslegung (oben Rdn. 50) den Tatbestand des § 263a erfüllt (Ehrlicher S. 91). – Ebenso wie beim allgemeinen Betrugstatbestand ist auch Stoffgleichheit zwischen dem objektiv eingetretenen Vermögensschaden und dem subjektiv erstrebten Vorteil erforderlich.163 Der Wille des Täters muss also dahin gehen, gerade durch das Ergebnis des manipulierten schädigenden DV-Vorgangs einen Vorteil zu erlangen.164 Dies ist z.B. für den Missbrauch einer echten Karte durch einen Nichtberechtigten im POS-System (oben Rdn. 52) zu bejahen, da der Täter zwar die gekaufte Ware aus dem Vermögen des Händlers erhält und der Vermögensschaden beim kartenausgebenden Kreditinstitut oder beim berechtigten Karteninhaber eintritt, aber dieselbe (wirtschaftliche) Vermögensverfügung den Vorteil und den Schaden herbeiführt (Altenhain JZ 1997 756). Folgeschäden an der Soft- oder Hardware reichen dagegen nicht aus.165

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BGH NJW 2008 1394, 1395; Duttge HK-GS Rdn. 29; Fischer Rdn. 23; Hilgendorf SSW Rdn. 45; Hoyer SK Rdn. 55; Kindhäuser NK Rdn. 62; Lackner/Kühl Rdn. 30; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 39; Tiedemann LK § 263 Rdn. 309; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 619; Wohlers MK Rdn. 76. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 30; Duttge HK-GS Rdn. 30; Fischer Rdn. 24; Gercke/Brunst Rdn. 192; Hilgendorf SSW Rdn. 35; Hoyer SK Rdn. 56; Kindhäuser NK Rdn. 37; Lackner/Kühl Rdn. 25;

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Lenckner/Winkelbauer CR 1986 660; Möhrenschlager wistra 1986 133; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 1; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 29; Schlüchter S. 93; Schulz/ Tscherwinka JA 1991 123; Wessels/Hillenkamp Rdn. 607; Wohlers MK Rdn. 66. Altenhain JZ 1997 756; Haß in Lehmann XII Rdn. 18; Möhrenschlager wistra 1986 133; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 29. Fischer Rdn. 24; Hilgendorf SSW Rdn. 35; Lackner/Kühl Rdn. 25; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Wohlers MK Rdn. 66; vgl. bereits oben Rdn. 70.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

VI. Vollendung und Beendigung, Versuch und Vorbereitungshandlungen 1. Vollendung und Beendigung der Tat. Vollendung der Tat ist mit dem zumindest teilweisen Eintritt des Vermögensschadens (Fischer Rdn. 26) oder der ihm gleichzustellenden konkreten Vermögensgefährdung (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 30; Wohlers MK Rdn. 74) gegeben. Beim (automatisierten) Mahnverfahren ist letztgenannte erst mit Ablauf der für den Mahnbescheid geltenden Widerspruchsfrist anzunehmen (vgl. bereits oben Rdn. 68). Auch die Autorisierungsabfrage des Händlers im POS-Verfahren ist noch keine schadensgleiche Gefährdung des Vermögens des Kreditinstituts, das erst durch die Autorisierungserklärung eine Vermögensminderung erfährt (Altenhain JZ 1997 754 f). Die für die Verjährung (§ 78a) maßgebende Beendigung der Tat tritt wie bei § 263 mit 78 der Erlangung des letzten Vermögensvorteils ein.166 Dies führt vor allem bei Programmmanipulationen (1. Variante) zu einem späten Zeitpunkt der Beendigung („Dauerwirkung“ der Programmmanipulationen, vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 152 mit Nachw.).

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2. Versuch. Der Versuch ist strafbar, wie sich aus der Verweisung des Absatzes 2 auf § 263 Abs. 2 ergibt. Ein Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 22 liegt vor allem dann vor, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Daten „verwendet“ oder die richtigen Daten unbefugt verwendet und in den Computer eingegeben werden, der Erfolg der Vermögensbeschädigung aber ausbleibt, z.B. weil der Bankomat die vom Täter manipulierte und zwecks Erlangung von Bargeld in den Automaten eingeführte ec-Karte nicht annimmt.167 Die Verwendung von Daten vor Eingabe in die DV-Anlage kann vor allem in den oben Rdn. 36 ff genannten Konstellationen mittelbarer Täterschaft einen strafbaren Versuch darstellen. Für die unrichtige Programmgestaltung (1. Variante) ist zu beachten, dass die Ansatzformel des § 22 bei mehrgliedrigen Tatbeständen nicht auf die Verwirklichung eines einzigen tatbestandlichen Handlungsmerkmals, sondern auf die Tatbestandsverwirklichung im Ganzen zu beziehen ist (vgl. nur BGHSt 31 178). Demgegenüber wird sich bereits aus der Eigenart der Tathandlung der unbefugten Einwirkung auf den Ablauf (4. Variante) eine enge zeitliche Grenzziehung zu und Verbindung mit der Beeinflussung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs ergeben.

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3. Vorbereitungshandlungen (Absätze 3 und 4). Der durch das 35. StrÄndG vom 22.12.2003 (BGBl. I 2838) (oben Rdn. 4) neu eingeführte Absatz 3 erweitert die Strafbarkeit auf das Vorfeld, indem er bestimmte Vorbereitungshandlungen zum Computerbetrug unter Strafe stellt. Es handelt sich hierbei um einen eigenständigen Straftatbestand (BTDrucks. 15/1720 S. 10) in Gestalt eines abstrakten Gefährdungsdelikts. Die Änderung ist dem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 28.5.2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (ABl. EG Nr. L 149, 1) geschuldet. Der Rahmenbeschluss wollte gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit allen Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit strafrechtlichen Mitteln verfolgen (Erwägungsgrund 4), und durch seine Vorgaben das gesamte Spektrum der diesbezüglichen Tätigkeiten abdecken, die zusammen die Bedrohung durch organisierte Kriminalität auf diesem Gebiet darstellen (Erwägungsgrund 8).

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Vgl. nur Gössel II § 22 Rdn. 38; Hilgendorf SSW Rdn. 36; Kindhäuser NK Rdn. 40; Wohlers MK Rdn. 74. BayObLGSt 1993 86, 88; Duttge HK-GS

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Rdn. 31; Hilgendorf SSW Rdn. 36; Kindhäuser NK Rdn. 40; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 30.

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Computerbetrug

§ 263a

a) Objektiver Tatbestand. Absatz 3 setzt objektiv die Vorbereitung eines Computer- 81 betruges nach Absatz 1 voraus. Dies wird insoweit konkretisiert, als sich die Vorbereitung zum einen auf Computerprogramme beziehen muss, deren Zweck die Begehung eines Computerbetruges ist, und zum anderen nur bestimmte Handlungen umfasst, namentlich das Herstellen, sich oder einem anderen Verschaffen, Feilhalten, Verwahren und einem anderen Überlassen. aa) Tatgegenstand der Vorbereitung des Computerbetruges sind Computerpro- 82 gramme, d.h. fixierte Arbeitsanweisungen an einen Rechner (siehe schon Rdn. 20). Der Gebrauch des Plurals „Computerprogramme“ ist lediglich sprachlichen Gründen geschuldet und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die Verwirklichung des Tatbestandes bereits eine Vorbereitungshandlung in Bezug auf ein einziges Computerprogramm genügt.168 Nicht erfasst sind Vorbereitungshandlungen in Bezug auf Hardware oder unbeschriebene Datenträger. So erstreckt sich der Tatbestand nicht auf sog. OposKarten, d.h. Blanko-Smart-Cards, die in Verbindung mit einem Decoder den Empfang und die Entschlüsselung kostenpflichtiger Fernsehprogramme (Pay-TV; vgl. oben Rdn. 59 a.E.) ermöglichen, hierzu jedoch erst mittels einer speziellen Software beschrieben werden müssen. Auf dem Chip der Opos-Karte selbst ist zwar als Basisfunktion eine Art Bootprogramm vorhanden, das aber per se nicht die Begehung eines Computerbetruges bezweckt (LG Karlsruhe NStZ-RR 2007 19, 19; Fischer Rdn. 32). Anders als etwa in § 202c sind Passwörter oder sonstige Sicherungscodes keine tauglichen Tatgegenstände. Dies hat zur Folge, dass das Phishing (Rdn. 56), bei dem der Täter sich durch Täuschung Zugangsdaten von Kontoinhabern für das Online-Banking verschafft, nicht von § 263a Abs. 3 erfasst ist (Gercke CR 2005 606, 608; Goeckenjan wistra 2008 128, 132; Popp MMR 2006 84, 85; Seidl/Fuchs HRRS 2010 85, 86). Die Lücke ist nunmehr aber durch § 202c geschlossen, da mit der Verwendung der gephishten Daten zur unberechtigten Überweisung nicht nur ein Computerbetrug begangen wird, sondern der Abruf der Kontodaten zugleich ein Ausspähen von Daten gemäß § 202a bedeutet. Das – erfolgreiche – Phishing ist daher nach § 202c strafbar (Hilgendorf LK § 202c Rdn. 10 mit Nachw.). Das Computerprogramm muss den Zweck haben, einen Computerbetrug nach Ab- 83 satz 1 zu begehen. Paradebeispiele sind Programme zum Ausspähen von Daten, Crackingprogramme zum Eindringen in fremde Programme und spezielle Entschlüsselungssoftware zum Auffinden verschlüsselter Bank- oder Kreditkartendaten in E-Mails oder zur Decodierung von Pay-TV.169 Nicht erfasst ist hingegen unspezifisch einsetzbare Software wie allgemeine Ver- und Entschlüsselungsprogramme oder System- und Anwendungssoftware.170 Allerdings erweist sich im konkreten Einzelfall als problematisch, den Zweck eines Computerprogramms zu bestimmen. Schließlich erfüllen Programme gemäß ihren einzelnen Befehlen lediglich bestimmte Aufgaben. Nur wenn diese generell die Verwirklichung eines Computerbetruges bedeuteten, könnte insoweit von einem Zweck zur Begehung dieser Straftat gesprochen werden. Stattdessen sind die einzelnen Rechenschritte in der Regel zweckneutral und hängt es vom jeweiligen Einzelfall ab, ob ein Programm mit seinen jeweiligen Funktionen zu legalen oder illegalen Zwecken genutzt wird. Erschwerend tritt hinzu, dass bereits das Herstellen, Verschaffen etc. des Programms aus-

168

Fischer Rdn. 30; Gercke/Brunst Rdn. 193; Hilgendorf SSW Rdn. 38; Wohlers MK Rdn. 68; vgl. auch BGHSt 46 146, 150 f; BGH NJW 1995 1686, 1687; OLG Düsseldorf NJW 1993 869.

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LG Karlsruhe NStZ-RR 2007 19, 19; Duttge HK-GS Rdn. 35; Fischer Rdn. 32; Hilgendorf SSW Rdn. 38. Fischer Rdn. 32; Hilgendorf SSW Rdn. 38; Wohlers MK Rdn. 68.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

reicht, es also nicht zu dessen Einsatz kommen muss, dem sich Indizien für den Zweck der Begehung einer Straftat entnehmen lassen. Vor allem bei offensichtlichen „dual use“tools mit hohem Missbrauchspotential – z.B. Programme zum Herstellen und zum Auslesen von Magnetstreifen, zur Decodierung von Tonwahlverfahren sowie Diagnose- und Reparaturprogramme (Fischer Rdn. 32) – ist daher fraglich, ob sie einen tauglichen Gegenstand des § 263a Abs. 3 bilden. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Auslegung des durch Gesetz vom 14.8.2005 (BGBl. I 2412) eingeführten Missbrauchs von Wegstreckenzählern und Geschwindigkeitsbegrenzern gemäß § 22b Abs. 1 Nr. 3 StVG (zur Kritik dort Burmann/Heß/Jahnke/Janker/Janker § 22b StVG Rdn. 4) sowie des auf dem 41. StrÄndG vom 7. 8. 2007 (BGBl. I 1786) beruhenden § 202c (siehe hierzu Hilgendorf LK § 202c Rdn. 11 ff). In Anbetracht der fraglichen Bestimmtheit der Norm (siehe Rdn. 4) ist insoweit eine restriktive Auslegung geboten.171 Die Gesetzesbegründung ging hier ohne nähere Erläuterungen von einem objektiven 84 Zweck aus (BTDrucks. 15/1720 S. 10).172 Dem ist nach den vorstehenden Ausführungen (Rdn. 83) entgegenzuhalten, dass sich der Zweck eines Computerprogramms gerade nicht aus dessen einzelnen Ablaufschritten ergibt, sondern stets Menschen über den Einsatz eines Programms bestimmen. Es existiert also keine eindeutig kriminelle Software mit dem „objektiven Zweck“, Straftaten nach § 263a zu verwirklichen. Da dem Zweck vielmehr eine finale Dimension innewohnt (vgl. BVerfG JR 2010 79, 82 mit Anm. Valerius zu § 202c), erscheint vorzugswürdig, auf subjektive Kriterien abzustellen, z.B. den Einsatz, der dem Computerprogramm zugedacht wurde.173 In Anlehnung an die Diskussion um den insoweit gleichlautenden § 202c Abs. 1 Nr. 2 (zur Problematik dort Böhlke/ Yilmaz CR 2008 261, 262) ist jedoch fraglich, wessen Sicht für den Zweck eines Computerprogramms maßgeblich ist. Der Verwender eines Programms bietet sich entgegen einer Auffassung im Schrifttum174 hierfür nicht an, da dies bedeutete, die Qualifikation eines Computerprogramms als Tatgegenstand von der jeweiligen inneren Einstellung des Endbenutzers abhängig zu machen. Dem widerspricht zudem die Begründung des Gesetzgebers zu § 202c, wonach der bloße Missbrauch einer an sich unbedenklichen Software wie etwa eines allgemeinen Anwendungsprogramms nicht als strafbare Vorbereitungshandlung erfasst werden soll (BTDrucks. 16/3656 S. 19). Abzustellen bliebe demnach auf die Zweckbestimmung desjenigen, der das fragliche Computerprogramm herstellt, verändert oder feilhält. Rückschlüsse auf diesen subjektiven Zweck sind im Wege einer Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls aufgrund objektiver Anhaltspunkte zu ziehen, z.B. die Ankündigung und Bewerbung der jeweiligen Software oder deren Nutzungsbeschreibung. Hingegen lässt sich für die Qualifizierung eines Programms kaum auf eine etwaige Gewinnerzielungsabsicht dessen Vertreibers abstellen, sofern er den Gewinn nicht gerade durch die Unterstützung krimineller Handlungen steigern will. Ebenso wenig aussagekräftig erweist sich zumeist die tatsächliche Verwendung des Programms durch den Endbenutzer, da gerade bei neuen Technologien Missbräuche möglich und nicht immer absehbar sind (vgl. zu § 202c Cornelius CR 2007 682, 687 f). Mit den unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von Computerprogrammen geht ein85 her, dass auch der Hersteller für seine Software unterschiedliche, nicht ausschließlich

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Duttge HK-GS Rdn. 35; Hilgendorf SSW Rdn. 38; Wohlers MK Rdn. 68. Im Anschluss ebenso Husemann NJW 2004 104, 108; ähnlich Hoyer SK Rdn. 59; Kindhäuser NK Rdn. 43; zur Diskussion auch Fischer Rdn. 30 f.

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Duttge HK-GS Rdn. 35; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 33; zu „dual use“Tools auch Fischer Rdn. 32 a.E. Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33.

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Computerbetrug

§ 263a

legale Zwecke vorsehen kann. Bei einem solchen „Zweckbündel“ ist fraglich, ob das jeweilige Programm als tauglicher Tatgegenstand des § 263a Abs. 3 einzuordnen ist. Der Gesetzgeber hat insoweit bemerkt, dass das Programm „nicht ausschließlich für die Begehung eines Computerbetruges bestimmt sein“ muss (BTDrucks. 15/1720 S. 11). In der Tat dürfte es unerheblich sein, ob ein Computerprogramm mitunter auch Funktionen aufweist, die nicht der Verwirklichung von § 263a dienen. Es erscheint jedoch angebracht, § 263a Abs. 3 einschränkend nur auf solche Computerprogramme anzuwenden, die in erster Linie der Begehung von Computerbetrügereien dienen (Kindhäuser NK Rdn. 43). Insbesondere wird allein die Kenntnis möglicher Erscheinungsformen des Missbrauchs einem Computerprogramm noch nicht den Zweck der Begehung eines Computerbetruges verleihen. Ansonsten geriete der Tatbestand des § 263a Abs. 3 zu weit und erfasste in der Regel auch „dual use“-Tools (gegen eine Einbeziehung bei § 202c BVerfG JR 2010 79, 82 f). Unstreitig ist jedenfalls, dass die bloße Eignung eines Programms, für Straftaten verwendet zu werden, nicht ausreicht.175 Dies lässt sich bereits dem Wortlaut des Absatzes 3 entnehmen, der anders als § 149 Abs. 1 Nr. 1 (vgl. auch § 275 Abs. 1 Nr. 1) nicht davon spricht, dass „Computerprogramme oder ähnliche Vorrichtungen … ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind“. bb) Tathandlung des Absatzes 3 ist zunächst das Vorbereiten. Entgegen verbreiteter 86 Auffassung (siehe etwa Fischer § 263a Rdn. 33; Husemann NJW 2004 104, 108; vgl. auch Erb MK § 149 Rdn. 6) handelt es sich hierbei um ein objektives Tatbestandsmerkmal (vgl. Puppe NK § 149 Rdn. 3; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben § 149 Rdn. 7; Zieschang LK § 275 Rdn. 4). Die einzelnen Vorbereitungshandlungen vermögen also den Tatbestand lediglich zu konkretisieren und einzugrenzen, nicht aber das Merkmal des Vorbereitens zu ersetzen. Vielmehr ist einerseits die Vorbereitung eines Computerbetruges nur dann strafbar, wenn sie durch das Herstellen, Verschaffen, Feilhalten usw. (unten Rdn. 88 ff) erfolgt; andererseits verwirklichen die genannten Handlungen nur dann den Tatbestand, wenn dadurch zugleich (objektiv) ein (zumindest tatbestandsmäßiger und rechtswidriger) Computerbetrug vorbereitet wird. Dies steht zwar nicht im Einklang mit Art. 4 des Rahmenbeschlusses, der lediglich einzelne Vorbereitungshandlungen aufzählte (siehe Rdn. 88), folgt aber aus dem (europarechtlich zu engen, die Auslegung begrenzenden) Wortlaut der Vorschrift. Demnach lässt sich festhalten: Wer sich ein Computerprogramm verschafft etc., das nicht für kriminelle Zwecke bestimmt ist, macht sich bereits mangels tauglichen Tatgegenstandes (vgl. Rdn. 84) nicht nach § 263a Abs. 3 strafbar, auch wenn er das Programm zur Begehung eines Computerbetruges missbrauchen will. Ebenso scheidet der objektive Tatbestand des Absatzes 3 aus, wenn sich jemand eine kriminellen Zwecken dienende Software etwa aus dem Internet zur Verfolgung legaler Vorhaben herunterlädt. Zwar liegt hier ein tauglicher Tatgegenstand vor; jedoch wird keine Straftat nach § 263a Abs. 1 vorbereitet (vgl. auch BVerfG JR 2010 79, 83 f zu § 202c, wonach jedenfalls der Vorsatz fehle). Vorbereiten bedeutet, die Tat nach Absatz 1 mittelbar oder unmittelbar zu fördern 87 oder zu ermöglichen.176 Als Vorbereitung objektiv ungeeignete Tätigkeiten scheiden demnach als mögliche Tathandlung von vornherein aus. Nicht erforderlich ist, dass wirklich ein Computerbetrug, sei es durch den Vorbereitenden selbst oder durch einen Drit-

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Fischer Rdn. 31; Gercke/Brunst Rdn. 194; Gruhl in Müller-Gugenberger/Bieneck § 42 Rdn. 72; Hilgendorf SSW Rdn. 38; Hoyer SK Rdn. 59; Sch/Schröder/Cramer/Perron

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Rdn. 33; vgl. auch BVerfG JR 2010 79, 82 zu § 202c sowie BVerfG NJW 2006 2318, 2319 zu § 22b Abs. 1 Nr. 3 StVG. Vgl. Hilgendorf LK § 202c Rdn. 25.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

ten, begangen wird.177 In Anbetracht des Anliegens der Vorschrift und ihres Charakters als abstraktes Gefährdungsdelikt (siehe oben Rdn. 80) dürfte vielmehr bereits genügen, dass die Vorbereitungshandlung die Begehung einer bestimmten Erscheinungsform des Computerbetruges ernsthaft befürchten lässt.178 Eine engere Ansicht verlangt demgegenüber, dass die vorbereitete Tat in ihren wesentlichen Umrissen, z.B. nach Ausführung, Zeit und Ort oder potentiellen Opfern, konkretisiert ist.179 Dies hätte aber zur Folge, dass derjenige, der für einen anderen eine fragwürdige Software herstellt, verwahrt oder feilhält, nur deswegen nicht strafbar wäre, weil ihm etwa aus Gleichgültigkeit nähere Informationen über die geplanten Computerbetrügereien verborgen bleiben, auch wenn seine Programme offensichtlich hierzu verwendet werden sollen. Die abschließend aufgeführten Vorbereitungshandlungen bestehen in dem Herstellen, 88 (sich oder einem anderen) Verschaffen, Feilhalten, Verwahren oder einem anderen Überlassen. Dadurch geht der Gesetzgeber teilweise über die Vorgaben von Art. 4 des Rahmenbeschlusses hinaus, wonach die Mitgliedstaaten das „betrügerische[s] Anfertigen, Annehmen, Sichverschaffen, Verkaufen, Weitergeben an eine andere Person oder Besitzen von […] Computerprogrammen, deren Zweck die Begehung einer der in Artikel 3 beschriebenen [Computer-]Straftaten ist“, unter Strafe stellen sollten (krit. Duttge FS Weber S. 285, 288 ff). – Das Herstellen umfasst jedes beliebige Verfassen, Aufzeichnen oder auch Verändern eines Computerprogramms.180 Erforderlich ist allerdings, dass die Software sich in einem gebrauchsfertigen Zustand befindet. Umstritten ist insoweit, ob das Programm in maschinenlesbarer und bereits ablauffähiger Form auf einem Datenträger gespeichert sein muss181 oder wesentliche Bestandteile einer Programmstruktur ausreichen.182 Jedenfalls bedarf es eines Herstellungserfolgs, während die bloß herstellende Tätigkeit nicht genügt.183 Schon das Programmieren der ersten Befehle einer Software genügen zu lassen, bedeutete eine zu weite Vorverlagerung der Strafbarkeit. Jemand verschafft sich oder einem anderen ein Computerprogramm, wenn er es in 89 seine eigene oder die Verfügungsgewalt eines Dritten bringt,184 sei dies mit oder – wie bei Fund oder Diebstahl des betreffenden Datenträgers – ohne Einverständnis mit dem Vorbesitzer.185 Möglich ist dies sowohl durch die Entgegennahme oder Weitergabe des Datenträgers, auf dem die Software gespeichert ist, als auch durch das Kopieren, Speichern oder Weiterleiten des Programms, sei es durch Herunterladen aus dem Internet oder den Versand an einen Dritten als Anhang einer E-Mail.186 Ebenso soll es ausreichen, dass der Täter auf das Programm nur über eine Netzverbindung zugreifen kann.187

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Fischer Rdn. 34; Lackner/Kühl Rdn. 26c; Wohlers MK Rdn. 70. Hilgendorf SSW Rdn. 41; Lackner/Kühl Rdn. 26c; vgl. auch OLG München NStZ-RR 2008 280, 280 zu § 275; Erb MK § 149 Rdn. 6; Puppe NK § 149 Rdn. 3; zur Diskussion ferner Duttge HK-GS Rdn. 37 und Fischer Rdn. 34. Sch/Schröder/Sternberg-Lieben § 149 Rdn. 7. Hilgendorf SSW Rdn. 39; Wohlers MK Rdn. 69. So Duttge HK-GS Rdn. 36; auch Hoyer SK Rdn. 60; Kindhäuser NK Rdn. 43: Verwendung erfordert nur noch die Installation des Programms.

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So Fischer Rdn. 33. Fischer Rdn. 33; auch Lackner/Kühl § 149 Rdn. 4; aA Gercke/Brunst Rdn. 195; Wohlers MK Rdn. 69. Gercke/Brunst Rdn. 195; Hilgendorf SSW Rdn. 40; Hoyer SK Rdn. 60; Kindhäuser NK Rdn. 43; Otto BT § 52 Rdn. 49; Wohlers MK Rdn. 69. Hoyer SK Rdn. 60; Kindhäuser NK Rdn. 43. Fischer Rdn. 33; Hilgendorf SSW Rdn. 40. Duttge HK-GS Rdn. 36; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 34.

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Computerbetrug

§ 263a

Unter Feilhalten wird das Bereithalten des Computerprogramms zum Verkauf ver- 90 standen. Die Bereitschaft des Täters zur entgeltlichen Weitergabe des Programms muss – zumindest für Eingeweihte – nach außen erkennbar sein.188 Verwahren bedeutet, für einen anderen jedenfalls vorübergehend den Gewahrsam an dem Computerprogramm auszuüben.189 Unerheblich ist, ob es in einsatzbereitem Zustand aufbewahrt wird. Daher schließt es den Tatbestand nicht aus, wenn die Software verschlüsselt oder mittels eines steganographischen Verfahrens in anderen Dateien versteckt wird (Fischer Rdn. 33). Einem anderen wird schließlich ein Computerprogramm überlassen, wenn ihm dessen Gebrauch – und sei es nur vorübergehend – gewährt wird.190 Ein Entgelt für die Überlassung muss nicht verlangt werden.191 b) Subjektiver Tatbestand. Auch Absatz 3 erfordert zumindest bedingten Vorsatz 91 (vgl. Rdn. 72), der sich sowohl auf den Zweck des tatgegenständlichen Computerprogrammes als auch auf die Vorbereitung eines Computerbetruges nach Absatz 1 zu erstrecken hat. Dazu muss sich der Täter bewusst sein, mit seiner Handlung die Begehung einer dem Typ nach bestimmten Erscheinungsform eines Computerbetruges ernsthaft zu fördern oder zu ermöglichen. Entsprechend oben Rdn. 87 ist es hingegen nicht notwendig, dass der Täter eine bereits in ihren wesentlichen Umrissen konkretisierte Tat vor Augen hat. c) Tätige Reue. Die Vorschriften in § 149 Abs. 2 und 3 gelten für die Vorbereitung 92 eines Computerbetruges entsprechend (Absatz 4). Demnach wird nicht bestraft, wer freiwillig die Ausführung des vorbereiteten Computerbetruges aufgibt und eine von ihm verursachte Gefahr, dass andere die Tat weiter vorbereiten oder ausführen, abwendet oder die Vollendung der Tat verhindert (vgl. § 149 Abs. 2 Nr. 1). Gleiches gilt für den Täter, ohne dessen Zutun diese Gefahr abgewendet oder die Vollendung der Tat verhindert wird, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, dieses Ziel zu erreichen (vgl. § 149 Abs. 3). In beiden Fällen ist zudem in Anlehnung an § 149 Abs. 2 Nr. 2 erforderlich, dass der Täter die tatgegenständliche Software, soweit sie noch vorhanden und zur Begehung eines Computerbetruges brauchbar ist, vernichtet, unbrauchbar macht, ihr Vorhandensein einer Behörde anzeigt oder sie dort abliefert.

VII. Konkurrenzen 1. Innerhalb des § 263a. Innerhalb des Tatbestandes nach Absatz 1 geht die 1. Va- 93 riante der zweiten vor,192 auch wenn die unterschiedliche Inhaltsbestimmung der Unrichtigkeit (oben Rdn. 29 ff) es ausschließt, Spezialität i.e.S. anzunehmen. Die 4. Variante bildet entgegen ihrem Wortlaut nicht den Grund-, sondern einen Auffangtatbestand für Fälle, die durch die ersten drei Varianten nicht erfasst werden (vgl. oben Rdn. 24; methodisch bedenklich daher der „jedenfalls“-Zugriff von BGHSt 40 331, 334 auf die 4. Variante; vgl. Schulz JA 1995 539). Sie ist also subsidiär (Fischer Rdn. 37). Dagegen können

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Duttge HK-GS Rdn. 36; Fischer Rdn. 33; Hilgendorf SSW Rdn. 40; Hoyer SK Rdn. 60; Kindhäuser NK Rdn. 43; Otto BT § 52 Rdn. 49; Wohlers MK Rdn. 69. Gercke/Brunst Rdn. 195; Hoyer SK Rdn. 60; Kindhäuser NK Rdn. 43.

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Hilgendorf SSW Rdn. 40; Wohlers MK Rdn. 69. Vgl. Lackner/Kühl § 149 Rdn. 4. Ebenso Hoyer SK Rdn. 63; auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 500; aA Duttge HK-GS Rdn. 41; Fischer Rdn. 37.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

die übrigen Tatbestandsvarianten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, wenn teils richtige Daten unbefugt, teils unrichtige Daten oder unrichtige Programme verwendet werden.193 Der mehrfache Einsatz einer entwendeten ec-Karte an ein und demselben Geldautomaten binnen kürzester Zeit stellt eine einheitliche Tat dar (BGH wistra 2008 220, 220 f: fünf Mal innerhalb von zwei Minuten). Ebenso liegt nur ein einziger Computerbetrug vor, wenn mehrere Überweisungen durch eine Handlung für alle zuvor erfassten Daten vorgenommen werden (BGH wistra 2010 263, 264). Die Verwirklichung mehrerer Varianten der Vorbereitung eines Computerbetruges 94 gemäß Absatz 3 stellt hinsichtlich ein und desselben Computerprogramms eine einheitliche Tat dar (Wohlers MK Rdn. 69). Gegenüber dem vorbereiteten (vollendeten oder versuchten) Computerbetrug194 sowie der Teilnahme hieran ist die Vorbereitung subsidiär. Ein Rücktritt vom Versuch einer Tat nach Absatz 1 lässt die Strafbarkeit wegen der Vorbereitung eines Computerbetruges nur entfallen, wenn zugleich die Voraussetzungen der tätigen Reue nach Absatz 4 gegeben sind.195

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2. Verhältnis zu anderen Tatbeständen. Im Verhältnis zu § 263, also bei Einschaltung und Täuschung menschlicher Entscheidungsträger oder Inhaber inhaltlicher Kontrollbefugnisse, ist § 263a wegen seiner historischen Auffangfunktion subsidiär,196 wenn und soweit nicht schon die Tatbestandsmäßigkeit verneint, nämlich Exklusivität beider Tatbestände (im Bereich der Vermögensverfügung) angenommen wird.197 Trotz teilweise unterschiedlicher Tatbestandskonstruktion und tatbestandlicher Verselbstständigung des § 263a besteht bezüglich des Unrechts Wertgleichheit zwischen Betrug und Computerbetrug. Ist daher einer der Tatbestände vollendet und der andere nur versucht, so zehrt das vollendete das versuchte Delikt auf (vgl. bereits oben Rdn. 73).198 Dasselbe gilt für die sonstwie stufenweise Erlangung des Vermögensvorteils, z.B. bei Realisierung der nach § 263a erschlichenen Verpflichtungserklärung durch Betrug (Zurücktreten des § 263a: Lackner/Kühl Rdn. 27). Im Verhältnis zu § 370 AO, also bei Erschleichung von Steuervorteilen und Hinter96 ziehung von Abgaben, gilt das zu § 263 Ausgeführte entsprechend, da § 370 AO seinerseits Spezialregelung gegenüber § 263a ist.199 Die von Fischer (Rdn. 39)200 erwähnte Konstellation, dass durch dieselbe Tathandlung – unrichtige Angaben gegenüber der

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Kindhäuser NK Rdn. 61; aA Fischer Rdn. 37; Hilgendorf SSW Rdn. 44; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 39: einheitliche Tat. Duttge HK-GS Rdn. 41; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 40; Wohlers MK Rdn. 69; aA für den Versuch Lackner/Kühl Rdn. 27; zweifelnd auch Fischer Rdn. 37. Zu den Problemen bei der Tenorierung Heger ZIS 2008 496, 498. Lackner/Kühl Rdn. 27; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 40; Wohlers MK Rdn. 73. Gössel II § 22 Rdn. 40; Hilgendorf/Frank/ Valerius Rdn. 135; Kindhäuser NK Rdn. 62; Lackner/Kühl Rdn. 27; Maurach/Schroeder/ Maiwald I § 41 Rdn. 239; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38;

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Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 42; Wessels/Hillenkamp Rdn. 619. So Duttge HK-GS Rdn. 41; Fischer Rdn. 38; Hoyer SK Rdn. 63; Wohlers MK Rdn. 76; vgl. oben Rdn. 17. Lackner/Kühl Rdn. 27; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 42; Wohlers MK Rdn. 77. BTDrucks. 10/5058 S. 30; BGHSt 51 356, 363; Duttge HK-GS Rdn. 42; Fischer Rdn. 38; Hoyer SK Rdn. 65; Kindhäuser NK Rdn. 63; Lackner/Kühl Rdn. 28; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 42; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 502; Wohlers MK Rdn. 81. Ebenso Hilgendorf SSW Rdn. 49; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 42; Wohlers MK Rdn. 81.

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Computerbetrug

§ 263a

Steuerverwaltung – neben der Steuerverkürzung auch Vermögensvorteile zu Lasten anderer erstrebt werden (Tateinheit!), dürfte praktisch selten sein, vor allem da bei gleichzeitiger Erschleichung von Wirtschaftssubventionen § 264 eingreift (vgl. sogleich Rdn. 97). Bei unrichtigen (unvollständigen) Angaben im Wirtschaftssubventionsverfahren und 97 bei der Beantragung von Betriebskrediten ist das Verhältnis zu §§ 264, 265b ebenso zu bestimmen wie das von § 263, dem § 263a nachgebildet und wertgleich ist: Vorrang des § 264 (vgl. Tiedemann LK Rdn. 185) und Idealkonkurrenz mit § 265b (vgl. Tiedemann LK Rdn. 113); ebenso Kindhäuser NK Rdn. 63; aA Wohlers MK Rdn. 81. Da bei § 264 nicht die entscheidungsbefugte Person getäuscht oder in Unkenntnis gelassen werden muss (Tiedemann LK Rdn. 104) und auch bei § 265b Vorlage der Falschangaben gegenüber dem Kreditunternehmen ausreicht (Tiedemann LK Rdn. 59), steht die Vornahme der Verfügung durch eine DV-Anlage der Bejahung jener Tatbestände nicht entgegen. Im Verhältnis zu §§ 242 ff, 246 geht § 263a insbesondere bei Missbrauch von ec-Kar- 98 ten zwecks Erlangung von Bargeld ausweislich der Entstehungsgeschichte (oben Rdn. 3) als Sondervorschrift vor,201 soweit nicht der Täter ohnehin Eigentum an dem Bargeld erlangt und die Eigentumsschutzstraftatbestände daher schon aus diesem Grund ausscheiden; der nachfolgende Verbrauch des fremden Geldes ist entweder tatbestandslos 202 oder als mitbestrafte Nachtat straflos.203 Bei Diebstahl und anschließender Benutzung der Karte nach § 263a ist der Diebstahl (auch bei Eingreifen von §§ 243 ff) mitbestrafte Vortat,204 wenn und soweit der berechtigte Kontoinhaber Karteneigentümer ist (siehe aber nunmehr Anhang 1 unten Rdn. 108 A. II. 4.) und den durch Abhebung des Geldes entstehenden Verlust zu tragen hat. Die Beantwortung der letztgenannten Frage richtet sich nach A. II. 13. der „Bedingungen für die girocard“ (unten Anhang 1 Rdn. 108) und wird für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Computerbetrug zunächst nur zur Schädigung des Kreditinstituts führt, dessen Eigentum an dem im ec-Automaten befindlichen Bargeld gemindert wird. Bei der Verwendung gestohlener Karten im POS-System (oben Rdn. 52) gilt Entsprechendes (Rossa CR 1997 226 mit Nachw.), zumal der Vermögensschaden der Bank hier zunächst nur in der Eingehung einer Verpflichtung (durch die sog. Autorisierung) besteht (aA anscheinend Altenhain JZ 1997 753 ff). Mit dem Gebrauch zuvor zu diesem Zweck nachgemachter oder sich verschaffter Zahlungskarten gemäß § 152a Abs. 1 steht § 263a in Tateinheit (BGH wistra 2010 406, 406). – Der beim Bezahlen mit einer zuvor gestohlenen oder unterschlagenen Geldkarte begangene Computerbetrug (oben Rdn. 54) dürfte hingegen

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Vgl. oben Rdn. 17; ferner Bühler S. 75; Gruhl in Müller-Gugenberger/Bieneck § 42 Rdn. 60; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 239; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 42; Schulz/Tscherwinka JA 1991 123 f; Wessels/Hillenkamp Rdn. 619; aA insbesondere Ranft wistra 1987 84 ff und JuS 1997 23. BGHSt 38 120, 124; Fischer Rdn. 38; Hilgendorf SSW Rdn. 47; Lackner/Kühl Rdn. 28; Vogel LK § 242 Rdn. 190 m.w.N. Bandekow S. 255; Ehrlicher S. 95; Hoyer SK Rdn. 64; Kindhäuser NK Rdn. 64; Otto JZ 1993 567. Hoyer SK Rdn. 64; Sch/Schröder/Cramer/

Perron Rdn. 42; Schlüchter S. 94; Stuckenberg ZStW 118 (2006) 878, 912; aA BGH NJW 2001 1508 f; A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 52; Fischer Rdn. 38; Kindhäuser NK Rdn. 64; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 239; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38; Schnabel NStZ 2005 18, 22; Vogel LK § 242 Rdn. 207; U. Weber JZ 1987 216 f sowie GedS Küchenhoff S. 489; Wohlers MK Rdn. 75: Tatmehrheit; Ranft wistra 1987 84 ff und JuS 1997 23 sowie JR 1989 165 (Vorrang der Eigentumsdelikte; vgl. aber auch JuS 1997 23: Idealkonkurrenz!); Schulz/Tscherwinka JA 1991 124 (Tateinheit).

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

als mitbestrafte Nachtat zurücktreten (ebenso Fischer Rdn. 38; aA Hoyer SK Rdn. 64: bereits tatbestandlich kein Computerbetrug). Denn im Unterschied zur ec-Karte ist der Geldbetrag auf der bargeldfunktionellen Geldkarte verkörpert, also bereits taugliches Zueignungsobjekt, und es liegt ähnlich wie bei den Sparbuchfällen, in denen der möglicherweise durch das Abheben begangene Betrug mitbestrafte Nachtat ist (BGH StV 1992 272; Vogel LK § 242 Rdn. 206 m.w.N.). Im Verhältnis zu anderen Straftatbeständen kommt mit Blick auf die Erlangung und 99 Verwertung fremder Betriebsgeheimnisse (Computerprogramme!) Tateinheit oder Tatmehrheit von § 263a Abs. 1 mit §§ 202a StGB, 17 Abs. 2 UWG in Betracht.205 Die letztgenannte Bestimmung hat vor allem für die Beurteilung des Leerspielens von Geldspielautomaten mittels rechtswidrig erlangter Computerprogramme Bedeutung.206 – Im Verhältnis zur rechtswidrigen Datenveränderung (§ 303a) und Computersabotage (§ 303b) ist ebenfalls Tateinheit anzunehmen,207 sofern der Tatbestand des § 263a erfüllt wird. Dasselbe gilt für den ebenfalls auf Daten bezogenen Fälschungstatbestand des § 269 (BGHSt 38 120, 121 f),208 aber auch in Bezug auf § 268, dessen Tathandlung nach Absatz 3 nicht selten eine Ablauf-Manipulation nach § 263a darstellen wird.209 Insbesondere Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 43) rügen die weiträumige Überschneidung von § 263a mit § 268 (und empfehlen der Praxis die Anwendung von §§ 154 f StPO), da praktisch die gesamte Datenverarbeitung als „technisches Gerät ganz oder zum Teil selbsttätig bewirkt“, dass i.S.d. § 268 Abs. 2 Daten dargestellt werden, soweit die DV-Anlagen nicht für schlichte (Druck-)Programme eingesetzt werden (unter Berufung auf Sieber Computerkriminalität S. 313; dieser weist aber S. 316 darauf hin, dass mangels der von § 268 Abs. 2 geforderten Erkennbarkeit der Input-Informationen und der Verarbeitungsregeln ein großer Teil der Computerprodukte gerade aus § 268 ausscheidet). Ebenso steht § 263a Abs. 3 mit Straftatbeständen, die etwa der Verschaffung des Computerprogramms dienen (z.B. §§ 202a, 242, 263), in Tateinheit. Schließlich besteht Tateinheit mit § 266, wenn der Täter (z.B. als Bankangestellter) 100 gegenüber dem geschädigten Vermögen i.S.d. Tatbestandes treupflichtig ist.210 Der gemeinsame Zweck des Vermögensschutzes hindert nicht, im Urteilstenor durch Annahme von Tateinheit zum Ausdruck zu bringen, dass die Vermögensbeschädigung sowohl durch eine Treupflichtverletzung als auch durch Einsatz eines Computers herbeigeführt worden ist. Die von Schünemann (LK § 266 Rdn. 208) für die Gegenansicht an-

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Fischer Rdn. 39; Hilgendorf SSW Rdn. 49; Kindhäuser NK Rdn. 63; Schulz JA 1995 542; Wohlers MK Rdn. 81. Ausführlich und zusammenfassend dazu Bühler S. 141 ff mit Nachw. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 51; Duttge HK-GS Rdn. 42; Fischer Rdn. 39; Gössel II § 22 Rdn. 40; Hilgendorf SSW Rdn. 49; Hoyer SK Rdn. 65; Lackner/Kühl Rdn. 29; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 43; Wohlers MK Rdn. 81; Wolff LK § 303a Rdn. 45, § 303b Rdn. 39, je m.w.N. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 50; Duttge HK-GS Rdn. 42; Fischer Rdn. 39; Gössel II § 22 Rdn. 40; Hilgendorf SSW Rdn. 49; Hoyer SK Rdn. 65; Kindhäuser NK

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Rdn. 63; Lackner/Kühl Rdn. 29; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 43; Schlüchter JR 1993 495; Wohlers MK Rdn. 81; Zieschang LK § 269 Rdn. 32 m.w.N. A/W/Heinrich BT § 21 Rdn. 50; Duttge HK-GS Rdn. 42; Gössel II § 22 Rdn. 40; Hilgendorf SSW Rdn. 49; Kindhäuser NK Rdn. 63; Lackner/Kühl Rdn. 29; Otto BT § 52 Rdn. 51; Rengier BT 1 § 14 Rdn. 38; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 43; Wohlers MK Rdn. 81. Duttge HK-GS Rdn. 42; Kindhäuser NK Rdn. 63; Lackner/Kühl § 266 Rdn. 23; Schlüchter S. 90; Wohlers MK Rdn. 81. Vgl. auch bereits oben Rdn. 16.

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Computerbetrug

§ 263a

geführte lückenschließende Funktion des § 263a existiert im Verhältnis zu § 266 allenfalls in einem tatsächlichen Sinn; die Gegenansicht ist auch schwerlich mit der von Schünemann aaO favorisierten Annahme von Tateinheit zwischen Betrug und Untreue vereinbar.

VIII. Internationales Strafrecht Internationale Bezüge können sich bei § 263a bislang aufgrund des Auslandstouris- 101 mus und internationalen Geschäftsverkehrs vor allem daraus ergeben, dass Betrüger, Diebe und Fälscher in anderen Staaten missbräuchlich echte oder nachgemachte Karten (oben Rdn. 47 ff) gebrauchen und dadurch unmittelbar oder im Rückgriffswege deutsche Kreditinstitute, Kontoinhaber usw. schädigen (vgl. bereits Ehrlicher S. 28). Ähnlich können ausländische (Karten-)Unternehmen durch deutsche Täter mittels im In- oder Ausland begangener Taten geschädigt werden. Bei der zunehmenden Verbreitung von Online-Banking, Online-Shopping und des sonstigen elektronischen Handels („electronic commerce“) kommt auch ein wachsender Anteil aus dem Ausland mittels Computernetzen wie des Internets begangener Betrügereien zum Nachteil deutscher Unternehmen oder Privatpersonen in Betracht (vgl. auch Tiedemann LK § 265a Rdn. 59 und FS Kaiser S. 1379). Exemplarisch darf auf den Sachverhalt von AG Hamm CR 2006 70 verwiesen werden, in dem ein Täter aus Russland über das Internet Trojaner auf den Rechnern von Kunden des Online-Bankings installierte und sie dadurch zur Preisgabe ihrer Bankdaten und einer TAN bewegte; um seine Spuren zu verwischen, nahm er mit den gephishten Informationen Überweisungen auf die Konten von Kontaktpersonen in Deutschland vor, die ihrerseits die transferierten Beträge abhoben und zu einer Bank nach Moskau schickten (vgl. auch den Sachverhalt von LG Köln MMR 2008 259). Die Beurteilung derartiger Fälle folgt den allgemeinen Regeln der §§ 3 ff, da § 263a 102 nur das Individualrechtsgut des Vermögens schützt (oben Rdn. 13 ff). Derartige Individualrechtsgüter werden ohne Rücksicht auf die Nationalität des Rechtsgutsinhabers oder die Belegenheit des Rechtsgutes vom deutschen Straftatbestand geschützt (vgl. auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 115 mit Nachw.). § 263a als Erfolgsdelikt (oben Rdn. 15) findet daher vor allem bei Schädigung eines deutschen Unternehmens vom Ausland aus Anwendung (§ 9). Entsprechendes gilt für Deutsche, welche die Tat in einem anderen Staat gegen ausländische Computerbetreiber begehen, sofern die Tat im Ausland als Computer- oder auch nur allgemein als Betrug (oder sonstwie: Werle/Jeßberger LK § 7 Rdn. 29 ff mit Nachw.) unter Strafe gestellt ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 1). – Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts wird hingegen noch nicht begründet, wenn Daten mittels des Internets auch über deutsche Netze übertragen werden (Beispiel: Verfolgung eines von Russland aus bewerkstelligten Einbruchs in das System einer westeuropäischen Großbank mit der Folge der Vornahme von Überweisungen über mehr als 10 Mio. Dollar, vgl. FAZ Nr. 289 vom 12.12.1997 S. 5). Bei einem solchen „virtuellen Transitdelikt“ wird weder ein Handlungs- noch ein Erfolgsort im Inland begründet.211

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Hilgendorf NJW 1997 1873, 1875; Hilgendorf/Frank/Valerius Rdn. 224; vgl. auch Ambos/Ruegenberg MK § 9 Rdn. 23;

Fischer § 9 Rdn. 3a; Sch/Schröder/Eser § 9 Rdn. 6b; Tiedemann LK § 263 Rdn. 344 ff; Werle/Jeßberger LK § 9 Rdn. 40.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

IX. Strafantrag, Strafverfolgung, Strafzumessung (Absatz 2) 103

1. Strafantrag. Bei geringem (Vermögens-)Schaden – nach jahrelangem Maßstab ungefähr 25,– EUR (Wohlers MK Rdn. 84), aber wegen der fortschreitenden Preisund Lohnentwicklung mit Tendenzen, die Grenze auf 30,– EUR (vgl. OLG Oldenburg NStZ-RR 2005 111) bzw. 50,– EUR anzuheben (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2008 311; OLG Hamm NJW 2003 3145) – ist ebenso wie bei Schädigung von Haus- und Familienangehörigen (usw.) nach Absatz 2 i.V.m. § 263 Abs. 4 i.V.m. §§ 247, 248a ein Strafantrag erforderlich (vgl. dazu §§ 77 ff). Für Zusammenrechnung der Schäden bei Abbuchung geringer Beträge von zahlreichen Konten plädiert Geßler Kriminalist 1986 523; jedenfalls dürfte in derartigen Fällen ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen sein (Hilgendorf SSW Rdn. 51; Wohlers MK Rdn. 84). – Der nach § 77b Abs. 2 erforderliche Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis von der Tat kann infolge der Computerisierung der Vorgänge im Einzelfall relativ spät liegen. Dasselbe gilt von der erforderlichen Kenntnis von der Person des Täters (dazu im Einzelnen Schmid LK § 77b Rdn. 9).

2. Strafverfolgung. Auch die Strafverfolgung, die abgesehen von den Rdn. 89 genannten Fällen keinen Strafantrag voraussetzt, trifft infolge der Computerisierung der Vorgänge häufig auf Schwierigkeiten, da die Durchführung von Ermittlungen ohne Mitwirkung des Systembetreibers nur schwer möglich ist. Da dieser allerdings bei § 263a nicht Beschuldigter, sondern Opfer (und häufig Zeuge) ist, sind die Schwierigkeiten hier im Unterschied zu anderen Verfahren wegen des Einsatzes von DV-Systemen (als Tatmittel) meist nicht so sehr rechtlicher als vielmehr tatsächlicher Art.212 Rechtlich ist insbesondere umstritten, ob eine aktive Mitwirkungspflicht des Systembetreibers bei der Aufbereitung von Dateien, vor allem zum Ausdruck von Daten, besteht.213 Schwierig gestalten sich die Ermittlungen teilweise ebenfalls aus Rechtsgründen, wenn die Daten ins Ausland verlagert sind.214 Für die Aburteilung des Computerbetruges ist gemäß § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 lit. a 105 GVG die Wirtschaftsstrafkammer zuständig, soweit zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind und wenn die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage zum Landgericht erhebt (§ 74 Abs. 1 GVG). Dies wird vor allem bei großer Schadenshöhe, wiederholter Tatbegehung und besonderen Schwierigkeiten der Beweisführung zutreffen (vgl. auch Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 125).

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3. Strafzumessung. In besonders schweren Fällen erhöht sich der Strafrahmen für das vollendete Delikt infolge der Verweisung des Absatzes 2 auf § 263 Abs. 3 auf Freiheits-

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Gesamtübersicht bei Bär Der Zugriff auf Computerdaten im Strafverfahren (1992) S. 36 ff, Matzky Zugriff auf EDV im Strafprozeß (1999) S. 39 ff und Möhrenschlager wistra 1991 328 ff. Vgl. Lemcke Die Sicherstellung gem. § 94 StPO und deren Förderung durch die Inpflichtnahme Dritter als Mittel des Zugriffs auf elektronisch gespeicherte Daten (1995); Möhrenschlager wistra 1991 329;

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Radtke FS Meyer-Goßner S. 321 ff; je m.w.N. Dazu schon Bär CR 1995 232 ff; Dannecker BB 1996 1293. Zur Beschränkung des im Rahmen der Durchsicht eines elektronischen Speichermediums von § 110 Abs. 3 StPO gestatteten Zugriffs auf räumlich getrennte Speichermedien nur im Inland Bär MMR 2008 215, 221; B. Gercke StraFo 2009 271, 272.

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Computerbetrug

§ 263a

strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Diese Strafänderung wird vor allem bei großer Schadenshöhe (vgl. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2) und/oder langer Dauer der Schädigung (Programmmanipulation, Variante 2) und bei besonderer Raffinesse der Tatbegehung eingreifen (Wohlers MK Rdn. 83). Einschlägig ist auch die Verweisung auf § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, insbesondere wenn es sich um gewerbs- oder bandenmäßig begangene Herstellung von Magnetstreifen- oder Chipkarten handelt, und Nr. 2, etwa wenn durch Einbringung von Java- oder Active-X-Programmen in das Internet eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten gebracht wird (Wohlers MK Rdn. 83). Die pauschale Verweisung auf § 263 Abs. 3 ist nicht unproblematisch, da die Regelbeispiele des Betruges nicht allesamt auf die Konstellationen des Computerbetruges übertragbar sind; dies gilt vornehmlich für § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB.215 Bezieht sich die Tat auf einen geringwertigen Vermögensvorteil, ist ein besonders schwerer Fall wegen der Verweisung des § 263 Abs. 4 auf § 243 Abs. 2 ausgeschlossen. Eine weitere Erhöhung der (Mindest-)Strafe (ein Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) droht nach der Qualifikation des § 263 Abs. 5 demjenigen, der den Computerbetrug gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande begeht, die sich zur fortgesetzten Begehung von Computerbetrug (oder anderen in § 263 Abs. 5 genannten Straftaten) verbunden hat. Auf die Vorbereitung eines Computerbetruges nach Absatz 3 sind die vorstehenden Strafschärfungsgründe aufgrund der systematischen Stellung des § 263a Abs. 2 nicht anwendbar. Gleiches gilt für die sonstigen Regelungen des Betrugstatbestandes, auf die Absatz 2 verweist. Nach dem entsprechend anwendbaren § 263 Abs. 6 kann das Gericht zwecks Verhü- 107 tung künftiger Straftaten die Maßregel der Führungsaufsicht anordnen. Sie kommt für besonders gefährliche Täter in Betracht. Zu den Voraussetzungen im Einzelnen Schneider LK § 68 Rdn. 9 ff.

X. Anhang 1. Auszug aus den Bedingungen für die girocard 216

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A. Garantierte Zahlungsformen I. Geltungsbereich Der Karteninhaber kann die Karte, soweit diese entsprechend ausgestattet ist, für folgende Zahlungsdienste nutzen: 1. In Verbindung mit der persönlichen Geheimzahl (PIN) in deutschen Debitkartensystemen: a) Zum Abheben von Bargeld an Geldautomaten im Rahmen des deutschen Geldautomatensystems, die mit dem girocard-Logo gekennzeichnet sind. b) Zum Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen, an automatisierten Kassen im Rahmen des deutschen electronic cash-Systems, die mit dem girocard-Logo gekennzeichnet sind. c) Zum Aufladen der GeldKarte an Ladeterminals, die mit dem GeldKarte-Logo gekennzeichnet sind. d) Zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, das ein Mobilfunknutzer bei einem Mobilfunkanbieter unterhält, an einem Geldautomaten, sofern der Geldautomatenbetreiber diese Funktion anbietet und der Mobilfunkanbieter an dem System teilnimmt.

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Fischer Rdn. 27; Hilgendorf SSW Rdn. 50; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 46.

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Mit freundlicher Abdruckgenehmigung des Bundesverbandes deutscher Banken.

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

2. In Verbindung mit der persönlichen Geheimzahl (PIN) in fremden Debitkartensystemen: a) Zum Abheben von Bargeld an Geldautomaten im Rahmen eines fremden GeldautomatenSystems, soweit die Karte entsprechend ausgestattet ist. b) Zum Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen an automatisierten Kassen im Rahmen eines fremden Systems, soweit die Karte entsprechend ausgestattet ist. In einigen Ländern kann je nach System anstelle der PIN die Unterschrift gefordert werden. c) Zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, das ein Mobilfunknutzer bei einem Mobilfunkanbieter unterhält, an dem Geldautomaten eines fremden Systems, sofern der Geldautomatenbetreiber diese Funktion anbietet und der Mobilfunkanbieter an dem System teilnimmt. Die Akzeptanz der Karte im Rahmen eines fremden Systems erfolgt unter dem für das fremde System geltenden Akzeptanzlogo. … II. Allgemeine Regeln … 2. Finanzielle Nutzungsgrenze Der Karteninhaber darf Verfügungen mit seiner Karte nur im Rahmen des Kontoguthabens oder eines vorher für das Konto eingeräumten Kredits vornehmen. Auch wenn der Karteninhaber diese Nutzungsgrenze bei seinen Verfügungen nicht einhält, ist die Bank berechtigt, den Ersatz der Aufwendungen zu verlangen, die aus der Nutzung der Karte entstehen. Die Buchung solcher Verfügungen auf dem Konto führt zu einer geduldeten Kontoüberziehung. … 4. Rückgabe der Karte Die Karte bleibt im Eigentum der Bank. Sie ist nicht übertragbar. Die Karte ist nur für den auf der Karte angegebenen Zeitraum gültig. … 6. Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Karteninhabers … 6.3 Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl (PIN) Der Karteninhaber hat dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl (PIN) erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden. Denn jede Person, die die PIN kennt und in den Besitz der Karte kommt, hat die Möglichkeit, zu Lasten des auf der Karte angegebenen Kontos Verfügungen zu tätigen (zum Beispiel Geld an Geldautomaten abzuheben). 6.4 Unterrichtungs- und Anzeigepflichten (1) Stellt der Karteninhaber den Verlust oder Diebstahl seiner Karte, die missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN fest, so ist die Bank, und zwar möglichst die kontoführende Stelle, unverzüglich zu benachrichtigen (Sperranzeige). Die Sperranzeige kann der Karteninhaber auch jederzeit gegenüber dem Zentralen Sperrannahmedienst abgeben. In diesem Fall ist eine Kartensperre nur möglich, wenn der Name der Bank – möglichst mit Bankleitzahl – und die Kontonummer angegeben werden. Der Zentrale Sperrannahmedienst sperrt alle für das betreffende Konto ausgegebenen Karten für die weitere Nutzung an Geldautomaten und automatisierten Kassen. Zur Beschränkung der Sperre auf die abhanden gekommene Karte muss sich der Karteninhaber mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. Die Kontaktdaten, unter denen eine Sperranzeige abgegeben werden kann, werden dem Karteninhaber gesondert mitgeteilt. Der Karteninhaber hat jeden Diebstahl oder Missbrauch unverzüglich bei der Polizei anzuzeigen. (2) Hat der Karteninhaber den Verdacht, dass eine andere Person unberechtigt in den Besitz seiner Karte gelangt ist, eine missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN vorliegt, muss er ebenfalls unverzüglich eine Sperranzeige abgeben. …

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Computerbetrug

§ 263a

13. Haftung des Kontoinhabers für nicht autorisierte Kartenverfügungen 13.1 Haftung des Kontoinhabers bis zur Sperranzeige (1) Verliert der Karteninhaber seine Karte oder PIN, werden sie ihm gestohlen oder kommen sie sonst abhanden und kommt es dadurch zu nicht autorisierten Kartenverfügungen in Form der – Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten, – Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, – Aufladung der GeldKarte, – Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, so haftet der Kontoinhaber für Schäden, die bis zum Zeitpunkt der Sperranzeige verursacht werden, in Höhe von maximal 150,– Euro, ohne dass es darauf ankommt, ob den Karteninhaber an dem Verlust, Diebstahl oder sonstigen Abhandenkommen ein Verschulden trifft. (2) Kommt es vor der Sperranzeige zu nicht autorisierten Kartenverfügungen, ohne dass ein Verlust, Diebstahl oder ein sonstiges Abhandenkommen der Karte oder PIN vorliegt, haftet der Kontoinhaber für die hierdurch entstandenen Schäden bis zu einem Betrag von maximal 150,– Euro, wenn der Karteninhaber seine Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Karte oder PIN schuldhaft verletzt hat. … (5) Kommt es vor der Sperranzeige zu nicht autorisierten Verfügungen und hat der Karteninhaber seine Sorgfaltspflichten nach diesen Bedingungen vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt oder in betrügerischer Absicht gehandelt, trägt der Kontoinhaber den hierdurch entstandenen Schaden in vollem Umfang. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers kann insbesondere dann vorliegen, wenn – er den Verlust, Diebstahl oder die missbräuchliche Verfügung der Bank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst schuldhaft nicht unverzüglich mitgeteilt hat, – die persönliche Geheimzahl auf der Karte vermerkt oder zusammen mit der Karte verwahrt war (zum Beispiel im Originalbrief, in dem sie dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), – die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Missbrauch dadurch verursacht wurde. (6) Die Haftung für Schäden, die innerhalb des Zeitraums, für den der Verfügungsrahmen gilt, verursacht werden, beschränkt sich jeweils auf den für die Karte geltenden Verfügungsrahmen. 13.2 Haftung des Kontoinhabers ab Sperranzeige Sobald der Bank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst der Verlust oder Diebstahl der Karte, die missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN angezeigt wurde, übernimmt die Bank alle danach durch Verfügungen in Form der – Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten, – Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, – Aufladung der GeldKarte und – Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos entstehenden Schäden. Handelt der Karteninhaber in betrügerischer Absicht, trägt der Kontoinhaber auch die nach der Sperranzeige entstehenden Schäden. 13.3 Haftung des Kontoinhabers für den in der GeldKarte gespeicherten Betrag Eine Sperrung der GeldKarte für das Bezahlen an automatisierten Kassen ist nicht möglich. Bei Verlust, Diebstahl sowie im Falle der missbräuchlichen Verwendung oder einer sonstigen nicht autorisierten Nutzung der GeldKarte zum Bezahlen an automatisierten Kassen erstattet die Bank den in der GeldKarte gespeicherten Betrag nicht, denn jeder, der im Besitz der Karte ist, kann den in der GeldKarte gespeicherten Betrag ohne Einsatz der PIN verbrauchen.

III. Besondere Regeln für einzelne Nutzungsarten 1. Geldautomaten-Service und Einsatz an automatisierten Kassen von Handelsund Dienstleistungsunternehmen 1.1 Verfügungsrahmen der Karte Verfügungen an Geldautomaten, automatisierten Kassen und die Aufladung der GeldKarte sind für den Karteninhaber nur im Rahmen des für die Karte geltenden Verfügungsrahmens möglich. Bei

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§ 263a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

jeder Nutzung der Karte an Geldautomaten und automatisierten Kassen wird geprüft, ob der Verfügungsrahmen der Karte durch vorangegangene Verfügungen bereits ausgeschöpft ist. Verfügungen, mit denen der Verfügungsrahmen der Karte überschritten würde, werden unabhängig vom aktuellen Kontostand und einem etwa vorher zum Konto eingeräumten Kredit abgewiesen. Der Karteninhaber darf den Verfügungsrahmen der Karte nur im Rahmen des Kontoguthabens oder eines vorher für das Konto eingeräumten Kredits in Anspruch nehmen. Der Kontoinhaber kann mit der kontoführenden Stelle eine Änderung des Verfügungsrahmens der Karte für alle zu seinem Konto ausgegebenen Karten vereinbaren. Ein Bevollmächtigter, der eine Karte erhalten hat, kann nur eine Herabsetzung für diese Karte vereinbaren. 1.2 Fehleingabe der Geheimzahl Die Karte kann an Geldautomaten sowie an automatisierten Kassen, an denen im Zusammenhang mit der Verwendung der Karte die PIN eingegeben werden muss, nicht mehr eingesetzt werden, wenn die persönliche Geheimzahl dreimal hintereinander falsch eingegeben wurde. Der Karteninhaber sollte sich in diesem Fall mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. 1.3 Zahlungsverpflichtung der Bank; Reklamationen Die Bank hat sich gegenüber den Betreibern von Geldautomaten und automatisierten Kassen vertraglich verpflichtet, die Beträge, über die unter Verwendung der an den Karteninhaber ausgegebenen Karte verfügt wurde, an die Betreiber zu vergüten. Einwendungen und sonstige Beanstandungen des Karteninhabers aus dem Vertragsverhältnis zu dem Unternehmen, bei dem bargeldlos an einer automatisierten Kasse bezahlt worden ist, sind unmittelbar gegenüber diesem Unternehmen geltend zu machen. …

2. Auszug aus der Vereinbarung über ein institutsübergreifendes System zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic-cash-System) 217

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1. Zahlungssysteme a) Das electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft Die Kreditwirtschaft vereinbart den Aufbau und den Betrieb eines institutsübergreifenden Systems zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic cash-System), das den Kunden der Kreditinstitute, die diese Vereinbarung anerkannt haben (angeschlossene Institute), bargeldlose Zahlungen mittels einer Debitkarte, die mit einem electronic cash-Zeichen gemäß Anlage 1 versehen ist, zulasten ihres Kontos an automatisierten Kassen – electronic cash-Terminals – ermöglicht. … 10. Zahlungsversprechen des Kartenemittenten (a) Die kartenausgebenden Institute werden gegenüber Unternehmen, die die „Bedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der Kreditwirtschaft“ anerkannt haben, ein Zahlungsversprechen in Höhe des am electronic cash-Terminal autorisierten Betrages abgeben. (b) Soweit die Kreditwirtschaft mit Kooperationspartnern entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat, garantieren die angeschlossenen Institute auch die von ihren Karteninhabern im Rahmen des Systems der Kooperationspartner bei angeschlossenen Handels- und Dienstleistungsunternehmen getätigten Umsätze in Höhe des autorisierten Betrages. (c) Weiterhin geben die kartenausgebenden Institute innerhalb des internationalen MaestroSystems ein solches Zahlungsversprechen für die im Rahmen jenes Systems autorisierten Umsätze ab. (d) Voraussetzung für das Zahlungsversprechen gegenüber den dem electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft angeschlossenen Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist, dass das electronic cash-Terminal zugelassen und nach den mit dem Netzbetreiber vereinbarten Verfahren betrieben wurde und dass die vom Unternehmen zu beachtenden Anforderungen eingehalten wurden. Weiterhin ist Voraussetzung, dass der electronic cash-Umsatz einem Inkassoinstitut innerhalb

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Mit freundlicher Abdruckgenehmigung des Bundesverbandes deutscher Banken.

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von 8 Tagen eingereicht wurde. Durch eine vom Unternehmen veranlasste Stornierung eines autorisierten Betrages entfällt das Zahlungsversprechen. (e) Voraussetzung für das Zahlungsversprechen gegenüber Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die im Rahmen des Systems eines Kooperationspartners zugelassen sind, ist, dass das POSTerminal nach dem zwischen dem Kooperationspartner und der Kreditwirtschaft vereinbarten Verfahren betrieben wurde und die vom Kooperationspartner für den Betrieb seines Systems aufgestellten Anforderungen eingehalten wurden. 11. Umsatzinkasso (a) Soweit ein Umsatz bei einem dem electronic cash-System angeschlossenen Handels- und Dienstleistungsunternehmen – mit einer Debitkarte getätigt worden ist, die von einem der electronic cash-Vereinbarung angeschlossenen Kreditinstitut ausgegeben wurde und – bei einem Kreditinstitut zum Inkasso eingereicht wird, das dem im deutschen Kreditgewerbe abgeschlossenen „Abkommen über den Lastschriftverkehr“ beigetreten ist, wickelt das Inkassoinstitut, dem die Forderung zum Einzug eingereicht wird, den Einzug der Forderung für den Inhaber der Forderung per Lastschrift im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren ab. Durch die Ausgabe von Debitkarten gemäß Nr. 1 dieser Vereinbarung ermächtigen die der electronic cash-Vereinbarung angeschlossenen kartenausgebenden Kreditinstitute jedes andere der electronic cash-Vereinbarung angeschlossene Kreditinstitut zur Einziehung von electronic cash-Umsätzen, die durch eine Benutzung dieser Karten an electronic cash-Terminals getätigt worden sind. Die angeschlossenen Institute lösen Lastschriften, mit denen die electronic cash-Umsätze eingezogen werden, unverzüglich ein. Eine Rückgabe dieser Lastschriften durch das kartenausgebende Kreditinstitut wegen Widerspruchs, fehlender Deckung oder aus anderen Gründen i.S. des „Abkommens über den Lastschriftverkehr“ ist nicht möglich. … 13. Schäden aus Fälschungen oder Verfälschungen von Debitkarten Wurden bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen des electronic cash-Systems oder bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die dem System eines Kooperationspartners angeschlossen sind, Fälschungen oder Verfälschungen von Debitkarten angeschlossener kartenausgebender Kreditinstitute verwendet, so bezahlt das im Datensatz der Lastschrift benannte angeschlossene Kreditinstitut die Forderung des Unternehmens. Schäden, die im Interesse des electronic cash-Systems abgedeckt werden müssen und deren Übernahme dem einzelnen angeschlossenen Kreditinstitut nicht zugemutet werden kann, insbesondere Schäden aus dem Einsatz von gefälschten Karten, werden zwischen den Vertragspartnern der electronic cash-Vereinbarung ausgeglichen. Die näheren Einzelheiten sowie insbesondere der Schlüssel zur Umlage derartiger Schäden werden vom Arbeitsstab festgelegt. Die Verteilung auf die einzelnen angeschlossenen Kreditinstitute bleibt internen Regelungen durch die einzelnen Vertragspartner der electronic cash-Vereinbarung vorbehalten.

§ 264 Subventionsbetrug (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind, 2. einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet, 3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

4. in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt, 2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder 3. die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht. (3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend. (4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (5) Nach den Absätzen 1 und 3 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß aufgrund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern. (6) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 und 2 kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden. (7) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist 1. eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil a) ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und b) der Förderung der Wirtschaft dienen soll; 2. eine Leistung aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaften, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird. Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch ein öffentliches Unternehmen. (8) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen, 1. die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder 2. von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. Schrifttum Siehe Vor § 263 sowie zu § 263; ferner: Achenbach Schwerpunkte der BGH-Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, FG BGH Bd. IV (2000) 593; Arroyo Zapatero Delitos contra la Hacienda pública en materia de subvenciones (Madrid 1997); Asúa Das Verhältnis zwischen Subventionsbetrug und allgemeinem Betrug im spanischen StGB, Festschrift Tiedemann (2008) 663; Baumann Die Subventionskriminalität, NJW 1974 1364; Bender Subventionen, in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.) Wirtschaftsstrafrecht § 52; Benthin Subventionspolitik und Subventionskriminalität (2011); Bock/Gubitz Zum Tatbestandsmerkmal der „Verwendung gegen eine Verwendungsbeschränkung“ i.S.v. § 264 I Nr. 2 StGB, StraFo 2011 73; Börner/Bullinger (Hrsg.) Subventionen im Gemeinsamen Markt (1978); Braeuer Subventionen im Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht (2011); W. Bruns Der strafrechtliche Schutz der euro-

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päischen Marktordnungen für die Landwirtschaft (1980); Bunge Die Erschleichung staatlicher Finanzhilfen für die Landwirtschaft als Vereitelung der Agrarpolitik, in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft (2. Aufl. 1972) S. 51; Carlsen Subventionsbetrug und Subventionsgesetze, AgrarR 1978 267 und 297; Dannecker Strafrechtlicher Schutz der Finanzinteressen der Europäischen Gemeinschaft gegen Täuschung, ZStW 108 (1996) 577; Dannecker (Hrsg.) Die Bekämpfung des Subventionsbetrugs im EG-Bereich (1993); Detzner Rückkehr zum „klassischen Strafrecht“ und die Einführung einer Beweislastumkehr (1998); Dieblich Der strafrechtliche Schutz der Rechtsgüter der Europäischen Gemeinschaften, Diss. Köln 1985; Diemer-Nicolaus Der Subventionsbetrug, Festschrift Schmidt-Leichner (1977) 31; Dörn Leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) und leichtfertiger Subventionsbetrug (§ 264 Abs. 1, Abs. 3 StGB) durch den Steuerberater, wistra 1994 215; Dörn Verfolgung von Subventionsbetrug durch die Finanzbehörden, DStZ 1995 16; Eberle Der Subventionsbetrug nach § 264 StGB (1983); Ehlers (Hrsg.) Kommunale Wirtschaftsförderung (1990); Ferré Olivé (Hrsg.) Fraude de subvenciones comunitarias y corruptión (Salamanca 2002); Findeisen Betrug und Subventionsbetrug durch unberechtigte Inanspruchnahme von Investitionszulagen nach § 4b InvZulG 1975, JZ 1980 710 = JR 1981 225; Flechsig Filmwirtschaft und neues Wirtschaftsstrafrecht, Film und Recht 1977 165; Fleischer Der unrechtmäßige Bezug von Wohnungsbauprämien (usw.), in Tiedemann (Hrsg.) Verbrechen in der Wirtschaft aaO S. 59; Fromm Der strafrechtliche Schutz der Finanzinteressen der EG (2004); Frenz Handbuch Europarecht Bd. 3: Beihilfe- und Vergaberecht (2007); Fuhr Subventionsbetrug und Subventionsgesetz, in Poerting (Hrsg.) Wirtschaftskriminalität Teil I (1983) S. 305; Fuhrhop Die Abgrenzung der Steuervorteilserschleichung von Betrug und Subventionsbetrug, NJW 1980 1261; Gaede Kraft und Schwäche der systemimmanenten Legitimationsfunktion der Rechtsgutstheorie am Beispiel des Subventionsbetruges, in Hefendehl/ von Hirsch/Wohlers (Hrsg.) Die Rechtsgutstheorie (2003) S. 168; Gaede/Leydecker Subventionsbetrug mit Hilfe der Kurzarbeit im Schatten der globalen Finanzmarktkrise, NJW 2009 3542; Gangl Strafbarer Förderungsmissbrauch (Wien 2004); Garz-Holzmann Die strafrechtliche Erfassung des Mißbrauchs der Berlinförderung durch Abschreibungsgesellschaften (1984); Gaul Der Tatbestand des Subventionsbetrugs (2010); Gerhold Zweckverfehlung und Vermögensschaden (1988); GeuenichCremer Subventionserhebliche Tatsachen im Strafrecht – § 264 StGB, Diss. Köln 1985; Gómez Rivero El fraude de subvenciones (Valencia 1996); Gössel Probleme notwendiger Teilnahme bei Betrug, Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug, wistra 1985 125; Götz Bekämpfung der Subventionserschleichung (1974); Götz Subvention und subventionserhebliche Tatsachen, Festschrift Schad (1978) 225; Götz 50 Jahre Gemeinsame Agrarpolitik – ihr Beitrag zur Verfassung und Verwaltung der Europäischen Union, JZ 2012 53; Graßmück Die Subventionserschleichung, Diss. Frankfurt a.M. 1988; Gröblinghoff Die Verpflichtung des deutschen Strafgesetzgebers zum Schutz der Interessen der Europäischen Gemeinschaften (1996); Gurski Außenhandelskriminalität, insbesondere die Subventionserschleichung, in Tiedemann (Hrsg.), Verbrechen in der Wirtschaft aaO S. 29; Hack Probleme des Tatbestands Subventionsbetrug, § 264 StGB (1982); Hansmeyer Subventionen in der Bundesrepublik Deutschland (1963); Hefendehl Strafvorschriften zum Schutz der Interessen der Europäischen Union (usw.), Festschrift Lüderssen (2002) 411; Janovsky Die Strafbarkeit des illegalen grenzüberschreitenden Warenverkehrs, NStZ 1998 117; Heitzer Punitive Sanktionen im Europäischen Gemeinschaftsrecht (1997); Hentschel Verjährt der Subventionsbetrug nach § 264 I Nr. 3 nie (usw.)? wistra 2000 81; Kießner/Liebl/Scherer Subventions- und Kreditbetrug (1984); Killmann Der Kommissionsbericht über die Umsetzung der Instrumente zum Schutz der Finanzinteressen der Europäischen Gemeinschaften, eucrim 2007 48; Killmann/J. Schröder Betrugsund Finanzdelikte, in Sieber et al., Europ. Strafrecht § 12; Kindhäuser Zur Auslegung des Merkmals „vorteilhaft“ in § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB, JZ 1991 492; Koenig/Müller Der strafrechtliche Subventionstatbestand des § 264 VII StGB am Beispiel langfristiger staatlicher Ausfuhrgewährleistungen (sog. Hermes-Deckungen), NStZ 2005 607; Kohlmann/Brauns Investitionszulage 1982 – wiederum kriminogen? wistra 1982 61; Krack Die Tätige Reue im Wirtschaftsstrafrecht, NStZ 2001 505; Krauss Die strafrechtliche Problematik der Erschleichung kantonaler Subventionen, Festschrift Vischer (Zürich 1983) 47; Laumann Die Maßnahmen gegen den Subventionsbetrug im Ersten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern (ZfZ) 1977 166; Lohmeyer Zur Strafbarkeit des Subventionsbetrugs i.S.d. § 264 StGB, Wirtschaftsprüfung (WPg) 1982 479; Lüderssen Das Merkmal „vorteilhaft“ in § 264 Abs. 1 S. 1 StGB, wistra 1988 43; Lührs Subventionen, Subventionsvergabepraxis und Strafverfolgung, wistra 1999

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89; Martens Subventionskriminalität zum Nachteil der Europäischen Gemeinschaften (2000); Meine Der Vorteilsausgleich beim Subventionsbetrug, wistra 1988 13; Nieto Martín Fraudes Comunitarios (Barcelona 1996); Nippoldt Die Strafbarkeit von Umgehungshandlungen, dargestellt am Beispiel der Erschleichung von Agrarsubventionen, Diss. Gießen 1974; Odersky Die Probleme der Rechtsprechung bei der Verfolgung des europäischen Subventionsbetruges und der grenzüberschreitenden Kriminalität, in Sieber (Hrsg.) Europäische Einigung und europäisches Strafrecht (1993) S. 91; Oehler Der europäische Binnenmarkt und sein wirtschaftsstrafrechtlicher Schutz, Festschrift Baumann (1992) 561; Ranft Die Rechtsprechung zum sogenannten Subventionsbetrug (§ 264 StGB), NJW 1986 3163; Ranft Täterschaft beim Subventionsbetrug i.S.d. § 264 I Nr. 1 StGB – BGHSt 32 203, JuS 1986 445; Ransiek Aussteller einer Urkunde und Täter der Falschangabedelikte, Festschrift Puppe (2011) 1269; Reisner Die Strafbarkeit von Schein- und Umgehungshandlungen in der EG (1995); Rump EG-Marktordnungsstraftaten – Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug –, Politische Studien 1992 Heft 326 S. 62; Sánchez López El delito de fraude de subvenciones en el nuevo Código Penal (Madrid 1997); Samson Zur Rechtsnatur der Steuerverkürzung, FG BGH Bd. IV (2000) 675; Sannwald Rechtsgut und Subventionsbegriff, § 264 StGB (1982); Schetting Die Rechtspraxis der Subventionierung (1973); T. Schmid Die Vergabe von Wirtschaftssubventionen und strafrechtliche Verantwortlichkeit gem. § 264 StGB (Subventionsbetrug) (1994); G. Schmidt Zum neuen strafrechtlichen Begriff der „Subvention“ in § 264 StGB, GA 1979 121; Schmidt-Hieber Verfolgung der Subventionserschleichungen nach Einführung des § 264, NJW 1980 322; Schmoller Betrug bei bewußt unentgeltlichen Leistungen, JZ 1991 117; Schrömbges Ist eine Ausfuhrerstattung eine Subvention im Sinne des § 264 StGB? wistra 2009 249; Schulz Der Begriff der Vorteilhaftigkeit in § 264 StGB (Subventionsbetrug), Diss. Kiel 1983; Schultze Die Betrugsnatur des Subventionsbetrugs (2006); Sieber Subventionsbetrug und Steuerhinterziehung zum Nachteil der Europäischen Gemeinschaft, SchwZStrafR 114 (1996) 357; Spannowsky Schutz der Finanzinteressen der EG zur Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzes, JZ 1992 1160; Stöckel Bekämpfung der Gesetzesumgehung mit Mitteln des Strafrechts, ZRP 1977 134; Stoffers Der Schutz der EU-Finanzinteressen durch das deutsche Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, EuZW 1994 304; Stoffers Maßnahmen zur Bekämpfung des Subventionsbetrugs im EG-Bereich, Europa-Blätter 1993/4 S. 6; Streck/Spatschek Investitionszulage und Subventionsbetrug, DStR Beil. 34/97; Tenckhoff Das Merkmal der Vorteilhaftigkeit in § 264 StGB, Festschrift Bemmann (1997) 465; Tiedemann Art. Subventionsbetrug, in HWiStR (1985); Tiedemann Strafbare Erschleichung von Investitionszulagen durch Aufhebung und Neuabschluss von Lieferverträgen? NJW 1980 1557; Tiedemann Der Strafschutz der Finanzinteressen der Europäischen Gemeinschaft, NJW 1990 2222; Tiedemann Der Subventionsbetrug, ZStW 86 (1974) 897; Tiedemann Europäisches Gemeinschaftsrecht und Strafrecht, NJW 1993 23; Tiedemann Kriminologische und kriminalistische Aspekte der Subventionserschleichung, in Schäfer (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität – Weiße-Kragen-Kriminalität (1974) S. 19 ff; Tiedemann La fraude au budget communautaire: Droit pénal et administratif-pénal de la République Fédérale d’Allemagne, unveröff. Gutachten für die EG-Kommission (1993); Tiedemann Reform des Sanktionswesens auf dem Gebiete des Agrarmarktes der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Festschrift Pfeiffer (1988) 101; Tiedemann Die Regelung von Täterschaft und Teilnahme im europäischen Strafrecht, Festschrift Nishihara (1998) 496; Tiedemann Subventionskriminalität in der Bundesrepublik (1974); Tiedemann (Hrsg.) Multinationale Unternehmen und Strafrecht (1980); Valls Prieto El fraude de subvenciones de la Unión Europea (Madrid 2005); Van der Hulst EC Fraud (Deventer 1993); Vervaele EEG-fraude en Europees economisch strafrecht (Deventer 1991); Vogel Schein- und Umgehungshandlungen im Strafrecht, insbesondere im europäischen Recht, in Schünemann/Suárez (Hrsg.), Madrid Symposium für Klaus Tiedemann (1994) S. 151; Volk Der Subventionsbetrug, in Belke/Oehmichen (Hrsg.) Wirtschaftskriminalität (1983) S. 76; Wassmann Strafrechtliche Risiken bei Subventionen (1995); Wattenberg Subventionsbetrug, in Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht S. 411. Materialien Regierungsentwurf (RegE) eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BTDrucks. 7/3441 = BRDrucks. 5/75; Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zu dem von der Bundesregierung (BReg) eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BTDrucks. 7/5291 (zit.: Bericht Sonderausschuß); Bundes-

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minister der Justiz (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Bd. IV (1974) (zit.: Tagungsberichte Bd. IV); Protokolle der Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode Stenographischer Dienst, 79. bis 90. Sitzung, S. 2467 ff (zit.: Prot. 7); Bericht des Rates der EG zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 1995, ABlEG Nr. C 191 vom 23. Juni 1997; Denkschrift der Bundesregierung zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und RegE eines Gesetzes zu dem Übereinkommen (EG-Finanzschutzgesetz), BTDrucks. 13/10425; Stellungnahme BRat und Gegenäußerung der BReg, BTDrucks. 13/10760; Bericht des Rechtsausschusses des BT, BTDrucks. 13/10971.

Entstehungsgeschichte Der Straftatbestand wurde durch das 1. WiKG vom 29.7.1976 eingeführt (Rdn. 3 Vor §§ 263 ff). Er ist in Deutschland ohne Vorbild und geht auf den Vorschlag von Tiedemann (Subventionskriminalität S. 369) in der Erweiterung durch die Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (Tagungsberichte Bd. IV S. 130 ff) zurück. Absatz 3 wurde durch das 6. StrafrechtsreformG vom 26.1.1998 eingefügt. Das EG-FinanzschutzG vom 10.9.1998 dehnte mit Absatz 7 Nr. 2 den Strafschutz auf alle EG-Subventionen (auch ohne wirtschaftsfördernde Zwecksetzung und an private Destinatäre) aus und schuf mit Absatz 1 Nr. 2 den untreueähnlichen Tatbestand der Subventionsverwendung entgegen einer durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber auferlegten Beschränkung.

Übersicht Rdn. I. Kriminalpolitischer Hintergrund, EU-Recht (Völkerrecht) und Auslandsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abriss der historischen Entwicklung des Subventionswesens . . . . . . . . 2. Kriminologische und strafrechtliche Ausgangspunkte der Reform von 1976 3. Legitimationsfragen . . . . . . . . . 4. Subventionsgesetz und EG-VO Nr. 2988/95 . . . . . . . . . . . . . 5. Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (Umsetzung durch das FinanzschutzG) . . . . . . 6. Auslandsrechte . . . . . . . . . . . .

14 20

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes . . . . . 1. Diskutierte Rechtsgüter . . . . . . . 2. Gefährdung der Institution Subvention

23 23 27

III. Täterkreis und Begriff der Subvention (Absatz 7) (Anwendungsbereich des Tatbestandes) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Potentieller Täterkreis und Handeln für einen Betrieb . . . . . . . . . . . 2. Begriff der Subvention . . . . . . . . a) Materieller Subventionsbegriff und Bezeichnungspraxis . . . . . . . .

Rdn. b) Beschränkung auf direkte Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . c) Leistung aus öffentlichen Mitteln, insbes. bei Ausgleichseinrichtungen der Privatwirtschaft . . . . . . . . d) Erfordernis einer Rechtsgrundlage e) Fehlen der marktmäßigen Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . f) Unternehmen und Betriebe als Leistungsempfänger bei Absatz 7 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . g) Zweck der Wirtschaftsförderung bei Absatz 7 Nr. 1 . . . . . . . . . h) Beispiele für nationale Wirtschaftssubventionen . . . . . . . . . . . i) EU-Subventionen . . . . . . . . .

1 1 4 6 11

32 33 39 40

IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand 1. Die subventionserheblichen Tatsachen (Absatz 8) . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrückliche Bezeichnung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzliche Normierung (Nr. 2) . . c) Sonstige Voraussetzungen von Nr. 2, insbes. der Begriff des Subventionsvorteils . . . . . . . . . . 2. Das Subventionsverfahren: Subventionsgeber und Subventionsnehmer . .

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43 44 47

54 61 68 69 71 71 73 79

83 85

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue Rdn.

a) Legaldefinitionen der Begriffe des Subventionsgebers (Absatz 1 Nr. 1) und des Subventionsnehmers (§ 2 SubvG) . . . . . . . . . . . . b) Subventionsverfahren: Beginn und Ende . . . . . . . . . . . . . 3. Täuschung durch Tun (Absatz 1 Nr. 1) a) Begriff der Angaben . . . . . . . . b) Unrichtigkeit . . . . . . . . . . . c) Unvollständigkeit . . . . . . . . . d) Vorteilhaftigkeit . . . . . . . . . . e) Handlung und Vollendung . . . . f) Eigen- und Fremdnützigkeit („für sich oder einen anderen“) . . . . . 4. Verstoß gegen Verwendungsbeschränkung (Absatz 1 Nr. 2) . . . . . . . . 5. Täuschung durch Unterlassen (Absatz 1 Nr. 3) . . . . . . . . . . . a) Unkenntnis des Subventionsgebers b) Gesetzliche Aufklärungspflicht des Täters . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorteilhaftigkeit der Tatsachen . . 6. Täuschung durch Gebrauch von Bescheinigungen (Absatz 1 Nr. 4) . . . 7. Insbes. Schein- und Umgehungshandlungen (§ 4 SubvG) . . . . . . . . . a) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen . . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . V. Vorsatz, Leichtfertigkeit und Irrtum . . 1. Vorsatz und Irrtum bei Absatz 1 . . . 2. Leichtfertigkeit i.S.d. Absatzes 4 . . .

86 91 94 95 96 97 100 103 105 106 109 110 113 116 117 123 124 129

Rdn. VI. Tätige Reue (Absatz 5) . . . . . . . . .

149

VII. Täterschaft und Teilnahme . . . . . . .

158

VIII. Strafdrohung und Strafbemessung, insbes. die besonders schweren Fälle (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . 1. Strafzumessung im Rahmen des Absatzes 1 . . . . . . . . . . . . . 2. Besonders schwere Fälle und die gesetzlichen Regel-Beispiele . . . . . a) Absatz 2 Nr. 1 . . . . . . . . . b) Absatz 2 Nr. 2 . . . . . . . . . c) Absatz 2 Nr. 3 . . . . . . . . .

.

161

.

162

. . . .

163 166 171 175

IX. Banden- und gewerbsmäßige Begehung (Absatz 5) . . . . . . . . . . . . . . .

177

X. Nebenfolgen (Absatz 6) . . . . . . . . 1. Verlust der Amtsfähigkeit (Satz 1) . . 2. Einziehung von „Beziehungsgegenständen“ (Satz 2) . . . . . . . . . . XI. Konkurrenzen

178 179 182

. . . . . . . . . . . . .

185

XII. Internationales Strafrecht, insbesondere der Schutz EU-rechtlicher Suventionen (§ 6 Nr. 8) . . . . . . . . . . . . . . .

190

XIII. 1. 2. 3.

Strafanzeige und Strafverfolgung . . Strafanzeigepflicht nach § 6 SubvG Kriminalistische Hinweise . . . . . Verfahrensrecht, insbesondere Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

191 191 195

. .

196

141 142 144

I. Kriminalpolitischer Hintergrund, EU-Recht (Völkerrecht) und Auslandsrechte 1

1. Abriss der historischen Entwicklung des Subventionswesens. Die staatliche oder sonstwie öffentliche Subventionierung Privater insbesondere im wirtschaftlichen Bereich war eine dem deutschen Liberalismus des 19. Jahrhunderts „so gut wie unbekannte Methode“ (Koettgen DVBl. 1953 485, 487; aber auch Graßmück S. 44 ff). Für den Gesetzgeber bestand daher bei Schaffung des Preußischen und des Reichs-Strafgesetzbuches kein Anlass, an Missstände im Subventionswesen1 und dessen speziellen strafrechtlichen Schutz zu denken. Unter dem Druck von Interessengruppen erreichten aber bereits in der Zeit um die Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg Ausfuhrprämien sowie gezielte Begünstigungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und im Verkehrswesen erhebliche Bedeutung. 2 Die teilweise Beibehaltung zentralverwaltungswirtschaftlicher Formen nach dem Ersten Weltkrieg ließ zusammen mit dem gewandelten Verständnis des Verhältnisses von Staat 1

Zu Betrügereien im Zusammenhang mit Subventionen im merkantilistischen Handelssystem Englands, das sich des wirtschafts-

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politischen Mittels der Subventionierung mit Nachdruck bediente, Diemer-Nicolaus FS Schmidt-Leichner S. 34.

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und Wirtschaft die Subventionierung in der Weimarer Zeit zu einem selbstverständlichen und insgesamt relativ schonenden, da primär begünstigenden (nämlich nur im Verhältnis zum Konkurrenten Eingriffscharakter tragenden) Instrument der Wirtschaftslenkung werden. Die finanzielle Förderung des Wiederaufbaus seitens der öffentlichen Hand nach dem Zweiten Weltkrieg erwies sich sodann als unerlässliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der wiedererstehenden Volkswirtschaft, wobei das ständige Anwachsen der Subventionen und Steuervergünstigungen den Gesetzgeber allerdings auch dazu veranlasste, in § 12 Stabilitätsgesetz vom 8.6.1967 (BGBl. I S. 582) zumindest rahmenhaft Rechtspflichten des Bundes – insbesondere im Hinblick auf den Abbau dieser Vergünstigungen – aufzustellen. In missverständlicher Enge wurde (und wird) die Subvention dabei als „Finanzhilfe“ bezeichnet (näher dazu unten Rdn. 40) und der Steuervergünstigung gegenübergestellt. Auch seit der damit eingeführten Verpflichtung der Bundesregierung zur Erstellung von Berichten über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen (sog. Subventionsberichten) sind die Subventionen ständig weiter gestiegen. Schwerpunkte der Subventionierung aus Bundesmitteln sind neben der Agrarwirt- 3 schaft vor allem die gewerbliche Wirtschaft und das Verkehrswesen, aber auch die Sparförderung und das Wohnungswesen (vgl. nur Graßmück S. 72 ff). Auf kommunalem Gebiet überwiegt die sog. Realförderung, die sich zahlenmäßiger Erfassung weitgehend entzieht. 2. Kriminologische und strafrechtliche Ausgangspunkte der Reform von 1976. Im 4 Gesamtbereich dieser weitgefächerten Subventionspalette haben sich vor allem der Agrarsektor (auf der Erzeuger- und auf der Handelsstufe), die Bau- und die Schrottwirtschaft, die Investitionsgüterindustrie sowie das Arbeitsförderungs- und das Wohnungswesen als anfällig für Manipulationen erwiesen. Zu diesen reizt die Subventionierung als einseitige und häufig nur mangelhaft kontrollierte Leistungsgewährung generell an (kriminogene Wirkung der Subventionierung).2 Vor allem spektakuläre Missbräuche bei der EG-Exportsubventionierung von Agrarprodukten hatten seit Beginn der 70er Jahre ein öffentliches Bewusstsein für Ausmaß und Gefährlichkeit der latenten Subventionsdelinquenz geschaffen (vgl. auch Bleckmann Subventionsrecht, 1978, S. 4; Götz Bekämpfung S. 12). Über Subventionserschleichungen in diesem (Agrar-)Bereich, aber auch bei den Ausgaben für die Struktur-, Forschungs-, Energie-, Umwelt- und Entwicklungspolitik unterrichten die Betrugsbekämpfungsberichte der Europäischen Kommission sowie die Berichte des Europäischen Rechnungshofs (dort auch verlässliche Angaben zur Schadenshöhe). In neuerer Zeit haben Subventionsbetrügereien im Verlaufe des deutschen Vereinigungs-Prozesses „traurige Bedeutung erlangt“ (Dörn wistra 1994 216). Eine Analyse der auffindbaren Strafverfahren wegen Subventionserschleichung ergab 5 die praktische Unzulänglichkeit der Ahndung mit Hilfe des allgemeinen Betrugstatbestandes jedenfalls im Bereich der Wirtschaftssubventionen. Neben den Schwierigkeiten des Nachweises von Täuschungshandlung, Irrtumserregung und Vermögensschaden sowie

2

Dazu aus der Sicht der vergleichenden Wirtschaftskriminologie Tiedemann Subventionskriminalität S. 357 f sowie: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland (1978) S. 19 f, 41; vgl. auch RegE Begr. BTDrucks. 7/3441 S. 15. Zustimmend Achenbach GA 2004 559 (565); Arzt/Weber/Hein-

rich/Hilgendorf BT § 20, 13; W. Bruns S. 22; Eisenberg Kriminologie § 47, 21; Garz-Holzmann S. 134; Götz in Tagungsberichte der Sachverständigenkommission Bd. IV (1973) Anl. 2 S. 3; Sieber in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 350; Schünemann GedS Armin Kaufmann S. 635.

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des Kausalzusammenhangs zwischen diesen Merkmalen stand dabei die weitgehende Unmöglichkeit im Vordergrund, den Vorsatz der Täuschung und die Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern, festzustellen.3 Daneben kritisierte ein Teil der Rechtslehre auch das theoretische Ungenügen des gängigen Vermögensschadensbegriffes im Hinblick auf die Erfassung von Planungsschäden,4 deren strafrechtliche Relevanz nach üblicher Terminologie auf den von § 263 gerade nicht intendierten und mit dem Merkmal der Stoffgleichheit nur schwer zu vereinbarenden Schutz der Dispositionsfreiheit hinausläuft (zust. insbes. Krauss FS Vischer S. 63). Wenn dem entgegen gehalten wird, die sog. Zweckverfehlungslehre habe auch heute noch mit § 263 in Bezug auf Sozialsubventionen keine Probleme (Fischer Rdn. 2; auch Lackner/Kühl Rdn. 1), so ist zum einen zu erwidern, dass Sozialleistungen nach strikt gesetzlichen Regeln vergeben werden und die gegen diese verstoßende Ausreichung von der Rechtsprechung – zutreffend – als normativ bestimmter Vermögensschaden angesehen wird (Tiedemann LK § 263 Rdn. 185 mit Nachw.); die Zweckverfehlung spielt hier tatbestandlich keine Rolle. Zum anderen zeigen beispielhaft die vor der Anwendbarkeit des § 264 ergangenen Investitionszulage-Entscheidungen BGHSt 32 256, 259, OLG Hamm NJW 1982 1405 f und LG Stuttgart in BGHSt 31 93, 94, welche Schwierigkeiten die Berücksichtigung von Zwecken der Wirtschaftssubvention im Rahmen von § 263 bereitet (Tiedemann NJW 1980 1557 ff; zur späteren Rechtsprechung zutr. Bosch JA 2006 493). Dies ist keine Ausnahme, sondern geradezu die Regel, da (Wirtschafts- und EU-)Subventionen „Instrumente des Kompromisses“ (Hansmeyer S. 20 f) zur Überwindung von Konflikten sind (Tiedemann Subventionskriminalität S. 316) und selbst bei gesetzlicher Regelung der Vergabe oft nur oberste Ziele aufweisen (vgl. etwa BGHSt 19 37, 44 – VW-Privatisierungsaktion). – § 264 beschränkt sich demgegenüber auf die Täuschung des Subventionsgebers und sucht Bestimmtheit sowie Praktikabilität der neuen Strafnorm auch dadurch herzustellen, dass der Tatbestand selbst die Subvention definiert und – auf Anregung des AE – seine Anwendbarkeit nicht davon abhängig macht, dass die Subvention durch Gesetz formell als Subvention im Sinne des § 264 bezeichnet worden ist (materieller Subventionsbegriff). Außerdem schränkt Absatz 7 Nr. 1 die für § 264 relevanten nationalen Subventionen auf solche ein, die der Förderung der Wirtschaft dienen sollen, und nimmt damit außer dem breiten Feld der sog. Sozialsubventionen (einschließlich Sozialleistungen) auch die vom RegE noch einbezogenen Kultur- und Forschungssubventionen aus, da sich insoweit kein hinreichendes praktisches Bedürfnis für einen besonderen Strafschutz ergeben habe.5

6

3. Legitimationsfragen. § 264 wurde von Anfang an kritisiert (zusammenfassend Samson SK4 Rdn. 11 ff). Die heutige Bewertung gibt Wohlers (MK Rdn. 13 ff) wieder, dessen recht ausgewogene Argumentation mit dem etwas überraschenden Schluss endet, man könne „die Strafwürdigkeit der erfassten Verhaltensweisen mit guten Gründen in

3

4

Tiedemann Subventionskriminalität S. 299 ff; RegE Begr. S. 15 ff; dazu Gössel BT 2 S. 459 f; Graßmück S. 5 f; Kaiser Kriminologie § 92 Rdn. 28; Schmid S. 54 ff; Sieber aaO; Wassmann Rdn. 1. Tiedemann Subventionskriminalität S. 308 ff und ZStW 86 (1974) 908 ff sowie Prot. 7/2469; Blei Prot. 7/2504; Lampe Prot. 7/2511; krit. aber Fischer Rdn. 2 sowie Lack-

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5

ner/Kühl Rdn. 1; vermittelnd Sch/Schröder/ Perron Rdn. 1. Zutreffend BGHSt 36 373, 375 und Wohlers MK Rdn. 3 (aber auch Rdn. 5 f). Bericht Sonderausschuss S. 10 f; Götz Prot. 7/2496; vgl. demgegenüber aber auch Tiedemann Subventionskriminalität S. 17 und 34 f sowie AE § 201 Abs. 5 S. 1.

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Frage stellen“. – Im Einzelnen werden folgende Kritikpunkte vorgebracht, die weder für sich genommen noch zusammen überzeugen: Nahezu unverständlich ist der Hinweis (bei Fischer Rdn. 1) auf die angebliche 7 „Bedeutungslosigkeit in der Praxis“. Auch wenn von der (empirisch nicht gemessenen 6) generalpräventiven Wirkung des Straftatbestandes insbesondere bei den Großbetrieben der Agrarwirtschaft und der Nahrungsmittelbranche als wichtigsten Empfängern von Agrarsubventionen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 130) abgesehen wird, weist doch bereits die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2008 937, für 2009 625 und für 2010 470 relevante Fälle aus (Tab. 01 Schlüssel-Nr. 514200; ähnlich und teilweise sogar höher die Zahlen der Vorjahre, vgl. Martens S. 215) und damit mehr als das Doppelte der Fälle von Wirtschaftskorruption (§§ 299 ff) und mehr als das Zehnfache der Fälle wettbewerbsbeschränkender Absprachen (§ 298). Dass diese Fälle von Anzeigen gegenüber der Polizei angeblich rund 1/4 Bagatellschäden umfassen (so krit. Wohlers MK Rdn. 13; dazu aber Martens S. 216), muss in Beziehung zu den regelmäßig gewichtigeren Strafanzeigen gesetzt werden, die vor allem gemäß § 6 SubvG von den Subventionsgebern direkt gegenüber der Staatsanwaltschaft erstattet werden: Direktermittlungen der Staatsanwaltschaften sowie Ermittlungen der Finanz- und Zolldienststellen machen weitere 30 % der Fälle aus (Martens S. 214 ff). Gerichtliche Aburteilungen beziehen sich daher seit Anfang der 1990er Jahre auf jährlich zwischen 200 und 550 Personen (Martens S. 222 f). Die Strafverfolgungsstatistik 2008 (S. 36) weist 304, die von 2010 (S. 36) 249 Aburteilungen aus. – Schätzungen des Schadens werden auch die bei den Buchprüfungen der Empfängerbetriebe festgestellten Unregelmäßigkeiten sowie die Mitteilungen einzubeziehen haben, welche die Bundesrepublik Deutschland nach EU-Recht (Rdn. 193) gegenüber der Europäischen Kommission über Betrügereien und Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Finanzierung der Gemeinsamen Agrar- und Strukturpolitik regelmäßig zu erstatten hat (dazu Martens S. 175 ff mit Zahlenangaben). Auf dieser Grundlage kommen neuere Schätzungen zu einem Anteil der „Unregelmäßigkeiten“ und Straftaten von 10 % der einschlägigen EU-Haushaltsmittel (Lührs wistra 1999 90 ff mit Nachw.). Die inhaltlichen Haupteinwände gegen § 264 bestehen (neben heute nicht mehr ernst- 8 haft vorgebrachten Bedenken gegenüber der Unbestimmtheit des Subventionsbegriffs7) seit langem in der Vorverlegung der Strafbarkeit im Vergleich zu § 263 (und §§ 263, 22) sowie der Strafdrohung für Leichtfertigkeit in Absatz 4: Fahrlässigkeitsbestrafung sei ein Systembruch im Rahmen der Vermögensdelikte und laufe auf „Etablierung einer Verdachtsstrafe“ für vermutete vorsätzliche Tatbegehung hinaus (so für viele Hefendehl Kollektive Rechtsgüter S. 376 f mit Nachw.). Wir haben demgegenüber schon seit Jahrzehnten auf die historische Tradition der Fahrlässigkeitsbestrafung bei den Insolvenzdelikten (dazu ausführlich BGHSt 15 103, 104 ff) hingewiesen (Tiedemann LK10 Rdn. 101) und neuerdings auch Parallelen in § 261 Abs. 5 StGB, § 108b UrhG usw. benannt (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 62). Neben den unstreitigen Beweiserleichterungen trägt Absatz 4 aber vor allem der erhöhten Verantwortung dessen Rechnung, der – ähnlich wie bei § 283 Abs. 1 – mit Fremdmitteln wirtschaftet, die ihm bei § 264 sogar unentgeltlich überlassen werden (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 2 mit Nachw., die allerdings interpretatorische Einschränkungen für Privatpersonen fordern; dazu unten Rdn. 70 und 147; krit. Detzner S. 34). Nach Fischer (Rdn. 2b) ist das „Merkmal der Gegenleis6 7

Zur Messbarkeit und ihren Methoden bereits Tiedemann JZ 1975 185, 187 mit Nachw. Dazu Fischer Rdn. 3; Sch/Schröder/Perron Rdn. 3; Tiedemann LK11 Rdn. 6 und 25;

Wohlers MK Rdn. 33, je m.w. N. – Krit. nur noch Detzner S. 57 ff. Weitere Nachweise unten Rdn. 39 Fn. 29.

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tungsfreiheit“ sogar der eigentliche Legitimationsgrund für § 264. Dass schließlich die leichtfertige Steuerverkürzung seit 1968 nur noch als (große) Ordnungswidrigkeit ausgestaltet ist (dazu krit. Eberle S. 167 ff; Hack S. 143 ff; Hefendehl aaO S. 337 mit weit. Nachw.), stellt zwar einen Mangel an Symmetrie im Strafschutz öffentlicher Haushalte dar, lässt sich aber durch den – vor allem aus dem schweizerischen Strafrecht bekannten – Gesichtspunkt rechtfertigen, dass der Täter bei der Abgabenverkürzung nicht einen Angriff auf fremdes Vermögen vornimmt, sondern den Zugriff des Gemeinwesens auf sein (Täter-)Vermögen abwehren will (Tiedemann AT aaO und NJW 1990 2227, 2228 mit weit. Nachw.; zur Behandlung leichtfertiger Begehung als Ordnungswidrigkeit vor dem MOG Tiedemann Subventionskriminalität S. 173).

9

Soweit die Kritiker in § 264 unter Ablehnung überindividueller Rechtsgutsaspekte (dazu näher Rdn. 23) ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt sehen (so nach Wohlers Rdn. 12 mit Nachw. angeblich die „h.M.“), sind sie ganz überwiegend auch nicht bereit, dem öffentlichen Vermögen einen über § 263 (dazu Rdn. 42 Vor § 263) hinausgehenden Schutz zuzugestehen (so aber mit guten Gründen Hoyer SK Rdn. 13; auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 1). Dies ist nun freilich deshalb ein eklatanter Argumentationsbruch, weil auf der Einnahmeseite § 370 AO trotz vordergründiger Ausgestaltung als Erfolgsdelikt („Steuerverkürzung“) eine – von den Kritikern offenbar nicht bemerkte – Formalisierung anordnet, die den Straftatbestand im Ergebnis als abstraktes Gefährdungsdelikt ausweist (Kohlmann/Sandermann StuW 1974 221 ff; Rolletschke Steuerstrafrecht Rdn. 10; Samson FG BGH IV S. 675 m.w.N.; auch BGHSt 53 221, 230). Nach § 370 Abs. 4 AO ist die Steuerhinterziehung bereits vollendet, wenn die Steuern unrichtig oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; bei der „Steuerverkürzung auf Zeit“ besteht die „Steuerverkürzung“ nicht etwa nur in dem Zinsschaden (BGH aaO S. 229). Und auch eine Kompensation wird vom Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen. Selbst bei Vermögenslosigkeit des Steuerpflichtigen und Wertlosigkeit des Steueranspruchs greift § 370 AO ein (Samson aaO S. 678; Rolletschke aaO m.w.N.; allerdings str.). Da zudem auch der Versuch strafbar ist (§ 370 Abs. 2 AO), beginnt die Strafbarkeit – wie bei § 264 – jedenfalls mit dem Machen falscher Angaben gegenüber der Behörde, wohl sogar bereits mit Absendung der Erklärung in Papierform (Rolletschke aaO Rdn. 127, 131) – allerdings nur bei Hinterziehungsvorsatz, der aber bei Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben über die steuerlich erheblichen Tatsachen gegeben ist. Unterlassen von Mitteilungen ist nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bei Verstoß gegen Erklärungspflichten ebenfalls strafbar. Damit steht § 370 AO vorbehaltlich der Behandlung der Leichtfertigkeit (Rdn. 8) insgesamt schwerlich hinter § 264 zurück, was die Grenze der Strafbarkeit betrifft.

10

Zutreffend für die Legitimation des § 264 ist demgegenüber eine Sicht, die auf die Subvention als wirtschaftspolitisches Lenkungsinstrument (Sch/Schröder/Perron Rdn. 4 mit Nachw.) und wirtschaftliche Institution (Wohlers MK Rdn. 8 f) abstellt. Diese beruht auf einer ordnungspolitischen Leitentscheidung des Staates (und der EU) zwischen Wettbewerbswirtschaft und Sozialstaat und ist rechtlich hinreichend verfestigt (vgl. Lampe FS Tiedemann S. 88 ff, 97 ff, 102). Die insbesondere von Hefendehl (Kollektive Rechtsgüter S. 376 und in Schünemann [Hrsg.], Alternativentwurf S. 90) gegenüber der „Institution des Subventionswesens“ vorgebrachten Bedenken, dass erst eine tatsächliche Fehlleitung von Mitteln die Funktionsbedingungen der Institution beeinträchtigen würde, übersehen die bereits Rdn. 4 benannte hohe und typische Missbrauchsanfälligkeit dieses Lebensbereichs (dazu Kindhäuser FS Krey S. 267) und die vor allem von Lampe (aaO) herausgestellte Bedeutung des Systemvertrauens, das Hefendehl als „kollektiven Vertrauensgegenstand“ bei § 264 – anders als z.B. bei § 264a – zu Unrecht für überflüssig erklärt (richtig Wohlers MK Rdn. 9). Die auch von der Verwaltungslehre beklagten und

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bekämpften Kontrollmängel der Vergabepraxis endlich (Wohlers aaO Rdn. 17 mit Nachw.) können aus cost-benefit-Erwägungen nicht völlig abgebaut werden (vgl. bereits Tiedemann Subventionskriminalität S. 359 f mit Nachw.); sie beseitigen aber nicht, sondern mindern nur – ähnlich wie die Opfermitverantwortung beim Betrug allgemein (Rdn. 39 Vor § 263) – die Strafwürdigkeit des Subventionsschwindels im Einzelfall. Unter rechtsvergleichendem Blickwinkel verdient schließlich Hervorhebung, dass Strafrechtssysteme, welche (auch) die sog. schriftliche Lüge als Urkundendelikt behandeln, keine Legitimationsprobleme bei der Inkriminierung schriftlicher Falschangaben zwecks Erlangung einseitiger öffentlicher (Subventions-)Leistungen sehen (Rdn. 20 f). Der zentrale Straftatbestand des einflussreichen französischen Code pénal (Art. 441-1) greift insoweit mit der Bezeichnung als faux das historische falsum (Rdn. 13 f Vor § 263) auf und beginnt dessen Definition mit der „altération frauduleuse de la vérité“ (dazu im Einzelnen T. Walter S. 343 ff). Auf den Zusammenhang mit §§ 264 ff StGB wurde bereits Rdn. 14 Vor § 263 hingewiesen. 4. Subventionsgesetz und EG-VO Nr. 2988/95. Von Bedeutung sowohl für die Sub- 11 ventionsvergabepraxis und ihre (präventive) Kontrolle als auch für die Auslegung und (repressive) Handhabung des § 264 ist das ebenfalls durch das 1. WiKG (Art. 2) eingeführte „Gesetz gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen“ (Subventionsgesetz), welches allerdings unmittelbar und uneingeschränkt nur Subventionen nach Bundesrecht betrifft und primär unter strafrechtlichen Gesichtspunkten gesehen wird (vgl. nur Bleckmann Subventionsrecht, 1978, S. 9). Dieses unten Rdn. 13 im Wortlaut abgedruckte Gesetz statuiert insbesondere eine Offenbarungspflicht des Subventionsnehmers bei und nach der Inanspruchnahme von Subventionen (§ 3 SubvG) und erfasst Schein- und Umgehungshandlungen durch eine besondere Vorschrift (§ 4 SubvG). Es regelt ferner die in § 264 Abs. 8 Nr. 1 vorausgesetzte ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen (§ 2 SubvG). Der letzteren Einschränkung kommt besondere Bedeutung zu, da für die Subventionierung zahlreiche Unklarheiten der normativen oder auch nur rein praktischen Subventionsvergabevoraussetzungen typisch sind. Die gesetzgeberische Bezugnahme auf den – nicht selten ebenfalls unklaren – „Subventionszweck“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, vgl. auch § 4 Abs. 2 S. 2 SubvG) entwertet die gesetzgeberische Entscheidung allerdings erheblich (näher dazu unten Rdn. 64 ff). – Für Subventionen nach Landesrecht gelten §§ 2–6 SubvG in fast allen Bundesländern entsprechend (vgl. unten Rdn. 124). Auf Subventionen, die nach EU-Recht gewährt werden, ist das Subventionsgesetz nur 12 anwendbar, soweit es Verfahrensregeln enthält und deutsche Stellen tätig werden.7a Vor allem die Regel über Umgehungshandlungen (§ 4 Abs. 2 SubvG) gilt daher wegen des Vorrangs des Europarechts für EU-Subventionen nicht (vgl. im Einzelnen unten Rdn. 132), so dass gerade jener spektakuläre Fallbereich eklatanter Manipulationen, welcher wesentliches Motiv für die Einführung des § 264 war, vom Gesetz zunächst nicht erfasst wurde. Auf Vorschlag von Tiedemann (FS Pfeiffer S. 109 ff und NJW 1990 2231) ist aber 1995 für den Bereich der EG- und Euratom-Subventionen eine Vorschrift eingeführt

7a

Bericht Sonderausschuss S. 21; Fischer Rdn. 1; Götz Prot. 7/2501; Tiedemann Prot. 7/2471 und NJW 1990 2231. Vgl. auch Art. 2 Abs. 4 der sogleich im Text zitierten EG-VO Nr. 2988/95: „Vorbehaltlich des

anwendbaren Gemeinschaftsrechts unterliegen die Verfahren für die Anwendung der gemeinschaftlichen Kontrollen, Maßnahmen und Sanktionen dem Recht der Mitgliedstaaten“.

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worden, welche die Unbeachtlichkeit von Umgehungshandlungen regelt (Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft, ABlEG v. 23.12.1995 Nr. L 312/1 ff). Diese verwaltungsrechtliche und daher in die Kompetenz der EU zur Regelung der Vergabevoraussetzungen für EU-Subvention fallende Norm lautet: „Handlungen, die nachgewiesenermaßen die Erlangung eines Vorteils, der den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zuwiderläuft, zum Ziel haben, indem künstlich die Voraussetzungen für die Erlangung dieses Vorteils geschaffen werden, haben zur Folge, daß der betreffende Vorteil nicht gewährt bzw. entzogen wird.“ Sie gilt nach Art. 1 Abs. 1 als Teil einer „Rahmenregelung … für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in bezug auf das Gemeinschaftsrecht“. Absatz 2 definiert den „Tatbestand der Unregelmäßigkeit“: Dieser ist „bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde …“. Nach ihren Eingangserwägungen gilt diese VO „unbeschadet der Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten“, wobei „geeignete Bestimmungen vorzusehen“ seien, „um eine Kumulierung finanzieller Sanktionen der Gemeinschaft“, wie sie in Art. 5 Absatz 1 aufgezählt werden, „und einzelstaatlicher Sanktionen bei ein und derselben Person für dieselbe Tat zu verhindern“. Eingehend und krit. zum Gesamtinhalt der VO Dannecker ZStW 108 (1996) 604 ff, vollständiger Wortlaut bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Anhang I 8 S. 147 ff. Das deutsche Subventionsgesetz hat folgenden Wortlaut: 13 §1 Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt, soweit Absatz 2 nichts anderes bestimmt, für Leistungen, die Subventionen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches sind. (2) Für Leistungen nach Landesrecht, die Subventionen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches sind, gelten die §§ 2 bis 6 nur, soweit das Landesrecht dies bestimmt. §2 Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen (1) Die für die Bewilligung einer Subvention zuständige Behörde oder andere in das Subventionsverfahren eingeschaltete Stelle oder Person (Subventionsgeber) hat vor der Bewilligung oder Gewährung einer Subvention demjenigen, der für sich oder einen anderen eine Subvention beantragt oder eine Subvention oder einen Subventionsvorteil in Anspruch nimmt (Subventionsnehmer), die Tatsachen als subventionserheblich im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches zu bezeichnen, die nach 1. dem Subventionszweck, 2. den Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien über die Subventionsvergabe sowie 3. den sonstigen Vergabevoraussetzungen für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils erheblich sind. (2) Ergeben sich aus den im Subventionsverfahren gemachten Angaben oder aus sonstigen Umständen Zweifel, ob die beantragte oder in Anspruch genommene Subvention oder der in Anspruch genommene Subventionsvorteil mit dem Subventionszweck oder den Vergabevoraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2, 3 im Einklang steht, so hat der Subventionsgeber dem Subventionsnehmer die Tatsachen, deren Aufklärung zur Beseitigung der Zweifel notwendig erscheint, nachträglich als subventionserheblich im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches zu bezeichnen.

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§3 Offenbarungspflicht bei der Inanspruchnahme von Subventionen (1) Der Subventionsnehmer ist verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind. Besonders bestehende Pflichten zur Offenbarung bleiben unberührt. (2) Wer einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Gesetz oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwenden will, hat dies rechtzeitig vorher dem Subventionsgeber anzuzeigen. §4 Scheingeschäfte, Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (1) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung und Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung ein anderer Sachverhalt verdeckt, so ist der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. (2) Die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils ist ausgeschlossen, wenn im Zusammenhang mit einer beantragten Subvention ein Rechtsgeschäft oder eine Handlung unter Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorgenommen wird. Ein Mißbrauch liegt vor, wenn jemand eine den gegebenen Tatsachen und Verhältnissen unangemessene Gestaltungsmöglichkeit benutzt, um eine Subvention oder einen Subventionsvorteil für sich oder einen anderen in Anspruch zu nehmen oder zu nutzen, obwohl dies dem Subventionszweck widerspricht. Dies ist namentlich dann anzunehmen, wenn die förmlichen Voraussetzungen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise künstlich geschaffen werden. §5 Herausgabe von Subventionsvorteilen (1) Wer einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Gesetz oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet und dadurch einen Vorteil erlangt, hat diesen dem Subventionsgeber herauszugeben. (2) Für den Umfang der Herausgabe gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Herausgabepflichtige nicht berufen, soweit er die Verwendungsbeschränkung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. (3) Besonders bestehende Verpflichtungen zur Herausgabe bleiben unberührt. §6 Anzeige bei Verdacht eines Subventionsbetrugs Gerichte und Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetrugs begründen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen. §7 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. §8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

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5. Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft. Die Umsetzung dieses bereits Rdn. 95 Vor § 263 angeführten völkerrechtlichen Vertrages durch das EG-FinanzschutzG 1998 hat den Grundtatbestand des § 264 Abs. 1 Nr. 1 beibehalten, der von jedem objektiven Schadens- und Vorteilserfordernis absieht und daher strenger ist als Art. 1 des Übereinkommens es verlangt (vgl. aber auch unten Rdn. 16). Zweifelhaft kann dagegen die Erfüllung der Verpflichtung nach Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens sein, bereits die vorsätzliche Herstellung oder Bereitstellung unrichtiger Erklärungen (usw.) unter Strafe zu stellen, sofern diese Handlung nicht als Beihilfe zum Betrug oder als Versuch eines solchen strafbar ist; allerdings soll auch hier erforderlich sein, dass die Folge der unrechtmäßigen Erlangung oder Zurückbehaltung von Gemeinschaftsmitteln eintritt. Dies ist unklar (objektive Strafbarkeitsbedingung?). Da ein Versuch nach h.M. erst mit der Absendung oder Übergabe der Erklärung beginnt, ist das bloße Herstellen oder Bereitstellen nach deutschem Recht straflos bzw. wird erst strafbar, wenn der Subventionsantrag abgesandt oder übergeben wird. Eine Strafbarkeit unmittelbar aus Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens abzuleiten scheidet aus.8 Zwar könnte eine gemeinschaftsfreundliche Auslegung (der §§ 22, 23) möglicherweise dazu führen, hier bereits zeitlich früher einen Betrugsversuch anzunehmen (dazu näher Rdn. 15 a.E.). Jedoch liegt es – auch wegen des unklaren Erfordernisses eines Erfolgseintritts – näher, den Gesetzgeber zu der gebotenen Umsetzung aufzufordern. Diese sollte wohl in Anlehnung an § 379 Abs. 1 AO lediglich in Gestalt einer Ordnungswidrigkeit erfolgen (sofern der Mindestbetrag der Subvention nicht 50 000 ECU übersteigt: Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Übereinkommen). Diese materiell sinnvolle Einordnung als Verwaltungsunrecht lässt es letztlich auch als unzutreffend erscheinen, für diese Fallgestaltung die im neueren deutschen Strafrecht anerkannten Versuchsgrundsätze zu durchbrechen: Es geht um Vorbereitungshandlungen, die im Sinne eines umfassenden Schutzes der EG-Finanzinteressen durch eine legislatorische Ergänzung pönalisiert werden sollten. Auch der Erläuternde Bericht des Rates der EG zum Übereinkommen (ABlEG Nr. C 191 v. 23.6.1997 S. 1, 5) schlägt die Einführung spezieller Tatbestände vor, wenn und soweit die Handlungen des Herstellens und Bereitstellens nicht als Versuch, Beihilfe oder Mittäterschaft geahndet werden können. Nicht ausdrücklich umgesetzt wurde ferner die in Art. 3 des Übereinkommens ver15 einbarte Strafbarkeit von Unternehmensleitern, Entscheidungsträgern und Trägern von Kontrollbefugnissen von und in Unternehmen, wenn ihnen unterstellte Personen Subventionsbetrügereien zum Nachteil der EG begehen.9 Die Bundesregierung hat die in dem Übereinkommen enthaltene Verweisung auf die „Grundsätze des innerstaatlichen Rechts des Mitgliedstaats“ als Fehlen jeglicher Umsetzungspflicht interpretiert, nämlich als „großen Ermessensspielraum, um die strafrechtliche Verantwortung der Führungskräfte zu begründen“ (BT-Drs. 13/10425 S. 18): Es gehe nur darum, die Führungskräfte „nicht automatisch von jeglicher Form der strafrechtlichen Verantwortung freizustellen“, wenn

14

8

9

Vgl. EuGH Slg. 1987 2545 ff – Pretore di Salo; 1987 3969 ff – Kolpinghuis Nijmegen BV; Gröblinghoff S. 156; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Bes. Teil Rdn. 21 (zu EURichtlinien). Art. 3 des Übereinkommens bestimmt unter der Überschrift „Strafrechtliche Verantwortung der Unternehmensleiter“: Jeder Mitgliedsstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die Leiter, Entscheidungs-

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träger oder Träger von Kontrollbefugnissen von Unternehmen bei betrügerischen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 1, die eine ihnen unterstellte Person zum Vorteil des Unternehmens begeht, nach den Grundsätzen des innerstaatlichen Rechts des Mitgliedsstaats für strafrechtlich verantwortlich erklärt werden können.

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eine ihnen unterstellte Person für das Unternehmen einen Betrug zum Nachteil der EGInteressen begeht (aaO). In der Denkschrift zum Übereinkommen führt die Bundesregierung aus, dass die Leiter, Entscheidungsträger und Träger von Kontrollbefugnissen von Unternehmen „bereits nach bestehendem Recht gemäß den Regeln der Beteiligung an einer Straftat zur Verantwortung gezogen werden“ können (BT-Drs. aaO S. 12). Damit wird allerdings zum einen der zentrale Zweck des Übereinkommens missverstanden, die Strafbarkeit wegen Subventionserschleichung zum Nachteil der EG EU-weit zu harmonisieren (mit den Worten des Regierungsentwurfs aaO S. 1: „eine größere Kompatibilität zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sicherzustellen“). Gerade im Bereich der Unterlassungsstrafbarkeit von Unternehmensleitern usw. sind die Unterschiede der nationalen Lösungen in der EU extrem divergierend und reichen von einer Strafhaftung ohne Verschulden in gesetzlich ausdrücklich geregelten Bereichen (England über die Figur der vicarious liability, auch Frankreich mit der responsabilité du fait d’autrui) über eine (umstrittene) Vorsatzstrafbarkeit (Deutschland, Niederlande, Schweden) bis zur bloßen Anerkennung einer solchen Strafbarkeit im Kapitalgesellschaftsrecht (Italien) und zur völligen Ablehnung unechter Unterlassungsstrafbarkeit in diesem Bereich (Österreich, Spanien).10 Zwar spricht der Erläuternde Bericht (oben Rdn. 14) ebenfalls von einem „großen Ermessensspielraum“ der Mitgliedstaaten bei der Begründung der Strafbarkeit von Unternehmensleitern, bezieht dies aber (nur) auf die Art der Begründung (aaO S. 6) und gibt dafür Beispiele (aaO S. 7). In diesem Sinne bedeutet die Verweisung auf die Grundsätze des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten richtigerweise – im Sinne von „Systemgerechtigkeit“ –, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht gezwungen werden soll und kann, entgegen ihrem Verfassungsverständnis eine Strafbarkeit ohne Verschulden (strict liability) einzuführen. – Auch hier hat die Nichtumsetzung von Art. 3 des Übereinkommens in deutsches Recht zwar keine unmittelbaren Folgen für Unternehmensleiter usw., die also nicht etwa direkt nach Art. 3 strafbar sind (vgl. bereits oben Rdn. 14). Jedoch ist die nationale Strafbarkeit wegen „Geschäftsherrenhaftung“ bekanntlich – nicht nur für Subventionserschleichungen – sehr umstritten (ablehnend z.B. Jescheck LK11 § 13 Rdn. 45).11 Gegenüber der sibyllinischen Formulierung in der Denkschrift der Bundesregierung zum Übereinkommen, die Unternehmensleiter usw. könnten „bereits nach bestehendem Recht gemäß den Regeln der Beteiligung an einer Straftat zur Verantwortung gezogen werden“ (aaO S. 12), wird man aufgrund des Prinzips einer gemeinschaftsfreundlichen (unionsfreundlichen) Auslegung (Art. 291 AEUV) von § 13 StGB folgern müssen, dass die – nach den Grundsätzen des deutschen Strafrechts über unechte Unterlassung mögliche – Strafbarkeit von Unternehmensleitern usw. im Sinne einer Mindestharmonisierung mit anderen Rechtsordnungen von Mitgliedstaaten der EU vom Strafrichter anerkannt werden muss (auch wenn die Assimilierungsverpflichtung nach Art. 325 Abs. 2 AEUV nur eine Parallelbehandlung der EU-Interessen mit nationalen Finanzinteressen, also für den EU-Subventionsbetrug keine schärfere Strafbarkeit als für den nationalen Subventionsbetrug verlangt). Dies ergibt sich aus der in den Präambeln des Übereinkommens und des deutschen Vertragsgesetzes niedergelegten Zweck-

10

Vgl. den Überblick bei Tiedemann FS Nishihara (1998) 496 (506) und FS Achenbach (2011) 563 (567 f) sowie Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 183 ff; eingehend (zu England, Frankreich, Spanien, Österreich und Deutschland) Stein Täterschaft und Teilnahme im europäischen Strafrecht (2002).

11

Befürwortend dagegen BGH wistra 2012 64, 65 Rdn. 13 und bereits BGHSt 30 177, 181 („nicht zweifelhaft“) sowie Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 183 ff mit zahlreichen Nachw.

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setzung dieser Akte, strafrechtliche Mindestbedingungen für eine wirksame und EU-weit kompatible Bekämpfung der EG-Betrügereien zu schaffen. Allgemein zur gemeinschaftsbzw. unionsfreundlichen Auslegung Hecker Europ. Strafrecht § 10; Heise Europäisches Gemeinschaftsrecht und nationales Strafrecht (1998) S. 49 ff; Satzger Internat. und Europ. Strafrecht § 8, 98 ff, je m.w.N. Zum Zweck des Übereinkommens Zieschang EuZW 1997 79 mit Nachw.; Text auch bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Anhang I.1. S. 131 ff; zum Stand der Umsetzung in den Mitgliedstaaten Killmann eucrim 2007 48 ff.

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Hält man diesen Weg – etwa mit Blick auf die auch verfassungsrechtlich relevante Personenautonomie – nicht für gangbar, so bleibt hervorzuheben, dass der Erläuternde Bericht des Rates der EG (aaO S. 7) als mögliche Begründung einer strafrechtlichen Geschäftsherrenhaftung auch die (grobe) Fahrlässigkeit (des Unternehmensleiters usw.) anführt. Insoweit ist § 264 Abs. 4 einschlägig, der durch Inkriminierung der Leichtfertigkeit gerade auch der modernen betrieblichen Arbeitsteilung Rechnung tragen und insbesondere Fälle der bewussten Fahrlässigkeit des Unternehmensleiters (usw.) erfassen will (Rdn. 145). Damit ist auch die Konstellation gemeint, dass der untergeordnete Angestellte selbst Täter ist (Rdn. 145 mit Nachw.). Eine dogmatisch angemessene (Hilfs-)Lösung des durch Art. 3 des Übereinkommens aufgeworfenen Strafbarkeitsproblems ist dies allerdings für die Gegner der oben Rdn. 15 entwickelten Konzeption kaum, da auch die Leichtfertigkeit eine Garantenstellung voraussetzt, soweit es um Unterlassen geht; insbesondere bei einem vorsätzlich handelnden Angestellten fällt der Gesichtspunkt der Personenautonomie ins Gewicht. Eine Strafbarkeit des Unternehmensleiters wegen Leichtfertigkeit kann aber auch an ein Tun (z.B. fehlerhafte Auswahl) anknüpfen. Insgesamt lässt das deutsche Strafrecht jedoch weder eine leichtfertige Teilnahme noch eine Teilnahme an leichtfertiger Tat zu; um die Strafbarkeit nach § 264 Abs. 4 auszulösen, muss der Geschäftsherr daher selbst Täter sein, nämlich „Angaben machen“. Dies tut auch ein Geschäftsherr, der sich von anderen gemachte Angaben zu eigen macht, indem er beispielsweise den in einer untergeordneten Abteilung gefertigten Antrag unterzeichnet.

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Nur durch eine gemeinschafts- bzw. unionsfreundliche Auslegung mit § 264 zu erfassen sind die in der EU-Praxis häufigen Vertragssubventionen, bei denen eine gesetzliche Regelung im Sinne des Absatzes 8 (auch Nr. 2!) – z.B. in Gestalt einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung – fehlt und ganz durch vertragliche Vereinbarungen ersetzt wird (zust. Wohlers MK Rdn. 20 mit Nachw.). Die bloße Existenz eines Haushaltstitels stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Bezeichnung dar (vgl. auch Rdn. 69 und 81). Zwar fallen auch entsprechende nationale Subventionen nur unter § 263, der auch auf die EU-Vertragssubventionen anzuwenden ist; Art. 325 Abs. 2 AEUV ist daher nicht verletzt. Jedoch verlangt Art. 1 des Übereinkommens für alle EU-Subventionen einen dieser Norm entsprechenden Schutz. Ob dieser durch § 263 in Verb. mit §§ 22, 23 hinreichend gewährt wird, ist zweifelhaft und mit der Begr. zum EG-FinanzschutzG (BT-Drs. 13/10425 S. 6) jedenfalls für die Fälle der Zweckentfremdung, darüber hinaus deshalb zu verneinen, weil § 263 weitergehend als Art. 1 Abs. 1 subjektiv Bereicherungsabsicht verlangt; hierauf verzichtet das Übereinkommen (Zieschang EuZW 1997 80 f). § 264 Abs. 8 Nr. 2 ist daher völkerrechtswidrig zu eng gefasst. Eine Strafbarkeit kann sich auch hier nicht unmittelbar aus dem Übereinkommen, wohl aber im Einzelfall hinsichtlich der Zweckentfremdung nach § 266 ergeben, der freilich nicht typisch ist (weil der Subventionsnehmer kein Geschäft des Subventionsgebers besorgt: BGHSt 49 147, 155 mit insoweit zust. Anm. Tiedemann JZ 2005 45, 46).

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Nicht ausdrücklich umgesetzt worden ist vom deutschen Gesetzgeber trotz entsprechender völkerrechtlicher Verpflichtung schließlich auch Art. 1 Abs. 4 des Übereinkommens, nach dem der vorsätzliche Charakter einer Handlung oder Unterlassung im Sinne

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der Absätze 1 und 3 „aus den objektiven Tatumständen geschlossen werden“ kann. Hiermit kann – entsprechend dem historischen dolus ex re – zunächst eine objektive, also verschuldensunabhängige Strafbarkeit gemeint sein, wie sie im englischen und französischen Recht weiterhin bekannt ist.12 Da eine solche Rechtsauffassung nach deutschem Verfassungsverständnis zwingend ausgeschlossen ist (und allenfalls die Annahme einer widerlegbaren Vermutung in Betracht kommen dürfte), wird man die genannte Klausel des Übereinkommens nur als – im deutschen Recht selbstverständliche – Zulassung des prozessualen Indizienbeweises interpretieren müssen.13 Allerdings bleibt auch hier die Frage offen, ob nicht eine unionsfreundliche Auslegung des neu gefassten § 264 die Zulassung widerlegbarer Vermutungen rechtfertigt (vgl. auch Tiedemann ZStW 110 [1998] 513 f). Das Problem dürfte letztlich kaum praktisch werden, da die Leichtfertigkeitsklausel des § 264 Abs. 3 Ergebnisse ermöglicht, die von einer (widerlegbaren) Vorsatzvermutung nicht weit entfernt sind (vgl. Rdn. 145 mit Nachw.). Über seine Umsetzungsverpflichtung hinausgegangen ist nach seiner eigenen Begrün- 19 dung (BT-Drs. 13/10425 S. 7) der deutsche Gesetzgeber dagegen insoweit, als nunmehr für alle EU-Subventionen (und nicht nur für EU-Wirtschaftssubventionen) als Schuldform der Erschleichung Leichtfertigkeit nach § 264 Abs. 4 ausreicht. Dies gilt insbesondere auch für die neu eingefügte Strafbarkeit wegen Zweckentfremdung der Subvention (§ 264 Abs. 1 Nr. 2). Der Gesetzgeber begründet diese Ausdehnung der Strafbarkeit zutreffend mit der Annahme einer besonderen Sorgfaltspflicht von Subventionsempfängern gegenüber dem Staat und der EU, wie sie der (beschränkten) Einführung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit durch das 1. WiKG zugrundelag (aaO S. 7). 6. Auslandsrechte. Unter den unmittelbar benachbarten Staaten regelt Österreich mit 20 der Bezeichnung „Förderungsmissbrauch“ in § 153b Strafgesetzbuch unter Hervorhebung von Förderungen nach EU-Recht (Absatz 5 Satz 2) und unter Ausschluss von „Zuwendungen mit Sozialleistungscharakter“ (Absatz 5 Satz 1) nur die „missbräuchliche“ Verwendung einer Subvention „zu anderen Zwecken als zu jenen …, zu denen sie gewährt wurde“ (Absatz 1). Auf die eigentliche Subventionserschleichung findet der allgemeine Betrugstatbestand des § 146 StGB Anwendung (Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar § 153b Rdn. 24 mit Nachw.). Jedoch bezeichnet § 7 AusfuhrerstattungsG das Erlangen von EU-Ausfuhrerstattungen durch unrichtige oder unvollständige Angaben als Finanzvergehen, das nach dem FinanzstrafG zu ahnden ist; § 146 StGB ist insoweit nicht anwendbar (§ 22 Abs. 2 FinanzstrafG). Auch in der Schweiz (und in Griechenland) ist auf Subventionserschleichungen der allgemeine Betrugstatbestand anzuwenden, und zwar unter Heranziehung der Zweckverfehlungslehre (Arzt in Basler Kommentar Art. 146 Rdn. 108 ff mit Nachw.; Spinellis in van der Hulst S. 71). Für Subventionsbetrug gegenüber der Eidgenossenschaft gilt aber der privilegierende Art. 14 BundesG über das Verwaltungsstrafrecht, so dass Art. 146 schweiz. StGB nur für den Subventionsbetrug zum Nachteil eines Kantons eingreift (BGE 112 IV 20 ff). Die zahl-

12

Vgl. Tiedemann FS Nishihara S. 504 ff; näher zum französischen Recht T. Walter S. 274 und 278. – Nach dem Erläuternden Bericht zum Übereinkommen (ABlEG Nr. C 191 v. 23.6.1997 S. 5) stammt die Formel des Art. 1 Abs. 4 aus Art. 3 Abs. 3 der Wiener Konvention der Vereinten Nationen über den Verkehr mit Betäubungsmitteln und

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psychotropen Substanzen v. 16.12.1988 sowie Art. 1 der Geldwäsche-Richtlinie des Rates v. 10.6.1991. Vgl. – im Einzelnen differenzierend – Dannecker, Hirsch, Hünerfeld, Jescheck und Weigend bei Zieschang ZStW 108 (1996) 609, 624 ff.

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reichen Spezialvorschriften werden regelmäßig durch die genannten Tatbestände verdrängt (Arzt aaO Rdn. 138). Auch in Frankreich ist der allgemeine Betrugstatbestand anwendbar, wenn seine qualifizierten Täuschungsvoraussetzungen (dazu Tiedemann LK Rdn. 64 f Vor § 263) erfüllt sind (Cour de cassation vom 15.5.1997, Bulletin des arrêts 189; T. Walter Betrugsstrafrecht S. 542). Zusätzlich gibt es im französischen Recht die Strafbarkeit unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen zwecks Erlangung von öffentlichen Finanzleistungen; einschlägig sind zwei ältere Gesetze (von 1941 und 1968) insbesondere zu staatlichen und kommunalen Subventionen sowie Art. 441-6 Abs. 2 Code pénal, letzterer auch mit (interpretatorischem) Bezug zu ausländischen und EU-Subventionen (so T. Walter S. 357 ff; wohl aA Delmas-Marty/Manacorda in Delmas-Marty/Vervaele Bd. II S. 288 mit Nachw.). Diese Regelung findet sich bei den Urkundendelikten. Auf die Zweckentfremdung rechtmäßig empfangener (EU-)Subventionen findet der allgemeine Straftatbestand der Veruntreuung (Art. 314-1 Code pénal) Anwendung (Delmas-Marty/ Manacorda aaO). Vergleichbar ist die Rechtslage in den Niederlanden, in denen die Praxis der Strafjustiz wegen der hohen Tatbestands- und Beweisanforderungen des an sich anwendbaren Tatbestands des Betruges (Art. 326 Wetboek van Strafrecht) (dazu Tiedemann aaO Rdn. 64) auffangweise auf die Urkundenfälschung zurückgreift, die als „schriftliche Lüge“ auch unrichtige schriftliche Subventionsanträge erfasst (Vervaele S. 158 ff mit Nachw.). Diese werden auch durch Art. 18 Einfuhr- und Ausfuhrgesetz als spezielles Vergehen eingestuft, das nach dem Wirtschaftsstrafgesetz (Wet Economische Delicten) zu bestrafen ist. Seit dem 1.7.2000 ist ferner das Urkundenstrafrecht im Wetboek van Strafrecht durch Art. 227a und b ergänzt, welche die unrichtige Mitteilung und gesetzwidrige Nichtmitteilung subventionserheblicher Informationen gegenüber der Bewilligungsstelle bei Vorsatz und Fahrlässigkeit unter Strafe stellen (Vervaele/Klip in Delmas-Marty/Vervaele Bd. III S. 645 f: „abstrakte Gefährdung“). Ein neuer Art. 323a („Misbruik van EG-subsidie“) inkriminiert die Zweckentfremdung von EU-Subventionen und schützt diese damit besser schützen als nationale Subventionen (Vervaele/Klip aaO S. 646).

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Unter den romanischen Rechtsordnungen hat Portugal mit dem Gesetzesdekret Nr. 28 von 1984 außerhalb des Código penal bereits relativ früh einen Straftatbestand der Subventionserschleichung eingeführt, der einerseits Erlangung der (in Art. 21 definierten Wirtschafts-)Subvention voraussetzt und andererseits einfache Fahrlässigkeit genügen lässt (Art. 36). Die Zweckentfremdung von Subventionen ist dagegen nur vorsätzlich möglich; Art. 37 hebt insoweit Kreditsubventionen besonders hervor. In Spanien enthält der neue Código penal mit Art. 308 einen Sondertatbestand, der sich auf die vorsätzliche Subventionserschleichung (Absatz 1) und die vorsätzliche Zweckentfremdung (Absatz 2) bezieht, aber nur für nationale Subventionen in Höhe von mehr als 120.000 Euro gilt (vgl. Ludwig S. 514 mit Nachw.). Zusätzlich erfasst Art. 309 EU-Subventionen, wenn sie 50.000 Euro übersteigen; die Zweckentfremdung dieser Finanzmittel durch den Empfänger wird von Art. 306 unter Strafe gestellt. Auf den allgemeinen Betrugstatbestand kann insoweit nicht zurückgegriffen werden (Asúa FS Tiedemann S. 670 ff; Valls Prieto S. 80 ff, je mit Nachw.). Für EU-Subventionen unterhalb der genannten Wertgrenze, aber nur bei einem Betrag von mehr als 4.000 Euro, gilt ein Übertretungstatbestand (Art. 628 Código penal), der auf die Handlungsbeschreibungen der Art. 306 und 309 verweist. Für die Erschleichung von Subventionen bis zu 4.000 Euro sieht das Haushaltsgesetz Verwaltungssanktionen vor (Nieto Martín S. 319 ff; Tiedemann Lecciones S. 42). – Italien hat nach einem ersten strafbewehrten Gesetz von 1967 über Subventionen für Olivenöl den Strafschutz gegen Subventionsbetrug mehrfach ausgeweitet (Gesamtübersicht mit Rechtsprechungsnachw. bei Musco in Ferré Olivé S. 27 ff). Zunächst wurde die vorsätzliche Erschleichung von Leistungen der Abteilung Ausrichtung und Garantie des Europäischen

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Agrarfonds durch Gesetz Nr. 898 von 1986 inkriminiert, sodann durch Gesetz Nr. 55 von 1990 die betrügerische Erlangung von nationalen und von EU-Subventionen zum schweren Fall des Betruges (Art. 640 Codice penale) erklärt (Art. 640bis, der nach der Rechtsprechung kein selbständiger Straftatbestand ist). Auch das italienische Strafrecht begründet den Betrugsschaden über die Lehre von der Zweckverfehlung (Nachw. bei Tiedemann LK Fn. 107 Vor § 263). Mit Blick auf die enge gesetzliche Fassung der Täuschung im allgemeinen Betrugstatbestand (vgl. Tiedemann aaO Rdn. 69) wurde im Jahre 2000 durch Gesetz Nr. 300 ein Sondertatbestand der Subventionserschleichung in den Codice penale eingeführt; Art. 316ter sieht Freiheitsstrafe für denjenigen vor, der mittels falscher Erklärungen, Dokumente oder Bescheinigungen oder durch Unterlassen geschuldeter Informationen für sich oder einen anderen zu Unrecht Subventionen des Staates (usw.) oder der EU erlangt. Seit dem Gesetz Nr. 86/1990 bedroht ferner Art. 316bis Codice penale als „Veruntreuung („malversazione“) jede Abweichung von dem Zweck einer von der öffentlichen Hand gewährten Finanzleistung, und zwar auch der EU, wie durch Gesetz Nr. 181/1992 klargestellt wurde. – Interesse verdient ebenfalls die Gesetzgebung in Belgien und Luxemburg. Belgien kennt seit 1994 außerhalb des Code pénal im Arrêté royal vom 31. Mai 1933 einen Straftatbestand der Erschleichung und Zweckentfremdung von Subventionen (Art. 2), in die durch Art. 1 ausdrücklich auch solche der EU einbezogen sind. Ebenfalls ausdrücklich beschränkt sich der Straftatbestand auf Handeln in Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung anlässlich eines Subventionsantrages sowie der fehlenden Subventionsberechtigung (Art. 2 § 2). Strafbar ist auch das Unterlassen der Anzeige des Wegfalls der Subventionsberechtigung (Art. 2 § 1). Die zweckwidrige Verwendung der Subvention wird in Art. 2 § 3 unter Strafe gestellt. Im Strafgesetzbuch hat dagegen Luxemburg durch Gesetz vom 15. Juli 1993 die Strafdrohung des Betrugstatbestandes (Art. 496) auf Personen erstreckt, die wissentlich eine falsche oder unvollständige Erklärung abgeben, um eine Subvention des Staates oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer internationalen Einrichtung zu erlangen oder zu behalten (Art. 496-1). Absatz 1 des Art. 496-2 erfasst die Gewährung der Subvention infolge eines unrichtigen oder unvollständigen Antrags und Absatz 2 die wissentliche Zweckentfremdung der Subventionen. Das skandinavische bzw. nordische Strafrecht erfasst die Subventionserschleichung teil- 21a weise nur mit den allgemeinen Betrugstatbeständen (zu diesen Tiedemann LK Rdn. 81 ff Vor § 263). Jedoch bedroht Dänemark in seinem Strafgesetz (Straffeloven) bereits unrichtige oder irreführende Angaben sowie pflichtwidriges Verschweigen „zur Verwendung für Entscheidungen über eine Auszahlung oder Rückforderung“ von Beihilfen oder Unterstützungen einschließlich solcher der EU und anderer Gemeinschaftsorganisationen (§ 289a Abs. 1) und bestraft auch die Zweckentfremdung solcher Finanzmittel durch den Empfänger (§ 289a Abs. 2). Wegen der relativ geringen Strafdrohung (Geldstrafe oder Gefängnis bis zu 11/2 Jahren) kommt der Strafschärfung auf Gefängnis bis zu 8 Jahren für besonders schwere Straftaten (Absatz 4) Bedeutung zu. Ähnlich ist die Rechtslage in Finnland, dessen Strafflag in Kap. 29 § 5 das Erlangen sowie den Versuch des Erlangens von Subventionen durch falsche subventionserhebliche Angaben oder pflichtwidriges Verschweigen bei subventionserheblicher Änderung der Umstände bei vorsätzlicher Begehung unter Strafe stellt. Kap. 29 § 7 inkriminiert die vorsätzliche Zweckentfremdung, wenn sie wesentlich ist (vgl. auch Lahti in Delmas-Marty/Vervaele Bd. II S. 251). Schweden schließlich beschränkt sich auf eine spezielle Regelung der Zweckentfremdung. Kap. 9 § 3a Brottsbalken bezeichnet diese als Subventionsmissbrauch („subventionsmissbruk“); Satz 2 sieht „in leichten Fällen“ Straflosigkeit vor. Die eigentliche Subventionserschleichung wird durch den allgemeinen Betrugstatbestand erfasst (Jareborg in Delmas-

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Marty/Vervaele Bd. III S. 815 ff). In England dürfte nunmehr der Fraud Act 2006 einschlägig sein, dessen s. 2 für den allgemeinen Betrug falsche oder irreführende Angaben erfordert, um für sich oder einen anderen einen Vorteil („a gain“) zu erlangen; s. 3 pönalisiert die mit derselben Absicht unterlassene Mitteilung rechtlich geschuldeter Informationen (Einzelheiten bei Tiedemann Rdn. 88 Vor § 263). Die Zweckentfremdung wird wohl überwiegend durch s.s 1 und 5 (3) Theft Act 1968 erfasst (Spencer in DelmasMarty/Vervaele Bd. III S. 861 mit Nachw.). Innerhalb der EU ist ferner vor allem das polnische Gesetz über den Schutz des Wirt22 schaftsverkehrs und die Änderung einiger Vorschriften des Strafrechts vom 12. Oktober 1994 erwähnenswert. Es regelte in Art. 3 einheitlich die Kredit- und Subventionserschleichung und bedrohte diese mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. Tatbestandsmäßig handelte, wer in der Absicht der Kredit- oder Subventionserlangung über erhebliche Umstände unredliche Erklärungen abgibt oder falsche Urkunden vorlegt oder wer entgegen der ihm obliegenden Pflicht Umstände nicht mitteilt, die Einfluss auf die Gewährung oder Höhe des Kredites oder der Subvention haben können (deutsche Übersetzung in Jahrbuch für Ostrecht 1995 II 276 f). Seit 1997 erfasst das polnische Strafgesetzbuch (polski kodeks karny) in Art. 297 das Vorlegen falscher Unterlagen über subventionserhebliche Umstände in der Absicht, für sich oder einen anderen eine Subvention zu erlangen, sowie das pflichtwidrige Unterlassen der Mitteilung von Umständen, welche den Widerruf oder die Verringerung der Subvention beeinflussen können. Daneben bestraft Art. 82 Steuerstrafgesetzbuch denjenigen, der die öffentlichen Finanzen wissentlich dadurch einer Schädigung aussetzt, dass Subventionen zu Unrecht oder zu hoch bewilligt oder ausgezahlt oder ihrem Zweck entzogen werden; Zuwiderhandlungen sind eine Übertretung, wenn die Subvention 1000 € nicht übersteigt. Die genannten Straftatbestände betreffen nach h.M. auch ohne ausdrückliche Nennung ebenfalls Subventionen der EU (KunickaMichalska in Ferré Olivé S. 41, 62 f).

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes 23

1. Hinsichtlich des Schutzgutes des § 264 kann nach der insoweit eindeutigen Entstehungsgeschichte kaum Zweifel daran bestehen, dass die Planungs- und Dispositionsfreiheit des Subventionsgebers in Bezug auf das Haushaltsvermögen im Vordergrund steht: Die Verfehlung der mit der Subventionierung angestrebten wirtschaftspolitischen (wirtschaftsfördernden) Zwecke, nicht der Verlust der ohnehin zur Ausgabe bestimmten Finanzmittel, prägt den Unrechtskern des Subventionsbetruges.14 Zu Recht weisen aller14

Bericht Sonderausschuss S. 3; OLG Hamburg NStZ 1984 218 (f); OLG Karlsruhe NJW 1981 1383; Achenbach JR 1988 252 (253); Bottke wistra 1991 1 (7); Diemer/Nicolaus FS Schmidt-Leichner S. 42; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 3; Eisele BT II Rdn. 683; D. Geerds S. 244 ff; Göhler/Wilts DB 1976 1610; Haft/Hilgendorf BT I S. 106; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 55, 76; Heinz GA 1977 225 f; Jung JuS 1976 758; Kindhäuser JZ 1991 492 (494 f); Lackner/Kühl Rdn. 1; Lohmeyer S. 55; Lüderssen wistra 1988 45 f; Mitsch BT 2 § 3, 37; Otto

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BT § 61, 8; Rengier BT I § 17, 3; Saliger S/S/W Rdn. 1; Schmid S. 66; Seelmann JuS 1982 748 (751); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 680; Wohlers MK Rdn. 7 ff; auch Joecks Rdn. 1; aA BGH wistra 2007 217 (f); Fischer Rdn. 2b; Gössel BT 2 S. 459 und bereits Prot. 7/2614 f sowie wistra 1985 129; Hack S. 63; Hellmann NK Rdn. 10; Hoyer SK Rdn. 10; Krack NStZ 2001 506; Krey/ Hellmann BT 2 Rdn. 520; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 165; Ranft JuS 1986 449; Schmidhäuser BT 11/97; Wassmann Rdn. 4.

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dings Sch/Schröder/Lenckner 26 (Rdn. 4) darauf hin, dass hier ebenso wie bei § 263 die Deutung und Bezeichnung als „Dispositionsfreiheit“ nicht ganz exakt ist, da die „Freiheit“ bei der Verwaltung öffentlichen Vermögens häufig eine normativ gebundene und keineswegs um ihrer selbst willen geschützte ist (zust. D. Geerds S. 247 f). Richtiger ist es daher, mit Sch/Schröder/Perron 28 (Rdn. 4) von dem Schutz der Subventionierung als eines besonders wichtigen Instrumentes der staatlichen Wirtschaftslenkung und von dem Schutz der mit dieser Lenkung verfolgten wirtschaftspolitischen Zwecke zu sprechen (zust. D. Geerds S. 248 ff), wobei Sch/Schröder/Perron diesen Schutzzweck allerdings nur dem von ihnen für primär erachteten Vermögensschutz hinzufügen wollen (ebenso Sannwald S. 59 ff). Dass der Subventionszweck in § 264 überhaupt nicht (vielmehr nur im SubvG, vgl. insbes. § 2 Abs. 1 Nr. 1) erwähnt wird, besagt nichts dagegen, denn die Begriffe der Unrechtsmaterie müssen sich nicht notwendig auch als Tatbestandsmerkmale niederschlagen. Im Gegenteil macht § 264 durch seine Tatbestandsfassung die Anwendung der (bei § 263 umstrittenen, vgl. unten Rdn. 25) Zweckverfehlungslehre überflüssig. Wohl aber ist zu fragen, ob § 264 neben der staatlichen (oder sonstwie öffentlichen) 24 Planungsentscheidung im Bereich der Wirtschaftsförderung auch das Vermögen des Subventionsgebers schützt. Dieser Frage wird – neben ihrer zivilrechtlichen Auswirkung bei § 823 Abs. 2 BGB (dazu BGHZ 106 204, 207 mit Anm. F. Peters JR 1989 241 und Ranft EWiR 1989 245) – vor allem im Hinblick auf die weitere Frage Bedeutung beigemessen, ob die Erschleichung sonstiger, nicht-wirtschaftsfördernder Subventionen überhaupt noch unter § 263 fallen kann, der anerkanntermaßen ausschließlich oder doch vorrangig Vermögensschutz bezweckt. Die Antwort ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Zunächst ist der Vermögensschutz des Subventionsgebers nach § 263 unzweifelhaft 25 dort zu bejahen (und die sog. Zweckverfehlungstheorie entsprechend überflüssig), wo die Subventionsgewährung außer dem allgemeinen Zweck der Einkommensmehrung, der jeder ohne Gegenleistung erfolgenden subventiven Zuwendung finanzieller Mittel innewohnt, keine spezifischen Zwecke verfolgt. Dies gilt vor allem für die meisten Sozialsubventionen (vgl. bereits Rdn. 5). Soweit dagegen – wie bei den reinen Kultursubventionen – spezifische Zwecke verwirklicht werden sollen, ist § 263 jedenfalls dort anwendbar, wo die Subventionsvoraussetzungen normativ geregelt sind und somit die Rechtswidrigkeit des vom Täter angestrebten Vermögensvorteils außer Streit ist; in diesen Fällen entspricht nach dem Grundsatz der Stoffgleichheit dem vom Täter angestrebten rechtswidrigen Vermögensvorteil ein rechtswidriger Schaden auf der Opferseite (Tiedemann Subventionskriminalität S. 309 sowie Wirtschaftsstrafrecht Bd. II S. 96 ff m.w.N.; vgl. auch Art. 1 EG-PIF-Übereinkommen 1995, oben Rdn. 14 ff). Es bleiben somit nur diejenigen Fälle zweifelhaft, in denen die Vergabevoraussetzungen nicht normativ festliegen, der Subventionsgeber also nach („freiem“) Ermessen entscheidet und folglich seine Entscheidung ohne rechtssatzmäßige Konkretisierung unmittelbar am Subventionszweck ausgerichtet ist. Hier wird die Erlangung von Vermögensvorteilen offenbar dann rechtswidrig im Sinne des § 263, wenn die Vergabe im Widerspruch zu dem verwaltungsmäßig konkretisierten Subventionszweck steht, und es liegt nahe, den entsprechenden Vermögensschaden (!) eben im Hinblick auf diese Zweckverfehlung zu begreifen. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt,15 ist dies auch einigermaßen zwanglos infolge der Einsicht möglich, dass sich die öffentlichen Haushalte als bloßes Durchlaufvermögen und infolge der engen sowie zwingenden Planbindung wesensmäßig von den privaten Haushalten unterschei-

15

Tiedemann Subventionskriminalität S. 314 ff sowie ZStW 86 (1974) 910 ff; zustimmend

Samson SK4 § 263 Rdn. 157, auch Sch/ Schröder/Perron Rdn. 1.

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den, die zwar auch nach Möglichkeit, aber gerade nicht notwendig, plangebunden sind und vor allem nicht rechtlich-zweckhaft eingesetzt werden müssen. Nur die öffentlichen Haushalte sind, mit anderen Worten, zweckgebundenes Umlaufvermögen mit der Funktion, die Finanzmittel optimal zugunsten der Allgemeinheit einzusetzen, und der Wirkung, dass die unrechtmäßige Inanspruchnahme dieser Mittel den Vermögensverteilungsprozess in einer auch rechtlich unmittelbar relevanten Weise stört (Rdn. 5). Auch im Rahmen des § 263 ist Schaden der öffentlichen Hand somit primär Beeinträchtigung der staatlichen Planung („Disposition“), wenn auch bezogen auf das staatliche Vermögen. Mit der h.M. ist daher davon auszugehen, dass die nichtwirtschaftsfördernden Subventionen von § 263 erfasst bleiben.16 Ebenso zutreffend aber ist die Feststellung im Bericht des Sonderausschusses (S. 3), dass durch die Zweckverfehlungstheorie „die Einheit des Vermögensbegriffs gesprengt und die Konturen des § 263 verwischt werden“, so dass diese Theorie besser fallengelassen und durch den Rückgriff auf das „Wesen“ der in Frage stehenden Haushalte ersetzt werden sollte (zust. D. Krauss FS Vischer S. 62 f). Nach der Konzeption der Rechtsprechung, die für § 263 eine bewusste Selbstschädigung ausreichen lässt, wäre der Schaden ohnehin schlicht in der Ausreichung der Finanzmittel zu sehen und die Heranziehung der Lehre von der Zweckverfehlung überflüssig (vgl. Gerhold S. 20). Die Entlastung des allgemeinen Betrugstatbestandes von der Ausweitung durch die Zweckverfehlungslehre ist durch die Einführung des § 264 als solche mit seiner überwiegenden Beschränkung auf (nationale) Wirtschaftssubventionen (dazu im Einzelnen unten Rdn. 45 ff) nicht erreicht worden. § 263 muss daher weiterhin die Funktion des Schutzes auch des Vermögens öffentlicher („überindividueller“) Träger gegen Erschleichungshandlungen insbesondere im Bereich der nichtwirtschaftsfördernden Subventionen mit übernehmen. BGHSt 31 93, 95 lässt freilich offen, ob die hier vertretene Aufspaltung des Vermögensbegriffes als zutreffend anzuerkennen ist (dagegen Hack S. 63 f Fn. 28; vgl. auch BGH NJW 1995 603 ff). Wohl aber lehnen BGHSt 34 265, 268 ff sowie 36 373, 374 ff für § 264 eine Schadenskompensation ähnlich wie bei § 370 (Abs. 4 S. 3) AO ab (vgl. auch BGHSt 32 203, 206 f sowie unten Rdn. 102) und bekennen sich damit zu der Auffassung, dass dieser Tatbestand jedenfalls nicht primär oder allein das Vermögen schützt (vgl. auch Tiedemann ZStW 107 [1995] 640). Insgesamt läuft die Ansicht des BGH auf einen Schutz des Subventionsverfahrens als Bedingung für die Erreichung der wirtschaftspolitischen Subventionszwecke hinaus (abl. insoweit aber Hoyer SK Rdn. 8, Kindhäuser JZ 1991 495 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 4). Das bedeutet eine deutliche Parallele zu dem Schutz der Rechtspflege bei den Aussagedelikten (Achenbach JR 1988 253), vor allem wenn das Sonderpflicht-(Vertrauens-)Verhältnis des Subventionsnehmers in die Betrachtung einbezogen wird (vgl. näher unten Rdn. 29 f und 85). Zur Ablehnung der BGH-Auffassung Rdn. 102 m.w.N. Für § 264 ergibt sich aus den vorstehenden Darlegungen keinerlei Notwendigkeit, den 26 Gesichtspunkt des Vermögensschutzes innerhalb der Rechtgutsbestimmung gesondert auszuweisen. Wenn dieser Tatbestand vielmehr die Planungshoheit in Bezug auf öffentliche Finanzmittel schützt und vom Eintritt eines Vermögensschadens absieht, so verwandelt das Bezugsobjekt der Planung das einschlägige Delikt nicht etwa in eine Vermögensstraftat – ähnlich wie eine Brandstiftung nach § 306a nicht dadurch zum Eigentums-

16

Übereinstimmend insbes. BGHSt 44 233, 243 und bereits wistra 1987 23 sowie NJW 1982 2453; BayObLG NJW 1982 2202, 2203; Fischer Rdn. 54a; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 77; Heinz GA

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1977 193 (213 f); Lackner/Kühl Rdn. 31; Mitsch BT 2 § 3, 42; Sch/Schröder/Perron Rdn. 87; Tenckhoff FS Bemmann S. 465 (472); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 691; Wohlers MK Rdn. 124.

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delikt wird, dass sie sich auf fremde Sachen bezieht. (Ähnliches gilt für die Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1.) Richtig ist zwar, dass bei § 253 der Bezug der Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit auf das Vermögen die Tat nach ganz herrschender Auffassung auch zu einem Vermögensdelikt werden lässt, wobei sogar der Schwerpunkt auf dem Vermögensschutz liegen soll (Vogel LK § 253 Rdn. 1 mit Nachw.). Diese für § 253 sinnvolle Addition verschiedener Aspekte kann aber nicht auf § 264 übertragen werden, da es strafrechtlich keinen „Schutz staatlicher Planungshoheit“ als Grundtatbestand gibt, der hier durch die Spezialität der Beziehung auf das Finanzvermögen ergänzt würde: § 264 kennt nur die staatliche bzw. sonstwie öffentliche Vermögensplanungshoheit als einheitliches und alleiniges Rechtsgut (ebenso bereits Blei JA 1976 194 und nunmehr OLG Hamburg NStZ 1984 218 [f], Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 3 sowie Wohlers MK Rdn. 8 f). 2. Überwiegend wird § 264 als abstraktes Gefährdungsdelikt eingeordnet.17 Jedoch 27 wird auch die Auffassung vertreten, es liege ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt18 oder sogar ein Fall konkreter Gefährdung vor.19 Unstreitig ist also nur, dass § 264 kein Erfolgsdelikt darstellt (vgl. nur Saliger S/S/W 28 Rdn. 2). Die Vergabe oder Bewilligung der Subvention oder auch nur eine erfolgreiche Täuschung des zuständigen Amtswalters wird vom Tatbestand nicht gefordert (BGHSt 34 265, 267 ff). Vielmehr soll gerade auch der Fall erfasst werden, dass der Amtswalter den wahren Sachverhalt (er)kennt oder mit dem Antragsteller kollusiv zusammenwirkt (vgl. hier nur BGHSt 32 203, 205 ff; näher unten Rdn. 36 ff mit Nachw.). Die offenbar um der Eindringlichkeit willen gewählte Bezeichnung als Subventionsbetrug ist daher missverständlich (Lackner/Kühl Rdn. 2; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 76), da § 264 die Voraussetzungen des § 263 gerade nicht erfordert und ein wie auch immer zu bewertender tatsächlicher Erfolg (z.B. die Erlangung oder auch nur die Bewilligung der Subvention) nur für die Strafzumessung relevant ist. Besser würde von „Subventionserschleichung“ gesprochen (so Hack S. 78), richtiger – im Hinblick auf § 264 Abs. 1 Nr. 2 (Zweckentfremdung der rechtmäßig erlangten Subvention!) und die Täterschaft von Amtsträgern (unten Rdn. 37) – von Subventionsmissbrauch (Tiedemann Subventionskriminalität S. 369). Allerdings wird der tatsächliche Erfolg der Subventionserlangung angesichts des weiten Strafrahmens von Absatz 1 (Nr. 1) bewusst mit erfasst, wie das Regelbeispiel des Absatzes 2 Nr. 1 ergibt (näher unten Rdn. 162). Kann der Tatbestand somit in der gängigen Sprache der Strafrechtsdogmatik nur ein 29 Gefährdungsdelikt darstellen, so ist der potentielle Gesichtspunkt der Gefährdung entweder auf das Vermögen oder aber auf die Sachentscheidung des Subventionsgebers, also auf die Maßnahme der Wirtschaftslenkung, zu beziehen. Nur wenn allein auf das Vermögen als geschütztes Rechtsgut abgestellt wird, ist die Annahme eines abstrakten (Ver-

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OLG München NStZ 2006 630, 631; Berz BB 1976 1436; Fischer Rdn. 4; Flechsig Film und Recht 1977 168; Gössel BT 2 S. 459 und bereits Prot. 7/2615; Graßmück S. 20; Hack S. 87 ff; Haft/Hilgendorf BT I S. 106; Heinz GA 1977 210; Jung JuS 1976 758; Kindhäuser Rdn. 1; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 521; Lackner/Kühl Rdn. 2; Lohmeyer S. 56 f; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5; Schmid-

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häuser BT 11/96; Schultze S. 224 f; Weigend FS Triffterer S. 702; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 681; Wilts Prot. 7/2751. Göhler Prot. 7/2659; Ranft JuS 1986 449; Saliger S/S/W Rdn. 2 m.w.N. Im letzteren Sinn insbes. Bericht Sonderausschuss S. 5 und für Abs. 1 Nr. 2 Ranft aaO; vgl. dazu aber auch Göhler aaO. Fischer Rdn. 4 spricht von einem „verselbständigtem Versuchsdelikt“ (im Vorfeld des Betruges).

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mögens-)Gefährdungsdeliktes zwingend. Aber auch wenn man zusätzlich oder – richtigerweise – vorwiegend oder ausschließlich auf die Planungsentscheidung abstellt, liegt die Einordnung als abstraktes Gefährdungsdelikt nahe, da der Tatbestand (des Absatzes 1, vgl. insbes. auch Nr. 2!) Handlungen (im weiteren Sinne) umschreibt, die typischerweise geeignet sind, eine richtige Planungsentscheidung zu verhindern oder zu beeinträchtigen, ohne dass aber diese Gefährdung zum Tatbestandsmerkmal erhoben worden wäre (anders noch der RefE, vgl. Göhler Prot. 7/2659). Indessen weist der Bericht des Sonderausschusses (S. 5) im Anschluss an Göhler (Prot. 7/2659) am Beispiel der Pönalisierung sonstiger „bloßer Täuschungshandlungen“ (etwa in §§ 399, 400 AktG, 82 GmbHG, 147, 150 GenG) zutreffend darauf hin, dass die Charakterisierung als abstraktes Gefährdungsdelikt „der Situation nicht oder jedenfalls nicht uneingeschränkt gerecht wird“, da – so ist zu ergänzen – im Bereich überindividueller (sozialer) Rechtsgüter die Unterscheidung von konkreter und abstrakter Gefährdung mangels greifbarer Tatobjekte, die gefährdet werden können, in aller Regel ihren Sinn verliert.20 Es erscheint daher richtiger, nur von einem Gefährdungsdelikt zu sprechen und zusätzlich – wegen des Fehlens eines Erfolges – § 264 (Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3) als Tätigkeitsdelikt (und Abs. 1 Nr. 2 als echtes Unterlassungsdelikt) einzuordnen (zust. Wassmann Rdn. 12). Die damit verbundene Betonung des Aktunwerts entspricht dem wirtschaftsstrafrechtlichen Schutz der Institution „Subvention“ (zust. Lampe FS Tiedemann S. 101). Ferner ist § 264 Verletzungsdelikt, da die Tathandlungen wesentliche Funktionsbedingungen der Institution verletzen (Rdn. 10 Vor §§ 263 ff). Im Einzelnen: Zwar gefährden unrichtige Angaben (usw.) im Subventionsverfahren 30 zugleich die Erreichung des Subventionszweckes und das Funktionieren des Subventionsverfahrens in ähnlicher Weise wie falsche Aussagen vor Gericht die Rechtspflege gefährden. Als abstrakt oder konkret gefährlich kann die unrichtige Angabe aber nur in Bezug auf die konkrete Einzelfallentscheidung (des Richters oder der Subventionsvergabestelle) bezeichnet werden. Die Beziehung zu den Zwecken der Subventionierung bzw. der Rechtspflege legitimiert zwar den Strafschutz, ist aber dogmatisch unergiebig: Vor allem die Verletzung der Verkehrspflichten des Subventionsnehmers in Bezug auf die Erreichung des Subventionszwecks und auf das Subventionsverfahren kennzeichnet das Unrecht (ähnlich der Gesichtspunkt des Verfahrensschutzes bei BGHSt 34 265, 267 ff; 36 373, 374 ff; Achenbach JR 1988 253; vgl. oben Rdn. 25). Dogmatisch steht daher die Pflichtverletzung im Vordergrund, und es erscheint somit richtig, den Schwerpunkt auf den Handlungsunwert zu legen (Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 169; zust. Lampe FS Tiedemann S. 101). Entgegen Kindhäuser (JZ 1991 494) kann angesichts der Sonderpflichtenstellung des Subventionsnehmers keine Rede davon sein, dass das Handlungsunrecht des vollendeten Subventionsbetrugs „allenfalls“ dem eines Betrugsversuchs entspreche. Als nicht überzeugend erscheint auch die Kritik Kindhäusers an Achenbachs Konzeption des Verfahrensschutzes, soweit sie sich darauf stützt, dass § 264 „eindeutig“ im Vermögensstrafrecht loziert sei. Abgesehen davon, dass die h.M. § 264 (zumindest auch) als Wirtschaftsstraftat einordnet (vgl. nur Wohlers MK Rdn. 7 ff), ist die Ausrichtung des Rechtsgüterschutzes am Verfahren auch für § 283 durchaus diskutabel (Tiedemann LK Rdn. 46 Vor § 283). Und die an der „Lozierung“ ausgerichtete Kritik verwundert bei einem Autor, der den Betrug als Freiheitsdelikt begreift (aaO S. 495 Fn. 22 mit Nachw.) und im Subventionsbetrug die Verletzung eines „Rechtes auf Wahrheit“ erblickt 20

Vgl. bereits Rdn. 10 Vor §§ 263 ff und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 83 ff sowie Prot. 7/2468 f, 2477; zustimmend

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Göhler Prot. 7/2658, Lüderssen wistra 1988 46 f, Wassmann Rdn. 12 und Weigend aaO, bes. Fn. 42.

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(aaO S. 495): Die von Kindhäuser gerügte Parallelität zu § 153 ff liegt damit geradezu auf der Hand. Allerdings ist das Vergabeverfahren ebensowenig ein Selbstzweck wie die Dispositionsfreiheit, so dass der Bezug auf die Subventionszwecke (und über diese mittelbar auf das Vermögen des Subventionsgebers) zum entscheidenden und verbindenden Element aller Auffassungen wird, die sich nicht auf reinen Vermögensschutz beschränke (zutr. und zust. Lampe FS Tiedemann S. 99). Sachliche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Problem jedenfalls unmittelbar 31 nur für die Auslegung des Merkmales der Vorteilhaftigkeit der Angaben (dazu unten Rdn. 100 ff), allgemein aber auch für die Legitimation der Leichtfertigkeitsklausel des Absatzes 3. Dagegen käme auch bei Annahme eines abstrakten Gefährdungsdelikts nach h.M. nicht die Zulassung des Beweises der Ungefährlichkeit der Handlung im Einzelfall in Betracht (dafür aber Hoyer SK Rdn. 58; vgl. unten Rdn. 102). Diese Lehre ist vor allem für individuelle Rechtsgutsbeeinträchtigungen und das Vorhandensein von (gefährdeten) Tatobjekten erwogen und vertreten worden (BGHSt 26 121, 124 f; Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 165 ff; D. Geerds S. 252; abl. Wolff LK § 306a Rdn. 4 mit weit. Nachw.). Sie ist aber auch für überindividuelle (institutionelle) Rechtsgüterschutztatbestände nicht von vornherein von der Hand zu weisen (Tiedemann LK § 299 Rdn. 43 und FS Gauweiler S. 540 ff). Im neueren Schrifttum tritt Detzner (S. 312 ff) mit Blick auf § 264 für eine solche Lösung ein. Die Frage hat im Rahmen der §§ 263, 264 keineswegs nur theoretische Bedeutung, da sich Subventionsnehmer nicht selten darauf berufen, dass ihre Täuschungshandlung „materiell“ den Subventionszweck nicht gefährdet oder vereitelt, ja dass im Einzelfall entsprechende Vorkehrungen des Täters erheblich besser als die von Gesetzgeber und Verwaltung vorgesehenen Kontrollen und sonstigen Maßnahmen eine Erreichung des Subventionszweckes sichergestellt hätten (Beispiele bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 100). Im Hinblick auf die Tatbestandskonstruktion des § 264 kann diesem Einwand, sofern er sich als tatsächlich zutreffend erweist, nur im Rahmen der Strafzumessung oder über den Weg der §§ 153 ff StPO Rechnung getragen werden. Die an und für sich diskutable Maßgeblichkeit der materiellen Zweckerreichung (trotz Verstoßes gegen die Vergabevoraussetzungen) und der Zweckverfehlung (z.B. auch: trotz Vorliegens der Vergabevoraussetzungen) ist für § 264 grundsätzlich ausgeschlossen bzw. im Hinblick auf § 4 Abs. 2 SubvG nur für die Zweckverfehlung durch Umgehungshandlungen sichergestellt (krit. Lüderssen wistra 1988 47 Fn. 40, der die Zweckerreichung mit dem unten Rdn. 102 behandelten Problem der Kompensation identifiziert). Im Rahmen des § 263, also insbesondere auch bei nicht-wirtschaftsfördernden nationalen Subventionen, stößt die Berücksichtigung der Zweckerreichung dagegen auf das eher praktische Bedenken, dass die Feststellung der Realisierung spezifischer, für das Subventionsrecht maßgebender Zwecke außerhalb der sog. Primärzwecke21 häufig schwierig ist, selbst wenn diese Feststellung nicht mit einer ökonomischen Erfolgskontrolle identifiziert wird, deren Durchführbarkeit von der wirtschaftswissenschaftlichen Lehre mit guten Gründen bezweifelt wird. (Bei den Sozialsubventionen entfällt das Problem mangels spezifischer Zwecke meist ganz, während die Feststellung der Zweckrealisierung bei den Kultursubventionen ganz besonders schwierig ist.) Gerade wenn im Übrigen, auch im Rahmen des § 263, der „materielle“ Schaden in der Verletzung der staatlichen Planung gesehen wird, ist die Abgrenzung von Zielplanung und konkreter Durchführung problematisch, vor allem soweit Subventionen nach Ermessen vergeben werden. Zusammengefasst ist die Berücksichtigung der „Zweckerreichung“ also bei § 264 21

Dazu RegE Begr. S. 22; Bleckmann Subventionsrecht (1978) S. 15 f; Götz Bekämpfung

S. 7; Schetting S. 8 ff; K. Vogel FS Ipsen (1977) 539, 545 f.

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abzulehnen und bei § 263 auf die LK Rdn. 185a genannten Ausnahmefälle zu beschränken, obwohl die grundsätzliche Trennung von Anspruchsnormen und Beweis(recht) sowohl im Wirtschaftsverwaltungsrecht als auch im Rahmen der Rechtswidrigkeit des vom Täter erstrebten Vermögensvorteils bei § 263 wiederkehrt und somit nicht schlechthin für unbeachtlich erklärt werden kann.22

III. Täterkreis und Begriff der (Wirtschafts-)Subvention (Absatz 7) (Anwendungsbereich des Tatbestandes) 32

Der Tatbestand betrifft, wie Absatz 7 ergibt, neben den EU- nur solche nationalen Subventionen, die der Förderung der Wirtschaft dienen sollen und an Betriebe oder Unternehmen gewährt werden. Die damit angestrebten Einschränkungen des Anwendungsbereiches betreffen sowohl die Zwecke als auch die Adressaten der Subvention. Weitergehend werden alle subventiven Leistungen nach EU-Recht erfasst.

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1. Täter der Handlung nach Absatz 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 kann gemäß dem eindeutigen Wortlaut des Absatzes 1 grundsätzlich jedermann sein (vgl. nur OLG Hamburg NStZ 1984 218 f; Mitsch BT 2 § 3, 52 m.w.N.). Zwar muss der Täter – ähnlich wie in § 265b (dort Rdn. 21) – bei Nr. 1 Angaben machen, die für die Gewährung einer Subventionsleistung an einen Betrieb oder an ein Unternehmen erheblich sind. Dies bedeutet, dass der Täter die Ausreichung einer Subvention für seinen Betrieb (Unternehmen) oder den Betrieb (Unternehmen) eines Dritten anstrebt. Auch wenn dies inhaltlich weitgehend identisch ist mit dem Handeln als Betriebsinhaber (Unternehmensinhaber) bzw. für den Betriebsinhaber (Unternehmensinhaber), stellt § 264 doch kein Sonderdelikt dar: Die angedeutete interpretatorische Umwandlung des Tatbestandes würde mit der Änderung seiner formalen Struktur auch seinen Inhalt in unzulässiger Weise verändern.23 Die Weite täterschaftlicher Verwirklichung des Tatbestandes ist vom Gesetzgeber gezielt gewählt worden, um die Arbeitsteiligkeit des Wirtschaftslebens besser in den Griff zu bekommen (Tiedemann FS Dünnebier S. 535; vgl. auch unten Rdn. 135 f). Als Täter kommen somit bei Absatz 1 Nr. 1 neben dem Betriebsinhaber (Unterneh34 mensinhaber) vor allem seine Angestellten (Rengier BT I § 17, 6), aber auch außerhalb des Betriebes stehende Personen wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Berater der Landwirtschaftskammer in Betracht, sofern sie (für sich oder) „für“ den Betrieb bzw. das Unternehmen Angaben über subventionserhebliche Tatsachen machen (dazu im Einzelnen unten Rdn. 89 f; zust. Graßmück S. 16). Das Vorliegen von Vertretungsmacht ist hierzu nicht erforderlich, da es sogar ausreicht, dass der Täter überhaupt nur für einen vorgetäuschten Betrieb handelt (unten Rdn. 60 sowie § 265b Rdn. 19). Auch die täterschaftliche Begehung durch Angestellte setzt keine Selbständigkeit des Angestellten voraus.24 – Bei Absatz 1 Nr. 2 sind taugliche Täter der Subventionsnehmer und seine Vertreter im Sinne des § 14, aber auch alle anderen Personen, denen gegenüber

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23

Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 101, 102 sowie Subventionskriminalität S. 307, 316 ff m.w.N.; zustimmend Lackner LK10 § 263 Rdn. 176. Allgemein zu diesem Problem des Verhältnisses von Gesetzestechnik und Gesetzesinhalt Tiedemann Tatbestandsfunktionen im

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Nebenstrafrecht S. 74 ff und FS Schroeder (2006) 641 ff. Zustimmend Geuenich-Cremer S. 93 f; aA Eberle S. 136; Graßmück aaO; Sch/Schröder/Perron Rdn. 49; Wohlers MK Rdn. 53; vgl. unten Rdn. 158 f.

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die Verwendungsbeschränkung rechtlich wirksam ist (Hoyer SK Rdn. 62; Wohlers MK Rdn. 91, je m.w.N.). Auch bei Nr. 4 kann jedermann die Bescheinigung „gebrauchen“ (Fischer Rdn. 31) Dagegen kann Täter der (echten) Unterlassung nach Absatz 1 Nr. 3 grundsätzlich nur 35 der Subventionsnehmer sein,25 da § 3 SubvG als in Bezug genommene „Rechtsvorschrift über die Subventionsvergabe“ nur den „Subventionsnehmer“ verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind. Dieses Unterlassungsdelikt ist somit Sonderdelikt (zust. BayObLG NJW 1982 2202 [f]; Fischer Rdn. 28 m.w.N.). Andere Personen als der Subventionsnehmer können nur unter den Voraussetzungen des § 14 tatbestandsmäßig handeln (zust. Fischer aaO mit Nachw.). – Verwaltungsrichtlinien sind zwar keine zur Aufklärung verpflichtenden Rechtsvorschriften; sie können aber die im SubvG (§ 3) allgemein begründete Offenbarungspflicht konkretisieren (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 SubvG; BayObLG aaO mit abl. Bspr. Ranft NJW 1986 3170 f; Lackner/Kühl Rdn. 21). Zu beachten ist, dass § 2 Abs. 1 SubvG den Begriff des Subventionsnehmers teilweise formalisiert, nämlich mit dem des Antragstellers identifiziert; daneben ist Subventionsnehmer aber auch, wer die Subvention „oder einen Subventionsvorteil in Anspruch nimmt“ (näher dazu unten Rdn. 89). Es steht allerdings auch nichts entgegen, dass Spezialgesetze abweichend von § 3 SubvG auch andere Personen als den Subventionsnehmer als mitteilungspflichtig bezeichnen; dieser Personenkreis kann dann ebenfalls Täter einer Straftat nach Absatz 1 Nr. 3 sein. Als Sonderproblem vor allem für den im Vordergrund stehenden Tatbestand des 36 Absatzes 1 Nr. 1 tritt die Frage auf, ob und inwieweit auch ein Amtsträger tauglicher Täter sein kann, was praktisch vor allem für die Fälle kollusiven Zusammenwirkens mit dem Antragsteller (Subventionsnehmer) von Bedeutung ist (dazu sogleich Rdn. 38; Göhler Prot. 7/2700; Tiedemann Subventionskriminalität S. 305; zum Begriff des Amtsträgers in diesem Zusammenhang Schmid S. 38 ff). Die grundsätzliche Bejahung dieser Frage 26 ergibt sich aus Absatz 2 Nr. 2, der vor 37 allem in das Subventionsverfahren eingeschaltete Amtsträger meint (unten Rdn. 172; Sch/Schröder/Perron Rdn. 49 m.w.N.). Jedoch nimmt die h.M. von diesem tauglichen Täterkreis denjenigen Amtsträger aus, der auf der Grundlage der von anderen Amtsträgern vorgenommenen Prüfung ausschließlich den Bewilligungsbescheid zu erteilen hat, da die in der Bewilligung liegende Verfügung für sich allein keine unrichtige oder unvollständige Angabe über subventionserhebliche Tatsachen beinhalte (Bericht Sonderaus-

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BayObLG NJW 1982 2202; Fischer Rdn. 28; Göhler/Wilts DB 1976 1615; Gössel BT 2 S. 461; Kindhäuser Rdn. 15; Mitsch BT 2 § 3, 66; Rengier BT I § 17, 8; Saliger S/S/W Rdn. 32; Sch/Schröder/Perron Rdn. 56 und 70; Tiedemann JR 1981 470; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 56; zustimmend Wohlers MK Rdn. 95 m.w.N. BGHSt 32 203, 205 ff mit Anm. Otto JR 1984 475 und Schünemann NStZ 1985 73; Eberle S. 136 f; Fischer Rdn. 47; GeuenichCremer S. 116 ff; Graßmück S. 17; Heinrich

in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 71; Hellmann NK Rdn. 89; Hoyer SK Rdn. 54; Kindhäuser Rdn. 13; Mitsch BT 2 § 3, 52; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 172; Ranft NJW 1986 3172 und JuS 1986 445 ff; Rengier BT 1 § 17, 6; Schmid S. 42 ff, 67 f, 69 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 70; Schünemann aaO; Wagner JZ 1987 712; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 688; zweifelnd Lackner/Kühl Rdn. 19; aA Gössel BT 2 S. 467 und Otto aaO sowie BT § 61.

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schuss S. 7 f; Perron aaO Rdn. 77 m.w.N.); in Betracht kommt insoweit – neben einer Beihilfe zu § 264 – nur Täterschaft nach § 266. Auch ohne die Einschränkung, dass ein anderer Amtsträger die Prüfung der (oder einzelner) Subventionsvoraussetzungen vorgenommen hat, wird man jedoch Täterschaft des entscheidungsbefugten Amtsträgers nach § 264 verneinen müssen (zust. Eberle S. 137; Mitsch BT 2 § 3, 52 m.w.N.). Einschlägig ist hierfür sowohl der materielle Gesichtspunkt, dass dieser Amtsträger den Subventionsgeber und damit gleichsam den Betrogenen repräsentiert (Wilts Prot. 7/2701), als auch die mehr formale Überlegung, dass dieser Amtsträger keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gegenüber dem Subventionsgeber macht, und zwar auch nicht durch seine Anweisung gegenüber der Kasse (Göhler Prot. 7/2700, 2701; Schmid S. 121 ff; auch RegE S. 26 f). Zum Teil wird angenommen, dass der entscheidungsbefugte Amtsträger bei Zusam38 menwirken mit dem Antragsteller durchaus (Mit-)Täter der Handlung nach Absatz 1 Nr. 1 sein könne (Göhler und Wilts Prot. 7/2702; vgl. auch unten Rdn. 105). Da insoweit eine volle Zurechnung der gegenseitigen Tatbeiträge erfolgt, scheint dies auf den ersten Blick zutreffend zu sein. Auch scheint für diese Annahme zu sprechen, dass die öffentlich-rechtliche Zurechnung des Amtsträgerhandelns aus der Sicht des Strafrechts, für welches (z.B. bei § 263) grundsätzlich bereits tatsächliche Verfügungsmacht ausreicht, letztlich eine Fiktion ist, die weder sprachlich noch begrifflich die Annahme ausschließt, es könne trotz fehlenden Irrtums des Amtsträgers der Staat um Leistungen „betrogen“ werden (Tiedemann Subventionskriminalität S. 323). Die bloße Tatsache, dass der Amtsträger die Unwahrheit der Angaben erkennt und gleichwohl zugunsten des Antragstellers entscheidet,27 würde allerdings eine derartige (Mit-)Täterschaft wegen Subventionsbetruges noch nicht begründen. Jedoch widerspricht der Annahme von Mittäterschaft auch in den Fällen kollusiven Zusammenwirkens, dass Mittäter nur sein kann, wer als tauglicher Täter in Frage kommt (vgl. nur Lackner/Kühl § 25 Rdn. 9). Da dies für den entscheidungsbefugten Amtsträger ausscheidet (oben Rdn. 37), kann er nach richtiger Ansicht überhaupt nur als Anstifter oder Gehilfe zu § 264 strafbar sein (ebenso Schmid S. 128 f). – Zur (Allein-)Täterschaft des nur vorprüfenden Amtswalters näher unten Rdn. 105.

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2. Absatz 7 Nr. 1 definiert die nationale Subvention als Leistung, die auf bundesoder landesrechtlicher Grundlage aus öffentlichen Mitteln an Betriebe oder Unternehmen wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird. Infolge des hinzutretenden Erfordernisses, dass die Leistung wenigstens teilweise der Wirtschaftsförderung dienen soll (Absatz 7 Nr. 1b), ergibt sich inmitten der Vielfalt der Begriffsbestimmungen der Wirtschaftswissenschaften, des Staats- und Verwaltungsrechts sowie der Finanzwirtschaft 28 eine unter strafrechtlichen Gesichtspunkten hinreichend bestimmte Umschreibung des intendierten Schutzbereiches. Diese „materielle“ Definition ist insbesondere im Vergleich zu dem abweichenden Vorschlag des RegE mit seiner formalisierten Verweisungstechnik – § 264 sollte nur anwendbar sein, wenn die Leistung ausdrücklich „durch Gesetz als Subvention im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet“ worden ist – sachgerecht und dient der Verwirklichung einer von Interessengruppen nicht korrigierten Gleichmäßigkeit des Strafrechtsschutzes. Zuzugeben ist, dass die Erkennbarkeit der Zugehörigkeit einer Subvention zu diesem besonderen Schutzbereich durch eine entsprechend for-

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Dazu etwa Fall Nr. 1 bei Tiedemann Subventionskriminalität S. 49 ff. Übersichten bei Bleckmann Verh. 55. DJT

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Bd. I S. D 8 ff; Eberle S. 23 ff; Tiedemann Subventionskriminalität S. 22 ff; auch RegE Begr. S. 22.

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melle, nämlich ausdrückliche, gesetzliche Bezeichnung gesteigert und auf diese Weise dem Gebot des Art. 103 Abs. 2 GG besser Rechnung getragen worden wäre (aA Wohlers MK Rdn. 33). Die Spannung von Gleichheit und Bestimmtheit ist dem (Wirtschafts-) Strafrecht aber auch sonst eigen und unter sozialstaatlichen Gesichtspunkten in rechtsstaatlich vertretbarer Weise durchaus zugunsten der Gleichheit lösbar (zutr. Samson SK4 Rdn. 26), zumal die Gleichheit zur Gesetzesbestimmtheit auch innere Verwandtschaft aufweist.29 – Für Leistungen aus EU-Mitteln verzichtet dagegen Absatz 7 Nr. 2 sowohl auf das Erfordernis der Wirtschaftsförderung als auch auf die Beschränkung des Empfängerkreises (unstr., Wohlers MK Rdn. 34, 47 und 59 mit Nachw.). Dadurch werden EU-Subventionen strafrechtlich besser geschützt als nationale. a) Mit der gesetzgeberischen Entscheidung für einen materiellen Subventionsbegriff ist 40 im Einzelnen zunächst zum Ausdruck gebracht, dass es auf die außerstrafrechtliche Wortwahl nicht ankommt (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 12 und Wohlers MK Rdn. 33 m.w.N.). In der Subventionierungspraxis sind Bezeichnungen wie Beihilfe, Beitrag, Erstattung, Finanzhilfe, Prämie, Strukturhilfe, Unterstützung, Zuschuss, Zuwendung u.a.m. üblich (Tiedemann Subventionskriminalität S. 16 mit Nachw.). Das offenbar affektbeladene (oder doch weithin so empfundene) Wort „Subvention“ wird in dieser Praxis eher vermieden. Insbesondere spricht § 12 StabG von „Finanzhilfen“ und Art. 107 AEUV von „Beihilfen gleich welcher Art“; § 6 MOG erwähnt „Erstattungen“, „Prämien“ und „Beihilfen“. Derartige Bezeichnungen können im Hinblick auf § 264 allenfalls Indizcharakter haben, wobei vor allem „Vergütungen“ und „Erstattungen“ die Grenze zu steuerlichen Vergünstigungen (z.B. Mehrwertsteuererstattung, Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung) verwischen. b) Es bedarf daher der Hervorhebung, dass § 264 nur sog. direkte Subventionen be- 41 trifft, während die meist verdeckt (indirekt) gewährten Steuervergünstigungen („Verschonungssubventionen“), vor allem in der Form der Steuererleichterung, der Tarifermäßigung, der Abschreibungsvergünstigung und des Zinsverzichts, von vornherein aus seinem Anwendungsbereich ausscheiden.30 Die damit erforderliche Unterscheidung von direkten und indirekten (steuerlichen) Subventionen ist grundsätzlich nach der Form der Unterstützung, nämlich nach der Vergabetechnik, vorzunehmen (zust. Hoyer SK Rdn. 23 und Saliger S/S/W Rdn. 7; ebenso Wohlers MK Rdn. 36), denn der wirtschaftliche Effekt von positiver Vermögensgewährung (durch Subventionen) und negativem Verzicht auf Vermögensminderung (durch Steuervorteile) ist im Ergebnis gleich (Tiedemann Subventionskriminalität S. 15, 19). Es kommt also vor allem darauf an, ob die Geldzahlung oder Freistellung von einer Leistungspflicht in einem Besteuerungsverfahren als Ergebnis einer Verrechnung mit der Steuer gewährt wird oder nicht (Sch/Schröder/Perron Rdn. 10). Die 29

Zustimmend Hoyer SK Rdn. 20. Rechtsvergleichend Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 192 f mit Nachw. – Für Verfassungsmäßigkeit des § 264 daher im Ergebnis zutreffend Hack S. 148 ff; Hellmann NK Rdn. 12; Hoyer aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 167; Sannwald S. 139 f; G. Schmidt GA 1979 121 ff; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 3; Wohlers MK Rdn. 33; aA Detzner S. 57 ff; Löwer JZ 1979 625; Samson SK4 Rdn. 34 ff.

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Bericht Sonderausschuss S. 11 f, der aber wohl mehr einer Konkurrenzlösung zuneigt; ebenso wohl Göhler Prot. 7/2718 und Otto BT § 61, 11; wie hier dagegen Eberle S. 62; Eisele BT II Rdn. 686; Fischer Rdn. 7; GarzHolzmann S. 139; Gössel BT 2 S. 462; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 68; Hellmann NK Rdn. 17; Hoyer SK Rdn. 22; Mitsch BT 2 § 3, 46; Rengier BT I § 17, 4; Saliger S/S/W Rdn. 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; Wohlers MK Rdn. 36.

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von Lackner/Kühl (Rdn. 5) im Anschluss an Bericht Sonderausschuss S. 11 und in Übereinstimmung mit Perron aaO gewählte Formel, dass die Leistung „aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften“ erbracht wird, präzisiert die Abgrenzung weiter (krit. aber Fuhrhop NJW 1980 1263) und dürfte zwar meist auf dieselben Ergebnisse hinauslaufen, ist aber in Grenzfällen genauer und daher vorzugswürdig. Da der Gesetzgeber überhaupt die Kompetenzabgrenzung von Finanzbehörde und Staatsanwaltschaft auf dem Gebiet der Strafverfolgung nicht tangieren wollte (Prot. 7/2718) und § 264 im Verhältnis zum Steuerstrafrecht als bloße Ergänzung für die Fälle angesehen wurde, in denen nicht bereits die steuerstrafrechtlichen Tatbestände eingreifen (Bericht Sonderausschuss S. 11), bleibt schließlich im Zweifel die historische Abgrenzung von Steuerstraftat und Betrug auch für das Verhältnis von Steuerstraftat und § 264 maßgebend, soweit ausdrückliche gesetzgeberische Klarstellungen fehlen (Übersicht zu diesen bei Sannwald S. 94, 100; vgl. auch sogleich Rdn. 42). Insbesondere stellt damit die Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung (Umsatzsteuer42 vergütung) nach der schon zur RAO entstandenen h.M.31 grundsätzlich eine steuerliche Leistung dar (vgl. jetzt § 370 Absatz 4 S. 2 AO 1977; BGHSt 36 100, 102 ff zur Vorsteuererstattung; ausführlich zu einer früheren Einschränkung Tiedemann Subventionskriminalität S. 273 f m.w.N.: Behandlung „wie“ eine Subventionserschleichung, wenn überhaupt keine Exporte getätigt wurden und damit auch wirtschaftlich gesehen keine Vorbelastung entstanden war, die auszugleichen wäre). Dagegen waren die Investitionszulagen nach § 19 BerlinförderungsG 1990 der Form nach eine direkte Subvention, auch wenn sie als staatlicher Zuschuss (zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten der zum Anlagevermögen Westberliner Betriebe gehörenden beweglichen Wirtschaftsgüter) vom Finanzamt aus den Einnahmen an Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer gewährt wurden;32 für sie galt gem. § 20 BerlinförderungsG § 264.33 Für die sonstigen Investitionszulagen ergibt sich die Anwendbarkeit des § 264 ebenfalls ausdrücklich aus der Verfahrensrechtsvorschrift des InvestitionszulagenG 2010 (unten Rdn. 68). Die kriminelle Ausnutzung der Abschreibungsmöglichkeiten nach § 14 BerlinförderungsG durch Herbeiführung zu hoher Verlustbescheinigungen war dagegen wiederum Steuerstraftat (Sch/ Schröder/Perron Rdn. 10; zum früheren Recht ebenso Tiedemann Subventionskriminalität S. 253), die übrigens häufig mit Betrug und Untreue gegenüber den Gesellschaftern (Kommanditisten) und nicht selten auch mit Subventionsbetrug (z.B. Erschleichung von Investitionszulagen oder Realförderung) einherging (Garz-Holzmann S. 69 ff, 110 ff). Der Aufwertungsausgleich nach dem früheren AufwertungsausgleichsG war ebenfalls eine steuerrechtliche Leistung, deren Erschleichung nicht unter § 264 fiel, obwohl es auch hier um direkte Geldzahlungen ging (Carlsen AgrarR 1978 268; Perron aaO).

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c) Für das Vorliegen einer Subvention im Sinne des § 264 ist nach Absatz 7 (Nr. 1) sodann erforderlich, dass die (geldwerte) Leistung des Subventionsgebers aus öffentlichen Mitteln gewährt wird. Da Subventionspolitik Teil der (öffentlichen) Wirtschafts-

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32

BGH NJW 1962 2311; Franzen/Gast Steuerstrafrecht mit Ordnungswidrigkeiten1 (1965) § 392 Rdn. 34, 114, 176; Kohlmann Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht einschließlich Verfahrensrecht 2 (1978) § 370 Rdn. 192 m.w.N. Ebenso (und zustimmend) Fischer Rdn. 9, Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 sowie Wohlers

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MK Rdn. 36. Allgemein zum subventiven Charakter der Investitionszulage K. Vogel FS Ipsen (1997) 542, 544 ff. Vgl. auch Eberle S. 61; Fuhrhop NJW 1980 1264; Garz-Holzmann S. 130 ff; Sannwald S. 94, 99 f; Sch/Schröder/Perron. Rdn. 10 m.w.N.

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politik ist, sind Subjekte (Geber) der Subventionierung notwendigerweise die Träger öffentlicher Finanzwirtschaften. Es kommen somit vor allem die öffentlichen Haushalte in Betracht, also die Haushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie zwischenstaatlicher Einrichtungen einschließlich der Sondervermögen dieser Träger. Aktuelle Beispiele sind der Deutschlandfonds zur Unterstützung von Unternehmen, die durch die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise notleidend geworden sind, und der Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin zugunsten von Banken aus demselben Anlass. Ausgeschieden werden vor allem die eigenen Mittel privatrechtlicher Einrichtungen, auch wenn diese als gemeinnützig anerkannt sind oder von der öffentlichen Hand unterstützt werden; leisten derartige Einrichtungen aber für Rechnung der öffentlichen Hand oder reichen sie öffentliche Mittel (Fremdmittel) aus, so ist § 264 anwendbar (zur Abgrenzung vgl. auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 26). Darüber hinaus sollen aber durch § 264 auch solche Leistungen erfasst werden, die nur mittelbar aus einem öffentlichen Haushalt stammen (z.B. Abgabe verbilligter Ware zu bestimmten Verwendungszwecken), sowie solche privaten Leistungen, die von Unternehmen und Betrieben aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung in einem besonderen Fonds aufgebracht und zur Förderung näher bezeichneter Zwecke in einzelnen Bereichen (z.B. Investitionshilfe, Mühlenstilllegung, Schiffsabwrackung, Schrottausgleich innerhalb der Montanunion) gewährt werden.34 Wenn der RegE (S. 27) insbesondere die letzteren, ebenfalls nur mittelbaren und in der Praxis durchaus bedeutsamen Subventionen in den Strafschutz einbezieht, so ist dies sicher der Sache nach zutreffend und entspricht der Intention des Straftatbestandes, sind doch bei derartigen staatlich erzwungenen oder angeregten Unterstützungsleistungen durch Ausgleichseinrichtungen der Privatwirtschaft ähnliche Missbrauchsmöglichkeiten wie bei einer unmittelbar staatlich durchgeführten Subventionierung gegeben (übereinstimmend, aber klarer formuliert, § 201 Abs. 5 AE: „Jede aus öffentlichen Mitteln erbrachte oder öffentlich-rechtlich geregelte Leistung“). Ob jedoch mit dem RegE (aaO) wegen der öffentlich-rechtlichen Pflicht der privaten Unternehmen zur Leistung die derart aufgebrachten Fonds als „Ansammlung von öffentlichen Mitteln“ angesehen werden können, erscheint durchaus zweifelhaft35 und wäre unter finanzrechtlichen Aspekten eher zu verneinen. Die ausweitende bzw. berichtigende Auslegung der h.M. dürfte aber mit dem Wortlaut noch zu vereinbaren sein, da das Wort „öffentlich“ keinen feststehenden, vielmehr einen funktionsgemäß wechselnden Sinn hat und die Einbeziehung der hier in Rede stehenden Erscheinungen in den Subventionsbegriff auch sonst üblich ist.36 Zutreffend weist Sannwald S. 89 ff darauf hin, dass die in Frage stehenden Sonderfonds häufig als Anstalten des öffentlichen Rechts oder als rechtsfähige Sondervermögen organisiert oder ihre Mittel in einem Staatshaushalt ausgewiesen sind (für diese Fälle im Sinne der h.M. auch Saliger S/S/W Rdn. 8); die ausweitende Auslegung wird folglich nur für die sonstigen Konstellationen relevant. Wirtschaftssubventionen sind daher die den Arbeitgebern des Baugewerbes gewährten Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der sog. produktiven Winterbauförderung, auch wenn diese durch eine von den Arbeitgebern erbrachte Umlage (§ 354

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RegE S. 27; Fischer Rdn. 7; Göhler/Wilts DB 1976 1612; Hoyer SK Rdn. 24; Lackner/Kühl Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; aA Wohlers MK Rdn. 33 m.w.N. Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 9; Eberle S. 51 ff; Heinz GA 1977 211; Saliger S/S/W Rdn. 8; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8;

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Tiedemann ZStW 87 (1975) 261; differenzierend Sannwald S. 89 f. Götz Das Recht der Wirtschaftssubventionen (1966) S. 65; Meinhold HDSW Bd. 10 S. 238; Tiedemann Subventionskriminalität S. 18, 25 f m.w.N.

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SGB III) finanziert wird (zust. Wohlers MK Rdn. 40); die Umlage stellt als Sonderabgabe nicht etwa eine „marktmäßige Gegenleistung“ i.S.d. Absatzes 7 Nr. 1 dar (vgl. unten Rdn. 47 ff).

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d) Die zusätzliche Voraussetzung, dass sich die Leistungsgewährung bei Absatz 7 Nr. 1 auf eine bundes- oder landesrechtliche Rechtsgrundlage stützt, ist weit zu verstehen (zust. Wohlers MK Rdn. 41 mit Nachw.). Der Strafgesetzgeber wollte hier nicht den Streit darüber entscheiden, ob Subventionen ebenso wie hoheitliche Eingriffe in die Freiheitssphäre einer Ermächtigungsgrundlage bedürfen. (Unzweifelhaft besteht nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes dieses Erfordernis für die Begründung der oben Rdn. 43 erwähnten privatwirtschaftlichen Ausgleichseinrichtungen und der entsprechenden Leistungspflichten privater Wirtschaftsunternehmen.) Als Rechtsgrundlage reichen daher auch lediglich formellgesetzliche Festlegungen, 45 insbesondere ein globaler Ansatz in dem durch Haushaltsgesetz festgestellten Haushaltsplan aus, und zwar auch für die durch Haushaltsansatz der Gemeinden und Gemeindeverbände (und damit landesrechtlich) ausgewiesenen Subventionen.37 Jedoch ist für die Einbeziehung der Subvention in den Strafschutz des § 264 Abs. 7 Nr. 1 stets ihre Rückführbarkeit auf formelles oder materielles Bundes- oder Landesrecht erforderlich (und ausreichend). Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, welche Stelle (z.B. ein privatrechtliches Kreditinstitut) die Subvention ausreicht oder vermittelt (zust. Sch/Schröder/ Perron Rdn. 8). Dies ergibt sich aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche die verwaltungsrechtliche Einordnung teilweise korrigiert (zutr. Sannwald S. 102 ff, der folgerichtig aus ERP-Mitteln gewährte Refinanzierungsdarlehen ausgrenzt, da Darlehensgeber und Risikoträger insoweit die Hausbank ist). Eine gesetzliche Regelung fehlt bei den in der EU-Praxis verbreiteten Vertragssubven46 tionen, die zwar unter Absatz 7 Nr. 2 fallen, aber durch Absatz 8 von der Anwendung des Absatzes 1 Nrn. 1, 3 und 4 ausgeschlossen werden (Rdn. 17 und 70). Die Erschleichung solcher Subventionen ist daher nur nach § 263 (oder § 265b) strafbar.

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e) Des weiteren wird die Subvention dadurch gekennzeichnet, dass sie ganz oder teil weise ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird, nämlich als Leistung, welche „auf dem in Frage stehenden Markt in dieser Weise nicht erhältlich wäre“ (Tagungsberichte der Sachverständigenkommission Bd. IV S. 137). Durch die Verweisung auf den Vergleich mit dem marktmäßigen Leistungsaustausch entschärft die Legaldefinition den weitläufigen theoretischen Streit insbesondere der Verwaltungsrechtslehre um den Begriff der Gegenleistung bei der Subvention und verwirft auch die im öffentlichen Recht diskutierte Ersetzung der Gegenleistung durch die Verwirklichung der vom Subventionsgeber (bzw. vom Gesetzgeber) angestrebten Zwecke oder durch einen „Kooperationsbeitrag“ des Subventionsnehmers.38 „Marktmäßig“ bedeutet „marktüblich“ (Rdn. 49; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 19). Hauptform der Subvention ist damit der verlorene Zuschuss, bei dem eine Geld- oder 48 geldwerte Leistung ohne Verpflichtung des Empfängers zur Rückzahlung erbracht wird. 37

Bericht Sonderausschuss S. 10; Eberle S. 46; Fischer Rdn. 8 Göhler Prot. 7/2717; Hoyer SK Rdn. 29; Lackner/Kühl Rdn. 5; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; Otto BT § 61 II 2a bb; Sannwald S. 106 f; Wohlers MK Rdn. 41 m.w.N.

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BGHR § 264 Abs. 1 Nr. 1 Subvention 1; Eberle S. 77 f; Fischer Rdn. 9; Lackner/Kühl Rdn. 6; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; Sannwald S. 113 f; aA Hack S. 55; Hoyer SK Rdn. 25.

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Eine Gegenleistung im rechtlich relevanten Sinne fehlt hier ganz. Der verlorene Zuschuss wird daher nicht selten als die Subvention schlechthin angesehen. Er findet sich vor allem dort, wo es nicht um die individuelle Prüfung und Lenkung der Empfängerbelange, sondern um Unterstützung eines großen Personenkreises geht (z.B. agrarpolitische Erstattungen nach EU-Recht; zust. BGH NStZ 1990 35 f mit Nachw. – Ausfuhrerstattung für Rindfleisch). Schwieriger ist die Subventionseigenschaft bei solchen Leistungen zu bestimmen, die 49 jedenfalls mit einer gewissen (teilweisen) Gegenleistung verknüpft sind (sog. verdeckte Subventionen). Hier muss der Vergleich mit dem Markt dartun, ob die Leistung zu einem – wenn auch geringen – Teil, der aber immerhin von einer gewissen Erheblichkeit sein muss, unentgeltlich ist, nämlich unter dem marktüblichen Preis erbracht wird (Otto BT § 61, 12; Wohlers MK Rdn. 44). Dies gilt insbesondere für die Kredithilfen, bei denen der Vergleich mit dem jeweiligen Kreditmarkt meist hinreichend eindeutig ergeben wird, ob die Leistung infolge einer Zinsverbilligung, eines Zinszuschusses (der aber häufig verlorener Zuschuss ist (!)) oder einer Stundung Subventionsfunktionen übernimmt (zust. Hoyer SK Rdn. 28 und Sannwald S. 123). Keine Subventionen sind z.B. aktuelle Rekapitalisierungsmaßnahmen für Banken nach dem SoFFin (Rdn. 43, vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 132a) sowie Unternehmenskredite des Deutschlandsfonds, da diese Kredite bis Ende 2010 zu marktmäßigen Bedingungen gewährt wurden (weil das Bankgewerbe seit der 2007 beginnenden Finanzkrise große Zurückhaltung bei der Kreditvergabe insbesondere an mittelständische Betriebe zeigte); vgl. aber auch Rdn. 50. Die Übernahme oder Absicherung besonderer Risiken kann allerdings auch bei äußerlich marktmäßiger Verzinsung einem Kredit subventiven Charakter verleihen (ebenso Wohlers MK Rdn. 45). Entsprechend ist vor allem für die volkswirtschaftlich wichtige mittelund langfristige Exportfinanzierung durch Gewährung zinsgünstiger Darlehen von seiten der Kreditanstalt für Wiederaufbau umstritten, ob es sich um eine Subventionierung der Exporteure handelt, vor allem wenn erst die staatliche Gewährübernahme (Kreditversicherung) die eigentliche Begünstigung darstellt und durch die Deckung von Lieferkrediten zugleich den Entwicklungsländern geholfen wird.39 Während der Entstehungsgeschichte des § 264 wurde die Frage diskutiert, ob die Übernahme der Deckung des Exportgeschäftes durch den Bund, vertreten durch die Hermes-Kreditversicherungs-AG, eine Subvention i.S.d. § 264 darstellt. Da die vom Bund für diese sog. Hermes-Garantien erlangten Gegenleistungen jedenfalls bis zum Jahre 1978 nicht nur kostendeckend, sondern gewinnbringend waren (Prot. 7/2717 f), soll nach dem Bericht des Sonderausschusses (S. 10) das Fehlen der Gegenleistung und damit das Vorliegen einer Subvention zu verneinen sein (ebenso Fischer Rdn. 9; Eberle S. 87; Sannwald S. 122 f m.w.N.). Bis Ende der 1990er Jahre wurden aber regelmäßig Defizite erwirtschaftet. Auf Grund der Rdn. 50 dargestellten Kriterien (hypothetischer Marktpreis und Kosten) kommen Koenig/Müller NStZ 2005 610 ff, 614 zu dem Ergebnis, dass die Hermes-Garantien „marktunüblich günstig“ und daher Subventionen i.S.d. § 264 sind. Dieses Beispiel zeigt die allgemeine Problematik der Behandlung von Bürgschaftsüber- 50 nahmen, Garantien und sonstigen Gewährleistungen, für die häufig außerhalb des zu beurteilenden Geschäftes kein Markt existiert. Hieraus zu folgern, dass angesichts des Wortlauts der Vorschrift § 264 von vornherein nicht eingreifen könne (so Samson SK4 Rdn. 31 und 32), hieße aber die allgemeinen Markt- und Preistheorien übersehen, wie sie 39

Vgl. Götz Das Recht der Wirtschaftssubventionen (1966) S. 200 f; Tiedemann Subventionskriminalität S. 278, je m.w.N.

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sich insbesondere im Kartell- und Preisordnungswidrigkeitenrecht niederschlagen (dazu Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 221 ff sowie Kartellrechtsverstöße und Strafrecht [1976] S. 142 ff mit Nachw.; zust. Eberle S. 85 f). Entsprechend diesen Regelungsmaterien kann dort, wo ein Markt tatsächlich fehlt, entweder auf die Kosten (so Bericht Sonderausschuss S. 10; Fischer Rdn. 9; Wohlers MK Rdn. 45) oder auf den hypothetischen Marktpreis eines fiktiven Vergleichsmarktes (Dreiss/Eitel-Dreiss S. 53 f; Göhler Prot. 7/2717; Hoyer SK Rdn. 27; Koenig/Müller NStZ 2005 613 f) abgestellt werden (zust. Saliger S/S/W Rdn. 10; krit. aber Detzner S. 101 ff) oder auch der hypothetische, marktwirtschaftlich handelnde Investor des EU-Beihilferechts herangezogen werden (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 132a mit Nachw.). Angesichts der vor allem aus dem Kartellrecht bekannten Schwierigkeiten bei der Ermittlung eines hypothetischen Marktpreises wird hier, soweit es an substituierbaren Parallelmärkten, Teilmärkten und ausländischen Vergleichsmärkten wirklich fehlt, um der Praktikabilität der Strafvorschrift willen grundsätzlich – trotz seines Widerspruches zum Marktkonzept – das Kostenprinzip zugrunde gelegt werden müssen (zust. Graßmück S. 13, Wassmann Rdn. 20 und Wohlers aaO). Jedoch ist zu beachten, dass damit bereits objektiv – und erst recht subjektiv für den Tätervorsatz – eine erhebliche Bandbreite zugunsten des Täters in Kauf genommen und Eindeutigkeit der Differenz von Leistung und Gegenleistung gefordert werden muss, da der eigentlich maßgebende (reale oder hypothetische) Marktpreis eben kein Kostenpreis ist.40 In diesem Sinne können Bürgschaften nach dem Wirtschaftsfonds Deutschland, die zu günstigeren als marktüblichen Bürgschaftsentgelten gewährt werden, Subventionen sein (Tiedemann aaO). – Auch bei der staatlichen Beteiligung an privaten Unternehmen sowie bei staatlicher Kapitalzufuhr zugunsten privater oder öffentlicher Unternehmen kann eine Subvention vorliegen, sofern diese Maßnahmen „zu Bedingungen erfolgen, die ein wirtschaftlich denkender Unternehmer so nicht auf sich nehmen würde, z.B. unter Verzicht auf Gewinnbeteiligung“ (Bullinger in Börner/Bullinger S. 180, der zutreffend auch die Schwierigkeiten dieser Abgrenzung nach dem „private investor test“ des EuGH hervorhebt; gegen ihn freilich Eberle S. 84; zust. dagegen Wohlers MK Rdn. 46). Dagegen sind die sog. Interventionen im Agrarbereich (Verpflichtung des Staates zum Ankauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse) keine Subventionen, da (und auch wenn) die Marktmacht des Staates insoweit den Marktpreis dem Interventionspreis anpasst (Sannwald S. 120 f mit Nachw.; aA Dieblich S. 110 ff). Bei der von den Interventionsstellen ebenfalls geförderten privaten Einlagerung von Agrarprodukten zwecks (zeitweiser) Marktentlastung ist die Lagerbeihilfe zur Deckung der Lagerkosten grundsätzlich eine marktmäßige Gegenleistung, da auch außerhalb des Vergleichsmaßstabes sonstiger Lagermärkte über das (vorgeschriebene oder mögliche) Ausschreibungsverfahren ein Markt gebildet wird (oder werden kann) und der Vertrag mit der Interventionsstelle ein Austauschverhältnis begründet (Heitzer S. 58, 168; aA Dieblich S. 116 ff). § 264 findet also dann Anwendung, wenn die Beihilfe nicht die (marktmäßigen) Lagerkosten des (die Produkte selbst lagernden) Händlers oder Produzenten deckt; andernfalls greift nur § 263 ein (Tiedemann NJW 1990 2227). Weitere Beispiele aus dem Interventionsbereich Rdn. 69 und bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 132b.

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Dreiss/Eitel-Dreiss S. 53 f; Eberle S. 88; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 222 f m.w.N. Im Ergebnis ähnlich – und unter Hinweis auf Art. 103 Absatz 2 GG mit Anspruch auf

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Gültigkeit für den gesamten strafrechtlichen Subventionsbegriff – G. Schmidt GA 1979 141 f, der ein auffälliges Missverhältnis verlangt; ihm zustimmend Sannwald S. 119 f; dagegen Lackner/Kühl Rdn. 6.

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Bei den Realförderungen, insbesondere auf kommunaler Ebene, ist die Entscheidung 51 über den Subventionscharakter der Leistung eindeutig, wenn die Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf Kosten der Wirtschaftlichkeit vorgenommen wird (ebenso Fischer Rdn. 9) oder wenn Leistungen durch die öffentliche Hand an Private zwar gegen Entgelt, aber unter dem Marktpreis („verbilligt“) erbracht werden (z.B. Abgabe von Siedlungsland; Sondertarif für Wasser, Abwasserbeseitigung oder Energie; Privatisierungsaktionen Preussag, Volkswagenwerk und Veba). Die damit insbesondere von den Gemeinden angestrebte Stärkung ihrer Steuer- und Wirtschaftskraft hat für die Ermittlung des Vorliegens einer (vollwertigen) Gegenleistung außer Betracht zu bleiben. Eine problematische „Grenz- und Gemengelage“ kann sich schließlich bei den sog. 52 Schadenssubventionen, nämlich in den Fällen öffentlich-rechtlicher Entschädigung bzw. entschädigungsähnlicher Leistungen ergeben (dazu vor allem Götz Bekämpfung S. 53 ff sowie Prot. 7/2500). Es kann etwa eine indirekte Subvention in Gestalt von Zollschutz durch eine direkte Subvention ersetzt werden (vgl. den Fall BGHZ 45, 83: KnäckebrotHersteller), oder es können nach schädigenden Eingriffen Ausgleichsmaßnahmen mit entschädigungsartigen Zügen getroffen werden. Soll die Entscheidung über den Subventionscharakter der Leistungen in diesem Bereich nicht völlig willkürlich werden, so muss sowohl die subjektive Sicht des Betroffenen als auch die Tendenz zur Einbeziehung des Zweckes der Leistung in die Bestimmung des Geldwertes des Leistungsverhältnisses ausscheiden. Die Subventionseigenschaft der Leistung entfällt hier daher nur dann, wenn der Entschädigungscharakter der Leistung so sehr überwiegt, dass es sich quasi um die Erfüllung eines Anspruches (auf Entschädigung, z.B. aus enteignungsgleichem Eingriff) handelt (im Erg. ebenso Sannwald S. 115). Dadurch, dass dem Destinatär ein gesetzlicher Anspruch auf die Leistung eingeräumt wird, verliert diese aber nicht ihren subventiven Charakter (aA Hoyer SK Rdn. 22). Entschädigungen auf Grund von Rechtsverletzungen, die von Behörden verursacht wurden, sind dagegen keine Subventionen. Bei Beantwortung der Frage, ob bei Erbringung einer öffentlichen Leistung unter dem 53 Marktpreis (oder dem fiktiven Marktpreis) eine Subvention (mit Sonderunterstützungscharakter) vorliegt, ist darauf abzustellen, dass der unentgeltliche Anteil eindeutig vorliegt (Rdn. 50; Lackner/Kühl Rdn. 6; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; auch Saliger S/S/W Rdn. 9. Noch enger fordern Sannwald (S. 119 f) und Schmidt (GA 1979 140 f) ein „auffälliges Missverhältnis“. – Eine weitere Frage ist es, ob die gesamte öffentliche Leistung oder nur die Differenz zwischen ihr und dem Marktpreis als Subvention anzusehen ist (vgl. Zacher VVDStRL H. 25 [1967] 330 f mit Nachw.) oder ob – im Sinne der Kreditsubventionspraxis – hier mit „Subventionswerten“ zu rechnen ist, die sich aus zahlreichen mathematischen Einzelfaktoren ergeben und zwischen der Gesamtleistung und der reinen Differenz liegen. Für die Strafzumessung (unten Rdn. 162) sollte entsprechend der BGH-Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht (JZ 1975 183 mit Anm. Tiedemann) darauf abgestellt werden, dass der Vorsatz des Täters hier nur auf Erlangung der Differenz gerichtet und daher diese maßgebend ist. f) Als Empfänger (Destinatäre) der Subvention kommen bei Absatz 7 Nr. 1 nur 54 Unternehmen und (oder) Betriebe in Betracht. Es scheiden somit kraft ausdrücklicher Regelung des Gesetzes und in weitgehender Übereinstimmung mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Subventionsverständnis, das freilich auf einer anderen Grundlage beruht (Tiedemann Subventionskriminalität S. 22), die privaten Haushalte aus. Auf diese Weise werden zwingend vor allem die sog. Sozialsubventionen, deren Empfänger die unterstützungsbedürftige Einzelperson (Arbeitsloser, Sparer, für eine kinderreiche Familie Unterhaltspflichtiger usw.) ist, aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes ausgeschlossen,

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auch wenn diese Subventionen teilweise zugleich der Wirtschaftsförderung dienen sollen (Bericht Sonderausschuss S. 12; Sch/Schröder/Perron Rdn. 21): § 264 Absatz 7 Nr. 1 meint nur Subventionen, die ausschließlich für Betriebe und Unternehmen bestimmt sind (Kindhäuser Rdn. 8; Perron aaO); daher scheiden Existenzgründungsdarlehen ebenso aus (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136; aA BGH wistra 2010 100 ff mit Anm. Bittmann) wie Verschrottungsprämien für Eigentümer alter Autos bei Kauf eines Neuwagens im Jahre 2009 (Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 485). Dagegen erfasst Absatz 7 Nr. 2 unstreitig auch subventive Leistungen an Private und ohne Wirtschaftsförderungszweck (vgl. nur Perron aaO Rdn. 26; Wohlers MK Rdn. 47 m.w.N.). Allerdings ist es – insoweit entgegen der wirtschaftswissenschaftlichen Begriffsbestim55 mung – für Absatz 7 Nr. 1 nicht erforderlich, dass die Zuwendung an ein Unternehmen der Erwerbswirtschaft erfolgt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 22 mit Nachw.). Entsprechend dem weiten Unternehmens- und Betriebsbegriff der §§ 11 Abs. 1 Nr. 4b, 14 Abs. 2 zählen zu den Unternehmen und Betrieben vielmehr auch Krankenhäuser, Theater, Forschungseinrichtungen und die sog. Freien Berufe (Arzt-, Anwaltspraxis usw.; vgl. aber auch unten Rdn. 63!) sowie Unternehmen und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und der (sonstigen) Urproduktion (zust. Graßmück S. 14). Ausreichend ist jede auf eine gewisse Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von sächlichen und persönlichen Mitteln mit dem Zweck der Hervorbringung von Gütern oder Leistungen materieller oder immaterieller Art (Schünemann LK § 14 Rdn. 56 f). Es ist weder die Absicht der Gewinnerzielung noch die Teilnahme am Wettbewerb erforderlich (zust. Fischer Rdn. 11): Auch karitative Unternehmen und Monopolisten, die keinem Wettbewerb ausgesetzt sind, können Unternehmen sein (vgl. Wohlers MK Rdn. 60 mit Nachw.; auch BGHZ 36 91, 102 ff: Sozialversicherungsträger). Dasselbe gilt für Fördervereine e.V. (BGH NJW 2003 2179, 2181). Öffentliche Unternehmen sind den Unternehmen und Betrieben gem. Absatz 7 S. 2 56 ausdrücklich gleichgestellt (vgl. auch § 130 Abs. 2 OWiG), da Unternehmen der öffentlichen Hand häufig – z.B. im Bereich der Daseinsvorsorge (kommunale Verkehrsbetriebe, Gas- und Elektrizitätswerke, Wohnungsbaugesellschaften usw.) – nach denselben Grundsätzen sowie in denselben Rechtsformen geführt werden wie private Unternehmen und mit diesen nicht selten in Konkurrenz stehen. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob das Unternehmen in privatrechtlicher oder als Eigenbetrieb (Regiebetrieb) in öffentlichrechtlicher Form betrieben wird.41 Zutreffend heben Sch/Schröder/Perron (Rdn. 23) hierzu aber hervor, dass die vom Gesetzgeber nur für die öffentlichen Unternehmen ausgesprochene Gleichstellung selbstverständlich auch für öffentliche Betriebe gelten muss, zumal der Strafgesetzgeber keinen scharfen Unterschied zwischen Unternehmen und Betrieben kennt (zust. Eberle S. 67 f, Fischer Rdn. 11, Hoyer SK Rdn. 31, Sannwald S. 129 und Wohlers MK Rdn. 63). Erfasst werden daher alle von der öffentlichen Hand getragenen Einrichtungen, mit denen diese als Erzeuger oder Verteiler von Gütern (oder sonstigen Leistungen) am Wirtschaftsleben teilnimmt. Ausgeschlossen sind damit neben der Tätigkeit von Behörden vor allem die Zuweisung von Finanzmitteln an Stellen der Hoheitsverwaltung (zust. Rengier BT I § 17, 4 mit Nachw.) und insbesondere die Finanzzuweisungen an Länder und Gemeinden (Bericht Sonderausschuss S. 12; Eberle aaO; Sannwald aaO). Da der Unternehmensbegriff in seiner besonderen, im Aktien- und Kartellrecht wiederkehrenden Weite letztlich nur eine irgendwie organisierte Beteiligung an

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Bericht Sonderausschuss S. 12; Eberle S. 68; Fischer Rdn. 11; Hoyer SK Rdn. 31; Lack-

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ner/Kühl Rdn. 8; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23; Wohlers MK Rdn. 62 m.w.N.

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der Erzeugung oder Verteilung von Gütern und Leistungen voraussetzt, kann ganz allgemein auch der Staat als Unternehmen auftreten (vgl. hier nur BGHZ 69 334 [ff]; Lührs wistra 1999 93). Die Frage hat u. a. auch Bedeutung für die Erschleichung von Entwicklungshilfe, sofern diese – in der Form der Technischen Hilfe oder der Darlehensgewährung – nicht an einzelne Unternehmer, sondern an ausländische Staaten geleistet wird (näher dazu Tiedemann Subventionskriminalität S. 279 ff). Trotz der völkerrechtlichen Implikationen in diesem Sonderfall der Erschleichung von Entwicklungshilfe dürfte es der neueren Tendenz des Wirtschaftsrechts entsprechen, die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand bei entsprechender Organisiertheit zum Zwecke der Güterproduktion oder der Leistungserbringung (z. B. Kreditgewährung in Form der Bürgschaftsübernahme, vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 28) als unternehmerische Tätigkeit anzusehen. Bedenken aus der Wortlaut-Grenze ergeben sich für die strafrechtliche Auslegung nicht, auch wenn eine ausdrückliche Regelung im Gesetz gegenüber den Unsicherheiten der Auslegung vorzugswürdig wäre. Es können daher im Einzelfall durchaus auch Gemeinden, Gemeindeverbände und Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Wasser- und Bodenverbände, Forstbetriebsverbände) als Unternehmen begriffen werden (zust. Sannwald S. 129; aA Carlsen AgrarR 1978, 269; Kindhäuser Rdn. 8 m.w.N.), und zwar nicht so sehr deshalb, weil sie auch die Individualinteressen der angeschlossenen Mitglieder repräsentieren oder sich „wie“ vergleichbare private Unternehmen gerieren. Vielmehr kann eine unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand auch dann vorliegen, wenn eine vergleichbare privatwirtschaftliche Tätigkeit fehlt oder sogar ausgeschlossen ist. Wie § 9 Abs. 2 Satz 3 OWiG für eine andere Fallgestaltung zeigt, ist die Einordnung insgesamt funktional vorzunehmen. Festzuhalten bleibt daher, dass der Staat als solcher nicht schlechthin einem (Wirtschafts-)Unternehmen gleichzustellen ist, so dass insbesondere die Empfangnahme von Kreditsubventionen durch Staaten (oder ihre Untergliederungen) nicht ohne weiteres die Anwendung des § 264 eröffnen kann. Die Erschleichung von Entwicklungshilfe durch Organe fremder Staaten wird somit regelmäßig ebenso wie eine etwaige Erschleichung von Subventionen durch Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts nur unter den Voraussetzungen des § 263 strafbar sein. Übrigens können die zahlreichen öffentlich-rechtlichen Bundesämter und Behörden von vornherein nicht in § 264 einbezogen werden (zutr. Dreiss/Eitel-Dreiss S. 59). Daneben verdient Beachtung, dass der haushaltsmäßige Ausgleich eines defizitären öffentlichen Unternehmens keine Sonderunterstützung (und damit keine Subvention) darstellt und dass zahlreiche (insbesondere landwirtschaftliche) Verbände die Leistungen mit der Auflage der Weiterleitung oder Verrechnung erhalten und daher ebenfalls schon aus anderen Gründen aus dem Täterkreis des § 264 ausscheiden (dazu sogleich Rdn. 57). In dem (schmalen) verbleibenden Bereich vermag § 264 aber einzugreifen. Abgrenzungsschwierigkeiten können auch die Fälle der Subventionsvermittlung berei- 57 ten. Diese Schwierigkeiten folgen daraus, dass Subventionen vielfach nicht oder nicht nur den unmittelbaren Empfänger begünstigen sollen. Oft ist das Unternehmen oder der Betrieb nur technisch in die Subventionierung eingeschaltet, um ohne eigene Verwendungsbefugnis die Subvention weiterzureichen, z.B. beim Wintergeld (§ 354 SGB III), das für die Arbeitnehmer des Baugewerbes an den Arbeitgeber auf dessen Antrag hin ausgezahlt wird (vgl. §§ 209 SGB III); dann ist das Unternehmen bzw. der Betrieb nicht Subventionsempfänger (ebenso im Erg. BGH bei Holtz MDR 1981 268; zust. Wohlers MK Rdn. 61 m.w.N.; aA Eberle S. 69 ff). Zweifelhaft und umstritten ist die Einordnung des technisch ebenso gewährten Kurzarbeitergelds (§§ 169 ff SGB III), das zwar unmittelbar soziale Zwecke, mittelbar aber auch den Zweck des Erhalts der Unternehmen und der

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Arbeitsplätze verfolgt, wie die gesetzliche Ausgestaltung in der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 zeigt (Gaede/Leydecker NJW 2009 3545 f mit Nachw.). Der letztere Zweck dürfte im Sinne von unten Rdn. 67 normativ gewollt und nicht nur faktisch erzielt sein (zw. Fischer Rdn. 11). Nach wirtschaftswissenschaftlicher Einschätzung von Ende Januar 201141a hat die in der Krise ausgeweitete und für die Unternehmen attraktiver gestaltete Gewährung von Kurzarbeitergeld einen erheblichen Anteil an der schnellen Überwindung der Krise gehabt, nämlich ca. 400 000 Arbeitsplätze gesichert. Insbesondere bei Preissubventionen wird der Zuschuss häufig bestimmten Unterneh58 men und Betrieben in der Erwartung gewährt, dass diese die sich aus der Einkommensmehrung ergebenden Vorteile an ihre Marktpartner (Erzeuger oder Konsumenten) weitergeben. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Anfang der 50er Jahre durchgeführte Konsumbrotsubventionierung, mit der an die Mühlen und Bäcker Zuschüsse gezahlt wurden, um die Konsumbrotmehltypen zu verbilligen und dem Verbraucher auf diese Weise trotz Steigens der Weltmarktpreise für Getreide ein hochwertiges und gleichwohl preisgünstiges Brot zur Verfügung stellen zu können.42 Entsprechend sollen heute zahlreiche Subventionen für Agrarprodukte den Erzeugern dadurch zugute kommen, dass die Zuschüsse an die Händler- oder Verarbeiterstufe ausgezahlt werden. Hier liegt eine Primärbegünstigung der Zahlungsempfänger und folglich eine Subvention vor. Grenzfälle ergeben sich wiederum im Bereich der Entwicklungshilfe, wenn etwa an 59 einzelne Unternehmer (Investoren) für Rechnung des ausländischen Staates zinsgünstige Darlehen ausgezahlt werden (Tiedemann Subventionskriminalität S. 280). Im Einzelnen kann für die Abgrenzung und Einordnung auf § 265b Rdn. 26 verwiesen werden; das dort Ausgeführte gilt insoweit sinngemäß. § 264 greift schließlich auch ein, wenn die Existenz des Unternehmens oder Betriebes 60 nur vorgetäuscht wird. Obwohl eine dem § 265b Abs. 1 entsprechende ausdrückliche Klarstellung im Gesetz fehlt, ist bei Subventionen, die nach ihren normativen Voraussetzungen ausschließlich für Betriebe und Unternehmen bestimmt sind, die Existenz des Betriebes oder Unternehmens tauglicher Gegenstand einer Täuschungshandlung im Sinne des Absatzes 1 (zust. BGH NJW 2003 2179, 2181).43

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g) Stellt die Beschränkung auf Betriebe und Unternehmen als Destinatäre bei Absatz 7 Nr. 1 bereits eine gewichtige Eingrenzung des Subventionsbegriffs dar, so wird die endgültige Verengung dieses Begriffs im Rahmen von Nr. 1 durch das Erfordernis erreicht, dass die nationale Subvention wenigstens zum Teil zur Förderung der Wirtschaft bestimmt sein muss. Damit werden entgegen dem RegE eines § 2 Abs. 1 Satz 1 SubventionsG vor allem auch Leistungen zur Förderung von Forschung und Technologie sowie von kulturellen Einrichtungen ausgeschlossen. Allerdings reicht es nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte aus, dass der Zweck der Wirtschaftsförderung ein untergeordneter Zweck neben anderen Zwecken ist.44 Hieraus wird gefolgert, dass z.B. die finan-

41a 42

43

Vortrag von J. Möller (IAB) in Freiburg, zit. nach Bad. Zeitung v. 2.2.2011 S. 4. Zu dieser Aktion und ihrem Scheitern Pechtold in Hansmeyer, Subventionen in der Bundesrepublik Deutschland (1963) S. 33 ff. Ebenso Bericht Sonderausschuss S. 12; Eisele BT II Rdn. 688; Fischer Rdn. 11; Hellmann NK Rdn. 51; Hoyer SK Rdn. 32; Kindhäuser Rdn. 8; Sch/Schröder/Perron

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Rdn. 21; Sannwald S. 125; Wohlers MK Rdn. 61; aA Eberle S. 71 ff. Bericht Sonderausschuss S. 11; ebenso Fischer Rdn. 10; Gössel BT 2 S. 462; Hoyer SK Rdn. 34; Lackner/Kühl Rdn. 7; Otto BT § 61 II 2a dd; Sannwald S. 141; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 17 und 19; Wohlers MK Rdn. 50.

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zielle Unterstützung von Forschungsvorhaben dann als Subventionsleistung anzusehen ist, wenn es sich um marktnahe (wirtschaftsorientierte) Forschung handelt; dies soll insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Subvention davon abhängig ist, dass die subventionsempfangenden Wirtschaftskreise mit eigenen Mitteln Forschungsvorhaben (etwa zur Produktionsverbesserung) ausführen. Das Vorliegen einer Subvention wird dagegen verneint bei der Förderung der marktfernen („reinen“) Grundlagenforschung, die die Frage, welche Ergebnisse erzielt werden sowie wann und in welcher Form diese gegebenenfalls der Wirtschaft zugute kommen können, offen lässt.45 – Aus der Weite des Begriffes der Wirtschaft und aus der Einbeziehung auch untergeordneter Nebenzwecke in ihrer Abgrenzung zu lediglich faktischen Wirkungen ergeben sich eine Reihe von Unbestimmtheiten, die aber im Wege der Auslegung zu beheben sind: Der Begriff der Wirtschaft ist in seinem Umfang nicht etwa nach dem erklärten Motiv 62 des Gesetzgebers zu bestimmen, dass auf diesem Sektor – anders als bei den Sozialsubventionen – besondere Beweisschwierigkeiten (dazu Bericht Sonderausschuss S. 11) bestehen. Eine Abgrenzung in dieser Richtung müsste den jeweils zu entscheidenden Fall in einen kriminalistisch-kriminologischen Gesamtzusammenhang einordnen, der in dieser umfassenden Form bisher nicht erkennbar ist. Jedoch bleibt die Delinquenzphänomenologie, an der sich der Gesetzgeber bei seiner Suche nach einem sachgerechten Sondertatbestand entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichtet hat, insofern maßgebend, als hier jedenfalls nicht eine staatsrechtliche (vgl. Art. 74 Nr. 11 GG) oder wirtschafts- bzw. sozialwissenschaftliche Auffassung vom Begriff der Wirtschaft zugrunde zu legen ist (ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 14). In Anlehnung an allgemeine, durch die Verkehrsanschauung und auch von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 47, 13; 8 143, 148 ff) geprägte Vorstellungen wird man unter „Wirtschaft“ vielmehr zu verstehen haben: den gesamten Prozess der Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des menschlichen Bedarfs sowie des Erbringens von Leistungen, die der Deckung des materiellen menschlichen Bedarfs dienen (zust. Fischer Rdn. 10, Hoyer SK Rdn. 33, Wohlers MK Rdn. 48, je m.w.N.; vgl. dazu auch bereits Tiedemann GA 1969 71, 80). Bereits aus der sonstigen Beschränkung der Subventionsdestinatäre (oben Rdn. 54 ff) folgt, dass hier allerdings nur diejenigen Maßnahmen und Einrichtungen in Betracht kommen, die in unternehmerischer Form betrieben werden. Zur Wirtschaft zählen unter diesen Gesichtspunkten vor allem: Urproduktion (Land- 63 und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau), Industrie, Handwerk, Gewerbe und Handel sowie spezielle Zweige wie Kredit- und Versicherungswirtschaft, Verkehrswirtschaft, Energiewirtschaft, Verlagswesen, Filmwirtschaft.46 Auf der anderen Seite scheiden folgende Bereiche aus, selbst wenn die einschlägigen Einrichtungen wie Unternehmen betrieben und finanziell gefördert (subventioniert) werden: Wissenschaft, Forschung und Technologie (soweit nicht „marktnah“ betrieben, oben Rdn. 61), Kultur- und Bildungswesen (insbes. für Subventionen an Privatschulen und Theater [Rengier BT I § 17, 4] sowie im Rahmen des internationalen Jugendaustausches von Bedeutung!), Gesundheits-

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Bericht Sonderausschuss S. 11; Fischer Rdn. 10; Göhler Prot. 7/2664 f; Göhler/Wilts DB 1976 1612; Gössel aaO; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 167; Sch/Schröder/Perron Rdn. 18; aA Wohlers aaO.

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Dazu BGHSt 34 111, 113; Eberle S. 90; Flechsig Film und Recht 1977 168 ff; Sannwald S. 141; Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Tiedemann Subventionskriminalität S. 284; Wohlers MK Rdn. 48.

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pflege (z.B. Krankenhäuser, vgl. BGH NJW 1983 2646, 2649), höhere Freie Berufe (Ärzte, Anwälte usw.), sofern ihre Ausübung nicht zugleich dem Gewerbebegriff unterfällt (Apothekenwesen! BVerfGE 5 25, 29; aA Eberle S. 90). Der Zweck bzw. Teilzweck der Wirtschaftsförderung ist nicht mit dem subventions64 rechtlichen Primärzweck (oben Rdn. 31) identisch. Gemeint ist hier vielmehr der sich unter Berücksichtigung der Primärzwecke ergebende Endzweck,47 also z.B. die sich aus der Summe der Stillegungen von Binnenschiffen, Mühlen usw. ergebende Verringerung der (Über-)Kapazität und damit die Beseitigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie die Verbesserung der Struktur in der Binnenschiffahrt, Mühlenwirtschaft usw. Dies ist das eigentliche wirtschaftspolitische Ziel der Subventionierung, für welches die Primärzwecke (Abwrackung, Einstellung der Produktion usw.) nur eine – für die Anspruchsvoraussetzungen freilich zentrale – Bedingung darstellen. (Näher zu den genannten Beispielen Tiedemann Subventionskriminalität S. 210 ff.) Hieraus folgt zugleich, dass auch ein nicht der Wirtschaft angehöriges Unternehmen (bzw. Betrieb) als Subventionsempfänger ausreicht, sofern nur die Leistung dieses Unternehmens (Betriebes) unmittelbar dem Endzweck der Wirtschaftsförderung dient (dazu noch einmal das oben Rdn. 61 erwähnte Beispiel der Forschung, die etwa von einem selbständigen Forschungsinstitut für die Wirtschaft durchgeführt wird). Schwierigkeiten bereitet auch hier die während des Gesetzgebungsverfahrens ausführ65 lich diskutierte und für die Kompromisshaftigkeit des Subventionswesens typische Gemengelage von mehreren (End-)Zwecken (dazu insbes. Götz Bekämpfung S. 55 f sowie Prot. 7/2500). So kommt die Zahlung von Wohnungsbauprämien an private Bauwillige mittelbar auch der Bauwirtschaft zugute; Ausbildungsförderung ist zugleich Wirtschaftsförderung; Bergmannsprämien, Abfindungen und Umschulungsbeihilfen an ehemalige Bergleute entlasten den Steinkohlenbergbau; Umweltschutzsubventionen an die Wirtschaft fördern auch diese selbst, sollen aber zunächst und vor allem der Reinhaltung der Umwelt dienen; Leistungen nach dem 2. WohnungsbauG und dem StädtebauförderungsG (vgl. jetzt Rdn. 68) wurden von RegE Art. 6 Nr. 1 und 2 als Wirtschaftssubventionen angesehen, während der Rechtsausschuss des Bundesverbandes Privater Wohnungsunternehmen hierin Leistungen im Sozial- bzw. Planungsbereich, nämlich zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues mit dem Ziel der Bereitstellung von Wohnungen für breite Schichten des Volkes bzw. städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen sah (Speiser Deutsche Wohnungswirtschaft 1975 210; weit. Nachw. unten Rdn. 68). Das Gesetz sucht die Lösung dieses Problems darin, dass es – wie bereits oben Rdn. 61 66 erwähnt und ähnlich wie bei dem Problem der Gegenleistung (vgl. Rdn. 47 ff) – ausdrücklich bestimmt, eine teilweise, also auch nur nachrangig mitbezweckte, Wirtschaftsförderung reiche aus; nur ein „ganz entfernter Bezug zur Wirtschaft“ genügt nicht (Bericht Sonderausschuss S. 11). Mit dieser Ausweitung, die den (politischen) Schwerpunkt der Subventionszielsetzung verlässt, tritt vor allem das methodische Problem in den Vordergrund, wie die – eventuell mehrfache – Zwecksetzung und ihre Gewichtung oder Reihung festgestellt werden soll (zu diesen Schwierigkeiten eindringlich Bullinger in Börner/Bullinger S. 185 ff, 194 f; Schetting S. 19 ff, der zutreffend darauf hinweist, dass normative Subventionsregelungen häufig über die Zwecksetzungen schweigen und dass

47

Zustimmend Eberle S. 96 f; Hellmann NK Rdn. 39; Saliger S/S/W Rdn. 13; Sch/Schröder/Perron Rdn. 18; Volk in Belke/Oehmi-

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chen S. 85; Wohlers MK Rdn. 50; aA Hoyer SK Rdn. 36.

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die Zwecke meist von den politischen Motiven verdeckt werden). Eine gewisse Hilfe für den Rechtsanwender kann sich aus den Agrarberichten und den Subventionsberichten der Bundesregierung ergeben, da hier – insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Abbaus und der Einschränkung von Subventionsmaßnahmen – nicht selten auch (aus der Sicht der Bundesregierung) auf den Subventionszweck eingegangen wird. Auch hat die EU-Kommission bei ihrer fortlaufenden Überprüfung nationaler Beihilferegelungen auf ihre Zulässigkeit hin die Zwecke der nationalen Subventionen zu untersuchen; hierzu haben die Mitgliedstaaten entsprechende Mitteilungen zu machen, die ebenfalls zur Aufhellung der Zwecksetzung nützlich sein können. Im Hinblick auf das sog. Bepackungsverbot des Art. 110 Abs. 4 Satz 1 GG und der entsprechenden Vorschriften des Landesrechts schließlich lässt sich zwar aus dem Haushaltsgesetz in aller Regel nichts, aus den Haushaltsplänen bei hinreichender Enge der Titel aber doch eine gewisse Aussage zum Zweck der Subvention entnehmen. Muss bei Fehlen ausdrücklicher Aussagen in der Subventionsregelung oder den 67 erwähnten Hilfsquellen eine allgemeine teleologische Auslegung einsetzen, so hat sich diese vor allem an der Tradition der §§ 823 Abs. 2 BGB, 33 Abs. 3 GWB auszurichten. Danach kommt als Schutzzweck nur der normativ gewollte, nicht dagegen der faktisch erzielte in Betracht: Der Zweck, nicht die Wirkung des Gesetzes ist entscheidend (zust. Hoyer SK Rdn. 34, Sannwald S. 137 f und Wohlers MK Rdn. 50). So wurde beispielsweise das frühere Schlechtwettergeld üblicherweise als Fall des Arbeitslosengeldes bzw. als Maßnahme zur Verhütung der Arbeitslosigkeit eingeordnet; es sicherte aber auch die Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungsstandes in der Bauwirtschaft und kam damit, nicht zuletzt im Hinblick auf die Höhe der aufgewandten Mittel, einer fortlaufenden Subventionierung dieses Wirtschaftssektors gleich (Eberle S. 105 f mit Nachw.; Tiedemann Subventionskriminalität S. 288). Das Beispiel soll hier nicht im Einzelnen weiterverfolgt werden, da das Schlechtwettergeld keine Leistung an Betriebe war, also bereits aus diesem Grunde aus § 264 ausschied. Jedoch treten Notwendigkeit und Schwierigkeit der Zweckbestimmung in ihrer Abgrenzung von der faktischen Wirkung deutlich mit diesem Beispiel hervor, für das es wohl bei der Einordnung als Sozialsubvention bleiben musste. Zugleich wird erneut ersichtlich, dass bei den nationalen Sozialsubventionen in aller Regel § 264 schon deshalb entfällt, weil diese Subventionen nicht an Betriebe oder Unternehmen ausgereicht werden. Dies gilt vor allem auch für die oben Rdn. 65 erwähnten Beispiele der Wohnungsbauprämie, der Ausbildungsförderung und der Bergmannsprämie. Dagegen sind Fördermittel für den Wohnungsbau (BGH BB 1991 98, aber auch unten Rdn. 68!), die Kurzarbeit in Unternehmen während der Finanzkrise (Rdn. 57) und die landwirtschaftlichen Abschlachtprämien ebenso wie die mehrfach erwähnten Abwrackhilfen und Stilllegungsprämien sowie bestimmte Umweltschutzleistungen durchaus als Wirtschaftssubventionen einzuordnen (näher Carlsen AgrarR 1978 268; Martens S. 84, je mit Nachw.). BGH NStZ 2006 624, 625 (mit Bespr. Bosch JA 2006 492 ff und Idler JuS 2007 904 ff) erwägt einen (zusätzlichen) Zweck der Wirtschaftsförderung auch für landesrechtlich gewährte Mittel zum Denkmalschutz. – Sind eindeutige Aussagen zu den Subventionszwecken nicht zu ermitteln, so ist § 264 mit Rücksicht auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht anwendbar (Eberle S. 99; Sannwald S. 142; Rdn. 19; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 23; Wohlers MK Rdn. 50 m.w.N.). h) Nachfolgend werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele insbeson- 68 dere bundesrechtlicher Subventionen erwähnt, die teilweise bereits in Art. 6 RegE als solche im Sinne des § 264 bezeichnet wurden und insgesamt als Wirtschaftssubventionen zu verstehen sind (ältere Beispiele bei Göhler/Wilts DB 1976 1612 f und Tiedemann LK11 Rdn. 52):

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– Investitionszulagen nach § 19 BerlinförderungsG vom 1990 sowie § 1 InvestitionszulagenG 2010 (zust. Fischer Rdn. 9, Kindhäuser Rdn. 9 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 m.w.N.) und Zuschüsse für betriebliche Investitionen nach § 3 Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vom 6.10.1969 (BGH NStZ 2006 625; OLG Thüringen bei Saliger S/S/W Rdn. 15); – Maßnahmen zur einzelbetrieblichen Förderung nach § 3 Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ vom 3.9.1969 i.d.F. v. 21.7.1988; – Bürgschaften aus dem Deutschlandfonds, soweit die Bürgschaftsentgelte unter den marktüblichen liegen (oben Rdn. 50); – Leistungen nach dem FilmförderungsG vom 26.5.1979 i.d.F. v. 25.1.1993 (BGHSt 34 111, 113 mit Nachw.; oben Rdn. 63); – Sanierungs-, Modernisierungs- und Instandsetzungsmittel nach §§ 164a ff Baugesetzbuch 1987 i.d.F. v. 27.8.1997 (früher StädtebauförderungsG) (Kindhäuser Rdn. 9; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 132); – Leistungen nach §§ 5, 6 MarktstrukturG, § 41 Abs. 5 BundeswaldG und § 2 Abs. 2, 3 VerstromungsG (Saliger S/S/W Rdn. 15); – Bundesbürgschaften für Darlehen nach § 1 Gesetz zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung; – Leistungen nach dem II. WohnungsbauG 1956 i.d.F. v. 19.8.1994 (aufgehoben) (zweifelnd BGHSt 44 233, 236 mit Nachw.); – Verlorene Zuschüsse und verbilligte Kredite nach landesrechtlichen Programmen und Richtlinien zur Förderung von Agrarinvestitionen (OLG München NStZ 2006 630 ff) und von bäuerlichen Aussiedlungsvorhaben (BGHSt 34 265 ff); – Übernahme von Personalkosten von landwirtschaftlichen Familienbetrieben nach dem bayer. Gesetz zur Förderung der Landwirtschaft (BGH wistra 2001 304, 305); – Winterbauzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit an Bauunternehmen (Rdn. 43).

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i) EU-Subventionen werden teils von den EU-Organen selbst bewirtschaftet, bewilligt und vergeben (sog. direkter Vollzug); teils vergeben aber auch nationale Behörden zur Erreichung eines unionsrechtlich umschriebenen Förderungszweckes Zuwendungen nach dem Gesamthaushaltsplan der EU (sowie seit 2003 der Europäischen Atomgemeinschaft) und seit 2010 nach dem jährlichen Haushaltsplan der Union (Art. 310 AEUV, dessen Absatz 3 die Ausführung der Ausgaben an den Erlass eines gültigen Basisrechtsakts der Union bindet). Beide Gruppen von Fördermitteln werden in quantitativ erheblichem Ausmaß vor allem aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft und den sonstigen Strukturfonds (für regionale Entwicklung und für Soziales), ferner für Forschung, allgemeine und berufliche Bildung, Film- und Fernsehproduktionen, aber auch für Industrie, Handel, Handwerk und Fremdenverkehr, Fischerei und Umwelt vergeben. Die Vergabe erfolgt meist unter Einschaltung nationaler Verwaltungsstellen, die oft auch planend, beratend und bewilligend tätig werden (Martens S. 16 f, 20, 205), und zwar in der Regel als verlorener Zuschuss, also als typische Subvention i.S.d. § 264 (Rdn. 48). Dagegen fallen Auftragsstudien und wohl auch Modellprojekte wegen der Erbringung von (marktmäßigen) Gegenleistungen von vornherein nicht unter diesen Straftatbestand (vgl. Absatz 7 Satz 1 Nr. 2; Martens S. 15 f). Insbesondere bei Förderung der Forschung werden üblicherweise Verträge mit den Leistungsempfängern abgeschlossen, wobei die Beurteilung der Gegenleistung und des Marktes vom Einzelfall abhängt (Martens S. 82 f). Teilweise umstritten ist die Marktmäßigkeit der Gegenleistung allgemein bei den Marktinterventionszahlungen innerhalb der EU-Landwirtschaftspolitik,

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also für Ankäufe von Marktordnungswaren und Beihilfen, Prämien, Erstattungen und „Subventionen“ für ihre Einfuhr (z. B. von Zucker), private Lagerhaltung (z.B. von Weißzucker), Produktion (z.B. bei Verwendung von Stärke und Zucker), Stilllegung (z.B. Rodung von Rebflächen) und Verarbeitung (z.B. von Flachs und Hanf) (ausführlich Martens S. 84 ff m.w.N.; vgl. auch bereits oben Rdn. 50). Auffangweise greift für Erschleichungshandlungen der Bußgeldtatbestand des § 36 MOG ein (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 129). Subventionen sind dagegen eindeutig die als verlorene Zuschüsse vergebenen Prämien sowie Produktions- und Verwendungsbeihilfen (z.B. für Schulmilch) (Martens S. 84). Bei Erschleichung der Zahlung von Fördermitteln aus EU-Haushalt(en) oder aus 70 Haushalten, die im Auftrag der EU für deren Rechnung verwaltet werden, greift der besonders weit gehende Schutz durch § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 ein. Zweifelsfrei geht es um Leistungen aus öffentlichen Mitteln i.S.d. Absatzes 7 (BT-Drs. 13/10425 S. 7, 11, 16; Martens S. 99 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26 m.w.N.). Dies betrifft u.a. den Rdn. 69 genannten Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, den Europäischen Sozialfonds und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, ferner das sog. Finanzinstrument zur Ausrichtung der Fischerei, den Europäischen Entwicklungsfond und den Kohäsionsfonds. Dasselbe gilt aber auch für Mittel aus Vermögen, an dem die EU selbst beteiligt ist, z.B. der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds (Martens S. 70; Wohlers MK Rdn. 39) sowie für Kofinanzierungen bei Maßnahmen auf Kostenteilungsbasis im Rahmen der Strukturpolitik (Martens S. 8, 101). Da ein Zweck der Wirtschaftsförderung für EU-Subventionen nicht erforderlich ist (Rdn. 39), fallen diese Fördermittel unter den Subventionsbegriff des Absatzes 7, und zwar auch dann, wenn sie nicht an Betriebe oder Unternehmen als Destinatäre vergeben werden; damit werden u.a. bestimmte arbeits- und kulturpolitische Zahlungen (z.B. zur Bekämpfung und Prävention von Arbeitslosigkeit, berufliche Bildungsförderung, Durchführung von Studien und Seminaren, vor allem aber auch zur Forschungsförderung) in § 264 Abs. 7 einbezogen. Diese Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 264 findet ihre Legitimation darin, dass typischerweise private Destinatäre wie auch beratende und prüfende Stellen der nationalen Verwaltung, insbesondere von Gebietskörperschaften – häufig in einem Zielkonflikt der Amtswalter (Martens S. 205) –, das EU-Vermögen als anonyme und fremde Finanzmasse ansehen, aus der man sich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse möglichst ungehindert bedienen und Sachverhalte entsprechend den Vergabevoraussetzungen vortäuschen kann (vgl. nur Kaiser Kriminologie § 74, 29; Lührs wistra 1999 96; auch bereits Tiedemann Subventionskriminalität S. 14, 297 u.ö.). Problematisch ist das Erfordernis des § 264 Abs. 8 Nr. 2, dass die Bewilligung, 70a Gewährung, Rückforderung usw. gesetzlich geregelt sein muss. Die bloße Angabe von Höhe und Zweck der Subvention im Haushaltsplan der EU reicht insoweit nicht aus (Sch/Schröder/Perron Rdn. 35; Wohlers MK Rdn. 76); sie begründet nur die Eigenschaft der Fördermittel als „nach dem Recht der EU“ zu gewähren (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2; Sch/Schröder/Perron aaO mit Nachw.). Vielmehr muss dem Gesetz entnommen werden können, „unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird usw.“ (BGHSt 44 233, 241 mit Nachw.; Sch/Schröder/Perron Rdn. 36; Wohlers MK Rdn. 76). Entgegen Martens (S. 100 f) reichen für die Auslegung des normativen Ansatzes im Haushaltsplan Rahmenprogramme (z.B. für Forschung und Technologie) und Leitlinien (z.B. für gemeinsame Forschungsprojekte) der EU ebenso wenig aus wie Förderverträge mit den Destinatären (zust. Wohlers aaO; ebenso Fischer Rdn. 13). Als „Gesetz“ im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 sind zwar die zahlreichen Verordnungen der EU (z.B. über die

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Intervention der Strukturfonds im Gebiet der ehemaligen DDR VO/EWG Nr. 3537/90, ABl. L 353 v. 17.12.1990 S. 1) anzusehen, da und soweit sie unmittelbar und generell wirkende Akte der Rechtsetzung („Rechtsakte mit Gesetzgebungscharakter“) sind (vgl. jetzt Art. 288 Abs. 2 AEUV). Sie erfüllen alle Voraussetzungen der Absätze 7 Satz 1 Nr. 2 und 8 Nr. 2. Die Regelung für den Vollzug der landwirtschaftlichen Marktordnungen und die Gewährung von Zahlungen im Marktordnungsbereich (Rdn. 69) ist auch durch Bundesgesetz (zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen, MOG) erfolgt, wobei §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 9 MOG das Bundesministerium für Landwirtschaft ermächtigen, das Verfahren (!) bei besonderen Vergünstigungen zu Marktordnungszwecken durch RechtsVO zu regeln; hierauf beruht z.B. die AusfuhrerstattungsVO (jetzt: vom 24.5.1996). Materiell – für die Subventionsvoraussetzungen – sind aber die EU-Verordnungen maßgebend (im Fall BGH NStZ 1990 35, 36 – Rindfleischexport – die ErstattungsVO EWG Nr. 2773 vom 13.10.1982 mit den FestsetzungsVOen EG Nr. 2773/82, 1315/84 und 2200/84 in Verbindung mit den Begründungserwägungen zur EWG-Rindfleischmarktordnung Nr. 805/68 vom 27.6.1968; dazu Tiedemann Subventionskriminalität S. 172 ff). Zutreffend sieht daher der BGH in ständiger Rechtsprechung Ausfuhrerstattungen für Agrarerzeugnisse als Subvention im Sinne des § 264 an (vgl. vor BGH NStZ 1990 35 f bereits BGH wistra 1987 23 f – Maisgrieß und JR 1981 468 mit Anm. Tiedemann – Graupen). Dem stimmt das Schrifttum durchweg zu.47a Nach dem Abbau produktabhängiger Agrarsubventionen sind vor allem auch die auf der Grundlage von EU-Verordnungen vergebenen landwirtschaftlichen Betriebsprämien und Direktzahlungen bei guter landwirtschaftlich-ökologischer Betriebsführung wichtig und für § 264 relevant (vgl. Götz JZ 2012 58 f). – Dagegen muss sich die Auslegung des Absatzes 8 als eines Tatbestandsmerkmals (Rdn. 142) ihrerseits an dem Gesetzesbegriff des Art. 103 Abs. 2 GG orientieren, der neben formellen Gesetzen nach h.M. zwar Rechtsverordnungen, aber keine Verwaltungsvorschriften umfasst (Dannecker LK § 1 Rdn. 126 und 132; Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 245 ff, 248 f, je mit Nachw.; zust. Momsen in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 20; auch BGHSt 44 240 zu Absatz 8 Nr. 2). Verwaltungsvorschriften haben zwar den Vorteil leichterer Erkennbarkeit der Subventionsvoraussetzungen, leiden aber an einem demokratischen Defizit, das ihre Integration in den gesetzlichen Straftatbestand verhindert (Tiedemann aaO S. 248 f mit Nachw.). Entsprechendes wird für die von Art. 290 AEUV angesprochenen „Rechtsakte ohne Gesetzescharakter“ der Kommission gelten.

IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand 71

1. Sämtliche Tathandlungen des Absatzes 1 mit Ausnahme von Absatz 1 Nr. 2 müssen sich auf subventionserhebliche Tatsachen im Sinne der Legaldefinition des Absatzes 8 beziehen. Hinsichtlich des Begriffes der Tatsachen wird auf § 263 verwiesen. Beachtung verdient vor allem, dass auch einfache Rechtsbegriffe (z.B. Eigentum, Kauf) als Tatsachen gelten können bzw. Tatsachen enthalten. Wie bei § 263 genügen innere Tatsachen (z.B. die Absicht, den zu fördernden Film nicht mit pornographischen oder grob brutalen Szenen zu versehen: BGHSt 34 111, 114; Fischer Rdn. 13). Schwierigkeiten kann die

47a

Bender in Müller-Gugenberger/Bieneck § 52, 53; Dannecker ZStW 108 (1996) 590; Fischer Rdn. 12; Kindhäuser Rdn. 9; Martens S. 84 mit Nachw.; Stoffers EuZW 1994

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307; zw. Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 25; aA Schrömbges wistra 2009 253 f. Vgl. dazu auch Götz JZ 2012 57 f.

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Abgrenzung von Tatsachenangabe und Werturteil vor allem bei Vorlage von Bilanzen sowie sonstigen Vermögensbewertungen und Prognosen, insbesondere bei der Bewilligung von Kreditsubventionen (dazu auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 64) bereiten. Angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts (z.B. Ausfuhr, 72 Abwrackung, Bearbeitung, Frachtkosten) kommt der Pflicht des Subventionsgebers zur ausdrücklichen Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen gemäß Absatz 8 Nr. 1 größte Bedeutung zu, damit einerseits der Antragsteller die Vergabevoraussetzungen klar erkennen kann und andererseits der Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane etwaige Täuschungshandlungen schnell und eindeutig feststellen können (Bericht Sonderausschuss S. 12 f; BGHSt 44 233, 238; OLG München NJW 1982 457 f). § 2 Abs. 1 SubvG verpflichtet daher den Subventionsgeber zu dieser ausdrücklichen Bezeichnung als subventionserheblich, wobei die Verpflichtung entsprechend der Reichweite der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht für Vergabestellen der EU (BayObLG NJW 1982 2202, 2203; Wohlers MK Rdn. 70) und nicht für Subventionen nach Landesrecht (vgl. insoweit aber § 1 Abs. 2 SubvG sowie hier Rdn. 11 und 124) gilt und ferner nur gegenüber dem Subventionsnehmer (dazu näher Rdn. 73 und 89), nicht dagegen gegenüber jedem potentiellen Täter des § 264 besteht. § 2 Abs. 2 SubvG erweitert die Bezeichnungspflicht auch auf den Fall, dass sich aus den im Subventionsverfahren gemachten Angaben oder aus sonstigen Umständen Zweifel darüber ergeben, ob die beantragte oder in Anspruch genommene Subvention oder der in Anspruch genommene Subventionsvorteil mit dem Subventionszweck oder den Vergabevoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 SubvG in Einklang steht; strafrechtlich kann diese nachträgliche Bezeichnung selbstverständlich nur ex nunc wirken (zust. Wohlers MK Rdn. 68; ferner Hoyer SK Rdn. 39 m.w.N.; Sch/Schröder/Perron Rdn. 29). – Bei fehlender ausdrücklicher Bezeichnung durch Gesetz oder durch den Subventionsgeber kann die Subventionserheblichkeit aber grundsätzlich auch im Wege der Auslegung des Subventionsgesetzes gefunden werden (Nr. 2). Beide Alternativen, die eine unterschiedlich weit gehende Formalisierung der Täuschungshandlung zum Ziele haben, werfen eine Reihe von Zweifelsfragen auf: a) Die ausdrückliche Bezeichnung, wie sie Nr. 1 vorsieht und § 2 SubvG vorschreibt, 73 braucht nicht den terminus „subventionserheblich“ zu benutzen,48 muss aber zumindest einen gleichbedeutenden Ausdruck verwenden. Dass sich die Subventionserheblichkeit eindeutig aus dem Zusammenhang oder dem Hinweis auf §§ 2 ff SubvG ergibt, genügt für Nr. 1 nicht.49 Ebenso reichen pauschale oder formelhafte Bezeichnungen – z.B. in einem „Rahmenplan“ (LG Magdeburg wistra 2005 155, 156; Fischer Rdn. 14) – nicht aus; vielmehr müssen sich die Hinweise auf konkrete Voraussetzungen beziehen (zust. BGHSt 44 233, 237 f).50 Als hinreichend deutlich sieht BGH wistra 1992 257 die Formulierung „wirtschaftliche Verhältnisse des Antragstellers“ an. Nach ihrem Zweck (oben Rdn. 72) muss die Bezeichnung ferner, sofern sie nicht „durch Gesetz“, sondern „auf Grund eines Gesetzes“ durch den Subventionsgeber erfolgt, durch eine dem – richtiger:

48

49

BayObLG NJW 1982 2202, 2203; OLG München NJW 1982 457 f; Carlsen AgrarR 1978 268; Sch/Schröder/Perron Rdn. 30; Wohlers MK Rdn. 73. LG Düsseldorf NStZ 1981 223; Ranft NJW 1986 3164; Saliger S/S/W Rdn. 18; Sch/ Schröder/Perron aaO; Wohlers aaO m.w.N.

50

Ebenso LG Düsseldorf aaO; LG Magdeburg wistra 2005 155, 156; Eberle S. 125; Fischer Rdn. 14; Hoyer SK Rdn. 39; Lackner/Kühl Rdn. 11; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 168; Otto BT § 61 II 2b; Ranft aaO; Wohlers MK Rdn. 73 m.w.N.

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wenigstens einem51 – Subventionsnehmer zugegangene Erklärung in dem konkreten Subventionsverfahren erfolgen. Eine allgemeine Bekanntmachung (z.B. durch Anschlag) reicht ebenso wie die Bezeichnung in einem früheren Subventionsverfahren nicht aus.52 Infolge des Auseinanderfallens von Täterkreis (i.S.d. § 264) und Begriff des Subventionsnehmers (i.S.d. § 2 SubvG) ist freilich die Verwirklichung des oben Rdn. 72 hervorgehobenen Schutzzweckes nicht unmittelbar gewährleistet. Da die Bezeichnung als subventionserheblich jedoch echtes Tatbestandsmerkmal ist (Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 168 gegen Schmidt DVBl. 1978 203 sowie GA 1979 124 ff), muss sich der Vorsatz des Täters auch darauf beziehen, dass diese Bezeichnung gegenüber dem Subventionsnehmer erfolgt ist. Auf diesem Umweg wird letztlich doch eine Gleichschaltung von § 264 und § 2 SubvG hergestellt. Entsprechend der üblichen staatsrechtlichen Terminologie bedeutet die Bezeichnung 74 „durch Gesetz“ die Benennung durch formelles oder materielles Gesetz, also auch durch Rechtsverordnung (Fischer Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 38) und EU-Vorschriften (Bericht Sonderausschuss S. 13), aber auch durch kommunale Satzung (Fischer aaO; Hoyer aaO; Sch/Schröder/Perron Rdn. 33). Das Haushaltsgesetz ist zwar (formelles) Gesetz, enthält aber keine Aussage über die Vergabevoraussetzungen und scheidet daher für Absatz 8 aus (BGH NStZ 2006 625, 628 Rdn. 12; zu Absatz 7 Nr. 1 oben Rdn. 45). Demgegenüber wird das Erfordernis der Benennung „auf Grund eines Gesetzes“ 75 infolge der Anlehnung an die staatsrechtliche Terminologie z. T. als Entsprechung zu dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verstanden, wobei § 2 SubvG als einschlägige Ermächtigung (an die Verwaltung) angesehen wird.53 Selbstverständlich kann § 2 aber nicht als Ermächtigung zum Erlass von Rechtsnormen oder auch nur von Verwaltungsrichtlinien dienen, da diese Vorschrift deutlich auf bereits vorhandene Normen und Richtlinien verweist und darüber hinaus nur eine Verpflichtung, nicht aber eine Befugnis des Subventionsgesetzgebers begründet. Verwaltungsvorschriften, Bekanntmachungen, Rahmenpläne, Richtlinien usw. scheiden als Bezeichnungs-Rechtsvorschriften aus (BGHSt 44 233, 237 mit Nachw.; BGH NStZ 2006 625, 628 Rdn. 12; LG Magdeburg wistra 2005 155, 157; Wohlers MK Rdn. 69). Da ferner Subventionsgeber auch eine privatwirtschaftliche Stelle sein kann (Rdn. 43 und 87), wird die Ausrichtung der Auslegung von § 264 Abs. 7 und § 2 SubvG an den Kategorien des Gesetzesvorbehalts und der Ermächtigung (zur Rechtsetzung) insgesamt fragwürdig (zust. Hack S. 153). Für eine positive Deutung des § 2 SubvG ist davon auszugehen, dass diese Vorschrift 76 nicht die Konstituierung, sondern ausschließlich die Bezeichnung der Vergabevoraussetzungen regeln will (zust. Hack aaO). Die Problematik ist daher keine solche des Art. 20 Abs. 3 GG, sondern gehört in den Zusammenhang des Art. 103 Abs. 2 GG, der allerdings seinerseits nur eine Ausprägung von Art. 20 Abs. 3 GG darstellt. Die Lösung ergibt sich aus folgender Überlegung: Die Verwendung des „materiellen“ Subventionsbegriffs in § 264 (oben Rdn. 39 f) verstößt auch ohne die Bezeichnung durch die Verwaltung nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG (zusammenfassend Hack S. 148 ff; Sannwald S. 143 f); daher wird durch die Bezeichnungstechnik des § 264 Abs. 7 in Verbindung mit § 2 SubvG der Kreis der als Subventionsbetrug strafbaren Fälle nur faktisch besser erkennbar: Bereits aufgrund der gesetzlichen Regelungen ist für den Täter „hinreichend überschaubar, wel51

52

Carlsen aaO S. 270; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34; Wohlers MK Rdn. 74; aA Geuenich-Cremer S. 47 ff. Vgl. Prot. 7/2722; Geuenich-Cremer S. 63 ff; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers aaO.

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Fischer Rdn. 15; Göhler Prot. 7/2672; aA zutreffend Sch/Schröder/Perron Rdn. 34.

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che Fälle vom Straftatbestand abgedeckt sind“ (RegE S. 28). Bezeichnung „auf Grund eines Gesetzes“ bedeutet daher lediglich: „in den Grenzen des gesetzlich Zulässigen“ (vgl. LG Hamburg wistra 1988 362 [f]; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34). Primär ist also die Gültigkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie sonstigen Richtlinien über die Subventionsvergabe und der „sonstigen Vergabevoraussetzungen“ (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 SubvG) – anhand außerstrafrechtlicher Maßstäbe – nachzuprüfen (vgl. Mitsch BT 2 § 3, 47 mit Nachw.). Sind derartige Vergabevoraussetzungen im Rechtssinne nichtig, so sind sie auch nicht subventionserheblich, und die gleichwohl erfolgende Bezeichnung als subventionserheblich stößt ins Leere (zust. Fischer Rdn. 15 mit Nachw.). Der Subventionsgeber kann den von der h.M. überaus weit gezogenen Bezeichnungs- 77 rahmen aber auch dadurch überschreiten, dass er Voraussetzungen bezeichnet, die für die Subventionsvergabe überhaupt nicht vorgesehen sind (weil sie z.B. zu statistischen Zwecken abgefragt werden). Auch in diesem Fall ist die von ihm vorgenommene Benennung unverbindlich,54 ohne dass – wie etwa nach h.M. zu § 113 Abs. 3 StGB – Raum für eine eigene strafrechtliche Bestimmung der Rechtmäßigkeit oder Zulässigkeit der Bezeichnung bliebe. Vielmehr wird die Frage der Einhaltung oder Überschreitung des Bezeichnungsrahmens ebenso wie die Absteckung dieses Rahmens nach außerstrafrechtlichen Kriterien entschieden. Strafrechtlich fragt sich allerdings sogleich, ob bei Überschreiten des Rahmens auf Absatz 7 Nr. 2 zurückgegriffen werden kann,55 was von der Funktion der Nr. 2 abhängt (dazu unten Rdn. 82). Schwierigkeiten können sich in der Praxis vor allem daraus ergeben, dass der Täter 78 die Bezeichnung und ihre Verbindlichkeit kennen muss, also umgekehrt die irrige Annahme der Unverbindlichkeit einen Tatbestandsirrtum darstellt (ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 62). Hierzu ist auch die oben Rdn. 18 erwähnte Fallgestaltung zu zählen, dass der Täter die Beweis- und Kontrollmaßnahmen der Verwaltung (oder des sonstigen Subventionsgebers) durch wirklich oder vermeintlich bessere eigene Maßnahmen ersetzt: Der Täter handelt dann nur vorsätzlich, wenn er zumindest in laienhafter Parallelwertung sowohl die Existenz als auch die Berechtigung von Verwaltungsermessen als Quelle verbindlicher Rechtsgestaltung kennt. b) Nach Streichung des Absatzes 7 Nr. 3 RegE, der als subventionserheblich im Sinne 79 des § 264 auch die nach dem Subventionszweck für die Bewilligung usw. bedeutsamen Tatsachen aufführte und damit auch die bloße Zweckumschreibung im Haushaltsansatz genügen lassen wollte, spricht Nr. 2 nunmehr nur noch von der Subventionserheblichkeit solcher Tatsachen, von denen die Bewilligung usw. „gesetzlich abhängig“ ist. Zur Form der damit vorausgesetzten Vergaberegelung steht fest, dass mit dem Aus- 80 druck „gesetzlich“ auch hier jedes formelle Gesetz und jeder materielle Rechtssatz (BGHSt 44 223, 240 mit Nachw.) einschließlich EU-Recht gemeint ist (Fischer Rdn. 13 mit Nachw.; Hoyer SK Rdn. 38; Sch/Schröder/Perron Rdn. 36); bloße Verwaltungsrichtlinien scheiden aus (BGH aaO). Bei Subventionsvorschriften der EU ist der deutsche Wortlaut maßgebend, es sei denn dass ein Übersetzungsfehler vorliegt (BGH NStZ 1990 54

Eberle S. 126; Göhler Prot. 7/2673; Hoyer SK Rdn. 39; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 168; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34; Wohlers MK Rdn. 72 m.w.N.; im Ergebnis auch Geuenich-Cremer S. 74 ff (die hier die Vorteilhaftigkeit der Angaben verneint).

55

Bejahend OLG München NJW 1982 457, 458; Lackner/Kühl Rdn. 12; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 36; aA Ranft NJW 1986 3165 f und anscheinend auch Bericht Sonderausschuss S. 13.

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35, 36). Einschlägig ist insbesondere die Rahmen-VO über Unregelmäßigkeiten von 1995 (oben Rdn. 12). Ihr Art. 4 verpflichtet zur Rückerstattung eines rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags, wobei die Rechtwidrigkeit als „Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung“ durch die Handlung eines „Wirtschaftsteilnehmers“ definiert wird, „die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan“ (usw.) „durch eine ungerechtfertigte Ausgabe“ bewirkt (Art. 1 Abs. 2). Nach den „Erwägungsgründen“ der VO erfordert die Rückerstattung allerdings, wie in Art. 2 Abs. 2 ausgesprochen, eine zusätzlich ausfüllende Beschreibung der Verhaltensweise des Wirtschaftsteilnehmers in einer sektorbezogenen Regelung der EU (Martens S. 133; vgl. auch Fischer Rdn. 17).

81

Zum Inhalt der Vorschrift meinte der RegE (S. 28), es gehe um „die materiellen Voraussetzungen für die Vergabe und Rückforderung“ (ebenso Lackner/Kühl Rdn. 12; Otto BT § 61 II 2b), während nach dem Bericht Sonderausschuss (S. 13) nur diejenigen Fälle gemeint sein sollen, „in denen ein Gesetz hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, was es als Voraussetzung für die Subventionsgewährung betrachtet“; diese Regelung stelle an den Betroffenen „keine höheren Anforderungen, als dies bei Gesetzen allgemein üblich ist“. Damit entsteht die Frage, ob die materiellen Vergabe- und Rückforderungsvoraussetzungen im Rahmen von Nr. 2 im Wege der üblichen Auslegung, vor allem unter Heranziehung des Subventionszweckes bzw. des Zweckes der die Vergabe regelnden Norm, bestimmt werden dürfen oder ob nur als solche – wenn auch nicht förmlich und ausdrücklich, aber doch „deutlich“ – bezeichnete Vergabevoraussetzungen (die aber selbst wiederum auslegungsbedürftig sein können!) ausreichen. Da die Rechtsgeschichte hinreichend die Unhaltbarkeit von Auslegungsverboten ergeben hat und da weiter in der heutigen juristischen Methodenlehre nicht bezweifelt wird, dass es keine absolut eindeutigen Rechtsregeln gibt, muss in der Tat jede „gesetzliche“ Regelung außer der auf die Benennung der Höhe und der Zwecksetzung der Subvention beschränkten Angabe im Haushaltsgesetz oder Haushaltsplan, also jede – auch unvollständige und im Wege der Auslegung ergänzungsbedürftige – rechtssatzmäßige „Vergabe“-Regelung genügen (vgl. bereits Rdn. 70; so insbes. auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 36 m.w.N.). Im Rahmen dieser Auslegung wird man auch den Rückgriff auf die Zweckbestimmung im Haushaltsgesetz und Haushaltsplan zulassen müssen. Nicht ausreichend für die Auslegung ist – bei Fehlen einer rechtssatzmäßigen Vergaberegelung – außer der bloßen Existenz dieser Zweckbenennung im Haushaltsansatz auch die (z.T. ausführliche) vertragliche Regelung der Bedingungen für die Gewährung und Verwendung z.B. bei Kreditsubventionen, Bürgschaften und sonstigen Gewährleistungen (zust. Wohlers MK Rdn. 76; ebenso Fischer Rdn. 13).

82

Darüber hinaus ergibt sich das bereits oben Rdn. 77 angedeutete Problem, ob Nr. 2 nur dort anzuwenden ist, wo aus Rechtsgründen die Bezeichnungsverpflichtung des § 2 SubvG nicht eingreift (EU-Behörden; Landessubventionen, vgl. insoweit aber auch unten Rdn. 124), oder ob Nr. 2 – eventuell hilfsweise – stets, also auch bei faktischem Versagen des zur Bezeichnung verpflichteten Subventionsgebers, gilt. Auch diese Frage ist entsprechend allgemeinen Auslegungs- und Methodengesichtspunkten zu beantworten. Für die erstere Auffassung spricht der gezielte Schutz, den der Gesetzgeber dem Betroffenen (Subventionsnehmer) mit der Bezeichnungspflicht des Subventionsgebers angesichts der Unklarheit weiter Teile des Subventionsrechts zukommen lassen will. Die zweite Ansicht wird demgegenüber durch den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte getragen, derzufolge die Kombination der Möglichkeiten nach Nr. 1 und Nr. 2 das Ergebnis eines Kompromisses innerhalb der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität war. Bedenkt man, dass der erforderliche Schutz des Betroffenen bei Nr. 2 in hinreichender Weise durch § 16 gewährleistet wird (vgl. bereits oben Rdn. 73), so verdient die

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weite, eine Exklusivität von Nr. 1 ablehnende Ansicht den Vorzug. Sie ist nunmehr herrschende Meinung (BGHSt 44 233, 241).56 Nr. 2 ist daher stets anzuwenden, wenn – gleich aus welchen Gründen – keine oder keine wirksame Bezeichnung nach Nr. 1 erfolgt ist. Ist die Bezeichnung unwirksam oder unvollständig, so wird die Feststellung des Vorsatzes nach Nr. 2 besonderer Sorgfalt bedürfen (dazu Eberle S. 129 f und Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 32, je m.w.N.). Wenn die gesetzliche Vorschrift der Verwaltung einen Ermessensspielraum einräumt, soll es nach BGH aaO „in der Regel“ an der Erkennbarkeit der Voraussetzungen fehlen, unter denen die Subvention gewährt wird. Das ist gerade für den Regelfall unzutreffend, da sich das Verwaltungsermessen (nur) auf die Rechtsfolge bezieht (aA Wattenberg aaO Rdn. 41 und Wohlers MK Rdn. 76). c) Hinsichtlich der sonstigen Begriffe des Abs. 7 bleibt darauf hinzuweisen, dass die 83 Bewilligung (als die verbindliche Zusage der Subvention), die Gewährung (als das tatsächliche Zurverfügungstellen der Subvention aufgrund der Bewilligung), die Weitergewährung, das Belassen und die Rückforderung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils sich zum Teil überschneiden. Der Gesetzgeber hat dies als unschädlich hingenommen, um möglichst alle Vorgänge zu erfassen, die dazu führen können, dass Subventionen oder Subventionsvorteile im Ergebnis zu Unrecht gewährt oder belassen werden (RegE S. 29). Mit der ausdrücklichen Erwähnung des Subventionsvorteils sollen die Fälle einbezo- 84 gen werden, in denen dem Täter oder einem Dritten nicht unmittelbar eine Subvention gewährt oder belassen wird, der Täter oder Dritte aber mittelbar einen Vorteil aus der Subventionierung zieht, z.B. die durch Subvention verbilligte Ware erwirbt (RegE aaO). In diesen Fällen können im Hinblick auf die Subvention Verwendungsbeschränkungen (z.B. die Ware nur bestimmten Käuferkreisen zugänglich zu machen) bestehen; sie führen bei Absicht zweckwidriger Verwendung zu der Anzeigepflicht nach § 3 Abs. 2 SubvG und bei Vornahme der zweckwidrigen Verwendung gemäß § 5 Abs. 1 SubvG zu der Verpflichtung, den durch die Verwendung erlangten Vorteil an den Subventionsgeber herauszugeben, seit dem EG-FinanzschutzG von 1998 (Entstehungsgeschichte) aber auch zur Strafbarkeit nach Absatz 1 Nr. 2, wenn die Verwendungsbeschränkung „durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber“ vorgenommen worden ist. Übrigens ist der derart mittelbar Begünstigte ebenfalls Subventionsnehmer im Sinne des § 2 SubvG. Während aber die Materialien den Begriff des Subventionsvorteils offenbar undifferenziert einheitlich im Sinne des § 5 SubvG verstehen (vgl. insbes. Göhler Prot. 7/2729), weisen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 37) zutreffend darauf hin, dass der Begriff des Subventionsvorteils in Absatz 8 Nr. 2 dem des § 2 Abs. 1 SubvG und nicht dem des § 5 SubvG entspricht. § 5 SubvG meint den Vorteil, den etwa der Großhändler aus dem bestimmungswidrigen Verkauf der verbilligten (Sozial-)Butter an bösgläubige Einzelhändler zieht (zust. Wohlers MK Rdn. 78); die Einzelhändler haben durch den Erwerb der Butter unter Marktpreis einen (anderen) Subventionsvorteil im Sinne des § 2 Abs. 1 SubvG in Anspruch genommen (und sind dadurch Subventionsnehmer geworden). Der eigentliche, vom Subventionsgeber intendierte Subventionsvorteil ist mit Erlangung der Subvention (des subventionierten Gegenstandes) beim Subventionsnehmer vorhanden; § 5 zielt dagegen auf sonstige (zusätzliche) Vorteile, die der Subventionsnehmer aus der

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Ebenso OLG München NJW 1982 457 f; Eberle S. 129; Fischer Rdn. 17; Gössel BT 2 S. 463; Hellmann NK Rdn. 61; Lackner/Kühl Rdn. 12; Sch/Schröder/Perron Rdn. 36;

Wohlers MK Rdn. 76; aA Geuenich-Cremer S. 14 ff; Hoyer SK Rdn. 41; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; differenzierend Ranft aaO S. 3165.

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zweckwidrigen (!) Verwendung des subventionierten Gegenstandes zieht. Die Bezeichnung dieser verschiedenen Vorteile mit demselben Ausdruck ist irreführend. Bereits der Bundesrat hatte im Gesetzgebungsverfahren die Unklarheit des Begriffes Subventionsvorteil gerügt (vgl. Göhler Prot. 7/2701). Subventionsvorteil im Sinne von Absatz 8 Nr. 2 ist – zusammengefasst – der von § 2 angesprochene, nicht der von § 5 SubvG.

85

2. Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Belassen und Rückforderung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils in dem beschriebenen Sinne konstituieren das Subventionsverfahren, das als Kooperationsverhältnis zwischen Subventionsgeber und Subventionsnehmer zu verstehen ist.

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a) Subventionsgeber ist nach der Legaldefinition des Absatzes 1 Nr. 1 zunächst eine für die Bewilligung der Subvention sachlich und örtlich zuständige Behörde (dazu § 11 Abs. 1 Nr. 2c), aber auch eine andere in das Subventionsverfahren eingeschaltete Stelle oder Person. Mit der Ausweitung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der Praxis neben der Bewilligungsbehörde in vielfältiger Weise auch andere Stellen oder Personen (z.B. Kreditinstitute und Treuhandgesellschaften) in die Subventionsvergabe eingeschaltet sind (mehrstufige Subventionsvergabe; Übersicht dazu bei Schmid S. 29 f). Dabei reicht es aus, wenn die Stelle oder Person nur eine Vorprüfung vorzunehmen oder eine Teilentscheidung auszusprechen hat, wie z.B. deutsche Stellen für bei ihnen beantragte EU-Subventionen (Sch/Schröder/Perron Rdn. 40; Wohlers MK Rdn. 58 m.w.N.). Weitergehend wird man angesichts des Gesetzeszweckes, möglichst keine Lücken zu lassen, auch die Einschaltung bloßer Hilfsfunktionsträger bis hin zu rein mechanischen Tätigkeiten ausreichen lassen, sofern diese Tätigkeiten nicht ohnehin rechtlich einer vorprüfenden oder teilentscheidenden Stelle oder Person zuzurechnen sind. Als Stelle kommt – ohne feste Abgrenzung – auch eine Behörde, die nicht für die Sub87 ventionsbewilligung zuständig ist, und im Übrigen jede sonstige, den Organisationsgrad einer Behörde nicht erreichende öffentliche Einrichtung, ja sogar ein einzelner Beamter mit bestimmten Funktionen im Subventionsverfahren in Betracht (Göhler Prot. 7/2674; Sch/Schröder/Perron Rdn. 41). Person ist vor allem die Privatperson (natürliche oder juristische Person des Privatrechts), angesichts der für das Strafrecht irrelevanten Zufälligkeit der Rechtsform von eingeschalteten Kreditinstituten aber auch die juristische Person des öffentlichen Rechts. Ob die „Einschaltung“ auf Gesetz, behördlicher Anordnung oder Vertrag beruht, ist gleichgültig (Bericht Sonderausschuss S. 6). Die Legaldefinition des Absatzes 1 Nr. 1 ermöglicht einmal eine sprachliche Verein88 fachung des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 und des Absatzes 8 Nr. 1 sowie des SubvG. Sodann enthebt die ausdrückliche Einbeziehung der sonstigen Stellen und Personen in den Begriff des Subventionsgebers den Rechtsanwender auch der Notwendigkeit, im Wege der Auslegung die Täuschung dieser Erklärungsadressaten als Täuschung des „eigentlichen“ Subventionsgebers (Subventionsträgers) zu deuten (Tiedemann ZStW 87 [1975] 292), sowie des Erfordernisses, festzustellen, welche Funktionen entbehrlich oder abspaltbar sind, ohne dass ein Rechtssubjekt die Eigenschaft als Subventionsträger verliert. Die erstere Frage bleibt allerdings im Ansatz letztlich doch bestehen (und im Wege der Auslegung lösungsbedürftig), wenn der Täter die unrichtigen Angaben gegenüber einer Stelle macht, die nach ihrer Funktion im Subventionsverfahren mit dem unrichtigen Teil der Angaben gar nicht befasst ist. Hier wird die tatsächliche Entgegennahme und Weiterleitung (!) ausreichen, sofern die Stelle wenigstens zur Entgegennahme entsprechender Erklärungen zuständig ist (Sch/Schröder/Perron Rdn. 41, die das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit zutreffend auch auf die genannten Stellen und Personen ausdehnen; vgl. auch Geuenich-Cremer S. 109 ff).

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Dem Subventionsgeber steht der (von § 264 nicht ausdrücklich genannte) Subven- 89 tionsnehmer gegenüber, als welchen § 2 Abs. 1 SubvG denjenigen bezeichnet, „der für sich oder einen anderen eine Subvention beantragt oder eine Subvention oder einen Subventionsvorteil in Anspruch nimmt“. Dieser Begriff, der im Rahmen des § 264 vor allem für Absatz 1 Nr. 2 sowie für Absatz 7 relevant ist, wird vom Gesetz recht weit gefasst, denn neben der förmlichen Antragstellung reicht auch jedes sonstige (tatsächliche) Erlangen der Subvention oder eines Subventionsvorteils aus, sofern der derart Begünstigte sich nur eines Rechtes auf diese Begünstigung berühmt. Da als Subventionsnehmer auch derjenige anzusehen ist, der eine Subvention „für einen anderen“ beantragt, ist Subventionsnehmer auch der Vertreter ohne Vertretungsmacht (Hoyer SK Rdn. 48 mit Nachw.), aber auch derjenige, für den der Antrag ohne Vertretungsmacht gestellt wurde, sobald er die Subvention tatsächlich in Anspruch nimmt (Samson SK4 Rdn. 52). Neben den Angestellten eines Betriebes oder Unternehmens (Rdn. 34) zählen zum Begriff des Subventionsnehmers insbesondere aufgrund eigener Antragstellung („für einen anderen“) auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte usw. (zust. Wohlers MK Rdn. 53 mit Nachw.). Der strafrechtlich für § 264 Abs. 1 Nr. 1 relevante Täterkreis reicht allerdings noch weiter (vgl. bereits oben Rdn. 33 f), so dass Subventionsnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 SubvG und Täterkreis des Absatzes 1 Nr. 1 nicht identisch sind. Immerhin decken sich die beiden Begriffskreise für den praktisch im Vordergrund stehenden Fall der Antragstellung. Probleme, die sich aus der Einschaltung dritter Personen (z.B. Anwalt, Bankange- 90 stellte) auf der Subventionsnehmerseite ergeben, sind über die allgemeinen Täterlehren zu lösen (dazu im Einzelnen unten Rdn. 158 ff): Die dritten Personen können bei Bösgläubigkeit (Nr. 1, 2 und 4) oder Leichtfertigkeit (Nr. 1 und Nr. 2) Täter sein, während bei Gutgläubigkeit oder nur leichter Fahrlässigkeit (mittelbare) Täterschaft des Subventionsnehmers in Betracht kommt. b) Subventionsverfahren (Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4) ist das verwaltungsmäßige Ver- 91 fahren der Subventionierung. Es beginnt im strafrechtlich relevanten Sinne erst mit dem Antrag auf Bewilligung der Subvention (§ 2 Abs. 1 SubvG) und endet grundsätzlich mit der Gewährung der Subvention (Schmid S. 37) oder dem endgültig ablehnenden Bescheid des Subventionsgebers (zust. Fischer Rdn. 19 und Wohlers MK Rdn. 56, je mit Nachw.). Ein gerichtliches Verfahren, in dem etwa die Rechtmäßigkeit der ablehnenden Entscheidung der Behörde überprüft wird, zählt nicht mehr zum Subventions(verwaltungs)verfahren (Sch/Schröder/Perron Rdn. 40). Ein zeitlich früherer Beginn wäre an und für sich denkbar und vielleicht auch zweck- 92 mäßig (Beispiel: der Täter macht vor Antragstellung durch den Subventionsnehmer im Hinblick auf einen zu erwartenden Antrag unrichtige Angaben, die der Antragsteller selbst nicht kennt). Jedoch setzen auch Nr. 1 und Nr. 3 sachlich voraus, dass (bereits) ein Subventionsverfahren in Gang gesetzt ist, und dies geschieht regelmäßig nur auf Antrag. (Für Nr. 3 ist allerdings im Hinblick auf § 3 SubvG zutreffend, dass das Subventionsverfahren häufig bereits abgeschlossen sein wird.) Bloße Erkundigungen insbesondere des potentiellen Subventionsnehmers, z.B. nach den Aussichten eines späteren Antrages, reichen ebenso wie bei § 265b (vgl. dort Rdn. 52) nicht aus.57 Auch mit der Ausfuhranmel57

Fischer Rdn. 19; Geuenich-Cremer S. 102 ff; Hoyer SK Rdn. 49; Lackner/Kühl Rdn. 16; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1660; Sch/Schröder/Perron Rdn. 48; Wohlers MK

Rdn. 56. Zur Praxis vor Antragstellung sowie zu Form und Inhalt des Antrags Schmid S. 25 ff.

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dung von Ware beim Ausfuhrzollamt (als „eingeschalteter Stelle“) beginnt entgegen Janovsky (NStZ 1998 120) noch nicht das Verfahren zur Bewilligung einer Exportsubvention (z.B. Ausfuhrerstattung, Rdn. 70; ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 48). Der früher von Dreher/Tröndle48 (Rdn. 13) für das eingangs genannte Beispiel vertretenen Gegenansicht ist zuzugeben, dass – wie hier wiederholt dargelegt – sich auch beim Täterkreis Antragsteller (Subventionsnehmer) und unrichtig Erklärender nicht decken. Jedoch sollte diese konstruktiv wenig glückliche Diskrepanz nicht auch noch für eine Strafbarkeitsausweitung in typische Vorbereitungsstadien hinein ausgenutzt werden. Zweifelhaft kann im Einzelfall der Endzeitpunkt sein, zumal wenn eine laufende oder 93 periodische Verwendungskontrolle nach Subventionsgewährung vorgenommen wird oder wenn es – nach Kontrolle, Anzeige oder sonstwie – zur Rückforderung der Subvention kommt. Das vom Subventionsgeber eingeleitete Rückforderungsverfahren wird man indessen in Übereinstimmung mit der verwaltungsrechtlichen Terminologie (§ 9 VerwaltungsverfahrensG) als neues, eigenes Subventionsverfahren ansehen müssen (ebenso Fischer Rdn. 19; Saliger S/S/W Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 49 m.w.N.), um nicht das Vergabeverfahren entgegen allen gängigen Verfahrensvorstellungen unendlich andauern zu lassen. Jedoch ist hier und auch im Übrigen das Verwaltungsrecht und insbesondere das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht schlechthin maßgebend. Bei Einschaltung privatwirtschaftlicher Stellen als Subventionsgeber (oben Rdn. 43) können verwaltungsrechtliche Regeln jedenfalls nicht unmittelbar gelten, und auch das Subventionsverwaltungsverfahren kann mehrere eigenständige Verwaltungsverfahren enthalten. Es erscheint daher zutreffend, von einem eigenständig strafrechtlichen Begriff des Subventionsverfahrens auszugehen. Bei der Weitergewährung einer Subvention endet dieses Verfahren nicht vor Erbringung der letzten Leistung des Subventionsgebers (zust. Gössel BT 2 S. 463). Auch die Überwachung der Einhaltung etwaiger Verwendungsbeschränkungen zählt noch zum Subventionsverfahren (Carlsen AgrarR 1978 297 Fn. 22b; Sch/Schröder/Perron Rdn. 40), jedenfalls wenn die Kontrolle bereits bei Bewilligung oder Ausreichung der Subvention intendiert war; im letzteren Fall wird man sogar das auf Grund der Kontrolltätigkeit eingeleitete Rückforderungsverfahren noch als Teil des (bisherigen) Subventionsverfahrens ansehen können.

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3. Die Tathandlung nach Absatz 1 Nr. 1 umfasst das – ausdrückliche oder konkludente – Machen von schriftlichen oder mündlichen unrichtigen Angaben, die für den Täter oder für den Begünstigten vorteilhaft sind. Im Hinblick auf Existenz und Inhalt von Nr. 3 (dazu unten Rdn. 109 ff) ist Nr. 1 primär auf positives Tun beschränkt. Jedoch kann der Tatbestand mittäterschaftlich oder nebentäterschaftlich auch durch Unterlassen erfüllt werden, z.B. wenn der Betriebsinhaber die unrichtigen Angaben seines Angestellten duldet (Sch/Schröder/Perron Rdn. 48; dazu BGHSt 30 177, 181).

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a) Angaben sind alle schriftlichen und mündlichen Erklärungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen subventionserheblicher Tatsachen. § 264 ist ein Äußerungsdelikt (Eberle S. 130; Saliger S/S/W Rdn. 23), das eine zumindest konkludente Gedankenerklärung voraussetzt (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 43). Daher reichen bloße Manipulationen der Außenwelt selbst dann nicht aus, wenn dadurch auf die Vorstellung des Subventionsgebers eingewirkt wird.58 Auch das bloße Dulden der Entnahme einer Probe 58

Carlsen AgrarR 1978 297; Eberle S. 130 f; Saliger S/S/W Rdn. 23; Sch/Schröder/Perron aaO Rdn. 43; Wohlers MK Rdn. 64; aA

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Hellmann NK Rdn. 83 und Hoyer SK Rdn. 51.

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landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch einen Amtsträger zwecks Überprüfung der Qualität der Ware enthält keine Erklärung gegenüber dem Amtsträger (BGH NJW 1981 1744 mit zust. Anm. Tiedemann JR 1981 470, der allerdings auf die Möglichkeit hinweist, in einem Hinführen zu dem Aufbewahrungsort der Ware eine konkludente Erklärung zu sehen); in Betracht kommt hier aber eine Tat nach Nr. 3. Dagegen erfasst Nr. 1 die Vorlage verfälschter Augenscheinsobjekte als Erklärung (zust. Perron aaO), da hier – zum Teil anders als bei § 265b – Schriftlichkeit der Angabe nicht erforderlich ist. b) Die vom Täter gemachten Angaben sind unrichtig, wenn sie nicht mit der Wirk- 96 lichkeit der subventionserheblichen Tatsachen übereinstimmen (zust. BGHSt 34 111, 115 und Wohlers MK Rdn. 79 mit Nachw.; ebenso BGH wistra 2010 100, 101 m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ist objektiv, also losgelöst von der Vorstellung des Täters, zu treffen (Lackner/Kühl Rdn. 17). Bereits in diesem objektiven Sinne wird häufig bei Bilanzen, die etwa im Zusammenhang mit der Beantragung von Kreditsubventionen vorgelegt werden, ein Spielraum bestehen, innerhalb dessen mehrere Aussagen vertretbar sind (dazu näher Tiedemann LK § 265b Rdn. 70 ff). Hier wie auch bei sonstigen Bewertungen ist eindeutige Überschreitung der Ermessensgrenzen erforderlich (BGH wistra 1995 222 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136b). Der Tatbestand entfällt auch, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben auf solche Tatsachen bezieht, die für die Entscheidung über die Subvention rechtlich nicht erheblich sind. Eine konkludent unrichtige Angabe liegt etwa darin, dass ein vorprüfender Amtsträger (vgl. oben Rdn. 37) die Unterlagen seinem Vorgesetzten zur Unterschriftsleistung vorlegt (BGHSt 32 203, 205 ff). Zur Erfassung von Schein- und Umgehungshandlungen BGH wistra aaO und unten Rdn. 123 ff. c) Unvollständig sind solche Angaben, die einen einheitlichen Lebenssachverhalt nur 97 teilweise und dadurch in seinem Sinn entstellt wiedergeben (BGH NStZ 2006 625, 627 f und wistra 2010 100, 101; Lackner/Kühl Rdn. 17). In diesem Sinne ergibt sich ein „unvollständiges Gesamtbild“ z.B. durch das Verschweigen einer Provision bzw. eines Preisnachlasses (BGHR § 264 Abs. 1 Nr. 1 Subventionserhebliche Tatsache 2; AG Hamburg wistra 1984 151 [f]) oder der Finanzierung eines für die Subventionierung einer Investition erforderlichen Eigenanteils des Gesellschafters aus dem Vermögen der zu subventionierenden Gesellschaft (BGH NStZ aaO). Dasselbe gilt, wenn zum Nachweis einer Zahlung die Hingabe eines Schecks unter Verschweigen einer Stundungsabrede angeführt (LG Hamburg wistra 1988 326; Sch/Schröder/Perron Rdn. 44) oder ein Strohmann-Verhältnis verschwiegen wird (Tiedemann aaO: zumindest unvollständig). Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass der hypothetische Bezugspunkt: die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts, nicht stets sicher zu umreißen ist. Die natürlich-soziale Betrachtungsweise lässt sich nicht unabhängig von der konkreten Normenordnung durchführen; sie ist in Wahrheit eine normativ-soziale (was Auswirkungen auf die Bestimmung des Tätervorsatzes hat). Die Unvollständigkeit kann sich insbesondere aus dem Subventionszweck ergeben, sofern dieser hinreichend deutlich im Gesetz umschrieben ist (Lackner/Kühl Rdn. 17; AG Alsfeld NJW 1981 2588 [f] m.w.N.). Unter den Straftatbestand fallen solche Angaben nicht, die „erkennbar unvollständig“ 98 sind oder „deren Überprüfung sich der Mitteilende noch vorbehalten hat“.59 Jedoch 59

Carlsen AgrarR 1978 297; ebenso Eberle S. 131 f; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 169 („teleologische Reduktion“);

Mitsch BT 2 § 3, 54; Sch/Schröder/Perron Rdn. 44 (a.E.).

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bedarf der Hervorhebung, dass die Erkennbarkeit der Unvollständigkeit sich objektiv nach der Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts bestimmt und dass der Überprüfungsvorbehalt deutlich erklärt sein muss (vgl. auch unten Rdn. 104). Gelegentlich wird angenommen, die unvollständige Angabe verwirkliche in der Regel 99 zugleich den Tatbestand der Nr. 3 (Göhler Prot. 7/2680). Dies ist nicht zutreffend. Wenn der Täter einzelne (richtige oder unrichtige) Angaben macht und dabei weitere Angaben, die für die Entscheidung über die Subventionsbewilligung (usw.) erheblich sind, weglässt, verwirklicht er nur eine Begehungstat nach Nr. 1, sofern die Angaben insgesamt einen einheitlichen Lebenssachverhalt betreffen, nämlich ein enger Zusammenhang der positiven Angaben mit den verschwiegenen Umständen besteht.60 In diesem Fall liegt schon kein (relevantes) Unterlassen vor, so dass es auf die für Nr. 1 und Nr. 3 identische Höhe der Strafdrohung und die dadurch indizierte Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen nicht ankommt.

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d) Das Erfordernis der Vorteilhaftigkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angaben ist praktisch überflüssig bzw. dient nur der Klarstellung, da es sich bereits aus dem im Übrigen richtig verstandenen Tatbestand und dem geschützten Rechtsgut ergibt:61 Nr. 1 erfasst nämlich nicht solche Angaben, die zur Nichtgewährung (oder Verringerung) der Subvention führen müssen, die also dem Subventionsnehmer ungünstig sind (BGHSt 34 265, 269; 36 373, 376 mit Nachw.); Gleiches gilt für völlig indifferente Angaben (BayObLG MDR 1989 1014; Fischer Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 56 m.w.N.). Es handelt sich allerdings um ein Tatbestandsmerkmal, das vom Vorsatz (bzw. nach Absatz 4 von der Leichtfertigkeit) umfasst sein muss (vgl. nur Geuenich-Cremer S. 126 ff). Vorteilhaft ist damit jede Angabe, die als Gesichtspunkt für die Gewährung oder das 101 Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils positiv erheblich ist, also die Aussichten auf Bewilligung der Subvention zu verbessern geeignet ist (BGHSt 34 270).62 Mit der ausdrücklichen Klarstellung dieses Erfordernisses sollten u.a. die Fälle eliminiert werden, in denen durch unzutreffende Tatsachenbehauptungen die Subventionierungschancen eines Mitbewerbers verschlechtert werden.63 Umstritten ist die Behandlung der Fälle, in denen die Unrichtigkeit oder Unvollstän102 digkeit der Angaben im Ergebnis die rechtliche Situation des Täters deshalb nicht verbessert, weil er oder der begünstigte Dritte unter anderen tatsächlichen Gesichtspunkten als den falsch vorgetragenen subventionsberechtigt ist. Es geht also um die lügenhafte Verbesserung der Beweislage (Volk in Belke/Oehmichen S. 80) bzw. um eine Kompensation, die allerdings nach übereinstimmender Auffassung dann ausscheidet, wenn es sich um die Subvention für ein anderes Förderungsobjekt, für einen anderen Subventionszeitraum, auf anderer rechtlicher Grundlage, durch einen anderen Subventionsgeber oder für einen anderen Subventionsnehmer handelt (Meine wistra 1988 16; Sch/Schröder/Perron

60

61

Zustimmend Fischer Rdn. 23 und Eberle S. 131; Gössel BT 2 S. 468; Lackner/Kühl Rdn. 17; vgl. auch AE „Straftaten gegen die Wirtschaft“ Begr. S. 71; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 36 und JR 1973 429 f; wohl auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 44. BGHSt 36 373, 376; D. Geerds S. 253 Fn. 286; Sch/Schröder/Perron Rdn. 47; ebenso schon Tiedemann Prot. 7/2471 und ZStW 87 (1975) 292.

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Berz BB 1976 1437; D. Geerds S. 253; Lackner/Kühl Rdn. 18; Rengier BT I § 17, 5; Saliger S/S/W Rdn. 26; vgl. auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 80. Göhler Prot. 7/2678; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1660; Sch/Schröder/Perron Rdn. 47; Schulz S. 45 f; Volk in Belke/ Oehmichen S. 80.

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Subventionsbetrug

§ 264

Rdn. 47 m.w.N.). Mit dieser Einschränkung soll nach h.L. – wie bei § 263 – relevant sein, ob der „wahre Sachverhalt“ die Subventionsbewilligung rechtfertigen, nämlich die Subventionsvoraussetzungen erfüllen würde; für diese Ansicht wird vor allem auch auf § 264 Abs. 2 Nr. 1 verwiesen.64 Dagegen wollen BGHSt 36 373, 374 ff und bereits BGHSt 34 265, 267 ff sowie BayObLGSt 1989 31 f in bewusster Abkehr von § 263 durch § 264 die (folgenlose) Täuschung als solche erfassen, da sie unabhängig von der hypothetischen Kausalität die Gefahr falscher Entscheidungen im Subventionsverfahren und damit der Fehlleitung von Subventionen begründe.65 Diese Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welche die Vorteilhaftigkeit als Eignung der Angaben zur günstigen Beeinflussung der Subventionsentscheidung versteht (vgl. Rdn. 101 und Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 689), läuft auf einen strafrechtlichen Schutz der Wahrheit im Subventionsverfahren und damit des Subventionsverfahrens selbst hinaus. Sie ist mit der oben Rdn. 23 ff vorgenommenen Rechtsgutsbestimmung nicht vereinbar (zutr. D. Geerds S. 254 f). Richtig und angemessen ist demgegenüber eine Behandlung der Kompensationsfrage entsprechend § 370 Abs. 4 Satz 3 AO (zutr. Meine aaO S. 15; wohl auch Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 27 f), wo der Beweismittelbetrug gegenüber der Verwaltung öffentlichen Vermögens jedenfalls dann strafbar ist, wenn er zum Ausschluss des Ermessens der Finanzbehörde führt (vgl. BGH BStBl. 1961 I 459 und MDR 1979 772). Demgegenüber müsste die weitreichende Zulassung der Berücksichtigung hypothetischer Sachverhalte (z.B. Ausfuhr von Getreideprodukten nach Italien statt der angeblichen Ausfuhr in die Schweiz, BGH JZ 1975 183 ff mit Anm. Tiedemann) durch die h.L. in der Praxis zu einer relativ häufigen Anwendung von Absatz 4 führen, da die Vorteilhaftigkeit echtes Tatbestandsmerkmal ist und daher vom Vorsatz umfasst sein muss (oben Rdn. 100). Die weitreichende Formalisierung der Anspruchsvoraussetzungen im Subventionswesen verringert die Bedeutung der Streitfrage allerdings erheblich (insoweit zutr. Kindhäuser JZ 1991 492, 495 f). Soweit § 264 als abstraktes Gefährdungsdelikt eingeordnet wird (Rdn. 27), ist die Annahme folgerichtig, dass bei Sicherstellung einer materiell gerechtfertigten Subventionsbewilligung der Tatbestand entfällt (so Hoyer SK Rdn. 58 a.E.; vgl. bereits oben Rdn. 31). e) Die Angaben sind gemacht und die Tat ist vollendet, wenn sie im Rahmen eines 103 Subventionsverfahrens (dazu oben Rdn. 91 ff) der zuständigen Behörde, Stelle oder Person zugegangen sind (BGH wistra 2007 217 [f]; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1660; Sch/Schröder/Perron Rdn. 48 m.w.N.). Nach dem Gesetzeswortlaut wäre an sich eine Tatbegehung auch noch nach Bewilligung oder Gewährung der Subvention möglich, zumal auch das Subventionsverfahren begrifflich nicht mit diesen Zeitpunkten endet (oben Rdn. 93). Jedoch ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus dem systematischen Zusammenhang mit Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 4, dass mit Bewilligung bzw. Gewährung der Subvention die Möglichkeit der Begehung einer Tat nach Absatz 1 endet. Der Wortlaut des Absatzes 1 Nr. 1 spricht dafür, entscheidend auf die Bewilligung abzustellen.

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Kindhäuser Rdn. 12 und JZ 1991 492, 494 sowie Sch/Schröder/Perron Rdn. 47, je mit zahlreichen Nachw.; ebenso insbes. OLG Karlsruhe MDR 1981 159; Eisele BT II Rdn. 692; Hellmann NK Rdn. 87; Lackner/ Kühl Rdn. 18; Mitsch BT 2 § 13, 56; Saliger S/S/W Rdn. 26; Wattenberg in Achenbach/

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Ransiek IV 2 Rdn. 49. Nach GeuenichCremer S. 123 ff soll das Merkmal der Vorteilhaftigkeit bei § 264 das des Vermögensschadens bei § 263 ersetzen. Zustimmend Achenbach JR 1988 251; Gössel BT 2 S. 466; Meine wistra 1988 13; Otto BT § 61, 19; Wohlers MK Rdn. 89.

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Nicht erforderlich für die Vollendung ist ein Irrtum oder das Ergehen einer Entscheidung des Subventionsgebers. Auch setzt der Zugang bei schriftlichen Angaben lediglich voraus, dass die Erklärung auf Veranlassung des Täters in den Machtbereich des Empfängers gelangt und nach den Umständen zu erwarten ist, dass der Empfänger von ihr Kenntnis nimmt (zust. Hoyer SK Rdn. 53 mit Nachw.; vgl. im Einzelnen Tiedemann LK § 265b Rdn. 84 ff). Bei mündlichen Angaben ist dagegen Kenntnisnahme des Amtswalters der – zumindest für die Empfangnahme – zuständigen Stelle (bzw. Person) erforderlich. Zutreffend weist im Übrigen Fischer (Rdn. 22) darauf hin, dass der Täter hier ebenso wie bei § 263 mit seiner Erklärung vorspiegeln muss, dass die Angaben richtig und vollständig seien. Der Tatbestand entfällt also, wenn der Täter erklärt, er müsse die Angaben noch auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (vgl. bereits oben Rdn. 98) oder überlasse diese Überprüfung dem Subventionsgeber. Entsprechendes gilt, wenn er erklärt, die Angaben seien unvollständig und daher noch ergänzungsbedürftig (Rdn. 98).

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f) Die Einschränkung schließlich, dass der Täter für sich oder einen anderen handeln muss, hat zu Auslegungszweifeln geführt, soweit der Täter fremdnützig handelt: Während Sch/Schröder/Perron (Rdn. 49 m.w.N.) es ausreichen lassen, dass der Erklärende als Vertreter eines Dritten oder „jedenfalls zu dessen Gunsten“ handelt, bezweifeln Lackner/Kühl (Rdn. 19), ob nicht „die zweckhafte Verfolgung des Interesses“ eines (bestimmten) anderen erforderlich sei. Der Abgrenzung kommt Bedeutung insbesondere für die bereits oben Rdn. 36 ff erwähnte Frage der Strafbarkeit von Amtsträgern zu, die im Subventionsverfahren mit dem Subventionsnehmer kollusiv zusammenwirken oder auch ohne solches Zusammenwirken von sich aus Unregelmäßigkeiten begehen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde insoweit vor allem der Fall diskutiert, dass ein Amtsträger im Subventionsverfahren die Richtigkeit von Anträgen vorzuprüfen und zu bestätigen hat; die bewusst unrichtige Bestätigung soll hier nach überwiegender Ansicht Täterschaft des Amtsträgers begründen.66 Die Gegen- und Minderheitsauffassung, wonach regelmäßig nur Beihilfe vorliege, soll auch dadurch gestützt werden, dass Absatz 1 Nr. 1 nur eine Tat gegenüber dem Subventionsgeber „von aussen“, nicht dagegen interne Vorgänge innerhalb der Organisation des Subventionsgebers selbst meine (Otto BT § 61, 20 und JR 1984 475 ff). Dem ist entgegenzuhalten, dass der weite Täterbegriff des Absatzes 1 Nr. 1 und insbesondere die möglichst umfassende Einbeziehung von Amtsträgern ausweislich der gesamten Entstehungsgeschichte vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt (RegE S. 26 f; Bericht Sonderausschuss S. 7; oben Rdn. 36 ff) und nicht nur mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar, sondern in Absatz 2 Nr. 2 auch hinlänglich zum Ausdruck gelangt ist. Das Merkmal „für sich oder einen anderen“ ist daher ähnlich wie auch sonst (vgl. § 263 StGB, § 370 Abs. 1 AO) weit auszulegen (Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 688). Die h.M. verdient somit Zustimmung.

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4. Der Verstoß gegen eine durch Rechtsvorschrift oder den Subventionsgeber auferlegte Verwendungsbeschränkung (Absatz 1 Nr. 2) ist seit dem FinanzschutzG 1998 generell strafbar und tatbestandlich in Anlehnung an § 392 Abs. 2 RAO a.F. gestaltet. Das Verhalten kann als untreueähnlich bezeichnet werden, wird aber durch § 266 nicht erfasst, da den Subventionsempfänger keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Sub-

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BGHSt 32 203, 205 ff mit Anm. Otto JR 1984 475 ff und Schünemann NStZ 1985 73 ff; OLG Hamburg MDR 1984 423; Eisele BT II Rdn. 692; Fischer Rdn. 47; Ranft JuS

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1986 445 ff und NJW 1986 3163, 3171; Sch/Schröder/Perron Rdn. 77; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 688; Wohlers MK Rdn. 55 m.w.N.

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Subventionsbetrug

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ventionsgeber trifft (BGHSt 49 147, 156 mit insoweit zust. Anm. Tiedemann JZ 2005 45, 46; Rengier BT I § 17, 8). Die Strafbarkeit ist unabhängig von etwaigen Aufklärungsund Mitteilungspflichten des Subventionsnehmers (BT-Drs. 13/10425 S. 6), wie sie § 3 SubvG für nationale (Bundes-)Subventionen statuiert und deren Verletzung (auch) zur Strafbarkeit nach Absatz 1 Nr. 3 führt. Nr. 2 hat damit vor allem für EU-Subventionen Bedeutung, bei denen es entsprechende Anzeigepflichten nicht flächendeckend gibt (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 49a und Wohlers MK Rdn. 90, je mit Nachw.). Die weite Ausdehnung des Täterkreises (Rdn. 34) entspricht für nationale Subventionen § 3 Abs. 2 SubvG, der die Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 zusätzlich vorverlegt, und ist verfassungsrechtlich unbedenklich (aA Fischer Rdn. 25a, der aber den Gedanken der Treupflicht überbewertet). Die Verwendungsbeschränkung kann – alternativ – auf einer Rechtsvorschrift (auch 107 der EU oder anderer Mitgliedsstaaten, zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 49b), einem Verwaltungsakt des Subventionsgebers oder einem Vertrag mit dem Subventionsgeber beruhen (BT-Drs. 13/10425 S. 6). Eine ausdrückliche Kennzeichnung der Verwendungsbeschränkung ist nicht erforderlich; wie bei Absatz 8 Nr. 2 reicht es aus, dass sie sich im Wege der Auslegung eindeutig aus der Vergabenorm oder dem Vergabeakt ergibt (zust. Perron aaO und Wohlers MK Rdn. 92). Bezugsobjekt der Beschränkung ist – meist – eine subventive Geldleistung, aber auch ein sonstiger „Gegenstand“ (Sache oder Recht), der zum Beispiel mit Subventionsmitteln erworben oder dessen Verwendung, etwa als Stilllegung, durch die Subvention gesteuert werden soll (Perron aaO; vgl. sogleich Rdn. 108). Die Zweckentfremdung ist kein echtes Unterlassen (so aber Hoyer SK Rdn. 60 mit 108 Nachw.), sondern grundsätzlich aktives Tun, ausnahmsweise – bei entsprechender Auflage oder Vertragsklausel, die eine Verpflichtung zum Handeln begründet, – unechtes Unterlassen, da der Zweck einem Erfolg gleich steht. Tatbestandsmäßig ist daher die Weiterverwendung einer Sache, für die eine Abwrackprämie gezahlt wird (ältere Beispiele aus Landwirtschaft und Schifffahrt bei Tiedemann Subventionskriminalität S. 210 ff, 243 ff). Der Gebrauch unrichtiger Abwrackbescheinigungen von Verschrottungsunternehmen (dazu Tiedemann aaO S. 245 ff) erfüllt Absatz 1 Nr. 1, solange das Subventionsverfahren andauert (Rdn. 91 ff). Mit der ersten zweckwidrigen Verwendungshandlung ist die Tat nach Nr. 2 vollendet; ihre Beendigung setzt erst mit Abschluss des zweckwidrigen Verwendungsvorgangs ein (Sch/Schröder/Perron Rdn. 49c). – Wird die subventive Geldleistung mit einer konkreten Zwecksetzung wie zum Beispiel der Anschaffung bestimmter Investitionsgüter oder der Vornahme bestimmter Umweltschutzmaßnahmen verbunden (Beispiele bei Tiedemann aaO S. 249 ff, 264 f), so kann Nr. 2 bereits erfüllt sein, wenn die Gelder auf einem Konto des Empfängers zunächst stehen gelassen werden, um Zinsen zu ziehen oder Liquidität zu erhalten (zust. Wohlers MK Rdn. 93 mit Nachw.). Der Zuwendungsakt, seine Rechtsgrundlage, das VwVfG oder die Verkehrsauffassung entscheidet darüber, wann mit der bezweckten Maßnahme zu beginnen und das Geld entsprechend zu verwenden ist. 5. Das echte Unterlassungsdelikt nach Absatz 1 Nr. 3 setzt Unkenntnis des Subven- 109 tionsgebers über eine subventionserhebliche Tatsache sowie Unterlassen der Aufklärung durch den hierzu verpflichteten Täter voraus. a) Die Unkenntnis des Subventionsgebers beinhaltet begrifflich, dass der Subven- 110 tionsgeber (im Sinne der Legaldefinition des Absatzes 1 Nr. 1) eine relevante Tatsache im Zeitpunkt der Verletzung der Mitteilungspflicht (OLG Stuttgart MDR 1992 788) nicht kennt. Bei positiver Kenntnis des Subventionsgebers entfällt also jede Strafbarkeit nach Nr. 3, auch wenn der Täter irrig von der Unkenntnis des Subventionsgebers ausgeht (Ver-

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such des § 264 ist straflos!). Diese Fallkonstellation kann sich vor allem auch deshalb ergeben, weil § 3 Abs. 1 SubvG nicht sofortige, sondern „unverzügliche“ Mitteilung fordert (vgl. dazu auch BGH NStZ 1995 46, 47). Für die Einschränkung, dass die Kenntnis auf einer Mitteilung des Subventionsnehmers beruhen müsse (so Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 22), besteht kein Anlass (vgl. auch Hanack LK § 138 Rdn. 22; Tiedemann GmbH-Strafrecht § 84 Rdn. 9 und 41). – Ebenso scheidet – mangels Vorsatzes – eine Strafbarkeit nach Nr. 3 aus, wenn der Täter irrig annimmt, der Subventionsgeber sei über die subventionserhebliche Tatsache bereits informiert. Kenntnis und Verdacht oder Zweifel sind nicht identisch. Kenntnis bedeutet sicheres 111 Wissen von der (relevanten) Wirklichkeit (zust. Hoyer SK Rdn. 64 mit Nachw.). Damit wird vor allem konkretes Wissen von den subventionserheblichen Umständen des Einzelfalles gefordert; andernfalls liegt Unkenntnis vor. Die Unkenntnis wird also nicht beseitigt durch das Wissen, dass auf einem bestimmten Gebiet Missstände an der Tagesordnung sind (Tiedemann Subventionskriminalität S. 305 und ZStW 107 [1995] 635 ff mit weit. Nachw.), oder durch den Verdacht, dass der Subventionsnehmer Manipulationen vorgenommen hat (zust. Wohlers MK Rdn. 101). Dagegen entfällt Unkenntnis, wenn der zuständige Sachbearbeiter oder ein Vorgesetzter die subventionserhebliche Tatsache kennt (Hoyer aaO mit Nachw.; allgemein zu der Frage der Wissenszurechnung Tiedemann LK § 263 Rdn. 82 mit Nachw.). Soweit mehrere Stellen oder Personen als Subventionsgeber in das Subventionsverfah112 ren eingeschaltet sind, greift der Tatbestand bereits dann nicht ein, wenn die erforderliche Mitteilung auch nur an eine – jedenfalls zur Entgegennahme solcher Erklärungen zuständige – Stelle oder Person erfolgt (zust. Wohlers MK Rdn. 100 mit Nachw.).

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b) Die in Nr. 3 vorausgesetzte gesetzliche Pflicht zur Aufklärung betrifft vor allem die Fälle des nachträglichen Wegfalls von Vergabevoraussetzungen und der zweckwidrigen Verwendung der Subvention, z.B. die Fehlleitung einer verbilligt erhaltenen Ware (Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1660; oben Rdn. 84 und 106 ff), aber auch die Konstellation, dass der Subventionsnehmer nachträglich erkennt, dass die von ihm oder einem anderengemachten Angaben unrichtig sind (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 53). Entgegen dem durch die Legaldefinition des Absatzes 1 Nr. 1 erzeugten Anschein ist für Nr. 3 nicht erforderlich, dass dasselbe Subventionsverfahren (im Sinne von oben Rdn. 91) noch andauert. Vielmehr kann die Aufklärungspflicht auch Fallgestaltungen betreffen, in denen die Subvention bereits gewährt ist und die Aufklärung die Grundlage für den Widerruf der Subvention schafft (zust. Perron aaO). Entsprechend der Rechtsnatur als echtes Unterlassungsdelikt ergibt sich die Mit114 teilungspflicht aus besonderen Rechtsvorschriften.67 In Betracht kommen insbesondere einzelne gesetzliche Vergabevorschriften (einschließlich EU-Recht), wie § 3 Abs. 1 Satz 2 SubvG klarstellt (zust. Wohlers MK Rdn. 97 mit Nachw.). Ist die Offenbarungspflicht dagegen in vertraglichen Vereinbarungen, Verwaltungsrichtlinien oder behördlichen Auflagen oder Bedingungen festgelegt, so wird die in Frage stehende Rechtspflicht nur dann hinreichend gesetzlich konkretisiert und für Nr. 3 erheblich, wenn die Angaben entscheidungsrelevant im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 SubvG sind (RegE S. 26; BayObLG NJW 67

Hoyer SK Rdn. 67; Lackner/Kühl Rdn. 21; Sch/Schröder/Perron Rdn. 52; Wohlers MK Rdn. 97. Weitergehend Ranft NJW 1986 3171, der einerseits § 3 SubvG auf die oben Rdn. 113 genannten Fälle einengt, anderer-

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seits aber ergänzend auf allgemeine Garantenpflichten abstellt (z.B. Garantenstellung aus Übernahme bei vertraglich vereinbarten Mitteilungspflichten; dazu sogleich im Text).

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1982 2202 f; krit. Ranft NJW 1986 3170). Diese Vorschrift begründet aber auch eine generelle Mitteilungspflicht im Hinblick auf alle Tatsachen, „die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind“. Damit wird der „Grundsatz der Subventionsehrlichkeit“ für das Bundesrecht gesetzlich festgelegt; er darf und braucht daher nicht erst aus Treu und Glauben oder sonstigen Gesichtspunkten hergeleitet zu werden (Göhler/Wilts DB 1976 1614). Allerdings ist § 3 Abs. 1 S. 1 SubvG außerhalb des Bundesrechts zwar auf Landes-, nicht dagegen auf EU-Recht anwendbar (oben Rdn. 11). Auch die EG-VO Nr. 2988/95 (oben Rdn. 12) hat keinen vergleichbaren Grundsatz eingeführt. – § 3 Abs. 1 SubvG betrifft neben vertraglichen Verpflichtungen auch die Fälle der Ingerenz (nachfolgende Erkenntnis der Unrichtigkeit von Angaben; Rdn. 113; Hoyer SK Rdn. 70 m.w.N.) und der Aufsicht über Mitarbeiter, so dass weithin kein Bedarf dafür besteht, § 13 StGB in § 3 SubvG einzubeziehen (zust. Gössel BT 2 S. 468). Ausdrücklich statuiert § 3 Abs. 2 SubvG auch eine Mitteilungspflicht für denjenigen, der einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Gesetz oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwenden will. Wegen dieser Vorschrift ist die Zweckentfremdungsabsicht nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 subventionserheblich, dies aber auch nach Nr. 3, weil sie materiell eine (konkrete) Gefährdung der Subvention(szwecke) darstellt und deshalb verwaltungsrechtlich der Gewährung oder Belassung der Subvention entgegensteht. Bei tatsächlich zweckwidriger Verwendung (Rdn. 108) tritt das echte Unterlassungsdelikt der Nr. 3 hinter dem Begehungsdelikt nach Nr. 2 zurück.68 Da Nr. 3 ein Sonderdelikt darstellt (oben Rdn. 35), richtet sich die Möglichkeit einer 115 Täterschaft anderer Personen als des Subventionsnehmers nach § 14 (zust. BayObLG NJW 1982 2202 f und Sch/Schröder/Perron Rdn. 56 m.w.N.). Das Erfordernis eines ausdrücklichen Auftrages zur Wahrnehmung von Aufgaben, die dem Inhaber des Betriebes obliegen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2), wird in der Praxis häufig fehlen (vgl. Tiedemann JR 1981 470 zu BGH NJW 1981 1744: Verpflichtung zur Duldung der Entnahme von Proben von zum Export bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnissen). Die Eigenschaft als Subventionsnehmer endet für solche Personen, die diese Eigenschaft nur infolge ihrer Antragstellung für einen Dritten erlangt haben (z.B. Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, landwirtschaftlicher Berater), mit dem konkreten Mandat; Entsprechendes gilt für Angestellte des begünstigten Betriebes.69 c) Sinngemäß kann sich die Mitteilungspflicht nur auf Umstände beziehen, die der 116 Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention entgegenstehen oder die für die Rückforderung der Subvention von Bedeutung sind. Relevant sind hier also von vornherein (und ohne dass es einer ausdrücklichen Klarstellung des Gesetzgebers oder einer Analogie zu Nr. 1 bedürfte) nur solche Umstände, die zu einer Versagung oder Rückforderung der Subvention führen können.70 Das Merkmal der

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Fischer Rdn. 27; Sch/Schröder/Perron Rdn. 53; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 98. Fischer Rdn. 28; Geuenich-Cremer S. 156 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 56; Wohlers MK Rdn. 96 m.w.N.; zw. Carlsen AgrarR 1978 298.

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BayObLG NJW 1982 2202 (f); GeuenichCremer S. 141; Göhler Prot. 7/2725 f; Ranft NJW 1986 3171; Wohlers MK Rdn. 101 m.w.N.; für Analogie (zugunsten des Täters) Berz BB 1976 1437.

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Vorteilhaftigkeit ist also auch auf Nr. 3 zu erstrecken; es bedeutet hier Nachteilhaftigkeit (Hoyer SK Rdn. 69).

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6. Die zusätzliche Erfassung der Täuschung durch Gebrauch von Bescheinigungen in Absatz 1 Nr. 4 dient erklärtermaßen der Lückenschließung,71 ist in Sinngehalt und Tragweite aber zweifelhaft, ja verunglückt.72 Der Tatbestand setzt voraus, dass die Bescheinigung durch unrichtige oder unvoll118 ständige Angaben erlangt, der Aussteller der Bescheinigung also tatsächlich getäuscht worden ist; andernfalls, also auch für die Fälle des kollusiven Zusammenwirkens, entfällt Nr. 4.73 Gedacht ist vor allem an die (seltenen) Fälle, in denen eine andere Stelle als die Bewilligungsstelle eine Bescheinigung ausstellt, aufgrund derer die Subvention ohne zusätzliche Nachprüfung bewilligt wird (Göhler Prot. 7/2681). Sodann sollen jene Fälle erfasst werden, in denen ein Dritter (z.B. ein Angestellter) die Falschangaben vorsätzlich, aber ohne Beteiligung des Täters, gemacht hat.74 Bei der ersteren Fallgestaltung ist allerdings praktisch stets Absatz 1 Nr. 1, bei der zweiten regelmäßig Absatz 1 Nr. 2 anwendbar (Lackner/Kühl Rdn. 22; Sch/Schröder/Perron Rdn. 58). Streitig ist dagegen, ob in Absatz 1 Nr. 4 auch der Fall einzubeziehen ist, dass der Täter selbst die Bescheinigung durch unvorsätzliche und auch nicht leichtfertig gemachte Falschangaben erlangt hat und dies erst nachträglich erkennt.75 Regelmäßig enthält hier jedenfalls die Vorlage der Bescheinigung im Subventionsverfahren (in Kenntnis der Unrichtigkeit der zugrundeliegenden Tatsachen) eine Straftat nach Nr. 1; jedoch bleibt Raum für Nr. 4, wenn die Vorlage nicht als eigene Erklärung des Vorlegenden zu deuten ist, weil z.B. die Vorlage auf ein Verlangen der Behörde zurückgeht (Perron aaO). In Betracht kommt hier freilich auch eine Strafbarkeit aus Nr. 3 in Verbindung, mit § 3 SubvG. – Zur Beseitigung wenigstens eines Teiles dieser Überschneidungen wollen Lackner/Kühl (aaO) Nr. 4 auf Bescheinigungen einer nicht in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle beschränken. Sie lassen damit aber den erwähnten Fall des bösgläubigen Angestellten straflos und wollen diesen Fall anscheinend durch das Merkmal der Subventionsberechtigung erfassen. Da Leichtfertigkeit im Sinne des Absatzes 4 für Absatz 1 Nr. 4 in keinem Fall aus119 reicht, ist stets erforderlich, dass der Täter die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der von ihm oder von einem anderen bei Erlangung der Bescheinigung gemachten Angaben (er)kennt. Bescheinigung im Sinne der Nr. 4 ist auch der Bewilligungsbescheid (zust. Fischer 120 Rdn. 29), obwohl sich diese Auslegung mit der verwaltungsrechtlichen Terminologie kaum in Übereinstimmung bringen lässt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 59). Ausweislich der Entstehungsgeschichte (Bericht Sonderausschuss S. 6; Göhler Prot. 7/2681) soll die Einführung des Merkmals „Subventionsberechtigung“ als Gegenstand der Bescheinigung dieses Ergebnis jedoch hinreichend zum Ausdruck bringen. Besser wäre es gewesen, die Bewilligung ausdrücklich und zusätzlich aufzuführen. Jedoch wird man das vom Gesetzgeber Gewollte als Inhalt eines strafrechtlich-eigenständigen Sprachgebrauchs hinnehmen

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RegE S. 26; Berz BB 1976 1437; Göhler Prot. 7/2681; Hoyer SK Rdn. 73; Lackner/Kühl Rdn. 22; Mitsch BT 2 § 3, 72; Sch/Schröder/Perron Rdn. 58; Wohlers MK Rdn. 102. Berz aaO S. 1437 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 57 und 58; Wohlers MK Rdn. 103 m.w.N. Hellmann NK Rdn. 122; Hoyer SK Rdn. 76;

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Sch/Schröder/Perron Rdn. 60; Wohlers MK Rdn. 105. Bericht Sonderausschuss S. 6; Göhler/Wilts DB 1976 1614; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1660; Lackner/Kühl Rdn. 22. Bejahend Berz aaO sowie Sch/Schröder/Perron Rdn. 58, insbes. gegen Göhler Prot. 7/2691.

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müssen. – Im Übrigen ist Bescheinigung nicht jedes schriftliche Zeugnis, sondern nur eine (amtliche oder private) Bestätigung mit der Wirkung der Bindung oder doch der Maßgeblichkeit für den Subventionsgeber (Hoyer SK Rdn. 77 mit Nachw.). Als Maßgeblichkeit reicht aber die Eignung zur Beeinflussung der Entscheidung des Subventionsgebers aus. Vom Subventionsgeber ausdrücklich angeforderte private Gutachten, Zeugnisse und eidesstattliche Versicherungen eröffnen daher den Anwendungsbereich des Tatbestandes, wenn diese Schriftstücke in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit weitergeleitet werden (zutr. Carlsen AgrarR 1978 298). Auch bei Nr. 4 ergibt sich schließlich im Wege der Auslegung, dass die Bescheinigung für den Subventionsnehmer vorteilhaft sein muss.76 Die unrichtigen oder unvollständigen Angaben, durch welche die Bescheinigung über 121 eine Subventionsberechtigung erlangt worden ist, müssen sich entgegen Hellmann (NK Rdn. 114) auf subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des Absatzes 8 beziehen; dies gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Fischer Rdn. 30; aA LK11 Rdn. 100). Dass die falschen Angaben vorsätzlich oder zumindest leichtfertig gemacht worden sein müssten (so Tröndle 48 Rdn. 22), ist nicht einzusehen, da Nr. 4 keine Anschlussstraftat im engeren Sinne darstellt, sich vielmehr mit (erfolgreichen) Täuschungen des Erst„täters“ begnügt: Herbeiführen der falschen Bescheinigung (insbesondere Bewilligung) und Vorsatz bzw. Leichtfertigkeit hinsichtlich der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit brauchen nicht in derselben Person zusammenzutreffen (zust. Fischer Rdn. 29). Der Tatbestand ist so aufgebaut, dass ein bösgläubiger Täter die von einem anderen – sei es auch gutgläubig – geschaffene rechtswidrige Lage ausnutzt. Der Begriff Gebrauchmachen ist identisch mit dem in § 267 (ebenso Lackner/Kühl 122 Rdn. 22). Als Adressat kommt hier aber nur der Subventionsgeber in Betracht (zust. Wohlers MK Rdn. 107 mit Nachw.), da die Bescheinigung „in einem Subventionsverfahren“ gebraucht werden muss. Der Gebrauch gegenüber etwaigen Hilfspersonen auf Seiten des Subventionsnehmers weist keinen entsprechenden Gefährdungsgehalt auf (eventuell mittelbare Täterschaft des Subventionsnehmers bei Weitervorlage gegenüber dem Subventionsgeber durch die Hilfsperson!). 7. Entsprechend §§ 41 Abs. 2, 42 AO enthält § 4 SubvG ausdrückliche Regelungen 123 über Schein- und Umgehungshandlungen, wobei aufgrund einer für das Subventionsrecht gewichtigen Reformforderung (Götz Bekämpfung S. 61; Tiedemann Subventionskriminalität S. 339) neben den Rechtsgeschäften auch Realakte einbezogen worden sind. Die Vorschrift ist sowohl für Nr. 1 als auch für Nr. 3 des § 264 Abs. 1 von Bedeutung (aA wohl Stöckel ZRP 1977 137). a) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen finden sich bei den Subventionserschlei- 124 chungen in großer Zahl. Neben fiktiven Exporten zur Erlangung von EU-Ausfuhrerstattung (dazu oben Rdn. 102) und Mehrwertsteuererstattung (dazu oben Rdn. 42) spielen vor allem auch Scheinfirmen eine Rolle (Beispiele dazu bereits bei Tiedemann Subventionskriminalität S. 341 sowie Wirtschaftsstrafrecht I S. 183 ff und NJW 1990 2230, auch: Multinationale Unternehmen S. 50 f; vgl. ferner unten Rdn. 127). Die Regelung, dass Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für das Subventionsrecht „unerheblich“ sind und dass der verdeckte Sachverhalt „maßgebend“ ist (§ 4 Abs. 1 SubvG), stimmt mit der

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Berz BB 1976 1437; Geuenich-Cremer S. 141 f; Göhler/Wilts DB 1976 1613 Fn. 28; Hoyer SK Rdn. 78 m.w.N.

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in § 117 BGB für die Rechtsgeschäftslehre verankerten Betrachtungsweise überein und drückt deklaratorisch einen allgemeinen Rechtsgedanken aus (RegE S. 44; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 46 m.w.N.), der folglich auch für landesrechtliche Subventionen gilt. Überdies ordnen die meisten Landessubventionsgesetze global die Anwendbarkeit der §§ 2–6 SubvG an (Baden-Württemberg Ges. v. 1.3.1977, GBl. S. 42; Bayern Ges. v. 23.12.1976, GVoBl. S. 586; Berlin Ges. v. 20.6.1977, GVoBl. S. 1126; Bremen Ges. v. 15.11.1976, GBl. S. 267; Hamburg Ges. v. 30.11.1976, GVoBl. S. 221; Hessen Ges. v. 18.5.1977, GVoBl. S. 199; Mecklenburg-Vorpommern Ges. v. 12.7.1995, GVBl. S. 330; Niedersachsen Ges. v. 22.6.1977, GVoBl. S. 189; Nordrhein-Westfalen Ges. v. 24.3.1977, GVoBl. S. 136; Rheinland-Pfalz Ges. v. 7.6.1977, GVoBl. S. 168; Saarland Ges. v. 20.6.1977, ABl. S. 598; Sachsen-Anhalt Ges. v. 9.10.1992, GVBl. S. 724; Schleswig-Holstein Ges. v. 11.11.1977, GVoBl. S. 489). Für das EU-Recht ist davon auszugehen, dass die rechtliche Unerheblichkeit von Scheingeschäften und Scheinhandlungen (anders als von Umgehungsgeschäften und UmgehungsHandlungen!) ein allgemeiner Rechtsgedanke der Mitgliedstaaten ist und daher auch einen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsatz darstellt.77 Von besonderer Wichtigkeit ist der Zusammenhang mit § 3 SubvG, wonach der Sub125 ventionsnehmer, also insbesondere der Antragsteller, verpflichtet ist, auch den verdeckten („wahren“) Sachverhalt mitzuteilen. Unterlässt der Täter dies vorsätzlich oder leichtfertig, so macht er – bei Antragstellung – unrichtige bzw. unvollständige Angaben im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 oder er lässt – sofern er die einschlägigen Tatsachen erst nach Antragstellung erkennt oder im Sinne des Absatzes 4 erkennen musste – den Subventionsgeber gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 3 in ebenfalls strafbarer Weise in Unkenntnis.78 Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Scheingeschäftes werden in 126 der Praxis nicht selten verkannt (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 155). Insbesondere zählen Strohmann-Verträge nicht ohne weiteres zu den Scheingeschäften, da und soweit derartige Verträge wirklich gewollt sind. Vielmehr liegt ein Scheingeschäft nur vor, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abzugeben ist und beide Teile sich darüber einig sind, dass das Erklärte in Wahrheit nicht gewollt ist (zusammenfassend J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 159 mit Nachw.). Die erforderliche subjektive Übereinstimmung der Beteiligten über die Scheinnatur des Rechtsgeschäfts besteht somit nur, wenn alle Beteiligten einverständlich „gemeinsame Sache machen“ (Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. 2, 3. Aufl. [1979] S. 404 f). Ein Täuschungszweck (welcher freilich meist verfolgt werden wird) reicht ebensowenig aus wie vorsätzlich falsche Angaben (z.B. Vordatierung eines Vertrages: RG Recht 1930 Nr. 1482). Der Oberbegriff der Scheinhandlung umfasst neben streng einseitigen Willenserklä127 rungen vor allem auch tatsächliche Akte, deren Vornahme nicht ernstlich gemeint ist und durch die ein Sachverhalt („Tatbestand“) vorgetäuscht werden soll, der in Wirklichkeit nicht besteht und nicht gewollt ist: Das Verhalten ist nur als Scheinverhalten gewollt (J. Vogel aaO S. 156 f). Zentrale Beispiele sind die Begründung oder Beibehaltung eines Wohnsitzes, eines Standortes (im Güterkraftverkehr) oder einer Betriebsstätte (i.S.d. § 12 AO), ohne dass der Ort der räumliche Schwerpunkt der privaten Lebensverhältnisse 77

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Reisner S. 289 f; J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 175; Tiedemann NJW 1990 2230 und 1993 28, je m.w.N. Übereinstimmend Fischer Rdn. 23 und 28;

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Hoyer SK Rdn. 52 und 70; Lackner/Kühl Rdn. 21; Sch/Schröder/Perron Rdn. 46 und 53; Wohlers MK Rdn. 84 und 98; auch Gössel BT 2 S. 465.

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wäre (J. Vogel aaO S. 159; zust. Wohlers MK Rdn. 84) oder einen geschäftlichen Mittelpunkt der Unternehmenstätigkeit im Sinne einer „festen Geschäftseinrichtung“ bildete (OLG Koblenz wistra 1985 82 f für Investitionszulagen nach dem BerlinförderungsG; Bender in Müller-Gugenberger/Bieneck § 52, 11). Wie die Beispiele der Schein- (oder Briefkasten-)Firma (ohne Geschäftstätigkeit) und des (unselbständigen) Scheinunternehmers zeigen, ergibt häufig schon die richtige Anwendung der gesetzlichen Begriffserfordernisse die Unbeachtlichkeit der Gestaltung, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 4 Abs. 1 SubvG bedürfte (so auch Bender aaO).79 Ob die rechtlichen Voraussetzungen für ein Scheingeschäft gegeben sind, kann in der 128 Praxis nur aus äußeren Tatsachen geschlossen werden. Wichtigstes Kriterium bei Rechtsgeschäften ist die Feststellung, ob die Abmachungen im Verhältnis der Beteiligten untereinander tatsächlich verwirklicht worden sind (vgl. nur BVerfGE 9 237, 245 f). Weitergehend wendet insbesondere die steuerliche Betriebsprüfung bei Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen das in § 1 AußensteuerG verankerte „dealing at arm’s length“-Prinzip an und untersucht, ob bei Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen ein dem Geschäft unter Fremden entsprechender angemessener Leistungsaustausch stattgefunden hat (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 118 ff; auch BVerfGE 13 290, 314 ff für das Gewerbesteuerrecht). Für eine solche Heranziehung der Angemessenheit lassen das Zivilrecht ebenso wie das Strafrecht keinen Raum. Dies deutlich hervorzuheben besteht vor allem im Hinblick darauf Anlass, dass die auf eine im Ausgangspunkt durchaus übereinstimmende Rechtslage gestützte Steuerrechtspraxis bei der Annahme von Scheingeschäften und anderen Scheinhandlungen wesentlich extensiver als die zivilistische Doktrin vorgeht. Demgegenüber hat bereits der Reichsfinanzhof das Erfordernis einer Trennung von Schein- und Umgehungsgeschäft hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass das Vorhandensein der Absicht der Steuerumgehung gerade für die Ernstlichkeit und damit Wirksamkeit der vorgenommenen Geschäfte und Vertragsgestaltungen spreche (RFH 5 247, 260; 6 118, 120; zust. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 143 mit Beispielen). Die im Steuerrecht durch die sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise verwischte Grenzziehung ist für das Strafrecht von größter Bedeutung, da die Grundsätze über Scheinhandlungen jedenfalls auch im Landesrecht gelten (oben Rdn. 124) und die Strafbarkeit wegen Umgehungshandlungen vor zusätzliche, besondere Anforderungen stellt (dazu unten Rdn. 133 ff). Die Praxis des internationalen Steuerrechts lässt freilich erkennen, dass die Täter mit zunehmender Rechtskenntnis die Vornahme reiner Scheinakte (z.B. Gründung von Briefkastenfirmen) vermeiden und die vorgeschobenen Geschäfte und Firmen mit einem gewissen Minimum an Realität anfüllen, um dem Vorwurf der Scheinnatur zu entgehen (Tiedemann Multinationale Unternehmen S. 54). In diesen Fällen bleibt meist nur die schwierigere Feststellung des Umgehungshandelns (Tiedemann FS Mallmann [1978] 368 f). b) Als Umgehung umschreibt § 4 Abs. 2 SubvG den Missbrauch von Gestaltungs- 129 möglichkeiten im Zusammenhang mit einer beantragten Subvention. Das Gesetz stellt ausdrücklich klar, dass neben rechtsgeschäftlichen auch tatsächliche Handlungen ausreichen (ebenso der Sache nach § 42 Satz 1 AO und Art. 4 Abs. 3 EG-VO Nr. 2988/95, oben Rdn. 12).

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Ausführlich zur Scheinselbständigkeit im Sozialrecht Möhrenschlager LK § 266a Rdn. 15 ff m.N.

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Im neueren Zivilrecht wird der theoretischen Behandlung und Abgrenzung der Gesetzesumgehung nur geringe Bedeutung beigemessen. Die Umgehungsfrage wird meist als bloßes Problem richtiger Auslegung der Rechtsnorm verstanden.80 Entsprechend wird auch die steuerrechtliche Regelung des § 42 AO 1977 (bzw. früher § 6 StAnpG) teils als überflüssig, teils als Sonderregelung für einen Teilbereich des öffentlichen Rechts gesehen. Der ersteren Auffassung kann allerdings für den Geltungsbereich des Strafrechts nicht zugestimmt werden: Zutreffend ist, dass alle durch Auslegung lösbaren Fragen des Rechts keine eigentlichen Umgehungsprobleme darstellen.81 Wo jedoch die im Strafrecht maßgebende Grenze des Wortlauts erreicht ist, also für Auslegung kein Raum bleibt, tritt Straflosigkeit ein, auch wenn der Täter dem Zweck des Strafgesetzes zuwiderhandelt (RG JW 1918 451 mit Anm. Köhler; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 140 und 145). Dies hat vor allem für Tatbestände mit mehr oder weniger deskriptiven Begriffen Bedeutung, während bei normativen Tatbestandsmerkmalen eine – notfalls extensive – Auslegung häufig weiterhelfen und ausreichen wird, um Manipulationen zu erfassen; dabei ist allerdings insbesondere im Bereich der teleologischen Reduktion von normativen Anspruchsvoraussetzungen nicht selten zweifelhaft, wann die Grenze des Verbotes der („Gegen“-)Analogie überschritten wird.82 Damit wird zugleich deutlich, dass die Anwendung des Umgehungsgedankens methodisch der Analogie entspricht und daher im Strafrecht – außer im Falle eigener Inkriminierung von typischen Umgehungshandlungen in selbständigen Straftatbeständen – nur bei Eingreifen ausdrücklicher Gesetzesklauseln nach Art des § 4 Abs. 2 SubvG zulässig sein kann. Da sich diese Klausel hier auf das „verwaltungsrechtliche Vorfeld“ bezieht und keine „vage Generalklausel“ darstellt, steht das strafrechtliche Analogieverbot und Bestimmtheitsgebot ihrer Geltung nicht grundsätzlich entgegen.83 Zu den aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Konsequenzen für die Rechtsanwendung unten Rdn. 138. Ob § 4 Abs. 2 SubvG über seinen bundesrechtlichen Anwendungsbereich hinaus auch 131 auf sonstige Subventionserschieichungen Anwendung finden kann, ist für das Landesrecht eindeutig zu bejahen, soweit eine ausdrückliche Anordnung der Landesgesetzgeber vorliegt (vgl. oben Rdn. 124). Bei Fehlen einer solchen ist davon auszugehen, dass entgegen der früher herrschenden Auffassung84 im Steuerrecht (als Recht der Eingriffs-

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Eingehend zur Entwicklung Teichmann Die Gesetzesumgehung (1962) S. 9 ff und zusammenfassend JZ 2003 761 ff. Sch/Schröder/Perron Rdn. 46; Tiedemann Art. Umgehung, in HWiStR und Subventionskriminalität S. 341 sowie Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 140 m.w.N. und Beispielen. Dazu (am Beispiel des § 4b InvestitionszulagenG 1975 mit dem Begriff der „Bestellung“) Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 149 ff. Aus der Rechtsprechung AG Alsfeld NJW 1981 2588 f und OLG Hamm NJW 1982 1405 einerseits, BGHSt 31 93 mit Anm. Tiedemann JR 1983 212, 32 256 und NJW 1983 2151, OLG Koblenz JZ 1980 736 sowie OLG Frankfurt JZ 1982 477 andererseits. Vgl. weiter Ranft NJW 1986 3169; Schmidt-Hieber NJW 1980 326; Tiedemann

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NJW 1980 1559. Das InvestitionszulagenG 1993 (§ 6) verwendet in stärkerem Maße deskriptiv-faktische Begriffe („Abschluß“ der Investition, „Leistung“ von Anzahlungen, „Entstehen“ von Herstellungskosten) und ist daher weniger anfällig für Manipulationen, die überdies durch § 4 SubvG 1976 zu erfassen sind (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 151). BVerfG wistra 1991 175, 176; BGH wistra 1982 108, 109; OLG Koblenz aaO; AG Alsfeld aaO; Stöckel ZRP 1977 137; Tiedemann Verh. 49. DJT (1972) Bd. I S. C 53 f m.w.N.; grundsätzliche Bedenken aber bei Faller DB 1972 1757 (ff). BGH RdL 1957 173, 176; Riedel Die Steuerumgehung, Diss. Münster 1968, S. 105 ff mit Nachw.; Tiedemann Subventionskriminalität S. 339 und Wirtschaftsstrafrecht I S. 181 f.

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verwaltung) gesetzliche Umgehungsvorschriften (wie § 42 AO) aus Gründen des Gesetzesvorbehalts heute regelmäßig für erforderlich gehalten werden (vgl. J. Vogel in MadridSymposium für Klaus Tiedemann S. 163 f), während im Subventionsrecht der Grundsatz der Gesetzesbindung nicht mit gleicher Strenge gilt. Für den letzteren Bereich können daher die Normen zur Gesetzesumgehung möglicherweise noch als Ausdruck eines im gesamten öffentlichen (Finanz-)Recht geltenden Rechtsgedankens aufgefasst werden (vgl. auch Hanau/Kappus ZIP 1988 885 ff). Allerdings haben die Gerichte nur relativ selten von dieser Auffassung Gebrauch gemacht (zu den Ursachen Nippoldt S. 258 ff), so dass die Schaffung ausdrücklicher landesrechtlicher Gesetzesnormen jedenfalls aus Gründen der Klarstellung zu begrüßen ist. – Hinsichtlich des EU-Rechts kann dagegen, solange und soweit der „Grundsatz der Subventionsehrlichkeit“ (oben Rdn. 114) in diesem Rechtsbereich nicht ausdrücklich verankert worden ist, keine Rede davon sein, dass die Unzulässigkeit der Gesetzesumgehung Ausdruck eines allgemeinen, von der Positivierung unabhängigen Rechtsgedankens sei (Dannecker ZStW 108 [1996] 582 f und BB 2010 1759 ff, je mit Nachw.). Vor allem spricht die überaus detaillierte Technik der EU-Verordnungsgesetzgebung und die zunächst nur ganz vereinzelte Anordnung der Nichtbeachtlichkeit von Umgehungen (Art. 6 EWG-VO Nr. 802/68, ABl. EG 1968 Nr. L 148 S. 1) gegen die zusätzliche Geltung einer stillschweigenden Generalklausel des Verbotes von Subventionserschleichungen. § 4 Abs. 2 SubvG ist daher auch als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf 132 EU-Recht nicht anwendbar, da er dessen materiellrechtliche Anspruchsnormierungen verändern würde.85 Seit Ende 1995 ermöglicht aber der bereits oben Rdn. 12 im Wortlaut mitgeteilte Art. 4 Absatz 3 EG-VO Nr. 2988/95 die EU-rechtliche Erfassung von Umgehungshandlungen. Die Technik dieser Ratsverordnung lehnt sich an § 4 Abs. 2 SubvG an (vgl. auch Reisner S. 304), regelt nämlich die normzweckwidrige „künstliche“ Schaffung von Vergabevoraussetzungen als verwaltungsrechtlichen Subventionsausschlussgrund; dieser wird durch Art. 4 Abs. 4 ausdrücklich als Nicht-Sanktion bezeichnet. Wann – im Rahmen des Anwendungsbereiches des § 4 Abs. 2 SubvG – in diesem 133 Sinne eine Umgehung vorliegt, sucht das Gesetz in Satz 2 ausdrücklich zu bestimmen. Dabei geht es mit der heute h.M. davon aus, dass auch die rechtlichen Voraussetzungen von (direkten) Subventionen, also gewährende Rechtssätze, „umgangen“ werden können, obwohl dies terminologisch und begrifflich nicht ohne weiteres vorstellbar ist. Da der Begriff der Umgehung primär an Gebote und Verbote anknüpft, ist die Auffassung im Vordringen begriffen, die Umgehung eines gewährenden Rechtssatzes als Erschleichung der Gewährungsvoraussetzungen zu verstehen und zu bezeichnen.86 Bei der Inhaltsbestimmung des Begriffes der Erschleichung (oder Umgehung) greift 134 § 4 Abs. 2 SubvG zutreffend auf die zum Steuerrecht entwickelten Lehren zurück. Satz 2 vereinigt gemeinsam mit der Exemplifizierung in Satz 3 die verschiedenen, z.T. gegensätzlichen Kriterien, die in der steuerrechtlichen Rechtsprechung und Lehre zum Vorliegen einer Umgehungshandlung entwickelt worden sind. Maßgebend ist danach vor allem, ob angesichts des wirtschaftlichen Zweckes des Geschäfts ein offensichtlich unangemessener, „künstlicher“ Weg gewählt wird, ohne dass sachliche Gründe für die Wahl 85

Vgl. bereits oben Rdn. 12. Ferner Götz Bekämpfung S. 64, 67 f, Prot. 7/2501 sowie in Börner/Bullinger S. 405 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 154 und bereits ZStW 87 (1975) 286 mit Nachw. sowie Prot. 7/2471; J. Vogel in Madrid-Sym-

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posium für Klaus Tiedemann S. 175 ff; aA Laumann ZfZ 1977 169. Vgl. nur Teichmann Die Gesetzesumgehung (1962) S. 48 f mit Nachw.; Tiedemann Subventionskriminalität S. 337 sowie Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 141.

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des ungewöhnlichen Weges vorliegen.87 § 4 Abs. 2 SubvG verbindet diese unscharfen Merkmale mit dem Erfordernis, dass die Gestaltung dem Subventionszweck widerspricht. Damit büßt § 4 Abs. 2 SubvG einen erheblichen Teil seiner Praktikabilität ein, da und soweit der Subventionszweck nicht oder nur schwierig zu ermitteln ist (oben Rdn. 64 ff). Die oben Rdn. 129 und 132 genannte EG-VO Nr. 2988/95 stellt einfacher auf die „Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften“ ab, erfordert also nur die übliche teleologische Auslegung in Verbindung mit der Feststellung einer „künstlichen“ Schaffung der Subventionsvoraussetzungen. Für die Auslegung des § 4 Abs. 2 SubvG und damit für die rechtlichen Voraussetzun135 gen des Vorliegens einer Umgehung oder Erschleichung im Sinne dieser Vorschrift fragt sich zunächst wiederum, ob unter dem Subventionszweck etwa nur der Primärzweck zu verstehen ist (vgl. oben Rdn. 31). Hierfür scheint zu sprechen, dass der Staat auch sonst üblicherweise den Subventionsempfänger nur zur Erreichung des Primärzweckes verpflichtet (Schetting S. 10, 13). Auch gibt der Gesetzgeber durch die „Vertatbestandlichung“ des Subventionswesens zu erkennen, dass er die Sachverhalte weitgehend pauschaliert und typisiert und folglich auch in Kauf nimmt, dass die Eignung der subventionierten Handlung zur Zweckerreichung nicht in jedem Einzelfall gegeben ist (Götz Bekämpfung S. 66). Jedoch wäre andererseits die Begrenzung auf den bzw. einen Primärzweck gerade im Rahmen einer Regelung zur Erfassung von Umgehungsverhalten sinnwidrig, vereitelt der Umgehungstäter doch ganz bewusst gerade den „eigentlichen“ Zweck der Subventionierung, indem er die Subventionierungsvoraussetzung nur „formal“ oder „förmlich“ (so § 4 Abs. 2 Satz 3 SubvG) erfüllt. Der Mechanismus, auf den der Gesetzgeber bzw. der Subventionsgeber vertraut: dass der angestrebte Endzweck durch Erfüllung der Primärzwecke geradezu automatisch verwirklicht wird, wird vom Umgehungstäter gezielt durchbrochen. Als Maßstab für die Beurteilung des Täterverhaltens kommt daher nur der – freilich erforderlichenfalls im Wege der teleologischen Auslegung zu konkretisierende – Endzweck in Betracht (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 45; vgl. auch Schetting S. 20 f). Dass dieser Endzweck vom Täter beeinträchtigt (oder jedenfalls nicht gefördert) würde, braucht jedoch nicht festgestellt zu werden. Erheblich ist allein, dass der (End-)Zweck der Subventionierung der Subventionsgewährung an den Antragsteller (usw.) widerspricht, obwohl die Anspruchsvoraussetzungen „an sich“ gegeben sind. Der Verstoß gegen den Subventionszweck ist keinesfalls ausreichend für die Versa136 gung der Subvention, sondern nur ein Kriterium für das Vorliegen der Umgehung. (Auch die legale Steuervermeidung verstößt gegen den Steuerzweck, und selbst die Steuerumgehung ist nicht verboten, sondern wird nur steuerrechtlich zum Anlass genommen, eine angemessene, den zugrundeliegenden Wirtschaftsverhältnissen entsprechende Gestaltung zu fingieren! Vgl. bereits Tiedemann Multinationale Unternehmen S. 56, 60 f.) Entscheidend kommt es vielmehr jedenfalls für § 4 Absatz 2 SubvG auf die weitere, bereits oben Rdn. 128 hervorgehobene Frage an, wann die vorgenommene oder in Aussicht genommene Gestaltung angesichts der wirtschaftlichen Tatsachen und der wirtschaftlichen Zielsetzung sowie Motivierung des Täters unangemessen und damit missbräuchlich ist. Hier führt kein Weg an der bereits mitgeteilten Erkenntnis vorbei, dass der steuerrechtliche Missbrauchsbegriff weit weniger genau als der zivilistische ist. Daher bedarf es einer fall-

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BGH NJW 1960 1057 f; RGSt 77 87, 93; Tiedemann Subventionskriminalität S. 340 und Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 145;

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J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 165, je m.w.N.; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 45.

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gruppenartigen Konkretisierung, um § 4 Abs. 2 SubvG wirklich praktikabel und vor allem: im Strafrecht und Strafverfahren anwendbar werden zu lassen. Einen beachtlichen Beitrag zu dieser Typisierung leistet § 201 Abs. 3 Satz 2 AE, der 137 im Anschluss an Tiedemann (Subventionskriminalität S. 369) als Subventionserschleichung durch Gesetzesumgehung namentlich die Fallgestaltung anführt, dass der Täter Handlungen oder Geschäfte „in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise ausschließlich zur Erlangung der Subvention vorgenommen oder in Aussicht genommen hat“. Die Begründung (S. 107) erläutert dies durch das zusätzliche Merkmal, dass die Durchführung der subventionierten Handlung „wirtschaftlich gesehen unvernünftig ist und allein zum Zwecke der Subventionserlangung geschieht“ (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 45 und Wohlers MK Rdn. 85; ebenso Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 45). Ganz in diesem Sinne formuliert BGH wistra 2010 100, 101, dass „der gewählten Gestaltungsform kein eigenständiger Sinngehalt zukommt und sie allein um der Herbeiführung der Subventionwillen vorgenommen wird.“ Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, dass es Subventionen gibt, die zu Handlungen stimulieren sollen, welche ohne die Subventionierung möglicherweise unterbleiben würden („Anreizsubventionen“: Götz Bekämpfung S. 60). Vielmehr widerspricht hier die Herbeiführung der Subventionierung durch den „Täter“ nicht dem Subventionszweck. – Durch die genannte Fallgruppe werden insbesondere Gestaltungen erfasst, in denen Exportware im Bestimmungsland keine oder nur eine unwirtschaftliche, der Art des Verkehrsgutes nicht entsprechende Verwendung findet, z.B. Brotgetreide nach Vergällung im Niemandsland nur als Futtermittel oder Wurst wegen ihrer gezielt schlechten Qualität, deren Anforderungen in keiner Rechtsnorm festgelegt sind, nur zur Seifenherstellung verwendbar ist.88 Ist bei künstlich zusammengesetzten Produkten (z.B. Mayonnaise, Mehl- oder Zuckergemische) die spätere Entmischung und Zerlegung in die Ausgangsprodukte von vornherein vorgesehen, so handelt es sich nur um Scheinprodukte, die nach ihrer eigentlichen Zusammensetzung einzustufen sind. Ist die Entmischung dagegen vom Täter nicht oder nicht nachweisbar beabsichtigt, so liegt eine Umgehungshandlung vor, wenn das Produkt entsprechend der Kenntnis des Täters nur zum Zwecke der entsprechenden Einstufung hergestellt wurde und als Produkt dieser Art handelsüblicherweise nicht gebraucht werden kann.89 Zu diesen Ergebnissen dürfte auch das von Art. 4 Absatz 3 EG-VO Nr. 2988/95 benutzte Kriterium der Künstlichkeit führen. BGH wistra 2010 100 ff betrifft die Veräußerung nicht aktivierungsfähiger und nicht förderfähiger Eigenleistungen für Softwarekonzepte an einen Softwarehersteller, der das Endprodukt an eine GmbH & Co. KG des Angeklagten verkaufte; da der Eigenanteil des Angeklagten hieran nur 15 % betrug, sah der BGH in dem Endprodukt „eine eigene und selbständige Wertschöpfung“ und verneinte das Vorliegen einer Umgehung. Dies ist angesichts des relativ geringen prozentualen Anteils zutreffend und entspricht Umgehungsmaßstäben, wie sie im Steuerrecht und im Investitionszulagerecht praktiziert werden. Für diese Maßstäbe gelten zusammengefasst die Kriterien Zeit (enger zeitlicher Zusammenhang der rechtlich getrennten Geschäfte), Identität (der Objekte der Geschäfte) und Unüblichkeit (der Gestaltung); das Vorliegen dieser Indikatoren spricht für die wirtschaftliche Sinnwidrigkeit und rechtliche Zweckwidrigkeit der Gestaltung und damit für eine Umgehung

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Tiedemann Subventionskriminalität S. 345; zu diesen Fällen im einzelnen Borchers Prot. 7/2609 und Nippoldt S. 162 ff. Übereinstimmend in der rechtlichen Beurteilung Sch/Schröder/Perron Rdn. 45.

89

Tiedemann Subventionskriminalität S. 344 f und Wirtschaftsstrafrecht I S. 186 f; vgl. auch Göhler/Wilts DB 1976 1614; Nippoldt S. 147 ff; Sch/Schröder/Perron aaO.

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(Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 150 ff, BT Rdn. 116 ff mit Nachw. und Beispielen). Solange im Übrigen eine weitere Typisierung der in Betracht kommenden Missbräuche 138 nicht erreicht ist, empfiehlt sich im Strafverfahren eine restriktive Handhabung des § 4 Abs. 2 SubvG im Sinne einer Begrenzung auf eindeutige Fälle des Missbrauchs (Tiedemann FS Dünnebier S. 533, Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 145 und BT Rdn. 116 mit Nachw.; zust. AG Alsfeld NJW 1981 2588 f), zumal auch die Zahl der Bestrafungen wegen Steuerumgehung stets gering geblieben ist (Götz Bekämpfung S. 61; Tiedemann Multinationale Unternehmen S. 54). Neben den subjektiven Anforderungen (dazu sogleich Rdn. 139) folgt diese Empfehlung daraus, dass die Verweisung auf einen wirtschaftlichen Maßstab der angemessenen Geschäftsgestaltung angesichts der Unsicherheit dieses Kriteriums eng verstanden werden muss (vgl. bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 199 f mit Nachw.). Dies gilt um so mehr, als die Unangemessenheit oder Künstlichkeit der Gestaltung entgegen dem ersten Anschein (und vor allem entgegen dem Anschein des Hilfsbegriffes „Missbrauch“) letztlich wertneutral ist: die Umgehung wird nicht bereits als solche missbilligt, sondern vom Gesetzgeber nur in ihrem Erfolg beschnitten (Götz Bekämpfung S. 65; Tiedemann aaO; Art. 4 Abs. 4 EG-VO Nr. 2988/95). Auch wirkt § 4 Abs. 2 SubvG inmitten der sonstigen rechtlichen Subventionierungsvoraussetzungen letztlich wie ein Eingriff, dessen Tatbestand daher ähnlich wie die steuerrechtliche Umgehungsregelung eng gehandhabt werden sollte.90 – Im Einzelnen wird sich die Anwendung des § 4 Abs. 2 SubvG vor allem auf die Tatbestandsmerkmale der unrichtigen oder unvollständigen Angaben sowie der subventionserheblichen Tatsachen beziehen. Die Auffüllung dieser normativen Tatbestandsmerkmale durch die Generalklausel des § 4 Abs. 2 SubvG muss sich in besonderem Maße an dem Grundsatz der Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG messen lassen (so dezidiert auch BVerfGE 92 1, 16 ff). Die Empfehlung restriktiver Handhabung ergibt sich insoweit also aus dem Verfassungsrecht. Nicht abschließend geklärt ist de lege lata schließlich, ob die Subventionserschlei139 chung im Sinne des § 4 Abs. 2 SubvG in Verbindung mit § 264 Abs. 1 neben dem Vorsatz, der insbesondere den entgegenstehenden Subventionszweck und die Verheimlichung gegenüber dem Subventionsgeber umfassen muss, auch eine besondere Absicht der Umgehung bzw. der Erschleichung voraussetzt. Während insoweit in der zivilistischen Doktrin von der Gesetzesumgehung meist eine rein objektive Theorie vertreten wird (vgl. nur J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 160 m.w.N.), wird für das Steuerrecht eine derartige Absicht ganz überwiegend zur tatbestandlichen Voraussetzung der (Steuer-)Umgehung erklärt.91 Dies ist auch für die strafrechtliche (und subventionsrechtliche) Betrachtungsweise zutreffend. Das Absichtserfordernis ergibt sich nicht nur aus dem finalen Charakter des historischen „in fraudem legis agere“. Vielmehr kann sowohl für das Steuerrecht als öffentliches Recht (Eingriffsrecht) im allgemeinen als auch für das Strafrecht im besonderen erst das Vorliegen und der Nachweis der Umgehungsabsicht als bewusster Herbeiführung einer Vereitelung der gesetzlichen Zwecksetzung es rechtfertigen, diejenigen Rechtssicherheitsgarantien zu durchbrechen, die in der üblichen

90

Vgl. insoweit zur steuerrechtlichen Rechtslage Riedel Die Steuerumgehung, iur. Diss. Münster 1968, S. 79 f und die Kommentare zu § 42 AO, z.B. Klein/Rachow 10 § 42 Rdn. 12.

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Vgl. nur BFH 86 396, 401; Franzen/Gast/ Joecks Steuerstrafrecht § 370 Rdn. 138; J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 160 m.w.N.

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Formalisierung der Gesetzeszwecke durch Benennung punktueller Voraussetzungen der Zweckerreichung bzw. Verhinderung der Zweckvereitelung liegen.92 Die somit erforderliche Absicht ist allerdings nicht mit dem Motiv des Täters gleich- 140 zusetzen. Vielmehr genügt das sichere Wissen insbesondere darüber, dass die Subventionierung im Gegensatz zur gesetzlichen Zwecksetzung steht (dolus directus 2. Grades; zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 45; enger J. Vogel in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 172 f: dolus directus 1. Grades). Art. 103 Abs. 2 GG gilt selbstverständlich auch für den „Umgehungstäter“. Entsprechend hat dieser einen grundrechtlichen Anspruch darauf, zu wissen, wo die Grenzen strafbarer Umgehung beginnen. Aus der Gesamteinschätzung dieser Garantie ergibt sich allerdings auch, dass eine Strafbarkeit wegen Umgehungshandelns gemäß § 264 Abs. 1 stets nur und allenfalls dann einsetzen kann, wenn der Täter Teile des relevanten Sachverhalts nicht mitteilt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 46; J. Vogel aaO S. 172). Dies entspricht der Rechtslage im Steuerstrafrecht (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 115 mit Nachw.). Durch volle Aufklärung des Subventionsgebers über die der Subventionierung zugrundeliegenden Tatsachen kann der Subventionsnehmer daher das Risiko der Strafbarkeit stets ausschließen (zust. Perron aaO; ebenso BGH wistra 2010 100, 101 f mit Anm. Bittmann). Verheimlicht er einen Teil des relevanten Sachverhalts und weiß er positiv, dass sein Handeln im Widerspruch zu dem Subventionierungszweck steht, so trägt er das Risiko, sich strafbar zu machen.

V. Vorsatz, Leichtfertigkeit und Irrtum 1. Absatz 1 verlangt für alle Tathandlungen (Nr. 1–4) Vorsatz des Täters. Bedingter 141 Vorsatz genügt (unstr.; vgl. Wohlers MK Rdn. 108 mit Nachw.). Der Vorsatz hat sich bei Nr. 1 insbesondere auf die Subventionserheblichkeit der Tat- 142 sachen (vgl. Absatz 8) sowie auf die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit, aber auch auf die Vorteilhaftigkeit der Tatsachenangaben zu erstrecken (oben Rdn. 100). Gerade hieraus ergeben sich Bedenken gegenüber einer zu starken Annäherung der Auslegung des Merkmals der Vorteilhaftigkeit an die Tatbestandselemente des Betruges nach § 263. Zur irrigen Annahme unrichtiger Bezeichnung durch den Subventionsgeber vgl. bereits oben Rdn. 78. Bei Nr. 2 muss der Täter die Verwendungsbeschränkung und ihre Reichweite kennen (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 62) und wissen (oder billigend in Kauf nehmen), dass die von ihm gewählte Verwendung hiergegen verstößt. – Nimmt der Täter irrig an, er (oder ein Dritter als Antragsteller) brauche einzelne Tatsachen, z.B. solche nach § 4 Abs. 2 SubvG, nicht mitzuteilen, so handelt er im Rahmen von Nr. 1 und Nr. 4 nicht vorsätzlich (§ 16).93 Es liegt nicht etwa nur ein Verbots- bzw. Gebotsirrtum (§ 17) vor, da vollständige Angaben nur machen kann, wer den Soll-Zustand vollständiger Angaben kennt (vgl. dazu im Einzelnen auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 98). Hiervon geht auch BGH wistra 2010 100, 102 (Rdz. 9) aus und bezieht den Vorsatz – zutreffend – auch auf die rechtlichen Folgen der Unwirksamkeit der vom Subventionsbewerber gewählten Vertragskonstruktion. Allerdings ist derselbe Irrtum im Rahmen von Nr. 3 nach

92

93

Dazu m.w.N. Nippoldt S. 27 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 182 f; J. Vogel aaO S. 172 f. Tiedemann JR 1983 213 mit Nachw.; zustim-

mend Hoyer SK Rdn. 81 und Wassmann Rdn. 49; aA Schmidt-Hieber NJW 1980 326 f, der zu Unrecht von einem Blankettstraftatbestand ausgeht.

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h.M. bloßer Gebotsirrtum,94 was jedoch den Rechtsanwender nicht dazu führen darf, hier von dem objektiv vorliegenden Begehungsdelikt nur aus Gründen der subjektiven Tatseite auf das Unterlassungsdelikt auszuweichen (vgl. bereits oben Rdn. 99). Ferner setzt der Vorsatz hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben bei Nr. 1 und Nr. 4 voraus, dass der Täter einschlägige Rechtsbegriffe und Rechtsnormen in ihrem sozialen Sinngehalt (und damit vor allem auch in ihrer Existenz) erfasst („Parallelwertung in der Laiensphäre“). Insoweit bestehen im Vergleich zu dem Täuschungsvorsatz bei § 263 praktisch keine Unterschiede. Dies ist auch der wesentliche Grund dafür, dass gemäß Absatz 4 für die Delikte nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 Leichtfertigkeit genügt (näher dazu Rdn. 145 ff). Auch die Zuständigkeit der Behörde, Stelle oder Person als Subventionsgeber (zust. 143 Fischer Rdn. 34 mit Nachw.) und der (Haupt- oder Neben-)Zweck der Wirtschaftsförderung müssen als echte Tatbestandsmerkmale vom Vorsatz umfasst sein. Die irrige Annahme, eine Bürgschaft sei keine Subvention (dazu oben Rdn. 50), ist dagegen bloßer Subsumtionsirrtum (zust. Wohlers MK Rdn. 109 mit Nachw.). Die irrige Annahme eines in Wirklichkeit nicht gegebenen Tatbestandsmerkmals führt demgegenüber zu einem untauglichen, hier aber straflosen Versuch, was im Hinblick auf §§ 263, 22 von Bedeutung sein kann.

144

2. Für Handlungen und Unterlassungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 lässt Absatz 4 Leichtfertigkeit ausreichen. Gegenstand der Leichtfertigkeit wird vor allem die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben sowie die Subventionserheblichkeit der Tatsachen sein. Ihr Vorliegen richtet sich auch nach der Höhe der Subvention (vgl. auch Absatz 2 Nr. 1; Eberle S. 162 f). Absatz 4 ist das strafrechtliche Kernstück der Reform (Schmidhäuser BT 11/96; im Wesentlichen übereinstimmend AE § 201 Abs. 2), da der bloße Verzicht auf Schadenseintritt und Absicht rechtswidriger Bereicherung die Nachweisprobleme beim Subventionsbetrug im Sinne des § 263 nicht gelöst hätte (vgl. oben Rdn. 5; zust. Schmidt-Hieber NJW 1980 322). Inhaltlich stellt sich die Leichtfertigkeit als Entsprechung zur groben Fahrlässigkeit 145 des Zivilrechts dar (vgl. § 18 Abs. 3 E 62), wobei jedoch auf die persönlichen Fähigkeiten und Verhältnisse des Täters abzuheben ist (zust. OLG Hamburg NStZ 1984 218, 219, Eberle S. 157, 164 und Wohlers MK Rdn. 112, je m.w.N.). Die grobe Fahrlässigkeit ist folglich vor allem von der leichten Fahrlässigkeit abzugrenzen. Hierbei sollte insofern restriktiv vorgegangen werden, als nur eindeutig grobe Verstöße als strafrechtlich relevant zu behandeln sind (zust. Wohlers aaO); sachlich geht es also vor allem um Fälle „auf der Grenze zum Vorsatz“ (Tiedemann Prot. 7/2479; zust. Friemel S. 31, Wassmann Rdn. 50 und Graßmück S. 29 m.w.N.; aA Wohlers aaO). Dieses wertende Kriterium der Vorsatznähe wird bekanntlich generell bei der Bestimmung des Inhalts der Leichtfertigkeit diskutiert (vgl. Vogel LK § 15 Rdn. 297 mit Nachw., der Rdn. 295 mit BGHSt 33 66, 67 und 43 158, 168 darauf abstellt, ob sich die Möglichkeit des Erfolgseintritts dem Täter „aufdrängt“). Es ist insoweit zwar umstritten, kann aber – vor allem für den Bereich der bewussten Leichtfertigkeit – nicht nur deshalb fallen gelassen werden, weil es einige Autoren zu der Behauptung verführt hat, es gehe bei § 264 Abs. 3 nach Art einer Verdachtsstrafe in Wahrheit um Fälle vorsätzlicher Tatbegehung (oben Rdn. 8). Die Wertung der Vorsatznähe (recklessness!) ist durchaus restriktiver als die Gegenauffassung, die objektiv auf das „Aufdrängen“ abstellt und zusätzlich subjektiv „besonderen Leichtsinn 94

Fischer Rdn. 34; Sch/Schröder/Perron Rdn. 62 mit Nachw.; aA Hellmann NK Rdn. 123; Hoyer SK Rdn. 80; Lackner/Kühl

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Rdn. 23; Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 373 ff m.w.N.

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oder besondere Gleichgültigkeit“ fordert (vgl. nur BGH NJW 1989 974, 976 und Vogel aaO Rdn. 295). Die hier vertretene Ansicht will vor allem im Bereich der Rechtsunkenntnis klarstellen, dass die Anforderungen nicht zu hoch gesteckt werden dürfen (und erheblich hinter denen zurückbleiben müssen, welche die sog. Schuldtheorie für die Verbotskenntnis, nach h.M. z.B. auch bei blankettausfüllenden Rechtsvorschriften postuliert!). Auch im Bereich der modernen betrieblichen Arbeitsteilung soll Absatz 4 dem Verantwortlichen keineswegs das strafrechtliche Risiko aufbürden, sondern insbesondere Fälle der bewussten Fahrlässigkeit erfassen (vgl. Eberle S. 160; Hack S. 128, je m.w.N.). Eine gröbliche Vernachlässigung der Überprüfungs- und Überwachungspflicht des Antragstellers im Hinblick auf Vorarbeiten seiner Angestellten wird daher – insoweit mit der h.M. – nur bei unzuverlässigen oder unerprobten Mitarbeitern (Fischer Rdn. 37; Wohlers MK Rdn. 115, je mit Nachw.), die Erklärung vorbereitenden Hilfskräften (Saliger S/S/W Rdn. 40) oder bei Angestellten mit fehlenden Kenntnissen und Erfahrungen in einer für sie neuen Materie (BGH NJW 1989 975 f, insoweit in BGHZ 106 204, 211 f nicht abgedruckt), nicht dagegen bei zuverlässigen Angestellten mit langjähriger einwandfreier Tätigkeit (LG München I 4 KLs 317 Js 14159/90 v. 19.4.1996 UA S. 125, 127 f) oder seriösen externen Beratern in Betracht kommen (Eberle S. 163 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 65). Sind Angestellte selbst Antragsteller (oben Rdn. 34), so wird mangels einer Aufsichtspflicht Leichtfertigkeit häufig entfallen, wenn das für die Antragstellung erforderliche Zahlenmaterial aus einer anderen Abteilung des Betriebes geliefert wird (GeuenichCremer S. 172). Einschränkungen müssen auch für solche Täter gelten, die nicht Subventionsnehmer und daher nicht Adressat der formalisierten Klarstellung nach § 2 SubvG sind, zumal diese Täter nicht die für Subventionsempfänger kennzeichnende erhöhte soziale Pflichtenstellung (RegE S. 27) trifft: Absatz 4 kommt hier nur zur Anwendung, wenn sich einem solchen Täter die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben oder das Vorliegen der die Pflicht zur nachträglichen Mitteilung begründenden Umstände „auch ohne besondere Nachprüfung ohne weiteres aufdrängen musste“ (Sch/Schröder/ Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 113 m.w.N.; Wassmann Rdn. 50). Für den Subventionsnehmer (i.S.d. § 2 SubvG), der nicht zugleich tatsächlicher Empfänger der Subvention ist, wird man diese weitreichende Restriktion allerdings nur dann gelten lassen können, wenn eine Bezeichnung nach § 2 SubvG unterblieben ist. Speziell zur Überprüfungspflicht landwirtschaftlicher Berater Carlsen AgrarR 1978 298; zur Leichtfertigkeit von Amtsträgern als Tätern eingehend Schmid S. 145 ff und krit. Perron aaO a.E. sowie OLG Hamburg NStZ 1984 218 f (beamteter Chemiker untersucht Lebensmittel mit unzulänglichen Untersuchungsmethoden und attestiert zu Unrecht die Echtheit). Entlastend und zugunsten des Täters wirkt es auch, wenn der Subventionsgeber ver- 146 sehentlich die Bezeichnung nach § 2 SubvG unvollständig gestaltet und der Täter sich auf diese Gestaltung verlassen hat (zust. Wohlers MK Rdn. 115 mit Nachw.). Fehlt es dagegen an jeder Bezeichnung, so muss der Täter sich einem Minimum an Überlegung und Prüfung unterziehen, sofern ihm wenigstens klar ist, dass es sich um eine Wirtschaftssubvention im Sinne des Absatzes 7 handelt (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 65 und Wohlers aaO m.w.N.). Im Übrigen, insbesondere bei Rechtsirrtümern, hängt die Beurteilung von den Umständen des Einzelfalles ab. Bei Kultur- und Sozialsubventionen der EU (Absatz 7 Nr. 2) sind nicht wegen der Art 147 der Subvention, wohl aber im Einzelfall je nach dem Empfängerkreis geringere Anforderungen als an die Sorgfalt von (größeren) Wirtschaftsbetrieben zu stellen (Rdn. 8). Nicht die Zuordnung zur Wirtschaft (so aber Hoyer SK Rdn. 98: „Wirtschaftsferne“), sondern die Höhe der Subvention (z.B. für Universitätsgründungen oder Verkehrsmaßnahmen), die Risiken einer Zweckverfehlung (z.B. bei Forschungsausgaben) sowie die Größe und

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Organisation des Empfängers (z.B. eines Film- oder Fernsehproduzenten) bestimmen die elementaren Sorgfaltspflichten. Ähnlich wie bei § 283 (dazu Tiedemann LK Rdn. 110 ff Vor § 283) gelten nur für den Privaten (auch Arbeitnehmer, Arbeitslose, Auszubildende und Sparer!) grundsätzlich niedrigere Maßstäbe, die aber wegen der beratenden Zwischenschaltung regionaler oder lokaler Behörden oder Stellen (dazu Martens S. 16) nur selten strafrechtlich relevant werden. Zweifelhaft ist schließlich, inwieweit auch eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 4 leicht148 fertig begangen werden kann. Zwar nimmt der Gesetzgeber in Absatz 4 den Absatz 1 Nr. 4 ausdrücklich von dieser Ausdehnung strafrechtlicher Haftung aus, da dem Täter nicht zuzumuten ist, die Bescheinigung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (Göhler Prot. 7/2702; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1661). Jedoch kann die Vorlage einer Bescheinigung nach Nr. 4 zugleich den Tatbestand der Nr. 1 erfüllen (vgl. oben Rdn. 118). Leichtfertigkeit im Sinne des Absatzes 4 kann dann, freilich auch hier nur unter besonders engen Voraussetzungen, in Betracht kommen, da der Täter jedenfalls im Hinblick auf amtliche Bescheinigungen nur höchst ausnahmsweise zur Überprüfung verpflichtet ist (zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 64; aA Hoyer SK Rdn. 95 mit Nachw. und Wohlers MK Rdn. 111: „Rückgriff auf Abs. 1 Nr. 1 grundsätzlich und ohne Ausnahmen ausgeschlossen“).

VI. Tätige Reue (Absatz 5) 149

Im Hinblick auf die relativ weitgehende Vorverlegung der Deliktsvollendung in Bereiche hinein, die im Rahmen des § 263 nur für Versuchshandlungen Raum lassen würden, sieht Abs. 5 einen persönlichen Strafaufhebungsgrund vor. Seine gesetzliche Ausgestaltung entspricht konstruktiv den Voraussetzungen des Rücktritts vom beendigten Versuch im Sinne des § 24 („tätige Reue“, BGH wistra 2010 100, 102 mit Anm. Bittmann). An die Stelle der Vollendung der Tat bei § 24 tritt hier allerdings die Gewährung der Subvention: Nach Gewährung derselben ist für tätige Reue kein Platz mehr. Da § 264 keine Versuchsstrafbarkeit kennt (vgl. § 23 Abs. 1), kommt vor der (formellen) Vollendung des Subventionsbetruges § 24 nicht zum Zuge. Das auf Täuschung gerichtete Verhalten ist vielmehr vor Zugang der Erklärung (oben Rdn. 103) straflos. Straflosigkeit tritt auch ein, wenn der Täter seine Angaben vor Bewilligung der Subvention berichtigt oder vervollständigt; für die auf dieser neuen Grundlage beruhende Bewilligung fehlt dann der Kausalzusammenhang (BGH aaO mit Nachw.). Aus der Strukturgleichheit mit der „tätigen Reue“ sowie der engen Anlehnung des 150 Wortlauts von Absatz 5 an den des § 24 Abs. 1 ergibt sich, dass bei Beteiligung mehrerer für den „Rücktritt“ des einzelnen Beteiligten die Grundsätze des § 24 Abs. 2 entsprechend anzuwenden sind.95 Somit ist erforderlich, dass der Täter entweder die Gewährung der Subvention an einen Beteiligten verhindert oder sich – bei Nichtgewährung der Subvention – freiwillig und ernsthaft hierum bemüht. Der Anwendungsbereich des Absatzes 5 ist insoweit eindeutig, als vom Gesetz aus151 drücklich auch die leichtfertig begangene Tat nach Absatz 4 einbezogen ist. Stellt also der

95

Bericht Sonderausschuss S. 9; Eisele BT II Rdn. 702; Fischer Rdn. 43; Göhler/Wilts DB 1976 1615; Hellmann NK Rdn. 168; Hoyer SK Rdn. 103; Müller-Emmert/Maier NJW

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1976 1661; Lackner/Kühl Rdn. 28; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 69; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 690; Wohlers MK Rdn. 121 m.w.N.

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Subventionsbetrug

§ 264

Täter nachträglich die Unrichtigkeit seiner Angaben fest, so befreit ihn die durch § 3 SubvG gebotene Mitteilung von der bereits eingetretenen Strafbarkeit nach Absatz 4; das vorsätzliche Unterlassen dieser Mitteilung macht ihn freilich zusätzlich nach Absatz 1 Nr. 3 strafbar (oben Rdn. 113). Das Vorliegen eines besonders schweren Falles nach Absatz 2 steht der tätigen Reue 152 nicht entgegen, da Absatz 2 nur eine Strafzumessungsregel und keine tatbestandlich selbständige Ausformung einer besonderen (Un-)Wertstufe darstellt.96 Nach der vom Sonderausschuss (Bericht S. 9) mit Erfolg vorgeschlagenen Änderung 153 ergibt sich schließlich auch, dass – entgegen dem RegE – grundsätzlich alle Tathandlungen nach Absatz 1 tauglicher Gegenstand tätiger Reue sind. Jedoch soll nach dem Bericht des Sonderausschusses97 die Verletzung der durch § 3 SubvG statuierten Mitteilungsund Anzeigepflichten und damit im Wesentlichen der Bereich des Absatzes 1 Nr. 3 von der Vergünstigung des Absatzes 5 ausgenommen sein, da das Erfordernis „unverzüglicher“, nämlich ohne schuldhafte Verzögerung erfolgender Mitteilung bzw. Anzeige dem Täter nach Eintritt der mitzuteilenden Veränderung angemessene Zeit lasse, innerhalb derer er den Tatbestand noch gar nicht erfüllt. Während für diesen Zeitraum eine Vorschrift über tätige Reue gegenstandslos wäre, soll sie nach Auffassung des Sonderausschusses für den Zeitpunkt nach Vollendung der Unterlassung „nicht sachgerecht“ sein: „Bereits die Regelung des Subventionsgesetzes trägt den Bedürfnissen des Subventionsnehmers angemessen Rechnung, zumal zu erwarten ist, dass bei Erfüllung der Mitteilungspflicht das Merkmal unverzüglich nicht kleinlich ausgelegt werden wird.“ (Entsprechendes gilt für die Rechtzeitigkeit der Anzeige bei § 3 Abs. 2 SubvG). Göhler und Wilts (Prot. 7/2705 f, 2707) weisen zusätzlich darauf hin, dass die zeitliche Grenzziehung hier nicht in einer praktikablen Weise erfolgen könne und im Vergleichsfall des Betruges, bei dem die Täuschung durch Unterlassen begangen werde, bereits Vollendung anzunehmen wäre. In der Tat schließt es bereits der Gesetzeswortlaut mit seiner zeitlichen Grenzziehung 154 (Subventionsgewährung) regelmäßig aus, Absatz 5 auf Absatz 1 Nr. 3 anzuwenden, betrifft Nr. 3 doch vor allem die Fälle des nachträglichen Wegfalls von Voraussetzungen der bereits erfolgten Subventionsgewährung und der zweckwidrigen Verwendung der ausgezahlten Subvention oder übergebenen Ware (oben Rdn. 113 f). Jedoch kann der ebenfalls von Absatz 1 Nr. 3 erfasste Fall nachträglicher Kenntnis von der Unrichtigkeit der gemachten Angaben (oben Rdn. 113) durchaus vor der Gewährung der Subvention eintreten, und bei Unterlassen der dann gebotenen Mitteilung würde die Subvention auch „aufgrund der Tat“ (nach Absatz 1 Nr. 3) gewährt; es besteht nämlich kein Anlass, die Kausalität hier anders als sonst zu bestimmen und insbesondere die hypothetische Kausalität der Unterlassung nicht als Kausalität anzuerkennen. Der Wortlaut von Absatz 5 lässt also seine Anwendung auf Absatz 1 Nr. 3 durchaus zu. Dogmatisch steht freilich fest, dass mit dem Unterlassen der rechtzeitigen Anzeige bzw. Mitteilung das echte Unterlassungsdelikt vollendet ist (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 226), so dass sich die Frage stellt, inwieweit hier überhaupt Raum für die Anwendung von Absatz 5 bleibt. Bei der Lösung dieses Problems ergibt sich zunächst, dass – in Übereinstimmung mit dem RegE – der eigentlich entscheidende Zeitpunkt die Bewilligung der Subvention (BGH wistra 2010 100, 102) bzw. bei bereits erfolgter Gewährung: der Widerruf, ist. (Dass die 96

Zustimmend Fischer Rdn. 40; Gössel BT 2 S. 471; Hellmann NK Rdn. 159; Hoyer SK Rdn. 101; Lackner/Kühl aaO; MüllerEmmert Prot. 7/ 2703; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 118.

97

S. 9; Lackner/Kühl aaO; Müller-Emmert/ Maier aaO; Sch/Schröder/Perron aaO; aA OLG Stuttgart MDR 1992 788.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Gesetz gewordene Fassung nunmehr auf die Gewährung der Subvention abstellt, ist selbstverständlich als verbindliche Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten des Täters zu berücksichtigen.) Bereits die Bewilligung stellt nämlich die Planwidrigkeit bei dem Einsatz öffentlicher Mittel dar, und der planwidrigen Bewilligung vor tatsächlicher Gewährung entspricht der rechtliche Widerruf vor tatsächlicher Rückgewähr der Leistung. Besteht hierüber Klarheit, so ergibt sich weiter, dass die Mitteilung bzw. Anzeige gemäß § 3 SubvG nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn dem Subventionsgeber noch vor der Subventionsverwendung Zeit zur Ermittlung des Sachverhalts, Ausspruch des Widerrufs und Durchführung der Rückforderung verbleibt (Tiedemann aaO S. 225). Eine Handlung des Täters nach diesem Zeitpunkt vermag die (vorsätzliche) Rechtsgutsverletzung nicht mehr zu verhindern, sondern kann sie allenfalls ausgleichen und den Schaden wiedergutmachen. Der herrschenden Auffassung, welche Absatz 1 Nr. 3 von der Anwendung des Absatzes 5 gänzlich ausnimmt, ist daher zuzustimmen. Hinsichtlich der Voraussetzungen des Absatzes 5 ist vor allem noch einmal hervorzu155 heben, dass es in keinem Fall zur (völligen oder teilweisen) Gewährung der Subvention gekommen sein darf;98 die Bewilligung ist dagegen – abweichend vom RegE – unschädlich. Dieses im Gesetz hinreichend zum Ausdruck gebrachte Erfordernis ergibt sich vor allem aus der Parallelität zur allgemeinen Rücktrittsregelung des § 24, dessen Vergünstigung – im Bereich eines Betrugsversuches – ebenfalls in dem Augenblick endet, in dem die mittels Täuschung erstrebte Leistung tatsächlich gewährt wird. In beiden Fallbereichen ist es in Übereinstimmung mit allgemeinen Grundsätzen (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136b mit Nachw.) unbeachtlich, dass der Täter sich zwischenzeitlich erfolglos bemüht hat, die Leistungsgewährung zu verhindern. Im Hinblick auf den Schwerpunkt der Tat im Handlungsunrecht der Täuschung (des Subventionsgebers) ist dieses Ergebnis folgerichtig, auch wenn die Strafbarkeit des Täters im Falle der in Kenntnis der Unrichtigkeit seiner Angaben erfolgten Subventionierung für eine am Erfolgsdelikt geschulte Denkweise nicht befriedigend erscheinen mag. Hinsichtlich der Voraussetzungen und insbesondere des Zeitpunktes der Gewährung (z.B. bei Darlehen, Bürgschaften usw.) kann im Einzelnen auf die Darlegungen zu § 265b (dort Rdn. 105) verwiesen werden. Kommt es dagegen objektiv nicht zur Gewährung der Subvention, so ist nach Absatz 5 156 zu prüfen, ob das Verhalten des Täters (z.B. die Rücknahme des Antrages, die Berichtigung oder Vervollständigung der Angaben, das Nachholen einer Mitteilung oder Anzeige) für die Nichtgewährung (mit)ursächlich war; bejahendenfalls wird der Täter straffrei, wenn sein Verhalten freiwillig im Sinne des § 24 Abs. 1 war. Verneinendenfalls tritt – entsprechend § 24 Abs. 1 Satz 2 – Straffreiheit auch dann ein, wenn sich der Täter freiwillig und ernsthaft bemüht hat, das Gewähren der Subvention zu verhindern; das Erfordernis der Ernsthaftigkeit schließt ein Handeln „bloß zum Schein“ aus (Friemel S. 34) und setzt voraus, dass der Täter das nach seiner Kenntnis Notwendige und Mögliche tut (vgl. BayObLG JR 1961 269, 270). In beiden Fällen wird man als Handlung des Täters ein Unterlassen dann ausreichen lassen müssen, wenn zur Subventionsgewährung bzw. -bewilligung noch weitere Handlungen (z.B. zusätzliche Angaben) erforderlich waren.99

98

Bericht Sonderausschuss S. 9; Eisele BT II Rdn. 702; Fischer Rdn. 41 und 42; Hoyer SK Rdn. 100; Krack NStZ 2001 508; Lackner/Kühl aaO; Sch/Schröder/Perron Rdn. 67; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136b; Wohlers MK Rdn. 119.

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99

OLG Stuttgart MDR 1992 788; Fischer Rdn. 41; Gössel BT 2 S. 471; Hellmann NK Rdn. 163 und 166; Hoyer SK Rdn. 102; Lackner/Kühl Rdn. 28; Sch/Schröder/Perron Rdn. 67 und 68; Wohlers MK Rdn. 119 m.w.N.

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Dies ergibt sich daraus, dass der Grundtatbestand des Absatzes 1 auch insofern außerordentlich weit geht, als bereits die Unrichtigkeit bruchstückhaft gemachter Angaben für die Strafbarkeit des Täters ausreicht; diese weitreichende Vorverlegung der Strafbarkeit ist im Rahmen der Handhabung des Absatzes 5 zu korrigieren. Für Absatz 5 Satz 2 wird damit allerdings allgemein vorausgesetzt, dass der Täter noch nicht weiß, dass die Subvention nicht gewährt werden wird. Entsprechend der Rechtslage bei dem sog. qualifizierten Versuch im Rahmen der 157 §§ 263, 24 wirkt auch die tätige Reue bei § 264 nur für den Subventionsbetrug (Sonderausschuss Bericht S. 9). Die Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und anderer Delikte wird durch den strafbefreienden Rücktritt von § 264 also nicht berührt (zust. Wohlers MK Rdn. 118 mit Nachw.). Jedoch kann bei Wirtschaftssubventionen nicht auf § 263 zurückgegriffen werden, wenn dieser Tatbestand – etwa durch Abschluss eines Vertrages mit dem Subventionsgeber oder durch Zugang des Bewilligungsbescheides – formell wegen einer konkreten Vermögensgefährdung bereits als vollendet anzusehen ist; die Notwendigkeit zur Beseitigung des sonst auftretenden Wertungswiderspruches ergibt sich allgemein aus der Fragwürdigkeit der Lehre vom Eingehungsbetrug (im Ergebnis übereinstimmend Weber FS Tiedemann S. 644 ff).

VII. Täterschaft und Teilnahme Der Täterkreis ist, wie bereits oben Rdn. 33 f dargelegt, bei Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4 158 sehr weit gezogen. Nach Fischer Rdn. 39 sind hier „auch Beihilfeformen“ (z.B. Handeln von Angestellten für den Betrieb) „zur selbständigen Tat erhoben.“ Damit werden zugleich die üblicherweise aus der Akzessorietät der Teilnahme folgenden Nachweisschwierigkeiten – insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat – ausgeräumt. Dieses als positiv zu wertende und gewollte Ergebnis gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit darf angesichts der heutigen Fassung des § 25 nicht durch einen Rückgriff auf mangelndes eigenes Tatinteresse oder ähnliche subjektive Kriterien umgestoßen werden (zust. Graßmück S. 33; bedenklich daher Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 171). Vielmehr ist die Verselbständigung der Tathandlung eine Sachentscheidung des Gesetzgebers, die verbindlich ist und nicht durch vorrangige Orientierung am Allgemeinen Teil rückgängig gemacht oder eingeschränkt werden darf (Tiedemann FS Baumann S. 16 f). Richtigerweise ist die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme eher der Dogmatik der Aussagedelikte anzugleichen (krit. Geuenich-Cremer S. 95 ff). Im Rahmen des § 265b (vgl. dort Rdn. 109) ermöglicht die insoweit vorausgesetzte 159 Schriftlichkeit der Angaben eine der Rechtssicherheit dienliche Formalisierung auch des Täterkreises, die bei § 264 fehlt und nur teilweise durch allgemeine Zurechnungskriterien ersetzt werden kann. Wo allerdings die (Falsch-)Angaben schriftlich gemacht werden, ist Täter des § 264 regelmäßig derjenige, der die Angaben unterschrieben hat. Ist der Unterschreibende nicht vertretungs- und zeichnungsberechtigt, so kommt neben ihm als Täter auch der rechtlich für derartige Angaben Verantwortliche in Betracht (Tiedemann Subventionskriminalität S. 351). Bei fehlender individueller Kenntnis der Betriebsleitung von dem Subventionsantrag und seinem Inhalt können jedenfalls schwere Aufsichtspflichtverletzungen und Organisationsmängel auf seiten des Verantwortlichen durch die Einbeziehung der Leichtfertigkeit (Absatz 4) aufgefangen werden, da leichtfertig insbesondere auch derjenige – durch Unterlassen – falsche Angaben macht, der es im Einzelfall grob pflichtwidrig nicht verhindert, dass ein anderer, ihm untergeordneter Erklärender vorsätzlich (oder leichtfertig) Falsches erklärt (Tiedemann aaO). – Aber auch im Übrigen ist selbstverständlich eine Unterschrift selbst bei schriftlichen Angaben für die

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Annahme von Täterschaft nicht erforderlich. Täter des Subventionsbetruges kann vielmehr z.B. auch sein, wer die Grundlagen und Einzeldaten der Angaben im Subventionsantrag innerbetrieblich manipuliert, ohne nach außen als Antragsteller hervorzutreten. Zwar wird seine Handlung strafrechtlich erst relevant, wenn der Subventionsantrag bzw. die Angabe über subventionserhebliche Tatsachen den Betrieb verlassen hat und bei dem Subventionsgeber eingeht. Jedoch betrifft diese Einschränkung eher den Tatzeitpunkt und präjudiziert nicht die Täterfrage: Zwar wird primär Täter stets derjenige sein, der durch seine Unterschrift oder kraft sonstiger rechtlicher Zurechnung nach außen die Verantwortung für den Erklärungsinhalt übernimmt. Bei Gutgläubigkeit dieses unmittelbar Erklärenden steht aber nichts entgegen, auch denjenigen als Täter anzusehen, der Urheber der Falschangaben ist. Stellt der Urheber die Gutgläubigkeit des unmittelbar Erklärenden in Rechnung, so ist er nach allgemeinen Grundsätzen als mittelbarer Täter anzusehen;99a dies gilt auch, wenn er die Gutgläubigkeit irrig voraussetzt. Rechnet er dagegen mit der Bösgläubigkeit des unmittelbar Erklärenden, so kommt Strafbarkeit wegen Beihilfe in Betracht, mag dem Erklärenden dieser vorsätzliche Tatbeitrag als solcher auch verborgen bleiben. Entsprechend allgemeinen Prinzipien der strafrechtlichen Täterlehre bleibt eine Lücke somit im Wesentlichen nur in den (wenigen) Fällen bestehen, in denen der eigentliche Urheber der Falschangaben zu Unrecht von der Bösgläubigkeit des unmittelbar Erklärenden ausgeht (zusammenfassend Tiedemann Subventionskriminalität S. 351 f). – Zur Täterschaft von Amtsträgern vgl. ebenfalls bereits oben Rdn. 37 f und 105. Während bei Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4 die Eigenschaft als Täter des Subventionsbe160 truges und als (eventuell betrügerischer) Subventionsnehmer nicht selten und gewolltermaßen auseinanderfällt, freilich infolge dieser Diskrepanz bei der Beurteilung des Vorliegens grober Fahrlässigkeit auch der Korrektur oder doch der Berücksichtigung bedarf (vgl. oben Rdn. 145), kann Täter der Unterlassung nach Absatz 1 Nr. 3 nur der Mitteilungspflichtige sein. Dies ist bei Fehlen sonstiger gesetzlicher Vorschriften gemäß § 3 SubvG nur der Subventionsnehmer oder eine für ihn nach § 14 handelnde Person (vgl. oben Rdn. 35; Sch/Schröder/Perron Rdn. 70). Ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 ist die Eigenschaft als Subventionsnehmer bzw. sonst Mitteilungspflichtiger aber nicht. Für Anstifter und Gehilfen kommt daher eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 nicht in Betracht.

VIII. Strafdrohung und Strafbemessung, insbesondere die besonders schweren Fälle (Absatz 2) 161

Bei der Vorsatztat ist die Strafe grundsätzlich dem gesetzlichen Regelstrafrahmen des Absatzes 1, bei Leichtfertigkeit stets dem Rahmen des Absatzes 4 zu entnehmen.

162

1. Für die Strafbemessung muss insbesondere der weite Strafrahmen des Absatzes 1 durch Berücksichtigung der Tatsache konkretisiert werden, dass der nach h.M. formell als Gefährdungsdelikt konzipierte Tatbestand auch den Eintritt des materiellen Erfolges (unberechtigte Subventionserlangung) mit abgelten soll, wie aus Absatz 2 Nr. 1, aber 99a

BGH NJW 1981 1744, 1745 mit Anm. Tiedemann JR 1981 470; BGHR § 98 BVFG, Erschl. 1; Blei II § 62 III 1b; Gössel BT 2 S. 467; Lackner/Kühl Rdn. 20; Mau-

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rach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 172; Sch/Schröder/Perron Rdn. 70; Tiedemann FS Dünnebier S. 535; krit. Ranft NJW 1986 3173.

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auch aus Absatz 1 Nr. 2 sowie aus den Absätzen 5 und 6 hervorgeht (vgl. bereits oben Rdn. 28 und BGHSt 34 265, 270). Gerade hiermit wird die mit dem Betrugstatbestand (§ 263) und dem Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) übereinstimmende Strafdrohung erklärt.100 Die Strafzumessung hat sich also u.a. daran zu orientieren, ob es zu einer erfolgreichen Subventionserschleichung gekommen ist oder nicht (ebenso Sch/ Schröder/Perron Rdn. 71). Auch die Höhe bzw. der Umfang der erschlichenen Leistung wird eine erhebliche Rolle spielen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass im Rahmen des § 264 Handlungen tatbestandsmäßig sein können, die materiell den Charakter untauglicher, aber strafbarer Versuchshandlungen haben (wenngleich insoweit das Merkmal der Vorteilhaftigkeit der Angaben die Strafbarkeit wegen grob untauglicher Täuschungshandlungen auszuschließen vermag). Bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist schließlich auch der Eintritt oder Nichteintritt des primären Täuschungserfolges (Irrtum des Subventionsgebers) bei tauglichen Täterhandlungen. Für Absatz 1 Nr. 3 wollen Sch/Schröder/ Perron (Rdn. 71) innerhalb des Regelstrafrahmens zutreffend den Grundgedanken des § 13 Abs. 2 anwenden. Dies entspricht der doppelten Überlegung, dass eine Unterlassung oft weniger strafwürdig ist als ein entsprechendes Tun und dass das Behaltenwollen eines Wertes selbst unter Einsatz krimineller Mittel psychologisch näher liegt als der kriminelle Zugriff auf fremdes Vermögen (Rdn. 8). 2. Absatz 2 droht – entsprechend § 370 Abs. 3 Nrn. 1–3 AO (vgl. auch § 263 163 Abs. 3) – für besonders schwere Fälle eine erhöhte Strafe an und typisiert diese Strafzumessungsregel zum Zwecke der stärkeren Bindung des richterlichen Ermessens sowie der Erleichterung der Findung der „richtigen“ Strafe nach der Regel-Beispiel-Technik. Diese Strafänderung gilt nur für Vorsatztaten nach Absatz 1; die Merkmale der Regel-Beispiele müssen nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung trotz Zugehörigkeit zum Bereich der Strafzumessung vom Vorsatz des Täters umfasst sein (zust. Wohlers MK Rdn. 126 mit Nachw.). Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 2 kommt außer bei den Regel-Bei- 164 spielen von Nrn. 1–3 vor allem auch dann in Betracht, wenn extrem hohe Subventionen erschlichen werden (Fischer Rdn. 49; Hellmann NK Rdn. 129; Sch/Schröder/Perron Rdn. 72). Die Grenze muss insoweit erheblich über dem „großen Ausmaß“ im Sinne der Nr. 1 (dazu sogleich Rdn. 170) liegen. Umgekehrt wird bei besonders geringen Subventionen, deren Vorkommen im wirtschaftlichen Bereich Sch/Schröder/Perron aaO aber bezweifeln, trotz Fehlens einer dem § 263 Abs. 4 entsprechenden Klausel die Annahme eines besonders schweren Falles (nach Nrn. 2 und 3) ausgeschlossen sein. Entsprechend § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO sowie RegE Abs. 2 Nr. 4 (dazu Bericht Sonder- 165 ausschuss S. 7) kommt die Annahme eines besonders schweren Falles ferner dann in Betracht, wenn der Täter unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt oder wiederholt nicht gerechtfertigte Subventionen erlangt, ohne dass diese ein großes Ausmaß erreichen (dazu sogleich Rdn. 170). Dabei liegt der Schwerpunkt des erhöhten Vorwurfs typischerweise nicht bereits in der (von vornherein ins Auge gefassten oder stets erneuten) Tatwiederholung, sondern in der auf besondere Raffinesse deutenden Benutzung verkörperter und vom Täter oder Dritten ge- oder verfälschter Täuschungsmittel. – Bei bestimmungswidriger Verwendung einer Subvention kann ein besonders schwerer Fall vor allem dann gegeben sein, wenn der Täter durch die Handlung die Ver-

100

RegE S. 25 f; Göhler/Wilts DB 1976 1615; Lackner/Kühl Rdn. 30; Müller-Emmert/

Maier NJW 1976 1661; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 690.

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sorgung auf einem bestimmten Gebiet, sei es auch nur in einem engeren örtlichen Bereich, erheblich gefährdet (vgl. §§ 1 Abs. 3 Nr. 1a, 2 Abs. 1 Nr. 1 WiStG; Sch/Schröder/Perron Rdn. 72).

166

a) Absatz 2 Nr. 1 kombiniert alternativ subjektive und objektive Gesichtspunkte, die im Grunde schon jeder für sich eine Unrechts- und (oder) Schuldsteigerung indizieren: Der grobe Eigennutz knüpft – anders als die Gewinnsucht (vgl. §§ 235, 283a Nr. 1, 283d Abs. 3 Nr. 1 StGB, auch § 1 Abs. 3 Nr. 2c WiStG) – an die Verantwortung des Täters innerhalb der Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft an; dieses Merkmal kehrte traditionellerweise in der klassischen Abgrenzungsformel des § 6 Abs. 2 Nr. 2 WiStG 1949 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 WiStG 1954) gleichrangig neben dem Handeln aus Verantwortungslosigkeit und der hartnäckigen Tatwiederholung wieder (dazu Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 50). Die Höhe des erlangten Vorteils bzw. der diesem Vorteil unmittelbar entsprechende Umfang des Schadens war der für § 6 Abs. 2 Nr. 1 WiStG 1949 (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WiStG 1954) entscheidende Gesichtspunkt. Die Technik der Kombination mehrerer derartiger Merkmale liegt heute auch der Abgrenzung von Straftat und Ordnungswidrigkeit in §§ 1, 2 WiStG 1975 zugrunde. Grober Eigennutz ist identisch mit verwerflichem Eigennutz im Sinne des § 6 Abs. 2 167 Nr. 2 WiStG 1949. Er wird durch das besonders anstößige Vorteilsstreben charakterisiert.101 Der Bericht des Sonderausschusses (S. 7) hält den Begriff für im Wesentlichen gleichbedeutend mit dem noch vom RegE vorgeschlagenen Begriff der Gewinnsucht (aA RegE S. 26), während insbesondere Fischer (Rdn. 46 mit Nachw.) ein Gewinnstreben ausreichen lassen will, das deutlich über dem üblichen kaufmännischen Maß liegt. Jedoch braucht der Adressat der Strafnorm nicht Kaufmann zu sein und ein Standard des Üblichen wird nicht immer festzustellen sein. Es erscheint daher richtiger, auf eine allgemeine Wertung abzustellen, als deren Grundlage selbstverständlich auch die feststellbare Verkehrsübung eine Rolle spielen wird. – Enger fordern Sch/Schröder/Perron (Rdn. 75) zusätzlich „Skrupellosigkeit“ (dagegen insbes. Hellmann NK Rdn. 145). Selbst bei Erschleichung einer Subvention zugunsten eines anderen ist aber Eigennutz begrifflich keineswegs ausgeschlossen (zutr. Sch/Schröder/Perron aaO mit dem Beispiel der Beteiligung am Gewinn des anderen, BGH wistra 1995 223), zumal sich das Merkmal „für sich oder einen anderen“ nicht nur auf die zweite Alternative der Nr. 1 bezieht. Meist wird freilich bei Erschleichung einer Subvention zugunsten eines anderen Eigennutz nicht anzunehmen sein. Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass kein grober Eigennutz vorliegt, wenn der Täter in einer finanziellen Notlage handelt, um seinen Betrieb mit den Arbeitsplätzen zu retten, oder die erschlichene Subvention im Sinne des Förderzwecks verwendet (BGH wistra 1991 106; Wohlers MK Rdn. 131 m.w.N.). Die aus Gründen der Tatbestandsbestimmtheit von Hoyer (SK Rdn. 85) vorgeschlagene Beschränkung der Ablehnung des Merkmals „grober Eigennutz“ auf diese Fälle vermag nicht zu überzeugen, da Art. 103 Abs. 2 GG für die Regel-Beispiele als Strafzumessungsanweisungen nur eingeschränkt gilt (Dannecker LK § 1 Rdn. 233, aber auch BGHSt 48 360, 361 f zu § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1) und nicht dazu benutzt werden sollte, ihren Anwendungsbereich um der Bestimmtheit willen auszuweiten (Tiedemann LK § 283 Rdn. 147 mit Nachw.).

101

BGH StV 1992 117 f und bereits BGHR § 264 Abs. 3 Strafrahmenwahl 1 unter Bezugnahme auf RGSt 75 237, 240 (zu § 170a StGB a.F.); Eisele BT II Rdn. 698;

482

Graßmück S. 23; Hellmann NK Rdn. 136; Kindhäuser Rdn. 19; Lackner/Kühl Rdn. 25; Sch/Schröder/Perron Rdn. 75.

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Subventionsbetrug

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Das Handeln unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege knüpft an 168 § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO an. Der Begriff des Beleges ist aber nicht etwa spezifisch steuerrechtlich, sondern in einem weiten Sinne zu verstehen. Das Vorliegen einer Urkunde oder einer technischen Aufzeichnung im Sinne des § 268 reicht aus (zust. Fischer Rdn. 46 und Hoyer SK Rdn. 86 m.w.N.). Da andere körperliche Gegenstände für § 264 als Beweismittel eine ähnliche Rolle wie urkundliche Erklärungen spielen können (vgl. oben Rdn. 95), kommen diese Gegenstände regelmäßig für die Annahme eines unbenannten schweren Falles in Betracht (zust. Wohlers MK Rdn. 132 mit Nachw.). Unerheblich ist, wer die Belege nachgemacht oder verfälscht hat (zum Vorsatzerfordernis beim Täter bereits oben Rdn. 163). Nachgemacht oder verfälscht sind die Belege nur, wenn sie im Sinne des § 267 unecht 169 sind.102 Die (z.B. auch auf Initiative des Täters zurückgehende) inhaltliche Unrichtigkeit etwa einer Gefälligkeitsrechnung reicht nicht aus, um die durch körperliche Einwirkung auf den Beleg zum Ausdruck kommende besondere kriminelle Energie zu dokumentieren (BGH wistra 1991 106). Andererseits ist aber zusätzlich zur Unechtheit inhaltliche Unrichtigkeit in Bezug auf subventionserhebliche Tatsachen erforderlich, wie sich schon aus Absatz 1 ergibt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 75; Wohlers aaO, je mit Nachw.). – Verwenden ist das unmittelbare Vorlegen des Belegs in einem Subventionsverfahren (Wohlers aaO mit Nachw.). Zusätzlich zu dem Motiv des groben Eigennutzes oder der Tatbegehung mittels nach- 170 gemachter bzw. verfälschter Belege ist für Nr. 1 erforderlich, dass der Täter für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte, nämlich entgegen den Vergabevoraussetzungen gewährte Subvention großen Ausmaßes erlangt. Dieses Merkmal, das in § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO wiederkehrt, ist zwar reichlich unbestimmt, aber entgegen Samson (SK4 Rdn. 78) keine reine Leerformel. Die Höhe des angerichteten Schadens sowie des vom Täter aus der Tat erlangten Vorteils war vielmehr schon immer ein wesentlicher Faktor der Strafzumessung (vgl. auch § 46 Abs. 2), der im Finanzstrafrecht früher kraft Gesetzes und heute teilweise wieder kraft Übung nicht selten sogar zur unmittelbaren Ausrichtung der Höhe der Geldstrafe an der Höhe des Schadens bzw. Vorteils geführt hat. Sch/Schröder/Perron (Rdn. 74) wollen zur Ermittlung des großen Ausmaßes Durchschnittswerte, die erheblich überschritten sein müssen, zugrundelegen. Jedoch fragt sich dabei, ob der Durchschnittswert der jeweiligen Subventionsart oder der Subventionsaktion oder aber der Durchschnittswert der deliktisch erlangten Subventionen maßgebend sein soll. Darüber hinaus sind beide Werte hinsichtlich ihrer Feststellung häufig dem Richter kaum zugänglich (zust. Wohlers MK Rdn. 130). Wenig sinnvoll wäre es auch, die Ausgangsund Vergleichswerte zu subjektivieren, nämlich sie von der Größe des Betriebes, der Höhe des Umsatzes oder Einkommens bzw. Gewinnes des Subventionsnehmers usw. abhängig zu machen. Unter vergleichender Heranziehung anderweitiger gesetzlicher Grenzziehungen, denen freilich häufig eine andere Funktion zukommt, wird man vielmehr mit BGHR § 264 Abs. 3 Strafrahmenwahl 1 als Faustregel Subventionserschleichungen in einer Größenordnung ab etwa 50.000 Euro hierher rechnen können (zust. Kindhäuser Rdn. 19 und Wohlers aaO mit zahlr. Nachw.; ebenso Saliger in S/S/W Rdn. 36; vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABlEG 1995 Nr. C 316 S. 50: 50.000 ECU als Untergrenze 102

Eisele BT II Rdn. 698; Hellmann NK Rdn. 140; Hoyer SK Rdn. 86; Kindhäuser Rdn. 19; Lackner/Kühl Rdn. 25; Sch/Schröder/Perron Rdn. 75; Wohlers MK Rdn. 132;

enger für den Begriff des Nachmachens Fischer Rdn. 46, der auf § 146 Abs. 1 verweist (dazu Ruß LK § 146 Rdn. 6 mit Nachw.).

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schweren, nämlich mit Freiheitsstrafe zu ahndenden Subventionsbetruges; ferner BGHSt 48 360, 360, 361 ff: Schäden unter 50.000 Euro fallen nicht unter § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1). Für die Bestimmung dieses Umfanges fragt sich, ob bei mehreren Taten eine Zusammenrechnung noch statthaft ist, obwohl nach den nunmehr geltenden Grundsätzen tatbestandlich ein Fortsetzungszusammenhang nicht mehr in Betracht kommt (Rdn. 188). Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Einzelakte entweder aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter bzw. verfälschter Belege begangen worden sein müssen, da die Tat insgesamt nur dann erhöht strafwürdig im Sinne von Nr. 1 ist (ebenso zur früheren Rechtslage BGHR aaO). Unter dieser Voraussetzung ist eine Addition der Schadensbeträge mit der neuen Rechtsprechung zu § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO bei Tateinheit (BGH NJW 2009 528) sowie bei „Bewertungseinheit“ (Theune LK § 46 Rdn. 128) zulässig (vgl. auch BGHSt 53 221, 232 f mit Nachw.; zu den Konstruktionen der Strafrechtsprechung zwecks Zusammenfassung betrügerischer Unternehmenshandlungen Rissingvan Saan FS Tiedemann S. 391 ff mit Nachw.; ferner Tiedemann LK § 263 Rdn. 311 und § 283 Rdn. 236). – Mit Blick auf Kreditsubventionen ist die Frage bedeutsam, ob auf die gewährte Gesamtleistung oder nur auf denjenigen Teil, der die eigentliche (unentgeltliche!) Subvention darstellt, abzuheben ist. Entsprechend dem Hinweis oben Rdn. 53 ergibt sich hier aus Sinn und Zweck von Nr. 1, dass die letztere Auffassung zutrifft (zust. Lackner/Kühl Rdn. 25 und Sch/Schröder/Perron aaO). Andernfalls würde bei Kreditsubventionen der besonders schwere Fall der Subventionserschleichung allzu sehr in die Nähe des Regelfalles gerückt werden.

171

b) Absatz 2 Nr. 2 setzt – wörtlich mit § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO übereinstimmend – voraus, dass der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht. Da die Eigenschaft als Amtsträger (Legaldefinition in § 11 Abs. 1 Nr. 2!) ein besonderes persönliches Merkmal darstellt, kann entsprechend § 28 Abs. 2 aber auch der seine Amtsbefugnisse oder Stellung missbrauchende Teilnehmer das Regelbeispiel verwirklichen (zust. Hoyer SK Rdn. 89 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 76, je m.w.N.). Nach dem Bericht des Sonderausschusses (S. 7; ebenso RegE S. 26 f) ist bei Nr. 2 172 primär der in das Vergabeverfahren nur eingeschaltete Amtsträger gemeint, der also nicht selbständig über die Subventionsvergabe entscheidet, sondern innerhalb der Behörde einem anderen gegenüber oder auch gegenüber einer anderen Behörde oder Stelle falsche Angaben macht; der entscheidungsbefugte Amtsträger ist gar nicht tauglicher Täter des Absatzes 1 (oben Rdn. 37) und kann folglich auch nicht Absatz 2 Nr. 2 erfüllen (zust. Graßmück S. 24 und Wohlers MK Rdn. 135). Der nur eingeschaltete Amtsträger soll nach dem Bericht des Sonderausschusses (aaO) bei Missbrauch seiner Stellung oder seiner Befugnisse allerdings auch dann regelmäßig einen besonders schweren Fall verwirklichen, wenn er ausschließlich zum Vorteil eines anderen, insbesondere des Antragstellers, handelt. Hiergegen meldet Fischer (Rdn. 47) unter Hinweis auf § 27 Abs. 2 Satz 2 berechtigte Bedenken an, wenn der Amtsträger nur als Gehilfe tätig wird. Allerdings zieht Fischer (aaO) den Kreis der Beihilfehandlungen auf Kosten der Täterschaft des Amtsträgers zu weit: Bei Absatz 1 Nr. 1 ist der Amtsträger, der die Tatbestandsmerkmale vorsätzlich verwirklicht, stets Täter oder Mittäter (oben Rdn. 105). Auch bei Absatz 1 Nr. 4 ist Täterschaft jedenfalls möglich, obwohl häufiger Beihilfe zum Gebrauchmachen vorliegen wird. Ausgeschlossen ist Täterschaft dagegen bei dem eingeschalteten Amtsträger im Hinblick auf Absatz 1 Nr. 3, da der Amtsträger (bisher) nicht nach speziellen Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe zur Mitteilung unberechtigter Inanspruchnahme von Subventionen und Subventionsvorteilen gegenüber dem Subventionsgeber verpflichtet ist.

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Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Amtsträger vorsätzlich rechtswidrig, insbesondere 173 vorsätzlich ermessenswidrig, handelt (zust. Graßmück S. 24; Schmid S. 138). Liegt dieses Handeln innerhalb seiner an sich gegebenen Zuständigkeit, so missbraucht er seine Befugnisse, während bei Handeln außerhalb des Zuständigkeitsbereiches, aber unter Ausnutzung der ihm durch sein Amt gegebenen Möglichkeiten, Missbrauch seiner Stellung vorliegt (zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 76). Bei eigener Täterschaft des Amtsträgers nach Absatz 1 Nr. 1 genügt für die Annahme von Missbrauch die Verwirklichung der Täuschungshandlung (Sch/Schröder/Perron aaO). Die weitergehende Annahme Samsons (SK4 Rdn. 86), die Stellung des Täters müsse ihm die Täuschung „erleichtert“ haben, ist für nur eingeschaltete Amtsträger gegenstandslos, da insoweit stets gegeben. Dagegen wird in Beihilfehandlungen des Amtsträgers ein Missbrauch nur dann zu erblicken sein, wenn sie gerade durch seine Stellung oder Befugnisse als Amtsträger möglich werden. Dies wird bei bloßer Weiterleitung unrichtiger Angaben des Antragstellers auf dem Dienstweg überwiegend verneint (Perron aaO Rdn. 77 mit Nachw.; wohl enger Wohlers MK Rdn. 137: „innerhalb der Behörde“). Vorteilsannahme und Bestechlichkeit (§§ 331, 332) stellen zwar einen Missbrauch 174 dar, begründen aber nicht notwendigerweise Täterschaft oder auch nur Beihilfe zu Handlungen nach Absatz 1 (wohl weitergehend Fischer Rdn. 47). Dagegen liegt an sich ein Missbrauch (und täterschaftliche Begehung der Tat nach Absatz 1) auch vor, wenn ein Amtsträger nicht als eingeschalteter Organwalter, sondern als Vertreter eines öffentlichen und öffentlich-rechtlich organisierten Betriebes oder eines entsprechenden Unternehmens (dazu Rdn. 56) mit Falschangaben Subventionen beantragt. Jedoch erhebt Fischer aaO hier zutreffend Bedenken gegen die regelmäßige Einordnung dieses Falles als besonders schwer, wäre der Unrechtsgehalt der Tat bei privatrechtlicher Organisation desselben Betriebes oder Unternehmens und Handeln eines Angestellten doch kaum ein anderer. – Dagegen kann Täter nach Absatz 1 Nr. 1 im regelmäßig besonders schweren Fall nach Absatz 2 Nr. 2 schließlich derjenige Amtsträger sein, der nicht in das Subventionsverfahren eingeschaltet ist und ohne eigene Antragstellung falsche Angaben macht, z.B. eine unrichtige Bescheinigung in Kenntnis ihrer späteren Verwendung im Subventionsverfahren ausstellt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 76). c) Absatz 2 Nr. 3 bezeichnet – in wörtlicher Übereinstimmung mit § 370 Abs. 3 AO – 175 das Ausnutzen der Mithilfe eines missbräuchlich handelnden Amtsträgers als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles von Subventionsbetrug. Der praktisch wichtigste Anwendungsfall ist – wenngleich rechtlich nicht zwingend erforderlich – hierbei das kollusive Zusammenwirken von Amtsträger und Täter (zust. Schmid S. 139). Für die Einordnung dieses Zusammenwirkens als besonders schweren Fall auch im Hinblick auf den Nicht-Amtsträger war angesichts der entsprechenden Geltung des § 28 Abs. 2 (oben Rdn. 171) eine spezielle Regelung wenn nicht erforderlich, so doch zweckmäßig. Nr. 3 setzt das Vorliegen eines besonders schweren Falles auf seiten des Amtsträgers 176 nach Nr. 2 voraus (Fischer Rdn. 48) und verlangt außerdem Kenntnis des Täters von diesem missbräuchlichen Verhalten des Amtsträgers. Mehr als diese Kenntnis, die die Wertung als missbräuchlich nicht zu umfassen braucht, fordert das „Ausnutzen“ nicht. Insbesondere ist rechtlich unerheblich, ob Amtsträger und Täter nach Absatz 1, Absatz 2 Nr. 3 kollusiv zusammenwirken oder nicht, ob der Amtsträger bestochen oder zu seiner Handlung gezwungen wird oder nicht, ob der Amtsträger Mittäter oder Gehilfe oder an der Tat rechtlich unbeteiligt ist (Nebentäterschaft; zust. Graßmück S. 25 und Wohlers MK Rdn. 139 mit Nachw.; aA Hoyer SK Rdn. 93 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 78, die stets Mittäter- oder Gehilfenschaft fordern). In dem typischen Fall, dass der Amtsträger

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Beihilfe zur Tat leistet und der Täter dies weiß, liegt stets ein Ausnutzen im Sinne von Nr. 3 vor (Fischer aaO).

IX. Banden- und gewerbsmäßige Begehung (Absatz 3) 177

Die Verweisung auf § 263 Abs. 5 schafft im Rahmen des § 264 einen qualifizierten Verbrechenstatbestand zum Zwecke der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Bereich des Subventionswesens (BT-Drs. 13/9064 S. 19; Hoyer SK Rdn. 94 mit Nachw.). Die Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere das kumulative Erfordernis banden- und gewerbsmäßiger Begehung, entsprechen § 263 Abs. 5 (dazu Tiedemann LK § 263 Rdn. 307). Die Regelung des § 264 Abs. 5 über tätige Reue ist hier nicht anwendbar (Sch/Schröder/Perron Rdn. 78a mit Nachw.; aA Hellmann NK Rdn. 169).

X. Nebenfolgen (Absatz 6) 178

Entsprechend § 375 AO sieht Absatz 6 bestimmte Nebenfolgen der Verurteilung vor, stellt die Verhängung dieser Nebenfolgen aber in das Ermessen des Gerichts. Satz 1 gewährt die in § 45 Abs. 2 vorgesehene Möglichkeit der Aberkennung der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit (passives Wahlrecht). Satz 2 erstreckt die Möglichkeit der Einziehung sachlich auf sog. Beziehungsgegenstände und persönlich auf solche Dritte, die als Eigentümer oder Inhaber von Gegenständen der Tat vorwerfbar im Sinne des § 74a gehandelt haben.

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1. Der Möglichkeit der Aberkennung der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit nach § 45 Abs. 2 liegt der Gedanke zugrunde, denjenigen, der sich vorsätzlich (Absatz 1 und 2!) zu Unrecht öffentliche Mittel verschafft, für eine gewisse Zeit von der Ausübung öffentlicher Ämter und von Rechten aus öffentlichen Wahlen auszuschließen (Göhler Prot. 7/2709). Da diese Möglichkeit bei Verurteilung aus §§ 263, 266 nicht besteht, ist der Grundgedanke allerdings vom Gesetz nicht konsequent durchgehalten (v. Schoeler Prot. 7/2709; Sch/Schröder/Perron Rdn. 80). Der Gesetzgeber hatte eine Überprüfung und Bereinigung dieser wenig befriedigenden Unterschiedlichkeit ins Auge gefasst (Göhler aaO). Bis zur Verwirklichung einer solchen Reform wird von der Möglichkeit des Absatzes 6 Satz 1 um der Gleichmäßigkeit der Strafrechtspflege willen nur zurückhaltend und insbesondere bei umfangreichen Subventionserschleichungen Gebrauch zu machen sein. Die Aberkennung der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit ist Nebenstrafe, nicht 180 Sicherungsmaßregel (Fischer Rdn. 51; Wohlers MK Rdn. 141 m.w.N.). Die Bezeichnung als „Nebenfolge“ in § 45 dient allerdings der Abschwächung des Strafgedankens (Brandmarkung!). Ihre Anordnung liegt im Ermessen des Gerichts. Bei der Ermessensausübung sind die allgemeinen Zumessungsregeln des § 46 zu beachten (Theune LK § 45 Rdn. 15 mit Nachw.). Insbesondere die Höhe der erschlichenen Subvention wird eine gewichtige Rolle spielen (Göhler aaO; vgl. Rdn. 170). Die Entscheidung bezieht sich trotz des Wortlautes von Satz 1 nicht notwendiger181 weise einheitlich auf die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.103 Zwar ist eine genaue Grenze zwischen 103

Hellmann NK Rdn. 178; Hoyer SK Rdn. 106; Lackner/Kühl Rdn. 29; Wohlers MK Rdn. 141.

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Amtsfähigkeit und (passiver) Wählbarkeit nicht zu ziehen, da nicht wenige öffentliche Ämter aus Wahlen erlangt werden. Jedoch geht das Gesetz – z.B. in §§ 108c, 358 – auch im Übrigen von einer Trennbarkeit der Begriffe aus. Bei der Ermessensausübung nach Satz 1 wird der Richter freilich regelmäßig zu einer einheitlichen Aberkennung gelangen, da Amtsfähigkeit und Wählbarkeit etwa gleichrangig sind. 2. Satz 2 gibt vor allem die Möglichkeit, auch solche Gegenstände einzuziehen, die 182 nicht zur Begehung oder Vorbereitung des Subventionsbetruges gebraucht worden oder bestimmt gewesen und auch nicht durch ihn „hervorgebracht“ worden sind. Satz 2 ist damit eine besondere Vorschrift im Sinne des § 74 Abs. 4. Folglich ist die Einziehung nur unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 und 3 oder des ausdrücklich in Bezug genommenen § 74a zulässig. Während allerdings § 74 eine vorsätzliche Tat voraussetzt, können die in Satz 2 angesprochenen „Beziehungsgegenstände“ auch dann eingezogen werden, wenn der Subventionsbetrug nur leichtfertig (Absatz 4) begangen worden ist (zust. Hoyer SK Rdn. 105 und Wohlers MK Rdn. 144, je m.w.N.). Der Begriff des Beziehungsgegenstandes ist bei § 264 besonders schwierig abzugren- 183 zen und ausweislich der Entstehungsgeschichte des Gesetzes (vgl. Prot. 7/2710 ff) weit zu verstehen. Gedacht ist vor allem an solche Gegenstände (Waren), die im Hinblick auf einen bestimmten Verwendungszweck verbilligt abgegeben und anschließend der Beschränkung zuwider verwendet werden.104 Nach Göhler (Prot. 7/2710 f) soll aber auch die Geldsumme, welche als Subvention aufgrund falscher Angaben gewährt worden ist und einem Konto des Täters gutgeschrieben wurde, als Beziehungsgegenstand eingezogen werden können. Hieran ist zutreffend, dass „Gegenstand“ im Sinne der §§ 74, 74a, 264 Abs. 6 gemäß der ausdrücklichen Klarstellung durch § 74a Nr. 1 nicht nur körperliche Sachen, sondern auch Rechte sind. Jedoch hat der Subventionsgeber im Falle der Subventionserschleichung einen Anspruch auf Rückgewähr, dessen Erfüllung im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde. Es darf daher – ähnlich wie bei einer gestohlenen Sache – regelmäßig weder ein Verfall gemäß § 73 noch eine Einziehung gemäß § 74 angeordnet werden (übereinstimmend Sch/Schröder/Perron Rdn. 84 und Wohlers MK Rdn. 145 m.w.N.). Trotz der ausdrücklich gewollten Weite der Einziehungsmöglichkeit bleibt daher ein 184 sinnvoller Anwendungsbereich für Satz 2 neben dem Fall der verwendungsbeschränkten Waren nur im Hinblick auf die Bescheinigungen nach Absatz 1 Nr. 4, die aber auch schon Tatwerkzeug im Sinne des § 74 Abs. 1 sein können (zust. Hoyer SK Rdn. 106 mit Nachw.). Hinsichtlich der verwendungsbeschränkten Waren ist Satz 2 bereits anwendbar, wenn der Täter die Ware nach Absatz 1 Nr. 1 erschleicht (Göhler Prot. 7/2710; Sch/Schröder/Perron Rdn. 84), da die Subvention hier nicht in der Überlassung der Ware, sondern in der Verbilligung liegt und die Ware daher nur Beziehungsgegenstand des Subventionsbetruges, nicht aber aus diesem erlangt ist.

XI. Konkurrenzen Innerhalb der Konkurrenzen ist vor allem das Verhältnis von § 264 zu § 263 einer- 185 seits und zu § 370 AO andererseits bedeutsam. Als Ausgangspunkt ist insoweit festzuhalten, dass § 264 im Verhältnis zu § 263 als Sondertatbestand konzipiert ist, der dem allge104

Bericht Sonderausschuss S. 9; Göhler Prot. 7/2710; Lackner/Kühl Rdn. 29; Sch/Schröder/Perron Rdn. 84.

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meinen Betrugstatbestand vorgeht, diesen also subsidiär werden lässt (Gössel wistra 1985 128). Dies folgt daraus, dass die Strafdrohung des Absatzes 1 mit der des § 263 Abs. 1 übereinstimmt, Absatz 1 auch die erfolgreiche Subventionserschleichung mit umfasst (oben Rdn. 162) und schließlich die Obergrenze für besonders schwere Fälle in §§ 263 Abs. 3, 264 Abs. 2 identisch ist. Während aber dieses Ergebnis der ganz h.M. entspricht,105 herrscht im Verhältnis des § 264 zu § 370 AO die bereits oben Rdn. 41 angedeutete Unklarheit, ob die Erschleichung von Steuervorteilen bereits aus tatbestandlichen oder erst aus Konkurrenzgründen aus § 264 ausscheidet. Zutreffend ist die erstere Ansicht (zust. Wohlers MK Rdn. 123 mit Nachw.). Praktisch bedeutet dies: Unter dem terminologisch wenig exakten Begriff der „Spezial186 regelung“ (vgl. Gössel aaO mit Nachw.) ist stets zunächst zu untersuchen, ob der in Frage stehende Sachverhalt einer steuerrechtlichen Regelung unterliegt, da in diesem Fall nur §§ 370 ff AO eingreifen. Im Verhältnis zu § 264 betrifft dieser Vorrang der steuerstrafrechtlichen Regelung vor allem die sogenannten indirekten (Verschonungs-)Subventionen (oben Rdn. 41). Handelt es sich dagegen um eine direkte Subvention, so ist § 264 einschlägig, sofern im Sinne von Absatz 7 Nr. 1 eine Wirtschaftssubvention oder gemäß Abs. 7 Nr. 2 eine EU-Subvention in Frage steht. Problematisch ist dann freilich, ob bei Wirtschafts- und EU-Subventionen als Tatobjekt eine Exklusivität des § 264 in dem Sinne besteht, dass auf § 263 auch dann nicht zurückgegriffen werden kann, wenn § 264 im Ergebnis entfällt, weil es z.B. an der Kennzeichnung oder hinreichenden Erkennbarkeit der Subventionserheblichkeit (Absatz 8) oder am Vorsatz des Täters fehlt oder ein nach § 264 nicht mit Strafe bedrohter untauglicher Versuch vorliegt. Während jedenfalls für die erstere Fallgestaltung Göhler (Prot. 7/2671) Straflosigkeit anzunehmen scheint, wird eine allgemeine Exklusivität des § 264 nur von Biener (Steuerberaterkongreß-Report 1977 S. 371) vertreten. Die Gegenansicht ist ganz vorherrschend.106 Sie beruft sich vor allem auf den Zweck des § 264, eine möglichst lückenlose Vorverlegung des Strafrechtsschutzes zu erreichen. Damit wird zwar nicht hinreichend berücksichtigt, dass insbesondere die weitgehende Formalisierung der Täuschungshandlung und das Absehen des Gesetzgebers von einer Versuchsstrafbarkeit innerhalb des § 264 zugleich eine gewollte Privilegierung des Täters darstellen, ohne welche die durch § 264 insgesamt vorgesehene Verschärfung kaum zu rechtfertigen wäre. Es spricht daher auf der Grundlage der h.M., die durch § 264 auch Vermögensschutz bezweckt sieht, einiges dafür, § 264 nicht nur als Sondertatbestand anzusehen, sondern ihm auch Sperrwirkung gegenüber

105

Vgl. Bericht Sonderausschuss S. 6; BGHSt 32 203, 206 f und 44 233, 243; BayObLG NJW 1982 2202, 2203; Allgaier wistra 2006 261 f; Blei II § 62 III 1 f; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 76; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 30; Eisele BT II Rdn. 703; Fischer Rdn. 5; Göhler/ Wilts DB 1976 1615; Kindhäuser Rdn. 25; Lackner/Kühl Rdn. 30; Müller-Emmert/ Maier NJW 1976 1661; Otto BT § 61, 27; Rengier BT 1 § 17, 8; Saliger S/S/W Rdn. 43; Sch/Schröder/Perron Rdn. 87; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 691; aA (Idealkonkurrenz) Achenbach JR 1988 254; Berz BB 1976 1438; Eberle S. 179 ff; Gössel BT 2 S. 471; Hoyer SK Rdn. 109; Maurach/

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Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 176; Schmidt-Hieber NJW 1980 323 f; Wohlers MK Rdn. 124. Für Vorrang des § 263 bei vollendetem Betrug Hellmann NK Rdn. 172 f und Schmidhäuser BT 11/99. BGHSt 44 233, 243 sowie bereits BB 1991 98 und NJW 1982 2453 (f) (insoweit in BGHSt 31 94 ff nicht abgedruckt); BGHR Konkurrenzen 1; OLG München NJW 1982 457 f; Bender in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 52, 48 ff; Heinrich aaO Rdn. 77; Heinz GA 1977 212, 213 f; Lackner/Kühl Rdn. 31; Otto aaO; Perron aaO; Ranfi NJW 1986 3164; Wassmann Rdn. 66; Wattenberg in Achenbach/Ransiek IV 2 Rdn. 91.

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Subventionsbetrug

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§ 263 beizumessen. Einen Anhalt hierfür gibt auch die im Verhältnis zu § 263 Abs. 3 niedrigere Strafrahmenuntergrenze für besonders schwere Fälle von Subventionsbetrug. § 263 bliebe nach dieser Ansicht nur – was insoweit unstreitig ist – in den Fällen anwendbar, in denen der Vermögensvorteil keine Subvention im Sinne des Absatzes 7 ist. Jedoch ist der Hinweis der h.M. auf schwer erträgliche und kaum verständliche Strafbarkeitslücken bei Annahme von Exklusivität des § 264 letztlich durchschlagend und vor allem auf dem Boden der hier vertretenen Rechtsgutsbestimmung (oben Rdn. 23 ff) ohne weiteres akzeptabel. Es sei nur an die Möglichkeit der Subventionsgewährung durch staatliche Bürgschaften (oben Rdn. 50) erinnert, bei der trotz genauer vertraglicher Festlegung der Vergabe- und Widerrufsbedingungen eine relevante, nämlich durch Gesetz usw. vorgenommene Bezeichnung der Subventionserheblichkeit fehlt. Hier trotz eindeutiger Täuschungshandlungen Straflosigkeit (wegen Unanwendbarkeit des § 263) anzunehmen, wäre ebenso verfehlt wie in dem umfänglichen Bereich solcher Wirtschaftssubventionen, die ohne rechtssatzmäßige Regelung nach Verwaltungsrichtlinien vergeben werden. Folgerichtig wird man dann auch eine Sperrwirkung ablehnen und die Anwendung des § 263 bzw. der §§ 263, 22 für alle Handlungen zulassen müssen, die einen nach § 264 straflosen (z.B. auch untauglichen) Versuch darstellen (zust. BGH NJW 1982 2453 und Mitsch BT 2 § 3, 42; eingehend Sch/Schröder/Perron Rdn. 87 m.w.N.; vgl. aber auch oben Rdn. 157). Sind Steuervorteile, direkte Wirtschaftssubventionen und andere Vermögensvorteile 187 (z.B. Sozialsubventionen) Gegenstand derselben Tathandlung, so ist Tateinheit anzunehmen. Auch im Verhältnis zur Urkundenfälschung (§§ 267 ff) liegt trotz Absatz 2 Nr. 1 Tateinheit vor (Fischer Rdn. 54a; Sch/Schröder/Perron Rdn. 86; Wohlers MK Rdn. 123 m.w.N.). Tatmehrheit dürfte in der Regel im Verhältnis zu Bestechlichkeit, Tateinheit im Verhältnis zu Bestechung (vgl. Absatz 2 Nr. 3!) vorliegen (Penner Prot. 7/2686). Bei Erschleichung einer Kreditsubvention ist Tateinheit im Verhältnis von § 264 und § 265b anzunehmen (Tiedemann LK § 265b Rdn. 114; Sch/Schröder/Perron aaO; Saliger S/S/W Rdn. 43; aA für den Regelfall Fischer aaO). Hinsichtlich der einzelnen Tathandlungen nach Absatz 1 geht Nr. 1 der Nr. 3 vor, 188 wenn der Täter unvollständige Angaben macht (zust. Wohlers MK Rdn. 122 mit Nachw.). Jedoch handelt es sich hier um ein Tatbestands- und nicht erst um ein Konkurrenzproblem (vgl. oben Rdn. 99; aA Fischer Rdn. 54; vgl. auch BGHR § 264 Abs. 1 Konkurrenz). Wohl aber können Nr. 1 und Nr. 3 bei Bezug auf unterschiedliche Sachverhalte und (Teil-)Beträge tatmehrheitlich zusammentreffen (BGH aaO). Erlangt der Täter durch vorsätzlich oder leichtfertig falsche Angaben eine Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen und macht er selbst in einem Subventionsverfahren von dieser Bescheinigung in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit Gebrauch, so tritt Nr. 4 gegenüber Nr. 1 zurück (zust. Perron aaO Rdn. 86 sowie Wohlers aaO, je m.w.N.). Ebenso tritt Nr. 3 hinter Nr. 2 zurück (Fischer Rdn. 27; Perron aaO). Die praktisch nicht seltene fortgesetzte Begehung von Subventionsbetrügereien ist nach den Maßstäben von BGHSt 40 138 (§ 263) und 195 (§ 370 AO) rechtlich nicht mehr als Fortsetzungszusammenhang zu erfassen, da der Tatbestand des § 264 – ähnlich wie der des Betruges und der Steuerhinterziehung – jedenfalls überwiegend „jeweils hinreichend voneinander abgrenzbar“ einzelne Verhaltensweisen beschreibt. Dagegen stellt die fortlaufende (sukzessive) Tatbestandsverwirklichung zwecks Subventionserlangung eine Bewertungseinheit (rechtliche Handlungseinheit) dar (BGH wistra 2007 217 [f] für das zweistufige Subventionsvergabeverfahren bei Investitionsfinanzierungshilfe). Bei nach europäischem Unionsrecht gewährten Subventionen können unrichtige An- 189 gaben zugleich § 264 und Tatbestände unionssrechtlicher punitiver Sanktionsvorschrif-

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§ 264

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ten erfüllen (z.B. Strafzuschläge bei der Wiedereinziehung von Einkommensbeihilfen, die von Landwirten durch unrichtige Angaben erwirkt worden waren: Art. 13 Abs. 3 lit. b VO [EWG] 1279/90, ABlEG 1990 Nr. L 371 S. 17 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 251; Heitzer S. 84 ff, 167 f). In diesen Fällen bleibt § 264 trotz des grundsätzlich bestehenden Vorrangs des Unionsrechts anwendbar (zust. Wohlers MK Rdn. 123): Unionsrechtliche Sanktionsvorschriften sollen nur einen Mindeststandard darstellen und lassen deshalb weitergehende mitgliedstaatliche Strafvorschriften unberührt.107 Der Vorrang des Unionsrechts wirkt sich jedoch dahin aus, dass selbst dann, wenn die unionsrechtliche Sanktionsvorschrift dasselbe Rechtsgut schützen sollte wie § 264, keine Gesetzes-, sondern Idealkonkurrenz anzunehmen ist, § 84 Abs. 1 OWiG also keine entsprechende Anwendung findet (Heitzer S. 174 f). Zum Verfahren bestimmt Art. 6 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 (oben Rdn. 12), dass das Verwaltungsverfahren bei Einleitung eines dieselbe Tat betreffenden Strafverfahrens ausgesetzt werden kann (Absatz 1) und nach Abschluss des Strafverfahrens wieder aufgenommen wird, „sofern allgemeine Rechtsgrundsätze nicht entgegenstehen“ (Absatz 3). Da der Grundsatz „ne bis in idem“ (Art. 103 Abs. 3 GG) auch unionsrechtlich als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt wird (Rdn. 190), ist die Wiederaufnahme ausgeschlossen, wenn im Strafverfahren – auch – eine rechtskräftige Entscheidung hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlichen Sanktion getroffen worden ist. Im Übrigen und für den Fall, dass eine Wiederaufnahme möglich und geboten ist, bestimmt Art. 6 Abs. 4 VO, dass von Justizbehörden bereits verhängte Sanktionen bei der Ahndung nach Gemeinschaftsrecht berücksichtigt werden „können“. Selbst wenn dies als Einräumung eines Ermessens zu verstehen wäre, gebietet der auch gemeinschaftsrechtlich anerkannte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 4 EUV) in der Regel eine Berücksichtigung.

XII. Internationales Strafrecht 190

Dass § 264 neben nationalen auch EU-rechtliche Subventionen schützt – und zwar unabhängig davon, ob diese unmittelbar von der EU oder (so meist) von deutschen Stellen gewährt werden –, ergibt sich unmittelbar aus § 264 Abs. 7 (dazu Rdn. 69 ff), der für EU-rechtliche Abgaben seine Entsprechung in § 370 Abs. 7 AO findet (Tiedemann/Otto ZStW 107 [1995] 598). Diesen Schutz erweitert § 6 Nr. 8 dahingehend, dass die deutsche Strafgewalt unabhängig vom Recht des Tatorts auch im Ausland begangene Subventionserschleichungen insbesondere gegen EU-Interessen erfasst („Europarechtsprinzip der Zukunft“: Jescheck/Weigend § 18 III 4; Satzger Jura 2010 190 [ff]: „Unionsschutzprinzip“). Der deutschen Strafgewalt unterliegen damit auch Subventionserschleichungen außerhalb des Unionsgebietes (zust. Werle/Jeßberger LK § 6 Rdn. 100), soweit es sich um Subventionen nach EU- oder Wirtschaftssubventionen nach deutschem Recht handelt. Auslandstaten von Ausländern werden schon durch §§ 3, 9 erfasst, wenn sich der Subventionsgeber (Rdn. 86) in Deutschland befindet (Werle/Jeßberger aaO Rdn. 95 mit Nachw.). Begeht der deutsche Täter (z.B. als Inhaber eines deutschen Tochterunternehmens) die Tat im Ausland, so findet § 264 bereits nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 Anwendung, wenn die Tat am ausländischen Tatort mit (Kriminal-)Strafe bedroht ist; dies ist auch

107

GA Jacobs in EuGH Rs. C 217/88, Slg. 1990 I, 2879, 2892; Heitzer S. 169 f, 176; vgl. auch Eingangserwägung der EG-Verordnung Nr. 2988/ 95 über den Schutz der

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finanziellen Interessen der Gemeinschaften vom 18.12.1995 (oben Rdn. 12). Zum Verschuldenserfordernis Bender in MüllerGugenberger/Bieneck § 52, 58 mit Nachw.

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innerhalb der EU freilich keineswegs durchgehend der Fall (vgl. etwa für Spanien die oben Rdn. 21 genannten Wertgrenzen und die nach h.M. bestehende Exklusivität des derart eingeschränkten Spezialtatbestandes108). Art. 7 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG 1995 Nr. C 316 S. 51) sieht im Verhältnis der Mitgliedstaaten die Anwendung des Prinzips „ne bis in idem“ vor; es ist nunmehr in Art. 50 EU-Grundrechtecharta garantiert.

XIII. Strafanzeige und Strafverfolgung 1. Gemäß § 6 SubvG haben Gerichte und Behörden von Bund, Ländern und kommu- 191 nalen Trägern der öffentlichen Verwaltung Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetruges in Bezug auf nationale oder von nationalen Stellen bewilligte Subventionen begründen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen (dazu Volk JZ 1982 89). Diese in der Steuerpraxis seit langem bekannte Verpflichtung zur Erstattung von Strafanzeigen findet im deutschen – anders als im ausländischen – Recht nur wenige Parallelen (vgl. neben § 116 AO insbesondere § 159 Abs. 1 StPO und § 183 Abs. 1 GVG; neuerdings § 4 Abs. 5 WpHG und dazu Vogel FS Jakobs [2007] 743). Sie wurde im Gesetzgebungsverfahren mit der Erwägung bekämpft, diese Verpflichtung störe das Kooperationsverhältnis zwischen Subventionsgeber und Subventionsnehmer (vgl. Tiedemann ZStW 88 [1976] 260). Diese Erwägung wurde jedoch zutreffend mit dem Hinweis darauf ausgeräumt, dass bei vorsätzlich oder leichtfertig gemachten Falschangaben des Antragstellers oder Subventionsnehmers, also bei „Subventionsunehrlichkeit“ eines Kooperationspartners, dieses Kooperationsverhältnis ohnehin gestört sei und dass zudem das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung im Hinblick auf die Effektivität der Generalprävention höherrangig sei (Friemel S. 94). Mitteilungspflichtig in diesem Sinne ist einerseits nicht nur eine solche Stelle, die spe- 192 ziell mit Prüfungsaufgaben betraut ist, andererseits aber auch nicht jeder einzelne Amtsträger, sondern nur der für die Behörde Vertretungsbefugte (zust. Wohlers MK Rdn. 147 mit Nachw.). Dem letzteren sollen Unregelmäßigkeiten von den übrigen Behördenangehörigen gemäß „den allgemeinen dienstlichen Vorschriften“ mitgeteilt werden (Bericht Sonderausschuss S. 21). Ein Bagatellvorbehalt wurde in § 6 SubvG nicht eingefügt, da sich eine allgemein gültige Wertgrenze nicht finden lasse; auch wurde der Vorschlag einer partiellen Formalisierung der Anzeigepflicht – z.B. in Fällen der Einleitung verwaltungsrechtlicher Widerrufsverfahren – abgelehnt, da die Einleitung eines solchen Verfahrens gelegentlich aus Umständen unterbleiben könne, die an dem Strafbedürfnis nichts ändern (Bericht aaO S. 22). Insoweit wurde allerdings in Anlehnung an ausländische Erfahrungen schon in LK10 und 11 (Rdn. 138 bzw. 169) die Befürchtung geäußert, dass die gesetzlich normierte Strafanzeigeverpflichtung in der Praxis weitgehend unerfüllt bleibt (zust. Lührs wistra 1999 90 mit statistischen Belegen); die Zurückhaltung der Subventionspraxis wird dadurch gefördert, dass entsprechende Aufklärungspflichten der Behörden nur ausnahmsweise existieren (vgl. Tiedemann JR 1964 5, 7; auch Carlsen AgrarR 1978 299). Jedoch ist keineswegs erforderlich, dass das Vorliegen eines Subventionsbetruges feststeht oder mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (übereinstimmend § 116 AO). Es wäre wünschenswert, dass im Wege von Verwaltungserlassen konkretisiert würde, wann ein zur Anzeige verpflichtender Verdacht des Subven108

Asua FS Tiedemann (2008) S. 672 ff mit Nachw.

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tionsbetruges vorliegt (vgl. etwa für das französische Strafrecht bereits Circulaire du Ministère de la Justice vom 13.2.1973). Immerhin ist schon nach geltendem Recht darauf hinzuweisen, dass der zur Mitteilung Verpflichtete im Falle des Unterlassens der Mitteilung wegen Strafvereitelung (§ 258) oder Begünstigung (§ 257) strafbar ist (zust. Walter LK § 258 Rdn. 103 mit Nachw.). Auf EU-Subventionen, bei denen Subventionsgeber die EU selbst ist, findet § 6 SubvG 193 keine Anwendung (Fischer Rdn. 1). Jedoch verpflichtet das Unionsrecht die Mitgliedstaaten und deren Behörden, der Europäischen Kommission über Betrügereien und Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrar- und Strukturpolitik sowie der Erhebung von Zöllen und Agrarabgaben Mitteilung zu machen (Art. 3 u. 5 VO 595/ 91, ABlEG 1991 Nr. L 67 S. 11 ff; Art. 23 Abs. 1 VO 2083/93, ABlEG 1993 Nr. L 193 S. 1 ff; Art. 6 Abs. 3 VO 1552/89, ABlEG 1989 Nr. L 155 S. 1 ff). Hierzu sind regelmäßig Aufstellungen der ermittelten Fälle (mit der Angabe, gegen welche Vorschriften jeweils verstoßen und welcher Betrag zu Unrecht erlangt wurde) zu übermitteln, und es ist auch über die Verfahrenseinleitung und die Wiedereinziehung zu Unrecht ausgezahlter Beträge zu berichten. Die Kommission wertet die Meldungen aus, um die Verfolgung von Betrügereien zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union in den Mitgliedstaaten zu koordinieren und zu überwachen. Eine Sanktion ist mit der Verletzung der Mitteilungspflicht nicht verbunden. Ungeklärt ist bisher, ob die Anzeigepflicht nach § 6 SubvG auch Behörden auf der 194 Subventionsnehmerseite betrifft, die in die Subventionsvergabe eingeschaltet sind und die Subvention an den Destinatär weiterreichen. Der Wortlaut von § 6 spricht für Bejahung, die auch nicht durch die Tatsache ausgeräumt wird, dass die Behörde keine Prüfungspflicht hinsichtlich der Subventionsberechtigung trifft. Dies ist im Ergebnis bei der Mehrstufigkeit auf der Subventiongeberseite nicht anders (vgl. Rdn. 86). Auch die Sanktion nach §§ 257, 258 StGB (Rdn. 192) entspricht der Rechtslage in Bezug auf den (mehrstufigen) Subventionsgeber. Der hier wie auch sonst (Rdn. 192) erforderliche, aber auch ausreichende, durch zureichende tatsächliche Anhaltspunkte belegte Anfangsverdacht (§§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO) wird allerdings bei der bloßen Weiterreichung der Subvention nicht selten zu verneinen sein.

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2. Die RiStBV erwähnen in dem Abschnitt über „Betrug“ den Subventionsbetrug nicht, so dass insoweit keine gezielten kriminalistischen Hinweise und Hilfen für die Verfolgung dieser Straftat vorliegen (ausführlich dazu aber Graßmück S. 135 ff). Der Strafverfolgungsbeamte sollte jedoch jedenfalls die weitreichende Verfilzung von Subventionsvergabestellen und Subventionsdestinatären beachten und der verbreiteten fiskalischen Auffassung entgegentreten, dass mit der Rückgewähr der erschlichenen Subventionsleistung der Schaden beglichen und für eine Strafverfolgung kein Raum mehr sei. Auch bei der im Übrigen empfohlenen Kontaktaufnahme mit den zuständigen Fachbehörden ist die Erfahrung zu berücksichtigen, dass Missbräuche im Subventionswesen zu einem erheblichen Teil durch das Fehlverhalten dieser Behörden mitverursacht werden und die Mitwirkungsfreudigkeit der Behörden bei der Strafverfolgung häufig entsprechend gering ist.

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3. Die Verfolgungsverjährung beginnt nicht erst mit Erlangung der Subvention, da dieser Erfolg nicht im Sinne von § 78a Satz 2 zum Tatbestand des § 264 gehört (OLG München wistra 2006 275 f). Frühest möglicher Zeitpunkt für den Lauf der Verjährungsfrist ist damit der Zugang des Subventionsantrags bei der zuständigen Vergabestelle, also die Vollendung (Rdn. 103 mit Nachw.). Ist allerdings ein weiterer Antrag auf Auszahlung erforderlich („zweistufiges Subventionsverfahren“), so liegt bei Einheitlich-

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keit des erstrebten Erfolges eine Bewertungseinheit von Subventionsantrag und Mittelanforderung mit der Folge vor, dass die Verjährungsfrist ab Eingang des Anforderungsantrags beginnt (BGH wistra 2007 217 [f]). Der Subventionsbetrug nach § 264 fällt gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG in die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer, sofern die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles, vor allem im Hinblick auf die Höhe der erschlichenen Subvention (vgl. Absatz 2 Nr. 1!), nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage zum Landgericht erhebt. Für das sonstige Verfahrensrecht ist hervorzuheben, dass gemäß Art. 6 Nr. 7b 1. WiKG auf dem Gebiet des EU-Marktordnungsrechts für strafrechtliche Ermittlungsverfahren nicht mehr die Oberfinanzdirektion, sondern die Staatsanwaltschaft zuständig ist; jedoch kann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen durch die Hauptzollämter oder die Zollfahndungsämter vornehmen lassen (§ 37 Abs. 1 Nr. 2 MOG). Einzelne Fördergesetze schreiben für die Verfolgung einer Straftat nach § 264 die entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften der AO vor (vgl. Tiedemann LK11 Rdn. 175). Insoweit besteht also insbesondere eine eigene Ermittlungskompetenz der Finanzbehörden einschließlich des Rechtes, einen Strafbefehl nach § 400 AO zu beantragen (vgl. bereits Henneberg BB 1977 940 mit Nachw.). Die früher vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Rechte von Verwaltungsbehörden auf Teilnahme am Strafverfahren wegen Subventionsbetruges (vgl. Tiedemann LK10 Rdn. 141) sind aus Gründen der Vereinheitlichung des Strafverfahrensrechts beseitigt worden (Tiedemann/Otto ZStW 107 [1995] 597). Sie haben aber dadurch an Aktualität wiedergewonnen, dass die EU-Kommission innerhalb der Mitgliedstaaten der EU gezielt versucht, eine Beteiligung am Strafverfahren zu erlangen, auch um die Realisierung der verwaltungsrechtlichen Erstattungsansprüche zu verbessern. Da § 403 Abs. 1 StPO keine Beteiligung im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche kennt und abgesehen von dem Spezialfall des § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO auch eine Nebenklägerstellung ausscheidet, kommen insoweit nur die in §§ 406d, 406e StPO gewährleisteten Informationsrechte in Betracht. Auf der Grundlage einer weiten Auslegung des Verletztenbegriffes kann allerdings die durch Subventionsbetrug geschädigte Stelle (einschließlich der EU-Kommission) das Klageerzwingungsverfahren nach §§ 172 ff StPO – mit der Folge des erwähnten § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO – betreiben (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 94b mit Nachw.; aA Wohlers MK Rdn. 146). Für eine weite Auslegung der Vorschriften der StPO zugunsten der EU-Kommission spricht insoweit der in Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 291 AEUV niedergelegte Grundsatz der Unionstreue (vgl. Tiedemann Gutachten S. 90 ff). Für die Ermittlungen insbesondere wegen Erschleichung von Exportsubventionen sind Vorschriften über die internationale Zusammenarbeit bei der Amts- und Rechtshilfe einschlägig. Neben bilateralen Abkommen mit Drittstaaten gelten spezielle Abkommen (z.B. von Neapel) und Vorschriften (z.B. seit 2005 im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen) für die Mitgliedstaaten der EU (dazu Bender in MüllerGugenberger/Bieneck § 15, 80 ff; Sieber et al., Europ. Strafrecht § 32, 5 ff [Wasmeier], § 35, 11 ff [J. Schröder/Stiegel], § 41, 50 ff [Hetzer], § 42, 4 ff [Gellert]).

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§ 264a Kapitalanlagebetrug (1) Wer im Zusammenhang mit 1. dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder 2. dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet. (3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.

Schrifttum Vgl. zunächst die Angaben über die Materialien und die allgemeine Literatur zum 2. WiKG bei § 263a sowie die Angaben zu § 265b. Speziell zum Kapitalanlagebetrug Backes Zum strafrechtlichen Risiko der unternehmerischen Tätigkeit im Zusammenhang mit steuergünstigen Kapitalanlagen, RPK 1981 1; Böhrer Anlagebetrug – Ein zeitgenössisches Delikt, Kriminalistik 1997 793; Borchard Gehalt und Nutzen des § 264a StGB (2004); Bottke Das Wirtschaftsstrafrecht in der Bundesrepublik Deutschland – Lösungen und Defizite, wistra 1991 1; Bremer § 264a StGB – Wie weit geht strafrechtlicher Anlegerschutz? (2002); Brenner Kapitalanlagebetrug, Kriminalistik 1987 66; Cerny § 264a StGB – Kapitalanlagebetrug. Gesetzgeberischer Anlegerschutz mit Lücken, MDR 1987 271; S. Cramer BGH – Verjährung von Kapitalanlagebetrug, WiB 1995 304; Flanderka/Heydel Strafbarkeit des Vertriebs von Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen gem. § 264a StGB, wistra 1990 256; Franzheim Probleme der Wirtschaftskriminalität aus der Sicht des Staatsanwalts, in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen der Wirtschaft, 2. Aufl. (1972) 111; Gäbhard Das Tatbestandsmerkmal der „wesentlichen Umstände“ beim Kapitalanlagebetrug § 264a StGB (1993); Gallandi § 264a StGB – Der Wirkung nach ein Mißgriff?, wistra 1987 316; Garz-Holzmann Die strafrechtliche Erfassung des Mißbrauchs der Berlinförderung durch Abschreibungsgesellschaften (1984); D. Geerds Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz (1990); Geilen Aktienstrafrecht (1984); Granderath Das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, DB 1986 Beil. Nr. 18 S. 1; Grotherr Der neue Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) als Problem des Prospektinhalts und der Prospektgestaltung, DB 1986 2584; Hagemann Grauer Kapitalmarkt und Strafrecht (2005); Hefendehl Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht (2002); Hild Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung des Kapitalmarktes (2004); Hildner Aspekte des Anlagebetruges im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, WM 2004 1068; Hoffmann Zur Geltung der kurzen presserechtlichen Verjährungsfristen bei Verwendung von Prospektmaterial zu Zwecken des Kapitalanlagebetruges, BB 1994 2100; Jaath Zur Strafbarkeit der Verbreitung unvollständiger Prospekte über Vermögensanlagen, Festschrift Dünnebier (1982) 583; Jacobi Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) (2000); Jehl Die allgemeine vertrauensrechtliche und die deliktsrechtliche Prospekthaftung der Banken und Versicherungen unter dem Blickwinkel des neuen § 264a StGB, DB 1987 1772; Joecks Anleger- und Verbraucherschutz durch das 2. WiKG, wistra 1986 142; Joecks Strafrechtliche Risiken durch den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs, in Praxis der steuerbegünstigten Kapitalanlagen XVI (1986);

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Joecks Der Kapitalanlagebetrug, in Praxis der steuerbegünstigten Kapitalanlagen XVII (1987); Joecks Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB), in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. (2008) Kap. X Abschnitt 1; Kaligin Die Konzeption und der Vertrieb von (steuerbegünstigten) Kapitalanlagen im Blickwinkel des § 264a StGB, WPg 1987 354; Kaligin Strafrechtliche Risiken bei der Konzipierung und beim Vertrieb von steuerbegünstigten Kapitalanlagen, WPg 1985 194; Knauth Kapitalanlagebetrug und Börsendelikte im zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, NJW 1987 28; Krack Die tätige Reue im Wirtschaftsstrafrecht, NStZ 2001 505; Kretschmer Strafrechtliche Zahlenrätsel – oder: Auf der Suche nach großen und anderen Zahlen, Festschrift Herzberg (2008) 827; Krieglsteiner Anlegerbetrug, in Poerting (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität (1985) Bd. 2, S. 9 ff; Liebel Täter-Opfer-Interaktion bei Kapitalanlagebetrug (2002); Liebel/ Oehmichen Motivanalyse bei Opfern von Kapitalanlagebetrug (1992); Machunsky Zur Anwendung von § 264a StGB auf Lebensversicherungen, KaRS Kapitalanlagen 1990 350; Martin Aktuelle Probleme bei der Bekämpfung des Kapitalanlageschwindels, wistra 1994 127; Mehler Die erheblichen Umstände der Kapitalanlageentscheidung (2009); Moosmayer Straf- und bußgeldrechtliche Regelungen im Entwurf eines Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, wistra 2002 161; Mutter § 264a StGB: Ausgewählte Probleme rund um ein verkanntes Delikt, NStZ 1991 421; Müller Wirtschaftskriminalität: eine Darstellung der typischen Erscheinungsformen mit praktischen Hinweisen zur Bekämpfung, 4. Aufl. (1997); Müller/Wabnitz/Janovsky Wirtschaftskriminalität, 4. Aufl. (1997) Kap. 16 Rdn. 2 ff; Otto Die strafrechtliche Bekämpfung unseriöser Geschäftstätigkeit (1990); Otto Neue und erneut aktuelle Formen betrügerischer Anlageberatung und ihre strafrechtliche Ahndung, Festschrift Pfeiffer (1988) 69; Otto Strafrechtliche Aspekte der Anlageberatung, WM 1988 729; Otto Die Tatbestände gegen Wirtschaftskriminalität im Strafgesetzbuch, Jura 1989 24; Pabst Rechtliche Risiken bei Konzeption und Vertrieb von Kapitalanlagen (1989); Park Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl. (2008); Park Schwerpunktbereich – Einführung in das Kapitalmarktstrafrecht, JuS 2007 621; Park Börsenstrafrechtliche Risiken für Vorstandsmitglieder von börsennotierten Aktiengesellschaften, BB 2001 2069; Park Kapitalmarktstrafrecht und Anlegerschutz, NStZ 2007 369; Peltzer Anlegerschutz als Aufgabe für den Gesetzgeber, NJW 1976 1615; Pleyer/Hegel Die Bedeutung des neuen § 264a StGB für die zivilrechtliche Prospekthaftung bei der Publikums-KG, ZIP 1987 79; Quambusch Kapitalanlagebetrug im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Beteiligungen an Windkraftprojekten, Kriminalistik 2005 440; Ransiek Unternehmensstrafrecht: Strafrecht, Verfassungsrecht, Regelungsalternativen (1996); Reiter/Methner Die Bedeutung von Kapitalanlagebetrug und anderen Wirtschaftsstraftaten am Beispiel eines aktuellen Falles – Erweckung des § 264a StGB aus dem Dornröschenschlaf?, VuR 2003 128; Richter Strafrechtliche Risiken bei der Abwicklung von Bauherren- und Erwerbermodellen, in Bihr/Jahrmarkt/Knapp (Hrsg.), Vorteilhafte Geldanlagen (Jg. 8) 1985 1193; Richter Strafrechtliche Neuregelungen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, insbesondere: Unrichtige Angaben in Prospekten über Kapitalanlagen, in Bihr/Jahrmarkt/ Knapp (Hrsg.), Vorteilhafte Geldanlagen (Jg. 9) 1986 1305; Richter Strafbare Werbung beim Vertrieb von Kapitalanlagen, wistra 1987 117; Richter Kapitalanlagebetrug, in Krekeler/Tiedemann/ Ulsenheimer/Weinmann (Hrsg.), HWiStR (1988); Rössner/Worms Welche Änderungen bringt § 264a StGB für den Anlegerschutz?, BB 1988 93; Scheu Das Börsenstrafrecht und seine Reform (Diss. Gießen 1974); Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2011) § 27 Rdn. 191 ff; Schmidt-Lademann Zum neuen Straftatbestand „Kapitalanlagebetrug“ (§ 264a StGB), WM 1986 1241; Schmitz Der strafrechtliche Schutz des Kapitalmarkts in Europa, ZStW 115 (2003) 501; Schniewind/Hausmann Anlegerschutz durch Strafrecht, BB 1986 Beil. Nr. 16 S. 26; Chr. Schröder Aktienhandel und Strafrecht (1994); Chr. Schröder Die Einführung des Euro und der graue Kapitalmarkt, NStZ 1998 552; Chr. Schröder Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl. (2010); Szesny in Böttger (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der Praxis (2011) Kap. 6 Rdn. 4 ff; Theile Die Bedrohung prozessualer Freiheit durch materielles Wirtschaftsstrafrecht am Beispiel der §§ 264a, 265b StGB, wistra 2004 121; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität (1976) Bd. 2 S. 133; Tiedemann Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland (1978); Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber, JZ 1986 865; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT, 3. Aufl. (2011); von Hein Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht bei grenzüberschreitendem Kapitalanlagebetrug, IPRax 2006 460; von Hippel Kein Schutz vor Anlagebetrug?, ZRP 1997 305; von Schönborn Kapitalanlagebetrug (2003); von Ungern-Sternberg Wirtschaftskriminalität beim Handel mit

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ausländischen Aktien, ZStW 88 (1976) 653; Wodsak Täuschung des Kapitalmarkts durch Unterlassen (2006); Wohlers Deliktstypen im Präventionsstrafrecht – Zur Dogmatik „moderner“ Gefährdungsdelikte (2000); Winkelbauer Warentermingeschäfte, in HWiStR (1988); Worms Anlegerschutz durch Strafrecht (1987); Worms § 264a StGB – ein wirksames Remedium gegen den Anlageschwindel?, wistra 1987 242 und 271; Worms Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) als Grundlage der zivilrechtlichen Produkthaftung, in Assmann (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. (1996) § 8. Aus der nichtstrafrechtlichen Literatur Arends Die Haftung für fehlerhafte Anlageberatung, JuS 1994 915; Arndt/Voß VerkProspG (2008); Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb WpPG, VerkProspG, 2. Aufl. (2010); Assmann/Schneider WpHG, 6. Aufl. (2012); Assmann/Schütze Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. (2007); Berrar/Meyer/Müller/Schnorbus/Singhof/Wolf Frankfurter Kommentar zum WpPG und zur EU-ProspektVO (2011); Bultmann/Hoepner/Lischke Anlegerschutzrecht (2009); Geibel Der Kapitalanlegerschaden (2002); Groß Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. (2009); Haarmann/Schüppen Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Aufl. (2008); Holler Kapitalanlegerschutz in Abschreibungsgesellschaften (Diss. Mainz 1996); Holzborn WpPG (2008); Hopt Inwieweit empfiehlt sich eine allgemeine gesetzliche Regelung des Anlegerschutzes?, Verh. 51. DJT (1976) G 1; Hopt Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung (2005); Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere, 12. Aufl. (1986); Imo Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte (1988); Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG (2009); Keunecke Prospekte im Kapitalmarkt, 2. Aufl. (2009); Kiethe Anlageprospekte – Die Haftung des Emittenten für Richtigkeit und Vollständigkeit, MDR 2006 843; Kiethe/Groeschke/ Hohmann Die Vermögenszurückgewinnung beim Anlagebetrug im Spannungsverhältnis zur Insolvenzordnung, ZIP 2003 185; Klaffke Anlagebetrug am Grauen Kapitalmarkt. Theoriebasierte empirische Analyse aus ökonomischer Perspektive (2002); Kümpel Börsenrecht (1996); K. Müller Prospektpflicht für öffentliche Wertpapier-Angebote ab 1991, WM 1991 213; Pleyer/Hegel Die Bedeutung des neuen § 264a StGB für die zivilrechtliche Prospekthaftung bei der Publikums-KG, ZIP 1987 79; Schäfer/Geibel WpHG, BörsG mit BörsZulV, Verkaufsprospektgesetz mit VerkProspV (1999); Schäfer/Hamann/Eckhold Kapitalmarktgesetze, 5. Lieferung (Stand Oktober 2010); Schwark/Zimmer Kapitalmartkrechts-Kommentar, 4. Aufl. (2010); Spindler Persönliche Haftung der Organmitglieder für Falschinformationen des Kapitalmarktes, WM 2004 2089; Unzicker VerkProspG (2010); Werner/Machunsky Rechte und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger (1991). Zum ausländischen Recht Alessandri Offerta di investimenti finanziari e tutela penale del risparmiatore, in Centro Nazionale di Prevenzione e Difesa Sociale (Hrsg.), Mercato finanziario e disciplina penale (Mailand 1993); Martin Criminal Securities and Commodities Fraud, Kapitalanlagebetrug im US-amerikanischen und deutschen Recht (1993); Nisco Controllo sul mercato finanziario e responsabilità penale (2009); Nisco Finanzmarktstrafrecht in Italien, ZStW 120 (2008) 897; Reus/Paul Scheme Liability nach Stoneridge – Haftung für Kapitalmarktbetrug in den USA und Deutschland, WM 2008 1245; T. Walter Betrugsstrafrecht in Frankreich und Deutschland (1999) 462; Zuccalà Der Straftatbestand der wahrheitswidrigen Mitteilungen der Gesellschaft im italienischen Recht, Festschrift Tiedemann (2008) 1045.

Übersicht Rdn. I. Entstehungsgeschichte und kriminalpolitischer Hintergrund; Auslandsrechte

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II. Geschütztes Rechtsgut, Deliktsnatur . . III. Tatzusammenhang . . . . . . . . . . 1. Sachlicher und zeitlicher Bezug . . 2. Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder Anteilen . . . . . . . a) Vertrieb von Anlageobjekten . . b) Wertpapiere . . . . . . . . . . . c) Bezugsrechte . . . . . . . . . . d) Anteile . . . . . . . . . . . . .

496

22

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29 29

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33 34 37 43 46

Rdn. 3. Angebot, Anteile zu erhöhen . . . . . 4. Anteile an Treuhandvermögen . . . . IV. Tatmittel . . . . . . . . 1. Prospekte . . . . . . 2. Darstellungen . . . 3. Vermögensübersichten V. Tathandlung . . . . . . 1. Adressatenkreis . . . 2. Täuschungsgegenstand a) Umstände . . . . . b) Erheblichkeit . . .

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51 52

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55 56 60 62

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64 65 67 70 73

Kapitalanlagebetrug

§ 264a

Rdn. 3. Machen unrichtiger vorteilhafter Angaben . . . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand der Angaben . . . . b) Unrichtige und unvollständige Angaben . . . . . . . . . . . . c) Vorteilhafte Angaben . . . . . . d) Machen von Angaben . . . . . . 4. Verschweigen nachteiliger Tatsachen

. .

76 77

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78 83 84 85

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91

VII. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe, insbes. Geheimnisschutz . . . .

95

VI. Vorsatz und Irrtum

VIII. Versuch, Vollendung,Tätige Reue (Abs. 3)

96

IX. Täterschaft und Teilnahme . . . . . . .

101

Rdn. X. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . 1. Innerhalb des § 264a StGB . . . . 2. Verhältnis zu § 263 StGB . . . . . 3. Verhältnis zu anderen Straftatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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109 109 110

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111

XI. Internationales Strafrecht . . . . . . . . 1. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . 2. In- und Auslandstaten . . . . . . . .

115 116 119

XII. Strafverfolgung und Verjährung . . . . 1. Strafanzeige und Verletztenbefugnisse 2. Richtlinien für das Strafverfahren . . 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . 4. Verjährung . . . . . . . . . . . . . .

122 122 124 125 126

I. Entstehungsgeschichte und kriminalpolitischer Hintergrund; Auslandsrechte § 264a StGB ist durch Art. 1 Nr. 10 des 2. WiKG vom 15.5.1986 (BGBl. I S. 721) in 1 das StGB eingefügt worden, am 1.8.1986 in Kraft getreten und gilt seitdem textlich unverändert fort. Die Vorschrift enthält in der Sache einen Tatbestand irreführender Werbung für (bestimmte) Kapitalanlagen. Sie steht einerseits in einer weit zurückreichenden börsenstrafrechtlichen Tradition (sogleich Rdn. 2) und fügt sich andererseits in neue kapitalmarktrechtliche Regulierungsansätze ein, wonach die klassische Börsenzulassungspublizität zur vertriebsbezogenen Kapitalmarktpublizität – und zwar losgelöst vom börslichen bzw. börsenrechtlichen Zusammenhang – fortentwickelt worden ist (s. nur Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Einl. WpPG Rdn. 6; näher sogleich Rdn. 5 ff). Klassischerweise wurde die irreführende Werbung auf dem Kapitalmarkt börsenstraf- 2 rechtlich erfasst (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht 2 S. 133). Bereits das BörsG 1896 stellte in § 75 Abs. 3 (seit 1908 § 88 Abs. 3) den Prospektbetrug unter Strafe, und noch § 88 Abs. 1 Nr. 2 BörsG in der bis zum Inkrafttreten des § 264a StGB geltenden Fassung des Art. 186 Nr. 3 EGStGB vom 2.3.1974 bedrohte denjenigen mit Strafe, welcher „in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern, … in Prospekten (§ 38) oder öffentlichen Mitteilungen, durch welche die Zeichnung oder der Ankauf von Wertpapieren herbeigeführt werden soll, unrichtige Angaben macht“. Die Vorschrift bezog sich freilich nur auf börsennotierte bzw. -überwachte Wertpapiere (wie Aktien usw.). Weit größere Gefahren für das Anlegerpublikum drohten und drohen auf dem außerbörslichen sog. Grauen Kapitalmarkt und dessen nicht börsennotierten bzw. -überwachten Anlageformen (etwa Kommanditbeteiligungen usw.), wie seit Mitte der 1960er Jahre deutlich wurde. Deshalb schlug die Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 1976 einen Straftatbestand der „schwindelhaften Angebote von Gesellschaftsbeteiligungen“ vor, der sich in ähnlicher Form in § 188 AE 1977 fand (noch weitergehend dessen § 189: „unrichtige Anlageberatung“). Trotz erheblichen Widerstandes der Interessengruppen (Kaligin Kriminalistik 1981 65) entschloss sich der Gesetzgeber, die herkömmliche Strafbarkeit des Wertpapier-Prospektbetrugs und die Reformvorschläge zu einem einheitlichen Tatbestand Kapitalanlagebetrug zusammenzufassen (vgl. BTDrucks. 10/5058 S. 31). Die Tatbestandsformulierung war bereits in den Regierungsentwürfen zum 2. WiKG (BTDrucks. 9/2008 S. 4; 10/318 S. 4) enthalten und wurde durch die parlamentarischen Beratungen (vgl. Rechtsausschuss, BTDrucks. 10/5058 S. 31 und bereits Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, BTDrucks. 7/5291 S. 16) nicht verändert.

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§ 264a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

3

Der historische Gesetzgeber hat § 264a StGB mit der Notwendigkeit begründet, einen besseren strafrechtlichen „Schutz des zumeist unerfahrenen Anlegers“ im Stadium der Anlageentscheidung (BTDrucks. 10/318 S. 21) zu gewährleisten: Seit Mitte der 1960er Jahre hätten breite Bevölkerungskreise Anlagekapital gebildet, das auch für neue Formen der Geld- und Vermögensanlage zur Verfügung stehe wie ausländische Aktien und Obligationen, geschlossene Fonds, welche die einkommenden Gelder in Immobilien, Flugzeugen, Schiffen usw. anlegten, und Abschreibungsprojekte, die in der Regel von Publikumsgesellschaften angeboten würden. Für viele neu auf den Kapitalmarkt drängende Anlageformen bestünden aber keine besonderen Anlegerschutzbestimmungen. Aktienrecht spiele keine wesentliche Rolle, da es häufig nicht um eine Beteiligung an einer Aktiengesellschaft gehe und das deutsche Aktienrecht beim Erwerb ausländischer Aktien keinen Schutz gewähre. Spezialgesetze wie das damalige Gesetz über Kapitalanlagesellschaften (KAAG) oder das AuslInvestG deckten nur Teilbereiche ab. Die seit BGHZ 71 284 ausgebaute zivilrechtliche Prospekthaftung1 komme in der Regel erst nach getroffener Anlageentscheidung zum Zuge und könnte bei Firmenzusammenbrüchen – oder, so ist zu ergänzen, bei Auslandsinvestments – praktisch wertlos sein. Von den speziellen Straftatbeständen erweise sich das Verbot irreführender Werbung nach § 4 UWG damaliger Fassung – auch abgesehen von dessen Absichtserfordernis – als ungeeignet, die Nichtunterrichtung des Anlegers über wichtige Umstände zu erfassen.2 Deshalb mache auch § 88 BörsG damaliger Fassung den § 264a StGB nicht überflüssig.3 Auch mit § 263 StGB lasse sich der Kapitalanlagebetrug nicht ausreichend bekämpfen. Mit der Fassung des Tatbestandes als „Vorfeldtatbestand“, der die Strafbarkeit nicht 4 mehr an die Verursachung eines Vermögensschadens knüpft, sondern eine qualifizierte Täuschung genügen lässt, hat der historische Gesetzgeber durchaus im Auge gehabt, durch einen „leichter handhabbaren“ Tatbestand Beweisschwierigkeiten bei der Anwendung des allgemeinen Betrugstatbestandes zu überwinden, ohne dass dies als solches § 264a StGB zu legitimieren geeignet sei (BTDrucks. 10/318 S. 22). In der Tat ist im Rahmen des § 263 StGB für eine Schadensfeststellung u.a. eine für den Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung erfolgende Bewertung der Kapitalanlage und damit der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens erforderlich, was rückblickend vom Zeitpunkt des Unternehmenszusammenbruchs häufig – vor allem bei ausländischen Firmen – nicht hinreichend möglich ist;4 auch fehlt häufig eine strafrechtliche Garantenpflicht zur Aufklärung über nicht mitgeteilte Umstände und Risiken.5

1

2

3

S. nur – jeweils m.w.N. – Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke Rdn. 9; Grunewald MK-HGB § 161 Rdn. 187 ff; Groß § 47 BörsG Rdn. 4 ff; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB Rdn. 60 ff; Schwark in Schwark/Zimmer § 45 BörsG Rdn. 79; Wackerbarth MK-AktG § 11 WpÜG Rdn. 108 ff; Seiler/Kniehase in Schimansky/ Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch Rdn. 120. S. hierzu auch Borchard S. 10; Cerny MDR 1987 271, 272; Garz-Holzmann S. 100 f; Jaath FS Dünnebier S. 595 ff; Martin S. 181 ff; v. Schönborn S. 15; Worms S. 207 f; aA Otto FS Pfeiffer S. 84. S. hierzu auch Jaath FS Dünnebier S. 593;

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Martin S. 184; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Otto FS Pfeiffer S. 83; Schlüchter S. 155 ff; Worms S. 212. Fischer Rdn. 1; Hoyer SK Rdn. 6; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 136 f; Cerny MDR 1987 271, 272; Geerds S. 98 f; Jaath FS Dünnebier S. 592; Joecks wistra 1986 142, 143; Martin S. 190; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Otto WM 1988 729, 732; ders. 1989 24, 31; Tiedemann JZ 1986 865, 872; Worms S. 191 f m.w.N. – Zu Problemen des Vorsatznachweises Garz-Holzmann S. 98 f; Geerds S. 101 f; Jaath FS Dünnebier S. 591; v. Schönborn S. 15. Vgl. Tiedemann LK Vor §§ 263 ff Rdn. 7; Park/Park § 263 Rdn. 40; Sch/Schröder/

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

Diese historischen Begründungen waren angreifbar. Insbesondere konnte, solange eine 5 umfassende außerstrafrechtliche Gesetzgebung zum Inhalt (und zur Kontrolle) von Verkaufsprospekten über Wertpapiere, Unternehmensbeteiligungen und andere Objekte der Kapitalanlage, also eine kapitalmarktrechtliche Lösung fehlte, eingewendet werden, dass § 264a StGB entgegen dem ultima ratio-Prinzip die Funktion einer autonomen strafrechtlichen Rahmenregelung des Vertriebs und Inhalts von Prospekten und der sonstigen Werbung zum Zwecke der Kapitalanlage übernehmen musste und sich hierzu in wegen Art. 103 Abs. 2 GG bedenklicher Weise unbestimmter Rechtsbegriffe („erhebliche Umstände“ usf.) bedienen musste. Mittlerweile gibt es aber ein umfassend gesetzlich geregeltes außerstrafrechtliches Prospektrecht, und der Kapitalanlagebetrug ist in weiten Teilen zu einem kapitalmarkt- und prospektrechtsakzessorischen Tatbestand sowie zum strafrechtlichen Eckstein für den Anlegerschutz durch vertriebsbezogene Kapitalmarktpublizität geworden (s. bereits Rdn. 1; weiterhin Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 59 ff, 75 ff; Tiedemann BT § 9 III. Rdn. 345 ff): Bereits zum 1.1.1990 waren in Umsetzung der Richtlinie 89/298/EG vom 17.4.1989 6 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist (ABlEG Nr. L 124 vom 5.5.1989 S. 8), das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (BGBl I S. 2749 – VerkProspG) und die VerkaufsprospektVO (BGBl I S. 2869) in Kraft getreten, und bereits 1996 hat Tiedemann LK11 Rdn. 4 bemerkt, dass das hier niedergelegte Prospektrecht bei der Auslegung des § 264a StGB maßgeblich zu berücksichtigen sei, die Unbestimmtheit des § 264a StGB entscheidend einschränke und die Erheblichkeit der für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände konkretisiere. Das gilt erst recht für das moderne Prospektrecht .6 Es beruht im Wesentlichen auf der Richtlinie 2003/71/EG vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist (ABlEG Nr. L 325 vom 31.12.2003 S. 64), i.V.m. der (Umsetzungs-) Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 (ABlEG Nr. L 215 vom 16.6.2004 S. 3)7 und dessen Umsetzung durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 22.6.2005 (BGBl. I S. 1698) und ist zweigeteilt: Prospekte für Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, richten sich nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) vom 22.6.2005 (BGBl. I S. 1698 – Art. 1 ProspektrichtlinieUmsetzungsgesetz). Die Mindestangaben, die in einen Wertpapierprospekt aufzunehmen sind, bestimmen sich nach der Verordnung (EG) Nr. 809/2004, die – ohne dass es des § 7 WpPG bedurft hätte – in der Bundesrepublik Deutschland verbindliches und unmittelbar geltendes Recht ist. Prospekte für andere Vermögensanlagen, nämlich im Inland öffentlich angebotene und nicht in Wertpapieren im Sinne des WpPG verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, richten sich nach §§ 8f ff

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Cramer/Perron § 263 Rdn. 31b; Geerds S. 84 ff; Möhrenschlager wistra 1986 123; Seelmann NJW 1981 2132; Sonnen NStZ 1981 24 f; Worms S. 175 ff; aber auch BGHSt 30 177, 181 f (für den Optionshandel) und Garz-Holzmann S. 78 ff. S. hierzu nur – jeweils m.w.N. – Assmann/ Schlitt/v. Kopp-Colomb WpPG, VerkProspG; Berrar/Meyer/Müller/Schnorbus/Singhof/ Wolf Frankfurter Komm. WpPG u. EU-Pro-

7

spektVO; Holzborn WpPG; Just/Voß/Ritz/ Zeising WpPG. Die Richtlinie ist zuletzt durch die Richtlinie 2010/73/EU vom 24.11.2010 (ABl. EU Nr. L 327 vom 11.12.2010 S. 1), die Verordnung zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1289/2008 vom 12.12.2008 (ABl. EU Nr. L 340 vom 19.12.2008 S. 17) geändert worden.

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§ 264a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

VerkProspG bzw. ab 1.6.2012 dem VermAnlG und der konkretisierenden Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung vom 16.12.2004 (BGBl. I S. 3436 – VermVerkProspVO). Daneben sind u.a. zu beachten das Investmentgesetz vom 15.12.2003 (BGBl. I S. 2676 – InvG) mit den §§ 42, 117 und 137 InvG, sowie die Grundsätze ordnungsgemäßer Beurteilung von Verkaufsprospekten über öffentlich angebotene Vermögensanlagen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., derzeit Stand 18.5.2006 (WPg 2006, 919 ff – IDW S4, s. hierzu Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 203). Bereits mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 28.10.2004 (BGBl. I S. 2004, 7 2630) war die Prospektpflicht auf nicht in Wertpapieren verbriefte, öffentlich angebotene Kapitalanlageformen erstreckt worden, um den Grauen Kapitalmarkt zu erfassen, dessen Regulierung ein besonderes Anliegen des neueren europäischen Kapitalmarktrechts ist .8 Diese Entwicklung wird sich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2481) 9 am 1.6.2012 verstärken und vertiefen. Im Gesetzentwurf heißt es: „Im Bereich des so genannten Grauen Kapitalmarkts können Anlegern durch unseriöse Anbieter und die von diesen angebotenen Finanzprodukte (…) finanzielle Schäden drohen. Als ein Grund hierfür muss das vergleichsweise geringe Regulierungsniveau im Graumarktbereich gelten. Mit diesem Gesetzentwurf (…) sollen strengere Anforderungen an Inhalt und Prüfung von Verkaufsprospekten für Vermögensanlagen eingeführt (…) werden“ (BTDrucks. 17/6051 S. 1). An die Stelle der §§ 8f ff VerkProspG tritt das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG). Wie das seit 2004 geltende Recht statuiert es eine Prospektpflicht für alle Vermögensanlagen, nämlich alle öffentlich im Inland angebotenen, nicht als Wertpapiere verbrieften Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Treuhandvermögen, Anteile an geschlossenen Fonds, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen (§ 1 Abs. 1 und 2 VermAnlG). Der zu veröffentlichende Verkaufsprospekt (§ 6 VermAnlG) muss, wie es bereits das seit 2004 geltende Recht vorsieht, „alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten der Vermögensanlagen und der Vermögensanlagen selbst zu ermöglichen“ (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG). Die Einzelheiten werden auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 3 VermAnlG durch Änderung der VermVerkProspVO festgelegt (s. Art. 15 Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts). Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass § 264a StGB nach heutigem Stand zum 8 Kapitalmarktstrafrecht gehört, auch wenn der historische Gesetzgeber die Vorschrift äußerlich-systematisch dem Betrugsstrafrecht zugeordnet hat. Insbesondere ergänzt der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs die Bußgeldtatbestände der §§ 30 WpPG, 17 VerkProspG, 29 VermAnlG, die sich auf Prospektpflichtverstöße beschränken und die inhaltliche Unrichtigkeit von Prospekten gerade nicht erfassen, weil insoweit § 264a StGB eingreift. Das strafrechtliche Verbot des Prospektbetrugs steht weiterhin in einem Ergänzungsverhältnis zum strafbewehrten Verbot der Marktmanipulation nach §§ 20a, 38 Abs. 2 WpHG, dem früheren Verbot des Kursbetrugs nach § 88 BörsG a.F. In der Praxis haben beide Verbote durchaus Überschneidungen, insbesondere bei Börsengängen

8

S. hierzu Richtlinie 2009/65/EG vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. EU Nr. L 302 vom 17.11.2009 S. 32); Richtlinie 2011/61/EU

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vom 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds (…) (ABl. EU Nr. L 174 vom 1.7.2011 S. 1). S. hierzu Voß/Bruchwitz BB 2011 1226 ff; Wagner NZG 2011 609 ff.

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

(Initial Public Offerings – IPOs) und Kapitalerhöhungen (Secondary Public Offerings – SPOs) prospektpflichtiger Aktiengesellschaften; in diesen Konstellationen werden Falschangaben in Prospekten gegebenenfalls – freilich nicht zwingend – auf den Börsen- oder Marktpreis der betreffenden Aktie einwirken und können dann als Marktmanipulation strafbar sein. Einen selbständigen Anwendungsbereich behält § 264a StGB vor allem insoweit, als es um Kapitalanlagen auf dem nicht organisierten Markt geht, namentlich dem Interbankenmarkt (Over The Counter – OTC), dem Markt für alternative Investmentfonds (Alternative Investment Fonds – AIM) und den verbleibenden Teilen des Grauen Kapitalmarkts, die nicht der Finanzaufsicht unterliegen. Innerhalb des Zweiundzwanzigsten Abschnitts stellt § 264a eine Ergänzung und ein 9 Gegenstück zu § 265b StGB dar, dem er in der tatbestandlichen Konstruktion nachgebildet ist. Beide Tatbestände dienen dazu, die Versorgung der Wirtschaft mit Kapital sicherzustellen, und halten die Wirtschaft im Interesse der Kapitalgeber, aber auch im Interesse eines funktionierenden Kapitalmarkts (unten Rdn. 25) zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Information der Kapitalgeber an. Dabei ist § 265b StGB auf Kredite und damit auf Fremdkapital des Unternehmens bezogen. Demgegenüber betrifft § 264a StGB im Ausgangspunkt das von Unternehmen eingeworbene Eigenkapital, insbesondere bei Unternehmensbeteiligungen und Neuemissionen von Wertpapieren wie Aktien, die eine Unternehmensbeteiligung repräsentieren. Allerdings lässt sich diese Unterscheidung nicht bruchlos durchführen: Zahlreiche Wertpapiere – wie etwa verzinsliche Inhaberschuldverschreibungen – haben der Sache nach Kreditierungsfunktion, und der Handel mit bereits emittierten Aktien (usw.) betrifft nicht mehr unmittelbar die Eigenkapitalschöpfung des Unternehmens. Diese Brüche führen zu Auslegungsschwierigkeiten, etwa beim Begriff des „Wertpapiers“ oder des „Bezugsrechts“ (unten Rdn. 37 und 43). In der kriminalpolitischen Kritik wird teilweise gerügt, § 264a StGB sei trotz seiner 10 Tendenz zur Generalisierung zu eng gefasst (s. auch unten Rdn. 21). Die Vorschrift erfasse bestimmte betrugsanfällige Anlageformen wie Bauherren- bzw. Immobilienmodelle und Warentermingeschäfte10 nicht (zusammenfassend Geerds S. 324 f; vgl. näher unten Rdn. 49 und 45). Weiterhin habe sich der Gesetzgeber an einem falschen „Kommunikationsmodell“ orientiert, da Prospekte bei der Information von Kapitalanlegern nur untergeordnete Bedeutung hätten; vielmehr werde in aller Regel im persönlichen Beratungsgespräch (sei es von Angesicht zu Angesicht, sei es im Telefonhandel) durch „suggestive Beratungstätigkeit“ getäuscht, die aber als solche in § 264a StGB nicht erfasst sei (Gallandi wistra 1987 316 ff). – Beide Kritikpunkte sind nicht vollständig von der Hand zu weisen. In der Tat wäre es teleologisch konsequent, den Tatbestand auf alle öffentlich vertriebenen Vermögensanlageformen zu erstrecken, die üblicherweise mit Prospekten beworben werden. Die Lückenhaftigkeit ist dem historischen Gesetzgeber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durchaus offenbar geworden, von ihm aber in Kauf genommen worden, da nur eine schnelle Verabschiedung der Teil-Lösung der Gefahr begegnen konnte, dass die wachsende Einflussnahme von Interessengruppen die Verwirklichung der Reform ganz verhinderte (Tiedemann JZ 1986 873 und bei Kaligin WPg 1987 357).

10

Insoweit kann allerdings das strafbewehrte Verbot des Verleitens zu Börsenspekulationsgeschäften, § 49 i.V.m. § 26 Abs. 1 BörsG, einschlägig sein; s. hierzu Groß § 26 BörsG Rdn. 1 ff; Park/Park §§ 26, 49 BörsG Rdn. 11 f; Schwark in Schwark/Zimmer § 26 BörsG Rdn. 2; Chr. Schröder Kapitalmarkt-

strafrecht Rdn. 801; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 346a, 363 f; Chr. Schröder in Achenbach/Ransiek X 2 Rdn. 238 ff; Schumann in Müller-Gugenberger/Bieneck § 68 Rdn. 7 f; Worms in Assmann/Schütze § 9 Rdn. 8; Borchard S. 17.

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§ 264a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Dass die Lücke auch im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagengesetzes (oben Rdn. 7) nicht geschlossen wird, ist bedauerlich. Und auch wenn der Prospekt weiterhin ebenso kriminalistisch – als schriftliches Beweismittel – wie zivilrechtlich der „klassische“ Ansatzpunkt für die Haftung des Emittenten und des Vertreibers ist (Schünemann GA 1995 212 ff mit Nachw.), erscheint es mit AE § 189 nach wie vor empfehlenswert, auch die mündliche Anlageberatung in den Strafschutz einzubeziehen, zumal Wertpapierdienstleistungsunternehmen seit dem 1.1.2010 verpflichtet sind, über jede Anlageberatung bei einem Privatkunden ein schriftliches Protokoll anzufertigen (§ 34 Abs. 2a WpHG i.d.F. des Art. 4 Nr. 4 Gesetz vom 31.7.2009, BGBl. I S. 2512). Vielen Autoren geht § 264a StGB hingegen zu weit. Die Kritik entspricht zum Teil 11 derjenigen an § 265b StGB (vgl. dazu Tiedemann LK § 265b Rdn. 6 ff) und am „modernen Strafrecht“ überhaupt:11 Die Strafbarkeit werde vorverlagert, und es werde allenfalls abstrakt gefährliches Verhalten bestraft, was mit diffusen kollektiven Rechtsgütern begründet werde, weshalb der Tatbestand zahlreiche unbestimmte Begriffe enthalte. Es handele sich um bloßes Risikostrafrecht, das mehr symbolische als praktische und problemlösende Bedeutung habe. Spezifischer heißt es, Strafrecht solle nicht zum Schutz von Opferkreisen eingesetzt werden, die vorwiegend aus gut Verdienenden bestünden, bereit seien, um des Gewinnes oder der Steuerersparnis willen ein erhöhtes Risiko einzugehen, und sich im Übrigen selbst schützen könnten (vgl. Garz-Holzmann S. 83 f; Worms S. 245 ff, je mit Nachw.). Dieses Bild von der Zusammensetzung und Motivation der betroffenen Opfer ist jedenfalls für die neuere Zeit unrichtig,12 und regelmäßig weiß der Anleger wohl auch nicht, dass er ein hohes Risiko eingeht.13 Vielmehr ist Anlegerschutz heute im Wesentlichen Verbraucherschutz, den zu gewährleisten nicht zuletzt das Sozialstaatsprinzip gebietet (Worms S. 255 f mit Nachw.). Der Selbstschutz der Anleger bzw. Verbraucher greift, wie Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 180 zutreffend festhalten, häufig infolge der Intransparenz des Marktes und der meist fehlenden Kontrollmöglichkeiten nicht. – Ähnlich grundsätzlich, wenngleich weniger ideologisch ausgerichtet ist der Einwand, dass es „vermessen“ sei, Anlegerschutz primär durch das Strafrecht zu betreiben (so z.B. Martin S. 207; ähnlich unter Hinweis auf den Subsidiaritätsgrundsatz Garz-Holzmann S. 107 ff). Der Einwand ist durch die neuere Entwicklung des Kapitalmarkt- und insbesondere Prospektrechts überholt (dazu oben Rdn. 5 ff). Dass das Strafrecht flankierend, nämlich zur Absicherung des kapitalmarktrechtlichen Präventionsregimes, eingesetzt wird, ist jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich die strafrechtliche Intervention auf grobe und eindeutige Fälle beschränkt (Tiedemann NJW 1972 657 ff; zust. Hopt Verh. 51. DJT Bd. I S. G 62; s. auch Cerny MDR 1987 217; zweifelnd aber Wohlers MK Rdn. 13: „von geringer praktischer Bedeutung“). – Die Behauptung, § 264a StGB sei überflüssig, weil er keine Lücken im materiellen Strafrecht schließe (Hellmann NK Rdn. 2), ist rechtsirrig (krit. auch Wohlers MK Rdn. 13). Kapitalanlagebetrug ist nicht notwendigerweise zumindest versuchter Betrug, weil § 264a StGB weder einen Ver-

11

12

Hassemer FS Roxin (2001) 1001, 1008 ff; ders. NStZ 1989 553, 558 ff; ders. ZRP 1992 378 ff; Müller-Dietz FS Schmitt S. 95 ff; Naucke KritV 1993 135 ff; Albrecht KritV 1993 163 ff. Borchard S. 14 f; vgl. bereits Franzheim in Tiedemann (Hrsg.) S. 117; Gäbhard S. 100; Liebel/Oehmichen S. 105 f, 110, 169 f, 215;

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13

v. Schönborn S. 77; Worms S. 248 f. S. auch Liebel Täter-Opfer-Interaktion bei Kapitalanlagebetrug; vgl. auch PKS 2010 S. 42. Liebel/Oehmichen S. 173, 197 f; Worms S. 250; einschränkend Cerny MDR 1987 271. S. auch Liebel Täter-Opfer-Interaktion bei Kapitalanlagebetrug; vgl. auch PKS 2010 S. 42.

Klaus Tiedemann/Joachim Vogel

Kapitalanlagebetrug

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mögensschaden noch diesbezüglichen Vorsatz (und Bereicherungsabsicht) voraussetzt – was nicht nur eine Beweisfrage, sondern auch materiell-rechtlich von Bedeutung ist; so mag ein Prospektverantwortlicher trotz der vorsätzlichen Täuschung ernsthaft darauf vertrauen, es werde schon gut gehen. Dass es weitere Straf- und Bußgeldtatbestände sowie zivil- und verwaltungsrechtliche Regelungen gibt, die Anlegerschutz bewirken, berührt die spezifische und eigenständige Schutzrichtung des § 264a StGB nicht. – Teilweise wird § 264a StGB unter dem Gesichtspunkt angegriffen, es werde das materielle Strafrecht dazu missbraucht, prozessuale Beweisschwierigkeiten, wie sie bei der Anwendung des § 263 StGB aufträten, zu überwinden, was allerdings nur unvollständig gelänge, da und soweit bei der Auslegung der Begriffe „vorteilhaft“ bzw. „nachteilig“ Vermögensgesichtspunkte eine Rolle spielten (Hellmann NK Rdn. 3; s. auch Hoyer SK Rdn. 6 ff). Solange aber ein unter Strafe gestelltes Verhalten strafwürdiges und -bedürftiges Unrecht enthält, ist es kriminalpolitisch keineswegs illegitim, einen Tatbestand auch unter Praktikabilitätsaspekten auszugestalten. Auch von den Kritikern des § 264a StGB wird dessen Verfassungsmäßigkeit nicht 12 bestritten. Dass es nicht mehr im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers liege, den Kapitalanlagebetrug als solchen für strafwürdig und -bedürftig anzusehen, ist bislang von niemandem behauptet worden. Teils ist erwogen worden, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, das Vermögen von Kapitalanlegern stärker (nämlich bereits durch § 264a StGB) zu schützen als das anderer Personen (die nur durch § 263 StGB geschützt werden); im Ergebnis ist die Frage durchweg bejaht worden, da § 264a StGB (zumindest auch) die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts schützt (s. Hoyer SK Rdn. 6 ff; Wohlers S. 159 ff sowie MK Rdn. 3). Selbst wenn eine „Vorverlagerung der Strafbarkeit aus Beweisnotgründen“ (so Hellmann NK Rdn. 6) vorläge, wäre zu begründen (und wird von Hellmann aaO nicht begründet), warum dies als solches verfassungsrechtlich unzulässig sein sollte. Insbesondere behaupten auch diejenigen Autoren, welche die weitgehende Unbe- 13 stimmtheit der Tatbestandsmerkmale des § 264a StGB, vor allem des Verschweigens nachteiliger Tatsachen, kritisieren14 und diese Rüge auch noch heute aufrechterhalten15, nicht, dass Art. 103 Abs. 2 GG verletzt sei. In der Tat vermindert das heutige Prospektrecht entscheidend die Unschärfe namentlich des Erheblichkeits-Merkmals. Im Übrigen ist dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot durch eine verfassungskonformrestriktive Auslegung Rechnung zu tragen (s. bereits Cerny MDR 1987 275 f; vgl. im Einzelnen unten Rdn. 67 ff). Zur praktische Bedeutung des Straftatbestandes ist unstreitig, dass die statistisch 14 erfassten Fallzahlen niedrig sind – so weist die Polizeiliche Kriminalistik (PKS) 2010 231 Fälle nach § 264a StGB (Schlüsselnummer 513100) aus – und in keinem Verhältnis zu den Fallzahlen des Anlagebetrugs gemäß § 263 StGB stehen – nach der PKS 2010 (Schlüsselnummer 513200) 9 615 Fälle –. Auch in der Verurteilungsstatistik spielt § 264a StGB keine nennenswerte Rolle; so weist die Strafverfolgungsstatistik des Bundes für 2010 nur 9 Abgeurteilte aus (zur Erklärung der früher sehr viel höheren Zahlen Martin S. 176 f). Die meisten polizeilich als „Beteiligungs- und Kapitalanlagebetrug“ erfassten Verfahren werden nach § 263 StGB abgewickelt und abgeschlossen.16 Umstritten ist aber 14

15

Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 10; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 180; Joecks wistra 1986 142, 145; Weber NStZ 1986 482, 485. Z.B. A/W-Heinrich § 21 Rdn. 8; Hellmann

16

NK Rdn. 7; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 180. S. hierzu auch Bundeskriminalamt, Wirtschaftskriminalität – Bundeslagebild 2009 S. 10 f; weiterhin Albrecht KritV 1993 170;

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die Interpretation dieses Befundes. Teilweise werden sie als Beleg dafür gewertet, dass § 264a StGB kriminalpolitisch überflüssig sei: Die Praxis nehme ihn nicht an, sondern verfolge Prospektbetrug nur, wenn es wirklich zu Vermögensschäden komme; dann sei ohnehin (und vorrangig, s. noch unten Rdn. 110) § 263 StGB anwendbar; vorher lohne sich der Ermittlungsaufwand nicht, der bei einer schadensorientierten anlegerbezogenen Auslegung des § 264a StGB erforderlich sei (Bosch SSW Rdn. 3; Hellmann NK Rdn. 4; Wohlers MK Rdn. 12). Ein anderer Teil der Literatur schreibt § 264a StGB einerseits eine erhebliche präventive Wirkung zu17 und weist andererseits auf die „prozessuale Aufgreiffunktion“ des Tatbestandes hin (Albrecht KritV 1993 170 mit Nachw.), der einen für Ermittlungsmaßnahmen genügenden Verdacht begründen könne, auch wenn (noch) kein ausreichender Verdacht für eine Betrugsstrafbarkeit bestände – was von den Kritikern des § 264a StGB wiederum als illegitim angesehen wird (s. Bosch aaO; Theile wistra 2004 121, 122 ff; Worms S. 359). Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen (vgl. Tiedemann LK11 Rdn. 8 sowie § 265b 15 Rdn. 8): Da es Anlegern regelmäßig unmöglich oder unzumutbar ist, die Richtigkeit von in einem Prospekt gemachten Angaben nachzuprüfen, sind Anzeigen wegen Kapitalanlagebetrugs im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Prospekts oder auch der Anlageentscheidung kaum zu erwarten. Vielmehr wird die Anlage regelmäßig bereits verloren sein, wenn Strafverfolgungsbehörden befasst werden. Dann steht in der Tat regelmäßig Betrug in Frage. Das führt aber nicht zur praktischen Bedeutungslosigkeit des § 264a StGB. Einerseits war und ist sich in dem stetig ausweitenden (Rdn. 5 ff) regulierten Bereich prospektpflichtiger Kapitalanlagen die überwältigende Mehrheit der Emittenten und Intermediäre bewusst, dass die Prospektrichtigkeit als solche strafrechtlich zu verantworten ist; das übt eine ausgesprochen hohe präventive Wirkung aus, und Prospektberatung ist heute immer auch präventiv-strafrechtliche Beratung im Hinblick auf § 264a StGB. Andererseits lassen sich Prospekt- und Anlagebetrüger, die vornehmlich außerhalb des regulierten prospektpflichtigen Bereichs tätig werden, durch Strafdrohung sei es nach § 264a, sei es nach § 263 StGB ebenso viel oder wenig abschrecken wie Straftäter im Allgemeinen. Dass die Täter bereits für die Prospektrichtigkeit als solche strafrechtlich verantwortlich sind, sichert aber die nachfolgenden strafrechtlichen Ermittlungen ab, die insbesondere nicht mit der Begründung eingestellt werden dürfen, ein Schädigungsvorsatz lasse sich nicht nachweisen. Eben hierdurch wird durchaus Anlegerund Opferschutz bewirkt. Im Übrigen hat § 264a StGB große praktische Bedeutung für die zivilrechtliche Pro16 spekthaftung (zutr. Hellmann NK Rdn. 5). Denn der Nachweis eines Kapitalanlagebetrugs führt nach der Rechtsprechung regelmäßig in die Haftung, weil § 264a StGB Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist 18 und es der Lebenserfahrung entspricht, dass

17

Martin S. 176 ff, 179. – Die Vermutung von LG Wiesbaden BB 1994 2098, 2099 f (mit Anm. Hoffmann), das „faktische Leerlaufen“ des § 264a StGB könne mit der bis BGHSt 40 385 anerkannten kurzen Verjährung nach Presserecht zusammenhängen, hat sich nicht bestätigt, denn auch nach BGH aaO, also unter der Geltung der allgemeinen Verjährungsfristen des StGB, haben sich die Zahlen nicht wesentlich verändert. Am Tag des Inkrafttretens des § 264a StGB

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waren praktisch sämtliche Wertpapierprospekte vom Markt zurückgezogen (vgl. Kapitalmarkt intern Nr. 18/86 S. 1 ff); freilich ist nicht auszuschließen, dass dies auch auf einem Verunsicherungseffekt beruhte (Gäbhard S. 177). St. Rspr., s. nur BGHZ 116 7, 13 f; BGH (ZS) GWR 2011 13; BGH (ZS) NJW 2000 3346; BGH (ZS) NZG 2010 1031; OLG Frankfurt/M. WM 1992 572, 576; Hager in Staudinger § 823 BGB Rdn. G 42; Katzen-

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eine Prospektunrichtigkeit für die Anlageentscheidung – und damit für den schlussendlichen Schaden – ursächlich geworden ist 19. Nicht erforderlich ist nach der Rechtsprechung, dass gerade der im Prospekt unrichtig dargestellte Umstand zum Scheitern des Investments geführt hat;20 vielmehr genügt es, dass durch die unzutreffende, auch nur unvollständige oder beschönigende, Information des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, selbst in Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein Projekt investieren will, das bestimmte Risiken enthält.21 Im Ausland ist Prospektbetrug in der Sache nahezu durchweg unter Strafe gestellt, 17 freilich häufig in anderem Zusammenhang als im deutschen Recht: Nicht selten finden sich die einschlägigen Straftatbestände im Kapitalmarkt- bzw. Prospektrecht, gelegentlich im Gesellschafts-, Verbraucher- oder Wettbewerbsstrafrecht, und sie sind teilweise entsprechend der historischen Entwicklung rechtsformabhängig und insoweit in ihrem Anwendungsbereich begrenzt. Zusätzlich finden sich präventive kapitalmarktrechtliche Regime, die wiederum häufig mindestens verwaltungsstrafrechtlich abgesichert sind. In Österreich ist der Prospektbetrug im StGB nicht gesondert geregelt; bei prospekt- 18 pflichtigen Angeboten enthält aber § 15 Abs. 1 Nr. 2 Kapitalmarktgesetz eine dem § 264a StGB vergleichbare Strafvorschrift, die milde Strafen (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe) vorsieht und nicht zur Anwendung kommt, wenn andere Vorschriften (namentlich der Betrug) strengere Strafen androhen. – Die Schweiz erfasst Fälle des Prospektbetrugs als „unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe“ gemäß Art. 152 StGB; nach dieser Vorschrift sind Unternehmensverantwortliche strafbar, die in öffentlichen Bekanntmachungen „unwahre oder unvollständige Angaben von erheblicher Bedeutung“ machen, „die einen anderen zu schädigenden Vermögensverfügungen veranlassen können“. Zum französischen Recht ist zunächst auf das allgemeine Verbot irreführender Han- 19 delspraktiken (pratiques commerciales trompeuses) in Art. L 121-1 ff Code de la consommation hinzuweisen, dessen Verletzung in Art. L 121-6 mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bedroht ist. Weiterhin existierten wenig homogene Spezialgesetze für die Werbung zwecks Vertrieb von Wertpapieren (vgl. T. Walter Betrugsstrafrecht S. 472 f; Tiedemann BT Rdn. 347). Nunmehr ist nach Art. L 465-2 Satz 1 Code monétaire et financier jedes „manœuvre ayant pour objet d’entraver le fonctionnement régulier d’un marché réglementé en induisant autrui en erreur“ strafbar; das erfasst jedenfalls den Wertpapier-Prospektbetrug auf organisierten Märkten und wird ergänzt durch Art. 10-1 und 10-3 Règlement général de l’Autorité des Marchés, die weitgehend § 88 BörsG a.F. entsprechen (Tiedemann BT Rdn. 347). Zudem besteht das mit Verwaltungsstrafe bewehrte präventive Erfordernis, die Finanzmarktbehörde (AMF) über zu vertreibende Wertpapiere zu informieren. – In Italien wandte die höchstrichterliche Rechtsprechung den Straftatbestand des Art. 2621 Codice civile (false communicazioni sociali) auch auf unrichtige Prospekte über Wertpapiere an (Cassazione penale 1991

19

meier NK § 823 Rdn. 538; Schaub in Prütting/Wegen/Weinrich § 823 Rdn. 237; Sprau in Palandt § 823 BGB Rdn. 69; Wagner MK § 823 BGB Rdn. 369; ders. MK § 826 BGB Rdn. 71; Jehl DB 1987 1772, 1773; Kaligin WPg 1987 354, 363; Pleyer/ Hegel ZIP 1987 79, 80; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 32. St. Rspr., s. nur BGHZ 79 337, 346; 84 141,

20 21

148; BGH (ZS) NJW 1992 3296; 2000 3346, 3347; BGH (ZS) WM 1991, 1543 ff; OLG München, Beschl. v. 27.2.2009 – 17 U 2348/08. BGHZ 123 106, 111 f; BGH (ZS) NJW 2000 3346, 3347; BGH (ZS) WM 1995 344 ff. BGH (ZS) NJW 2000 3346, 3348; s. auch BGH (ZS) NJW 1993 2865, 2867.

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Nr. 1406), obwohl dieser Tatbestand primär auf Gesellschaftsbilanzen, Geschäftsberichte u.ä. zugeschnitten ist; der Tatbestand erfasste zwar nur einen beschränkten Täterkreis (Vorstandsmitglieder, Generaldirektoren usw.), betraf aber auch das Verschweigen wichtiger Umstände. Seit 2005 ist Prospektbetrug (falso in prospetto) in Art. 173bis des ital. Kapitalmarktgesetzes (Gesetzdekret 1998 Nr. 58 – sog. decreto Draghi) erfasst und mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht; der Tatbestand setzt neben den Falschangaben im Prospekt Täuschungs- und Bereicherungsabsicht des Täters voraus (Nisco ZStW 120 [2008] 901; Tiedemann BT Rdn. 347 m.w.N.). Soweit prospektbezogene Anzeige- und Meldepflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (Consob) bestehen, kann deren Verletzung als „Behinderung der Ausübung der Funktionen einer öffentlichen Überwachungsbehörde“ nach Art. 2638 Codice civile strafbar sein. – In Spanien wäre an sich an eine Anwendung des Art. 282 Código penal zu denken, wonach sich Kaufleute strafbar machen, die in ihren Angeboten oder in der Werbung für Produkte oder Dienstleistungen falsche oder ungewisse Angaben machen; dieser für Spanien neue „Supertatbestand“ (Gonzales Rus in Schünemann/Suárez S. 102) betrifft aber nicht Wertpapiere. Allerdings kann Art. 290 Código penal einschlägig sein (Tiedemann BT Rdn. 347), der die unrichtige Darstellung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Lage von (gegründeten oder in Gründung befindlichen) Handelsgesellschaften in „Dokumenten“ für den Fall unter Strafe stellt, dass dadurch Gesellschafter oder Dritte geschädigt werden können (zur Entwurfsfassung und ihrer Geschichte Díaz-Maroto in Schünemann/ Suárez S. 186 ff; die Gesetz gewordene Fassung hat entsprechend der Kritik von Tiedemann Lecciones de Derecho Penal Económico [1993] S. 242 f das unpraktikable Erfordernis der Schädigungsabsicht in die objektive Schädigungseignung umgewandelt). Daneben enthält das spanische Kapitalmarktgesetz (Ley 24/1988 del Mercado de Valores) Verwaltungssanktionstatbestände, die auch den Prospektbetrug mit erfassen (Art. 99 und 100); die Sanktionen werden von der Kapitalmarktkommission (Comisión Nacional del Mercado de Valores [CNMV], dazu Arroyo Zapatero in Schünemann/Suárez S. 387 f), in besonders schweren Fällen vom Wirtschafts- und Finanzministerium verhängt. Im Vereinigten Königreich ist nach sec. 118 (7) Financial Services and Markets Act 20 2000 (2000 Ch. 8) 22 jedes Verhalten verboten und strafbar, das in der „dissemination of information by any means which gives, or is likely to give, a false or misleading impression as to a (…) investment by a person who knew or could reasonably be expected to have known that the information was false or misleading“ besteht. Diese weite Fassung hat auch mit Blick auf die Einbeziehung fahrlässiger Begehungsweisen Tradition (vgl. Tiedemann BT Rdn. 347 und bereits Wirtschaftsstrafrecht II S. 140 mit Nachw.). – Ähnlich ist die Rechtslage in den skandinavischen Staaten, die durchgehend die öffentliche Verbreitung unrichtiger Angaben über Wertpapiere in Sondertatbeständen ihrer Strafgesetzbücher unter Strafe stellen und die Strafbarkeit bei Angaben durch Leiter und Vertreter von Kapitalgesellschaften auch auf den Bereich der groben Fahrlässigkeit ausdehnen (§ 296 stk 2 dänisches Strafgesetz, Kap. 9 § 2st schwedisches Strafgesetz, § 274 norwegisches Strafgesetz). Das dänische Strafgesetz (§ 297) stellt bei Täterschaft von Leitern und Vertretern von Gesellschaften auch Falschangaben gegenüber Einzelpersonen unter Strafe. – Das Kapitalmarktrecht der Vereinigten Staaten von Amerika hat seit jeher innerhalb eines komplexen Instrumentariums gezielt auch kriminalstrafrechtliche Mittel eingesetzt (vgl. Tiedemann BT Rdn. 347 und bereits Wirtschaftskriminalität und Wirt22

I.d.F. von Schedule II 1. Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005 (2005 No. 381).

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schaftsstrafrecht in den USA usw. S. 30, 38 f mit Nachw.). Es beruht auf dem Prinzip der Offenlegung (disclosure) von Informationen in behördlichen Registerunterlagen und in Prospekten. Neben zahlreichen Straftatbeständen, die auf die Verletzung der spezifischen Regelungen der einzelnen Gesetze abstellen und teilweise eine Beweislastumkehr vorsehen (vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 137), gibt es weit gefasste Betrugstatbestände (criminal securities and commodities fraud), deren entscheidendes Merkmal die Täuschungsabsicht ist; Tatsachenbehauptungen und Schadenseintritt sind nicht erforderlich (ausführlich Martin S. 19, 35 ff, 155, der hierin aus deutscher Sicht eine Versuchskonstellation erblickt). Seit dem Sarbanes-Oxley Act 2002 ist securities and commodities fraud bundesrechtlich in Titel 18 § 1348 U. S. Code geregelt und mit Freiheitsstrafe bis zu fünfundzwanzig Jahren bedroht. Von der Rechtsvergleichung angestoßene Reformüberlegungen zum deutschen Straf- 21 recht gehen keineswegs in die Richtung einer Streichung, sondern im Gegenteil einer weiteren Generalisierung der strafrechtlichen Prospekthaftung (s. bereits oben Rdn. 10) sowie einer Erfassung sonstiger Falschangaben im Zusammenhang mit der Einführung und dem Vertrieb von Wertpapieren und anderen Anlage- und Beteiligungsarten einschließlich der mündlichen Anlageberatung (vgl. bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 140 f; zust. Otto FS Pfeiffer S. 85; Worms S. 299 m.w.N.; vgl. auch Geerds S. 323 f und Martin S. 181).

II. Geschütztes Rechtsgut, Deliktsnatur § 264a StGB dient dem Anlegerschutz auf Kapitalmärkten. Dieser hat eine individuelle 22 und eine überindividuelle Komponente: Individualrechtlich gesehen geht es um den Schutz der Dispositionsfreiheit von Kapitalanlegern, nämlich um das „Recht des Anlegers (…), selbst in Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in (… scil. eine Anlage) investieren will“ (BGH [ZS] NJW 2000 3346, 3348). Dazu müssen Anleger diejenigen „Informationen“ oder „Umstände“ kennen, die „ein vernünftiger“ oder „verständiger Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde“ (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG, § 2 Abs. 1 Satz 1 MaKonV). Kollektivrechtlich gesehen geht es um den Schutz der Allokationseffizienz von Kapitalmärkten durch Informationseffizienz: Unter der (Modell-)Annahme, dass Anleger ökonomisch rational handeln, wird Kapital nur dann effizient eingesetzt, wenn Anleger auf der Basis richtiger und vollständiger Informationen entscheiden. Deshalb muss auf Kapitalmärkten Informationseffizienz gewährleistet sein.23 Nur auf deren Grundlage kann die „unsichtbare Hand“ wirken, die den (Gesamt-)Wohlstand einer Wirtschaft und Gesellschaft am meisten mehrt. – Diese eng am heutigen Kapitalmarktrecht orientierte Schutzzweckanalyse entspricht im Ergebnis der h.A., die freilich auf der Grundlage des traditionellen Rechtsgutsparadigmas und teilweise ohne kapitalmarktrechtliche Kenntnisse begrifflich und teils auch sachlich abweichend argumentiert: Nach h.A. ist das Verbot des Kapitalanlagebetrugs – nur oder auch (s. hierzu unten 23 Rdn. 25) – „darauf ausgerichtet, das Vermögen des einzelnen Kapitalanlegers vor möglichen Schäden durch falsche und unvollständige Prospektangaben zu schützen (vgl. BTDrucks. 10/318 S. 22, 23). Denn mit Eintritt eines solchen Vermögensschadens verwirklicht sich „gerade die Gefahr, die durch die Strafsanktion des § 264a StGB abgewen23

Grundlegend Fama Journal of Finance 25 (1970) 383 ff.

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det werden soll“ (BGHZ 116 7, 12 f). Es handele sich bei § 264a StGB „im Vergleich zum Betrug um ein zum selbständigen Tatbestand erhobenes Versuchsdelikt“ (BGH wistra 2001 57, 57),24 das ebenso wie § 263 StGB das Rechtsgut Vermögen schütze. Da der Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs aber keinen Vermögensschaden (und nicht einmal Irrtum und Vermögensverfügung der Anleger) voraussetze, handele es sich um ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt .25 Dem hält eine früher nur vereinzelt vertretene (Knauth NJW 1987 28, s. auch OLG 24 Hamm [ZS] ZIP 1990 1331, 1333 [zur Drittschutzproblematik bei § 823 Abs. 2 BGB]), heute vordringende Gegenauffassung (Bosch SSW Rdn. 1; Wohlers MK Rdn. 3, 5 f) entgegen, eine Vorverlagerung des Vermögensschutzes nur für Kapitalanleger sei gleichheitswidrig und es seien die Gewinnerwartungen getäuschter Anleger ebenso wenig strafschutzwürdig wie bloße Wahrheitserwartungen; daher könne § 264a StGB nur überindividuell – durch den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalanlagemarkts (s. sogleich Rdn. 25) – gerechtfertigt werden. Demgegenüber kann sich die h.A. auf den Willen des historischen Gesetzgebers, die systematische Nähe des § 264a zu § 263 StGB und die amtliche Angabe „Kapitalanlagebetrug“ stützen. Diese ist freilich wenig glücklich, und treffender würde – wie bei § 88 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F. – von „Prospektbetrug“ oder „Kapitalanlageschwindel“ gesprochen. Auch ist die Aussage, § 264a StGB sei ein zum selbständigen Tatbestand erhobener Betrugsversuch, schief – der diesen kennzeichnende Tatentschluss, namentlich Schädigungsvorsatz und Bereicherungsabsicht, wird in § 264a StGB gerade nicht vorausgesetzt, und die Vorschrift will gerade auch die Fälle mit erfassen, in denen der Prospekt„betrüger“ ernsthaft hofft, es werde schon gut gehen. Daher ist der Kritik zuzugeben, dass es nicht überzeugt, umstandslos das Vermögen als unmittelbar geschütztes Rechtsgut des § 264a StGB anzusehen. Vielmehr geht es – ähnlich wie beim Verbot irreführender Werbung (§ 16 Abs. 1 UWG) – um die auf Vermögenswerte, nämlich Kapitalanlagen, bezogene Dispositionsfreiheit der Kapitalanleger, die bei § 263 StGB als solche gerade nicht geschützt ist. Im Hinblick hierauf erweist sich § 264a StGB als nicht bloß abstraktes, sondern vielmehr abstrakt-konkretes oder potentielles Gefährdungsdelikt, nämlich als Eignungsdelikt (näher unten Rdn. 28). Nach h.A., die dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht (vgl. BTDrucks. 25 10/318 S. 22), schützt § 264a StGB zudem das überindividuelle Rechtsgut der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts.26 Diese Doppelung des Rechtsgutes wird einerseits durch

24 25

Ebenso Fischer Rdn. 3; Park/Park Rdn. 5; Chr. Schröder Kapitalmarktrecht Rdn. 11. So Fischer Rdn. 3; Hellmann NK Rdn. 11; Lackner/Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 1; Haft/Hilgendorf BT I S. 109; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 534a; Maurach/ Schroeder/Maiwald § 41 Rdn. 180; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 86; Otto BT § 61 Rdn. 38; Rengier BT I § 17 Rdn. 9; Chr. Schröder Kapitalmarkstrafrecht Rdn. 11; Achenbach NJW 1986 1835, 1839; Cerny MDR 1987 271, 272; Kaligin WPg 1987 354, 355; Knauth NJW 1987 28; Schlüchter S. 156; Chr. Schröder NStZ 1998 552; Weber NStZ 1986 482, 485; aA Hoyer SK Rdn. 11 (abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt), Wohlers MK Rdn. 10 (Kumulationsdelikt).

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BTDrucks. 10/318 S. 22; ebenso: Fischer Rdn. 2; Lackner/Kühl Rdn. 1; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 1; Wohlers MK Rdn. 10; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 534a; Otto BT § 61 Rdn. 38; Rengier BT I § 17 Rdn. 9; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 193; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 348; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 692; Brenner Kriminalistik 1987 66; Cerny MDR 1987 271, 272; Jaath FS Dünnebier S. 607; Knauth NJW 1987 28; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Mutter NStZ 1991 421, 422; Tiedemann JZ 1986 865, 872; Weber NStZ 1986 482, 486. Statt des Kapitalmarkts sieht dagegen Reischel Wirtschaftskriminalität und Rechtsgut, Diss. jur. FU Berlin 1990,

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die parallele Lösung der h.A. bei §§ 264, 265, 265b StGB nahegelegt. Für sie spricht andererseits das Erfordernis der Prospektwerbung „gegenüber einem größeren Kreis von Personen“, also das Tatbestandserfordernis einer Tendenz zur Massenhaftigkeit der Tathandlung unter Ausschluss der Individualtäuschung (vgl. BTDrucks. 10/318 S. 22). Auch der frühere Prospektbetrug (§ 88 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F.) wurde in diesem Sinn verstanden (vgl. nur Meyer/Bremer Börsengesetz, 4. Aufl. [1957] § 88 Anm. 3); allein durch die Einstellung des Tatbestands ins StGB und seine Ausweitung kann sich die Rechtsgutsbestimmung kaum geändert haben. In dieselbe Richtung weist die Einordnung des strafbewehrten Insider- und Marktmanipulationsverbots nach §§ 14, 20a, 38 WpHG durch die h.A.; hier geht eine verbreitete Auffassung sogar von einem alleinigen Zweck des Kapitalmarktschutzes aus.27 Demgegenüber streitet ein Teil der Literatur ab, dass § 264a StGB auch eine die Kapi- 26 talmärkte schützende Norm sei; die Vorschrift diene vielmehr ausschließlich dem Schutz des Vermögens der Kapitalanleger im Vorfeld der eigentlichen Schädigung.28 Das überzeugt nicht. Kapitalmärkte sind keine vagen kollektiven Entitäten, die nicht strafschutzwürdig und -bedürftig wären. Vielmehr ist der Kapitalmarkt eine normativ verfasste Institution der Wirtschaft (ebenso Lampe FS Tiedemann S. 102, Schmitz ZStW 115 (2003) 508 und Wohlers MK Rdn. 5), die der (vor allem mittel- und langfristigen) Unternehmensfinanzierung dient. Ohne funktionierende Kapitalmärkte bräche, wie die Weltfinanzkrise gezeigt hat, nicht bloß die Finanz-, sondern auch die Realwirtschaft zusammen. Prospektrichtigkeit ist nicht bloß eine „Spielregel“ (so aber Bosch SSW Rdn. 1) der Kapitalmärkte, sondern um deren Informations- und Allokationseffizienz willen eine wirkliche Funktionsbedingung und durch das kapitalmarktrechtliche Prospektrecht bis in Einzelheiten hinein normativ konturiert. Das frühere Bedenken, dass der von § 264a StGB jedenfalls mitgeschützte graue, d.h. nicht geregelte und überwachte Kapitalmarkt nur als Summe vermögensrechtlicher Beziehungen und Interessen der Marktteilnehmer zu verstehen sei, hat an Gewicht verloren, seitdem auch dieses Marktsegment geregelt und überwacht wird. Im Übrigen enthielt und enthält das WpHG seit jeher Regeln und Prinzipien, die Kapitalmärkte schlechthin normativ prägen und unschwer auf noch verbleibende graue Marktsegmente ausgedehnt werden können. Es ist daher – wiederum ähnlich wie beim Warenkredit nach § 265b StB – unter teleologischen Aspekten nicht sinnvoll, solche Marktsegmente von der auch überindividuellen Schutzrichtung des

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S. 166 f, 205 f die Chancengleichheit auf Anbieterseite als (mit) geschützt an. Vgl. Assmann/Schneider/Assmann § 14 Rdn. 7; Assmann/Schneider/Vogel § 20 Rdn. 26, § 20a Rdn. 27 und § 38 Rdn. 1; Fuchs WpHG-Kommentar Vor § 20a Rdn. 1; Pawlik Kölner Kommentar WpHG § 14 Rdn. 3; Otto in Schünemann/Suárez S. 453; Rothenhöfer in Kümpel/Wittig Rdn. 3.458 ff; Schwark in Schwark/Zimmer § 14 WpHG Rdn. 5; Sethe in Assmann/Schütze § 12 Rdn. 9; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 354 und 365; Caspari ZGR 1994 530, 532; Happ JZ 1994 240, 243; Hartmann Regelungsprobleme des Insiderhandels S. 249 f; Immenga ZBB 1995 197, 205; Kaiser WM 1997 1557, 1559 f; Mennicke

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Sanktionen S. 618 f; Steinhauer Insiderhandelsverbot S. 106 ff; Tiedemann StV 1996 699 f. – Vgl. auch § 4 Abs. 4 FinDAG, § 15 Abs. 6 BörsG, wonach die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Börsengeschäftsführung ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse ausüben. AA Claussen Bank- und Börsenrecht S. 370; Assmann AG 1994 196, 201; Claussen AG 1997 306, 307; Krauel Insiderhandel S. 306 f. Offen gelassen bei Assmann in Assmann/Schneider Vor § 12 Rdn. 49. Hellmann NK Rdn. 9; Lackner/Kühl Rdn. 17; Maurach/Schroeder/Maiwald § 41 Rdn. 166; Joecks wistra 1986 142, 143 f; Martin S. 173 f; Worms S. 312 ff; ders. wistra 1987 242, 245.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

§ 264a StGB auszunehmen. Vielmehr ist § 264a StGB selbst Regelungsnorm für alle Kapitalmärkte, deren selbständige Bedeutung sich freilich auf die immer weiter zurückgedrängten Segmente beschränkt, die nicht oder nur unvollständig außerstrafrechtlich geregelt sind. Insoweit greift auch der Hinweis von Joecks (wistra 1986 144) und Worms (S. 313) nicht durch, es fehle ein streng definierter Begriff des Kapitalmarktes: Für § 264a StGB geht es exakt um die von diesem Straftatbestand genannten Kapitalanlagen und deren Markt (zutr. Cerny MDR 1987 272 f), vor allem um Wertpapiere, Unternehmensanteile und Treuhandvermögen. Es mag also umständlicher, aber korrekter, vom Schutz des Kapitalanlagemarktes gesprochen werden. Dass andere Märkte nicht in vergleichbarer Weise geschützt werden, entspricht der 27 fragmentarischen Natur des Strafrechts und ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da Kapitalmärkte und Kapitalanlageformen typischerweise komplexer und risikoträchtiger sind als andere Märkte, was besonderen strafrechtlichen Schutz rechtfertigt (vgl. BVerfGE 71 206, 221 ff). Entgegen Worms (S. 315) ist es auch nicht zu kritisieren, dass der Gesetzgeber leichtsinniges Verhalten von Anlegern nicht inkriminiert (vgl. zu der strukturell gleichartigen Kritik an § 265b StGB Tiedemann LK § 265b Rdn. 8): Zwar mag es auch so zu einer Fehlallokation von Risikokapital und damit zu einer Funktionsstörung des Kapitalmarkts kommen; jedoch ist diese in erster Linie von den vorsätzlich täuschenden Anbietern zu verantworten, und den getäuschten Anlegern ist auch bei Leichtsinn nur eine Mitverantwortlichkeit vorzuwerfen, die umso weniger strafrechtlich relevant ist, als sie häufig der poena naturalis des Anlageverlusts unterliegt (i.E. ebenso Geerds S. 206 f; Wohlers MK Rdn. 6). Die verbreitete Bezeichnung des § 264a StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt ist auch 28 im Hinblick auf die überindividuellen Schutz- und Rechtsgutsaspekte fragwürdig. Ein einzelner Kapitalanlagebetrug als solcher oder auch mehrere, aber vereinzelt bleibende Kapitalanlagebetrügereien können als solche die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts im Ganzen kaum je beeinträchtigen und sind daher nicht typischerweise für Kapitalmärkte als Ganzes gefährlich. Deshalb wird vorgeschlagen, § 264a StGB als „Kumulationsdelikt“ in dem Sinne zu begreifen, dass bei mehr als vereinzeltem oder gar massenhaftem Auftreten von Kapitalanlagebetrügereien das Vertrauen (der Anleger und der Allgemeinheit) in den Kapitalmarkt schwinden und dies zu einem Zusammenbruch des Markts führen kann (Wohlers MK Rdn. 10). Ob Tatbestände legitimerweise als „Kumulationsdelikte“ begriffen werden dürfen, ist allerdings allgemein und auch bei § 264a StGB umstritten (krit. z.B. Hellmann NK Rdn. 9). Vielmehr ist zu bedenken, dass jeder schwindelhafte Kapitalanlageprospekt die Informationseffizienz des betreffenden Kapitalmarkts als eine seiner wesentlichen Funktionsbedingungen beeinträchtigt (Bottke in Schünemann/Suárez S. 121 f) und somit sein Funktionieren stört (zutr. Schünemann GA 1995 212 ff; vgl. Tiedemann LK Rdn. 10 Vor §§ 263 ff). Im Hinblick auf das Täuschungsmittel des Verkaufsprospekts, der ein normativ geschütztes Instrument des Wirtschaftsverkehrs ist (s. oben Rdn. 26), betrifft § 264a StGB zugleich dessen Missbrauch und wird damit als Tätigkeitsdelikt durch den Aktunwert geprägt, der zusätzlich in der Verletzung der außerstrafrechtlichen Prospektwahrheits- und -vollständigkeitspflicht zum Ausdruck kommt.

III. Tatzusammenhang 29

1. § 264a StGB betrifft nicht schlechterdings die irreführende Werbung auf Kapitalmärkten. Vielmehr müssen die strafbaren unrichtigen Angaben in einem Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen (Abs. 1 Nr. 1), mit dem Angebot, die

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Einlage auf solche Anteile zu erhöhen (Abs. 1 Nr. 2), oder mit dem Vertrieb von Anteilen an Treuhandvermögen (Abs. 2) stehen. Der erforderliche Zusammenhang ist als sachlicher und zeitlicher Bezug der Tathand- 30 lung (Machen unrichtiger Angaben usw.) mit bestimmten Vertriebs- oder Angebotsmaßnahmen zu verstehen.29 Er besteht paradigmatisch als Finalzusammenhang, wenn ein Emittent einen unrichtigen Emissionsprospekt auflegt, um Anleger zur Zeichnung zu veranlassen. Auf diese Situation ist § 264a StGB aber nicht beschränkt: Emittent und Werbender müssen nicht identisch sein, und der Emittent muss in Bezug auf die irreführende Werbung weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt, ja sie nicht einmal verursacht haben.30 Das ermöglicht es, unseriöse Vertriebsunternehmen oder Anlageberater zu erfassen, die mit selbst gefertigten unrichtigen usw. Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand des Emittenten werben. Der zeitliche Zusammenhang besteht auch dann, wenn der Vertrieb bzw. das Angebot 31 im Zeitpunkt der irreführenden Werbung erst vorbereitet wird, wenngleich es ohne eine solche Vorbereitung an dem erforderlichen Zusammenhang fehlt (Hoyer SK Rdn. 25). Insbesondere muss das Anlageobjekt als solches noch nicht existieren, wenn nur die Vorbereitungen zu seiner Schaffung angelaufen sind.31 So kann die Werbung von Gründungsgesellschaftern mittels unrichtiger Darstellungen über die noch zu gründende Gesellschaft ebenso tatbestandsmäßig sein, wie es – selbstverständlich – unrichtige Angaben in einem Prospekt bei angelaufener Erstemission von zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierenden Aktien sind. Sind Vertrieb bzw. Angebot endgültig abgeschlossen, können nachfolgende unrichtige Angaben nicht mehr durch § 264a StGB erfasst werden (s. noch unten Rdn. 85 zur Frage der Unterlassungsstrafbarkeit). An dem erforderlichen sachlichen Zusammenhang soll es nach h.L. fehlen, wenn die 32 unrichtigen Angaben lediglich in allgemeinen Mitteilungen und Meinungsäußerungen enthalten sind; hiernach sollen Wirtschaftsjournalisten, die z.B. Börseninformationsdienste beliefern, generell aus dem Anwendungsbereich des § 264a StGB ausscheiden.32 In der Tat sind allgemeine Mitteilungen, Meinungsäußerungen und wirtschaftsjournalistische Beiträge keine Prospekte und werden häufig keine Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand i.S.v. § 264a StGB enthalten. Ist dies aber ausnahmsweise der Fall, so kann der erforderliche Zusammenhang im Einzelfall durchaus vorliegen (zutr. Wohlers MK Rdn. 59), z.B. bei kollusivem Zusammenwirken mit dem Emittenten, aber auch, wenn der Wirtschaftsjournalist durch die unrichtige Darstellung oder Übersicht den Vertrieb bzw. das Angebot im eigenen Interesse fördern will, etwa um Gewinne in eigenen Anlageobjekten zu erzielen.

29

Fischer Rdn. 11; Hellmann NK Rdn. 49; Hoyer SK Rdn. 23 ff; Lackner/Kühl Rdn. 9; Park/Park Rdn. 29; Wohlers MK Rdn. 59; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 28; Otto BT § 61 Rdn. 58; Joecks wistra 1986 142, 144; Kaligin WPg 1987 354, 360; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; SchmidtLademann WM 1986 1241; Schniewind/ Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 31; v. Schönborn S. 32; Worms S. 335 und wistra 1987 242, 273.

30

31 32

Fischer Rdn. 11; Park/Park Rdn. 29; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 16; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Schlüchter S. 158; Worms S. 336. Ebenso Hellmann NK Rdn. 48; Hoyer SK Rdn. 27; Wohlers MK Rdn. 59. BTDrucks. 10/318 S. 24; Hellmann NK Rdn. 49; Lackner/Kühl Rdn. 9; Otto BT § 61 Rdn. 58 und WM 1988 729, 739; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 31; v. Schönborn S. 32 f; Worms S. 335 f.

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2. Nach § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB muss der Kapitalanlagebetrug im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren, stehen.

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a) Vertrieb ist die auf Absatz, also auf Veräußerung (Hoyer SK Rdn. 27) einer Vielzahl von Anlageobjekten nach § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB an einen größeren Personenkreis gerichtete Tätigkeit am Markt .33 Angebots- und Werbeaktionen werden gleichermaßen erfasst (vgl. auch § 2 Abs. 1 InvG: „Vertrieb […] im Wege des […] Anbietens, der […] Werbung oder in ähnlicher Weise“) .34 Nicht erforderlich ist, dass das vertriebene Anlageobjekt bereits existiert (s. oben Rdn. 31). Daher ist die Werbung um den Beitritt zu Gesellschaften (Knauth NJW 1987 31; Hoyer aaO) ebenso Vertrieb (von Anteilen an der Gesellschaft) wie die Anwerbung von Gründungsgesellschaftern oder von Erwerbern noch zu emittierender Aktien. Vertreiber kann jedermann sein, auch und gerade ein gutgläubiger Dritter (zutr. Hoyer aaO). Vereinzelte Individualangebote genügen allerdings nicht für einen Vertrieb (BTDrucks. 10/318 S. 24; Hellmann NK Rdn. 48); vielmehr muss der größere Personenkreis, gegenüber dem die unrichtigen Angaben gemacht werden, zugleich der (potenzielle) Erwerberkreis sein. Ein Vertrieb findet nicht nur bei der Emission, d.h. auf dem Primärmarkt der in 35 § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Anlageobjekte statt, sondern auch auf deren Sekundärmarkt, beispielsweise dem börslichen Aktienmarkt. Deshalb können unrichtige Zwischen- oder Jahresabschlüsse börsennotierter Aktiengesellschaften – sie sind ohne Zweifel „Darstellungen (…) über den Vermögensstand“ (s. noch unten Rdn. 60 f) – durchaus in einem Zusammenhang mit dem Vertrieb der jeweiligen Aktien stehen, wenn hierdurch Nachfrage erzeugt und der Aktienkurs gestützt werden soll. Soweit BGHZ 160 134, 144 = NJW 2004 2664, 2666 „Infomatec I“ (vorgängig OLG München NJW 2003 144, 147) bei einer zur Kursstützung abgegebenen unrichtigen ad-hoc-Mitteilung (die weder Prospekt noch Darstellung oder Übersicht ist) bereits den Zusammenhang mit dem Vertrieb der Infomatec-Aktie verneint hat, ist dem zu widersprechen. Die vertriebenen Anlageobjekte decken sich weithin, wenngleich nicht vollständig 36 mit denen, die gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 WpPG, § 1 Abs. 2 VermAnlG prospektpflichtig sind. Auch wenn die Teleologie der Prospektpflicht einerseits und die der in § 264a StGB gewährleisteten Prospektwahrheit und -vollständigkeit nicht deckungsgleich sind, empfiehlt es sich nach dem hier zugrunde gelegten kapitalmarktund prospektrechtsakzessorischen Verständnis des § 264a StGB, die in der Strafvorschrift gebrauchten Begriffe so weit wie möglich denen des Kapitalmarkt- und Prospektrechts anzugleichen (ähnlich Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 15 f). Allerdings ist zu bemerken, dass weder § 264a StGB noch das geltende Prospektrecht so weit gehen, sämtliche Finanzinstrumente im kapitalmarktrechtlichen Sinne – gem. § 2 Abs. 2b WpHG Wertpapiere, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Derivate und Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren (näher Assmann in Assmann/Schneider § 2 Rdn. 59 ff) – 33

Bosch SSW Rdn. 11; Fischer Rdn. 5; Hellmann NK Rdn. 48; Hoyer SK Rdn. 27; Lackner/Kühl Rdn. 7; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 56; Hellmann/Beckemper Rdn. 12; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 27; Park/Park Rdn. 37; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 37; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 35; Joecks wistra 1986 142, 144;

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Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Worms S. 335. Bosch SSW Rdn. 11; Hellmann NK Rdn. 48; Lackner/Kühl Rdn. 7; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 14; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 27; Knauth NJW 1987 28, 30 f; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Otto WM 1988 729, 739; Worms S. 335.

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zu erfassen; sie treffen vielmehr aus ihnen eine Auswahl, die sich entsprechend der historischen Entwicklung (s. oben Rdn. 1 ff) am Begriff des Wertpapiers (dazu sogleich Rdn. 37 ff) und der Unternehmensbeteiligung (dazu unten Rdn. 46 ff) orientiert und vor dem Hintergrund des vertriebsbezogenen Anlegerschutzes auf Kapitalmärkten zu verstehen ist. Dass beispielsweise Geldmarktinstrumente nicht erfasst sind, erklärt sich daraus, dass diese typischerweise zwischen institutionellen Kapitalmarktteilnehmern gehandelt werden, die weniger schutzbedürftig erscheinen als das Anlegerpublikum als solches. Überhaupt erfasst § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht alles, was zur Kapitalanlage dienen kann; hier zieht nicht zuletzt Art. 103 Abs. 2 GG Grenzen für eine (zu) umfassende Strafbarkeit aller „Kapitalanlageschwindeleien“. So fällt unstreitig der Vertrieb von Vermögensanlagen in physischer Ware, z.B. in Gold, unverzinslichen Goldkonten oder auch Zertifikaten über Goldanlagen im Ausland, nicht unter § 264a StGB,35 und einschlägige Gutschriften sind als bloße Beweisurkunden keine Wertpapiere i.S.d. Abs. 1 Nr. 1. b) In der Rechtsprechung ist bislang noch nicht geklärt, was unter Wertpapieren i.S.v. 37 § 264a Abs. 1 StGB zu verstehen ist, und in der Literatur herrscht hierüber Streit. Richtigerweise sind „Kapitalmarktpapiere“ erfasst, nämlich verbriefte Rechte, die der Kapitalanlage (und spiegelbildlich der Kapitalschöpfung durch den Emittenten) dienen, nicht nur vereinzelt begeben, sondern typischerweise in nicht bloß kleinen Zahlen emittiert werden und auf Kapitalmärkten gattungsmäßig handelbar sind .36 Diese Definition ist einerseits enger als der klassisch-zivilrechtliche Wertpapierbegriff, denn sie schließt Wertpapiere mit Zahlungs- und (kurzfristiger) Kreditfunktion sowie solche des Güterumlaufs aus und umfasst weder Rektapapiere noch andere nur vereinzelt begebene und unvertretbare Papiere (näher unten Rdn. 38). Andererseits ist die hier vorgeschlagene Definition weiter, weil zwar eine Verbriefung verlangt wird, die Geltendmachung des verbrieften Rechts aber nicht im klassisch-zivilrechtlichen Sinne an die Innehabung des Wertpapiers gebunden sein muss (s. erneut unten Rdn. 39 f). Mit erfasst sind vielmehr Verbriefungsformen, welche die Innehabung des eigentlichen Wertpapiers ersetzen und rechtlich vertreten. Aktien sind deshalb auch dann Wertpapiere i.S.d. § 264a StGB, wenn sie – wie heute der absolute Regelfall – nurmehr als Sammel- oder Globalurkunde verbrieft sind und der Anspruch auf Einzelurkunden ausgeschlossen ist (§ 9a DepotG). Hinreichende Verbriefung ist auch die Buchung im Verwahrungsbuch der Bank beim stückelosen Effektengiroverkehr, da sie nicht bloße Beweisurkunde ist (Hueck/Canaris S. 16), und die Eintragung im Bundesschuldbuch bei Bundesschatzbriefen und Inhaberschuldverschreibungen des Bundes (näher Hueck/Canaris S. 17 f). Zudem sollten gewisse nur deklaratorische Verbriefungen von Rechten (in Gestalt qualifizierter Legitimationspapiere) einbezogen werden, wenn sie in der Sache Wertpapierfunktion haben und insbesondere Gutglaubensschutz vermitteln. Demgegenüber übernimmt die h.L. für § 264a StGB den klassischen zivilrechtlichen37 38 Wertpapierbegriff (vgl. nur Hueck/Canaris S. 1), versteht unter Wertpapieren Urkunden,

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Park/Park Rdn. 17; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 11; Wohlers MK Rdn. 15; Geerds S. 324 f; Knauth NJW 1987 28, 30; Richter wistra 1987 117, 118. S. bereits LK11 Rdn. 22; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349 m.w.N.; krit. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 14 ff.

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Der in § 151 StGB enthaltene strafrechtliche Wertpapierbegriff kann (entgegen Cerny MDR 1987 273) keinesfalls für § 264a StGB maßgeblich sein: Bei § 151 StGB geht es um Fälschungsschutz, weshalb sich die Vorschrift am massenhaften Vorkommen der Papiere im Wirtschaftsverkehr und der dem Papiergeld ähnlichen tatsächlichen Ausstattung orien-

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die ein (privates) Recht in der Weise verbriefen, dass zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist 38 und unterscheidet im Einzelnen nach Inhaber-, Order- und Rektapapieren. Diese Auffassung ist historisch und systematisch verfehlt und führt zu kaum sinnvollen Ergebnissen: Bereits der frühere Prospektbetrug (oben Rdn. 2) knüpfte nicht an den zivil-, sondern den börsenrechtlichen Wertpapierbegriff („Effekten“) an. Der Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs will von vornherein keine Papiere des Zahlungs- und (kurzfristigen) Kreditverkehrs (Scheck, Wechsel) sowie des Güterumlaufs (Traditionspapiere wie Lade-, Lager- und Lieferschein sowie Konnossement) erfassen, die zweifelsohne Wertpapiere im zivilrechtlichen Sinne sind. Im Übrigen verkennt die h.L., in welchem Ausmaß sich der moderne Effektenverkehr vom Erfordernis der Verbriefung gelöst und den Schritt vom Wertpapier zum Wertrecht vollzogen hat (vgl. zu dieser Entwicklung der „Entbriefung“ Roth in Assmann/Schütze § 10, 19 ff; zur Rückwirkung auf den klassischen zivilrechtlichen Wertpapierbegriff Hueck/Canaris S. 18 f mit Nachw.). Auf der anderen Seite geht es zu weit, umstandslos die kapitalmarktrechtlichen Legal39 definitionen zu Wertpapieren auf § 264a StGB zu übertragen, namentlich diejenigen nach § 2 Nr. 1 WpPG, § 2 Abs. 1 WpHG (für deren weitgehende Maßgeblichkeit aber Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 16).39 Freilich stimmen die Schutzzwecke des § 264a StGB und des WpPG bzw. WpHG im Wesentlichen überein, und § 2 Abs. 1 WpHG enthält durchaus eine kapitalmarktadäquate moderne Definiton von Wertpapieren, welche deren Gattungscharakter und deren Übertrag- bzw. Handelbarkeit, also deren Umlaufcharakter, in den Vordergrund stellt, auf die Verbriefung verzichtet und Zahlungsinstrumente ausschließt. Insbesondere der vollständige Verzicht des WpHG (und nach dem Willen des Gesetzgebers auch des WpPG 40) auf das Verbriefungserfordernis stößt jedoch im Strafrecht an die Grenze des Art. 103 Abs. 2 GG, da schlechthin unverbriefte Rechte im natürlichen Sprachgebrauch nicht mehr als Wertpapiere bezeichnet werden. Anders als bei der Ersetzung von Urkunden durch (elektronische) Daten oder bei der Ersetzung der klassischen durch Verfahren der EDV-Buchführung (Tiedemann LK § 283 Rdn. 95) kann die Tendenz zur „Entbriefung“ nicht mehr durch eine die Grenzen des Analogieverbots berührende technisch-faktische oder wirtschaftliche Betrachtungsweise beim Wertpapierbegriff aufgefangen werden. Im Rahmen des § 264a StGB können schlechthin unverbriefte Rechte vielmehr allein über den Begriff der Bezugsrechte erfasst werden (unten Rdn. 43). Richtigerweise ist der Wertpapierbegriff des § 264a StGB einerseits kapitalmarkt40 rechtsorientiert, andererseits strafrechtlich-eigenständig und zwar nicht restriktiv (Knauth

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tiert (vgl. BTDrucks. 7/550 S. 229); darum geht es bei § 264a StGB nicht. Bosch SSW Rdn. 5; Duttge HK-GS Rdn. 14; Fischer Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 28; Lackner/Kühl Rdn. 3; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; Wohlers MK Rdn. 17 (sieht diese Definition als Ausgangspunkt für die Auslegung); Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 12; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 95; Otto BT § 61 Rdn. 43; Schmid in Müller-Gugenberger § 27 Rdn. 195; Worms S. 319; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 11; Cerny MDR 1987 271, 273; Joecks wistra 1986 142, 144; Kaligin WPg 1987 354, 356; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206;

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Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 27; aA Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 13 ff. H.A., vgl. Bosch SSW Rdn. 5; Fischer Rdn. 6; Hellmann NK Rdn. 14; Hoyer SK Rdn. 28; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; vgl. auch Wohlers MK Rdn. 16 und 18 (mit Hinweis auf das strafrechtliche Analogieverbot); Hellmann/Beckemper Rdn. 2; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 11. S. hierzu v. Kopp-Colomb/Knobloch in Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb § 2 WpPG Rdn. 10. Vgl. auch § 2 Abs. 2 WpÜG und dazu Schüppen in Haarmann/Schüppen Rdn. 24 ff.

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NJW 1987 29), aber doch in den Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG zu bestimmen. Bereits Möhrenschlager (wistra 1986 206) hat darauf hingewiesen, dass der Begriff „durch den Charakter der Vorschrift (scil. des § 264a StGB) begrenzt“ wird. Es kann nur um „Kapitalmarktpapiere“ gehen, die für den Emittenten der Kapitalaufbringung und für den Erwerber der Kapitalanlage dienen. Damit scheiden von vornherein Wertpapiere des Güterumlaufs aus, aber auch solche des Zahlungs- und kurzfristigen Kreditverkehrs (Schecks und Wechsel), zumal insoweit § 265b StGB teleologisch einschlägig ist (oben Rdn. 9). Nur nach dieser Vorschrift oder nach § 263, nicht aber nach § 264a StGB kann sich strafbar machen, wer gegenüber dem Anlegerpublikum mit unrichtigen Darstellungen über ein Immobilienprojekt Kapital für das Projekt einwirbt und hierfür verzinsliche Eigenwechsel ausgibt, oder wer Wechsel eines von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Unternehmens aufkauft und für deren Erwerb mit unrichtigen Darstellungen über die Lage des Unternehmens wirbt. Diese Beispiele verdeutlichen, dass es entgegen Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 14 und Wohlers MK Rdn. 20 nicht ausreicht, andere als Kapitalmarktpapiere erst über die weiteren tatbestandlichen Erfordernisse des § 264a StGB (namentlich Vertrieb mittels Prospekt usw.) auszuscheiden. Kennzeichnend für Kapitalmarktpapiere ist es, dass sie typischerweise in großen Zahlen ausgegeben werden, vertretbare Sachen darstellen und in besonderem Maße auf raschen Umsatz angelegt sowie ggf. börsengängig sind (Hueck/Canaris S. 18 f). Das unterscheidet sie von Schecks und Wechseln, die zwar ebenfalls insgesamt massenhaft zirkulieren und übertragbar sind, aber nicht zum Zwecke des Handels, sondern als unvertretbare Papiere begeben werden. Im Einzelnen zählen zu den Wertpapieren: 41 Aktien (shares, stock). Sie sind (auch bei nunmehr absolut üblicher Globalverbriefung) Wertpapiere i.S.v. § 264a StGB. Das gilt gleichermaßen für Inhaber- wie für Namensaktien (vgl. § 10 Abs. 1 AktG), jedenfalls wenn sie nicht vinkuliert sind (vgl. § 68 Abs. 2 AktG), und für Stamm- wie für Vorzugsaktien (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 AktG). Anleihen (bonds). Sie verbriefen einen Rückzahlungsanspruch und regelmäßig Zinszahlungen in bestimmter Höhe als Entgelt für die Überlassung von Kapital und kommen als festverzinsliche Wertpapiere, floater oder strukturierte Wertpapiere vor. Zivilrechtlich handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen (vgl. §§ 793 ff BGB) oder auch um (seltene, aber trotz des Namenspapiercharakters börslich handelbare) Orderschuldverschreibungen, kapitalmarktrechtlich um Schuldtitel (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3a] WpHG); wirtschaftlich wird von Rentenpapieren gesprochen, die auf dem Rentenmarkt gehandelt werden (Tiedemann BT Rdn. 349). Zu der Vielfalt der Anleihen zählen Staatsanleihen des Bundes und der Länder, auch Schatzbriefe, Schatzanweisungen oder Kassenobligationen genannt, Kommunalobligationen, Pfandbriefe (d.h. Anleihen der Pfandbriefbanken nach dem PfandBrG), aber zunehmend auch Unternehmensanleihen, namentlich als Wandel- oder Gewinnanleihen nach § 221 Abs. 1 AktG. Inwieweit ausländische Wertpapiere in den Schutzbereich des § 264a StGB einbezogen sind, ist keine kollisions- oder international-strafrechtliche, sondern eine AuslegungsFrage, die – ebenso wie im Prospektrecht (näher v. Kopp-Colomb/Knobloch in Assmann/ Schlitt/v. Kopp-Colomb § 2 WpPG Rdn. 13 ff) – im Grundsatz zu bejahen ist (Tiedemann BT Rdn. 349). Entscheidend ist, ob die ausländische Position einem Wertpapier im inländischen Sinne funktionell äquivalent und hinreichend verbrieft ist wie bei shares bzw. stocks (Aktien) oder bonds (Schuldverschreibungen). Investmentanteilscheine (s. sogleich „Schuldtitel“). Nebenpapiere wie Zinsscheine (Kupons, vgl. § 803 BGB) zu langfristigen Inhaberschuldverschreibungen und Gewinnanteilscheine (Dividendenscheine) zu Aktien und anderen mitgliedschaftlichen Papieren.

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Optionsscheine (warrants). Es handelt sich um verbriefte Optionen, die börsengängig sind; ursprünglich als „sweetener“ bei Aktienemissionen oder Unternehmensanleihen verwendet, kommen sie zunehmend als „nackte“ Optionsscheine vor. Auch wenn Optionsscheine teils hochspekulative Anlageformen sind, handelt es sich um Kapitalmarktpapiere, die seit 1989 (Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information, § 53 Abs. 2 BörsG a.F.) bzw. 2002 (Abschaffung der Figur der Börsentermingeschäftsfähigkeit und des Differenzeinwandes, § 37e WpHG) dem Anlegerpublikum zugänglich ist und – entgegen den von der Rechtsentwicklung überholten Einwänden von Knauth NJW 1987 30 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 11 – in den Schutzbereich des § 264a StGB fallen (s. noch unten Rdn. 45). Schuldtitel wie Genussscheine, Inhaber- und Orderschuldverschreibungen sowie schuldtitelvertretende Zertifikate und Investmentanteilsscheine (vgl. § 2 Abs. 1 WpHG). Zu den Schuldtiteln gehören auch diejenigen Finanzinnovationen, welche im Mittelpunkt der Finanzmarkt 2008 stehen, insbesondere ABS (asset backed securities), MBS (mortgage backed securities) und CDO (collateral debt obligations). Zivilrechtlich handelt es sich um Schuldverschreibungen, die Ansprüche gegen sog. Zweckgesellschaften (SPV – special purpose vehicles, conduits) begründen, die sich wiederum aus Forderungen, Hypotheken oder Wertpapieren finanzieren. Zertifikate, die Aktien, Schuldtitel oder Anteile an Investmentvermögen rechtlich vertreten, teilen deren Wertpapiercharakter. Zwischenscheine (§§ 8 Abs. 6, 10 Abs. 3 AktG), jedenfalls soweit sie nicht vinkuliert sind (§ 68 Abs. 2 AktG). Keine Wertpapiere i.S.v. § 264a StGB sind: 42 Geldmarktinstrumente (vgl. § 2 Abs. 1a WpHG), die von Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5 generell in den Wertpapierbegriff des § 264a StGB einbezogen werden. In Wahrheit handelt es sich nicht um Kapitalmarktpapiere, sondern um kurzfristige Kredite, die auf dem Geldmarkt zwischen Zentralbanken und Kreditinstituten gehandelt werden und nicht der Kapitalanlage, sondern dem Liquiditätsausgleich dienen wie z.B. treasury bills, cash bills, zero bonds, commercial papers, unverzinsliche Schatzanweisungen, Schatzwechel oder Einlagenzertifikate. Rektapapiere, die auf Namen lauten und (nur) durch Abtretung der Forderung übertragen werden können, werden von Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 5; Wohlers MK Rdn. 20 generell in den Wertpapierbegriff des § 264a StGB einbezogen. Dem ist weitgehend zu widersprechen, da und soweit Rekta- keine Kapitalmarktpapiere darstellen.41 So sind Hypotheken- und Grundschuldbriefe sowie Schiffspfandbriefe zwar Rektapapiere, werden aber nicht am Kapitalmarkt gehandelt. Aus demselben Grund trifft es im Ergebnis auch zu, dass verbriefte Beteiligungen an geschlossenen Inhaberfonds keine Wertpapiere (wohl aber Unternehmensanteile, dazu unten Rdn. 46 ff) darstellen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 7; Worms S. 319 f; beide freilich mit der – zu engen – Begründung, das Recht sei nicht an die Innehabung der Urkunde geknüpft); ebenso liegt es bei verbrieften Anteilen an Lebensversicherungen (Machunsky Kapitalanlagen 1990 350 f; Werner/Machunsky S. 311 Fn. 66). Massenhaft emittierte und (wenn auch: durch Abtretung) übertrag- und handelbare Namensschuldverschreibungen wie z.B. Namens-Hypothekenpfandbriefe oder Namens-Kommunalobligationen sind hingegen vom Wertpapier-

41

Tiedemann BT Rdn. 349 bereits Knauth NJW 1987 29; wie hier Hellmann NK Rdn. 17.

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Kapitalanlagebetrug

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begriff des § 264a StGB umfasst, insbesondere wenn nach den Emissionsbedingungen oder konkludent durch Bezeichnung als „Schuldverschreibung“ ein Vorlageerfordernis besteht (hierzu Hueck/Canaris S. 213 f). Zahlungsinstrumente in Wertpapierform, namentlich Schecks und Wechsel, sind zwar im klassisch-zivilrechtlichen Sinne Wertpapiere, aber keine Kapitalmarktpapiere, die der Kapitalanlage dienen. c) Der Begriff des Bezugsrechts i.S.d. § 264a StGB ist in der Rechtsprechung unge- 43 klärt und in der Literatur umstritten. Der Gesetzgeber hat sich auf die Erläuterung beschränkt, Bezugsrechte seien „weder Anteile im Sinne des Tatbestandes noch Wertpapiere, bedürfen aber der Gleichstellung“ (BTDrucks. 10/318 S. 22). Die h.L. lehnt sich an die zivil- und gesellschaftsrechtliche Terminologie an, wonach Bezugsrechte insbesondere die Rechte von Altaktionären auf anteilige Zuteilung neuer Aktien bei Kapitalerhöhungen nach § 186 (Abs. 1 oder – praktisch häufiger – Abs. 5) AktG sowie auf anteilige Zuteilung von Wandel- oder Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten bei deren Ausgabe nach § 221 Abs. 4 AktG sind; insbesondere diese Rechte sollen Bezugsrechte i.S.d. § 264a StGB sein.42 Das ist zwar im Ergebnis zutreffend, jedoch in der Begründung fragwürdig und belässt der Alternative kaum einen eigenständigen Anwendungsbereich. Denn bei Kapitalerhöhungen bzw. Ausgabe von Wandel- oder Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten werden zugleich diese und damit in aller Regel Wertpapiere vertrieben.43 Im Übrigen kann das Bezugsrecht der Altaktionäre bei Kapitalerhöhungen als Gewinnanteil- oder Erneuerungsschein verbrieft sein (Roth in Assmann/Schütze § 11, 21) und bereits für sich als Wertpapier erfasst werden. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 19 hält (nur) in sich konsequent dafür, die Erwähnung der Bezugsrechte diene allein der Klarstellung, dass § 264a StGB auch auf Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften mit mittelbaren Bezugsrechten nach § 186 Abs. 5 AktG anwendbar sei. Daher erscheint es vorzugswürdig, den strafrechtlichen Begriff des Bezugsrechts in 44 § 264a StGB von dem zivil- und gesellschaftsrechtlichen zu lösen und ihn tendenziell kapitalmarktrechtlich auszurichten (vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 3b] WpHG, § 2 Nr. 1c] WpPG). Dass § 264a StGB nicht nur Wertpapiere, sondern auch Bezugsrechte erwähnt, soll sicherstellen, dass derartige Rechte auch dann Strafschutz genießen, wenn sie nicht verbrieft sind (Möhrenschlager wistra 1982 206). Daraus ergibt sich binnensystematisch zunächst, dass es sich um unverbriefte Rechte handeln muss.44 Ihrem Inhalt nach müssen sie den von § 264a StGB erfassten Wertpapieren und Unternehmensanteilen unter dem leitenden teleologischen Gesichtspunkt der Kapitalanlagefunktion gleichzustellen sein. Mit anderen Worten geht es um unverbriefte, aber gleichwohl umlauffähige und handelbare Rechte, bei denen durch Anlage von Kapital ein Stammrecht erworben wird, aus

42

43

Bosch SSW Rdn. 5; Hoyer SK Rdn. 28; Park/Park Rdn. 20; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 8; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 196; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 74; Otto BT § 61 Rdn. 44; Knauth NJW 1987 28, 29; vgl. auch Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 11. Roth in Assmann/Schütze § 11 Rdn. 25 m.w.N. (für Genussscheine); Worms in

44

Assmann/Schütze § 8 Rdn. 59 (für Wandelund Gewinnschuldverschreibungen). Duttge HK-GS Rdn. 15; Fischer Rdn. 6; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 196; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 96; Park/Park Rdn. 20; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 13 ff (vor allem für unverbriefte Rechte); Borchard S. 43; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206.

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dem sich ein Recht auf den Bezug von Leistungen ableitet.45 Negativ sind Bezugsrechte von schlichten Forderungsrechten wie z.B. solchen aus partiarischen Darlehen (Rdn. 50) abzugrenzen, bei denen es an einem Stammrecht fehlt. Positiv umfassen Bezugsrechte insbesondere „Wertrechte“, die mangels Verbriefung nicht unter den Wertpapierbegriff fallen. Dazu gehören in der Tat die Bezugsrechte i.S.v. § 186 Abs. 1 und § 221 Abs. 4 AktG, da und soweit sie als solche gehandelt werden (sog. Bezugsrechtshandel, s. hierzu Wohlers MK Rdn. 23). Weiterhin zu nennen sind unverbriefte Rechte, die denen aus Wertpapieren entsprechen wie z.B. unverbriefte Aktien. Auch unverbriefte Fondsbeteiligungen („community pools“) mit festen oder variablen Gewinnbeteiligungen können als Bezugsrechte verstanden werden (sofern sie nicht bereits Anteile am Ergebnis eines Unternehmens darstellen, vgl. insoweit auch BTDrucks. 10/318 S. 49; Imo Rdn. 1499 Fn. 3132). Vor allem im Zusammenhang mit den Bezugsrechten kontrovers diskutiert wird, ob 45 und inwieweit Termin- und Optionsgeschäfte – im Unterschied zu börslich gehandelten Optionsscheinen (hierzu oben Rdn. 41) – in den Schutzbereich des § 264a StGB fallen. Allerdings macht Chr. Schröder (Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 20) geltend, dass es im Termin- und Optionshandel keine Prospekte, Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand gebe und die sich stets ändernden Daten zu Termin- oder Optionsgeschäften ihrer Natur nach einer prospekt(usw.)mäßigen Wiedergabe unzugänglich seien. Die Praxis zu den (nach dem WpPG und zuvor nach dem VerkProspG a.F. prospektpflichtigen) Optionsscheinen bestätigt das nicht, und mit der endgültigen Öffnung des Termin- und Optionsmarkts für das Anlegerpublikum durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21.6.2002 (BGBl. I S. 2010) ist die Frage nach der Anwendbarkeit des § 264a StGB praktisch durchaus drängend geworden. Nach einer im älteren Schrifttum vertretenen Lehre sollen Termin- und Optionsgeschäfte gar nicht von § 264a StGB erfasst sein, da der Tatbestand des Verleitens zu Börsenspekulationsgeschäften (§§ 49 i.V.m. 26 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BörsG) vorrangig sei und Termin- als Differenz- und Spekulationsgeschäfte nicht auf Kapitalanlage abzielten.46 Dem ist nicht zu folgen: Der behauptete Vorrang des wucherähnlichen, den Abschluss eines Börsenspekulationsgeschäfts voraussetzenden Delikts nach § 49 BörsG lässt sich dogmatisch nicht im Ansatz begründen. Dass § 264a StGB nur nicht-spekulative Kapitalanlagen schütze, kann weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift entnommen werden; im Gegenteil ist gerade bei Termin- und Optionsgeschäften die Schutzbedürftigkeit der Anleger besonders groß (vgl. Otto Bekämpfung unseriöser Geschäftstätigkeit S. 31 ff). Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Optionsprämie – die für den Optionsberechtigten von vornherein verloren ist – kein angelegtes (Risiko-)Kapital und das Optionsgeschäft somit keine Kapitalanlage darstelle; es handelt sich vielmehr um eine – wenn auch spekulative und risikoreiche – Kapitalanlageform (Worms S. 23 ff), die seit 1989 bzw. 2002 (hierzu oben Rdn. 41 „Optionsscheine“) dem breiten Anlegerpublikum zugänglich ist. – Andere Literaturstimmen wollen zwischen Wertpapier- und Warenterminoptionen unterscheiden;47

45

46

Wie hier Hellmann NK Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 29; Hellmann/Beckemper Rdn. 4; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 96; Park/Park Rdn. 20; ähnlich auch Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 20. Amtl. Begr. zu § 89 BörsG, BTDrucks. 10/318 S. 46; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 2 u. 11; Schwark Einl. § 88 Rdn. 4, auch § 88 Rdn. 2; Joecks in Achenbach/

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Ransiek X 1 Rdn. 17; Imo Rdn. 1499; Joecks wistra 1986 149; Knauth NJW 1987 30; Richter wistra 1987 117; Tiedemann JZ 1986 873 (für die Rechtslage vor 1989/2002); v. Schönborn S. 23. Fischer Rdn. 19; Hellmann NK Rdn. 19; Hoyer SK Rdn. 29; Jacobi S. 59 ff, 63; Schwark Einl. § 88 Rdn. 14.

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

bei den erstgenannten komme eine Strafbarkeit nach § 264a StGB in Betracht, während es sich bei den letztgenannten weder um den Vertrieb von Wertpapieren noch um den von Bezugsrechten oder Anteilen an Unternehmen handele. Auch das überzeugt nicht: Versteht man Optionen als Bezugsrechte, so kommt es nicht darauf an, ob Gegenstand des Bezugsrechts Wertpapiere oder Waren sind; im Übrigen vermag die Unterscheidung auch in sich nicht zu überzeugen, weil bei Wertpapieroptionsgeschäften nicht unmittelbar Wertpapiere, sondern eben nur Optionsrechte auf Wertpapiere vertrieben werden. – In LK 11 Rdn. 32 sind deshalb alle Termin- und Optionsgeschäfte als Bezugsrechte aufgefasst und in den Schutzbereich des § 264a StGB einbezogen worden. Im Anschluss an Wohlers MK Rdn. 24 ist freilich folgende Einschränkung angebracht: Unbedingte Termingeschäfte, zivilrechtlich gesprochen Kaufverträge mit einem in der Zukunft liegenden festen Leistungs- und Gegenleistungstermin, sind – gleich ob sie Wertpapiere oder Waren betreffen – schlichte Forderungs-, aber noch keine Bezugsrechte i.S.v. § 264a StGB, wie es bei bedingten Optionsrechten der Fall ist, die auszuüben oder nicht auszuüben dem Optionsinhaber frei steht. d) In der Einbeziehung von Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unter- 46 nehmens gewähren sollen, lag der entscheidende rechtspolitische Fortschritt des § 264a StGB gegenüber § 88 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F., indem neben (börslichen) Wertpapieren auch nicht verbriefte, auf dem Grauen Kapitalmarkt gehandelte Anteile in den speziellen Strafschutz einbezogen worden sind. Die amtl. Begr. (BTDrucks. 10/318 S. 22) führt insbesondere die Beteiligung an Abschreibungsgesellschaften an, die als KG oder als GmbH & Co. KG betrieben werden (dazu Garz-Holzmann S. 22 ff; Knauth NJW 1987 29), inzwischen infolge der Änderung des Steuerrechts allerdings weniger attraktiv sind (beachte aber die staatliche Förderung der Errichtung von Windparkanlagen, § 29 EEG; dazu Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 5). Der Anteil muss sich auf das Ergebnis eines Unternehmens beziehen. Ergebnis ist in 47 diesem Zusammenhang ein terminus technicus, meint nämlich nach den Handels- und Gesellschaftsgesetzen Gewinn und Verlust (Tiedemann BT Rdn. 349; näher Elrott/ Krämer in Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl. [2010], § 268 Rdn. 2). Der Anteilsinhaber muss – so der eindeutige Wortlaut – nur an dem Ergebnis des Unternehmens, nicht an diesem selbst teilhaben. Dafür ist die Innehabung eines Anteils an dem Unternehmen selbst, allgemeiner eine verbandsrechtliche Beziehung zu dem Unternehmen nicht zwingend erforderlich; vielmehr genügt für einen Anteil i.S.v. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB eine „unmittelbare Rechtsbeziehung zu dem Unternehmen“ (BTDrucks. 10/318 S. 22), die Gewinn- und Verlustteilnahme bewirkt. Unternehmen ist jede planvoll organisierte und rechtlich abgegrenzte Wirtschaftseinheit, die werbend am Markt tätig wird und durch Erbringung wirtschaftlicher Leistungen Einkünfte bzw. Gewinne zu erzielen beabsichtigt. Zu den Anteilen zählen unverbriefte Gesellschafts- oder Geschäftsanteile, namentlich 48 Kommanditanteile an Publikums-Kommanditgesellschaften, aber auch Anteile an plcs (private limited companies). Weiterhin gehören stille Beteiligungen 48 sowie Beteiligungen

48

Hellmann NK Rdn. 21 f; Lackner/Kühl Rdn. 3; Park/Park Rdn. 21; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 10; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 16; Otto BT § 61 Rdn. 41; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 197; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 24; Tiedemann

Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 18; Flanderka/Heydel wistra 1990 256; Joecks wistra 1986 142, 144; Kaligin WPg 1987 354, 356; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 27; Worms S. 317.

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an Investmentfonds, sei es an offenen Fonds, deren Anteile handelbar sind, oder an geschlossenen wie Medien-, Leasing-, Schiff-, Immobilien- oder Erneuerbare-EnergienFonds, die der Finanzierung einzelner festgelegter Projekte dienen, nur einer begrenzten Zahl von Anlegern offenstehen und deren Anteile nicht handelbar sind.49 Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung an sog. Bauherren-, 49 Bauträger- oder Erwerbermodellen in den Anwendungsbereich des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB fällt. Angesichts der Verbreitung solcher Modelle, deren Attraktivität wesentlich von steuerlichen Vorteilen (Erwerbs- als Werbungskosten, ggf. steuerliche Sonderförderungen wie die Wohnbauförderung nach der Wiedervereinigung) abhängt, kommt der Frage erhebliche Bedeutung zu (vgl. bereits Tiedemann JZ 1986 873). Im Schrifttum wird sie von einer Minderheit 50 pauschal bejaht, weil bereits der Immobilienbau bzw. -erwerb ein „Unternehmen“ sei, an dem der Bauherr bzw. Erwerber einen „Anteil“ habe. Das sprengt aber den Wortlaut des § 264a StGB: Die Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbergemeinschaft ist kein „Unternehmen“, das werbend am Markt tätig sein will, um dort ein „Ergebnis“ – Gewinn und Verlust – zu erwirtschaften (Flanderka/Heydel wistra 1990 257 f); Unternehmen darf nicht mit Unternehmung und Ergebnis nicht mit jedem Wirtschaftsvorgang wie vorliegend der Errichtung bzw. dem Erwerb von Immobilien bzw. der Übertragung des (Wohnungs-) Eigentums gleichgesetzt werden (Tiedemann BT Rdn. 349). Vielmehr wird im Regelfall des Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbermodells Wohnungseigentum gebildet bzw. übertragen, das gem. § 3 WoEigG Sondereigentum ist, an dessen Erträgen (durch Vermietung oder Verpachtung) ausschließlich der jeweilige Bauherr selbst partizipiert (vgl. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 22). Daraus folgt, dass § 264a StGB nicht anwendbar ist, wenn die Beteiligung des Bauherrn bzw. Erwerbers lediglich auf die gemeinschaftliche Durchführung des Bauvorhabens bzw. den Eigentumserwerb, nicht dagegen auch auf gemeinschaftliche Vermietung angelegt ist, sondern jeder Beteiligte selbst als Vermieter auftritt.51 Anders liegt es bei Bildung einer Mieteinnahmegesellschaft (sog. „Mietpools“), bei der die Mieteinnahmen bzw. Mietausfälle auf die Beteiligten verteilt werden52: Wenn die Eigentümer nicht jeweils selbst als Vermieter auftreten, sondern sich als Außengesellschaft zusammengeschlossen haben, die am Markt als Vermieter auftritt, liegt eine Beteiligung an einem Unternehmen vor.53 49

50

51

Duttge HK-GS Rdn. 16; Hellmann NK Rdn. 22; Hoyer SK Rdn. 30; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 197; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 97; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349; Cerny MDR 1987 271, 273; Kaligin WPg 1987 354, 356. S. Richter wistra 1987 117, 118; SchmidtLademann WM 1986 1241, 1242; wohl auch Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 198. Duttge HK-GS Rdn. 17; Hoyer SK Rdn. 30; Park/Park Rdn. 21; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 18; Otto BT § 61 Rdn. 42; Cerny MDR 1987 273; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 6 ff; Jacobi S. 53 f; Joecks wistra 1986 144; Kaligin WPg 1987 358; Mehler S. 60 f; Mutter NStZ 1991 421; Otto WM 1988 737; Pabst S. 36; Schniewind/Hammann BB 1986 Beil. 16 S. 28; Tiedemann JZ 1986 873; Worms S. 318; aA Schmidt-Lade-

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mann WM 1986 1242; Richter wistra 1987 117, 118. Entgegen der diff. Ansicht von Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 12 kommt hier auch den anderen Tatbestandsalternativen des § 264a StGB keine Bedeutung zu. Bosch SSW Rdn. 7; Fischer Rdn. 8; Hoyer SK Rdn. 30; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 198; Wohlers MK Rdn. 27; Flanderka/Heydel wistra 1990 258; Richter wistra 1987 118; v. Schönborn S. 28 f; abl. Hellmann NK Rdn. 22; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 18; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 91 f; Otto WM 1988 737; Worms S. 318; Cerny MDR 1987 273; Joecks wistra 1986 144; Mehler S. 60 f; Rössner/ Worms BB 1988 94; Worms wistra 1987 247; vgl. auch Mutter NStZ 1991 421, 422. Flanderka/Heydel wistra 1990 258; s. auch Richter wistra 1987 118; v. Schönborn S. 29; vgl. Joecks in Achenbach/Ransiek X 1

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

Umstritten ist auch die Anwendbarkeit des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB auf partiarische 50 Darlehen. Der Gesetzgeber des 2. WiKG wollte sie einbezogen wissen (BTDrucks. 10/318 S. 22); dem folgt die heute h.L.54 Bereits in LK11 Rdn. 28 sind hieran Zweifel geäußert worden: Zwar meine Cerny (MDR 1987 274) zu Unrecht, dass ein partiarisches Darlehen keinen „Anteil“ darstelle, weil es nicht i.S.d. § 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB als „Einlage“ erhöht werden könne; Nr. 2 diene zur Erweiterung von Nr. 1 (vgl. unten Rdn. 51) und könne deshalb nicht zu deren Einschränkung herangezogen werden. Jedoch wiesen die von Cerny geäußerten Bedenken auf das Problem hin, dass der Begriff „Anteil“ im zivilrechtlichen Sprachgebrauch mit Mitgliedschaft und Vermögensteilnahme verbunden sei, die beim partiarischen Darlehen fehlten. Diese Zweifel hat der Gesetzgeber aufgegriffen und zu der wortgleichen Wendung in § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG i.d.F. des AnSVG ausgeführt, partiarische Darlehen seien nicht erfasst (BTDrucks. 15/3174 S. 42). Angesichts des hier zugrunde gelegten kapitalmarkt- und prospektrechtsakzessorischen Verständnisses des § 264a StGB sind daher partiarische Darlehen im engeren Sinne, die keine Unternehmens- und insbesondere keine Verlustbeteiligung beinhalten, entgegen der h.L. nicht in den Schutzbereich des Tatbestandes einbezogen. Anderes gilt, wenn sich eine formell als partiarisches Darlehen bezeichnete Anlageform materiell als stille Beteiligung darstellt, insbesondere wenn durch eine Verlustbeteiligung ein Anteil am Unternehmensergebnis – Gewinn und Verlust – gewährleistet wird. Jedenfalls ist § 264a StGB auf die Darlehenseinwerbung in der Form der sog. gesplitteten Einlage bei Publikumskommanditgesellschaften anwendbar, da die gesplittete Einlage zivilrechtlich und nach der Verkehrsanschauung insgesamt als Einlage und Anteil anzusehen ist (K. Schmidt Gesellschaftsrecht § 57 III 2a mit Nachw.). 3. Prospektbetrügerische Kapitalerhöhungen können vielfach über § 264a Abs. 1 51 Nr. 1 StGB erfasst werden; gibt beispielsweise eine Aktiengesellschaft neue Aktien aus, so werden diese als Wertpapiere vertrieben. So freilich nicht erfasst werden können „Kapitalsammelaktionen“ (treffend BTDrucks. 10/318 S. 24) im Kreis der Anleger, die in anderer Weise in ein Unternehmen, z.B. einen geschlossenen Fonds, investiert haben und sich nunmehr noch stärker engagieren sollen. Deshalb bestimmt § 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass Kapitalanlagebetrug auch im Zusammenhang mit dem Angebot begangen werden kann, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen, die i.S.v. Abs. 1 Nr. 1 eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren, beispielsweise wenn an geschlossenen Fonds Beteiligten die Erhöhung der Einlage angeboten wird. Adressaten des Angebots müssen Personen sein, die bereits Anteile i.S.v. Abs. 1 Nr. 1 innehaben. Zwar setzt Abs. 1 Nr. 2 keinen „Vertrieb“ wie in Nr. 1 voraus (Cerny MDR 1987 275); wegen des Erfor-

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Rdn. 18 a.E.; aA Worms wistra 1987 247, der auch in diesem Fall lediglich die Partizipation am eigenen Wohnungseigentum sieht; s. auch Kaligin WPg 1987 358, der bei einer Poolung der Mietverträge keine Leistung einer „Einlage in ein gemeinsames Vermögen“ sieht und der Gegenauffassung einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG vorwirft, dabei aber übersieht, dass der Gesetzeswortlaut auf eine „Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens“ abstellt. Bosch SSW Rdn. 7; Fischer Rdn. 8; Hellmann NK Rdn. 21; Lackner/Kühl Rdn. 3; Sch/

Schröder/Cramer/Perron Rdn. 10; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 197; Wohlers MK Rdn. 26; Garz-Holzmann S. 102; Hellmann/Beckemper Rdn. 5; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 16; Otto BT § 61 Rdn. 41; Park/Park Rdn. 21; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 25; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 18; Joecks wistra 1986 142, 144; Möhrenschlager wistra 1982 201, 205; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 27; Worms S. 317 und wistra 1987 242, 246.

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dernisses eines Handelns gegenüber einem größeren Kreis von Personen und des Ausschlusses von Individualaktionen geht es aber auch in Nr. 2 um Erhöhungsangebote gegenüber einigen oder vielen (nicht aber notwendigerweise allen, Wohlers MK Rdn. 58) Anteilsinhabern namentlich bei Publikumskommanditgesellschaften. Angebot ist nicht im zivilrechtlichen Sinne der §§ 145 ff BGB zu verstehen, sondern kapitalmarkt- und prospektrechtlich, nämlich als (zivilrechtlich nur als invitatio ad offerendum einzuordnende) Mitteilung, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen enthält und den Anbieter in die Lage versetzt, über die Erhöhung der Einlage zu entscheiden (vgl. § 2 Nr. 4 WpPG); für diese weite Auslegung spricht auch die besondere Schutzbedürftigkeit dessen, der das Kapital bereits angelegt hat und durch die Mitteilung der Erhöhungsmöglichkeit unter besonderem Druck steht 55. Inhalt des Angebots muss die Erhöhung der Einlage auf den Anteil sein; auch das ist nicht zivil- und gesellschafts-, sondern kapitalmarktrechtlich zu verstehen, so dass z.B. das Angebot genügt, anderweitig zurückgegebene Anteile zu übernehmen oder ein partiarisches Darlehen auszuweiten.

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4. Da auf dem Grauen Kapitalmarkt Treuhandkonstruktionen keineswegs selten sind, bezieht § 264a Abs. 2 StGB Anteile an Treuhandvermögen in den Strafschutz ein; zivilrechtlich werden sie über § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG, künftig § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG erfasst. Es geht um Konstruktionen wirtschaftlicher (und zugleich steuerrechtlicher, BTDrucks. 10/318 S. 23) Mitunternehmerschaft bei Fehlen einer unmittelbaren zivilrechtlichen Verbindung des Anlegers zu dem das (die) Anlageobjekt(e) haltenden Unternehmen. Damit beschränkt sich Abs. 2 auf Fälle echter Treuhand, in denen das Unternehmen als Treunehmer die Vermögensanteile in eigenem Namen erwirbt und verwaltet, also dinglicher Vollrechtsinhaber wird, der nur schuldrechtlich verpflichtet ist, die Anteile für Rechnung des Anlegers als Treugeber zu erwerben und zu verwalten.56 Für die unechte (sog. Verwaltungs-) Treuhand gilt dagegen Abs. 1.57 Unternehmen i.S.v. Abs. 2 ist das Unternehmen des Treuhänders, das – anders als bei 53 Abs. 1 – nicht zwingend werblich am Markt tätig sein muss, sondern dessen Gegenstand sich auf Erwerb, Halten und Verwalten von Vermögensanteilen beschränken kann (und häufig beschränkt), die aus Beteiligungen an anderen Unternehmen bestehen. Paradigma ist die Treuhandgesellschaft mit beschränkter Haftung, die die Kommanditanteile an einer (oder mehreren) Publikumskommanditgesellschaft(en) für die Anleger hält, die im Innenverhältnis und steuerlich wie Kommanditisten behandelt werden, sich jedoch die Formalitäten des Beitritts ersparen. Auch Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzleien 58 und sogar einzelne Steuerberater und Rechtsanwälte können Unternehmen i.S.v. § 264a Abs. 2 StGB sein, da und soweit sie unternehmerisch in diesem Sinne tätig sein

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Dazu BTDrucks. 10/318 S. 24; Lackner/Kühl Rdn. 8; Park/Park Rdn. 26; Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 15; Cerny MDR 1987 275; Mehler S. 65; Pabst S. 37; v. Schönborn S. 32; Worms S. 337. BTDrucks. 10/318 S. 22; Bosch SSW Rdn. 9; Duttge HK-GS Rdn. 19; Fischer Rdn. 19; Hellmann NK Rdn. 23; Hoyer SK Rdn. 32; Lackner/Kühl Rdn. 4; Park/Park Rdn. 23; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 34; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 26; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht

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BT Rdn. 349; Garz-Holzmann S. 103; Knauth NJW 1987 31; Worms S. 320. Bosch SSW Rdn. 9; Duttge HK-GS Rdn. 19; Hellmann NK Rdn. 23; Hoyer SK Rdn. 32; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 34; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 26; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349; Worms S. 320. Park/Park Rdn. 23; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 6; Kaligin WPg 1987 357; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 28; Worms wistra 1987 242, 248.

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

können (verneinend für die „sporadische oder im Kapitalumfang geringfügige Übernahme einer einzelnen Treuhandfunktion“ Wohlers MK Rdn. 29). Das Treuhandvermögen muss nicht zwingend in Wertpapieren, Bezugsrechten oder 54 Anteilen i.S.v. Abs. 1 Nr. 1 (wohl aA Wohlers MK Rdn. 30), sondern kann in Vermögensgegenständen aller Art bestehen, sei es, dass die von den Anlegern eingezahlten Mittel unmittelbar zu deren Erwerb bestimmt sind, oder sei es, dass der Treuhänder Rechte erwirbt, kraft derer er sich für die Anleger eine Beteiligung am Ergebnis eines anderen Vermögens verschafft (BTDrucks. 10/318 S. 22). Daher fallen auch treuhänderisch verwaltete Warenterminsammelkonten und Warenterminfonds in den Anwendungsbereich des § 264a Abs. 2 StGB (zutr. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 27; Worms S. 318 f). Jedenfalls erfasst werden Treuhandbeteiligungen an Publikumskommanditgesellschaften wie Immobilienfonds (Knauth NJW 1987 31; Tiedemann JZ 1986 873) und sonstige geschlossene Fonds, aber auch an Abschreibungsgesellschaften und anderen wirtschaftlichen Unternehmungen, z.B. Fluggesellschaften und Reedereien.

IV. Tatmittel Kapitalanlagebetrug ist als solcher nur strafbar, wenn bestimmte Tatmittel, nämlich 55 Prospekte, Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand, benutzt werden. Auch an dieser Stelle enthält § 264a StGB keinen allgemeinen Tatbestand der irreführenden Werbung am Kapitalanlagemarkt, weshalb die Bezeichnung der Prospekte usw. als „Werbeträger“ 59 nicht glücklich erscheint, zumal sie die Streitfrage nach der Schriftlichkeit der Angaben (sogleich Rdn. 56 ff) zu präjudizieren geeignet ist. Noch wenig geklärt sind Sinn und Zweck der Beschränkung auf die genannten Tatmittel: Hat § 264a StGB an dieser Stelle den Missbrauch kapitalmarkt- und prospektrechtlich anerkannter Institutionen im Auge (mit der Folge, dass die Begriffe möglichst kapitalmarkt- und prospektrechtsakzessorisch auszulegen sind), oder sind die genannten Tatmittel für den Anlegerschutz von herausgehobener Bedeutung (mit der Folge, dass alle für Anleger herausgehoben bedeutsamen Unterlagen erfasst sind), oder handelt es sich um eine im Grunde unbegründete Einschränkung (die durch möglichst extensive Interpretation zu korrigieren ist)? Vorzugswürdig erscheint, die beiden zuerst genannten Aspekte zu verbinden und Tatmittel einzubeziehen, wenn sie – wie Prospekte im prospektrechtlichen Sinne – für einen durchschnittlich vorsichtigen Anleger auf dem betreffenden Anlagemarkt typischerweise hinreichende Grundlage seiner Anlageentscheidung sind. 1. Das Gesetz nennt an erster Stelle Prospekte. Dazu gehören unstreitig Prospekte 56 i.S.d. §§ 5 ff WpPG, §§ 8f ff VerkProspG, §§ 6 ff VermAnlG. Auf den prospektrechtlichen Prospektbegriff i.e.S. ist § 264a StGB aber nicht beschränkt (vgl. nur Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 18 m.w.N.). So kommt es nicht darauf an, ob der Prospekt vom Emittenten oder von Dritten, namentlich selbständigen Vertreibern, herrührt (BTDrucks. 10/318 S. 23). Was positiv unter Prospekten i.S.d. § 264a StGB zu verstehen ist, ist umstritten:

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So etwa Duttge HK-GS Rdn. 10; Fischer Rdn. 12; Hellmann NK Rdn. 29; Park/Park Rdn. 30; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 17; Wohlers MK Rdn. 49 vgl. Fn. 1;

Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 23; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 104; Rengier BT/1 § 17 Rdn. 10; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 103; Pabst S. 31; v. Schönborn S. 31.

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BGHSt 40 385, 388 hat (allerdings als obiter dictum im Zusammenhang mit der Frage nach der presserechtlichen Verjährung des Kapitalanlagebetrugs, s. unten Rdn. 126 f) die „formal-inhaltlichen Besonderheiten“ von Prospekten hervorgehoben und sie als „Werbeschriften“ charakterisiert, die „Angaben über die angebotene Kapitalanlage“ enthalten und „Anspruch auf Vollständigkeit“ erheben. Das entspricht der h.L., wonach Prospekte Schriftstücke sein sollen, die zum Zwecke der Information oder Werbung die für die Beurteilung der Kapitalanlage erheblichen Angaben vollständig enthalten oder zumindest den Eindruck eines solchen Inhalts erwecken sollen.60 Hieraus wird gefolgert, dass bei erkennbar lückenhafter Information kein Prospekt vorliege,61 also z.B. Anzeigen, Werbebriefe und „Kurzprospekte“ dem Tatbestand nicht unterfielen (vgl. nur Pabst S. 30). Insbesondere sollen Werbematerialien, die – wie es keineswegs selten der Fall ist – mit dem Hinweis versehen sind, dass sich weitere Informationen in anderen Unterlagen (namentlich in Prospekten im technischen Sinne) befinden, die auf Wunsch zugesandt werden oder sonst einsehbar sind (vgl. Geerds S. 323), in denen also ausdrücklich oder doch deutlich auf die Unvollständigkeit und das Vorhandensein wesentlicher Zusatzinformationen in weiteren Unterlagen hingewiesen wird, als bloße Werbeschreiben einzuordnen seinen,62 die ausschließlich unter § 16 UWG fallen sollen. Nur so könne sichergestellt werden, dass Vertriebsunternehmen außerhalb von Prospekten allgemein und informativ werben könnten, ohne in die Gefahr der Strafbarkeit nach § 264a StGB zu geraten (Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 31). Der h.L. ist im Anschluss an BGH NJW 2005 2242, 2244 zu widersprechen.63 Mit 58 Recht führt der 5. Strafsenat aaO aus, dass „Prospektangaben schon ihrer Funktion nach nicht auf Vollständigkeit angelegt sein können“, weil sie für den Anleger überschaubar bleiben und nur diejenigen wertbildenden Umstände enthalten müssen, die „nach den Erwartungen des Kapitalmarkts bei ihrer Investitionsentscheidung von Bedeutung sind“ (Herv. v. Verf.). Für das Vorliegen eines Prospekts genügt es mithin – ist es aber auch erforderlich –, dass die wesentlichen Informationen mitgeteilt werden, die für einen durchschnittlich vorsichtigen Anleger auf dem betreffenden Anlagemarkt typischerweise eine hinreichende Grundlage seiner Anlageentscheidung sind, und dass hierdurch erkennbar darauf abgezielt wird, Anlageentscheidungen unmittelbar herbeizuführen (wofür ein 60

Im Wesentlichen übereinstimmend BTDrucks. 10/318 S. 23; Bosch SSW Rdn. 10; Fischer Rdn 12; Hoyer SK Rdn. 19; Lackner/Kühl Rdn. 10; Park/Park Rdn. 31; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 18 (dagegen noch „mit Bedenken“ 26. Aufl. Rdn. 18); Wohlers MK Rdn. 50; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 83; Otto BT § 61 Rdn. 60; Pabst S. 30; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 346a; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 38; Cerny MDR 1987 271, 274; Jacobi S. 64; Joecks wistra 1986 142, 144; Knauth NJW 1987 28, 31; Martin S. 166; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 28; v. Schönborn S. 32; Worms S. 338 f; ders. wistra 1987 242, 274; tendenziell noch enger Hellmann/Beckemper Rdn. 7 und Hellmann NK Rdn. 26 „sämtliche für die Beurteilung […] erforderlichen Angaben“.

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Duttge HK-GS Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 10; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 25; Otto BT § 61 Rdn. 60; Kaligin WPg 1987 354, 358; Pabst S. 30; Worms S. 339. Kaligin WPg 1987 358; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 19; Worms S. 339. Duttge HK-GS Rdn. 8; Fischer Rdn. 12; Jacobi S. 64. – Vgl. auch Schmidt-Lademann WM 1986 1241 („jede Werbeschrift, die dem Verkauf dient“); Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 205 (auf das Element der „erheblichen Angaben“ verzichtend); diff. Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 25 (erkennbar lückenhafte Informationen nur dann unter § 264a StGB fassend, „wenn auf andere Unterlagen verwiesen wird, die der Anleger für eine endgültige Entscheidung über seine Beteiligung noch anfordern könnte“).

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Indiz sein kann, dass ein Zeichnungsbogen bzw. eine Beitrittserklärung enthalten oder beigefügt ist, zutr. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 32). Das ist zwar noch nicht der Fall, wenn „erkennbar nur ein Grundinteresse des Anlegers erweckt“ werden soll. Jedoch genügt eine Werbeschrift – unter Einbeziehung von elektronischen Schriften i.S.v. § 11 Abs. 3 StGB –, die kraft Mitteilung der wesentlichen Informationen „Grundlage für die Anlegerentscheidung sein soll“ (Samson SK4 Rdn. 23 mit Nachw. [anders, nämlich i.S. der h.L., nun Hoyer SK Rdn. 19]). Werden die wesentlichen Informationen mitgeteilt, so ändert ein ausdrücklicher oder deutlich erkennbarer Vorbehalt der Ergänzungsbedürftigkeit am Vorliegen eines Prospekts nichts (zutr. Richter VG 9/86 Gr. 4 S. 1313); die kenntlich gemachte Ergänzungsbedürftigkeit wird dann vielmehr zum Maßstab für die Beurteilung der Richtigkeit der Angaben und das Verschweigen nachteiliger Tatsachen. Dies entspricht insbesondere der Rechtslage bei § 265b StGB (vgl. Tiedemann LK Rdn. 66), bei dem der Kreditantrag nach der Verkehrsanschauung oder normativer Erwartung ebenfalls alle für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit wesentlichen Umstände enthalten soll. Deshalb können sog. Flyer durchaus Prospekte i.S.v. § 264a StGB sein (aA Chr. Schrö- 59 der Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 31), wenn sie nicht bloß Kundeninteresse wecken sollen, sondern das erforderliche Minimum wesentlicher Informationen beinhalten, die nötig sind, um eine Anlageentscheidung unmittelbar herbeizuführen. Richtigerweise ist auch das Vermögensanlage-Informationsblatt, wie es in § 13 VermAnlG vorgesehen ist, in den strafrechtlichen Prospektbegriff einzubeziehen. Es muss per definitionem „die wesentlichen Informationen“ (§ 13 Abs. 2 VermAnlG) über die Vermögensanlage enthalten; der Hinweis, dass der Anleger eine etwaige Anlageentscheidung auf die Prüfung des gesamten Verkaufsprospekts stützen sollte (§ 13 Abs. 3 Nr. 4 VermAnlG), ändert nichts daran, dass auch durchschnittlich vorsichtige Anleger mit Verkaufsprospekten im technischen Sinne nichts anfangen können; die eingeschränkten inhaltlichen Maßstäbe des § 13 VermAnlG sind vielmehr allein für die Richtigkeitsfrage von Bedeutung. Ad-hoc-Mitteilungen gem. § 15 WpHG enthalten hingegen in aller Regel keine ausreichenden Informationen, mag von ihnen auch ein erheblicher Anlageanreiz ausgehen (BGHZ 160 134, 144 = NJW 2004 2664, 2666 „Infomatec I“). Der Streit, ob im Rahmen der Finanzberichterstattung börsennotierter Gesellschaften veröffentlichte Unterlagen gem. §§ 37v ff WpHG Prospekte i.S.d. § 264a StGB darstellen, ist noch nicht entschieden (bejahend zu den gem. § 44b BörsG a.F. zu veröffentlichenden Zwischenberichten Schwark BörsG, 2. Aufl. 1994, Einl. § 88 Rdn. 5; krit. Chr. Schröder Kapitalmarkstrafrecht Rdn. 33; s. nunmehr auch Schwark in Schwark/Zimmer KMRK 4. Aufl. 2010, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 18 m.w.N.); es kann sich jedenfalls um Übersichten über den Vermögensstand handeln (s. noch unten Rdn. 63). 2. Nach h.L. ergänzt der Begriff der Darstellung denjenigen der Übersichten über den 60 Vermögensstand (sogleich 3.) und dient dazu, weitere, insbesondere mündliche, Verbreitungsformen einzubeziehen.64 Deshalb muss eine Darstellung „über den Vermögens-

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BTDrucks. 10/318 S. 23; Bosch SSW Rdn. 10; Fischer Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 10; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; Hellmann/Beckemper Rdn. 7; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 26; Maurach/Schröder/Maiwald I § 41 Rn. 182; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 104; Cerny MDR

1987 271, 274; Hagemann S. 241; Martin S. 167; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Schmidt-Lademann WM 1986 1241; krit. Weber NStZ 1986 481, 485; aA Hellmann, NK Rdn. 29; Hoyer SK Rdn. 20; Wohlers MK Rdn. 53.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

stand“ vorliegen, die Darstellung also auf den Vermögensstand bezogen sein (s. hierzu sogleich Rdn. 61). Hieraus ergibt sich das Erfordernis des Anspruchs auf eine gewisse Vollständigkeit (vgl. auch Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 146), weshalb an dieser Stelle der h.L. zuzustimmen ist, wonach die Darstellung den Eindruck einer gewissen Vollständigkeit vermitteln muss.65 Im Übrigen hat der Darstellungsbegriff keine technische Bedeutung (Fischer Rdn. 12), 61 sondern ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen (BTDrucks. 10/318 S. 23; Worms S. 339 m.w.N.). Er bezieht daher auch Ton- und Bildträger sowie Abbildungen ein, weiterhin moderne Präsentationsformen wie Vermittlung über Internetseiten, PDF-Dokumente, Podcasts oder Streamingvideos (Chr. Schröder Kapitmalmarkstrafrecht Rdn. 34; vgl. auch § 11 Abs. 3 StGB). Der Begriff ist § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zwar entlehnt, aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mit ihm gleichzusetzen, sondern weiter zu fassen (BTDrucks. 10/318 S. 23; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 34; dies verkennen Hoyer SK Rdn. 20 und Hellmann NK Rdn. 29). Ausreichend sind daher auch mündliche Darstellungen;66 Einschränkungen ergeben sich allerdings aus dem Erfordernis eines größeren Adressatenkreises (unten Rdn. 65); einzelne unrichtige mündliche oder schriftliche Erklärungen scheiden daher aus,67 so dass insbesondere der Telefonhandel regelmäßig nicht erfasst wird (krit. dazu Martin S. 166 ff und bereits Worms S. 339 f).

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3. Übersichten über den Vermögensstand sollen nach verbreiteter Ansicht Vermögensübersichten i.S.d. § 265b StGB sein.68 Dem ist zu widersprechen, da § 265b Abs. 1

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BGHZ 160 134 ff = NJW 2004 2664, 2665; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 83; Hellmann NK Rdn. 29; Park/Park Rdn. 32; Kindhäuser LPK Rdn. 9; Lackner/Kühl Rdn. 10; Wohlers MK Rdn. 53; Hellmann/Beckemper Rdn. 7; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 104; Otto BT § 61 Rdn. 60; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 209; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 34; v. Schönborn S. 31; Werner/Machunsky S. 313; Worms S. 339; Cerny MDR 1987 271, 274; Jacobi Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs S. 64; Martin S. 167; ders. wistra 1994 128; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Otto WM 1988 729, 739; Pabst S. 31; Park BB 2001 2069, 2074; Schmidt-Lademann WM 1986 1241; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 28; Worms wistra 1987 242, 274. – Joecks wistra 1986 142, 144 lässt unter diesem Aspekt (unter unrichtiger Berufung auf Möhrenschlager aaO) Werbefilme nur als Ergänzung eines schriftlichen Prospekts ausreichen (zust. Kaligin WPg 1987 354, 359). BTDrucks. 10/318, S. 23; Bosch SSW Rdn. 10; Duttge HK-GS Rdn. 11; Fischer Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 10; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 21; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 83; Jacobi S. 64; Joecks in Achen-

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bach/Ransiek X 1 Rdn. 26; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 182; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 104; Pabst S. 31; Schmid in MüllerGugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 209; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 34; Cerny MDR 1987 271, 274; Knauth NJW 1987 28, 31; Hagemann S. 241; Martin S. 167; ders. wistra 1994 127, 128; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Schlüchter S. 159; Schmidt-Lademann WM 1986 1241; Tiedemann JZ 1986 865, 873; Werner/Machunsky S. 313; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 37; Worms S. 339; Worms wistra 1987 242, 274; aA Hellmann NK Rdn. 29; Hoyer SK Rdn. 20; Wohlers MK Rdn. 53; Hellmann/ Beckemper Rdn 7. Bosch SSW Rdn. 11; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 27; ders. wistra 1986 142, 144; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Schlüchter S. 159; Worms S. 339 f. BTDrucks. 10/318 S. 23; Fischer Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 10; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 26; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 208; Cerny MDR 1987 271, 274; Kaligin WPg 1987 354, 358; Knauth NJW 1987 28, 31; Martin S. 166; Martin wistra 1994 127, 128; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206.

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Nr. 1a StGB von den Vermögensübersichten Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen trennt, die nach ganz h.L. auch (und gerade) unter § 264a StGB fallen.69 Mit Vermögensstand ist der Stand des Vermögens des Emittenten – genauer: des aus dem Wertpapier oder dem Bezugsrecht Verpflichteten oder des Unternehmens, dessen Anteile vertrieben werden – gemeint; auf den Vermögensstand des oder der Prospektverantwortlichen (mag dieser auch mit Blick auf eine mögliche zivilrechtliche Prospekthaftung für eine Anlageentscheidung erheblich sein) kommt es nicht an. Es muss sich somit um Informationen handeln, welche für die Beurteilung der künftigen wirtschaftlichen Lage und damit des Ertrags der Kapitalanlage von Bedeutung sind (Wohlers MK Rdn. 52). Das Erfordernis des Eindrucks einer gewissen Vollständigkeit ergibt sich bei der Übersicht bereits aus dem allgemeinen Wortsinn. Entgegen der wohl h.L. ist Schriftform auch hier nicht erforderlich,70 so dass auch mündliche bzw. multimediale Präsentationen auf sog. Roadshows vor einem Börsengang tatbestandsmäßig sein können; auf Vollständigkeit angelegte mündliche Übersichten werden aber eher selten sein. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften können diejenigen Berichte und Mitteilun- 63 gen, welche Gegenstand der wertpapierhandelsrechtlichen Finanzberichterstattung nach §§ 37v ff WpHG sind, Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft enthalten und stehen regelmäßig auch in einem Zusammenhang mit dem Vertrieb der jeweiligen Aktie auf dem Sekundärmarkt (s. bereits oben Rdn. 35). Dabei schließt der Bußgeldtatbestand des § 39 Abs. 2 WpHG die Strafbarkeit nach § 264a StGB nicht aus, da sich jener (anders noch als § 90 Abs. 1 Nr. 3 BörsG a.F.) nicht auf die inhaltliche Unrichtigkeit der Finanzberichterstattung bezieht (Heidelbach/Doleczik in Schwark/Zimmer KMRK § 39 WpHG Rdn. 40).

V. Tathandlung Mit der Tathandlung des Machens unrichtiger vorteilhafter Angaben oder dem Ver- 64 schweigen nachteiliger Tatsachen gegenüber einem größeren Kreis von Personen schließt § 264a StGB die Individualtäuschung durch individuelle Werbung oder Beratung aus seinem Anwendungsbereich aus. Vielmehr umschreibt der Tatbestand eine kollektive, qualifizierte und normativierte Täuschung in einem bestimmten Zusammenhang (oben Rdn. 29 ff) mit einem bestimmten Tatmittel (oben Rdn. 55 ff), und zwar über Umstände, die für die Entscheidung über die Kapitalanlage (Abs. 1 Nr. 1) oder über die Beteiligung an der Kapitalerhöhung (Abs. 1 Nr. 2) von Bedeutung sind. 1. Adressatenkreis. Kapitalanlagebetrug erschöpft sich nicht in einer Individualtäu- 65 schung, sondern muss „gegenüber einem größeren Kreis von Personen“ begangen werden, was nach § 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB dazu führt, dass kapitalerhöhungsbezogene

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Bosch SSW Rdn. 10; Hellmann NK Rdn. 28; Hoyer SK Rdn. 21; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 20; Wohlers MK Rdn. 51; Otto BT § 61 Rdn. 60; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 208; Martin S. 166 f; Pabst S. 31 Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 208; Cerny MDR 1987 271, 274; aA BTDrucks. 10/318 S. 23; Hellmann NK

Rdn. 28; Park/Park Rdn. 31; Wohlers MK Rdn. 53; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 26; Martin S. 167; Maurach/Schroeder/Maiwald BT I § 41 Rdn. 182; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 104; Otto BT § 61 Rdn. 60; Hagemann S. 241; Pabst S. 31; v. Schönborn S. 31; Worms S. 339; Martin wistra 1994 127, 128.

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Täuschungen praktisch nur bei Publikumsgesellschaften relevant werden.71 Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit des so (und ähnlich wie in § 16 Abs. 1 UWG) umschriebenen Adressatenkreises bestehen nicht (zutr. Wohlers MK Rdn. 54). Vielmehr lässt sich durch Auslegung ermitteln, dass der Adressatenkreis so groß sein muss, dass die Individualität der potenziellen Anleger gegenüber ihrem potenziell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt.72 Gemeinsame Gruppenmerkmale, etwa die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe, sind nicht erforderlich; auch ist unerheblich, ob die Umworbenen tatsächlich an der Kapitalanlage interessiert sind oder nicht. Für die Abgrenzung herangezogen werden kann auch das Merkmal der Öffentlichkeit bei der Geschäftslagetäuschung im Gesellschaftsstrafrecht (s. § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG und dazu Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 140 ff mit Nachw.). Nach diesen Maßstäben dürfte ein Kreis von 20 potenziellen Anlegern regelmäßig ein „größerer“ Kreis von Personen sein. Im Einzelnen erfasst sind öffentlich gemachte Angebote gegenüber einem zahlen66 mäßig unbestimmten Personenkreis wie im Falle der Medienwerbung namentlich über das Internet, aber auch durch das Auslegen oder Aushängen von Prospekten usw. in öffentlich zugänglichen Räumen wie z.B. Geschäftsräumen von Banken.73 Zudem ist die Direktwerbung durch Post, Fax, E-Mail u. dgl. erfasst, wenn sie massenhaft, mindestens gegenüber einem größeren Kreis von Personen erfolgt. Wie bei § 16 UWG (BGHSt 24 272 ff zu § 4 UWG a.F.) ist zudem die Werbung durch aufeinanderfolgende Einzelaktionen erfasst, z.B. per Telefon oder von Haus zu Haus74, wenn bestimmte, in ihrem sachlichen Gehalt gleichbleibende Aussagen wiederholt werden. Die angesprochenen Opfer sind hier dem Werbenden unmittelbarer und häufig wehrloser ausgesetzt als im Falle der schriftlichen Werbung (Tiedemann LK11 Rdn. 40 Vor § 263). Wirbt ein Steuerberater (bzw. ein Dritter im Zusammenwirken mit diesem) bei seiner Mandantschaft für eine Kapitalanlage, so kommt § 264a StGB bei entsprechender Größe des Mandantenkreises in Betracht (Pabst S. 29; zw. Joecks wistra 1986 144).

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Fischer Rdn. 17; Hellmann NK Rdn. 55; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 32; Möhrenschlager wistra 1982 206. BTDrucks. 10/318 S. 23; Fischer Rdn. 17; Hellmann NK Rdn. 53; Hoyer SK Rdn. 22; Kindhäuser LPK Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 11; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33; Maurach/Schroeder/Maiwald BT § 41 Rdn. 181; Otto BT § 61 Rdn. 56; Rengier BT § 17 Rdn. 10; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 38; Joecks wistra 1986 142, 144; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Otto WM 1988 729, 739; Tiedemann JZ 1986 865, 873; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16, S. 26, 28; krit. Worms S. 338; enger Cerny MDR 1987 271, 274, der nur „massenhafte“ Anlageangebote ausreichen lassen will; Bedenken wegen „Bestimmtheitsmängel[n]“ bei A/W-Heinrich § 21 Rdn. 88. Duttge HK-GS Rdn. 8; Fischer Rdn. 17; Hellmann NK Rdn. 43; Hoyer SK Rdn. 22;

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Kindhäuser LPK Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 11; Wohlers MK Rdn. 55; Hellmann/ Beckemper Rdn. 13; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 30; Mitsch BT II/2 § 3 Rdn. 105; Pabst S. 28; Park/Park Rdn. 15; Schlüchter S. 160; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 201; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 18 Rdn. 38; Knauth NJW 1987 28, 31; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Park BB 2001 2069; Schniewind/ Hausmann BB 1986 Beilage 16, S. 26, 28. Fischer Rdn. 17; Hellmann NK Rdn. 54; Hoyer SK Rdn. 22; Lackner/Kühl Rdn. 11; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 33; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 88; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 30; Otto BT § 61 Rdn. 56; Rengier BT I § 17 Rdn. 10; Knauth NJW 1987 28, 31; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Pabst S. 28; Tiedemann JZ 1986 865, 873; Worms S. 338. Vgl. zu § 16 UWG Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 230.

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2. Täuschungsgegenstand. Gegenstand der Täuschung müssen anlageentscheidungs- 67 erhebliche Umstände sein: Die gemachten Angaben oder die verschwiegenen Tatsachen müssen sich auf Umstände beziehen, die für die Entscheidung über den Erwerb des Anlageobjekts oder die Erhöhung der Einlage erheblich sind. Die Unbestimmtheit dieser Gesetzesformulierung geht darauf zurück, dass der von § 264a StGB intendierte Anlegerschutz rechtsformunabhängig ist, so dass eine ausdrückliche oder konkludente Verweisung auf Voraussetzungen und Inhalt einzelner Handelsgesellschaftsgesetze (vgl. z.B. § 399 Abs. 1 AktG) nicht in Betracht kam (BTDrucks. 10/318 S. 24); ein geschriebenes Prospektrecht wie heute gab es damals noch nicht. Heute bietet demgegenüber das Prospektrecht wesentliche Anhaltspunkte für die 68 Konturierung des Erheblichkeitsmerkmals, das so im Wesentlichen normativ (außerstrafrechtlich) festgelegt ist, wie es die Kritik an § 264a StGB seit langem gefordert hat (vgl. nur A/W-Heinrich § 21 Rdn. 86). Für (namentlich börsennotierte) Wertpapiere maßgeblich ist das WpPG i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 (oben Rdn. 6; im Folgenden: EU-ProspektVO). Für andere Vermögensanlagen und insbesondere Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, sind §§ 8f ff VerbrProspG, das VermAnlG i.V.m. der VermVerkProspVO maßgeblich (oben Rdn. 7); s. weiterhin § 137 InvG zum Pflichtinhalt für Verkaufsprospekte betreffend ausländische Investmentanteile. Pflichtangaben nach Prospektrecht sind grundsätzlich auch strafrechtlich gesehen erheblich, und zwar auch dann, wenn sie scheinbar Formalien betreffen (wie z.B. Datum der Unternehmensgründung oder Nummer des Registereintrags, § 5 Nrn. 2 u. 5 VermVerkProspVO), die vorsätzlich unrichtig anzugeben oder zu verschweigen allerdings im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt fehlender Vor- oder Nachteilhaftigkeit straflos sein kann (näher Rdn. 79). Zwar ist der prospektrechtliche Pflichtinhalt strafrechtlich gesehen nicht schlechterdings abschließend, und es können im Einzelfall auch andere als Pflichtangaben anlageerheblich i.S.v. § 264a StGB sein; jedoch ist dies eine Ausnahme, und das Weglassen von Angaben, die nicht zu den Pflichtangaben zählen, ist regelmäßig straflos. Demgegenüber besteht bei vorsätzlich gemachten unrichtigen Angaben über Umstände, die nicht zu den prospektrechtlichen Pflichtangaben zählen, aller Anlass, die Anlageentscheidungserheblichkeit nachzuprüfen, weil derartige Unwahrheiten häufig nicht grundlos in die Welt gesetzt werden. Auch im Übrigen ist der Rückgriff auf außerstrafrechtliche Grundsätze und Kriterien 69 des Prospektrechts i.w.S. geeignet, die strafrechtliche Erheblichkeit zu konkretisieren. Zu berücksichtigen ist namentlich die Zivilrechtsprechung zur Prospekthaftung;75 einschlägig sind aber auch die Checklisten und Prüfungskataloge (der Wirtschaftsprüfer) zu Kapitalanlagen als – nicht verbindliche – Indizien für die strafrechtlich erforderliche Gesamtwürdigung.76 Gewiss räumen die Checklisten den einzelnen Daten häufig einen

75

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BTDrucks. 10/5058 S. 31; Bosch SSW Rdn. 17; Lackner/Kühl Rdn. 13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 32; Wohlers MK Rdn. 45; Brenner Kriminalistik 1987 66, 68 f; Cerny MDR 1987 271, 277; Geerds S. 228 f; Jaath FS Dünnebier S. 583, 608 f; Joecks wistra 1986 142, 146 f; Kaligin WPg 1987 354, 362; Mutter NStZ 1991 421; Tiedemann JZ 1986 865, 873; Worms S. 332. BTDrucks. 10/5058 S. 31; Fischer Rdn. 16; Lackner/Kühl Rdn. 13; Wohlers MK

Rdn. 45; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 203; Geerds S. 228 f; Grotherr DB 1986 2548, 2588; Jaath FS Dünnebier S. 583, 608 f; Kaligin WPg 1987 354, 362; Möhrenschlager wistra 1982 201, 206; Worms S. 332; s. auch „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Durchführung von Projektprüfungen“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW Standard) bei Ebke MK § 217 HGB Rdn. 22 ff.

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unterschiedlichen und nicht selten nur empfehlenden Stellenwert ein und erfassen auch rein formale Aspekte.77 Jedoch ist diese Bandbreite für die Handhabung des § 264a StGB insgesamt unschädlich, da es sich nur um Anhaltspunkte und Prüfraster handelt, die dem Strafrichter einen Zugang zum Problem geben, aber nicht strafrechtlich verbindlich sind.

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a) In strafrechtlicher Hinsicht gilt zunächst – negativ –, dass rein formale oder Bagatellen betreffende Umstände nicht anlageentscheidungserheblich i.S.v. § 264a StGB sind.78 Darüber hinaus ist eine restriktive Auslegung in dem Sinne geboten, dass nur eindeutig anlageentscheidungserhebliche Umstände erfasst werden, über deren Erheblichkeit für die Anlageentscheidung bei dem in Rede stehenden Anlageobjekt Sachkundige nicht unterschiedlicher Meinung sein können.79 Für die Anlageentscheidung erheblich sein können nur wertbildende Umstände (BGH 71 NJW 2005 2242, 2244), nämlich solche, die Einfluss auf den Wert, die Chancen und Risiken der Kapitalanlage haben (ähnlich Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 51). In diesem Sinne ist der für die Erheblichkeit maßgebliche Anleger (s. sogleich Rdn. 73) ein homo oeconomicus. Über die Reichweite dieser Einschränkung herrscht allerdings Streit: Auf der Grundlage eines betont vermögensrechtlichen Verständnisses des § 264a StGB neigt ein Teil des Schrifttums dazu, alle konkreten Umstände des individuellen Einzelfalls einzubeziehen und auf dieser Grundlage die Werthaltigkeit der konkreten Beteiligung am jeweiligen Anlageobjekt zu prüfen.80 Diese Auffassung verlagert die von § 263 StGB bekannten (Schadens- und Nachweis-)Probleme (oben Rdn. 4 und 11) voll in den Tatbestand des § 264a StGB. Zutreffend ist es demgegenüber, zwar auf die Eigenart der konkreten Kapitalanlageform abzustellen (Rössner/Worms BB 1988 94); so sind etwa bei Abschreibungsgesellschaften die Umstände, die für die zu erwartende Steuerersparnis ausschlaggebend sind, von besonderer Bedeutung für die Anlageentscheidung (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 32). Jedoch steht es der hier mit der h.M. bejahten Kapitalmarktschutzfunktion des Straftatbestandes entgegen, mit Joecks (wistra 1986 146) zu fordern, dass die Angabe auch im konkreten Fall den Entschluss des Anlegers konkret beeinflusst hätte. Damit würde das Merkmal der Erheblichkeit zu einer „hypothetischen Kausalität“ (so treffend v. Schönborn S. 37), die in Verbindung mit dem in dubio pro reo-Grundsatz den Tatbestand leerlaufen ließe. Das Merkmal stellt vielmehr auf die Eignung zur Wertbeeinträchtigung ab und zielt – über die Marktwertrelevanz – auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Information über die Grundlagen der Anlageentscheidung. Hierzu können auch Umstände gehören, die als solche keinen unmittelbaren

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Park/Park Rdn. 13; Samson/Günther SK5 Rdn. 38; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 31; Cerny MDR 1987 271, 277; Gallandi wistra 1987 316, 317; Gäbhard S. 71 f; Jacobi S. 223 (krit. zur Abgrenzung von rein formellen und entscheidungs-/vermögensrelevanten Angaben); Joecks wistra 1986 142, 146; v. Schönborn S. 40. Duttge HK-GS Rdn. 7; Hellmann NK Rdn. 59; Lackner/Kühl Rdn. 13; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 30; Wohlers MK Rdn. 45; Otto BT § 61 Rdn. 52; Cerny MDR 1987 271, 277; Gäbhard S. 104; Geerds S. 229; Joecks wistra 1986 142, 146;

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Kaligin WPg 1987 354, 362; Rössner/Worms BB 1988 93, 94; Tiedemann JZ 1986 865, 873 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349b; v. Schönborn S. 40; Ziemann JR 2006, 248, 252. Lackner/Kühl Rdn. 13; Cerny MDR 1987 271, 275; Joecks wistra 1986 142, 145; Pabst S. 20 ff; Tiedemann JZ 1986 865, 873 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349a m.w.N. Hoyer SK Rdn. 34; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 32; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 48 f; Cerny MDR 1987 271, 277; Joecks wistra 1986 142, 146; Pabst S. 22; dagegen ausführlich Gäbhard S. 85 ff.

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Vermögensbezug haben wie z.B. der Sitz des Unternehmens, das Datum seiner Gründung usw. (Gäbhard S. 86 f). Die Erheblichkeit ergibt sich insoweit daraus, dass auch solche Umstände je nach Einzelfall – z.B. bei Sitzverlegung in ein für die Geschäftstätigkeit ungünstiges Land – Vermögens- oder – z.B. in Gestalt der Nummer der Registereintragung oder der Anschrift der Unternehmensorgane – beweiserhebliche Bedeutung haben können. Anlageethische oder Minderheits-Ansichten zu außer-vermögensmäßigen (ideellen) Gesichtspunkten dürften allerdings erst dann erheblich sein, wenn sie kurs- bzw. marktrelevant werden (können). Weiterhin sind nur anlagebezogene Umstände in dem Sinne erfasst, dass sie der jewei- 72 ligen konkreten Anlageform innewohnen müssen. Namentlich schützt § 264a StGB das Vertrauen der (potentiellen) Anleger, über atypische, spezielle Risiken der konkreten Anlageform aufgeklärt zu werden (Geerds S. 222; Gäbhard S. 102 ff). Nicht erfasst sind hingegen rein marktbezogene Umstände. So kann der (potentielle) Anleger keine Aufklärung über allgemeine Marktrisiken oder -prognosen erwarten, wohl aber über das konkrete Marktumfeld einer konkreten Kapitalanlage, da und soweit es für deren Rendite erheblich ist (z.B. Charternachfrage bei Schiffsbeteiligungen). b) Das Erheblichkeitsurteil ist nach dem Maßstab eines verständigen, durchschnitt- 73 lich vorsichtigen Kapitalanlegers zu treffen, in dessen Rolle sich der Herausgeber des Prospekts (usw.) zu versetzen hat (BGH NJW 2005 2242, 2244).81 Das ist ein objektivierter Maßstab, kein subjektiver, der alle möglichen Anlegerinteressen berücksichtigt; ein derartiger Maßstab wäre nicht zuletzt für die Normadressaten des § 264a StGB nicht handhabbar. Er zielt auf das Anlegerpublikum, das allzu weit gehende, zu umfängliche Informationen nicht mehr überschauen könnte und nur an dem interessiert ist, was für ihre Investitionsentscheidung wirklich von Bedeutung ist (BGH aaO mit Verweis auf LK11 Rdn. 49). – Eine im Schrifttum vertretene Gegenauffassung will demgegenüber auf den Maßstab eines ordentlichen Vertreibers oder Vermittlers von Kapitalanlagen abstellen und weist u.a. darauf hin, dass mit der Kapitalanlage unterschiedliche Zwecke verfolgt werden und wegen der Unterschiedlichkeit der Risiken nicht auf einen durchschnittlich vorsichtigen Anleger, sondern auf die Erwartungen des Kapitalmarkts im Hinblick auf den jeweils angebotenen Anlagewert abzustellen sei.82 Ähnlich will Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 56 den Maßstab dem jeweiligen Verkehrskreis der konkreten Anlage entnehmen, da ein durchschnittlich risikofreudiger Anleger eine besonders riskante Anlage überhaupt nicht zeichnen würde. Demgegenüber ist zu erinnern, dass alle Anlageformen allen Anlegern zugänglich sind. Würde man zulassen, dass sich Prospekte von vornherein an ausgewählte Verkehrskreise, z.B. bei riskanten Anlageformen an risikofreudige Anleger, richten und deshalb Angaben, die diesem Verkehrskreis bekannt und für ihn unerheblich sind, weggelassen werden dürfen, so bestünde die Gefahr, dass der unerfahrene Durchschnittsanleger diese Anlage zeichnet, weil er das Risiko unterschätzt. Da in diesem Falle auch der nicht risikofreudige Anleger zum Ver81

BTDrucks. 10/318 S. 24; BGHSt 30 285, 293 zu § 265b StGB; Hellmann NK Rdn. 61; Lackner/Kühl Rdn. 13; Wohlers MK Rdn. 43; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 46; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 41 Rdn. 181; Otto BT § 61 Rdn. 51; Gäbhard S. 101; Knauth NJW 1987 28, 31; Pabst S. 21; Pleyer/Hegel ZIP 1987 79, 82.

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Fischer Rdn. 16; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 32; Cerny MDR 1987 271, 277; Rössner/Worms BB 1988 93, 94; Worms S. 334. Die Kriterien kumulierend Bosch SSW Rdn. 17. Ziemann JR 2006, 248, 251 f versteht auch die Ansicht des BGH als Kumulation der „verobjektivierten Betrachtungsweise“ mit dem Kriterium der „Erwartungen des Kapitalmarkts“.

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kehrskreis der Anlage gehörte, zeigt sich, dass die Argumentation der Gegenauffassung letztlich zirkulär ist. – Im Übrigen sind die geschilderten Ansichten nicht so gegensätzlich wie es zunächst scheint. Ihre Verbindung ist schon in BTDrucks. 10/318 S. 24 angedeutet: Beide scheiden übereinstimmend Bagatellunrichtigkeiten und -risiken aus (oben Rdn. 70) und orientieren die Auslegung am Schutzzweck des § 264a StGB, der freilich einerseits eher am Anlegervermögen und andererseits zusätzlich (oder primär) am Schutz des Kapital(anlage)markts ausgerichtet wird (oben Rdn. 23 ff). In jedem Fall erscheint als sicher, dass sowohl der „durchschnittliche Kapitalanleger“ als auch der „ordentliche Vertreiber von (und Werber für) Kapitalanlagen“ Maßfiguren sind, deren praktische Handhabung zusätzliche Kriterien voraussetzt, mag man auch nicht so weit gehen wollen, dass die Argumentation mit einer Maßfigur „für den Tatrichter in Wahrheit keinen Maßstab aufstellt, sondern diesen auf die Suche nach einem solchen schickt“ (Chr. Schröder Kapitalmarkstrafrecht Rdn. 52). Da sich die von § 264a StGB gemeinten Angaben ganz überwiegend nicht an ein 74 fachkundiges, sondern an das allgemeine Publikum wenden, müssen Darstellungsstil und Sprache diesem Adressatenkreis entsprechen.83 Daher reicht eine für Fachkundige einsichtige Verschlüsselung der Beurteilung ebensowenig aus (BGH [ZS] NJW 1982 2823, 2824) wie die Verwendung von Rechtsbegriffen, die im Ausland eine andere Bedeutung haben (Pabst S. 23 f; vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 3 VermVerkProspV). Entsprechend dem genannten Adressatenkreis kann auch – insoweit trotz der Kapitalmarktschutzfunktion – nicht der Maßstab eines bilanzkundigen Lesers angelegt werden (Gäbhard S. 100 f; Worms S. 334; weitergehend möglicherweise BGH aaO). Insgesamt ist zu vermeiden, dass der Prospekt usw. durch eine Flut von erheblichen und nicht erheblichen Informationen unüberschaubar und so entgegen dem Schutzzweck des § 264a StGB intransparent wird (BGH NJW 2005 2242, 2244; Chr. Schröder Kapitalmarkstrafrecht Rdn. 52). Unter dem Vorbehalt, dass stets die konkrete Art der Kapitalanlage maßgeblich zu 75 berücksichtigen ist, und unter Hinweis auf die Unterscheidung zwischen positiven Angaben und Verschweigen von Umständen (s. unten Rdn. 76 ff und 85 ff), kann folgender Kriterienkatalog für die Konkretisierung der anlageentscheidungserheblichen Umstände im Hinblick auf wesentliche Umstände und spezielle Risiken wichtiger Prüffelder von Nutzen sein (wobei Hinweise auf einzelne Vorschriften über den Vertrieb von Wertpapieren selbstverständlich nur für diese Anlageform unmittelbar gelten): Art der Kapitalanlage, insbesondere Angaben zum Anlageobjekt, zur finanziellen Konzeption und zum Stand der Realisierung (Schmid in Müller-Gugenberger § 27 Rdn. 224; eingehend Gäbhard S. 31 ff, 116 f, 150 ff; vgl. § 4 Nr. 1 VermVerkProspV); Aufsichtsorgane: Darstellung einer angemessenen Kontrolle (Gäbhard S. 27, 138 ff) und jedenfalls des Fehlens einer Kontrolle der Mittelverwendung (Geerds S. 224); Angabe von Namen und Anschrift der Aufsichtsorgane (§ 12 Abs. 1 VermVerkProspV); Auslandsinvestition: Angabe der in § 137 InvG genannten Umstände, jedoch mit Ausnahme von Bagatellen und Formalien; insbesondere Hinweis auf rechtliche oder steuerliche Spezialregelungen des Auslands (Geerds S. 225); Hinweise zu einem konkreten Inflationsrisiko im Ausland (str., s. Geerds S. 224 mit Nachw.); weitergehend (Angabe auch zu den Absatzchancen und zur Auslandserfahrung des Managements) Gäbhard S. 38, 117, 165 f; Knauth NJW 1987 31; Angabe der ausländischen Quellenabzugsteuer

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Worms S. 334; aA Wittmann DB 1980, 1579, 1583 (Prospekte seien in fachbezogener Sprache und Begrifflichkeit zu halten).

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(§ 4 Nr. 2 VermVerkProspV; s. hierzu Maas in Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, VermVerkProspV § 4 Rdn. 34); Ertragsfähigkeit mit realistisch-vorsichtiger Prognose auf der Grundlage inhaltlich richtiger Bilanzen (Gäbhard S. 36 ff; enger Geerds S. 225 und Grotherr DB 1986 2589; vgl. § 10 VermVerkProspV); s. auch Rendite; Fähigkeiten der Initiatoren und deren Seriosität, sowie der mit dem Projekt verbundenen Unternehmen, insb. Mitteilung über strafrechtliche Ermittlungsverfahren (Schmid in Müller-Gugenberg/Bieneck § 27 Rdn. 212); Firma des kapitalsuchenden Unternehmens, insbesondere unter Abgrenzung zu gleichen und ähnlichen Firmen (Gäbhard S. 26, 115, 119; § 5 Nr. 1 VermVerkProspV); Fremdfinanzierung bei Abweichung vom marktüblichen Verlauf (Gäbhard S. 30); Geschäftsführungsorgane: Angabe von Namen und Anschrift erforderlich (§ 12 Abs. 1 VermVerkProspV); Geschichte des kapitalsuchenden Unternehmens mit Darstellung insbesondere von Umgründungen und Konzernzugehörigkeit (Gäbhard S. 26, 115, 160; vgl. auch § 5 Nrn. 2, 6 VermVerkProspV); Gewinnausschüttung mit Angaben zu Nutzen und Ertrag der Anlage (Gäbhard S. 133 f; str., vgl. Geerds S. 225 mit Nachw.; enger insbes. Grotherr DB 1986 2589); Immobilien: Hinweise auf besonders hohe Belastungen und/oder schwierige Vermietbarkeit erforderlich (Geerds S. 223 mit Nachw.; Grotherr DB 1986 2589); Innenprovision: Offenlegungspflicht nach § 4 Nr. 12 VermVerkProspV, da eine hohe Provision darauf hinweisen kann, dass der Erfolg der Vermögensanlage am Markt als nicht besonders hoch bewertet wird (BGHZ 158 110, 118; BGH WM 2004, 631: < 15 %; wohl überholt Geerds S. 226 f mit Nachw., wonach keine Offenbarungspflicht bestehen soll, wenn die Innenprovision aus der Sicht des Anlegers sinnvoll ist, etwa wegen Ermöglichung einer höheren Verlustzuweisung); Kapitalverhältnisse des Unternehmens (§ 6 VermVerkProspV); s. auch wirtschaftliche Lage; Konzernzugehörigkeit mit Darstellung der Haftungsverhältnisse (Gäbhard S. 26 f, 115; § 5 Nr. 6 VermVerkProspV); Kontrolle s. Aufsichtsorgane; Kreditgewährung mit Klarstellung, ob zivilrechtlich gültig oder bloße Exspektanz (Gäbhard S. 30); Liquidität: Schwierigkeiten müssen mitgeteilt werden (Brenner Kriminalistik 1987 69 mit Nachw.); s. auch wirtschaftliche Lage; Nebenkosten: Angabe jedenfalls bei atypischer, eine seriöse Kalkulation überschreitender Höhe erforderlich (Geerds S. 227 f mit Nachw.); Option s. Warentermingeschäfte; Rechtsform und Sitz (§ 5 Nrn. 1, 3 VermVerkProspV) des Emittenten (als Anhaltspunkt für die Sicherheit oder Risikoträchtigkeit der Kapitalanlage und für das Ausmaß der Haftung des Anlegers) sowie Rechtsstellung des Anlegers (Kündigungsmöglichkeiten und andere Fragen der Beendigung der Geschäftsbeziehung, Schwerpunkt im Bereich der Gewinnausschüttung oder der steuerbegünstigten Verluste, Übertragbarkeit der Anlage; vgl. Gäbhard S. 15 Fn. 13, S. 115, 128 ff, 134 ff, 159; Geerds S. 224 f; § 4 Nr. 3 VermVerkProspV); Registergericht mit Angabe der Eintragungsnummer (§ 5 Nr. 5 VermVerkProspV);

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Rendite: Korrekter finanzmathematischer Ausweis erforderlich (Tiedemann JZ 1986 873; näher Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 228 ff); Risiken spezieller Art (z.B. bei Auslandsinvestitionen oder in bestimmten Branchen; Gäbhard S. 38 f, 91 ff, 142 ff; Knauth NJW 1987 31); Sachverständige (Prüfer): Benennung für bestimmte Aussagen muss durch Kennzeichnung ihrer Vertrautheit mit den Umständen des Unternehmens ergänzt werden (Gäbhard S. 25); Angabe der Abschlussprüfer (§ 11 VermVerkProspV); Sicherheiten des kapitalsuchenden Unternehmens (Knauth NJW 1987 31) mit Angaben zu Dauer, Wert und Umfang des Schutzes (Gäbhard S. 44 f, 55 f, 136 ff, 140 f); Totalverlustrisiko: Hinweis auf Abdeckung eines Teilrisikos durch Versicherer ist irreführend, wenn ein Versicherer nur mit Schwierigkeiten gefunden werden kann und dieser nicht den Totalverlust abdeckt (OLG München v. 18.7.2007 – 20 U 2052/07 „Cinerenta III“) Treuhänder: Angaben zu Person, Berufserfahrung und sonstiger Qualifikation sowie Unparteilichkeit erforderlich (Gäbhard S. 43 f); Verantwortliche (Vorstand, Repräsentant) des kapitalsuchenden Unternehmens (§ 12 Abs. 1 VermVerkProspV; Knauth NJW 1987 31), erforderlichenfalls mit Angabe zu strafrechtlichen Verurteilungen (Gäbhard S. 27 f, 147 ff; etwas enger Geerds S. 225; zw. Tiedemann JZ 1986 873); Verflechtungen personeller und kapitalmäßiger Art ab einer bestimmten Einflusshöhe sowie bei Kontroll- und anderen Interessenkonflikten (BGH [ZS] ZIP 2010 1801, 1804 mit Nachw.; Gäbhard S. 40 f, 116; Geerds S. 226; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 213; Tiedemann JZ 1986 873; vgl. § 7 VermVerkProspV); Vertragspartner: Angabe jedenfalls bei Maßgeblichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und bei Ausfallbürgschaften sowie bei beabsichtigter Ertragsverteilung erforderlich (Gäbhard S. 30, 117, 162 ff; Geerds S. 225 f); Verwendungsbindungen von Anlagekapital und Erträgen (Knauth NJW 1987 31); Verwendungsmöglichkeit des Anlageobjekts im Hinblick auf das Anlageziel (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 VermVerkProspV; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 225), z.B. möglicherweise fehlende Genehmigungen oder lärmschutzrechtliche Auflagen bei Nutzung von Windparks; Vorstrafen: Wenn zahlreich und zumindest zum Teil einschlägig, Angabe jedenfalls dann, wenn sie denjenigen betreffen, der „auf das Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des Anlagemodells entscheidenden Einfluss“ ausübt (KG[Z] wistra 2011 358 [ff]); die persönliche Zuverlässigkeit ist für die Beurteilung des Risikos einer Vermögensgefährdung durch zweckwidrige Verwendung der Anlagegelder „von zentraler Bedeutung“ (KG aaO); Warentermingeschäfte: jedenfalls keine Verharmlosung des Risikos (Gäbhard S. 39), aber auch keine umfassende Aufklärung über das hohe Risiko (Geerds S. 223 f); Wirtschaftliche Lage des kapitalsuchenden Unternehmens: regelmäßig Offenlegung der wesentlichen Aktiva und Passiva i.S.d. § 266 HGB erforderlich (Gäbhard S. 28 f, 116, 160 ff; § 10 VermVerkProspV); Darstellung nicht nur eines Umsatzjahres als besonders schlecht, wenn schon die Vorjahre schlechte Umsätze aufwiesen (Brenner Kriminalistik 1987 69 mit Nachw.).

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3. Machen unrichtiger vorteilhafter Angaben. Die erste Tatalternative betrifft die Begehung durch Tun und entspricht derjenigen des § 265b Abs. 1 Nr. 1b StGB (dazu Tiedemann LK Rdn. 84 ff). Allerdings ist das dort vorausgesetzte Merkmal der Schriftlichkeit für § 264a StGB nicht zwingend erforderlich (oben Rdn. 60 und 62).

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a) Die gemachten Angaben müssen sich auf anlageentscheidungserhebliche Umstände 77 beziehen (s. oben Rdn. 67). Hieraus – und auch im Gegenschluss zur zweiten Handlungsalternative – folgt, dass Gegenstand der Angaben nicht zwingend (äußere und innere) Tatsachen sein müssen, sondern dass (Wert-)Urteile, Meinungsäußerungen und Prognosen im Grundsatz einbezogen sind.84 In jedem Falle und unstreitig sind insbesondere Liquiditäts- und Finanzierungsberechnungen, Angaben zur Vermietbarkeit und andere Rentabilitätsaussagen einbezogen. b) Unrichtig sind Angaben, wenn sie den objektiven Gegebenheiten nicht entspre- 78 chen, nämlich nicht vorhandene Umstände als vorhanden oder vorhandene Umstände als nicht vorhanden bezeichnen (BTDrucks. 10/318 S. 24; Tiedemann JZ 1986 873). Die Unrichtigkeit ist objektiv zu bestimmen; allerdings sind Auffassung und Verständnis des angesprochenen Personenkreises mit zu berücksichtigen (Worms S. 327 f mit Nachw.; krit. Wohlers MK Rdn. 33). Abzustellen ist auf das Gesamtbild der Angaben (BGH [ZS] NJW 1982 2823, 2824 und ZIP 2007 1993); Angaben können daher auch dann unrichtig sein, wenn je für sich richtige Angaben bewusst und zweckgerichtet in einer Art und Weise präsentiert werden, dass ein unrichtiges Gesamtbild entsteht. Bei Werturteilen und Prognosen, z.B. Renditeberechnungen oder Ratings, liegt Unrichtigkeit jedenfalls dann vor, wenn die der Beurteilung oder Zukunftserwartung zugrunde liegenden (gegenwärtigen) Tatsachen nicht zutreffen (Tiedemann LK § 265b Rdn. 65). Darüber hinaus ist Unrichtigkeit aber auch anzunehmen, wenn die Bewertung schlechterdings nicht mehr vertretbar ist (z.B. prognostizierte Mietsteigerungen gesetzlich nicht durchsetzbar sind: Werner/Machunsky S. 312), zukunftsbezogene Angaben, z.B. zu Gewinnchancen oder erzielbarer Steuerersparnis, bei objektiver Beurteilung der Tatsachen nicht aus diesen gefolgert werden können (Tiedemann LK aaO mit Nachw.)85 oder allgemein ein Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegt (vgl. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 44). Dabei ist zu beachten, dass eine Prognose nicht schon deshalb pflichtwidrig war, weil sie durch die spätere Entwicklung widerlegt wird, da jeder Prognose ein Unsicherheitsfaktor innewohnt; vielmehr ist grundsätzlich ein Maßstab aus der Sicht ex ante anzulegen (Chr. Schröder Kapitmalmarktstrafrecht Rdn. 43, 45; zu Ausnahmen Tiedemann aaO). Unvertretbar sind auch Werturteile und Prognosen, die nicht (hinreichend) auf Tatsachen gestützt sind, sondern „ins Blaue hinein“ gemacht werden. Mit Recht geht die Zivilrechtsprechung davon aus, dass sich der Anleger hinsichtlich der günstigen Darstellung der Zukunftsaussichten eines Anlageprojektes in einem Prospekt darauf verlassen darf, dass es sich hierbei nicht um „bloße Mutmaßungen handelt, sondern um Schlussfolgerungen aus nachprüfbaren Tatsachen oder Wertfeststellungen, die auf einer sorgfältigen Analyse aller hierfür maßgebenden Voraussetzungen be-

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Bosch SSW Rdn. 15; Fischer Rdn. 14; Lackner/Kühl Rdn. 12; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 24 (zu den Vorbehalten vgl. sogleich im Text Rdn. 78); A/W-Heinrich § 21 Rdn. 82; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 35; Rengier BT I § 17 Rdn. 10; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349a; Cerny MDR 1987 271, 276; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 7; Worms S. 325; einschränkend Otto BT § 61 Rdn. 47 und WM 1988 729, 737, der Bewertungen und Prognosen nur unter den Angabenbegriff fasst, „soweit

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sie nicht erkennbar als bloße Meinungsäußerung oder Werturteil ohne jeglichen Tatsachenkern abgegeben werden“; aA Hellmann NK Rdn. 32 f. Hellmann NK Rdn. 39; Hoyer SK Rdn. 16; Wohlers MK Rdn. 33; Otto BT § 61 Rdn. 47 f; Cerny MDR 1987 271, 276; Geerds S. 215; Grotherr DB 1986 2548, 2586; Joecks wistra 1986 142, 146; Kaligin WPg 1987 354, 361; Pabst S. 16; Rössner/ Worms BB 1988 93, 94.

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ruhen“ (BGH NJW 1982 2823 ff). Ergänzend wird im Schrifttum angenommen, in solchen Fällen werde (konkludent) die unrichtige Tatsache der Richtigkeit des Werturteils bzw. der Prognose behauptet (Cerny MDR 1987 276) oder der „Anspruch auf Verbindlichkeit“ einer Aussage bei fehlender Nachprüfbarkeit durch den Anleger enttäuscht (so Pabst S. 13). Als solche erkennbare Anpreisungen ohne jeden Tatsachenbezug scheiden aus § 264a 79 StGB allerdings aus (Worms S. 326).86 Weitergehend will ein Teil des Schrifttums 87 – möglicherweise in Anknüpfung an die zivilrechtliche Prospekthaftung – solche Falschangaben für tatbestandslos erklären, die „nicht mit dem Anspruch besonderer Sachkunde vertreten werden“. Dieses Kriterium ist wenig praktisch, ruft unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten hervor und ist daher für das Strafrecht abzulehnen. Die weitere Ausgrenzung solcher Angaben, deren Unrichtigkeit „auch für den Nichtfachmann durchschaubar“ ist (z.B. Rechenfehler), soll der Straflosigkeit „jeder Art Schönfärberei oder unberechtigter Anpreisung“ dienen (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 24). Dieser Gedanke deckt aber von vornherein nicht den Ausschluss von vorsätzlich eingefügten Rechenfehlern und orientiert sich im Übrigen offenbar an dem Ausschluss bloßer Übertreibungen bei § 263, der die Strafbarkeit aber – anders als § 264a StGB – auf falsche Tatsachenbehauptungen beschränkt. Der Ausschluss positiver Falschangaben aus der Strafbarkeit mit dem Argument, die Unrichtigkeit sei auch für den Nichtfachmann erkennbar, wirft weiterhin die Frage nach dem Maßstab auf, wer als Fachmann gelten kann und wer nicht. Es erscheint daher insgesamt zutreffender, die einschlägigen Fragen – außerhalb der soeben Rdn. 78 behandelten Eingrenzung bei Wertungen und Prognosen – über die Tatbestandsmerkmale der Erheblichkeit und der Vor- bzw. Nachteilhaftigkeit zu lösen (zust. v. Schönborn S. 34). Umstritten ist die Einordnung unvollständiger Angaben. Die überwiegende Ansicht 80 sieht hier nur die zweite Handlungsalternative (Unterlassen, nämlich Verschweigen nachteiliger Tatsachen) als einschlägig an.88 Dies ist wegen der Unsicherheiten dieser Alternative und wegen ihrer Beschränkung auf Tatsachen (unten Rdn. 85 ff) bedenklich (zutr. Geerds S. 217 ff). Richtigerweise ist bei § 264a ebenso wie bei § 263 StGB die Möglichkeit einer konkludenten Täuschung durch positives Tun anzuerkennen (zutr. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 50), wenn bei positiven Angaben negative Teilaussagen weggelassen werden und dadurch ein falsches Gesamtbild entsteht: Durch die nicht offengelegte Beschränkung auf Teilaussagen wird der Sinn der Gesamtaussage entstellt und diese unrichtig (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 97, auch § 265b Rdn. 66). Die Unvollständigkeitsprüfung ist auf den nur teilweise angesprochenen erheblichen Umstand zu beziehen. So ist ein Prospekt betreffend eine Abschreibungsgesellschaft dann unvollständig und unrichtig, wenn bei der Darstellung steuerlicher Verlustzuweisung verschwiegen wird, dass ihre Anerkennung durch das Finanzamt fragwürdig ist (Rössner/ Worms BB 1988 94); ebenso ist bei einem Immobilienprojekt die Nennung eines festen Termins als Baubeginn unrichtig, wenn zweifelhaft ist, ob zu diesem Zeitpunkt mit dem

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Zust. Wohlers MK Rdn. 32; s. weiterhin Hoyer SK Rdn. 16; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 44; Joecks wistra 1986 142, 145; Rössner/Worms BB 1988 93, 94. Hellmann NK Rdn. 33; Kindhäuser LPK Rdn. 3; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 24; Wohlers MK Rdn. 32; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 39.

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Fischer Rdn. 14; Hellmann NK Rdn. 35; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 24; Wohlers MK Rdn. 34; Cerny MDR 1987 271, 276; Grotherr DB 1986 2548, 2588; offengelassen bei BTDrucks. 10/318 S. 24 (der „besonderen Hervorhebung der Unvollständigkeit“ wie bei § 265b StGB „bedarf es … hier nicht“).

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Bau überhaupt begonnen werden kann, weil der Grundstückserwerb noch offen, die erforderliche Genehmigung noch nicht erteilt oder die Finanzierung ungesichert ist (Geerds S. 218 f mit Nachw. aus der zivilrechtlichen Prospekthaftungsrechtsprechung). Unrichtige Angaben werden auch dann gemacht, wenn im Prospekt von „kräftigem Wachstum“ des Anlageobjekts die Rede ist, indes nicht deutlich gemacht wird, dass dieses nur darauf beruhte, dass eine große Anzahl neuer Anleger i.S. eines Schneeballsystems gewonnen wurden (OLG Köln NZG 2000 89). Werden kick backs und andere Rückvergütungen verschwiegen, so werden Angaben über die Verwendung des von den Anlegern eingebrachten Kapitals für Investitionen insgesamt unrichtig (BGH [ZS] WM 2000 1503, 1504 f; aA Wohlers MK Rdn. 34). Nicht tatbestandsmäßig sind unvollständige Angaben in einem Prospekt (usw.), wenn 81 hinreichend deutlich auf dessen Ergänzungsbedürftigkeit hingewiesen wird und hierdurch gewährleistet wird, dass gegenüber den Anlegern insgesamt vollständige und richtige Angaben gemacht werden (vgl. Cerny MDR 1987 276). Das hat insbesondere Bedeutung für Flyer, die auf den eigentlichen Verkaufsprospekt hinweisen; enthält dieser richtige und vollständige Angaben, so kann die Unvollständigkeit des Flyers keine Strafbarkeit begründen. Anderes gilt freilich, wenn im Flyer positiv unrichtige Angaben gemacht werden oder wenn eine auf wesentliche Umstände bezogene normative Vollständigkeitserwartung besteht (s. § 13 VermAnlG) und enttäuscht wird. Bloß mündliche Ergänzungen genügen nur, wenn gewährleistet ist, dass sie alle potentiellen Adressaten erreichen. Schwierig und umstritten ist die Frage, wie der Umgang mit berichtigungsbedürftigen 82 Angaben strafrechtlich zu beurteilen ist, sei es, dass erst nachträglich erkannt wird, dass Angaben von Anfang an unrichtig waren, sei es, dass sie durch nachträgliche Ereignisse unrichtig geworden sind. Zivilrechtlich sind in solchen Fällen weit reichende Berichtigungs-, Aktualisierungs- und Nachtragspflichten der Prospektverantwortlichen anerkannt (vgl. § 16 WpPG, künftig § 11 VermAnlG).89 Zeitlich gesehen bestehen diese Pflichten bis zum endgültigen Abschluss des Angebots und sind unverzüglich nach Bekanntwerden der (ursprünglichen oder nachträglichen) Unrichtigkeit zu erfüllen. Im strafrechtlichen Schrifttum wird die unterlassene Berichtigung erkanntermaßen berichtigungsbedürftiger Angaben überwiegend unter dem Gesichtspunkt einer Strafbarkeit wegen (unechten) Unterlassens diskutiert, und das Bestehen einer hierfür erforderlichen Garantenpflicht (§ 13 StGB) wird in Zweifel gezogen bzw. deutlich eingeschränkt.90 Richtigerweise ist zu unterscheiden: Kein Unterlassen, sondern als Kapitalanlagebetrug strafbares positives Tun liegt vor, wenn der Täter die, wie er nachträglich erkannt hat, unrichtigen bzw. nachträglich unrichtig gewordenen Prospekte (usw.) im Zusammenhang mit dem Vertrieb bzw. Angebot zusendet, auslegt, verteilt oder sonst zugänglich macht und so vorsätzlich unrichtige oder unrichtig gewordene Angaben macht (ebenso Hellmann NK Rdn. 4; Hoyer SK Rdn. 17). – Ist der Prospekt (usw.) bereits dem Anlegerpublikum vollständig 91 zugänglich gemacht, so dass die Tat nach § 264a StGB bereits vollendet ist,

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S. hierzu Seitz in Assmann/Schlitt/v. KoppColomb § 16 WpPG Rdn. 4 ff mit Nachw.; zum früheren Recht Grotherr DB 1986, 2586 f mit Nachw. Hellmann NK Rdn. 40 ff; Wohlers MK Rdn. 38; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 39a, s. weiterhin für unechtes Unterlassungsdelikt Hoyer SK Rdn. 14.

91

Positives Tun liegt hingegen vor, wenn der Prospekt (usw.) nach erkannter Unrichtigkeit noch einem verbleibenden größeren Kreis anderer Anleger (zutr. Hoyer SK Rdn. 18 a.E.) zugänglich gemacht wird (s. auch Hellmann NK Rdn. 41 a.E.).

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kommt in der Tat nur das Unterlassen in Betracht, den unrichtigen bzw. unrichtig gewordenen Prospekt zu berichtigen bzw. aus dem Verkehr zu ziehen. Entsprechende Garantenpflichten sind im Grundsatz auch im Strafrecht anzuerkennen (Hoyer SK Rdn. 18 und bereits Samson SK4 Rdn. 52; weiterhin Pabst S. 15 und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 353a, auch GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 95 ff). Sie können sich aus Ingerenz ergeben; hiernach müssen Prospektverantwortliche (usw.), die sorgfaltswidrig anfänglich unrichtige Angaben gemacht haben, diese berichtigen. Hierauf ist die Unterlassungsverantwortlichkeit aber nicht beschränkt (wohl aA Hellmann NK Rdn. 42; Wohlers MK Rdn. 38). Abgesehen davon, dass sich Berichtigungspflichten vielfach aus dem Gesetz ergeben, sind vielmehr – ähnlich wie bei den im Rahmen der strafrechtlichen Produkthaftung anerkannten Warn- und Rückrufpflichten – prospekt(usw.)bezogene kommunikative Verkehrssicherungspflichten anzuerkennen, die auch bei anfänglich schuldlos gemachten unrichtigen Angaben bzw. bei nachträglich unrichtig gewordenen Angaben bestehen, die für Anleger und Kapitalmärkte gefährlich sind (wie hier Hoyer SK Rdn. 18: „ähnlich wie derjenige, der einen Wegweiser aufgestellt hat, vor nachträglich auf diesem Weg entstandenen Gefahren warnen muss“). Diese Pflichten treffen nicht nur Prospektherausgeber und -verantwortliche, sondern auch Anbieter bzw. Vertreiber, die sich eines anderweitig erstellten Prospekts bedienen und sich die in ihm enthaltenen Angaben beim Angebot bzw. Vertrieb zueigen machen (s. noch unten Rdn. 84 und 103 ff). Den Emittenten als solchen treffen Berichtigungspflichten, wenn er zugleich prospektverantwortlich ist, jedenfalls soweit es um die normativ garantierte Richtigkeit und Vollständigkeit von Verkaufsprospekten für Wertpapiere geht (vgl. oben Rdn. 68). – Nach Abschluss des Vertriebs bzw. der (Kapital-) Erhöhung unterlassene Berichtigungen sind hingegen tatbestandslos, weil es an dem erforderlichen Zusammenhang fehlt (zutr. Hoyer SK Rdn. 17).

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c) Vorteilhaft sind Angaben, die nach dem Maßstab und Urteil eines verständigen durchschnittlichen Anlegers konkret geeignet sind, die Aussichten für eine positive Anlageentscheidung zu verbessern.92 Plastisch heißt es, die Angaben müssten die Anlage „in einem günstigeren Licht erscheinen“ lassen (Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 46). Die Vorteilhaftigkeit bezieht sich nicht unmittelbar auf den Vermögenswert der Anlage (s. aber Jacobi S. 130 ff); jedoch ist ähnlich wie bei der Erheblichkeit (oben Rdn. 73 ff) die Werthaltigkeit der Anlage maßgeblicher Bezugspunkt, wenngleich die Vorteilhaftigkeit der Angaben konkreter als die Erheblichkeit der Umstände bestimmt wird, nämlich in Bezug auf das konkret angebotene Anlageobjekt zu verstehen ist (was jedenfalls für Wertpapiere zu einer zweistufigen Prüfung zwingt; vgl. bereits oben Rdn. 68). Im Regelfall sind unrichtige Angaben in Bezug auf das konkrete Anlageobjekt vorteilhaft, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse günstiger dargestellt werden als sie in Wirklichkeit sind (Cerny MDR 1987 276). Eine ungünstigere Darstellung kann dann für den Anleger vorteilhaft sein, wenn sie dazu dienen soll, günstigere Rahmenbedingungen zu schaffen (z.B. durch überhöhte Verlustprognosen, wenn sich Verlustzuweisungen steuermindernd auswirken sollen; vgl. auch Cerny aaO). Angaben, die für die Anlageentscheidung irrelevant (neutral) sind oder ihr sogar entgegenwirken (z.B. Boykottaufrufe oder abwertende Angaben), scheiden dagegen aus (BTDrucks. 10/318 S. 24). Entgegen Worms (S. 328) widerspricht die letztere Einschränkung nicht dem Kapitalmarktaspekt

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Bosch SSW Rdn. 15; Lackner/Kühl Rdn. 12; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 25; Wohlers MK Rdn. 39; Otto BT § 61 Rdn. 49; Rengier BT I § 17 Rdn. 10; Pabst

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S. 17; Rössner/Worms BB 1988 93, 94; vgl. auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 80. Enger Hoyer SK Rdn. 36.

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des von § 264a StGB intendierten Rechtsgüterschutzes, zumal Boykottaufrufe und abwertende Angaben schwerlich „im Zusammenhang mit dem Vertrieb“, nämlich mit einer auf Absatz (Veräußerung) gerichteten Tätigkeit (oben Rdn. 34), gemacht werden. d) Angaben macht, wer in einem Prospekt (usw.) Erklärungen über erhebliche Um- 84 stände abgibt oder sich in einem Prospekt (usw.) gemachte Erklärungen zueigen macht (s. hierzu noch unten Rdn. 103 ff) und den Prospekt (usw.) einem größeren Kreis von Personen zugänglich macht. Angaben sind auch dann gemacht, wenn noch niemand von ihnen Kenntnis erlangt hat (aA Samson SK4 Rdn. 51); erst recht ist nicht erforderlich, dass Anleger getäuscht werden, also einem Irrtum erliegen.93 Dieser frühe Vollendungszeitpunkt macht eine Versuchsstrafbarkeit überflüssig (s. noch unten Rdn. 96). Hiernach liegt eine vollendete Tat vor, wenn die vom Täter per Post oder E-Mail versandten Prospekte (usw.) einem größeren Kreis von Personen zugegangen sind oder wenn Prospekte (usw.) öffentlich ausgelegt oder ins Internet gestellt werden und so der Öffentlichkeit zugänglich sind. Wird die Tat in der Weise begangen, dass Einzelpersonen nacheinander angesprochen (oder angemailt usw.) werden (hierzu oben Rdn. 66), so ist die Tat erst vollendet, wenn ein größerer Personenkreis (hierzu oben Rdn. 34) angesprochen worden ist.94 Demgegenüber ist die Konzeption oder Herstellung des unrichtige Angaben enthaltenden Prospekts (usw.) als solche nur eine straflose Vorbereitungs- oder Versuchshandlung. 4. Verschweigen nachteiliger Tatsachen. Ähnlich wie § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB und 85 § 399 AktG stellt § 264a StGB in der zweiten Tatalternative das Verschweigen nachteiliger Tatsachen hinsichtlich anlageentscheidungserheblicher Umstände unter Strafe. Dogmatisch umstritten ist, ob es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt 95 oder um eine ausdrückliche Vertypung einer konkludenten Täuschung durch positives Tun (konkludente Behauptung der Vollständigkeit)96 handelt. In der Sache hängt von dem Streit wenig ab: Einerseits besteht Einigkeit darüber, dass Verschweigen ein Nichtsagen, also ein Unterlassen darstellt; wird die nachteilige Tatsache im Prospekt (usw.) genannt, ist die zweite Alternative nicht erfüllt, und zwar im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG auch dann nicht, wenn die Nennung bewusst in schwer verständlicher Weise an sehr versteckter Stelle erfolgt (BVerfG NJW 2008 1726, 1727).97 Andererseits ist unstreitig, dass die Tatbe-

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Bosch SSW Rdn. 2; Duttge HK-GS Rdn. 2; Fischer Rdn. 18; Hellmann NK Rdn. 37; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 37; Wohlers MK Rdn. 33; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 4, 82; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 33; Schmid in Müller-Gugenberger/ Bieneck § 27 Rdn. 201; Knauth NJW 1987, 28; v. Schönborn S. 16; Worms wistra 1987, 271, 274. Die zu § 16 UWG vertretene Auffassung, es genüge, dass die irreführende Werbung einer Person aus dem größeren Personenkreis zugegangen sei (s. Diemer in Erbs/Kohlhaas § 16 UWG Rdn. 111), rechtfertigt sich aus der subjektivierenden Fassung dieser Vorschrift („für einen größeren Personenkreis bestimmt“) und kann nicht auf § 264a StGB übetragen werden.

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So Tiedemann LK11 Rdn. 61 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349b; s. weiterhin Bosch SSW Rdn. 16; Lackner/Kühl Rdn. 12; A/WHeinrich § 21 Rdn. 87; Otto BT § 61 Rdn. 50; Kaligin WPg 1987 354, 361; Worms S. 329. So Hellmann NK Rdn. 34; Hoyer SK Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 40. – Richtig hieran ist zumindest, dass das in der zweiten Alternative vertypte Unterlassen in jedem Fall mit einem positiven Tun, nämlich dem Zugänglichmachen eines Prospektes (usw.) verknüpft ist. Entgegen Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 47 in Fn. 89 gilt das auch, wenn die Tatsache prospektrechtlich an einer bestimmten Stelle genannt werden muss und vom Täter bewusst an einer anderen Stelle genannt wird.

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standsmäßigkeit des Verschweigens vom Bestehen einer Garantenstellung und -pflicht unabhängig ist und die strafrechtliche Aufklärungspflicht aus dem Straftatbestand selbst folgt.98 Soweit der Gesetzgeber betont, die Verschweigensstrafbarkeit sei von außerstrafrechtlichen Offenbarungs- und Mitteilungspflichten schlechterdings unabhängig (BTDrucks. 10/318 S. 24), ist das allerdings eine überspitzte und unnötige Kritik herausfordernde Aussage. Die zweite Tatalternative statuierte von Anfang an „keine grundsätzlich neuen oder gar ungewöhnlichen Verpflichtungen, sondern [schrieb] lediglich den mittlerweile erreichten Stand des Anlegerschutzes fest“ (Worms S. 331). Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen Prospektrechts verlangte die h.M. zu Recht und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Prospekthaftung, dass in Prospekten sämtliche nachteilige Tatsachen zu offenbaren sind, die für die jeweilige Anlageform wesentlich und spezifisch sind.99 Hieran knüpft das heutige Prospektrecht an, und eben wegen dieser außerstrafrechtlichen Vorprägung ist es unbedenklich, auf das Erfordernis einer Garantenstellung und -pflicht zu verzichten (vgl. hierzu auch Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 49). Verschwiegen werden müssen Tatsachen im Sinne der Betrugsdogmatik (hierzu Tiede86 mann LK § 263 Rdn. 9 ff mit umfassenden Nachw.). Es muss sich um wirkliche, feststehende Tatsachen handeln; bleibt zweifelhaft, ob die Tatsache zum Tatzeitpunkt gegeben war, ist der Tatbestand nicht erfüllt. Gerüchte, die das jeweilige Anlageobjekt betreffen, müssen als solche nicht in den Prospekt (usw.) aufgenommen werden; die gerüchtweise behauptete Tatsache muss aufgenommen werden, wenn sie in der Tat gegeben ist. Auch Werturteile und Prognosen sind als solche keine Tatsachen. Nicht tatbestandsmäßig handelt daher, wer in Prospekten (usw.) etwa in Fachmedien geäußerte negative Werturteile über das jeweilige Anlageobjekt, negative Branchenprognosen oder sonstige von Tatsachen losgelöste Kritik verschweigt (s. nur Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 47). Das gilt aber nur, soweit es um reine Bewertungen ohne Tatsachenkern geht. Werden etwa im Rahmen eines Wertgutachtens über ein Immobilienprojekt wertmindernde Baumängel festgestellt, so kann das Verschweigen des Gutachtens in den Emissionsunterlagen tatbestandsmäßig sein (Pabst S. 17), da mittelbar die Tatsache der festgestellten Baumängel verschwiegen wird. Ähnliches gilt für Prognosen und Ratings; zwar sind künftige Verhältnisse wie die zukünftige Ertrags- und Liquidationslage keine Tatsachen, doch können gegenwärtige nachteilige Tatsachen, die der Prognose oder dem Rating zugrunde liegen, mitteilungspflichtig sein.100 Standardisierte Ratings der großen Ratingagenturen sind zwar für sich gesehen Werturteile, ihre Existenz aber eine Tatsache, die anlageentscheidungserheblich sein kann. Entgegen Sch/Schröder/Cramer/Perron (Rdn. 27) ist das Verschweigen ungünstiger allgemeiner Wirtschaftsfaktoren nicht wegen des Tatsachenbegriffs, sondern mangels Erheblichkeit tatbestandslos, da und soweit die Erheblichkeit im Wege einer Interessenabwägung allgemeine, bekannte oder ohne Weiteres erkennbare Risiken ausschließt (vgl. oben Rdn. 73 ff).

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Duttge HK-GS Rdn. 2; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 27 f; Otto BT § 61 Rdn. 50; Borchard S. 66; Cerny MDR 1987 271, 276; Geerds S. 219; Jaath FS Dünnebier S. 583, 607; Kaligin WPg 1987 354, 361; Möhrenschlager wistra 1982 201, 207; Otto WM 1988, 729, 738; Pabst S. 17; v. Schönborn S. 34; Worms S. 328 f. Cerny MDR 1987 271, 276; Granderath DB

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1986 Beil. 18 S. 7; Grotherr DB 1986 2548, 2587 f; Joecks wistra 1986 142, 146; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 26, 29; Worms S. 328 f, 331. Fischer Rdn. 15; Joecks in Achenbach/ Ransiek X 1 Rdn. 45; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 7; Grotherr DB 1986 2548, 2588; Pabst S. 17.

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Nachteilig sind Tatsachen, deren Kenntnis (konkret) geeignet ist, verständige, durch- 87 schnittlich vorsichtige Anleger vom Anlageentschluss Abstand nehmen zu lassen (BTDrucks. 10/318 S. 24; Tiedemann JZ 1986 873).101 Spiegelbildlich zur Vorteilhaftigkeit (oben Rdn. 83) muss die Tatsache nicht unmittelbar den Vermögenswert der Anlage betreffen; wohl aber muss es um deren Werthaltigkeit gehen, die freilich auch dann betroffen sein kann, wenn noch längst kein Gefährdungsschaden i.S.v. § 263 StGB vorliegt. Wird beispielsweise bewusst verschwiegen, dass es sich um ein sehr junges Unternehmen handelt (vgl. § 5 Nr. 2 VermVerkProspV, wonach das „Datum der Gründung“ des Emittenten anzugeben ist), so kann das durchaus ein Verschweigen einer nachteiligen Tatsache sein, da und soweit junge Unternehmen insolvenzanfälliger als alte sind (vgl. hierzu Tiedemann LK Rdn. 21 Vor § 283); im Hinblick auf steuerrechtliche oder sonstige Stichtage kann im Einzelfall sogar das genaue Datum der Unternehmensgründung eine nachteilige Tatsache sein. Wie die Vorteilhaftigkeit ist die Nachteiligkeit der Tatsache im Einzelfall – bezogen auf das konkrete Anlageobjekt – zu prüfen. Die nachteiligen Tatsachen müssen sich auf Umstände beziehen, die für die Anlage- 88 entscheidung erheblich sind. Dem Erheblichkeitsmerkmal kommt also einerseits eine wesentliche tatbestandsbeschränkende Bedeutung zu (vgl. BTDrucks. 10/5058 S. 31). Andererseits löst die Anlageentscheidungserheblichkeit der Tatsache die tatbestandliche Mitteilungspflicht aus: Mit Ausnahme allgemeiner Marktrisiken (vgl. oben Rdn. 72) müssen alle nachteiligen Tatsachen mitgeteilt werden, die für die Anlageentscheidung erheblich sein können (Fischer Rdn. 15). Die hier drohende Zirkularität der Argumentation kann weitgehend durch eine Orientierung am Prospektrecht, namentlich an den Pflichtangaben nach EU-ProspVO (für Wertpapiere) und VermVerkProspVO (für andere Vermögensanlagen, namentlich Anteile am Ergebnis von Unternehmen) durchbrochen werden: Sie werden vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber abstrakt-generell als erheblich angesehen. Im Einzelfall zu prüfen bleibt, ob einerseits je nach konkretem Anlageobjekt zusätzliche Angaben erforderlich sind und andererseits das Verschweigen von prospektrechtlichen Pflichtangaben bei dem konkreten Anlageobjekt unerheblich oder nicht nachteilig ist. Insofern sind die durch Rechtsprechung und Lehre vor Inkrafttreten der Prospektgesetz- und -verordnungsgebung entwickelten Gesichtspunkte nicht überholt. Nachteiligkeit und Erheblichkeit der verschwiegenen Tatsachen werden nach dem 89 Gesamteindruck beurteilt, der durch das Weglassen der jeweiligen Tatsachen für einen verständigen durchschnittlichen Anleger entsteht.102 Diese Gesamtschau geht allerdings nicht so weit, dass eine Kompensation nachteiliger Tatsachen und vorteilhafter Umstände vorzunehmen wäre; dies widerspräche der Natur des § 264a StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt.103 Überholt ist auch die Auffassung von Sch/Schröder/Cramer 26 Rdn. 28 ff, die Pflicht, nachteilige Tatsachen mitzuteilen, bestehe nur insoweit, als ein

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Bosch SSW Rdn.15; Hellmann NK Rdn. 46; Lackner/Kühl Rdn. 12; Park/Park Rdn. 11; Wohlers MK Rdn. 42; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 48; Borchard S. 66; Cerny MDR 1987 271, 274; Grotherr DB 1986 2548, 2587; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 124; ders. wistra 1986 142, 146; Rössner/Worms BB 1988 93, 94; Worms wistra 1987 271, 272; v. Schönborn S. 36.

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Vgl. dazu bereits oben bei Rdn. 73 sowie ergänzend Lackner/Kühl Rdn. 13; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 205; Grotherr DB 1986 2548, 2588; Pabst S. 18. Park/Park Rdn. 14; Geerds S. 231; Gäbhard S. 86 f; Jacobi S. 151 ff; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 166; Worms wistra 1987 271, 273; aA Samson/Günther SK5 Rdn. 44 ff und bis heute Hoyer SK Rdn. 37.

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„ausgewogenes [Gesamt-] Bild“ der Anlage entstehen müsse, da andernfalls der Vertreiber und Anbieter „in die Rolle des Anlageberaters“ gedrängt würde.104 Verschwiegen sind nachteilige Tatsachen, wenn der Prospekt (usw.), in dem die nach90 teilige Tatsache nicht mitgeteilt wird, einem größeren Kreis von Personen zugänglich gemacht worden ist (vgl. oben Rdn. 84). Bereits in diesem Zeitpunkt ist die Tat vollendet. Allerdings besteht die Mitteilungspflicht über diesen Zeitpunkt hinaus bis zum Abschluss des Vertriebs bzw. der Kapitalerhöhung; wird der Täter nach Inverkehrbringen des Prospekts (usw.) hinsichtlich einer verschwiegenen nachteiligen Tatsache bösgläubig, so stellt die unterlassene Mitteilung ohne Weiteres ein Verschweigen im Sinne der zweiten Tatalternative dar (vgl. oben Rdn. 85).

VI. Vorsatz und Irrtum 91

Die Strafbarkeit wegen Kapitalanlagebetrugs setzt Vorsatz voraus (§ 15 StGB), der sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes beziehen muss (§ 16 StGB). Nach allgemeinen Grundsätzen genügt bedingter Vorsatz (dolus eventualis) 105. Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit reichen aber anders als in ausländischen Straftatbeständen (oben Rdn. 17 ff) und AE § 188 Abs. 2 (für Emittenten in bezug auf eigene Angaben über ihr Unternehmen) nicht aus (zur Erklärung Möhrenschlager wistra 1982 207). Die relativ zahlreichen normativen Tatbestandsmerkmale des § 264a StGB (Wert92 papier, Bezugsrecht, Anteil, Erheblichkeit, Unrichtigkeit usw.) erschweren den Vorsatznachweis,106 an den nach Lackner/Kühl (Rdn. 15) ähnlich strenge Anforderungen wie bei § 266 StGB zu stellen sind. Der Täter muss den sozialen Sinngehalt der genannten Merkmale erfassen, was nicht mit Tatsachenkenntnis identisch ist; vielmehr hat er auch die rechtliche Wertung nachzuvollziehen (BGH NJW 2005 2242, 2245; [ZS] WM 2010 1537). So muss der Täter, der unvollständige und deshalb unrichtige Angaben macht (oben Rdn. 80), sich bewusst sein, dass er ein unrichtiges Gesamtbild vermittelt; er muss daher den Soll-Zustand und damit im Wesentlichen auch seine Verpflichtung zu dessen Herstellung kennen und davon ausgehen, dass der Anleger auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben vertraut (Fischer Rdn. 20; vgl. weiterhin Tiedemann LK § 265b Rdn. 98 und § 264 Rdn. 142 m.w.N.). Allerdings ist derselbe Irrtum im Rahmen der zweiten Alternative grundsätzlich nur Gebotsirrtum nach § 17 StGB (vgl. unten Rdn. 94); die oben Rdn. 80 dargestellte Unterscheidung von unvollständigen Angaben (durch Tun) und unterlassenen Angaben (Verschweigen) hat daher auch für die Irrtumsfragen Gewicht. Bei dem Merkmal der Erheblichkeit für die Anlageentscheidung ergeben sich Besonderheiten daraus, dass es sich um ein Eignungsmerkmal handelt und es genügt, dass die unrichtige oder unvollständige oder verschwiegene Angabe die Entscheidung

104 105

Diese Auffassung wurde in Sch/Schröder/ Cramer/Perron 27 Rdn. 28/29 aufgegeben. Fischer Rdn. 20; Hellmann NK Rdn. 62; Hoyer SK Rdn. 43; Lackner/Kühl Rdn. 15; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 236; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 36; Wohlers MK Rdn. 60; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 73; Otto BT § 61 Rdn. 61; Cerny MDR 1987 271, 278; Joecks wistra 1986 142, 147; Möhren-

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106

schlager wistra 1982 201, 207; Otto WM 1988 729, 739; Pabst S. 44; Schniewind/ Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 31; Worms S. 343. Hellmann NK Rdn. 63; Sch/Schröder/ Cramer/Perron 36; Wohlers MK Rdn. 60; Cerny MDR 1987 271, 278; Borchard S. 117; Wegner GWR 2011 13; aA Worms S. 343.

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Kapitalanlagebetrug

§ 264a

eines vernünftigen Anlegers beeinflussen kann (vgl. oben Rdn. 73). Verkennt der Täter dabei den Maßstab der „Vernünftigkeit“, so ist die Annahme von Verbotsirrtum (Subsumtionsirrtum) auf der Grundlage der herrschenden Irrtumslehre zutreffend; ein Tatbestandsirrtum läge eindeutig nur vor, wenn die Erheblichkeit mit der Vermögensschädlichkeit i.S.d. § 263 StGB identifiziert würde, was nicht richtig wäre (vgl. oben Rdn. 71 und 73). Am ehesten wird der Vorsatznachweis bei den Initiatoren und unmittelbar Prospekt- 93 verantwortlichen gelingen. Im Übrigen führt die Arbeitsteiligkeit des Kapitalanlageverkehrs dazu, dass die Einlassung guten Glaubens und Vertrauens auf die Richtigkeit eines Prospekts (usw.) häufig kaum widerlegbar sein wird (vgl. Worms S. 343). So wird Anlageberatern (z.B. auch in Banken), die sich auf eine ausdrückliche Bestätigung des Initiators verlassen haben, dass der Prospekt den gesetzlichen Anforderungen genüge, häufig kein Vorsatz hinsichtlich der Unrichtigkeit nachzuweisen sein.107 Auch die Einschaltung kompetenter Prospektprüfer, denen der Sachverhalt vollständig mitgeteilt worden ist, wird in der Praxis meist strafbarkeitsentlastend wirken (Pabst S. 46); in derartigen Fällen stellt sich freilich die Frage nach der Strafbarkeit der Prospektprüfer (Beteiligung, namentlich mittelbare Täterschaft, oder Unterlassen) (vgl. BGH [ZS] NJW-RR 2007 1329 zur zivilrechtlichen Haftung in solchen Fällen). Bei der Verschweigensalternative gibt es für diejenigen Autoren, welche sie als Be- 94 gehungsdelikt ansehen, keine Besonderheiten (so ausdrücklich Hellmann NK Rdn. 65). Wird die zweite Alternative richtigerweise als Unterlassungsdelikt begriffen, stellen sich aus der Unterlassungsdogmatik bekannte Vorsatz- und Irrtumsfragen: Weiß der Täter, dass er eine nachteilige Tatsache nicht mitteilt, so stellt sich der Irrtum über seine Mitteilungspflicht als bloßer Gebotsirrtum dar,108 der nach § 17 StGB zu beurteilen und als solcher regelmäßig vermeidbar ist. Der Irrtum über die Erheblichkeit der verschwiegenen Tatsache, z.B. der personellen Verflechtung von Initiator und Treuhänder, wegen der Annahme, dies sei nicht anlageentscheidend, soll nach Pabst (S. 46 m.w.N.) ebenfalls nur Verbotsirrtum sein. Jedoch ist die Erheblichkeit ebenso wie die Nachteiligkeit normatives Tatbestandsmerkmal, das im Sinne des soeben Rdn. 91 Dargelegten vom Vorsatz umfasst sein muss. Daher ist richtiger Ansicht nach ein Tatbestandsirrtum auch dann anzunehmen, wenn dem Täter die Bedeutung der verschwiegenen Tatsachen nicht klar geworden ist, weil er z.B. nicht bedacht hat, dass die verschwiegene Verlegung des Unternehmenssitzes in einen anderen Staat steuerrechtliche oder wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt; bloße Tatsachenkenntnis ist hier für den Vorsatz nicht ausreichend (BGH [ZS] WM 2010 1537).

VII. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe, insbes. Geheimnisschutz Positiv unrichtige Angaben in Prospekten usw. lassen sich im Grundsatz weder recht- 95 fertigen noch entschuldigen, auch nicht in der Notlage eines Unternehmens. Gleichermaßen ist das Verschweigen nachteiliger Tatsachen im Grundsatz einer Rechtfertigung (kraft Pflichtenkollision?) oder Entschuldigung (kraft Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens?) nicht zugänglich. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Täter nachteilige

107

108

Hellmann NK Rdn. 64; Worms in Assmann/ Schütze 2 § 8 Rdn. 94; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 31. Bosch SSW Rdn. 19; Duttge HK-GS Rdn. 21; Fischer Rdn. 20; Hellmann NK

Rdn. 65; Lackner/Kühl Rdn. 15; Park/Park Rdn. 35; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 36; Wohlers MK Rdn. 61; Hagemann S. 299; v. Schönborn S. 41; Worms S. 343 ff.

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§ 264a

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Tatsachen verschweigt, die einem normativ anerkannten Geheimnisschutz unterliegen (z.B. nach §§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, 404 AktG, 85 GmbHG): Da und soweit § 264a StGB zur Offenlegung nachteiliger Tatsachen verpflichtet, erfolgt die Offenbarung von Geheimnissen nicht unbefugt; die (speziellere) Mitteilungspflicht geht also der (generellen) Geheimhaltungspflicht vor (s. zur Rechtslage bei § 85 GmbHG Tiedemann GmbHStrafrecht § 85 Rdn. 21). Daher müssen – gerade auch – geheime Innenprovisionen und „kick-backs“ (vgl. BGHZ 170 226), weiterhin atypisch hohe Aufschläge und Gewinne, die im Hinblick auf die Kalkulationsgrundlagen des Emittenten oder Vertreibers Interessenkonflikte begründen, mitgeteilt werden; erst recht gilt dies für eine schlechte Liquiditäts- oder Ertragslage, hohe fällige Verbindlichkeiten und hohe nicht eintreibbare Außenstände (Geerds S. 227 f m.w.N., insbes. zu Fällen der Kapitalerhöhung). Zumindest muss die Gesamtsituation zutreffend dargestellt werden (Grotherr DB 1986 2589), andernfalls eine unrichtige, da unvollständige Angabe durch positives Tun (ohne Möglichkeit einer Rechtfertigung) vorliegt (Geerds S. 228 m.w.N.). Kein rechtswidriges Verschweigen liegt allerdings vor, wenn außerstrafrechtliche Ausnahmen zu an sich gegebenen Publizitätspflichten zugelassen werden; wäre insoweit § 264a StGB anwendbar, so würden diese Ausnahmen mehr oder weniger ausgehebelt. So ist es nach § 286 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB möglich, im Anhang zum Jahresabschluss Angaben zu Konzernverhältnissen nach § 285 Nr. 11, 11a HGB zu unterlassen, wenn die Angaben der Gesellschaft oder ihren Tochterunternehmen erheblichen Nachteil zuzufügen geeignet sind; nach § 286 Abs. 3 Satz 2 HGB muss allerdings angegeben werden, dass von dieser Regelung Gebrauch gemacht worden ist, was auch strafrechtlich gesehen erforderlich ist (vgl. Geilen Aktienstrafrecht § 400 Rdn. 118 zur Vorläufervorschrift des § 160 Abs. 4 AktG in der bis zum BiRiLiG 1985 geltenden Fassung).

VIII. Versuch, Vollendung, tätige Reue (Abs. 3) 96

Ebenso wie beim Subventions- und Kreditbetrug ist der Versuch des Kapitalanlagebetrugs straflos, da die Vollendung der Tat relativ weitgehend vorverlagert ist (oben Rdn. 84 und 90). Zum Vollendungszeitpunkt bereits Rdn. 84 ff. Wegen der relativ weitgehenden Vorverlagerung der Deliktsvollendung, nach der die Anwendung des § 24 StGB ausgeschlossen ist, sieht Absatz 3 einen § 24 Abs. 1 StGB nachgebildeten persönlichen Strafaufhebungsgrund vor, der ähnlich wie §§ 264 Abs. 5, 265b Abs. 2 StGB konstruktiv der tätigen Reue entspricht (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 149, § 265b Rdn. 102) und voraussetzt, dass die Tat bereits zur Vollendung gelangt ist, also unrichtige vorteilhafte Angaben bereits gemacht bzw. nachteilige Tatsachen verschwiegen worden sind. In diesen Fällen ist nach Absatz 3 Satz 1 nicht wegen Kapitalanlagebetrugs strafbar, 97 wer freiwillig verhindert, dass auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Unter Leistung ist die dingliche Vermögensverfügung zu verstehen, durch die der Anleger seine schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Anlagegeschäft erfüllt (Hoyer SK Rdn. 44). Der eigentlichen Leistungserbringung des Anlegers geht nämlich regelmäßig eine Zeichnung des Anlagewerts voraus, der die Natur eines schuldrechtlichen Geschäfts zukommt (vgl. Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 111), nach dessen Abschluss die dingliche Leistung noch zu erbringen und tätige Reue noch möglich ist.109 Erbracht ist die Leistung, wenn sie dem Täter bzw. Emittenten 109

Bosch SSW Rdn. 21; Duttge HK-GS Rdn. 23; Hellmann NK Rdn. 73; Park/Park

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Rdn. 40; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 39; Chr. Schröder Kapitalmarktstraf-

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zur Verfügung steht; das ist noch nicht der Fall, wenn gegenüber einem Treuhänder geleistet worden ist, den der Anleger noch zur Nichtweitergabe anweisen kann, weshalb in dieser Konstellation tätige Reue noch möglich ist (Pabst S. 48 m.w.N.). Die Leistungserbringung verhindert, wer zurechenbar bewirkt, dass der Täter bzw. Emittent Verfügungsmacht über den Leistungsgegenstand erhält. Das ist auch der Fall, wenn der Täter bereits verhindert, dass der Anleger die Anlage zeichnet (Wohlers MK Rdn. 70; Tiedemann LK11 Rdn. 72 und Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40 greifen auf Absatz 3 Satz 2 zurück). Wie bei § 265b Abs. 2 StGB (vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 102) kann auch die Berichtigung der unrichtigen bzw. die Ergänzung der unvollständigen Angaben strafbefreiend sein, sofern sie vor Erbringung der Leistung erfolgt und dem Leistenden bekannt wird; leistet dieser gleichwohl, so geschieht dies nicht auf Grund der Tat,110 jedenfalls wenn sich der Anleger nicht bereits vor Kenntniserlangung schuldrechtlich zur Leistung verpflichtet hatte, wovon er sich nunmehr nicht ohne Anfechtungs- und Prozessrisiken lösen kann (Wohlers MK Rdn. 73). Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht (z.B. weil der Zeichner zah- 98 lungsunfähig wird), so ist nach Absatz 3 Satz 2 zu prüfen, ob sich der Täter freiwillig und ernsthaft bemüht hat, das Erbringen der Leistung zu verhindern. Die Regelung entspricht § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB. Der Täter muss das nach seiner Kenntnis Notwendige und Mögliche tun (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 156) und darf dem Zufall keinen Raum geben, wo er ihn vermeiden kann. Richtigstellungen müssen daher in öffentlichkeitswirksamer Weise und mindestens im Umfange der vorherigen Falschangaben erfolgen (Wohlers MK Rdn. 72). Für die tätige Reue einzelner von mehreren Beteiligten sind die Grundsätze des § 24 99 Abs. 2 StGB entsprechend anzuwenden (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 150). Insbesondere trägt jeder Beteiligte im Grundsatz das Erfolgsabwendungsrisiko bezogen auf die Gesamttat und darf sich im Grundsatz nicht damit begnügen, lediglich seinen eigenen Tatbeitrag „zurückzuziehen“. Entgegen Pabst (S. 42) ist deshalb keine Straflosigkeit anzunehmen, wenn ein an der Konzeption des Prospekts dolos Beteiligter die Verwendung seines Beitrages als Teil des Prospekts untersagt, der Beitrag aber gleichwohl verwendet wird; nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Mittäter, der einen im Vorbereitungsstadium geleisteten Beitrag zurückzieht, das Vollendungsrisiko, wenn es ihm nicht gelingt, den Beitrag vollständig zu neutralisieren, und es verbleibt (zumindest) eine Gehilfenschaft (vgl. Lilie/Albrecht LK § 24 Rdn. 438 ff m.w.N.). Rechtsfolge des Absatzes 3 ist die Straflosigkeit wegen Kapitalanlagebetruges, nicht 100 ohne Weiteres wegen weiterer ideal- oder realkonkurrierend verwirklichter Delikte. Jedoch wird man den Rückgriff auf den regelmäßig mit verwirklichten § 16 UWG ausschließen müssen (Pabst S. 48 m.w.N.), andernfalls Absatz 3 kaum einen praktischen Anwendungsbereich hätte. Vergleichbar ist in Fällen zu entscheiden, in denen getäuschte Anleger die Anlage gezeichnet haben, was nach der Rechtsprechung (s. etwa BGH NStZ 2008 96) für sich als vollendeter Eingehungsbetrug nach § 263 StGB strafbar sein kann, der aber gleichfalls von der tätigen Reue nach Absatz 3 erfasst wird (vgl. Tiedemann LK

recht Rdn. 102; Hagemann S. 300; Joecks wistra 1986 142, 147; Otto Bankentätigkeit S. 102; Schniewind/Hausmann BB 1986 Beil. 16 S. 32; v. Schönborn S. 42; Worms S. 346.

110

Duttge HK-GS Rdn. 23; Park/Park Rdn. 39; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40; Hagemann S. 110; Joecks wistra 1986 148; Otto WM 1988 729, 739; Werner/Machunsky S. 314.

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§ 264 Rdn. 157, § 265b Rdn. 103).111 Die Gegenansicht112 nimmt in Kauf, dass Täter im Hinblick auf die ohnehin verwirkte Strafbarkeit nach § 263 StGB von der tätigen Reue abgehalten werden könnten, was aus Opferschutzgesichtspunkten nicht zu verantworten ist und § 264a Abs. 3 StGB weitgehend leerlaufen lässt (zutr. Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 102). Weniger problematisch ist die Konstellation, dass der vollendete Kapitalanlagebetrug mit einem bloß versuchten (Erfüllungs-)Betrug gem. §§ 263, 22 StGB konkurriert; hier wird das erfolgreiche Bemühen um Richtigstellung bzw. Ergänzung der unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben vor Leistungserbringung zugleich einen strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Betrug nach § 24 StGB darstellen, sofern der Täter durch die Angaben gegenüber einzelnen Opfern bereits zur Verwirklichung dieses Tatbestandes angesetzt hatte (vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 103).113

IX. Täterschaft und Teilnahme 101

Obwohl der Tatbestand kapitalanlagebezogene Wahrheits- und Aufklärungspflichten begründet, enthält er kein Sonder(pflicht)delikt.114 Täter kann vielmehr jedermann sein, der in Prospekten (usw.) und im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren (usw.) oder dem Angebot zur Erhöhung von Einlagen unrichtige Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Der Täterkreis ist damit insbesondere nicht auf Emittenten beschränkt, sondern gestattet im Grundsatz die tatbestandliche Einbeziehung zahlreicher weiterer für den Prospekt(usw.)inhalt verantwortlicher Personen (Sachbearbeiter des emittierenden Unternehmens, Angehörige beratender Berufe wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw.) oder solcher Personen, die sich den Prospekt(usw.)inhalt im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen zu eigen machen (Mitarbeiter von Banken und Vermögensverwaltungsunternehmen, sonstige Anlageberater und -vermittler usw.). Das trägt dem Umstand Rechnung, dass Prospekte (usw.) typischerweise von mehreren Personen arbeitsteilig erstellt und gegenüber dem Anlegerpublikum verwendet werden. Die innerhalb des erfassten Personenkreises erforderliche Abgrenzung von Täterschaft 102 und Teilnahme ist im Ausgangspunkt an die Tathandlung des „Machens“ von unrichtigen Angaben bzw. des „Verschweigens“ von nachteiligen Tatsachen „in“ Prospekten, Darstellungen oder Übersichten anzuknüpfen, und es sind die Grundsätze, die zu den ähnlichen Tathandlungen in § 265b Abs. 1 Nr. 1b (Tiedemann LK Rdn. 108 ff) und § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Tiedemann LK Rdn. 158 ff) entwickelt wurden, entsprechend anzu-

111

112

Ebenso Park/Park Rdn. 40; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 98a; ders. Kapitalanlagebetrug Rdn. 266; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 102; Hagemann S. 301; Kaligin WPg 1987 356, 363; wohl auch Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40. Bosch SSW Rdn. 21; Duttge HK-GS Rdn. 23; Hellmann NK Rdn. 74; Hoyer SK Rdn. 47; Lackner/Kühl Rdn. 16; Wohlers MK Rdn. 71; Otto BT § 61 Rdn. 66 und WM 1988 729, 739; Richter wistra 1987 117, 120; v. Schönborn S. 42; Worms S. 347 und wistra 1987 271, 275.

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113 114

Fischer Rdn. 21; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 40; Otto Bankentätigkeit S. 102. Bosch SSW Rdn. 23; Duttge HK-GS Rdn. 24; Fischer Rdn. 22; Hellmann NK Rdn. 68; Lackner/Kühl Rdn. 6; Park/Park Rdn. 44; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 38; Wohlers MK Rdn. 62; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 78; Otto BT § 61 Rdn. 62; Joecks wistra 1986 142, 147 f; Otto WM 1988 729, 739; Pabst S. 39.

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Kapitalanlagebetrug

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wenden, zumal § 264a konstruktiv insbesondere dem § 265b nachgebildet ist (oben Rdn. 9). Nur nach einer überholten extensiven Täterlehre wäre es angängig, die Täterschaft an dem Kriterium der „schlichten Verursachung der Unrichtigkeit des Prospekts“ (so – freilich nicht ausdrücklich für Täterschaft – Joecks wistra 1986 148) auszurichten; der von Joecks angeführte dolose Setzer einer Druckerei macht schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine (eigenen) Angaben in einem Prospekt (anders allenfalls bei Eigenmacht). Auch die Zivilrechtsprechung zum Kreis der zivilrechtlich Prospektverantwortlichen (s. nunmehr §§ 44 ff BörsG) vermag jedenfalls für die Tathandlung des Machens unrichtiger Angaben (zum Verschweigen unten Rdn. 108) lediglich Anhaltspunkte für die strafrechtliche Täterschaftsfrage zu liefern (zu Recht einschränkend Schmidt-Lademann WM 1986 1242), weil sie nicht an das Verhalten, sondern an das typisierte Vertrauen anknüpft, das Gründern, Initiatoren, Gestaltern und Hintermännern der Gesellschaft unabhängig von ihrer Befassung mit dem Prospekt und zusätzlich auch „Garanten“ des Prospekts wie Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern entgegengebracht wird, wenn durch deren Nennung ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Die zivilrechtliche Haftung von Anlageberatern und -vermittlern wird gar allein an das diesen kraft Sachkunde und Ansehen persönlich entgegengebrachte besondere Vertrauen angeknüpft (vgl. nur Palandt/Grüneberg § 311 Rdn. 69 m.w.N.). Zu allgemein, als begrenzendes Kriterium freilich durchaus zutreffend ist auch die Formulierung von Maurach/Schroeder/Maiwald I (§ 41 Rdn. 183), maßgeblich sei der „Zuständigkeitsbereich“. Richtigerweise bedarf es eines strafrechtlich-autonomen normativen Kriteriums der 103 Täterschaftszurechnung, das aus der Tatherrschaftslehre zu entwickeln und nach zwei Richtungen zu differenzieren ist: Zum einen hat Tatherrschaft über das Machen der unrichtigen Angaben, wer als „Konzeptionär“ an der Konzeption des Prospekt(usw.)inhalts nicht nur untergeordnet mitgewirkt hat;115 bildlich kann von „Konzeptionsherrschaft“ gesprochen werden. Unerheblich ist hierbei, ob der Prospekt den Konzeptionär ausweist, der Prospektinhalt ihm also nach der Verkehrsanschauung als seine Erklärung zugerechnet wird, und ob der Konzeptionär nach der Verkehrsanschauung Vertrauen in Anspruch nimmt. Zum anderen macht (als Täter) unrichtige Angaben, wer – ohne Konzeptionär zu sein – sie sich in der Weise zueigen macht, dass er selbst Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben übernimmt. Dabei genügt es allerdings nicht, dass der Prospekt (usw.) nach zivil- oder urkundenrechtlichen Maßstäben und der Verkehrsauffassung dem Täter als dessen Erklärung zugerechnet wird; strafrechtlich ist vielmehr eine zurechnungsbegründende Handlung erforderlich, die auf Übernahme der Verantwortung nach außen abzielt. Diese liegt insbesondere in der Herausgabe des Prospekts durch den Emittenten (wobei es auf die Unterzeichnung – vgl. § 2 Abs. 4 VermVerkProspV – strafrechtlich nicht ankommt), in der ausdrücklichen Übernahme der Verantwortung im Prospekt durch Dritte (vgl. § 3 VermVerkProspV) sowie außerhalb des Prospekts darin, dass der Täter sich im Zusammenhang mit dem Vertrieb, etwa als Anlageberater und -vermittler, des Prospekts wie einer eigenen Erklärung bedient. Zudem verdient die strafrechtliche Dreiteilung der Tatmittel für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme Beachtung (Otto BT § 61 Rdn. 62 ff und WM 1988 739). Auf dieser Grundlage ergibt sich:

115

Vgl. LK11 Rdn. 75; s. weiterhin Bosch SSW Rdn. 23; Duttge HK-GS Rdn. 24; Hellmann NK Rdn. 68; Park/Park Rdn. 44 Fn. 187; Maurach/Schröder/Maiwald I § 41 Rdn. 183; Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht

Rdn. 98; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349c; Borchard S. 107; Otto WM 1988 729, 739; Pabst S. 40 ff; Worms wistra 1987 271, 274.

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Bei Prospekten ist der Prospektherausgeber, regelmäßig der Emittent, „geborener“ Täter. Handelt es sich – wie fast stets – um eine juristische Person oder ein Unternehmen, so richtet sich die Täterschaft natürlicher Personen entgegen Pabst (S. 40) nicht nach § 14 StGB, da diese Vorschrift eine rechtliche Sonderpflicht voraussetzt (Schünemann LK § 14 Rdn. 11 ff, 14 ff), die bei § 264a StGB fehlt (oben Rdn. 101). Vielmehr sind nach den soeben entwickelten Grundsätzen die für die Konzeption (selbständig) Verantwortlichen, darüber hinaus nach den Grundsätzen von BGHSt 37 106, 114 die Inhaber, Organe und gesetzlichen Vertreter taugliche Täter. Des (sachlich zweifelhaften) Rückgriffs auf eine mittelbare Täterschaft der Gründer, Initiatoren und beherrschenden (Mehrheits-) Gesellschafter kraft organisatorischen Machtapparats (so Pabst aaO) bedarf es regelmäßig nicht (s. aber BGHSt 48 331). Aus der unternehmenstypischen und auch bei der Prospektkonzeption häufigen unternehmensinternen Arbeitsteilung folgen spezifische Probleme des Vorsatznachweises vor allem hinsichtlich der Leitungsebene, die – ähnlich wie bei § 265b StGB (Tiedemann LK § 265b Rdn. 99) – mittels Durchgriff auf TeilInformationsgeber der nachgeordneten Ebene in Verbindung mit den Grundsätzen der mittelbaren Täterschaft gelöst werden können. Im Übrigen besteht auf Leitungsebene eine Generalverantwortung zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflicht aus § 264a StGB (vgl. auch OLG Köln NZG 2000 89); eine Abgrenzung nach „Zuständigkeitsbereichen“ kommt also nicht in Betracht, wenngleich die Grundsätze zur Majorisierung bei Kollegialentscheidungen116 zu beachten sind. Bei den rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Beratern ebenso wie bei Pro105 spektprüfern und Treuhändern fehlt es dagegen in der Regel an der Tatherrschaft, so dass für sie häufig nur Beihilfe in Betracht kommt.117 Etwas anderes gilt, wenn sie als Konzeptionäre mitgewirkt haben (oben Rdn. 103) oder bei ihnen mittelbare Täterschaft kraft überlegenen Sachwissens vorliegt (dazu in diesem Zusammenhang Schmidt-Lademann WM 1986 1243). Liefert der Treuhänder in einer Vertriebspräsentation oder auf individuelle Rückfrage ergänzende oder erläuternde Informationen zu den Prospekten, so macht er sich regelmäßig auch deren bisherigen Inhalt zu eigen und ist unter der Voraussetzung gleichmäßiger Tätigkeit gegenüber einem größeren Personenkreis (oben Rdn. 84) Täter (Pabst S. 40 f). Für Anlageberater und -vermittler ist ebenfalls maßgebend, ob sie sich an der Prospektkonzeption beteiligt haben oder sich – was bei diesem Personenkreis seltener der Fall sein dürfte – den Prospektinhalt zu eigen machen.118 Die Mitwirkung von dolosen Bankangestellten bei einer Wertpapier-(Aktien-)Emission

116

BGHSt 37 131; 50 331 = JZ 2006 560, 564 mit Anm. Vogel/Hocke; Freund MK Vor § 13 Rdn. 319; Joecks MK § 25 Rdn. 211 ff; Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 31 m.w.N.; Walter LK Vor § 13 Rdn. 82 ff; Roxin AT § 31 Rdn. 65; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 176 ff, 186; Corell Strafrechtliche Verantwortlichkeit durch Mitwirkung an Kollegialentscheidungen usw. (2007); Dencker in Amelung (Hrsg.) Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse usw. (2000) 63; Hilgendorf NStZ 1994 561; Jakobs FS Miyazawa S. 419ff; Knauer Die Kollegialentscheidung im Strafrecht (2001);

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117

118

Ransiek ZGR 1999 613, 637 ff; Suárez in Schünemann/Suárez S. 49, 55 f; Weißer Kausalitäts- und Täterschaftsprobleme usw. (1996) 85 ff. Park/Park Rdn. 44; Wohlers MK Rdn. 66; Otto BT § 61 Rdn. 63 und WM 1988 729, 739; Pabst S. 40 ff. Hellmann NK Rdn. 71; Park/Park Rdn. 44; Kaligin WPg 1987 354, 360; Otto WM 1988 729, 739; v. Heymann DStR 1993 840, 843; weitergehend Sch/Schröder/ Cramer/Perron Rdn. 38; Pabst S. 42; Werner/Machunsky S. 313 und Worms in Assmann/Schütze 2 § 8 Rdn. 92.

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Kapitalanlagebetrug

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dürfte angesichts der entscheidenden Rolle der Bank beim Vertrieb in der Regel Täterschaft begründen (Jehl DB 1987 1775). Die bloße Mitwirkung von Kreditinstituten (oder Versicherungsgesellschaften) an der Finanzierung einer Kapitalanlage kann hingegen allenfalls zu einer Beihilfe der dolosen Mitarbeiter führen (Pabst S. 42 f gegen Richter VG 9 1312). Wirken dolose Berater (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater usw.) oder 106 Bankmitarbeiter gehilfenschaftlich an einem Kapitalanlagebetrug mit, so stellt sich das allgemeine Problem, ob berufsadäquates Verhalten ohne Überschreitung der berufsmäßigen Rolle strafbar sein kann, beispielsweise wenn sich die Mitwirkung der genannten Personen darauf beschränkt, das Inverkehrbringen des erkanntermaßen unrichtigen oder unvollständigen Prospekts zu fördern, was nach h.A. als Beitrag zur Tat bis zu deren Beendigung (unten Rdn. 127) erfasst werden kann. Bekanntlich löst die Lehre dieses Problem über Einschränkungen der objektiven Zurechnung (Schünemann LK § 27 Rdn. 17 ff m.w.N.), während die Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ 2000 34) meist einen qualifizierten Gehilfenvorsatz verlangt, der nicht nur auf Erfüllung der Berufspflicht, sondern spezifisch auf Förderung der Haupttat gerichtet ist, und daher bloßen dolus eventualis nicht durchweg genügen lässt (Tiedemann GmbH-Strafrecht § 82 Rdn. 25 m.w.N.). Für Darstellungen und Übersichten gelten die vorstehenden Ausführungen entspre- 107 chend, soweit es um schriftliche, von dem Emittenten herausgegebene Informationsträger geht. Bei Anlageberatern und -vermittlern kommt Täterschaft auch dann in Betracht, wenn diese sich in Kenntnis von deren Unrichtigkeit solcher Informationsträger bedienen, ohne deutlich zu machen, dass sie lediglich fremde Informationen weitergeben (Otto WM 1988 739; Wohlers MK Rdn. 66). Erst recht liegt Täterschaft vor, wenn Anlageberater und -vermittler eigene Darstellungen und Übersichten fertigen, wie überhaupt Täter ist, wer die in Darstellungen und Übersichten enthaltenen unrichtigen Angaben – sei es auch nur in mündlicher Form (dazu oben Rdn. 60 f) – selbst gegenüber einem größeren Kreis von Personen macht. Besonders problematisch und umstritten ist die Abgrenzung zwischen Täterschaft und 108 Teilnahme beim Kapitalanlagebetrug durch Verschweigen nachteiliger Tatsachen. Da es nach h.A. um ein echtes (für sich pflichtenbegründendes) Unterlassungsdelikt geht, liegt es nicht fern, auch für das Strafrecht an die zivilrechtliche Prospektaufklärungspflicht und den dort betonten Gesichtspunkt des Vertrauens (oben Rdn. 102) anzuknüpfen (so Worms S. 342). Hiernach muss der Kreis tauglicher Täter weiter als bei der Begehungsalternative gezogen werden und umfasst insbesondere auch Personen, die kraft besonderen Ansehens oder besonderer Sachkunde besonderes Vertrauen in Anspruch genommen haben (oben Rdn. 102), über die Initiatoren und Vertreiber hinaus also auch Anlageberater und -vermittler, unter den letzteren auch Rechtsanwälte, Steuerberater und Bankangestellte (Worms S. 342 f unter Hinweis auf § 189 AE). Gegen diese Auffassung ist aber einzuwenden, dass sie in den häufigen Fällen, in denen das Verschweigen nachteiliger Tatsachen mit einem Machen unvollständiger Angaben einhergeht (oben Rdn. 80), die Eingrenzung der Täterschaft bei der Begehungsalternative über die Unterlassungsalternative „aufzurollen“ droht. Die Auffassung überzeugt auch in der Sache nicht, weil die nachteiligen Tatsachen „in“ einem Prospekt (usw.) verschwiegen werden müssen, so dass Unterlassungstäter nur derjenige sein kann, der in einem Prospekt täterschaftlich Angaben machen könnte. Daher ist richtigerweise die Täterschaftsfrage für die Unterlassungsalternative nicht anders als für die Begehungsalternative zu entscheiden (ebenso Fischer Rdn. 22).

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X. Konkurrenzen 109

1. Innerhalb des § 264a Abs. 1 StGB geht die Tathandlung der ersten Alternative (Tun) der zweiten Alternative (Unterlassen) vor, wenn der Täter in einem Prospekt (usw.) unvollständige Angaben macht (aA Fischer Rdn. 24: Tateinheit); dies ist ebenso wie bei § 264 Abs. 1 (vgl. Tiedemann LK Rdn. 188) ein Tatbestands- und nicht erst ein Konkurrenzproblem (vgl. oben Rdn. 22 ff). In Bezug auf unterschiedliche Sachverhalte und Teilaussagen können beide Alternativen dagegen tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen; so kommt Tateinheit zwischen den Alternativen bei Werbung für mehrere Kapitalanlagen in denselben Informationsträgern in Betracht (Fischer aaO; vgl. auch Wohlers MK Rdn. 74). Vertriebsmaßnahmen, besonders aber nacheinander erfolgende mündliche Erklärungen gegenüber einem größeren Kreis von Personen sind nur eine Tat, bis dieses Tatbestandsmerkmal sukzessive verwirklicht ist. Die darüber hinausgehende, praktisch häufige fortgesetzte Begehung dürfte nach den Maßstäben von BGHSt 40 138 (zu § 263 StGB) und 195 (zu § 370 AO) rechtlich nicht mehr als Fortsetzungszusammenhang zu erfassen sein (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 188).

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2. Im Verhältnis zu § 263 wirkt sich der oben Rdn. 23 ff dargestellte Streit zum Rechtsgut des § 264a StGB aus. Die Vertreter einer reinen Vermögensorientierung, aber auch die Rechtsprechung nehmen – u.a. im Hinblick auf die niedrigere Strafdrohung des § 264a StGB – Subsidiarität gegenüber dem Betrugstatbestand an (BGH wistra 2001 57, 58; 1 StR 335/03).119 Auf der Grundlage einer auch die Kapitalmarktinteressen einbeziehenden Sichtweise ist hingegen – ähnlich wie bei § 265b StGB (Tiedemann LK Rdn. 113) – die Annahme von Idealkonkurrenz (§ 52 StGB) vorzugswürdig.120

111

3. Das Verhältnis zu anderen Straftatbeständen betrifft zunächst das Kapitalmarktstrafrecht i.w.S. Kapitalanlagebetrug kann mit einer Marktmanipulation gem. § 38 Abs. 2 (i.V.m. § 39 und § 20a) WpHG einhergehen, da und soweit diese auch die Bookbuilding- und Zeichnungsphase einer Emission miterfasst und durch unrichtige Prospekte (usw.) durchaus eine gezielte Einwirkung auf den (Ausgabe-)Preis des betreffenden Finanzinstruments bewirkt werden kann. In derartigen Fällen Gesetzeskonkurrenz mit Vorrang des § 264a StGB anzunehmen,121 überzeugt nicht: Zwar schützt das Verbot der Marktmanipulation ein komplexes Rechtsgut mit individuellen wie überindividuellen Elementen und ist daher von der Schutzrichtung durchaus vergleichbar mit § 264a StGB (Vogel in Assmann/Schneider § 20a WpHG Rdn. 30); das überindividuelle Element des § 20a WpHG stellt aber auch auf den Schutz der Preisbildung ab und ist daher insofern

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Fischer Rdn. 24; Hellmann NK Rdn. 82; Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 99; Lackner/Kühl Rdn. 17; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 7; Joecks wistra 1986 142, 148; Knauth NJW 1987 28, 32; Worms S. 351 f. Bosch SSW Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 48; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 41; A/W-Heinrich § 21 Rdn. 91; Kindhäuser BT II § 30 Rdn. 13; Maurach/Schroeder/ Maiwald I § 41 Rdn. 184; Otto BT § 61 Rdn. 67; Rengier BT I § 17 Rdn. 11; Wessels/Hillenkamp Rdn. 697; Cerny MDR

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1987 271, 278; Geerds S. 232; Kaligin WPg 1987 354, 363 f; Otto WM 1988 729, 739; ders. Jura 1989 24, 31; Pabst S. 49; Richter wistra 1987 117, 120; Weber NStZ 1986 481, 485; vgl. auch Lackner/Kühl Rdn. 17 und Knauth NJW 1987 28, 32 (für versuchten Betrug). – Zu der nicht mehr vertretenen Auffassung, Kapitalanlagebetrug und Betrug konkurrierten realiter (§ 53 StGB), auch wenn die Täuschungshandlung dieselbe ist, LK11 Rdn. 82. So Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 41; Worms S. 352 (zu § 88 BörsG a.F.).

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Kapitalanlagebetrug

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vom überindividuellen Schutz des Kapitalanlagemarkts durch § 264a StGB (oben Rdn. 25) zu unterscheiden. Folglich ist es angezeigt, bei Identität der Tatobjekte Idealoder Realkonkurrenz anzunehmen.122 – Ein tateinheitliches Zusammentreffen mit dem Verbot von Insidergeschäften (§ 38 Abs. 1 i.V.m. § 14 WpHG) ist entgegen Fischer Rdn. 24 allenfalls in der (kaum praktisch werdenden) Weise denkbar, dass ein Primärinsider i.S.d. § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG in Prospekten usw. unbefugt Insidertatsachen mitteilt. – Auf der Grundlage der Auffassung, dass Spekulationsgeschäfte nicht in den Anwendungsbereich des § 264a StGB fallen (oben Rdn. 45), kann der Tatbestand der Verleitung zu Börsenspekulationsgeschäften (§§ 26, 49 BörsG) nicht mit § 264a StGB zusammentreffen; Tateinheit wäre allenfalls möglich, wenn uno actu sowohl spekulative als auch „normale“ Anlagen irreführend beworben werden.123 Richtigerweise fallen auch in Bezug auf Börsenspekulationsgeschäfte gemachte unrichtige Angaben (usw.) in den Anwendungsbereich des § 264a StGB (oben Rdn. 45); wegen des wucherähnlichen Charakters der §§ 26, 49 BörsG besteht im Verhältnis zu dem betrugsähnlichen § 264a StGB nicht Gesetzeskonkurrenz, sondern Tateinheit oder Tatmehrheit (Fischer Rdn. 24). Wird eine öffentliche Ankündigung von Aktien (§ 47 Nr. 3 AktG) durch einen Pro- 112 spekt vollzogen, ist Tateinheit des § 264a StGB mit dem sog. Ankündigungsschwindel (§ 399 Abs. 1 Nr. 3 AktG) möglich (Wohlers MK Rdn. 76). Denkbar ist auch Tateinheit des § 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB mit dem sog. Kapitalerhöhungsschwindel (§ 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG) bei Zusammenfallen der Eintragung einer Erhöhung des Grundkapitals und dem nachfolgenden Bezugsrechtsvertrieb (vgl. Müller-Michaels in Hölters AktG 2011 § 399 Rdn. 136). Außerdem ist an Tateinheit mit § 54 KWG zu denken, da die Anlagemodelle meist erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen darstellen (Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 103). Tatmehrheit besteht hingegen zum möglicherweise im Vorfeld verwirklichten § 331 HGB (Wohlers MK Rdn. 76). Insbesondere bei positiven Falschangaben in Prospekten werden sich relativ häufige 113 Überschneidungen des § 264a StGB mit der Strafvorschrift gegen irreführende Werbung in § 16 UWG ergeben, da der Warenbegriff des UWG auch Wertpapiere und alle anderen im Verkehr handelbaren Güter umfasst.124 Für die in § 264a StGB genannten Tatobjekte ist dieser Straftatbestand aber lex specialis (im weiteren Sinne),125 da beide Tatbestände sowohl die individuelle Vermögenssphäre und die auf sie bezogene Dispositionsfreiheit als auch die wettbewerbliche Ordnung – § 264a StGB speziell die Ordnung des Kapitalmarkts – schützen, so dass Tateinheit ausscheidet.126 Jedoch bleibt § 16 UWG für Werbe-

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Bosch SSW Rdn. 24; Hellmann NK Rdn. 83; Hoyer SK Rdn. 49; Lackner/Kühl Rdn. 17; Momsen in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 20; Park/Park Rdn. 47; Wohlers MK Rdn. 77; Zimmer/Cloppenburg in Schwark/Zimmer KMRK § 38 WpHG Rdn. 27; Chr. Schröder Kapitalmarktrecht Rdn. 104; noch zu § 88 BörsG a.F.: Otto WM 1988 729, 739; Schlüchter S. 161. So Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 41; Otto WM 1988 729, 739 (zu § 89 BörsG a.F.). Brammsen MK UWG § 16 Rdn. 82; Diemer in Erbs/Kohlhaas § 16 UWG Rdn. 130; noch zu § 4 UWG a.F.: Jaath FS Dünnebier S. 583, 594; Kaligin WPg 1985 194, 199;

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Worms S. 206; s. auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 345; zw. Schwark BB 1979 897, 903 (zu Rechten). Bosch SSW Rdn. 24; Brammsen MK UWG § 16 Rdn. 55; Dreyer in Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig § 16 UWG Rdn. 24; Duttge HK-GS Rdn. 25; Hellmann NK Rdn. 85; Hoyer SK Rdn. 49; Momsen in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 20; Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 41; noch zu § 4 UWG a.F.: BTDrucks. 10/318 S. 22; Otto BT § 61 Rdn. 67; Cerny MDR 1987 271, 278; Otto WM 1988 729, 739; Pabst S. 49; Richter wistra 1987 117, 120; Worms S. 352. AA Lackner/Kühl Rdn. 17; Janssen/Maluga MK UWG § 16 Rdn. 74; Joecks in Achen-

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formen, die nicht unter § 264a StGB fallen (oben Rdn. 57 ff), anwendbar.127 Dies betrifft namentlich unrichtige (irreführende) Angaben, die in einfachen Werbeschreiben oder irreführenden Ad-hoc-Mitteilungen gemacht werden (vgl. BTDrucks. 10/318 S. 22).128 – Tateinheit ist im Verhältnis zu dem Straftatbestand des beharrlich wiederholten Vertriebes von Wertpapieren (sowie Bezugs- und Anteilscheinen auf Wertpapiere) im Reisegewerbe (Haustürverkäufe) anzunehmen (§ 148 Nr. 1 GewO i.V.m. §§ 56 Abs. 1 Nr. 1h, 145 Abs. 2 Nr. 2a GewO). Ein Verhalten nach § 264a Abs. 2 StGB, das sich als Handeln im Rahmen eines Treu114 handverhältnisses eines Unternehmens zu den Anlegern darstellt (oben Rdn. 52 ff), kann bei Eintritt eines Vermögensnachteils bei den Anlegern eine (vollendete) Untreue darstellen. Für das Verhältnis von § 264a Abs. 2 zu § 266 gelten die Aussagen zu § 263 StGB (oben Rdn. 110) entsprechend (vgl. Knauth NJW 1987 32; Richter wistra 1987 120).

XI. Internationales Strafrecht 115

Angesichts der internationalen Verflechtung der Kapitalmärkte weisen Kapitalanlagebetrügereien häufig internationale Bezüge auf, die prozessual zur Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit in Strafsachen führen, aber auch durch internationale Zusammenarbeit der Finanzaufsichtsbehörden aufgeklärt werden können. Materiell-rechtlich gilt:

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1. Der Schutzbereich des § 264a StGB beschränkt sich gegenständlich nicht auf inländische Wertpapiere, Bezugsrechte oder Unternehmensanteile. Vielmehr ist es für den Grauen Kapitalmarkt keineswegs untypisch, dass ausländische Anlageformen – wie z.B. pennystocks – gehandelt werden. Sie mit zu erfassen, entspricht dem Willen des Gesetzgebers (BTDrucks. 10/318 S. 22), der insbesondere auch Anteile an ausländischen (Kapital-)Gesellschaften erfasst wissen wollte,129 für die das deutsche Gesellschaftsrecht keinen Schutz bot (und z.T. bietet). Neben ausländischen Unternehmen (dazu Otto FS Pfeiffer S. 71 f m.w.N.) kommen auch ausländische Staaten und Kommunen, ferner supra- oder internationale Einrichtungen wie die Europäische Investitionsbank oder die Weltbank als Emittenten in Betracht (Sch/Schröder/Cramer/Perron Rdn. 6). In persönlicher Hinsicht sind nicht nur inländische bzw. sich im Inland aufhaltende 117 Anleger, sondern gleichermaßen ausländische bzw. sich im Ausland aufhaltende Anleger geschützt. Das folgt aus der Individualschutzrichtung des § 264a StGB; Individualrechtsgüter wie Vermögen und vermögensbezogene Dispositionsfreiheit schützt das deutsche

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bach/Ransiek X 1 Rdn. 100 (von Spezialität des § 264a StGB kann nur ausgangen werden, wenn man auch den Verbraucherschutz von § 264a StGB erfasst sieht); Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 269. Auch nach Chr. Schröder Kapitalmarktstrafrecht Rdn. 104 ist Tateinheit denkbar. BTDrucks. 10/318 S. 22; Fischer Rdn. 24; Wohlers MK Rdn. 75; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 345; Pabst S. 49; Richter wistra 1987 117, 120; Worms S. 352.

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128 129

Missverstanden von Fischer Rdn. 24. Ebenso Bosch SSW Rdn. 7; Fischer Rdn. 8; Hellmann NK Rdn. 20; Momsen in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 6; Sch/Schröder/Cramer/ Perron Rdn. 4 ff; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck § 27 Rdn. 197; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 349; Borchard S. 45; Cerny MDR 1987 271, 273; Granderath DB 1986 Beil. 18 S. 6; Kaligin WPg 1987 354, 357; Knauth NJW 1987 28; Worms wistra 1987 242, 245 f; und Anlegerschutz S. 317.

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Kapitalanlagebetrug

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Strafrecht universell, soweit die zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 3 ff StGB erfüllt sind (vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 115; zu §§ 7, 9 unten Rdn. 120 f). Daher ist es nicht erforderlich, dass der umworbene größere Kreis von Personen aus Inländern besteht bzw. sich im Inland aufhält. Eine gewisse sachliche Einschränkung des Schutzbereichs ergibt sich allerdings aus 118 dem zusätzlichen überindividuellen Rechtsgut des Kapitalmarkts bei § 264a StGB (oben Rdn. 25), das dazu führt, dass nur ein Vertrieb bzw. nur ein Angebot im Gebiet der Europäischen Union tatbestandsmäßig sein kann. Denn im Ausgangspunkt beschränken WpHG, WpPG, VerkProspG, VermVerkProspV sowie BörsG die normative Garantie und Institutionalisierung des Handels mit Wertpapieren usw. auf den inländischen Markt, auf den auch die Überwachungskompetenzen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Börsenaufsichtsbehörden begrenzt sind. Dem gleichzustellen sind die Märkte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die das Kapitalmarktrecht primärund sekundärrechtlich (vgl. nur die Richtlinie 2003/71/EG und die EU-ProspVO, dazu oben Rdn. 6) ähnlich weitgehend harmonisiert hat wie das Recht des Kreditwesens (vgl. dazu Tiedemann LK § 265b Rdn. 117). 2. Im Übrigen richtet sich die international-strafrechtliche Geltung des § 264a nach 119 den allgemeinen Regeln der §§ 3 bis 9 StGB, die bei § 264a in gleicher Weise wie bei § 265b StGB anzuwenden sind (s. hierzu Tiedemann LK § 265b Rdn. 118 ff). Strafbar sind jedenfalls Inlandstaten (§ 3 StGB), bei denen der „Tätigkeitsort“ i.S.v. 120 § 9 Abs. 1 StGB im Inland belegen ist. Entscheidend ist nicht, wo die Anlage vertrieben wird,130 sondern, ob die unrichtigen Angaben im Inland gemacht, d.h. den Anlegern im Inland zugänglich gemacht werden. Maßgebend wird damit (auch) der Sitz des Adressatenkreises. Entsprechendes gilt gemäß § 9 Abs. 1 StGB für das Unterlassen (Verschweigen nachteiliger Tatsachen), da die Aufklärung eines im Inland ansässigen Adressaten (spätestens) im Inland hätte erfolgen müssen. Spiegelbildlich richten sich Auslandstaten an im Ausland ansässige Anleger. Praktisch 121 nicht unbedeutsam ist die Konstellation, dass ausländische Anleger im Ausland durch Deutsche getäucht werden. In diesem Fall gilt § 264a gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn die Tat (unrichtige oder unvollständige Werbeangabe) im Ausland mit Strafe bedroht ist, wobei die ausländische Strafvorschrift mit der deutschen nicht identisch zu sein braucht, so dass eine Auslandsstrafbarkeit als versuchter Betrug oder nach werberechtlichen Spezialvorschriften genügt. Vertreiben Ausländer im Ausland Kapitalanlagen gegenüber Ausländern, so vermag § 264a StGB nicht einzugreifen, auch dann nicht, wenn es sich um deutsche Kapitalanlagen (z.B. deutsche Aktien oder Unternehmensanteile) handelt.

XII. Strafverfolgung und Verjährung 1. Die Strafverfolgung nach § 264a StGB setzt keinen Strafantrag voraus, wird aber 122 faktisch weitgehend von einer Strafanzeige abhängen. Systematische Überprüfungen der Werbung für Kapitalanlagen durch die Strafverfolgungsorgane von Amts wegen sind zwar wünschenswert (Geerds S. 326), jedoch selten (Tiedemann Verh. 49. DJT S. C 100; 130

So aber Knauth NJW 1987 28; Samson SK Rdn. 51; Worms in Assmann/Schütze 2 § 8 Rdn. 98.

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vgl. aber auch Kaligin WPg 1987 365 m.w.N.). Ähnlich wie bei § 265b StGB (Tiedemann LK Rdn. 122) werden von den Opfern (Anlegern) regelmäßig erst bei erfolgter Schädigung (oder bei vermeintlicher Schädigung) Strafanzeigen erstattet. Daneben kommt allerdings auch Strafanzeigen durch Schutzverbände der Wirtschaft oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bedeutung zu. Die grundsätzliche faktische Beschränkung von Strafanzeigen auf Fälle bereits eingetretener Schädigung ist bedauerlich, da sich § 264a StGB an dem Gedanken präventiver Ermittlungstätigkeit im Vorfeld der Vermögensschädigung orientiert und gerade in diesem Bereich Beweis- und Ermittlungserleichterungen mit sich bringt;131 nach (mutmaßlichem) Schadenseintritt muss dagegen im Grundsatz auch wegen Betruges ermittelt werden (Worms S. 357). Auch in den (seltenen) Fällen, in denen das Ermittlungs- und Strafverfahren nur 123 Kapitalanlagebetrug zum Gegenstand hat, kommen Anleger als Verletzte i.S.d. §§ 172, 406d ff StPO in Betracht. Dies kann im Grundsatz aus dem individuellen Rechtsgutsaspekt des § 264a StGB (Vermögen bzw. vermögensbezogene Dispositionsfreiheit, oben Rdn. 22 ff) hergeleitet werden. Schwierigkeiten ergeben sich freilich daraus, dass § 264a StGB insoweit nur (abstraktes oder abstrakt-konkretes) Gefährdungsdelikt ist. Zur Vermeidung von Popularklagen verneint insoweit die im Strafprozessrecht h.L. die Verletzteneigenschaft des nur Gefährdeten (Graalmann-Scheerer LR § 172 Rdn. 58; Tiedemann AT Rdn. 94a, je m.w.N.). Daher ist OLG Braunschweig wistra 1993 31, 33 darin zuzustimmen, dass die Verletzteneigenschaft (dort im Hinblick auf das Klageerzwingungsverfahren) erst begründet ist, wenn der Anleger aufgrund des unrichtigen Prospekts (usw.) Anteile gezeichnet hat und somit in seiner vermögensbezogenen Dispositionsfreiheit verletzt ist; darauf, ob die Anlage i.S.d. § 263 StGB nicht hinreichend werthaltig und somit eine Vermögensgefährdung (ein Vermögensschaden) eingetreten ist, kommt es aber nicht an (insoweit aA OLG Braunschweig aaO). Soweit Zielinski (wistra 1993 6, 7) die Verletzteneigenschaft zeitlich noch weiter vorverlagern will, verkennt er die strafprozessuale Eigenständigkeit des Verletztenbegriffs und muss im Übrigen auf ein der strafprozessualen Rechtssicherheit abträgliches, unpraktikables Kriterium – das potentielle Opfer müsse „aufgrund der falschen Information ernsthafte Erwägungen über eine entsprechende Geldanlage angestellt“ haben (Zielinski aaO) – zurückgreifen.

124

2. Die RiStBV sehen in Nr. 236 bei der Bekämpfung von „Schwindelunternehmen“ und Vermittlungsschwindel eine Zusammenarbeit der Strafverfolgungsorgane mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW) und dem Immobilienverband Deutschland (IVD) für Immobilien, Hypotheken und Finanzierungen e.V. vor. Diese Stellen gehen zivilrechtlich mit Unterlassungsverfügungen u. a. gegen unlautere Werbung vor, sammeln Daten, können Sachverständige benennen und erstellen selbst Gutachten (dazu Müller/Wabnitz S. 189 ff).

125

3. Gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG ist für die Aburteilung des Kapitalanlagebetruges die Wirtschaftsstrafkammer zuständig, wenn die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles gem. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage zum Landgericht erhebt (§ 74 Abs. 1 GVG). Dies wird vor allem auch bei großer Schadenshöhe mit zahlreichen Beteiligten sowie besonderen Schwierigkeiten der Beweisführung zutreffen (vgl. auch Tiedemann LK § 265b Rdn. 125). Zur Frage der Beschränkung der Beweisführung auf

131

Dazu v. Heymann DStR 1993 840, 843; Worms in Assmann/Schütze 2 § 8 Rdn. 99

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sowie eingehend zur Strafverfolgungspraxis v. Schönborn S. 79 ff.

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einen Bruchteil der Kapitalanleger BGH NJW 1983 1917; Tiedemann FS R. Schmitt S. 147 f Fn. 27 m.w.N. aus der unveröff. BGH-Rechtsprechung. 4. Die Frist für die Verjährung der Strafverfolgung beträgt nach dem StGB fünf Jahre 126 (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die kürzere Verjährungsfrist der Landespressegesetze bei der Veröffentlichung und Verbreitung von Druckwerken ist entsprechend BVerfGE 7 29 grundsätzlich vorrangig, da § 264a StGB „Presseinhaltsdelikt“ ist (BGHSt 40 385, 387).132 Die gegenteilige Auffassung von S. Cramer WiB 1995 305, wonach die einschlägigen Werbedrucksachen (usw.) unmittelbar und ausschließlich gewerblichen Zwecken privatwirtschaftlicher Art dienen und es mithin um Gewerbe-, nicht um Pressefreiheit gehe, ist nicht haltbar, da der herrschende „formale“ Pressebegriff (Herzog in Maunz/ Dürig Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 129) nur auf die (zur Verbreitung bestimmte) Vervielfältigung abstellt, den Inhalt bewusst ausklammert und insbesondere auch Werbeschriften umfasst (BVerfGE 64 108, 114; Jarras/Pieroth GG, Art. 5 Rdn. 26). Jedoch kennen die meisten Landespressegesetze ausdrückliche Ausnahmen für gewerbliche Druckschriften wie Werbedrucksachen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte. Da hierzu auch Prospekte i.S.d. § 264a StGB zählen (BGHSt 40 385), verbleibt es im Anwendungsbereich dieser Landespressegesetze bei der bundesrechtlichen fünfjährigen Verjährung (Tiedemann BT Rdn. 350). Fehlt es an derartigen Ausnahmen, so kann die bundesrechtliche Verjährungsfrist aber entgegen LG Augsburg wistra 2004 75 – mit Recht krit. hierzu Pananis/Frings wistra 2004 238 – nicht angewendet werden. Die Frist beginnt gem. § 78a StGB mit Beendigung der Tat zu laufen. Hierfür kommt 127 es entgegen der wohl h. A. nicht auf den Eintritt der materiellen Rechtsgutsverletzung an, die bei § 264a StGB in der Leistungserbringung durch die Anleger bestünde,133 sondern auf den Abschluss der unrechtserheblichen Gesamttätigkeit. Diese liegt aber gerade nicht im Vertrieb von Anlagen, sondern im Machen von Angaben bzw. Verschweigen von Tatsachen in Prospekten usw. Deshalb kommt es auf die Zeitpunkte von Kenntnisnahmen, Anlageentscheidungen oder gar Leistungen nicht an (OLG Köln NJW 2000 598, 600; Wohlers MK Rdn. 68), sondern auf das Verbreiten bzw. Zugänglichmachen der Prospekte usw. gegenüber einem größeren Kreis von Personen, was plastisch als „Täuschung der Öffentlichkeit“ (Tiedemann BT Rdn. 350) bezeichnet werden kann. Wird der Prospekt (usw.) nach diesem Zeitpunkt weiter verwendet, so schiebt das den Beendigungszeitpunkt nach § 78a StGB nicht hinaus, da § 264a StGB nicht als Dauerdelikt mit der Folge anzusehen ist, dass die Verjährung erst mit der Beendigung der Tätigkeit beginnen würde (zur Abgrenzung BGHSt 36 255, 257 ff). Beim Verschweigen setzt der Lauf der Verjährungsfrist dagegen erst ein, sobald die Pflicht zur Aufklärung entfällt. Dies ist frühestens mit Erbringung aller Leistungen durch den Anleger anzunehmen (vgl. oben Rdn. 90; aA Wohlers MK Rdn. 68, der dieselben Maßstäbe wie bei positivem Tun anlegen will).

132

Ebenso Bosch SSW Rdn. 22; Fischer Rdn. 23; Park/Park Rdn. 46; v. Hoffmann BB 1994 2100; Schmidt-Lademann WM 1986 1241, 1243; Worms wistra 1987 271, 275; im Einzelnen hierzu auch Joecks in Achenbach/Ransiek X 1 Rdn. 88 ff und Kapitalanlagebetrug Rdn. 243 ff.

133

In diesem Sinne aber Duttge HK-GS Rdn. 25; Fischer Rdn. 18; Hellmann NK Rdn. 88; Jehl DB 1987 1772, 1774; Joecks Kapitalanlagebetrug Rdn. 241; Pabst S. 49.

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§ 265 Versicherungsmissbrauch (1) Wer eine gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem anderen überlässt, um sich oder einem Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 263 mit Strafe bedroht ist. (2) Der Versuch ist strafbar.

Schrifttum Siehe zunächst die Angaben bei §§ 263, 264; ferner: Arnold Kriminalität und Versicherung (1992); Ayasse Betrug zu Lasten der Versicherungswirtschaft – kein Kavaliersdelikt, VersR 1989 778; Bach (Hrsg.), Symposion gegen Versicherungsbetrug (1990); Bacher L’Escroquerie à l’assurance privée, Diss. Fribourg 1994; Briel Der Versicherungsbetrug des § 265 StGB und seine Reform, Diss. Tübingen 1937; Bröckers Versicherungsmissbrauch (1999); Bruch Vorsätzliche Brandstiftungen (1983); Elguero y Merino La estafa de seguro (Madrid 1988); Engemann Die Regelung des Versicherungsmissbrauchs (2001); Farny Das Versicherungsverbrechen (1959); Fetchenhauer Versicherungsbetrug (1998); F. Geerds Art. Versicherungsbetrug, HWiStR (1985); F. Geerds Betrügerische Absicht im Sinne des § 265 StGB, Jura 1989 294; F. Geerds Versicherungsmissbrauch (1991); F. Geerds Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB), Festschrift Welzel (1974) 841; Geppert Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB n.F.), Jura 1998 382; Günther Betrug in der Sachversicherung (2006); Hamann Versicherungsbetrug in der Hausratversicherung (usw.), VersR 2010 35; Heintzmann Der Versicherungsbetrug nach geltendem und zukünftigem deutschen Strafrecht, Diss. Heidelberg 1930; Helmer Betrug zum Nachteil der Versicherung, in Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bekämpfung von Betrug und Urkundenfälschung (1956) 89; Herold Der Versicherungsbetrug im Rahmen der Strafrechtsreform, Zeitschrift für Versicherungswesen 1963 680; Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt a.M. (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung (1999); Kastner Der Versicherungsbetrug (§ 265 StGB), Diss. Tübingen 1928; Arth. Kaufmann Der versicherte Lastzug, JuS 1987 306; Klingmüller/Deutsch u.a. (Hrsg.), Betrug in der KfzHaftpflichtversicherung (1991); König Der Versicherungsbetrug (Zürich 1968); Kohlhaas Der Betrug in der Versicherung, VersR 1965 1; Kohlhaas Der Versicherungsbetrug des § 265 StGB, VersR 1955 465; Kohlmann Zwischen Vertragstreue und Versicherungsstreben, ZVersWiss 2002 557; Krebs Versicherungsbetrug und Betrug zum Nachteil einer Versicherung, VersR 1958 742; Krets Strafrechtliche Erfassung des Versicherungsmissbrauchs (2001); Kreuzhage Der Versicherungsbetrug, Versicherungswirtschaft 1947 189; Kreuzhage Der Versicherungsbetrug in juristischer, kriminalistischer und versicherungstechnischer Beleuchtung (1950); Küper Zur Problematik der „betrügerischen Absicht“ (§ 265 StGB) in Irrtumsfällen, NStZ 1993 313; Langheid Nachweis der Eigenbrandstiftung, VersR 1992 13; Langrock Der kriminelle Missbrauch der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (1979); Lichtblau Versicherungsbetrug und Betrug an einer Versicherung, Kriminalistik 1963 131; Lindenau Die Betrugsstrafbarkeit des Versicherungsnehmers aus strafrechtlicher und kriminologischer Sicht (2005); Matschewsky Der Versicherungsbetrug im künftigen Recht, Diss. Köln 1933; Meschkat/Nauert Betrug in der Kraftfahrzeugversicherung (2008); Meurer Betrügerische Absicht und Versicherungsbetrug (§ 265 StGB) – BGHSt 32, 137, JuS 1985 443; Nelken Verbrechen und Versicherung (1928); Neugebauer Versicherungsrecht vor dem Versicherungsvertragsgesetz (1990); Oberhansberg Der Versicherungsbetrug und sein Verhältnis zu Betrug, Brandstiftung und Sachbeschädigung nach geltendem und künftigem Recht, Diss. Köln 1930; Pérez Alonso La estafa de seguro, Festschrift Bacigalupo II (2004) 2095; Ranft Grundprobleme beim sog. Versicherungsbetrug (§ 265 StGB), Jura 1985 393; Rein Der Versicherungsbetrug nach dem Reichsstrafgesetzbuch und den neuen Strafgesetzentwürfen, Diss. Tübingen 1932; Reinhardt Der Brandversicherungsbetrug, ArchKrim 102 (1938) 60; v. Rintelen Überindividuelle Rechtsgüter im Vorfeld des Betruges? Eine Untersuchung zu §§ 265 und 265b StGB, Diss. Bonn 1993; Rönnau Der neue Straftatbestand

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des Versicherungsmissbrauchs – eine wenig geglückte Gesetzesregelung, JR 1998 441; Schad Betrügereien gegen Versicherungen, Diss. Kiel 1965; R. Schröder Versicherungsmissbrauch (2000); Schüll Die Strafbarkeit von Versicherungsnehmer und Versicherungsvermittler nach dem Strafgesetzbuch (2011); Seier Zum Rechtsgut und zur Struktur des Versicherungsbetrugs (§ 265 StGB), ZStW 105 (1993) 321; v. Speßhardt Der Versicherungsbetrug im Reichsstrafgesetzbuch, Diss. Marburg 1885; Staab Betrug in der Kfz-Haftpflichtversicherung (1991); Suchan Der Versicherungsmissbrauch – Erscheinungsformen und Strafrechtsreform, in Tiedemann (Hrsg.), Die Verbrechen in der Wirtschaft, 2. Aufl. (1972) 83; Thietz Internationale Kfz-Verschiebung (2010); Tiedemann Phenomenology of Economic Crime, in Council of Europe (Hrsg.), Criminological aspects of economic crime (1978) S. 218, 240 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT § 9 X; Ulsenheimer Art. Versicherungsaufsichtsgesetz (Straf- und Bußgeldvorschriften), HWiStR (1988); Wagner Subjektiver Tatbestand des Versicherungsbetrugs (§ 265 StGB) – Repräsentantenhaftung –, BGH NJW 1976, 2271, JuS 1978 161; Waider Wirtschaftsstrafrecht und Versicherungsbetrug (2003); Weber Die strafrechtliche Erfassung des Versicherungsmissbrauchs nach dem 6. Strafrechtsreformgesetz von 1998, Festschrift H. Baumann (1999) 345; Weck Brandstiftung und Brandversicherungsbetrug, in Wirtschaft und Recht der Versicherung (1926) Nr. 3; Weibel Versicherungsbetrug – Ein Kavaliersdelikt? Kriminalistik 1993 141, 665; Weinert Vorbereitungsdelikte und tätige Reue (2005); Welzel Zum Schadensbegriff bei Erpressung und Betrug, NJW 1953 652; Wersdörfer Ist ein strafbefreiender Rücktritt beim Versicherungsbetrug möglich? AnwBl 1987 74; Wirth Zur Notwendigkeit des strafrechtlichen Schutzes des Privatversicherungswesens durch Sondernormen (2004); Wittkämper/Wulff-Nienhüser/Kammer Versicherung und Kriminalität (1990); Wolff Die Neuregelung des Versicherungsmissbrauchs (§ 265, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB) (2000); Zopfs Erfordert der Schutz des Versicherers den strafrechtlichen Tatbestand des Versicherungsmissbrauchs? VersR 1999 265.

Materialien E 1962 (Entwurf der BReg. eines Strafgesetzbuches) § 256; AE 1977 (Alternativ-Entwurf BT „Straftaten gegen die Wirtschaft“ S. 125) – BT-Drs. 13/8587 S. 65, 13/8991 S. 21, 13/9064 S. 19 f.

Entstehungsgeschichte Der Straftatbestand war – von technischen Änderungen im Sanktionsbereich abgesehen – bereits im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 enthalten und ging über den nahezu wortgleichen § 244 Preuß. StGB 1851 hinsichtlich des Feuerversicherungsbetruges bis auf das Preuß. ALR von 1794 zurück. Zum Seeversicherungsbetrug spielte in den Beratungen zum Preuß. StGB das Hannoversche StGB von 1840 eine besondere Rolle (dazu Tiedemann LK11 Rdn. 1). – Das Prinzip der gegenseitigen Unterstützung bei Brand und Schiffbruch sowie die kaufmännische (unternehmerische) Vorsorge gegenüber einschlägigen Großrisiken reichen mit dem Ursprung eines genossenschaftlichen Brandversicherungswesens in Deutschland und dem Entstehen eines Seeversicherungsrechtes in Italien und Spanien historisch weit zurück.1 Staatliche Initiativen (öffentliche Brandkassen; obli-

1

Übersichten dazu bei Neugebauer S. 11 ff; v. Rintelen S. 1 ff; Schad S. 13 f. Zu den deutschen Ursprüngen der Feuer- und Brandversicherung Ebel Die Hamburger Feuerkontrakte und die Anfänge des deutschen Feuerversicherungsrechtes (1936); zum italienischen Ursprung der neueren Seeversicherung Nehlsen-von Stryk Die venezianische

Seeversicherung im 15. Jahrhundert (1986); zur Ordonnanz von Barcelona (1435) und ihren kriminologischen Implikationen Schad S. 13 m.w.N. – Text der ersten deutschen Strafbestimmung gegen Feuerversicherungsbetrug (Feuerkassen-Reglement Friedrichs I. von 1705) bei v. Speßhardt S. 5.

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gatorische Gebäudefeuerversicherung!) und die seit etwa 1850 einsetzende Kommerzialisierung der Versicherungswirtschaft bestärkten deren Entwicklung und den Vorrang der Feuer- und Seeversicherung im 19. Jahrhundert (zusammenfassend Neugebauer S. 12 ff mit Nachw.). Internationale Schifffahrtswege und die Tätigkeit der Versicherungsunternehmen außerhalb ihres Sitzlandes fügten früh internationale Bezüge hinzu (Neugebauer S. 23 f). § 265 beschränkte sich entsprechend der historischen Situation des Versicherungswesens im 19. Jahrhundert bis zum 6. StrafrechtsreformG von 1998 auf die Feuer- und Seeversicherung als Teile der Sach- und Transportversicherung. Wegen seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Schädigung einer Solidargemeinschaft von Versicherten (vgl. heute auch § 266a!) wurde § 265 häufig als erstes Wirtschaftsdelikt im StGB eingeordnet.2 Die Seeversicherung war von vornherein auf Kaufleute ausgerichtet (Neugebauer S. 12). Die seit 1998 geltende Fassung ist aufgrund einer Anregung des Bundesrates (BT-Drs. 13/8587 S. 65) durch das 6. StrafReformG vom 26.1.1998 (BGBl. I S. 164) eingeführt worden. Sie war in den Gesetzentwürfen der Regierungsfraktionen (BT-Drs. 13/7164) und – gleichlautend – der Bundesregierung (BT-Drs. 13/8587) nicht enthalten. Der neue Tatbestand stuft entsprechend alten Reformforderungen (Tiedemann LK11 § 265 Rdn. 2 ff) das frühere Verbrechen zum Vergehen mit einer geringeren Strafdrohung als beim Betrug herunter und ist insoweit, also in Bezug auf die Feuer- und Seeversicherung, ebenso wie § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 n.F. lex mitior i.S.d. § 2 Abs. 3. Die früheren Begehungsweisen finden sich in moderner Form als Regel-Beispiele in dem gleichzeitig neu eingefügten § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5. Entsprechend der hier (Tiedemann LK11 Rdn. 2) erhobenen Forderung ist die Deliktsbezeichnung von „Versicherungsbetrug“ in „Versicherungsmissbrauch“ geändert worden – was allerdings die Bedenken gegenüber der Bezeichnung der §§ 264, 264a, 265b fortbestehen lässt (vgl. auch Hettinger JuS 1998 H. 6 S. XLVIII ff). Gegenüber der früheren historisch bedingten Fassung bringt § 265 entsprechend der heutigen Ausdehnung des Versicherungswesens (Rdn. 1) eine erhebliche Ausweitung der Tatobjekte und Tathandlungen: Erfasst werden nunmehr alle Arten der Sachversicherung. Die Neufassung lehnt sich an § 256 Abs. 2 E 62 an und findet ihren Anlass darin, dass die vorgenannte Bundesratsinitiative im Zusammenhang mit dem aktuellen Problem der Organisierten Kriminalität erging und auf das Beispiel internationaler Kraftfahrzeugverschiebungen abhob, bei denen der Eigentümer nicht selten mit professionellen Tätern zusammenarbeite (vgl. dazu Sieber/Bögel Logistik der Organisierten Kriminalität, 1993, S. 90, 299; Werle Kriminalistik 1995 78 ff, 153 ff). Übersicht Rdn. I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legitimationsfragen und Auslandrechte . . .

1

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes . . . . .

4

III. Täterkreis

2

. . . . . . . . . . . . . . .

8

IV. Die Tathandlungen und ihr Objekt . . .

9

Vgl. nur D. Geerds S. 342; F. Geerds FS Welzel S. 854; Otto ZStW 96 (1984) 350;

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Rdn. 1. Versicherte Sache . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Tathandlungen . . . . 3. Insbesondere Begehung durch Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . .

9 13 18

V. Vorsatz und Absicht . . . . . . . . . . 1. Vorsatz und Tatbestandsirrtum . . . 2. Absicht und „Deckungsgleichheit“ .

21 21 22

Schad S. 110 ff; auch Seier ZStW 105 (1993) 326.

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Rdn. VI. Vollendung, Versuch und Rücktritt vom Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollendung . . . . . . . . . . . . . 2. Versuch . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rücktritt . . . . . . . . . . . . . .

25 25 26 29

VII. Täterschaft und Teilnahme . . . . . . .

30

VIII. Strafdrohung und Strafzumessung . . . 1. Höchststrafe . . . . . . . . . . . . . 2. Strafzumessung . . . . . . . . . . .

32 32 33

IX. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . 1. Mehrere Tatbestandsalternativen des § 265 . . . . . . . . . . . . . .

35 35

Rdn. 2. Verhältnis zu gemeingefährlichen Straftaten, Sachbeschädigung und Diebstahl . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zum (versuchten) Betrug .

36 37

X. Internationales Strafrecht . . . . . . . . 1. Schutzbereich des § 265 . . . . . . . 2. In- und Auslandstaten . . . . . . . .

40 40 41

XI. Strafanzeige und Strafverfolgung . . . . 1. Kein Antragserfordernis; zur Strafanzeigenpraxis . . . . . . . . . . . . 2. Kriminalistische Hinweise; Auskunftsund Akteneinsichtsrecht . . . . . . . 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . .

42 42 43 44

I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legitimationsfragen und Auslandsrechte Mit der modernen Ausweitung der Versicherungswirtschaft auf zahllose Sparten und 1 Arten, von denen es heute ca. 150 gibt, wurde der Betrug zum Nachteil von Versicherungsunternehmen zu einem Massendelikt. Wichtige Zweige des heutigen Versicherungsmassengeschäfts sind neben der Feuerversicherung vor allem die Kfz-, Lebens-, Krankenund Hausratversicherung. Alle diese Versicherungszweige sind Gegenstand von betrügerischen Handlungen, deren Umfang auf jährlich mehrere Milliarden Euro geschätzt wird (Wittkämper/Wulff-Nienhüser/Kammer S. 50 f). Die Schäden betreffen weiterhin vorrangig die Feuerversicherung, von der angenommen wird, dass etwa 15 % aller gemeldeten Fälle auf Brandstiftung (nicht stets in betrügerischer Absicht!) zurückgehen, und bei denen auch ein Zusammenhang mit der Konjunktur festzustellen ist („warme Sanierung“) (Bruch S. 77 f, 88 f mit Nachw.). Insgesamt weist die Polizeiliche Kriminalstatistik jährlich zwischen knapp 5.000 und 6.000 Fälle von Betrug zum Nachteil von Versicherungen (nach § 263 und § 265) aus (Polizeiliche Kriminalstatistik 2007 und 2010 Tab. 01 Schlüssel 5174), wobei auf § 265 (2010: 194 Fälle) etwas weniger als 120 Verurteilungen entfallen (Strafverfolgung 2010 S. 37). Die Schäden beliefen sich 2007 auf knapp 25 Mio Euro, 2010 auf gut 21,5 Mio Euro (PKS aaO Tab. 07 Schlüssel 5174). Vorjahre weisen teilweise die doppelte Zahl von Fällen und mehr als das Zehnfache an Schäden auf (Wohlers MK Rdn. 6 mit Nachw.; dazu aber auch unten Rdn. 2). Die Anonymität der Versicherungsunternehmen und das Denken in vermeintlichen Ansprüchen (auf Gegenleistung nach längerer Prämienzahlung) tragen mit zu der verbreiteten Einschätzung des Versicherungsbetruges (i.w.S., also einschließlich § 263) als Kavaliersdelikt bei.3 Die 1998 vorgenommene Ausdehnung des Strafschutzes auf alle Arten der Sachver- 2 sicherung trägt der Verbreitung einschlägiger Betrügereien Rechnung (Fischer Rdn. 2), stellt aber verstärkt vor Legitimationsfragen, wie sie schon vor der Reform durch das 6. StrRG diskutiert wurden (Tiedemann LK11 Rdn. 4 mit Nachw.). Bereits der AE 1977 hatte zu Recht für Streichung des § 265 plädiert, da sich dessen Tathandlung zunächst

3

Ayasse VersR 1989 779 f; Fischer Rdn. 2; Gas in Bach S. 8 ff; D. Geerds S. 352; F. Geerds FS Welzel S. 847 f; Langheid VersR 1992 13 f; Schad S. 34; Suchan in Tiedemann

S. 83, 97 f; Weibel Kriminalistik 1993 142; Wittkämper/Wulff-Nienhüser/Kammer S. 6, 198, 206 f m.w.N.

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nur gegen eigene (Eigentums-)Interessen des Schädigers richtet4 und es ausreicht, wenn der strafrechtliche Schutz des Versicherers mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des angeblichen Leistungsanspruchs gemäß §§ 263, 22 einsetzt (zust. insbes. Wohlers MK Rdn. 7 mit Nachw., der auch meint, dass vorher eine „Tat“ schon rein faktisch kaum festzustellen sei). Dass § 265 „in weiten Bereichen“ zu einer Kriminalisierung „objektiv unauffälliger, weniger strafwürdiger Verhaltensweisen“ führt (Sch/Schröder/Perron Rdn. 1 mit Nachw.), ist nach § 153 StPO auszugleichen. Für die Reformdiskussion stellt sich im übrigen entsprechend einer zu § 265b geäußerten Kritik (Tiedemann LK § 265b Rdn. 19 mit Nachw.) auch die Frage einer Einbeziehung von Fällen des Missbrauchs seitens der Versicherungswirtschaft (dazu z.B. Langrock S. 26 ff). Fischer aaO erwähnt insoweit aggressive Werbepraktiken der Versicherungswirtschaft, wie sie u.a. durch die Strafrechtsprechung zu Provisionsvertretern nach §§ 263 StGB, 16 UWG bekannt geworden waren. Die fehlende Symmetrie des Strafschutzes und die (frühere, inzwischen aber weniger eklatante) Vernachlässigung möglichen Selbstschutzes (dazu Wohlers aaO mit Nachw., aber auch Fischer aaO und Hoyer SK Rdn. 7 a.E.) werden weiter dadurch gesteigert, dass die weithin üblichen Schadensüberhöhungen bei der Sachversicherung, z.B. im Bereich der Kfz-, Glas-, Gepäckund Hausratversicherung, ebenso wie manipulierte Schäden bei Lebens- und Krankenversicherungen von vornherein nur unter § 263 fallen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 488), der weiterhin mit dem Problem der Repräsentantenhaftung belastet ist (dazu hier nur Tiedemann aaO Rdn. 490 und ausführlich LK § 263 Rdn. 302 mit Nachw.). Die neueren Auslandsrechte (zum älteren Recht v. Speßhardt S. 20 ff, 97 ff) spiegeln 3 die unterschiedlichen Möglichkeiten gesetzgeberischer Gestaltung deutlich wider. Unter den nordischen Strafgesetzbüchern bestraft das finnische auch in seiner Neufassung von 1990 als Sondertatbestand (nur) das Inbrandsetzen feuerversicherten Eigentums (Kapitel 36 § 4 Strafflag), während der schwedische Brottsbalken (Kapitel 9 § 11), das österreichische StGB (§ 151 mit einer speziellen Subsidiaritätsklausel), der italienische Codice penale (Art. 642), das griechische Strafgesetzbuch (Art. 388), das niederländische Wetboek van Strafrecht (Art. 327) und der portugiesische Código Penal (Art. 315) Tathandlungen und Schutzobjekte ausweiten. Letzteres gilt – wohl im Anschluss an das italienische und portugiesische Vorbild – auch für das brasilianische StGB (Art. 171 Abs. 5), während das argentinische den Strafschutz auf versicherte Sachen und Schiffe beschränkt, also die Personenversicherung ausnimmt und als Tathandlung neben der Inbrandsetzung auch sonstiges Zerstören ausreichen lässt (Art. 174 Nr. 1). Der englische Theft Act 1968 stellte in s. 16-2(b) bis zu seiner Aufhebung durch den Fraud Act 2006 ausdrücklich klar, dass ein geldwerter Vorteil beim Betrug auch in dem Abschluss eines Versicherungsvertrages liegen kann (Eingehungsbetrug!). Aufgrund einer ausführlichen Bestandsaufnahme der schweizerischen Diskussion kommt König (S. 122 ff) zu dem Ergebnis der Verneinung eines Bedürfnisses nach einem Sonderstrafschutz, dessen zweifelhafte Legitimität er auch mit dem Missverhältnis zum Zeitpunkt eines strafbefreienden Rücktritts beim versuchten Betrug (dazu unten Rdn. 39) begründet; allerdings verlegt BGE 75 IV 175 die Schwelle des Betrugsversuchs weit vor (auf die Beschädigung des versicherten Objekts in Betrugsabsicht; dazu auch Tiedemann LK § 263 Rdn. 278 mit Nachw. zur deutschen Rechtsprechung). Auch der betont moderne spanische Código Penal von 1996 (dazu Tiedemann JZ 1996 647 ff) hat die erst 1983 eingeführte und sehr weit gefasste spezielle Qualifikation des Art. 529 Nr. 4 nicht übernommen, so dass der Versicherungsmissbrauch nur durch den allgemeinen Betrugstatbestand erfasst wird (Bajo Fernández Delitos de estafa S. 95 ff; Ludwig 4

Alternativ-Entwurf BT „Straftaten gegen die Wirtschaft“ (1977) S. 125. Ebenso schon

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Suchan aaO S. 98 ff sowie Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 170 und ZRP 1970 261.

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S. 423). Jedoch behält Art. 357 unter den Brandstiftungsdelikten den Sondertatbestand bei, dass die Inbrandsetzung eigener Sachen in der Absicht erfolgt, Dritte zu betrügen (dazu Ludwig S. 423 f mit Nachw.). Der französische Code pénal weist den Versicherungsbetrug („escroquerie à l’assurance“) ebenfalls dem allgemeinen Betrugstatbestand zu (zum Versuchsbeginn insoweit T. Walter Betrugsstrafrecht S. 269 f mit Nachw.).

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes Eine nach neuem Recht gewachsene Minderansicht sieht durch § 265 allein das Ver- 4 mögen der Versicherungsunternehmen, also ein individuelles Rechtsgut im Vorfeld der Schädigung, als geschützt an und bezeichnet die Straftat folgerichtig als Vorbereitungshandlung zum Betrug.5 Diese Auffassung wurde früher u.a. auf das Eigenschaftswort „betrügerisch“ im subjektiven Tatbestand des § 265 a.F. gestützt (BGHSt 1 209, 210). Sie sieht sich heute damit konfrontiert, dass die Neufassung nur noch die Absicht verlangt, Versicherungsleistungen zu erlangen (zust. Hoyer SK Rdn. 3 mit zahlreichen Nachw.). Auch besteht weiterhin – ebenso wie bei §§ 264, 264a, 265b und trotz der Parallele des § 142 – das Bedenken, dass eine lediglich abstrakte Vermögensgefährdung schwerlich geeignet ist, die Einordnung als Straftat zu legitimieren oder auch nur zu erklären (ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 2). Die herrschende Gegenauffassung stellt daher neben dem Vermögensschutz (auch oder sogar primär) auf die soziale (volkswirtschaftliche) Leistungsfähigkeit der Sach-Versicherungswirtschaft ab und hält diese entweder für allein maßgebend 6 oder verbindet diese soziale (überindividuelle) Komponente mit dem individuellen Gedanken der Vermögensgefährdung.7 Diese Deutung stützt sich zutreffend darauf, dass die Versicherung in Gestalt einer Solidargemeinschaft der Versicherten (Entstehungsgeschichte!) eine Institution der Volkswirtschaft ist (Lampe FS Tiedemann S. 86; Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 4 m.w.N.). Die Subsidiaritätsklausel des § 265 spricht nicht hiergegen, da es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, einen Straftatbestand mit dem Schutz individueller und sozialer Interessen zurücktreten zu lassen, wenn es nach einem anderen Straftatbestand mit denselben individuellen (Vermögens-)Interessen zu einer massiveren Verletzung derselben kommt (zust. Wohlers MK Rdn. 3 m.w.N.). Dagegen kommt dem für § 265 a.F. durchaus relevanten Aspekt der Gemeingefahr 5 (Tiedemann LK11 Rdn. 6 f mit Nachw.) für die geltende Rechtslage unstreitig keine Bedeutung mehr zu. Schon nach früherem Recht ging es dabei nicht um eine Frage des geschützten Rechtsgutes (oder des Tatobjektes), sondern um das Tatmittel (vgl. bereits 5

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So schon früher BGHSt 1 209, 210 und nach geltendem Recht Bröckers S. 95; Geppert Jura 1998 383; Hefendehl Kollektive Rechtsgüter S. 264 ff; Hellmann NK Rdn. 15; Hoyer SK Rdn. 7; Kindhäuser Rdn. 1; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 197; Rengier BT I § 15, 2; Roxin FS Hassemer S. 573 (589); Satzger S/S/W Rdn. 1; R. Schröder S. 106 ff. So zu § 265 a.F. BGHSt 25 261, 262 mit Anm. Schroeder JR 1975 71 ff; BGH wistra 1993 224, 225; Boldt DR 1941 1147; D. Geerds S. 263; F. Geerds FS Welzel S. 853; Otto 1989 28; Schad S. 107 f; Welzel § 54 VII 1; auch RGSt 67 108, 109. Zum geltenden

7

Recht ebenso Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 1; Joecks Rdn. 5; Otto BT § 61, 1; Wohlers MK Rdn. 4; Wolff S. 52. So früher BGHSt 11 398, 399 und heute Eisele BT II Rdn. 654; Hörnle Jura 1998 169, 176; Krets S. 21 ff; Lackner/Kühl Rdn. 1; Mitsch BT 2 § 3, 111; Sch/Schröder/Perron Rdn. 2; Rönnau JR 1998 442; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 488; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 652; Wohlers MK Rdn. 4; ebenso die h.M. zu § 388 griech. StGB (Ziouvas FS Tiedemann S. 123, 131 mit Nachw.).

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Kohlrausch/Lange Anm. I): Der Einsatz von Feuer und (freiem) Wasser bedeutete im Rahmen der Tathandlung des § 265 a.F. eine typischerweise nicht beherrschbare (elementare) Gefährdung, die als unternehmerisches und allgemeines Lebensrisiko regelmäßig schwerer wiegt als (vermeidbare) Unfälle im Kfz-Verkehr, aber auch als individuelle Krankheiten und Todesfälle, die Teil der natürlichen Entwicklung und des Schicksals und daher letztlich unabwendbar sind. Die „Gemeingefahr“ bestand nicht so sehr in der Unbeherrschbarkeit der Gefahr für unbestimmt viele Personen oder bedeutende Sachwerte Dritter als vielmehr in dem Einsatz von Elementargewalten gegenüber Sachen, die als Gebäude und (See-)Schiffe typischerweise von hohem Wert sind (zu letzterem Gesichtspunkt bereits v. Speßhardt S. 27; zur Gemeingefahr bei §§ 306 ff H. Wolff LK § 306 Rdn. 2 f mit Nachw.). Insgesamt und zusammengefasst geht es bei dem geschützten Rechtsgut des § 265 also 6 mit der h.M. um die soziale Leistungsfähigkeit der (Sach-)Versicherungswirtschaft. Daneben ist das Vermögen der Versicherungsunternehmen geschützt; das Versicherungswesen ist eine Institution der Gesellschaft und des Rechts (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 16a; Wohlers MK Rdn. 4 mit Nachw.). Deren Finanzvermögen erscheint ähnlich wie das der Kreditwirtschaft bei § 265b (vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 9 ff) als untergeordneter, wenn auch wesentlicher Bestandteil des übergeordneten Schutzgesichtspunktes der Leistungsfähigkeit der Versicherungswirtschaft. Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Vorstellung (vgl. nur Geppert Jura 1998 383) hat die Reform durch das 6. StrRG die Bedeutung der sozialen Leistungsfähigkeit nicht gemindert, sondern verstärkt, da der Angriff auf diese Leistungsfähigkeit nicht erst – wie bei § 263 – im Falle des Nichtbestehens oder Entfallens von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung, sondern bereits bei jeder künstlichen Herbeiführung der Verwirklichung des versicherten Risikos pönalisiert wird (Rdn. 23). Die Leistungsfähigkeit der Versicherer und das Solidarvermögen der Versicherten werden ebenso wie durch Betrug auch durch künstliche Herbeiführung der Verwirklichung des versicherten Risikos beeinträchtigt: Die Schädigung ist hier materiell rechtwidrig und von der (formellen) Rechtswidrigkeit innerhalb des Vertragsverhältnisses Versicherer/Versicherungsnehmer gelöst. – Der richtigen Rechtsgüterbestimmung kommt u.a. für das internationale Strafrecht Bedeutung zu, wenn es um die Frage geht, ob § 265 auch ausländische Versicherer schützt (dazu Rdn. 40). Unstreitig fordert § 265 weder eine Täuschungshandlung (gegenüber dem Versiche7 rer) noch den Eintritt eines Vermögensschadens. Es geht also um ein Gefährdungsdelikt. Durch das Erfordernis einer Beschädigung oder Zerstörung (usw.) der versicherten Sache wird § 265 nicht zum Erfolgsdelikt. Allerdings ist die Bezeichnung als abstraktes Gefährdungsdelikt 8 nur im Hinblick auf den untergeordneten Zweck des Schutzes des Vermögens des jeweiligen Versicherers (Rdn. 6) zutreffend. Für die Sachversicherung als leistungsfähigen, für die Volkswirtschaft wichtigen Wirtschaftszweig stellt der einzelne Versicherungsmissbrauch vielmehr eine Verletzung seiner Funktionsbedingungen dar, die durch die Merkmale der „abstrakten“ oder „konkreten“ Gefährdung nicht zutreffend erfasst, wohl aber für den Versicherungsnehmer, soweit dieser Täter ist (Rdn. 8), durch den Gedanken der Pflichtverletzung ergänzt wird (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 17; Tiedemann/Vogel LK § 265a Rdn. 28): Die vorsätzliche Herbeiführung einer Fallgestaltung, die nur äußerlich dem Versicherungsfall entspricht und in Wirklichkeit außerhalb des versicherten Risikos liegt, ist für die Versicherungswirtschaft auch abgesehen von dem Phänomen der massenhaften Häufung von Missbrauchsfällen (oben Rdn. 1 und 2), also der Kumulation (Wohlers MK Rdn. 5 mit Nachw.), eine Gefährdung. 8

Fischer Rdn. 2; Gössel BT 2 S. 450; Hellmann NK Rdn. 16; Küper NStZ 1993 315; Satzger

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S/S/W Rdn. 2; aus dem älteren Schrifttum v. Speßhardt S. 25 f, 88, 93 f.

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Versicherungsmissbrauch

§ 265

III. Täterkreis § 265 ist nach heute unbestrittener Auffassung kein Sonderdelikt (Wohlers MK 8 Rdn. 25 mit Nachw.; aA früher v. Speßhardt S. 36). Täter kann der Versicherte, aber auch jeder Dritte sein, der in der Absicht der Verschaffung einer Leistung aus der Versicherung für sich oder einen Dritten, insbesondere für den Versicherungsnehmer, handelt. Angesichts dieser Ausdehnung des Täterkreises kommt bei unabhängig vom Versicherungsnehmer Handelnden deren Kenntnis vom Bestehen eines (Sach-)Versicherungsvertrages (Rdn. 10) und der Absicht der Leistungsverschaffung aus diesem Vertrag (Rdn. 22 ff) besondere Bedeutung zu.

IV. Die Tathandlung und ihr Objekt 1. Das Erfordernis einer versicherten Sache als Tatobjekt des § 265 meint jeden kör- 9 perlichen Gegenstand im Sinne des § 90 BGB.9 Umfasst sind also sowohl unbewegliche (z.B. Gebäude, BGHR § 265 I Betrugsabsicht 4) als auch bewegliche (z.B. Kraftfahrzeuge, OLG Celle SJZ 1950 682 f; OLG Düsseldorf wistra 1982 116 f) Gegenstände. Ohne Bedeutung für die Tatbestandsmäßigkeit sind die Eigentumsverhältnisse an der Sache10 und ihr Wert (OLG Koblenz NJW 1966 1669; zust. Wohlers MK Rdn. 11 m.w.N.), freilich mit der selbstverständlichen Einschränkung, dass bei völliger Wertlosigkeit der versicherten Sache ein Ersatzanspruch entfällt und damit das subjektive Absichtsmerkmal des § 265 – außer bei Irrtum des Täters – nicht erfüllt sein kann. Unter §§ 88 ff VVG und damit unter § 265 fallen auch Tiere (Nutztiere, Haustiere usw.), für deren Schutz § 90a Satz 2 BGB die entsprechende Anwendung der für Sachen geltenden Vorschriften anordnet (Hoyer SK Rdn. 8; Wohlers aaO; dazu grundsätzlich Vogel LK § 242 Rdn. 8). Nichtkörperliche Gegenstände (z.B. Computerprogramme oder Software allgemein) scheiden dagegen als solche aus und können nur dadurch erfasst werden, dass ihr Träger beschädigt, zerstört usw. wird. Auch der Betrieb ist keine Sache (so dass die Betriebsunterbrechungs-Versicherung nicht unter § 265 fällt: BGHSt 32 137, 139 mit Anm. Keller JR 1984 433). Die Sache ist „gegen Untergang, Beschädigung usw. versichert“, wenn ein förmlicher 10 Sachversicherungsvertrag über sie abgeschlossen und bis zur Tatzeit nicht rechtsgeschäftlich aufgehoben ist. Dabei löst sich die h.M. unter dem Gesichtspunkt des oben Rdn. 6 beschriebenen Rechtsgüterschutzes teilweise von der zivilrechtlichen Beurteilung und bejaht die Anwendbarkeit des § 265 auch dann, wenn der Vertrag z.B. wegen absichtlicher Überversicherung nach § 74 Abs. 2 VVG nichtig ist (BGHSt 8 343, 344 f; aA Hellmann NK Rdn. 21 und Hoyer SK Rdn. 10) oder wenn infolge Nichtzahlung der ersten Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalles der Versicherer gem. § 37 Abs. 2 VVG von der Leistung frei ist (BGHSt 35 261 f mit Anm. Ranft StV 1989 301) oder wenn wegen Verzuges mit der Prämienzahlung unter den Voraussetzungen des § 38 VVG sonstige Leistungsfreiheit des Versicherers eingreift (RGSt 67 108, 109 f).11 Während das RG die von

9

10

Blei II § 62 I 1a S. 241; Gössel BT 2 S. 452; Hoyer SK Rdn. 8; Lackner/Kühl Rdn. 2; Ranft Jura 1985 395; Wohlers MK Rdn. 11. Eisele BT II Rdn. 657; Fischer Rdn. 3; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 125; Hellmann NK Rdn. 18; Hoyer

11

aaO; Kindhäuser Rdn. 3; Mitsch BT 2 § 3, 117; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; Wessels/ Hillenkamp Rdn. 653. Blei aaO (I 1b); Eisele BT II Rdn. 657; Engemann S. 88 f; Fischer Rdn. 3; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21,

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der sachlichen Gültigkeit des Versicherungsvertrages unabhängige Anwendung des § 265 zunächst mit den Unterschieden der partikularrechtlichen Rechtslage vor Inkrafttreten des VVG vom 30.5.1908 begründet hatte (vgl. BGHSt 8 344), sind weitere kriminalpolitische Begründungen der Rechtsprechung nicht unbedenklich: Zirkulär und überdies kriminologisch zweifelhaft ist die Argumentation bei BGH aaO, dass die betrügerische Überversicherung die weitaus häufigste Form des Versicherungsbetruges darstelle und daher nicht außerhalb des § 265 bleiben könne; übertrieben subjektiv ausgerichtet war die Aussage zu § 265 aF, der Schutz des Feuerversicherungswesens sei am besten gewährleistet, wenn möglichst alle Fälle, in denen die Absicht, rechtswidrig eine Brandentschädigung zu erlangen, „Triebfeder der Brandlegung war“, vom Strafgesetz „in seiner ganzen Schärfe erfasst werden“ solle (RGSt 67 109). Das zusätzliche und zentrale Argument der h.M., die zum Ausschluss des Anspruchs auf die Versicherungsleistung führenden Umstände seien für den Versicherer häufig nicht von vornherein überschaubar, so dass die Gefahr einer zu Unrecht erfolgenden Versicherungsleistung bestehe (vgl. nur BGHSt 35 261, 262), wird zutreffend von Sch/Schröder/Perron (Rdn. 6) für die Fallgestaltungen in Zweifel gezogen, in denen die Sach- und Rechtslage für den Versicherer offensichtlich ist wie im Falle der Leistungsfreiheit bei Nichtzahlung der ersten Prämie (und Fehlen abweichender vertraglicher Vereinbarungen wie Stundung oder vorläufige Deckungszusage). Mit Ranft (Jura 1985 395) gilt dasselbe aber auch für die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Prämienrückstandes (ebenso Otto BT § 61, 2; Satzger in S/S/W Rdn. 4; insoweit zust. Wohlers MK Rdn. 13 m.w.N.). Der Strafschutz wegen abstrakter Gefährdung des Vermögens der Versicherer entfällt also bei Evidenz der Nichtgefährdung (vgl. auch Tiedemann LK § 264 Rdn. 31 mit Nachw.; zust. Hoyer SK Rdn. 11 m.w.N.). Dagegen wird die Bejahung des Merkmals „versicherte Sache“ bei nichtigem Vertrag, insbesondere im Falle des § 74 Abs. 2 VVG, grundsätzlich durch die faktische Betrachtungsweise des Strafrechts – aus teleologischen Gründen – getragen, wenngleich Hervorhebung verdient, dass es an die Wortlautgrenze der Auslegung stößt, den – z.B. wegen § 104 BGB – eindeutigen Fall der Totalnichtigkeit des Vertrages noch als Fall der „Versicherung“ (einer Sache) zu bezeichnen. Im Ergebnis sollte hier ebenfalls nach dem Grund der Nichtigkeit entsprechend dem Grad der Gefährdung des Versicherers differenziert werden (zutr. Ranft aaO S. 394). Die Schwierigkeit der Grenzziehung wird praktisch dadurch entschärft, dass die Nichtgefährdung des Versicherers ebenfalls im Sinne einer Evidenz der Nichtigkeit feststehen muss (allgemein dazu Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 165 ff). Unbeachtlich ist es im übrigen, ob neben der Versicherung gegen Untergang, Beschä11 digung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl, also gegen Substanz- und Entziehungsschäden (Bröckers S. 117 ff), für dieselbe Sache eine weitere (eventuell: verbundene) Versicherung besteht, die andere Risiken – zum Beispiel Folgeschäden – abdeckt (vgl. nur BGHSt 35 325, 327 mit Nachw.).12 Allerdings muss der Täter dann handeln, um (auch) die Entschädigung für den Substanz- oder Entziehungsschaden zu erhalten (BGH aaO und bereits 32 137 ff mit Anm. Keller JR 1984 434): Die Täterhandlung muss gerade eines derjenigen Risiken verwirklichen, auf die sich der Versicherungsschutz (mit)bezieht (zust. Hoyer SK Rdn. 14 m.w.N.).

12

126; Kindhäuser Rdn. 3; Krets S. 74 ff; Kreuzhage S. 4; Küper BT S. 133; Lackner/ Kühl Rdn. 2; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 199 f; Mitsch BT 2 § 13, 118; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 653. Bröckers S. 116 ff; Eisele BT II Rdn. 660;

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Fischer Rdn. 3; Hellmann NK Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 14; Lackner/Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Perron Rdn. 14; Satzger S/S/W Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 654; Wohlers MK Rdn. 14 m.w.N.; aA Heinrich aaO Rdn. 134.

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§ 265

Keine Rolle spielt es für das Versichertsein einer Sache, dass ein Selbstbehalt verein- 12 bart ist oder dass bestimmte Formen des Unterganges, der Beschädigung usw. von dem Versicherungsschutz ausgenommen sind (siehe auch Rdn. 13 zu Bagatellschäden). Grenzfälle sind beispielsweise die neuerdings angebotenen persönlich beschränkten Kfz-Vollkaskoversicherungen, bei denen der Kaskoschutz nur besteht, wenn bestimmte Personen (insbesondere der Halter und seine Ehefrau, nicht aber Dritte) den Versicherungsfall herbeiführen. Hier entsteht die Frage, ob das Kfz auch dann „versichert“ ist, wenn eine andere Person den Versicherungsfall herbeiführt. Die Frage wird dann praktisch, wenn der Dritte von der Personenbeschränkung nichts weiß und den Versicherungsfall herbeiführt, um dem Versicherungsnehmer einen Vorteil zu verschaffen: § 265 ist subjektiv erfüllt und hängt objektiv nur mehr davon ab, ob die Sache als „versichert“ gelten kann. Dies ist wohl zu bejahen (zust. Wohlers MK Rdn. 14 mit Nachw.). Ein anderer Grenzfall betrifft die häufigen Sachgesamtheitsversicherungen, wenn bestimmte Sachen vom Versicherungsschutz ausgenommen sind (beispielsweise Hausratversicherungen, bei denen häufig Glasgegenstände ausgenommen sind): Hier sind die ausgenommenen Gegenstände nicht „versichert“ (zust. Wohlers aaO mit Nachw.). 2. Die Tathandlungen sind entsprechend der Formulierung des § 283 Abs. 1 Nr. 1 13 ausgeweitet (vgl. dazu Tiedemann LK § 283 Rdn. 25 f, 46 ff): Die Begriffe des Beschädigens und des Zerstörens sind im Ausgangspunkt ebenso auszulegen wie in § 303 (BT-Drs. IV/650 S. 428; Geppert Jura 1998 384). Für die Beschädigung ist aber zu beachten, dass bloße Bagatellschäden, für welche die Versicherung wegen einer Selbstbehaltsvereinbarung (Rdn. 12) nicht aufkommt, ausscheiden (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 8); jedoch kommt Versuchsstrafbarkeit in Betracht, wenn der Täter irrig davon ausgeht, auch Bagatellschäden würden vom Versicherer ersetzt. – Aus dem Beispiel des Selbstbehalts folgert der größte Teil des Schrifttums, die Tathandlung müsse objektiv geeignet sein, einen Versicherungsfall auszulösen, woran es bei Schäden bis zur Höhe des Selbstbehalts fehlt.13 Diese für alle Tathandlungen geltende Einschränkung ist zutreffend. Sie entspricht dem bereits Rdn. 11 dargelegten, auch in der Rechtsprechung (zu § 265a F) anerkannten Grundsatz, dass § 265 nur versicherungsrechtlich relevante Schäden meint, also die angestrebte Leistung des Versicherers aus dem Bereich des versicherten Risikos stammen muss (Bericht Rechtsausschuss BT-Drs. 13/9064 S. 19). Auch die Tathandlung der Beeinträchtigung der Brauchbarkeit der versicherten Sache 14 stellt nach der ausdrücklichen Begründung zu § 256 E 62 (BT-Drs. IV/650 S. 428) gerade auf das durch die Versicherung geschützte Maß der Brauchbarkeit ab. Die Benennung dieser Tathandlung durch § 265 wird allerdings nur selten praktisch werden, da bei Fehlen einer Beschädigung der Substanz der Sache (Rdn. 13) die Sachversicherung nicht eingreift. Eine versicherungsrechtlich relevante Beeinträchtigung der Brauchbarkeit der Sache kommt nur in Betracht, wenn ein individueller Versicherungsvertrag ausgehandelt wurde, der das Risiko des Nutzungsausfalls oder der sonstigen Funktionsbeeinträchtigung des Tatobjekts absichert (Wohlers MK Rdn. 17 mit Nachw.). Das Beiseiteschaffen setzt voraus, dass die versicherte Sache der Verfügungsmöglich- 15 keit des Berechtigten räumlich entzogen wird (BR-Drs. IV/650 S. 428).14 Die Begr. zu

13

Bröckers S. 120 ff; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 6; Hellmann NK Rdn. 23; Hoyer SK Rdn. 15; Kindhäuser Rdn. 4; Satzger S/S/W Rdn. 5 und 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; Wirth

14

S. 186 ff; Wolff S. 84; Wohlers MK Rdn. 15 m.w.N. Bröckers S. 134; Eisele BT II Rdn. 658; Engemann S. 121; Fischer Rdn. 6; Geppert Jura 1998 384; Hellmann NK Rdn. 26; Hoyer SK

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§ 256 E 62 (soeben Rdn. 14) wollte den Begriff restriktiv verstanden wissen. Jedoch lässt die überwiegende Meinung zur Vermeidung von Strafbarkeitslücken bereits das Verbergen der Sache ausreichen.15 Weitergehend wird bei § 283 (vgl. Tiedemann LK Rdn. 25 mit Nachw.) als Beiseiteschaffen auch die Veränderung der rechtlichen Lage erfasst, soweit dadurch der Gläubigerzugriff vereitelt oder erschwert wird. Diese Ausdehnung auch bei § 265 vorzunehmen besteht kein Anlass, soweit durch die rechtliche Veränderung (z.B. Belastung) der Sache deren Brauchbarkeit für den Versicherungsnehmer nicht beeinträchtigt wird. – Als „Berechtigter“ ist neben dem Eigentümer auch der Versicherer anzusehen (zw. Rönnau JR 1998 443 f). Andernfalls könnte der Versicherungsnehmer nicht Täter dieser Tatbestandsalternative sein. Das Verbergen der Sache vor dem Versicherer ist folglich tatbestandsmäßig (Fischer Rdn. 6 mit Nachw.). Die Ableugnung fortbestehenden Besitzes reicht dagegen nicht aus (Fischer aaO mit Nachw.; Kindhäuser Rdn. 5). Die Überlassung der versicherten Sache an einen anderen als Übertragung des Besitzes 16 oder der Gebrauchsmöglichkeit auf einen Dritten (zust. Hoyer SK Rdn. 19 mit Nachw.) betrifft vor allem den oben (Entstehungsgeschichte) genannten Fall der dolosen Kfz-Verschiebung, bei der die Tat folglich bereits vollendet ist, sobald der Versicherungsnehmer die Sache einem anderen übergibt, um den Versicherungsfall auszulösen (Geppert Jura 1998 384 mit Nachw.). Für diesen Fall des dolosen Zusammenwirkens mit Dritten ist das Überlassen lex specialis des Beiseiteschaffens. – Der Dritte ist notwendiger Teilnehmer, sofern er sich auf den Empfang der Sache beschränkt (zust. Hoyer aaO und Wohlers MK Rdn. 27, je mit Nachw.). Entgegen Rönnau JR 1998 444 ist damit die vorgenannte Fallgestaltung im kriminalpolitisch relevanten Regelfall keineswegs straflos, wenn der Tatentschluss des Eigentümers (Versicherungsnehmers) erst durch die Zusage des Dritten, das Kraftfahrzeug über die Grenze ins Ausland zu verbringen und damit für die Versicherung möglichst unauffindbar zu machen, geweckt oder bekräftigt wird; durch diese Zusage geht der Verschieber über seine Rolle als notwendiger Teilnehmer hinaus und ist daher wegen Anstiftung strafbar (zust. Satzger in S/S/W Rdn. 12 und Wohlers aaO m.w.N.; einschränkend aus tatsächlichen Gründen Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 a.E.; vgl. auch unten Rdn. 30). Er schafft das Kfz zudem selbst beiseite (Fischer Rdn. 7 mit Nachw.); zur regelmäßig fehlenden Absicht aber sogleich Rdn. 17. Ein Teil des Schrifttums will zur Vermeidung „absurder Gesinnungsbestrafung“ 17 (R. Schröder S. 176 ff) das Tatbestandsmerkmal des Überlassens teleologisch auf Fälle reduzieren, in denen der Täter „nach außen erkennbar die Absicht manifestiert, den Versicherer zur Leistung veranlassen zu wollen“ (Wohlers MK Rdn. 19 mit Nachw.; ebenso Satzger in S/S/W Rdn. 7). Ein solches rechtsstaatlich begründetes Postulat führt sich aber schon dadurch selbst ad absurdum, dass als Hauptbeispiel die Überlassung eines Kraftfahrzeugs an einen „sog. Schieber“ angeführt wird (so Wohlers aaO mit Nachw.); dieses Verhalten könne von einem außenstehenden Beobachter nur als Vorbereitungshandlung für eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Versicherers verstanden werden (Bröckers S. 136; Engemann S. 130 f). Mit dem Kriterium des Missbrauchs wird aber ein Merkmal von höchster Unbestimmtheit in die Auslegung des § 265 eingeführt (vgl. nur Tiedemann

15

Rdn. 17; Kindhäuser Rdn. 5; Krets S. 73; Lackner/Kühl Rdn. 3; Satzger S/S/W Rdn. 9; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Wirth S. 207; vgl. auch Wohlers MK Rdn. 18 („Abstellen an einem gefährlichen Ort“). Eisele aaO; Fischer aaO; Geppert Jura 1998

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384 Fn. 22; Hoyer SK Rdn. 18; Schlüchter Bochumer Erläuterungen § 265 Rdn. 7; R. Schroeder S. 127; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 654; Wohlers aaO, je m.w.N.; aA Lackner/Kühl Rdn. 3; Mitsch BT 2 § 3, 123; Rengier BT I § 15, 3.

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§ 265

LK § 264 Rdn. 136 ff); seine Verwendung in der Überschrift zu § 265 ist demgegenüber unbedenklich, weil es durch die nachfolgende Tatbestandsbeschreibung in abschließend bestimmten Begriffen aufgelöst wird. Zugleich bleibt offen, ob die Eigenschaft als „Schieber“ prozessual festgestellt werden muss oder vermutet oder auf feststehende Urteile (der Strafverfolgungsorgane?) gestützt werden kann – obwohl in dem potentiellen Strafverfahren gegen den Schieber (Rdn. 16) für ihn natürlich die Unschuldsvermutung gilt. Demgegenüber ist richtigerweise die „Manifestation“ der Leistungsverschaffungsabsicht keine Frage des materiellen Rechts (gegen Bröckers auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 10), sondern ein (prozessuales) Beweisanzeichen für das Vorliegen dieser (Bereicherungs-)Absicht (zu den verwandten, aber nicht parallelen Manifestationslehren und ihrem „Nachweisproblem“ bei der Unterschlagung mit dem objektiven Tatbestandserfordernis einer Zueignung Vogel LK § 246 Rdn. 20 ff mit Nachw.). 3. Tatbegehung durch Unterlassen ist strafbar, wenn eine Garantenstellung besteht 18 und der Garant vorsätzlich nicht die Möglichkeit zur Verhinderung der Zerstörung, Beschädigung usw. nutzt. Eine Garantenstellung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer wird von der h.M. aus den Besonderheiten des Versicherungsverhältnisses abgeleitet, das eine „Gefahrengemeinschaft“ begründe.16 Ranft (Jura 1985 395) kritisiert hieran, dass unklar bleibe, zwischen wem diese Gemeinschaft bestehen soll (etwa als Gemeinschaft der Versicherten insgesamt?), und schlägt daher den auch im versicherungsrechtlichen Schrifttum benutzten Ausdruck „Risikoverwaltung“ vor: Der Versicherungsnehmer hat gem. §§ 23, 25 ff, 82 VVG den versicherten Gegenstand, der ganz in seinem Einflussbereich bleibt, erforderlichenfalls nach den Weisungen des Versicherers und im Übrigen gefahrabschirmend sowie schadensmindernd zu betreuen, so dass die wirtschaftliche Überantwortung des Vermögenswertes an ihn durch den Versicherer insgesamt unter der Auflage der Schadensvermeidung und Schadensbegrenzung erfolgt. Unabhängig von dieser terminologischen Klarstellung ist inhaltlich in der Tat die 19 eigenartige Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer ausschlaggebend. Sie bilden eine Gefahren- und Risikogemeinschaft in dem Sinne, dass der eine über die Sache tatsächlich verfügt, während der andere das Risiko für Beschädigung und Untergang trägt. Derartige Konstellationen sind zwar zivilrechtlich auch sonst bekannt, aber meist nur als Risikoverteilung unter typischerweise kurzen Zeitaspekten, z.B. des Transportes einer gekauften Sache (vgl. § 447 BGB). Als auf Dauer angelegte und ausdrücklich gewollte Aufteilung von Sachherrschaft und Risiko begründet daher das Versicherungsverhältnis eine Übernahme der Gewähr für die Integrität der Sache jedenfalls „in gewissem Umfang“ (RGSt 64 273, 277 f). Es liegt hier also anders als bei dem allgemeinen Schuldverhältnis, auf das etwa § 283 (Abs. 1) für Fallgestaltungen abstellt, in denen der Täter wirtschaftlich gesehen ebenfalls mit fremdem Vermögen arbeitet (dazu Tiedemann LK Rdn. 40 Vor § 283). Unbegründet ist die Kritik von Wohlers (MK Rdn. 20) an dieser Annahme einer 20 Garantenstellung: Ein Widerspruch zu den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmt-

16

BGH NJW 1951 204 f; RGSt 64 273, 276 ff mit Anm. Oetker JW 1931 1581 ff (für § 306 a.F., aber mit Ausführungen, die jedenfalls für § 265 das Richtige treffen); RG JW 1935 945 und HRR 1934 Nr. 1172; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 13; Hellmann NK Rdn. 32; Hoyer SK Rdn. 14;

Lackner/Kühl Rdn. 3 a.E.; Mitsch BT 2 § 3, 119; Seier ZStW 105 (1993) 338; R. Schröder S. 128 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 487; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 654; Wolff S. 86 ff. Für eine Garantenstellung aus Vertrag Gössel BT 2 S. 454.

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heitsgebotes (Art. 103 Abs. 2 GG) besteht nicht und jedenfalls nicht in höherem Maße als bei anderen Garantenstellungen wie der Geschäftsherrenhaftung, der Produktverantwortung oder der Verkehrssicherungspflicht; im Gegenteil knüpfen die Gesichtspunkte der Gefahrerhöhung und der Rettungspflicht an explizite gesetzliche Regelungen (des VVG) an (Rdn. 18). Aber auch die Aussage, dass es insoweit nach dem VVG nur um die Verletzung von Obliegenheiten, „aber keiner Rechtspflicht“ gehe (Wohlers aaO), übersieht, dass das Privatversicherungsrecht insoweit von Verhaltensregeln und Verhaltensgeboten spricht, die nur nicht einklagbar sind (Wandt in MK VVG Rdn. 1, 12, 14 ff vor § 28 mit Nachw.). Auch allgemein stellt die strafrechtliche Garantenlehre entgegen Wohlers keineswegs durchgehend darauf ab, ob „in der zugrunde liegenden Primärrechtsordnung“ eine durchsetzbare Rechtspflicht besteht. Die Übernahme strafrechtlicher Schutzpositionen bei zivilrechtlicher Nichtigkeit des Vertrages ist hierfür ein bekanntes und im Wesentlichen unstreitiges Beispiel, das mit § 14 Abs. 3 StGB sogar eine gesetzliche Anerkennung gefunden hat (zur Begründung einer Garantenstellung insoweit Schünemann LK § 14 Rdn. 14 ff, 36: „gesetzlich vertypte Obhutsherrschaft über das Rechtsgut“). Die „Primärrechtsordnung“ des VVG gibt durch Regelung von Weisungsbefugnissen des Versicherers und Anzeige-, Beobachtungs- sowie Rettungspflichten des Versicherungsnehmers zu erkennen, dass strafrechtlich eine Schutzposition des letzteren angenommen werden kann, auch wenn der Verstoß gegen diese Nebenpflichten systemgerecht nur durch Kündigungs- und Rücktrittsrechte des Versicherers und Wegfall des Anspruchs des Versicherungsnehmers auf die Versicherungsleistung sanktioniert wird.

V. Vorsatz und Absicht 21

1. Der für den subjektiven Tatbestand erforderliche Vorsatz kann auch in der Form des dolus eventualis vorliegen. Er muss vor allem die Tatsache umfassen, dass die Sache versichert, also ein Versicherungsvertrag über das Risiko von Substanz- oder Entziehungsschäden (Rdn. 11) abgeschlossen ist. Da die h.M. für den objektiven Tatbestand den „förmlichen“ Abschluss dieses Vertrages ausreichen lässt und alle Unwirksamkeitsgründe für unbeachtlich erklärt (oben Rdn. 10), vermag die irrige Annahme oder Beurteilung dieser Gründe den Vorsatz des Täters nach h.M. nicht auszuschließen. Zusätzlich ist Kenntnis davon erforderlich, dass die Handlung des Täters zur Verwirklichung des versicherten Risikos führt (vgl. näher Rdn. 22),17 also im Sinne von Rdn. 13 die „Eignung zur Auslösung des Versicherungsfalls“ hat (Lackner/Kühl Rdn. 4) oder mit anderen Worten „die äußeren Voraussetzungen dafür schafft, dass der Versicherungsnehmer seinem Versicherer gegenüber den Eintritt eines versicherten Schadensfalles geltend machen kann“ (Wohlers MK Rdn. 21 m.w.N.). – Tatbestandsirrtum ist die irrige Annahme des Täters, die Sache sei nicht gegen Substanz- oder Entziehungsschäden versichert (Wohlers aaO mit Nachw.). Kenntnis und Unkenntnis vom Bestehen einer anderen Versicherung sind für § 16 unerheblich.

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2. Absicht bedeutet zielgerichtetes Handeln (dolus directus 1. Grades) im Hinblick auf die Erlangung von Versicherungsleistungen.18 Sie fehlt bei dem professionellen Kraft-

17 18

Eisele BT II Rdn. 660; Hellmann NK Rdn. 33; Hoyer SK Rdn. 21. Eisele aaO; Fischer Rdn. 9; Hellmann NK Rdn. 34; Hoyer SK Rdn. 22; Kindhäuser

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Rdn. 7; Lackner/Kühl Rdn. 4; Satzger S/S/W Rdn. 13; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; Wohlers MK Rdn. 23 m.w.N.; aA Bröckers S. 140 (dolus eventualis) und Engemann

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Versicherungsmissbrauch

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fahrzeugverschieber, der um des Erlöses aus dem Kfz-Verkauf im Ausland willen handelt (zust. Wohlers MK Rdn. 23 mit Nachw.) und daher nur Gehilfe zu § 265 ist (es sei denn dass er das Kfz so lange aufbewahren soll, bis der Eigentümer den Versicherungsfall abgewickelt hat). Entscheidend ist durchgehend das subjektive Vorstellungsbild. Dabei reicht dolus eventualis nicht aus: Der Dieb oder der Randalierer, der es für möglich hält, dass die entwendete oder beschädigte Sache versichert ist, macht sich nur nach § 242 bzw. § 303, mangels Leistungsverschaffungsabsicht dagegen nicht nach § 265 strafbar (zust. Wohlers aaO). Nach Wegfall des in § 265 a.F. geforderten Merkmals „betrügerische Absicht“ als 23 Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, auf den nämlich der Täter oder der Dritte, also der Versicherungsnehmer, keinen Anspruch hat (Tiedemann LK11 Rdn. 26 mit Nachw.), braucht die Absicht, sich oder einem Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen, nicht mehr die Rechtswidrigkeit dieser Leistungen, also das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf sie, zu umfassen.19 Damit ist der Versicherungsmissbrauch vom Betrug abgekoppelt worden (Begr. Rechtsausschuss BT-Drs. 13/9064 S. 19 f; Fischer Rdn. 10 m.w.N.). Der Täter macht sich also auch dann strafbar, wenn das Einfordern der Versicherungsleistung durch den Versicherungsnehmer kein Betrug ist (unklar Kudlich JuS 1998 469: „Vorbereitung des Betrugs an einer Versicherung“). Zweck des § 265 ist damit vor allem die Vermeidung von Schädigungen der Versicherer gegen die künstliche, an sich vom versicherten Risiko umfasste, Herbeiführung von Versicherungsfällen durch vorsätzliches Schädigungsverhalten Dritter (§ 826 BGB!). Damit werden u.a. die in LK11 § 265 Rdn. 28 ff erörterten „Hoferbenfälle“ strafbar gestellt, in denen der Täter (künftiger Hoferbe) ein nur mittelbares Interesse an der Versicherungsleistung hat (Fischer aaO); nach richtiger Ansicht ist ein solches Interesse aber keine Tatbestandsvoraussetzung, vielmehr auch rein fremdnütziges Handeln strafbar. Auch die Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer oder seinen „Repräsentanten“ bleibt aber strafbar; mangels Anspruchs auf die Versicherungsleistung (vgl. § 81 VVG) liegt nur in diesem Fall eine Vorbereitung zum Betrug vor. Im Sinne der oben Rdn. 11 genannten Deckungsgleichheit muss sich die (Bereiche- 24 rungs-)Absicht des Täters gerade auf die Erlangung der (Sach-)Versicherungsleistung für die versicherte Sache beziehen, also der Schadensfall objektiv und nach der geplanten Sachdarstellung gegenüber dem Versicherer im Bereich des versicherten Risikos (Substanz- und Entziehungsschäden) liegen.20 Durch die Ausdehnung des § 265 auf alle Sachversicherungen ist das früher schwierige Problem (Tiedemann LK11 Rdn. 27) erheblich entschärft. Jedoch behält die bereits Rdn. 11 erwähnte Rechtsprechung zur Betriebsunterbrechungsversicherung, aus welcher der Täter Entschädigungsleistungen erlangen will (BGHSt 32 137 ff), ihre Bedeutung. – An der Deckungsgleichheit fehlt es, wenn der Täter eine fremde Sache beschädigt, um deren Eigentümer Leistungen aus seiner eigenen, also des Täters Haftpflichtversicherung zu verschaffen.21 Durch Meldung dieses Schadens an seinen (Haftpflicht-)Versicherer begeht der Täter aber einen Betrug(sversuch), da

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S. 169 ff sowie Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 201 (sicheres Folgewissen, dolus directus 2. Grades). Bröckers S. 156; Eisele aaO; Fischer Rdn. 10; Geppert Jura 1998 385; Hellmann NK Rdn. 8 und 85; Hoyer SK Rdn. 24; Kindhäuser Rdn. 7; Lackner/Kühl Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 24, je m.w.N.

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BGHSt 35 325, 326 f; 25 261, 262 f; NStZ 1987 505 f und 1986 314; NJW 1976 2271; Fischer Rdn. 11; Gössel BT 2 S. 455; Hellmann NK Rdn. 36; Hoyer SK Rdn. 23; Ranft Jura 1985 396 f; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 22. Engemann S. 97 f; Fischer Rdn. 11; Hoyer SK Rdn. 23; Krets S. 86; Sch/Schröder/Perron aaO a.E.; Wohlers aaO a.E.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

er den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat und daher gemäß § 81 Abs. 1 VVG keinen Anspruch auf die Leistung des Versicherers hat.

VI. Vollendung, Versuch und Rücktritt vom Versuch 25

1. Vollendung ist mit dem Eintritt der Zerstörung, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Beiseiteschaffung oder Überlassung an einen anderen gegeben, sofern zu diesem Zeitpunkt die Absicht des Täters zur Verschaffung von Versicherungsleistungen für sich oder einen Dritten bestand. Insbesondere ist weder eine Täuschung noch eine Schädigung des Versicherers oder die Erlangung eines Vermögensvorteils erforderlich (RGSt 60 129; 68 430, 435; Wohlers MK Rdn. 28 m.w.N.). Beim garantenpflichtwidrigen Unterlassen ist nach allgemeinen Lehren bereits Versuch gegeben, wenn der Täter nach außen seinen Entschluss manifestiert, nicht zur Verhinderung der Zerstörung usw. tätig zu werden (vgl. Tiedemann LK § 283 Rdn. 201 mit Nachw.). Dies wird bei Fehlen anderer Indizien regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn Rettungsmaßnahmen nach dem normalen Lauf der Dinge aussichtslos sind oder werden.

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2. Ein Versuch ist nach heute unbestrittener Auffassung möglich und strafbar (vgl. Absatz 2!), auch soweit § 265 – bei Vornahme der Tathandlung durch den Versicherten – als bloße Vorbereitung zum Betrug angesehen wird (vgl. Rdn. 23; aA früher Frank Anm. V). Die Verselbständigung der Deliktsumschreibung verbietet den Rückgriff auf Figuren des Allgemeinen Teils zum Zwecke der inhaltlichen Deutung und Veränderung der Typen des Besonderen Teils (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 97 f und FS Baumann S. 17). Die Beibehaltung der Versuchsstrafbarkeit durch Absatz 2 ist vor allem im Hinblick 27 auf die einseitige Privilegierung der Sachversicherung (Rdn. 2), aber auch wegen der perfektionistischen Ausweitung der Tathandlungen (Rdn. 13) kriminalpolitisch bedenklich, jedoch vom Rechtsanwender hinzunehmen (krit. z.B. Kudlich JuS 1998 469: „per se völlig ungefährliche Handlungen“; vgl. weiter Wohlers MK Rdn. 29 mit Nachw.). Meist wird die Kritik darauf gestützt, dass bereits Absatz 1 eine erhebliche (und durch Absatz 2 weiter gesteigerte) Vorverlagerung der Strafbarkeit wegen Betruges bedeute (vgl. nur Stächelin StV 1998 100). Diese Sicht trifft nicht ohne weiteres zu (Rdn. 23). Allerdings ist die Versuchsstrafbarkeit praktisch wenig bedeutsam, da die Vornahme der Tathandlung regelmäßig bereits Vollendung bedeutet (Rdn. 25), Versuch also nur als untauglicher Versuch praktisch wird (Wohlers aaO mit Nachw.). Dies ist etwa der Fall, wenn der Täter die Sache irrtümlich für (sach-)versichert hält oder in Unkenntnis einer Selbstbehaltvereinbarung (Rdn. 13) irrig eine Leistungspflicht des Versicherers annimmt (zust. Wohlers MK Rdn. 31). In den praktisch wenigen Fällen des bloßen Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung 28 (§ 22) ist vor allem an die Rechtsprechung zu § 265 aF zu erinnern (Tiedemann LK11 Rdn. 36 f): Versuch liegt beim Feuerversicherungsmissbrauch vor, wenn der Täter in Bereicherungsabsicht unmittelbar dazu ansetzt, die versicherte Sache anzuzünden. Dies kann bereits in dem Ausschütten des als Zündstoff dienenden Benzins liegen (BGHR § 265 I Versuch 1), sofern das Anzünden zeitlich sogleich folgen soll (zust. Wohlers MK Rdn. 30). Ausreichend ist auch das Inbrandsetzen nicht versicherter Sachen, wenn das Feuer nach dem Täterplan selbständig auf versicherte Sachen übergreifen soll (BGH 1 StR 530/69 vom 13.1.1970 und wistra 1988 304 f; RG JW 1927 2701 und 1933 779 mit Anm. Grünhut). Beim Seeversicherungsmissbrauch wird Versuch eines Täters, der sich

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nicht auf dem versicherten Schiff befindet, nicht selten zeitlich früh anzunehmen sein. Insbesondere erfüllt nach allgemeinen Grundsätzen schon das Verstecken einer Bombe (mit Zeitzünder) auf dem Schiff den Tatbestand des Versuchs, wenn der Täter mit dieser Handlung das Geschehen aus der Hand gibt, also nach seinem Plan keine weiteren Handlungen des Täters mehr erforderlich sind (anders also bei Fernzündung durch den Täter! Vgl. zu diesen Fallgestaltungen RGSt 66 141 ff; Roxin JuS 1973 329 f; Hillenkamp LK § 22 Rdn. 136 ff m.w.N.). 3. Rücktritt vom Versuch ist nach h.M. nur möglich, solange die versicherte Sache 29 noch nicht beschädigt usw. ist (RG JW 1933 779). Ist dieser tatbestandsmäßige Erfolg dagegen bereits eingetreten, so ist nach h.M. auch § 306e wegen der ausdrücklichen Beschränkung seines Anwendungsbereichs auf die Brandstiftung nicht (analog) anwendbar.22 Die Gegenauffassung 23 verweist auf die modernen Regelungen der §§ 264 Abs. 5, 264a Abs. 3, 265b Abs. 2 (und § 151 Abs. 2 österreichisches StGB, wonach nicht bestraft wird, „wer, bevor die Versicherungsleistung erbracht worden ist und bevor eine Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, freiwillig von der weiteren Verfolgung seines Vorhabens Abstand nimmt“). Da die Rechtsgutsverletzung bei § 265 in noch größere Ferne als bei §§ 306 ff gerückt sei, will diese Gegenauffassung § 306e in Fällen des Brandversicherungsmissbrauchs analog anwenden. Dem widerspricht – da es nicht um eine analoge Heranziehung des § 24 geht – die Verselbständigung dieses Straftatbestandes nicht (vgl. Tiedemann FS Baumann S. 18 mit Nachw.), wohl aber die Neufassung seiner Tathandlungen (Sch/Schröder/Perron Rdn. 15). Auch sind §§ 264 Abs. 5, 264a Abs. 3, 265b Abs. 2 nach neuem Recht nicht analog anzuwenden, da keine planwidrige Lücke vorliegt.24 Allerdings wird mit Blick auf den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO geboten sein, wenn der Täter Versicherungsnehmer ist und nach Zerstörung, Verstecken usw. der Sache von einer Schadensmeldung an den Versicherer absieht (zust. Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 16).

VII. Täterschaft und Teilnahme Da § 265 kein Sonderdelikt darstellt (oben Rdn. 8), kann Täter jeder sein, der die tat- 30 bestandsmäßige Handlung vornimmt und dabei in der Absicht handelt, sich oder einem Dritten (insbesondere dem Versicherungsnehmer) eine Versicherungsleistung zu verschaffen. Vor allem ist für die Täterschaft kein Plan (Vorsatz) einer eigenen Täuschungshandlung gegenüber dem Versicherer erforderlich (aA Seier ZStW 105 [1993] 330 ff). – Die Abgrenzung der einzelnen Beteiligungsformen erfolgt nach den allgemeinen Kriterien der §§ 25 ff. Wer ohne die erforderliche Absicht handelt (z.B. der professionelle Kfz-Schie22

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RGSt 56 95 f; Gössel BT 2 S. 459; Hoyer SK Rdn. 26; Kohlrausch/Lange Anm. V; Meurer JuS 1985 444; Satzger S/S/W Rdn. 14; Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Wersdörfer AnwBl 1987 74 ff; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 656. Geppert Jura 1998 385; Otto Jura 1986 52. Zustimmend Hoyer SK Rdn. 26; ebenso Bröckers S. 160; Eisele BT II Rdn. 662; Engemann S. 194 ff; Fischer Rdn. 14; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT

§ 21, 137; Hellmann NK Rdn. 41 f; Kindhäuser Rdn. 9; Krets S. 96; Lackner/Kühl Rdn. 5; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 204; Mitsch BT 2 § 3, 131 und ZStW 111 (1999) 19; Otto BT § 61, 6; Rengier BT 1 § 15, 9; Rönnau JR 1998 446; Satzger S/S/W Rdn. 14; Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 656; Wirth S. 245 f; Wohlers MK Rdn. 32 und GA 2004 116 (117).

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ber), kann nur Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) sein (Fischer Rdn. 15 mit Nachw.). Geht beim Überlassen der versicherten Sache die Initiative allein vom Versicherten aus, so bleibt der Empfänger (z.B. der professionelle Kfz-Schieber) wegen notwendiger Teilnahme straflos (vgl. bereits Rdn. 16 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 13). Jedoch kommt für ihn Beihilfe zu dem später vom Versicherten gegenüber seiner Versicherung begangenen Betrug in Betracht (Perron aaO; aA Hellmann NK Rdn. 31), bei vorhandener Absicht der Verschaffung einer Versicherungsleistung auch täterschaftliches Beiseiteschaffen (Rdn. 16 mit Nachw.). Unterlässt der Versicherungsnehmer garantenpflichtwidrig die Rettung der Sache, z.B. 31 durch Löschung oder Eindämmung des Brandes, so ist er im allgemeinen (Mit- oder Neben-)Täter (insoweit zutr. Seier aaO S. 337; auch Ranft Jura 1985 396). Bloße Beihilfe ist dagegen anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich nicht verhindert, dass ein auf eigene Initiative handelnder Dritter die Tathandlung zugunsten des Versicherungsnehmers vornimmt. Die Zahlung einer Belohnung durch den Versicherungsnehmer zwecks Vornahme der Tathandlung durch einen Dritten begründet aufgrund der sonderpflichtähnlichen Struktur des Tatbestandes (oben Rdn. 7) ebenfalls (Mit-)Täterschaft. Weiß der Dritte nicht, dass die Sache versichert ist, so liegt mittelbare Täterschaft des Versicherungsnehmers kraft Irrtumsherrschaft vor (zust. Wohlers MK Rdn. 25).

VIII. Strafdrohung und Strafzumessung 32

1. Die Strafdrohung ist seit dem 6. StrRG (Entstehungsgeschichte) mit der Höchststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe geringer als die des § 263 Abs. 1. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass – bei Begehung durch den Versicherungsnehmer – die Vorbereitungshandlung zum Versicherungsbetrug oder – bei Begehung durch Dritte – die Tat eigener Art (künstliches Auslösen des Versicherungsfalles) nicht den Unrechtsgehalt des Betruges oder auch nur des Betrugsversuches (vgl. § 263 Abs. 2 in Verb. mit §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2) erreicht (BT-Drs. 13/9064 S. 20; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17).

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2. Die Strafzumessung folgt seit der Abschaffung des § 265 Abs. 2 a.F. („minderschwere Fälle“) den allgemeinen Regeln des § 46. Einschlägige Leitgesichtspunkte können sein: Die Pflichtwidrigkeit des Versicherten ist größer als die des Dritten (vgl. Rdn. 7). Die Hoch- oder Geringwertigkeit der versicherten Sache (vgl. §§ 243 Abs. 2, 263 Abs. 4) bestimmt das Ausmaß der Gefährdung des Solidarvermögens (vgl. auch Rdn. 5). Die Gefährdung ist relativ gering in den Rdn. 10 genannten Fällen des Leistungsausschlusses und der Vertragsnichtigkeit, mögen diese auch nach h.M. nicht der grundsätzlichen Anwendung des § 265 entgegenstehen. Minderung der Schuld ist vor allem bei Handeln aus wirtschaftlicher Not anzuneh34 men, aber auch bei anderen Konfliktlagen. Einschlägig ist auch das Absehen von betrügerischem Vorgehen gegen den Versicherer sowie tätige Reue, z.B. durch Löschen des Brandes oder Zurückholen der beiseitegeschafften oder einem Dritten überlassenen Sache (Rdn. 29).

IX. Konkurrenzen 35

1. Innerhalb des § 265 konnten schon nach früherem Recht die einzelnen Tatbestandsalternativen z.B. dadurch zusammentreffen, dass ein versichertes Schiff – etwa durch Herbeiführung einer Explosion oder durch direktes Anzünden – in Brand gesetzt

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und dadurch versenkt wird. Ebenso kann sowohl das Schiff als auch die Fracht gegenüber Verlust versichert sein. Entsprechendes gilt für die Versicherung von Haus und Mobiliar, Ware und Verpackung usw. gegen Brand. In derartigen Fällen ist nach allgemeinen Grundsätzen nur eine Tat nach § 265 gegeben (zust. Wohlers MK Rdn. 33). 2. Im Verhältnis zu den gemeingefährlichen Straftaten (§§ 306 ff, 311, 313, 315, 315b, 36 318) sowie zur Sachbeschädigung (§§ 303 ff) liegt Tateinheit vor.25 Dies ergibt sich daraus, dass die einschlägigen Tathandlungen zeitlich im Wesentlichen zusammenfallen, Unrechtsgehalt und Rechtsgüter sich aber nur teilweise decken. Seit der Neufassung des § 265 ist auch mit Diebstahl Tateinheit möglich, wenn der Dieb (auch) in der Absicht handelt, dem Eigentümer die Versicherungsleistung zu verschaffen (Rdn. 22).26 3. Kommt es zum (zumindest versuchten) Betrug gegenüber dem Versicherer, so 37 besteht an sich regelmäßig Tatmehrheit von § 265 und § 263,27 wie sich aus dem zeitlichen Auseinanderfallen der jeweiligen Tathandlungen ergibt (zur Annahme einer „Bewertungseinheit“ durch Teile des Schrifttums zu § 265 a.F. Tiedemann LK11 Rdn. 47 mit Nachw.). Jedoch ordnet § 265 seit seiner Neufassung durch das 6. StrRG formelle Subsidiarität des § 265 an.28 Dabei besteht trotz zutreffender Kritik am Gesetzeswortlaut Übereinstimmung darüber, dass als „Tat“ nicht die (nur höchst selten vorliegende) Tat(einheit) des materiellen Rechts, sondern der prozessuale Tatbegriff gemeint ist, der regelmäßig die Tathandlung nach § 265 und diejenige nach § 263 umfassen wird (BGHSt 45 211, 214 f: „einheitlichcs Geschehen“, das verschiedene Stadien durchläuft).29 Die Subsidiarität des § 265 gilt auch für den Betrugsversuch 30 und für die Teilnahme 38 am Betrug.31 Bei nachfolgendem Betrug(sversuch) des Versicherungsnehmers gegenüber seinem Versicherer ist also der Dritte, der die versicherte Sache zerstört (usw.) hat, nur nach §§ 263 Abs. 1 (in Verb. mit § 263 Absatz 3 Satz 2 Nr. 5), 27 strafbar (zust. Kindhäuser Rdn. 10).

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BGHSt 45 211, 218 f; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 20; Engemann S. 221 ff; Fischer Rdn. 18; Gössel BT 2 S. 459; Hellmann NK Rdn. 45; Hoyer SK Rdn. 30; Lackner/Kühl Rdn. 6; Mitsch BT 2 § 3, 113; Satzger S/S/W Rdn. 15; Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 490; Wohlers MK Rdn. 33 m.w.N. Engemann S. 224; Hellmann aaO; Hoyer aaO; Perron aaO; Wirth S. 249; Wohlers aaO; aA zu § 265 a.F. BGH NStZ 1986 314 (f). So zu § 265 a.F. insbes. BGHSt 11 398 ff und NJW 1951 204 f; Bockelmann BT II 1 S. 104, Gössel aaO; Arth. Kaufmann Jus 1987 308; Kohlhaas VersR 1955 466; Kohlrausch/Lange Anm. I und VII; Otto Jura 1989 28; Ranft Jura 1985 402. BGHSt 45 211, 214; Eisele BT II Rdn. 663; Fischer Rdn. 17; Geppert Jura 1998 386; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 136; Hellmann NK Rdn. 43; Hil-

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gendorf BT § 21, 136; Hoyer SK Rdn. 29; Kindhäuser Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 6; Otto BT § 61, 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; R. Schröder S. 145 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 652; Wohlers MK Rdn. 34. Ebenso Eisele aaO; Fischer aaO; Hellmann aaO; Hoyer SK Rdn. 28; Kindhäuser Rdn. 10; Lackner/Kühl aaO; Otto BT § 61, 7; Perron aaO; Rengier BT I § 15, 10; Satzger S/S/W Rdn. 15 (nur für § 263); Wohlers MK Rdn. 34 mit Nachw. zu weitergehenden Ansichten des Schrifttums. Eisele BT II Rdn. 663; Fischer aaO; Hellmann NK Rdn. 44 Hoyer aaO; Perron aaO; Wohlers aaO. Bröckers S. 164 f; Fischer aaO; Hellmann aaO; Hoyer aaO; Kindhäuser Rdn. 10; Mitsch BT 2 § 3, 134; Perron aaO; Satzger S/S/W Rdn. 15; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 491; Wohlers aaO.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Umstritten ist die Behandlung des Rücktritts vom Betrugsversuch (§ 24). Überwiegend wird angenommen, dass sich die Strafbefreiung nur auf § 263 bezieht, die Strafbarkeit wegen vollendeten § 265 dagegen bestehen bleibt bzw. wieder auflebt.32 Dies ist zutreffend und entspricht der allgemeinen Lehre vom Rücktritt bei einem „qualifizierten“ Versuch, der die Strafbarkeit wegen formell vollendeter Delikte nicht beseitigt (BGHSt 39 128, 129 ff; Lilie/Albrecht LK § 24 Rdn. 484 ff m.w.N.). Die Gegenmeinung beruft sich darauf, dass der Rücktritt vom Versuch auch die Vorstufen der Beteiligung (z.B. nach § 30) erfasst und § 265 „in materieller Hinsicht“ nur eine Vorbereitungshandlung zum versuchten Betrug darstelle.33 Auch abgesehen von Bedenken gegenüber dieser Deutung des Versicherungsmissbrauchs (Rdn. 23) ist es verfehlt, diesen Straftatbestand als Figur des Allgemeinen Teils zu deuten (vgl. bereits Rdn. 26; zust. Lilie/Albrecht aaO Rdn. 486).

X. Internationales Strafrecht 40

1. Die Anwendbarkeit des § 265 auf Sachverhalte mit Auslandsberührung richtet sich nach h.M. zunächst nach dem Schutzbereich des Straftatbestandes (Werle/Jeßberger LK Vor § 3 Rdn. 273 mit Nachw.). Hierin einbezogen sind jedenfalls im Inland versicherte Tatobjekte, mögen sie sich auch im Ausland oder in internationalen Gewässern befinden. Im Ausland versicherte Tatobjekte sind dagegen nur dann zweifelsfrei in den Schutzbereich einbezogen, wenn mit einer Minderansicht (vgl. oben Rdn. 4) nur (oder vorrangig) das Vermögen des Versicherers für das geschützte Rechtsgut gehalten wird (so Gössel BT 2 S. 450), da das deutsche Strafrecht Individualrechtsgüter als sog. inländische Rechtsgüter unabhängig von ihrer Belegenheit im In- oder Ausland schützt. Wenn dagegen – wie hier (oben Rdn. 4 ff) – ein vor- oder gleichrangiges Schutzgut der Institution und Leistungsfähigkeit der (Sach-)Versicherung anerkannt wird, kann fraglich erscheinen, ob § 265 auch die ausländische Versicherungswirtschaft schützt. BGHR § 265 I Versicherungsvertrag 2 bejahte dies für § 265 a.F. mit der Begründung, neben der Verhütung einer typischerweise drohenden Gemeingefahr sei die Vermeidung des allgemeinen sozialen Schadens, dessen Entstehung drohe, wenn die Versicherung ungerechtfertigt in Anspruch genommen werde, nach den Maßstäben von BGHSt 18 333, 334, 21 277, 280 und 29 86, 87 ein allen zivilisierten Rechtsstaaten gemeinsames und deshalb auch vom deutschen Strafrecht geschütztes Rechtsgut. Dem ist auch seit der Neufassung des § 265 hinsichtlich des Sozialschadens im Ergebnis zuzustimmen, da der Vermögensschutz kein bloßer Schutzreflex ist (vgl. Werle/Jeßberger aaO Rdn. 275 und 309; aA Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 2). Der Unterschied zu § 265b (Tiedemann LK § 265b Rdn. 118) liegt darin, dass jene Vorschrift an die Begriffe und den Schutzbereich des KWG anknüpft; demgegenüber kennt § 265 eine vergleichbare Anknüpfung an und Beschränkung durch das VVG (bzw. für die Seeversicherung das HGB) und das VAG nicht.

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Eisele BT II Rdn. 663; Fischer Rdn. 17; Hellmann NK Rdn. 44; Lackner/Kühl Rdn. 6; Mitsch BT 2 § 3, 132 und ZStW 111 (1999) 119; Rengier BT I § 15, 10; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 657 m.w.N.; auch Hoyer SK Rdn. 30. Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf

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BT § 21, 137 (aber auch Rdn. 132: „selbständiger Tatbestand“); Kindhäuser Rdn. 9; Satzger S/S/W Rdn. 15; vgl. auch Sch/Schröder/ Perron Rdn. 15 a.E. (es sei im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut „im Grunde noch nichts passiert“).

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Versicherungsmissbrauch

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Zumindest muss angesichts der weitreichenden Harmonisierung des Versicherungs(aufsichts)rechts durch Akte der EU jedes Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Europäischen Union in den Schutzbereich einbezogen werden (vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei § 265b Tiedemann LK Rdn. 117). 2. Im Übrigen gelten §§ 3–9. Ob die Tat im In- oder Ausland begangen worden ist, 41 richtet sich nach dem Handlungs- oder Erfolgsort der Tathandlung, nicht danach, wo die Absicht der Leistungsverschaffung verwirklicht werden soll bzw. das Versicherungsunternehmen belegen ist (vgl. Werle/Jeßberger LK § 9 Rdn. 39). Bei Auslandstaten gegen im Inland versicherte Tatobjekte dürfte § 7 Abs. 1 („gegen einen Deutschen begangen“) anwendbar sein, da der überindividuelle Schutz des Versicherungswesens (oben Rdn. 4 ff) doch auch dem einzelnen und damit bestimmbaren (vgl. BGHSt 39 54, 60) inländischen Versicherungsunternehmen zugute kommt; allerdings nimmt die neuere Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 juristische Personen ganz von dem Begriff des Deutschen aus (Werle/Jeßberger LK § 7 Rdn. 62 mit Nachw.). Soweit § 7 (auch Absatz 2!) eine Auslandsstrafbarkeit voraussetzt, genügt es, dass die konkrete Tat im Ausland überhaupt strafbar ist, sei es auch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt (vgl. Werle/Jeßberger aaO Rdn. 29 mit Nachw.). Im Rahmen des § 9 Abs. 2 Satz 2 kommt es dagegen auf die Auslandsstrafbarkeit nicht an; deshalb sieht BGH wistra 1993 224, 225 im Falle einer in Berlin durch einen Deutschen begangenen Anstiftung, sein in Schweden gelegenes und dort gegen Feuergefahr versichertes Ferienhaus in Brand zu setzen, die Tat zutreffend als unabhängig von der schwedischen Strafrechtslage nach §§ 265, 26 strafbar an (ähnlich zu § 265b BGH wistra 1994 25, 27; vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 120).

XI. Strafanzeige und Strafverfolgung 1. Die Strafverfolgung wegen § 265 ist auch in Bagatellfällen an kein Strafantrags- 42 erfordernis gebunden (anders § 263 Abs. 4!), wird aber häufig faktisch von einer Strafanzeige des Versicherers abhängen (ebenso Wohlers MK Rdn. 36). Hiervon wird meist – vor allem in kleineren Fällen – dann abgesehen, wenn der Versicherer durch eigene Ermittlungen sein primäres Ziel der Leistungsfreiheit erreicht hat (vgl. König S. 163, 173 f; krit. Ayasse VersR 1989 780). Insbesondere – aber keineswegs ausschließlich – das versicherungswirtschaftliche Schrifttum wirft der Strafverfolgung nicht selten „Versicherungsfeindlichkeit“ im Sinne von Desinteresse und Tendenz zur Verfahrenseinstellung vor (Langrock S. 25; Wittkämper/Wulff-Nienhüser/Kammer S. 226 m.w.N.). Der Interessengegensatz ergibt sich in der Tat jedenfalls daraus, dass eigene Ermittlungen der Versicherer primär auf Leistungsfreiheit abzielen (Farny S. 66 f) und die Versicherer bei Erreichung dieses Zieles vor allem, wie bereits erwähnt, in kleineren Fällen keine Strafanzeige erstatten (Wittkämper/Wulff-Nienhüser/Kammer S. 227). Zur Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von Versicherern und Ermittlungsbehörden (Polizei und/oder Staatsanwaltschaft) jedenfalls in größeren und in internationalen Fällen sowie zur Einrichtung von Betrugsermittlungsstellen bei den Versicherungsunternehmen Ayasse aaO; König S. 161 ff; Weibel Kriminalistik 1993 142 f. 2. Die RiStBV erwähnen den Versicherungsbetrug bzw. Versicherungsmissbrauch 43 (§ 265) nicht (mehr), obwohl insbesondere für den Feuerversicherungsmissbrauch reiche kriminalistische Erfahrung und ein umfängliches einschlägiges Schrifttum vorliegen (Tiedemann LK11 Rdn. 52 mit Nachw.). Reinhardt (ArchKrim 102 62 ff) vermutet unter den Brandstiftungsdelikten mehr Versicherungsmissbräuche als allgemein angenommen wird

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und legt besonderen Wert auf Motivforschung, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, aber auch auf den Zusammenhang mit der Konjunktur- und Wirtschaftslage. – Nr. 242 RiStBV a.F. sah vor, dass Versicherungsunternehmen auf Verlangen Auskunft darüber gegeben werden soll, ob und gegen wen aus Anlass eines Brandfalles ein Strafverfahren anhängig ist bzw. welchen Ausgang es genommen hat (usw.). Die Vorschrift, die der Rdn. 42 geforderten Zusammenarbeit von Versicherern und Strafjustiz Rechnung trug, wurde 1986 gestrichen. Sie wird seither durch die allgemeinen strafprozessualen Regeln über Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte des Verletzten (§§ 406d ff StPO) ersetzt. Dass der einzelne Versicherer auch bei überindividueller Ausrichtung des geschützten Rechtsgutes als Verletzter anzusehen ist, wurde bereits oben Rdn. 41 dargelegt und gilt für den weiten Verletztenbegriff der StPO erst recht (zust. Wohlers MK Rdn. 36).

44

3. Für die Aburteilung des Versicherungsmissbrauchs besteht keine besondere Zuständigkeit. § 74c GVG sieht § 265 nicht als Wirtschaftsstraftat an, sondern bezeichnet nur den allgemeinen Betrugstatbestand als zur Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer gehörig, „soweit zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind“ (§ 74c Abs. 1 Nr. 6a GVG).

§ 265a Erschleichen von Leistungen (1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

Schrifttum Siehe zunächst die Angaben zu §§ 242, 263, 263a; ferner: Achenbach Die „kleine Münze“ des sog. Computer-Strafrechts – Zur Strafbarkeit des Leerspielens von Geldspielautomaten –, Jura 1991 225; Ahrens Automatenmißbrauch und Rechtsschutz moderner Automatensysteme (1985); Albrecht Bedienungswidrig herbeigeführter Geldauswurf bei einem Glücksspielautomaten – OLG Stuttgart NJW 1982, 1659, JuS 1983 101; Alwart Über die Hypertrophie eines Unikums (§ 265a StGB), JZ 1986 563; Arndt/Fetzer/Scherer Telekommunikationsgesetz (Kommentar) (2008); Beucher/Engels Harmonisierung des Rechtsschutzes verschlüsselter Pay-TV-Dienste gegen Piraterieakte, CR 1998 101; Bilda Zur Strafbarkeit des „Schwarzfahrens“ zu Lasten von Verkehrsbetrieben, MDR 1969 434; Brauner/Göhner Die Strafbarkeit „kostenloser Störanrufe“, NJW 1978 1469; Bühler Die strafrechtliche Erfassung des Mißbrauchs von Geldspielautomaten (1995); Caesar Der strafrechtliche Automatenschutz nach geltendem und künftigem Recht, Diss. Köln 1931; Dylla-Krebs Die falsche Namensangabe – Betrugsproblematik bei sog. Schwarzfahrern, NJW 1990 888; Ehmke Zur rechtlichen Beurteilung von Telefonbelästigungen, Die Polizei 1981 247; Ellbogen Strafbarkeit des einfachen „Schwarzfahrens“, JuS 2005 20; Etter Noch einmal: Systematisches Entleeren von Glückspielautomaten, CR 1988 1021; Exner Strafbares „Schwarzfahren“ als ein Lehrstück juristischer Methodik, Jura 2009 990; Eyers Die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens in sog. „Einmalfällen“ (1999); Falkenbach Die Fahrgeldprellerei, Arch-

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Krim 173 (1984) 83; Falkenbach Die Leistungserschleichung (§ 265a StGB) (1983); Fischer „Erschleichen“ der Beförderung bei freiem Zugang? NJW 1988 1828; Füllkrug Manipuliertes Glück – Spiele an Geldautomaten, Kriminalistik 1988 587, 609; Füllkrug/Schnell Die Strafbarkeit des Spielens an Geldspielautomaten bei Verwendung von Kenntnissen über den Programmablauf, wistra 1988 177; Gern/Schneider Die Bedienung von Parkuhren mit ausländischem Geld, NZV 1988 129; Hagemann Rechtliche Probleme des Schwarzfahrens in öffentlichen Verkehrsmitteln (2008); Hauf Schwarzfahren im modernen Massenverkehr – strafbar nach § 265a StGB? DRiZ 1995 15; Herzberg/Seier Examensklausur Strafrecht, Jura 1985 49; Herzog Telefonterror (fast) straflos? GA 1975 257; Hinrichs Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Erschleichen“ in § 265a I Alt. 3 StGB, NJW 2001 932; Huff Die Strafbarkeit im Zusammenhang mit Geldautomaten, NStZ 1985 438; Jahn Strafbarkeit des „Schwarzfahrens“, JuS 2011 1042; Kolping Die Leistungserschleichung (§ 265a StGB), Diss. Köln 1937; Krause/Wuermeling Mißbrauch von Kabelfernsehanschlüssen, NStZ 1990 526; Kudlich Missbrauch eines Geldwechselautomaten – OLG Düsseldorf, NJW 2000 158, JuS 2001 20; Laue Kreditkarte und Internet, JuS 2002 359; Lochner Die Münzautomaten im Strafrecht, Diss. München 1967; Mahnkopf Probleme der unbefugten Telefonbenutzung, JuS 1982 885; Martos Núñez Art. Polizonaje, in Nueva Enciclopedía Jurídica Bd. XIX (1989) S. 998; U. Meyer Das Erschleichen einer Leistung nach dem schweizerischen Strafgesetzbuch (Art. 151 StGB), Diss. Bern 1973; Ogˇlakcıogˇlu Eine „schwarze Liste“ für den Juristen, JA 2011 588; Ory Rechtsfragen des Abonnementfernsehens, ZUM 1988 225; Ranft Strafrechtliche Probleme der Beförderungserschleichung, Jura 1993 84; Rinio Das „Überlisten“ der Ausfahrtschranke eines Parkhauses – strafbares Unrecht? DAR 1998 297; L. Schäfer Die Einzelheiten der Strafgesetznovelle vom 28. Juni 1935, DJ 1935 994; Schall Der Schwarzfahrer auf dem Prüfstand des § 265a StGB, JR 1992 1; Schenkel Funkstrafrecht (1929); Scheurle/Mayer (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz (Kommentar) (2. Aufl. 2008); Schienle Die Leistungserschleichung (§ 265a StGB), StrafrAbh. 384 (1938); Schlüchter Zweckentfremdung von Geldspielgeräten durch Computermanipulationen, NStZ 1988 53; Schmitt Strafrechtliche Probleme als Folge von Neuerungen im Bankwesen, Jura 1987 640; Schroth Der Diebstahl mittels Codekarte, NJW 1981 729; Schulz „Leistungserschleichung“ bei Spielautomaten, NJW 1981 1351; Steinke Dem Glück auf die Sprünge geholfen – Die Überlistung computerisierter Spielautomaten, Kriminalistik 1988 565; Stiebig „Erschleichen“ im Sinne des § 265a Abs. 1 Alt. 3 StGB, Jura 2003 699; Tiedemann Computerkriminalität und Mißbrauch von Bankautomaten, WM IV 1983 1326; Trenczek Subsidiarität des Jugendstrafrechts – Programm oder Leerformel? ZRP 1993 184; Wiechers Strafrecht und Technisierung im Zahlungsverkehr, JuS 1979 847; Wiechert/Schmidt Fernmelderecht Entscheidungen (1983 ff); Zeiler „Münzfernsprecherbetrug“, JW 1935 476. Materialien BR-Drs. 5/75 S. 29 und 369/97 S. 49; BT-Drs. 7/3441 S. 29; Prot. 7 S. 2735.

Entstehungsgeschichte Der Straftatbestand wurde mit dem wesentlichen Inhalt seiner Absätze 1 und 2 im Anschluss an frühere Entwürfe (Caesar S. 35 ff) durch Gesetz vom 28.6.1935 (RGBl. I S. 839) eingeführt (dazu Falkenbach S. 74 ff sowie L. Schäfer DJ 1935 994, 997 f) und durch das 1. WiKG 1976 (Rdn. 3 Vor §§ 263 ff) auf den Missbrauch von Leistungen öffentlicher Fernmeldenetze erstreckt. Absatz 3 geht hinsichtlich des Antragserfordernisses bei einer Tat gegen Angehörige auf das Gesetz vom 4.8.1953 (BGBl. 1 S. 735) zurück. Das EGStGB 1974 ergänzte diese Regelung um die Behandlung der Bagatellfälle und führte eine im gesamten Vermögensbereich vereinheitlichte Gestaltung der Bagatelldelikte ein. Das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz vom 22.6.2004 ersetzte den Begriff des Fernmeldenetzes durch den des Telekommunikationsnetzes, ohne damit eine sachliche Änderung zu bezwecken (BR-Drs. 369/97 S. 49).

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Übersicht Rdn. I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legimitationsfragen und Auslandsrechte . . . .

1

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes . . . . . .

11

III. Die Tathandlung und ihr Gegenstand . 1. Entgeltlichkeit der Leistung . . . . . 2. Leistung eines Automaten . . . . . . 3. Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes 4. Beförderung durch Verkehrsmittel . 5. Zutritt zu Veranstaltungen und Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . 6. Erschleichen der Leistung bzw. des Zutritts . . . . . . . . . . . . . a) Beim Automaten . . . . . . . . . b) Beim Telekommunikationsnetz . . c) Bei Beförderung und Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . .

. . .

16 16 20

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24 30

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32

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34 37 41

.

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IV. Vorsatz und Absicht . . . . . . . . . . . 1. Vorsatz, insbes. dolus eventualis . . .

48 48

Rdn. 2. Irrtumsfälle . . . . . . . . . . . . . . 3. Absichtserfordernis . . . . . . . . . . V. Vollendung, Beendigung und Versuch 1. Vollendung und Dauerstraftat . . 2. Beendigung . . . . . . . . . . . . 3. Versuch . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

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. . . .

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VI. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis der Tatbestandsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Straftatbeständen, insbes. Bedeutung der Subsidiaritätsklausel . . . . . . . . . . . . . . 3. Schwarz(rundfunk)hören, Schwarz(fern)sehen und Schwarz-Surfen . . .

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55 58

VII. Internationales Strafrecht . . . . . . . .

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VIII. Strafantrag und Strafverfolgung . . . . 1. Antragserfordernis nach Absatz 3 . . 2. Zur Anzeigepraxis von Verkehrsbetrieben . . . . . . . . . . . . . .

60 60 61

I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legitimationsfragen und Auslandsrechte 1

Die Notwendigkeit für die Schaffung des speziellen und ausdrücklich als subsidiär ausgestalteten Straftatbestandes liegt in der modernen technischen Entwicklung, nämlich dem Aufkommen von Automaten aller Art und der Entwicklung der Fernmeldetechnik bis hin zum Kabelfernsehen, Pay-TV und Internet begründet. Weiter geht es um den Ausbau (und ebenfalls die Technisierung) des Beförderungsangebotes beim (öffentlichen) Personenverkehr, der sich seit der Erfindung der Dampfmaschine und der Einführung der Schienenbahnen zum modernen Massenverkehr entwickelt hat. Auch das Automatenund Telekommunikationswesen sowie öffentliche Veranstaltungen werden weithin durch das Erbringen von Massenleistungen charakterisiert. Für das Betrugsstrafrecht ist in allen diesen Bereichen der Wegfall menschlich-individueller Kontrollen und damit das Entfallen eines (menschlichen) Irrtums, aber auch schon einer Täuschungshandlung im Sinne des § 263 entscheidend (zusammenfassend Falkenbach S. 70 f mit Nachw.). Die Gesetzeslücke, die durch § 265a geschlossen wird, betrifft zum einen (und vor 2 allem) das Betrugsstrafrecht, zum anderen aber auch allgemein das Vermögens- und Eigentumsstrafrecht. Sie wurde durch das Urteil des Reichsgerichts vom 18.12.1933 (RGSt 68 65 ff) evident, welches unmittelbar zu der oben Entstehungsgeschichte genannten Novelle führte: Die beiden Angeklagten hatten in Berlin über mehrere Monate hinweg Münzfernsprecher dadurch missbräuchlich benutzt, dass sie jeweils anstelle des vorgeschriebenen Zehnpfennigstücks eine für diesen Zweck durch Breitklopfen hergerichtete Zweipfennigmünze zur Zahlung verwendeten; der Anschluss wurde jedenfalls in einer Reihe von Fällen ohne Einschaltung von Bediensteten der Post, also allein auf mechanischem Wege, hergestellt. Das RG verneinte in den letzteren Fällen eine Strafbarkeit wegen Betruges, „weil … keine Person getäuscht und zu einer Vermögensverfügung veranlasst worden ist“ (aaO S. 66), aber auch eine solche wegen Stromentziehung (§ 248c) und Münzfälschung (§ 146) sowie anderer Straftatbestände, insbesondere wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung (§ 304). Das Betrugsstrafrecht versagt freilich nicht nur

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bei automatisierten Vorgängen, sondern auch bei der Erschleichung von Massenleistungen und unzulänglicher Kontrolle. So fehlt nach der Rechtsprechung ein Irrtum „der Eisenbahnverwaltung, d. i. der sie vertretenden Beamten“, wenn diese von der Anwesenheit des Täters im Zug „überhaupt keine Vorstellung erlangt“ haben (RGSt 42 40, 41; auf welche Weise der Passagier in den Zug gelangt war, blieb in der Entscheidung offen). Auch ist der Vermögensschaden nicht unzweifelhaft (unten Rdn. 13 f). Dieses Problem des „blinden Passagiers“ hatte schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Rechtsprechung und Schrifttum beschäftigt (vgl. nur v. Bar GS XL [1888] 481, 490 ff mit Nachw.). Das Eigentumsstrafrecht (§§ 242, 246) gewährt – mit der Ausnahme des elektrischen Stroms (§ 248c) – nichtgegenständlichen Leistungen keinen Schutz (vgl. auch unten Rdn. 15). Die amtl. Begr. zum 1. WiKG wies mehrere Jahrzehnte später auf die weiter fort- 3 schreitende Automatisierung des öffentlichen Fernmeldenetzes und sein Zusammenwachsen mit den Auslandsverbindungen zu einem umfassenden internationalen Telekommunikationssystem und auf den Anreiz hin, die einschlägigen Gebührenerfassungseinrichtungen durch technische Manipulationen zu umgehen, insbesondere durch Geräte und Methoden zur Simulation der Schaltsignale zur Steuerung der Übertragungs- und Vermittlungssysteme. Solche Eingriffe in den Ablauf von Vermittlungs-, Steuerungs- und Übertragungsvorgängen seien ohne Verletzung des Analogieverbotes insbesondere durch § 265a nicht zu erfassen, da nicht die Leistung einzelner Automaten, sondern die des gesamten Telekommunikationsnetzes erschlichen wird (BTDrucks. 7/3441 S. 29; Laufhütte Prot. 7 S. 2735). Eine ähnliche Strafbarkeitslücke bestehe bei dem illegalen Anschluss von Fernsprechapparaten an Schaltpunkten des öffentlichen Fernsprechnetzes ohne Eintritt der in § 317 vorgesehenen Folgen (BTDrucks. aaO S. 29 f; Laufhütte aaO). In seiner heutigen Fassung betrifft § 265a vier Gruppen der Erschleichung von Leis- 4 tungen: Automatenmissbrauch, Missbrauch öffentlicher Telekommunikationsnetze, Erschleichung der Personenbeförderung und Erschleichung des Zutritts zu einer Veranstaltung oder Einrichtung. Die praktische Bedeutung des Straftatbestandes von § 265a ist erheblich, auch wenn sich die vier Fallgruppen in der Statistik unterschiedlich niederschlagen. Im Vordergrund steht insoweit eindeutig die Beförderungserschleichung, die auch in der Reformdiskussion unter dem Stichwort des „Schwarzfahrens“ eine besondere Rolle spielt (unten Rdn. 6). Der Wegfall von Zu- und Abgangssperren und der weitgehende Verzicht auf regelmäßige Kontrollen vor allem im Personennahverkehr hat zu einer fast explosionsartigen Steigerung der unbefugten Inanspruchnahme von (insbesondere öffentlichen) Verkehrsmitteln geführt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik nennt für das Berichtsjahr 2010 mehr als 228.000 Fälle der Leistungserschleichung (PKS Tab. 01 Schlüsselzahl 515000), davon mehr als 227.000 Fälle der Beförderungserschleichung (aaO Schlüsselzahl 515001) mit einem geschätzten Schaden von knapp 6 Mio. € (PKS Tab. 07) und einer Aufklärungsquote nahe 100 %. Diese deutet darauf hin, dass es um selektierte Fälle der Strafanzeige von Verkehrsbetrieben gegen rückfällige Täter oder solche, die die Zahlung verweigern, geht. Die Feststellung von Personen ohne gültigen Fahrausweis beläuft sich schon in einzelnen Großstädten auf ein Mehrfaches der genannten Zahl (vgl. Alwart JZ 1986 583 Fn. 2). Eine weitere Vervielfachung (bis zum Wert 1: 50) wird für das Verhältnis der entdeckten zu den unentdeckten Fällen angenommen, für das Verhältnis der geschätzten Dunkelziffer zu den von den Strafverfolgungsbehörden registrierten (angezeigten) Fällen bis zu 600 : 1 (Falkenbach ArchKrim 173 87). Abgeurteilt wurden dagegen im Jahre 2010 nur gut 72.000 Personen (Strafverfolgung 2010 S. 36). – Demgegenüber ist der Missbrauch von Automaten durch technische Sicherungen zunehmend eingedämmt worden (Falkenbach aaO S. 84). Verlässliche Zahlenanga-

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ben liegen insoweit aus neuerer Zeit ebensowenig vor wie im Hinblick auf den Missbrauch des öffentlichen Telekommunikationsnetzes und die Erschleichung des Zutritts zu Einrichtungen und Veranstaltungen (ältere Zahlenangaben zum Automatenmissbrauch bei Caesar S. 12 f).

5

Die Kritik an § 265a konzentriert sich seit langem darauf, dass sachlich ähnliche Fälle der Leistungserschleichung nach unterschiedlichen Straftatbeständen des StGB geahndet werden (vgl. bereits Schienle S. 101 f, der den Wegfall der Subsidiaritätsklausel forderte). Sieber (Informationstechnologie S. 43) schlug daher vor, den Missbrauch von Computern und Automaten als „Missbrauch technischer Geräte“ gemeinsam in Anlehnung an § 263 zu regeln. In der Tat wird seit Einführung des § 263a durch das 2. WiKG 1986 die bisherige Aufteilung in Waren- und Leistungsautomaten (mit der Anwendung von § 242 oder § 265a, vgl. unten Rdn. 21) ergänzt durch die weitere Aufteilung in Automaten mit mechanischer und solche mit elektronischer Steuerung (Fischer Rdn. 2 mit Nachw.); die letzteren werden durch den strengeren § 263a geschützt. Die unterschiedliche Behandlung des Automatenmissbrauchs nach § 265a und § 263a entspricht allerdings der unterschiedlichen technischen Ausgestaltung und der bei § 263a regelmäßig größeren Raffinesse der Täter; diesen Faktoren müsste bei einem einheitlichen Straftatbestand spätestens im Wege der Strafzumessung Rechnung getragen werden. Und die Ausgliederung der Warenautomaten aus § 265a mittels einer dogmatisch durchaus angreifbaren Bejahung des § 242 (vgl. unten Rdn. 22) ist eher ein Problem dieses als jenes Tatbestandes. Angesichts des meist nicht besonders hohen Wertes der aus Automaten entnommenen Waren wäre insgesamt in der Tat mit dem Wegfall der Subsidiaritätsklausel bei gleichzeitiger mäßiger Anhebung des Strafrahmens viel gewonnen. – Im Hinblick auf neueste technische Entwicklungen (insbesondere Internet) und ihren Missbrauch (z.B. durch SchwarzSurfen, unten Rdn. 58) schlägt Og˘lakcıog˘lu JA 2011 593 eine Erweiterung des Variantenkatalogs des § 265a Abs. 1 mit besserer Bestimmtheit der einzelnen Alternativen vor (S. 591 unter zutr. Hinweis auf Art. 150 schweizer. StGB, dazu unten Rdn. 8).

6

In kriminalpolitischer Hinsicht steht die Bestrafung des Schwarzfahrens im Vordergrund der Kritik. Gerügt wird zum einen die tatbestandliche Einbeziehung von Bagatellfällen und die private Selektion durch die Strafanzeigepraxis der öffentlichen Verkehrsbetriebe (vgl. soeben Rdn. 4), zum anderen und vor allem das fehlende Strafbedürfnis wegen hinreichender (und nicht wahrgenommener) Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers. Zusammenfassend sieht Schall (JR 1992 5 f) in der Bestrafung des Schwarzfahrens eine strafrechtliche Sanktionierung bloßen Vertragsbruches, wenn und soweit es an einer zusätzlichen, die kriminelle Energie manifestierenden Verhaltensweise wie der Umgehung von Kontroll- oder Sicherungsvorkehrungen fehlt (dazu de lege lata unten Rdn. 45 ff). Das Strafrecht wird dann nach einem häufig geäußerten Vorwurf zum Vollstreckungsmittel im finanziellen Interesse der Verkehrsbetriebe degradiert (zuletzt Jahn JuS 2011 1043 mit Nachw.). Zusätzlich wird kritisiert, dass die Strafverfolgung vorwiegend kriminologische Problemgruppen (Jugendliche, Heranwachsende, Randständige) betrifft (Trenczek ZRP 1993 186). Nicht selten plädiert die Literatur daher für eine teilweise Streichung des § 265a (in Bezug auf das „Schwarzfahren“) oder jedenfalls für seine Beschränkung auf öffentlichen Massenverkehr (und Missbrauch öffentlicher Telekommunikationsnetze: Falkenbach S. 374), vereinzelt auch nur für eine Beseitigung der Doppelreaktion von strafrechtlicher und außerjustizieller Reaktion durch Erhebung erhöhter Beförderungsentgelte (eingehend Falkenbach S. 352 ff). Neuere Gesetzentwürfe sahen daher eine Beschränkung der Strafbarkeit der Beförderungserschleichung auf Fälle der Wiederholung und der Umgehung von Kontrollmaßnahmen vor; „einfache“ Verstöße sollten insoweit als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (vgl. Fischer Rdn. 1; Hauf DRiZ 1995 15 Fn. 3). Diese Vor-

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schläge wurden auch mit der hohen sozialen Akzeptanz einer Entkriminalisierung der Beförderungserschleichung begründet (Trenczek aaO S. 189) und konnten sich auf ausländische Regelungen (unten Rdn. 7 ff) berufen. Sie sind nicht Gesetz geworden, obwohl die Heraufstufung einer Ordnungswidrigkeit zur Straftat bei („beharrlicher“) Wiederholung entgegen Wohlers MK Rdn. 6 ein durchgehendes Prinzip des Nebenstrafrechts ist (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 583). Insbesondere wurde ein auf Entkriminalisierung zielender Gesetzentwurf BT-Drs. 13/2005 bei den Beratungen zum 6. StrRG abgelehnt (BT-Drs. 13/9064 S. 2 und 7). Zu weiteren Reformvorschlägen LK11 Rdn. 7. Im ausländischen Recht finden sich teils ähnliche Regelungen wie im deutschen Straf- 7 recht, teilweise aber auch abweichende Modelle, die insbesondere in die Richtung der auch in Deutschland befürworteten Reform (oben Rdn. 6) weisen (ältere Übersichten bei Caesar S. 32 ff und Kolping S. 35 f): Das österreichische StGB erfasst in § 149 Abs. 1 das Erschleichen der Beförderung 8 durch öffentliche Verkehrsmittel sowie des Zutritts zu einer Aufführung, Ausstellung oder anderen Veranstaltung oder Einrichtung. Vorausgesetzt wird aber vom Gesetz ausdrücklich eine „Täuschung über Tatsachen“; Absatz 1 wird als privilegierter Fall des Betruges verstanden und verlangt Täuschung etwa einer Kontrollperson (Kirchbacher/ Presslauer in Wiener Kommentar § 149 Rdn. 1 und 6 mit Nachw.). Bei fehlender Täuschung liegt im Falle der Beförderungserschleichung eine Verwaltungsübertretung vor, die bei Zahlung des Fahrpreises mit einem Aufschlag straflos bleibt (Falkenbach S. 290 f mit Nachw.). Dies ist im Zusammenhang mit dem Gedanken des § 167 zu sehen, der die Schadenswiedergutmachung als allgemeinen Strafaufhebungsgrund bei Vermögensdelikten anerkennt (vgl. dazu Tiedemann ZStW 107 [1995] 929 ff mit Nachw.). § 149 Abs. 2 stellt den Missbrauch von Leistungsautomaten unter Strafe, ohne dass eine Täuschung erforderlich wäre (Falkenbach S. 291, dort auch zum Fernmeldemissbrauch, der eine Verwaltungsübertretung sein kann: Kirchbacher/Presslauer aaO Rdn. 7 mit Nachw.). Art. 150 schweizerisches StGB bestraft jedes Erschleichen einer entgeltlichen Leistung durch Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels, Besuch einer Aufführung, Ausstellung oder ähnlichen Veranstaltung sowie einer Leistung, „die eine Datenverarbeitungsanlage erbringt oder die ein Automat vermittelt“. Der Grund für die Vorschrift wird auch im schweizerischen Schrifttum darin gesehen, dass in diesen Fällen in der Regel weder ein Irrtum noch ein Vermögensschaden vorliegt (Trechsel Schweizerisches StGB Art. 150 Rdn. 1 mit Nachw.). Unter den Tatbestand fällt der Zeitdiebstahl am Computer (Trechsel aaO Rdn. 1a) und auch die unbefugte Benutzung von Spiel- und Telefonautomaten (Meyer S. 78; Trechsel aaO Rdn. 2); dagegen wird das einfache Schwarzfahren seit BGE 117 IV 449 vom 8.11.1991 nicht mehr unter Art. 150 subsumiert (Arzt FS Tiedemann S. 602). Die skandinavischen Strafgesetzbücher kennen ebenfalls Sonderregelungen für das Erschleichen von Beförderung oder Eintritt, wobei vom Straftatbestand auch das Schwarzfahren erfasst wird (vgl. § 298 Nr. 4 dänisches Strafgesetz, § 403 norwegisches Strafgesetz und Kap. 9 § 2 Abs. 2 schwedischer Brottsbalken, alle unter Einbeziehung auch der Erschleichung von Bewirtung, Unterkunft und Zutritt zu einer Vorstellung „oder sonst etwas Derartigem“, wie der schwedische Straftatbestand ergänzt; vgl. auch Falkenbach S. 298 ff mit Angaben zur Praxis). Finnland sanktioniert in einem Spezialgesetz die unbefugte Inanspruchnahme von Beförderungsleistungen nur durch Androhung eines erhöhten Beförderungsentgelts. Im romanischen Rechtskreis ist das französische Modell der „filouterie“ (Schwindelei) 9 klassisch. Art. 313-5 Code pénal 1994 bestraft die Erschleichung von Leistungen ohne die Absicht oder die Möglichkeit des Täters zur Erbringung des Entgelts, z.B. für Taxi-, Gastwirt- und Hotelleistungen, „sofern die Zimmerbenutzung nicht länger als zehn Tage

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gedauert hat“ (dazu T. Walter S. 312), sowie für das Auffüllenlassen der Kfz-Behälter mit Treibstoff oder Motoröl. Die Auswahl der strafschutzwürdigen Anbieter ist vom Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt getroffen worden, ob diese nach der Geschäftssitte vorzuleisten haben, ohne sich der Zahlungsfähigkeit des Kunden vergewissern zu können („crédit forcé“, T. Walter S. 310 mit Nachw.) . Das Nebenstrafrecht kennt die „filouterie“ in bezug auf den Personenbeförderungsverkehr auf Schienen sowie mittels öffentlicher Verkehrsmittel auf der Straße als Übertretung, die tatbestandlich nur die Benutzung des Verkehrsmittels ohne gültigen Fahrausweis voraussetzt und Abwendung der Strafverfolgung durch Zahlung einer pauschalierten Geldstrafe an den das Protokoll aufnehmenden Beamten erlaubt („transaction“, vgl. T. Walter S. 516 f; auch Falkenbach S. 304). Strafbar ist insoweit das „Schwarzfahren“, also das schlichte unbefugte Mitfahren (T. Walter S. 522). Als Vergehen schwerer bestraft wird die „filouterie de transport maritime“, wenn sich der Täter heimlich Zugang zu einer Fern- oder internationalen Schiffsreise verschafft (T. Walter S. 517; ausführlicher Martos Núñez in Nueva Enciclopedía Jurídica Bd. XIX S. 1000 f). Das französische Nebenstrafrecht regelt ferner die Erschleichung von Leistungen eines Telekommunikationsnetzes, dessen Manipulation aber in Einzelfällen auch als Betrug geahndet wurde (T. Walter S. 518 f mit Nachw.). Der portugiesische Código penal folgt dem französischen Modell im Ausgangspunkt. Art. 220 Abs. 1c C.p. stellt für die Beförderungserschleichung auf die Benutzung von Transportmitteln mit dem Wissen ab, dass die Zahlung eines Preises erforderlich ist, den der Täter nicht zu bezahlen beabsichtigt. Zwei Gesetzesdekrete ergänzen diesen Strafschutz für Eisenbahnen, Kollektivtransportmittel und die Metro von Lissabon durch Übertretungstatbestände, die Geldstrafe (multa) androhen und fahrlässig verwirklicht werden können (Maia Gonçalves Código Penal Português, 15. Aufl. 2002, Art. 220 Anm. 5). Vergleichbar ist die spanische Rechtslage, nach der das Schwarzfahren („polizonaje“) nach der Rechtsprechung eine Täuschung und einen Vermögensschaden begründet und daher ein Betrug vorliegen soll, wenn der Täter mittellos ist oder sich tatsächlich weigert zu zahlen (Martos Núñez aaO S. 1008 mit Nachw.; krit. Bajo Fernández Delitos de estafa S. 94 f; Muñoz Conde Derecho penal Parte especial, 16. Aufl. 2007, S. 427). Die Instanzrechtsprechung neigt neuerdings aber zur Ablehnung der Betrugsstrafbarkeit mangels Täuschungshandlung (Vives Antón/González Cussac in Vives Antón et al., Derecho penal Parte especial, 2. Aufl. 2008, S. 413 f, 419 mit Nachw.). Im Nebenstrafrecht wurde bis 1992 „polizonaje“ bei Auslandsschiffsreisen und wird bis heute dieses Verhalten bei Flugreisen unter Strafe gestellt, während die unbefugte Benutzung sonstiger Beförderungsmittel nur ein Verwaltungsdelikt ist (Ludwig Betrug S. 236 ff mit Nachw.). Daneben bestraft der spanische Código penal von 1996 in Art. 255 die „Betrügerei“ („defraudación“) durch Benutzung von elektrischem Strom, Gas, Wasser „oder eines anderen Elementes“ oder Mitteln der Telekommunikation mittels besonders installierter Mechanismen, Änderung der Gebührenzähler oder anderer heimlicher Mittel, allerdings als Vergehen nur bei einem Schaden von mehr als 400 €. Art. 256 inkriminiert mit derselben Wertgrenze die unbefugte Benutzung jeder Art von Endanschluss von Mitteln der Telekommunikation (dazu Ludwig aaO S. 242). Auf den Einmietbetrug wird der allgemeine Betrugstatbestand angewandt (Bajo Fernández aaO S. 93 f mit Nachw.). Auch in Italien ergänzt ein spezieller Straftatbestand im Codice penale (Art. 641) den allgemeinen Betrugstatbestand für Vertragsabschlüsse unter Verheimlichung der Zahlungsunfähigkeit, wobei diese nur im Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung bestehen muss und auch in der Form der Zahlungsunwilligkeit gegeben sein kann („scrocco“). Durch dass Nebenstrafrecht und Verwaltungssanktionsrecht wird ferner die Beförderungserschleichung je nach benutztem Transportmittel bedroht (Antolisei/Grosso Manuale di Diritto penale Parte Speciale Bd. I, 15. Aufl. 2008, S. 388 mit Nachw.; Martos Núñez aaO S. 1001 f).

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Im englischen Strafrecht sind für die Erschleichung von Leistungen die Theft Acts 10 nicht einschlägig. Für die Beförderungserschleichung greift vielmehr der Transport Act von 1962 bzw. der British Railways Act von 1977 ein, der die Sanktion für den in s. 5 (3) Regulation of Railways Act 1889 vorgesehenen Tatbestand verschärft (auf Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe); auffällig ist dabei der ausdrückliche Ausschluss der Möglichkeit von Verkehrsunternehmen, Bußgelder in Form eines erhöhten Fahrpreises zu erheben (zusammenfassend Falkenbach S. 314 f mit Nachw.). Die Erschleichung von elektronischen Kommunikationsdienstleistungen wird durch s. 125 Communications Act 2003 erfasst; seit 2007 ist auch s. 2 Fraud Act 2006 einschlägig (dazu Tiedemann LK Rdn. 87 ff Vor § 263), deren Absatz 5 als falsche oder irreführende Angaben auch solche bezeichnet, die einem System oder Gerät eingegeben werden, das Kommunikationen empfängt, übermittelt oder verarbeitet. Einen Sondertatbestand unter Hervorhebung des Schutzes der Telekommunikation enthält schließlich Art. 326c niederländisches Wetboek van strafrecht.

II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes Die tatbestandliche Zusammenfassung von vier Erschleichungshandlungen auf unter- 11 schiedlichen Gebieten der Erbringung von Leistungen erschwert die Rechtsgutsbestimmung insbesondere seit der Reform von 1976 (oben Rdn. 3), da sich die Erschleichung der Leistung von Telekommunikationsnetzen nur auf solche bezieht, die öffentlichen Zwecken dienen. Die Beförderungserschleichung betrifft zwar faktisch ebenfalls nahezu ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel (für eine entsprechende Beschränkung des Strafschutzes daher die Entwürfe bis 1927; vgl. Falkenbach S. 88). Jedoch ist dies rechtlich ebensowenig erforderlich (Saliger S/S/W Rdn. 16 mit Nachw.) wie öffentliche Zugänglichkeit der Automaten, Einrichtungen oder Veranstaltungen. – Ein (überindividueller) Schutz der Allgemeinheit wird vor allem von Falkenbach (S. 34, auch S. 341 f, 348) vertreten, der hier „Gemeinschaftsinteressen“ berührt sieht und bei dem Missbrauch von Telekommunikationsnetzen das Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Kommunikationsvorgang in den Vordergrund stellt (S. 374, 400). Auch OLG Stuttgart NJW 1990 924, 925 sieht öffentliche Interessen (vorgeleisteten Vertrauens und) am Berufsverkehr gewährleistet. Die im Vergleich zu § 263 niedrige Strafdrohung und die ausdrückliche Subsidiarität des § 265a sprechen allerdings entscheidend dagegen, Belange des öffentlichen Personenverkehrs und/oder des öffentlichen Telekommunikationsverkehrs als (mit) geschützt anzusehen. Es geht insoweit nur um wichtige Tatobjekte in besonderer Gefährdungslage (zust. Hoyer SK Rdn. 1 und Wohlers MK Rdn. 1 m.w.N.). Auch Energie- und Umweltschutz ist entgegen einer beiläufigen Bemerkung von OLG Hamburg NStZ 1991 587 f (mit Anm. Alwart) durch den Straftatbestand nicht bezweckt. Wohl aber ist der auch im französischen Strafrecht herrschende Gedanke der Vorleistung („crédit forcé“, oben Rdn. 9) und des Vertrauens für die Legitimation des § 265a teilweise einschlägig. Insgesamt ist nach ganz h.M. allein das Vermögen der Betreiber von Automaten, Tele- 12 kommunikationsnetzen, Verkehrsmitteln und Einrichtungen oder Veranstaltungen geschützt.1 Lackner folgerte dies daraus, dass § 265a nur vermögenswerte Leistungen 1

BayObLG NJW 1986 1504 (f) und in Wiechert/Schmidt 3.4 Nr. 22/23; OLG Koblenz NJW 2000 86, 87; AG Lübeck NJW 1989

467; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 1; Eisele BT II Rdn. 664; Fischer Rdn. 2; Gössel BT 2 S. 433; Hellmann NK Rdn. 7;

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betrifft (LK10 Rdn. 1; ebenso jetzt Kindhäuser Rdn. 1; dazu unten Rdn. 16) – eine Betrachtung, die allerdings auch §§ 264, 264a, 265, 265b zu reinen Vermögensdelikten erklären müsste. Letztlich stellt die h.M. (und mit ihr Lackner sowie Kindhäuser, je aaO) auf die historisch eindeutige Auffang- und Lückenschließungsfunktion des § 265a ab und leitet hieraus ab, dass bei § 265a ebenso wie bei § 263 (nur) das Vermögen geschütztes Rechtsgut ist.2 § 265a ist als Erfolgsdelikt konstruiert (zust. Hellmann NK Rdn. 8; Hoyer SK Rdn. 3; 13 Saliger S/S/W Rdn. 2), da die vermögenswerten Leistungen vom Täter erlangt werden müssen. Nicht jedem Zweifel entzogen ist es aber, ob § 265a auch als Vermögensverletzungsdelikt verstanden werden kann. Die Vorschrift setzt den Nachweis des Eintritts eines Vermögensschadens nicht ausdrücklich voraus (Falkenbach S. 337). Dessen Eintritt wird etwa bei der Beförderungserschleichung mit der Überlegung in Frage gestellt, dass der Leistende bei nur halb voller Eisenbahn durch Mehrbeförderung eines weiteren Passagiers „nicht eigentlich ärmer wird“ (Alwart JZ 1986 564 mit Nachw.). In der Tat tritt bei Massenleistungen, die nicht individuell zur Verfügung gestellt, sondern allgemein bereitgestellt werden und die der einzelne Benutzer gleichsam abruft, kein messbarer Aufwandschaden des Leistenden und ein Gewinnentgang eindeutig nur dann ein, wenn ein zahlungsfähiger und -williger Benutzer abgewiesen werden muss (vgl. aus zivilrechtlicher Sicht BGHZ 55 128, 129 mit Anm. Canaris JZ 1971 560 ff). Dann wäre § 265a folgerichtig als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt (so Falkenbach S. 341, 344), genauer: als Kumulationsdelikt zu verstehen, da bei massenhafter Leistungserschleichung Vermögensschäden entstehen, wenn die Gemeinkosten des Leistenden nicht mehr gedeckt sind. Demgegenüber hat bereits RGSt 42 40, 41 (vgl. zuvor RGSt 4 295) darauf hingewie14 sen, dass die Erschleichung einer vermögenswerten Leistung ohne Erbringung der Gegenleistung einen Vermögensschaden darstellt. Diese Auffassung entspricht der im Strafrecht h.M.3 Nach im Zivilrecht h.M. begründet die (zumindest:) offene Inanspruchnahme einer Leistung, die verkehrstypisch nur gegen Entgelt gewährt wird, zwar nicht nach der überwundenen Lehre vom „faktischen Vertrag“, wohl aber nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ein konkludent geschlossenes Vertragsverhältnis (vgl. nur OLG Hamburg NStZ 1991 587 f mit Anm. Alwart), und der fehlende Rechtsbindungs- und Zahlungswille des Leistungserschleichers bleibt als bloßer innerer Vorbehalt gemäß § 116 BGB unbeachtlich (und wäre es sogar als geäußerter Vorbehalt: protestatio facto contraria!) (vgl. nur Palandt/Ellenberger Rdn. 25 f vor § 145 mit Nachw.). Daher lässt sich der Schaden (auch bei rechtlicher Möglichkeit der Nachleistung des Entgelts) nach den Grundsätzen des (Erfüllungs- oder) Eingehungsbetrugs begründen: Der Leistende wird zur Leistung verpflichtet und ist leistungswillig, erbringt seinerseits sogar die Leistung, während der rechtlich bestehende Anspruch gegen den zahlungsunwilligen Leistungserschleicher wirtschaftlich wertlos ist. Problematisch bleiben auf dieser Grundlage die Fälle vertragsloser Leistungserschleichung, etwa bei heimlicher, nicht als Vertragsschluss zu deutender Leistungsinanspruchnahme (vgl. Palandt/Ellenberger aaO Rdn. 26: heimliches Einschlei-

Hoyer SK Rdn. 1; Kindhäuser Rdn. 1; Lackner/Kühl Rdn. 1; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 41, 207; Mitsch BT 2 § 3, 137; Rengier BT I § 16, 1; Otto BT § 52, 13; Saliger S/S/W Rdn. 1; Sch/Schröder/Perron Rdn. 1; Wessels/Hillenkamp BT 2 § 15 II 1 Rdn. 666; Wohlers MK Rdn. 1 m.w.N.

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So insbesondere auch Sch/Schröder/Perron aaO und Wessels/Hillenkamp aaO. RGSt 53 225; BayObLG NJW 1986 1504; Gössel BT 2 S. 434; Heinrich in Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 21, 6; Hoyer SK Rdn. 4; Sch/Schröder/Cramer/Perron § 263 Rdn. 139; je m.w.N.

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chen in ein Flugzeug) oder bei Minderjährigkeit des Erschleichers. Soweit nicht gesetzliche Ansprüche nach besonderen Vorschriften gegeben sind, greift das Zivilrecht hier auf Bereicherungsrecht (§§ 812 ff BGB) zurück (BGHZ 55 128, 135; Staudinger/Lorenz § 818 Rdn. 28 m.w.N.). Dabei entspricht der Bereicherung des Empfängers der wirtschaftlich wertvollen Leistung notwendig eine Entreicherung des Leistenden als Eingriff in eine diesem „zugewiesene“ Rechtsposition, die somit normativ verfestigt und deshalb jedenfalls strafrechtlich als (beschädigter) Vermögensbestandteil anzusehen ist (ähnlich Lackner LK10 263 Rdn. 181). Ein Teil der Literatur bejaht einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB (Wohlers MK Rdn. 2 mit Nachw.), gerät damit aber bei Minderjährigen in die Gefahr eines Zirkelschlusses (vgl. auch Hoyer SK Rdn. 29). Inwieweit § 265a ein betrugsähnliches Delikt ist (so die Annahme der amtlichen Straf- 15 rechtskommission, vgl. Kolping S. 32 mit Nachw.), unterliegt ebenfalls Zweifeln, obwohl die Beschreibung der Tathandlung als Erschleichen die Annahme von Täuschungsähnlichkeit nahelegt (eingehend dazu unten Rdn. 34 ff). Zunächst kehrt die gesetzliche Konstruktion des Tatbestandes im Verhältnis zu § 263 die Merkmale des objektiven und des subjektiven Tatbestandes um: § 265a verlangt objektiv die Erlangung eines Vermögensvorteils und nach dem Wortlaut nur subjektiv eine Schädigungsabsicht, während § 263 objektiv einen Schadenseintritt und subjektiv die Absicht der Vorteilserlangung verlangt. Dieser Gegensatz – den Haft/Hilgendorf (BT S. 113) pointieren und eine Begründung für ihn vermissen – wird allerdings dadurch entschärft, dass mit der Leistungserlangung stets ein Schaden des Leistenden verbunden ist (soeben Rdn. 14). Gleichwohl tritt bei § 265a der (teilweise auch für § 263 betonte) Charakter als Vermögensverschiebungs- und Bereicherungsdelikt stärker in den Vordergrund. Schädigende Vermögensverschiebung ist freilich von vornherein mehr als ein bloßer Vertragsbruch i.S.d. oben Rdn. 6 berichteten Kritik. Dass ein Schaden allein durch fehlenden Zahlungswillen bewirkt werden kann, ist im Rahmen des § 263 beim Eingehungsbetrug, z.B. in der Form des Kreditbetruges, anerkannt. Deshalb ist § 265a entgegen Alwart (JZ 1986 566 f) keineswegs ein „Unikum“, das neben der Erschleichungshandlung „in einzigartiger Weise eine tatbestandliche Unterlassungsintention enthält“. Wie Alwart (aaO) selbst sieht, beinhaltet auch der Zechbetrug (und beinhalten die meisten Fälle des Eingehungsbetrugs) eine Täuschung mit dem Willen, die erbrachte Leistung nicht zu bezahlen. Vielmehr prägt die (vorgängige!) Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, nach überwiegender Auffassung auch den Inhalt der Tathandlung des „Erschleichens“ mit, das in der unentgeltlichen Inanspruchnahme der Leistung liegt (vgl. hier nur AG Lübeck NJW 1989 467 mit Nachw.; unten Rdn. 19 und erneut 34 ff). Objektiver und subjektiver Tatbestand wirken also enger zusammen als bei § 263, und die Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, ist für das Handlungsunrecht von Bedeutung (ebenso im Ergebnis Mitsch BT 2 § 3, 159 mit Nachw., der aber auf den betrügerischen Vollzugsmodus abstellt); ohne diese Absicht würde das Unrecht nur in einem schlichten Vertragsbruch bestehen (vgl. insoweit allerdings auch § 266b!). Auch im Übrigen löst sich § 265a auf der Handlungsseite des „Erschleichens“ von § 263, indem ein nicht personengerichtetes Verhalten die für den Betrug erforderliche Täuschung einer Person durch eine potentiell zum Irrtum führende Handlung ersetzt. Zwar hat die Rechtsprechung etwa beim Betrug im Massenverkehr die Anforderungen an Täuschung, Irrtum und Kausalität weitgehend ausgedünnt. Dies wird aber mit Recht als betrugsinadäquat kritisiert (vgl. bereits Lackner LK10 § 263 Rdn. 18, 78, 91). Es wäre deshalb eine petitio principii anzunehmen, das Erschleichen sei „Täuschungssurrogat“ (so aber Alwart aaO) oder erfordere eine „betrugsnahe Auslegung“ (so Hellmann N/S Rdn. 3 und Hoyer SK Rdn. 5). Vielmehr lassen der Vermögensverschiebungscharakter des § 265a, die teilweise gegebene Nähe zum (Trick-)Diebstahl (Warenautomaten! vgl.

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unten Rdn. 21f) und die historische Verbindung zu Leistungsentziehungsdelikten, insbesondere zu § 248c (oben Rdn. 2), auch ein Verständnis des § 265a zu, das diesen in die Nähe von Sachentziehungsdelikten wie (Trick-)Diebstahl oder Unterschlagung rückt, allerdings bezogen auf nichtgegenständliche Leistungen (so deutlich Teile des spanischen Schrifttums zum „polizonaje“; vgl. Martos Núñez in Nueva Enciclopedía Jurídica Bd. XIX S. 1007; auch Otto JZ 1985 21, 23). Bereits Kolping (S. 33) sprach von einem „Leistungsdelikt“ sui generis. Daher ist es durchaus möglich, unter „Erschleichen“ die nur ordnungswidrige Leistungserlangung zu verstehen, ähnlich wie bei § 248c das „Entziehen“ des Stroms „mittels eines (ordnungswidrigen) Leiters“ genügt und ähnlich wie die List bei § 235 nicht voraussetzt, dass der Täter den Sorgeberechtigten überlistet, vielmehr ausreicht, dass der Täter die Anwendung eines mit Klugheit gewählten Mittels verbirgt (BGHSt 10 376, 378 f). Die Frage ist letztlich auch im System des Betrugsstrafrechts offen: Dieses kennt „ordnungswidrige“ Verhaltensweisen, die im Grunde keinen Erklärungswert haben (vgl. nur § 264 Abs. 1 Nr. 2: Verwendung einer Subventionsleistung entgegen einer Beschränkung, sowie Nr. 3: pflichtwidrige Nichtmitteilung subventionserheblicher Tatsachen). Und dass im Rahmen des § 263a für die „unbefugte“ Datenverwendung ein Täuschungswert i.S.d. § 263 verlangt wird (vgl. Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 44 mit Nachw.), erklärt sich zwanglos aus der insgesamt gezielt betrugsparallelen Tatbestandskonstruktion, die bei § 265a nicht in gleicher Weise gegeben ist.

III. Die Tathandlung und ihr Gegenstand 16

1. Entgeltlichkeit der Leistung. Der objektive Tatbestand bezeichnet als Gegenstand der Leistung diejenige eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder Einrichtung. Aus der Einordnung als Vermögensdelikt (oben Rdn. 12) und aus dem subjektiven Tatbestand schließt die h.M., dass für alle vier Tatbestandsalternativen nur entgeltliche Vermögenswerte Leistungen in Betracht kommen.4 Dies ist zutreffend, auch wenn ein solches Erfordernis bei § 263 nicht besteht. § 265a ist insoweit enger und vermeidet die beim Betrugstatbestand hinsichtlich der ohne Gegenleistung zu erbringenden Leistungen bekannten Probleme. Damit ist nicht nach § 265a strafbar, wer sich als Außenstehender in eine geschlossene Veranstaltung einschleicht, für die kein Eintrittsgeld verlangt wird (Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 668; aber § 123 !). Ein positives Beispiel (von Fischer Rdn. 8) ist das strafbare Vortäuschen der Vereinszugehörigkeit, die zum Eintritt berechtigt. In teleologischer Reduktion wird der Tatbestand aufgrund seiner Ergänzungsfunktion ferner dann für unanwendbar gehalten, wenn das Entgelt nicht aus (erwerbs)wirtschaftlichen Gründen, sondern deshalb gefordert wird, weil auf diese Weise die Inanspruchnahme der Leistung oder Einrichtung beschränkt werden soll (früher sog. Bahnsteigkarte, OLG Hamburg NJW 1981 1281 f mit Anm. Schmid JR 1981 391). Der Vermögensvorteil ist hier keine Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 9. Dagegen stellt seit der Neufassung des § 6a Abs. 6 und 7 StVG im Jahre 1980 das Entgelt bei Benutzung einer Parkuhr keine bloße Verwaltungs-, son-

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OLG Hamburg NJW 1981 1281, 1282; Ahrens S. 50 f; Eisele BT II Rdn. 666; Falkenbach S. 81; Fischer Rdn. 8; Gössel BT 2 S. 434; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf BT § 21, 10; Hoyer SK Rdn. 4

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und 27; Kindhäuser Rdn. 3; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO; Otto BT § 52, 16; Rengier BT 1 § 16, 2; Saliger S/S/W Rdn. 3; Sch/Schröder/Perron Rdn. 2; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 668; Wohlers MK Rdn. 26 m.w.N.

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dern (auch) eine Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme des Parkraumes dar (vgl. BayObLG JR 1991 433, 434 mit Anm. Graul; Wohlers MK Rdn. 28 und 33 m.w.N.); jedoch ist insoweit die Anwendbarkeit des § 265a aus anderen Gründen umstritten und im Ergebnis zu verneinen (vgl. unten Rdn. 23 und 33). Streitig ist schließlich, ob die Rundfunkgebühr eine Gegenleistung ist. Die rundfunkrechtliche Literatur sieht in ihr eine Abgabe sui generis mit beitragsartigen Elementen bzw. einen öffentlich-rechtlichen Beitrag zu den Kosten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland (Tiedemann LK11 Rdn. 17 mit Nachw.). BVerfGE 31 314, 330 stellt ausdrücklich fest, dass die Rundfunkgebühr „nicht Gegenleistung für eine Leistung, sondern … Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung“ sei (zust. Saliger S/S/W Rdn. 3). Jedoch betont die abweichende Meinung der Richter Geiger, Rinck und Wand mit Nachdruck den zwar extrem pauschalierten, aber materiellen Charakter als Entgelt. Die Frage braucht hier wegen der Spezialität der Ordnungswidrigkeit für das Schwarzhören und -sehen (unten Rdn. 58) nicht vertieft zu werden, zumal der Gesetzgeber die Umstellung auf einen Beitrag beabsichtigt. Der Entgeltcharakter für die Inanspruchnahme des Breitbandnetzes der Telekom (unten Rdn. 44) ist unstreitig (OLG Braunschweig in Wiechert/Schmidt 3.3 Nr. 12; Fischer Rdn. 8; Wohlers MK Rdn. 29). Leistung und Entgelt müssen in einem synallagmatischen Zusammenhang stehen, der 17 aber nicht zu eng verstanden werden darf. Es kommt auf den Gesamtzusammenhang an, innerhalb dessen die Leistung erbracht wird. Die Frage hat zunächst Bedeutung für die unberechtigte Betätigung von Bankomaten (Bargeldauszahlungsautomaten), z.B. durch unbefugte Benutzung einer fremden Codekarte. Die überwiegende Ansicht verneint insoweit – unabhängig von der Subsidiaritätsklausel – die Anwendbarkeit des § 265a, da die Leistung (Auszahlung von Bargeld) durch die Banken nicht gegen Entgelt erfolge;5 selbstverständlich fließen die der Bank entstehenden Kosten aber in die Gebühren ein, die der Kontoinhaber zu entrichten hat. Die Leistung ist daher eine entgeltliche. Eine ähnliche Frage ergibt sich sodann bei der strafrechtlichen Behandlung von sog. Störanrufen, bei denen der Täter lediglich das Rufzeichen ertönen lässt, ohne eine Gesprächsverbindung zu beabsichtigen. Da die deutschen Fernmeldenetzbetreiber im Inlandsverkehr eine Gebühr erst erheben, wenn eine entsprechende Verbindung hergestellt worden ist, nimmt die h.M. an, dass das Rufzeichen mangels Entgelts hierfür keine Leistung i.S.d. § 265a ist (vgl. nur Ahrens S. 58; Fischer Rdn. 17; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10, je mit Nachw.). Dies ist zutreffend. Perron aaO weist zusätzlich darauf hin, dass das Bewirken des Klingelzeichens durch eine an sich ordnungsgemäße Inbetriebnahme jedenfalls kein „Erschleichen“ ist. Hoyer SK Rdn. 18 verneint bereits das Vorliegen einer Leistung, da diese Form der Nachrichtenübermittlung nicht der Zweckbestimmung des Telefonnetzes entspreche, das vielmehr auf Herstellung von Sprechverbindungen ausgerichtet sei (dagegen aber Saliger S/S/W Rdn. 13). Zusammengefasst ist das im objektiven Tatbestand ungeschriebene Merkmal der Ent- 18 geltlichkeit der Leistung weit zu verstehen und von der außerstrafrechtlichen Rechtslage abhängig. Richtig nach dem zur Tatzeit geltenden Gebührenrecht hat daher BayObLG (in Wiechert/Schmidt 3.4 Nr. 22/23) das eigenmächtige Anschließen und Betreiben einer Nebenstellenanlage an das öffentliche Fernsprechnetz als nach § 265a strafbar erklärt,

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Bieber WA Beil. 6/87, 15; Fischer Rdn. 8 und 15; Kindhäuser Rdn. 13; Lenckner/Winkelbauer wistra 1984 84; Saliger S/S/W Rdn. 3; Sch/Schröder/Perron Rdn. 2; Schroth NJW 1981 730; Sieber JZ 1977 412; Steinhilper GA

1985 116; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 668 und 671 a.E. (zw.); Wiechers JuS 1979 849; Wohlers MK Rdn. 28; dagegen zutreffend Herzberg/Seier Jura 1985 52.

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auch wenn die Anschluss- und Grundgebühren nicht nach der tatsächlichen Nutzung berechnet wurden (ebenso LG Landshut in Wiechert/Schmidt 3.3 Nr. 8). Wird das erforderliche Entgelt tatsächlich (vor Inanspruchnahme der Leistung) be19 zahlt, so fehlt es schon am objektiven Tatbestand.6 Daran ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass der Täter die Tatsache der Zahlung nicht ordnungs- oder vertragsgemäß beweisen kann (Beispiele: Der Fahrgast unterlässt es entgegen den Tarifbestimmungen, einen neuen Fahrschein zu kaufen, obwohl er die ordnungsgemäß gelöste und bezahlte Monats- oder Tagesfahrkarte bei der Fahrt nicht bei sich führt;7 der Täter verschafft sich die Leistung unter Umgehung von Sicherungsvorkehrungen, die gegen unbefugte Inanspruchnahme getroffen sind, weil er seinen Ausweis, der die Berechtigung dokumentiert, verloren hat: Sch/Schröder/Perron Rdn. 2). Die etwa bei der Kontrolle fällig werdende Bearbeitungsgebühr hat keinen Entgeltcharakter (Fischer Rdn. 9).

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2. Als Leistung eines Automaten wird die selbsttätige und zwangsläufige Erbringung einer Leistung durch ein technisches Gerät bezeichnet, welches über ein mechanisches oder elektronisches Steuersystem verfügt und durch Entrichtung des vorgeschriebenen Entgelts oder mittels einer Code- oder Wertkarte in Funktion gesetzt wird (zust. OLG Karlsruhe NStZ 2009 390; ebenso Schienle S. 5 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 4). Die Leistung kann allgemein in der Abgabe bestimmter Gegenstände (Waren, Bargeld, Fahrkarten, sonstige Berechtigungs- und Gutscheine) bestehen (sog. Warenautomaten) oder in der Erbringung sonstiger, unkörperlicher Leistungen (Vorteile) liegen (sog. Leistungsautomaten). Beispiele für Leistungsautomaten sind neben Fernsprechautomaten, die seit 1976 aber auch unter die speziellere zweite Alternative fallen, insbesondere Spiel-, Musik- und Wiegeautomaten. Der Wortlaut des Tatbestandes umfasst beide Klassen von Automaten. Jedoch schließt 21 die h.M. die Warenautomaten aus dem Anwendungsbereich des § 265a bereits tatbestandlich aus, da bei körperlichen Leistungsgegenständen §§ 242, 246 einschlägig sind (vgl. schon RGSt 34 45 ff) und insoweit die historisch gewollte Auffangfunktion des § 265a (oben Rdn. 3) dessen Eingreifen von vornherein überflüssig macht (zu weiteren Argumenten aus inzwischen beseitigten Brüchen im System der Eigentums- und Vermögensdelikte Lackner LK10 Rdn. 2).8 § 265a beschränkt sich somit nach h.M. auf Leis-

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BayObLG NJW 1986 1504; AG Lübeck NJW 1989 467; Fischer Rdn. 9; Sch/Schröder/Perron Rdn. 2. BayObLG aaO (Tagesfahrkarte); OLG Koblenz NJW 2000 86 (übertragbare Monatskarte) mit Anm. Kudlich NStZ 2001 90; AG Lübeck aaO (übertragbare Monatskarte); AG Tiergarten StraFo 2008 342 (Schwerbehindertenausweis); Fischer aaO; Gössel BT 2 S. 433 f; Hellmann NK Rdn. 5 und 38; Hoyer SK Rdn. 10 und 31; Joecks Rdn. 10; Rengier BT I § 16, 2; Saliger S/S/W Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron aaO (a.E.); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 668; Wohlers MK Rdn. 31 m.w.N. Als Frage des subjektiven Tatbestandes wird das Beispiel dagegen von Lackner/Kühl Rdn. 7 und Kindhäuser Rdn. 25 eingeordnet.

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BGH MDR 1952 563 mit abl. Anm. Dreher; BayObLG NJW 1987 664; OLG Koblenz NJW 1984 2424, 2425; OLG Köln OLGSt § 242 S. 51; OLG Zweibrücken OLGSt § 265a S. 1; LG Freiburg NJW 1990 2635, 2636; LG Ravensburg StV 1991 214, 215 mit Anm. Herzog; Ahrens S. 52 ff; Blei II S. 244 f; Gössel BT 2 S. 435 f; Lackner/Kühl Rdn. 2; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 214; Rengier BT I § 16, 3; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; Welzel S. 379; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 674; aA Dreher aaO; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 6 f; Eisele BT II Rdn. 668; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf BT § 21, 14; Kindhäuser Rdn. 16; Otto BT § 52, 15; Saliger S/S/W Rdn. 8; Wohlers MK Rdn. 11; AG Lichtenfels NJW 1980 2206 f mit abl. Anm. Seier JA 1980

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tungsautomaten, die keine beweglichen Sachen, sondern sonstige vermögenswerte Leistungen anbieten. Allerdings kann hiergegen eingewandt werden, dass die Subsidiaritätsklausel dieses Tatbestandes der Auffangfunktion sogar förmlich Rechnung trägt, also kein Bedürfnis für eine interpretatorische Einschränkung bereits des objektiven Tatbestandes besteht. Jedoch werden aus der Ergänzungsfunktion auch andere tatbestandliche Einschränkungen abgeleitet (vgl. bereits Rdn. 16), so dass sich die tatbestandliche Ausscheidung der Warenautomaten systematisch in die sonstige Handhabung der Vorschrift einfügt. Freilich tritt damit die Bestimmung der Leistung des Automaten in den Vordergrund. So wollen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 4) schon aus dem Wortlaut des § 265a ableiten, dass Warenautomaten keine von der Vorschrift erfassten Automaten seien, weil Leistungsgegenstand insoweit allein die Sache, nicht aber eine „um ihrer selbst willen produzierte“ Leistung sei (im Anschluss an Ahrens S. 53 ff). Dies ist allerdings nicht unbedingt zwingend, da die „Leistung“ des Warenautomaten gerade (auch) in der Übergabe der Sache besteht, wobei allerdings das Entgelt in der Tat meist nicht auch für den Übergabeakt, sondern allein für den Sachwert erbracht wird – es sei denn, dass der Verkaufspreis bei Warenbezug über einen Automaten höher angesetzt ist als der übliche Verkaufspreis auf der Endabnehmerstufe oder dass der Verkaufspreis auf dieser Stufe teilweise als Entgelt für die Verkäufer„leistung“, nämlich (auch) das Vorrätighalten und die Übergabe, also für die Betriebskosten, angesehen wird. Ahrens (aaO) will insoweit auf die Sicht des Benutzers abstellen und auf diese Weise entsprechend der Zweckbestimmung des Automaten auch den Betriebskostenaufschlag als irrelevant ausscheiden. Praktische Folgen ergeben sich aus der Streitfrage einer Ausscheidung von Waren- 22 automaten schon über den Tatbestand oder erst über die Subsidiaritätsklausel nur, soweit der Täter ohne Zueignungsabsicht handelt (oder wenn mit einer älteren Mindermeinung der Literatur oder im Anschluss an die neuere BGH-Rechtsprechung zum Bankomaten das Eingreifen von §§ 242, 246 bei funktionsgerechter Nutzung von Warenautomaten verneint wird 9). Ohnehin tritt zu dieser „klassischen“ Zweiteilung von Waren- und Leistungsautomaten mit alternativer Anwendung von § 242 oder § 265a die bereits oben Rdn. 5 erwähnte Aufteilung in mechanische und elektronische Automaten mit der Folge der Anwendung von § 265a oder § 263a. Zusätzlich ist bei Fernsprechautomaten die schon Rdn. 5 angedeutete Anwendung der zweiten Tatbestandsalternative des § 265a zu beachten; diese tritt bei den modernen Fernsprechautomaten mit elektronischer Werterfassung wiederum gegenüber § 263a zurück. Für die (unterschiedlich strenge) Strafbarkeit ist damit die – aus der Sicht des Strafrechts jedenfalls teilweise eher zufällige – technische Gestaltung maßgebend, deren Relevanz allerdings auch von anderen Straftatbeständen her bekannt ist. Auch kann derselbe Automat durch mehrere Strafvorschriften geschützt sein. So fällt der (Geld-)Spielautomat hinsichtlich der eigentlichen Leistung, dem mit einer Gewinnchance verknüpften Spielvergnügen, unter § 265a bzw. § 263a, hinsichtlich der Geldausgabe- und Geldrückgabefunktion dagegen unter §§ 242, 246.10 Erfüllen Automaten als Folge der modernen Technik mehrere Funktionen (z.B.

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681 f und abl. Bspr. Schulz NJW 1981 1351 f sowie abl. Bspr. Otto JZ 1985 21, 23. So Bockelmann aaO II/1 S. 117; Dreher MDR 1952 563; Otto BT § 52, 15 (in Übertragung der BGH-Rechtsprechung zum Mißbrauch von Geldautomaten; dazu neigend auch Vogel LK § 242 Rdn. 115); auch Herzberg/Seier Jura 1985 52.

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BayObLG NJW 1981 mit Anm. Meurer JR 1982 292; OLG Celle NJW 1997 1518 mit Anm. Hilgendorf JR 1997 347 und Bespr. Mitsch JuS 1998 307; OLG Düsseldorf NJW 1999 3208 f; OLG Koblenz NJW 1984 2424, 2425; OLG Köln OLGSt § 242 S. 51; Fischer Rdn. 15; Kindhäuser Rdn. 13 und 14; Saliger S/S/W Rdn. 10; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4;

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Autowaschanlage, die sowohl die Leistungen des Reinigens und Trocknens als auch die „Waren“ Wasser und Reinigungsmittel erbringt), so kann entweder – trotz der Subsidiaritätsklausel – Tateinheit mit § 242 angenommen werden (so Ahrens S. 80 ff), oder es wird darauf abgestellt, ob die von dem Automaten abgegebene Sache nur dienende Funktion hat (z.B. Wasser und Reinigungsmittel beim Waschautomaten, Fotopapier bei einem Fotoautomaten usw.) – mit der Folge, dass es sich um einen Leistungsautomaten handelt (so Falkenbach S. 82; Kindhäuser Rdn. 15). Zutreffend ist die letztere Annahme (in Anlehnung an die Behandlung des Benzindiebstahls beim Kfz-Diebstahl). Unter den so bestimmten Begriff des Leistungsautomaten fallen nach h.M. außer den 23 bereits oben Rdn. 20 a.E. genannten Beispielen im Einzelnen: Münzzähler bei Fernsehgeräten, die auf Abzahlung gekauft sind und bis zur vollen Entrichtung des Kaufpreises nur gegen Einwurf einer Münze benutzt werden dürfen (OLG Stuttgart MDR 1963 236); Münzkassiergeräte an Gas- und Stromanlagen (BGH bei Holtz MDR 1985 795; BayObLG JR 1961 270); automatische Ferngläser an Aussichtspunkten (Lackner LK10 Rdn. 2); Filmautomaten (Sch/Schröder/Perron Rdn. 4); Geldwechselautomaten (deren Benutzung oft unentgeltlich und damit straflos ist: Kudlich JuS 2001 20, 22); Decoder zur Entschlüsselung von Pay-TV-Signalen (Fischer Rdn. 13 mit Nachw.; Bedenken bei Ogˇlakcıogˇlu JA 2011 591). Dagegen werden Parkuhren und Parkscheinautomaten von vornherein nicht erfasst, weil sie als Leistung – anders als mechanische Schranken, die den Parkraum zugänglich machen – nicht die tatsächliche Möglichkeit des Parkens bieten, sondern nur das rechtliche Parkverbot befristet aufheben.11 Zur Frage des Eingreifens der vierten Tatbestandsalternative insoweit vgl. unten Rdn. 33.

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3. Die Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes besteht in der Eröffnung der Möglichkeit, durch Datenübertragungssysteme Nachrichten auszusenden, zu übermitteln und zu empfangen. Über Fernsprech- und Fernschreibnetze hinaus sollen nach der amtlichen Begründung alle – auch künftigen – öffentlichen Datenübertragungssysteme erfasst werden (BTDrucks. 7/3441 S. 30). Das Fernmelderecht befindet sich insgesamt mit seiner Begrifflichkeit im Umbruch (Kalf/Papsthart in Erbs/ Kohlhaas T 50 TKG Rdn. 1 vor § 1; Scherer NJW 1996 2953, 2956). Sprachgebrauch und Auslegung des § 317, an dessen Formulierung sich § 265a anlehnt, sind daher ebensowenig ausschlaggebend wie der Inhalt des § 1 FAG a.F. und des § 3 TKG, der aber von „Telekommunikation“ und „Telekommunikationsnetzen“ spricht und diese in Nr. 22 und Nr. 27 mit der in § 2 TKG genannten Zielsetzung definiert. Als Telekommunikationsnetz, das öffentlichen Zwecken dient, ist wegen seiner 25 besonderen Bedeutung für die öffentliche Kommunikation vor allem das Telefonnetz, anzusehen, wie für § 317 einhellig anerkannt ist (vgl. BGHSt 25 370 ff mit zust. Anm.

auch OLG Stuttgart NJW 1982 1659 mit Anm. Seier JR 1982 509 ff und Bspr. Albrecht JuS 1983 101 ff; OLG Zweibrücken OLGSt § 265a S. 1; LG Freiburg NJW 1990 2635, 2636 mit Anm. Hildner NStZ 1990 598 und Otto CR 1990 797 f; LG Ravensburg StV 1991 214, 215 mit Anm. Herzog; Otto JuS 1985 23; Ranft JA 1984 6; Schulz NJW 1981 1351 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 674; krit. Otto JZ 1993 570; aA Wohlers MK Rdn. 9 (nur Leistungsautomat).

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BayObLG JR 1991 433, 434 mit Anm. Graul; OLG Koblenz NStE Nr. 4; OLG Saarbrücken DAR 1989 233, 234; Falkenbach S. 82 Fußn. 332; Fischer Rdn. 14; Rengier BT I 16, 3; Saliger S/S/W Rdn. 9; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 675; Wohlers MK Rdn. 13; auch Gössel BT 2 S. 436 f; aA Gern/Schneider NZV 1988 130.

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Krause JR 1975 380; Fischer Rdn. 16). Allerdings wählt § 265a einen teilweise anderen Sprachgebrauch, um deutlich zu machen, dass es nicht auf die Zweckbestimmung der einzelnen Anlage, sondern auf die des Telekommunikationsnetzes insgesamt ankommt (vgl. BTDrucks. aaO; Kindhäuser Rdn. 18 m.w.N.). Die amtliche Begründung (aaO) stellt vor allem klar, dass auch Manipulationen der Endanschlüsse des Telefonnetzes erfasst werden sollen. Entsprechendes gilt für Fernschreiber, die in § 1 FAG a.F. ausdrücklich angefühlt wurden. Fraglich ist angesichts des Wortlautes die Einbeziehung der drahtlosen Nachrichten- 26 übermittlung durch Funk, also insbesondere der Strafschutz der Rundfunk- und Fernsehnetze. Die Beschränkung auf Leistungen eines Kabelnetzbetreibers ist zweifelhaft. Vor allem und zunächst kann es für das Vorliegen eines „Netzes“ nicht darauf ankommen, ob die zu einer Gesamtheit verbundenen Anlagen ganz oder teilweise durch einen körperlichen Leiter (Drahtnachrichtentechnik!) verbunden sind (zutr. Gössel BT 2 S. 439 f). Dies belegt auch die bisher nicht angezweifelte Einbeziehung der durch Richtfunk erfolgenden Gesprächsübermittlung im Fernsprechverkehr in den Straftatbestand (vgl. zum Autotelefon AG Mannheim CR 1986 341 f). Weiter schloss das FAG (§ 1 Abs. 1 a.F.) Funk als Mittel der Übertragung von Nachrichten ausdrücklich ein (vgl. auch Falkenbach S. 85). Fernsprech-, Rundfunk- und Fernsehnetze sind aber auch weder technisch noch sprachlich wesentlich voneinander verschieden und dienen gemeinsam der Übertragung und dem Empfang von Nachrichten und Daten. Zweifelsfrei unter den Tatbestand fällt der Rundfunk, der schon in § 2 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag 1991 als „für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art … unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder … mittels eines Leiters“ definiert wurde und als Fernmeldeanlage i.S.d. § 1 FAG a.F. anerkannt war,12 aber auch ein Telekommunikationsnetz darstellt.13 Teil 4 des TKG regelt daher die Rundfunkübertragung eingehend, wobei „Rundfunk“ als Oberbegriff für Fernsehen und Hörfunk gebraucht wird. Entgegen Falkenbach (aaO) ist vor allem die Tatsache nicht relevant, dass Rundfunk und Fernsehen (als „verteilende Telekommunikation“) Nachrichten einseitig an viele Empfänger aussenden. Dies stellt weder das Vorliegen von Fernmelde- oder Nachrichtentechnik (zust. Wohlers MK Rdn. 17; vgl. bereits Schenkel S. 23) noch die Existenz eines „Netzes“ in Frage; als solches kommt nämlich neben einem Vermittlungs- auch ein Verteilnetz in Betracht (OLG Braunschweig in Wiechert/Schmidt 3.3 Nr. 12). Zu Besonderheiten des Breitbandkabelnetzes Wohlers MK Rdn. 18; zur Tathandlung des Schwarzhörens und -sehens näher unten Rdn. 44. Öffentlichen Zwecken dient ein Telekommunikationsnetz, wenn seine Benutzung aus- 27 schließlich oder überwiegend im Interesse der Allgemeinheit liegt, insbesondere das Netz für die Benutzung durch die Allgemeinheit eingerichtet worden ist (Sch/Schröder/Perron Rdn. 5; RGSt 29 244). Dies ist für das Telefon- und Telegrafennetz unstreitig (BGHSt 25 370 ff zu § 317). Dasselbe gilt für das Internet (Fischer Rdn. 16; Kindhäuser Rdn. 18 m.w.N.). Angesichts der Bedeutung der Rundfunk- und Fernsehnetze sowie des Internet als Informationsträger in der modernen Gesellschaft kann auch deren öffentlicher Zweck nicht verneint werden (vgl. bereits Rdn. 26; Krause/Wuermeling NStZ 1990 527 m.w.N. zum Pay-TV). Auch der Fernmeldeverkehr zwischen öffentlichen Behörden wird erfasst 12

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Lackner/Kühl § 317 Rdn. 2; J. Lampe in Erbs/Kohlhaas F 55 § 1 Rdn. 11 f; H. Wolff LK10 § 317 Rdn. 2. Arndt/Fetzer/Scherer (Hrsg.), TKG § 3 Rdn. 90; Becker in Scheurle/Mayer (Hrsg.),

TKG Rdn. 1 vor §§ 48 ff; Eisele BT II Rdn. 672; Fischer Rdn. 16; Krause/Wuermeling NStZ 1990 528 Fn. 36; Og˘lakcıog˘lu JA 2011 591.

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(Sch/Schröder/Perron Rdn. 5, die mangels erwerbswirtschaftlicher Zwecksetzung aber zutreffend die Entgeltlichkeit verneinen; ebenso Fischer Rdn. 16 und Gössel BT 2 S. 440). Die Entgeltlichkeit entfällt im Sinne der Darlegungen oben Rdn. 16 nicht deshalb, 28 weil insbesondere die Rundfunkgebühren keine eigentliche Gegenleistung darstellen (Ory ZUM 1988 229). Zur Frage der Entgeltlichkeit der Leistung bei (gebührenfreien) Störanrufen oben Rdn. 17. Bedeutung vor allem für die Erschleichung von Leistungen des Fernsehens und Rund29 funks, aber auch für die tatbestandliche Abgrenzung zu § 263a kommt schließlich noch der Frage zu, ob die Leistung des Telekommunikationsnetzes nur die Vermittlungsleistung oder auch der Inhalt der Leistung ist. Ory (aaO) schließt aus den übrigen Tatbestandsalternativen, insbesondere der Leistung des (Leistungs-)Automaten, aber auch der Inanspruchnahme von Veranstaltungen, dass auch der Genuss der übermittelten Werke und Inhalte vom Strafschutz umfasst ist. Dies entspricht nicht nur der natürlichen, sondern auch der zivilrechtlichen Betrachtungsweise. Offenbar hat der frühere Spezialtatbestand des § 15 FAG verhindert, dass die Einzelheiten des Strafschutzes von Rundfunk und Fernsehen nach § 265a im strafrechtlichen Schrifttum näher erörtert worden sind (zum älteren Schrifttum Kolping S. 23 mit Nachw.). Die Rechtsprechung hat dagegen zutreffend den eigenmächtigen Anschluss eines Fernsehempfängers an das Breitbandverteilnetz der Deutschen Bundespost als Straftat nach § 265a angesehen (OLG Braunschweig in Wiechert/Schmidt 3.3 Nr. 12). Zusammengefasst schützt § 265a die Übermittlung von Informationen durch öffentlichen Zwecken dienende Datenübertragungssysteme als eigene Kommunikationsleistung dieser Systeme (Rdn. 24) und den Inhalt der übermittelten Informationen. Demgegenüber betrifft § 263a nur die Vermittlung der (Ware oder) Leistung durch den Computer und nicht dessen eigene Leistung der Kommunikation; § 263a greift erst dann ein, wenn Inhalt der Telekommunikation eine zusätzliche vermögenswerte (Dienst-)Leistung ist (z.B. Sexdienste bei Wahl einer 0190Servicenummer; Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 59 mit Nachw.).

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4. Beförderung durch ein Verkehrsmittel ist jeder (entgeltliche) Transport von Personen oder Sachen von einem Ort an einen anderen.14 Es kommt nach h.M. für den Tatbestand nicht darauf an, ob es sich um Massenleistungen (z.B. Eisenbahn) oder Individualleistungen (z.B. Taxi) handelt; auch die öffentliche oder private Natur des Verkehrsmittels soll unbeachtlich sein (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 6). Die von der Entstehungsgeschichte und damit dem historischen Zweck der Vorschrift (oben Rdn. 1) nahegelegte interpretatorische Beschränkung auf öffentliche Massenverkehrsmittel (dafür Falkenbach S. 88) wird zwar von der h.M. nicht geteilt, liegt aber aufgrund der auch in der Subsidiaritätsklausel des § 265a zum Ausdruck kommenden Auffangfunktion des Tatbestandes nahe und ist angesichts durchgehender Reduktion des Straftatbestandes auf diese Funktion zutreffend. Verbotenes Verhalten (z.B. das Sichanhängen eines Rollschuhfahrers an das Verkehrs31 mittel oder früher das Mitfahren auf dem Trittbrett wegen Überfüllung der Eisenbahn oder Straßenbahn) ist kein möglicher Vertragsinhalt und stellt daher im Rechtssinne keine Beförderungsleistung dar (zust. Mitsch BT 2 § 3, 151 und Joecks Rdn. 6; aA Woh-

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Eisele BT II Rdn. 674; Fischer Rdn. 19; Gössel BT 2 S. 442; Kindhäuser Rdn. 20; Kolping S. 20 f; Lackner/Kühl Rdn. 4; Otto BT § 52, 19; Sch/Schröder/Perron Rdn. 6;

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Wohlers MK Rdn. 23; enger Falkenbach S. 87 f m.w.N. (nur Personen, dazu neigend auch Fischer aaO).

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lers MK Rdn. 23). Einseitig vertragswidriges Verhalten beseitigt dagegen den Leistungscharakter der erschlichenen Beförderung nicht; die Beförderung in der ersten Klasse mit einem Fahrschein für die zweite Klasse der Eisenbahn ist daher tauglicher Gegenstand einer Beförderungserschleichung (Hoyer SK Rdn. 26 mit Nachw.; aA Falkenbach S. 88 f und Hellmann NK Rdn. 43, je m.w.N.). 5. Zutritt zu einer Veranstaltung oder Einrichtung erfordert körperliche Anwesenheit 32 in dieser. Der von außen das Spektakel genießende „Zaungast“ fällt also nicht unter den Straftatbestand (Falkenbach S. 90 Fn. 384). Veranstaltungen sind vorübergehender Art (vgl. BGHSt 37 330 ff zu § 39 Abs. 1 33 WaffenG), Einrichtungen als Sachgesamtheit auf Dauer angelegt (zust. Wohlers MK Rdn. 24), ohne dass eine exakte Abgrenzung erforderlich wäre (zust. Mitsch § 3, 154; Schienle S. 60). Zu den ersteren zählen Theater-, Lichtspiel- und Zirkusvorstellungen, Konzerte, Sportveranstaltungen, Vorträge und Feiern, zu den zweiten Bibliotheken, Kurparks, Golfanlagen, Schwimmbäder, Tiergärten, Parkhäuser, Museen und Schlösser (Schienle aaO; Wohlers aaO m.w.N.). BGHSt 31 1 f (zu § 316b Abs. 1 Nr. 3) spricht bei der Einrichtung allgemein von einer Gesamtheit von Personen und (oder) Sachen, die einem bestimmten Zweck zu dienen bestimmt ist, für § 265a von Gebäuden oder „Stätten“, die der Allgemeinheit zugänglich sind, und lehnt das Kriterium der Dauer ab. Jedenfalls sind entsprechend dem Schutzzweck des Tatbestandes (oben Rdn. 12) nur solche Veranstaltungen und Einrichtungen gemeint, bei denen ein Eintrittspreis erhoben wird und dieser Entgeltcharakter hat (vgl. nur OLG Hamburg NJW 1981 1281 mit Anm. Schmid JR 1981 391 f). Dies fehlt beim Bahnsteig, der früher nur mit einer Bahnsteigkarte benutzt werden durfte; er dient dem Zugverkehr und dem Zugang zu diesem (mit einer gültigen Fahrkarte), nicht dagegen der Befriedigung der Schaulust, dem Einkauf am Kiosk oder der Begleitung von Reisenden (OLG Hamburg aaO). Anders als Parkhäuser sind auch öffentliche Parkflächen mit Parkuhren keine Einrichtungen, deren Zutritt erschlichen werden könnte. Unter „Zutritt“ wird nämlich sprachlich nur ein Eintreten oder Hineingehen verstanden und damit eine räumliche Abgegrenztheit erforderlich: Der Kraftfahrer, der sein Fahrzeug auf einer öffentlichen Parkfläche mit Parkuhr anhält, gelangt „nicht in eine besondere Sachgesamtheit. Er tritt (fährt) nicht in eine gesonderte Stätte ein, sondern befindet sich, wie vor seinem Anhalten, auf der Einrichtung öffentliche Straße“ (BayObLG JR 1991 433, 434 mit Anm. Graul; ebenso Fischer Rdn. 22; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7). Nicht haltbar ist auch die Ansicht, dass Schwarzhörer des Rundfunks den Zutritt „zum Kreise der Radiohörer“ erschleichen (Lackner LK10 Rdn. 15). Der Rundfunk kann zwar durchaus als Einrichtung oder Veranstaltung bezeichnet werden (vgl. bereits oben Rdn. 26); jedoch hat er – abgesehen von den Gebäuden der Rundfunkanstalt – keinen körperlich abgegrenzten Bereich, zu dem der „Zutritt“ erschlichen werden könnte (zust. Fischer aaO). Kein Zutritt wird schließlich erschlichen, wenn in Parkhäusern die Ausfahrtsschranke beseitigt oder überlistet wird (Saliger S/S/W Rdn. 19 mit Nachw.). 6. Erschleichen der Leistung bzw. des Zutritts. Die Tathandlung des Erschleichens 34 setzt Erlangung der Leistung voraus (aA Mitsch BT 2 § 3, 157) und bedeutet weiterhin unstreitig Nichtoffenlegung der Absicht des Täters, das Entgelt zu entrichten (näher zu dem letzteren Erfordernis Rdn. 45). Die so bestimmte Handlung bezieht sich auf alle vier Tatbestandsalternativen, kann aber inhaltlich nicht ohne differenzierenden Blick auf diese bestimmt werden (aA Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 13: einheitliche betrugsnahe Auslegung). Nach der von Lackner (LK10 Rdn. 6) vorgeschlagenen Formel ist sie zur Erreichung des kriminalpolitischen Zwecks der Lückenausfüllung (oben Rdn. 2)

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weit auszulegen, darf aber nicht jede einschränkende Wirkung verlieren. Zwei extreme Ansichten stehen sich bei der abschließenden Inhaltsbestimmung gegenüber: Die eine, vor allem früher vertretene, lässt jede unbefugte Inanspruchnahme der Leistung genügen;15 die andere fordert die Anwendung täuschungsähnlicher Manipulationen16 oder aber heimliches, die wahren Absichten verbergendes Verhalten17. Die erstere Auffassung stützt sich auf den Wortlaut des § 265a und darauf, dass man35 gels eines menschlichen Täuschungsadressaten jede Ordnungswidrigkeit bei der Benutzung ausreichen müsse (vgl. nur OLG Hamburg NStZ 1991 587 f mit Anm. Alwart; Rengier BT I § 16, 3 und 6 m.w.N.). Dies ist im Ansatz zutreffend, da die Nichtoffenlegung der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, das im Begriff des Erschleichens enthaltene Element des Verbergens abdeckt. Allerdings geht diese Ansicht mit der Einbeziehung jeder nicht offengelegten Inanspruchnahme der Leistung ohne Entrichtung des Entgelts recht weit. Dies ist vom historischen Gesetzgeber gewollt, der auch denjenigen erfassen wollte, der „offen durch die Sperre (!) geht, sich dabei aber so benimmt, als habe er das Eintrittsgeld entrichtet“ (Kolping S. 24 mit Nachw.). Über die grundsätzliche Ablehnung der letztgenannten Variante besteht dagegen heute weitgehend Einigkeit: Ähnlich wie bei § 242 ist heimliches Verhalten keine Tatbestandsvoraussetzung (vgl. nur Wohlers MK Rdn. 38 und 44 mit Nachw.). Jedoch stellt gerade der allgemeine Wortsinn des Erschleichens, wie bereits angedeutet, darauf ab, dass etwas verborgen wird, was dem Täter bekannt und dem Berechtigten unbekannt ist (Ahrens S. 59; Schienle S. 79). Dieser richtige Kern wird im Folgenden zu berücksichtigen sein. – Das Erfordernis von „Manipulationen“, das in zahlreichen Auslandsrechten bereits eine enge Fassung der Täuschungshandlung beim Betrug sicherstellt (Rdn. 62 ff Vor § 263), ist zwar anschaulich und stellt bei technischen Geräten ein Äquivalent zur Täuschung (durch Erklärung) dar, ist aber jedenfalls im Hinblick auf Massenleistungen schwerlich überzeugend, auch wenn von dem Grundsatzproblem der größeren Nähe zum Betrug oder zum Diebstahl (oben Rdn. 15) zunächst noch abgesehen wird: Was „Manipulation“ ist, wird weitgehend, wenn nicht sogar ausschließlich, vom (ordnungsgemäßen) Normalzustand (auch des technischen Gerätes) bestimmt. So verstand die Rechtsprechung zu § 15 FAG a.F. als „Betreiben“ bzw. „Errichten“ einer Funkanlage schon das bloße Halten des Funkapparates, sofern dieser „ohne besondere Schwierigkeiten“ empfangsbereit gemacht werden konnte.18 Das Anbringen einer Antenne oder Erdleitung war damit für § 15 FAG a.F. strafbegründend und könnte für § 265a als Manipulation angesehen werden, welche die Erschleichung der Leistung des Fernmeldenetzes begründet. Werden die Funkgeräte

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OLG Stuttgart MDR 1963 236; Lochner S. 52; Maurach/Schroeder/Maiwald § 41, 223; Otto BT § 52, 19; Schienle S. 77; Sch/Schröder/Cramer18 Rdn. 5; wohl auch Blei II S. 246 („Jede Handlung, mit der sich der Täter der Entrichtung des Entgelts entzieht“); aA OLG Stuttgart NJW 1990 924 mit Anm. Fischer NStZ 1991 41; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 13; Saliger S/S/W Rdn. 6, Sch/Schröder/Perron Rdn. 8. Ebenso zum schweizerischen Strafrecht Meyer S. 29. Duttge aaO; Hoyer SK Rdn. 5; Mitsch BT 2 § 3, 136; Og˘lakcıog˘lu JA 2011 589; vgl. auch Kindhäuser Rdn. 8 ff m.w.N.

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Ahrens S. 59; Bockelmann II/1 § 13 II 1; Gössel BT 2 S. 434; Kolping S. 24; Triebler S. 37; Welzel S. 379 („jedes hinterlistige Handeln“). Eine „gewisse“ Heimlichkeit verlangt teilweise auch die schweizerische Rechtsprechung und Literatur zu Art. 150 StGB (vgl. Stratenwerth/Wohlers, 2. Aufl. 2009, Art. 150 Rdn. 2 mit Nachw.: „unlauteres Verhalten“, BGE 117 IV 451). OLG Breslau HRR 1928 Nr. 2252; OLG Hamburg DJZ 1933 103 und bereits DRZ 1923 Nr. 385.

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jedoch bereits mit einer funktionstüchtigen Antenne verkauft und geliefert, so wäre die Inbetriebnahme durch den Käufer zweifelsfrei keine Manipulation. Entsprechendes gilt für Fernsehapparate, bei denen besondere Programme bereits bei Lieferung oder Montage der Apparate und Antennen zugänglich sein oder nachträglich decodiert werden können. Die technische Zufälligkeit der „Manipulation“ löst sich also bei näherer Betrachtung in eine Abweichung vom normalen oder ordnungsgemäßen Zustand auf und wird zur „Ordnungswidrigkeit“ des Verhaltens. Der erforderliche Unterschied zu einem nur unbefugten Verhalten, das rein normativ nach den Grundsätzen des Zivil- und Öffentlichen Rechts bestimmt und meist mit der Nichtentrichtung des Entgelts identifiziert wird, ergibt sich in diesem Sinne nach der insbesondere in der Rechtsprechung vorherrschenden Ansicht daraus, dass das äußere Verhalten mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgeben wird, wofür unauffälliges oder unbefangenes und sogar untätiges Verhalten genügen soll (BGHSt 53 122 ff).19 Allerdings erlangt auch der „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ seine Bedeutung und 36 seinen Inhalt erst aus der (subjektiven) Kenntnis von der fehlenden Berechtigung, sofern nicht bereits das äußere Verhalten (z.B. Überklettern von Zäunen) auf diese hinweist. Das nur scheinbar ordnungsmäßige Verhalten weicht äußerlich gerade nicht vom normalen Verhalten ab und ist prozessual in seiner Eigenart als solches überhaupt nicht feststellbar, läuft also letztlich wieder auf die bloße Unbefugtheit der Inanspruchnahme der Leistung hinaus. Für eine betrugsähnliche Auslegung ist demgegenüber an den Irrtum dessen, der die Leistung erbringt, anzuknüpfen, wobei bei Massenleistungen die bereits oben Rdn. 15 berichtete (und kritisierte) Verdünnung zu der Vorstellung „alles ist in Ordnung“ in der Rechtsprechung vorherrscht. Auf der Täterseite entspricht dem teilweise ein aktives Tun (z.B. Bedienung des Automaten mit Falschgeld; vgl. sogleich Rdn. 37), meist aber die bloße Nichtaufklärung bzw. ein sonstiges Nichttun. Dies erscheint als zu weitgehend. Richtiger ist die von der Nähe zum Diebstahl (oben Rdn. 15) ausgehende Auslegung, die § 265a als Leistungsentziehungsdelikt begreift. Entsprechend der Lehre vom – generalisierten – Einverständnis beim Diebstahl (Warenautomaten!) ist damit auf objektive, äußerlich erkennbare Kriterien abzustellen; die bloße (verborgene) Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, reicht für die Strafbarkeit nicht aus. Das zusätzlich erforderliche äußere Verhalten muss vielmehr nach den äußeren Umständen erkennen lassen, dass der Täter etwas verbergen will. Dies kann vor allem in der Ausschaltung oder Umgehung von Sicherungsvorkehrungen liegen (Fischer Rdn. 6; Kindhäuser Rdn. 11; Saliger S/S/W Rdn. 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 und 11, je m.w.N.). Dies darf nicht zu eng – etwa im Sinne technischer Sperren – verstanden werden. Ist etwa die Sekretärin eines privaten Golfclubs oder der Kassierer einer Tankstelle gezielt so plaziert, dass der Zugang zum Golfplatz oder die Entnahme von Benzin vom Personal beobachtet werden kann, so reicht dies als Sicherungsvorkehrung aus. Der clubexterne Golfspieler, der mit seinem Gerät zum ersten Abschlag schreitet, und der Kraftfahrer, der an der Zapfsäule Benzin entnimmt, erschleichen daher den Zugang zu einer Einrichtung bzw. die Leistung (Ware), indem beide sich „unauffällig“ verhalten. Das trifft auch dann zu, wenn das Sekretariat des Golfclubs über die Mittagszeit nicht besetzt und am Eingang

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Mit Anm. bzw. Bspr. Alwart JZ 2009 748, Bosch JA 2009 469, Exner JuS 2009 990, Gaede HRRS 2009 69, Zschieschack/Rau JR 2009 244 f; ebenso BayObLG NJW 1969 1042, 1043; OLG Hamburg NJW 1987 2688 und NStZ 1991 587 mit Bspr. Schall JR

1992 1; OLG Naumburg StraFo 2009 343; OLG Stuttgart NJW 1990 924 (f); Ahrens S. 59; Gössel BT 2 S. 443; Hauf DRiZ 1995 20; Küper BT S. 526; Lackner LK10 Rdn. 8; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 223; Rengier BT 1 § 16, 3, 6.

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zum Gelände ein Hinweis aufgestellt ist, dass Greenfees im Clubhaus zu entrichten sind: Strafbarkeit jedenfalls dann, wenn der externe Spieler gezielt die Mittagspause zum Zutritt ausnutzt oder mit dem Abschlag an dem vom Clubhaus entfernten Loch 3 beginnt. Das Beispiel zeigt, dass insgesamt eine an den äußeren Umständen orientierte subjektiv-finale (Ziel-)Richtung des Verbergens oder Umgehens für die Erschleichung konstitutiv ist: Dasselbe äußere Verhalten kann je nach Intention des Täters Erschleichen sein oder nicht. Ähnliche Kriterien sind von der „Umgehung“ gewährender Normen, die ebenfalls als „Erschleichung“ bezeichnet wird, bekannt (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 134, 139 f mit Nachw.). Für die einzelnen Tatbestandsalternativen bedeutet dies:

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a) Beim Automatenmissbrauch (erste Alternative, vgl. oben Rdn. 4) besteht das Erschleichen in der Umgehung der technischen Sicherheitseinrichtung (OLG Karlsruhe NStZ 2009 390 [f]) mit der Wirkung, dass die Leistung unentgeltlich erbracht wird. Die bloße Verursachung dieses Erfolges reicht ebensowenig aus (Ahrens S. 59) wie gewaltsames Vorgehen, z.B. Aufbrechen des Automaten,20 oder eine äußere Manipulation (z.B. der Gewinnstellung von Walzen eines Glücksspielautomaten mittels Einführens eines Drahtes durch ein Loch im Boden des Gerätes: BayObLG JR 1982 291, 292 mit insoweit zust. Anm. Meurer), also „außerhalb der spielregelentsprechenden Einwirkungsmöglichkeiten“ (Blei II S. 245; Wohlers MK Rdn. 43). Als Tathandlung ist jedenfalls und vor allem die Umgehung (BGH NStZ 2005 213 Rdn. 7) oder das „Überlisten“ der technischen Sicherung gegen eine unentgeltliche Inanspruchnahme tatbestandsmäßig (Sch/ Schröder/Perron aaO Rdn. 9, die den Automatenmissbrauch hierauf beschränken wollen). Hierin liegt die nach h.M. erforderliche täuschungsähnliche Manipulation (Eisele BT II Rdn. 669; Saliger S/S/W Rdn. 14; Sch/Schröder/Perron aaO, je mit Nachw.). Einschlägig und „klassisch“ ist z.B. das Einwerfen von Falschgeld oder Metallstücken (BGH bei Holtz MDR 1985 795; OLG Stuttgart MDR 1963 236; Wohlers MK Rdn. 42 m.w.N.). Umstritten ist dagegen, ob auch die Ausnutzung von bereits vorhandenen Gerätemän38 geln (technischen Fehlern), die eine Benutzung ohne Entgelt oder mehrfache Benutzung bei einmaliger Entrichtung des Entgelts ermöglichen, den Tatbestand erfüllt. Die bejahende Ansicht 21 verdient grundsätzlich den Vorzug, da sich der Täter auch hier bedingungswidrig und nur scheinbar ordnungsmäßig verhält. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er auf Nichtentdeckung, also Verheimlichung, achtet. Erklärt er etwa umstehenden Personen sinngemäß, der Automat funktioniere nicht richtig und gebe gratis Leistungen ab, so entfällt ein Erschleichen (vgl. zur Offenlegung bereits oben Rdn. 34). Gibt der Automat nach erbrachter Leistung das ordnungsgemäß entrichtete Entgelt zurück und nimmt der Benutzer das eingeworfene Geld wieder an sich, so fehlt es für § 265a jedenfalls an der subjektiven Tatseite; in diesem Fall liegt Unterschlagung vor (Falkenbach S. 84). Da der Münzspeicher nach seiner Funktion nicht als Leistungs-, sondern als Warenautomat zu behandeln ist (oben Rdn. 22), fällt seine „Überlistung“ – z.B. durch sofortige Betäti-

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21

BGH bei Holtz MDR 1985 795; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 16; Falkenbach S. 83; Gössel BT 2 S. 439; Hoyer SK Rdn. 14, Joecks Rdn. 9; Kindhäuser Rdn. 14; Lackner/Kühl Rdn. 6a; Otto BT § 52, 16; Saliger S/S/W Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 43 m.w.N. Kolping S. 18 ff; Lochner S. 53; Maurach/

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Schroeder/Maiwald § 41, 216; V B 2 (Rdn. 217); Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 636; aA Ahrens S. 60; Blei II S. 245; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 16; Falkenbach S. 84; Saliger S/S/W Rdn. 11; Schmidhäuser BT S. 129; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Schulz NJW 1981 1351; Wohlers MK Rdn. 44.

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Erschleichen von Leistungen

§ 265a

gung des Rückgabeknopfes nach Einwerfen von Geldbeträgen – auch nach h.M. nicht unter § 265a, sondern unter § 242, da der Täter hier nicht „spielt“, sondern einen technischen Defekt ausnutzt, um an den Bargeldbestand des Gerätes zu gelangen (OLG Koblenz NJW 1984 2424, 2425 mit Nachw.; Füllkrug Kriminalistik 1988 588). Am ordnungswidrigen Gebrauch oder illegalen Einwirken auf den Mechanismus des 39 Automaten fehlt es demgegenüber nach ganz h.M. bei Ausnutzung der Kenntnis des Programms, sofern der Automat im Übrigen ordnungsgemäß (Rengier BT I § 16, 4: mechanisch korrekt und programmgemäß) bedient und die Leistung daher unter den vorgegebenen technischen Bedingungen erlangt wird – so beim Leerspielen eines Glücksspielautomaten durch einen Spieler mit Systemkenntnissen (unter Verwendung von Computerprogrammen, Datenlisten usw., die den Mechanismus bzw. das Computerprogramm des Automaten berechenbar machen).22 Durch die Manipulationen, die § 263a und/oder § 17 UWG erfüllen können, soll hier nicht verhindert werden, dass ein Entgelt entrichtet wird (Bühler S. 165, 167 mit Nachw.). Das Verhalten wird auch nicht bereits dadurch ordnungswidrig, dass der Täter die Zufallskomponente ausschaltet (vgl. aber auch Bühler NStZ 1991 344 für § 263a) oder er den Zutritt zur Spielhalle usw. ordnungswidrig erreicht (vgl. Bühler S. 166 gegen Scheu/Kohler Münzautomat 1987 H. 5 S. 56, 68). Die Ordnungswidrigkeit ist vielmehr auf die Tathandlung der Inanspruchnahme der Leistung zu beziehen (zutr. Herzberg/Seier Jura 1985 52). Daher handelt der „Spieler mit Systemkenntnissen“ funktions- und insoweit auch ordnungsgemäß; er handelt nicht ohne Einverständnis, sondern verstößt nur gegen die Motive des Herstellers oder Aufstellers (Bühler S. 165 mit Nachw.). Wird unabhängig vom Spielergebnis der Münzspeicher mittels Manipulation geleert, so greift auch hier nicht § 265a, sondern § 242 ein, da die einschlägige Funktion des Automaten insoweit nicht in einer Leistung besteht (vgl. soeben Rdn. 38; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9). – Im Einzelnen ist es beim Leerspielen von Glücksspielautomaten allerdings nicht unbedenklich, wenn § 265a mit der Begründung abgelehnt wird, dass es dem Täter „allein auf den auszuschüttenden Gewinn ankam“ (so LG Ravensburg StV 1991 214 f mit zust. Anm. Herzog): Die Leistung – Spielvergnügen mit Gewinnchance (oben Rdn. 22) – wird nicht dadurch zur Ware (Bargeld), dass der Täter nur um des Gewinnes willen spielt. Etwas differenzierter tritt hier nach LG Freiburg NJW 1990 2635, 2636 (mit Anm. Bühler NStZ 1991 343 ff und Otto CR 1990 797 f) „der Spielaspekt derart in den Hintergrund, dass der Glücksspielautomat vom Beschuldigten nicht mehr als Spiel- und damit als Leistungsautomat, sondern nur noch als Geldauszahlungsstelle und damit als Warenautomat benutzt“ wird. Auch diese Versubjektivierung, der das LG freilich die Hilfserwägung regelgerechter Bedienung nachschiebt, überzeugt nicht. Die Unterscheidung von Waren- und Leistungsautomat kann nur nach Zivilrecht und Verkehrsanschauung, nicht dagegen nach der Vorstellung und Zielsetzung des Benutzers vorgenommen werden. Auch die Betätigung eines Bankomaten durch nichtberechtigte Dritte mittels der da- 40 für vorgesehenen (z.B. entwendeten) Codekarte oder durch den Berechtigten selbst (in bankvertragswidriger Weise) fällt nicht unter § 265a,23 ganz abgesehen davon, dass kein

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BGHSt 40 331 ff; LG Freiburg NJW 1990 2635; LG Göttingen NJW 1988 2489; LG Ravensburg StV 1991 214, 215; LG Stuttgart NJW 1991 441; Achenbach Jura 1991 227; Bühler S. 141 ff, 165 ff; Eisele BT II Rdn. 670; Etter CR 1988 1022; Füllhorn/ Schnell wistra 1988 180; Hoyer SK Rdn. 14;

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Schlüchter NStZ 1988 58; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Wohlers MK Rdn. 41; aA Lampe JR 1988 437, 438; Scheu/Kohler Münzautomat 1987 H. 5 S. 68; Stelnke Kriminalistik 1988 566. OLG Hamburg NJW 1987 336; OLG Schleswig NJW 1986 2652; AG München wistra

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Leistungsautomat und nach h.M. angeblich auch keine entgeltliche Leistung vorliegt (oben Rdn. 17). Es fehlt auch hier an einer ordnungswidrigen (einverständniswidrigen) Betätigung des Automaten, wenn die Original-Codekarte in den Automaten eingeführt wird (vgl. aber § 263a und dazu BGHSt 38 120 ff!). Bei Übertragung (Fotokopie) des Magnetstreifens der Codekarte auf einen anderen Träger und Einführung dieses Trägers in den Bankomaten erscheint dieses Ergebnis allerdings zweifelhaft; nach der Rechtsprechung liegt aber auch in diesem Fall nur und jedenfalls § 263a vor.

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b) Das Erschleichen der Leistung eines Telekommunikationsnetzes (zweite Alternative, vgl. oben Rdn. 4) erfordert ebenfalls eine ordnungswidrige oder sonstwie missbräuchliche (manipulative, also täuschungsähnliche) Einflussnahme auf technische Vorgänge oder Vorkehrungen, welche die Entgeltlichkeit der Leistung sicherstellen sollen (BGH NStZ 2005 213 Rdn. 7; OLG Karlsruhe NStZ 2004 333, 334 m.w.N.). Die nur unbefugte Benutzung eines fremden Privattelefons oder eines fremden Internetanschlusses fällt schon deshalb nicht unter § 265a, weil sie der technischen Manipulation in ihrer kriminellen Energie nicht vergleichbar ist (Mahnkopf JuS 1982 887) und sich das Merkmal des Entgelts nicht auf Ersatz- oder Ausgleichsansprüche des Inhabers des privaten Anschlusses gegenüber einem unbefugten Benutzer, sondern auf die Gegenleistung für die Leistung des Betreibers bezieht (Lackner LK10 Rdn. 7); es fehlt an dem erforderlichen technischen Eingriff (OLG Stuttgart NJW 1990 924 f). BGH NStZ 2005 213 f (Rdn. 7) lehnt ebenfalls eine Strafbarkeit (auch nach §§ 263, 263a) ab. Die zweite Alternative erfasst damit zunächst – als lex specialis zur 1. Alternative 42 (zust. Wohlers MK Rdn. 49) – den Missbrauch eines Telefonautomaten, der früher (nur) unter die erste Alternative fiel. Typische Erschleichungshandlungen sind insoweit die zur ersten Alternative genannten Verhaltensweisen, z.B. das Einwerfen von Falschgeld oder die Benutzung einer gefälschten Telefonkarte (Ahrens S. 60; Fischer Rdn. 18 m.w.N.). Erschlichene (entgeltliche!) Leistung soll insoweit nach h.M. nicht schon das Ertönen des Rufzeichens im Wege der sog. Störanrufe sein (vgl. oben Rdn. 17); jedenfalls fehlt es hier bei einer an sich ordnungsgemäßen Inbetriebnahme der Fernsprecheinrichtung am „Erschleichen“ (zust. Fischer Rdn. 17; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 m.w.N.; aA Ehmke Die Polizei 1981 248 f). Zu Unrecht nimmt W. Herzog GA 1975 262 unter Hinweis auf AG Leipzig DJ 1938 341 das unbefugte Ausnutzen eines „Bauartmangels“ und daher ein Erschleichen an (ebenso Brauner/Göhner NJW 1978 1469, 1470). Seit dem 1. WiKG soll der Tatbestand jedenfalls zwei zusätzliche Fallgruppen des 43 Missbrauchs ahnden. An den früher genannten Bereich knüpft die Benutzung eines Fernsprechapparates an, der gebührenmäßig nicht oder zu Lasten eines anderen Fernsprechteilnehmers erfasst wird und an Schaltpunkte des Fernsprechnetzes angeschlossen ist (vgl. BTDrucks. 7/3441 S. 29 f). Dass die Leistung hier zu Lasten eines Privaten erschlichen wird, ist unschädlich, darf aber nicht dazu führen, dass andere Begehungsweisen, durch welche nur Private geschädigt werden (z.B. unbefugtes Benutzen fremder Mobiltelefonkarten, BGH NStZ 2005 213 mit Anm. Bär MDR 2005 96, 98) für nach § 265a strafbar erklärt werden. – Ferner geht es um die Umgehung von Gebührenerfassungseinrichtungen durch technische Manipulationen, die in die Vermittlungs-, Steuerungs- und Übertragungsvorgänge eingreifen (BTDrucks. aaO S. 29). Strafbar sind daher die Mani1986 268; Fischer Rdn. 14; Hoyer SK Rdn. 15; Huff NStZ 1985 440 f; Lackner/ Kühl Rdn. 6a; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Schroth NJW 1981 731; Steinhilper GA 1985

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116; Wiechers JuS 1979 849 f; Wohlers MK Rdn. 45; aber auch Herzberg/Seier Jura 1985 52.

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pulation des Arbeitsprogramms der Anlage, z.B. des Kennungsspeichers eines Autotelefons (AG Mannheim CR 1986 341 f), und die Fälschung von Mobiltelefon-Chipkarten, die mittels eines geheimen Teilnehmerschlüssels den Anschlussinhaber im Funknetz ausweisen und bei Kenntnis der Systematik des Verschlüsselungscodes das Telefonieren zu Lasten der Gebührenkonten der rechtmäßigen Kunden ermöglichen; dabei ist gleichgültig, ob die zur Manipulation der Mobiltelefon-Chipkarten notwendigen Kenntnisse der Systematik des Verschlüsselungscodes von Mitarbeitern der Netzbetreibergesellschaft verraten wurden oder ob der Code von dem Täter selbst entschlüsselt wurde. § 263a geht in solchen Fällen des „Phreaking“ vor (Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 59 mit Nachw.). Für weitere Erschleichungsfälle, auch im Bereich von Rundfunk- und Fernsehnetzen, 44 verdient Hervorhebung, dass nicht nur die Umgehung von Gebührenerfassungseinrichtungen einschlägig ist. Vielmehr ist jede Ausschaltung von Sicherungseinrichtungen (z.B. durch Aufbrechen einer Plombe) ausreichend, die gegen unerlaubte Benutzung geschaffen sind – z.B. bei Systemen wohnungsbezogener Selektion an den Verteilpunkten des Kabelfernsehens (Krause/Wuermeling NStZ 1990 528) oder die Codierung von Fernsehprogrammen beim sog. Pay-TV (Ory ZUM 1988 229; Saliger S/S/W Rdn. 15; Sch/Schröder/Perron m.w.N.). Dagegen reicht das unbefugte, nämlich nicht genehmigte Betreiben von Rundfunk- und Fernsehempfängern als solches nicht. Schlichtes Schwarzhören und Schwarz(fern)sehen ist daher nicht nach § 265a strafbar (zust. Kindhäuser Rdn. 19 mit Nachw.; ebenso bereits Gössel BT 2 S. 441 f; ferner Fischer Rdn. 18; Saliger S/S/W Rdn. 15; Sch/Schröder/Perron m.w.N.); es stellt vielmehr eine Ordnungswidrigkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag i.d.F. v. 31.10.2007 dar (Eisele BT II Rdn. 673). c) Beförderungsleistungen und der Zutritt zu Veranstaltungen oder Einrichtungen 45 werden erschlichen, wenn sich der Täter die Leistung ordnungswidrig verschafft, indem er Kontrollmaßnahmen umgeht oder ausschaltet oder sich – nach der Rechtsprechung – in äußerlich erkennbarer Weise „mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt“ (vgl. BGHSt 53 122 ff mit Nachw.; auch BVerfG NJW 1998 1135 f, das kein Bedenken gegenüber dieser weiten Auslegung hat). Eine vermittelnde Meinung des Schrifttums verlangt jedenfalls verdeckendes oder verschleierndes Verhalten (vgl. Kindhäuser Rdn. 9 mit Nachw.), während die h.L. die (verdeckte) Überwindung von Kontrollen oder sonstigen Sicherungsvorkehrungen fordert (Fischer Rdn. 25; Kindhäuser Rdn. 11 m.w.N.; oben Rdn. 34 ff). Unstreitig ist dagegen, dass die offene Beanspruchung der Leistung als unentgeltlich – z.B. unter Mitführung eines Transparentes zwecks Demonstration für den NullTarif – kein Erschleichen darstellt (aber § 123!),24 so wie die Offenlegung künstlicher Sachverhaltsgestaltung bei der Beantragung von Subventionen keine Subventionserschleichung durch Umgehung ist (Tiedemann LK § 264 Rdn. 140). Ebenso besteht Einigkeit darüber, dass das Betreten auf unüblichen Wegen, das Überklettern von Zäunen, die Umgehung oder das Weglocken von Aufsichtspersonen, das Sichverstecken vor Kontroll-

24

BayObLG NJW 1969 1072; Eisele BT II § 52, 20; Falkenbach S. 89; Gössel BT 2 S. 434, 444; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 18; Otto BT § 52, 19; Joecks Rdn. 10; Rengier BT I § 16, 7; Saliger S/S/W Rdn. 5; Sch/Schröder/Perron

§ 52, 20; Rdn. 11; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 673; aA Hauf DRiZ 1995 20. Vorbehalte hinsichtlich der Größe eines auf Brusthöhe vom Fahrgast getragenen Protestschildes bei KG NJW 2011 2600 mit krit. Bspr. Jahn JuS 2011 1042 ff.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

personen u.ä.m. tatbestandsmäßig ist.25 Durch derartige Handlungen manifestiert der Täter seine Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, nach außen und lässt das generalisierte Einverständnis des Veranstalters entfallen. Dagegen fehlt nach h.L. ein Erschleichen, wenn sich der Fahrgast mit einer Fahrkarte 2. Klasse in die 1. Klasse oder der Konzertbesucher mit Eintrittskarte auf einen teuereren Platz setzt (Fischer Rdn. 25; Saliger S/S/W Rdn. 17 und 19, je mit Nachw.). Umstritten ist zum einen der Spezialfall der Bestechung einer Kontrollperson zwecks 46 Erlangung von Zutritt oder Beförderung. Die die Strafbarkeit bejahende Ansicht26 kann sich darauf stützen, dass auch die Einschaltung einer solchen Person der Sicherung gegen unbefugten Zugang dient und dass diese Sicherung durch Bestechung ausgeräumt und das Einverständnis des Berechtigten beseitigt wird. Die Gegenansicht 27 orientiert sich zu sehr an § 263 und müsste zumindest (in umgekehrter Weise) die von § 264 her bekannte Unterscheidung einführen, ob die Kontrollperson Entscheidungsbefugnisse hat oder nicht (vgl. dazu Tiedemann LK § 264 Rdn. 37). Vor allem aber ist zum anderen die als Schwarzfahren bezeichnete Konstellation im 47 Streit, dass die (Beförderungs-)Leistung zwar unbefugt ohne Entrichtung des Entgelts, aber ohne Überwindung oder Ausschaltung von Sicherungs- und Kontrollvorkehrungen in Anspruch genommen wird. Einschlägig ist insbesondere der massenhafte Personennahverkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Ballungsräumen. Während die Rechtsprechung (des BGH und der Oberlandesgerichte) von einer Strafbarkeit nach § 265a ausgeht, da sich der Täter mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgebe,28 lehnt eine im Schrifttum zunehmende Ansicht die Strafbarkeit ab.29 Dass der bloße Anschein der Ordnungsmäßigkeit unabhängig von den äußeren Umständen nicht ausreicht, um eine Erschleichung zu begründen, wurde bereits oben Rdn. 36 dargelegt. Bei „Einrichtungen“ und „Veranstaltungen“ wird es insoweit auch kaum an einem Minimum von Kontrollmaßnahmen fehlen, wenn der Betreiber wirklich Wert auf die Entrichtung von Entgelt legt. Das Phänomen des Personenmassen-Verkehrs hat dagegen zum nahezu totalen Abbau von Kontrollen und Sicherungen gegen Missbrauch geführt, und die Betreiber nehmen dies – unter Einsatz außerstrafrechtlicher Sanktionsmaßnahmen – bewusst in Kauf (vgl. bereits oben Rdn. 6). Es liegt hier also entgegen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 11) anders als beim Ausnutzen eines Gerätedefektes (oben Rdn. 38), der dem Hersteller oder

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Falkenbach S. 90; Fischer Rdn. 25; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 53 m.w.N. Lackner/Kühl Rdn. 69; Tiedemann/Waßmer Jura 2000 535; Hellmann NK Rdn. 34; Rengier BT I § 16, 7; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 572. Eisele BT II Rdn. 675; Falkenbach S. 89; Rengier BT I § 16, 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11. BGHSt 53 122, 125 ff mit den oben Fn. 19 genannten Anm. bzw. Bspr.; BayObLG NJW 1969 1042 und StV 2002 428 mit Anm. Ingelfinger; OLG Hamburg NJW 1987 2688 mit Anm. Albrecht NStZ 1988 222 sowie NStZ 1991 587 f; OLG Düsseldorf NJW 2000 2120 f; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2001 269 f; OLG Stuttgart NJW 1990 924;

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ebenso Bilda MDR 1969 434 ff; Dylla-Krebs NJW 1990 888; Ellbogen JuS 2005 20 f; Gössel BT 2 S. 433, 442 f; Hauf DR; Z 1995 15 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 223); Otto BT § 52, 19; Rengier BT 1 § 16, 6; Stiebig Jura 2003 699 ff. Albrecht aaO; Alwart JZ 1986 567 ff; Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 22; Fischer Rdn. 21 und NJW 1988 1828; Hellmann NK Rdn. 34; Hinrichs NJW 2001 932 ff; Ingelfinger StV 2002 429 f; Kindhäuser Rdn. 8 ff; Lackner/Kühl Rdn. 6a; Saliger S/S/W Rdn. 17; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 672; Wohlers MK Rdn. 55 ff; ebenso AG Hamburg NStZ 1988 221; einschränkend auch OLG Naumburg StraFo 2009 343.

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Erschleichen von Leistungen

§ 265a

Betreiber in aller Regel nicht bekannt ist (zu diesem Erfordernis oben Rdn. 35) oder auf dessen Nichtentdeckung durch die Benutzer der Betreiber zumindest spekuliert. Zutreffend verlangt Perron (aaO) aber ein Minimum an Kontrolle oder Sicherung gegen unbefugte Inanspruchnahme, um von einem „Erschleichen“ sprechen zu können (vgl. auch die oben Rdn. 35 angeführte amtl. Begr., die immerhin von einer „Sperre“ spricht, durch die der Täter offen hindurchgeht). Das bloße Einsteigen in einen Zug (usw.) ohne gültigen Fahrschein reicht als solches nicht aus; es liegt insoweit nicht anders als beim Schwarzhören und -sehen (oben Rdn. 44). Wohl aber ist der Zwang zu einer äußerlich erkennbaren Legitimation, z.B. durch Aufstellen von Automaten zwecks Markierung (Entwertung) der Fahrscheine in Omnibussen oder U-Bahnen oder durch Verpflichtung, den erforderlichen Berechtigungsschein (z.B. Skipass) sichtbar an der Kleidung anzubringen, als äußerlich erkennbare Kontrolle des Zugangs ausreichend. Wer an einem Fahrscheinautomaten vorbeischreitet, ohne im Besitz eines Fahrscheins zu sein, mag damit gegenüber Mitreisenden (soweit anwesend!) den Eindruck erwecken, er besitze einen Fahrschein; als äußerlich erkennbare Zugangskontrolle genügt eine derartige „Sozialkontrolle“ aber nicht. Für derartige und andere Fälle völlig fehlender Sicherung liegt es beim Gesetzgeber, Abhilfe zu schaffen (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 11), indem z.B. für einmaliges oder erstmaliges Schwarzfahren ein Bußgeldtatbestand eingeführt und dieser erst für Wiederholungstäter zur Straftat qualifiziert wird (vgl. oben Rdn. 6). Unberührt hiervon bleiben Fälle, in denen – grundsätzlich hinreichende Kontrolle vorausgesetzt – der „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ nach den Umständen in einem besonderen äußeren Tatverhalten besteht, z.B. wenn sich der Täter unter eine größere Personengruppe mischt, die unentgeltlich Zutritt zu einer Veranstaltung hat und in der er nicht auffällt (zutr. Sch/Schröder/Perron aaO).

IV. Vorsatz und Absicht 1. Der Vorsatz muss sich gemäß § 16 Abs. 1 auf alle Tatbestandsmerkmale, also 48 insbesondere auch auf die Entgeltlichkeit der Leistung (oben Rdn. 16 ff; zust. Fischer Rdn. 26; Rengier BT I § 16, 2), erstrecken. Fahrlässigkeit reicht in keiner Hinsicht aus (zur Häufigkeit von Berufung auf Vergesslichkeit oder Unkenntnis von Benutzungsbedingungen des öffentlichen Personennahverkehrs Falkenbach S. 93). Jedoch genügt entsprechend allgemeinen Grundsätzen dolus eventualis (unstr.). Der Vorsatz muss z.Zt. des Erschleichens vorliegen; erfährt der Täter daher erst nach Erlangung des Zutritts von der Entgeltlichkeit der Veranstaltung, so bleibt er straflos (Falkenbach S. 97). 2. Die irrige Annahme, der Zutritt zu einer Veranstaltung sei unentgeltlich, stellt 49 einen Tatbestandsirrtum dar,30 der nach § 16 Abs. 1 den Vorsatz ausschliesst. Ein Irrtum über die Funktionsweise des (Leistungs-)Automaten – der Täter nimmt elektronische Steuerung des Systems an, während der Automat in Wirklichkeit rein mechanisch funktioniert –, ist irrelevant, da sich die Alternativität von § 265a und § 263a (oben Rdn. 5) nur über die Subsidiaritätsklausel und nicht schon aus dem Tatbestand des § 265a ergibt. Die irrige Meinung, der Tatbestand des § 265a erfasse auch Warenautomaten, ist dagegen ebenso bloßer Subsumtionsirrtum (Wahndelikt) wie die Annahme, das Schwarzhören sei bereits als solches Erschleichen der Leistung des Rundfunknetzes (zust. Wohlers MK

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Falkenbach S. 96; Sch/Schröder/Perron Rdn. 12; Wohlers MK Rdn. 59 m.w.N.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Rdn. 60). Der Schwarzfahrer, der ideologisch für den Null-Tarif bei öffentlichen Verkehrsmitteln ist, handelt wegen seiner Kenntnis der abweichenden Wertung durch die Gemeinschaft allenfalls in einem vermeidbaren Verbotsirrtum (so Falkenbach S. 96), nach richtiger Ansicht dagegen überhaupt nicht irrtumsbefangen. Wer beim Einsteigen in ein Verkehrsmittel meint, er sei im Besitz eines gültigen Fahrausweises, handelt ohne Vorsatz (OLG Koblenz NJW 2000 86 f; Fischer Rdn. 26).

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3. Die Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, ist neben dem Vorsatz erforderlich (aA Falkenbach S. 95) und erfordert den zielgerichteten Willen zur Nichtzahlung des Entgelts; es muss dem Täter also auf diesen Erfolg ankommen (BayObLG NJW 1969 1042; Fischer Rdn. 26; Sch/Schröder/Perron Rdn. 12 m.w.N.). Ob daneben noch andere Beweggründe vorliegen oder weitere Zwecke verfolgt werden, ist unerheblich 31. Der Umstand, dass bereits der Vorsatz die Entgeltlichkeit der Leistung erfassen muss (soeben Rdn. 48), macht entgegen Falkenbach (aaO) die Absicht der Nichtentrichtung des Entgelts nicht überflüssig. Diese Absicht fehlt aber beim „Leerspielen“ von Glücksspielautomaten, wenn und soweit der Täter das Entgelt für die Inbetriebnahme entrichtet und nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich das eingeworfene Geld nicht unter dem als Gewinn ausgeworfenen befindet (Bühler S. 167 mit Nachw.). Sie fehlt ebenfalls bei nur vertragswidrigem Nichtbeisichführen eines Dauerfahrscheins, für den das Entgelt entrichtet wurde (Lackner/Kühl Rdn. 7; Wohlers MK Rdn. 62 m.w.N.; oben Rdn. 19).

V. Vollendung, Beendigung und Versuch 51

1. Die Bestimmung der Vollendung der Straftat stößt teilweise auf Schwierigkeiten, soweit es nämlich um die Inanspruchnahme einer Leistung geht, deren Erbringung sich über einen bestimmten Zeitraum erstreckt. Während der „Zutritt“ zu einer Einrichtung mit dem Eintreten in ihren räumlichen Bereich vollendet ist (Sch/Schröder/Perron Rdn. 13), soll es nach verbreiteter Ansicht im Übrigen auf den Beginn der eigentlichen Leistung ankommen.32 Dies ist einerseits zu eng, andererseits zu weit. Zu eng ist die genannte Auffassung bei der Erschleichung des Zutritts zu einer Veranstaltung: Hier ist der Zutritt erschlichen, auch wenn das Konzert noch nicht begonnen hat (zust. Fischer Rdn. 28; Hoyer SK Rdn. 35; Mitsch BT 2 § 3, 155; aA Perron aaO). Das Gesetz stellt nämlich auf den „Zutritt“ und nicht entscheidend auf die Veranstaltung ab (zutr. Kolping S. 29 f). Der Konzertbesucher, der den Zutritt ohne Entrichtung des Entgelts erreicht hat, „erschleicht“ die Leistung nicht erst in dem Augenblick, in dem die ersten Takte der Musik erklingen, nachdem er vielleicht bereits 15 Minuten auf dem Konzertsessel gewartet hat. Angesichts des zivilrechtlich geschuldeten Leistungsinhalts und der Parallelität zu § 263 geht es dagegen zu weit, beim Automaten Vollendung der Leistungserschleichung schon mit „aufklingender Musik“ anzunehmen (so aber Saliger S/S/W Rdn. 21, Sch/Schröder/Perron Rdn. 13 und Wohlers MK Rdn. 64). Die Leistung des Musikautomaten besteht nämlich in der Wiedergabe des gesamten Musikstücks, für dessen Genuss der Benutzer das Entgelt zu entrichten hat. Wegen der Strafbarkeit auch des Versuchs (Absatz 2) besteht keinerlei kriminalpolitische Notwendigkeit zur Annahme vorzeitiger Vollendung (zust. Fischer aaO). Bei der Inanspruchnahme von Beförderung liegt

31 32

BayObLG NJW 1969 1042; Lackner/Kühl Rdn. 7. Falkenbach S. 100 ff; Hoyer SK Rdn. 34;

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Maurach/Schroeder/Maiwald § 41; 225, Saliger S/S/K Rdn. 21; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13.

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Erschleichen von Leistungen

§ 265a

ein Erschleichen dagegen bereits mit Beginn, nicht erst mit Abschluss der Beförderung vor (zust. BayObLG StV 2001 423 f; Fischer aaO mit Nachw.). Auch beim Telekommunikationsnetz besteht die Leistung schon im Herstellen der Telefon-Verbindung 33 bei wechselseitiger Telekommunikation und im Beginn des Empfangs bei einseitig-verteilender Telekommunikation (vgl. oben Rdn. 26); die während der Dauer des Gesprächs bzw. der Sendung fortgesetzte Inanspruchnahme der Leistung führt zur Annahme einer Dauerstraftat.34 2. Beendet ist die Tat mit dem Ende der Leistungserbringung bzw. dem Verlassen der 52 Einrichtung. Bei der Beförderungserschleichung liegt Beendigung (entsprechend den Vertragsbedingungen über die Aufbewahrung der Fahrscheine) erst mit Verlassen des Bahnhofs bzw. der Haltestelle, der Hafenanlage, des Flugplatzes usw. vor (Falkenbach S. 101 f; aA Wohlers MK Rdn. 65). 3. Versuch ist nach Absatz 2 strafbar. Ein Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung 53 i.S.d. § 22 liegt z.B. im Einwerfen von Metallstücken in den Automaten (Falkenbach S. 100; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13) oder in dem Einsteigen in das Verkehrsmittel (Falkenbach S. 101; Wohlers MK Rdn. 63 m.w.N.). Die technisch meist aufwendige Installation von Geräten zwecks Erschleichung einer Fernmeldeverbindung kann dagegen als solche entgegen Falkenbach (aaO) und Wohlers (aaO) nicht bereits schlechthin als Versuch angesehen werden; es kommt vielmehr auf den Zeitpunkt der geplanten Inbetriebnahme an. Einen untauglichen Versuch stellt die Erschleichung der Leistung bzw. des Zutritts in 54 der irrigen Annahme dar, die Veranstaltung sei entgeltlich.35 Demgegenüber ist es ein strafloses Wahndelikt, wenn der Benutzer eines Verkehrsmittels, der seinen ordnungsgemäß erworbenen Dauerfahrschein vergessen hat, davon ausgeht, er mache sich wegen Nichteinhaltung der Tarifbedingungen nach § 265a strafbar (BayObLG NJW 1986 1504 f; Fischer Rdn. 26; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; Wohlers MK Rdn. 63). Vgl. dazu bereits Rdn. 19.

VI. Konkurrenzen 1. Innerhalb des Tatbestandes nach Absatz 1 überschneiden sich bei Erschleichung 55 der Leistung eines Telefonautomaten die erste und zweite Alternative. Im Anschluss an die amtl. Begr. (BTDrucks. 7/3441 S. 30) ist hier Spezialität der letzteren anzunehmen (Falkenbach S. 107; Wohlers MK Rdn. 66); dagegen sprechen sich Brauner/Göhner NJW 1978 1471) für das Vorliegen gleichwertiger Begehungsformen mit der Folge aus, dass nur eine einzige Gesetzesverletzung gegeben ist. Im Falle des „Schwarzhörens“ ist nur die zweite Alternative einschlägig, setzt allerdings im Hinblick auf die Tathandlung des Erschleichens mehr als nur „Schwarzhören“ voraus (vgl. oben Rdn. 44 und sogleich Rdn. 58). Die vierte Alternative ist ein Dauerdelikt (zust. Hellmann NK Rdn. 10; Saliger S/S/W Rdn. 21 m.w.N.).

33

34

Falkenbach S. 101; Fischer Rdn. 28; Hellmann NK Rdn. 10; Kolping S. 28 f; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 64. Bilda MDR 1969 435; Gössel BT 2 S. 448;

35

Hellmann aaO; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 65. Falkenbach S. 96 f; Sch/Schröder/Perron aaO; Wohlers MK Rdn. 63.

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§ 265a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

56

2. Im Verhältnis zu anderen Straftaten ist § 265a gemäß Absatz 1 subsidiär, nach ganz h.M. entsprechend dem Zweck der Vorschrift (oben Rdn. 2) aber nur gegenüber anderen Vermögensdelikten.36 Dies ist zutreffend. Da § 265a eine Vermögensverletzung oder -verschiebung zum Gegenstand hat (oben Rdn. 13 ff), wäre es unverständlich, wenn der Umstand der Verletzung weiterer Rechtsgüter nicht im Urteilsspruch zum Ausdruck käme. Daher liegt insbesondere beim Automatenmissbrauch Tateinheit mit Geldfälschung und bei den übrigen Tatbestandsalternativen Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung (besonders beim Erschleichen des Zutritts), aber auch Urkundenfälschung (z.B. beim Herstellen falscher Eintrittskarten) vor.37 Die Hauptbedeutung der Subsidiaritätsklausel liegt klassischerweise im Verhältnis 57 zum Betrug, wie sich bereits aus der Entstehungsgeschichte (oben Rdn. 2) ergibt: Bei Täuschung des Berechtigten oder seines Beauftragten greift nur § 263 ein (vgl. z.B. OLG Düsseldorf JZ 1983 465). Gleiches gilt im Verhältnis zur Teilnahme an § 263 oder einem anderen Vermögensdelikt (näher Lackner LK10 Rdn. 14). Angesichts der weitreichenden Ausstattung von Automaten und Fernmeldenetzen mit elektronischen (Schaltund Prüf-)Geräten, EDV-Programmen usw. kommt heute zusätzlich der Subsidiarität im Verhältnis zum Computerbetrug (§ 263a) zentrale Bedeutung zu. Weiß der Täter, dass der Automat usw. „vollautomatisch“ abläuft, so kommt insgesamt kein Betrug(sversuch) in Betracht (OLG Karlsruhe NStZ 2009 390 f). Im Verhältnis zu anderen Straftatbeständen entfällt dagegen häufig bereits die Tatbestandsmäßigkeit – so bei der Stromentziehung (§ 248c), welche die Verwendung eines Leiters voraussetzt, oder beim unbefugten Fahrzeuggebrauch (§ 248b), der die eigenmächtige Benutzung des Fahrzeugs im Ganzen betrifft (vgl. Lackner aaO Rdn. 15 mit Nachw.). Gegenüber Diebstahl gewinnt die Subsidiaritätsklausel nur dann Bedeutung, wenn entgegen dem historischen Sinn des § 265a auch Warenautomaten unter seinen Tatbestand gebracht werden (dazu bereits oben Rdn. 21).

58

3. Wird Schwarzhören, Schwarzfernsehen oder Schwarzsurfen im Internet mittels Erschleichens (durch technische Manipulationen) begangen, so ist die zweite Tatbestandsalternative verwirklicht (oben Rdn. 44). Das schlichte Schwarzhören erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag in Verbindung mit den Zustimmungsgesetzen der Länder (Rdn. 44); die Ordnungswidrigkeit tritt gegenüber § 265a nach § 21 OWiG zurück. Ob durch das einfache Schwarzsurfen (bei fehlender Absicherung des Zugangs durch den Anschlussinhaber) Strafbarkeit nach §§ 148 Abs. 1, 89 TKG eingreift, ist in der bisherigen Instanzrechtsprechung umstritten (Og˘lakcıog˘lu JA 2011 592 f mit Nachw.).

36

Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 27; Eisele BT II Rdn. 681; Gössel BT 2 S. 449; Hellmann NK Rdn. 50; Heinrich in Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 25; Kindhäuser Rdn. 26; Lackner/Kühl Rdn. 8; Mitsch BT 2 § 3, 139, 169; Otto BT § 52, 27; Rengier BT I § 16, 1; Saliger S/S/W Rdn. 22; Sch/Schröder/Perron Rdn. 14; Welzel S. 379;

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37

Wessels/Hillenkamp Rdn. 667; aA Schienle S. 89. OLG Hamburg NJW 1981 1281 (zu § 123); Blei II S. 246 (zu § 123); Falkenbach S. 105 f, 108 f; Fischer Rdn. 30; Gössel aaO; Lackner/ Kühl Rdn. 8; Sch/Schröder/Perron aaO; Welzel S. 380 (zu § 123); Wohlers MK Rdn. 67 und 68.

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Kreditbetrug

§ 265b

VII. Internationales Strafrecht Internationale Bezüge kann der Straftatbestand vor allem im Hinblick auf auslän- 59 dische Verkehrsmittel sowie ausländische und/oder internationale Telekommunikationsnetze gewinnen, im letzteren Bereich insbesondere bei Online-Diensten und -Datenbanken sowie beim Internet, soweit es sich um entgeltliche Leistungen handelt. Da sich der Schutzbereich der Vorschrift nach h.M. allein auf das individualrechtliche Vermögen bezieht (oben Rdn. 12), ergeben sich für die Rechtsanwendung, auch in Verbindung mit §§ 3 ff, keine Schwierigkeiten (vgl. Tiedemann LK § 265b Rdn. 115).

VIII. Strafantrag und Strafverfolgung 1. Absatz 3 sieht für die (häufigen) Fälle der Geringwertigkeit der Leistung sowie für 60 Taten gegen Betreuer, Vormünder und Hausgenossen das Erfordernis eines Strafantrags vor, das im Falle des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung entsprechend § 248a durch eine einschlägige Erklärung der Strafverfolgungsbehörde ersetzt werden kann. Die gesamte Regelung entspricht § 263 Abs. 4, soweit sich dieser auf § 247, 248a bezieht. Vgl. daher die Erläuterungen zu § 263 Abs. 4. Ein Einschreiten von Amts wegen trotz Geringwertigkeit der Leistung wird bei § 265a vor allem bei dem Missbrauch öffentlichen Zwecken dienender Telekommunikationsnetze häufig und legitim sein (Falkenbach S. 99; Wohlers MK Rdn. 71). Bei der Beförderungserschleichung erscheint das Strafantragserfordernis als problematisch, da es zum Druckmittel der Verkehrsbetriebe bei der Forderung nach Bezahlung einer Mindestpauschale werden kann (Falkenbach aaO). Da dies die Wirksamkeit des Strafantrages selbst bei Stellung durch öffentliche Betriebe nicht beseitigt (Tiedemann GA 1964 353, 358), kann eine Korrektur insoweit seitens der Strafverfolgungsorgane nur über § 153 StPO vorgenommen werden. 2. Insbesondere bei der Beförderungserschleichung wird die Strafverfolgung faktisch 61 weitgehend von einer Strafanzeige der Beförderungsbetriebe abhängen (vgl. bereits oben Rdn. 6). Wenn sich diese durchweg auf Rückfalltäter beschränken, so liegt hierin nicht stets eine mehr oder weniger willkürliche private Selektion. Vielmehr wird auf diese Weise auch naheliegenden Einwendungen und häufigen Schutzbehauptungen Rechnung getragen (vgl. Falkenbach S. 93).

§ 265b Kreditbetrug (1) Wer einem Betrieb oder Unternehmen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredites für einen Betrieb oder ein Unternehmen oder einen vorgetäuschten Betrieb oder ein vorgetäuschtes Unternehmen 1. über wirtschaftliche Verhältnisse a) unrichtige oder unvollständige Unterlagen, namentlich Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Vermögensübersichten oder Gutachten vorlegt oder b) schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für den Kreditnehmer vorteilhaft und für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind oder

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§ 265b

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2. solche Verschlechterungen der in den Unterlagen oder Angaben dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Vorlage nicht mitteilt, die für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Kreditgeber auf Grund der Tat die beantragte Leistung erbringt. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern. (3) Im Sinne des Absatzes 1 sind 1. Betriebe und Unternehmen unabhängig von ihrem Gegenstand solche, die nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern; 2. Kredite Gelddarlehen aller Art, Akzeptkredite, der entgeltliche Erwerb und die Stundung von Geldforderungen, die Diskontierung von Wechseln und Schecks und die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen. Schrifttum Siehe zunächst die Angaben über die Literatur zum 1. WiKG Vor §§ 263 ff sowie die Schrifttumsnachweise zu §§ 264, 265; ferner: Bockelmann Kriminelle Gefährdung und strafrechtlicher Schutz des Kreditgewerbes, ZStW 79 (1967) 28; Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), Kreditwesengesetz (Kommentar) (3. Aufl. 2008); Brodmann Probleme des Tatbestandes des Kreditbetrugs (§ 265b StGB), Diss. Köln 1984; Burchardt Täuschung und Rechtswidrigkeit beim Kreditbetrug (1937); Bustini Grob Grosskredite im Schatten des Strafrechts (Bern 1997); Everding Früherkennung von Kreditbetrug mit Hilfe bankmäßiger Kreditwürdigkeitsprüfungen (1996); Forstmann Geld und Kredit I (1952); Frühauf Scheckbetrug, eine Erscheinungsform des Geldkreditbetrugs, in Poerting (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität Teil I (1983) S. 169; Geerds Banken als Opfer von Kreditbetrügereien, FLF (Finanzierung, Leasing, Factoring) 1988 95, 152; Gehm Bekämpfung des Kreditbetrugs aus der Sicht des Bundeskriminalamtes, FLF 1988 155; Goldschmidt Beiträge zur Lehre vom Kreditbetrug, ZStW 48 (1928) 149; Haft Die Lehre vom bedingten Vorsatz unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlichen Betrugs, ZStW 88 (1976) 365; Hebenstreit Kapitalbeschaffung, in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 51; Hellmann Kreditbetrug, in Achenbach/Ransiek Kap. IX 1; Herold Der Kreditbetrug nach dem Strafgesetzentwurf, Creditreform 1961 Heft 2 S. 39; Kießner Kreditbetrug – § 265b (1985); Lampe Der Kreditbetrug (§§ 263, 265b) (1980); Lanzi La tutela penale del credito (Padua 1979); Muñoz Conde Über den sogenannten Kreditbetrug, Festschrift Tiedemann (2008) 677; Nack Kreditbetrug, in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 50, 86; Niewerth Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers (2004); Nuñez Castaño La estafa de crédito (Valencia 1998); Otto Bankentätigkeit und Strafrecht (1983); Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr und Strafrecht (1978); Otto Probleme des Kreditbetrugs (usw.), Jura 1983 16; Prost „Krediterschleichung“, ein Vorfeldtatbestand des Betruges, sowie verstärkte Prophylaxe im Gesetz über das Kreditwesen als Mittel zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, JZ 1975 18; Schüppen Systematik und Auslegung des Bilanzstrafrechts (1993); Schwennicke/Auerbach (Hrsg.), Kreditwesengesetz (Kommentar) (2009); Theile Die Bedrohung prozessualer Freiheit durch materielles Wirtschaftsstrafrecht am Beispiel der §§ 264a, 265b StGB, wistra 2004 121; Tiedemann/Cosson Straftaten und Strafrecht im deutschen und französischen Bank- und Kreditwesen (1973); Tiedemann/Sasse Delinquenzprophylaxe, Kreditsicherung und Datenschutz in der Wirtschaft (1973); Tiemann Der praktische Fall – Strafrecht: Eine mißglückte Existenzgründung, JuS 1994 138. Materialien Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Bd. V (1974) (zitiert: Tagungsberichte Bd. V); siehe ferner die Materialien zum 1. WiKG bei § 264.

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§ 265b

Kreditbetrug

Entstehungsgeschichte Der Straftatbestand wurde durch das 1. WiKG 1976 eingeführt. Vorläufer enthielten § 50 Gesetz über das Kreditwesen (KWG) vom 5.12.1934 (RGBl. I S. 1023), das auf Grund der Erfahrungen mit der großen Banken- und Wirtschaftskrise von 1931 ergangen war, und § 48 KWG vom 25.9.1939 (RGBl. I S. 1955). § 50 aaO drohte Gefängnis- und (oder) Geldstrafe demjenigen an, der „vorsätzlich zur Erlangung oder Erweiterung eines Kredits oder Erzielung günstigerer Kreditbedingungen unwahre Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Vermögensübersichten einem Kreditinstitut einreicht oder einem solchen gegenüber wissentlich falsche Erklärungen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse abgibt, auch wenn es nicht zur Kreditgewährung kommt.“ Die Tatbestände erlangten auf Grund ihrer Stellung im Nebenstrafrecht nur geringe praktische Bedeutung. Sie wurden nicht in das KWG vom 10.7.1961 (BGBl. I S. 881) übernommen. § 265b geht im Wesentlichen auf den Vorschlag der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität auf ihrer 5. Arbeitssitzung im November 1973 zurück (Tagungsberichte Bd. V S. 96 ff). Die Kommission stellte aber – ebenso wie die ersten Referentenentwürfe des Bundesministeriums der Justiz – ausschließlich auf die durch Kreditinstitute gewährten Geldkredite ab. Vom schließlichen Regierungsentwurf des 1. WiKG unterscheidet sich § 265b nur geringfügig und redaktionell, wenn man von dem Wegfall der Anordnung einer entsprechenden Anwendung der §§ 247, 248a absieht. Übersicht Rdn. I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legitimationsfragen und Auslandsrechte . . . II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes . . . . . . III. Täterkreis und Begriff des Betriebskredites (Anwendungsbereich des Tatbestandes) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Potentieller Täterkreis und Handeln für einen Betrieb . . . . . . . . . . 2. Betriebs- und Privatkredit, insbes. der sog. Weiterleitungskredit . . . . . . 3. Kaufmännische Einrichtung des Betriebes . . . . . . . . . . . . . . 4. Begriff des Kredites . . . . . . . . . a) Gelddarlehen . . . . . . . . . . . b) Akzeptkredit . . . . . . . . . . . c) Entgeltlicher Erwerb von Geldforderungen . . . . . . . . . . . d) Stundung von Geldforderungen . e) Diskontierung von Wechseln und Schecks . . . . . . . . . . . . . f) Übernahme von Gewährleistungen

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IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand . 1. Das Erfordernis eines Kreditantrages . 2. Der Zusammenhang mit der Täuschungshandlung . . . . . . . . . . . 3. Der Adressat der Täuschungshandlung 4. Die Mittel der Täuschung . . . . . . . a) Unterlagen und schriftliche Angaben b) Insbesondere Werturteile und Prognosen . . . . . . . . . . . . .

50 51 56 58 60 61 64

Rdn. c) Unrichtigkeit und Unvollständigkeit d) Insbesondere unrichtige Bilanzen und Erfolgsrechnungen . . . . . . 5. Die wirtschaftlichen Verhältnisse als Bezugspunkt der Täuschung . . . . . 6. Vorteilhaftigkeit und Erheblichkeit der Falschangaben . . . . . . . . . . . . 7. Die Täuschungshandlung: Vorlage von Unterlagen und schriftliche Angaben . 8. Unterlassen der Mitteilung der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich der Vorschrift . b) Spezieller Täterkreis und Rechtsnatur des Tatbestandes . . . . . . . V. Vorsatz und Irrtum . . . . . . . . . . 1. Der Vorsatz beim Begehungsdelikt (Absatz 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . a) Irrtum über normative Anforderungen und Begriffe . . . . . . . b) Auswirkungen der Arbeitsteiligkeit von Betrieben . . . . . . . . . . 2. Der Vorsatz beim Unterlassungsdelikt (Absatz 1 Nr. 2) . . . . . . . . . . . VI. Tätige Reue (Absatz 2)

65 67 76 79 84

90 91 94

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VII. Täterschaft und Teilnahme

. . . . . . . 108

VIII. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . 113 IX. Internationales Strafrecht . . . . . . . . 115 1. Schutzbereich des § 265b . . . . . . . 115 a) Schutz der ausländischen Kreditwirtschaft? . . . . . . . . . . . . . 116

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§ 265b

22. Abschnitt. Betrug und Untreue Rdn.

b) Zweigstellen im Inland; Besonderheiten der EU . . . . . . . . . . 2. In- und Auslandstaten . . . . . . . a) Tätigkeitsort (§ 9 Abs. 1) . . . . b) Deutsche Kreditinstitute im Ausland . . . . . . . . . . . . . . .

Rdn. X. Strafverfolgung . . . . . . . . . . . 1. Kein Antragserfordernis; zur Strafanzeigenpraxis . . . . . . . . . . 2. Richtlinien für das Strafverfahren . 3. Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer . . . . . . . . . . . . . .

. 117 . 118 . 119 . 122

. . 121 . . 121 . . 124 . . 125

I. Kriminalpolitischer Hintergrund, Legitimationsfragen und Auslandsrechte 1

Der Schaffung der in der Entstehungsgeschichte genannten KWG-Spezialtatbestände lagen die intensiven, auch im einschlägigen Schrifttum zum Ausdruck gekommenen Bemühungen der späten 20er und frühen 30er Jahre um einen effektiven Kreditschutz sowie die Ausbreitung neuartiger Kreditierungsformen zugrunde (Beteiligung der Banken an der Teilzahlungsfinanzierung insbesondere von Autokäufen, Gründung spezieller Teilzahlungsfinanzierungsinstitute und der „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“; „Berliner“ und „Königsberger“ System, heute sog. B- und A-Geschäft).1 Die „Krediterschleichung als Gefährdung der Volkswirtschaft“ 2 verdeutlichte eine Sicht, die über die Beschränkung auf einzelne Gläubigerinteressen hinausreichte und in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Spitzenverbände von Handel und Industrie, insbesondere des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes, im Hinblick auf einen verbesserten Strafrechtsschutz nachdrücklich postuliert wurde. Der 1934 eingeführte strafrechtliche Spezialtatbestand wurde daher auch als Korrelat zu der Verpflichtung der Kreditinstitute, bei größeren Krediten die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers zu verlangen, verstanden (F. Müller Das Reichsgesetz über das Kreditwesen [1935] § 50 Anm. A). Insbesondere auf Grund der Klagen der Strafverfolgungsbehörden über die Schwierig2 keiten des Nachweises der subjektiven Tatseite beim Betrug, aber auch auf Anregung der Teilzahlungskreditinstitute und der Strafrechtslehre, wurden seit Ende der 60er Jahre Forderungen nach (Wieder-)Einführung eines einschlägigen Straftatbestandes zum Schutz gegen Krediterschleichung erhoben.3 Neben den zunächst vorrangigen Gesichtspunkt einer Verbesserung der Praktikabilität des Strafrechtsschutzes trat dabei das angesichts der wachsenden Unternehmensverflechtung zusätzliche und insoweit neuartige Bedürfnis nach erhöhtem Schutz des volkswirtschaftlich wichtigen Kreditwesens, wäre doch die seit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg traditionell schwach mit Eigenkapital ausgestattete deutsche Volkswirtschaft ohne ein umfängliches Kreditierungssystem nicht funktionsfähig (Tiedemann/Sasse S. 2 mit Nachw.). Ähnlich wie die Insolvenzstraftat führt auch die Krediterschleichung typischerweise zu schädlichen Wirkungen, die über die unmittelbar betroffenen (Geld-)Kreditgeber hinaus gehen (vgl. Tiedemann LK Rdn. 54 ff Vor § 283).

1

2

Dazu Burchardt S. 2 mit Nachw.; auch Culemann Schutz gegen Kreditbetrug (1934); Göhler/Wilts DB 1976 1657. – Ausführlicher zur geschichtlichen Entwicklung Brodmann S. 3 ff und v. Rintelen S. 94 ff. So der gleichbetitelte Aufsatz von Fischer Bank-Archiv 29 (1929/30) 55 ff.

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3

Zusammenfassend RegE BTDrucks. 7/3441 S. 17 f = BRDrucks. 5/75 S. 17 f; Tiedemann Verh. 49. DJT (1972) Bd. I S. C 66 f mit Nachw.; Wilts Prot. 7 S. 2750.

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Kreditbetrug

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Hinzugetreten ist in jüngerer Zeit das Bedürfnis nach einem verstärkten – auch straf- 3 rechtlichen – Schutz des Waren- oder Lieferantenkredits, da die Kreditgeber hier anders als die gewerblichen Kreditinstitute die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer nicht hinreichend überprüfen können (Tiedemann/Cosson S. 24 f). Angesichts der rechtlichen Beschränkung der Einholung von Fremdauskünften durch das BundesdatenschutzG v. 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954) hat dieser kriminalpolitische Gesichtspunkt zusätzliches Gewicht erhalten. Der Alternativ-Entwurf „Straftaten gegen die Wirtschaft“ (§ 187 mit Begr. S. 69) wollte den Strafschutz demgegenüber auf Handelskredite von mehr als 20 000 DM beschränken (zust. dazu Lampe S. 44 ff), aber auch auf mündliche Falschangaben erweitern, da diese in der heutigen Kreditierungspraxis eine erhebliche Rolle spielen (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 57). Dabei erblickt der AE „das eigentliche Bedürfnis nach einem speziellen Strafschutz im Vorfeld des Kreditbetruges nicht so sehr im Bereich der Banken und sonstigen Kreditinstitute, die entweder regelmäßig gut gesichert sind oder aber mehr oder weniger gezielt Risikogeschäfte eingehen, als vielmehr in dem erwähnten Bereich des Warenkredits“ (aaO). Dieser Waren- oder Lieferantenkredit übertrifft in seinem wirtschaftlichen Umfang und in seiner geldpolitischen Bedeutung den vergleichbaren kurzfristigen Bankkredit in der Tat erheblich (Tiedemann/Sasse S. 3 f; Wilts Prot. 7 S. 2749). Außer Streit war demgegenüber die Nichteinbeziehung des Teilzahlungs- oder Kun- 4 denkredits in den Schutzbereich des § 265b: Die Schäden ergeben sich hier erst aus der Kumulation der für sich genommen eher bagatellhaften Handlungen (RegE Begr. S. 30, wo aber insoweit zu Unrecht und nicht zwingend allein auf „das Funktionieren der Kreditwirtschaft“ abgestellt wird, zu der selbstverständlich auch der Teilzahlungskredit gehört; richtig dagegen aaO S. 32: „Sicherung des Kreditverkehrs von einer gewissen Größenordnung an“ 4). Der Bericht des Sonderausschusses (BTDrucks. 7/5291 S. 14 f) ging dagegen davon aus, dass hier die für arbeitsteilige Betriebe typischen Beweisschwierigkeiten entfallen und die Vermögensverhältnisse des Kreditsuchers insgesamt besser als im geschäftlichen Bereich zu überschauen sind. So ergibt sich die insgesamt wenig befriedigende Situation, dass diejenigen Kreditinstitute, die einen besonderen Strafschutz (gegen Teilzahlungskreditschwindel) wünschten und für erforderlich hielten, diesen nicht erhalten haben, während die allgemeinen Geschäftsbanken, denen § 265b unmittelbar zugute kommt, diesen Strafschütz gar nicht wollten, übrigens über die Einbeziehung der sog. Nostroverpflichtungen in den Darlehensbegriff des Absatzes 3 Nr. 2 (unten Rdn. 36) selbst unter eine schärfere strafrechtliche Kontrolle geraten sind. Bewusst nicht erfasst wird durch § 265b schließlich auch die durch Täuschung her- 5 beigeführte Gewährung von Krediten zu Zwecken der Kapitalanlage (RegE Begr. S. 30). Die Erwägung in der Begründung zum 1. WiKG, dass auch hier eine Gefährdung der Kreditwirtschaft nicht vorliege, ist wenig überzeugend, da die Versorgung der Wirtschaft mit langfristigen Geldern weitgehend durch den Appell an private Kreditgeber, nämlich durch das Mittel der Wertpapieremission, erfolgt und diese Form der Kapitalaufbringung schwerlich aus dem allgemeinen Begriff der Kreditwirtschaft ausgeschieden werden kann. Richtigerweise wurde der Schutz des Kapitalanlegers vor Schwindel aber einer besonderen Regelung vorbehalten, weil es insoweit um andere Tathandlungen geht, die seit dem 2. WiKG 1986 durch § 264a umschrieben werden. Zu dem Verhältnis beider Straftatbestände Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 9. 4

Kritisch zu der für das 1. WiKG insgesamt uneinheitlichen Bestimmung des Begriffes der Wirtschaftsstraftat Lampe Prot. 7 S. 2513 f,

2517 f; Tiedemann ZStW 87 (1975) 262 ff und Wirtschaftsstrafrecht I S. 58 f.

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Legitimation des § 265b. Die in der neueren Literatur recht verbreitete Kritik an den Neuerungen des 1. und 2. WiKG betrifft geradezu schwerpunktmäßig § 265b, kann sich aber jedenfalls nicht auf verfassungsrechtliche Gründe stützen (allgemein hierzu Vogel StV 1996 110 ff). Das Kreditwesen ist in verfassungsrechtlicher Sicht ein strafschutzwürdiger elementarer Wert des Gemeinschaftslebens (BVerfGE 90 145, 204), und rechtlich garantierte Vertrauenstatbestände – wie bei § 265b das Vertrauen in richtige und vollständige Kreditanträge – sind in verfassungsrechtlicher Beurteilung unabhängig vom Gesichtspunkt des Vermögensschutzes strafrechtlich schutzwürdig (BVerfG NStZ 1985 173 mit zust. Anm. Koch ZLR 1985 144). Wenn Kindhäuser (in Schünemann/Suárez S. 129) meint, das Interesse am Funktionieren des Kreditwesens sei nicht größer als dasjenige am Funktionieren des Autohandels oder des Immobilienmarktes, so verkennt diese Ansicht neben der historischen Entwicklung (oben Rdn. 2) bereits die einfache Tatsache, dass für den größten Teil der Bevölkerung ohne Kreditaufnahme weder Auto- noch Immobilienkäufe möglich wären. Jedoch wurden schon früh kriminalpolitische Einwände gegen die Spezialvorschrift 7 erhoben.5 Sie stützten und stützen sich insbesondere darauf, dass die Geschäftsbanken mit ihrer notorischen Zurückhaltung bei der Erstattung von Strafanzeigen den Strafschutz nicht wollen (vgl. bereits oben Rdn. 4) und ihn wegen hinreichender Möglichkeiten zum Selbstschutz durch Offenlegung der Vermögensverhältnisse des Kreditsuchers möglicherweise auch nicht verdienen. Der letztere viktimologische Gesichtspunkt vernachlässigt allerdings von vornherein die überindividuelle Schutzkomponente sowie den anerkannten Ausgangspunkt jeder Kriminalpolitik, dass der Gesetzgeber die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit nicht von zumutbaren Selbstschutzmaßnahmen des Opfers abhängig machen muss (vgl. nur Bottke in Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 121; aA Hefendehl Kollektive Rechtsgüter S. 263, je m.w.N.). Und der erstgenannte Gesichtspunkt lässt außer acht, dass das Kreditgewerbe aus volks- und betriebswirtschaftlichen Gründen in ganz außergewöhnlichem Maße auf Vertrauen angewiesen ist, dessen Vorhandensein durch Erstattung häufiger Strafanzeigen leicht gefährdet werden könnte (vgl. auch Lampe FS Tiedemann S. 101 f; v. Rintelen S. 103). Das Strafbedürfnis entfällt daher durch die Zurückhaltung bei der Erstattung von Strafanzeigen nicht (zutr. bereits Lampe Kreditbetrug S. 36 f). Sieht man von kriminalpolitischen Richtungen ab, die das Strafrecht in eher altlibe8 raler Manier ganz auf den Schutz individueller Belange beschränken wollen6 und gegen die neben allen modernen Einsichten in das Verhältnis von Staat und Gesellschaft bereits historische und rechtsvergleichende Gründe sowie die höchst praktische Frage nach möglichen Alternativen sprechen, so bleiben nur wenige dogmatisch fassbare Gründe der Kritik an (sowie der Analyse von) § 265b übrig. Dass der Gesetzgeber des § 265b ein neues Rechtsgut der Kreditwirtschaft „erfunden“ habe (so etwa Hillenkamp in Recht und Wirtschaft Bd. 1 S. 235) oder diese Denkweise „wolkig“ (so Hassemer JuS 1990 850) oder „luftig“ sei (so Weigend FS Triffterer S. 699), ist angesichts der evidenten Anknüpfung des Straftatbestandes an das KWG mit seiner primär überindividuellen Zwecksetzung (vgl. nur BGHZ 74 144, 146 ff) eine schwer nachvollziehbare Behauptung (zust. Hefendehl Kollektive Rechtsgüter S. 262 und Schüppen S. 111). Kredit und Kreditwesen

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Vgl. Tiedemann LK10 § 265b Rdn. 3 und 5 mit Nachw.; ferner Brodmann S. 193 f; Schubarth ZStW 92 (1980) S. 90 f. Darstellung dieser Richtungen (und zutreffende Kritik an ihnen) bereits bei Kuhlen

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GA 1994 347 ff und JZ 1994 1142 ff sowie Schünemann GA 1995 201 ff und in MadridSymposium für Klaus Tiedemann S. 268 ff; vgl. auch Tiedemann FS Miyazawa (1995) 683 m.w.N.

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sind, wie bereits das RG (RGSt 4 41 f; 16 238 f) erkannt und das BVerfG (Rdn. 6) anerkannt hat, Institutionen der Wirtschaft und Gesellschaft (Lampe FS Tiedemann S. 90 und 101; Tiedemann LK Rdn. 10 Vor §§ 263 ff; Wohlers MK Rdn. 1; auch Sch/Schröder/ Perron Rdn. 3: „besonders wichtiges Instrument des Wirtschaftsverkehrs“). Als Einwand bleibt daher vor allem das sog. Inkonsequenz-Argument: Insbesondere Kindhäuser (Rdn. 1 und JR 1990 522; zust. Muñoz Conde FS Tiedemann S. 691) und Schubarth (ZStW 92, 1980, 91) meinen, der Tatbestand des § 265b lasse jedenfalls in seiner gegenwärtigen Gestalt kein legitimierendes überindividuelles Schutzinteresse erkennen, sondern liege „nach seiner tatbestandlichen Konstruktion vollständig im Vorfeld des Betruges“ (Kindhäuser aaO S. 521). Damit soll kritisiert werden, dass § 265b nicht auch die leichtfertige Kreditvergabe (durch Kreditinstitute) erfasst. Zu Unrecht zeigt sich auch BGHSt 36 130, 131 von dieser Argumentation beeindruckt. Zunächst einmal macht nämlich diese Lücke im Strafschutz der Kreditwirtschaft den Spezialtatbestand des § 265b weder unwirksam noch unanwendbar, da insbesondere kein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt (Brodmann S. 23; v. Rintelen S. 126). Zu Recht führen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 3) aus, dass „es ja wohl immer noch der unredliche Kreditnehmer ist, von dem der Kreditwirtschaft die wesentlich größeren Gefahren drohen“: Die Einreichung falscher Bilanzen usw. zwecks Krediterlangung verletzt in eklatanter Weise die Funktionsbedingungen, von denen die Kreditgewährung abhängig gemacht wird und deren Einhaltung Grundlage des Vertrauens im Kreditverkehr ist (Bottke aaO S. 122; Reischel S. 211). Dass der Strafgesetzgeber diese Verletzung in den Rang von Kriminalunrecht erhoben und nicht als bloße Ordnungswidrigkeit ausgestaltet hat (für eine solche wohl Kindhäuser aaO S. 522), kann weder als Überschreitung des gesetzgeberischen Ermessens gedeutet werden noch dazu führen, dass der Rechtsgutsbestimmung des Gesetzgebers der Gehorsam versagt wird (zutr. Lampe Kreditbetrug S. 37; v. Rintelen S. 124 f). Vor allem ist für die erforderliche Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber (des KWG) die leichtfertige Vergabe größerer Geldkredite jedenfalls als Ordnungswidrigkeit ahndet (vgl. BGHSt 31 264, 289) und bei dolus eventualis § 266 StGB eingreift (BGHSt 47 148, 157 – „Bankuntreue“; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 324). Die Bestrafung des unredlichen Kreditsuchers und die „Bebußung“ des sorglosen Kreditgebers fügen sich kriminalpolitisch zu einem System, das die Funktionsfähigkeit der (Geld-)Kreditwirtschaft in vertretbarer Weise sicherstellt, indem § 265b Angriffe von außen erfasst und die Bußgeldtatbestände des KWG sowie § 266 StGB von innen kommende Verletzungsweisen sanktionieren (zur Zusammenfassung dieser Sicht in einem einzigen Tatbestand mit zwei Absätzen durch das italienische Recht unten Rdn. 9). Vgl. weiter Rdn. 14 und 17. Hauptärgernis ist in den Augen der Kritiker schließlich die Vorverlagerung der Straf- 8a barkeit im Verhältnis zu § 263, also der Verzicht auf ein Erfordernis des Vermögensschadens beim Kreditgeber (vgl. nur Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 159; Schubarth aaO S. 92). Insoweit vermisst Hefendehl (aaO S. 107 und 263) unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit i.e.S. die Feststellung, dass § 265b den Rechtsgüterschutz effizienter gestalte als § 263 (bzw. §§ 263, 23: Schubarth aaO S. 91). Darauf ist mit einem Vergleich zum Eingehungsbetrug zu antworten, den der Kreditbetrug nach § 263 unstreitig sowohl bei Bewilligung als auch bei Ausreichung des Darlehens darstellt (zusammenfassend Tiedemann LK § 263 Rdn. 173 mit Nachw.): Nach allgemein anerkannten Grundsätzen wäre für die saldierende Bewertung des Rückzahlungsanspruchs der Bank nur darauf abzustellen, ob eine konkrete Gefährdung dieses Anspruchs im Sinne eines wahrscheinlichen („naheliegenden“) Verlustes, also Ausfalls, vorliegt (Hefendehl MK § 263 Rdn. 538; Tiedemann aaO Rdn. 170, je mit Nachw.). In Durchbrechung dieses von BGHSt 51 165, 177 (Rdn. 38) noch einmal bestätigten Ausgangspunktes („Gefahr des

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endgültigen Verlustes“) ergänzen aber Rechtsprechung und h.L. zum Kreditbetrug die Prognose (künftiger Nichtrealisierung der Forderung) und lassen die lange Laufzeit des Kredits als allgemeines („Kredit-) Risiko“ für eine Minderbewertung des Rückzahlungsanspruchs ausreichen (Hefendehl aaO Rdn. 569 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO Rdn. 123; Tiedemann aaO Rdn. 173 f und 212, je mit Nachw., insbes. auch BVerfGE 126 170 ff Rdn. 146). Dieser Ansatz, der auch die persönliche und unternehmerische Zuverlässigkeit des Kreditsuchers einbezieht, entspricht gerade nicht den sonstigen Kriterien schadensgleicher Gefährdung, von denen BVerfG aaO Rdn. 151 ff freilich eine Anpassung an bilanzielle Bewertungsmaßstäbe verlangt. Dass eine eigene wirtschaftliche Bewertung erfolgen muss, ist aber gewiss sachgerecht und wird z.B. auch von der schweizerischen Rechtsprechung dezidiert vertreten (Arzt in Basler Kommentar Art. 146 Rdn. 92 mit Nachw.). Damit hat sich auch der Vorsatz des Täters auf die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung oder Einzelwertberichtigung, aber auch auf die eigene Zuverlässigkeit (!) als personale Sicherheit zu beziehen (Hefendehl aaO Rdn. 570 ff, auch Arzt aaO). Dass dies „oft“ zum Vorsatzausschluss, nicht nur zu Nachweisproblemen, führt, heben Schroeder/Maiwald (aaO Rdn. 111 a.E.) zu Recht hervor, und dies entspricht auch allgemeiner historischer sowie rechtsvergleichender Erfahrung (Tiedemann LK Rdn. 35, auch 184, 190, 211 Vor § 283) sowie den Motiven der Gesetzgebung zum 1. WiKG (Tiedemann aaO Rdn. 42 mit Nachw.). Geradezu denkgesetzlich ausgeschlossen ist der dolus eventualis sogar in Bezug auf die Zahlungsunwilligkeit und andere innere Tatsachen (RGSt 30 334, 336; Schroeder/Maiwald aaO Rdn. 137 [a.E.]). – Auf diesen schwierigen Prämissen einer zukunftbezogenen wirtschaftlichen Bewertung beruht die eingeschränkte Praktikabilität des § 263 beim Kreditbetrug (Tiedemann aaO Rdn. 244 gegen Haft ZStW 88, 1976, 390 ff). Demgegenüber zieht § 265b (Abs. 1 Nr. 1) mit der Beschränkung auf schriftliche Unterlagen und Angaben eine klare Grenze, die auch durch Erwähnung der Bilanzen jedenfalls nicht unsicherer als bei § 263 wird und mit der Hervorhebung von „Gutachten“ (Dritter! vgl. unten Rdn. 64) der besonderen Bedeutung des Zukunftsertrages von Unternehmen für die Bonität der Rückzahlungsforderung Rechnung trägt (vgl. erneut unten Rdn. 64). Die Verlagerung künftiger und innerer Vorgänge und bankbetriebswirtschaftlicher Bewertungen sowie der erforderlichen Umsetzung der Bilanz- in Verkehrswerte (Rdn. 70) aus der Beurteilungssphäre des Kreditsuchers in die Entscheidungskompetenz des Kreditgebers ist die strafrechtlich wie wirtschaftlich angemessene, praktikable und Effizienz steigernde Lösung des § 265b: Der gegenwärtige Vermögensschaden wird aus dem Straftatbestand ausgeklammert.

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Unter den neueren Auslandsrechten ist neben dem vergleichbaren polnischen Straftatbestand der Kredit- und Subventionserschleichung von 1994 (Tiedemann LK § 264 Rdn. 22) und dem mit § 265b weitgehend übereinstimmenden portugiesischen Straftatbestand des Kreditsubventionsbetruges im Gesetzesdekret Nr. 28 von 1984 der in Italien eingeführte Sondertatbestand der Lüge (mendacio) und der internen Unregelmäßigkeit (falso interno) im Bankwesen von Interesse. Art. 137 des italienischen Bank- und Kreditwesengesetzes (Gesetzesdekret Nr. 385 von 1993) stellt vorsätzlich unrichtige Angaben über die wirtschaftliche oder finanzielle Situation eines Unternehmens im Zusammenhang mit einem Kreditantrag für ein Unternehmen oder für den Täter selbst unter Strafe (Abs. 1) und verbindet damit eine Strafandrohung gegen Bankangestellte, die ihnen bekannte unrichtige Daten bei der Entscheidung über die Vergabe oder Kündigung eines Kredites verwenden oder diese Daten nicht offenlegen (Abs. 2). Entgegen der Darstellung bei Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 195 werden durch den „mendacio bancario“ Privatkredite nicht erfasst (vgl. nur Antolisei/Conti Manuale di Diritto Penale Bd. I, 9. Aufl. 1994 S. 168; Lanzi S. 161 ff). Zwar ist der Tatbestand – ebenso wie § 265b

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(unten Rdn. 21) – kein Sonderdelikt. Jedoch müssen sich die Falschangaben stets auf die wirtschaftliche Situation oder die Vermögensverhältnisse eines Unternehmens beziehen, das an der Kreditgewährung „irgendwie interessiert“ ist. Beide Absätze des Art. 137 enthalten eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel und schützen nach h.M. das öffentliche Interesse am Kreditwesen (Pelisero in Palazzo/Paliero, Commentario breve alle Leggi penali complementari, 2. Aufl. 2007, Art. Banca S. 519, 548 f Art. 137 Anm. II). Das 1996 in Kraft getretene spanische Strafgesetzbuch von 1995, das fast ganz auf Sondertatbestände des Betruges verzichtet und in Art. 250 Abs. 1 schwere Fälle des Betruges aufzählt, die zugleich die Anwendbarkeit des Grundtatbestandes klarstellen sollen, ordnet den Missbrauch unternehmerischer oder beruflicher Kreditwürdigkeit (credibilidad empresarial o profesional) in Nr. 6 als solchen schweren Fall ein (dazu Ludwig S. 179: „Reaktion des Gesetzgebers auf gehäufte Betrügereien im Zusammenhang mit Finanzgeschäften“). Ähnlich erwähnen vom früheren französischen Code pénal beeinflusste Rechtsordnungen die Vorspiegelung eines nicht vorhandenen Kredits (crédit imaginaire) als Beispiele für qualifizierte Täuschungen beim Betrug (vgl. etwa Art. 496 luxemburgisches Strafgesetzbuch). Als Entsprechung zu § 265b versteht Muñoz Conde Art. 290 des spanischen Código Penal, der Geschäftsleiter unter Strafe stellt, die in Bilanzen oder anderen Dokumenten unrichtige Angaben über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens machen, so dass Dritten ein wirtschaftlicher Schaden entstehen kann (Muñoz Conde FS Tiedemann S. 689; Tiedemann/Vogel LK § 264a Rdn. 19 m.w.N.). Auch in Frankreich wird die Vorlage von Bilanzen und anderen Dokumenten, als manœuvre frauduleuse im Sinne des allgemeinen Betrugstatbestandes angesehen (T. Walter S. 124 mit Nachw.), der insoweit den Kreditbetrug als Eingehungsbetrug umfasst (T. Walter S. 527 ff) und jedenfalls bis 1994 keinen Schadenseintritt sowie keine Vermögensgefährdung erforderte (Tiedemann LK Rdn. 66 Vor § 263). Im dänischen Recht wird der Kreditbetrug dagegen mit der Folge, dass dadurch ein Vermögensverlust entsteht, in § 298 Nr. 1 Straffeloven gesondert geregelt. – Von den älteren ausländischen Regelungen7 verdient die 1968 aufgehobene s. 13 des auf England beschränkten Debtors Act 1869 Erwähnung, der unter der Überschrift Fraudulently obtaining credit die Krediterlangung „under false pretences“ und ferner in der Absicht des Betruges zum Nachteil der Gläubiger vorgenommene Vermögensverringerungen (durch Geschenke, Übertragungen usw.) sowie Vermögensbelastungen („charge on his property“) pönalisierte, also Verhaltensweisen aus dem Bereich der Insolvenzdelikte (vgl. Tiedemann LK Rdn. 214 und 219 Vor § 283) und des Betruges kombinierte. Der Theft Act 1968 definierte in s. 16 die Gewährung von Überziehungskredit als vermögenswerten Vorteil, der Gegenstand eines Betruges sein kann, und der Theft Act 1978 (s. 2-1b) erfasste gesondert den Stundungsbetrug sowie den betrügerisch erlangten Forderungsverzicht; diese Bestimmungen wurden Anfang 2007 durch den Fraud Act 2006 (dazu Tiedemann LK Rdn. 87 ff Vor § 263) aufgehoben. Dem § 265b entspricht am ehesten s. 17-1b Theft Act 1968, der die unrichtige (usw.) Buchführung und ihren Gebrauch, aber auch die Vorlage einzelner Buchführungselemente „in furnishing information for any purpose“ unter Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu 7 Jahren!) stellt. Der Tatbestand ist weiterhin in Kraft, dürfte aber neben s. 2 Fraud Act an praktischer Bedeutung verlieren.

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Näher dazu E. Kohlmann Mat. Bd. II S. 349 (363).

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II. Geschütztes Rechtsgut und allgemeine Einordnung des Tatbestandes 10

§ 265b schützt nach der Intention des Gesetzgebers nicht nur das Vermögen der jeweiligen Kreditgeber (sowie weiterer Individualpersonen, z.B. der Gläubiger der Kreditgeber), sondern auch das Funktionieren der Kreditwirtschaft als solcher.8 11 Es ist allerdings missverständlich, wenn die Begr. des RegE (S. 18) und der Bericht des Sonderausschusses (S. 14) diese Aussage vor allem mit der Größe einzelner Schädigungen begründen wollen (zumal gegen § 187 AE die Relevanz der Schadenshöhe für das typische Unrecht ausdrücklich geleugnet wird). Ähnlich wie etwa bei den Münzdelikten, die das Bargeld als Tauschgut und Kaufkraftträger zum Gegenstand haben, gilt der strafrechtliche Schutz des Kredites – ähnlich wie der strafrechtliche Schutz des unbaren Zahlungsverkehrs – vielmehr seiner Funktion als Instrument des Wirtschaftsverkehrs (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 3): Der Missbrauch dieses Instrumentes wird unabhängig davon geahndet, ob er im Einzelfall das volkswirtschaftliche Korrelat dieses Instrumentes, die Kreditwirtschaft, beeinträchtigt (zust. Lampe FS Tiedemann, S. 101 und Schüppen S. 117). Die gegenteilige, von der Flüchtigkeit der Begründung in den Materialien genährte Ansicht übersieht den gerade für den überindividuellen (sozialen) Bereich des Strafrechts fundamentalen Unterschied zwischen Rechtsgut und Tatobjekt (näher unten Rdn. 14). 12 Gelegentlich wird auch geleugnet, dass den von der Begr. RegE eindringlich, aber missverständlich, geschilderten tatsächlichen Auswirkungen der Krediterschleichung Relevanz für die Bestimmung der in Frage stehenden Rechtsgüter zukommt (so z.B. Samson SK4 Rdn. 2 unter Hinweis auf die Parallele des § 265; dazu allgemein Tiedemann LK Rdn. 54 Vor § 283 mit Nachw.). Teilweise werden auch die tatsächlichen Auswirkungen bezweifelt (so z.B. Mitsch BT 2 § 3, 173). Oder es wird bestritten, dass „die Kreditwirtschaft“ rechtlich etwas anderes sei als die Summe der in casu betroffenen Vermögensinteressen der Kreditgeber.9 Diese Fragen einer exakten Rechtsgutsbestimmung werden nicht nur für einzelne 13 Auslegungsprobleme im Rahmen der Strafvorschrift sowie für ihr Konkurrenzverhältnis zu § 263 erheblich (dazu sogleich Rdn. 15). Vielmehr sind sie bereits für die strafrechtspolitische Legitimation des Tatbestandes und für seine allgemeine dogmatische Einordnung ausschlaggebend. Insbesondere die verbreitete Kennzeichnung des § 265b als abstraktes Gefährdungsdelikt10 ist nämlich allenfalls als abkürzende Bezeichnung halt8

RegE Betr. S. 17, 18; Sonderausschuss Bericht S. 14; ebenso OLG Celle wistra 1991 359 (f); OLG Stuttgart NStZ 1993 545; Blei Prot. 7 S. 2505; Eisele BT II Rdn. 707; D. Geerds S. 233 ff; F. Geerds FLF 1988 96; Bottke wistra 1991 7; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 55 und 93; Kaiser Kriminologie § 74, 32; Kießner S. 55 f; Lackner/Kühl Rdn. 1; Lampe S. 37 ff; Niewerth S. 47; Otto BT § 61, 28 und Jura 1983 23 sowie 1989 29; Reischel S. 5, 218 ff; Rengier BT I § 17, 13; Saliger S/S/W Rdn. 1; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 3; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 324 und Prot. 7 S. 2472; Wessels/Hillenkamp BT 2 695; Wilts Prot. 7 S. 2752; Wohlers MK Rdn. 1; aA Gös-

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sel BT 2 S. 479; Hellmann NK Rdn. 9; Hoyer SK Rdn. 6 ff; Kindhäuser Rdn. 1; Maurach/ Schröder/Maiwald 1 § 41 Rdn. 166; Mitsch BT 2 § 3, 173; Schmidhäuser BT 11/100; Schubarth ZStW 92 (1980) 91 f; offengelassen von BGHSt 36 130 ff mit Anm. Kindhäuser JR 1990 520 (der letzteren Auffassung zuneigend); auch Fischer Rdn. 3; differenzierend (nach den Täuschungsmitteln) Schüppen S. 120. Lackner/Kühl Rdn. 1 und 10; v. Rintelen S. 141; grundsätzlich dazu bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 83 ff und Lampe S. 38 f. Berz BB 1976 1438; Brodmann S. 26; Eisele aaO; F. Geerds aaO; Göhler/Wilts DB 1976

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bar, wäre doch die Beschränkung des Strafgrundes auf eine lediglich abstrakte Gefährdung der Gläubigervermögensinteressen trotz der Parallele in § 142 eine denkbar schwache, ja kaum haltbare Begründung für den Sondertatbestand. Meist wird die Einordnung als abstraktes Gefährdungsdelikt ohnehin nur negativ gewonnen, da der Sondertatbestand nicht nur von einer Intumserregung und einer Kreditgewährung als Vermögensverfügung, sondern vor allem von einem Schadenseintritt (BGH NStZ 2003 539 f Rdn. 7), ja selbst von einer schadensgleichen konkreten Gefährdung des Rückzahlungsanspruches absieht und somit kein Erfolgsdelikt darstellt. (Die Bezeichnung als Kreditbetrug ist daher wenig glücklich; vgl. bereits Blei II § 62 III 2. Richtiger würde von Krediterschleichung gesprochen: Brodmann S. 25.) Dieser Betrachtungsweise ist mit parallelen Beispielen des Bilanz- und Wettbewerbs- 14 strafrechts oder des Kartellordnungswidrigkeitenrechts, aber z.B. auch des Urkundenstrafrechts, entgegenzuhalten, dass strafrechtliche Sondertatbestände zwar häufig aus dem praktischen Ungenügen des Betrugstatbestandes entstehen und insofern historisch auf Vermögensschutz „im Vorfeld“ (der Vermögensschädigung) abzielen. Jedoch tragen sie damit ebenso häufig zugleich neuen Schutzbedürfnissen Rechnung und haben folglich neue Rechtsgüter zum Gegenstand (Rdn. 2 Vor §§ 263 ff), die mediatisiert, nämlich gegenüber dem letztendlichen Bezug auf das materielle Wohlergehen des Einzelnen in abhebbare Zwischenziele mit relativer Selbständigkeit abgeschichtet sind (vgl. Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 119 f). Wenn Wirtschaften heute nur bei Einhaltung bestimmter rechtlicher Garantien und bei Benutzung bestimmter Institutionen möglich ist, so wird das allgemeine (gesellschaftliche) Vertrauen – etwa in die Ordnungsmäßigkeit von Bilanzen, in die Richtigkeit der Angaben bei Gesellschaftsgründungen usw. – Inhalt und Voraussetzung des Funktionierens der Wirtschaftsordnung. Dieses Vertrauen wird damit selbst schutzwürdig (übereinstimmend etwa LG Mannheim wistra 1985 158; aA Wohlers MK Rdn. 4 m.w.N.) und bereits durch die „bloße“ Täuschung verletzt (zust. Brodmann S. 22). Es geht also im überindividuellen Bereich des § 265b nicht nur um abstrakte Gefährdung des finanziellen Vermögens Einzelner, sondern um die Gefährdung des Kreditwesens und um die Verletzung der hierauf bezogenen Verkehrspflichten (vgl. auch Tiedemann LK § 283 Rdn. 7). Dabei ist nach allgemeinen Grundsätzen der Gesichtspunkt des Vertrauens im überindividuell-wirtschaftlichen Bereich bei den einzelnen Straftatbeständen durch das Bezugsobjekt zu konkretisieren, um der Gefahr pauschaler und nicht hinreichend spezifischer Kennzeichnung zu entgehen. Es empfiehlt sich daher, bei dem Rechtsgut des § 265b von dem Funktionieren der Kreditwirtschaft als solcher oder von der Verletzung ihrer Funktionsbedingungen zu sprechen (vgl. auch Bottke in Schünemann/Suärez S. 112). Wenn demgegenüber BGHSt 36 130, 131 f meint, eine Gefährdung der Kreditwirtschaft setze „bei betrügerischem Vorgehen des Täters zu demselben Zeitpunkt ein, in dem das Vermögen der Bank geschädigt wird“, so kann dies nur in einem faktischen Sinne zutreffen; unter normativen Gesichtspunkten des Rechtsgutes ist die Aussage dagegen problematisch: Ein Mord mag faktisch die Sicherheit der Gesellschaft gefährden; normativ ist dagegen – nur – das Rechtsgut Leben (und das Tatobjekt konkre-

1657; Gössel BT 2 S. 479; Jung JuS 1976 759; Kindhäuser aaO; Lackner/Kühl aaO; Lampe S. 41 ff; Lohmeyer S. 68, 71; Maurach/Schroeder/Maiwald aaO Rdn. 159; Mitsch BT 2 § 3, 172; Nack in MüllerGugenberger4 § 50, 89; Otto aaO; Rengier BT I § 17, 12; Saliger in S/S/W Rdn. 2;

Schmidhäuser aaO; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; Wessels/Hillenkamp aaO; Wilts aaO S. 2751; für abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt Hoyer SK Rdn. 10, für eine „tatbestandliche Verselbständigung einer konkreten Vermögensgefährdung“ Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 2.

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ter Mensch) verletzt. Keine Zustimmung verdient auch die These Kindhäusers (JR 1990 522; zust. Wohlers aaO), Vertrauen könne nicht Schutzgut von Straftatbeständen sein. Die Rechtsprechung des BVerfG ist insoweit ebenfalls anderer Ansicht (vgl. Rdn. 6). Auch wenn strafschutzwürdiges Vertrauen „normativ vermittelt“ werden muss, lässt sich eine solche normative Vermittlung bei § 265b doch gerade aus dem KWG entnehmen. Zur besonderen Rolle des Vertrauens im Kreditgewerbe eindringlich Lampe FS Tiedemann S. 90. Hieraus folgt: Da weder die Verletzung des abstrakten Vertrauens in die Richtigkeit 15 von Kreditunterlagen noch die Beeinträchtigung des Funktionierens der Kreditwirtschaft als solcher mit der Schädigung des konkreten Vermögens einzelner Kreditgeber identisch ist, besteht bei erfolgter Kreditausreichung trotz des niedrigeren Strafrahmens des § 265b im Verhältnis zu § 263 nicht etwa Gesetzeskonkurrenz mit Vorrang des § 263,11 sondern Tateinheit.12 Der niedrigere Strafrahmen erklärt sich zwanglos aus der Einsicht, dass es im überindividuellen Rechtsgüterbereich nicht um primäre Verantwortungssituationen des Einzelnen, sondern um sekundäre Pflichten ohne greifbare Eingriffe in tatobjektgleiche Güter geht.13 Die Nichtidentität der von § 263 und von § 265b geschützten Rechtsgüter ergibt sich 16 des weiteren aus der Unanwendbarkeit der §§ 247, 248a, die mit ihrem Antragserfordernis typischerweise auf individuelle (Vermögens-)Rechtsgüter zugeschnitten sind. Wenig zwingend will der Bericht des Sonderausschusses (aaO) die Nichtanwendbarkeit des § 248a mit der (im Tatbestand nicht ausgesprochenen und auch sonst konstruktiv nicht erreichten!) „Begrenzung des Kreditvolumens nach unten hin“ rechtfertigen. Der Bericht des Sonderausschusses (S. 16) begründet die Rechtslage schließlich aber auch und vor allem mit der Vorrangigkeit des überindividuellen Rechtsgutes der Kredit- und Volkswirtschaft in § 265b. Zusammengefasst wird § 265b durch die volkswirtschaftliche Bedeutung des Kredit17 wesens und seiner rechtlichen Garantie im KWG hinreichend legitimiert (zust. Brodmann S. 21) sowie hinsichtlich der Rechtsgutsbestimmung festgelegt. Nach heutiger Auffassung von Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungswissenschaft hat der Kredit als Kapitallenkungsmittel gewichtige volkswirtschaftliche Funktionen, deren Sicherstellung und Garantie das KWG und die Kreditwesenaufsicht dienen, soweit der Geldkredit in Frage steht (vgl. nur Forstmann S. 243 f; Tiedemann/Sasse S. 2 f). Diese gesamtwirtschaftliche Sicht des Kreditwesens, dessen Schwächung oder Erschütterung geradezu zwangsläufig die Volkswirtschaft als solche in Mitleidenschaft ziehen muss, prägte anerkanntermaßen auch das

11

12

So aber BGHSt 36 130 ff m. Anm. Kindhäuser JR 1990 520; Blei II § 62 III 2 (mit Zweifeln); Fischer Rdn. 3; Gössel BT 2 S. 485; Heinz GA 1977 226; Hellmann NK Rdn. 69; Hoyer SK Rdn. 48; Kindhäuser Rdn. 18; Lackner/Kühl Rdn. 10; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 193; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck4 § 50, 118; Sturm Prot. 7 S. 2765. Brodmann S. 31 (f); Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 19; Eisele BT II Rdn. 707; F. Geerds FLF 1988 98 f; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 102; Müller-Emmert/MaierNJW 1976 1662;

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Otto BT § 61, 37; Reischel S. 5; Rengier BT I § 17, 13; Sch/Schröder/Perron Rdn. 51; Saliger S/S/W Rdn. 19; Tiedemann Prot. 7 S. 2482; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 695; Wilts Prot. 7 S. 2772; Wohlers MK Rdn. 50; Tagungsberichte Bd. V S. 45. Für den nur versuchten Betrug sowie für „Inkongruenz zwischen Tathandlungen und Vermögensschaden“ wird Tateinheit auch von Lackner/Kühl aaO angenommen. Vgl. Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 107 f mit Nachw., insbes. auch S. 126 ff; Welzel JZ 1957 133.

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Kreditbetrug

§ 265b

Schutzgut des § 48 bzw. § 50 KWG a.F. (vgl. v. Rintelen S. 101; Schüppen S. 119). Allein durch den eher aus pädagogischen Gründen erfolgten Wechsel der äußeren Lozierung des Straftatbestandes und durch die Einbeziehung des geldpolitisch fundamentalen Lieferantenkredits, dessen institutionelle Bedeutung schon das RG betont hat, kann sich hieran nichts geändert haben. Vielmehr stimmt die Beschränkung sowohl des KWG als auch des § 265b auf vollkaufmännische Betriebe (dazu näher unten Rdn. 29 ff) und die terminologische Anknüpfung des § 265b an das KWG voll mit der hier vertretenen Deutung überein. Zwar gibt im Übrigen die perfektionistische sowie mit normativen Merkmalen überfrachtete Gesetzestechnik Anlass zur Kritik (zusammenfassend Sch/Schröder/Perron Rdn. 2 mit Nachw.). Diese führt aber bereits nach ihrer eigenen Intention weder zur Verfassungswidrigkeit noch zur grundsätzlichen Einschränkung des Tatbestandes im Wege der Auslegung (vgl. BGHSt 30 285, 286 ff mit Anm. Lampe JR 1982 430). Eine restriktive Auslegung ist auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt der Vorverlegung der Strafbarkeit (im Vergleich zu § 263) und der Pönalisierung einer nur „abstrakten“ Gefährdung geboten (Tiedemann GS Delitala [1984] Bd. III S. 2151 ff sowie in Belke/Oehmichen S. 27 ff und FS Dünnebier S. 533 f; Rdn. 50 Vor § 263; aA Muñoz Conde FS Tiedemann S. 691). Die Praxis der Strafjustiz begrüßt nach empirischen Erhebungen die Funktion des 18 § 265b als Aufgreiftatbestand im Vorfeld einer Verurteilung wegen (Kredit-)Betruges nach § 263 (zust. Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 1; Kaiser Kriminologie § 74, 32; Kießner S. 222; Schüppen S. 118 m.w.N.). Diese prozesserleichternde (Aufgreif-) Funktion des § 265b wird nicht nur durch die Polizeiliche Kriminalstatistik (2008: 697, 2010: 348 Fälle), sondern auch durch die Anwendung dieses Tatbestandes gerade in den größten Kreditbetrugsfällen der letzten Jahre eindrucksvoll belegt (zuletzt im Fall Porsche/ VW). Eine solche (auch) prozessuale Funktion des Straftatbestandes ist keineswegs illegitim (zust. Brodmann S. 194 und Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 86, je mit Nachw.; Saliger S/S/W Rdn. 2). Sie überwindet insbesondere die Schwierigkeit, dass nach ganz h.M. für die Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit nach § 263 dolus eventualis nicht ausreicht, sondern dolus directus nachgewiesen werden muss (RGSt 30 333, 336; Tiedemann LK10 Rdn. 7 m.w.N.). Entgegen Otto (Jura 1989 30 f) liegt bei vorhandener Strafwürdigkeit (oben Rdn. 7) in der prozessualen Verwendung des § 265b als Aufgreiftatbestand ebenso wenig ein Missbrauch des materiellen Rechts wie in der Verurteilung wegen eines Buchführungsmangels nach § 283b bei Nichterweislichkeit eines Bankrotts. Die – selbstverständlich nur für die Verurteilung (!) geltenden – Stichwörter von der Beweisvermutung und der Verdachtsstrafe (vgl. Hillenkamp in Recht und Wirtschaft Bd. 1 S. 235 und 239 mit Nachw.) zeigen allerdings deutlich an, dass das Verhältnis von materiellem Strafrecht, Kriminalpolitik und Strafprozessrecht weiterhin und erneut ungeklärt ist.14 Hierzu kann an dieser Stelle nur angedeutet werden, dass nach anerkannter, auch verfassungsrechtlich zutreffender Ansicht die Lehre vom Rechtsgüterschutz effektive und praktikable Straftatbestände verlangt (vgl. nur Rudolphi SK5 Rdn. 13 vor § 1; BVerfGE 90 145, 210 ff – abw. Meinung Graßhof). Geringe Verurteilungszahlen (2010: 8) sprechen ebensowenig wie ein hohes Dunkelfeld gegen die Legitimation eines Straftatbestandes, da hiermit nichts über seine generalpräventive Wirkung ausgesagt wird. Die vorwiegend prozessuale Rolle eines Straftatbestandes führt auch nicht etwa zu einem nur „symbolischen“ Strafrecht, da ein solcher Vorwurf im Wesentlichen nur den Fall trifft,

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Dazu allgemein Tiedemann JZ 2000 139 ff und Vest ZStW 103 (1991) 584 ff; in unserem Zusammenhang insbes. Hillenkamp in

Recht und Wirtschaft Bd. 1 S. 242 ff, Volk JZ 1982 90 f und Theile wistra 2004 121 ff, je m.w.N.

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dass der Gesetzgeber ein Verhalten strafbar stellt, das faktisch nicht verfolgt wird. Hiervon kann jedenfalls dann keine Rede sein, wenn die Strafverfolgung in ihrem zeitlichen Verlauf von § 265b auf den schwereren Vorwurf des (zumindest versuchten) Betruges nach § 263 übergeht.

III. Täterkreis und Begriff des Betriebskredites (Anwendungsbereich des Tatbestandes) 19

Neben den oben Rdn. 4 f erwähnten negativen Ausgrenzungen bestimmter Kreditarten (Konsumentenkredit, Kapitalanlage, Geldkredit zwischen Privaten) ergibt sich der positive Anwendungsbereich des § 265b aus dem Begriff des Betriebskredites. Das Gesetz umschreibt seinen Gegenstand in Absatz 1 als „Kredit für einen Betrieb oder ein Unternehmen“, wobei aus kriminalpolitischen Gründen – Erfassung von Schein- und Schwindelfirmen! – dem wirklichen der vom Täter nur vorgetäuschte Betrieb und das nur vorgetäuschte Unternehmen gleichgestellt werden (ähnlich § 187 Abs. 2 AE). Jedoch muss der Betrieb bzw. das Unternehmen bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bestehen (oder als bestehend vorgetäuscht werden); die Beantragung von Krediten zwecks Unternehmensgründung reicht nicht aus, vor allem weil insoweit die mit der Kreditwürdigkeitsprüfung von Großbetrieben verbundenen Schwierigkeiten nicht oder nur in sehr viel geringerem Maße bestehen.15 Neben dem Empfänger-(Nehmer-)Kreis auf der Seite des Kreditantragstellers (Kreditsuchers) schränkt § 265b auch den (Opfer-(Geber-)Kreis auf Betriebe und Unternehmen ein; hieraus ergibt sich der Charakter als Wirtschaftsdelikt (Rengier BT I § 17, 12; vgl. auch § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG). Für beide Seiten verlangt die Legaldefinition des Absatzes 3 Nr. 1 weiter einengend, dass die Betriebe und Unternehmen „unabhängig von ihrem Gegenstand … nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern“. Dieser Beschränkung durch Ausscheidung der Kleinbetriebe auf beiden Seiten liegt 20 wohl nicht so sehr das Rechtsgut der funktionierenden Kreditwirtschaft zugrunde, denn dieses wird auch durch Krediterschleichungen von Seiten der Kleinbetriebe (und der Privatleute jedenfalls beim Konsumentenkredit) in Mitleidenschaft gezogen (grundsätzliche Erwägungen dazu bei Tiedemann/Cosson S. 9 f). Entscheidend war für den Gesetzgeber vielmehr offenbar der zugleich kriminologische und dogmatische Gesichtspunkt eines engen sonderpflichtigen Personenkreises, der in seinem Kern bereits durch handels-, gewerbe- und steuerrechtliche Vorschriften als Träger erhöhter sozialer Verantwortung ausgewiesen ist: Wirtschaftsstrafrecht wird neben dem speziellen Rechtsgutsbezug durch spezifische Verkehrspflichten konstituiert (Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 109 ff, 126 f). Dass die an §§ 2 S. 1, 4 Abs. 1 HGB angelehnte tatbestandliche Grenzziehung kriminalpolitisch nicht voll befriedigt, nämlich teils zu viel, teils zu wenig erfasst, ist im Wege der Auslegung nur beschränkt zu korrigieren.

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BayObLG NJW 1990 1677 f mit zust. Bspr. Hassemer JuS 1990 850; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 9; Eisele BT II Rdn. 709; Fischer Rdn. 7; Gössel BT 2 S. 481; Lackner/Kühl Rdn. 2; Marxen EwiR 1990 601; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1

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§ 41, 189; Rengier BT 1 § 17, 12; Saliger S/S/W Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136a; Tiemann JuS 1994 139; Wessels/ Hillenkamp BT 2 Rdn. 694; Wohlers MK Rdn. 12 m.w.N.

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Kreditbetrug

§ 265b

1. Dogmatisch steht zunächst außer Frage, dass § 265b – anders als der Tatbestands- 21 vorschlag der Sachverständigenkommission (Tagungsberichte Bd. V S. 38 ff) – im technischen Sinn kein Sonderdelikt darstellt (unstr., vgl. OLG Hamm wistra 2008 195, 197; Fischer Rdn. 35; Wohlers MK 39 m.w.N.). Täter kann vielmehr jedermann sein, vorausgesetzt, dass er in sachlichem und zeitlichem „Zusammenhang“ mit einem Kreditantrag „für einen Betrieb oder ein Unternehmen“ handelt. Neben dem Kreditnehmer ist etwa an seinen Vertreter (i.w.S.), also insbesondere an Angestellte, oder an Bürgen (Wohlers aaO), aber auch z.B. an einen an der Kreditgewährung interessierten Geschäftspartner (Tiedemann ZStW 87 (1975) 263; Wohlers aaO m.w.N.) sowie an Gutachter (Bewertungsgutachten!), Wirtschaftsprüfer und Berater (Mühlberger DStR 1978 212) zu denken. Dies stimmt grundsätzlich mit der früheren Rechtsprechung zu § 48 KWG a.F. überein (BGH NJW 1957 1288 mit Nachw.) und führt zu einer sachgerechten Erweiterung des bei Sonderdelikten über § 14 (bes. Absatz 2!) sehr beschränkten Täterkreises (Tiedemann aaO). Wie weit die Konsequenzen aus der Auflösung des persönlichen Zusammenhanges von Täuschendem (Täter) und Kreditantragsteller reichen, zeigt das zutreffende Beispiel bei Sch/Schröder/Perron Rdn. 28: Der Inhaber oder Angestellte einer Handelsauskunftei macht auf Anfrage einer Bank (oder eines Warenlieferanten) anlässlich eines Kreditantrages (z.B. Stundungsgesuch) falsche Angaben über den potentiellen Kreditnehmer. Falls der Täter als Vertreter eines Betriebes oder Unternehmens handelt, ist zivil- oder 22 öffentlich-rechtliche Vertretungsmacht im Übrigen schon deshalb nicht erforderlich, weil es ausreicht, dass er überhaupt nur für ein (z.B. auch: mündlich) vorgetäuschtes Unternehmen oder für ein Unternehmen, hinsichtlich dessen die Voraussetzungen des Absatzes 3 Nr. 1 vorgespiegelt werden, handelt: Es kommt allein auf das tatsächliche Verhalten, nicht auf die rechtlichen Voraussetzungen an. Folglich ist darauf abzustellen, ob der Täter ausdrücklich oder konkludent angibt, für einen Betrieb oder ein Unternehmen zu handeln (zust. Wohlers MK Rdn. 39 m.w.N.). 2. Überwiegend faktisch-wirtschaftlich zu bestimmen ist auch, ob der beantragte 23 Kredit für den Betrieb oder aber für den Antragsteller (oder eine andere Person) als Privatmann gewährt, belassen oder in den Bedingungen verändert werden soll (Beispiel: Hausbaudarlehen an den Inhaber eines kleinen Betriebes; zust. Kindhäuser Rdn. 6 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 5). Die Zweckbestimmung wird sich häufig, aber nicht stets, aus dem Inhalt, dem Ziel oder der Geschäftsgrundlage des – angebahnten – Darlehensvertrages ergeben. Sie kann dann aber auch aus den sonstigen Umständen und vor allem aus dem erklärten Willen des Kreditnehmers folgen. Der (geäußerte) Wille des Kreditgebers wird dagegen nur maßgebend, wenn insoweit vom Kreditnehmer nicht widersprochen wird. Ein Indiz für die Zweckbestimmung wird im Übrigen auch die Art der etwa bestellten 24 oder ins Auge gefassten Sicherheiten abgeben. Zu beachten ist aber, dass Banken die Gewährung von Betriebskrediten nicht selten von zusätzlichen privaten Sicherheiten (z.B. auch Bürgschaften) abhängig machen; in solchen Fällen ist für die Indizwirkung kein Raum. Ergibt sich die Zweckbestimmung als Betriebskredit nicht hinreichend deutlich aus 25 dem Kreditantrag, dem Darlehensvertrag oder dem „Zusammenhang“ mit der Antragstellung, so ist nach der wirtschaftlich-faktischen Zweckbestimmung (so Hoyer SK Rdn. 26; Saliger S/S/W Rdn. 4) sowie letztlich danach zu fragen, ob der Kredit für Rechnung des Betriebes ausgereicht wird (Sch/Schröder/Perron Rdn. 5; zust. Saliger aaO). Bei mehreren Zwecken kommt es auf den (auch für den Täter) erkennbaren Hauptzweck an, der von den Nebenzwecken regelmäßig bereits auf Grund quantitativer Kriterien unter-

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schieden werden kann (z.B. Einrichtung einer kleineren Privatwohnung in einem auf dem Betriebsgrundstück erstellten Geschäftsgebäude). Innerhalb mehrerer betrieblicher Zwecke sind vorsätzliche und eigenmächtige Abweichungen dagegen erst über die Tathandlung nach Absatz 1 Nr. 1b relevant. (Beispiel: Der Betriebsinhaber will einen zu Investitionszwecken beantragten Kredit in Wirklichkeit zur Tilgung fälliger Betriebsschulden verwenden.) Ist die Art der Verwendung des Kredites dem Kreditgeber – z.B. im Hinblick auf einfach zu verwertende und ausreichende Sicherheiten – gleichgültig, so entscheidet die vom Täter zur Zeit der Tathandlung gewollte Verwendung. Sonderprobleme sowohl für die Geber- als auch für die Nehmerseite bietet die Be26 handlung „durchlaufender“ Kredite und der Weiterleitungskredite (Durchleitungskredite), die etwa ein Kreditinstitut als Hausbank aus öffentlichen Mitteln (ERP-Sondervermögen!) oder als Sammelstelle privater Kapitalien (z.B. der Versicherungsunternehmen) ausreicht (vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG § 1 Rdn. 49, § 14 Rdn. 34) oder die ein Privatmann im eigenen Namen, aber letztlich zugunsten seines Betriebes aufnimmt und verwendet. Die Frage hat auch für Kreditvermittler Bedeutung. – Sch/Schröder/Perron (Rdn. 5) wollen hier auf Grund einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ (Rdn. 25) stets materiell, unter Durchgriff auf die „wahren“ Verhältnisse und Zwecke, entscheiden (zust. Lackner/Kühl Rdn. 2 und Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 7). Dies entspricht teilweise durchaus der bankwirtschaftlichen Sicht, die sich freilich insbesondere an Haftungs- und Finanzierungsfragen orientiert (bei Schuldscheindarlehen kann die Bank übrigens entweder als Treuhänderin oder als bloße Vermittlerin für die Plazierung der Darlehensteilforderungen auftreten; die Kreditgewährung unter Einsatz von ERP-Mitteln erfolgt zwar überwiegend durch Hausbanken, zum Teil aber auch direkt durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau als Zentralkreditinstitut16). Jedoch sollte strafrechtlich um der Rechtssicherheit willen die interpretatorische Loslösung von rechtlichen Begriffen in Grenzen gehalten werden: Auch ein von einem Betrieb oder Unternehmen nur treuhänderisch vergebener Kredit aus öffentlichen Mitteln ist ein Kredit dieses Betriebes oder Unternehmens, sofern der Betrieb oder das Unternehmen das Darlehen jedenfalls im eigenen Namen gewährt (bei Kreditsubventionen also Tateinheit mit § 264 möglich, vgl. Rdn. 114). Unrichtige Angaben im Zusammenhang mit der Beantragung eines derartigen Kredites sind daher nach § 265b strafbar (zust. Wohlers MK Rdn. 9 m.w.N.), auch wenn und gerade weil dieser Tatbestand – anders als § 264 Abs. 1 Nr. 1 – nicht zwischen dem „eigentlich“ kreditierenden Betrieb oder Unternehmen und einem in die Kreditvergabe nur „eingeschalteten“ Betrieb oder Unternehmen unterscheidet; maßgebend ist der Vertragspartner im rechtlichen Sinne. Umgekehrt ist der Antrag auf Kreditgewährung „für“ einen Betrieb oder ein Unternehmen nur dann gestellt, wenn der Betrieb oder das Unternehmen erkennbar Destinatär sein soll, was nicht ohne weiteres mit dem letztlich Begünstigten identisch sein muss (Beispiele: ERP-Haftungsfondsdarlehen an Kreditgarantiegemeinschaften, die auf diese Weise in die Lage versetzt werden, der gewerblichen Wirtschaft Ausfallbürgschaften zur Verfügung zu stellen; Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Refinanzierung von Beteiligungen, wobei Kreditnehmer die Beteiligungsgesellschaft, eigentlich Begünstigter jedoch das Unternehmen ist, an dem die Beteiligung übernommen wird). Diese Grundsätze entsprechen dem Grundgedanken der §§ 164 ff BGB und werden bestätigt durch einen Gegenschluss aus § 19 Abs. 2 Nr. 3 KWG, der als Ausnahmeregelung zum Zwecke der Erfassung von Umgehungsgeschäften (Einschaltung von Strohmännern!) im Jahre 1976 eingeführt 16

Vgl. Pauker Das ERP-Sondervermögen (1987) S. 183 ff; Sinz Die staatliche Wirt-

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schaftsförderung im Gebiet der neuen Bundesländer (1993) S. 153 f.

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wurde und kraft ausdrücklicher Regelung beide Personen bzw. Unternehmen als (einen) Kreditnehmer i.S.d. KWG ansieht. Für das KWG definiert BGHSt 31, 264, 289 den Begriff des Kreditnehmers als die Rechtsperson, „der die Kreditvaluta zur Verfügung gestellt wird und die sich dementsprechend gegenüber der Bank zur Rückzahlung verpflichtet hat“. Die Kreditnehmereigenschaft ergebe sich „aus der Natur der einzelnen Geschäfte“. Handeln Kreditvermittler nicht im eigenen Namen, so sind sie entsprechend nur dann 27 als Kreditgeber anzusehen, wenn sie selbst das Kreditrisiko übernehmen und insoweit ein Garantiegeschäft i.S.v. Rdn. 47 f vorliegt; andernfalls werden sie durch § 265b nicht erfasst und nicht geschützt, auch wenn sie in Inseraten „sofortige Auszahlung“ der Kredite versprechen (vgl. BGH WM 1969 1106; Schwennicke/Auerbach KWG § 1 Rdn. 37 m.w.N.). Unberührt bleibt allerdings die Möglichkeit mittelbarer Täterschaft (allgemein dazu unten Rdn. 110). – Grundsätzlich zu den Grenzen der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ bereits Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 173 ff und NJW 1977 779 f m.w.N. 3. Die Begriffe des Betriebes und des Unternehmens sind ebenso wirtschaftlich weit 28 wie in §§ 11 Abs. 1 Nr. 4b, 14 Abs. 2, 264 Abs. 7 zu verstehen (BGH NStZ 2003 539 f Rdn. 7), so dass im Ausgangspunkt jede nicht nur vorübergehende, vielmehr auf eine gewisse Dauer angelegte Organisation mit dem Zweck der Hervorbringung von Gütern oder Erbringung von Leistungen materieller oder immaterieller Art ausreicht (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 55). Da es für § 265b ausdrücklich auf den „Gegenstand“ des Betriebes oder Unternehmens nicht ankommen soll, werden auch nichtkaufmännische Unternehmen wie solche der Land- und Forstwirtschaft, der sonstigen Urproduktion sowie die Freien Berufe, aber auch Theater, Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen u.ä.m. erfasst. Ausgeschieden werden primär nur die privaten Haushalte. Einbezogen sind insbesondere auch öffentliche Betriebe und Unternehmen (z.B. Sparkassen, öffentlichrechtlich organisierte Verkehrsbetriebe, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Deutsche Ausgleichsbank, die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank, die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung), auch wenn eine dem § 264 Abs. 7 S. 2 entsprechende Klausel in § 265b fehlt (unstr., vgl. nur Fischer Rdn. 7; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 m.w.N.). Es wäre wenig sinnvoll, identische Täuschungshandlungen bei der Kreditaufnahme gegenüber öffentlichen Sparkassen und privaten Banken im Hinblick auf die dadurch möglichen und durchaus äquivalenten Gefährdungen des Kreditwesens unterschiedlich zu behandeln. Zu den Gründen für die ausdrückliche (deklaratorische) Gleichstellung in § 264 vgl. dort Rdn. 56. – Angesichts des mit der verwaltungsrechtlichen Terminologie übereinstimmenden Sprachgebrauchs des § 14 Abs. 2 (S. 3!) wird man dagegen Behörden (vgl. auch § 11 Abs. 1 Nr. 7) und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung mit reiner Aufsichtsfunktion nicht als Betriebe oder Unternehmen ansehen können (zust. Saliger S/S/W Rdn. 3), so dass z.B. die Vorlage falscher Bilanzen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder gegenüber dem Bundesminister der Finanzen als Verwalter des ERP-Sondervermögens auch dann nicht tatbestandsmäßig ist, wenn auf Grund der amtlichen Prüfung Kredite erlangt oder belassen werden (z.B. Schuldscheindarlehen der Lebensversicherer an Industrie- und Versorgungsunternehmen, Interbankgeldgeschäfte und andere durch Kreditinstitute „aufgenommene Gelder“; zum Adressatenproblem und zur Möglichkeit der Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft unten Rdn. 29). Entgegen dem Anschein der sogleich Rdn. 29 ff zu behandelnden Einschränkung können schließlich auch die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer Kreditgeber sein, da der Unternehmensbegriff auch insoweit hinreichend weit ist (näher Tiedemann LK § 264 Rdn. 56; krit. Kießner S. 58). Bedeutung hat diese Auslegung für zahlreiche Kreditsubventionen, insbesondere für öffentliche Ausfall-

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bürgschaften, die meist nur vertraglich (und nicht gesetzlich) geregelt sind und dann durch § 264 nicht erfasst werden (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 46, auch 50). Dieser weite Ausgangspunkt wird durch das Erfordernis eines „in kaufmännischer 29 Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes“ eingeschränkt. Der Gesetzgeber sucht auf diese Weise über den Kleinbetrieb auch den Kleinkredit aus dem Anwendungsbereich des § 265b auszuschließen. Freilich ist dies bloßes Motiv des Gesetzgebers für die Tatbestandsgestaltung geblieben, so dass im Einzelfall – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – § 265b auch bei Kleinkrediten (z.B. beim Lieferantenkredit) eingreift (Sonderausschuss Bericht S. 15; Sch/Schröder/Perron Rdn. 20/21; Wohlers MK Rdn. 13 m.w.N.). Nur bei der Strafzumessung wird de lege lata die (geringe) Höhe des Betriebskredits relevant. Wie Absatz 3 Nr. 1 – insoweit in Übereinstimmung mit §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 2 HGB – 30 ergibt, kommt es nicht darauf an, ob der Betrieb tatsächlich in kaufmännischer Weise eingerichtet, sondern ob eine solche Einrichtung erforderlich ist (zust. Wohlers MK Rdn. 11 mit Nachw.). Hierfür sollen „Art“ und „Umfang“ des Betriebes bzw. Unternehmens ausschlaggebend sein. Maßgebend sind damit nicht rechtliche Normen und Anforderungen, sondern ist die in betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Grundsätzen konkretisierte Verkehrsauffassung, welche üblicherweise mit der Vorstellung vom (Voll-)Kaufmann eine Reihe bestimmter Merkmale verbindet (vgl. §§ 238 ff HGB): kaufmännische Korrespondenz und deren Aufbewahrung; kaufmännische Buch- und Kassenführung einschließlich regelmäßiger Aufstellung von Inventar und Bilanz; Geben und Nehmen von Kredit; Beschäftigung von ausgebildetem Personal; Bestehen einer Bankverbindung. Dabei ist insbesondere hinsichtlich der „kaufmännischen“ (nicht: steuerlichen!) Buchführung, aber im Rahmen des § 265b auch bezüglich der Kreditierungsfragen, die Gefahr eines Zirkelschlusses zu beachten. Um dieser Gefahr zu begegnen, sind – wie auch sonst üblich – zusätzliche quantitative Kriterien heranzuziehen, deren Feststellung isoliert gesehen einfacher ist, deren Bewertung jedoch nicht schematisch, sondern nur in ihrem Zusammenwirken – im Sinne eines „Gesamtbildes“17 – erfolgen darf: Höhe des Umsatzes, Größe des Anlage- und Betriebskapitals, Zahl der Beschäftigten und der Betriebsstätten, Vielfalt der Erzeugnisse oder Leistungen sowie der Geschäftsbeziehungen, Umfang der Korrespondenz, Form des Kredites (z.B. Kontokorrent- und Wechselkredit).18 Im Einzelnen braucht also z.B. bei einfachen, mehr oder weniger gleichförmig wieder31 kehrenden Tätigkeiten selbst großer Umsatz keine kaufmännische Einrichtung zu erfordern (Beispiel: Bundeswehr-Kantine mit 500 000 DM Jahresumsatz, OLG Celle BB 1963 324), während die Notwendigkeit komplizierter Abrechnungen und ihrer genauen Überwachung auch bei geringem Umsatz für das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung sprechen kann (Beispiel: Optikerbetrieb mit 170 000 DM Jahresumsatz, ca. 2 000 Kunden und Abrechnungsverkehr mit Krankenkassen, OLG Hamm DB 1969 386). Als Faustregel gilt: Aus dem Vorhandensein einer kaufmännischen Einrichtung kann häufig auf ihre Notwendigkeit geschlossen werden; der Schluss aus dem Fehlen auf ihre Entbehrlichkeit wäre dagegen unrichtig.19 17

18

BGH BB 1960 917; Hopt Handelsgesetzbuch § 1 Rdn. 23 mit Nachw.; Saliger S/S/W Rdn. 3; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10. Dazu neben Hopt aaO im einzelnen bereits Eggert Handwerk und Handelsregister, Diss. Freiburg i.Br. 1964; Greitemann FS Möhring (1965) 43 ff.

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BGH aaO; Heymann/Emmerich Handelsgesetzbuch § 2 Rdn. 7 ff; Hopt Handelsgesetzbuch § 1 Rdn. 23; Saliger aaO; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 10.

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Kreditbetrug

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Insgesamt ist die Feststellung im Einzelfall schwierig, da die Grenzen fließend sind 32 und die Beurteilung von unterschiedlichen Maßstäben abhängt.20 Unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit des Strafgesetzes (Art. 103 Abs. 2 GG) ist dem dadurch Rechnung zu tragen, dass § 265b nur bei einem nach allen ernsthaft in Betracht kommenden Beurteilungsmaßstäben feststehenden Erfordernis (voll)kaufmännischer Einrichtung angewandt werden darf.21 Theoretisch und praktisch bedeutet dies, dass ein Betrieb oder Unternehmen im Sinne des § 2 HGB noch oder schon vollkaufmännisch sein mag, während das Erfordernis (voll)kaufmännischer Einrichtung für § 265b verneint werden kann. Dies ist vor allem gegenüber Begutachtungen durch wirtschaftliche Sachverständige zu beachten. Übrigens benutzt auch § 1 Abs. 1a KWG das Kriterium der kaufmännischen Einrich- 33 tung zur Umschreibung des Begriffes des Kreditinstitutes (dazu etwa OVG Berlin NJW 1967 1052 f m.w.N.). Die Praxis neigt im Rahmen des KWG dazu, beim Kreditgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG) das Erfordernis kaufmännischer Organisation bereits bei relativ bescheidenem Umfang der Geschäfte zu bejahen, nämlich z.B. bei Kreditgewährung in mehr als 10 Einzeldarlehen über eine Summe von früher insgesamt mehr als 50 000 DM .22 Trotz der erheblich weiteren Grenzziehung durch § 18 KWG (vgl. auch § 187 AE, vgl. oben Rdn. 3) wird man diese Praxis insbesondere auch bei dem Lieferantenkredit berücksichtigen können. 4. Der Begriff des Kredites ist in Absatz 3 Nr. 2 rechtlich abschließend definiert. Ab- 34 weichungen vom KWG ergeben sich insbesondere aus der Einbeziehung des Waren- oder Lieferantenkredits sowie aus der Ausscheidung gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen in § 265b (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 12 m.w.N.). Zweifelhaft ist die Abgrenzung der rechtlich häufig als Darlehensgewährung zu qualifizierenden „Einlagen“, die § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ausdrücklich aufführt und von der Kreditgewährung (aaO Nr. 2) trennt, § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB dagegen nicht erwähnt. a) Die Legaldefinition des Absatzes 3 Nr. 2 stellt scheinbar generalklauselartig Geld- 35 darlehen aller Art voran. Hierunter ist allgemein zunächst jegliches rechtsgeschäftliche Zurverfügungstellen von Geld mit der Verpflichtung zur Rückzahlung als Geld nach Ablauf einer Frist zu verstehen (vgl. OLG Hamm wistra 2008 195, 197). Zurverfügungstellen ist dabei, wie bereits Absatz 1 ergibt, nicht nur das Gewähren, sondern auch das (zeitweise) Belassen von Geldmitteln. Die ausdrückliche gesetzliche Beschränkung auf Gelddarlehen engt § 265b im Ver- 36 gleich zu § 488 BGB, der auch andere vertretbare Sachen umfasst, deutlich ein. Ob andererseits der Darlehensbegriff des § 265b im Hinblick auf den Zusatz „aller Art“ über das

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Zustimmend Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck §§ 50, 95; Lampe S. 53; Schröder Prot. 7 S. 2537; Wilts Prot. 7 S. 2766. In diesem Sinne allgemein bereits Schlüchter Der Grenzbereich zwischen Bankrottdelikten und unternehmerischen Fehlentscheidungen (1977) S. 127 f; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 197 ff m.w.N. und LK Rdn. 117 Vor § 283; zustimmend Kießner S. 58 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 2. Vgl. auch

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BVerfGE 92 1, 16, 18 (zur Auslegung des Gewaltbegriffs bei § 240 StGB, aber mit Anspruch auf allgemeine Geltung). Vgl. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 47; aktuelle Beispiele bei Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG § 1 Rdn. 21. Die im Text genannten Maßstäbe sind allerdings nicht starr zu handhaben: BVerwG GewArch 1981 70 ff; Schäfer aaO Rdn. 20 m.w.N.

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zivilrechtliche Verständnis hinausgeht und etwa im bankwirtschaftlich oder gar volkswirtschaftlich weiten Sinne von „Kredit“ zu verstehen ist,23 muss schon angesichts der abweichenden Systematik des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 KWG bezweifelt werden, sind dort doch erst Gelddarlehen und Akzeptkredite zum „Kreditgeschäft“ zusammengefasst (vgl. auch sogleich b!) und dem „Ankauf von Wechseln und Schecks“ als dem „Diskontgeschäft“ gegenübergestellt. Die Bankbetriebslehre unterscheidet demgegenüber zwischen Geldleih- und Kreditleihgeschäften, wobei auch der Diskontkredit und selbst der Leasing-Kredit häufig zum „Geldleihgeschäft“ gerechnet werden. Angesichts der ausdrücklichen Erwähnung zusätzlicher Kreditarten besteht insgesamt kein Anlass, den Begriff des Darlehens in § 265b anders als zivilrechtstechnisch zu verstehen (zust. Wohlers MK Rdn. 14 mit Nachw.). Mit Gelddarlehen „aller Art“ sind daher alle Darlehen über Geld gemeint, diese aber unabhängig von ihrer Bezeichnung, von Höhe, Terminierung, Sicherung, Geber- und Nehmerkreis sowie Auszahlungsart (z.B. Kontokorrentkredit in wechselnder Höhe bis zu einem bestimmten Limit; Lombardkredit als festterminierte, kurzfristige Beleihung wertbeständiger Objekte, insbesondere Effekten; Hypothekarkredit als langfristige Kreditgewährung, auch im Industriegeschäft; Schuldscheindarlehen insbesondere im Zusammenhang mit Lebensversicherungsgeldern). Man wird für § 265b auch einen Vertragsschluss i.S.d. § 488 BGB verlangen müssen (ebenso für das Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG § 1 Rdn. 44 mit Nachw. und dem Hinweis auf die aufsichtsrechtlichen Gründe für die enge Fassung von Nr. 2; weiter aber § 19 KWG!). Daher ist die Einbeziehung von Forderungen aus Rückschecks und Rückwechseln, kurzfristigen Kontoüberziehungen, Usancekrediten im Wertpapierkommissionsgeschäft, beim Scheckeinzug und im Lastschrift-Einzugsverkehr zweifelhaft und von der Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen im Einzelfall abhängig (vgl. für den Scheckeinzug näher unten Rdn. 46). Die vorläufige Gutschrift, die der (angebliche) Gläubiger erhält, sobald er die Lastschriften der Inkassobank vorlegt, ist trotz des Vorbehalts „E.v.“ (Eingang vorbehalten) ein Kredit im Sinne des § 265b, wenn dem Gläubiger mit der Gutschrift der entsprechende Betrag zur freien Verfügung gestellt wird. Dem steht nicht entgegen, dass der Forderungseinzug mittels Lastschrift bankrechtlich nicht als Kredit-, sondern als Zahlungsverkehrsgeschäft anzusehen ist und dass – wie auch beim Einzug von Schecks – die Gutschrift zivilrechtlich als abstraktes Schuldversprechen unter einer (aufschiebenden) Bedingung erteilt wird.24 Zu dem Antragserfordernis in diesem Zusammenhang unten Rdn. 54 a.E.; zu der (zweifelhaften) Anwendbarkeit von §§ 263, 266 bei Angabe fingierter Forderungen im Lastschrift-Einzugsverkehr Tiedemann LK § 263 Rdn. 39, 249; Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr S. 109 ff sowie Bankentätigkeit S. 140 f und Art. Lastschriftbetrug in HWiStR. Für den Anwendungsbereich des Tatbestandes wichtig ist auch die Abgrenzung der 37 Darlehen von den Einlagen, die bei unmittelbarem Eigeninteresse der Kreditinstitute an der Hereinnahme der Gelder rechtlich durchaus als Darlehen i.e.S. qualifiziert werden. Spareinlagen, Festgelder (Termingelder) und sog. Kündigungsgelder werden rechtlich ebenso als Darlehen angesehen wie Forderungen an Bausparkassen aus Bausparverträgen und sog. Nostroverpflichtungen der Banken, nämlich bei anderen Kreditinstituten, Kapitalsammelstellen und öffentlichen Haushalten aufgenommene Gelder. Die Abgrenzung von Einlage und Darlehen nach dem wirtschaftlichen Zweck der Geldhingabe, dem Interesse oder der Initiative des Gebers oder Nehmers und damit schließlich die Ein-

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Vgl. Fuhrmann in Erbs/Kohlhaas, Bd. 2 (K 183), KWG § 19 Anm. 1. Dazu bereits Engel Rechtsprobleme um das

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Lastschriftverfahren (1966) S. 31; FallscheerSchlegel Das Lastschriftverfahren (1977) S. 30 ff.

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schränkung des zivilrechtlichen Begriffes durch einen speziell bankrechtlichen Begriff des Darlehensvertrages ist strafrechtlich unerheblich (zust. Nack in Müller-Gugenberger/ Bieneck4 § 50, 96). Nur uneigentliche Verwahrungsverträge i.S.d. § 700 BGB (z.B. Einlagen auf dem laufenden Konto) scheiden aus § 265b aus (zust. Hoyer SK Rdn. 28). Dagegen stellt die Ausgabe von Genussscheinen durch eine Bank die Gewährung von Geldkredit dar (OLG Hamm wistra 2008 195, 197). Für die Abgrenzung werden häufig die Vertragsbedingungen Hinweise geben. Entscheidend für die Abgrenzung ist letztlich das Kriterium der Fälligkeit. b) Akzeptkredite sind Wechselkredite, die folglich technisch jedenfalls nicht notwen- 38 digerweise in der Hingabe von Geld bestehen. Sie werden meist in der Weise gewährt, dass eine Bank einen Wechsel akzeptiert (vgl. Art. 25 WG), den ihr Kunde (als Akzeptkreditnehmer) auf sie gezogen hat. Der Kunde kann dieses Bankakzept entweder seinem Lieferanten in Zahlung geben oder es von einer anderen Bank oder aber – so heute der Regelfall – von der eigenen, das Akzept gebenden Bank diskontieren lassen. Der Akzeptkredit ist besonders kostengünstig, dient zur kurzfristigen Finanzierung des Warenumschlags (Rembourskredit im Außenhandel!) und wird regelmäßig nur Kunden von unzweifelhafter Bonität gewährt. Die zivilrechtliche Konstruktion (Darlehens- oder Geschäftsbesorgungsvertrag) ist streitig (vgl. BGHZ 19 282, 288 ff mit Nachw.), für § 265b aber unerheblich, da Absatz 3 Nr. 2 diese Form der Kreditgewährung ausdrücklich aufführt. Bankwirtschaftlich wird der Akzeptkredit übrigens bei Ankauf des Akzepts durch dieselbe Bank als echte Darlehensgewährung, bei Weitergabe an den Lieferanten oder Diskontierung durch eine andere Bank dagegen als Kreditleihe (Geschäftsbesorgungsvertrag) eingeordnet. Soweit in der Praxis gelegentlich auch die Überlassung der Ausstellerunterschrift der 39 Bank als Akzeptkredit im weiteren Sinne verstanden wird, geht dies über den denkbaren, zivilrechtlich festgelegten Sinn des Wortes „Akzept“ hinaus und ist daher im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG im Rahmen des § 265b nicht zu berücksichtigen, auch wenn dadurch Lücken des Strafrechtsschutzes – insbesondere bei der Teilzahlungsfinanzierung – entstehen mögen (zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; Wohlers in MK Rdn. 15). Von § 265b erfasst werden dagegen die sog. Privatdiskonten als besondere Art von Bankakzepten. c) Der entgeltliche Erwerb von Geldforderungen ist zivilrechtlich ein Kaufgeschäft 40 (vgl. § 453 BGB). Wirtschaftlich betrifft er neben dem Ankauf von Teilzahlungsforderungen eines Teilzahlungskreditinstitutes zur Refinanzierung und dem sog. unechten Pensionsgeschäft vor allem das sog. Factoring: Das Factorunternehmen („Factor“) kauft von einem anderen Unternehmen dessen (Buch-)Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen gegenüber dem Drittschuldner und zieht diese Forderungen ein. Beim echten Factoring übernimmt der Factor (Erwerber) das Risiko der Zahlungs(un)fähigkeit des Drittschuldners (Delkredererisiko). Insoweit geht es also eher um ein Umsatz- als um ein Kreditgeschäft, auch wenn der Kaufpreis aus dem Factoring-Vertrag erst mit Fälligkeit der abgetretenen Forderung oder erst bei deren Erfüllung fällig wird und der „Factor“ zunächst nur einen Vorschuss leistet. Übernimmt der Factor (z.B. spezielle Factoring-Institute mit umfassendem Service) dagegen das Delkredererisiko nicht, so handelt es sich um echte Kreditgewährung.25 Entsprechend der Neufassung des § 19 (Abs. 1 25

BGH NStZ 1989 72 f; Klein in Tagungsberichte Bd. V Anl. 5 S. 23 ff; Otto Bankentätigkeit S. 124. – Allgemein dazu

Bette Das Factoring-Geschäft (1971); R. M. Schmitt Das Factoring-Geschäft (1968).

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Nr. 5!) KWG wird man beide Fälle als Kreditgeschäft i.S.d. § 265b Abs. 3 Nr. 2 ansehen müssen.26 Die Unterscheidung spielt jedoch für die Frage, wer Kreditnehmer i.S.d. Absatzes 1 ist, eine Rolle (vgl. § 19 Abs. 3 KWG). Das Factoring ist eine Art der Warenfinanzierung, und zwar insbesondere mit der 41 Zwecksetzung, mittelständische Unternehmen von dem Rechnungseinzug – vor allem auch bei Außenhandelsgeschäften und gegenüber wiederkehrenden Abnehmern – zu entlasten. Hier wie auch sonst beim entgeltlichen Erwerb von Geldforderungen kann die Abtretung offen oder verdeckt sein. Sie darf jedoch nicht nur als Einziehungsermächtigung oder als Sicherungsabtretung gemeint sein (zust. Wohlers MK Rdn. 17 mit Nachw. – dann aber eventuell „Gelddarlehen“! so auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 14).

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d) Die Stundung von Geldforderungen stellt sich wirtschaftlich als Kreditvergabe (BGH NStZ 2002 433, 434 Rdn. 8) und rechtlich als Hinausschieben des Zeitpunktes der Fälligkeit von Geldforderungen auf Grund vertraglicher Vereinbarung von Gläubiger und Schuldner dar. Die Vereinbarung kann bei Abschluss des Vertrages, dessen Teil die Geldforderung ist, oder später getroffen werden und geht meist auf eine bestimmte Zeit. Zu den Einzelheiten des Stundungsbegriffes Palandt/Grüneberg § 271 Rdn. 12 ff mit Nachw. Im Rahmen des § 265b hat die Stundung vor allem für Geldforderungen aus dem 43 Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen, also für den Bereich des Waren- und Lieferantenkredits Bedeutung:27 Bei dem Verkauf von Waren (an Zwischenhändler, Verarbeitungsbetriebe usw.) wird der Kaufpreis bis zum Absatz der Ware – bis zu 6 Monaten und länger – gestundet. Technisch geschieht dies meist in der Form des Buchkredits, seltener in der des Akzeptkredits (Tiedemann/Sasse S. 1 f mit Nachw.). Wirtschaftlich ist diese Kreditart für solche kleineren und jungen Unternehmen unverzichtbar, die den Sicherheitsanforderungen der Kreditinstitute nicht genügen. Angesichts des damit offenbaren, durch zivilrechtliche Sicherungsformen nur teilweise herabzumindernden Risikos der Kreditierung und des meist unangemessen hohen Aufwandes der Kreditwürdigkeitsprüfung im Verhältnis zur Kreditsumme ist die Einbeziehung des Lieferantenkredits in den speziellen Schutz des § 265b kriminalpolitisch sinnvoll (zust. Kießner S. 59), auch wenn bei dieser Kreditart die vom Gesetzgeber intendierte typische Beschränkung auf größere Kreditsummen zweifelhaft wird (vgl. oben Rdn. 4). In Bagatellfällen muss § 153 StPO helfen (aA Wohlers MK Rdn. 51), im Übrigen die Ausnutzung des Strafrahmens bei der Strafzumessung eingreifen, um die gesetzgeberischen Mängel der Unrechtstypisierung zu korrigieren.

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e) Die Diskontierung von Wechseln und Schecks ist der Ankauf eines noch nicht fälligen Wechsels oder – praktisch selten! – Schecks, wobei der Käufer (meist ein Kreditinstitut) die aus dem Papier ersichtliche Geldsumme unter Abzug des Diskontes (Zwischenzinses bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit) und der Unkosten sowie einer Provision zahlt. Rechtlich liegt auch hier ein Kaufgeschäft über eine Geldforderung (sowie das Wertpapier) vor. Wirtschaftlich handelt es sich dagegen jedenfalls beim Wechseldiskont

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Zust. Fischer Rdn. 13 und Hoyer SK Rdn. 30; ebenso Kießner S. 59; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 17. F. Geerds FLF 1988 96; Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 96; Heinrich in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf

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BT § 21, 97; Hoyer SK Rdn. 31; Kießner S. 59; Lackner/Kühl Rdn. 3; Maurach/ Schroeder/Maiwald 1 § 41 190; Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Wohlers MK Rdn. 18 m.w.N.

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um Kreditgewährung (zust. Brodmann S. 85), da dem Verkäufer seine noch nicht fällige Forderung gegen seinen Schuldner bereits im Zeitpunkt der Diskontierung bevorschusst wird. Eine gewisse Besonderheit ergibt sich daraus, dass dieser Kredit nicht von dem Kreditnehmer, sondern einem Dritten, nämlich dem Schuldner der Grundforderung, getilgt wird. Da sich das rechtliche Kauf- und das wirtschaftliche Kreditverhältnis aber im eigentlichen Sinne auf Käufer und Verkäufer des Wertpapieres beschränkt, brauchen ähnlich wie beim Factoring (oben Rdn. 40) nur diese Parteien, nicht dagegen die sonstigen Beteiligten (z.B. der Hauptschuldner aus dem Grundgeschäft), die Anforderungen des Absatzes 3 Nr. 1 zu erfüllen. Der kurzfristige, meist auf 3 Monate beschränkte Wechseldiskontkredit dient eben- 45 falls in erster Linie der Finanzierung des Warenumschlags. Der Erwerber des Wechsels kann sich durch Weiterverkauf des Wechsels an Dritte – bei anderen Banken oder bei der Deutschen Bundesbank – refinanzieren, was der Leichtigkeit und damit auch dem Umfang des Kreditflusses zugute kommt. Diese Möglichkeit besteht uneingeschränkt allerdings nur bei „notenbankfähigen Wechseln“ mit bekannter Bonität des Wechselschuldners oder zumindest Akzeptanten (Tiedemann Bes. Teil Rdn. 335). „Gute“ Handelsoder Warenwechsel zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen im Gegensatz zu den sog. Finanz- oder Gefälligkeitswechseln ein Waren- oder Dienstleistungsgeschäft zugrunde liegt; hieraus erhalten sie ihren wirtschaftlichen Wert, wird doch nach Nr. 15 II AGB (Geschäftsbanken) bei der Diskontierung die Forderung aus dem Grundgeschäft mit übertragen. Die Täuschungshandlung nach Absatz 1 wird sich daher weiterhin häufig auf die Art des Wechsels beziehen,28 wobei es in der Hand des Wechselkäufers liegt, die nach Absatz 1 Nr. 1b für den Strafschutz erforderliche Schriftlichkeit der Erklärung herbeizuführen. Insbesondere für den Scheckverkehr ist es wichtig, dass der bloße Einzug von Schecks 46 (aber auch von Wechseln) durch ein Kreditinstitut keine Diskontierung darstellt (Sch/ Schröder/Perron Rdn. 16 mit Nachw.). Jedoch kann in der Gutschrift des Betrages vor Einzug – üblicherweise mit dem Vermerk „Eingang vorbehalten“ – die Gewährung eines „Gelddarlehens“ liegen, wenn und soweit der Gläubiger (Bankkunde) befugt ist, über den gutgeschriebenen Betrag sogleich zu verfügen; in diesem Fall ist § 265b somit grundsätzlich anwendbar.29 Von einem Scheckinkasso im eigentlichen Sinne wird daher auch nur gesprochen, wenn der Scheckbetrag erst nach Eingang des Gegenwertes ausgezahlt oder gutgeschrieben wird. f) Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen ist 47 für die Auslegung ebenfalls in enger Bindung an die zivilrechtlichen Begriffe zu verstehen, auch wenn dieses „Garantiegeschäft“ (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 8 KWG) wirtschaftlich einer Kreditzusage gleichsteht. Gemeint sind rechtlich alle Versprechen, für die potentielle Schuld eines Dritten einzustehen. Die Erwähnung der sonstigen Gewährleistungen hat dabei nur insoweit Bedeutung, als eine Abgrenzung zur Garantieübernahme, die zivilrechtlich ohnehin auch als Gewährsvertrag bezeichnet wird (Palandt/Sprau Rdn. 16 vor

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Vgl. (zu § 263) BGH NJW 1976 2028; Lampe S. 59; Otto Bankentätigkeit S. 119; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 332 ff m.w.N.; Tagungsberichte Bd. XIII S. 83 ff. Zustimmend Brodmann S. 85, Kießner S. 60

und Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; auch Otto Bankentätigkeit S. 117 und 121, der aber mit Lampe S. 70 darauf hinweist, dass die sonstigen Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt seien (dazu unten Rdn. 50).

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§ 765), im Rahmen des § 265b letztlich überflüssig ist. Beispiele für die Gewährübernahme im Bankgeschäft sind insbesondere die Wechsel- und Scheckbürgschaft (Art. 30 ff WG, Art. 25 ff ScheckG), der Kreditauftrag nach § 778 BGB, die im Auslandszahlungsverkehr zentrale Akkreditiveröffnung und -bestätigung sowie die Indossamentsverpflichtungen nach Wechsel- und Scheckrecht (mit Ausnahme der zu Refinanzierungszwecken erfolgten Weitergabe angekaufter Wechsel). – Zu der Gefahr ungewollter Ausuferung des Straftatbestandes (infolge Nichtbeschränkung der Gewährleistungen auf Geldschulden) Dreiss/ Eitel-Dreiss S. 91. Beispiele für Garantien im Bankwesen sind Liefer- und Leistungs- sowie Anzahlungs48 garantien insbesondere im Auslandsgeschäft und Ausschreibungs- oder Bietungsgarantien bei Ausschreibungen (Submissionen) und Versteigerungen. Die Abgrenzung der im BGB nicht geregelten Garantieübernahme zur nachfolgend erwähnten Bürgschaft ist im Einzelnen insbesondere bei Forderungen schwierig, kann aber für § 265b ebenfalls offenbleiben. Kennzeichen des Garantievertrages ist das von der zu sichernden Schuld unabhängige Versprechen, für einen Erfolg, insbesondere für ein untypisches Risiko, einzustehen, der bzw. das dem Vertragspartner aus einem künftigen Ereignis erwachsen kann. Die Bürgschaft i.S.d. § 765 BGB schließlich ist ein durch Vertrag mit dem Gläubiger 49 eines Dritten begründetes Schuldverhältnis, das die Verpflichtung des Bürgen enthält, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die zahlreichen Bürgschaftsformen der Zivilistik (Mitbürgschaft, Nachbürgschaft, Zeitbürgschaft, selbstschuldnerische Bürgschaft u.a.m.) werden im Bankgeschäft durch den Sammelbegriff des Avalkredites überlagert.

IV. Die Tathandlungen und ihr Gegenstand 50

Absatz 1 umschreibt die eigentliche Tathandlung in Nr. 1 als positives Tun und fügt in Nr. 2 eine speziell unter Strafe gestellte Konstellation echten Unterlassens an. Beide Tatbestandsalternativen der Täuschung werden – vor allem aus Gründen der Beweissicherung und damit der Beweiserleichterung (Göhler/Wilts DB 1976 1658) – ausschließlich auf schriftliche Angaben und schriftliche Unterlagen bezogen. Die Tathandlung muss außerdem in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit einem „Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredites“ stehen.

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1. Dieses Erfordernis eines Kreditantrages, wie abkürzend und zusammenfassend formuliert werden darf (die Auffächerung des Begriffes im Gesetz dient allein Klarstellungszwecken: RegE Begr. S. 31; Wilts Prot. 7 S. 2766), bedeutet nicht, dass irgendeine Förmlichkeit eingehalten werden müsste. Insbesondere ist keine Schriftform (vgl. § 126 BGB) vorgesehen, sondern mündliche Erklärung ausreichend (zust. Mitsch BT 2 § 3, 180 und Wohlers MK Rdn. 21 mit Nachw.). Mit der Umschreibung als Kreditantrag soll vielmehr zum Ausdruck gebracht werden, dass vor allem ein Antrag i.S.d. § 145 BGB auf Abschluss eines Darlehens- (oder sonstigen Kredit-Vertrages in Betracht kommt, also eine mit Zugang wirksam und bindend werdende Willenserklärung, die zwar auch durch schlüssiges Handeln abgegeben werden kann (Rdn. 54), aber doch eindeutig und ernsthaft („fest“) auf Kreditgewährung, Kreditbelassung usw. gerichtet sein muss. Erforderlich ist somit der – notfalls im Wege der Auslegung vom Empfängerhorizont her zu ermittelnde – Wille zur rechtsgeschäftlichen Bindung. Folglich reichen einerseits Erkundigungen, Sondierungsgespräche, Kontaktaufnahmen 52 und Vorverhandlungen über die Frage, ob ein Kreditantrag überhaupt Aussicht auf

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Erfolg hat, nicht aus.30 Unabhängig von den Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten im Einzelfall ist das Eingreifen des § 265b daran gebunden, dass jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt (der noch im Zusammenhang mit der Täuschungshandlung steht) ein Kreditantrag tatsächlich gestellt worden ist: Täuschungen ohne (nachfolgenden, vorausgehenden oder gleichzeitigen) Kreditantrag sind tatbestandslos und werden allenfalls über §§ 263, 22 strafrechtlich relevant.31 Nach dem Bericht des Sonderausschusses (S. 14) besteht sogar generell, also wohl auch im Hinblick auf einen Betrugsversuch, „noch keine begründete“ Gefahr, solange kein Kreditantrag gestellt ist. In der Tat spielen sich Täuschungen ohne Bezug auf einen tatsächlich gestellten Kreditantrag sehr weit im Vorfeld der Kreditgewährung ab, und der Täter hat hier den von seinem eigenen Willen abhängigen entscheidenden Schritt zur Beeinträchtigung der Kreditwirtschaft und zur Gefährdung des Gläubigervermögens noch nicht getan. Andererseits wird man in mehrfacher Hinsicht für § 265b keinen Antrag im strengen 53 Sinne des § 145 BGB verlangen dürfen. So wollen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 25) aus der ratio legis schließen, dass es ausreiche, wenn der potentielle Kreditnehmer den Kreditgeber z.B. durch die Aufforderung, ein für diesen verbindliches und nur noch der Annahme bedürftiges Angebot abzugeben, zu einer rechtsgeschäftlichen Erklärung veranlasst.32 Hieran ist grundsätzlich zutreffend, dass die für den Kreditantrag erforderliche Nachhaltigkeit des Kreditbegehrens und die Erkennbarkeit des Bindungswillens auch auf andere Weise als durch das den Kreditnehmer bindende Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrages in Erscheinung treten können. Vor allem sollte auch die rechtstechnische Zufälligkeit, ob das zivilrechtliche Vertragsangebot letztlich vom Kreditgeber oder vom Kreditnehmer ausgeht, für die Strafbarkeit nicht entscheidend sein. Jedoch setzt der Kreditantrag eben voraus, dass der Antragsteller selbst (und nicht erst der Kreditgeber) durch seine Erklärung bereits gebunden ist, wobei die Beurteilung von § 145 BGB nur insoweit abzulösen und strafrechtlich-selbständig zu gestalten ist, als Willensmängel, Beschränkungen der Geschäftsfähigkeit und vergleichbare zivilistische Defekte in Frage stehen, die auch sonst im Strafrecht eine eigenständige Bewertung erfahren (ebenso im Ergebnis Kießner S. 62). Eine bloße (erfolglose) invitatio ad offerendum des potentiellen Kreditnehmers reicht daher nicht als Kreditantrag aus (zust. Hoyer SK Rdn. 35; weitergehend insbes. Kindhäuser Rdn. 10, Sch/Schröder/Perron aaO und Wohlers MK Rdn. 21 m.w.N.). Der Antrag kann auch konkludent oder (und) gemeinsam mit anderen Erklärungen 54 gestellt werden. In der Vorlage von Lastschriften unter Angabe fingierter Forderungen ist ebenso wie bei der Einreichung von Schecks zum Einzug bei der Bank ein derartiger Antrag regelmäßig zu sehen, da und soweit die sofortige Gutschrift des einzuziehenden Betrages bereits bei der Zulassung des Gläubigers (Bankkunden) zum Lastschrift- bzw. Scheckverkehr vereinbart wurde (vgl. oben Rdn. 36; zust. OLG Zweibrücken WM 1992 1604, 1608 und Kießner S. 62). Der Inhalt des Antrages ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Gesetz: Der Antrag 55 muss sich entweder auf die Gewährung eines Kredites richten, also auf die (erstmalige)

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Berz BB 1976 1439; Duttge in Dölling/ Duttge/Rössner Rdn. 20; Fischer Rdn. 18; Gössel BT 2 S. 481; Hebenstreit in MüllerGugenberger/Bieneck § 50, 99; Kießner S. 61 f; Müller-Emmert/Maier NJW 1976 1662 mit Nachw.; Sch/Schröder/Perron Rdn. 25; Wohlers MK Rdn. 22 m.w.N.

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Zutreffend Lackner/Kühl Rdn. 4; Otto BT § 61, 31; Sch/Schröder/Perron Rdn. 27; Wohlers MK Rdn. 22. Ebenso Kießner S. 62; Hebenstreit aaO; Saliger S/S/W Rdn. 6; Wohlers MK Rdn. 21 m.w.N.

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Erbringung der gewünschten Kreditleistung durch Abschluss eines der in Absatz 3 Nr. 2 genannten Geschäfte (z.B. auch: Stundung!). Oder der Antrag bezieht sich auf das Belassen, also auf die Verlängerung eines bereits ausgereichten Kredits unter Verzicht auf die rechtlich mögliche sofortige Rückforderung der Leistung (OLG Frankfurt StV 1990 213). Endlich kann der Antrag auch die Veränderung der Kreditbedingungen (z.B. Zinssatz, Kündigungs- und Tilgungsmodalitäten, Sicherheiten, Zweckbindungen) betreffen. Durchgehend zust. Wohlers MK Rdn. 23 m.w.N.

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2. Für die Beurteilung des Zusammenhanges zwischen Kreditantrag und Täuschungshandlung ist ausweislich der Genese der Gesetzesformulierung primär an die Fallgestaltung gedacht, dass der Kreditantrag selbst (oder seine Anlagen) die unrichtigen oder unvollständigen Angaben usw. enthält (enthalten), also Kreditantragstellung und Täuschungshandlung zusammenfallen. Da jedoch entsprechend der gesetzgeberischen Ausgestaltung des Täterkreises (oben Rdn. 21 f) auch andere Personen als der Antragsteller in strafrechtlich relevanter Weise täuschen können (z.B. der Bürge oder der Angestellte einer Auskunftei) und zudem falsche Unterlagen auch noch nach Antragstellung (z.B. auf Aufforderung der Bank hin) in strafwürdig erscheinender Weise vorgelegt werden können, wurde schließlich die Formulierung „im Zusammenhang mit“ gewählt (wohl enger AE § 187 Abs. 1: „bei dem Begehren“). Die Täuschungshandlung muss daher zeitlich bei, vor oder nach der Kreditantragstel57 lung erfolgen und sachlichen Bezug zu ihr haben (vgl. auch BGH NStZ 2002 433, 435 Rdn. 22). Dies bedeutet nicht, wie das Gesetz es in anderem Zusammenhang ausdrückt, dass die falschen Angaben usw. für die Entscheidung über den Kreditantrag erheblich sein müssen. Für die Feststellung des Zusammenhangs von Kreditantrag und Täuschung (bei Auseinanderfallen beider Handlungen) ist vielmehr maßgebend, ob die Angaben und Unterlagen für die Entscheidung erheblich sein sollen,33 also „erkennbar als Grundlage für die Entscheidung über den Kreditantrag dienen sollen, so dass bei einer auf Grund selbständigen Entschlusses nachfolgenden Antragstellung der Täter zumindest konkludent auf die Unterlagen usw. Bezug nehmen muss“ (Sch/Schröder/Perron Rdn. 27; Kindhäuser Rdn. 10). Kein Zusammenhang mit einer früheren Antragstellung, jedenfalls keine „vorteilhafte“ Falschangabe liegt vor, wenn der Täter mit seinen unrichtigen oder unvollständigen schriftlichen Angaben nur eine unberechtigte Kündigung oder Kürzung des Kredits durch den Kreditgeber rückgängig machen, also das Einhalten der Kreditzusage erreichen will (OLG Frankfurt StV 1990 213; Lackner/Kühl Rdn. 4); ein „Belassen“ des Kredits ist insoweit mangels möglicher Rückforderung der Leistung nicht gegeben (oben Rdn. 55 mit Nachw.).

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3. Während der Adressat des Kreditantrages im Gesetz selbst eingangs der Tatbestandsbeschreibung eindeutig genannt ist, ergibt sich der Adressat der Täuschungshandlung erst im Wege der Auslegung: Der Tatbestand ist zweifellos erfüllt, wenn die unrichtigen Unterlagen usw. dem 59 (potentiell) kreditgebenden Betrieb oder Unternehmen vorgelegt bzw. die falschen Angaben ihm gegenüber gemacht werden (vgl. nur Hoyer SK Rdn. 17). Entsprechend der Aufspaltung des Täterkreises (oben Rdn. 21) ist aber auch eine Aufteilung des Adressatenkreises der Tathandlung denkbar, indem insbesondere beim Lieferanten- oder Waren33

Zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 27 und Wohlers MK Rdn. 21, je m.w.N.; ebenso Kießner S. 62 und Lackner/Kühl Rdn. 4.

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kredit die schriftlichen falschen Angaben usw. nicht gegenüber dem kreditierenden Lieferanten, sondern etwa gegenüber einer Handelsauskunftei, die der Lieferant beauftragt hat, gemacht werden. Dabei ist es sowohl möglich, dass der Abnehmer (Kreditsucher) im Wege der Selbstauskunft „Eigenaufschlüsse“ gegenüber der Handelsauskunftei gibt, als auch denkbar, dass Dritte (z.B. frühere Vertragspartner des Abnehmers, frühere Auskunftsempfänger) Fremdauskünfte über den Abnehmer erteilen (Tiedemann/Sasse S. 42 ff). Insbesondere für den letzteren Fall ergäbe sich bei Bejahung der Täterschaft nach § 265b eine weitreichende Ausdehnung der Strafbarkeit, zumal dolus eventualis hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben und hinsichtlich des Vorliegens oder der künftigen Stellung eines Kreditantrages ausreicht (unten Rdn. 95). Außerhalb des Lieferanten- oder Warenkredites stellt sich das Problem z.B. auch bei Refinanzierungsdarlehen aus ERP-Mitteln; hier gewährt zwar die Hausbank im eigenen Namen und auf eigene Rechnung den Kredit, jedoch liegt die Beurteilung der Kreditwürdigkeit bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, gelegentlich auch bei dem zuständigen Bundesminister, teils zusammen mit anderen öffentlichen Stellen und Gremien. – Sch/Schröder/Perron (Rdn. 23) wollen hier aus dem „Sinn“ des § 265b schließen, dass die Täuschungshandlung unmittelbar gegenüber dem (potentiellen) Kreditgeber erfolgen müsse,34 räumen aber die Möglichkeit mittelbarer Täterschaft ein. Die letztere Möglichkeit ist freilich gerade in dem hier einschlägigen Fragenbereich nur beschränkt praktikabel, sind doch Tatherrschaft und Täterwille insbesondere bei der mit dolus eventualis gegebenen falschen Fremdauskunft nur schwer feststellbar, von den Vorstellungen des Auskunftsuchenden ganz zu schweigen. Aber auch im Übrigen und grundsätzlich befriedigt die enge, vom Wortlaut keineswegs gebotene Lösung kriminalpolitisch nicht (wohl zust. Kießner S. 63). Infolge der notorisch geringen Publizitätsbereitschaft der Unternehmen und ihrer (sowie der Banken!) sehr eingeschränkten Informationsbereitschaft sind Selbst- und Fremdauskünfte gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Handelsauskunfteien, für das Funktionieren des Lieferantenoder Warenkredits praktisch unentbehrlich (zusammenfassend Tiedemann/Sasse S. 38 ff m.w.N.). Wird in diesem Bereich das Mittel der schriftlichen Täuschung eingesetzt, so wird das in Frage stehende Rechtsgut nachhaltig gefährdet. Die weite Auslegung verdient daher den Vorzug, wobei jedoch das Erfordernis des Zusammenhanges der Tathandlung mit einem konkreten Kreditantrag Hervorhebung verdient (vgl. dazu auch unten Rdn. 110). Da der Täter das Vorliegen des Kreditantrages zumindest im Sinne des dolus eventualis kennen muss, wird er regelmäßig auch in dem Bewusstsein handeln, dass die Auskunft an den Kreditgeber weitergereicht wird. Dieser subjektive Nexus trägt die Anwendung des § 265b auch in den Fällen, in denen mittelbare Täterschaft nicht angenommen werden kann. 4. Die Mittel der Täuschung sind Unterlagen und schriftliche Angaben über wirt- 60 schaftliche Verhältnisse. a) Mit der in Nr. 1b zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten vorgenommenen 61 Beschränkung auf schriftliche Erklärungen scheiden mündliche Angaben, jedoch auch

34

Ebenso Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 14; Hellmann NK Rdn. 42 f; Hoyer SK Rdn. 17; Kindhäuser Rdn. 9; auch Wohlers MK Rdn. 31. Jedenfalls Bürgen und andere „Mitverpflichtete“ bezieht Hebenstreit (in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 104) in

den Kreis tauglicher Täuschungsadressaten ein, da diese gemäß Absatz 3 Nr. 2 „ihrerseits dem Kreditnehmer einen Kredit gewähren, vorausgesetzt sie sind Betriebe oder Unternehmen“.

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z.B. vom Kreditsucher zur Verfügung gestellte Tonträger und EDV-gespeicherte Daten, weiter aber auch Bestätigungsvermerke des Kreditgebers aus Nr. 1b aus. Diese und vergleichbare Augenscheinsobjekte – wie z.B. auch Modelle und Fotografien – werden durch Nr. 1a erfasst (zust. Fischer Rdn. 25; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34 m.w.N.), da die Verkörperung insoweit die bei Nr. 1b durch die Schriftlichkeit gewährleistete bessere Beweisbarkeit sicherstellt und die Unterlagen durch die Beispiele der Bilanzen, Vermögensübersichten usw. keineswegs auf schriftliche Erklärungen beschränkt werden. Eine genaue Abgrenzung der „Unterlagen“ in Nr. 1a von den schriftlichen „Anga62 ben“ in Nr. 1b ist im Übrigen nicht erforderlich, da Nr. 1b bei Schriftlichkeit des Mitgeteilten praktisch als Auffangtatbestand wirkt (aA Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 11). Immerhin können grundsätzlich i.S.d. Nr. 1a „Unterlagen“ auch fremde Erklärungen sein oder enthalten (Sch/Schröder/Perron Rdn. 34), während für Nr. 1b nur eigene Angaben des Täters in Betracht kommen. Eine Unterschrift oder die Eignung als Beweismittel (so Lackner/Kühl Rdn. 5 und Saliger in S/S/W Rdn. 12) ist in beiden Fällen nicht erforderlich; es muss bei Nr. 1b nur erkennbar sein, dass die schriftliche Erklärung dem Täter zuzurechnen ist. Werden mündliche Angaben des Kreditsuchers, z.B. eine Selbstauskunft (dazu Rdn. 64), von einem durch den Kreditgeber beauftragten Dritten, z.B. einer Handelsauskunftei, in Schriftform gebracht und sodann dem Kreditgeber von dem Dritten vorgelegt, so ist der Dritte Täter, soweit er für die unrichtigen oder unvollständigen Angaben einstehen will. Auf den Kreditsucher wendet RegE Begr. S. 31 die Grundsätze mittelbarer Täterschaft an. – Bringt dagegen der Kreditgeber selbst die mündlichen Angaben des Kreditsuchers in Schriftform, so kann § 265b nur erfüllt sein, wenn der Kreditsucher die Erklärung unterzeichnet oder bei voller Kenntnis des Inhalts durch einen von ihm Beauftragten unterzeichnen lässt. Da schriftlichen Mitteilungen, auch abgesehen von ihrem höheren Beweiswert, häufig 63 aber auch mit Rücksicht auf diesen höheren Beweiswert, größeres Gewicht als mündlichen Mitteilungen beigelegt wird, ist die Schriftlichkeit bei § 265b durchaus für die Unrechtsvertypung erheblich und folglich echtes Tatbestandsmerkmal (zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 37 mit Nachw. gegen Wilts Prot. 7 S. 2769). Entsprechend muss sich der Vorsatz gerade auf den Inhalt der schriftlich fixierten Erklärung beziehen. Hieran kann es insbesondere dann fehlen, wenn der Kreditsucher oder die von ihm beauftragte Person eine Erklärung unterschreibt, die der Kreditgeber oder ein Dritter mit Hilfe von Formulartexten oder unter Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) formuliert hat. Der von Dreiss/Eitel-Dreiss S. 98 hierzu empfohlenen „sinngemäßen“ Heranziehung der Rechtspraxis zu den AGB bedarf es allenfalls im prozessualen Sinne, nämlich als Hilfsmittel zur Feststellung der tatsächlichen Kenntnis des Täters vom vollen Inhalt der ihm zugeschriebenen Erklärung.

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b) Im Einzelnen können Gegenstand der Unterlagen und schriftlichen Angaben nach einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht – mit dem selbstverständlichen Vorbehalt der Entscheidungserheblichkeit und Vorteilhaftigkeit (dazu unten Rdn. 80 ff) – nicht nur Tatsachen, sondern auch (Wert-)Urteile, insbesondere Bewertungen und Prognosen, sein.35 Dies wird in Nr. 1a durch die Einbeziehung der „Gutachten“ zum Ausdruck gebracht und folgt kriminalpolitisch aus der besonderen Bedeutung, welche künftige Ereignisse 35

Kießner S. 63; Lackner/Kühl Rdn. 5; Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 110; Saliger S/S/W Rdn. 13; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 39; Wohlers MK 29; krit.

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Lampe S. 47; aA Duttge in Dölling/Duttge/ Rössner Rdn. 12; Fischer Rdn. 27; Hellmann NK Rdn. 36 f; Hoyer SK Rdn. 14 f.

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und insbesondere der Zukunftsertrag als Wert einer Unternehmung für die Bewertung und damit für die Kreditwürdigkeit des Kreditsuchers haben (vgl. unten Rdn. 70 sowie Tiedemann GS Schröder [1978] 297 ff mit Nachw.). Allerdings werden Gutachten meist ebenso wie Bilanzen (vgl. BGHSt 30 285 f) von sachverständigen Dritten stammen (vgl. auch Fischer Rdn. 25 a.E.) und z.B. cash-flow- und Kapitalflussrechnungen sowie Liquiditäts- und Überschuldungstaten betreffen (dazu Tiedemann LK Rdn. 130 ff Vor § 283 und § 283 Rdn. 207 ff). Mit Fischer (Rdn. 27) spricht viel dafür, Bewertungen und Prognosen den Gutachten und Bilanzen vorzubehalten, also die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit im Übrigen wie bei § 263 auf die ausdrücklich oder konkludent (mit)erklärten Tatsachen zu beschränken. Vollends einleuchtend wird diese Beschränkung am Beispiel der Selbstauskunft (sog. Eigenaufschluss), die bei der Kreditwürdigkeitsüberprüfung neben der Lieferantenbefragung eine große Rolle spielt, strafrechtlich aber ebenfalls auf überprüfbare Tatsachenangaben beschränkt werden sollte (Tiedemann/Sasse S. 43). c) Schwierigkeiten kann insbesondere bei diesen zukunftsbezogenen Angaben die 65 Feststellung der Unrichtigkeit machen. Unrichtigkeit ist hier jedenfalls dann anzunehmen, wenn die der Erwartung zugrunde liegenden (gegenwärtigen) Tatsachen nicht zutreffen (Hoyer SK Rdn. 14 mit Nachw.). Darüber hinaus reicht es aus, dass die zukunftsbezogenen Angaben bei objektiver Beurteilung der Tatsachen nicht aus den Tatsachen gefolgert werden können. Das verfassungsrechtliche Gebot der Tatbestandsbestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) führt aber auch hier dazu, dass § 265b nur bei eindeutig feststehender Unrichtigkeit eingreift (vgl. bereits oben Rdn. 32). Dies ist nur dann der Fall, wenn „eine gegenteilige Auffassung … schlechterdings nicht mehr vertretbar erscheint.“36 Bedeutung hat diese Einschränkung vor allem für die in Nr. 1 genannten Gutachten, aber auch für alle sonstigen Bewertungen und insbesondere für die Bilanzen (dazu näher unten Rdn. 71). Für Prognosen und hierauf aufbauende Bewertungen ist auch zu beachten, dass sich die Unrichtigkeit durch Zeitablauf herausstellen kann, also im (nachträglichen) Strafverfahren häufig bereits feststehen wird. Die ex post-Betrachtung wird hier jedenfalls dann nicht durch die mehr oder weniger unsichere ex ante-Schätzung ersetzt werden dürfen, wenn die tatsächliche Entwicklung für den Täter günstiger als vorausgesagt verlaufen ist; denn die ex ante-Schätzung hat nur Hilfsfunktion, auf deren Einsatz verzichtet werden muss, wenn feststeht, dass das Täterverhalten für die in Frage stehenden Rechtsgüter in Wahrheit ungefährlich war (Tiedemann LK Rdn. 159 Vor § 283 und GS Schröder [1978] 302 ff). Unvollständig sind solche Angaben und Erklärungen, die einen einheitlichen Lebens- 66 sachverhalt nur teilweise wiedergeben, nämlich in Beziehung auf ihren Gegenstand Einzelheiten, die nach der Verkehrsauffassung oder nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten für die Entscheidung über den Kreditantrag erheblich sind, weglassen (vgl. Fischer Rdn. 29; D. Geerds S. 237; Wohlers MK Rdn. 28 m.w.N.). Eine gewisse Eingrenzung des Bezugsgegenstandes wird durch das Erfordernis der Schriftlichkeit erreicht (Wilts Prot. 7 S. 2769; Göhler/Wilts DB 1976 1658: Aufstellung der Außenstände ohne Angabe der Schulden ist keine unvollständige Erklärung). Jedoch bleibt die Strafbarkeit nicht nur in Grenzfällen zweifelhaft (der Ehemann teilt nicht mit, dass das zu finanzierende Haus auf dem im Eigentum der Ehefrau stehenden Grundstück erbaut werden soll; der Kredit36

Sch/Schröder/Perron Rdn. 39; ebenso Brodmann S. 147 f; Kießner S. 64; Lackner/Kühl Rdn. 5; Saliger S/S/W Rdn. 13; Wohlers MK Rdn. 29. Vgl. aber auch BGHSt 30 285,

287 ff mit abl. Anm. Lampe JR 1982 430 ff; das Urteil will auf die Beweisbarkeit und den prozessualen Grundsatz in dubio pro reo abstellen.

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sucher ist zwar Eigentümer des Betriebsgebäudes, jedoch besteht an diesem ein Nießbrauch seiner Kinder). Einen Anhalt für das Vorliegen einer Unvollständigkeit i.S.d. Nr. 1b gibt das Kriterium, ob eine entsprechende Offenlegung bilanzrechtlich (vgl. Nr. 1) im Anhang (§ 284 HGB) erfolgen müsste. – Beim Scheckinkasso ist bei Fehlen ausdrücklicher Angaben zur Bonität der beteiligten Unternehmen und Personen in den Bankauftragsformularen eine Strafbarkeit auf der Linie der neueren Rechtsprechung (BGHSt 39 392, 398 ff mit Nachw.) zumindest zweifelhaft, da die Banken das Risiko der Kreditgewährung durch Einräumung eines (vorläufigen) Kredites (oben Rdn. 46) offenbar wegen der Möglichkeit einer Stornobuchung (vgl. Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken) in Kauf nehmen. Allerdings betrifft die erwähnte Rechtsprechung Fälle der Fehlüberweisung, die ohne Zutun des Bankkunden entstanden sind und vor die Frage eines reinen Unterlassens (der Aufklärung) stellen. Auch hebt BGHSt 39 400 die Besonderheit hervor, dass in casu die Geschäftsverbindung mit der Bank nur kurze Zeit bestand. Jedoch stellt die Entscheidung (aaO S. 398) maßgeblich auf den Grundsatz der Risikoverteilung ab, die auch für die Annahme einer Täuschung durch unvollständige Angaben Bedeutung hat (vgl. nur Tiedemann FS Klug S. 407 ff).

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d) Einigermaßen gesicherte Maßstäbe zur Beurteilung der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit bestehen insbesondere für Bilanzen (Bestände- oder Vermögensbilanzen, vor allem Jahresabschlussbilanzen) sowie für Gewinn- und Verlustrechnungen (Erfolgsrechnungen), die sich von den sonstigen Vermögensübersichten auch durch bestimmte Mindestanforderungen hinsichtlich der Form unterscheiden. Neben dem durch Bilanz und Erfolgsrechnung ausgewiesenen Periodengewinn (Vermögens- und Ertragslage) spielen allerdings auch weitere, mehr zukunftsbezogene Daten, wie sie etwa unter dem Stichwort des Finanzplanes und der Kapitalflussrechnung diskutiert werden, in der heutigen Kreditierungspraxis eine erhebliche Rolle (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 59 sowie Prot. 7 S. 2472; Wilts Prot. 7 S. 2753). Ohne hier eine Einführung in Bilanzrecht und Bilanzkunde geben oder auch nur einen detaillierten Überblick über das Bilanzstrafrecht liefern zu können, seien – unter Verweis auf Tiedemann LK § 283 Rdn. 110 ff, 135 ff – folgende Grundprobleme hervorgehoben: Bereits bei den Beratungen des 1. WiKG wurde, wenn auch in anderem Zusammen68 hang, die für § 265b wichtige Frage gestellt, ob das Gesetz die Handelsbilanz, die Steuerbilanz oder eine Vermögensbilanz („Status“) meine (vgl. z.B. Hintzen Prot. 7 S. 2528; Biener ebda S. 2588). Insoweit ist daran zu erinnern, dass es grundsätzlich als „Bilanz“ überhaupt nur eine Handelsbilanz gibt, die unter Berücksichtigung des erforderlichen Gläubigerschutzes u.a. dem Zweck der (vorsichtigen) Gewinnermittlung dient (§§ 238 ff HGB). Bei der steuerlichen Gewinnermittlung ist der Gedanke des Gläubigerschutzes dagegen unerheblich: es soll der reale Gewinn eines bestimmten Zeitraumes so genau wie möglich angegeben werden („Ertragssteuerbilanz“). Infolgedessen wäre es zwar denkbar (und ist es im Ausland auch vielfach üblich), zwei völlig verschiedene Gewinnermittlungen vorzunehmen. Demgegenüber haben aber jahrzehntelange Auseinandersetzungen zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung zu dem heute anerkannten und in § 5 EStG ausgesprochenen Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die (aus ihr abgeleitete) Steuerbilanz geführt (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 462). Auch der Steuerpflichtige hat danach grundsätzlich eine Handelsbilanz vorzulegen; diese muss aber korrigiert sein, soweit ihre Ansätze den steuerrechtlichen Bestimmungen (vgl. bes. §§ 5, 6 EStG) widersprechen. Diskrepanzen treten insoweit – neben formalen Gliederungsfragen – materiell vor allem auf, wenn von dem handelsrechtlich zugelassenen relativ weiten Spielraum bei der Bewertung der Bilanzpositionen insbesondere auch durch Inanspruchnahme der Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte Gebrauch gemacht wird,

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kennt doch das Steuerrecht einen entsprechenden Spielraum nur in der engen Form zwischen Anschaffungswert und niedrigerem Teilwert. – Gibt es folglich theoretisch überhaupt nur „die“ Handelsbilanz, welche erforderlichenfalls für steuerliche Zwecke korrigiert wird, so stellen allerdings in der Praxis im Wesentlichen nur noch Aktiengesellschaften und andere publizitätspflichtige Unternehmen eine Handelsbilanz auf. Die übrigen Kaufleute erstellen meist lediglich eine Steuerbilanz, die dann gleichzeitig als Handelsbilanz gilt („Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz“, Wöhe Betriebswirtschaftliche Steuerlehre I, 2. Halbbd., 7. Aufl. [1992] S. 65 ff mit Nachw.). Die Vorlage einer Bilanz durch diesen Personenkreis wird daher mangels anderer Anhaltspunkte und Erklärungen konkludent die Behauptung einschließen, es handele sich um die Steuerbilanz (vgl. auch Tiedemann aaO a.E.). Die Unvollständigkeit der Bilanz stellt im Regelfall vor keinerlei Probleme, da die Bilanz – als Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva – auf der Aktivseite die gesamte art- und wertmäßige Zusammensetzung des Vermögens und auf der Passivseite sämtliche Finanzierungsmittel (Kapital) nach Art und Herkunft ausweisen, also die Vermögensund Kapitalstruktur des Unternehmens offenlegen muss. Damit sind alle in dem fraglichen Zeitabschnitt eingetretenen Geschäftsvorfälle zu erfassen („Vollständigkeitsprinzip“; vgl. § 246 Abs. 1 HGB und dazu Tiedemann LK § 283 Rdn. 137). Gesetzliche Ausweisvorschriften regeln z.T. ausdrücklich, wo und welche Positionen aufzuführen sind. Sie formulieren Bilanzierungsgebote, die Aktivierungs- und Passivierungspflichten enthalten (vgl. z.B. §§ 152, 158 AktG, 264 ff HGB). Die Unrichtigkeit der Bilanz wird dagegen meist schwieriger festzustellen sein, vor allem soweit es um Bewertungsfragen geht. Dies wird bereits daraus deutlich, dass Handels- und Steuerbilanzen selten die Verkehrswerte ausweisen, die für die Kreditgewährung im Vordergrund stehen. Da ein objektiver Wert ohnehin auch in der Betriebswirtschaft(slehre) nicht existiert, können selbst ausdrückliche und einigermaßen genaue gesetzliche Bewertungsvorschriften bei dem Wertansatz lediglich Hilfsmittel sein, deren Anwendung nur insofern zu dem „richtigen“ Wert führt, als die Wertermittlung eben damit den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Es gibt also nur eine relative Bilanzwahrheit. Auf die „wahren“ (Verkehrs-)Werte stellt dagegen die Vermögens- oder Überschuldungsbilanz (besser: der Überschuldungsstatus) i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO ab (vgl. Tiedemann GmbH-Strafrecht Rdn. 41 Vor §§ 82 ff mit Nachw.). Die Bilanzwahrheit wird konstituiert durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Sie sind nach richtiger Ansicht keine Rechtssätze, sondern konkretisieren an Hand der anerkannten kaufmännischen Verkehrsübung den im gesamten Handelsrecht anzutreffenden Maßstab des ordentlichen (sorgfältigen) Kaufmanns (Tiedemann LK § 283 Rdn. 111 m.w.N.). Bereits aus dieser Verweisung auf außerrechtliche Wertungen folgt erneut, dass Verstöße im Hinblick auf das Erfordernis gesetzlicher Tatbestandsbestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) strafrechtlich nur dann relevant sein können, wenn es sich um zweifelsfrei gesicherte, allgemein vorhandene Wertungen handelt (oben Rdn. 65; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 470; zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 2 m.w.N.). Für eine Aufzählung und Typisierung der Verstöße kann an die Darstellungen zum Bilanzstrafrecht angeknüpft werden.37 Dabei ist allerdings zu beachten, dass die sog. Bilanzverschleierung (Verstoß gegen die Bilanzklarheit, nämlich gegen die formale Rich-

37

Dazu insbes. Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 2. Aufl. (1970) S. 132 sowie bereits Kalveram in Eitel (Hg.),

Wirtschaftsprüfung Bd. I (1938) S. 87 ff; Schüppen S. 18 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 469 ff m.w.N.

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tigkeit der Bilanz im Sinne ihrer Übersichtlichkeit) offenbar als solche nicht von § 265b erfasst werden soll und folglich nur dann zu einer für § 265b tatbestandsmäßigen Bilanzfälschung (Verstoß gegen die Bilanzwahrheit) wird, wenn die Unklarheit zur Unrichtigkeit führt (vgl. auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 40). Grenzfälle – z.B. die Zusammenziehung gesetzlich vorgeschriebener Positionen – können dem in § 265b Abs. 1 Nr. 1 ausdrücklich hervorgehobenen Begriff der Unvollständigkeit der Information überlassen werden. Sieht man von dem Kapitalanlage- und Beteiligungsschwindel, der von § 265b grund73 sätzlich nicht erfasst wird (oben Rdn. 5), ab, so stehen im Vordergrund der Bilanzdelikte Überbewertungen und Unterbewertungen von Vermögensgütern, und zwar entweder um drohende Verluste und Zusammenbrüche zu verheimlichen oder um stille Reserven zu bilden.38 Beispiele aus der frühen Rechtsprechung zum Aktien- und Insolvenzstrafrecht bieten RGSt 14 80 und 38 196 (Ausweis dubioser Außenstände zum Nennwert). BGHSt 30 285, 293 f betrifft u.a. die zu niedrige Angabe von Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten. Soweit allerdings – wie auch in diesen Beispielen – Schätzungen und Prognosen erforderlich sind, können tatbestandsmäßig nur evidente, nämlich unvertretbare Wertansätze sein, die sich als „offenbare Willkür“ darstellen.39 Einfacher liegt der Sachverhalt beim Einstellen fiktiver Beträge, etwa in der Form der 74 Aufnahme fingierter Aktienverkäufe in die (Konzern-)Bilanz (BGH wistra 2010 219 f) oder der Aktivierung von Gegenständen, die dem Unternehmen nicht gehören (vgl. RGSt 43 416: hoch belastete Grundstücke im Eigentum einer anderen Gesellschaft werden als unbelastetes Eigentum der bilanzierenden Aktiengesellschaft ausgewiesen; RGSt 67 350: nicht vorhandene und bereits verkaufte Waren werden als Aktivposten aufgeführt; dazu ausführlich Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 470 ff), oder von nicht (mehr) existenten Forderungen gegen Kunden (BGHSt 30 285, 286) und bei Falschbezeichnungen, die nicht nur gegen die Bilanzklarheit verstoßen (z.B. RGSt 62 357, 360: Ausweis von aufgelösten stillen Reserven als Einnahmen aus laufendem Geschäftsbetrieb). Da das Weglassen einzelner Posten der Bilanz, also das Nichtaufführen bestimmter 75 Vermögenswerte (vgl. etwa RGSt 62 357, 359: Nichterwähnung von Waren, Forderungen und Zweigstellen), die Bilanz bereits unvollständig (und insoweit ebenfalls unrichtig) macht (vgl. oben Rdn. 69), bleibt vor allem noch die ungenau so bezeichnete Gruppe erfolgswirksamer Umgehungshandlungen unter Einschluss von Scheingeschäften und „Schiebungen“ zu erwähnen (Sch/Schröder/Perron Rdn. 40), z.B. bei Zuführen von Kapital vor und Abziehen desselben nach dem Bilanzstichtag (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 472). Allgemein ist aber darauf hinzuweisen, dass jedenfalls im Anwendungsbereich der weitgehend formalisierten gesellschaftsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften regelmäßig kein Raum für strafrechtlich relevante Gesetzesumgehungen bleibt. Insbesondere wird der Schutz der Aktionäre (als der Mitglieder und Anteilseigner der Aktiengesellschaft) und des Aufsichtsrates (als des Kontrollorgans vor allem im Hinblick auf die Geschäftsführung des Vorstandes) sowie der Gläubiger durch die Vorschriften über die Rechnungslegung sowie über die Aufbringung und Erhaltung des Grundkapitals in einer

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Vgl. J. Nelles Aktienrechtliche Bilanzdelikte, Diss. Münster 1974, S. 65 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 469 und 473 sowie in FS Würtenberger (1977) 254 ff; auch Schüppen S. 25. RGZ 120 363, 367; Saliger S/S/W Rdn. 13;

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Tiedemann LK § 283 Rdn. 138 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 450; vgl. auch bereits oben Rdn. 65; ferner Cobet Fehlerhafte Rechnungslegung (1991) S. 60; Kießner S. 64; Klug Aktienstrafrecht § 400 Anm. 11; Sch/Schröder/Perron Rdn. 40.

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strengen und abschließenden Weise gewährleistet (vgl. zu einem einschlägigen Konzernrechtsfall mit „künstlicher“ Aufspaltung der Anschaffungskosten Tiedemann FS v. Caemmerer [1978] S. 643 ff und aaO). Bei Scheingeschäften ist zu beachten, dass die auf eine im Ausgangspunkt durchaus übereinstimmende Rechtslage (§ 41 Abs. 2 AO) gestützte Steuerrechtspraxis bei der Annahme von Scheingeschäften und anderen Scheinhandlungen wesentlich weiter geht als die auch für das Strafrecht maßgebende zivilistische Lehre; vor allem in der steuerlichen Betriebsprüfungspraxis finden sich – ähnlich wie im ausländischen Recht – häufig fließende Übergänge zum Umgehungsgeschäft und zur sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise (zusammenfassend Vogel in Schünemann/ Suárez, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 156 ff mit Nachw.). Demgegenüber hat bereits der Reichsfinanzhof das Erfordernis einer Trennung von Schein- und Umgehungsgeschäft hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass das Vorhandensein der Absicht der (Steuer-)Umgehung gerade für die Ernstlichkeit und damit Wirksamkeit der vorgenommenen Geschäfte und Vertragsgestaltungen spricht (vgl. nur RFH 5 247, 260; 6 118, 120). Zu den Einzelheiten vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 128. 5. Allgemeiner Bezugspunkt aller Täuschungsmittel bei § 265b Abs. 1 sind die wirt- 76 schaftlichen Verhältnisse. Dabei zeigt auch hier das Beispiel des Gutachtens in Nr. 1a, dass die Bewertung eines einzelnen Vermögensgegenstandes ausreicht, also nicht nur das Vermögen als Ganzes Gegenstand der Täuschung sein kann (RegE Begr. S. 31; Sch/Schröder/Perron Rdn. 32; Wohlers MK Rdn. 27 m.w.N.). Wortlaut und Sinn des Gesetzes ergeben darüber hinaus eindeutig, dass es sich keineswegs um wirtschaftliche Verhältnisse des Kreditsuchers (oder des Täters) handeln muss, mögen diese auch im Vordergrund des Anwendungsbereiches der Vorschrift stehen (RegE Begr. aaO; Lackner/Kühl Rdn. 5; Perron aaO Rdn. 31; enger AE § 187 Abs. 1). In Betracht kommen vielmehr insbesondere auch die wirtschaftlichen Verhältnisse eines in Aussicht genommenen Bürgen oder die der Schuldner (Abnehmer!) des Kreditsuchers.40 Damit wird das Merkmal der wirtschaftlichen Verhältnisse außerordentlich weit, zu- 77 mal eine Beziehung der Verhältnisse auf eine Person im Gesetz ganz fehlt (krit., aber recht pauschal, dazu Haft ZStW 88 [1976] 369). Fraglich ist vor allem, ob die von einer einzelnen Person und von einem individuellen Betrieb unabhängige wirtschaftliche Lage ganz allgemein oder doch die Lage einer bestimmten Branche ausreicht. Den richtigen Weg für eine sachgerechte Auslegung und für die Beantwortung dieser Frage zeigt zunächst der Vorbehalt der Entscheidungserheblichkeit der Unterlagen und Angaben: Wesentlicher Gegenstand der Täuschung ist die Summe der Voraussetzungen für die Krediterlangung auf Grund des Kreditantrages, nämlich die Kreditwürdigkeit des Kreditsuchers (zust. D. Geerds S. 239 mit Nachw.; Kindhäuser Rdn. 11; Mitsch BT 2 § 3, 183). Die Kreditwürdigkeit wird nun in der Tat nicht nur von Umständen aus der individuellen Sphäre des Kreditsuchers – wie Vermögens-, Erfolgs- und Liquiditätslage –, sondern durchaus auch von der Branchen- und Konjunkturlage mitbestimmt (Tiedemann/Sasse S. 5 mit Nachw.). Alle diese Umstände sind daher grundsätzlich auch tauglicher Gegenstand einer Täuschung (zust. Gössel BT 2 S. 482; ebenso Mitsch aaO); unrichtige Angaben zur Lage der betreffenden Branche können sich z.B. in einem Gutachten finden, das der Kreditsucher vorlegt (zust. Brodmann S. 116 f; vermittelnd D. Geerds S. 240). Ähnlich weit definiert Otto (BT § 61, 32) die wirtschaftlichen Verhältnisse als „Umstände, die für die Sicherheit des Kredits von Belang sein können“. Demgegenüber wol40

Hellmann NK Rdn. 29; Hoyer SK Rdn. 13; Kießner S. 64; Mitsch BT 2 § 3; Sch/Schrö-

der/Perron Rdn. 31; Wohlers MK Rdn. 27 m.w.N.; einschränkend Fischer Rdn. 23.

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len Sch/Schröder/Perron (Rdn. 30) den Tatbestand ganz auf individuelle Vermögensverhältnisse begrenzen, da der Kreditgeber nur insoweit mangels hinreichender Überschaubarkeit auf fremde Information angewiesen sei.41 Jedoch würde damit in die strafrechtliche Beurteilung ein Kriterium eingeführt, das folgerichtig auch an anderen Stellen der Tatbestandsauslegung berücksichtigt werden müsste. Sollte wirklich die Angewiesenheit des Kreditgebers auf fremde Information im Einzelfall oder für typische Fallgruppen von Bedeutung sein, so müssten für § 265b vor allem neben den nichtindividuellen (generellen) auch solche individuellen Vermögensumstände ausscheiden, die der Kreditgeber selbst ähnlich einfach ermitteln kann. (Übrigens sind die allgemeinen Branchen- und Wirtschaftsverhältnisse oft weitaus schwerer zu überblicken als die individuellen.) Auch bei Vermögens- und Ertragsbewertungen lassen sich ja individuelle und generelle wirtschaftliche Aspekte (wie etwa bestimmte Planungsmaßnahmen des Unternehmers und die Marktlage einer Branche) meist nicht wirklich trennen. Angesichts dieser Ausweitung bedarf der Hervorhebung, dass der Begriff der Kreditwürdigkeit selbstverständlich nur zur Erläuterung und Konkretisierung, nicht dagegen zur Ersetzung des Merkmals „wirtschaftliche Verhältnisse“ heranzuziehen ist. Gewiss sind für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmers auch persönliche Daten wie Vorstrafen, Erkrankungen, Privatleben, eventuell sogar politische oder religiöse Überzeugungen von Bedeutung. Diese persönlichen Umstände sind jedoch keine wirtschaftlichen Verhältnisse, selbst wenn sie – gerade über etwaige Kreditanträge – mittelbar auch wirtschaftlich bedeutsam werden können. Persönliche Daten sind vielmehr nur dann und insoweit von Bedeutung, als sie nach der Auffassung des (Kredit-)Verkehrs generell zugleich unmittelbar wirtschaftliche Umstände oder Verhältnisse darstellen (z.B. Höhe des Einkommens und der Schulden, etwa auch der Unterhaltsverpflichtungen; Familienstand, auch im Hinblick auf die Steuerklasse usw.). Für die Abgrenzung ist der (generelle) Funktionszusammenhang der in Frage stehenden Daten beachtlich. Eine gewisse Parallele bieten die rechtspolitische Diskussion um die Differenzierung von höchstpersönlichen, personenbezogenen und unternehmensrelevanten Daten im Rahmen des § 3 Abs. 1 BDSG (vgl. Tiedemann/Sasse S. 46 ff, 131 ff) sowie die Umschreibung des Gegenstandes der Berichts- und Prüfungspflicht bei juristischen Personen des Wirtschaftslebens (vgl. §§ 160, 336 AktG, § 53 GenG). Angesichts der Ablösung vom Tatsachenbegriff der §§ 263, 264 zählen zu den wirt78 schaftlichen Verhältnissen schließlich auch künftige Entwicklungen sowie die hierauf gegründeten Erwartungen und Einschätzungen (vgl. bereits oben Rdn. 64). Neben der künftigen Ertragslage, etwaigen Fusionsabsichten, Investitionsmöglichkeiten und -überlegungen wird man auch die geplante Art der Verwendung des nachgesuchten Kredites zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zählen müssen (sofern dieser Umstand für die Entscheidung über den Kreditantrag erheblich ist; zust. Wohlers MK Rdn. 27 m.w.N., einschränkend Saliger S/S/W Rdn. 9; dazu unten Rdn. 81 ff). Da die Verwendung des Kredites notwendigerweise auf das Vermögen als Ganzes oder auf einzelne Vermögensteile (z.B. Anlagegüter) einwirkt, ist jedenfalls ein zur Tatzeit bereits vorhandener Entschluss, den Kredit in bestimmter Weise zu verwenden, als persönlicher, aber unmittelbar auf das Wirtschaften bezogener Umstand ebenso ein „wirtschaftliches Verhältnis“ wie z.B. die allgemeine Absicht, den Betrieb zu modernisieren (zust. Lackner/Kühl Rdn. 5). Einschränkend ist nur zu fordern, dass die in Aussicht genommene Maßnahme nicht nur

41

Ebenso Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 23; Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 106; Hellmann in NK

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Rdn. 29; Saliger S/S/W Rdn. 9; Wohlers MK Rdn. 27 m.w.N.; differenzierend Brodmann S. 116 f.

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subjektiv vorgestellt, sondern objektiv zumindest möglich, also nicht irreal ist.42 Entsprechend werden üblicherweise auch bei der Unternehmensbewertung in die Schätzung der künftigen Erlöse die bekannten Absichten und Pläne des Unternehmers einbezogen (vgl. Tiedemann LK Rdn. 160 Vor § 283). Die (schriftliche) Täuschung über den Verwendungszweck des Kredits wird daher durch § 265b erfasst (differenzierend nach der Anschaffung von Investitions- und Verbrauchsgütern Sch/Schröder/Perron Rdn. 32). 6. Die Täuschung über die wirtschaftlichen Verhältnisse muss nach dem ausdrück- 79 lichen Gesetzeswortlaut für den Kreditnehmer vorteilhaft und für die Entscheidung über den Kreditantrag erheblich sein, braucht aber nicht zu einem Irrtum des potentiellen Kreditgebers zu führen. Die Vorteilhaftigkeit der falschen Angaben und Unterlagen ist identisch mit ihrer Eig- 80 nung, die konkrete Aussicht auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen des Kredites zu verbessern (zust. Saliger S/S/W Rdn. 14 und Wohlers MK Rdn. 30 m.w.N.). Dies wird zwar objektiv (BGHSt 30 285, 291, Fischer Rdn. 30 m.w.N.) und ex ante,43 aber unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Kreditgebers zu beurteilen sein. Durch das Merkmal der Vorteilhaftigkeit soll vor allem die Strafbarkeit wegen solcher Falschangaben ausgeschlossen werden, die dem Täter ungünstig sind (Bericht Sonderausschuss S. 25 zu der entsprechenden Fassung des § 264) – eine Restriktion, die wohl schon aus der Interpretation des § 265b im Übrigen folgen würde.44 Dient die ungünstige Darstellung allerdings dem Zweck, bessere Kreditbedingungen zu erreichen (z.B. Senkung des Zinssatzes oder der Tilgungsraten), so ist dies ebenfalls strafbar.45 Dagegen kommt es in keiner Hinsicht auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Kreditgewährung an 46. Für die Erheblichkeit der falschen Angaben und Unterlagen soll nach dem Bericht des 81 Sonderausschusses (S. 16) ausschlaggebend sein, „was nach der Art des Geschäfts im konkreten Fall von einem verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Dritten für erheblich gehalten wird“ 47. Dies wird vom Sonderausschuss aaO mit dem Hinweis auf das geschützte Rechtsgut begründet, demzufolge es nicht entscheidend sein könne, was der jeweilige Kreditgeber für erheblich hält. Auch folgt aus der Formulierung „über einen solchen Antrag“, dass es nicht auf die Entscheidung über den konkreten Antrag an42

43

44

BGH NJW 1957 1288 zu § 48 KWG a.F.; auch Reichardt Das Gesetz über das Kreditwesen vom 25. September 1939 (1942) § 48 Anm. 5 m.w.N. – Zu § 263 wird die Täuschung über den Verwendungszweck von der ganz h.M. als relevant anerkannt: BGH JZ 1979 75 f; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 13 mit Bspr. Lenckner S. 599 ff; Burchardt S. 7; Goldschmidt ZStW 48 (1928), 156 ff; Sch/Schröder/Perron § 263 Rdn. 31; Tiedemann LK § 263 Rdn 33. BGHSt 30 285, 291; Brodmann S. 151; Kießner S. 65; Hellmann NK Rdn. 30; Hoyer SK Rdn. 4; Saliger S/S/W Rdn. 14; Wohlers MK Rdn. 30 m.w.N.; Sch/Schröder/Perron Rdn. 41. AE „Straftaten gegen die Wirtschaft“ Begr. S. 71; Göhler Prot. 7 S. 2678; Tiedemann Prot. 7 S. 2479.

45

46

47

Hellmann NK Rdn. 30; Kießner S. 65; Sch/Schröder/Perron Rdn. 41; Wohlers MK Rdn. 30. Zustimmend Duttge in Dölling/Duttge/ Rössner Rdn. 24; Kießner aaO; Saliger S/S/W Rdn. 14; Sch/Schröder/Perron aaO gegen die teleologische Reduktion von Lampe Kreditbetrug S. 49. Übereinstimmend RegE Begr. S. 31; BGHSt 30 285, 292 f mit Anm. Lampe JR 1982 430; BGH NStZ 2002 433, 434; Fischer Rdn. 31 F. Geerds FLF 1988 98; D. Geerds S. 240 ff; Gössel BT 2 S. 482; Joecks Rdn. 6; Lackner/Kühl Rdn. 5; Sch/Schröder/Perron Rdn. 42; krit. Lampe Kreditbetrug S. 49 f und Kießner S. 65 (zu dessen Kritik an BGHSt 30 285 ff bereits Tiedemann LK10 Rdn. 68).

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kommt (Lampe JR 1982 430, 431). Gemeint ist, dass der entscheidende Kreditsachbearbeiter Maßstäbe eines „durchschnittlich vorsichtigen“ Kreditgebers anzulegen hat (so die zutr. Interpretation von BGHSt 30 285 ff durch Lampe aaO, der aber zusätzlich eine konkrete Gefährdung des Vermögens des Kreditgebers bei seiner Kreditentscheidung und negative Auswirkungen auf das „Kreditwesen als solches“ verlangt). – Die weitere Aussage: dass die „Beurteilung der Erheblichkeit nicht der Disposition der Vertragspartner unterworfen wird“ (Wilts Prot. 7 S. 2770), kann jedoch nur im Ausgangspunkt richtig sein und im Übrigen nur unter dem eine zu großzügige Kreditvergabepraxis korrigierenden Gesichtspunkt erheblich werden, dass alle tatsächlich vorgelegten Unterlagen und Angaben mangels abweichender Vertragsbestimmungen objektiv zu beurteilen sind. Insoweit reicht in der Tat der Schutz des Rechtsgutes des Funktionierens der Kreditwirtschaft weiter als der des einzelnen Kreditgebers. Dies ändert aber nichts daran, dass es, solange und soweit der Grundsatz der Vertragsfreiheit für Kreditverträge Gültigkeit hat, innerhalb bestimmter Grenzen, die etwa aus der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) oder aus der übermäßigen Höhe der verlangten Gegenleistung (§ 138 Abs. 2 BGB) folgen, den Parteien freigestellt ist, von welchen Umständen sie den Vertragsschluss oder die Änderung der Vertragsbedingungen abhängig machen wollen (aA Saliger S/S/W Rdn. 11 mit Nachw.). Insoweit ist hier die Lage anders als bei der (in der Regel öffentlich-rechtlich einseitig normierten) Subventionierung (§ 264, vgl. dort Rdn. 72 ff); nur bei öffentlichen Krediten ist die rechtliche Situation u.U. vergleichbar. Dass die einseitige Willkür des privaten Kreditgebers bei der Statuierung der Kreditvergabevoraussetzungen strafrechtlich selbstverständlich nicht zu Lasten des Kreditsuchers gehen kann, ergibt sich schon aus dem Erfordernis, dass der Vorsatz des Täters sich auch auf die Erheblichkeit der Falschangaben für die Kreditentscheidung zu beziehen hat. Dass dagegen zweiseitige Übereinkunft das Merkmal der Erheblichkeit (der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit) entfallen lassen muss, zeigt das praktische Bedürfnis nach Heranziehung vorläufiger Bilanzen, bei denen ein Schutz gegen Unrichtigkeit und Unvollständigkeit von den Parteien häufig nicht gewollt ist (Sch/Schröder/Perron Rdn. 42 a.E.). Praktisch bedeutet diese Rechtslage, dass der Kreditgeber im Zweifel – ähnlich wie der Subventionsgeber bei § 264 – ausdrücklich mitteilen muss, was er für erheblich hält (Abg. Eyrich und Penner Prot. 7 S. 2771). Da sich dann zur Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten weiterhin zugleich Schriftlichkeit dieser Mitteilung empfiehlt, läuft die Regelung letztlich auf eine Formalisierung hinaus, deren Praktikabilität zweifelhaft ist (abw. daher § 187 Abs. 1 AE). Die Praktikabilität würde weiter verschlechtert durch die hier abgelehnte Auslegung, nach der unerheblich alle „unsachlichen Gesichtspunkte“ sind, von denen sich der Kreditgeber im Einzelfall leiten lässt (so aber Göhler/Wilts DB 1976 1658): Hieraus ergäben sich umgekehrt auf der Seite des Tätervorsatzes selbst bei ausdrücklichen Mitteilungen des Kreditgebers zusätzliche weitgehende Entlastungen durch die wirklich oder angeblich irrige Annahme der Unsachlichkeit dieser Gesichtspunkte.

82

Recht weitgehend erklärt BGH wistra 2002 263, 265 die Telefax-Mitteilung, die Käuferin sei „uneingeschränkt bereit, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen; sie sei dazu auch in der Lage“, zur allgemeinen Anpreisung, die nicht als erhebliche Angabe angesehen werden könne, zumal das Leistungsunvermögen bereits „offenbar geworden“ war und die Erklärung vom Vertreter der Käuferin („Prof. Dr. B.“) stammte und dieser eine Provision verdienen wollte. Ob die falschen Angaben und Unterlagen die Kreditentscheidung tatsächlich beeinflusst haben, ist jedenfalls unbeachtlich (BGHSt 30 285 291 mit Nachw.). Auch im Übrigen kommt es nicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Maßgebend ist vielmehr eine abstrahierende und generalisierende Betrachtung, die auf die Art des Geschäfts abstellt (Rdn. 81).

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Einigkeit im Hinblick auf die Auslegung des Merkmals „erheblich“ besteht, soweit es 83 um die Ausscheidung bloßer Bagatellunrichtigkeiten geht (BGHSt 30 285, 292 mit Nachw.). Aus dem Merkmal der Erheblichkeit ergibt sich aber auch, dass Täuschungshandlungen nach Ergehen der Kreditentscheidung nicht unter § 265b fallen. Dieses Ergebnis erscheint jedenfalls in den Fällen als kriminalpolitisch unerwünscht, in denen der Kredit in einzelnen Raten gewährt (und z.B. vor Auszahlung der letzten Rate getäuscht) wird (vgl. den Fall BGH wistra 2004 228: Darlehensauszahlungen nach Vorlage von – gefälschten – Bautenstandsbescheinigungen); zur Vermeidung der Straflosigkeit hier einen konkludenten fortlaufenden Antrag „auf Belassung eines Kredites“ zu fingieren, geht allerdings nicht an. Auch bei der Kreditierung in Form einer Bürgschaftsübernahme sind Täuschungen nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages (dazu unten Rdn. 105) tatbestandslos. 7. Die Vorlage von Unterlagen und das Machen von (schriftlichen) Angaben als 84 eigentliche Tathandlungen nach Absatz 1 Nr. 1 führen zu einem relativ frühen Vollendungszeitpunkt, da das Gesetz nicht nur vom Eintritt eines Irrtums und eines Schadens (Kreditgewährung) sowie von dem Erfordernis der Kausalität zwischen beiden Ereignissen absieht, sondern nicht einmal Kenntnis des Kreditgebers von den unrichtigen oder unvollständigen Unterlagen und Angaben fordert (vgl. BGHSt 30 285, 291; Kindhäuser Rdn. 12; Sch/Schröder/Perron Rdn. 43 m.w.N.). Die Vorlage der unrichtigen oder unvollständigen Unterlagen wird in der Regel da- 85 durch erfolgen, dass der Kreditsucher die Unterlagen dem Kreditgeber oder einem für diesen Handelnden übergibt oder übersendet. Für die Übersendung ist wichtig, dass die Tat erst, aber auch schon, mit Zugang vollendet ist (vgl. auch § 130 Abs. 1 S. 1 BGB).48 Dies ist der Fall, sobald die Unterlagen auf Veranlassung des Absenders in den Machtbereich des Empfängers gelangt sind (Lackner/Kühl Rdn. 5; Otto BT § 61 32; Wohlers MK Rdn. 31 m.w.N.) und nach den Umständen zu erwarten ist, dass dieser von ihnen Kenntnis nimmt. Zur Auslegung sind im Einzelnen die Kommentierungen des § 130 BGB zu beachten. Danach ist bei Übergabe an einen für den Kreditgeber Handelnden Zugang zu bejahen, wenn der Handelnde zur Annahme für den Kreditgeber nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt gilt – auch wenn der Empfangsbote die Unterlagen verspätet oder gar nicht weitergibt (Palandt/Ellenberger § 130 Rdn. 8 f mit Nachw.). Soweit der Kreditsucher die schriftlichen Unterlagen im eigenen Betrieb zur Einsicht 86 offenlegt, kommt es auf die tatsächliche Einsichtnahme durch den Kreditgeber oder seine Hilfspersonen an (vgl. auch Rdn. 89). Zu Unrecht meinen Dreiss/Eitel-Dreiss (S. 99), dass hier § 265b nicht einschlägig sei, da die Vorlage stets eine Übertragung der dokumentierten Information auf den Kreditgeber verlange. Wortlaut und Zweck des Gesetzes fordern in keinem Fall eine Eigentums- oder Besitzübertragung an den Unterlagen (vgl. auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 43). – Sofern sich die Unterlagen umgekehrt bereits im Besitz des Kreditgebers befinden (z.B. aufgrund eines früheren Kreditantrages oder Übergabe bei noch unverbindlichen Erkundigungen), reicht es aus, dass der Täter auf die Unterlagen verweist (Sch/Schröder/Perron aaO, die für das „Vorlegen“ zutreffend nicht auf den körperlichen Akt der Übergabe, sondern auf das Verwenden des geistigen Inhalts

48

BGHSt 30 285, 291; BayObLG NJW 1990 1677 f; Fischer Rdn. 26; Hebenstreit in Müller-Gugenberger/Bieneck § 50, 89; Kießner S. 68; Lackner/Kühl aaO; Maurach/Schroe-

der/Maiwald 1 § 41, 192; Otto aaO; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 43; Wohlers MK Rdn. 31.

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der Unterlage abstellen, aber auch veröffentliche Unterlagen wie z.B. Bilanzen einbeziehen; dazu sogleich Rdn. 88). Entsprechendes gilt für die schriftlichen Angaben. Da der Versuch einer Tat nach 87 § 265b nicht strafbar ist, kommt es auch hier entscheidend auf den Zugang an (Mitsch BT 2 § 3, 185; Sch/Schröder/Perron Rdn. 43). Zweifelhaft kann die Lage schließlich im Hinblick auf veröffentlichte Unterlagen und 88 Angaben (vgl. z.B. § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbH) sowie bei solchen Angaben sein, die in einem amtlichen Verfahren (z.B. der Finanzdienstleistungsaufsicht) gemacht wurden und dem Kreditgeber (z.B. einer Bank im Verhältnis zu einer anderen Bank) unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung stehen. Das Erfordernis eines Zusammenhanges der Vorlage von Unterlagen (usw.) mit einem konkreten (!) Kreditantrag schließt es hier regelmäßig aus, die Vorlage gegenüber Dritten oder gegenüber der Öffentlichkeit als ausreichend anzusehen, auch wenn es sich um typische Kreditunterlagen (z.B. Bilanzen) handelt. Etwas anderes gilt, wenn vom Täter im Zusammenhang mit einem Kreditantrag auf derartige Unterlagen ausdrücklich oder konkludent Bezug genommen wird (ebenso Sch/Schröder/ Perron Rdn. 43; aA Wohlers MK Rdn. 32). Eventuell kommt Absatz 1 Nr. 2, wohl häufiger Betrug(sversuch) durch Unterlassen in Betracht (vgl. auch unten Rdn. 111). Für beide Tathandlungen ist bei Einschaltung von Hilfspersonen zusätzlich zu beach89 ten: Bereits im Hinblick auf § 16 ist es unentbehrlich, dass der Täter zumindest Kenntnis von der erfolgenden Vorlage bzw. Angabe hat. Die Frage, inwieweit diese Kenntnis innerhalb größerer (arbeitsteiliger!) Betriebe konkretisiert sein muss, ist kein spezifisches Problem des § 265b, wird bei diesem Straftatbestand aber dadurch entschärft, dass hier grundsätzlich jeder, der die Unterlagen vorlegt bzw. die Angaben macht, selbst Täter ist (vgl. auch unten Rdn. 109 ff). – Auf der Empfänger-(Kreditgeber-)Seite ist für Hilfspersonen eine Ermächtigung zur Entgegennahme erforderlich; für deren Vorliegen ist die Verkehrsauffassung entscheidend (vgl. Palandt/Ellenberger § 130 Rdn. 9). Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der Bestellungsakte kommt es nicht an.

90

8. Die unterlassene Mitteilung der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist in Absatz 1 Nr. 2 als echtes Unterlassen für den Fall strafbar gestellt, dass erhebliche Verschlechterungen der in den Unterlagen oder Angaben dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Vorlage nicht aufgedeckt werden (weitergehend AE § 187 Abs. 1 S. 2 mit Begr. S. 71; unrichtig Dreiss/Eitel-Dreiss S. 194). Damit wird nur der relativ seltene Fall erfasst, dass die in den Unterlagen und Angaben tatsächlich gegebenen (!) speziellen Darstellungen der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Zeit zwischen Erstellung der Unterlage und ihrer Vorlage unrichtig geworden sind (Fischer Rdn. 36 mit Nachw.).

91

a) Es reicht also für den Anwendungsbereich der Vorschrift insbesondere nicht aus, dass die Darstellung unvollständig geworden ist (zust. OLG Zweibrücken WM 1992 1604, 1608; aA Fischer Rdn. 37). Auch ist ein Unrichtigwerden von Angaben im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1b überhaupt nur denkbar, wenn mehrfach Angaben gemacht werden. RegE S. 32 nennt als Beispiel für den im Wesentlichen verbleibenden Bereich der Unterlagen (Absatz 1 Nr. 1a) Wertgutachten, die nicht ohne Hinweis auf die seit ihrer Anfertigung eingetretenen Veränderungen (z.B. wertmindernde Unfälle) vorgelegt werden dürfen; andererseits führe das auch hier maßgebende Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit dazu, dass im Rahmen des Üblichen liegende Schwankungen des Geschäftsstandes regelmäßig keine Verschlechterungen darstellen, die bei Vorlage einer Bilanz mitgeteilt werden müssten.

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Während Nr. 2 damit Fälle regelt, die nach richtiger Ansicht ganz überwiegend 92 bereits als konkludente Täuschungshandlungen erfasst werden können,49 bleiben die sonstigen, eher unklaren und regelungsbedürftigen Fälle entscheidungserheblicher Verschlechterungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditsuchers (oder dritter Personen) offen. Hier, insbesondere für Verschlechterungen im Zeitraum zwischen Vorlage und Entscheidung über den Kredit bzw. Gewährung des Kredits, greifen gegebenenfalls die Grundsätze unechter Unterlassung mit der Folge der (alleinigen) Strafbarkeit aus § 263 ein.50 Der Gesetzgeber hat hier die Chance nicht genutzt, den Betrugstatbestand von unklaren und ungeschriebenen Ausdehnungen zu befreien. Trotz des Wortlautes des § 265b ist Nr. 2 entgegen Sch/Schröder/Perron (Rdn. 47), 93 Lackner/Kühl (Rdn. 6, die ihre Auffassung aber als zweifelhaft einschränken), Saliger (in S/S/W Rdn. 16) und Wohlers (MK Rdn. 33 m.w.N.) auch auf den Fall auszudehnen, dass die erhebliche Verschlechterung zwar vor der Vorlage eintritt, dem Täter aber erst nach der Vorlage bekannt wird. Zwar ist zuzugeben, dass das Gesetz mit dem Zeitpunkt der Vorlage eine Grenze zieht, die nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv (§§ 15, 16) Geltung beansprucht (vgl. RegE Begr. S. 31). Jedoch eröffnet die ausweitende Auslegung der Nr. 2 als Unterlassungsdelikt neben den meist einschlägigen konkludenten Täuschungshandlungen nach Nr. 1 einen eigenen sinnvollen Anwendungsbereich, und es entspricht grundsätzlichen Erwägungen sowie der Rechtsprechung zu den echten Unterlassungsdelikten, dass die Rechtspflicht zum Tätigwerden als Nachholungspflicht einen vom Gesetz festgelegten Zeitraum überdauert (vgl. im Einzelnen Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 381, bes. Fn. 152 mit Nachw.). Die Mitteilungspflicht besteht in diesem Sinne bis zur Entscheidung über den Kredit fort. Sie bezieht sich dagegen nicht etwa auch auf solche Unterlagen, die – z.B. in Form veröffentlichter Bilanzen oder Informationen von Kreditinstituten an Stellen der Kreditwesenaufsicht – dem Kreditgeber zwar zugänglich sind und als Entscheidungsgrundlage (mit) herangezogen werden, vom Täter aber weder vorgelegt noch in Bezug genommen werden (vgl. oben Rdn. 88). b) Täter des Unterlassungsdeliktes kann nur sein, wer die Unterlagen vorlegt oder die 94 Angaben macht.51 Es handelt sich um ein Sonderdelikt (Mitsch BT 2 § 3, 186; Otto § 61, 34; Wohlers in MK Rdn. 42 m.w.N.), dessen Begehung durch andere Personen nur gemäß § 14 möglich ist. Zu Unrecht meint Samson (SK5 Rdn. 25), dass diese sinnvolle und anerkannte Begrenzung des Täterkreises nur zu erreichen sei, wenn Nr. 2 als Begehungsdelikt aufgefasst werde. Auch wenn Nr. 2, wie ausgeführt, häufig (konkludente) Täuschungshandlungen nach Nr. 1 betreffen wird und es durchaus denkmöglich ist, diesen Tatbestand als Verbot der Vorlage unrichtig gewordener Unterlagen ohne gleichzeitige Aufklärung zu lesen, weist die gesetzgeberische Ausgestaltung das Delikt doch als (echtes) Unterlassen, nämlich als Nicht-Mitteilen, aus. Hierauf liegt auch der Schwerpunkt des Strafwürdigen. Das Gesetz (Gebotsnorm) fordert primär ein bestimmtes Handeln, dessen Nichtvornahme unmittelbar den Tatbestand erfüllt. Die innere Verbindung der Unterlassung mit der Vorlage stellt konstruktiv eine Begrenzung der Strafbarkeit dar,

49

50

F. Geerds FLF 1988 98; Hellmann NK Rdn. 50; Kießner S. 69; Lackner/Kühl Rdn. 6; Lampe S. 50; Mitsch BT 2 § 3, 186; Sch/Schröder/Perron Rdn. 44; Wilts Prot. 7 S. 2771; aA D. Geerds S. 238; vgl. auch Fischer Rdn. 37. Fischer Rdn. 36; Heinrich in Arzt/Weber/

51

Heinrich/Hilgendorf BT § 21, 100 Fn. 250; Lackner/Kühl Rdn. 6; Sch/Schröder/Perron Rdn. 47; aA Mitsch BT 2 § 3, 187. RegE Begr. S. 31; Fischer Rdn. 37; Kießner S. 69; Lackner/Kühl aaO; Müller-Emmert/ Maier NJW 1976 1662; Otto BT § 61, 34.

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macht dagegen aus der Tat kein positives Tun (vgl. zu der Abgrenzung allgemein Sch/Schröder/Stree/Bosch Rdn. 139 vor § 13 mit Nachw.; Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 375 ff). Die Umdeutung in das Verbot einer bestimmten Handlung, zu der Samson übrigens auch im Steuerstrafrecht neigt (vgl. bereits Samson GA 1970 321 ff), ist abzulehnen (näher Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 224 f m.w.N.).

V. Vorsatz und Irrtum 95

1. Der Vorsatz beim Begehungsdelikt (Absatz 1 Nr. 1) muss sich auf alle Tatbestandsmerkmale erstrecken (§ 16). Fahrlässigkeit, etwa auch in der Form der Leichtfertigkeit (vgl. etwa § 264 Abs. 3), reicht nicht aus. Jedoch genügt entsprechend allgemeinen Grundsätzen dolus eventualis, dessen Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit in der Praxis wohl meist zuungunsten der letzteren ausfallen wird: Wer im Zusammenhang mit einem Kreditantrag unrichtige oder unvollständige Unterlagen vorlegt oder unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dabei die Möglichkeit der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit erkennt, wird regelmäßig jedenfalls dann mit bedingtem Vorsatz handeln, wenn der Vorlegende (usw.) selbst der Kreditnehmer ist.

96

a) Die zahlreichen normativen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes (Betriebs-, Unternehmens- und Kreditbegriff, aber insbesondere auch das Erfordernis vollkaufmännischer Einrichtung im Sinne des Absatzes 3; Unrichtigkeit, Unvollständigkeit sowie Erheblichkeit der Unterlagen und Angaben) erfordern auf Seiten des Täters eine Erfassung ihres sozialen Sinngehaltes, die hier nicht selten mit der Kenntnis der rechtlichen Auslegung zusammenfallen wird („Parallelwertung in der Laiensphäre“; zust. Wohlers MK Rdn. 36). Dieses Erfordernis erschwert den Nachweis des Vorsatzes.52 Wenn Dreher/Tröndle 49 (Rdn. 27) meinten, bei Kenntnis von Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit und Vorteilhaftigkeit der Vorlagen oder Angaben werde regelmäßig Vorsatz auch hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit vorliegen (vgl. auch Haft ZStW 88 [1976] 390 ff), so erscheint dies nur theoretisch richtig, wird dagegen in der Praxis wahrscheinlich in solcher Allgemeinheit nicht nachweisbar sein – es sei denn, der Kreditgeber habe rechtzeitig (§ 16!) die erheblichen Umstände als solche ausdrücklich bezeichnet (vgl. oben Rdn. 84). Soweit es um Bewertungen, Schätzungen, Prognosen und Gutachten geht, sind die 97 Schwierigkeiten bei der Feststellung ihrer Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht erst ein Problem des Vorsatzes. Vielmehr ist zunächst objektiv zu ermitteln, ob die einschlägigen Äußerungen eindeutig, nämlich nach jeder ernsthaft in Betracht kommenden Ansicht, falsch sind (vgl. oben Rdn. 65 und 71). Erst auf den so festgestellten Kern der Unrichtigkeit ist der Vorsatz zu beziehen. Ein etwa weitergehender Vorsatz, z.B. bei Wertangaben im Rahmen des Jahresabschlusses, ist strafrechtlich unerheblich, wobei angesichts der Straflosigkeit des Versuchs offen bleiben kann, ob in diesem Fall ein untauglicher Versuch oder ein Wahndelikt vorliegt. Die Kenntnis der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit kann vor allem dort zweifelhaft 98 und schwierig nachweisbar sein, wo Rechtsnormen (z.B. gesetzliche Bewertungsvorschriften) oder Verkehrsübungen (z.B. GoB) einen bestimmten Inhalt oder eine bestimmte 52

Zustimmend Kießner S. 69 und S. 73 und Sch/Schröder/Perron Rdn. 48; ebenso F. Geerds aaO S. 98; Lampe S. 55.

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Form der Darstellung verlangen. Diesbezügliche Fehleinschätzungen und fehlende Vorstellungen des Täters können keineswegs pauschal als „bloße“ Verbotsirrtümer i.S.d. § 17 eingeordnet werden. Da Absatz 1 Nr. 1 ein Fälschungsdelikt i.w.S. darstellt („schriftliche Lüge“), muss der Täter vielmehr die einschlägigen Normen und ihre Auslegung bzw. Handhabung kennen, um vorsätzlich zu handeln: Der Tatbestand inkriminiert, wie jedes Fälschungsdelikt, die Abweichung von dem hypothetischen Vergleichsgegenstand richtiger und vollständiger Unterlagen und Angaben, so dass subjektiv Kenntnis dieses Vergleichsgegenstandes vorausgesetzt wird (Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 232 mit Nachw.). Der Unrechtsimpuls, den die Tatbestandsverwirklichung dem Täter vermitteln soll, folgt eben nicht bereits aus der bloßen Kenntnis der Vorlage von Unterlagen und aus dem Machen von Angaben im Zusammenhang mit einem Kreditantrag als rechtlich neutralen, sozialadäquaten Handlungen. Erst die subjektiv vorgestellte Abweichung des Täters von dem gebotenen und damit gleichsam normalen Inhalt der Unterlagen und Angaben vermag ihm vielmehr den inneren Appell zu vermitteln, dass er möglicherweise Unrecht tut: „Einer vorsätzlichen Fälschung ist also immer nur derjenige schuldig, der sich bewusst gewesen ist, etwas Verbotenes zu tun“ (zu Dohna Recht und Irrtum [1925] S. 29). Dieses Ergebnis stimmt nicht nur mit der (überholten) Rechtsprechung des RG überein, welches hier einen Irrtum über außerstrafrechtliche Normen und folglich Vorsatzausschluss angenommen hätte, sondern entspricht auch der Judikatur des BGH und anderer Obergerichte zur Lebensmittelfälschung (vgl. bereits BGH GA 1962 25; BayObLGSt 1957 254, 259; OLG Saarbrücken NJW 1966 116) und der h.M. zur Bilanzfälschung (Tiedemann aaO BT Rdn. 478 mit Nachw.). b) Schwierigkeiten wird der Vorsatznachweis in der Strafrechtspraxis auch im Hin- 99 blick auf die Arbeitsteiligkeit der Betriebe und Unternehmen bereiten, zumal der Tatbestand vollkaufmännisch eingerichtete Betriebe mit entsprechendem Personal usw. (vgl. oben Rdn. 30) voraussetzt. Die in Absatz 1 Nr. 1 angesprochenen Informationen entstehen in der Realität des Wirtschaftslebens meist erst aus einer Fülle von Teil- und Einzelinformationen, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Täter im Sinne des § 265b keineswegs stets überblickt (dazu allgemein und grundsätzlich Gracia Martín in Schünemann/Suarez, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann S. 13 ff). Auch wenn der Betriebsinhaber selbst Kreditnehmer ist und die Unterlagen usw. selbst vorlegt (oder vorlegen lässt, dazu unten Rdn. 109 ff), würde es zu weit gehen, hierin die Übernahme der strafrechtlichen Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit zu sehen, ihm also etwaige Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten auch ohne konkrete Kenntnis generell zuzurechnen. Vielmehr erlaubt das geltende Recht lediglich eine gewisse Ausdehnung des Täterkreises auf der unteren Ebene der Teilinformationsgeber (vgl. unten Rdn. 109 ff). Der Rückschluss auf eine Strafbarkeit des (unvorsätzlich handelnden) Betriebsinhabers bzw. seines Geschäftsführers, Zweigstellen- oder Abteilungsleiters usw. (vgl. § 14 Abs. 2) wegen dieses strafbaren Verhaltens der von ihm Abhängigen und Beaufsichtigten kann nur de lege ferenda diskutiert werden (dazu Tagungsberichte Bd. XIV [1978] S. 30 ff; ferner § 130 OWiG: Aufsichtspflichtverletzung als Ordnungswidrigkeit!). Jedoch kommt dolus eventualis des Prinzipals in Betracht, wenn er „die Möglichkeit einer fehlerhaften Angabe ernsthaft in Betracht gezogen hat“ (Wohlers MK 35; oben Rdn. 95; aA Lampe S. 47). Aus der bloßen Tatsache der Unterschrift kann dies nicht gefolgert werden. 2. Der Vorsatz beim Unterlassungsdelikt (Absatz 1 Nr. 2) verlangt Kenntnis von der 100 entscheidungserheblichen Verschlechterung der dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse. Dolus eventualis reicht auch hier aus.

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Ob für den (Unterlassungs-)Vorsatz zusätzliche (voluntative) Elemente erforderlich sind, ist in der allgemeinen Verbrechenslehre umstritten (vgl. Vogel LK § 15 Rdn. 59 mit Nachw.). Nach heute h.M. ist aber keine Kenntnis der Handlungs- (hier: Mitteilungs-) Pflicht erforderlich.53 Dies bedeutet, dass der Irrtum über die (ebenso wie das Nichtwissen von der) Mitteilungspflicht Verbotsirrtum, genauer: Gebotsirrtum im Sinne des § 17 ist (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 48 mit Nachw.). Dies kann vor allem bei Erlangung der Kenntnis von der Unrichtigkeit nach Vorlage der Unterlagen praktisch werden. Erkennt der Täter die Unrichtigkeit dagegen erst nach der Entscheidung über den Kreditantrag, so ist er objektiv nicht (mehr) zur Mitteilung verpflichtet (vgl. oben Rdn. 93); die irrige Annahme einer solchen Verpflichtung wäre nach h.M. strafloses Wahndelikt und auch nach der Gegenauffassung mangels Strafbarkeit des Versuches nach § 265b irrelevant. Der Irrtum über die Unrichtigkeit der Darstellung, über die Entscheidungserheblichkeit der Verschlechterung und über andere normative Tatbestandsmerkmale ist dagegen auch hier Tatbestandsirrtum i.S.d. § 16 (vgl. oben Rdn. 96).

VI. Tätige Reue (Absatz 2) 102

Da § 265b den Versuch nicht unter Strafe stellt (vgl. § 23 Abs. 1), kommt ein Rücktritt im technischen Sinne nicht in Betracht. Mit Rücksicht darauf jedoch, dass die Vollendung der Tat nach Absatz 1 relativ weit vorverlegt ist (oben Rdn. 85 ff), enthält Absatz 2 bei „tätiger Reue“ für diese Tat einen Strafaufhebungsgrund. Entgegen dem wenig glücklichen Wortlaut des Gesetzes wirkt nicht nur die Verhinderung der Kreditgewährung strafbefreiend. Vielmehr hat auch die Berichtigung der unrichtigen bzw. die Ergänzung der unvollständigen Angaben entlastende Wirkung: Wird der Kredit gleichwohl gewährt, dann geschieht dies nicht „auf Grund der Tat“ (zust. Mitsch BT 2 § 3, 191; ebenso Wohlers MK Rdn. 46). Die strafbefreiende Wirkung betrifft unmittelbar nur die Strafbarkeit nach § 265b. 103 Die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften – z.B. § 267 StGB, § 400 AktG, § 370 AO – bleibt unberührt. Ein (erfolgreiches) Bemühen um Richtigstellung oder Ergänzung der unrichtigen oder unvollständigen Angaben vor Kreditgewährung wird aber stets zugleich einen strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Kreditbetrug gemäß §§ 263, 22, 24 darstellen, sofern der Täter durch Vorlage der Unterlagen usw. bereits zur Verwirklichung dieses Tatbestandes „angesetzt“ hatte.54 Soweit durch Erteilung einer Kreditzusage vor der eigentlichen Leistung (dazu sogleich Rdn. 105) bereits ein vollendeter Eingehungsbetrug vorliegt, kann zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht auf diese Figur zurückgegriffen werden (vgl. Tiedemann LK § 264 Rdn. 157 und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136b m.w.N.). Eine analoge Anwendung von Absatz 2 auf andere Unternehmensdelikte und Delikte mit ähnlich frühem Vollendungsstadium scheidet dagegen aus (str.). Schriftlichkeit, wie sie § 265b im Übrigen voraussetzt, wird für die tätige Reue nicht 104 gefordert (zust. Wohlers MK Rdn. 46 mit Nachw.); mündliche und fernmündliche Bemühungen reichen aus. Auch „Reue“ wird ebenso wie „Tätigkeit“ keineswegs notwen-

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BGHSt 19 297 ff; Vogel LK § 15 Rdn. 61 mit Nachw.; krit. Tiedemann Tatbestandsfunktionen S. 373 ff, je m.w.N. Ebenso Kießner S. 69 und Lampe S. 26; auch Otto Bankentätigkeit S. 102; einschränkend („in der Regel“) Fischer Rdn. 39, Lackner/

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Kühl Rdn. 8 und Wohlers MK Rdn. 48. Zu möglichen Folgerungen für die grundsätzliche Behandlung des Kreditbetruges nach § 263 (nur Erfüllungsbetrug?) Lampe und Otto, je aaO (gegen beide Reischel S. 224 ff).

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digerweise verlangt. Da die Vorschrift insgesamt parallel zu der des § 264 Abs. 5 ausgestaltet ist, kann hinsichtlich der Einzelheiten auf Rdn. 149 ff zu § 264 verwiesen werden mit der Maßgabe, dass im Rahmen des § 265b an die Stelle der Subventionsgewährung die Erbringung der „beantragten Leistung“ tritt. Dieses Ereignis ist sachlich und zeitlich von der Art des beantragten Kredites (im Sinne des Absatzes 3 Nr. 2) abhängig: Gelddarlehen werden grundsätzlich durch Barauszahlung der Darlehenssumme oder 105 durch Gutschrift auf einem Konto derart, dass der Empfänger darüber verfügen kann, gewährt (vgl. zum letzteren Fall BGHSt 6 116 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 49). Der Akzeptkredit als Fall der sog. Kreditleihe ist dagegen bereits „gewährt“, wenn dem Kreditnehmer der von der Bank akzeptierte Wechsel zur Verfügung gestellt wird (zust. Perron aaO Rdn. 49 mit Nachw. und Wohlers MK Rdn. 45), mag auch die Bank wirtschaftlich gesehen damit nur eine Eventualverbindlichkeit eingegangen sein; bei Diskontierung des Wechsels durch dieselbe Bank ist der Zeitpunkt der Kreditgewährung von Geschäftsorganisation und Geschäftsbedingungen abhängig. Erwerb und Stundung von Geldforderungen als Kreditgewährung sind auch für den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens allein nach zivilrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre zu beurteilen, also bei der Stundung mit ihrer Bewilligung (Wohlers aaO), während bei der Diskontierung von Wechseln und Schecks die „Leistung“ des Kreditgebers wiederum erst erbracht ist, wenn der rechtlich als Kaufpreis zu qualifizierende Betrag bar ausgezahlt oder zur Verfügung des Kreditnehmers (Verkäufers) diesem gutgeschrieben ist (zust. Wohlers aaO mit Nachw.); die bankbetrieblicherseits häufig bereits als Einräumung eines Diskontkredites bezeichnete Diskontzusage reicht nicht, da sie die Leistungserbringung nur vorbereitet. Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen endlich ist mit dem Abschluss des entsprechenden schuldrechtlichen Vertrages „gewährt“ (zust. Wohlers aaO), auch wenn es hier wirtschaftlich (und z.T. auch rechtlich) nur um die Begründung von zukunftgerichteten Zusagen geht (ebenso Perron aaO). – Belassung eines Kredits und Veränderung der Kreditbedingungen sind erneut nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, wobei das AGBG Beachtung verdient. Angesichts zivilrechtlich bedingter Vorverlegungen der Wirksamkeit der Leistungs- 106 erbringung unabhängig von der tatsächlichen Kenntnis des Kreditnehmers ist es denkbar, dass sich dieser (bzw. der sonstige Täter) in der irrigen Annahme, die Leistung sei noch nicht erbracht, um Verhinderung der Kreditgewährung usw. bemüht (vgl. den Fall AG Freiburg bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 136). Dieses Bemühen beseitigt entgegen dem ursprünglichen RegE (§ 265b Abs. 4) und entsprechend allgemeinen Lehren die Strafbarkeit nicht (zust. Kießner S. 70); die Vorsätzlichkeit ist nur auf die Handlung des Täters zu beziehen, mag auch die Leistungserbringung (z.B. Kreditgewährung) gleichsam als Eintritt des Erfolges wirken. Da selbst bei den eigentlichen Erfolgsdelikten das vergebliche Bemühen des vorsätzlich handelnden Täters um nachträgliche Verhinderung des Erfolgseintritts den Täter nicht entlastet (es sei denn der wirkliche Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg ist wesentlich anders als vorgestellt), kann das Ergebnis für § 265b allenfalls dann als unbefriedigend empfunden werden, wenn die Erbringung der Leistung nicht auf die Falschangaben des Täters zurückgeht, weil z.B. der Kreditgeber die Unrichtigkeit der Angaben durchschaut hat und den Kredit gleichwohl, etwa im Hinblick auf ausreichende Sicherheiten, gewährt. Die Rechtsfolge der Strafbarkeit auch in diesem Fall ist vom Gesetzgeber ausdrücklich in Kauf genommen (vgl. die ausführliche Grundsatzdiskussion Prot. 7 S. 2785 ff). Im Hinblick auf den Schwerpunkt der Tat im Handlungsunrecht der Täuschung und der Pflichtverletzung (oben Rdn. 20) ist das Ergebnis folgerichtig, auch wenn dem Täter andererseits kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers (Absatz 2 S. 2) sein ernsthaftes

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und freiwilliges Bemühen zur Leistungsverhinderung mit strafbefreiender Wirkung stets zugute kommt, sofern der Kreditantrag – aus welchen Gründen auch immer – abgelehnt wird. Völlige Gerechtigkeit und innere Gleichmäßigkeit lässt sich insoweit, ähnlich wie in sonstigen Fällen tätiger Reue (dazu Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht I S. 228 f mit Nachw.), offenbar nicht herstellen (dazu allgemein Krack NStZ 2001 505 ff). Aus den allgemeinen strafrechtlichen Lehren und der Darstellung zu § 264 (vgl. dort 107 Rdn. 149) sei hier abschließend nur wiederholt, dass auch Absatz 2 als Strafaufhebungsgrund persönlich wirkt, also bei mehreren Beteiligten nur demjenigen zugute kommt, der selbst freiwillig die Leistungserbringung verhindert bzw. sich – im Falle des Absatzes 2 Satz 2 – freiwillig und ernsthaft darum bemüht. Wie die enge Anlehnung der Formulierung von Absatz 2 an § 24 Abs. 1 andeuten soll, gilt § 24 Abs. 2 entsprechend (Sonderausschuss Bericht S. 16; Sch/Schröder/Perron Rdn. 49; Wohlers MK Rdn. 44 m.w.N.).

VII. Täterschaft und Teilnahme 108

Die weite gesetzliche Ausdehnung des Täterkreises durch Absatz 1 Nr. 1 (vgl. oben Rdn. 21 ff) lässt die Abgrenzung zur Teilnahme insbesondere im Verhältnis von Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2), Nebentäterschaft und Beihilfe (§ 27) unsicher werden: Grundsätzlich begeht die Straftat nach Absatz 1 Nr. 1 als Täter „selbst“, wer die 109 Unterlagen einem Betrieb oder Unternehmen vorlegt oder diesem gegenüber die (sonstigen) schriftlichen Angaben macht. Außer dem Kreditnehmer kommen, wie mehrfach ausgeführt, als Täter insbesondere seine Angestellten, aber auch Bürgen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Inhaber und Angestellte von Auskunfteien in Betracht (zust. und zusammenfassend Wohlers MK Rdn. 39 mit Nachw.). Der Bote, der die Unterlagen lediglich überbringt, legt sie allerdings nicht selbst vor (Gössel BT 2 S. 483), und falsche Angaben macht nicht selbst, wer nur die Erklärung eines anderen übermittelt. Angestellte des Kreditnehmers (oder eines Dritten), die auf Weisung hin die unrichtigen Unterlagen vorlegen oder die unrichtigen Angaben machen, sind im Hinblick auf die Neufassung des § 25 auch bei Bösgläubigkeit des Kreditnehmers (oder des Dritten) Täter und nicht nur Gehilfen (aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 50); im Einzelfall kann allerdings die Weisung einen solchen Druck erzeugen, dass der Ausführende entschuldigt ist. – Auf Grund einer betont subjektiven Täter- und Teilnahmelehre bejaht LG Mannheim wistra 1985 158 bloße Beihilfe eines Steuerberaters, der die falschen Bilanzen (usw.) z.T. selbst den Banken vorlegte, die Abschlüsse aber mit einem Negativtestat versah, wonach er die Wertansätze und Unterlagen auftragsgemäß nicht zu prüfen gehabt habe. Der Wirtschaftsprüfer hat keine Garantenstellung (Niewerth S. 48; Silva Sánchez FS Tiedemann S. 239, 241 ff), macht sich also durch Nichthinderung der Vorlage einer von ihm geprüften Bilanz bei späterer Erkenntnis ihrer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit nur unter den LK § 263 Rdn. 68 genannten Gesichtspunkten der Gefahrbeherrschung und Ingerenz strafbar. Ohne weiteres zutreffend ist dagegen die Annahme von Beihilfe durch BGH wistra 1984 25, 26 f in einem Fall, in dem ein GmbH-Geschäftsführer für die bezogene GmbH Wechsel unterschrieb, die von zwei Betrügern gegenüber Banken als Beweis für fingierte internationale Handelsgeschäfte vorgelegt wurden (zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 50). Beihilfe ist bis zum Erbringen der letzten Leistung des Kreditgebers möglich (BGH wistra 2010 219, 220; Fischer Rdn. 40). Lässt jemand durch eine gutgläubige Mittelsperson (z.B. seinen Angestellten) die 110 Unterlagen vorlegen oder die Angaben machen, so liegt regelmäßig Begehung der Straftat „durch einen anderen“ (mittelbare Täterschaft) vor; dies hat vom Standpunkt der h.M.

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(oben Rdn. 59) insbesondere auch für Angaben gegenüber einer Handelsauskunftei Bedeutung (vgl. insoweit Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 14). Soweit der Gutgläubige die Information als solche (z.B. unrichtige Bilanz) allerdings nicht an den potentiellen Kreditgeber weiterleiten, sondern selbst eine (Teil-)Prüfung der Kreditwürdigkeit des Kreditsuchers vornehmen soll (z.B. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Hinblick auf die Jahresabschlüsse der Schuldscheindarlehensnehmer im Versicherungswesen, vgl. § 54a Abs. 5 VAG und bereits oben Rdn. 28), ist eine Strafbarkeit aus § 265b insoweit nur denkbar, wenn der prüfende Dritte selbst ein Betrieb oder Unternehmen ist (oben Rdn. 28). Kennt oder erkennt der Kreditnehmer die Unrichtigkeit der von einem anderen gut- 111 gläubig vorgelegten Unterlagen oder gemachten Angaben, so kommt täterschaftliche Begehung von Absatz 1 Nr. 2 nur dann in Betracht, wenn der andere (z.B. Angestellter) infolge seiner Weisungsbindung und Abhängigkeit von dem Kreditnehmer nicht selbst Täter, als Vorlegender vielmehr der Kreditnehmer anzusehen ist. Lässt der Kreditnehmer allerdings ohne konkrete eigene Initiative lediglich zu, dass ein gutgläubiger Dritter (z.B. Angestellter) die unrichtigen Unterlagen vorlegt (usw.), so kommt Unterlassenstäterschaft des Kreditnehmers nach Absatz 1 Nr. 1 in Betracht, wenn den Kreditnehmer eine Garantenstellung (z.B. als Betriebsinhaber, vgl. Sch/Schröder/Perron Rdn. 43, oder aus Ingerenz, etwa infolge bösgläubiger Benennung einer Auskunftsperson) trifft (aA Saliger S/S/W Rdn. 15 und Wohlers MK Rdn. 25 m.w.N.: aktive Begehung in mittelbarer Täterschaft). Erkennt der Kreditgeber die Unrichtigkeit der Unterlagen oder Angaben, so bleibt er 112 nach ganz h.M. auch bei Gewährung (usw.) des Kredits grundsätzlich straflos, selbst wenn die Kreditgewährung wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Im Hinblick auf das Schutzgut der Kreditwirtschaft (oben Rdn. 10) ist dieses Ergebnis zwar problematisch und kann auch nicht ohne weiteres auf den Gedanken der notwendigen Teilnahme gestützt werden, da und soweit der Gesetzgeber anderweitig (im KWG) eine Mitverantwortung des Kreditgebers anerkannt hat (vgl. Rdn. 8). Es ist jedoch dogmatisch haltbar, wenn und soweit die Vollendung des Kreditbetruges (Vorlage der Unterlagen, Machen der Angaben usw.) zugleich als dessen Beendigung verstanden wird und die Kreditvergabe erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt. In diesem Fall kommt allenfalls Begünstigung (§ 257) des Kreditnehmers durch den Kreditgeber in Betracht, jedenfalls wenn als Schutzgut des § 257 mit der h.M. nicht (nur) das Vermögen des Geschädigten, sondern (auch) die Rechtspflege oder andere Allgemeininteressen angesehen werden (dazu T. Walter LK § 257 Rdn. 5 ff mit Nachw.). Wirken Kreditgeber und Kreditnehmer – insbesondere vor Beendigung des Kreditbetruges – kollusiv zusammen, so fehlt es regelmäßig bereits an der Entscheidungserheblichkeit der unrichtigen Unterlagen usw. (vgl. Göhler Prot. 7 S. 2754 f; auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 42 a.E.), sofern nicht die äußersten Grenzen der Dispositionsfreiheit der Kreditvertragsparteien überschritten sind (oben Rdn. 81). Im Hinblick auf die Strafbarkeit von Angestellten (z.B. Kreditsachbearbeitern) sowie von Organen (z.B. Vorstandsmitgliedern) des potentiellen Kreditgebers ist zu unterscheiden (teilweise abw. LK11 Rdn. 88): Wirken diese vor Beendigung des Kreditbetruges vorsätzlich an der Vorlage der Unterlagen usw. mit, so kommt nach allgemeinen Grundsätzen eine Beteiligungsstrafbarkeit in Betracht, sofern die Angestellten oder Organe nicht eine Position innehaben, die eine Wissenszurechnung gegenüber dem potentiellen Kreditgeber begründet (hierzu Tiedemann FS Klug S. 413 f) und deshalb die Entscheidungserheblichkeit der unrichtigen Unterlagen usw. entfallen lässt. Nach Beendigung des Kreditbetruges kommt dagegen auch für Angestellte oder Organe eine Beteiligungsstrafbarkeit nicht mehr in Betracht. Unberührt hiervon bleibt die Strafbarkeit der Angestellten oder Organe

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wegen Untreue zum Nachteil des Kreditgebers (§ 266, eventuell durch Unterlassen; vgl. LK11 Rdn. 88 sowie Wilts Prot. 7 S. 2754). Sie setzt neben dem Eintritt eines Nachteils voraus, dass die Angestellten oder Organe dem Kreditgeber nach allgemeinen Grundsätzen vermögensbetreuungspflichtig sind. Dies ist bei vertretungs- und geschäftsführungsbefugten Organen stets und bei entscheidungsbefugten Angestellten in der Regel der Fall, bei nicht entscheidungsbefugten hingegen nur dann, wenn z.B. die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen (usw.) im Vermögensinteresse des potentiellen Kreditgebers wesentlicher und typischer Inhalt ihrer Pflichtenstellung ist.

VIII. Konkurrenzen 113

Bei einer Verwirklichung mehrerer Alternativen des § 265b liegt nur eine einheitliche Tat vor (Wohlers MK Rdn. 49 mit Nachw.; aA Fischer Rdn. 41: echte Konkurrenz). Wie bereits oben Rdn. 15 (mit Nachw.) im Hinblick auf das durch § 265b geschützte Rechtsgut darlegt, besteht bei einer auf Grund der Täuschung erfolgten Kreditgewährung im Verhältnis zu § 263 nicht Gesetzeskonkurrenz, sondern Tateinheit (§ 52). Das gilt auch, wenn der Betrug nach § 263 nur versucht wurde (übereinstimmend insoweit Lackner/ Kühl Rdn. 10 und Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 41, 193; insgesamt übereinstimmend Sch/Schröder/Perron Rdn. 51 m.w.N.). – Ideal- oder Realkonkurrenz liegt auch im Verhältnis zu §§ 246, 266, 267 ff, 269, 332, 334 vor, wobei erneut zu beachten ist, dass §§ 247, 248a im Rahmen des § 265b wegen der zusätzlichen überindividuellen Schutzrichtung nicht entsprechend anwendbar sind (Sonderausschuss Bericht S. 16; oben Rdn. 15). Dient die Fälschung und Vorlage der Bilanz auch der Steuerhinterziehung, so ist ebenfalls Tateinheit oder Tatmehrheit mit § 370 AO anzunehmen. Im Falle von Kreditsubventionen kann Tateinheit mit § 264 gegeben sein (Saliger in 114 S/S/W Rdn. 19; Tiedemann LK § 264 Rdn. 187; zust. Wohlers MK Rdn. 49 m.w.N.). Auch gegenüber den Bilanzstraftatbeständen der §§ 331 ff HGB, 400 AktG, 82 GmbHG, 147 GenG besteht Tateinheit oder Tatmehrheit (zust. Wohlers aaO mit Nachw.), da jene Tatbestände zwar z.T. ebenfalls die Richtigkeit von Bilanzen und anderen Vermögensübersichten gegenüber schriftlichen Lügen schützen, dabei aber zusätzliche Schutzfunktionen zugunsten anderer Beteiligter als der Kreditgeber verfolgen.

IX. Internationales Strafrecht 115

1. Inwieweit § 265b auf Sachverhalte mit Auslandsberührung anwendbar ist, entscheidet sich zunächst nach der Vorfrage des Schutzbereichs der Vorschrift (vgl. Werle/ Jeßberger LK Rdn. 273 Vor § 3 mit Nachw.). Insoweit ergeben sich für diejenigen Autoren und Ansichten, die durch § 265b nur oder doch vorrangig das Vermögen des Kreditgebers als geschützt ansehen, also die Kreditwirtschaft nur für die Summe aller Kreditgeber und -nehmer halten (so Lackner/Kühl § 265b Rdn. 1) oder aber den Vermögensschutz bei § 265b unmittelbar-individuell verstehen (so Fischer § 265b Rdn. 3), keine prinzipiellen Einschränkungen, da das deutsche Strafrecht Individualrechtsgüter als sog. inländische Rechtsgüter unabhängig von ihrer Belegenheit im In- oder Ausland schützt (vgl. auch Tiedemann LK § 265 Rdn. 40).

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a) Wenn dagegen – wie hier (oben Rdn. 10) – ein vor- oder gleichrangiges überindividuelles Schutzgut der Kreditwirtschaft anerkannt wird, so erscheint fraglich, ob § 265b nur die inländische oder auch die ausländische Kreditwirtschaft schützt. BGH NStZ 2002

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433 (435 Rdn. 22) hat dies offen gelassen. OLG Stuttgart NStZ 1993 545 (zust. Lackner/Kühl Rdn. 1 sowie Saliger in S/S/W Rdn. 2) beschränkt den Schutzbereich auf das inländische Kreditwesen und stellt zur Begründung maßgeblich auf das KWG (vor allem dessen § 53) ab, an das § 265b anknüpfe: Der Strafschutz könne angesichts der Subsidiarität des Strafrechts nicht weiter reichen als der Schutz durch das KWG; dies gelte um so mehr, als der in casu Geschädigte eine schweizerische Kreditanstalt gewesen sei und die Schweiz keinen speziellen Strafrechtsschutz für ihr Kreditwesen vorsehe. Dem ist unter dem (auch von OLG Stuttgart aaO genannten) Gesichtspunkt des Gegenschlusses aus § 6 (Nr. 8) StGB im Ausgangspunkt zuzustimmen. b) Allerdings müssen bei einer am KWG orientierten Betrachtungsweise auch (recht- 117 lich unselbständige) Zweigstellen von ausländischen Kreditunternehmen im Inland in den Schutzbereich des § 265b einbezogen werden. Rechtlich selbständige Tochterunternehmen mit Sitz im Inland unterliegen ohnehin deutschem Recht. Ob darüber hinaus jedes Kreditunternehmen mit Sitz in der Europäischen Union geschützt wird, hat OLG Stuttgart aaO offen gelassen. Das primäre Gemeinschaftsrecht zwingt zu einer dahingehenden erweiternden Auslegung nicht, da eine Assimilierungsverpflichtung nur mit Blick auf Rechtsgüter der Europäischen Gemeinschaft besteht (Tiedemann NJW 1993 23 ff). Wohl aber spricht die sekundärrechtliche Harmonisierung des Kreditwesenrechts durch die Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie vom 15.12.1989 (ABlEG Nr. L 386 S. 1) für eine weite Auslegung, die hier befürwortet wird: Wenn die Zulassungsvoraussetzungen für Kreditinstitute harmonisiert und diese Institute EU-weit anerkannt werden, folglich der freie Dienstleistungsverkehr gerade im Geldkreditwesen EU-rechtlich geschützt ist, sollte sich das Strafrecht dieser Entwicklung nicht versagen (zust. Werle/Jeßberger LK Rdn. 309 Vor § 3). Offen ist schließlich, ob die von OLG Stuttgart aaO angestellten Erwägungen auch für die Gewährung von Waren- oder Lieferantenkredit gelten, der im KWG nicht geregelt ist. Die EU-rechtlich geschützte Freiheit des Warenverkehrs spricht für eine strafrechtliche Gleichbehandlung mit dem Geldkredit. 2. Im Übrigen richtet sich die international-strafrechtliche Geltung des § 265b nach 118 den allgemeinen Regeln der §§ 3–9: a) Inlandstaten sind stets strafbar, gleichviel, ob sie von einem In- oder Ausländer 119 oder gegenüber einem In- oder (vorbehaltlich von Schutzbereichserwägungen, oben Rdn. 115) Ausländer begangen werden. Entscheidend ist allein, ob der „Tätigkeitsort“ i.S.d. § 9 Abs. 1 (vgl. Tröndle LK10 § 9 Rdn. 37) im Inland liegt. Tätigkeitsort in diesem Sinne ist nicht nur der Ort, von welchem aus die Unterlagen vorgelegt, die Angaben gemacht oder die Richtigstellung unterlassen worden ist, sondern auch der Ort, an dem der tatbestandlich erforderliche Zugang (oben Rdn. 85 und 87) erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen. Deshalb unterliegen auch (von Ausländern und) vom Ausland aus gestellte Kreditanträge § 265b, wenn sie an ein inländisches Unternehmen gerichtet sind und ihm im Inland zugehen. b) Auslandstaten kommen also praktisch nur in Betracht, wenn Kreditanträge im 120 Ausland gegenüber einem Kreditgeber mit Sitz im Ausland gemacht werden. Soweit die Strafbarkeit nicht ohnehin unter Schutzbereichserwägungen ausscheidet (oben Rdn. 115), kommt es nach § 7 darauf an, ob der Täter Deutscher oder die Tat gegen ein deutsches Unternehmen im Ausland gerichtet ist und die konkrete Tat im Ausland mit Strafe bedroht ist, z.B. als Betrug oder Fälschung (weitergehend die Strafbarkeit einer im Ausland begangenen Beihilfe zu einer Inlandstat nach § 265b: BGH wistra 1984 25, 27).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

X. Strafverfolgung 121

1. Die Strafverfolgung setzt in keinem Fall – auch nicht bei geringer Höhe des Kredits oder einem Angehörigen als potentiellem Kreditgeber – einen Strafantrag voraus (vgl. bereits oben Rdn. 16). 122 Dagegen wird die Strafverfolgung faktisch weitgehend von einer Strafanzeige des (potentiellen) Kreditgebers abhängen, da eine Straftat nach § 265b von Außenstehenden nur im Insolvenzfall erkannt werden wird. Es liegt in der Praxis nahe, dass Kreditgeber nur bei erfolgter Schädigung Strafanzeige erstatten; § 265b würde dann im Wesentlichen als Auffangtatbestand bei nicht hinreichendem Nachweis eines (Kredit-)Betruges nach § 263 wirken. Da dieser Auffangtatbestand allerdings mit zahlreichen normativen Tatbestandsmerkmalen überfrachtet ist (vgl. demgegenüber § 187 AE!), bleibt die Praktikabilität des Tatbestandes zweifelhaft (vgl. bereits Rdn. 17 f, aber auch Duttge in Dölling/Duttge/Rössner Rdn. 1). Bei fehlender Schädigung werden sich die (potentiellen) Kreditgeber mit der Erstattung von Strafanzeigen vermutlich noch stärker als bei betrügerischer Schädigung zurückhalten oder aber – in Einzelfällen – die Strafanzeige aus besonderen Beweggründen (z.B. zum Zwecke der Druckausübung auf den Kunden oder mit dem Ziel der Entlastung eines Bankverantwortlichen von dem Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit der Kreditgewährung) erstatten. Die etwaige Unlauterkeit der Motivation ist hier wie auch sonst prozessual unerheblich, da die Strafanzeige zwar Prozesshandlung, aber an keinerlei Wirksamkeitserfordernis gebunden ist (Tiedemann GA 1964 353, 357). Dagegen ist der Einfluss des Bankverhaltens auf Strafbarkeit und Strafverfolgung bei § 265b insgesamt grundsätzlich schwächer als bei § 263, weil die nachträgliche Einräumung einer Kreditlinie hier das Unrecht in keiner Weise berührt oder gar beseitigt. 123 Die Gründe für die notorische Zurückhaltung der Kreditinstitute und der Kreditwesenaufsicht bei der Erstattung von Strafanzeigen (dazu F. Geerds FLF 1988 152 ff; Tiedemann/Cosson S. 3 ff; Saliger S/S/W Rdn. 2 m.w.N.) sind durch § 265b nur zum geringen Teil beseitigt worden, bedingt doch vor allem das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit weiterhin eine zumindest partielle Offenlegung der Kreditierungspraxis im Strafverfahren. Außerdem verlangt der Nachweis des idealkonkurrierenden Betruges volle Klärung der Irrtums- und Kausalitätsfragen insbesondere bei Risikogeschäften (vgl. aber § 154a StPO!). – Gleichwohl sollte die Zurückhaltung des Kreditgewerbes gegenüber der Strafrechtspflege vor allem zum Zwecke der Erfassung von Berufstätern aufgegeben werden (vgl. F. Geerds aaO S. 154 und Gehm FLF 1988 159; grundsätzlich dazu Tiedemann Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland [1978] S. 30 f). Im Bereich des Waren- und Lieferantenkredits mit seinen komplizierten und z.T. künstlichen Kreditsicherungsformen könnte § 265b darüber hinaus weitgehend die bisherige Funktion der §§ 246, 266 übernehmen. Aber auch im Kreditgewerbe sollte § 265b nicht nur bei Insolvenz des Kreditschuldners von Banken, sondern insbesondere auch bei riskanten und dubiosen Verhaltensweisen bei der Begründung von Nostroverpflichtungen und bei der Hereinnahme von Einlagen als Darlehen durch Banken (vgl. oben Rdn. 37) eingesetzt werden.

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2. Die RiStBV erwähnen in Nr. 238 unter der irreführenden Überschrift „Betrügerische Bankgeschäfte“ lediglich den Spezialfall des Straftatverdachts gegen Geschäftsleiter von Kreditinstituten und schreiben insoweit möglichst frühzeitige Kontaktaufnahme mit der zuständigen Aufsichtsbehörde vor. § 265b ist insoweit zwar durchaus einschlägig (oben Rdn. 112); jedoch dürfte es meist um Untreuehandlungen im Sinne des § 266 gehen (dazu auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht II S. 68 ff).

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Untreue

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3. Gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG fällt der Kreditbetrug (§ 265b) in die Zuständig- 125 keit der Wirtschaftsstrafkammer. Angesichts der geringen Höhe der Strafdrohung des Tatbestandes (vgl. § 74. Abs. 1 Satz 2 GVG) wird dies jedoch nur praktisch werden, wenn die Staatsanwaltschaft wegen der – im Vergleich zu ähnlichen Fällen mittlerer Schwere – besonderen Bedeutung des Falles gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage zum Landgericht erhebt. Im Hinblick auf § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG dürfen bei der Beurteilung der besonderen Bedeutung hier auch besondere Schwierigkeiten der Beweisführung berücksichtigt werden. Im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit nach § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG auch dann, wenn Anklage wegen § 263 StGB erhoben und Subsidiarität des § 265b angenommen wird (OLG Celle wistra 1993 225 f).

§ 266 Untreue (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend. Schrifttum I. Zur Entstehungsgeschichte. His Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, 2. Teil (1935); Löning Der Vertragsbruch im deutschen Recht (1876); Hellmuth Mayer Die Untreue im Zusammenhang der Vermögensverbrechen (1926) – zit.: Untreue; Mommsen Römisches Strafrecht (1899); Rentrop Untreue und Unterschlagung (§§ 266 und 246 StGB): Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2007); Wrede Die Untreue von der Peinlichen Gerichtsordnung 1532 bis zum StGB für das Deutsche Reich v. 15.5.1871, Rechtswiss. Studien 73 (1939). II. Zur ursprünglichen Fassung v. 15.5.1871 (RGBl. 127). Draheim Untreue und Unterschlagung, Strafr. Abh. 39 (1901); Lore Ehrlich Die neuere Rechtsprechung zur Untreue des Bevollmächtigten, ZStW 52 (1932) 179; Freudenthal Untreue VDB VIII 105; Grünhut Der strafrechtliche Schutz wirtschaftlicher Interessen, Reichsgerichts-Festgabe, Bd. 5 (1929) 116; Hegler Die Systematik der Vermögensdelikte, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Bd. 10 (1916/17) 151; Leopold Zum Tatbestande der strafbaren Untreue, Strafr. Abh. 94 (1908); Hellmuth Mayer Die Untreue, siehe vorst. zu I; Schneider-Neuenburg Die Untreue des Bevollmächtigten, JW 1933 1701. III. Zur Fassung v. 26.5.1933 (RGBl. I 295) und den Neufassungen v. 1.9.1969 (BGBl. I 1445) und v. 2.1.1975 (BGBl. I 1) 1. Bis 1945. Dahm Untreue, bei Gürtner Das kommende deutsche Strafrecht, Besonderer Teil 1 (1935);2 (1936) – zit.: Dahm bei Gürtner –; Dahm Verrat und Verbrechen, ZStaatsW 95 (1935) 285; Hirschberg Der Vermögensbegriff im Strafrecht (1934); Kempermann Untreuebestimmung und konkrete Treuverhältnisse, JW 1936 3428 mit Erwiderung Schwinge JW 1936 3429; Kingsley Das Untreuerecht Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, Diss. Basel 1934, gedruckt 1945; Kohlrausch Vermögensverbrechen im Wandel der Rechtsprechung und der Gesetzgebung, Festschrift Schlegelberger (1936) 203; Kohlrausch Vermögensverbrechen. Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36, zugleich Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VIII (1937) 739 – zit.: Kohlrausch HdR; Hellmuth Mayer Die Untreue nach der Strafgesetznovelle v. 26.5.1933 pp.,

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ZBlHR 1933 145; Hellmuth Mayer Eigentum an Geld und strafrechtliche Konsequenzen, Nachtrag, GS 104 124; Pfeiffer Die Untreue im zukünftigen Reichsstrafgesetzbuch, Diss. Köln 1932 = Strafr. Abh. 302; Ernst Schäfer Das Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften, DJZ 1933 789; Leopold Schäfer/Richter/Schafheutle Die Strafgesetznovellen von 1933 und 1934 (1934) (verbesserter Sonderdruck aus Pfundtner/Neubert Das neue deutsche Reichsrecht, Bd. II c) – zit.: Leopold Schäfer –; Schlosky Die Untreue, DStR 1938 177, 228; Schneider-Neuenburg Die Untreue, GA 1933 324; Schwinge/Siebert Das neue Untreuestrafrecht (1933) mit Besprechung Gerland, JW 1933 2943; Siebert Der strafrechtliche Schutz des Treuhandverhältnisses durch den neuen § 266 StGB, JW 1933 2242; Siebert Zur Lehre vom Mißbrauch der Vertretungsmacht, ZStaatsW 95 (1935) 629; Zoller Ausdehnung und Einschränkung des Untreuebegriffs in der Rechtsprechung des Reichsgerichts, Diss. Tübingen 1940 = Strafr. Abh. 407. 2. Allgemeines Schrifttum nach 1945. Arzt Zur Untreue durch befugtes Handeln, Festschrift Bruns (1978) 365; Baumann Strafrecht und Wirtschaftskriminalität, JZ 1983 935; Baumann Der strafrechtliche Schutz bei den Sicherungsrechten des modernen Wirtschaftsrechts (1956) – zit.: Sicherungsrechte; Baumann Pönalisierung von Kaufverträgen durch Eigentumsvorbehalt, ZStW 68 (1956) 522; Bruns Die sog. tatsächliche Betrachtungsweise im Strafrecht, JR 1984 133; Burkhardt Zu einer restriktiven Interpretation der Treubruchshandlung, NJW 1973 2190; Cramer Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht (1968); Dunkel Erfordernis und Ausgestaltung des Merkmals „Vermögensbetreuungspflicht“ im Rahmen des Mißbrauchtatbestandes der Untreue (§ 266 I 1. Alternative) (1976); Franzheim Zur Untreue – Strafbarkeit von Rechtsanwälten wegen falscher Behandlung von fremden Geldern, StV 1986 409; Geerds Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz (1990); Gribbohm Treubruch und Vermögensnachteil bei der Untreue – OLG Braunschweig NJW 1965 1193, JuS 1965 389; Güntge Untreueverhalten durch Unterlassen, wistra 1996 84; Haas Die Untreue (§ 266 StGB) (1997); Haft Absprachen bei öffentlichen Bauten und das Strafrecht, NJW 1996 238; Hefendehl Vermögensgefährdung und Exspektanzen (1994); Holzmann Bauträgeruntreue und Strafrecht (1981); John Der Mißbrauch organschaftlicher Vertretungsmacht, Festschrift Mühl (1981) 349; Jüngst Der Mißbrauch organschaftlicher Vertretungsmacht (1981); Kapp Dürfen Unternehmen ihren (geschäftsleitenden) Mitarbeitern Geldstrafen bzw. -bußen erstatten? NJW 1992 2797; Kiefner Zur zivilrechtlichen Genealogie des Mißbrauchstatbestands, Festschrift Stree/Wessels (1993) 1205; Kohlmann/Brauns Zur strafrechtlichen Erfassung der Fehlleitung öffentlicher Mittel (1979); Kühl Umfang und Grenzen des strafrechtlichen Vermögensschutzes, JuS 1989 505; Labsch Grundprobleme des Mißbrauchstatbestandes der Untreue (§ 266 I 1. Alt. StGB), Jura 1987 343 und 411; Labsch Untreue (§ 266 StGB) – Grenzen und Möglichkeiten einer neuen Deutung (1983); Lampe Unternehmensaushöhlung als Straftat, GA 1987 241; Mohr Bankrottdelikte und übertragene Sanierung (1993); Nelles Untreue zum Nachteil von Gesellschaften (1991); Otto Der Betreute als Opfer der Untreue, § 266 StGB, Jura 1991 48; Otto Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes (1970) – zit.: Struktur; Otto Bargelgeldloser Zahlungsverkehr im Strafrecht (1978) – zit.: ZahlVerk; Otto Bankentätigkeit und Strafrecht (1983) – zit.: Bankentätigkeit; Pauly Untreue bei vertragswidrigem Eigenverbrauch der Mieterkaution? ZMR 1996 417; Richter Zur Strafbarkeit externer Sanierer konkursgefährdeter Unternehmen, wistra 1984 97; Riemann Vermögensgefährdung und Vermögensschaden (1989); Sannwald Der gemeinsame Rechtsgedanke von Mißbrauch- und Treubruchtatbestand des § 266 n.F. StGB, Diss. Tübingen 1953; Sax Überlegungen zum Treubruchtatbestand des § 266 StGB, JZ 1977 633, 702, 743; Schauer Grenzen der Preisgestaltungsfreiheit im Strafrecht (1989); Schreiber/Beulke Untreue durch Verwendung von Vereinsgeldern zu Bestechungszwecken – BGH NJW 1975 1234, JuS 1977 656; Seelmann Grundfälle zu den Straftaten gegen das Vermögen, JuS 1982 268, 509, 748, 914, JuS 1983 32; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität 2, Besonderer Teil (1976), S. 54 ff; Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber, JZ 1986 865; Tiedemann Untreue bei Interessenkonflikten, Festschrift Tröndle (1989) 319; Wagner Strafrechtliche Risiken beim MBO, wistra 1992 161; Waßmer Untreue bei Risikogeschäften (1997); Wegenast Mißbrauch und Treuebruch. Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 (1994); Weinmann Gesetzgeberische Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Festschrift Gerd Pfeiffer (1988) 87; Werner Vermögens-, Fonds- und Einlagenverwaltung im zivil- und strafrechtlichen Spannungsfeld pp., Kapitalanlagen, Recht und Steuer 1988 33; Wittig/Reinhart Untreue beim verlängerten Eigentumsvorbehalt, NStZ 1996 467.

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IV. Schrifttum seit 1998. Achenbach Aus der 2003/2004 (pp. bis 2009/2010) veröffentlichten Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, NStZ 2004 549; 2006 614; 2008 503; 2009 621; 2010 621; ders. Schwerpunkte der BGH-Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, Festgabe BGH 50 (2000) 593; Adams Aktienoptionspläne und Vorstandsvergütungen, ZIP 2002 1325; Adick Zum Gefährdungsschaden und zum Eventualvorsatz bei der Untreue, HRRS 2008 460; P.-A. Albrecht In Treue gegen die Untreue, Festschrift Hamm (2008) 1; Aldenhoff/Kuhn § 266 StGB – Strafrechtliches Risiko bei der Unternehmenssanierung durch Banken?, ZIP 2004 103; Allgaier Untreuehandlungen eines Bürgermeisters, DÖV 2003 121; Altenhain/Wietz Die Ausstrahlungswirkung des Referentenentwurfs zum Internationalen Gesellschaftsrecht auf das Wirtschaftsstrafrecht, NZG 2008 569; Altvater § 266 StGB auch heute noch sinnvoll und notwendig, DRiZ 2004 134; Alwart Wirtschaftsstrafrecht im Übergang, JZ 2006 546; Arlt Der strafrechtliche Anlegerschutz vor Kursmanipulation (2004); Arens Untreue im Konzern (2010); Arnold Untreue durch Schädigung des Unternehmens durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung, Jura 2005 844; Arnold Untreue im GmbH und Aktien-Konzern (2006); Arzt Siemens: Vom teuersten zum lukrativsten Kriminalfall der deutschen Geschichte, Festschrift Stöckel (2009) 15; Barta Die Haftung der depotführenden Bank bei churning des Anlageberaters pp., BKR 2004 433; Bauer Untreue durch Cash-Pooling im Konzern (2008); Bauer/Arnold Mannesmann und die Folgen für Vorstandsverträge, DB 2006 546; Beckemper Untreuestrafbarkeit des GmbH-Gesellschafters bei einverständlicher Vermögensverschiebung, GmbHR 2005 592; Becker Das Bundesverfassungsgericht und die Untreue – Weißer Ritter oder feindliche Übernahme, HRRS 2010 383; Behr Kommentar zum Urteil des BGH v. 1.8.2000, BB 2000 2240; Beiner/Lanzius Anmerkung zu BGH v. 13.5.2004 – 5 StR 73/03, NZI 2004 687; Berger Haushaltsuntreue während der Aufbauphase in den neuen Ländern, JR 2002 116; Bernsmann „Kick-back“ zu wettbewerbswidrigen Zwecken – keine Untreue, StV 2005 576; Bernsmann Alles Untreue? Skizzen zu Problemen der Untreue nach § 266 StGB, GA 2007 219; Bernsmann Untreue und Korruption – der BGH auf Abwegen, GA 2009 296; Beukelmann Der Untreuenachteil, NJW-Spezial 2008 600; Beulke Wirtschaftslenkung im Zeichen des Untreuetatbestands, Festschrift Eisenberg (2009) 245; Beulke/ Witzigmann Zum Vorsatz und zum Vermögensnachteil bei Untreuehandlungen durch pflichtwidriges Eingehen von Risiken für fremdes Vermögen, JR 2008 430; Biegelsack Zulässigkeit der Zahlung von Erfolgshonoraren durch Verwalter an Steuerberater, NZI 2008 153; Biermann Die strafrechtlichen Risiken der Tätigkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters (2008); Birkholz Untreuestrafbarkeit als strafrechtlicher „Preis“ der beschränkten Haftung (1998); Bittmann Das BGH-Urteil im sogenannten Bugwellenprozeß – das Ende der Haushaltsuntreue?, NStZ 1998 495; Bittmann Zum Konkurrenzverhältnis von Bestechlichkeit und Untreue, wistra 2002 405; Bittmann Kapitalersatz, der 5. Strafsenat des BGH und das MoMiG, wistra 2009 102; Bittmann Strafrechtliche Folgen des MoMiG, NStZ 2009 113; Bittmann Strafrechtliche Risiken der Insolvenzverwaltervergütung, ZInsO 2009 2036; Bittmann Das Ende der Interessentheorie – Folgen auch für § 266 StGB?, wistra 2010 8; Bittmann Risikogeschäft – Untreue – Bankenkrise, NStZ 2011 361; Bittmann/Richter Zum Geschädigten bei der GmbHund der KG-Untreue, wistra 2005 51; Bittmann/Rudolph Untreue des GmbH-Geschäftsführers trotz Anordnung der Insolvenzverwaltung?, wistra 2000 401; Bosch/Lange Unternehmerischer Handlungsspielraum des Vorstandes zwischen zivilrechtlicher Verantwortung und strafrechtlicher Sanktion, JZ 2009 225; Böttcher Bankvorstandshaftung im Rahmen der Sub-Prime Krise, NZG 2009 1047; Bottke Compliance – Oder: Normbefolgungsbereitschaft von und in Unternehmen, Festschrift Stöckel (2009) 43; Bräunig Untreue in der Wirtschaft (2011); Brammsen Aufsichtsratsuntreue, ZIP 2009 1504; Brammsen Vorstandsuntreue, wistra 2009 85; Brammsen/Apel „Schwarze Kassen“ in Privatunternehmen sind strafbare Untreue, § 266 StGB, WM 2010 781; Brand Die Strafbarkeit des Vorstandes gem. § 266 StGB trotz Zustimmung aller Aktionäre, AG 2007 681; Brand EC-Kartenmissbrauch und untreuespezifische Auslegung, WM 2008 2194; Brand Missbrauch eines Geldausgabeautomaten durch den berechtigten EC-Karteninhaber, JR 2008 496; Brand Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG pp. (2010); Brand Abschied von der Interessentheorie – und was nun? NStZ 2010 9; Brand/Sperling Strafbarkeitsrisiken im Gläubigerausschuss, KTS 2009 355; Brand/Sperling. Legalitätsverstöße in der Aktiengesellschaft als untreuerelevante Pflichtverletzung, AG 2011 233; Brandts/Seier Zur Untreue des Vertragsarztes, Festschrift Herzberg (2008), 811; Brauer Die aktienrechtliche Beurteilung von „appreciation awards“ zugunsten des Vorstandes, NZG 2004 502; Braum Zur Strafbarkeit des „goldenen Handschlags“ wegen Untreue pp., KritV 2004 67; Brüning/ Samson Bankenkrise und strafrechtliche Haftung wegen Untreue gem. § 266 StGB, ZIP 2009 1089;

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Burger Untreue (§ 266 StGB) durch das Auslösen von Sanktionen zu Lasten von Unternehmen (2007); Busch Konzernuntreue (2004); Bussmann/Salvenmoser Internationale Studie zur Wirtschaftskriminalität, NStZ 2006 203; Cappel Der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) in europäischer Perspektive, KritV 2008 94; ders. Grenzen auf dem Weg zu einem europäischen Untreuestrafrecht (2009); Clemente Sicherungsgrundschuld und Untreue, wistra 2010 249; Coenen Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel (2000); Corsten Erfüllt die Zahlung von Bestechungsgeldern den Tatbestand der Untreue?, HRRS 2011 247; Dahl/Schmitz Haftung des GmbH-Geschäftsführers aus § 64 II GmbHG bei Begleichung von Drittverbindlichkeiten mit zuvor von verbundenen Konzerngesellschaften zur Verfügung gestellten Mitteln, NZG 2008 532; Dahs § 266 StGB – allzu oft missverstanden, NJW 2002 272; Daniels Das Mannesmann-Verfahren – Erwiderung zu Jahn, ZRP 2004 270; Dannecker Die strafrechtsautonome Bestimmung der Untreue als Schutzgesetz im Rahmen des § 823 II BGB, NZG 2000 243; ders. Zur Strafbarkeit verdeckter Gewinnausschüttungen pp., Festschrift Samson (2010) 257; Degel/Haase Steuerliche Berücksichtigung von Strafverteidigerkosten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Untreue, DStR 2005 1260; Dehne-Niemann Ein Abgesang auf die Interessentheorie bei der Abgrenzung von Untreue und Bankrott, wistra 2009 417; Dierlamm Untreue – ein Auffangtatbestand? NStZ 1997 534; ders. Neue Entwicklungen bei der Untreue – Loslösung des Tatbestandes von zivilrechtlichen Kategorien?, StraFo 2005 397; ders. Untreue – Ein Korruptionsdelikt?, Festschrift Widmaier (2008) 607; ders. Die Vermögensbetreuungspflicht – ihre Expansion über neue außerstrafrechtliche (auch internationale) Pflichtenkataloge, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Finanzkrise, 201; Dittrich Die Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei der Festsetzung, überhöhter Vorstandvergütungen (2007); Diversy/Weyand Insolvenzverwalter und Untreuetatbestand, ZInsO 2009 802; Dörfel Beihilfe zur Untreue ohne Haupttat oder „Strafbarkeitslücke“, Jura 2004 113; Doster Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Bankmitarbeiter wegen des Verdachts der Untreue, WM 2001 333; Eichhorn/Eichhorn-Schurig Untreue im Kontext der MaK, Kreditwesen 2004 699; Eisele Untreue in Vereinen mit ideeller Zielsetzung, GA 2001 377; Emmerich Anmerkungen zu der Vulkan-Doktrin, AG 2004 423; Englisch Untreue abschaffen – nein danke!, NJW 2005 2974; Faust Zur möglichen Untreuestrafbarkeit im Zusammenhang mit Parteispenden (2006); Feigen Untreue durch Kreditvergabe, Festschrift Rudolphi (2003) 445; Fiebig/Junker Korruption und Untreue im öffentlichen Dienst: Erkennen – Bekämpfen – Vorbeugen, 2. Aufl. (2004); Fischer Der Gefährdungsschaden bei § 266 StGB in der Rechtsprechung des BGH, StraFo 2008 269; ders. Prognosen, Schäden, Schwarze Kassen – aktuelle Diskussionen im Untreue- und Betrugsstrafrecht, NStZ-Sonderheft für Miebach (2009) 8; ders. Strafbarer Gefährdungsschaden oder strafloser Untreueversuch – zur Bestimmtheit der Untreue-Rechtsprechung, StV 2010 95; ders. Risikomanagement und objektive Zurechnung, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Finanzkrise, 190; Fleischer Konzernuntreue zwischen Strafund Gesellschaftsrecht: Das Bremer Vulkan-Urteil, NJW 2004 2867; ders. Das Mannesmann-Urteil des Bundesgerichtshofs: Eine aktienrechtliche Nachlese, DB 2006 542; Flore/Burmann Gemeinnützige GmbH: Strafrechtliche Risiken und Vorsorgemaßnahmen, GmbH-StB 2000 339; Gallandi Die Untreue von Bankverantwortlichen im Kreditgeschäft, wistra 2001 281; ders. Strafrechtliche Aspekte der Asset Backed Securities, wistra 2009 41; Gaßner/Bonmann Zur Strafbarkeit wegen unterlassener Beitragssatzerhöhung nach § 266 StGB, NZS 2009 15; Geerds Zur Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern kommunaler Gesellschaften, Festschrift Otto (2008) 561; Geffers Die Bedeutung des § 134 BGB für die Tathandlungen der Vermögensdelikte (2004); Gehrlein Einverständliche verdeckte Gewinnentnahmen der Gesellschafter als Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten der GmbH?, NJW 2000 1089; ders. Strafbarkeit von Vorständen wegen leichtfertiger Vergabe von Unternehmensspenden, NZG 2002 463; Gercke Ist die Mehrfachnutzung kostenloser Internetzugänge strafbar?, ZUM 2001 567; Gerkau Untreue und objektive Zurechnung pp. (2008); Golombek Der Schutz ausländischer Rechtsgüter im System des deutschen Strafanwendungsrechts (2010); Graf/Link Überhöhte Betriebsratsvergütung – kein neues Betätigungsfeld für Steuerfahnder, NJW 2009 409; Grau/Meshulam/Blechschmidt Der lange arm des US-Foreign Corrupt Practices Act, BB 2010 652; Greeve Korruptionsdelikte in der Praxis (2005); dies. Kann der Verstoß gegen die VOB/B eine Untreue sein?, Festschrift Hamm (2008) 121; dies./Leipold Handbuch des Baustrafrechts (2004); Greeve/Müller Die strafrechtliche Relevanz der Nichteinzahlung des Sicherheitseinbehaltes auf ein Sperrkonto gem. § 17 VOB/B, NZBau 2000 239; Grunst Untreue zum Nachteil von Gesamthandsgesellschaften pp., BB 2001 1537; Günther Die Untreue im Wirtschaftsrecht, Festschrift

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Weber (2004) 311; Hadamitzky/Richter Strafbarkeit bei Missbrauch des Lastschriftverfahrens, wistra 2005 441; Haeser Erfahrungen mit der neuen Rechtslage im Korruptionsstrafrecht und Drittmittelrecht – aus Sicht des Staatsanwalts, MedR 2002 55; Hamm Wie man in richterlicher Unabhängigkeit vor unklaren Gesetzeslagen kapituliert, NJW 2001 1694; ders. Kann der Verstoß gegen Treu und Glauben strafbar sein? NJW 2005 1993; Hanft Strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Einmann-GmbH (2006); ders. Bewilligung kompensationsloser Anerkennungsprämien durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft als Untreue – Fall Mannesmann, Jura 2007 58; Hannich/Röhm Die Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Betrugs- und Untreuestrafrecht, NJW 2004 2061; Hantschel Untreuevorsatz (2010); Hefendehl Neutralisationstechniken bis in die Unternehmensspitze, MschrKrim 2005 444; ders. Auslaufmodell „Vermögensgefährdung“?, Festschrift Samson (2010) 295; Heidel „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – Vergütung von Vorständen nach dem Erfolg des Konzerns – Anknüpfungspunkt für strafrechtliche Haftung? Festschrift Mehle (2009) 247; Hellmann Risikogeschäfte und Untreuestrafbarkeit, ZIS 2007 433; Helmrich „Cross-Border-Leasinggeschäfte“ – ein Fall strafbarer Untreue (§ 266 StGB)?, wistra 2006 326; Hentschke Der Untreueschutz der Vor-GmbH vor einverständlichen Schädigungen (2002); Hilgard Churning, WM 2006 409; Hillenkamp Zur Kongruenz von objektivem und subjektivem Tatbestand der Untreue, Festschrift Maiwald (2010) 323; Höf Untreue im Konzern (2006); Hoffmann/Wißmann Die Erstattung von Geldstrafen, Geldauflagen und Verfahrenskosten im Strafverfahren pp., StV 2001 249; Hoffmann-Becking Vorstandsvergütung nach Mannesmann, NZG 2006 127; Höfler Terminologische und inhaltliche Unterschiede zwischen Zivil- und Strafrecht dargestellt an ausgewählten Beispielen im Rahmen der Untreue und Urkundenfälschung (2009); Hohmann Gedanken zur Akzessorietät des Strafrechts, ZIS 2007 38; Hohmann/Kiethe Der strafrechtliche Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, NStZ 2006 185; Hohn Die „äußersten“ Grenzen des erlaubten Risikos bei Entscheidungen über die Verwendung von Gesellschaftsvermögen, wistra 2006 161; ders. Eigenkapitalregeln, Kompetenzverteilungsordnung und Zustimmungen zu Vermögensschädigungen bei Kapitalgesellschaften, Festschrift Samson (2010) 315; ders./Rönnau Die Festsetzung (zu) hoher Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat – ein Fall für den Staatsanwalt? NStZ 2004 113; Hoppe/Lehleiter Die Haftung des Bankverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2007 178; Hoyer Rechtlich anerkannter Tauschwert als Vermögenswert, Festschrift Samson (2010) 339; Hüffer Mannesmann/Vodafone: Präsidiumsbeschlüsse des Aufsichtsrats für die Gewährung von „Appreciation Awards“ an Vorstandsmitglieder, BB 2003 Beilage 7, Heft 43; Ignor/ Rixen Untreue durch Zahlung von Geldauflagen, wistra 2000 448; Ignor/Sättele Pflichtwidrigkeit und Vorsatz bei der Untreue (§ 266 StGB) am Beispiel der sog. Kredituntreue pp., Festschrift Hamm (2008) 211; Ischebeck Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns und das Strafrecht in der Unternehmenskrise, wistra 2009 95; Jäger Untreue durch Auslösung von Schadensersatzpflichten und Sanktionen, Festschrift Otto (2008) 593; Jahn Lehren aus dem „Fall Mannesmann“, ZRP 2004 179; ders. Nach dem Mannesmann-Urteil des BGH: Konsequenzen für Wirtschaft, Justiz und Gesetzgeber, ZIP 2006 738; Jakobs Bemerkungen zur subjektiven Tatseite der Untreue, Festschrift Dahs (2005) 49; Jerouscheck Strafrechtliche Aspekte des Wissenschaftsbetrugs, GA 1999 416; Jordan Untreue und Betrug durch Zweckverfehlung, JR 2000 133; Joecks Gefühlte Schäden?, Festschrift Samson (2010) 355; Jung, A. Der Sanierungskredit aus strafrechtlicher Sicht (2005); Kaepplinger Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit von Abfindungszahlungen, NZG 2003 573; Kallmeyer Vorstandsbezüge – viel Lärm um nichts?, ZIP 2002 1663; Kargl Die Missbrauchskonzeption der Untreue (§ 266 StGB) – Vorschlag de lege ferenda, ZStW 113 (2001), 565; Kasiske Existenzgefährdende Eingriffe in das GmbH-Vermögen mit Zustimmung der Gesellschafter als Untreue, wistra 2005 81; ders. Aufarbeitung der Finanzkrise durch das Strafrecht? Zur Untreuestrafbarkeit durch Portfolioinvestments in Collateralized Debt Obligations via Zweckgesellschaften, in: Schünemann (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) 13; ders. Strafbare Existenzgefährdung der GmbH und Gläubigerschutz, JR 2011 235; J. Kaufmann Organuntreue zum Nachteil von Kapitalgesellschaften (1999); Keller/Sauer Zum Unrecht der so genannten Bankenuntreue, wistra 2002 365; Keller, R. Strafbare Untreue und Gemeinwohlbindung von Gesellschaftsvermögen, Festschrift Puppe (2010) 1189; Kempf Bestechende Untreue?, Festschrift Hamm (2008) 255; ders. Schwarze Kassen: Effektiver Schaden? Festschrift Volk (2009) 231; Kempf/ Lüderssen/Volk (Hrsg.), Die Handlungsfreiheit des Unternehmers: Wirtschaftliche Perspektiven, strafrechtliche und ethische Schranken (2009) – zit.: Handlungsfreiheit –; dies. (Hrsg.) Die Finanz-

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krise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral (2010) – zit.: Finanzkrise; Kiethe Die zivil- und strafrechtliche Haftung von Vorstandsmitgliedern eines Kreditinstituts für riskante Kreditgeschäfte, WM 2003 861; ders. Die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Bürgermeistern, NStZ 2005 529; ders. Die Unangemessenheit des Honorars – Haftungs„falle“ für Unternehmensberater und -sanierer?, BB 2005 1801; ders. Die zivil- und strafrechtliche Haftung von Aufsichtsräten für Geschäftsrisiken, WM 2005 2122; ders. Die zivil- und strafrechtliche Haftung von Vorstandsmitgliedern einer Sparkasse für riskante Kreditgeschäfte, BKR 2005 177; ders./Hohmann Der strafrechtliche Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, NStZ 2006 185; Kindhäuser Pflichtverletzung und Schadenzurechnung bei der Untreue (§ 266), Festschrift Lampe (2003) 709; ders./Goy Zur Strafbarkeit ungenehmigter Drittmitteleinwerbung, NStZ 2003 291; Klengel/Rübenstahl Zum strafrechtlichen Wettbewerbsbegriff des § 299 StGB und zum Vermögensnachteil des Geschäftsherren bei der Vereinbarung von Provisionen bzw. Kick-Backs, HRRS 2007 52; Knauer Die Kollegialentscheidung im Strafrecht (2001); ders. Die Strafbarkeit der Bankvorstände für mißbräuchliche Kreditgewährung, NStZ 2002 399; Kölbel Die Einweisungsvergütung – eine neue Form von Unternehmensdelinquenz im Gesundheitssystem?, wistra 2009 129; Kort Das „Mannesmann“-Urteil im Lichte von § 87 AktG, NJW 2005 333; ders. Mannesmann: Das „Aus“ für nachträglich vorgesehene Vorstandsvergütungen ohne Anreizwirkung?, NZG 2006 131; Kraatz „Kick-Back“-Zahlungen als strafbare Untreue, ZStW 122 (2010) 521; ders. Zur „limitierten Akzessorietät“ der strafbaren Untreue, ZStW 123 (2011) 447; Krafczyk Kick-Backs an Ärzte im Strafraum pp., Festschrift Mehle (2009) 325; Kramer Strafbewehrte Vermögensbetreuungspflicht des Alleingesellschafters und seiner Organe zu Gunsten der abhängigen GmbH?, WM 2004 305; Krause Konzerninternes Cash Management – der Fall Bremer Vulkan pp., JR 2006 51; ders. Zur Vermögensbetreuungspflicht entsandter Aufsichtsratsmitglieder (§ 101 Abs. 2 AktG) gegenüber dem Entsendenden, Festschrift Hamm (2008) 341; Krawczyk Untreue zum Nachteil einer konzernabhängigen GmbH, NZG 2009 1176; Krekeler/Werner Verdeckte Gewinnausschüttung als Untreue, StraFo 2003 374; dies. Unternehmer und Strafrecht (2006); Krüger Zum Risikogeschäft im Untreuestrafrecht und seinen Risiken, NJW 2002 1178; ders. Genossenschaftsuntreue, ZfgG 2010 221; ders. Neues aus Karlsruhe zu Art. 103 II GG und § 266 StGB, NStZ 2011 369; Kubiciel Gesellschaftsrechtliche Pflichtwidrigkeit und Untreuestrafbarkeit, NStZ 2005 353; Kuhlen Untreue, Vorteilsannahme und Bestechlichkeit bei Einwerbung universitärer Drittmittel pp., JR 2003 231; ders. Anwendungsbereich des § 352 StGB bei Honorarvereinbarungen, JR 2007 202; ders. Gesetzlichkeitsprinzip und Untreue, JR 2011 246; Kutzner Einfache gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzungen als Untreue – die Kinowelt-Entscheidung des BGH, NJW 2006 3541; Lamann, Untreue im GmbH-Konzern: eine Untersuchung zur Anwendung des Untreuetatbestandes auf die konzernierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung (2007); Lang/Eichhorn/Golombek/von Tippelskirch Regelbeispiel für besonders schweren Fall des Betrugs bzw. der Untreue – Vermögensverlust großen Ausmaßes, NStZ 2004 528; Lange Die Belohnung von Vorstandsmitgliedern auf Veranlassung des Aufsichtsrats, ArbuR 2004 83; Laskos Die Strafbarkeit wegen Untreue bei der Kreditvergabe (2001); Lassmann Stiftungsuntreue (2008); ders. Untreue zu Lasten gemeinnütziger Stiftungen – Strafbarkeitsrisiken im Non-Profit-Bereich, NStZ 2009 473; Laub Grenzen der Spendenkompetenz des Vorstands, AG 2002 308; Leipold Strafrechtlicher Pflichtenkatalog des Aufsichtsrats, Festschrift Mehle (2009) 347; Leipold/Schaefer Vermögensverschiebung des GmbH-Geschäftsführers in der Krise – Bankrott oder Untreue?, NZG 2009 937; Leplow Zur Feststellung des Nachteils bei der Untreue, wistra 2010 475; Lesch Zweckwidrige Verwendung von Fraktionszuschüssen als Untreue?, ZRP 2002 159; ders. § 266 StGB – Tatbestand ist schlechthin unbestimmt, DRiZ 2004 135; Lichtenwimmer Untreueschutz der GmbH gegen den übereinstimmenden Willen der Gesellschafter? (2008); Liebers/Hoefs Anerkennungs- und Abfindungszahlungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder, ZIP 2004 97; Livonius Untreue wegen existenzgefährdenden Eingriffs – Rechtsgeschichte?, wistra 2009 91; Loeck Strafbarkeit des Vorstands der Aktiengesellschaft wegen Untreue (2006); Louis Die Falschbuchung im Strafrecht (2001); Lüderssen Die Wiederkehr der „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“ – Eine Warnung, Festschrift Hanack (1999) 487; ders. „Nützliche Aufwendungen“ und strafrechtliche Untreue, Festschrift Müller-Dietz (2001) 467; ders. Die Sperrwirkung der fehlenden Vermögensbetreuungspflicht gemäß § 266 StGB für die Bestrafung nach § 263 StGB wegen unterlassener Aufklärung, Festschrift Kohlmann (2003) 177; ders. Gesellschaftsrechtliche Grenzen der strafrechtlichen Haftung des Aufsichtsrats, Festschrift Lampe (2003) 727; ders. Primäre oder sekundäre Zuständigkeit des Straf-

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rechts?, Festschrift Eser (2003) 163; ders. Bemerkungen zum Irrtum über die Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen im Sinne des § 266 StGB, Festschrift Richter II (2006) 373; ders. Zur Konkretisierung der Vermögensbetreuungspflicht in § 266 Strafgesetzbuch durch § 87 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz pp., Festschrift Schroeder (2006) 569; ders. Finanzmarktkrise, Risikomanagement und Strafrecht, StV 2009 486; ders. Risikomanagement und „Risikoerhöhungstheorie“ – auf der Suche nach Alternativen zu § 266 StGB, Festschrift Volk (2009) 345; ders. Regulierung, Selbstregulierung und Wirtschaftsstrafrecht in: Kempf/Lüderssen/Volk Handlungsfreiheit, 241; Lutter Zur Rechtmäßigkeit von internationalen Risikogeschäften durch Banken der öffentlichen Hand, BB 2009 786; Mansdörfer Die Vermögensverfügung als Nachteil i.S.d. Untreuetatbestandes, JuS 2009 114; Märker/Hillesheim Brennpunkt Finazkrise: Anlegerschutz in Deutschland, ZRP 2009 65; Martin Bankuntreue (2000); Matt Missverständnisse zur Untreue – Eine Betrachtung auch zum Verhältnis von (Straf-)Recht und Moral, NJW 2005 389; ders./Saliger Straflosigkeit der versuchten Untreue, in: Institut für Kriminalwissenschaften Frankfurt a.M. (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung, 1999 S. 217; Marwedel Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz bei § 266 StGB, ZStW 123 (2011) 548; Maurer Untreue bei der juristischen Person unter besonderer Berücksichtigung des Eigenkapital-(ersatz)rechts, GmbHR 2004 1549; Maurer/Odörfer Strafrechtliche Aspekte der GmbH & Co. KG in der Krise (2), GmbHR 2008 412; Meyer Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung, Hessische Städte- und Gemeindenzeitung 2009 306; Michalke Untreue – neue Vermögensbetreuungspflichten durch Compliance-Regeln, StV 2011 245; Mihm Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen (1998); Mödl Pflichten des einzigen Gesellschafters gegenüber „seiner“ GmbH – BGHZ 149, 10, JuS 2003 14; Mölter Untreuestrafbarkeit von Anlageberatern unter spezieller Betrachtung der Vermögensbetreuungspflicht, wistra 2010 53; Momsen Neue Akzente für den Untreuetatbestand – Der Fall „Bremer Vulkan“ im Lichte der Abwendung der neueren Rechtsprechung von der Interessentheorie, Festschrift Schöch (2010) 567; ders./Christmann Untreue im Fall des Lastschriftwiderrufs durch den Insolvenzverwalter – Potenzielle Strafbarkeitsrisiken für die Beteiligten, NZI 2010 121; Mosenheuer Untreue durch mangelhafte Dokumentation von Zahlungen?, NStZ 2004 179; Mosiek Risikosteuerung im Unternehmen und Untreue, wistra 2003 370; ders. Fremdrechtsanwendung – quo vadis? StV 2008 94; Mosiek Neues zur Unmittelbarkeit des Untreueschadens, HRRS 2009 565; Müller-Christmann/Schnauder Durchblick: Zum strafrechtlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens, JuS 1998 1080; Munz Haushaltsuntreue: Die zweckwidrige Verwendung öffentlicher Mittel als strafbare Untreue gemäß § 266 StGB (2001); Murmann Untreue (§ 266 StGB) und Risikogeschäfte, Jura 2010 561; Nack Bedingter Vorsatz beim Gefährdungsschaden – ein „doppelter Konjunktiv“?, StraFo 2008 277; N. Nestler Churning – Strafbarkeit der Spesenschinderei nach deutschem Recht (2009); Niehaus Strafrechtliche Folgen der „Bestechung“ im vermeintlichen Unternehmensinteresse, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.) Der Korruptionsfall Siemens. Analysen und praxisnahe Folgerungen des wissenschaftlichen Arbeitskreises von Transparency International Deutschland (2009); Nuß Untreue durch Marketingkommunikation (2006); Otto Keine strafbare Untreue im Fall Kohl, RuP 2000 109; ders. Untreue der Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften durch Vergabe von Spenden, Festschrift Kohlmann (2003) 187; ders. Untreue durch Übernahme der mit eine Strafverfahren verbundenen Aufwendungen für Unternehmensangehörige durch ein Unternehmen, Festschrift Tiedemann (2008) 693; ders. Dolus Eventualis und Schaden bei der Untreue, Festschrift Puppe (2010) 1247; Paeffgen Ein Gericht verirrt sich, Festschrift Dahs (2005) 143; Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl. (2008), zit.: Park-Bearbeiter; ders./Rütters Untreue und Betrug durch Handel mit problematischen Verbriefungen, StV 2011 434; Pattberg Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Directors einer englischen Limited in Krise und Insolvenz (2010); Pauly Zur Frage des Untreuevorwurfs gegen den Vermieter im Falle zweckwidriger Verwendung der Mieterkaution bei der Gewerbemiete, ZMR 2010 256; Peltzer Das Mannesmann-Revisionsurteil aus der Sicht des Aktien- und allgemeinen Zivilrechts, ZIP 2006 205; Pelz Sponsoring – zwischen Marketing und Korruption, LMuR 2009 50; Perron Das Mannesmann-Verfahren vor den deutschen Strafgerichten, SchwZStr 2007 180; ders. Bemerkungen zum Gefährdungsschaden bei der Untreue, Festschrift Tiedemann (2008) 737; ders. Probleme und Perspektiven des Untreuetatbestandes, GA 2009 219; Piel Strafbarkeit eines GmbH-Gesellschafters wegen Brandstiftung gem. § 306 StGB – Ausdehnung der Untreue-Rechtsprechung auf Eigentumsdelikte, NStZ 2006 550; Poller Untreue durch Übernahme von Geldsanktionen, Verfahrenskosten und Verteidigerhonoraren?, StraFo 2005 274; Preussner/Pananis Risikomanagement und strafrechtliche Verantwortung – Corporate Governance

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am Beispiel der Kreditwirtschaft, BKR 2004 347; Putzke Rechtsprechungsänderung zu § 261 StGB und Neues zum Nachteilsbegriff bei § 266 StGB – oder: Lässt sich Wertloses noch wertloser machen und ist die Erfüllung zivilrechtlicher Pflichten strafbar? – Zugleich eine Besprechung zu BGH, Urt. v. 4.2.2010, § StR 95/09, StV 2010 176; Radtke Einwilligung und Einverständnis der Gesellschafter bei der sog. GmbH-rechtlichen Untreue, GmbHR 1998 311, 361; ders. Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten von ausländischen Gesellschaften mit faktischem Sitz in Deutschland?, GmbHR 2008 729; Radtke/Hoffmann Gesellschaftsrechtsakzessorietät bei der strafrechtlichen Untreue zu Lasten von Kapitalgesellschaften? – oder: „Trihotel“ und die Folgen, GA 2008 535; Ransiek Untreue im GmbH-Konzern, Festschrift Kohlmann (2003) 207; ders. Risiko, Pflichtwidrigkeit und Vermögensnachteil bei der Untreue, ZStW 116 (2004), 634; ders. Untreue zum Nachteil einer abhängigen GmbH – „Bremer Vulkan“, wistra 2005 121; ders. Anerkennungsprämien und Untreue – Das „Mannesmann“-Urteil des BGH, NJW 2006 814; ders. „Verstecktes“ Parteivermögen und Untreue, NJW 2007 1727; ders. Gewerbsmäßige Untreue als Vortat der Geldwäsche, BGH, v. 24.6.2008 – 5 StR 89/08, JR 2008 478; ders. Soziale Verantwortung von Unternehmen im Wirtschaftsstrafrecht, AG 2009 782; ders. Untreue durch Vermögenseinsatz zu Bestechungszwecken, StV 2009 321; ders./Hüls Strafrecht zur Regulierung der Wirtschaft, ZGR 2009 157; ders. Asset backed securities und Strafrecht, WM 2010 869; Reck/Lührs Das Bürgschaftsrisiko als Untreueschaden, ZAP-Ost, 10 Jg. (1999), 251; Reese Vertragsärzte und Apotheker als Straftäter? – Eine strafrechtliche Bewertung des „Pharmamarketings“, PharmaR 2006 92; Reinhold Der Arbeitgeber als Opfer nützlicher Aufwendungen seiner Mitarbeiter, HRRS 2009 107; Rolfs Insolvenzschutz für Wertguthaben aus Altersteilzeit, NZS 2004 561; Rolletschke Die Steuerhinterziehung des „untreuen“ Finanzbeamten, wistra 2005 250; Rönnau Untreue und Vorteilsannahme durch Einwerbung von Drittmitteln? – BGH NJW 2002 2801, JuS 2003 232; ders. „Kick-backs“: Provisionsvereinbarungen als strafbare Untreue pp., Festschrift Kohlmann (2004) 239; ders. Haftung der Direktoren einer in Deutschland ansässigen englischen private company limited by shares nach deutschem Strafrecht pp., ZGR 2005 832; ders. Untreue als Wirtschaftsdelikt, ZStW 119 (2007), 887; ders. Einrichtung „schwarzer“ (Schmiergeld-) Kassen in der Privatwirtschaft – eine strafbare Untreue?, Festschrift Tiedemann (2008) 713; ders. Untreue durch Einrichtung verdeckter Kassen, Bestechung im geschäftlichen Verkehr im Ausland sowie ausländischer Amtsträger, StV 2009 246; ders. Untreue zu Lasten juristischer Personen und Einwilligungskompetenz der Gesellschafter, Festschrift Amelung (2009) 247; ders. Globale Finanzkrise – Quellen möglicher Strafbarkeitsrisiken, in: Schünemann (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) 43; ders. Untreuerisiken durch Cash Pool-Teilnahme für Geschäftsführer einer faktische abhängigen GmbH – ein Ritt auf der Rasierklinge?, Festschrift Samson (2010) 423; ders. (Rechts-)Vergleichende Überlegungen zum Tatbestand der Untreue, ZStW 2010 299; ders. Schadensfiktionen in der Rechtsprechung der Strafgerichte, Festschrift Rissing-van Saan (2011) 517; ders. Die Zukunft des Untreuetatbestandes, StV 2011 753; ders./Hohn Die Festsetzung (zu) hoher Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat – ein Fall für den Staatsanwalt?, NStZ 2004 113; Rose Die strafrechtliche Relevanz von Risikogeschäften, wistra 2005 281; Rotsch Der Vermögensverlust großen Ausmaßes bei Betrug und Untreue, ZStW 117 (2005), 577; Rübenstahl Die Untreue des Rechtsanwalts durch Verwahrung von Mandantengeldern auf eigenen Konten, HRRS 2004 53; ders./Wasserburg „Haushaltsuntreue“ bei Gewährung von Subventionen – Zugleich Besprechung des Urteils des BGH vom 8.4.2003, NStZ 2004 521; Saliger Wider die Ausweitung des Untreuetatbestandes, ZStW 112 (2000) 563; ders. Grenzen der Opportunität: § 153a StPO und der Fall Kohl pp., Beschluss vom 28.2.2001, GA 2005 155; ders. Parteiengesetz und Strafrecht: Zur Strafbarkeit von Verstößen gegen das Parteiengesetz insbesondere wegen Untreue gemäß § 266 StGB (2005); ders. Untreue bei Stiftungen, in: Walz/Hüttemann/Rawert/ Schmidt (Hrsg.), Bucerius Law School: Non Profit Yearbook (2005) 209; ders. Gibt es eine Untreuemode? Die neuere Untreuedebatte und Möglichkeiten einer restriktiven Auslegung, HRRS 2006 10; ders. Kick-Back, „PPP“, Verfall – Korruptionsbekämpfung im „Kölner Müllfall“, NJW 2006 3377; ders. Parteienuntreue durch schwarze Kassen und unrichtige Rechenschaftsberichte, NStZ 2007 545; ders. Abstraktes Recht und konkreter Wille – Anmerkungen zur Einstellung des Mannesmann-Verfahrens nach § 152a StPO, ZIS 2007 476; ders. Rechtsprobleme des Untreuetatbestandes, JA 2007 326; ders. Die Normativierung des Schadensbegriffs in der neueren Rechtsprechung zu Betrug und Untreue, Festschrift Samson (2010) 455; ders./Gaede Rückwirkende Ächtung der Auslandskorruption und Untreue als Korruptionsdelikt – Der Fall Siemens als Startschuss in ein entgrenztes internationa-

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lisiertes Wirtschaftsstrafrecht?, HRRS 2008 57; Saliger/Sinner Korruption und Betrug durch Parteispenden, NJW 2005 1073; Sänger Wirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung (1999); Satzger Die Untreue des Vermieters im Hinblick auf eine Mietkaution, Jura 1998 570; ders. §§ 263 I, 266 I StGB: Untreue des Mieters, JA 1998 926; ders. „Schwarze Kassen“ zwischen Untreue und Korruption pp., NStZ 2009 297; Sauer Zur Strafbarkeit eines Vorstands wegen Untreue auf Grund des Sponsorings eines Sportvereins, wistra 2002 465; Schäfer Schadensgleiche Gefährdung als Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB, JR 2009 289; Scheja Das Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Hinblick auf den Straftatbestand der Untreue gem. § 266 StGB (2006); Schilha Die Aufsichtstätigkeit in der Aktiengesellschaft im Spiegel strafrechtlicher Verantwortung (2008); Schilling Fragmentarisch oder umfassend? Wege strafrechtlichen Zugriffs bei der Veruntreuung fremden Vermögens am Beispiel des deutschen und des italienischen Untreuestrafrechts (2009); ders. Europäische Untreue: das fragmentarische und das umfassende Untreuemodell vor dem Hintergrund europäischer Strafrechtsprinzipien, KritV 2009 289; Schlitt Die strafrechtliche Relevanz des Corporate Governance Codex, DB 2007 326; Schlösser Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer private company limited by shares in Deutschland, wistra, 2006 81; ders. Vertraglich vereinbarte Integritätsklauseln und strafrechtliche Haftung der Unternehmensleitung, wistra 2006 446; ders. Europäische Aktiengesellschaft und deutsches Strafrecht, NZG 2008 126; ders. Der Schaden der Siemens-Entscheidung HRRS 2009 19; ders. Die Darstellung der Schadenshöhe in den Urteilsgründen. Zugleich ein Beitrag zu strafprozessualen Folgen der Rechtsprechung des 1. Senats des BGH zur schadensgleichen Vermögensgefährdung, StV 2010 157; ders. Verfassungsgerichtliche Grenzen einer Subjektivierung des Schadensbegriffs, HRRS 2011 254; ders./ Dörfler Strafrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen den Deutschen Corporate Governance Kodex, wistra 2007 326; Schlüter Bankenhaftung bei fehlgeschlagenen Immobilienerwerbertreuhandmodellen, DZWir 2002 96; Schmid Treupflichtverletzungen, Haushaltsuntreue, in: Müller-Gugenberger/ Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2011) 940 – zit.: M-G/Bearbeiter); Schmitt Untreue von Bank- und Sparkassenverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2006 125; ders. Zur Untreue durch Kreditbewilligung, Festschrift Nobbe (2009) 1009; Schnapp Der Vertragsarzt – Sachwalter der gesetzlichen Krankenkassen? Festschrift Herzberg (2008) 795; Schnauder Zum strafrechtlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens, JuS 1998 1080; H. Schneider Getarnte „Kopfprämien“ – Strafrechtliche Grenzen der Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern, HRRS 2009 484; Schramm Untreue durch Insolvenzverwalter, NStZ 2000 398; ders. Untreue und Konsens (2005); Schramm/Hinderer Die Untreue-Strafbarkeit eines Limited-Directors, § 266 StGB, insbesondere im Lichte des Europäischen Strafrechts, ZIS 2010 494; Schriever Sicherheiten für Akquisitionskredite – Das Untreuerisiko beim Leveraged Buyout einer GmbH, wistra 2006 404; Schröder Untreue durch Investitionen in ABS-Anleihen, NJW 2010 1169; ders. Die Komplexität internationaler Finanzmärkte – Einfallstor für Kriminalität, Kriminalistik 2009 12; Schünemann Haushaltsuntreue als dogmatisches und kriminalpolitisches Problem, StV 2003 463; ders. Organuntreue – Das Mannesmann-Verfahren als Exempel? (2004); ders. Die „gravierende Pflichtverletzung“ bei der Untreue: dogmatischer Zauberhut oder taube Nuss?, NStZ 2005 473; ders. Der Bundesgerichtshof im Gestrüpp des Untreuetatbestandes, NStZ 2006 196; ders. Zur Quadratur des Kreises in der Dogmatik des Gefährdungsschadens, NStZ 2008 430; ders. Die strafrechtliche Beurteilung der Beeinflussung von Betriebsratswahlen durch verdecktes Sponsoring, Festschrift Gauweiler (2009) 515; ders. Der Begriff des Vermögensschadens als archimedischer Punkt des Untreuetatbestandes (Teil 1), StraFo 2010 1, (Teil 2), StraFo 2010 477; ders. (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) sowie ibid., S. 71; Schüppen Transaction-Boni für Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft – Business-Judgement oder strafbare Untreue?, Festschrift Tiedemann (2008) 749; Schwaben Die Bonusmeilenaffäre im Lichte der Untreuerechtsprechung des BGH, NStZ 2002 636; Schwind Zur Strafbarkeit der Entgegennahme von anonymen Parteispenden als Untreue (§ 266 StGB) – dargestellt am Fall Dr. Helmut Kohl, NStZ 2001 349; Sedemund Zivilrechtliche Regressmöglichkeiten bei Verfallsanordnung auf Grund Schmiergeldzahlungen zwecks Auftragserlangung, DB 2003 2423; Seier Die Untreue in der Rechtspraxis, in: Bernsmann/Ulsenheimer (Hrsg.), Bochumer Beiträge zu aktuellen Strafrechtsthemen (2003) 145 – weitestgehend wortgleich auch als: Die Untreue als Allzweckwaffe, in: Kohlmann u.a. (Hrsg.), Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert (2004) 105; ders. Untreue, in: Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht,

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

2. Aufl. (2008) 366 – zit.: Untreue; ders./Martin Die Untreue (§ 266), JuS 2001 874; Seiler Die Untreuestrafbarkeit des Wirtschaftsprüfers (2007); Soyka Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften (2008); Spatschek/Ehnert Übernahme von Geldsanktionen und Verteidigerhonorar durch Unternehmen bei Strafverfahren gegen Mitarbeiter, StraFo 2005 265; Spindler Vorstandsvergütungen und Abfindungen auf dem aktien- und strafrechtlichen Prüfstand – Das Mannesmann-Urteil des BGH, ZIP 2006 349; Steiner Mannesmann-Prozess: Untreue-Vorwurf wäre rechtlich nicht haltbar gewesen, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (ZfK) 2006 1264; ders. Bankenkrise und strafbare Untreue (§ 266 StGB), ZfK 2009 709; ders. Neues BGH-Urteil zu strafrechtlicher „Untreue“ durch Vergabe von Risikokrediten, ZfK 2010 98; Strate Der Preis der Freiheit – strafrechtliche Verantwortlichkeiten in der Finanzkrise, Bucerius Law Journal 2009 78; Strelczyk Die Strafbarkeit der Bildung schwarzer Kassen (2008); Sünner Schwarze Kassen und Untreue – ein Synonym?, ZIP 2009 937; Szebrowski Kick-Back (2005); Taschke Straftaten im Interesse von Unternehmen – auch strafbar wegen Untreue?, Festschrift Lüderssen (2002) 663; ders. Die Strafbarkeit des Vertragsarztes bei der Verordnung von Rezepten, StV 2005 406; Tegtmeier Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Publikumsaktiengesellschaften (1998); Thalhofer Kick-Backs, Exspektanzen und Vermögensnachteil nach § 266 StGB (2008); Thomas Untreue in der Wirtschaft, Festschrift Rieß (2002) 795; ders. Das allgemeine Schädigungsverbot des § 266 Abs. 1 StGB, Festschrift Hamm (2008) 767; Tiedemann Der Untreuetatbestand – ein Mittel zur Begrenzung von Managerbezügen?, Festschrift Weber (2004) 319; Tiedemann Zur Klageerzwingungsbefugnis von Aktionären und GmbH-Gesellschaftern, insb. bei Organuntreue, Festschrift Mehle (2009) 625; Tiedemann GmbH-Strafrecht. §§ 82–85 GmbHG und ergänzende Vorschriften, 5. Aufl. (2010), Sonderausgabe aus Scholz, Kommentar zum GmbHG, 10. Aufl. (2010); Tiedemann Generalklauseln im Wirtschaftsstrafrecht, Festschrift Rissing-van Saan (2011) 685; Tsambikakis Aktuelles zum Strafrecht bei GmbH und GmbH & Co, GmbHR 2005 331; ders. Brennpunkt Wirtschaftsstrafrecht: Aktuelles zur Eingrenzung der Untreue – der langsame Abschied vom „Gefährdungsschaden“?, Strafrechtsreport 2008 443; Ulsenheimer Der Vertragsarzt als Sachwalter der Vermögensinteressen der gesetzlichen Krankenkassen?, MedR 2005 622; Varwig Zum Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens (§ 263 StGB) (2011); Velten Untreue durch Belastung mit dem Risiko zukünftiger Sanktionen am Beispiel verdeckter Parteifinanzierung, NJW 2000 2852; Volhard Die Untreuemode, Festschrift Lüderssen (2002) 675; Volk Untreue und Gesellschaftsrecht. Ein Dschungelbuch, Festschrift Hamm (2008) 803; von Selle Parlamentarisches Budgetrecht und Haushaltsuntreue in Zeiten „Neuer Steuerungsmodelle“, JZ 2008 178; von Westfalen Ackermann, Esser & Co – Clash of Cultures?, ZIP 2004 147; Vortmann Schadensersatzpflicht der kontoführenden Bank wegen pflichtwidriger Verwendung von Fremdgeldkonten, BKR 2007 449; Vrzal Die Versuchsstrafbarkeit der Untreue de lege ferenda? (2005); K.-R. Wagner/Hermann Verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ein-Personen-GmbH, einmal nicht nur steuerrechtlich, BB 1999 608; T. Wagner Die Untreue des Gesellschafters in der einfachen und konzernierten Einmann-GmbH: zugleich eine strafrechtliche Bestimmung des existenzvernichtenden Eingriffs (2005); Wattenberg Zentrales Cash-Management als Untreuetatbestand im Konzernverbund, StV 2005 523; Weber Untreue durch Verursachung straf- und bußgeldrechtlicher Sanktionen gegen den Vermögensinhaber?, Festschrift Seebode (2008) 437; ders. Zum bedingten Vorsatz bei der vermögensgefährdenden Untreue – Bemerkungen zum Kanther-Urteil des BGH, Festschrift Eisenberg (2009) 371; Weidhaas Der Kassenarzt zwischen Betrug und Untreue, ZMGR 2005 52; Wellkamp Organuntreue zum Nachteil von GmbH-Konzernen und Aktiengesellschaften, NStZ 2001 113; Wessing Compliance – oder wie sich der Staat aus der Kriminalprävention stiehlt, Festschrift Volk (2009) 867; ders./ Krawczyk Untreue zum Nachteil einer konzernabhängigen GmbH, NZG 2009 1176; dies. Der Untreueparagraph auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, NZG 2010 1121; Windolph Risikomanagement und Riskcontrol durch das Unternehmensmanagement nach dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) pp., NStZ 2000 522; Winkelbauer Strafrechtlicher Gläubigerschutz im Konkurs der KG und der GmbH & Co. KG, wistra 1986 17; Witte/Mehrbrey Aufsteigende Darlehen im GmbH-Konzern, MDR 2007 7; Wolf Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel (1998); ders. Die Strafbarkeit des ehemaligen CDU-Vorsitzenden Dr. Helmut Kohl nach § 266 StGB, KritJ 2000 531; Wollburg Unternehmensinteresse bei Vergütungsentscheidungen oder: Verstieß die Zahlung der Mannesmann-Prämien gegen das Unternehmensinteresse der Mannesmann-AG?, ZIP 2004 646; Wölper Steuerung des Verhaltens von Gemeindebediensteten im Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln durch Strafrecht? (2006);

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Untreue

Zech Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft (2007); Zieschang Haftstrafe für Verwalter wegen Untreue?, NZM 1999 393; ders. Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH wegen Untreue trotz Zustimmung sämtlicher Geschäftsführer?, Festschrift Kohlmann (2004) 351; Zwiehoff Untreue durch den Aufsichtsrat bei nichtorganschaftlichem Handeln?, Festschrift Eisenhardt (2007) 57; dies. Untreue und Betriebsverfassung – Die VW-Affäre, Festschrift Puppe (2010) 1337. V. Weiteres Schrifttum siehe Fn. 248 (unsittliche und gesetzeswidrige Rechtsverhältnisse), 480 (Risikogeschäfte), 569 (Computermanipulation), 614 (Untreue und Kredit- und Scheckkartenmissbrauch), 917 (Konkurrenzverhältnis zwischen Untreue und Bankrott), 940 (Depotunterschlagung), 1053 (Anerkennungsprämien), 1062 (englische Limited) und Rdn. 230 (Amtsuntreue), 240 (Bankuntreue), 242 (Gesellschaftsuntreue), 267 (Reform), 271 (Ausländisches Recht).

Entstehungsgeschichte Die Untreue, im römischen Recht als furtum1 oder als peculatus behandelt (Mommsen S. 764 ff), im alten deutschen Recht wohl ähnlich in den Diebstahl einbezogen,2 dem Rechtsgedanken nach (Rdn. 1) auch in den sog. actiones famosae (pro socio, tutelae, depositi, mandati) erkennbar,3 erwuchs als vermögensrechtlicher Straftatbestand, aus welcher Wurzel immer (einerseits Wrede S. 21 ff, andererseits H. Mayer Untreue S. 13 f; Mat. I 335), erst in der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532.4 Sie konnte sich jedoch gegenüber dem eindringenden römischen Rechtsdenken nicht behaupten und ging (wieder) im furtum (rei depositae) des Gemeinrechts auf.5 Diesen Platz verlor sie endgültig, als sich unter naturrechtlichem Einfluss der Diebstahl vom Gewahrsamsbruch zum Aneignungsdelikt wandelte, die Unterschlagung ebenfalls als Aneignungsvergehen begriffen wurde, infolgedessen der Begriff des furtum sich auflöste und damit die Möglichkeit entfiel, die Untreue weiter als furtum zu fingieren.6 Aus älteren landesherrlichen Einzelgesetzen über die Bestrafung ungetreuer Amtsleute7 sowie aus der Kriminalisierung (aA Wrede S. 32) der actio tutelae gegen ungetreue Vormünder durch die Reichspolizeiordnung 1577 8 entwickelten sich partikulargesetzlich selbständige Vorschriften über die Untreue in bunter Vielfalt.9 Einige ragen heraus durch den Versuch einer Definition der Untreue, so Art. 398 des von Feuerbach entworfenen BayStGB v. 6.5.1813 (GVBl. 665),10 ferner der gleichlautende (von Wrede S. 83 übersehene) Art. 417 des StGB für die Herzoglich Holstein-Oldenburgischen Lande v. 10.9.1814 (GS Bd. 1 185) sowie § 1329

1

2 3 4

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Mommsen S. 753 f, 737; Sohm S. 455; H. Mayer Untreue S. 15; Dunkel S. 85; Kingsley S. 28. His S. 217 ff; Löning S. 408 f; Sannwald S. 11 f. Dunkel S. 86; Hirschberg S. 79 Fn. 192. Art. 170: „Item welcher mit eyns andern güttern, die jm inn guttem glauben zu behalten vnd verwaren gegeben sein, williger vnnd geuerlicher weiß, dem glaubiger zu schaden handelt, solch missethatt ist eynem diebstall gleich zu straffen“. H. Mayer Untreue S. 14, 16, 22 f; Mat. I 333 f; Draheim § 3; Dunkel S. 88 ff; Sannwald S. 16; Wrede S. 33 ff, 36 ff, 41 f, 58.

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H. Mayer Untreue S. 20 ff, 25 ff, 39; Mat. I 333; Wrede S. 47 ff, 51 ff, 58 ff. H. Mayer Untreue S. 11 ff, 33 ff; Mat. I 333; Wrede S. 30; vgl. auch Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 7 f. Tit. 32 § 3; Wortlaut bei Dunkel S. 89; H. Mayer Untreue S. 34 f; Otto Struktur S. 310; Sannwald S. 18 f; Wrede S. 32. Näher Dunkel S. 92 ff; Wrede S. 82; siehe auch v. Hippel I 327 ff. Gesetzestexte bei Stenglein Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher (1858). Gesetzestext auch in dem Sonderdruck des allg. BayRegBl. „StGB für das Königreich Bayern 1813“ und bei Sannwald S. 25.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Pr. ALR Teil II Tit. 20.11 Ihnen sind jedoch noch fremde Begriffsinhalte beigemischt, wie ihre Aufspaltung in Einzeltatbestände des Diebstahls, der Unterschlagung, des Betrugs, des Partei- und des Geheimnisverrats (Pr. ALR aaO §§ 1331–1376), sogar des Ehebruchs, zeigt (Art. 401 ff BayStGB; Art. 420 ff OldbgStGB). Neben diesen Einzeltatbeständen und neben weiteren Sondervorschriften gegen ungetreue Beamte trat ihre Bedeutung praktisch zurück. Das Verdienst des PrStGB v. 14.4.1851 (PrGS 107) ist es, nach jahrzehntelangen wechselvollen Vorarbeiten12 die Vielfalt jener Einzelbestimmungen in seinem § 24613 durch die Beschränkung auf bestimmte Treueverhältnisse und durch eine allgemeine Fassung der Tathandlungen in einer einzigen Vorschrift vereinheitlicht zu haben. Das StGB des Norddeutschen Bundes v. 31.5.1870 (NBBGBl. 197) hat diese, nun § 266, in der Nr. 1 auf Treueverhältnisse der Güterpfleger und der Massenverwalter erweitert, in der Nr. 3 (= Nr. 2 § 246 PrStGB) an § 36 GewO f.d. Nordd. Bund angeglichen und ferner durch eine neue Nr. 2 ergänzt. Deren Tatbestand erfasste Fälle ungetreuer Verfügung von Privatbevollmächtigten über Forderungen und andere Vermögensstücke ihrer Geschäftsherrn, die bis dahin in der preußischen Rechtsprechung als Unterschlagung, im Sächsischen Strafrecht gleich einer Unterschlagung behandelt worden waren. Er sollte damit einen allgemeinen Schutz von unkörperlichen Vermögensgegenständen schaffen (vgl. u. Rdn. 20).14 Das RStGB v. 15.5.1871 (RGBl. 127) hat den § 266 NBStGB unverändert übernommen. Demzufolge lautete die Vorschrift im Abs. 1: „Wegen Untreue werden mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft: 1. Vormünder, Kuratoren, Güterpfleger, Sequester, Massenverwalter, Vollstrecker letztwilliger Verfügungen und Verwalter von Stiftungen, wenn sie absichtlich zum Nachteile der ihrer Aufsicht anvertrauten Personen oder Sachen handeln; 2. Bevollmächtigte, welche über Forderungen oder andere Vermögensstücke des Auftraggebers absichtlich zum Nachteile desselben verfügen; 3. Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger, Schaffner, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit verpflichtete Personen, wenn sie bei den ihnen übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benachteiligen, deren Geschäfte sie besorgen“. Der Absatz 2 ließ neben der Freiheitsstrafe Geldstrafe zu für den Fall, dass die Tat begangen war, „um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen“. Diese Regelung bestand bis zum Inkrafttreten (am 1.6.1933) des Ges. zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften v. 26.5.1933 (RGBl. I 295), das durch eine vollständig neue Fassung sich von der Kasuistik des ursprünglichen Gesetzes zu lösen, durch eine zusammenfassende Umschreibung des Untreuerechts den Tatbestand zu vereinfachen und die auf dem Boden der ursprünglichen Regelung entstandenen Kontroversen zu überwinden, vor allem aber die Strafbarkeitslücken der bisherigen kasuistischen Fassung zu schließen suchte (Rdn. 6, 9) und die Strafdrohung vor allem durch die Zuchthausstrafe 11 12

13

Wortlaut auch bei Dunkel S. 91 und Anhang III; Wrede S. 66. Darüber eingehend Goltdammer Mat. I Einl. S. VII ff; II S. 559 ff; Draheim § 5; v. Hippel Deutsches Strafrecht I (1925) 314 ff; H. Mayer Untreue S. 47 ff. Wortlaut auch bei H. Mayer Untreue S. 58; Wrede S. 84.

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S. näher Art. 287 Abs. 2 Kgl. Sächs. StGB v. 11.8.1855 in der revidierten Fassung v. 1.10.1868, GVBl. 1855 180; 1868 909; Motive zu § 261 Entw. NBStGB, NBRTVerh. Sten. Ber. Anl. Bd. 3 Aktenstück Nr. 5 S. 76, 78 und Anl. 1 dazu S. CXXVI ff; Dunkel S. 80; H. Mayer Untreue S. 69 ff; Sannwald S. 27; Wrede S. 86 f.

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§ 266

bis zu 10 Jahren für „besonders schwere Fälle“ verschärfte. Im Kern gilt diese Fassung noch heute; doch sind folgende Änderungen eingetreten: 1. Das 3. StRÄndG v. 4.8.1953 (BGBl. I 735, Art. 11) strich mit Wirkung v. 1.10.1953 die im Abs. 2 S. 2 aufgeführten Beispiele besonders schwerer Fälle (der Schädigung des Volkswohls, eines besonders großen Schadens, besonders arglistigen Handelns) teils als einer allgemeinen Regelung der Frage vorgreiflich und daher inopportun, teils als nicht schuldbezogen und daher rechtsstaatswidrig. Zugleich bestätigte es von Gesetzes wegen die Rspr. des RG und des BGH, nach der die gegen Angehörige, Vormünder und Erzieher verübte Tat nur auf Antrag zu verfolgen sei (Art. 1 Nr. 26, Art. 2 Nr. 41; Begr. zum E S. 18, 24; siehe auch die Neufassung des StGB v. 25.8.1953, BGBl. I 1083). 2. Das 1. StrRG v. 25.6.1969 (BGBl. I 645), das die Freiheitsstrafdrohungen vereinheitlichte (Art. 4), änderte als Folge dieser Maßnahme die Androhung der Gefängnisstrafe im Absatz 1 und der Zuchthausstrafe (für besonders schwere Fälle) im Absatz 2; zugleich fasste es diesen Absatz sprachlich neu (Art. 1 Nr. 78). Kraft seines Art. 8 entfiel die bis dahin im Absatz 1 S. 2 zugelassene Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Der hiernach ab 1.4.1970 gültige Wortlaut ist in der Neufassung des StGB v. 1.9.1969 bekannt gemacht (BGBl. I 1445). 3. Mit Wirkung vom 1.1.1975 gab das EGStGB 1974 dem § 266 die Überschrift, strich deshalb im Absatz 1 die Worte „wegen Untreue“, im Hinblick auf § 15 auch das Wort „vorsätzlich“ und gab dem Absatz 3 die geltende Fassung (Art. 326, Art. 19 Nr. 138). Die durch das ÄndG v. 26.5.1933 für die Untreue schlechthin und zwingend eingeführte Androhung kumulativer Geldstrafe wandelte es für den einfachen Tatbestand in eine wahlweise Androhung und beseitigte sie ganz für die besonders schweren Fälle (näher Rdn. 214). In dieser Fassung ist das StGB am 2.1.1975 neu bekannt gemacht (BGBl. I 1). 4. Durch das 2. WiKG v. 15.5.1986 (BGBl. I 721) wurden in Art. 1 Nr. 11 die Spezialtatbestände des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten (§§ 266a und b StGB) geschaffen, um die zuvor im Nebenstrafrecht verstreute Regelung der sog. Sozialversicherungsuntreue (dazu Hübner LK10 Rdn. 115) zu vereinheitlichen und um die infolge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei der Benutzung von Scheck- und Kreditkarten aufgetretene Rechtsunsicherheit (Rdn. 144) zu beseitigen (Hübner LK10 Rdn. 120 f). 5. Durch das 6. StrRG v. 30.1.1998 (BGBl. I 164) wurden in Art. 1 Nr. 62 die bisherigen Abs. 2 und 3 zusammengefasst und zugleich für die besonders schweren Fälle die Verweisung auf § 263 Abs. 3 ausgesprochen. Zur Begründung ist im Entwurf der Bundesregierung auf die „massstabbildende Bedeutung“ der Regelbeispiele für die tatrichterliche Strafzumessung hingewiesen worden (BT-Drs. 13/8587 S. 42). Die in § 266 Abs. 2 ausgesprochene Verweisung auf die lediglich für den Betrugstatbestand, keinesfalls aber für die Untreue passenden Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 (Rdn. 219) ist nirgendwo begründet worden. Im Entwurf der Bundesregierung war noch vorgeschlagen worden, „den Versuch unter Strafe zu stellen, um die Vorschrift insoweit dem Betrug gleichzustellen. Die damit verbundene Vorverlagerung des Strafschutzes erscheint vor allem im Hinblick auf Fälle geboten, in denen hohe Schäden – u.U. in Millionenhöhe – drohen.“ (BT-Drs. 13/8587 S. 43). Diesem Vorschlag wurde jedoch bereits in den Beratungen des Rechtsausschusses nicht gefolgt (BT-Drs. 13/9064 S. 20, ohne Begründung).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Gesetzesmaterialien 1. Goltdammer Die Materialien zum StGB für die Preuß. Staaten, Teil I (1851) Einl. S. VI ff; Teil II (1852) S. 559 ff (zit.: Goltd. Mat. I, II); 2. Sammlung sämtlicher RTDrucks. des Nordd. Bundes im Jahre 1870: Bd. I Drucks. Nr. 5, E StGB mit Motiven (zu §§ 261, 241 S. 124, 130); Bd. II Drucks. Nr. 85, Zusammenstellung des E mit den Beschlüssen der IV. Kommission (§ 261 S. 26); Bd. III Drucks. Nr. 132, Zusammenstellung des E mit den RTBeschlüssen in 2. Beratung (§§ 261/259 S. 55); Bd. III Drucks. Nr. 212, E nach den RTBeschlüssen in 3. Beratung (§ 266 S. 45); Prot. über die BRVerh. des Nordd. Bundes, Session 1870: 2. Sitzg. v. 4.2.1870, § 15 S. 18, Annahme des E i.d.F. der 2. RTBeratung; 22. Sitzg. v. 25.2.1870, § 231 S. 157, Zustimmung zum E i.d.F. der 3. RTBeratung. StenB über die RTVerh. des Nordd. Bundes, I. Leg. Per. Session 1870: 8. Sitzg. v. 22.2.1870, 1. Bd. S. 54, Überweisung des E an eine Kommission; 35. Sitzg. v. 5.4.1870, 2. Bd. S. 685, Annahme des § 261 in 2. Beratung; 53. Sitzg. v. 24.5.1870, 2. Bd. S. 1174, Annahme in 3. Beratung; 3. Bd. (Anlagen) Aktenstück Nr. 5, E StGB mit Motiven (zu §§ 261, 241 S. 76, 78). 3. StenB über die RTVerh. I. LegPer. 1. Session 1871, 3. Bd. Drucks. Nr. 89, E Ges. betr. Redaktion des StGB NB als StGB für das Deutsche Reich (S. 207 1. Sp. „von § 198 an bis § 358 einschlüssig unverändert“; 1. Bd. S. 556 f, 29. Sitzg. v. 5.5.1871 (1. Beratung); 1. Bd. S. 571, 573, 30. Sitzg. v. 8.5.1871 (2. Beratung); 1. Bd. S. 601, 31. Sitzg. v. 9.5.1871 (3. Beratung). 4. Strafrechtsreform: a) Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik: VE 1909 §§ 277, 278, Begr. S. 765; GegenE 1911 §§ 322, 323, Begr. S. 295; Prot. der Strafrechtskommission Nr. 176, Sitzg. v. 23.10.1912, zu § 277 VE (1. Lesung); 269. Sitzg. v. 19.8.1913, S. 15 ff zu § 340 (2. Lesung); E 1913, Bes. Teil nach den Beschlüssen der Strafrechtskommission 1. Lesung und nach der vorläufigen Redaktion der Beschlüsse 2. Lesung, jeweils §§ 340, 341; E 1913 der Strafrechtskommission (nach endgültiger Redaktion) §§ 367, 368. E 1919 §§ 377, 378; Denkschrift zum E 1919 S. 326 ff. E 1922 (E Radbruch) §§ 306, 307, Begr. S. 53 IX. Teil. AE 1925, Reichsrats-Drucks. Nr. 174/24 (Mat. 3. Bd.), §§ 314, 315, Begr. S. 166 f; Fassung nach den Beschlüssen der Reichsratsausschüsse in 1. Lesung unter Berücksichtigung der Anträge der Reichsregierung zur 2. Lesung und von Vorschlägen des Deutschen Sprachvereins, § 350. E 1927, RT III. Wahlp. 1924/27, Drucks. Nr. 3390 (= Mat. 4. Bd.), §§ 348, 349, Begr. S. 179 f; 324. Sitzg. des RT v. 21.6.1927, Bd. 393 StenB S. 10 951 D (Abg. Landsberg); RT IV. Wahlp. 1928, Prot. der 112. Sitzg. des 21. Ausschusses (RStGB) v. 22.1.1930, S. 3 ff; Prot. der 114. Sitzg. des 21. Ausschusses v. 24.1.1930, S. 1 ff; Prot. über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 12. Sitzg. v. 4.3.1930 S. 16 f; Ergebnisse dieser Konferenz, S. 17; E ADStGB 1930 (E Kahl), RT V. Wahlp. 1930, Drucks. Nr. 395, §§ 348, 349; RT V. Wahlp. 1930, Prot. der 34. Sitzg. des 18. Ausschusses v. 16.3.1932, S. 9, 14 f. b) In der nationalsozialistischen Zeit: Sitzungen der Strafrechtskommission: 1. Lesung: 47. Sitzg. v. 20.9.1934 S. 16 ff; 48. Sitzg. v. 21.9.1934, S. 1 ff; 2. Lesung: 100. Sitzg. v. 16.1.1936, S. 1 ff; Überprüfung der 2. Lesung, S. 106; Sitzg. v. 30.10.1936, S. 24 f; Entwürfe der amtlichen Strafrechtskommission, zusammengestellt nach den Vorschlägen der Unterkommissionen, 2. Lesung 1935/36, nach dem Stand v. 1.2.1936 (§ 452), nach dem Stand v. 1.5.1936 (§ 452), nach dem Stand v. 1.7.1936 (§§ 453, 455–457); E mit Begründung 1936/37, §§ 445, 447–449, Begr. S. 273 ff; Kabinettsvorlage 1938, §§ 445, 447–449; Neudruck Juni 1939, §§ 447, 449–451; E Dezember 1939, §§ 452, 454–456. c) Der Nachkriegszeit Mat.: I 178 f (Untreue des Nebenstrafrechts); I 209, 216, 240 (Systematik); I 333 (Gutachten H. Mayer); II BT 367 (Rechtsvergleichung); Niederschriften: Untreue allgemein V 319 (§ 439, Fassung = F der Unterkommission = UK); VIII 135 ff, 138 ff, 267 ff (Referate und Diskussion); VIII 541 (Vorschläge der Sachbearbeiter des BJM); VIII 548 (Vorschläge der UK); VIII 549, XII 610 (F der

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Großen Strafr. Kommission = Gr.StrK); Niederschrift über die 10. Tagung der Länderkommission für die große StrafrReform v. 13.–17.2.1961, S. 125 ff. Besonders schwere Fälle: V 168, 171 (Referat); V 319 (§ 440, F.d. UK); VIII 136 r. Sp., 137 (Referat); VIII 269 (Referat und Diskussion); VIII 541 (Vorschläge der Sachbearbeiter des BJM); VIII 548 (Vorschläge der UK); VIII 549 (§ 440, F.d. Gr.StrK); IX 571 (Untreue im Amt); X 338 ff (Untreue im Amt, Referat und Diskussion); XII 610 (§ 270, F.d. Gr.StrK). Privilegierungen: V 120 ff 123 ff, 133 (Referate und Diskussion); V 243 ff, 247 ff, 253 (Leitsätze und schriftl. Referat); V 254 ff (Vorschläge der Sachbearbeiter des BJM); V 320 (§ 441, F.d. UK). Entwürfe: E 1959 §§ 269, 270; E 1959 II §§ 263, 264; E 1960 §§ 263, 264, Begr. S. 401 ff; E 1962 §§ 263, 264, Begr. S. 433 ff = BTDrucks. IV/650 (nicht verabschiedet, vom Unterausschuß des Rechtsausschusses zu §§ 263, 264 nicht beraten) = BRDrucks. 200/62; Stellungnahme des BR nach Beratung in der 248. Sitzg. v. 13.7.1962, auf Vorschlag des Rechtsausschusses (Sitzg. v. 18.–20.6.1962, S. 34) zu §§ 263, 264 keine Bemerkungen. 5. 3. StRÄndG: BTag 1. Wahlp. 1949, Drucks. Nr. 3713, Art. 1 Nr. 29 (S. 24), Art. 2 Nr. 28 (S. 42); Drucks. Nr. 4250 (S. 7, 28), unveränderte Annahme nach Vorschlag des BTRAussch. (Prot. der 243. Sitzg. v. 10.3.1953, S. 9 zu Art. 1 Nr. 29; der 244. Sitzg. v. 11.3.1953, S. 4 zu Art. 2 Nr. 28); Annahme im BT 256. Sitzg. v. 12.5.1953, StenB S. 13 000 C; 269. Sitzg. v. 10.6.1953, StenB S. 13 273 B; 280/281. Sitzg. v. 3.7.1953, StenB S. 14 073; Zustimmung des BR 112. Sitzg. v. 7.7.1953. 6. 1. StrRG: BT 5. Wahlp., Drucks. V/32 = E StGB 1962, §§ 263, 264, 14. Sitzg. v. 13.1.1966, StenB S. 573 B. Überweisung an den Sonderausschuss; Drucks. V/4094, 1. Schriftl. Bericht des Sonderausschusses, 5. Wahlp., v. 23.4.1969, S. 37, 82 zu § 266 Abs. 2 (auf Grund der 143. Sitzg. v. 21.3.1969, Beratungen S. 3162); S. 39, 40 zu Art. 4 und 8; Drucks. V/4170, Zusammenstellung des E mit den BTBeschlüssen in 2. Beratung; Drucks. 257/69, E in der vom BT beschlossenen F. (S. 13, Art. 1 Nr. 78 = § 266 Abs. 2); BT 232/233. Sitzg. v. 9.5.1969, StenB S. 12 847 A, Annahme; BR 339. Sitzg. v. 30.5.1969, Zustimmung auf Empfehlung des Rechtsausschusses des BR (Sitzg. v. 13./14. 5. 1969, Prot. S. 46–50) nach Vorschlag seines Unterausschusses (Sitzg. v. 9.5.1969, Prot. R. 42/69). 7. EGStGB: Kabinettsvorlage Art. 11, Art. 18 Nr. 126, S. 5, 23; Begr. S. 16*, 65*; BR-Drs. 1/72 S. 5, 25, 194, 243; BT-Drs. VI/3250 S. 5, 23, 194, 243; BR-Drs. 111/73 S. 7, 26, 204, 245; BT-Drs. 7/550 S. 7, 26, 204, 254 (jeweils E Art. 11, 18 Nr. 126); BT 36. Sitzg. v. 24.5.1973, StenB S. 2026 C (Überweisung an den Sonderausschuss); Prot. der 10. Sitzg. des Sonderausschusses 7. Wahlp. v. 14.9.1973, Anlage 1 (Synoptische Zusammenstellung der Beschlüsse der Arbeitsgruppe EGStGB mit Erläuterungen über Art. 18, S. 290); Prot. der 12. Sitzg. des Sonderausschusses v. 21.9.1973, S. 413, 419 (Annahme des Art. 11 i.d.F. des RegE, des Art. 18 Nr. 126 i.d.F. der Arbeitsgruppe); Prot. der 18. Sitzg. des Sonderausschusses v. 7.11.1973, S. 1064 und Anlage 5 (Synoptische Zusammenstellung der Beschlüsse des Sonderausschusses über Art. 18, S. 1123, Nr. 126); BT-Drs. 7/1232 S. 8, 56 (1. Antrag des Sonderausschusses); BT-Drs. 7/1261 S. 3, 19 (1. Bericht des Sonderausschusses); BT 70. Sitzg. v. 12.2.1973, StenB S. 4340 ff, S. 4347 D (2. und 3. Beratung, Annahme). 8. 6. StrRG: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts BT-Drs. 13/8587 S. 22, 42, 43 mit Stellungnahme des Bundesrates in Anlage 2 S. 64; BR-Drs. 164/97 S. 30, 78, 144 f, 147; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. BT-Drs. 13/7164 S. 9, 22, 42 f; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drs. 13/8991 S. 21; Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 13/9064 S. 20.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Übersicht Rdn. A. Wesen der Untreue . . . . . . . . . . . . I. Inhaltsbestimmung und kriminalpolitische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zahlenübersichten . . . . . . . . . . . . III. Untreuetheorien . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Theorienstreit zu § 266 a.F. . . . . 2. Die ältere dualistische Theorie zu § 266 n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Theorienstreit zu § 266 n.F. seit 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . IV. Verhältnis des Missbrauchs- und des Treubruchtatbestandes zueinander . . . . V. Die beiden Untreueformen gemeinsame Unrechtsstruktur und ihr typologisches Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz? Das Problem der Gesetzesbestimmtheit . I. Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . II. Die Täterqualifikation als hinreichend bestimmter Funktionsbegriff . . . . . . . . III. Die Untreuejudikatur des BVerfG . . . .

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C. Der objektive Tatbestand . . . . . . . . . I. Die Grundstruktur des objektiven Untreuetatbestandes . . . . . . . . . . . . . II. Der Missbrauchstatbestand . . . . . . . . 1. Die Täterqualifikation: Obhutsherrschaft in Form einer Verfügungsoder Verpflichtungsbefugnis . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Formen . . . . . . . . . . . . . . . c) Entstehungsgründe . . . . . . . . . . d) Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis kraft Rechtsscheins? . . . . e) Abgrenzung zu Handlangerpositionen f) fremdes Vermögen . . . . . . . . . . 2. Die Tathandlung: der Missbrauch . . . a) Verfügung. Verpflichtung . . . . . . b) Zwischen rechtlichem Können und rechtlichem Dürfen . . . . . . . . . c) Äußerlich einwandfreie Geschäfte . . d) Missbrauch durch Unterlassen . . . . e) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Treubruchtatbestand . . . . . . . . . 1. Unrecht und Struktur des Treubruchtatbestandes . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Grundlagen der täterqualifizierenden Obhutsposition . . . . . . . . . 3. Entstehungsgründe . . . . . . . . . . . a) Gesetz, Behördenauftrag, Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . b) Treueverhältnis: . . . . . . . . . . . aa) erloschene Rechtsverhältnisse . . bb) von Anfang an unwirksame Betreuungsverhältnisse . . . . . . cc) unsittliche und gesetzeswidrige Rechtsverhältnisse . . . . . . . . dd) faktische Geschäftsführung . . .

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Rdn. c) erweiterte, (dritt-)bezogene Betreuungsstellung und das Verhältnis zu § 14 StGB . . . . . . . . . . . . 4. Objekt und Struktur des Betreuungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . a) Vermögensinteressen . . . . . . . . b) Fremde . . . . . . . . . . . . . . . c) Wahrnehmen, betreuen . . . . . . d) Geschäftsbesorgungsverhältnis . . . 5. Zur Abgrenzung im Einzelnen Das Betreuungsverhältnis als Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungsaustauschverhältnisse . . b) Vertragsverhältnisse mit gesetzlichem Inhalt . . . . . . . . . . . . c) andere Gegeninteressen . . . . . . d) Vermögensbeziehungen des Geschäftsherrn mit sich selbst . . . . e) Dienste der Handreichung . . . . . f) Selbständigkeit des Betreuungspflichtigen . . . . . . . . . . . . . g) Abwesenheit von Kontrolle . . . . h) Dauer, Umfang; Haupt- oder Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . i) Bagatellbeträge . . . . . . . . . . 6. Die Tathandlung . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtsakzessorietät als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung? . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtsaffinität bzw. sektorale Zivilrechtsakzessorietät . . . . . . c) gravierende Pflichtverletzung? . . . d) schlichte Schuldnerpflichten . . . . e) Einzelne Formen der Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) durch tätiges Handeln . . . . . bb) durch Unterlassen . . . . . . . cc) Sonderfälle . . . . . . . . . . . (1) Front Running, Scalping . (2) Gebührenschinderei (churning) . . . . . . . . (3) unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . (4) Risikogeschäfte . . . . . . (5) Fallgruppen des Risikogeschäfts . . . . . . . . . . (aa) Warentermingeschäfte . . (bb) Finanzkrise. Kredit- oder Bankuntreue . . . . . . . (cc) gesetzes- oder sittenwidrige Geschäfte . . . . . . (dd) Sanktionierungsrisiko . . . 7. Einverständnis . . . . . . . . . . . . a) Tatbestandsausschluss, Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . b) Wirksamkeit, Vertretung . . . . . . IV. Rechtsprechungsalphabet – Grundprinzipien und Kasuistik . . . . . . . . . . . 1. Grundprinzipien . . . . . . . . . . . 2. Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . .

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Untreue Rdn. V. Vermögensschaden . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Nachteils . . . . . . . . . a) juristischer und ökonomischer Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . b) juristisch-ökonomische Vermittlungslehre, integrierter und personaler Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . c) Anwartschaften (Exspektanzen) . . 2. Vermögensnachteil . . . . . . . . . . a) Kompensation . . . . . . . . . . . b) zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . c) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . 3. Identität des Inhabers der zu betreuenden und der geschädigten Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausbleibende Vermögensmehrung ist kein Schaden . . . . . . . . . . . . . 5. Einzelbeispiele . . . . . . . . . . . . a) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . b) individueller Schadenseinschlag, Zweckverfehlungslehre, Viktimodogmatik . . . . . . . . . . . . . . c) Zerstörung einer Anwartschaft . . 6. Vollendung; das Problem des Gefährdungsschadens . . . . . . . . . . . . a) die Entwicklung in der Rspr. . . . . b) Schwarze Kassen . . . . . . . . . . c) Kriterien, Kasuistik . . . . . . . . d) Schutzzweckzusammenhang . . . . e) Ausschluß des Nachteils durch Vorteilsausgleich . . . . . . . . . . . . f) Vermögensnachteil bei Risikogeschäften . . . . . . . . . . . . . 7. Kausalität und Zurechnung . . . . . . D. Vorsatz. Irrtum . . . . . . . . . . . . I. Strenge Anforderungen? . . . . . . . . II. dolus eventualis; typologischer Vorsatzbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung zum Verbotsirrtum . . . . 1. Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit . . 2. Risikogeschäft . . . . . . . . . . . 3. Überschießende Innentendenz? . . . 4. error in persona . . . . . . . . . . .

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E. Rechtswidrigkeit, Beteiligungsformen, Versuch, Konkurrenzen . . . . . . . . . I. Rechtswidrigkeit und Schuld . . . . . . 1. Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit 2. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . 3. Schuldausschließungsgründe, insb. Verbotsirrtum . . . . . . . . . . . . . II. Täter, Teilnehmer . . . . . . . . . . . . 1. Sonderdelikt, Unterlassen . . . . . . . 2. Teilnehmer, doppelte Strafmilderung . 3. Notwendige Teilnahme; Beihilfe durch neutrales Handeln . . . . . . . . . . 4. Fürsorgepflicht begründet Täterschaft III. Versuch, Vollendung, Beendigung . . . . 1. Straflosigkeit des Versuchs . . . . . . 2. Vollendung, Beendigung . . . . . . .

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Rdn. IV. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . 1. Tateinheit . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zu den Insolvenzstraftaten 3. Fortsetzungszusammenhang . . . . .

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F. Strafzumessung, Nebenstrafrecht und Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . I. Die Strafe . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelstrafe . . . . . . . . . . . . . 2. Besonders schwerer Fall . . . . . . II. Nebenstrafrechtliche Sondervorschriften 1. Depotunterschlagung . . . . . . . . 2. Sozialversicherungsuntreue . . . . . 3. Frühere Sondervorschriften . . . . . III. Verfahrensrechtliches . . . . . . . . . 1. Strafantrag . . . . . . . . . . . . . 2. Wahlfeststellung. . . . . . . . . . . 3. Verletzter . . . . . . . . . . . . . . 4. Hinweispflicht aus § 265 StPO . . . 5. Zuständigkeit . . . . . . . . . . .

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G. Sonderformen: Amts-, Bank- und Gesellschaftsuntreue . . . . . . . . . . . . . . I. Amts-, insbesondere Haushaltsuntreue . 1. Täterqualifikation . . . . . . . . . . 2. Einrichtung und Führung schwarzer Kassen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Fälle . . . . . . . . . . . . . 4. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit . . . . . . . . . . . . . . 6. Kompensation . . . . . . . . . . . . 7. Ämterpatronage . . . . . . . . . . . 8. Fehlleitung öffentlicher Mittel . . . . II. Bank- und Kredituntreue . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 2. Sanierungskredit . . . . . . . . . . . III. Gesellschafts- und Organuntreue . . . . 1. GmbH-Untreue . . . . . . . . . . . . a) Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . b) Geschäftsführer . . . . . . . . . . c) Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . aa) mehrköpfige Organe . . . . . . bb) Einverständnis der Gesellschafter cc) qualifizierter faktischer Konzern 2. Aktienuntreue . . . . . . . . . . . . . a) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . aa) Überwachungsfunktion . . . . bb) Geschäftsführungs- und Vertretungsaufgaben . . . . . . . . . c) Aktionäre . . . . . . . . . . . . . 3. Untreue im Rahmen von Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . 4. Die englische Limited als Exempel ausländischer Gesellschaftsformen . . . . 5. Konzernuntreue . . . . . . . . . . . . H. Reform und ausländisches Recht I. Reform . . . . . . . . . . . . . 1. E 1962 . . . . . . . . . . . . 2. AE 1977 . . . . . . . . . . .

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230 230 230 231 232 233 236 237 238 239 240 240 241 242 243 244 245 248 248 249 250 256 256 258 258 259 261 262 264 265 267 267 267 268

669

§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue Rdn.

3. Untreueversuch . . 4. Reformkonzepte . II. Ausländisches Recht . 1. Österreich, Schweiz

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269 270 271 271

Rdn. 2. Englisches und US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Spanien, Italien . . . . . . . . . . . . 4. Frankreich . . . . . . . . . . . . . .

273 274 275

Alphabetische Übersicht Abbuchungsvollmacht 160 Abgeordneter 127 Abgrenzung Missbrauchs-/Treubruchtatbestand 21 Abgrenzung Untreue/Unterschlagung 42 Abliefern von Geld 87 Abrechnung 183 Abschlussvertreter 43 Abschreibungsgesellschaft 127 Abteilungsleiter 102 Abtretung 127, 174 Abwickler 34 Abzahlungsverkäufer 161 AE 268 AGB siehe Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesellschaft 62 ff, 97, 111 ff, 127, 256 ff Aktienuntreue 256 ff Aktionär 111, 227, 261 aktiver Mehrheitsgesellschafter 247 Alleinauftrag 146 Allgemeine Geschäftsbedingungen 77, 90 Alternativ-Entwurf siehe AE Amt des öffentlichen Dienstes 128 Ämterpatronage 238 Amtsdirektor 80, 129 Amtsuntreue 179 f, 230 ff Amtsverhältnis 128 Amtsvormundschaft 33 Anderkonto 148, 183 Anerkennungsprämie 114 angekoppelte Verwaltungstreuhand 17, 78 f, 90, 155 Angestelltenverhältnis 128 Anlageberater 88, 130 Anscheinsvollmacht 40 ff, 43 f, 47, 62 Anstiftung 203 f, 208 Anwaltsvertrag 130, siehe auch Rechtsanwalt Anwartschaft 103, 164, 166 f, 176, 185 Anwendungsbereich der Untreue 14, 99, 111 Arbeiter 85, 131 Arbeitgeber 112, 131; siehe auch Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag Arbeitnehmer 22, 102, 131; siehe auch Arbeitsvertrag, Arbeitsverhältnis Arbeitsplatzsicherung 199 Arbeitsverhältnis 131 Arbeitsvertrag 76, 90, 108, 131 Architekt 80, 132 AStA 125, 129 Aufbewahren von Geld 82 Aufseher 132 Aufsichtsrat 60, 62 f, 114, 125, 258 ff Auftrag 62, 65, 82 f, 89, 132 Aushilfsverkäufer 132

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Ausländisches Recht 271 ff – Frankreich 275 – Grossbritannien 273 – Italien 274 – Österreich 271 – Schweiz 272 – Spanien 274 – USA 273 Außenverhältnis 21 Aussteuer-Kaufvertrag 143 Austauschgeschäft 22, 58, 76, 78 Austauschverhältnis siehe Austauschgeschäft Austauschverträge 76, 186 Bäckerjunge 83, 91, 133 Bademeister 129, 133 Bagatellbetrag 91 Bahnhofsvorsteher 129 Bankkunde 133 Bankuntreue 240 f Barkaution siehe Kaution Bauherr 154 Baukostenzuschuss 77, 90, 133, 147 Bauträger 133 Beamtenverhältnis Beamter, Untergeordneter 128 Beauftragter 62, 134; siehe auch Auftrag Bedeutungshof 24 f Bedeutungskern 24, 26, 194 bedingter Vorsatz 190 f, 215 Beendigung 207 behördlicher Auftrag 32, 34, 60 Beihilfe 203 ff – durch neutrales Handeln 204 Beistand 34, 134 Beistandschaft 134 Beratungsvertrag 134 Bereicherungsanspruch 134 Besitz 134, 155 Besitzdiener 134 besonderes persönliches Merkmal 203 besonders schwerer Fall 216 ff Bestechung 185, 208 Bestimmtheitsgrundsatz 13, 24 ff, 100, 164 Betreuen 73 Betreuer 34 Betreuung 134 Betreuungspflicht 58, 63 f, 70 ff, 75 ff, 82, 102 – Erweiterte Betreuungsstellung 66 Betreuungsverhältnis siehe Betreuungspflicht Bevollmächtigtenuntreue in RG-Rechtsprechung 39 Bevollmächtigter siehe Stellvertreter

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Untreue Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit 193 Blankett-Straftatbestand 57, 94, 99 Börsengeschäft 116 Börsenmakler 109 bösgläubig 152 Bote 42 f, 135 Bremer Vulkan-Entscheidung 156, 251 Buchführung, unordentliche 107, 182 Buchhalter 135 Bundesligaskandal 185 Bundeswehr 162 Bürgermeister 34, 103, 129 Büroangestellter 135 Business Judgment Rule 97, 117, 256 f

§ 266

Erfolgsdelikt 29 Erfüllungsgehilfe 66 Ermächtigung 31, 35, 51 error in persona 197 Euroscheck siehe Scheckkarte Existenzvernichtungshaftung 251 ff, 263, 265 Exspektanz 166 f

Cash Pool(ing) 136, 253, 265 Churning 110 Compliance 2 Compliancebeauftragter 136 Computerkriminalität 136 Computermanipulation 136, 145 Corporate Compliance s. Compliance Darlehen 76 f, 137, 240 f, 253 Daten, Datenverarbeitung siehe Computermanipulation Depotunterschlagung 222 Diebstahl 20, 102 Dienstfahrt 131 Dienstvertrag 77, 137, 193 Dienstwohnung 80, 174 Dispositionsbefugnis 116, 230 dolus eventualis siehe bedingter Vorsatz Doppelmilderung 203 Drei-Partner-System 144 Dritte 64, 146, 152, 212 Dualistische Theorie, ältere 9 f, 12 Dualistische Theorie, neuere 12 Duldungsvollmacht siehe Anscheinsvollmacht Ehe 33, 66, 138 Ehegatte 35, 47 eigene Interessen 76 eigenkapitalersetzende Darlehen 253 Eigentumsdelikte 20, 73, 81; siehe auch Hantieren mit Sachen Eigentumsvorbehalt 51 f, 76, 138, 155 Eigenverwaltung 45, 72, 142 Ein-Mann-GmbH 45, 72, 254 Einheit der Rechtsordnung 56, 64, 94 Einkassieren von Geld 82, 87 Einkaufsbeamter einer Strafvollzugsanstalt 129 Einkaufskommission 77 Einverständnis bei GmbH 249 Einverständnis des Geschäftsherrn 55, 72, 124, 198 Einwilligung, hypothetische 198 elterliche Sorge 33 f, 138 England 273 entgangener Gewinn 164, 173 Entscheidungstheorie, rationale 117, 241 Entwicklung in der Rechtsprechung 16 f Erbe 52, 157

Factoring 139 faktischer Geschäftsführer 246 faktischer Konzern 250 Falschbuchung 107 Fehlleitung öffentlicher Mittel 239 Feldwebel 162 Filialleiter 131 Finanzbeamter 129 Finanzkrise 120 Finanzmakler 82 Fiskalamt 128 Fleischbeschauer 108 Formularvertrag 77 Forstbeamter 129 Fortsetzungstat 213 Frachtgeschäft 139 Frankreich 275 freihändiger Verkauf 36 fremdes Vermögen 45 Fremdnützigkeit 58, 78, 126 – Verwaltungstreuhand 17 Fremdverwaltung 72 Front Running 109 Friedhofsverwalter 129 Fund 139 Funktionentheorie 212 Ganovenuntreue 64 Garantensonderdelikt 29, 54, 106, 201 Garantenstellung des Täters über fremdes Vermögen 84 ff – Abgrenzung nach Haupt- und Nebenpflicht 90 – Abwesenheit von Kontrolle 86 – Auftrag zu einzelnem Vermögensgeschäft 89 – Dauer der Betreuungstätigkeit 89 – Entscheidungswahlfreiheit 85 – Geschäftsführer 248, 255 – Pflicht zur Vermögensmehrung 85 – qualifizierte Herrschaft über fremdes Vermögen 86 – Selbstkontrolle 86, 89 – Umfang der Betreuungstätigkeit 89 – Zivilrechtsakzessorietät 90 Gasmann 140 Gebührenschinderei 110 Gefälligkeit 140 Gegenvormund 60, 160 Geheimnispreisgabe 160 Geldabholer 140 Geldstrafe 111, 214, 237 Gemeinde 129, 233 Gemeindekassenrendant 129 Gemeinderat 129 Gemeinschuldner 45, 72, 164, 194 Generalvollmacht 160

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Genossenschaft 35, 60, 116, 140 Gerichtsvollzieher 34, 36, 47, 53, 129, 174, 182 Geringwertigkeit 225 Gesamtgut 35; siehe auch Gütergemeinschaft Gesamtstrafe 215 gesamttatbewertendes Merkmal 193 f Geschäfte, gewagte siehe Risikogeschäft Geschäftsbesorgung 58, 62 f, 74 ff, 102 f, 139 Geschäftsführer 35, 47, 65, 72, 83, 245 ff, 263 Geschäftsführung ohne Auftrag 76, 140 Geschäftsführung 112 f, 140, 258 ff Geschäftsverbindung 65, 140 Geschütztes Rechtsgut 23 – strafrechtlicher Vermögensbegriff 165 f Gesellschaft 111, 242 ff Gesellschaften des BGB und des Handelsrechts 242 ff Gesellschafter 35, 227, 244 ff Gesellschafterbeschluss 248 f Gesellschaftertheorie, eingeschränkte 249 ff Gesellschaftertheorie, strenge 249 ff gesellschaftliche Beziehungen 140 Gesellschaftsuntreue 242 ff Gesellschaftsvermögen 45, 212 Gesetz 33, 60 Gesetzesbestimmtheit 24 ff Gesetzespräzision 24 ff Gesetzesvorschlag 26 Gesetzeswortlaut 26 Gewerbegehilfe 140 Gewerberaummiete 147 Gewerkschaft 72 Gläubigerausschuss 60, 142 Gläubigerfonds 154 GmbH 35, 47, 63, 125, 174, 243 ff – Geschäftsführer 245 – Einverständnis der Gesellschafter 249 – faktischer Geschäftsführer 246 – mehrköpfige Organe 248 – Pflichtwidrigkeit 248 ff GmbH-Untreue 243 ff grammatische Interpretation 13 Gratifikationen 111, 114 Grundlagen der Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 32 – behördlicher Auftrag 34 – Beispiele 34 ff – Berufung in ein öffentliches Amt 34 – Gesetz 33 – Rechtsgeschäft 35 Gründungsgesellschafter 244 guten Glaubens 152 Gütergemeinschaft 138; siehe auch Gesamtgut Handelsgesellschaften 242 ff Handelsmakler 146 Handelsvertreter 51, 62, 141 Handkasse 128 Handlangertätigkeit siehe Hantieren mit Sachen Handlungsagent 43 Handlungseinheit 213 Handlungsgehilfe 141 Handlungsvollmacht 35, 40, 141 Hantieren mit Sachen 22, 44, 47, 76, 81, 83, 88 f, 126

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Hauptpflicht 58, 74, 90, 98 Hauptvollmacht 160 Hausangestellter 141 Haushaltstitel 230 ff Haushaltsuntreue 230 ff Hausmeister 141 Hausverwaltung 141 Herrschaft über fremdes Vermögen 21 ff, 29 – Abgrenzung zu: – Arbeitnehmer 22 – Austauschgeschäfte 22 – Eigentumsdelikte 22 Herrschaftsprinzip 21 f, 26, 43, 54, 58 f, 61 ff, 102 ff Hinweispflicht 228 historische Interpretation 13, 15, 19 Identität von Betreutem und Verletztem 101 Identität von Vermögensinhaber und Geschädigtem 172 Individualanspruch 45 individueller Schadenseinschlag 175, 187, 232 f Inhaltsbestimmung 1 ff Inkasso 51, 62, 78, 142 Inkassobevollmächtigter 43 Inkassobote 43 Inkassobüro 142 Inkassoermächtigung 51 Inkassogeschäft 142 Inkassovertreter siehe Inkassobevollmächtigter Innenverhältnis 21 Innung 174 Inputmanipulation 136 Insolvenzverwalter 31, 45, 60, 72, 142, 172 Insolvenzverwaltung 142 integrierter Vermögensbegriff 167, 170, 178 Interessentheorie 211 f Irrtum 189 ff Italien 274 Jugendamt 33 f juristisch-ökonomische Vermittlungslehre 166 juristischer Vermögensbegriff 165 Kanther-Entscheidung 179 f, 184, 196 Kapitalanlagegeschäft 143 Kapitalgesellschaft 60, 93, 179 Kassenarzt 143 Kassenbote 82, 86, 89, 143 Kassenhalter siehe Kassierer Kassenverwalter 129 Kassierer 44, 83, 86, 102, 143 Käufer 143 Kaufvertrag 76, 138, 143 Kaution 147 Kellner 83, 143 Kick back 5, 107, 167, 173 Kinowelt-Entscheidung 98, 256 Kölner Müllskandal I 49 Kölner Müllskandal II 179, 254 Kohl-Fall 184 Kommanditgesellschaft 262 f

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Untreue Kommissionär 31, 35, 47, 144, siehe auch Einkaufsoder Verkaufskommission Kommissionsvertrag 144 Kompensation 112, 115, 121, 169, 178, 184 ff, 195, 232 ff Konkurrenzen 208 ff – Alternativität 211 f – Fortsetzungszusammenhang 213 – Tateinheit, Tatmehrheit 208 ff – Verhältnis zu – Abgabenüberhebung 208 – Amtsanmaßung 208 – Bankrott 208, 211 – Bestechlichkeit 208 – Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr 208 – Betrug 208 – Computerbetrug 208 – Diebstahl 208 – Erpressung 208 – Gebührenüberhebung 208 – Hehlerei 208 – Insolvenzstraftaten 211 – Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten 144, 209 – Parteiverrat 209 – Postgeheimnisbruch 209 – Rechtsbeugung 209 – Steuerhinterziehung 209 – Unterschlagung 210 – Urkundenfälschung 210 – Urkundenunterdrückung 210 – Verwahrungsbruch 210 – Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt 210 Konkursverwaltung 142 Kontrolle, Abwesenheit von 21, 86 Konzern 144 Körperschaftstheorie, eingeschränkte 249, 252 Körperschaftstheorie, strenge 249 Korruption 2, 5, 185 Kostenbeamter 128, 134 Kostenfestsetzungsbeamter 129 Kraftfahrer 81 Krankenkassensekretär 144 Kreditgeschäft 116, 139 Kreditkarte 144 Kredituntreue 240 f Kriminalisierung durch Privatrecht 77 Kriminalpolitische Bedeutung 1 ff Ladenangestellter 44, 141 Lagerverwalter 145 Landmesser 108 Landrat 129 Lastschrifteinzugsermächtigung 160 Lastschriftermächtigung 145 Lastschriftverfahren 77 Laufbursche 145 Leasing 145 Leasinggeschäft 147 Legalitätspflicht 121 Lehrer 129 Lehrstuhlinhaber 129

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Leihvertrag 145 Leistungsaustauschverhältnisse 76, 186 Leistungsträger 153 Leistungsverzug 183 Leiter einer Dienststelle 129 Leiter einer Sparkasse 129 Limited 264 Liquidator 34 f, 159 Locher 136, 145 Lotterieeinnehmer 128 Macht- und Einflussstellung auf das fremde Vermögen 26 Makler 146 Maklervertrag 146 Mannesmann-Fall 16, 49, 98, 111, 114, 193, 200, 260, 270 Mehrerlösvereinbarung 146 Miete 76 f, 90 Mieter 147 Mietvertrag 147 Mietvorauszahlung 147 Milchmann 140 Missbrauch 46 ff – Außenmacht größer als Innenmacht 47 – durch Unterlassen 53 – rechtliches Können 47 – rechtliches Dürfen 47 – von Scheck- und Kreditkarten (§ 266b StGB) 13, 144 – Zivilrechtsakzessorietät 47 ff Missbrauchstatbestand 30 ff – Abgrenzung zum Treubruchtatbestand (Theorienstreit) 6 ff – ältere dualistische Theorie 9 – Missbrauchstheorie 7 – streng monistische Theorie 12 – Treubruchtheorie 8 – typologische Theorie 20 ff – bei äußerlich einwandfreien Geschäften in ungetreuer Absicht 51 – bei hoheitlicher Befugnis 46 – bei Handeln des Boten 42 – bei Rechtsscheinstatbeständen 41 Missbrauchstheorie 7 mitbestrafte Nachtat 208, 213 Monistische Theorie, eingeschränkte 12 ff Monistische Theorie, strenge 12 ff Mündel 53, 80, 108, 129 mutmaßliches Einverständnis 198 Nachlasspfleger 34, 148 Nachlasspflegschaft 34, 148 Nachlassrichter 34, 148 Nachlassverwalter 34, 148 Nachtat, mitbestrafte 213 Nachteil siehe Vermögensnachteil Nebenabreden 90 Nebenpflicht 90 Nebenstrafrechtliche Sondervorschriften 222 f Nießbrauch 148 Nießbraucher 148

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

normatives Tatbestandsmerkmal 99, 192 f Notar 36, 72, 108, 148 Notstand 199 notwendige Teilnahme 204 Nullsummenspiel 117, 187 Nutzungspfand 149 Oberbürgermeister 129 Oberkreisdirektor 129 Obhutsstellung 29 ff, 58 ff, 69, 90, 101, 190, 194, 201 offene Handelsgesellschaft siehe OHG Öffentlicher Dienst 128, 236 OHG 35, 45, 47, 262 Operator 136, 149 Organ 31, 66, 68, 121, 125, 180, 188, 201, 211, 230 ff, 240, 242 ff – mehrköpfiges 248 Organuntreue 2 f, 149, 242 ff Österreich 254 Pächter 76, 148 Parallelwertung in der Laiensphäre 193 Parkuhren 140 Parkwächter 132 Parteispende 111 personale Vermögenslehre 166 Personengesellschaft 125, 172, 262 f Pfandgläubiger 149 Pfarrpfründe 159 Pfleger 34, 38, 63, 80, 172 Pflegschaft 66, 150 Pflichtenkollision 199 Pflichtverletzung 93 ff – Begriff 92 – Pflichtenkreis 58 – Verstoß gegen die Betreuungspflicht 102 – Zusammenhang mit dem Vermögensnachteil 185 Pflichtwidrigkeit bei GmbH 248 ff Pflichtwidrigkeit 55, 92, 96, 98, 107, 112 ff, 163, 193 ff, 198 Polizeibeamter 44, 150 Portokasse 128 Postbeamter 129 Postbote 150 Professor 129 Programmierer 136, 150 Prokura 35, 47, 62, 150 Prokurist 50, 193, 205 f; siehe auch Prokura Provision 101, 103 quaternio terminorum 13 Quittungsüberbringer 43, 91, 151 Realakt 16, 43, 56, 102 Rechnungsprüfungsbeamter 129 Rechtfertigungsgründe 94, 199 Rechtsanwalt 58, 60, 63, 101, 103, 105, 108, 152 Rechtsberater 63 Rechtsbestand (Beispiele) 38 Rechtsgeschäft 35, 60

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Rechtsgut 23 – Angabe des geschützten Rechtsguts 26 Rechtspfleger 129 Rechtsschein 37 ff, 152 – bei Vertrauensschutz 37 ff Rechtswidrigkeit 198 f – Rechtfertigungsgründe 199 Reform 267 ff Regelbeispiel 218 f Regelstrafe 214 Regierungsinspektor 129 Reisebüro 78, 82, 153 Reisender 153 Reiseveranstalter 78, 153 Reiseverkehr 153 Repräsentationsaufwand 112 Revierförster 129 Richter 129 Risikogeschäft 55, 115 ff, 187, 195 – Beispiele 118 ff – Abgrenzung 116 f – Einverständnis des Geschäftsherrn als Tatbestandsproblem 124 f – rationale Entscheidungstheorie 117 – Vorsatz 195 – Warentermingeschäfte 119 Sachbearbeiter 136, 145 Sachwalter 45, 142 Sanierer 154 Sanierungskredit 241 Scalping 109 Schaden siehe Vermögensschaden Schadensausgleich 164, 169, 186, siehe auch Kompensation Schaffner 154 Schalterbeamter 44, 47, 81, 154 Scheckkarte 10, 43, 77, 144, 154 Scheckkartenentscheidung 10 ff, 17, 144 Schlüsselgewalt 33, 47, 138 Schmiergeld 103, 154, 185 Schuldausschließungsgründe 200 Schuldnerpflicht, schlichte 62, 80, 101, 103, 105 Schulsparkasse 129 Schutzzweckzusammenhang 98, 185 schwarze Kasse 163, 173, 179 f, 231 – Nichtanmeldung 180 Schweigen 53 Schweiz 272 Selbständigkeit des Betreuungspflichtigen 21, 44, 58, 74, 82 ff – besondere Vertrauensstellung 82 – eigene Abrechnungskompetenz 88 – Ermessensspielraum 82 – extensive Interpretation 87 Sequester 34 Sicherheitseinbehalt 154 Sicherungsabtretung siehe Sicherungszession Sicherungsgeber 41, 78 f, 155 Sicherungsnehmer 79, 155 Sicherungstreuhand 14, 79 Sicherungsübereignung 78, 90, 138, 155

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Untreue Sicherungszession 51, 78, 155 Siemens-Fall – Darmstadt 100, 103, 179 f – Erlangen 98, 184, 185, 187, 261 Sittenwidrigkeit/ sittenwidrige Geschäfte 39, 49, 64 Sonderdelikt 201, siehe auch Garantensonderdelikt Sozialversicherungsuntreue 131, 223 Spanien 274 Sparkasse 125, 129, 132 Sparkassendirektor 116 Speditionsgeschäft 156 Spekulationsgeschäft 117, 119 Spende(nuntreue) 97 ff, 111 ff Spendensammler 156 Spezialität des Missbrauchstatbestands 18 f Stadtdirektor 129 Stadtkämmerer 80, 129 Stadtsekretär 129 Stammkapital 63, 249 ff, 253 ff Stammkunde 176 Statistik 5 Stellvertreter 43, 82 Stellvertretung, verdeckte 172 Steuerbehörde 128, 131 Steuerberater 60, 108, 156 Steuerberatung 156 Steuerfestsetzung 129 Steuerpflicht 156 Steuerpflichtiger 156 Stiftung 35, 97 Strafanstaltsleiter 129 Strafantrag 224 f Strafe 214 ff – besonders schwerer Fall 216 ff – Regelstrafe 214 Strafrechtlich-funktionale Interpretation der Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 43 Strafrechtsautonome Bestimmung des Missbrauchstatbestandes 47 f Strafzumessung 215 Strohmann 63, 66, 246 Stromableser 81 Submission 182 Substitut 66 ff, 201 Subsumtion 194 Subsumtionsirrtum 190, 192, 194 f, 200 Subvention 156 Systemanalytiker 156 Tankkarteninhaber 157 Tatbestandsirrtum 153, 155 Täter – Rechtsprechung (Alphabet) 126 ff Täterschaft und Teilnahme 201 ff – notwendige Teilnahme 204 – Sonderdeliktscharakter 201 – Teilnahme 203 ff – Unterlassensproblematik 202 Tathandlung – des Missbrauchstatbestandes 46 ff – tatsächliche Einwirkung auf das zu betreuende Vermögen 106

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– tätiges Handeln/Beispiele 107 – Unterlassen/Beispiele 108 tatsächliches Treueverhältnis siehe Treueverhältnis Taxifahrer 81, 157 Techniker 157 Testamentsvollstrecker 34, 38, 116, 157 Testamentsvollstreckung 157 Theorien 6 ff – monistische 10 ff – eingeschränkt monistische 12 – dualistische 9 ff, 12 Tippgemeinschaft 157 Treubruchtatbestand 56 ff – Abgrenzung zum Missbrauchstatbestand 6 ff – ältere dualistische Theorie 9 – Missbrauchstheorie 7 – streng monistische Theorie 12 – Treubruchtheorie 8 – typologische Theorie 20 ff Treubruchtheorie 6, 8 Treueverhältnis 58, 61 ff – rechtsunwirksames 63 – unsittliches 64 Treuhand 14 Treupflicht 21 f, 58 Trihotel-Entscheidung 251 typologische Rechtsfindung 74 typologische Theorie 20 ff Typus „Untreueunrecht“ 21 – zentrale Merkmale 21 Typus der Untreue 20, 72 Typusbegriff 74, 113 Typusmerkmale 74, 85, 113 Überschreitung Innen- und Außenmacht 47 Übersicherung 79, 155 Übertragung der Fürsorgepflicht 66 unbenannter besonders schwerer Fall 219 Unbestimmtheit 3, 27 ff Unrechtsbewusstsein 193 Unrechtskern 1, 6, 58 Unselbständige Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen 81 – Handreichungsdienste 81 – Privilegierter Zugang zu fremdem Vermögen 81 Unterlassen 53 f, 78, 106, 108, 202 Unternehmensberater 158 Unterschlagung 15 f, 51 f, 58, 205, 210, 226 Untervollmacht 160 Untreue als Verratstatbestand 23 Untreue gegen die Person 23 Untreuejudikatur des BVerfG 27 f USA 273 Vagheit der Umgangssprache 24 Vater 63, 80 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§ 265 StPO) 19 Veräußerungsvertrag 76 Verbotsirrtum 193 f, 200 verdeckte Gewinnausschüttung 249, 254 verdeckte Stellvertretung 172

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Verein 35, 80, 159 Vereinbarkeit mit dem GG 24 ff Verfahrensrecht 224 ff – Hinweispflichten 228 – Strafantrag 224 f – Verletzter 227 – Wahlfeststellung 226 Verfassungsmäßigkeit des § 266 24 ff Verfügung 46 ff Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 30 ff – erloschene Vertretungsmacht 37 ff – fehlendes / unwirksames Innenverhältnis 55 – Rechtsschein 37 ff – Vertrauensschutz 37 ff Verfügungs-/Verpflichtungsmacht 38 – außerstrafrechtliche Rechtsbeständigkeit 38 – Zivilrechtsabhängigkeit 39 Verfügungsberechtigung 164 Vergleichsverwalter 69 Verhältnis von Missbrauchs- und Treubruchtatbestand 18 f Verhältnis zu § 14 StGB 66 Verhältnis zu GG und MRK 24 ff Verjährung 207, 213 Verkäufer 143 Verkaufskommission 77 f Verletzter i. S. d. Verfahrensrechts 225, 227 Verlustzuweisung 127 Vermieter 147 Vermittlungsmakler 146 Vermögen juristischer Personen 72 Vermögen 23 ff, 165 ff Vermögensbegriff 165 ff Vermögensdelikt 23 Vermögensfürsorgepflicht 59, siehe auch Betreuungspflicht – Abgrenzung zum Austauschverhältnis 58 – Abgrenzung zur Schuldnerpflichtverletzung 101 ff – Begründung durch tatsächlichen Eintritt in Herrschaftskreis 58 – Einschränkungen 58 – Erloschene Rechtsverhältnisse 62 – Fremdnützigkeit als Abgrenzungskriterium 58 – Fürsorgepflicht als Hauptpflicht 58 – Ganovenuntreue 64 – Grundlage 60 – Konsequenz aus Herrschaftsposition 59 – Missbrauch der Herrschaftsposition 67 – Rechtsunwirksame Betreuungsverhältnisse 63 – Selbständigkeit der Position des Fürsorgepflichtigen 58 – Pflicht zu Unterlassung abredewidriger Verfügung 78 – Unabhängigkeit vom Zivilrecht 61 – Unsittliche und rechtswidrige Rechtsverhältnisse 64 – Übertragung auf Substitute 66 – Verletzung 92 – Verletzung fremden Vermögens von innen heraus 58 – Widerstreit verschiedener Interessen 72 Vermögensgefährdung 166, 178 ff

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Vermögensinteresse 71 – fremdes 72 – Identität des zu betreuenden und des verletzten 101, 172 Vermögensnachteil, Vermögensschaden 164 ff – Anwartschaften 164, 167, 176 – Identität von Vermögensnachteil und Vermögensschaden 164 – individueller Schadenseinschlag 175 – Schadenskompensation, Schadensausgleich 186 – Vorteilsausgleich 186 – Zerstörung einer Anwartschaft 176 – Zweckverfehlungslehre 175 Vermögensträger 172 Vermögensverwaltung 159 Verpächter 148 Verpflichtung 46 Verpflichtungsbefugnis 30 ff Verschleierung 107, 213 Verschwendung öffentlicher Mittel 235 Versteigerung 36, 53, 159 Versuch 177, 179, 206, 232 Verteidigerhonorar 237 Vertragliche Verabredung gesetzlicher Pflichten 77 Vertragskonzern 250, 266 Vertrauen in die Redlichkeit von Rechts- und Wirtschaftsverkehr 23 Vertreter 43 – einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft 129 – Inkassovertreter 43 – mit gebundener Marschroute 43 Vertreterhaftung 67 f, 201 Veruntreuung 16, 41, 43 f, 52, 59, 81, 226 Verwahrung 76, 159 Verwalten 26 Verwaltungstreuhand 14 Verwandtschaft 140 Verzug siehe Leistungsverzug Viktimodogmatik 1, 4, 20, 58, 87, 175 Vollendung 177 ff, 207 Vollmacht 31, 35, 39 f, 44, 50, 152, 160 – Abbuchungsvollmacht 160 – Untervollmacht 160 Vollstreckungsschuldner 45, 53 Vorgesellschaft 244 vorsatzloses Werkzeug 124 Vormund 34, 38, 62, 80, 108, 116 f, 160, 174, 176, 187, 224 f Vorsatz 189 ff – Abgrenzung des bedingten Vorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit 190 ff – Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit 193 – Risikogeschäfte 190, 195 – Subsumtionsirrtum 190, 194 f – Tatbestandsirrtum 192 ff Vorsatzbegriff – kognitiver 191 – philologischer 191 – typologischer 191 Vorstand 35, 47, 62 f, 66, 97 f, 111 ff, 125, 160, 240, 256 ff Vorteilsausgleich siehe Kompensation

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Untreue Wachmann 132 Wahlfeststellung 226 Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen 58, 73 f, 78, 83 Warentermingeschäft 119, 140, 161 Wechselgläubiger 161 Wechselschuldner 161 Werkvertrag 76 f, 161 Wettbewerbsverbot 62, 141 wirtschaftlicher Vermögensbegriff 165 Wirtschaftsprüfer 60, 161 Wirtschaftsstrafkammer 229 Wohnungsverwalter 161

Zeitungsfrau 140 Zession, stille 152 Zivilrechtsaffinität 71, 94, 124 Zivilrechtsakzessorietät (auch: fehlerhafte) 39 f, 43, 47, 52 f, 57, 61, 64, 70, 90, 93 ff, 255 Zivilrechtsakzessorische Ausgestaltung des Missbrauchstatbestandes (Kritik) 47 Zugführer 162 Zuordnung zum Missbrauchs-/Treubruchtatbestand im Einzelfall 49 ff Zwangsverwalter 45, 80, 159 Zweckverfehlungslehre 175 Zweistufentheorie 93 ff, 98

A. Wesen der Untreue I. Inhaltsbestimmung und kriminalpolitische Bedeutung Die Interpretation des Untreuetatbestandes sieht sich mehreren Herausforderungen 1 gegenüber: Zum ersten stellt sich die Aufgabe, ein Gesetz aus der Frühzeit des nationalsozialistischen Staates, das freilich im Kern auf Überlegungen aus der Weimarer Zeit aufbaute, im Geiste der heutigen freiheitlich-demokratischen Grundordnung auszulegen. Ferner muss § 266 als Baustein eines – bis heute nur in Umrissen erkennbaren – Vermögensstrafrechts verstanden und ausgestaltet werden, das die Balance zwischen Handlungsfreiheit, Rechtsgüterschutz durch Strafrecht und ultima-ratio-Prinzip herzustellen hat. Hierbei kommt dem Untreuetatbestand die Aufgabe zu, die unter viktimodogmatischen Aspekten schutzlose, d.h. vom Rechtsgutsträger nicht ausreichend absicherbare Rechtsgutsflanke gegenüber den gerade zum Schutz des Vermögens bestellten Personen mit den Mitteln des Strafrechts zu bewehren – im Unterschied zu den sozial unerträglichen Angriffsformen „von außen“, namentlich den durch die §§ 253 und 263 perhorreszierten Angriffsformen der Gewalt, der Drohung und der Täuschung. Weil sich der Vermögensträger gegenüber seinem eigenen Verwalter zivilrechtlich nicht wirksam schützen kann, wirkt das Strafrecht hier sogar als sola ratio zum Rechtsgüterschutz, wodurch § 266 dem (verfassungsrechtlich verankerten)15 ultima-ratio-Prinzip insoweit eo ipso genügt. Die Abgrenzung des Strafbarkeitsbereichs zur Handlungsfreiheit des Vermögensverwalters16 obliegt deshalb vor allem dem Tatbestandsmerkmal des „Vermögensnachteils“, das zugleich für die Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz den entscheidenden Prüfstein bildet (näher u. Rdn. 163 f sowie zur neuerdings vordringenden, aber irrigen Auffassung, dass diese Schlüsselstellung dem Merkmal der Pflichtverletzung zukomme, u. Rdn. 95 ff). Weil § 266 zwei Tatbestandsalternativen vorsieht (den sogenannten Missbrauchs- und den sogenannten Treubruchtatbestand), ist es von Anfang an umstritten geblieben, ob

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BVerfGE 39 1, 47; 88 203, 258; 90 145, 213 (abw. Meinung Sommer); 92 277, 326; 96 10, 25; 120 224, 239 f, 256, 264 (abw. Meinung Hassemer); Landau ZStW 121 (2009) 965, 971 f. Zu dieser dialektischen Struktur einer sowohl den Zweck des Rechtsgüterschutzes als auch das Interesse an Handlungsfreiheit (also

das telos der Strafbarkeitseinschränkung) berücksichtigenden umfassenden teleologischen Auslegung im Gegensatz zu einer nur den Rechtsgüterschutzaspekt thematisierenden und deshalb verkrüppelten teleologischen Interpretation siehe Schünemann FS Bockelmann S. 117, 128 ff; ders. FS Schmitt S. 117, 127 ff.

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man überhaupt von einem einheitlichen Unrechtsgehalt der Untreue sprechen kann. Auch im Übrigen galt die Untreue lange als das dunkelste und verworrenste Kapitel des Besonderen Teils. Jedoch lässt sich ein beiden Alternativen gemeinsamer Unrechtskern herausschälen: Untreue ist das (Garanten-)Sonderdelikt der vorsätzlichen Schädigung fremden Vermögens von innen heraus, nämlich durch rechtswidrigen Gebrauch einer fremdnützig anvertrauten rechtsgeschäftlichen Machtstellung oder sonstigen Obhutsherrschaft. Das Delikt der Untreue entfaltet sich, wie ihre Entstehungsgeschichte zeigt, erst in 2 einem fortgeschrittenen Wirtschaftssystem (Sauer Kriminalsoz. S. 497). Ihre „beste Zeit“ waren früher Wirtschaftskrisen (Dunkel S. 51; Kohlrausch FS Schlegelberger S. 215; Zoller S. 5); doch gedeiht sie auch in der Wohlstandsgesellschaft und zeigt eine zunehmende Tendenz bei größeren Vermögen (Sauer Kriminalsoz. S. 497). Für die moderne Volkswirtschaft der entwickelten Industriegesellschaft mit ihrem Auseinanderfallen von Eigentumszuständigkeit und Management 17 in Großunternehmen ist sie zum kennzeichnenden Delikt der Wirtschaftskriminalität geworden (Schünemann Organuntreue S. 7; Seier Rdn. 1 [„Grundtyp“]; Rönnau/Hohn NStZ 2004 113) mit einem zu vermutenden riesigen und wachsenden Dunkelfeld als Bestandteil der Korruption in Verwaltung und Wirtschaft18 – womit sich der Kreis zum Reformziel im Jahre 1933 schließt, „die Korruption mit dem gebotenen Nachdruck bekämpfen zu können“.19 Dementsprechend findet sich die exemplarische Ausprägung des Untreuedelikts heutzutage in der Organuntreue (im weiteren, die Leitungsebene jeglicher Vermögensverwaltung einschließenden Sinn): Weil eine engmaschige Kontrolle des Handelns trotz der heute unter dem Schlagwort Corporate Compliance intensivierten Installierung vielfältiger interner Überwachungssysteme 20 infolge des gigantischen Wachstums der Wirtschaftsgüter, der Binnen- und Außenkommunikationen und demzufolge der Gesamtkomplexität der Wirtschaftsvorgänge unmöglich ist und weil die etwa die preußische (und darauf beruhend bis 1933 und noch einige Jahrzehnte nach 1945 auch die deutsche) Verwaltung kennzeichnende Pflichtethik 21 in der postmodernen Gesellschaft mehr und mehr durch einen vorwiegend an der homogenen Ertragskategorie des Geldes orientierten Handlungsutilitarismus

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Modellhaft ausgeprägt in der Aktiengesellschaft mit ihrer Trennung von Anteilseignerstellung und Vermögensverwaltung (dazu Lutter ZIP 2003 737; Adams AG 1990 63, 76 zum „Managerkartell“ über das Depotstimmrecht der Großbanken). Auch wenn Deutschland im „Global Corruption Report“ 2009 von Transparency International bezüglich der „public officials and politicians“ im „Corruption Perceptions Index 2008“ immerhin noch auf Platz 14/15 der am wenigsten korrupten Länder liegt (aaO S. 397) E. Schäfer DJZ 1933 795. Freilich stellte sich für die damalige autoritäre Gesetzgebung nicht die heute prekäre Frage der Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz, dazu u. Rdn. 24 f. Notabene gab es im deutschen Privat- und öffentlichen Recht immer schon eine Fülle

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von Überwachungssystemen wie den Aufsichtsrat bei Aktiengesellschaften, die Pflichtprüfung der Bilanzen, interne Revisionsabteilungen oder den Umweltschutzbeauftragten; zu deren Ausbau im Zuge der aus den USA übernommenen Idee der Corporate Compliance s. Görling/Inderst/Bannenberg (Hrsg.) Compliance (2010); Hauschka (Hrsg.) Corporate Compliance (2. Aufl. 2010). Vgl. exemplarisch Neugebauer u. Hartung Zur neueren Deutung der preußischen Verwaltung pp. bzw. Zur Geschichte der preußischen Verwaltung im XIX. und XX. Jahrhundert, in Büsch/Neugebauer (Hrsg.) Moderne preußische Geschichte (1981) S. 541 ff, 680 ff; Meineke Vom Nimbus der Unbestechlichkeit, in: Jansen/Priddat (Hrsg.), Korruption (2005) S. 141 ff; Bahners/Roellecke (Hrsg.) Preußische Stile (2001).

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ersetzt worden ist, wird das Amt des Organs (ähnlich wie das Amt des politischen Machthabers) von seinen Inhabern vielfach als das empfunden, was es in der vormodernen Gesellschaft immer gewesen ist: als eine Pfründe, die um so intensiver auszubeuten ist, je kürzer man die gesicherte Zeit ihres Besitzes veranschlagt 22. Freilich schlägt sich diese Schlüsselbedeutung des Untreuetatbestandes und speziell der Organuntreue für die entwickelte Industriegesellschaft wegen des im Ausmaß naturgemäß nicht genau bekannten, aber mutmaßlich hohen Dunkelfeldes nur begrenzt in der Kriminalstatistik nieder, die weitaus geringere Zahlen als für den Betrugstatbestand ausweist (näher u. Rdn. 5). Eine Erklärung hierfür liegt in dem viel höheren Entdeckungsrisiko beim Betrug, weil dessen Opfer den Schaden an dem von ihm selbst verwalteten Vermögen und von hier aus einen starken Impuls zur Ursachenforschung verspürt, während die Organuntreue dem Geschäftsherrn ähnlich wie bei der Korruption verborgen bleibt oder vom Opfer typischerweise nicht angezeigt wird (z.B. in Fällen der Kredituntreue innerhalb einer Bank) 23. Aussagekräftiger ist aber ohnehin die quantitative Dimension bei den förmlich registrierten Untreuetaten, deren enormes Schadensausmaß durch die einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen der jüngsten Zeit manifestiert wird und in Gestalt des jedenfalls den objektiven Untreuetatbestand erfüllenden „intensiven Schneeballsystems“ der sog. Finanzkrise einen dreistelligen Milliardenbetrag ausmacht 24. Dieser herausragenden kriminalpolitischen Bedeutung des Untreuetatbestandes als 3 Zentraldelikt des modernen Wirtschaftsstrafrechts zum Trotz, wird von einer zahlenmäßig starken Gruppe von (vielfach als Verteidiger in einschlägigen Verfahren hervorgetretenen und cum studio argumentierenden) Autoren eine dezidierte Schelte dieser Strafvorschrift und ihrer Anwendungspraxis kultiviert, indem § 266 beispielsweise in den Augen P.-A. Albrechts eine „Ruine des Rechtsstaats“25 bildet bzw. laut Perron ein „breites Bett … und eine Gans, die für Wissenschaft und Strafverteidiger goldene Eier beschert“ 26, laut Beulke, Eisenberg und Dierlamm wegen seiner „Anwendungshypertrophie“27 und „völligen Konturenlosigkeit“28 „immer passt“29, für Hamm „wegen seiner Konturen- und Uferlosigkeit gefährlich nahe an die Unbestimmtheit einer Generalklausel heranreicht“ (NJW 2005 1993) bzw. laut Lüderssen sogar ein „Beispiel für die Ausreizung generalklauselartiger Straftatbestände“ bildet 30. Auch für Seier handelt es sich um eine „Norm von kaum zu überbietender Vagheit und Konturenlosigkeit“ mit einer „vielfach nicht nachvollziehbaren, ja fast willkürlich anmutenden Anwendungspraxis“ (Bochumer Beiträge S. 145), und Lesch und Matt haben eine Tendenz diagnostiziert, jeden als „unangemessen“ empfundenen Umgang mit Geld und Vermögen durch einen Übergriff der Moral auf den Bereich des Strafrechts in den Bereich des Untreuetatbestan-

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Schünemann Organuntreue S. 7 ff m.w.N. und unter Hinweis auf den exemplarischen modus operandi des „kick back“ (dazu i.e.u. Rdn. 167), dessen fundamentale kriminogene Bedeutung als (im Verborgenen bleibendes) Tatmotiv mittlerweile ein Gegenstück gefunden hat in Gestalt der (typischerweise im Bankenbereich) von den Managern mit dem Geschäftsherrn vereinbarten Boni schon für die Bewirkung kurzfristiger Buchgewinne durch verlustbringende, aber die Verluste erst später ausweisende Geschäfte (Schünemann Finanzkrise S. 96 f). Vgl. Eisenberg Kriminologie, 6. Aufl. 2005,

24 25 26 27 28 29

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§ 26 Rdn. 48; Schünemann Organuntreue S. 9. Eingehend Schünemann Finanzkrise S. 71 ff sowie u. Rdn. 120. FS Hamm S. 1, 7. GA 2009 219, 220. Beulke FS Eisenberg S. 245, 266; Bernsmann, GA 2009 296. Dierlamm MK Rdn. 6. So ironisch Ransiek ZStW 116 (2004), 634; ähnlich Bernsmann GA 2007 219: „Alles Untreue?“. In Kempf/Lüderssen/Volk Handlungsfreiheit S. 22.

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des zu rücken (Lesch ZRP 2002 159, 161; Matt NJW 2005 385, 389 f). Aber was die zunehmende Häufigkeit von Strafverfahren wegen Untreue anbetrifft, so beruht die zitierte Schelte auf einer Verwechselung von Ursache und Wirkung. Denn die nicht zu leugnende Unsicherheit der Rechtsprechung bei der Bestimmung von Grund und Grenzen der Organuntreue läuft (trotz einiger sowohl dogmatisch als auch kriminalpolitisch krass verfehlter Überdehnungen, etwa bei den schwarzen Kassen, näher u. Rdn. 179 f) insgesamt auf eine (mit der Schadenshöhe und Hierarchieebene zunehmend) übertrieben restriktive Subsumtion hinaus, weshalb es abwegig ist, wenn man von einer „Mode“ bei der Heranziehung des Untreuetatbestandes spricht, die eher durch eine „Mode“ ungetreuen Verhaltens seitens der fremdes Vermögen verwaltenden Akteure der zeitgenössischen Volkswirtschaft herausgefordert und von der Praxis der Strafrechtspflege nicht einmal in der vom Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) eigentlich erzwungenen Intensität wahrgenommen wird31. Vollends deplaziert ist die zitierte Kritik gegenüber dem heutigen Hauptanwendungsfeld des § 266 StGB. Denn die früheren „Fronten“ in der Auseinandersetzung um den Untreuetatbestand, die sich etwa daran entzündete, dass § 266 StGB seinem Wortlaut nach auch die Handlungen von Botenjungen oder Kellnern zu kriminalisieren und damit buchstäblich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen schien32, spielen heute kaum noch eine Rolle, weshalb es neben der Sache liegt, wenn man sich in der neueren Kritik für die gemeinhin geltend gemachte Unbestimmtheit des Untreuetatbestandes auf ältere Stellungnahmen beruft.33 In der Judikatur des letzten Jahrzehnts geht es vielmehr fast ausschließlich um Fälle der Organuntreue i.w.S., also um das Handeln von Organen im zivilrechtlich strikten Sinne und von leitenden Angestellten, bei denen noch niemals zweifelhaft war, dass sie sich im Zentrum der für die Täterqualifikation des § 266 StGB ausschlaggebenden „Geschäftsbesorgung kraft Herrschaftsposition über fremdes Vermögen“ befinden34. Immerhin besitzt die landläufige Gesetzes- und Gesetzesanwendungsschelte insoweit 4 einen berechtigten Kern, als der Untreuetatbestand der etwa beim Betrug möglichen Einschränkung kraft des ultima-ratio-Prinzips in dessen spezieller Ausprägung der viktimodogmatischen Maxime 35 oder kraft des (eine rechtswidrige Vorteilsabsicht fordernden) 31

Paradigmatisch die zögerliche Verfolgung der (ohne staatliche Sanierung unvermeidbaren) Selbstzerstörung zahlreicher großer deutscher Banken durch den grob pflichtwidrigen Erwerb von (durch weitgehend wertlose amerikanische subprime mortgages nahezu ungesicherten) Wertpapieren in zweistelliger Milliardenhöhe (notabene pro Bank, näher Kasiske u. Schünemann Finanzkrise S. 14 ff, 74 ff; Schröder NJW 2010 1169 und u. Rdn. 120), die selbst im krassesten Fall der IKB nur zu einer Anklage und (milden) Verurteilung des IKB-Vorstandsvorsitzenden Ortseifen wegen Kursmanipulation geführt hat (LG Düsseldorf v. 14.7.2010, Az. 14 KLs 6/09), während der zentrale Untreuevorwurf von der StA Düsseldorf ohne Durchführung von umfassenden Ermittlungen am 30.6.2009 unter Verneinung des Vorsatzes eingestellt wurde; instruktive Beispiele bieten auch die Großzügigkeit der „Kinowelt-Ent-

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scheidung“ (u. Rdn. 98, 256) und der Verfahrensablauf im Fall „Bremer Vulkan“ (u. Fn. 674). Vgl. zur älteren Kasuistik, die vor allem die Täterqualifikation betraf, die Nachw. bei Schünemann LK11 § 266 Rdn. 103–130. Typischerweise jene Hellmuth Mayers: „Sofern nicht einer der klassischen alten Fälle der Untreue vorliegt, weiß kein Gericht und keine Anklagebehörde, ob § 266 vorliegt oder nicht“ (Materialien zur Strafrechtsreform, 1. Band 1954, S. 337), etwa zit. bei Saliger ZStW 111 (2000), 563; Günther FS Weber (2004) 311, 312. Dazu näher u. Rdn. 74 ff. Grundlegend Amelung GA 1977 1 ff und Schünemann ZStW 90 (1978) 11 ff; ferner Schünemann in: Schneider (Hrsg.) Das Verbrechensopfer in der Strafrechtspflege (1982) 407 ff; ders. FS Faller (1984) S. 357 ff; ders. NStZ 1986 439 ff; ders. FS Schmitt S. 117,

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subjektiven Tatbestandes nicht zugänglich ist. Weil wiederum die Zufügung eines „Nachteils“ in der Regel eo ipso die Vermögensbetreuungspflicht verletzt (zu Differenzierungen eingehend u. Rdn. 94), trägt die Interpretation dieses Erfolgsmerkmals, das beim traditionell gleich ausgelegten Begriff des Vermögensschadens in § 263 eine permanente Erosion und Extension erfahren hat bis hin zur umstrittenen Figur des „Gefährdungsschadens“, gemeinsam mit der Täterqualifikation die Hauptlast bei der Abgrenzung des Strafbarkeitsbereichs. Und durch die Institutionalisierung eines Freikaufverfahrens in § 153a StPO und der Urteilsabsprachen in § 257c StPO ist die Versuchung für die Strafverfolgungsbehörden enorm gewachsen, den Interpretationsspielraum aus- oder sogar zu überreizen, um durch den Verfahrensdruck letztlich doch eine Unterwerfung des Beschuldigten nach der einen oder anderen Norm zu erreichen.

II. Zahlenübersichten Freudenthal VDB VIII 107 für 1882–1902; Kriminalistische Mitteilungen der (Vor- 5 kriegs-)Strafrechtskommission Nr. 11 ohne Datum, S. 14 f für 1902–1910; Pfeiffer S. 21 Fn. 2 für 1910, 1914, 1920, 1923, 1926, 1927; Sauer Kriminalsoz. S. 497 für 1900, 1913, 1917, 1919, 1921, 1923–1930; Schwinge/Siebert S. 15 für 1902–1920 in Dreijahresabständen und für 1923–1930; Sauer Krim. S. 387 für 1933–1936; Mat. VIII 544 für 1934– 1936, 1950–1956; Bundeskriminalamt (Hrsg.) Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik Deutschland, seit 1953; Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Fachserie 10 (Rechtspflege) Reihe 3 (Strafverfolgung), seit 1975. Die Untreue hat danach – etwa im Vergleich mit dem immer in die Millionenzahlen gehenden Massendelikt Diebstahl, aber auch im Verhältnis zum Betrug – in der Kriminalstatistik eine zahlenmäßig bescheidene Rolle gespielt, mit 3 000 bis 6 000 Taten laut polizeilicher Kriminalstatistik zwischen 1978 und 1994 und einer um 1500 schwankenden Zahl an Verurteilten. Ab 1995 weist die polizeiliche Kriminalstatistik dann aber eine dramatische Zunahme aus auf zunächst 9972 und in der Folge konstant über 10 000 Fälle jährlich.36 Über die wirkliche Kriminalitätsbelastung dürften diese Zahlen freilich wenig aussagen, weil nach Erfahrungsberichten aus der Praxis viele Geschädigte keine Strafanzeige erstatten (o. Rdn. 2), vor allem aber die meisten Geschädigten von der Straftat niemals etwas erfahren, weil die Täter zugleich die Repräsentanten der Geschädigten sind: Die heute zum Alltag der deutschen Volkswirtschaft und der darin weit verbreiteten Korruption zählenden „Kick backs“ (Rdn. 167, 173), die sich die für die beteiligten Unternehmen handelnden Manager unter Umständen sogar noch gegenseitig zahlen (selbstverständlich aus der Unternehmenskasse), können nur sehr schwer aufgedeckt werden und bilden deshalb ein Untreue-Dunkelfeld, dessen Gesamtschaden vermutlich in die Milliarden Euro geht.

128 ff; dagegen vor allem Hillenkamp Vorsatztat und Opferverhalten (1981); Jescheck/Weigend AT S. 254; abgewogen Roxin AT I § 14 Rdn. 15 ff; zur weiteren Diskussion Schünemann in Schünemann (Hrsg.), Strafrechtssystem und Betrug (2002)

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51 ff; ders. in v. Hirsch/Seelmann/Wohlers (Hrsg.), Mediating Principles (2006) 18, 30 ff; Hörnle GA 2009 626. Polizeiliche Kriminalstatistik 2009, Tabellen, S. 111 f.

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III. Untreuetheorien 6

Mit der eingangs (Rdn. 1 a.E.) gegebenen Definition der Untreue wird der Unrechtskern umschrieben, der durch die Neugestaltung des § 266 im Jahre 1933 (Entstehungsgeschichte Absatz 4) in zwei Deliktsvarianten ausgeprägt worden ist, welche ihrerseits die gesetzliche Verfestigung zweier früher miteinander konkurrierenden Lehrmeinungen darstellten, die sich auf dem Boden des ursprünglichen Gesetzeswortlauts (Entstehungsgeschichte Absatz 3) gebildet hatten. Bei diesen beiden Theorien, die noch heute für das Verständnis des Untreuetatbestandes von wesentlicher Bedeutung sind, handelt es sich um die sogenannte Missbrauchstheorie und die sogenannte Treubruchtheorie, denen nach der bis 1972 völlig herrschenden Auffassung die „Zwillingsstruktur“ des § 266 als eines Doppeltatbestandes entsprach.

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1. Der Theorienstreit zu § 266 a.F. Die auf Binding (Lehrb. I § 92 II) als Urheber zurückgehende und trotz gewichtiger Anhänger 37 eine Mindermeinung gebliebene Missbrauchstheorie begriff die Untreue als Vermögensschädigung durch Missbrauch rechtlicher Vertretungsmacht. In den klassischen Worten Bindings: „In einer großen Anzahl von Fällen ist, wer auf Unredlichkeit denkt, in der glücklichen Lage, von Rechts wegen über fremdes Vermögen verfügen zu können; dieses Vermögen findet dann seinen Feind gerade in der Person, der es von Rechts wegen unterstellt ist, und gegen diese bedarf sein Inhaber energischen Schutzes … Ihr spezifisches Mittel, fremdes Vermögen zu schädigen, ist der Missbrauch der Machtvollkommenheit, die ihnen das Gesetz mittelbar oder unmittelbar im Interesse des nachher Benachteiligten einräumt.“ (Lb I S. 397). Diese Lehre ist als alleiniges Konzept der strafbaren Untreue unzulänglich. Einerseits leistet sie nicht das gebotene Maß strafrechtlichen Vermögensschutzes – vor allem deshalb, weil sie solche Untreuehandlungen nicht erfasst, die den Schaden nicht durch rechtsgeschäftliches Handeln herbeiführen.38 Andererseits soll sie nach der seit 1973 wieder herrschenden, in der alten Treubruchtheorie wurzelnden Auffassung über das Maß hinausgreifen.39 Nach der Auslegung, die sie auf Grund des Änderungsgesetzes v. 26.5.1933 entsprechend der Absicht seiner „Verfasser“ 40 gefunden hatte41 und die bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts von vielen, seitdem nur noch seltener vertreten wird,42 setzt § 266 1. Alt. keine fremdnützige Vermögensfürsorgepflicht des Täters voraus, was in den Augen der Kritiker auf die Strafbarkeit schlichter Vertragsverletzungen hinauslaufen soll. 37

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Frank Anm. 1; Gerland § 169; Grünhut S. 125; Hegler S. 152; von Hippel Lehrb. § 71 IV; Schönke1–6 Anm. I. Dahm Prot. der 47. Sitzg. der Strafrechtskommission v. 20.9.1934 S. 19; Grossrau Niederschriften VIII 135 1. Sp.; eingehend H. Mayer Mat. I 340 ff; Pfeiffer S. 66 ff; Weber FS Dreher S. 565. Heinitz S. 434; H. Mayer Mat. I 339; Seebode JR 1973 119; Hübner LK10 Rdn. 2; Dunkel S. 236; jedenfalls verbal die Rspr. seit BGHSt 24 386. Nämlich die in der Weimarer Zeit ins Reichsjustizministerium gelangten Beamten Ernst und Leopold Schäfer, Richter und Schafheutle, die das im Zuge der sog. autoritären Gesetzgebung von der (bereits nationalsozialistisch dominierten) Reichsregierung

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erlassene G v. 26.5.1933 ausgearbeitet haben (näher Voraufl., Fn. 23). RGSt 68 371, 373; 77 34, 38 (mit einer maximalen Ausdehnung des Missbrauchstatbestandes auf Realakte); RG HRR 1935 765; Dahm Prot. der 47. Sitzg. der Strafrechtskommission v. 20.9.1934 S. 20; Dohnanyi 100. Sitzung der Strafrechtskommission v. 16.1.1936, Prot. S. 11, 12; Niethammer ebenda; vgl. dazu ferner Gerland JW 1933 2944; Kempermann JW 1936 3428 mit Entgegnung Schwinge aaO 3429. Vgl. vorerst nur Schröder JZ 1972 708; Blei JA 1972 790 f; Bringewat GA 1973 363; Heimann-Trosien JZ 1976 551 1. Sp.; D. Meyer JuS 1973 216; Samson Strafrecht II5 Fall 16 S. 157; Arzt FS Bruns S. 365, 382; Otto BT § 54 Rdn. 4 ff.

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Die Treubruchtheorie wurde in verschiedenen Nuancierungen vertreten (näher Nagler 8 LK 6/7 I 3; Olshausen Anm. 1), hauptsächlich in einer zivilrechtlich gebundenen43 und in einer zivilrechtlich ungebundenen, rein tatsächlichen (strafrechtlichen, RGSt 63 406 f; 68 70, 74) 44. Sie schloss zwar die von der Missbrauchstheorie gelassenen Strafrechtslücken, da sie, verallgemeinernd gesprochen, den Unrechtskern der Untreue in der vermögensschädigenden Verletzung der (rechtlichen oder tatsächlichen) Pflicht zur Fürsorge für fremdes Vermögen sah. Ihr hing, in der zivilrechtlich ungebundenen (strafrechtlichen) Version, auch das RG an, von den frühesten Entscheidungen45 in ständiger Rechtsprechung46 bis zu den letzten Urteilen zu § 266 a.F.47 Das Reichsgericht konnte aber die wegen der Kasuistik des § 266 a.F. drohenden Ungereimtheiten nur mit Hilfe z.T. gewagter Konstruktionen überwinden.48 Die Treubruchtheorie befriedigte daher in dem damaligen Rechtszustand gleichfalls nicht.49 2. Die ältere dualistische Theorie zu § 266 n.F. Das Bestreben, zur Bekämpfung der 9 Korruption den strafrechtlichen Schutz für das Vermögen möglichst lückenlos zu gestalten,50 führte in der Novelle v. 26.5.1933 (RGBl. I 295) Gedanken der Missbrauchs- und der Treubruchtheorie zu dem heutigen Straftatbestand zusammen und ergänzte sie noch um die selbständige Kategorie des (scil. tatsächlichen) „Treueverhältnisses“, weshalb man nicht selten von drei Untreuetatbeständen sprach.51 Damit war der Grund für die bis 1972 unangefochten herrschende Auffassung von der Heterogenität des Missbrauchsund des Treubruchtatbestands gelegt, dass also in dem einen die Missbrauchstheorie und in dem anderen die Treubruchtheorie fortherrschten.52 43

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Allfeld § 107 I; Freudenthal VDB VIII 116 f; v. Liszt 22 § 136 II; Nagler Prot. der 48. Sitzung der Strafrechtskommission v. 21.9.1934 S. 2; Olshausen aaO. Ebermayer LK4 § 266 Anm. 2; Dahm Prot. der 48. Sitzung der Strafrechtskommission v. 21.9.1934 S. 7; Gürtner ebenda S. 9, 10; H. Mayer Untreue S. 119 ff, 167, 187, 217, 246 ff; ZBlHR 1933 148; Mat. I 343 ff; Sauer BT 114, 117. Sauer Kriminalsoz. S. 486 Fn. 154. Vermittelnd v. Liszt/Schmidt 25 BT § 136 II; Wachenfeld Lehrb. § 107 I. RGSt 1 172, 174 zu § 266 Abs. 1 Nr. 1 a.F.; RGSt 1 329, 330 zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F. RGSt 14 184, 186; 17 241, 242; 26 106, 109; 38 363, 366; 41 265, 266; 45 434; 61 228, 230 f; 62 15, 20; JW 1923 402; RGZ 118 312, 316. RGSt 68 304, 305; 69 223, 225; 69 333, 334; 71 31, 32; 71 155, 156 f; JW 1933 2007. Die Formulierungen RGSt 65 333, 334 f; 66 371 sind von Grünhut JW 1933 1383 und Gerland § 169 Fn. 7; JW 1933 609 für die Missbrauchstheorie missdeutet worden, wie RGSt 65 401, 403, 405; 68 304, 305 und 65 333, 336 selbst beweisen. Auch die i.S. der Missbrauchstheorie missdeutbaren Wendungen RGSt 19 271, 273; 61 1, 3; 66 206, 207 werden durch Hinweise auf das von § 266

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geschützte Treue-, Vertrauens-, Innenverhältnis (RGSt 19 271, 272; 61 1, 2; 66 aaO), RGSt 61 1, 3 auch durch die erläuternde Bezugnahme in RGSt 63 406, 407 paralysiert (zutr. Terwey S. 82 ff). Näher Voraufl. Rdn. 6. Schwinge/Siebert § 3 1; s. auch H. Mayer ZBlHR 1933 147. Ernst Schäfer DJZ 1933 795; Prot. der 48. Sitzung der Strafrechtskommission v. 21.9.1924, S. 7, Auszug Fn. 1; Leopold Schäfer S. 22 zu Ziff. 18 Anm. 1. Schwinge/Siebert S. 18 f, 30 mit der Unterscheidung zwischen dem Missbrauchstatbestand, dem zivilrechtlich gebundenen und dem rein strafrechtlichen oder tatsächlichen Treubruchtatbestand; Dahm bei Gürtner S. 453; Hübner LK10 Rdn. 59, 73 mit der Unterscheidung von Missbrauchs- und Treubruchtatbeständen. Arzt FS Bruns S. 366, 367; Blei BT § 65 II 2; Bringewat GA 1973 360; Kirchner bei Olshausen ErgBd. (1936) Anm. 2; Otto Struktur S. 310; Ernst Schäfer DJZ 1933 795; Leopold Schäfer aaO; Schlosky DStR 1938 184; Schröder JZ 1972 708; Schwarz 21 Anm. 1 A, B; Schwinge/Siebert § 4 II 3; Seebode JR 1973 117; Sieber S. 242; Terwey S. 47 f; Weber FS Dreher S. 558 f; Welzel § 56 Vor A.

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3. Der Theorienstreit zu § 266 n.F. seit 1972. Seit dem Jahre 1972 hat sich anstelle der 40 Jahre lang unangefochten herrschenden älteren dualistischen Theorie eine monistische durchgesetzt in Gestalt der Forderung einer fremdnützigen vermögensfürsorgerischen Rechtsbeziehung zwischen Täter und Opfer. Ihr Urheber ist Hübner in seiner Kommentierung des § 266 in der 9. Auflage dieses Kommentars53 sowie in JZ 1973 407, unter dessen Einfluss (LK/Hübner 10. Aufl. Rdn. 9) der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in seinem sog. Scheckkartenurteil vom 26.7.1972 (BGHSt 24 386) die dualistische Theorie auf zwei Seiten (S. 387 f) verworfen und sodann auf einer Seite (S. 389) die Zahlung mit einem durch Scheckkarte garantierten, ungedeckten Scheck nicht als Untreue, sondern als Betrug qualifiziert hat. Kernthese dieser monistischen Theorie ist, dass die Vermögensbetreuungspflicht entsprechend dem für beide Tatbestandsalternativen geltenden Relativsatz „dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat“ für den Missbrauchstatbestand ebenfalls zu fordern sei, so dass das Innenverhältnis zwischen Täter und Opfer auch hier einen fremdnützigen, speziell auf die Vermögensfürsorge zugunsten des Opfers gerichteten Charakter haben müsse. Nachdem diese monistische Konzeption zunächst ganz überwiegend, bezüglich der 11 Ersetzung der Untreue durch Betrug in BGHSt 24 386 sogar scharf abgelehnt worden war,54 ist der weitaus größte Teil des Schrifttums mittlerweile darauf eingeschwenkt.55 Auch die Rechtsprechung huldigt seither dieser Theorie,56 wenngleich sich immer wieder Entscheidungen finden, in denen völlig getrennte Prüfungen des Missbrauchs- und des Treubruchtatbestandes durchgeführt werden.57 Der Sache nach völlig verlassen wurde

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Ausgebaut in LK10 Rdn. 5–18. Schröder JZ 1972 708; Heimann-Trosien JZ 1976 551; Krey JA 1973 605; Bringewat GA 1973 360; Blei JA 1972 790; 1974 102; zur Betrugskonstruktion Gössel MDR 1973 179; Seebode JR 1973 120. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 22 Rdn. 68; Dierlamm MK Rdn. 21; Dunkel passim, zusammenfassend S. 128, 236; ders. GA 1977 336, 339; Gössel BT 2 S. 489, 499, 500 f; Haft/Hilgendorf BT I S. 122; Hoyer SK Rdn. 10 ff; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 542, 553; Kindhäuser NK Rdn. 26; Lackner/Kühl Rdn. 4; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 11, 18; Rengier BT I § 18 Rdn. 2 f, 14; Saliger SSW Rdn. 6; Schmidhäuser BT 11 Rdn. 60; D. Meyer JuS 1973 215; Sannwald S. 46; Offermann wistra 1986 55; Schreiber/Beulke JuS 1977 656; Seebode JR 1973 117, 119; Vormbaum JuS 1981 20; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 750; Beschluß der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und Empfehlung der Unterkommission Tagungsberichte Bd. XIII S. 96, 100, 133; ohne eigene Begründung schließen sich an Birnbaum wistra 1991 255; Ehrlicher Der Bankomatenmißbrauch – seine Erscheinungsformen und seine Bekämpfung

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(1989) 71; Fabricius NStZ 1993 414; Firgau HWiStR Untreue S. 1; Flum Der strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter (1990) 23, 86; Gössel JR 1978 473; Keller JR 1983 516; 1989 78 f; Knauth NJW 1983 1289; Kohlmann JA 1980 229 f; Meyer JuS 1973 215; Schmid § 31 Rdn. 2, 24; Offermann JA 1985 603; Weller Das Kreditkartenverfahren (1986) 183 ff; Wittig in v. HeintschelHeinegg Rdn. 5. Vgl. BGHSt 24 386 ff, 387; 33 244 ff, 250; 35 224 ff m. Anm. Otto JZ 1988 883 f; BGH NJW 1984 2539 f; NStE Nr. 9; unter Berufung auf den BGH auch OLG Köln NJW 1978 713 ff, 714; LG Bielefeld NJW 1983 1335 ff; ohne nähere Begründung ebenso BGH MDR 1988 594 ff, 595, und von den Instanzgerichten vgl. etwa KG Berlin NStE Nr. 34; OLG Hamburg NJW 1983 768 f; OLG Hamm NJW 1984 1633 ff, 1634; NJW 1977 1834 ff, 1835; OLG Köln NJW 1988 503 f, 504; NJW 1988 3219 f, 3220. BGH wistra 1987 136 f; 1989 63 f; BGH NStE Nr. 28, 29; OLG Stuttgart NStZ 1985 365 f und dazu Otto JK § 266 Nr. 5; ders. JZ 1985 1010.

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der Boden der Scheckkartenentscheidung allerdings durch die Subsumtion der Treuhandpflichten des Vermieters bezüglich der Mietkaution unter den Treubruchtatbestand in BGHSt 41 224, 228, denn die gesetzliche Pflicht, das Treugut zu bewahren, hat keine größere Dignität als die Pflicht des Scheckkarteninhabers, das in seine Hand gelegte Vermögen der Bank zu schonen.58 Im neueren Schrifttum wird die h.M. vielfach zu einer streng monistischen Theorie 12 zugespitzt, nach der die in der Rechtsprechung beim Treubruchtatbestand herausgearbeiteten, weiteren Strafbarkeitseinschränkungen auf Geschäftsbesorgungsverhältnisse mit einer gewissen Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit des Verantwortlichen auch für den Missbrauchstatbestand gelten sollen, die Betreuungsverhältnisse demgemäß in beiden Alternativen des § 266 einen identischen Inhalt hätten und der Missbrauchstatbestand überhaupt nur ein „ausgestanzter Unterfall“ des Treubruchtatbestandes sei.59 Daneben wurde auch die ältere dualistische Theorie noch eine Zeit lang vertreten60, mittlerweise jedoch mit gewissen Abwandlungen in Gestalt der hier in der Voraufl. Rdn. 11 ff entwickelten typologischen Theorie und einer neueren dualistischen Theorie, die das vermöge des Relativsatzes „dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat“ auch für den Missbrauchstäter zu fordernde Innenverhältnis in Gestalt eines Betreuungsverhältnisses zum fremden Vermögen regelmäßig aus der Pflicht zu einem rechtmäßigen Gebrauch der im Außenverhältnis eingeräumten Rechtsmacht folgern will.61 Einen inhaltlichen Kompromiss enthält schließlich die eingeschränkt monistische Theorie, die eine beiden Alternativen des § 266 gemeinsame Minimalbasis in Gestalt der Fremdnützigkeit des Innenverhältnisses verlangt, im Unterschied zur streng monistischen Theorie aber auf weitere Einschränkungen des Missbrauchstatbestandes entsprechend der beim Treubruchtatbestand geforderten Selbständigkeit, Bewegungsfreiheit etc. des Verpflichteten verzichtet.62 Schließlich gibt es noch – gewissermaßen als resignative Theorie – eine die herrschende streng monistische Theorie an sich ablehnende, aber für praktisch nicht mehr änderbar haltende Auffassung.63 58

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Die Entscheidung war allerdings im Ergebnis zutr., weil der Angekl. seine Treupflichten als Vermögensverwalter gegenüber den Vermietern verletzt hatte. Dierlamm MK Rdn. 21; Esser AnwK Rdn. 11; Hoyer SK Rdn. 17 f; Kindhäuser NK Rdn. 26; ders. FS Lampe (2003) 710 ff, 721; Lackner/ Kühl Rdn. 4; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 45 Rdn. 11; Saliger SSW Rdn. 6; Dunkel, S. 236; GA 1977 330 ff; D. Meyer JuS 1973 215; Offermann wistra 1986 55 ff; Schreiber/Beulke JuS 1977 657; Seebode JR 1973 119 f; Vormbaum JuS 1981 20 f; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 750; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 5; Fabricius NStZ 1993 415; Gössel JR 1978 473; Keller JR 1983 516; 1989 78 f; Knauth NJW 1983 1289; Kohlmann JA 1980 229 f; Schmid § 31 Rdn. 2, 24; Offermann JA 1985 603; Rengier BT I § 18 Rdn. 3; Seier Untreue Rdn. 54. Außer Schröder JZ 1972 708; HeimannTrosien JZ 1976 550; Blei BT § 65 III 1c; Bockelmann BT/1 S. 138; Eser Strafrecht IV

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Fall 17 Rdn. 41; auch Sch/Schröder17 Rdn. 4a; Sch/Schröder/Cramer18 Rdn. 2; Samson SK Stand Februar 1987 Rdn. 13; ders. Strafrecht II S. 157; Preisendanz Anm. II 2; Arzt FS Bruns S. 382. Bringewat GA 1973 358 ff; NStZ 1983 458 f; JA 1984 352 ff; wistra 1984 196; NStZ 1985 537; Eser Strafrecht IV Fall 17 Rdn. A 41; Geppert JK § 263 Nr. 14, 15; Holzmann Bauträgeruntreue S. 126 f, 131; Labsch NJW 1986 106 ff; ders. Jura 1987 344 ff; Otto Zahlungsverkehr S. 100 f; ders. BT § 54 Rdn. 5 ff, 12; JR 1985 29; 1989 210; JZ 1985 73, 1009; JZ 1988 884; JK Nr. 6, 9; Ranft JuS 1988 673 f; Sieber Computerkriminalität S. 240 ff, 2/17 f. Sch/Schröder/Perron Rdn. 2, 12; Seelmann Grundfälle S. 101 f; Steinhilper Jura 1983 408; Schlüchter JuS 1984 675 f; eingehend Wegenast S. 134 f; Mitsch BT 2/1 § 8 Rdn. 19. Seier Rdn. 53 f; wohl auch Tröndle 48 Rdn. 14; Fischer Rdn. 6–8, 18 f legt zwar die

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a) Eine kritische Analyse dieser jahrzehntelangen Kontroverse zeigt, dass sie zwar nur eine begrenzte (zutr. Fischer Rdn. 23), aber doch unleugbare praktische Bedeutung besitzt und, ginge es ausschließlich nach den Regeln der Gesetzesinterpretation, im Sinne der dualistischen Theorie zu entscheiden wäre: Weder der inzwischen durch § 266b speziell geregelte Missbrauch von Scheck-64 oder Kreditkarten durch den das ausgebende Unternehmen dadurch schädigenden Karteninhaber noch der Missbrauch der Abbuchungsvollmacht im Lastschrift-Einzugsverfahren kann nach der streng monistischen Theorie unter den Missbrauchstatbestand subsumiert werden, und dasselbe müsste danach auch für die missbräuchliche Forderungseinziehung beim unechten Factoring65 oder für den fremdnützigen Treuhänder mit einer unbegrenzten Vollmacht, aber detaillierten Handlungsanweisungen im Innenverhältnis gelten, sofern man die für den Treubruchtatbestand übliche (aber verfehlte, s. Rdn. 82 ff) Forderung eines eigenen Entscheidungsspielraums auf den Missbrauchstatbestand überträgt 66. Die streng monistische Theorie reißt also kriminalpolitisch unbegründete Lücken auf, ohne dogmatisch überzeugen zu können. Denn die Argumente, mit denen Hübner die in der Praxis erfolgreiche monistische Theorie einst begründete und zu denen seitdem kein neues hinzugekommen ist 67, gingen durchweg fehl, weil sie im Grunde nur auf den Wortlaut des § 266 rekurrierten und dabei in logischer Hinsicht eine quaternio terminorum des Ausdrucks „Vermögensbetreuungspflicht“ übersahen, in grammatischer Hinsicht die inhaltliche Abhängigkeit des Relativsatzes vom jeweiligen Hauptsatz verkannten und in historischer Hinsicht den realen Regelungswillen der für die Gesetzesformulierung verantwortlichen Personen ignorierten 68. Aber obwohl dementsprechend die monistische Theorie „eigentlich falsch“ ist, darf nach ihrer fast 40-jährigen Herrschaft über die Praxis bei der Rechtsfindung im Strafrecht die generalpräventiv-vertrauensschützende Komponente des in Art. 103 Abs. 2 GG mit Verfassungskraft ausgestatteten Grundsatzes „nullum crimen, nulla poena sine lege“ nicht außer Acht gelassen werden: Das BVerfG hat aus den aus dem Bestimmtheitsgrundsatz abgeleiteten Prämissen, dass die Rechtsprechung gehalten sei, Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (Präzisierungsgebot) und dadurch an der Erkennbarkeit der Voraussetzungen der Strafbarkeit mitzuwirken, die Folgerung

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h.M. zugrunde, lässt aber die dogmatische Frage letztlich offen und betont ihre begrenzte praktische Relevanz. Auch Beukelmann HK-GS Rdn. 7 lässt den Theorienstreit offen. Wobei es nicht ohne eine gewisse Pikanterie ist, dass die Rechtsfigur der Scheckkarte, die den Auslöser für den Siegeszug der monistischen Theorie gebildet hat, inzwischen abgeschafft worden ist. Vgl. Fischer Rdn. 23 m.w.N. und ausführlich unten Rdn. 139. Das monieren Sch/Schröder/Perron, Rdn. 2, im Anschluss an Wegenast S. 89 ff, 107 ff. Denn es wird zumeist nur das (aus den im Text genannten Gründen fehlgehende) Wortlautargument strapaziert, exemplarisch Saliger SSW Rdn. 6; Dierlamm MK Rdn. 21.

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Die ausführliche Begründung für diese Kritik findet sich in der Vorauflage, Rdn. 11–17. Die Ablehnung der dualistischen Theorie lässt sich entgegen Kindhäuser NK Rdn. 24; Saliger SSW Rdn. 6; Dierlamm MK Rdn. 21, die außerdem auch irrig auf den Wortlaut abstellen, auch nicht auf deren angebliche Verwerfung durch den Gesetzgeber infolge der Einfügung des Spezialtatbestandes des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten in § 266b durch das 2. WiKG stützen, denn dessen Interpretation als privilegierende lex specialis, die sich durch die geringere Schutzwürdigkeit der (sich üblicherweise durch Sicherheitengestellung selbst schützenden) Bank und damit viktimodogmatisch legitimiert, ist mindestens ebenso plausibel (Schünemann Organuntreue S. 12).

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von „über die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes hinausgehenden Anforderungen an die Ausgestaltung von Rechtsprechungsänderungen“ gezogen69. Die damit offenbar intendierte normativ gesteigerte Bestandskraft einer solide etablierten Rechtsprechungslinie verdient mit der Maßgabe Beifall, dass sie nur in bonam partem gilt und dass die sog. extensionale Rechtsfortbildung im Hinblick auf neu auftretende Sachverhalte zulässig bleiben muss70, um die es aber bei dem Streit der Untreuetheorien nicht geht. Infolge dessen darf die (sei es auch dogmatisch ursprünglich fehlerhafte) einschränkende Forderung einer fremdnützigen Vermögensbetreuungspflicht (auch) für den Missbrauchstatbestand von der Rechtsprechung nicht mehr in malam partem revoziert werden, seitdem man diesbezüglich von einer endgültig gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung sprechen muss. Wie in der Vorauflage (Rdn. 9) nachgewiesen, traten in dieser Hinsicht noch in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts Unklarheiten und Unsicherheiten auf, und nachdem die Kontroverse auch im Schrifttum noch nicht abgeebbt war und so wichtige Fallgruppen wie der Missbrauch des Lastschrift-Einzugsverfahrens höchstrichterlich noch nicht entschieden waren71, wäre der Bundesgerichtshof damals durch Art. 103 Abs. 2 GG noch nicht gehindert gewesen, sich von der Durchschlagskraft der am Scheckkartenurteil geübten Kritik zu überzeugen und seine Rechtsprechung noch einmal zu ändern. Mittlerweile ist aber seit dem Scheckkartenurteil mehr als eine (im Interesse zeitlicher Präzisierung mit 33 Jahren anzusetzende) Generation vergangen, und die seither hinzugekommenen Kommentare und Grundrisse des Strafrechts haben sich ihm durchweg angeschlossen72. Angesichts der seit langem gänzlich ausbleibenden Anzeichen für eine ernsthafte erneute Überprüfung dieser dogmatischen Frage durch den BGH wird man deshalb zu der Schlussfolgerung kommen müssen, dass diese Einschränkung auch des Missbrauchstatbestandes von der Rechtsprechung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

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BVerfGE 126 170 196, 198 f m. Bespr. Becker, HRRS 2010 383 ff; Saliger, NJW 2010 3195 ff; Wessing/Krawczyk, NZG 2010 1121 ff; Schünemann, StraFo 2010 477 ff; Krüger NStZ 2011 369; Kuhlen JR 2011 246. Näher Schünemann FS Puppe (2011) 243. In einer älteren Entscheidung hat zwar das OLG Hamm geglaubt, in allen Varianten des Lastschriftenmissbrauchs den Betrugstatbestand anwenden zu können (NJW 1977 834, 836), aber die Konstruktion einer Verfügung der mittelbar getäuschten Schuldnerbank über das Vermögen des Schuldners dürfte (wie schon das Scheckkartenurteil, dazu Voraufl. Rdn. 128) die konstruktiven Grenzen des Dreiecksbetruges sprengen, weil der Inhaber der Einzugsermächtigung und damit der Täter selbst über das Vermögen des Schuldners verfügt. Außerdem versagt diese Konstruktion (ebenso wie § 263a StGB) bei den heute üblichen Begehungsformen des online-Banking (AG Gera NStZ-RR 2005 213 ff).

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Dierlamm MK Rdn. 21; Esser AnwK Rdn. 11; Fischer Rdn. 6; Hoyer SK Rdn. 17 f; Wittig, in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 5; Kindhäuser NK Rdn. 26; Saliger SSW Rdn. 6; Jäger BT Rdn. 388; Küper BT S. 362 f; Rengier BT I § 18 Rdn. 2 f, 14; Sonnen Strafrecht BT S. 187. In rechtssoziologischer Hinsicht bleibt der bemerkenswerte Befund zu notieren, dass im Zeitalter des „copy and paste“ dogmatische Positionen eine um so größere Chance auf Übernahme in die immer zahlreichere Kommentar- und Grundrissliteratur besitzen, je holzschnittartiger und einfacher sie formuliert und begründet sind: Das in der Argumentation fast nackte Scheckkartenurteil ist von der neueren Literatur in Bausch und Bogen übernommen worden, ohne dass es durch eine Auseinandersetzung mit der daran in der Vorauflage, Rdn. 11–19, detailliert geübten Kritik noch auf einen ernsthaften Prüfstand gestellt worden wäre.

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b) Die heutige Auslegung des § 266 StGB muss demnach als Konsequenz aus der in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten und vom BVerfG auf die Resultate einer ständigen Rechtsprechung ausgedehnten fragmentarischen Natur des Strafrechts wohl oder übel die (an sich dogmatisch wie kriminalpolitisch verfehlte) Einschränkung des gesamten Untreuetatbestandes auf fremdnützige Vermögensbetreuungsverhältnisse zum (archimedischen) Ausgangspunkt nehmen und den Anwendungsbereich des § 266, der ursprünglich alle Treuhandverhältnisse umfasste, durch Beschränkung auf die Fälle der sog. Verwaltungstreuhand 73 i.w.S. in theoretischer Hinsicht halbieren. Die Basis der Interpretation des Untreuetatbestandes wird deshalb von der eingeschränkt monistischen Theorie zutreffend bezeichnet, während die strenge monistische Theorie nach wie vor historisch, dogmatisch und kriminalpolitisch verfehlt ist und sich auch keinesfalls auf die Rechtsprechung stützen kann.

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aa) Der Tatbestand der Bevollmächtigtenuntreue des sächsischen StGB als historische Quelle des Missbrauchstatbestandes (s. Entstehungsgeschichte Abs. 2 sowie u. Rdn. 30) hatte den Zweck, den traditionellen Schutz des Eigentums auf den Schutz von Forderungen und anderen Vermögensrechten gegenüber demjenigen auszudehnen, der im Lager des Geschäftsherrn hierauf einen hindernisfreien Zutritt hatte (näher u. Rdn. 21). An eine nochmalige Einschränkung des Täterkreises war dabei nicht im mindesten gedacht, wie die ausdrücklich gezogene Parallele zur veruntreuenden Unterschlagung beweist, und das mit vollem und in der modernen Volkswirtschaft sogar noch gewachsenem Recht: Der Schutz nicht nur des Eigentums, sondern des Vermögens und damit auch der unkörperlichen Vermögensrechte als Rechtsgüter des § 266 ist gegenüber allen mit einer Obhutsherrschaft ausgestatteten Garanten völlig unabhängig von ihrer Stellung in der Hierarchie (und der davon abhängigen Selbständigkeit und Entscheidungsfreiheit) strafrechtlich notwendig und legitim und mit dem immer größeren Anteil unkörperlicher Gegenstände am Gesamtvermögen in der modernen Volkswirtschaft nur noch dringlicher geworden. Die strenge monistische Theorie missversteht deshalb den Missbrauchstatbestand als eine Art Standesdelikt von Geschäftsführern u.ä., verkennt die Schutzwürdigkeit des Vermögens gegenüber allen mit fürsorgerischer Rechtsmacht ausgestatteten Intranei und will Einschränkungskriterien, die bei dem sonst uferlosen Treubruchtatbestand

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Im Zivilrecht kannte man schon lange vor der Neufassung des Untreuetatbestandes im Jahre 1933 das Rechtsinstitut der Treuhand, also der Einräumung von mehr Rechten im Außenverhältnis, als nach dem Innenverhältnis eigentlich notwendig und endgültig gewollt ist (Nachweise bei Enneccerus/ Nipperdey Lehrbuch des bürgerlichen Rechts AT 15. Aufl. (1960) § 148 II; Siebert Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis (1933); Gernhuber JuS 1988 355 ff), wobei die eigennützige oder Sicherungstreuhand von der fremdnützigen oder Verwaltungstreuhand unterschieden wird (Enneccerus/ Nipperdey Lehrbuch des bürgerlichen Rechts AT 15. Aufl. (1960) § 148 II; Larenz/Wolf Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 9. Aufl. (2004) § 46 Rdn. 63 ff; Hübner

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Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 2. Aufl. (1996) Rdn. 1189 ff). Selbstverständlich ist der Treunehmer auch bei der eigennützigen Treuhand nicht dazu befugt, mit dem Treugut nach Belieben zu verfahren, sondern er muss insoweit die Bindungen aus dem Innenverhältnis beachten und schuldet dem Treugeber in diesem Sinne Treue – als Kompensation und zum Zwecke der „Domestizierung“ der überschießenden Rechtsmacht, die er eingeräumt erhalten hat. Genau umgekehrt bilden die Treupflichten bei der fremdnützigen Treuhand das originäre Moment, die Rechtsmacht wird hier zum Zwecke der bestmöglichen Erfüllung der primären Treupflichten eingeräumt und folgt diesen also ebenso nach, wie sie ihnen bei der eigennützigen Treuhand vorausgeht.

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einen Sinn machen und deshalb auch speziell für diesen entwickelt worden sind, funktionswidrig auf den klar umrissenen Missbrauchstatbestand übertragen. Dadurch würden aber sachlich verfehlte Strafbarkeitslücken entstehen, beispielsweise beim unechten Factoring (u. Rdn. 139), bei Kassenhaltern und Inkassobevollmächtigten (u. Rdn. 43, 142) u.v.a.m. bb) Die strenge monistische Theorie kann sich auch nicht etwa auf eine ständige 16 Rechtsprechung berufen, vielmehr trifft das Gegenteil zu. Die von Saliger (SSW Rdn. 6) dafür geltend gemachten BGH-Entscheidungen enthalten nämlich teils nur eine Ablehnung der dualistischen Theorie (wie die Scheck- und Kreditkartenentscheidungen BGHSt 24 386; 33 244); zum überwiegenden Teil lautet ihre ratio decidendi lediglich, dass bestimmte Obhutspersonen sowohl den Missbrauchs- als auch den Treubruchtatbestand erfüllen können (wie BGHSt 35 224, 227) bzw. – für den konkreten Fall – dass „hier“ sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchtatbestand erfüllt wäre (BGH NJW 1984 2535, 2536: „Kann identisch sein“; NJW 2006 453, 454: „Stimmen hier überein“, ebenso BGHSt 47 192). Hübners Idee vom „ausgestanzten Unterfall“ (LK10 Rdn. 17) findet sich zwar in der Wendung als „Spezialfall“ in der Mannesmann-Entscheidung BGHSt 50 331, 342, aber als bloßes obiter dictum (denn ein Aufsichtsratsmitglied besitzt natürlich die Täterqualifikation für beide Alternativen, u. Rdn. 258 ff), und bezieht sich dort überdies ohne eigene Begründung auf die drei schon erwähnten BGH-Entscheidungen, die aber diese Sicht gerade nicht transportieren (BGH NJW 1984 2539, 2540 sagt ausdrücklich, dass die jeweiligen Pflichten „identisch sein können“, und lässt eine unterschiedliche Bestimmung im Hinblick auf BGH NJW 1954 1616 ausdrücklich offen). Die Übertragung des für den Treubruchtatbestand entwickelten, im Übrigen auch dort nur ein Epiphänomen beschreibenden (u. Rdn. 85 ff) Merkmals der „Selbständigkeit“ auf den Missbrauchstatbestand (exemplarisch Dierlamm MK Rdn. 61) verlässt deshalb nicht nur den Boden der in den relevanten Kategorien bis heute nicht aufgegebenen Rechtsprechung74, sondern übersieht auch, dass die Neuorientierung seit BGHSt 24 386 nur die Einschränkung des Missbrauchstatbestandes auf fremdnützige Machtpositionen betrifft. Bei der Herausarbeitung der spezifischen Täterschaftsanforderungen des Treubruchtatbestandes ging es regelmäßig auch (nur) um die „differentialdiagnostische“ Frage, ob der Realakt der Wegnahme oder Zueignung von Kassenbeständen aus diesem oder aus den Tatbeständen des Diebstahls bzw. der Unterschlagung/Veruntreuung zu bestrafen war (BGH NStZ 1983 455; BGHSt 13 315, 318: 18 312, 313; BGH wistra 1989 60). Die Autoren, die das Täterkriterium beim Treubruch unbesehen auf den Missbrauchstatbestand übertragen wollen, verkennen dementsprechend, dass sie hierdurch unbegründete Strafbarkeitslücken für die ebenso strafwürdige Schädigung am unkörperlichen Vermögen aufreißen und die dem Missbrauchstatbestand vom Gesetzgeber eingeschriebene Parallelfunktion zur hier von § 246 StGB nicht erfassten Veruntreuung gerade zerstören würden. Dementsprechend führt es auch in die Irre, die Vermögensbetreuungspflicht als allgemeine Kategorie „vor die Klammer zu ziehen“, bevor die einzelnen Tatbestandsmerkmale geprüft werden75.

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Siehe BGHSt 13 315; BGH wistra 1993 61; OLG Köln NJW 1993 1992; OLG Hamm NJW 1973 1809. So aber Hoyer SK Rdn. 27 ff; Esser AnwK

Rdn. 13 ff; Kindhäuser NK Rdn. 31 ff; Saliger SSW Rdn. 18 ff; Beukelmann HK-GS Rdn. 8 ff.

Bernd Schünemann

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§ 266 17

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

c) Noch weniger zwingt die Rechtsprechungsentwicklung seit der Scheckkartenentscheidung zu dem Doppelfehler, die Anforderungen an die Fremdnützigkeit der Verwaltungstreuhand von allen Seiten her höher zu schrauben, so dass für § 266 zuletzt nur ein Schrumpfbereich im Sinne eines „Vasallendelikts“ übrig bleibt und Verwalter der unteren Ebene, namentlich solche mit klarem Verhaltensprogramm, ebenso ausgeschieden werden wie die Fälle einer an untreueirrelevante Austauschverhältnisse angekoppelten Verwaltungstreuhand. Die Rspr. hat die von ihr für die Abgrenzung des Treubruchtatbestandes angeführten, in Wahrheit teils nichtssagenden, teils vernebelnden Obersätze (näher u. Rdn. 82 ff) aus einem gesunden Judiz heraus niemals in diese Richtung praktiziert, so dass die sich eigenartiger Weise in der neueren Kommentarliteratur ausbreitende Tendenz, die betreffenden Floskeln in dem engstmöglichen Verständnis für bare Münze zu nehmen76, eine seriöse Berücksichtigung der Präjudizien (die nicht die sprachliche Oberfläche, sondern das sachliche Ergebnis zu beachten hat) vermissen lässt. Zusammen mit der in § 266 gerade nicht verlangten Reduzierung auf „gravierende Pflichtverletzungen“77, die vor allem als Entkriminalisierung der für die moderne Volkswirtschaft kennzeichnenden Organuntreue (o. Rdn. 2 f) propagiert wird, wirkt das wie eine Restriktionsobsession, die weder dogmatisch begründet noch kriminalpolitisch erträglich ist.

IV. Verhältnis des Missbrauchs- und des Treubruchtatbestandes zueinander 18

Auch die zum systematischen Verhältnis der beiden Tatbestandsalternativen beliebt gewordene, verführerisch-einprägsame Formel Hübners, der Missbrauchstatbestand sei lediglich ein „ausgestanzter Unterfall des umfassenden Treubruchtatbestandes“ 78, trifft deshalb die Sache nicht und kann auch nur ein obiter dictum des BGH vorweisen79,

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Näher unten Rdn. 84; exemplarisch Dierlamm MK Rdn. 48 zur angeblich „grundlegenden Bedeutung“ eines „Entscheidungsspielraums“ des Täters (der sich stricto sensu über das strafrechtliche Verbot selbst ad absurdum führt). Dazu vorerst nur Saliger SSW Rdn. 40 ff; Schünemann Organuntreue S. 6 ff; zur daraus im Bereich der maximal je erlebten Geschäftsherrenschädigung durch Spekulationsverluste mit US Subprime Mortgages versuchten Ableitung absurder Konsequenzen Deiters u. Gillmeister in Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) Finanzkrise S. 132, 280. So Hübner LK 10. Aufl. Rdn. 17; übernommen von Fischer Rdn. 6; Saliger SSW Rdn. 7; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 5; Labsch NStZ 1986 104, 106; in der Sache ebenso Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 22 Rdn. 68, 79; Esser AnwK Rdn. 11; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 542, 553; Lackner/Kühl Rdn. 21; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 11, 18; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 750. So BGHSt 50 331, 342 zur Begründung

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dafür, dass offen gelassen werden könne, ob der Missbrauchs- oder der Treubruchtatbestand erfüllt sei; doch wäre für dieses Ergebnis stattdessen die dogmatische Konstruktion der Tatsachenalternativität weitaus plausibler gewesen. Notabene sind auch die an dieser Stelle vom 3. Strafsenat angezogenen Belegstellen unzutreffend, denn selbst in der Scheckkartenentscheidung BGHSt 24 386, 387 findet sich die vom 3. Strafsenat zitierte Formel nicht; in BGHSt 47 187, 192 wird sogar, ebenso wie in BGH NJW 1984 2539, 2540, weitaus vorsichtiger nur davon gesprochen, dass die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchstatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes „hier übereinstimmten“; und diese Wendung findet sich auch in der bei Wittig in v. Heintschel-Heinegg, Rdn. 5, angezogenen Kinowelt-Entscheidung BGH NStZ 2006 221, 222. Von einer klaren Positionierung des BGH hinsichtlich der Frage des rechtslogischen Verhältnisses zwischen Missbrauch- und Treubruchtatbestand kann man deshalb beileibe nicht sprechen.

Bernd Schünemann

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Untreue

während es in den meisten BGH-Entscheidungen weit vorsichtiger nur in Bezug auf den konkreten Fall heisst, die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchstatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes stimmten „hier“ überein80. Hinter dieser in den Augen einer streng monistischen Theorie in der Tat merkwürdigen Formulierung 81 dürfte die zutreffende Erkenntnis stecken, dass es sich in den beiden Alternativen um unterschiedliche Ausprägungen des allgemeinen Unrechtstyps der Untreue handelt, der in der rücksichtslosen Ausübung einer Herrschaft über fremdes Vermögen besteht und in § 266 in zwei Subtypen ausdifferenziert wird, die sich durch die Art der Herrschaft unterscheiden: rechtsgeschäftlich beim Missbrauchstatbestand und nicht-rechtsgeschäftlich beim Treubruchtatbestand, wobei der Täter in beiden Fällen die ihm zur Fürsorge für das fremde Vermögen anvertraute Herrschaft zweckwidrig ge-, also missbraucht und dadurch das ihm anvertraute Vermögen von innen heraus schädigt. Während die Herrschaft über das fremde Vermögen in Gestalt einer Verpflichtungs- oder Verfügungsmacht im Missbrauchstatbestand präzise umrissen werden konnte, bereitet ihre Bestimmung im Treubruchtatbestand größere Schwierigkeiten und wird von der Rechtsprechung mit Hilfe verschiedener quantitativ abstufbarer Kriterien angesteuert, etwa Umfang und Dauer, Dignität und Selbständigkeit der Pflichtenstellung sowie eines dabei eingeräumten eigenen Entscheidungsspielraumes, bei denen es aber nur um die Abgrenzung zu den Zueignungsdelikten und damit nur um Gesichtspunkte geht, die für den Missbrauchstatbestand von vornherein völlig funktionslos sind (näher u. Rdn. 82 ff). Eine Übertragung dieser einschränkenden Voraussetzungen auf den Missbrauchstatbestand hat der BGH dann auch in der Mietkautionsentscheidung ausdrücklich abgelehnt (BGHSt 41 224, 229), und auch im Schrifttum wird deshalb die Spezialitätsthese mit dem Argument für falsch erklärt, dass man die einschränkenden Täterschaftskriterien des Treubruchtatbestandes nicht auf den Missbrauchstatbestand übertragen und noch weniger, um eine verfehlte Einengung des Missbrauchstatbestandes zu vermeiden, im Treubruchtatbestand aufweichen lassen dürfe 82. Für die Praxis hat das logische Verhältnis von Missbrauchs- und Treubruchtatbestand 19 nur eine prozessuale Bedeutung, denn die Spezialitätsthese fördert die Neigung des BGH, die Entscheidung zwischen Missbrauch und Treubruch offen zu lassen83, und würde auch einen Verzicht auf einen Hinweis auf eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes gemäß § 265 StPO beim Übergang von der einen zur anderen Alternative in der Hauptverhandlung erleichtern84. Gerade diese Beispiele unterstreichen, dass an Stelle der Spezialitätsthese das sowohl vom Wortlaut 85 als auch von der historischen Entwicklung her allein schlüssige Verständnis des § 266 als eines Zwillingsdelikts zutrifft, das (entsprechend der typologischen Theorie) zwei nebeneinander stehende Typen der Untreue, eben den Missbrauchs- und den Treubruchtatbestand, umfasst.

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Nachw. Fn. 79, weitere Beispiele o. Rdn. 16. Vgl. Wittig in von Heintschel-Heinegg Rdn. 5. Sch/Schröder/Perron Rdn. 2; Seier Rdn. 54. BGHSt 47 187, 192; 50 331, 341 f; 51 100, 112 ff; mit Recht kritisch Seier Rdn. 39 f; Saliger NStZ 2007 546; „problematisch“ laut Saliger SSW Rdn. 7.

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Zweifelnd Saliger SSW Rdn. 7 a.E. Denn die Spezialitätsthese hätte grammatisch korrekt nur durch die Konjunktion „oder sonst“ im Gesetzeswortlaut ausgedrückt werden können, zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 2.

Bernd Schünemann

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

V. Die beiden Untreueformen gemeinsame Unrechtsstruktur und ihr typologisches Verständnis 20

1. Auch wenn bis heute keine umfassende Theorie des strafrechtlichen Vermögensschutzes existiert,86 lässt sich doch die Aufgabe des Untreuetatbestandes im Verhältnis zu Diebstahl, Betrug und Erpressung einerseits, Unterschlagung andererseits sowohl anhand der systematischen Vorstellungen des Gesetzgebers als auch mit Hilfe einer an der Schutzbedürftigkeit des Opfers orientierten Typenbildung („viktimodogmatisch“) zuverlässig bestimmen und damit eine die Auslegung leitende teleologisch-kriminalpolitische Strukturierung vornehmen:87 In einer Wettbewerbswirtschaft versteht es sich zunächst von selbst, dass das Vermögen keinen strafrechtlichen Rundumschutz genießen kann, so dass die Aufgabe des Gesetzgebers darin besteht, die zu respektierenden Schutzbereiche, die sozialschädlichen Angriffsformen und den nach dem ultima-ratio-Prinzip unverzichtbaren Strafrechtsschutz festzulegen. Nach dem traditionellen Konzept des StGB ist das Vermögen als solches gegenüber Angriffen von außen in den Angriffsformen des Zwanges (§ 253) und der Täuschung (§ 263) umfassend geschützt, darüber hinaus in einzelnen spezialisierten Vermögensrechten mit dem Prototyp des Eigentums gegen eine Beschädigung oder auf Dauer berechnete Vorenthaltung durch die §§ 242, 246 und 303. Dieser Schutz des Vermögensinhabers „nach außen“ muss nun aber, wie bereits Binding (oben Rdn. 7) auf den Begriff gebracht hat, durch einen Schutz des Vermögens gegen „seinen Feind gerade in der Person, der es von Rechts wegen unterstellt ist“, ergänzt werden, und zwar prinzipiell durch das Strafrecht, weil hier andere Schutzmittel versagen: Gegenüber der Person, der der jederzeitige Zugriff auf das Vermögen eines anderen von Rechts wegen eröffnet ist, versagen alle sonst üblichen faktischen Schutzvorkehrungen, und auch das Zivilrecht kann hier keinen Schutz prästieren, weil es ja genau umgekehrt gerade den ungehinderten Zugriff auf das fremde Vermögen ermöglicht und dadurch gewissermaßen zum Vehikel der Tatbegehung wird. Die den Typus der Untreue bestimmende kriminalpolitische Aufgabe besteht also in dem Schutz des Vermögensinhabers gegen eine von innen heraus, d.h. von dem gerade umgekehrt zur Fürsorge bestimmten Obhutsgaranten bewerkstelligte Schädigung. Wie in der Entstehungsgeschichte Abs. 2 dargelegt, haben schon vor 1870 in Preußen das Obertribunal, in Sachsen der Gesetzgeber erkannt, dass der Schutz des Sacheigentums vor Unterschlagung in entsprechender Weise auch auf Forderungen und andere Vermögensgegenstände ausgedehnt werden muss, auf die freilich nur solche Personen regelmäßig Zugriff haben, denen diese Vermögensgegenstände ähnlich wie die Sachen bei der Veruntreuung anvertraut worden sind. Dieser ursprünglich beim Unterschlagungstatbestand eingeordnete Schutz ist 1870 durch das StGB für den Norddeutschen Bund „unter den Begriff der Untreue gestellt“ worden, nämlich als die

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Ansätze bei Otto S. 336 ff und passim. Wobei die viktimodogmatische Perspektive im Zusammenhang dieser Strukturbildung nur voraussetzt, den Rechtsgüterschutz als die unbestrittene Zentralfunktion des Strafrechts, der traditionell auf der ersten Stufe nach den unterschiedlichen Rechtsgütern gegliedert wird, auf der zweiten Stufe nach den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen [= Angriffsrichtungen!] aufzufächern und dadurch eine Systematisierung innerhalb der gegen das gleiche Rechtsgut gerichteten

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Delikte vorzunehmen. Auf die Kontroverse um die vergleichsweise anspruchsvollere viktimodogmatische Auslegungsmaxime, die durch eine in jeder Hinsicht ausreichende und problemlose Selbstschutzmacht des potentiellen Opfers gekennzeichneten Konstellationen im Rahmen einer methodengerechten restriktiven Tatbestandsinterpretation aus dem Strafbarkeitsbereich herauszuhalten (Nachw. o. Fn. 35), kommt es hierfür also nicht an.

Bernd Schünemann

§ 266

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sog. Bevollmächtigtenuntreue des § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F., die den Kristallisationskern der Missbrauchstheorie und damit des heutigen Missbrauchstatbestandes gebildet hat. Um die von der Missbrauchstheorie gelassenen Strafbarkeitslücken bei nicht rechtsgeschäftlichem Handeln und bei nicht selbst mit formeller Rechtsmacht ausgestatteten Beratern und Betreuern zu schließen, hat der Gesetzgeber 1933 neben den Missbrauchstatbestand den bewusst generalklauselartig gefassten Treubruchtatbestand gestellt.88 Gerade wegen dieser vom Wortlaut her extrem weiten Fassung, unter die man fast jede schlichte Vertragsverletzung hätte subsumieren können, musste die Rechtsprechung sodann eine stark restriktive Auslegung entwickeln, was das Reichsgericht in den 30iger Jahren getan hat.89 Mit dieser Entfaltung des Untreuetypus90 ging zugleich die Abgrenzung zu zwei anderen Unrechtstypen einher, nämlich zu den reinen Eigentumsdelikten und zu den bloß zivilrechtlichen Vertragsverletzungen. Schon im Rahmen der alten Bevollmächtigtenuntreue musste der Kreis der tauglichen Täter gegen Boten und ähnliche Handlanger abgegrenzt werden, deren Wirkungskreis typischerweise nur faktische Einwirkungsmöglichkeiten auf fremdes Eigentum erfasst und deren Handeln deshalb der Deliktsmaterie der Unterschlagung, regelmäßig in der qualifizierten Form der Veruntreuung, zuzuordnen ist. Mit der Neufassung des § 266 kam das Problem der Abgrenzung zu schlichten Vertragsverletzungen im Rahmen von Austauschbeziehungen hinzu. 2. Die vier zentralen Merkmale des Typus „Untreueunrecht“ sind die Herrschaft 21 über fremdes Vermögen, deren Fremdnützigkeit, die rücksichtslose, d.h. dem Vermögensinhaber gegenüber nicht gestattete Ausübung dieser Rechtsmacht, und schließlich als Erfolgsmoment der Vermögensnachteil. In dieser Grundstruktur stimmen Missbrauchsund Treubruchtatbestand völlig überein, während sie sich in der Art der Herrschaft unterscheiden: rechtsgeschäftlich beim Missbrauchs-, nicht-rechtsgeschäftlich beim Treubruchtatbestand. Der vielleicht größte Irrtum in der früheren Dogmatik des § 266 bestand darin, dass man der Meinung war, der Treubruchtatbestand sei primär durch eine Verletzung der Treupflichten im Innenverhältnis bzw. sozusagen nur dadurch gekennzeichnet – so dass also im Missbrauchstatbestand der Missbrauch im Außenverhältnis, im Treubruchtatbestand die Pflichtverletzung im Innenverhältnis getroffen würde. In Wahrheit geht es bei beiden Tatbeständen darum, dass die Schädigung fremden Vermögens 88

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Instruktiv E. Schäfer DJZ 1933 795: „Diese Fassung geht zweifellos sehr weit und ist … bewusst weit gezogen, um … die Korruption mit dem gebotenen Nachdruck bekämpfen zu können“; ders. in der 48. Sitzung der Strafrechtskommission vom 21.9.1934 S. 7: „Uns schwebten als Beispiele die Fälle vor, dass ein Berater, der keine rechtsgeschäftliche Vollmacht hat, bei der Anlage von Vermögen zum Ankauf von Aktien eines verkrachten Unternehmens, an dem er selbst beteiligt ist, rät … Das sind Fälle, in denen eine rechtsgeschäftliche Verfügung nicht vorliegt; sie lassen sich nur mit der Treubruchstheorie erfassen … Dabei sollte man sich allerdings überlegen, ob nicht die Treubruchstheorie etwas zu weit geht.“ Vgl. vorerst den Überblick bei Zoller S. 67–72.

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In dem erst in der neuesten Rechtstheorie präzisierten Sinn, nämlich als Begriff mit mehreren für sich selbst abstufbaren Merkmalen (Dimensionen), der also nicht im klassischen Sinne definiert, sondern nur durch fallgebundene Ähnlichkeitsregeln konkretisiert werden kann; näher Puppe Gedächtnisschrift Armin Kaufmann S. 15, 25 ff; Kuhlen in: Herberger/Neumann/Rüßmann (Hrsg.) Generalisierung und Individualisierung im Rechtsdenken ARSP-Beiheft 45 1992 S. 101, 119 ff; Schünemann FS Arthur Kaufmann (1993) S. 299 ff, 305 ff; ders. FS Hirsch (1999) S. 363 ff; ders. FS Otto (2007) S. 777 ff; Duttge Zur Bestimmtheit des Handlungsunwerts von Fahrlässigkeitsdelikten (2001); ders. MK § 15 Rdn. 126 ff.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

durch Ausübung einer Herrschaftsposition („von innen heraus“, was nur kraft einer schon vorhandenen Machtstellung möglich ist) bestraft wird, wobei die Verletzung des Innenverhältnisses nur Maßstab der Rechtswidrigkeit ist, während die Tathandlung natürlich immer eine Schädigung qua Herrschaft und in diesem Sinne eine Wirkung im Außenverhältnis bedeutet.91 Im Missbrauchstatbestand richtet sich die Vermögensherrschaft auf die Wahrnehmung von Rechtsbeziehungen zu Dritten, und aus diesem Grunde spricht man im Zivilrecht von einem Außenverhältnis. Im Treubruchtatbestand geht es um alle anderen Aspekte der Herrschaft über ein fremdes Vermögen, wobei die Herrschaft „eingeräumte Zugriffsmöglichkeit bei Abwesenheit von Kontrolle“ bedeutet. Die natürliche Folge einer Abwesenheit von Kontrolle ist die Treupflicht, während solche Personen, die ständiger Kontrolle unterliegen und deshalb keine eigene Herrschaft ausüben, auch nicht in diesem Sinne Treue schulden. Erst wenn man sich dies klarmacht, wird auch verständlich, warum die Selbständigkeit der Täterposition in der st. Rspr. das zentrale Kriterium des Treubruchtatbestandes darstellt (näher Rdn. 82 ff): Es gibt nämlich keinen originären Zusammenhang von Selbständigkeit und Treupflicht, vielmehr ist Selbständigkeit ein Attribut von Herrschaft, und erst aus der anvertrauten Herrschaft resultiert die Treupflicht. Anders formuliert, ist die qualifizierte Treupflicht nicht der harte Felsen des Treubruchtatbestandes, sondern nur ein Spiegel oder ein Indiz für die eigentliche Struktur, nämlich die Herrschaft. Die Treue ist nur die Schale, durch die man auf den Kern der Herrschaft zugreifen muss. Oder schließlich: Treue ist nur die normative Konsequenz aus der vom Gesetz für maßgeblich erklärten sachlogischen Struktur der Herrschaft.

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3. Bei der Konkretisierung dieser Formel von der „zweckwidrigen Ausübung anvertrauter Obhutsherrschaft über fremdes Vermögen durch Rechtsgeschäft oder in sonstiger Weise“ als Kern des Untreueunrechts ist – entsprechend der Methodik der typologischen Betrachtungsweise – ein dreifacher Gegenpol 92 zu dieser tatbestandsmäßigen Herrschaftsposition zu bilden: zum einen die völlig unselbständige, umfassend kontrollierte Position des Arbeitnehmers; zum anderen die Position des Vertragspartners, der mit dem Vermögensinhaber kurzfristig in einem reinen Austauschgeschäft zusammentrifft, diesem aber deshalb keine Treue schuldet, weil er über dessen Vermögen keine Herrschaft von innen heraus ausübt; und zum dritten das schon durch die Eigentumsdelikte erfasste bloße Hantieren mit fremden Sachen. Auf der anderen Seite steht die Herrschaft als ratio essendi der Treupflicht, die sich sowohl aus einer aktuellen Herrschaftsposition im Innenbereich des Vermögens als auch aus einer früheren Übertragung von Vermögen im Sinne des Anvertrauens dieser Vermögensstücke zwecks Umwandlung in neue Vermögensstücke ergeben kann: Die Treuhand setzt sich bei der mittelbaren Stellvertretung auch an

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So bereits im Ansatz völlig zutr. Sax JZ 1977 666 f, dessen Überlegungen durch die völlig überzogene, aber erfolgreiche Kritik von Hübner LK 10. Aufl. Rdn. 12 f, 76 lange Zeit nicht die verdiente Anerkennung gefunden hatten; zur faktischen Herrschaft als Auslöser der Betreuungspflicht auch BGH – VI ZR 117/82 – NJW 1984 800 re. Sp.; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 26; Auch die von Kindhäuser sog. „integrierte Untreuekonzeption“ (FS Lampe (2003) 710 ff; NK Rdn. 22 f) ist mit der von

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mir hier bereits in der Voraufl. entwickelten Untreuekonzeption weitestgehend identisch, vgl. seine Formulierung, die „Treue ist als Ausgleich eingeräumter eigener Macht über fremdes Vermögen zu verstehen“ (NK Rdn. 22), mit den hier in der Vorauflage (1998), Rdn. 20, zu findenden Wendungen. Zu diesem wichtigen methodischen Prinzip der Typuskonkretisierung am Beispiel der Bestechungsdelikte Schünemann FS Otto (2007) 777, 792 ff.

Bernd Schünemann

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den Vermögensstücken fort, die für die veräußerten Vermögensstücke des Auftraggebers eingenommen worden sind. Entscheidende Abgrenzung zum Austauschvertrag ist hier, dass eine endgültige Vereinnahmung des Erlöses durch den Beauftragten niemals zur Debatte gestanden hat, sondern dass die Entlohnung für die Dienstleistung erfolgt und sich nicht etwa aus dem Transaktionsgewinn ergeben soll. Allgemein lässt sich deshalb sagen, dass die Treupflicht eine Folge der Herrschaft ist, und zwar entweder einer aktuellen Herrschaft innerhalb des Vermögensverbandes oder einer zuvor eingeräumten Herrschaft über vom Treuhänder benutzte Vermögensstücke, die wirtschaftlich dem Treugeber zustehen.

VI. Rechtsgut Geschütztes Rechtsgut ist das fremder Hand anvertraute Vermögen. Dies ist zwar 23 h.M., jedoch nicht unbestritten. An die ursprüngliche Fassung des § 266 Abs. 1 Nr. 1, die sich gegen Vormünder, Kuratoren usw. richtete, „wenn sie absichtlich zum Nachteile der ihrer Aufsicht anvertrauten Personen oder Sachen handeln“ (Entstehungsgeschichte Abs. 3), knüpfte eine Meinung im Schrifttum an, dass nicht allein das Vermögen als Sache geschützt, sondern auch die Untreue gegen die Person getroffen werden sollte (Fundstellen bei Allfeld § 107 Fn. 8). Diese Lehre, schon von RGSt 16 77, 79 verworfen, hat – aus heutiger Sicht – mit der Neufassung v. 26.5.1933 ihre Grundlage verloren; sie wird nicht mehr ernsthaft vertreten. Der nationalsozialistische Gedanke von der Untreue als einem Verratstatbestand 93 ist gleichfalls überwunden. Heute entspricht es der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur, dass die Untreue ein reines Vermögensdelikt ist, insoweit dem Betrug gleichend, mit dem sie in demselben Gesetzesabschnitt untergebracht ist.94 Hingegen sehen Sch/Schröder/Cramer 18 (Rdn. 1), Dunkel,95 Luthmann 96 und D. Meyer 97 außer dem Vermögen als geschütztes Rechtsgut auch das Vertrauen in die Redlichkeit des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs an. Strafrechtliche Untreue sei „nicht nur Vermögensschädigung durch Vertrauensbruch, sondern zugleich Vertrauensbruch durch Vermögensschädigung“.98 Das Wortspiel kehrt indes die Ursächlichkeit um, verlagert also den Schwerpunkt, müsste außerdem gleichermaßen für den Betrug gelten, bei dem aber ganz allgemein das Vermögen allein als geschütztes Rechtsgut erachtet wird,99 auch von Sch/Schröder/Cramer18 selbst.100 Das Vertrauensverhältnis wird nicht als solches, sondern nur in seiner Vermögensbeziehung geschützt; der Vertrauensbruch ist nur das Angriffsmittel auf das geschützte Rechtsgut. Auch in der Rechtsprechung ist das seit

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Dahm bei Gürtner2 BT S. 445, 449, 452; Prot. der 48. Sitzg. der Strafrechtskommission v. 21.9.1934, Klee und Freisler S. 9. EStGB 1962 § 263 und Begr. Vor § 235; Baumann Sicherungsrechte S. 175; Beukelmann HK-GS Rdn. 5; Cramer S. 116; Dierlamm MK Rdn. 1; Esser AnwK Rdn. 1 ff; Fischer Rdn. 2; Hoyer SK Rdn. 1–5; Kindhäuser NK Rdn. 1; Krey/Hellmann BT/2 Rdn. 541; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 1; H. Mayer Untreue S. 47, 143, 145; Mat. I 349; Schmid M-G/B § 31 Rdn. 3; Rengier BT I § 18 Rdn. 1; Saliger SSW Rdn. 1; Seier Untreue Rdn. 10; Schneidewin

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Mat. I 209; Sch/Schröder/Perron Rdn. 1; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 747; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 2. S. 41 ff, 109 ff, 112, 169; GA 1977 334 f. NJW 1960 420. MDR 1971 894; JuS 1973 215. Klug bei Hachenburg GmbHG 6 und im Großkommentar AktG 2. Bd.2 Anm. 4 zu den inzwischen aufgehobenen § 81a GmbHG und § 294 AktG. Z.B. BGHSt 16 220, 221; Hefendehl MK § 263 Rdn. 1–7; Tiedemann LK11 Rdn. 18 vor § 263. § 263 Rdn. 1 m. w. Schrifttumsangaben.

Bernd Schünemann

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

eh und je anerkannt worden101, weshalb die Judikatur zum Erfolgsmoment der Nachteilszufügung, der im Schrifttum eine zunehmende Entleerung des Begriffs des Vermögensschadens vorgeworfen wird102, den „archimedischen Punkt“ des Untreuetatbestandes betrifft103.

B. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz? Das Problem der Gesetzesbestimmtheit I. Allgemeine Grundsätze 24

Ob die Vorschrift des § 266 mit dem GG und daher auch mit der MRK104 noch vereinbar ist, wird zwar für den Missbrauchstatbestand nicht in Zweifel gezogen. Dagegen sind im Schrifttum Bedenken laut und immer lauter geworden, ob der Treubruchtatbestand die Forderung des Art. 103 Abs. 2 GG nach Gesetzesbestimmtheit erfüllt.105 Nicht zu leugnen ist: Außer dem Zufügen eines Nachteils wird hier vom Gesetz nur die Verletzung der Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen bezeichnet. Die Tathandlung, die erst die Pflichtverletzung begründet, wird allein durch die Ursächlichkeit für den Taterfolg (den Vermögensnachteil) umschrieben.106 Die Frage ist, wie hoch man die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gesetzesbestimmtheit zu spannen hat.107 Denn in dem Dilemma, dass der Richter bei der Tatbestandskonkretisierung den Gesetzgeber wenigstens zum Teil vertreten muss, befindet sich der § 266 nicht allein. Die Problematik tritt auch anderwärts auf, in Einzelvorschriften des Besonderen Teils wie im Allgemeinen Teil. Muss man einerseits erkennen, es sei im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der sozialschädlichen Verletzungsformen nicht möglich, den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG durch exakte umgangssprachliche Umschreibung der Verbotsmaterie zu entsprechen, will man andererseits nicht in unbefriedigende Kasuistik zurückfallen oder gar vor dem Problem kapitulieren, so muss man sich bei dem Grad von Rechtssicherheit bescheiden, der erreichbar und rechtsstaatlich noch erträglich ist, zumal die Überprüfung eines Straftatbestandes am verfassungsrechtlichen lex-certa-Gebot des Art. 103 Abs. 2 GG von dem Paradoxon ausgehen muss, dass das Bestimmtheitsgebot selbst außerordentlich unbestimmt ist.108 Ferner wird, weil sich der Gesetzgeber des Mittels der Umgangssprache bedienen muss, die mögliche Präzision der Gesetze von vornherein durch die ontologisch unaufhebbare Vagheit und Porosität der Umgangssprache begrenzt.109 101

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Vgl. nur RGSt 71 155, 158 i.V.m. RGSt 74 168; BGHSt 8 254, 255 ff; 14 38, 47 – GrS –; 43 293, 297; BGH NJW 2000 154, 155 – ununterbrochen st. Rspr. Exemplarisch Saliger FS Samson (2010) 455 ff, bes. S. 481 f sowie u. Rdn. 163. Schünemann StraFo 2010 1 ff, 477 ff. Art. 7; Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig/ Herzog/Scholz GG Art. 103 Rdn. 250. AE BT, Straftaten gegen die Wirtschaft (1977) S. 127; Arzt FS Bruns S. 367; Gribbohm JuS 1965 391; Jescheck/Weigend § 15 I 3; H. Mayer Mat. I 337, 345; Otto Struktur S. 311; Samson Strafrecht II5 Fall 9 S. 95; Welzel § 5, II 3 a.E.; § 56, B; Saliger ZStW 112 (2000), 563; klar für Verfas-

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sungswidrigkeit Dierlamm MK Rdn. 3–6 Labsch S. 177–202; Jakobs AT § 4 Rdn. 29 f; Kargl ZStW 113 (2001) 565, 589. Dunkel S. 188; GA 1977 337; Eser IV 4 Fall 17 A 44; Sax JZ 1977 664, A I 3; Sieber S. 247. Dunkel S. 184 m. w. Fundst.; Sch/Schröder/ Eser/Hecker § 1 Rdn. 17 ff. Schünemann Nulla poena sine lege? (1978), S. 29. Vgl. dazu Herberger/Simon Wissenschaftstheorie für Juristen (1980) S. 285 ff; Koch/ Rüßmann Juristische Begründungslehre (1982) S. 191 ff, 194 ff; Herberger/Koch JuS 1978 812 ff.

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Untreue

Freilich bedeutet das keine Auflösung in völlige Beliebigkeit und damit in (bzgl. des späteren Ausgangs völlig ungewisse) einzelne Kommunikationsvorgänge, wie neuerdings wieder der Dekonstruktivismus und das Law-and-Literature-Movement in massloser Einseitigkeit geltend machen.110 Denn die Vagheit der Umgangssprache ist wiederum nur eine relative und beschränkt sich auf den sog. Bedeutungshof der umgangssprachlichen Begriffe, d.h. auf diejenigen Sachverhalte, bei denen die Bezeichnung eines Sachverhalts durch den betreffenden umgangssprachlichen Ausdruck nicht aufgrund eines Evidenzerlebnisses entweder treffend oder völlig inadäquat, sondern zweifelhaft ist. Hingegen vermittelt die Umgangssprache im Bedeutungskern, das heisst bezüglich der von einem bestimmten Ausdruck fraglos treffend bezeichneten Sachverhalte, sowie außerhalb des Bedeutungshofes, das heisst bezüglich der mit dem betreffenden Ausdruck unmöglich gemeinten Sachverhalte (dem „Rest der Welt“), Orientierungssicherheit.111 Weiter kommt hinzu, dass hiernach verbleibende Unsicherheiten eine doppelte Reduzierung durch den jeweiligen Kontext erfahren, nämlich durch den umgangssprachlichen Kontext des Ausdrucks in einem bestimmten sprachlichen Feld und durch den sozialen Kontext eines bestimmten Regelungssubstrats, im Strafrecht also der betreffenden Verbotsmaterie. Da es schließlich im Recht – anders als in der Literatur – in der Regel nicht um situative und psychologische Feinheiten, sondern um relativ einfach strukturierte Vorgänge der Alltagswelt geht, bietet das Medium der Umgangssprache generell genügend Verlässlichkeit, damit eine dem Gesetzgeber vorschwebende und vom Normadressaten nachvollziehbare Verbotsmaterie definiert werden kann. Bei der Interpretation des (wie dargelegt, selbst unbestimmten) Bestimmtheitsgebotes 25 geht es dementsprechend um das pragmatische Problem, wie gross der der Gesamtheit der Gesetzestermini zukommende Bedeutungshof sein darf, damit einerseits die bei starren Beschreibungen unvermeidbaren Lücken des Rechtsgüterschutzes weitgehend vermieden werden, während andererseits die Orientierungssicherheit des Normadressaten durch eine Kombination von festen Anhaltspunkten und Risikobereichen auf dem Niveau der allgemein üblichen sozialen Orientierung „unter relativer Sicherheit“ bleibt, was zugleich auf einen gewissen Dezisionsspielraum des Richters bei der Konkretisierung des Gesetzes, aber auch auf den Ausschluss schrankenloser Richterwillkür hinausläuft. Zur Beantwortung dieser pragmatischen Frage hat das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit elastische Formulierungen entwickelt, indem es betont hat, dass das Strafrecht nicht völlig darauf verzichten könne, allgemeine Begriffe zu verwenden, die formal nicht eindeutig allgemeingültig umschrieben werden können, weil sie unentbehrlich seien, um der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden.112 Zusätzlich hob das BVerfG darauf ab, dass Art. 103 Abs. 2 GG für den einzelnen die Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Strafens dadurch gewährleisten soll, dass in Grenzfällen zumindest das Risiko der Strafbarkeit nach dem Gesetz und seiner richterlichen Auslegung erkennbar werde.113 110

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Vgl. dazu nur m. z.w.N. Lüderssen Genesis und Geltung in der Jurisprudenz (1996) S. 328 ff, 349 ff. Zu diesem Ansatz grundlegend Heck AcP 112 (1914) 173 u.ö.; ferner Jesch AöR 82 (1957) 172 f; Hart The Concept of Law 6. Aufl. (Oxford 1972) S. 321 ff; Koch Unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensermächtigung im Verwaltungsrecht (1979) S. 40 ff; Jellinek Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung

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(1913) S. 37 f; Koch/Rüßmann Juristische Begründungslehre (1982) S. 195 ff; Hart Harv. L. R. 1958 593 ff, 610 ff; Schünemann FS Klug S. 169, 177 f; ders. FS Arthur Kaufmann S. 299, 303 f. Nachweise bei Dannecker LK § 1 Rdn. 183 f, 198 ff; Sch/Schröder/Eser/ Hecker § 1 Rdn. 20. Dazu mit Nachweisen Tiedemann Verfassungsrecht und Strafrecht (1991) S. 44 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Anhand der konkreten Konsequenzen dieser Rechtsprechung hatte Krahl das Gesamturteil gefällt, „dass der Bestimmtheitsgrundsatz vom BVerfG und BGH im Grunde aufgegeben worden ist, dass es sich bei den Entscheidungen lediglich um Verbalbekenntnisse zugunsten genauer Strafgesetze handelt, die im Hinblick auf die unbedingte Verbindlichkeit einer Verfassungsvorschrift abgegeben werden müssen.“114 Es steht deshalb außer Frage, dass der Treubruchtatbestand jedenfalls vor den vom BVerfG früher formulierten Anforderungen Bestand hat, weshalb denn auch in der Rechtsprechung niemals Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 266 laut geworden sind. Auch das ältere Schrifttum nahm – mit Ausnahme von Labsch (S. 177–202) – trotz der geäußerten Bedenken die Vorschrift als noch grundgesetzentsprechend hin.115

II. Die Täterqualifikation als hinreichend bestimmter Funktionsbegriff 26

Aber so einfach durfte man sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Treubruchtatbestandes schon deshalb nicht machen, weil es sich dabei um einen Akt der autoritären Gesetzgebung in der Frühzeit des nationalsozialistischen Staates gehandelt hat (Entstehungsgeschichte Abs. 4, Rdn. 7), bei dem die Autoren die beträchtliche Unbestimmtheit selbst eingeräumt haben.116 Auch das Reichsgericht hat deshalb alsbald davon gesprochen, dass die Abgrenzung der sehr weit gefassten Begriffe des Treubruchtatbestandes erhebliche Schwierigkeiten biete, weil der Wortlaut des Gesetzes die Anwendung auf ganz untergeordnete Auftrags- und Dienstverhältnisse zulasse, weshalb man, um bei der unbestimmten Fassung des Gesetzes überhaupt eine Grenze ziehen zu können, neben dem Wortlaut auch den Zweck beachten müsse (RGSt 69 58, 60 f). Obwohl es daraufhin eine höchst anerkennenswerte Restriktion vorgenommen hat, die bis heute Bestand hat, kann man sich nicht mit der vom BVerfG am Beispiel des Tatbestandes des groben Unfugs gesuchten Ausflucht beruhigen, dass der Tatbestand durch eine jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung hinreichend präzisiert worden wäre.117 Denn weil die Garantie der Gesetzesbestimmtheit ja gerade Voraussehbarkeit durch den Gesetzestext garantieren und richterliche Willkür ausschließen soll, ist es geradezu widersinnig, den Verstoß des Gesetzgebers gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen wegen irgendeiner späteren Judikatur verneinen zu wollen.118 Gleichfalls in die Irre führt die Meinung von Ransiek, wonach (scil. lediglich) das zu schützende Rechtsgut im formellen Gesetz anzugeben sei, während „der entscheidende Schutz des Art. 103 Abs. 2 GG durch das Merkmal der Eindeutigkeit sprachlicher Zuordnung auf der Auslegungsebene“ liege.119 Denn eine eindeutige Zuordnung gibt es nur im Bedeutungskern der umgangssprachlichen Termini, während die von Ransiek gehegte Hoffnung, eine nicht vorhandene Eindeutigkeit könne im Prozess hergestellt werden, dergestalt, dass „ein Rechtsbegriff unter Berücksichtigung seines Zweckzusammenhanges lebensweltlich mit an Sicherheit gren114

115

AaO S. 339 und passim; ähnlich das Gesamturteil von Tiedemann aaO S. 44, dass die Rechtsprechung des BVerfG den Vertrauensschutz praktisch zur Fiktion werden lasse. Bringewat GA 1973 359; Tröndle 49 Rdn. 8; Dunkel S. 188 ff, 202; Gribbohm JuS 1965 391; Jescheck/Weigend § 12 a.E.; § 15 I 3 a.E.; H. Mayer AT § 13 V 2; Mat. I 273 ff; zweifelnd Welzel § 5 II 3 a.E.; § 56 B;

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Lemmel S. 37, 202 (hier Fn. 17) lässt die Frage offen. E. Schäfer DJZ 1933 796. BVerfGE 26 41, 43; fortgesetzt in BVerfGE 28 175, 183, 185; 37, 201, 208; Sch/ Schröder/Eser/Hecker § 1 Rdn. 20; krit. Dannecker LK § 1 Rdn. 188, 201. Schünemann Nulla poena sine lege? (1978) S. 32 f. Gesetz S. 87 und passim.

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zender Wahrscheinlichkeit erfüllt“ sein müsse, wobei „etwaige Zweifel zugunsten des Angeklagten“ gingen (S. 85), außer der nur die eine Unbekannte durch eine noch weniger bekannte Unbekannte ersetzenden Prozeduralisierung des Problems zu nichts führt. Anstelle der jeder Unbestimmtheit die Zügel schießen lassenden Reduzierung des lexcerta-Postulats auf die Angabe des geschützten Rechtsgutes muss deshalb im Wege einer typologischen Ordnung danach gesucht werden, Tatbestandsmerkmale mit pragmatisch hinreichender Bestimmtheit von solchen ohne diese zu sondern und von daher Anforderungen an die Qualität der gesetzlichen Tatbestandsbeschreibung zu entwickeln. Wenn man dementsprechend in einer hier nicht weiter explizierbaren Weise zwischen Klassifikationsbegriffen, Funktionsbegriffen und reinen Wertbegriffen unterscheidet und eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots nur bei einem Überwiegen reiner Wertbegriffe annimmt,120 dann wird rasch deutlich, dass die Verfassungsmäßigkeit des Treubruchtatbestandes davon abhängt, ob man die neben der Schadensverursachung das Rückgrat dieses Tatbestandes bildende, eine Vermögensfürsorgepflicht begründende Täterqualifikation als einen Funktionsbegriff oder einen reinen Wertbegriff zu qualifizieren hat. Letzteres wäre sicherlich der Fall, wenn man sie als eine Erscheinungsform der bloßen Moral begreifen müsste, deren ursprüngliche Aufnahme ins Gesetz ein Mittel zur Durchsetzung spezifisch nationalsozialistischer Wertvorstellungen gewesen wäre. Genau darum geht es aber nicht, wie schon das Reichsgericht in seiner Grundsatzentscheidung RGSt 69, 58 ff zutreffend erkannt hat und was auch im Gesetzeswortlaut – was für Art. 103 Abs. 2 GG letztlich entscheidend ist – einen hinreichenden Anhaltspunkt gefunden hat. Vielmehr geht es beim Treubruchtatbestand um die Erfassung einer spezifischen Macht- und Einflussstellung auf das fremde Vermögen, die eine ungehinderte Schädigung dieses Vermögens von innen heraus ermöglicht,121 und damit um eine spezifische Form der Garantenstellung durch Übernahme der Obhut über die Hilflosigkeit des Rechtsgutes.122 Dies hat auch dadurch im Gesetzeswortlaut seinen Niederschlag gefunden, dass das Gesetz beim Treubruchtatbestand sowohl von der Wahrnehmung als auch von der Betreuung fremder Vermögensinteressen spricht und damit deutlich macht, dass die Treupflicht des Täters durch eine von ihm innerhalb des fremden Vermögens eingenommene Herrschaftsposition, die ihn die betreffenden Vermögensinteressen „wahrnehmen“ lässt, begründet wird. Es handelt sich hierbei also eindeutig um keinen Wertbegriff, sondern um einen Funktionsbegriff, gegenüber dessen Verwendung aus dem Postulat der Gesetzesbestimmtheit keine durchgreifenden Bedenken geltend gemacht werden können. Dies wird zu guter Letzt durch den eigenen Gesetzesvorschlag von Labsch, des schärfsten Kritikers des Treubruchtatbestandes, bestätigt, weil Labsch nämlich die Schaffung des Tatbestandes einer „Untreue von Vermögensverwaltern und Aufsichtsorganen“ für diejenigen Täter vorschlägt, die „es rechtswirksam übernommen haben, kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts (das) Vermögen eines anderen zu verwalten“ (Untreue S. 345). Weil der Begriff des „Verwaltens“ sicherlich von der Ausübung der zentralen Herrschaft bis herab zu einer dezentralisierten, aber immer noch mit einer gewissen Selbständigkeit

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Näher dazu Schünemann Nulla poena sine lege? (1978) S. 29 ff. Zutreffend bereits Sax JZ 1977 663, 666 f; 702 ff, 743 ff; ausgebaut in Schünemann LK Voraufl. Rdn. 55; dazu näher u. Rdn. 58 f. Zust. Hoyer SK Rdn. 27; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 23a; allgemein Schünemann

Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte (1971) S. 341 ff; ders. in: Gimbernat/Schünemann/Wolter Internationale Dogmatik der objektiven Zurechnung und der Unterlassungsdelikte (1995) S. 72 ff; ders. FS Amelung (2009) 303 ff.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

ausgestatteten Tätigkeit reicht, unterscheidet sich der Gesetzesvorschlag von Labsch eigentlich nicht signifikant von dem auf die „Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“ abhebenden Treubruchtatbestand, so dass das von Labsch über den Treubruchtatbestand ausgesprochene Verdikt der Verfassungswidrigkeit von seinen eigenen Überlegungen de lege ferenda wieder aufgehoben wird.

III. Die Untreuejudikatur des BVerfG 27

1. In zwei aktuellen Entscheidungen zum Untreuetatbestand hat das BVerfG dem bei ihm früher eher brach liegenden Bestimmtheitsgrundsatz dadurch für die Verfassungsmäßigkeit von Strafrechtsnormen eine Schlüsselrolle zugeschrieben123, dass es zwar keine gesteigerten Anforderungen an die semantische Dichte des Gesetzestextes, wohl aber an dessen Interpretation durch die Rechtsprechung gestellt hat. Unter Intensivierung seiner neuerdings erkennbaren Tendenz, dem nulla-poena-Grundsatz mehr Substanz zu verleihen124, hat es in einem Kammerbeschluss vom 10.3.2009125 und sodann in einem Beschluss des 2. Senats vom 23.6.2010126 zwar zunächst in Weiterführung der alten

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Worin man einen gewissen Ausgleich dafür sehen kann, dass das BVerfG in seiner Inzest-Entscheidung (BVerfGE 120 224, krit. Bottke FS Volk [2009] 93; Greco ZIS 2008 234; Hörnle NJW 2008 2085; Roxin StV 2009 544; Zabel JR 2008 453) eine Begrenzung der Strafgesetzgebung durch das Prinzip des Rechtsgüterschutzes ausdrücklich abgelehnt hat – wobei es freilich einer eigenen Untersuchung bedürfte, ob diese Zurückweisung angesichts der Anerkennung des ultima ratio-Prinzips ibid. S. 239 f und der in der Entscheidung immer wieder aufblitzenden Rechtsgutsanlayse ibid. S. 240 ff, 248 f (sowie in der abweichenden Meinung von Hassemer S. 257 ff) im Endeffekt etwas anderes als die Behauptung transponiert, dass die Strafbarkeit des Inzests auf einer vertretbaren Rechtsgutsqualifikation des Gesetzgebers beruhe. Zur „Umsattelung“ auf den Bestimmtheitsgrundsatz programmatisch Landau ZStW 121 (2009) 965, 973 ff. Spektakulär war die Bejahung eines Verstoßes gegen das Analogieverbot bei Ausdehnung des Waffenbegriffs in § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf einen PKW (NJW 2008 3627 = JR 2009 206 m. Anm. Kudlich = NStZ 2009 83 m. Anm. Simon, s. ferner Hüpers HRRS 2009 66); erfolglos waren die Verfassungsbeschwerden gegen die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen des Steuerstrafrechts (NJW 2008 3346), gegen § 298 StGB

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(wistra 2009 269), gegen § 184d StGB in Verbindung mit konkretisierenden Rechtsverordnungen (NVwZ 2009 239), gegen § 130 Abs. 4 StGB (NJW 2010 47) und gegen die Subsumtion des Handeltreibens mit Rauschpilzen unter § 29 BtmG (StraFo 2009 526, dazu Montiel/Ramirez Ludeña ZIS 2010 618); dagegen zuletzt wieder erfolgreich gegen den Verzicht der Strafgerichte auf eigenständige Konkretisierung des Begriffs der „erheblichen Ruhestörung“ am Beispiel eines Klavierspiels am Sonntag (NJW 2010 754). wistra 2009 385 ff. BVerfGE 126 170 = NJW 2010 3209 mit teilweise zustimmender, teilweise kritischer Rezension von Saliger NJW 2010 3195; ders. ZIS 2011 902; Becker HRRS 2010 383 ff; Krüger NStZ 2011 369; Safferling ibid. 376; Kuhlen JR 2011 246; Radtke GmbHR 2010 1121; Wittig ZIS 2011 660; Schulz FS Roxin II 305. Diese Entscheidungen enthalten zwar keinen Bruch mit der bisherigen Rechtsprechung, akzentuieren aber deutlicher als früher die in der Lissabon-Entscheidung (BVerfGE 123 267, 408) nach den insistierenden Forderungen im Schrifttum (Lüderssen GA 2003 71; Schünemann StV 2003 116, 120; ders. StV 2003 531; ders. ZRP 2003, 185; ders. ZRP 2003 472; ders. GA 2004 200; ders., in: Schünemann [Hrsg.], Ein Gesamtkonzept für die europäische Strafrechtspflege (2006) 95; ders. FS Herzberg [2008] 39, 49 ff) aner-

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Untreue

Rechtsprechung die eigentlich selbstwidersprüchliche Sequenz wiederholt, Art. 103 Abs. 2 GG verpflichte den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen seien und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren ließen127, (weil) das Grundgesetz auf diese Weise sicherstellen wolle, dass jedermann sein Verhalten auf die Strafrechtslage eigenverantwortlich einrichten könne und keine unvorhersehbaren staatlichen Reaktionen befürchten müsse128, und zugleich dafür sorge, dass im Bereich des Strafrechts nur der Gesetzgeber abstraktgenerell über die Strafbarkeit entscheide129, ohne dass deshalb freilich unbestimmte Begriffe oder selbst Generalklauseln im Strafrecht verfassungsrechtlich unzulässig seien130. Es genüge, dass sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung (!) eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung gewinnen lasse, so dass der einzelne die Möglichkeit habe, den durch die Strafnorm geschützten Wert sowie das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen131, m.a.W.: verfassungsrechtliche Bedenken, die die Weite eines Tatbestands bei isolierter Betrachtung auslösen müsste, könnten durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung entkräftet werden132. Im Beschluss des 2. Senats wird das zur Pflicht der Rechtsprechung erweitert, Unklarheiten über den Anwendungsbereich durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeiten auszuräumen (Präzisierungsgebot) 133, und hierfür der Grundsatz proklamiert, dass eine Verschleifung oder Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen, durch die diese vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgingen, verfassungswidrig sei134. 2. Auf die Konsequenzen, die aus diesen Beschlüssen des BVerfG für die Interpreta- 28 tion der einzelnen Tatbestandsmerkmale zu ziehen sind, ist bei deren Kommentierung zurückzukommen. In grundsätzlicher Hinsicht ist wichtig, dass es die Vorschrift des § 266 weiterhin für verfassungsmäßig erklärt, die aus Art. 103 Abs. 2 GG abzuleitenden Bestimmtheitsanforderungen an die Rechtsprechung „weitergereicht“ und für sich selbst eine über die durchschnittliche verfassungsrechtliche Kontrolle hinausgehende Prüfungsdichte bezüglich der Einhaltung dieser Regeln im jeweiligen konkreten Fall in Anspruch genommen hat135. Zwar ist die Erwägung des BVerfG, der Gesetzgeber dürfe in den

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kannte besondere Legitimationsbedürftigkeit des Strafrechts, der zufolge der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die Verantwortung für die grundlegende Entscheidung übernehmen müsse, in welchem Umfang und in welchen Bereichen ein politisches Gemeinwesen gerade das Mittel des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle einsetzt (BVerfGE 126 170, 194 f). BVerfG NJW 2009 2370, 2371 unter Hinweis auf BVerfGE 75 329, 340 f; 78 374, 381 f; 105 135, 152 f; dito BVerfGE 126 170 194. BVerfG NJW 2009 2370, 2371 unter Hinweis auf BVerfGE 64 389, 393 f; 8 69, 72 f; 95 96, 131; dito BVerfGE 126 170, 194 f; sog. strafrechtlich-generalpräventive Wurzel des nulla-poena-Satzes, s. nur Schünemann

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nulla poena sine lege S. 1 ff; Roxin Strafrecht AT I § 5 Rdn. 22 f; Greco Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie (2009) 356 ff. BVerfG NJW 2009 2370, 2371 unter Hinweis auf BVerGE 105 135, 153; dito BVerfGE 126 170, 194; sog. staatsrechtlichgewaltenteilende Wurzel, s. nur Schünemann Nulla poena sine lege S. 9 ff; Roxin Strafrecht AT I § 5 Rdn. 20 f. BVerfGE 126 170, 195 f. BVerfG NJW 2009 2370, 2371 (Rz. 21). BVerfGE 126 170 196 f. BVerfGE 126 170 198 f. BVerfGE 126 170 198. BVerfG NJW 2009 2370, 2371 f (Rz. 33 ff); besonders deutlich BVerfGE 126 170 199 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Straftatbeständen sogar mit Generalklauseln arbeiten, wenn diese nur von einer ständigen Rechtsprechung präzisiert würden, mit dem von ihm selbst mit Recht proklamierten Obersatz, Art. 103 Abs. 2 GG garantiere die Fällung der Kriminalisierungsentscheidung durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber, ersichtlich nicht zu vereinbaren, weil eine Generalklausel (Paradebeispiel: die Formel der „guten Sitten“ in § 228 StGB136) die inhaltliche Entscheidung gerade nicht trifft, sondern weiterreicht137. Aber bei § 266 geht es auch nicht um Generalklauseln, sondern (wie das BVerfG mit Recht feststellt) um im Kern bestimmte und damit insgesamt konkretisierungsfähige Rechtsbegriffe, was im Grunde auch die Kritiker einräumen, wenn sie sich gegen eine Überdehnung des Begriffs des Vermögensnachteils wenden und damit also implizit die Existenz von Grenzen einräumen. Bezeichnenderweise gibt es auch zu dem im Wortlaut des § 266 hinreichend deutlich zum Ausdruck kommenden Grundkonzept des § 266, das Vermögen gegen Schädigungen durch alle mit einer Obhutsherrschaft ausgestatteten Hüter gleichermassen zu schützen, keine vernünftige Alternative138. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Strafvorschrift ist deshalb nicht zu zweifeln.

C. Der objektive Tatbestand I. Die Grundstruktur des objektiven Untreuetatbestandes 29

Der objektive Tatbestand des § 266 besteht entsprechend der Sachlogik des Untreueunrechts (o. Rdn. 20 ff) in beiden Alternativen aus vier im Kern identischen Merkmalen: Der Täter muss eine Obhutsherrschaft über das fremde Vermögen ausüben (im Missbrauchstatbestand in Gestalt einer Verfügungs- oder Verpflichtungsmacht, im Treubruchtatbestand in anderer Weise), was das Delikt als Sonderdelikt in Form des Garantensonderdelikts139 kennzeichnet; er muss diese Obhutsherrschaft missbrauchen, d.h. unter Verletzung seiner Fürsorgepflicht ausüben; und er muss dadurch (Kausalität!) dem von ihm zu betreuenden Vermögen einen Schaden zufügen. Es geht also auch im Treubruchtatbestand nicht etwa um eine bloße Pflichtverletzung (schon gar nicht einer außerstrafrechtlichen, namentlich zivilrechtlichen Pflicht als solcher), sondern um den Missbrauch einer auf anderen Gründen als auf einer formalrechtlichen Verpflichtungs- oder Verfügungsmacht beruhenden Obhutsherrschaft, der einen die Untreue als Erfolgsdelikt kennzeichnenden Vermögensnachteil verursacht. Dieses Unrecht wiegt keinesfalls geringer als das Unrecht des Betruges, bei dem der Täter das in seine Aufrichtigkeit als Austauschpartner vom Vermögensinhaber gesetzte Vertrauen enttäuscht und gegen diesen missbraucht, denn bei der Untreue ist ihm wegen eines viel „tieferen“ Vertrauens sogar der direkte eigene Zugriff eingeräumt worden, so dass der Vermögensinhaber hier wehrloser ist als beim Betrug. Die vom 2. Strafsenat des BGH als Grund für eine Einschränkung des subjektiven Tatbestandes angenommene niedrigere Strafbarkeitsschwelle des § 266 136

Weshalb diese Norm entgegen der h.M. gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstößt, wenn man das Grundgesetz ernst nimmt, ebenso Paeffgen NK § 228 Rdn. 53, 55 und Sternberg-Lieben Die objektiven Schranken der Einwilligung im Strafrecht, 1997, S. 157 ff, 162; aA Hirsch LK11 § 228 Rdn. 2; Hardtung MK § 228 Rdn. 29 m.w.N.

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139

Zust. Kuhlen FS Otto S. 89, 104. So als Ergebnis seines rechtsvergleichenden Überblicks auch Rönnau ZStW 122 (2010), 299, 323 f; vgl. auch Rentrop S. 286. Zu dieser Deliktskategorie allgemein Schünemann LK § 25 Rdn. 42 ff.

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Untreue

im Vergleich zu § 263 (eingehend dazu unten Rdn. 179) wird diesem Befund ebenso wenig gerecht wie die bereits oben (Rdn. 3) erwähnte, vorwiegend aus Verteidigerkreisen gespeiste Schelte des Untreuetatbestandes überhaupt. Freilich muss wegen der Straflosigkeit des Untreueversuchs (u. Rdn. 206) der Charakter als Erfolgsdelikt noch exakter gewahrt werden als beim (auch als Versuch strafbaren) Betrug140, so dass die jüngste, den Begriff des Vermögensschadens ihrer eigenen Verwahrung zum Trotz durch Formalisierung potentiell entgrenzende Rechtsprechung wieder auf den Boden eines wirtschaftlich realen Nachteils „zurückgefahren“ werden muss (näher u. Rdn. 179 ff).

II. Der Missbrauchstatbestand 1. Die Täterqualifikation: Obhutsherrschaft in Form einer Verfügungsoder Verpflichtungsbefugnis a) Grundsatz. Wenn man die Beschreibung der Täterstellung im Missbrauchstatbe- 30 stand nicht historisch, sondern allein vom Wortlaut her interpretieren würde, so würde sich kein zwingender Unterschied zum Treubruchtatbestand ergeben. Denn weil das „Vermögen“ als auch im Missbrauchstatbestand angegebenes Objekt der Obhutsherrschaft nach heute unstreitiger Auffassung nicht auf formelle Vermögensrechte oder -pflichten beschränkt ist, sondern in einem genauer zu bestimmenden Umfang alle geldwerten Positionen einschließt (eingehend dazu Rdn. 165 f), könnte man daran denken, auch die vom Gesetz vorausgesetzte „Verfügungsbefugnis“ in einem wirtschaftlichen Sinn zu interpretieren als die eingeräumte tatsächliche Möglichkeit, das Schicksal der geldwerten Güter des Geschäftsherrn zu bestimmen und dadurch diesen zu schädigen. Aus der Entstehungsgeschichte geht aber eindeutig hervor, dass es dem Gesetzgeber beim Missbrauchstatbestand um die Befugnis zu Verfügungen im rechtsförmlichen Sinn gegangen ist, also um Rechtsgeschäfte, durch das der Verfügende unmittelbar auf ein bestehendes Recht141 einwirkt, indem er es entweder überträgt oder belastet oder aufhebt oder es sonstwie in seinem Inhalt ändert.142 Diese Beschreibung der Täterqualifikation (wohlgemerkt noch nicht der Tathandlung, dazu u. Rdn. 46 ff) wird durch die 2. Alternative in ebenso rechtsförmlicher Weise durch die Verpflichtungsbefugnis143, d.h. die Rechtsmacht zur Begründung eines Forderungsrechts zur Vornahme eines Tuns, Duldens oder Unterlassens gegen den Geschäftsherrn komplettiert. Das Verpflichtungsgeschäft ist in der Regel ein (Schuld-)Vertrag mit nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit möglicher Vielfalt, doch gibt es auch einen numerus clausus einseitiger Verpflichtungsgeschäfte144. Beispiele für die Verfügung bieten die Veräußerung einer Sache (§ 929 BGB), Abtretung 140

141

So mit Nachdruck BVerfGE 126 170 198 in Gestalt des Verbots einer „Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen“. Objekt ist folglich das Vermögen im engeren, juristischen Sinn als Summe der Vermögensrechte und -pflichten, näher u. Rdn. 163 ff; abweichend und mindestens missverständlich Saliger SSW, Rdn. 20, der als Gegenstand eine „vermögenswerte Rechtsposition“ ausreichen lassen will, was aber den Missbrauchstatbestand zu sehr in Richtung auf alle geldwerten Güter und Positionen ausweitet.

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BGHZ 1 294, 304; 75 221, 226; 101 24; Flume BGB AT Bd. II 1975, S. 140; Larenz/Wolf BGB AT 9. Aufl. 2004, § 23 Rdn. 35; Fikentscher/Heinemann Schuldrecht 10. Aufl. 2006 Rdn. 63. Zu den Gründen für die selbständige Aufnahme dieser Alternative in den Missbrauchstatbestand näher Voraufl. Rdn. 46. Palandt/Ellenberger, Überbl v § 104 Rdn. 15.

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einer Forderung (§ 398 BGB), der Schulderlass (§ 397 BGB), die Bestellung einer Grundschuld (§ 1191 BGB) oder die Beschränkung eines Nießbrauchs (§ 1030 Abs. 2 BGB).145 Die dingliche Belastung des Vermögens (etwa die Eintragung einer Hypothek146) fällt dabei unter den Begriff der Verfügung, nicht unter denjenigen der Verpflichtung (wie die Begründung der durch die Hypothek gesicherten Forderung).

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b) Formen. Diese Rechtsmacht kann in zwei verschiedenen Formen gegeben sein: entweder als Vertretungsmacht, die zum Handeln in fremdem Namen berechtigt (so dass das Handeln dem Vertretenen als eigenes Handeln zugerechnet wird), sei es aufgrund eines Gesetzes (Bsp. die gesetzliche Vertretung des Kindes durch die Eltern, § 1626 BGB, oder der Körperschaften durch ihre Organe, § 31 BGB), sei es aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht (Bsp. § 164 BGB); oder indem die Rechtswirkungen des Handelns im eigenen Namen direkt für das fremde Vermögen eintreten, wozu es einer gesetzlichen, behördlichen oder rechtsgeschäftlichen Ermächtigung bedarf (Bsp. § 185 BGB; der Insolvenzverwalter -str.-147, oder der Kommissionär, § 383 HGB).148

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c) Entstehungsgründe. Diese förmliche Rechtsmacht kann sich aus dem Privatrecht oder aus dem Öffentlichen Recht ergeben, wie durch den vom Gesetz genannten Entstehungsgrund des „behördlichen Auftrages“ klargestellt wird149. Grundlagen der Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis sind Gesetz, Behördenauftrag oder Rechtsgeschäft. Nicht immer trifft nur das eine oder das andere zu. Vielfach entsteht die Befugnis erst im Zusammenwirken eines der Rechtsgründe mit einem anderen.150 Alleinige Grundlage, ohne dass noch ein anderer Rechtsgrund hinzutritt, ist z.B.

33

aa) das Gesetz, wenn es die Befugnis an naturgegebene Umstände knüpft: so die elterliche Sorge (§ 1626 BGB) und die Amtsvormundschaft des Jugendamts (§ 1791c BGB) an die Geburt des Kindes (RGSt 60 311). Fischer (Rdn. 15) rechnet auch die Schlüsselgewalt in der Ehe gemäß § 1357 BGB dazu, doch findet sich hier eine Kombination von Gesetz und Rechtsgeschäft.

34

bb) Vielfach wird die gesetzlich geregelte Befugnis erst durch einen öffentlichrechtlichen Bestellungsakt begründet, sei es eines Gerichts, sei es einer Verwaltungsbehörde, in der Terminologie des § 266 durch „behördlichen Auftrag“.

145 146 147

Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Sieber S. 245; Welzel § 56 A 1b. Unzutr. Hübner LK 10. Aufl., Rdn. 66 und noch Voraufl., Rdn. 46. Sein Rechtsverhältnis zum Gemeinschuldner ist immer noch umstr., zur Amtstheorie s. BGHZ. 49 11, 16; 88 331, 334; Staudinger-Schilken Vor § 164 Rdn. 61; Graber MK-InsO 2. Aufl. 2007, § 56 Rdn. 146; für die Vertretertheorie Hess in Hess/Weis/ Wienburg InsO 2. Aufl. 2001 Vor § 56 Rdn. 8; für die Organtheorie Karsten Schmidt KTS 1984 345 ff; Bötticher ZZP 77 55, 57 ff. Gegen den Streit, der für obsolet gehalten wird, Kluth NZI 2000 351 ff.

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150

RGSt 56 121, 123; BGHSt 35 137; BGH wistra 1987 60 f; 1987 136 f; OLG Düsseldorf NJW 1998 690, 691. Zu eng Gribbohm JuS 1965, 390; Heinitz FS H. Mayer S. 437; Schwinge/Siebert § 4 II 1; Welzel § 56 A 1b; Zahrnt NJW 1972 277, die nur die Kategorie des Rechtsgeschäfts erwähnen. Zutr. Fischer Rdn. 10; Beispiele BGHSt 13 274, 275 ff für den Gerichtsvollzieher, 51 356 für den Finanzbeamten. BGH GA 1956 154; Fischer Rdn. 14; Kohlrausch/Lange II 1a; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7; Seier Untreue Rdn. 102.

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Eine gerichtliche Bestellung liegt namentlich in folgenden Fällen vor: Die familiengerichtliche Bestimmung über die elterliche Sorge bei Getrenntleben oder nach Scheidung der Eltern (§§ 1671, 1672 BGB); die Übertragung vormundschaftlicher Aufgaben auf Beamte oder Angestellte des Jugendamts (§ 55 SGB VIII); kraft gerichtlicher Bestellung der Vormund, Betreuer, Pfleger, Nachlasspfleger (§§ 1773 ff; 1896 ff; 1909 ff; 1960 ff BGB, RGSt 67 226; Bremen NStZ 1989 228; Celle NJW 1994 142); der Prozesspfleger (§§ 57, 58, 494 Abs. 2, § 787 ZPO); der Beistand (§§ 1712 ff BGB; §§ 58, 55 f SGB VIII; RGSt 35 338, 340; OLG Braunschweig NJW 1961 2030); der Zwangsund der Nachlassverwalter (§ 150 ff, § 152 ZVG; §§ 1981, 1985 BGB); der Sequester (§§ 848, 855 ZPO bzw. im [früheren] Konkursverfahren, s. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht); der Testamentsvollstrecker (§ 2200 BGB; s. auch die Fundstellen Rdn. 157 und Schilken in: Staudinger Vor § 164 BGB Rdn. 57 ff); die Liquidatoren und die Abwickler (§§ 48, 49, 29 BGB; § 146 Abs. 2, § 149 HGB; § 265 Abs. 3, §§ 268 ff AktG; § 66 Abs. 2, § 70 GmbHG; § 83 Abs. 3, § 88 GenG); der Notvorstand (§ 29 BGB; §§ 85, 278 Abs. 3 AktG; BGHZ 6 232). Ein i.e.S. behördlicher, also durch eine Verwaltungsbehörde erteilter Auftrag liegt nicht nur bei Begründung einer Vertretungsmacht für den Einzelfall (RG HRR 1927 Nr. 985), sondern namentlich bei der Berufung in ein öffentliches Amt mit einer zugehörigen, gesetzlich geregelten Vertretungsbefugnis vor (etwa §§ 127, 129 BBG, siehe auch RGSt 69 333, 336; der Richter in Nachlasssachen, siehe BGHSt 35 224, 226, und der Gerichtsvollzieher, §§ 753, 814 ff ZPO und BGHSt 13 274 ff), oder bei der Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters einer Gemeinde151 (BGH NStZ 2003 540, 541 f; NStZRR 2005 83; Wistra 2006 306, 307; 2007 259; BayObLG JR 1989 299 m. Anm. Seebode); der Wahl zum Landrat (BGH Wistra 2006 307); der Wahl sonstiger Vertreter einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (BGHSt 30 247). Besonders oft hat sich die Praxis mit Amtswaltern beschäftigen müssen, die mit der Verfügung über Haushaltsmittel betraut sind (näher u. Rdn. 230 ff). Nicht ausreichend sind politische Ämter, die keine förmliche Vertretungs- oder Verpflichtungsmacht begründen, wie etwa im Fall von Abgeordneten (and. OLG Koblenz NStZ 1999 564; Saliger SSW Rdn. 14; wie hier Dierlamm MK Rdn. 59; Fischer Rdn. 17) oder Gemeinderatsmitgliedern. cc) Eine Begründung durch Rechtsgeschäft liegt vor allem bei den schon o. Rdn. 31 35 erwähnten Fällen der Vollmacht (s. auch §§ 80, 81 ZPO) und der Ermächtigung vor. Auch hier trifft man vielfach auf eine Kombination der Entstehungsgründe, wenn ein Rechtsgeschäft gesetzlich bestimmte Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnisse auslöst, z.B. die Prokura und die sonstigen Handlungsvollmachten (§§ 48, 49, 54 ff HGB); die Vertretungsmacht der geschäftsführenden Gesellschafter einer OHG und ihrer vertraglich berufenen Liquidatoren (§§ 125, 126, 146 Abs. 1, § 149 HGB), der vom zuständigen Gesellschaftsorgan bestellten Vorstandsmitglieder der AG (§§ 84, 76, 78 AktG), einer Genossenschaft (§ 24 GenG; RG HRR 1936 1229; 1942 458); der Geschäftsführer der GmbH (§§ 6, 35 GmbHG; BGHSt 3 32, 38 f); der Vereins- und Stiftungsvorstände (§§ 26, 27, 86 BGB; BGH JZ 1953 474, 475; BGH LM Nr. 16); des Verwalters nach §§ 26, 27 WEG; die Verwaltung des Gesamtguts durch einen Ehegatten (§§ 1422 ff BGB). Die größte Bedeutung für die Verfolgung der Untreue in der Praxis besitzen die Organe von

151

Bspw. § 42 bad.-württ. GemeindeO; s. Sch/ Schröder/Perron Rdn. 8.

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juristischen Personen (vor allem Handelsgesellschaften und hier wiederum die – auch faktischen – Geschäftsführer von GmbHs), Rechtsanwälte und Notare, Kommissionäre und neuerdings auch Kassenärzte (zu allen näher u. Rdn. 143 ff, 242 ff).

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dd) Mitunter ergeben sich Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnisse erst aus dem Zusammenwirken aller drei Rechtsgründe, so in den Fällen der freiwilligen Versteigerung (§ 156 BGB) durch den Notar (§§ 12, 20 Abs. 3 BNotO); durch den Gerichtsvollzieher (§ 383 Abs. 3 BGB; RGSt 56 101, 102; RGSt 57 247; RG JW 1922 35); durch eine Privatperson auf Grund einer Anordnung des Vollstreckungsgerichts nach §§ 825, 844 ZPO (BGH LM BGB § 892 Nr. 6), bei einem auf Grund dieser Vorschriften angeordneten freihändigen Verkauf (RGZ 164 162, 171). Siehe auch Rdn. 159 „Versteigerer“ und Rdn. 146 „Maklervertrag“ a.E. ee) Im Einzelnen ist die Einordnung unter die drei vom Gesetz genannten Rechtsgründe nicht einheitlich.152 Die Meinungsverschiedenheiten sind indes praktisch ohne Bedeutung.

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d) Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis kraft Rechtsscheins? Unklar und umstr. ist, ob der vom Gesetz aus Gründen des Vertrauensschutzes angeordnete Fortbestand einer ursprünglich durch Rechtsgeschäft oder Hoheitsakt eingeräumten, unter diesem Aspekt aber eigentlich erloschenen Vertretungsmacht zur Erfüllung des Missbrauchstatbestandes ausreicht und ob dies ggf. auch für solche Vertrauensschutztatbestände gelten soll, die keine bloße „Verlängerung“ einer ursprünglich rechtsgeschäftlich eingeräumten Vertretungsmacht bedeuten, sondern völlig selbständig sind.

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aa) Ausgangspunkt muss hierbei freilich nicht nur nach dem Gesetzeswortlaut, sondern auch im Hinblick auf die Grundstruktur der Untreue im allgemeinen und des Missbrauchstatbestandes im besonderen (Schädigung des hiergegen wehrlosen Vermögens von innen heraus – Rdn. 1, 20 f; spezifischer Schutz der Treugeber gegenüber den mit rechtlicher Gestaltungsmacht ausgestatteten Treuhändern durch den Missbrauchstatbestand – Rdn. 30) die Notwendigkeit einer von Rechts wegen bestehenden Verfügungsoder Verpflichtungsmacht sein, also deren außerstrafrechtliche Rechtsbeständigkeit. Denn eine nicht existente Rechtsmacht kann nicht gebraucht und daher auch nicht missbraucht werden. Beispiele: Nichtige Ernennung zum Beamten (bei beamtengebundenem Behördenauftrag §§ 10, 13 BBG; §§ 17, 18 DRiG); Nichtigkeit des § 1628 Abs. 1 BGB (BVerfGE 10 59; BGHZ 39 45); Bestellung eines Vormunds durch ein sachlich unzuständiges Gericht (RGSt 45 309, 311 f); für einen – nicht entmündigten – Volljährigen (§ 1896 BGB), für einen Verstorbenen (BayObLGZ 19 [1918/19] 126) oder für eine überhaupt nur fingierte Existenz (BGHZ 41 23, 29); Ernennung eines Testamentsvollstreckers, wenn keine letztwillige Verfügung vorhanden oder die Testamentsvollstreckung bereits beendet ist (BGHZ 41 23, 27, 29; 69 235); eines Konkursverwalters, wenn gar kein Konkurs eröffnet ist (RGSt 11 196, 201); wenn ein geschäftsunfähiger Vormund (RGSt 45 aaO), Testamentsvollstrecker, Konkursverwalter bestellt, der Pfleger nicht verpflichtet worden ist (§§ 104, 105, 1780, 2201 BGB; RG JW 1933 175).

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S. etwa Bockelmann BT/1 § 18 II 1; Dierlamm MK Rdn. 26 ff; Fischer Rdn. 14 ff; Lackner/Kühl Rdn. 5a; Maurach/Schroeder/

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Maiwald 1 § 45 Rdn. 14; Saliger SSW Rdn. 12 ff; Schwinge/Siebert S. 22 ff; Welzel § 56 A 1b.

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bb) Hieran treten jedoch Zweifel auf, wenn die Begründung der Verfügungs- oder 39 Verpflichtungsmacht zwar an sich erloschen ist, aber einen Rechtsschein erzeugt, der zur Wirksamkeit von mit gutgläubigen Partnern abgeschlossenen Rechtsgeschäften gegenüber dem Vermögensinhaber führt. Instruktiv ist der zu § 266 a.F. entschiedene Fall RGSt 41 265,153 in dem der Täter einen vom Grundeigentümer aufgrund eines Scheingeschäfts erhaltenen Hypothekenbrief, mit dessen Hilfe er in sittenwidriger Weise Mietzinsforderungen pfänden und den Gläubigern des Grundeigentümers entziehen sollte, zur Verpfändung der Scheinhypothek an einen gutgläubigen Dritten benutzte und dadurch den Eigentümer gemäß §§ 1138, 892 BGB wirksam verpflichtete. Weil die Möglichkeit, das fremde Vermögen durch rechtswirksames Handeln zu schädigen, auf einem (wenn auch zivilrechtlich nichtigen) Rechtsgeschäft mit dem Eigentümer beruhte und damit die untreuetypische Verletzungsmöglichkeit von innen heraus begründete und weil das rechtsgeschäftliche Handeln des Täters wirtschaftlich die „Unterschlagung“ der gemäß § 1163 BGB entstandenen Eigentümergrundschuld bedeutete, fällt dieser Fall genau unter die historische und kriminalpolitische Schutzrichtung des Missbrauchstatbestandes. Auch vom Wortlaut her lässt es sich gut vertreten, unter die „durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis“ auch die hieraus mittelbar, nämlich qua Rechtsschein folgende Rechtsmacht zu subsumieren, was sich schon daran zeigt, dass das Reichsgericht bereits zur Bevollmächtigtenuntreue des § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F. und damit in rechtsstaatlich unverdächtiger Zeit eine starre Zivilrechtsakzessorietät des Bevollmächtigtenbegriffs abgelehnt und diesen in einer weitaus extensiveren Weise strafrechtsspezifisch ausgelegt hat154 – so dass also eine vom Zivilrecht gelöste, strafrechtsspezifische Interpretation des alten Untreuetatbestandes schon vor 1933 gang und gäbe war, ohne dass darin eine Verletzung des Analogieverbotes erblickt worden wäre. Infolge dessen reichen für den Missbrauchstatbestand erst recht auch solche „Befugnisse“ aus, die aus Vertrauensschutzgründen als gesetzliche Nachwirkungen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht bestehen.155 Denn auch in diesen Fällen verletzt der Täter das ihm gegenüber schutzlose Vermögen von innen heraus, und der Fortbestand der Vollmacht etwa in den Fällen der §§ 170– 172, 674, 729 BGB bedeutet nichts anderes als die gesetzliche Ausgestaltung der vom Vermögensinhaber durch Rechtsgeschäft begründeten Rechtsmacht.156 cc) Umstr. sind die Fälle der allgemeinen Duldungs- oder Anscheinsvollmacht. Nach 40 der herrschenden streng zivilrechtsakzessorischen Theorie soll hier anders als bei den in

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154

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Der von Hübner LK10 Rdn. 64 zu Unrecht für die Notwendigkeit der Rechtsbeständigkeit der Verfügungsmacht zitiert wird; zutr. dagegen Zoller S. 18. Vgl. außer RGSt 41 265, 267 sowie RGSt 61 228, 230, beide m.w.N., bereits RGSt 14 184, 187; 36 133; 45 434, 436 und die Darstellung bei Zoller S. 13–22; H. Mayer Untreue S. 238–261; Frank § 266 Anm. II 2; Olshausen § 266 Anm. 6. So bereits die Rechtsprechung des Reichsgerichts seit RGSt 14 184, 187; 45 434, 436; RG GA 1909 323; RGSt 47 429; zustimmend Zoller S. 19; Frank II 2 a.E. Ebenso OLG Stuttgart NStZ 1985 366; Arzt

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FS Bruns S. 379; Schwinge/Siebert S. 28; Labsch S. 101, 306 f; ders. Jura 1987 411, 412; Bockelmann BT 1 § 18 III 3; Otto BT § 54 Rdn. 17; BGH 1 StR 181/67 vom 11.5.1967, mitgeteilt von Hübner in LK10 Rdn. 46; Fischer Rdn. 20; Saliger SSW Rdn. 17; Dierlamm MK Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 80; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; generell gegen den Missbrauchstatbestand, aber je nach dem Innenverhältnis u.U. für den Treubruchtatbestand Krey/Hellmann BT/2 Rdn. 547 f; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 17; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 21 Rdn. 22; Seier Untreue Rdn. 46. Zu weiteren Fällen siehe Rdn. 114.

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§§ 170–172 BGB geregelten Spezialfällen157 nicht der Missbrauchs-, sondern allenfalls der Treubruchtatbestand anwendbar sein158, weil – in der Begründung von Hoyer SK Rdn. 80 – Duldungs- oder Anscheinsvollmacht „lediglich den Rechtsschein einer Vertretungsbefugnis“ begründeten, während der Täter „aufgrund einer gemäß § 169 BGB als fortbestehend fingierten Vollmacht infolge zivilrechtlicher Fiktion und strafrechtlicher Akzessorietät“ eine „(externe) Befugnis“ besitze. Aber das überzeugt nicht: Weil die zivilrechtliche Rechtsfolge identisch ist und die Duldungs- und Anscheinsvollmachten nicht nur ebenso formal „durch Gesetz“ begründet sind, sondern auch auf einen vom Geschäftsherrn zurechenbar gesetzten Rechtsschein zurückgehen, erscheint es verfehlt, die strafrechtliche Subsumtion von der Frage abhängig zu machen, ob die Zivilrechtsdogmatik für ihre Konstruktion das Wort „Rechtsschein“ oder das Wort „Fiktion“ benutzt. Für den Missbrauchstatbestand ist deshalb entsprechend der eingeschränkt zivilrechtsakzessorischen Theorie nur erforderlich, dass der Beauftragte rechtlich in der Lage ist, über das Vermögen des Geschäftsherrn ohne Überschreitung einer sonstigen Hürde zu disponieren oder den Geschäftsherrn zu verpflichten, wobei die Anscheinsvollmacht jedenfalls unter strafrechtlichen Aspekten nichts anderes als die gesetzliche Ausgestaltung derjenigen Zugriffsposition bedeutet, die vom Vermögensinhaber selbst eingeräumt worden ist und die daher eine „Schädigung von innen“ bedeutet. Das folgt auch aus der unstreitigen Anerkennung der Handlungsvollmacht als Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis,159 denn auch bei dieser handelt es sich, wie die Vorschrift des § 54 Abs. 3 HGB deutlich macht, für den Fall einer Beschränkung des in § 54 Abs. 1 HGB angegebenen Umfanges um eine gesetzlich geregelte Anscheinsvollmacht.

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dd) Anders verhält es sich dagegen, wenn die Rechtsscheintatbestände nicht eine vom Vermögensinhaber eingeräumte Rechtsposition näher ausgestalten (namentlich eine Art Ablaufhemmung begründen), sondern völlig unabhängig an bestimmte tatsächliche Gegebenheiten anknüpfen. Beispiele bieten vor allem die §§ 932 BGB und 366 HGB sowie 407 BGB. Zwar wäre es vom Wortsinn des Missbrauchstatbestandes noch gedeckt, wenn man die Möglichkeit des Sicherungsgebers, die in seinem Besitz verbliebene, sicherungsübereignete Sache gemäß § 932 BGB rechtswirksam an einen Gutgläubigen zu veräußern, als eine „gesetzliche Verfügungsbefugnis“ qualifizieren würde. Man würde den Missbrauchstatbestand dann aber ohne Notwendigkeit auf weite Bereiche des Veruntreuungstatbestandes des § 246 Abs. 2 erstrecken und damit die schon für § 266 a.F. erkennbare, kriminalpolitisch vernünftige Absicht des Gesetzgebers missachten, die Schutzbereiche von § 246 und § 266 prinzipiell in wechselseitiger Ergänzung und nicht in permanenter Überschneidung auszugestalten. Mit der in Rechtsprechung und Schrifttum heute einhelligen Auffassung 160 ist deshalb bei einem bloßen (d.h. nicht an ein zurechen157

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Dazu, dass es auch hier um die Normierung einer Rechtsscheinhaftung geht, Palandt/ Ellenberger, BGB, § 172 Anm. 1; Schramm MK BGB § 170 Rdn. 1. BGH wistra 1992 66 (mit ins Auge springenden Problemen, aus der Nichterteilung einer Inkassovollmacht eine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht i.S. des Treubruchtatbestandes heraus zu destillieren!); Beukelmann HK-GS Rdn. 21; Hoyer SK Rdn. 80; Dierlamm MK Rdn. 24; Kindhäuser NK Rdn. 88 f; Sch/Schröder/Perron

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Rdn. 4; Saliger SSW Rdn. 20; Seier Untreue Rdn. 45 f; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 9. RGSt 75 75, 77 ff; BGHSt 20 143 f; Hübner LK10 Rdn. 55 a.E. m.w.N.; Kindhäuser NK Rdn. 58; Saliger SSW Rdn. 15; Seier Untreue Rdn. 113. BGHSt 5 61, 62 f, 65; früher schon RG JW 1935 2637; Fischer Rdn. 20; Hübner LK10 Rdn. 45; Lackner/Kühl Rdn. 5a; Herzberg/ Brandts JuS 1983 203, 205; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 4; Seier Untreue Rdn. 45;

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bares Handeln des Geschäftsherrn anknüpfenden) Rechtsscheintatbestand die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes abzulehnen. e) Abgrenzung zu Handlangerpositionen aa) Die Abgrenzung zwischen rechtsgeschäftlichem und tatsächlichem Handeln ist bei 42 der Figur des Boten problematisch, der einerseits nicht selbst rechtsgeschäftlich tätig wird, sondern nur fremde Willenserklärungen überbringt, andererseits aber dadurch rechtsgeschäftliche Wirkungen auslöst. Eine früher vor allem am Scheckkartenfall (o. Rdn. 10 ff) entwickelte Mindermeinung hob darauf ab, dass auch der Bote eine Rechtsstellung nach außen besitze, die ihm ein rechtsverbindliches Verhalten zum Nachteil des von seiner Botentätigkeit betroffenen Vermögensinhabers gestatte.161 Die h.M. hat dies immer schon abgelehnt und sich dabei vor allem auf das formale Argument gestützt, dass ein Bote den Auftraggeber nicht durch seine eigene Willenserklärung rechtlich verpflichten könne, denn die Übermittelung der Willenserklärung eines anderen möge zwar eine rechtsgeschäftliche Wirkung auslösen, verleihe aber nicht dem Boten selbst Verpflichtungsmacht.162 Die h.M. ist im Prinzip zutreffend, denn wie etwa die Beförderung einer Willenserklä- 43 rung durch eine Brieftaube zeigt, ist die Botentätigkeit in ihrem Kern eine reine Handlangertätigkeit, deren Einbeziehung in den Missbrauchstatbestand den Willen des historischen Gesetzgebers missachten würde und zur Schädigung durch anderweitige Realakte im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kaum abgrenzbar wäre. Für die strafrechtliche Einordnung des Boten bedeutet dies, dass die ihm im Regelfall obliegende rein technische Überbringungsleistung dem Typus der sachgebundenen Verrichtungen („Handlangerdienste“) unterfällt, so dass die zivilrechtliche Abgrenzung zum Stellvertreter von der Tendenz her mit der strafrechtlichen Abgrenzung der Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis identisch ist. Ein Bote etwa, der (einer „Brieftaube“ vergleichbar) die schriftliche Annahmeerklärung zu einem Vertrag zu überbringen hat und auf dem Wege eine Urkundenveränderung zum Nachteil seines Geschäftsherrn vornimmt oder die Empfangsquittung vernichtet, ist wegen Urkundenfälschung, -vernichtung oder Sachbeschädigung strafbar, aber nicht tauglicher Täter des Missbrauchstatbestandes. Das läuft weitgehend mit der zivilrechtlichen Abgrenzung und den zivilrechtlichen Rechtsfolgen parallel, weil der Überbringer einer fertig formulierten Erklärung selbstverständlich nur Bote ist 163 und weil die bewusst eigenmächtige Veränderung der Erklärung durch den Boten – anders als die unbewusste Veränderung gemäß § 120 BGB – zu keiner rechtsgeschäftlichen Bindung des Geschäftsherrn führt164. Eine strenge Zivilrechtsakzessorietät führt

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Hoyer SK Rdn. 76; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 17; OLG Hamm JMBlNRW 1963, 95; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 22 Rdn. 21; Schwinge/ Siebert S. 23; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 9. Blei JA 1971 305; JA 1972 790; Bringewat GA 1973 363, 364; D. Meyer JuS 1973 216; Schröder JZ 1972 707 f; Eser IV Fall 17 A 36; früher Samson/Günther SK Rdn. 8. Hübner JZ 1973 409, 411; Gössel JR 1978 473; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5 m.w.N.; Dierlamm MK Rdn. 24; Kindhäuser NK

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Rdn. 85; Seier Untreue Rdn. 47; im Ergebnis auch Sax JZ 1977 747 Fn. 102; aus der Rechtsprechung früher schon RGSt 69 58, 59; OLG Hamm NJW 1972 299. Zur Abgrenzung im Zivilrecht siehe Schilken in: Staudinger Vor § 164 Rdn. 73 ff; Schramm in: Münchener Kommentar 5. Aufl. (2007) Vor § 164 Rdn. 42 ff; Palandt/Ellenberger BGB Einf v. § 164 Rdn. 11. Palandt/Ellenberger BGB § 120 Rdn. 4 i.V.m. § 178 Rdn. 2.

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allerdings in denjenigen Fällen zu keinem klaren Ergebnis, in denen die Abgrenzung zwischen einer Boten- und einer Stellvertreterstellung im Zivilrecht selbst umstritten oder unklar ist, wie bei der früheren Scheckkarte165 oder auch für die Abgrenzung zwischen dem Inkassoboten und dem Inkassobevollmächtigten, für die die übliche Abgrenzungsformel „Übermittlung einer fremden Willenserklärung – Stellvertreter in der Willenserklärung“166 nicht viel weiterhilft. Auch passt das Abgrenzungskriterium des Zivilrechts, dass es nicht auf das Innenverhältnis, sondern auf das äußere Auftreten ankomme,167 theoretisch nicht zum Strafgrund der Untreue, für den es ausschlaggebend ist, ob die Gestaltung der Rechtsbeziehungen des fremden Vermögens dergestalt im Herrschaftsbereich des Täters liegt, dass es seinem Zugriff ohne weitere Barrieren überantwortet ist, oder ob der Täter in Gestalt einer Sachbeschädigung, Veruntreuung oder Urkundenfälschung erst noch einen Eingriff in die fremde Herrschaftssphäre vornehmen muss, wenn es zu einer Schädigung kommen soll. Deshalb hatte schon das Reichsgericht eine funktionale, strafrechtsspezifische Interpretation des Bevollmächtigtenbegriffs zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F. entwickelt168 und etwa Boten sowie bloße Quittungsträger nicht als „Bevollmächtigte“ qualifiziert,169 bei Handlungsagenten und Handlungsreisenden mit Befugnis zur Annahme von Zahlungen aber durchweg anders entschieden;170 freilich hat es vermöge seiner wirtschaftlich-faktischen Interpretation des Verfügungsbegriffs171 die Tathandlung auf typische Treubruchfälle ausgedehnt, was für die Auslegung des Missbrauchstatbestandes keinen Anhalt liefern kann. Hierfür kommt es nach der eingeschränkt zivilrechtsakzessorischen Theorie vielmehr entscheidend darauf an, ob der Beauftragte des Geschäftsherrn fähig ist, auf Grund der ihm von diesem eingeräumten Stellung („von innen heraus“) förmliche Rechtswirkungen für dessen Vermögensrechte und -pflichten zu erzeugen (wobei für § 266 von vornherein nur eine missbrauchbare Fähigkeit Relevanz erlangen kann). Dann zeigt sich bei einem (beispielhaft: Inkasso-)Boten ebenso wie bei einem Inkassovertreter oder sogar einem Abschlussvertreter „mit gebundener Marschroute“ (d.h. denen die abzugebende Erklärung im Detail vorgeschrieben ist)172, dass sie auf Grund der ihnen vom Geschäftsherrn eingeräumten Stellung nur unter der Voraussetzung für diesen pflichtwidrig Rechtswirkungen auslösen können, dass die Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht173 eingreifen. Das kann auch bei einem Boten der Fall sein; ansonsten wird der Geschäftsherr aus einer vorsätzlichen Veränderung der von ihm abgegebenen Erklärung durch den Boten nicht verpflichtet.174 In einem solchen Fall 165

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Für bloße Botenstellung Gössel JR 1978 473; Sennekamp MDR 1971 638; ders. BB 1973 1005; w.N.b. Wentzel Das Scheckkartenverfahren der deutschen Kreditinstitute (1974) S. 61 Fn. 69; für Vertreterstellung BGH WM 1956 1294; OLG Hamm NJW 1972 299 f; Hübner JZ 1973 412; Krey BT/26 Rdn. 552; Schaudwet NJW 1968 11; w.N.b. Wentzel aaO S. 60 Fn. 66. Zutr. hervorgehoben von H. Mayer Untreue S. 233–237; zur Abgrenzung im Zivilecht siehe Schilken in: Staudinger vor § 164 Rdn. 73 ff; Schramm in: Münchener Kommentar 5. Aufl. (2007) Vor § 164 Rdn. 42 ff. BGHZ 12 334; Palandt/Ellenberger BGB Einf v. § 164 Rdn. 11. Auf deren Einzelheiten hier nicht mehr ein-

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zugehen ist, siehe die Übersicht bei H. Mayer Untreue S. 228–261; Zoller S. 11–22. RGSt 42 212; 43 433; ebenso für den Missbrauchstatbestand des § 266 n.F. RGSt 69 58, 59 f. RGSt 38 267; 39 336; RG GA Bd. 50 142; w.N.b. H. Mayer Untreue S. 232 Fn. 17. Die in der vom RG vertretenen Treubruchtheorie wurzelte, s. Rdn. 8. Zu diesem Typus des Vertreters ohne eigene Entscheidungsmacht siehe Larenz/Wolf (Fn. 142) § 46 Rdn. 37 ff. Dazu näher o. Rdn. 40. Palandt/Ellenberger BGB § 120 Rdn. 4 i.V.m. § 178 Rdn. 2; Larenz/Wolf (Fn. 142) § 46 Rdn. 44.

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besteht in strafrechtlicher Hinsicht für eine vom Zivilrecht abweichende Qualifikation kein Anlass, weil der Bote (dessen mündlichen Erklärungen außerhalb einer Anscheinsvollmacht im Geschäftsverkehr ohnehin keine Bedeutung beigemessen würde) dann nicht von innen heraus das Vermögen des Geschäftsherren schädigen kann, sondern dazu etwa zum Mittel der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB greifen müsste. bb) Umstritten ist die Einordnung von Kassierern mit schlichter Ablieferungspflicht, 44 etwa Polizeibeamten bei der Erhebung von Verwarnungsgeldern, Verwaltern von Nebenkassen und Schalterbeamten mit Einziehungsbefugnis. Die in der neueren Literatur verbreitete Auffassung, ihnen fehle die für die Erfüllung des Untreuetatbestandes erforderliche Selbständigkeit mit eingeräumtem Entscheidungsspielraum,175 beruht auf der unrichtigen Ineinssetzung eines bei der Begründung der Täterstellung im Treubruchtatbestand verwendeten Indizes mit der Täterqualifikation im Missbrauchstatbestand. An der Stellung als für den Missbrauchstatbestand tauglicher Täter kann deshalb mit der traditionellen Rechtsprechung176 unter der Voraussetzung nicht gezweifelt werden, dass sie (sei es auf Grund spezieller Vorschriften, sei es nach den Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht) pflichtwidrig förmliche Rechtswirkungen für den Geschäftsherrn auslösen können. Freilich wird in den meisten Fällen keine für den Missbrauchstatbestand erforderliche rechtsförmliche Tathandlung, sondern ein bloßes Hantieren mit Sachen vorliegen, zu dessen Erfassung der Veruntreuungstatbestand des § 246 Abs. 1 2. Alt. bestimmt ist. Diese Überlegung greift auch für den Ladenangestellten des § 56 HGB ein, dessen gesetzlich ausgestaltete Vertretungsmacht die „gewöhnlichen Verkäufe und Empfangnahmen“ umfasst und damit sachlich eine konkludent erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht, umrahmt von einer generell fixierten Anscheinsvollmacht bedeutet. Soweit ein Verkauf (etwa weit unter Einstandspreis) als eine veruntreuende Unterschlagung gem. § 246 Abs. 2 StGB qualifiziert werden kann, ist die spezifische Tathandlung des Missbrauchstatbestandes nicht gegeben. Anders ist es etwa, wenn eine noch im gewöhnlichen Verkaufsrahmen liegende, aber wegen des dem Ladenangestellten bekannten Mangels der Ware für den Geschäftsherrn desaströse Gewährleistungsabrede getroffen wird. f) Gegenstand ist fremdes, d.h. nichteigenes Vermögen. Damit sind drei Auslegungs- 45 probleme verbunden: Zum ersten muss es genügen, dass das Vermögen wenigstens auch anderen Personen zusteht, so dass der Gesellschafter in einer OHG und der Komplementär in einer KG bei nachteiligen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen den Missbrauchstatbestand erfüllen.177 Zum zweiten könnte die formale Rechtsinhaberschaft dann nicht ausschlaggebend sein, wenn das Vermögen bereits in Beschlag genommen ist und für die Gläubiger in einem besonderen Verfahren mit besonders geregelten Verfügungsbefugnissen verwertet wird. Wenn jetzt der formale Eigentümer ausnahmsweise doch wieder zum Verwalter bestellt wird, so verwaltet er nicht kraft seines Eigentums, sondern kraft dieser Bestellung und hat den Interessen der Gläubiger zu dienen. Deshalb sprechen beachtliche Gründe dafür, dass der Vollstreckungsschuldner als Zwangsverwalter seines Landguts (§ 150b ZVG) und der Gemeinschuldner, den der Insolvenzverwalter bei der Fortführung des Geschäfts oder sonst bei der Verwertung der Masse als Hilfsper-

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Dazu Saliger SSW Rdn. 14 a.E.; Dierlamm MK Rdn. 60 f. BGHSt 13 315; 18 312, 313; OLG Koblenz GA 1975 122, 123; OLG Köln NJW 1963 1992; OLG Hamm NJW 1973 1809.

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Schwinge/Siebert S. 26 f; Dierlamm MK Rdn. 25; Kindhäuser NK Rdn. 30; Saliger SSW Rdn. 19; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 11.

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son heranzieht (BGHZ 35 180) oder dem nach §§ 270 ff InsO die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Sachwalters übertragen wird, bei einer Schädigung des in die Verwertung fallenden Vermögens eine Untreue, und zwar auch in der Missbrauchsform, begehen können178. Jedoch dürfte beim Missbrauchstatbestand das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG im Wege stehen („fremdes“ Vermögen ist nach dem Umgangssprachgebrauch etwas anderes als das „einer fremden Verwaltung unterstellte eigene Vermögen“, während der Treubruchtatbestand lediglich auf die „fremden Vermögensinteressen“ abstellt und deshalb dieses Hindernis nicht kennt). Diese Ausnahmekonstellation kann nun aber drittens nicht zu der allgemeinen Regel erweitert werden, dass es für die Fremdheit des Vermögens im Missbrauchstatbestand nicht auf die formalrechtliche Zuordnung, sondern allein auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit ankomme. Zwar hat das Reichsgericht zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F. dadurch für bestimmte Fallgruppen auf eine wirtschaftliche Zuordnung abgestellt, dass es als „Vermögensstück des Auftraggebers“ auch die formell im Eigentum des Täters stehenden, dem Auftraggeber aber kraft eines sog. „Individualanspruches“ zu verschaffenden Gegenstände angesehen hat.179 Aber diese extrem extensive Auslegung wurzelte nicht in der Missbrauchs-, sondern in der Treubruchtheorie,180 während die Neufassung 1933 die Treubruchfälle tatbestandlich von den Missbrauchsfällen getrennt und den Missbrauchstatbestand auf die Fälle der rechtsgeschäftlichen Herrschaft innerhalb des fremden Vermögens konzentriert hat.181 Die lediglich wirtschaftliche Zuordnung ist also durch die Formel der Wahrnehmung von (scil. bloßen) „Vermögensinteressen“ dem Treubruchtatbestand zugewiesen worden, während der Missbrauchstatbestand die rechtliche Zuordnung der Verfügungsobjekte zu einem fremden Träger voraussetzt. Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch in der inneren Systematik des Missbrauchstatbestandes unverrückbar verankert, weil die darin geforderte rechtsgeschäftliche Machtstellung in Bezug auf ein fremdes Vermögen rechtsgeschäftlich disponible Objekte und eine rechtliche Zuordnungsmöglichkeit dieser Objekte voraussetzt, wenn das Tatbestandskonzept schlüssig bleiben soll. Konsequenz dieser prinzipiellen Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtszuständigkeit ist dann allerdings, dass der geschäfts-

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RGSt 26 106, 109 f; 39 414, 416 mit dem formalen Argument der Verfügungsmacht des Konkursverwalters; Voraufl. Rdn. 47; offengelassen von BGHSt 1 186, 187 f mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Zuordnung der Masse zu den Konkursgläubigern; vgl. auch allg. Nelles S. 479 ff, 513 ff; für Treubruch Hübner LK10 Rdn. 67; überhaupt abl. Dierlamm MK Rdn. 25; Fischer Rdn. 11; Kindhäuser NK Rdn. 30; Sch/Schröder/Perron Rdn. 6; Seier Untreue Rdn. 100; Saliger SSW Rdn. 19, der sich aber zu Unrecht auf BGHSt 1 187 f beruft. RGSt 62 59; 63 408; 64 86; 65 278; 67 273; 69 225; eingehende Darstellung der RGRechtsprechung bei Zoller S. 28–43; Siebert Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis (1933) S. 178 f; zuletzt noch einmal hilfsweise erwogen in BGHSt 1 188; krit. Bruns Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken (1938) S. 236; Hirschberg

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Der Vermögensbegriff im Strafrecht (1934) S. 352 f; Koffka ZStW 48 (1936) 706 ff; H. Mayer JW 1929 2731; 1930 2250; 1932 507, 729, 1746, 1766; 1933 734; H. Mayer Mat. I S. 341. So ganz deutlich RGSt 62 58, 60 f. Eingehend Voraufl. Rdn. 16; zum Zusammenhang mit der Missbrauchstheorie über den Entwurf 1927 H. Mayer Mat. I S. 343; zum Herausfallen des fiduziarischen Treuhandverhältnisses aus dem Missbrauchstatbestand und dessen Aufnahme durch den Treubruchtatbestand Schwinge/Siebert S. 24 f, 35 mit Fn. 8; Schneider/Neuenburg GA 1933 325; and. freilich Leopold Schäfer § 266 Anm. 7; dagegen zutr. Dahm und Schäfer in: Schubert/Regge/Rieß/Schmid (Hrsg.) Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts II 2, 2 (1989) S. 543, 554; BGHSt 1 186, 188.

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führende Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH über fremdes Vermögen verfügt182; dazu, ob er auch im Ergebnis eine Untreue zu Lasten seiner eigenen GmbH begehen kann, namentlich zur Frage der Pflichtwidrigkeit, eingehend u. Rdn. 249. 2. Die Tathandlung: der Missbrauch a) Verfügung. Verpflichtung. Genügt also für die Missbrauchsformen nicht eine bloß 46 tatsächliche Machtstellung, setzen sie vielmehr eine förmliche Rechtsmacht über fremdes Vermögen voraus, so folgt, dass sie nur durch ein für den Inhaber des betreuten Vermögens Rechtswirkungen äußerndes Verhalten des Täters verwirklicht werden.183 Vielfach wird dies so ausgedrückt, dass für sie nur ein rechtsgeschäftliches Handeln in Betracht komme.184 Da jedoch die Rechtsmacht auch in Gesetzen und im behördlichen Auftrag ihren Ursprung haben kann, fällt auch die Befugnis darunter, über fremdes Vermögen hoheitlich zu verfügen.185 Missbrauchsuntreue kann z.B. auch durch pflichtwidrigen Erlass einer Steuerschuld (§§ 227, 234 Abs. 2, 3 AO), durch rechtswidrige Verwertung beschlagnahmten Vermögens (§§ 111l StPO; § 46 OWiG; §§ 399, 404 AO) begangen werden. Rein tatsächliche Einwirkungen auf das zu betreuende Vermögen, z.B. durch Verbindung, Vermischung, Verarbeitung (Baumann Sicherungsrechte S. 61 f, 147), Sachbeschädigung oder Zerstörung,186 Abnutzung durch Gebrauch oder Eigenverbrauch fallen dagegen aus den bereits dargelegten Gründen (Rdn. 38) nicht unter den Begriff des Verfügens. Die frühere Rechtsprechung187 ist überholt. Für Fälle dieser Art sind die §§ 246, 303 und gegebenenfalls der Treubruchtatbestand, nicht aber der auf die Schädigungen durch rechtliche Einwirkung gemünzte Missbrauchstatbestand einschlägig. b) Missbraucht wird die Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder seinen 47 Inhaber zu verpflichten, durch ihren unrechtmäßigen Gebrauch – dann also, wenn der Täter bei Ausübung der ihm eingeräumten Vertretungsmacht sich über die ihm dafür gezogenen Schranken hinwegsetzt. In diesem Raum, zwischen rechtlichem Können und rechtlichem Dürfen – wie er sich z.B. bei der Schlüsselgewalt der Ehegatten zwischen § 1357 und § 1412 BGB, bei der Prokura zwischen § 49 und § 50 HGB, beim Kommissionär zwischen § 383 und 385 HGB, bei der OHG zwischen § 126 Abs. 1 und Abs. 2 HGB, beim Vorstand der AG zwischen § 82 Abs. 1 und Abs. 2 AktG, beim Geschäftsführer der GmbH zwischen § 37 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG, überhaupt in allen Fällen der nur im Verhältnis zum Machtgeber begrenzten Vertretungsbefugnis breitet –, liegt das angestammte Feld des Missbrauchs der Befugnis: Der Missbrauchstatbestand dient „dem Schutze von Rechtsbeziehungen, durch die einem Beteiligten ein rechtliches Kön-

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BGHSt 34 379, 384; 35 333, 337. BGHSt 5 61, 63; Bringewat GA 1973 363; Dierlamm MK Rdn. 121; Fischer Rdn. 24; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17; Saliger SSW Rdn. 21; Seier Untreue Rdn. 48; Sieber S. 245; Welzel § 56 A 1b. BGH 1 StR 164/65 v. 21.9.1965; OLG Köln JMBlNRW 1958 208; Blei BT § 65 III 1a; Gössel JR 1978 473; Kohlrausch/Lange II 2; Lackner/Kühl Rdn. 6; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 17; Schreiber/Beulke JuS 1977 658, IV; Seier Untreue Rdn. 48; Zahrnt NJW 1972 277.

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BGHSt 13 274, 275; BGH 1 StR 200/54 v. 24.5.1955, insow. BGHSt 7 333 nicht abgedr.; RGSt 69 333, 338; Bockelmann BT/1 § 18 II 2; Esser AnwK Rdn. 103; Fischer Rdn. 10; Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Wessels/Hillenkamp BT 2 Rdn. 753; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 14. Eser VI 4 Fall 17 A 31. RGSt 61 228, 230; 66 289, 292 zu § 266 a.F., s. auch Schneider-Neuenburg GA 1933 328; Zoller S. 45–49; zu § 266 n.F. noch von RGSt 68 371, 373.

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nen gewährt wird, das über das rechtliche Dürfen hinausgeht“188. Mit der daraus entwickelten sinnverändernden (und unleugbar examensrepetitorhaft klingenden) Formel, der Täter halte sich im Rahmen des rechtlichen Könnens, überschreite aber die Grenzen des rechtlichen Dürfens,189 kann man sich für den Regelfall begnügen, sofern man sich der darin liegenden Vereinfachung bewusst bleibt. Denn sie ist dann und insoweit überspitzt, wenn man i.S.d. streng zivilrechtsakzessorischen Theorie eine speziell qua Rechtsgeschäft wirksame Ausübung der eingeräumten Rechtsmacht verlangt. Dagegen hat bereits Arzt (FS Bruns S. 365 ff) eingewendet, dass man, indem man die Missbrauchsalternative auf formell rechtsverbindliches Handeln des Täters verenge, den schlimmsten Fall des Missbrauchs, nämlich des bewussten Zusammenwirkens des Täters mit dem Geschäftsgegner zum Schaden des vertretenen Vermögens, außerhalb des Tatbestandes lasse und diesen so ad absurdum führe.190 „Missbrauch“ bedeutet deshalb nach der auch hier vorzugswürdigen eingeschränkt zivilrechtsakzessorischen Theorie: eine die Pflichten aus dem Innenverhältnis verletzende rechtsgeschäftliche Handlung.191 Dieses Konzept hat alle dogmatischen und kriminalpolitischen Argumente auf seiner Seite, weil es (1) dem Umgangs- wie dem Zivilrechtssprachgebrauch entspricht, (2) schon vor fast 100 Jahren in der Diskussion herrschte192 und (3) unsinnige Strafbarkeitslücken vermeidet, während (4) eine formell zivilrechtsakzessorische Ausgestaltung der Missbrauchshandlung nicht mit dem den Handlungserfolg bezeichnenden, völlig herrschenden wirtschaftlichen Vermögensbegriff (näher dazu Rdn. 165) zu vereinbaren ist. Denn wenn ein Vertreter seine Vertretungsmacht treuwidrig ausübt und dies dem Geschäftspartner entweder infolge von Kollusion bekannt oder bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar war, so wird der Vertretene zwar zivilrechtlich durch das Rechtsgeschäft entweder überhaupt nicht gebunden oder vermöge des Arglisteinwandes von der Bindung befreit.193 In strafrechtlicher Hinsicht kann aber im Hinblick auf den nach außen hin

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BGHSt 5 61, 63; BGH wistra 1988 191; Grünhut RG-Festgabe Bd. V S. 125; Schwinge/Siebert S. 27; Siebert ZStaatsW Bd. 95 633; anklingend schon RGRspr. 8 575, 577; Beschluß der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zur Empfehlung 3 der Unterkommission, Tagungsberichte Bd. XIII S. 96, 100, 133; Schünemann Tagungsberichte Bd. XIV S. 261. BGHSt 5 61, 63; 47 293, 296; 50 299, 313; 50 331, 341 f; BGH JR 1985 28, 29 m. zust. Anm. Otto S. 30: „Der Täter überschreitet … das rechtliche Dürfen im Rahmen des rechtlichen Könnens“; BGH wistra 1988, 191; 2007 259; NStZ 2007 579, 580; Schwinge/Siebert S. 27; Eser IV Fall 17 A 16, A 30; Esser AnwK Rdn. 102; Lackner/Kühl Rdn. 6; Fischer Rdn. 24 ff, 30; Sch/Schröder/Perron Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 43; Kindhäuser NK Rdn. 82; Dierlamm MK Rdn. 121; Wittig in v. HeintschelHeinegg Rdn. 17; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 19, freilich – im Widerspruch dazu – für eine Subsumtion

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jeglichen Unterlassens unter den „Missbrauch“ in § 45/22; ebenso widersprüchlich Lackner/Kühl Rdn. 6; s. ferner Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 22 Rdn. 31; Labsch S. 307; ders. Jura 1987 348, 412 ff; Lampe GA 1987 241, 247 f; Rönnau FS Kohlmann 246 f; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 753. AaO S. 368 ff, 375 ff. Eingehend Voraufl. Rdn. 32 ff; Schünemann Organuntreue S. 13 f; im Erg. zust. Geffers Vermögensdelikte S. 27 ff. Im Prot. der Strafrechtskommission über die 269. Sitzung v. 19.8.1913 heisst es zur 2. Lesung des § 340 E (S. 17b): „Im Gegensatz zu der Ansicht eines Mitglieds sprach sich die überwiegende Mehrheit der Kommission dahin aus, dass ein Missbrauch der Verfügungsbefugnis nicht nur in solchen Fällen angenommen werden könne, wo der Täter sich in den formellen Grenzen seiner Verfügungsbefugnis gehalten, sondern auch dann, wenn er diese Grenzen überschritten habe“. Zahlr. Nachw. bei Arzt S. 368 f Fn. 14–17; ferner etwa BGHZ 50 112, 114; 113 315;

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bestehenden Anschein eines wirksamen Rechtsgeschäfts und die vom Vertretenen zu tragende Beweislast für die dem Geschäftspartner vorzuwerfende Kollusion oder Fahrlässigkeit194 sehr wohl ein Vermögensnachteil in Gestalt einer wirtschaftlich als ein Schaden zu qualifizierenden Vermögensgefährdung zu bejahen sein (dazu näher Rdn. 178 ff). Wenn man auch in diesen Fällen mit der h.L. die zivilrechtliche Rechtswirksamkeit im Außenverhältnis zum Maßstab der strafrechtlichen Tatbestandserfüllung macht, reißt man eine von der kriminalpolitischen Schutzrichtung der Untreue her (Rdn. 1 ff) unsinnige Strafbarkeitslücke auf, die auch von dem nach h.L. als Ersatz eingreifenden Treubruchtatbestand nicht vollständig geschlossen werden könnte. Denn weil für die Täterschaft im Treubruchtatbestand gerade von der h.L. ein qualifiziertes Maß an Selbständigkeit und Entscheidungsfreiheit als Kriterium der Täterstellung gefordert wird 195, lässt sich das pflichtwidrige Handeln von Vertretungsberechtigten mit im Detail festgelegter Marschroute nach ihrem eigenen Standpunkt nicht darunter subsumieren (es sei denn, man würde dessen Interpretation wiederum in Richtung auf den Missbrauchstatbestand ausweiten, womit die Einordnung in die erste oder zweite Alternative aber allmählich beliebig würde). Gänzlich hilflos steht die h.L. der zivilrechtlich ohne weiteres möglichen und sogar häufigen Konstellation gegenüber, dass die Reichweite der Außenvollmacht an die Reichweite der Befugnis im Innenverhältnis gebunden wird 196, ein diese Grenzen sprengendes Rechtsgeschäft aber doch zur Verpflichtung des Geschäftsherrn führt, nämlich wenn die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht 197 eingreifen, nach denen dieser für einen von ihm zu verantwortenden Rechtsschein haftet, den dieselben Vertreter der h.L. aber für den Missbrauchstatbestand nicht genügen lassen wollen (dazu o. Rdn. 40). Es erfüllt deshalb den Missbrauchstatbestand, wenn die Außenmacht nicht weiter reicht als die Innenbefugnis und der Täter beide Grenzen überschreitet. Beispiele bieten BGHSt 13 315 f; BGH 3 StR 924/52 v. 12.11.1953 (Fall 1: Ein Schalterbeamter verkauft Fahrkarten, Fall 2: Ein Textilvertreter verkauft die Ware unter dem ihm vorgeschriebenen Kaufpreis; BGH 4 StR 343/61 v. 20.10.1961; BayOblGSt 1965 88; OLG Köln JMBlNRW 1959 138; BGH 2 StR 189/54 v. 23.11.1954; BGHSt 13 274, 276 zum Vorenthalten des Versteigerungserlöses durch den Gerichtsvollzieher; LG Bonn JMBlNRW 1968 199). In den Fällen des Fahrkarten- und des Textilverkäufers dürfte bei der unerlaubten Einräumung von Rabatten jedenfalls eine Anscheinsvollmacht analog bzw. gem. § 56 HGB eingreifen, so dass also198 der Missbrauchstatbestand einschlägig ist, sofern sich die Rechtsmacht nicht auf ein bloßes Hantieren mit Sachen beschränkt und deswegen kein Untreue-, sondern Unterschlagungsunrecht vorliegt.199

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BGH WM 1966 491; BGH NJW 1989 26; BAG NJW 1997 1940; Schramm Münchener Kommentar Bd. I 5. Aufl. (2007) § 164 Rdn. 107 ff. Schramm Münchener Kommentar Bd. I 5. Aufl. (2007) § 164 Rdn. 110; PalandtEllenberger § 164 Rdn. 13 f. BGHSt 3 289, 294; 13 315, 317 ff; Sch/ Schröder/Perron, Rdn. 24; Dierlamm MK Rdn. 42 und Saliger SSW Rdn. 10, die diese Voraussetzung auch auf den Missbrauchstatbestand ausdehnen wollen. Näher dazu u. Rdn. 82 ff. Schilken Staudinger Rdn. 33 f Vor § 164 ff; Schramm MK BGB § 164 Rdn. 96 ff, 74 ff.

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Schilken Staudinger § 167 Rdn. 28 ff; Schramm MK BGB § 167 Rdn. 46 ff. Entgegen Hübner LK10 Rdn. 70; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17 m.w.N., aber mit BGH LM Nr. 4; BGH 3 StR 924/52 und BGHSt 13 315 f. Rdn. 21, 42, 45; BGH LM Nr. 4 will danach unterscheiden, ob die Ware nur unter Preis verkauft oder völlig umsonst abgegeben wird, weil nur im letzteren Falle eine Schenkung und damit eine Zueignungsabsicht vorliege; dagegen für Unterschlagung auch bei bloß teilweisem Schenken Heinitz FS H. Mayer S. 435.

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Zu allem Überfluss droht der h.L. schließlich sogar auch der zivilrechtliche Todesstoß, wenn die These von Geffers zutrifft, dass ein den Untreuetatbestand erfüllender Vertragsabschluss auch dann gemäß § 134 BGB wegen Gesetzesverstoßes nichtig sei, wenn der Vertragspartner gutgläubig ist (Vermögensdelikte S. 27 ff, 61 u. passim). Denn dann würde sich der Missbrauchstatbestand logisch zwingend auf eine Nullmenge reduzieren, was nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein kann. Aber auch wenn man mit der h.M. die Nichtigkeitsfolge bei der Verletzung von Strafgesetzen regelmäßig darauf beschränken will, dass sich alle Beteiligten strafbar gemacht haben 200, bleibt die zivilrechtliche Würdigung bei einseitigen Rechtsgeschäften unklar und verweist unabhängig von der dogmatischen Konstruktion stets auf dieselben Grundgedanken von Gutglaubensschutz des Vertragspartners und Rechtsscheinhaftung des Geschäftsherrn. Die Übernahme der Filigranzeichnung der zivilistischen Rechtsfiguren ist deshalb für die strafrechtliche Zuordnung unbehelflich, und dasselbe gilt auch in prozessualer Hinsicht, weil die h.L. die Subsumtion unter den Missbrauchs- oder Treubruchtatbestand von der weitere Aufklärung erfordernden, aber nur zivilrechtlich relevanten Frage abhängig macht, ob der Vollmachtsmissbrauch (sic!) für den Vertragspartner ohne weiteres erkennbar war (Nachw. o. Fn. 56 f). Das Gegenargument von Saliger, eine strafrechtsautonome Bestimmung des Schutz48 raums würde die Missbrauchsuntreue von ihrer „Befugnisorientierung“ lösen und zu einem allgemeinen Delikt gegen (gemeint ist: der) Schädigung fremden Vermögens entgrenzen (SSW Rdn. 21), ist unzutreffend, denn für die „Befugnisorientierung“ genügt es, dass sich das Verhalten des Täters als pflichtwidrige Wahrnehmung der ihm anvertrauten rechtsgeschäftlichen Kompetenz darstellt: Bereits das entspricht sowohl dem umgangssprachlichen Verständnis des Handlungsmerkmals „missbrauchen“ als auch dessen zivilrechtlicher Verwendung 201, von der sich die h.L. ohne jedes Sachargument abwendet. Für eine teleologische Gesetzesauslegung ist es deshalb fast selbstverständlich, dass der Fehlgebrauch (= Missbrauch) im Hinblick auf das Vermögen als geschütztem Rechtsgut beurteilt werden muss, und das bedeutet: Wenn sich das Verhalten des Täters als eine spezifische Wahrnehmung der ihm anvertrauten rechtsgeschäftlichen Kompetenz darstellt und durch deren treuwidrigen Gebrauch zu einem Vermögensschaden führt, so muss das völlig unabhängig davon ein „Missbrauch“ sein, ob sich daraus die den Geschäftsherrn schädigenden zivilrechtlichen Rechtswirkungen aufgrund der Rechtsgeschäftslehre, aufgrund von Vertrauenstatbeständen oder aufgrund von Verwirkungstatbeständen ergeben oder ob schließlich eine aufgrund von Beweislastnormen o.ä. zivilrechtlich nachteilige Gesamtsituation eintritt, die in strafrechtlicher Hinsicht bereits als ein gegenwärtiger Vermögensnachteil qualifiziert werden muss. Nachdem die Rechtsprechung lange Zeit dieser Auffassung gefolgt war (Nachweise 49 Voraufl. Rdn. 33), hat der BGH nunmehr verbal die Formel der h.L. übernommen, aber (weil es nie um einen kritischen Fall ging) materiell nur als obiter dictum und überdies in einer Form, die die Zuordnung zur Missbrauchs- oder Treubruchalternative als völlig beliebig erscheinen lässt: Im 1. Urteil zum „Kölner Müllskandal“ hat der 5. Strafsenat im

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201

BGHZ 132 313, 318; Soergel/Hefermehl, BGB, § 134 Rdn. 24; dagegen aber Armbrüster MK BGB § 134 Rdn. 48, 52 m.w.N. Denn von einem „Missbrauch der Vertretungsmacht“ wird im Zivilrecht gerade dann gesprochen, wenn das Rechtsgeschäft wegen Kollusion oder Evidenz gegenüber

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dem Vertretenen unwirksam ist (Schilken aaO Rdn. 91 ff; Schramm MK BGB § 164 Rdn. 106 ff), während sich die zivilrechtsakzessorisch gebärdende h.M. ausgerechnet für diesen Fall einen „Missbrauch“ ablehnen will!

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

Falle einer Sittenwidrigkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts den „Missbrauch der Vertretungsmacht“ bejaht, im gleichen Atemzuge aber den Missbrauchstatbestand wegen Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts gemäß § 138 BGB verneint und hieraus „unmittelbar“ folgen lassen, dass die Treubruchalternative erfüllt sei, was in Ermangelung einer anderen Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten vom Revisionsgericht selbst ausgesprochen werden könne (BGHSt 50 299, 313 f). Und im Mannesmann-Fall hat der 3. Strafsenat sogar offen gelassen, ob der Missbrauchs- oder der Treubruchtatbestand erfüllt sei (BGHSt 50 331, 341 f). Um die Abgrenzung der beiden Tatbestände nicht entweder in sinnlosen Differenzie- 50 rungen oder in Beliebigkeit versinken zu lassen, muss deshalb gegen die h.M. daran festgehalten werden, dass der Missbrauchtatbestand von der Täterseite her durch eine rechtsgeschäftliche Obhutsherrschaft über fremdes Vermögen und von der Handlungsseite (nur) durch eine die Fürsorgepflicht verletzende und einen Schaden verursachende Ausübung dieser Herrschaft gekennzeichnet ist. Auf der Erfolgsseite wird zwar regelmäßig eine zivilrechtlich wirksame Verpflichtung oder Verfügung bezüglich des anvertrauten Vermögens vorliegen (wofür wohlgemerkt nachteilige zivilrechtliche Rechtswirkungen sowohl aufgrund der Rechtsgeschäftslehre als auch aufgrund von Vertrauens- oder Verwirkungstatbeständen oder von Beweislastnormen o.ä. ausreichen, was auch solche Rechtswirkungen einschließt, die sich bei einem Überschreiten oder Erlöschen der rechtsgeschäftlichen Vollmacht aus Gründen des Vertrauensschutzes ex lege ergeben), aber auch andere einen Vermögensnachteil begründende Verschlechterungen der Rechtsposition des Geschäftsherrn reichen aus, etwa solche, die bei einem kollusiven und deshalb zivilrechtlich unwirksamen Handeln in Gestalt der den Geschäftsherrn treffenden Beweislast für die Bösgläubigkeit des Geschäftspartners eintreten. (Die h.L. hält demgegenüber eine im einzelnen verwirrend und uneinheitlich durchgeführte, angebliche Zivilrechtsakzessorietät für erforderlich, bietet jedoch in den danach aus dem Missbrauchstatbestand herausfallenden Konstellationen den – freilich vom Täterkreis her weitaus engeren – Treubruchtatbestand an und ist, jedenfalls in Gestalt der Rechtsprechung, deshalb auch bereit, die spezielle Form der Erfüllung des Untreuetatbestandes überhaupt offen zu lassen.) Das „rechtliche Können“ des Täters ist deshalb nicht im Sinne einer starren Akzessorietät zur Reichweite der ursprünglich erteilten Vollmacht etc., sondern im Sinne des gesamten Bereiches zu verstehen, in dem durch sein rechtsgeschäftliches Handeln nachteilige Rechtsfolgen für den Geschäftsherrn ausgelöst werden können. Außerhalb dieses Bereichs kann der Missbrauchstatbestand nicht verwirklicht werden: Jenseits des „rechtlichen Könnens“ in diesem Sinne handelt der Täter unbefugt, ohne Rechtsmacht und ohne jede rechtliche Wirkung gegen das Vermögen des Machtgebers; diesseits des rechtlichen Dürfens gebraucht er seine Macht erlaubt. Überschreitet der Täter also seine Vertretungsmacht ohne „Heilung“ durch Anscheinsvollmacht o.ä., z.B. als nicht besonders ermächtigter Prokurist durch Veräußerung oder Belastung eines Firmengrundstücks (§ 49 Abs. 2 HGB), als Gesamtvertreter durch alleiniges Handeln,202 als bloß Auflassungsbevollmächtigter durch Vereinnahmung des Kaufpreises,203 so ist das bar jeder Rechtswirkung für den Geschäftsherrn und erfüllt deshalb weder den Missbrauchs- noch (vorbehaltlich besonderer Umstände) den Treubruchtatbestand. Stattdessen kommt u.U. ein Betrug am Geschäftspartner in Betracht.204

202

BGH LM Nr. 16; BGH 1 StR 565/53 v. 14.4.1954, S. 5; anders RGRspr. 10 201, 205.

203 204

BGHSt 8 149; hierzu Rdn. 132 „Auftrag“. Beispielhaft Rdn. 132 „Auftrag“ zu BGHSt 8 149.

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§ 266 51

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

c) Strittig ist die Anwendbarkeit des Missbrauchstatbestandes, wenn der Täter (z.B. der inkassoberechtigte Handelsvertreter) schon bei Abschluss des äußerlich einwandfreien Geschäfts (z.B. bei Einziehung der Forderung) in ungetreuer Absicht handelte (z.B. den Erlös für sich zu behalten). Während die ältere Rechtsprechung das bejahte 205, hat der 5. Strafsenat des BGH allgemein ausgesprochen, dass die von ungetreuer Absicht getragene Ausübung einer Inkassoermächtigung den Missbrauchstatbestand nicht erfülle, weil der Inkassoermächtigte zu diesem Verhalten gegenüber dem Auftraggeber berechtigt sei und die bloße Nichtablieferung des Inkassos keinen Missbrauch von Verfügungsoder Verpflichtungsmacht darstelle.206 Eine Untreuestrafbarkeit käme dann nur unter dem Gesichtspunkt des Treubruchtatbestandes in Betracht, dessen Erfüllung vom BGH bei abredewidrigen Handlungen im Rahmen von Sicherungszessionen einschließlich des verlängerten Eigentumsvorbehaltes mit der Begründung abgelehnt wird, die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sei hier nicht Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten.207 Auch der Unterschlagungstatbestand kommt nicht zum Zuge, wenn der Zedent bei Ausübung der Inkassoermächtigung das für den Eigentumserwerb am Geld durch den Zessionar notwendige Insichgeschäft nicht vollzieht und deshalb ausschließlich und unmittelbar selbst Eigentümer des eingezogenen Bargeldes wird. Diese 208 Konsequenz ist jedoch nicht nur kriminalpolitisch inakzeptabel und von den systematischen Konsequenzen im Vergleich mit dem Unterschlagungstatbestand her widersinnig (weil die Ermächtigung zur Weiterveräußerung der sicherungsübereigneten oder unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware an beliebige Bedingungen geknüpft und dementsprechend eine Weiterveräußerung unter Missachtung dieser Bedingungen ohne weiteres als Unterschlagung bestraft werden kann), sondern auch von dem in Rdn. 20 herausgearbeiteten Schutzzweck des Missbrauchstatbestandes her nicht folgerichtig. Denn wenn und weil hierunter jedenfalls die Veruntreuung anvertrauter Forderungen zu subsumieren ist, bedeutet jede manifestierte, d.h. nach außen erkennbare Verletzung der Inkassobedingungen einen Missbrauch der durch die Inkassoermächtigung eingeräumten Verfügungsmacht, wozu auch die Einziehung ohne Herbeiführung des etwa vom Geschäftsherrn bedungenen Erfolges des bloßen Durchgangserwerbs bezüglich des Eigentums an dem geleisteten Bargeld gehört. Anders verhält es sich dagegen, wenn das Inkasso äußerlich korrekt abläuft und der Inkassoermächtigte erst nachträglich seine Pflichten verletzt, indem er das eingezogene Geld nicht abliefert.209 In diesem Fall ist anstelle des Missbrauchstatbestandes derjenige der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 2) erfüllt, wenn der Geschäftsherr durch Insichgeschäft oder Geschäft für wen es angeht 210 schon Eigentümer geworden war.

205

BGHSt 6 314, 316; 8 254, 260; BGH LM Nr. 11; BGH 1 StR 519/54 v. 16.5.1954, S. 3, 4; BGH 4 StR 22/70 v. 19.3.1970 und 84/70 v. 9.7.1970; BGH 5 StR 179/60 v. 17.4.1960 und 67/72 v. 18.4.1972; RGSt 63 251, 252 f zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F.; RG DR 1940 1419; ebenso Baumann Sicherungsrechte S. 101 Fn. 1; Hübner LK10 Rdn. 71; verneinend i.w. das Schrifttum: Heinitz FS H. Mayer S. 436; Sax JZ 1977 705 Fn. 55; Labsch Jura 1987 415; Sch/Schröder/Perron Rdn. 19; Hoyer SK Rdn. 83; Kindhäuser NK Rdn. 93; Labsch S. 107; Wessels/Hillenkamp BT 2

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206 207 208 209 210

Rdn. 763; Wittig/Reinhart NStZ 1996 469 ff. BGH wistra 1984 143 m. zust. Anm. Schomburg. BGHSt 22 190; BGH wistra 1984 143 und dazu Rdn. 138. Von Sch/Schröder/Perron Rdn. 19 ausdrücklich gezogen. Was möglicherweise für den Fall BGH wistra 1984 143 zutraf. Zum Insichgeschäft vgl. Schilken in Staudinger § 181 Rdn. 1 ff; Schramm MK-BGB § 181 Rdn. 1 ff; zum Geschäft für den, den es angeht Schilken in Staudinger

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§ 266

Untreue

Gegen diese differenzierende Lösung 211 lässt sich auch nicht einwenden, dass Ver- 52 käufer oder Kreditgeber dann „durch gewohnheits- und vordrucksmäßige Vertragsbestimmungen die Nichterfüllung gewöhnlicher vertraglicher Verpflichtungen zu einer strafbaren Handlung“ machen könnten.212 Denn dieses an sich durchaus beachtliche Argument führt, wenn man es isoliert für den Missbrauchstatbestand verwendet, zu Widersprüchen im System des gesamten Vermögensstrafrechts, namentlich im Verhältnis zum Unterschlagungstatbestand, solange der strafrechtliche Eigentumsbegriff entsprechend der nahezu einhelligen Auffassung 213 streng zivilrechtsakzessorisch ist und damit jede unerlaubte Verfügung über sicherungsübereignetes oder unter Eigentumsvorbehalt erworbenes Gut zur Veruntreuung stempelt. Der Missbrauchstatbestand ist deshalb der falsche Platz, um die Zivilrechtsakzessorietät des Vermögensstrafrechts bezüglich des Begriffs der Rechtszuständigkeit (Eigentum an Sachen, Inhaberschaft von Forderungen etc.) aufzugeben, weil die „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“ in dieser Grundfrage zwar kriminalpolitisch ernsthaft diskutabel wäre, ohne Brüche im Gesamtsystem des Vermögensstrafrechts aber nur einheitlich erfolgen könnte. d) Missbrauch durch Unterlassen ist denkbar, obschon die Annahme eines Treubruch- 53 tatbestands seiner Struktur wegen näher liegt (Welzel § 56 B). Die Befugnis, über das Vermögen eines anderen zu verfügen oder ihn zu verpflichten, kann durch eine Unterlassung ausgeübt, so gebraucht und daher so auch missbraucht werden.214 Das ist unproblematisch, wenn – wie in der missbräuchlichen Betätigung der Befugnis – sich in der Unterlassung ein rechtsgeschäftlicher (hoheitlicher) Handlungswille ausdrückt und dadurch der andere wirksam verpflichtet oder sonst in seinem Vermögen eine rechtliche Veränderung bewirkt wird.215 Beispiele wird man in den Fällen finden können, in denen Schweigen einen Vertragsschluss oder die Verlängerung eines Vertrages bewirkt (§§ 362, 383 HGB, §§ 151, 496, 568 BGB), zum Rechtsverlust führt (§ 377 Abs. 2 HGB) oder sonst mit rechtsgestaltender Kraft die Vermögenslage des Geschäftsherrn verschlechtert wie bei Unterlassen der Kündigung (BGH NJW 1951 645) eines lästigen Dauerschuldverhältnisses oder Unterlassen der Mitteilung von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eines dem Mündel vorteilhaften Vertrags (§ 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB; BGHZ 19 5, 10). Umstritten ist die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes hingegen für das Verjährenlassen einer Forderung,216 das Liegenlassen eines Pfändungsauftrags (RGSt 61

211 212

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Vor §§ 164 ff Rdn. 51 ff; Schramm MK-StGB § 164 Rdn. 47 ff. Ähnlich bereits Schröder NJW 1963 1959; Welzel § 56 A 1a. So RGSt 73 299, 300; BGH 5 StR 652/53 v. 09.02.1954; BGHSt 22 190, 192; Schomburg wistra 1984 144. BGHSt 6 377, 378; OLG Düsseldorf NJW 1988 1335, 1336; Ruß LK § 246 Rdn. 4, § 242 Rdn. 6; Hoyer SK § 246 Rdn. 8, § 242 Rdn. 11 ff; Sch/Schröder/Eser/Bosch, § 246 Rdn. 4, § 242 Rdn. 12; Fischer § 246 Rdn. 2, § 242 Rdn. 5; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 32 Rdn. 21. RGSt 65 333, 334; schon RG GA 1888 400; Arzt FS Bruns S. 378 mit anderer Begründung; Blei BT § 65 III 3; Bockelmann BT/1 § 18 II 2; Dierlamm Rdn. 123; Fischer

215 216

Rdn. 32; Kirchner bei Olshausen Erg. Bd. (1936) 7b; Kindhäuser NK Rdn. 91; Kohlrausch/Lange II 2; Lackner/Kühl Rdn. 6; Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; Seier Untreue Rdn. 72; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 765; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 15. AA Baumann Sicherungsrechte S. 63 Fn. 2; Frank Nachtrag III A 3; H. Mayer Mat. I 340; Sax JZ 1977 747; Weber FS Dreher S. 565. Sch/Schröder/Perron aaO. Dagegen BGH LM BGB § 222 Nr. 8; Esser AnwK Rdn. 105; Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; Seier Untreue Rdn. 74; unentschieden BGH NJW 1983 461; dafür RGSt 11 412, 414; Bockelmann BT/1 § 18 II 2; Kohlrausch/Lange II 2; Lackner/Kühl Rdn. 6.

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

228), das verzögerte oder unterlassene Abführen des Versteigerungserlöses durch den Gerichtsvollzieher,217 das Verschweigen einer Schuld an das zu betreuende Vermögen218 und das Unterlassen einer Mitteilung durch den Gerichtsvollzieher, der Vollstreckungsschuldner habe wertvolle Pfandstücke beiseitegebracht.219 Richtigerweise wird man von dem hier entwickelten Unrechtskern des Missbrauchstatbestandes (Rdn. 30, 46) aus nicht darauf abheben, ob das Unterlassen auf rechtsgeschäftlichem Wege zu einer Veränderung der zivilrechtlichen Rechtslage geführt hat, sondern nur darauf, dass der Täter die von ihm beherrschten rechtlichen Beziehungen des anvertrauten Vermögens pflichtwidrig gestaltet hat, was eben auch dadurch geschehen kann, dass die notwendigen rechtsgeschäftlichen Maßnahmen (bzw. bei „behördlichem Auftrag“: die gebotenen hoheitlichen Maßnahmen) gerade nicht vorgenommen werden. Dies ist der Fall, wenn der Täter die ihm anvertraute Forderung verjähren lässt 220 oder durch Nichtvornahme der letzten aussichtsreichen Pfändung uneinbringlich macht, während die bloße (sei es auch pflichtwidrige) Aufrechterhaltung des rechtlichen status quo (durch Nichtabführung des Versteigerungserlöses, durch Verschweigen einer Schuld, durch Unterlassen der Mitteilung über rechtswidrige Handlungen des Vollstreckungsschuldners oder der Existenz einer schwarzen Kasse 221) keine Ausübung von Verfügungsmacht bedeutet und deshalb allenfalls dem Treubruchtatbestand subsumiert werden kann. Dass es sich hierbei um einen weitgehend müßigen Streit handele, weil der Praktiker die ziemlich theoretische Frage nach der zutreffenden Untreuealternative durch Ausweichen in den Treubruchtatbestand zu entschärfen geneigt sein werde,222 gilt nach dem in Rdn. 18 festgestellten Verhältnis der beiden Tatbestandsalternativen nicht für diejenigen Autoren, die für die Täterstellung im Treubruchtatbestand die Existenz eines Entscheidungsspielraums für unverzichtbar halten und für die deshalb bei einem Vertreter mit gebundener Marschroute der Treubruch- nicht als Auffangtatbestand zur Verfügung steht. In dogmatischer Hinsicht kommt in der „Missbrauchsuntreue durch Unterlassen“ zum 54 Ausdruck, dass es sich bei § 266 um ein Garantensonderdelikt handelt, und zwar in Form der Herrschaft über die Hilflosigkeit des Rechtsgutes.223 Objekt dieser Herrschaft sind beim Missbrauchstatbestand die rechtlichen Beziehungen des Vermögens, deren pflichtwidrige Gestaltung sowohl durch rechtsgeschäftliche Maßnahmen als auch dadurch vorgenommen werden kann, dass die zur Erhaltung der Rechtspositionen notwendigen rechtlichen Maßnahmen nicht vorgenommen werden. Diese den sachlogischen Strukturen der Garantenherrschaft entsprechende Interpretation ist auch mit dem Wortlaut des § 266 ohne weiteres zu vereinbaren, weil auch die Nichtvornahme eines (rechtlich gebotenen) Verfügungsaktes umgangssprachlich ohne weiteres als ein Missbrauch (d.h. als ein unrechter Gebrauch) der Verfügungsbefugnis bezeichnet werden kann. Einer Heranziehung des § 13 bedarf es dafür nicht, jedoch gilt dessen Abs. 2 analog (näher u. Rdn. 202).

217

Dagegen RGSt 11 aaO; Heinitz FS H. Mayer S. 435; Sch/Schröder/Perron Rdn. 16; dafür BGHSt 13 274, 276. 218 RGSt 71 31, 32; RGSt 65 333, 334 f. 219 Dafür RGSt 71 31, 33 zu § 266 a.F. 220 Offengelassen in BGH NStZ 1983 168 f. 221 Darum ging es in der Siemens-Entscheidung BGHSt 52 323. 222 So Schomburg wistra 1984 143; Hübner LK10 Rdn. 72 a.E.; BGH NJW 1983 461.

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223

Dazu näher Schünemann Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte (1971) S. 341 ff; ders. in: Gimbernat/Schünemann/Wolter Internationale Dogmatik der objektiven Zurechnung und der Unterlassungsdelikte (1995) S. 72 ff; ders. FS Amelung (2009), S. 311 ff; ders. LK § 14 Rdn. 10, 17.

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§ 266

Untreue

e) Die verbleibenden dogmatischen Probleme der Missbrauchshandlung, nämlich die 55 beiden Fallgruppen des fehlenden oder des nichtigen Innenverhältnisses, die materiellen Voraussetzungen der Pflichtwidrigkeit im Innenverhältnis (einschließlich der Bedeutung des Einverständnisses des Geschäftsherrn für die Tatbestandserfüllung und der speziellen Fragen des Risikogeschäfts) stellen sich ganz entsprechend beim Treubruchtatbestand und werden deshalb bei und nach dessen Behandlung übergreifend erörtert (u. Rdn. 62 ff, 115 f, 124 ff).

III. Der Treubruchtatbestand 1. Unrecht und Struktur des Treubruchtatbestandes a) Der Treubruchtatbestand erfasst in Ergänzung des Missbrauchstatbestandes die 56 Schädigung des zur Obhut (d.h. fremdnützig) anvertrauten fremden Vermögens durch nicht-rechtsgeschäftliche Handlungen. Normative Konsequenz der Obhutsherrschaft ist die (Garanten-)Pflicht, die fremden Vermögensinteressen wahrzunehmen, auf welchem Grund die Herrschaftsposition auch immer beruhe, auf Gesetz, behördlichem Auftrag, Rechtsgeschäft oder auf einem bloßen tatsächlichen Treueverhältnis. Anders als im Missbrauchstatbestand geht es im Treubruchtatbestand nicht um die Fähigkeit, auf das zu betreuende Vermögen in seinem rechtlichen Bestand einzuwirken und so den anderen rechtsverbindlich festzulegen, sondern um Schädigungen durch Realakte und (ein wichtiger Anwendungsbereich) durch unterlassene Obsorge und Kontrolle. Im Einklang mit der Entstehungsgeschichte des § 266 ist der Treubruchtatbestand also eine Ergänzung des Missbrauchstatbestandes, mit dem er in der Verwaltungsmacht über fremdes Vermögen verklammert ist, von dem er sich aber in der Herrschaftsform und dementsprechend auch in der Tathandlung unterscheidet. Der gesetzliche Tatbestand umschreibt also mit der Wendung der „Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“, nur die rechtliche Konsequenz der pflichterzeugenden Obhutsposition und damit die Täterqualifikation, die – im Sinne einer schon vor der Tat bestehenden Herrschaft – dem Täter den Zugriff auf das fremde Vermögen „von innen“ ermöglicht, was in Verbindung mit der Nachteilszufügung als die die Rechtsgutsverletzung begründende Tathandlung das spezifische Unrecht der Untreue markiert: Wer ein seiner Obhut unterstehendes fremdes Vermögen vorsätzlich schädigt, ist strafwürdig, strafbedürftig und nach der Entscheidung des Gesetzgebers in § 266 auch strafbar. Der Treubruchtatbestand weist somit als Vermögens-Sonderdelikt des Vermögensverwalters im Übrigen die gleiche Struktur auf wie die Sachbeschädigung des § 303 StGB als Gemein-Eigentumsdelikt, d.h. er erfordert eine für den Erfolg (den Vermögensnachteil) im Kausal- und Zurechnungszusammenhang stehende vorsätzliche Verletzungshandlung, deren Normwidrigkeit eo ipso aus der jedem Straftatbestand logisch vorausliegenden Verbotsnorm folgt 224. Eine außerstrafrechtliche (namentlich zivilrechtliche) Pflichtverletzung ist (1) nicht begrifflich notwendig, wird aber – wie übrigens bei den meisten Straftaten – (2) in der Regel als Epi-Phänomen ebenfalls gegeben sein und ist (3) umgekehrt als „außerstrafrechtliche Erlaubnis“ nach dem

224

Anerkannt seit Binding Die Normen und ihre Übertretung Bd. I, 1. Aufl. 1872 S. 23 ff; 4. Aufl. 1924 S. 35 ff; ders. Handbuch des Strafrechts, 1885, S. 155 ff; ders.

Grundriß des deutschen Strafrechts, 1913, 63 f; später insb. Armin Kaufmann Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, 1954, etwa S. 234 ff.

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung 225 selbstverständlich auch bei § 266 als Tatbestandsausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund (näher u. Rdn. 94) zu beachten.

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b) Während der Gesetzgeber durch die Treubruchalternative des „Treueverhältnisses“ das Missverständnis des § 266 als eines bloßen zivilrechtlichen Wurmfortsatzes bewusst verworfen (o. Entstehungsgeschichte; ferner Rdn. 7 ff, 15) und auch die Rspr. über viele Jahrzehnte die vorstehend beschriebene Unrechtsstruktur realisiert hat, ist im neuesten Schrifttum eine Art „zivilistischer Mode“ anzutreffen, die (1) § 266 in ihrer radikalsten Form als einen zivilrechtsakzessorischen Blanketttatbestand zu deuten versucht (näher u. Rdn. 94), die (2) die (in Wahrheit aus der Garantenstellung folgende und deshalb mit dem strafrechtlichen Normbefehl identische) „Vermögensbetreuungspflicht“ als zentrales Tatbestandsmerkmal sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchuntreue, durch welches das Innenverhältnis charakterisiert werde, hinstellt (exemplarisch Saliger SSW Rdn. 9) und die (3) daraus eine verschwommene Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 266 auf „gravierende Pflichtverletzungen“ durch Orientierung an einer nicht näher angegebenen, jedenfalls gesteigerten strafrechtlichen Höhenmarke ableiten möchte (näher u. Rdn. 93 ff). Zwar ist die schlichte Anknüpfung an die ja auch im Gesetzeswortlaut angeführte Wahrnehmungs- oder Betreuungspflicht so lange unschädlich, wie man sich darüber im klaren ist, dass die Täterstellung nicht in einer gewissermaßen aus dem Nichts entstandenen, reinen Rechtspflicht besteht, sondern in einem pflichterzeugenden Sachverhalt, dessen Abgrenzung aus dem Strafgrund der Untreue zu entwickeln ist 226. Der Pflicht statt der pflichtbegründenden Obhutsposition die Spitzenstellung für die Interpretation des Treubruch- oder sogar des gesamten Untreuetatbestandes zu geben, führt aber nicht nur in eine von den Vertretern dieser Systematisierung nicht registrierte Spaltung des Treubruchtatbestandes hinein, weil das streng zivilrechtsakzessorische Verständnis der Pflicht bei den Entstehungsgründen „Gesetz, behördlicher Auftrag oder Rechtsgeschäft“ den vom Gesetz genannten vierten Entstehungsgrund des tatsächlichen Treueverhältnisses nicht einordnen kann (näher nachfolgend Rdn. 61). Vielmehr wird dadurch auch die vorstehend Rdn. 56 beschriebene Tatbestandsstruktur von Grund auf verzeichnet, indem das im Wirtschaftsstrafrecht für (vor allem fahrlässige) abstrakte Gefährdungsdelikte typische und allein hier zur Normbegründung angebrachte Verständnis als akzessorische Blanketttatbestände 227 überflüssigerweise einem vorsätzlichen Ver-

225

226

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BGHSt 11, 241, 244; Roxin AT I § 14 Rdn. 31 f; Jescheck/Weigend § 31 III 1; Maurach/Zipf § 25 Rdn. 12; Rönnau LK Rdn. 20 f vor § 32. Deutlich erkannt bei Fischer Rdn. 33; durch die bloße Akzentuierung der Vermögensbetreuungspflicht zu kurzgreifend Dierlamm MK Rdn. 142; Saliger SSW Rdn. 9 f; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 22 f. Vgl. etwa die bei Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 2 f angeführten Beispiele strafrechtlicher Blanketttatbestände mit Verweisung auf verwaltungs- oder zivilrechtliche Normen mit seiner These in Rdn. 5, die Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 266 StGB verweise bei Privatentnahmen der

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GmbH-Gesellschafter oder bei Leistungsprämien an Vorstände einer AG konkludent auf das GmbHG bzw. AktG, woraus jedoch in Rdn. 122 ein „normatives Tatbestandsmerkmal“ und in Rdn. 123 eine Verneinung des Vermögensschadens wird. Hierdurch wird deutlich, dass der Untreuetatbestand nicht etwa auf spezifizierte außerstrafrechtliche Verbotsnormen angewiesen ist, aber naturgemäß Erlaubnisse anderer Rechtsgebiete zu beachten hat. Anders wäre auch die neuerdings vom BGH praktizierte Verweisung gesellschaftsrechtlicher Haftungstatbestände auf den Untreuetatbestand (u. Rdn. 250 f) gar nicht praktizierbar.

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letzungsdelikt 228 übergestülpt wird. Wegen der damit verknüpften Konsequenzen für eine unrichtige Bestimmung des Strafbarkeitsumfangs u. Rdn. 95 ff. 2. Die Grundlagen der täterqualifizierenden Obhutsposition a) Weil das Gesetz die Täterstellung nur durch deren normative Konsequenz, nämlich 58 die Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, bezeichnet hat, handelt es sich hierbei um das am weitesten geratene Merkmal im ganzen Untreuetatbestand, dessen Einschränkungsbedürftigkeit schon von den Autoren der Novelle von 1933 erkannt worden ist (Rdn. 26). Das Reichsgericht hat sich dieser schwierigen Aufgabe durch eine in methodischer Hinsicht wenig ambitionierte, in pragmatischer Hinsicht jedoch durchaus brauchbare Methode entledigt, indem es die fast unüberschaubare Menge der möglichen Pflichtenstellungen mit Hilfe verschiedener einschränkender Kriterien, unter denen die Selbständigkeit der Position des Fürsorgepflichtigen und die Qualifikation der Fürsorgepflicht als Hauptpflicht des Rechtsverhältnisses herausragten (Rdn. 74, 82, 90), auf einen kriminalpolitisch vernünftigen Deliktskern reduziert hat. Dadurch hat es im Großen und Ganzen durchaus akzeptable Ergebnisse erzielt, die eigentliche Struktur des der Fürsorgepflicht zugrunde liegenden Verhältnisses aber nicht herausarbeiten können, weil die Einschränkungskriterien meist nur pragmatisch begründet wurden und neben dem Ausgangspunkt, an alle auf ein fremdes Vermögen bezogenen rechtlichen oder moralischen Pflichten anzuknüpfen, wie ein deus ex machina wirken. Nach den methodologischen Maximen der typologischen Betrachtungsweise (o. Rdn. 20 f) sind deshalb die Einschränkungskriterien auf den schon von Binding bezeichneten Unrechtskern der Untreue, der Verletzung des fremden Vermögens von innen heraus (Rdn. 7), zu beziehen und die Momente der Selbständigkeit und des Entscheidungsspielraumes dementsprechend als Attribute der Herrschaftsposition und damit der Garantenstellung über das fremde Vermögen zu begreifen, deren Folge die strafrechtliche Treupflicht ist,229 gegenüber der die in den meisten Fällen parallel verlaufende zivilrechtliche Pflicht zur Wahrnehmung der fremden Vermögensinteressen, wie erwähnt, nur ein Epi-Phänomen darstellt. Nur hierdurch erklärt es sich, dass der zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Rechtsakt nicht als solcher die strafrechtliche Vermögensfürsorgepflicht erzeugt, sondern erst – ähnlich wie bei der Garantenstellung aus Übernahme gemäß § 13 StGB 230 – der tatsächliche Eintritt in den betreffenden Herrschaftskreis.231 Wenn also etwa ein Rechtsanwalt entgegen

228

Dass es sich bei § 266 nicht um ein Verletzungs-Gemeindelikt, sondern um ein Garantensonderdelikt handelt (o. Rdn. 29), liefert sogar ein zusätzliches Argument gegen die Richtigkeit der Akzessorietätsthese, weil der Versuch, Garantenstellungen als Blankettmerkmale mit Verweisung aufs Öffentliche Recht oder Zivilrecht zu verstehen, wie es die formelle Rechtspflichttheorie getan hat, sich seit langem als ein Irrweg herausgestellt hat (eingehend Schünemann Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte, 1971, S. 342 ff, 346 f; ders. FS Amelung (2009) S. 309; Roxin Strafrecht AT II § 32 Rdn. 13, 53).

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Zutr. erkannt von Sax JZ 1977 702 ff; im Ansatz auch von BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 20. 230 Unstr., s. BGHSt 47 224, 229; OLG Celle NJW 1961 1939; Rudolphi/Stein SK § 13 Rdn. 62; Weigend LK § 13 Rdn. 21; Fischer § 13 Rdn. 20; Roxin Strafrecht AT II § 32 Rdn. 13, 53; zur Ableitung aus dem Herrschaftsprinzip s. Schünemann Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte (1971) S. 341 f, 346; ders. FS Amelung S. 309. 231 Zutr. BGHSt 54 44, 48 f (Tz. 25).

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der ihn nach § 49a Abs. 1 Satz 1 BRAO treffenden Pflicht zur Beratungshilfe von vornherein jede Hilfe ablehnt, ist er kein tauglicher Täter des Treubruchtatbestandes – nicht anders als das Kindermädchen, welches trotz eines gültigen Anstellungsvertrages seine Stelle nicht antritt und die Obhut über das Kind nicht übernimmt. Nur vom Ansatzpunkt der Obhutsherrschaft aus kann es auch gelingen, das vom Gesetzgeber mit hervorragender Intuition den zivilrechtlichen Fürsorgeverhältnissen an die Seite gestellte (scil. tatsächliche) „Treueverhältnis“ nicht als einen Fremdkörper, sondern als eine weitere Herrschaftskategorie bruchlos in den Treubruchtatbestand einzuordnen. Und weiterhin: Von diesem Ausgangspunkt aus betrachtet bedarf es dann nur noch einer doppelten Abgrenzung entsprechend der typologischen Struktur des Untreueunrechts (Rdn. 20 ff), um die Reichweite des Treubruchtatbestandes endgültig zu fixieren. Diejenigen Herrschaftsverhältnisse, die sich im wesentlichen auf den Umgang mit Sachen beschränken, werden strafrechtlich durch den Unterschlagungstatbestand in der qualifizierten Form der Veruntreuung (§ 246 Abs. 2 StGB) und durch den Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) erfasst, so dass also für den Treubruchtatbestand eine Täterposition zu fordern ist, die über sachgebundene Verrichtungen hinausgeht und Elemente der Geschäftsbesorgung, des Managements o.ä. enthält. Als Geschäftsbesorgung stellt sich auch die Ausübung einer Überwachungstätigkeit zum Schutz des anvertrauten Vermögens dar, die eine allein im Treubruchtatbestand mögliche Täterschaftsform bedeutet. Ferner muss – der viktimodogmatischen Schutzrichtung der Verletzung des Vermögens „von innen heraus“ entsprechend – eine Abgrenzung zu bloßen Austauschverhältnissen vorgenommen werden, was durch das Kriterium der Fremdnützigkeit des übernommenen Pflichtenkreises (= des zugunsten des Vermögensinhabers übernommenen Kreises von Verrichtungen) geschieht.

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b) Die Vermögensfürsorgepflicht ist dementsprechend nur die zusammenfassende Bezeichnung für die strafrechtliche Konsequenz aus der vom Täter eingenommenen Herrschaftsposition, nicht anders als die Garantenpflicht bei unechten Unterlassungsdelikten die strafrechtliche Konsequenz aus der in § 13 StGB angesprochenen Garantenstellung bedeutet. Wenn nachfolgend entsprechend der eingebürgerten Terminologie von einer solchen Vermögensfürsorgepflicht gesprochen wird, so ist damit stets diese pflichterzeugende Täterposition gemeint, als abbreviatorische Kennzeichnung eines Ensembles von Herrschaftsbeziehungen, deren Wahrnehmung im Interesse des fremden Vermögens („fremdnützig“) zu erfolgen hat und deshalb, wenn sie gegen die Interessen des Vermögensinhabers erfolgt, einen „Treubruch“ des Täters bedeutet.

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3. Als Entstehungsgrund der Vermögensfürsorgepflicht nennt § 266 für die Treubruchformen a) das Gesetz, den behördlichen Auftrag und das Rechtsgeschäft ohne Bedeutungsunterschied zu den Missbrauchsformen.232 Wie dort (Rdn. 33 ff) gilt auch hier, dass die Betreuungspflicht oft nicht einen der Rechtsgründe allein zur Wurzel hat (wie bei der Elternschaft und der Mutterschaft das Gesetz), sondern erst aus dem Zusammentreffen des einen mit einem anderen erwächst. Außer den Rdn. 33 ff genannten Beispielen zählen

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Lackner/Kühl Rdn. 10; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 22 Rdn. 48; Maurach/ Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 24; Fischer Rdn. 39; Sch/Schröder/Perron Rdn. 30;

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Dierlamm MK Rdn. 143; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 26; aA Schwinge/Siebert S. 21 f, S. 31.

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hierher etwa gerichtlich oder satzungsmäßig berufene Kontrollorgane wie der Gegenvormund (§§ 1792, 1799, 1802 Abs. 1, 1810, 1812 BGB); der Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (§§ 95 ff, 101, 111 AktG; § 52 GmbHG; §§ 36, 38 GenG); der vorläufige Insolvenzverwalter (§§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 2 InsO) und der Gläubigerausschuss in der Insolvenz (§§ 67, 69 InsO; RGSt 39 383, 384); der Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer (Zulassung gem. §§ 12 BRAO bzw. behördliche Bestellung gem. § 40 StBerG; §§ 1, 15 WPO; gesetzl. Pflichten gem. § 43a, insb. Abs. 5 BRAO; §§ 32, 33 StBerG; § 2 WPO; Vermögensfürsorgepflicht aber nur, wenn zusätzlich ein rechtsgeschäftliches Mandat besteht). – Zur Begründung einer Vermögensfürsorgepflicht durch Rechtsgeschäft siehe im übrigen das ABC der Betreuungsverhältnisse, etwa Rdn. 130 „Anwaltsvertrag“; Rdn. 156 „Steuerberatung“. b) Treueverhältnis: Diese vierte Kategorie des Treubruchtatbestandes führt die streng 61 zivilrechtsakzessorische Theorie 233 in eine geradezu unauflösbare Aporie hinein, weil es paradox erscheint, dass ein Verhältnis von „rein tatsächlicher Natur doch die Kraft hat, rechtlich zu verpflichten“.234 Von dem zutreffenden Ausgangspunkt aus, dass nicht die außerstrafrechtliche Rechtspflicht als solche, sondern das betreffende Herrschaftsverhältnis die strafrechtliche Vermögensfürsorgepflicht begründet, ist dagegen die ehemals von Hübner 235 konstatierte „Verwirrung in der Interpretation des Treueverhältnisses“ zu überwinden.236 Der Gesetzgeber hat hierdurch nämlich lediglich die schon vom Reichsgericht gewonnene Erkenntnis übernommen, dass die Untreuekonstellation der Schädigung des Vermögens von innen heraus bei einer im Einverständnis mit dem Vermögensinhaber übernommenen Herrschaftsposition völlig unabhängig davon gegeben ist, ob die Übernahme auch zu einem zivilrechtlich gültigen Vertragsverhältnis geführt hat oder nicht. Das Reichsgericht hat deshalb schon vor 1933 die Formel aufgestellt, dass es auf die (scil. zivilrechtliche) Gültigkeit des Vertragsverhältnisses nicht ankomme und dass auch ein tatsächliches Treueverhältnis genüge.237 Es geht deshalb bei dem „Treueverhältnis“ auch nicht etwa um einen Einbruch der Moral in das Strafrecht, wie ihn die späteren, aber nicht mehr zum Abschluss gekommenen und für die Auslegung ohnehin bedeu233

234

235 236

Zu ihren Erscheinungsformen im Missbrauchstatbestand o. Rdn. 40, 42 ff, 47 ff, für den Treubruchtatbestand manifestiert in der der Betreuungspflicht eingeräumten Spitzenstellung. Hübner LK10 Rdn. 75 m. z.w.N., der ebenso wie die von ihm Zitierten aus dem Irrtum heraus, der zivilrechtliche bzw. öffentlichrechtliche Rechtsakt in den ersten drei Kategorien erzeuge als solcher die strafrechtliche Vermögensfürsorgepflicht, das tatsächliche Treueverhältnis eigentlich als ein den Tatbestand sprengendes aliud einordnen müsste. LK10 Rdn. 75. Die Anhänger der streng zivilrechtsakzessorischen Theorie kommen ebenfalls nicht umhin einzuräumen, dass „bloße Treueverhältnisse als Quelle für Vermögensbetreuungspflichten … den Strafgrund der Untreue in Reinform aufscheinen lassen“ (so Saliger SSW Rdn. 25), ohne die ihr eige-

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nes System sprengende Kraft dieser Konzession zu erkennen; exemplarisch Kindhäuser NK Rdn. 38, nach dessen Meinung „kein Grund ersichtlich ist, die strafrechtliche Garantenstellung über fremdes Vermögen auf öffentlich- oder zivilrechtlich wirksame Innenverhältnisse zu beschränken“, der aber nichts desto weniger die „Vermögensbetreuungspflicht“ zum zentralen Tatbestandsmerkmal macht (vor Rdn. 31) und sie zur „Hauptpflicht in dem betreffenden Rechtsverhältnis“ erklärt (Rdn. 33), obwohl sie bei Anerkennung tatsächlicher Treueverhältnisse mit dem strafrechtlichen Verbot identisch ist und deshalb kein vorgelagertes Tatbestandsmerkmal sein kann. RG JW 1930 1404; RG JW 1931 1366; H. Mayer JW 1933 145, 149; Leopold Schäfer S. 23 Anm. 11, freilich mit weiteren, eher irreführenden Beispielen zur Vermögensfürsorgepflicht des Vormunds.

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tungslosen nationalsozialistischen Reformarbeiten betrieben, sondern schlicht um eine „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“, wie sie sich etwa zur gleichen Zeit auch bei den allgemeinen Garantenstellungen in Gestalt der Ersetzung der Garantenstellung aus Vertrag durch diejenige aus Übernahme durchgesetzt hat.238 Die strafrechtliche Vermögensfürsorgepflicht aus einem Treueverhältnis setzt deshalb (nur und immerhin) zweierlei voraus: erstens, dass der Täter eine Obhutsposition über das fremde Vermögen innehat,239 und zum zweiten, dass nicht diejenigen Gründe, die unter zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Aspekten zur rechtlichen Unwirksamkeit des Verhältnisses führen, auch unter strafrechtlichen Aspekten eine Ausnahme vom Prinzip des Rechtsgüterschutzes begründen, d.h. die Schutzwürdigkeit des Vermögens entfallen lassen. Hiernach fallen unter das „Treueverhältnis“:

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aa) erloschene Rechtsverhältnisse vermögensfürsorglicher Art, soweit die Beziehungen einvernehmlich 240 oder einseitig 241 einstweilen unter Wahrnehmung der eingeräumten Herrschaftsposition fortgesetzt werden: Soweit hierbei in fortdauernder Anscheinsvollmacht Verfügungs- oder Verpflichtungsgeschäfte vorgenommen werden, ist freilich bereits der Missbrauchstatbestand erfüllt (Rdn. 40). Beispiele: Der entlassene Handelsvertreter betreibt das Inkasso weiter:242 der Prokurist, dem fristlos gekündigt ist, veräußert den noch in seinem Besitz befindlichen firmeneigenen Dienstwagen im Namen der Firma an einen arglosen Dritten, bevor die Löschung der Prokura im Handelsregister nach § 10 HGB bekannt gemacht oder die 15-Tage-Frist nach der Bekanntmachung abgelaufen ist (§ 171 BGB; § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB; Sax JZ 1977 745); der Vormund zieht noch nach Beendigung der Vormundschaft Mündelforderungen ein (vgl. RGSt 45 434); der Beauftragte bleibt trotz Erledigung des begrenzten Auftrags weiter tätig (BGHSt 8 149) 243; der Erbe führt das Auftragsverhältnis fort (unentschieden BGH 1 StR 523/61 v. 23.1.1962); das Vorstandsmitglied einer AG führt nach Ablauf seines Anstellungsvertrags die Vorstandsgeschäfte mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorerst weiter (RG HRR 1935 1116 zu § 312 HGB a.F.; RG JW 1934 696 zu § 266 a.F.). Der Betreuer gibt nach dem Ende der Betreuung das seiner Verwaltung unterstehende Vermögen nicht gem. § 1908 i.V.m. § 1890 BGB heraus, sondern schafft es auf die Seite (OLG Stuttgart NJW 1999 1564, 1566 m. Anm. Thomas NStZ 1999 620, abl. Sch/Schröder/ Perron Rdn. 34). Grundsätzlich erlischt jedoch die Betreuungspflicht zugleich mit dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; dieses geht nicht von selbst in ein Treueverhältnis tatsächlicher Art über (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 13; Lenckner JZ 1973 795). Demgemäß soll nach Auffassung von Sch/Schröder/Perron (Rdn. 34) die Herausgabepflicht des Beauftragten (§ 667 BGB) oder des aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag Verpflichteten (§ 675 BGB) sog. schlichte Schuldnerpflicht sein.244 Aber das 238

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Grundlegend Schaffstein, FS Gleispach (1936) S. 73 ff; Nagler GS 111 59 ff; zur weiteren Entwicklung s. Schünemann Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte (1971) S. 218 ff; ders. ZStW 96 (1984) 292 f, 306; ders. FS Amelung S. 303, 309 ff. So im Ansatz auch zutr. Sax JZ 1977 705 f; BGH – VI ZR 117/82 – NJW 1984 800; BGH NStZ 1996 540; BGH NStZ 1997 124, 125. RG DR 1944 232; Lenckner JZ 1973 795.

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Insow. unentschieden Lenckner JZ 1973 795, jedoch wohl zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 34. Rdn. 127; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 549. Im konkreten Fall freilich falsch entschieden, weil eine Eigenmächtigkeit ohne Herrschaft vorlag und die Vorspiegelung einer Inkassoberechtigung gegenüber dem Schuldner nicht den Untreue-, sondern den Betrugstatbestand erfüllte. Ebenso Lenckner aaO; Eser IV 4 Fall 17 A 50; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45

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überzeugt nicht, weil die Herausgabepflicht noch Teil des (folglich noch nicht erloschenen) Treueverhältnisses und seine Erfüllung noch Ausübung der anvertrauten Herrschaft ist.245 Anders dagegen bei einem Wettbewerbsverbot, welches das Betreuungsverhältnis nicht über seinen Rechtsbestand hinaus verlängert. Es verpflichtet zwar, Wettbewerbshandlungen zu unterlassen, nicht aber dazu, die Vermögensinteressen des bisherigen Dienstherrn weiter wahrzunehmen.246 Weitere Beispiele auch Rdn. 39 f u. 101, 105. bb) Von Anbeginn oder mit Rückwirkung auf den Anbeginn rechtsunwirksame Be- 63 treuungsverhältnisse, deren zivil- oder öffentlich-rechtlicher Mangel das aus der tatsächlichen Herrschaftsbegründung durch Vertrauensakt resultierende strafrechtliche Schutzbedürfnis unberührt lässt: Der Vater hatte auf Grund des später für nichtig erklärten § 1629 Abs. 1 BGB (BVerfGE 10 59) für das Kind allein einen Abfindungsvergleich geschlossen (BGHZ 35 45); er hatte den Grundbesitz eines Kindes, dessen Ehelichkeit er später erfolgreich anfocht (§ 1594 BGB), hypothekarisch belastet; der Pfleger war (auf einen erweiterten Geschäftskreis) nicht verpflichtet worden (§§ 1789, 1915 BGB; RG JW 1933 175). Der Beamte handelt unzulässig in eigener Sache zum Nachteil des Dienstherrn (§ 82 Abs. 1 Nr. 1 AO; BGH LM Nr. 22; RGSt 72 347, 348). Ein Mitglied des Vorstandes einer AG war durch den nicht vorschriftsmäßig besetzten Aufsichtsrat bestellt worden (BGHZ 41 282, 285, 287 zum AktG a.F.; siehe jetzt §§ 84, 107 Abs. 3 AktG und BGHZ 65 190). Der Vorstand erwirbt durch einen Strohmann für die AG eigene Aktien (§ 71 AktG; BGHSt 9 203, 213; BGH 5 StR 181/58 v. 18.5.1958); die GmbH erwirbt eigene Geschäftsanteile, so dass das Stammkapital beeinträchtigt wird (§ 30 GmbHG; BGHSt 9 203, 211 f; BGHZ 15 391). Der Rechtsanwalt veruntreut Kaufpreiszahlungen, die an ihn auf Grund formungültiger (§ 313 BGB a.F.) Kaufverträge und Vollmachten geleistet werden (BGH 1 StR 641/52 v. 3.9.1953); ein nicht zugelassener Rechtsberater übernimmt Geschäftsbesorgungen für Rechtsuchende (Art. 1 § 1 RBeratG a.F.; BGHZ 37 258). Der Vertragspartner ist bei Begründung des Betreuungsverhältnisses geistesgestört.247 cc) unsittliche und gesetzeswidrige Rechtsverhältnisse.248 Die Frage, ob vermögens- 64 fürsorgliche Betreuungspflichten auch zwischen Teilnehmern an gesetzeswidrigen oder

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Rdn. 29 gegen OLG Stuttgart NJW 1973 1385, 1386; Saliger SSW Rdn. 27. Dagegen stehen Seier Untreue Rdn. 136, sowie Dierlamm MK, Rdn. 145, auf dem hier vertretenen Standpunkt, wie ihre Lösung der relevanten Fälle ersichtlich macht. And. Saliger SSW Rdn. 27, dessen Berufung auf die Rechtsprechung aber fehlgeht: In BGH NStZ 1986 361 wurde die bloße Verzögerung der Auskehrung von Mandantengeldern durch den Rechtsanwalt noch nicht als Untreue gewertet (abw. auch insoweit BGH wistra 1987 65), was unter dem Aspekt eines noch nicht eingetretenen Vermögensschadens im Ergebnis diskutabel ist. Die Berufung auf BGH NStZ-RR 2000 236 ist von vornherein nicht einschlägig, und in BGH StV 2002 142 ging es nicht um in die Treuhandmasse fallende Geldbeträge, son-

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dern um eine Provision, auf die der Geschäftsherr keinerlei Anspruch besaß. RGSt 75 75, 80, 81; Lenckner aaO. BGHZ 53 210, 211; Lackner/Kühl Rdn. 10; Bruns JR 1984 136. Schrifttum: Bringewat Finanzmanipulation im Bundesligaskandal – ein Risikogeschäft? JZ 1977 667; Bruns Gilt die Strafrechtsordnung auch für und gegen Verbrecher untereinander? FS Mezger S. 335; Bruns Untreue im Rahmen rechts- oder sittenwidriger Geschäfte? NJW 1954 857; Foth Betrug und illegales Rechtsgeschäft, GA 1966 33; Gallas Der Betrug als Vermögensdelikt, FS Eberhard Schmidt S. 401; Kretschmer Gilt das Strafrecht zwischen Straftätern pp., StraFo 2009 189; Lenckner Zum Problem des Vermögensschadens (§§ 255, 263 StGB) bei Verlust nichtiger Forderungen, JZ 1967

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unsittlichen Rechtsverhältnissen bestehen können, ist außerordentlich umstritten.249 Beizupflichten ist der Rechtsprechung des BGH, die die Strafbarkeit der sog. Ganovenuntreue bejaht. Dem von der Gegenmeinung verschiedentlich im Anschluss an RGSt 70 7, 9 f ins Feld geführten Argument, es sei nicht Aufgabe der Rechtsordnung, über die Wahrung einer Verbrecherkumpanei zu wachen, wird schon dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass es selbstverständlich nicht unter den Tatbestand des § 266 fällt, wenn der Hehler den Verwertungsauftrag des Diebes, Betrügers oder Wucherers, der Mittäter den seines Tatgenossen auszuführen bloß unterlässt; denn rechtswidrige Abreden können keine Rechtspflicht zu unrechtmäßiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen erzeugen.250 Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage nach der Strafbarkeit eigennütziger Verwertung, des Ergaunerns durch Aneignung, Betrug oder anderswie. Auch untereinander stehen Verbrecher nicht im straffreien Raum, außerhalb des § 266 so wenig wie anderer Strafgesetze.251 Es handelt sich beim Treueverhältnis auch nicht um ein eigenes und deshalb in sittenwidrigen Verhältnissen nicht schutzwürdiges Rechtsgut des § 266,252 sondern nur um die Beschreibung der Obhutsposition des Täters und damit der Angriffsrichtung „von innen heraus“ gegen das geschützte Vermögen, für die die etwaige Sittenwidrigkeit der weiteren Zwecke, die mit der Einräumung der Herrschaftsposition über das fremde Vermögen verfolgt werden, an sich gleichgültig ist. Entgegen Sch/Schröder/Perron Rdn. 31 trifft es deshalb auch nicht zu, dass der aufgrund einer

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105; Luthmann Die Frage der Untreue im Rahmen rechts- oder sittenwidriger Abmachungen, NJW 1960 419; Schlosky Ist die Lieferung unwirksamer Abtreibungsmittel Betrug? DStR 1941 41 mit Entgegnung Klee DStR 1941 46; Schreiber/Beulke Untreue durch Verwendung von Vereinsgeldern zu Bestechungszwecken, JuS 1977 656; Weise Finanzielle Beeinflussungen von sportlichen Wettkämpfen durch Vereinsfunktionäre – Überlegungen zur Missbrauchsuntreue auf der Grundlage des sog. Bundesliga-Skandals, Diss. Gießen 1982. Bejahend BGHSt 8 254, 256 ff (Aneignung von zu illegalen Zwecken dienendem FDJVermögen durch geflohenen Funktionär) mit zust. Anm. Bruns NJW 1956 151 und Hartung JZ 1956 572; BGHSt 20 143, 145 f (für die Umgehung der Preisbindung bestimmtes Vermögen); BGH NJW 1984 800 (Auftrag zu gesetzeswidrigen Warentermingeschäften); BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 10 (illegaler Erwerb von Wertpapieren, insoweit in BGHSt 35 137 nicht abgedr.); BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 42 (hochspekulative anderweitige Anlage von angesammelten Bestechungsgeldern); grundsätzlich zust., jedoch im entschiedenen Einzelfall verneinend OLG Kiel NJW 1949 797, 798; OLG Braunschweig NJW 1950 656; OLG Hamburg NJW 1966 1525 zu § 253 m. abl. Besprechung Lenck-

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ner JZ 1967 105; Beukelmann HK-GS Rdn. 15; Bruns FS Mezger S. 335 ff, 349, 361 und NJW 1954 857 ff; Bruns JR 1984 137; Krey/Hellmann BT 2 Rdn. 563; Otto Grundkurs § 54 II 2e; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 774; Welzel § 56 B 1b, der jedoch die Schadensfrage verneint; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 27; aA BGH NJW 1954 889. Ferner RG HRR 1940 320; Eser IV4 Fall 17 A 52, 54; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 28; Dierlamm MK Rdn. 149; Sch/Schröder/Perron Rdn. 31; Hoyer SK Rdn. 96; Seier Untreue Rdn. 140; in der Begründung anders auch Sax JZ 1977 706 Fn. 64; unentschieden Schwinge/Siebert S. 37 f; zwiespältig Luthmann NJW 1960 419, 420; differenzierend nach der Schutzbedürftigkeit des Treugebers Saliger SSW Rdn. 28. BGHSt 8 254, 258; 20 143, 146; RGSt 73 157, 158; Luthmann NJW 1960 419; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 28; Sch/Schröder/Perron Rdn. 31; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 774, aA wohl Bockelmann BT/1 § 18 III 3. BGHSt 8 254, 258 f; BGH 1 StR 34/70 v. 1.12.1970, S. 36; RGSt 41 265, 268; RGSt 73 157, 160; aA RG HRR 1940 320; 1942 612; Cramer S. 93; Schlosky DStR 1941 46; gegen ihn Klee DStR 1941 46 f. Rdn. 23; and. Eser IV Fall 17 A 6, 54.

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zivilrechtlich nichtigen Vereinbarung in eine Herrschaftsposition über das fremde Vermögen eingerückte Täter „zu den ihm etwa ausgehändigten Vermögensgegenständen in keiner anderen Beziehung als jeder Dritte“ stehe, denn der Dritte hat eben gerade nicht diese Herrschaftsbeziehung und kann deshalb das fremde Vermögen nicht von innen heraus verletzen. Erst recht spielt das von Sch/Schröder/Perron aaO angeführte „Prinzip der Einheit der Rechtsordnung“ hierfür überhaupt keine Rolle. Dieser Gesichtspunkt kommt vielmehr erst für die Frage zum Tragen, ob von dem Treubruch ein unter dem Schutz der Rechtsordnung stehendes Vermögen des Auftraggebers betroffen wird. Das ist beispielsweise zu verneinen, wenn der Treupflichtige das deliktische Vermögen seines Auftraggebers abredewidrig an den wahren Berechtigten zurückgibt, und ist allgemein nicht eine Frage der Vermögensfürsorgepflichtverletzung, sondern des Vermögensnachteils und dementsprechend dort zu behandeln (Rdn. 186). Die Gegenmeinung, die im neueren Schrifttum eine erstaunliche Renaissance erlebt hat, ist eine Irrtumsfolge der streng zivilrechtsakzessorischen Theorie, indem sie die „rechtliche Billigung einer das Vermögen schützenden Sonderbeziehung“ verlangt 253, obwohl es nach dem klaren Willen des Gesetzgebers bei den schlichten „Treueverhältnissen“ auf die zivilrechtliche Wirksamkeit nicht ankommt und damit gerade nicht auf die Nichterfüllung einer von (Zivil-) Rechts wegen bestehenden Schutzfunktion (das wäre nur der Fall, wenn man die Nichterfüllung der Ganovenabrede als Untreue durch Unterlassen bestrafen wollte, was aber von niemandem vertreten wird), sondern nur eine Beschreibung des modus operandi durch Ausnutzung der Hilflosigkeit des Rechtsguts „fremdes Vermögen“. Aus demselben Grunde versagt auch das Argument Seiers (Rdn. 140), der Treubruchstäter sei durch eine gesteigerte Garantenpflicht gekennzeichnet, doch könnten Absprachen der Rechtsbrecher keine rechtlich anzuerkennende Beschützerrolle begründen. Weiter wird verkannt, dass die Missbrauchsuntreue, um die es in den meisten einschlägigen Fällen geht, die Gleichstellung von Forderungen und ähnlichem unkörperlichen Vermögen mit dem körperlichen Sacheigentum leisten soll, das auch in der Hand des Diebes gegen weitere Diebstähle geschützt wird: Dass deliktische Positionen nur gegenüber dem Berechtigten keinen Rechtsschutz genießen, hat seinen guten Grund darin, dass der Nichtberechtigte auf sie zur Erfüllung seiner Restitutionspflicht angewiesen ist, was für unkörperliche Vermögensgegenstände nicht weniger zutrifft als für das Sacheigentum. Vollends ad absurdum wird die rechtsprechungskritische Meinung schließlich durch das Beispiel von Saliger geführt, dass der Bereichsvorstand einer AG keine Untreue begehe, wenn er das ihm für Bestechungszwecke zur Verfügung gestellte „schwarze“ Firmengeld (scil. nicht in Form von Bargeld, sondern eines Bankkontos) für sich verbrauche (SSW Rdn. 28). Denn dass eine vor dem Fiskus verheimlichte Kasse deshalb gegenüber jedermann den strafrechtlichen Schutz verlieren solle, ist eine unhaltbare, an die mittelalterliche Friedloslegung des Missetäters erinnernde Vorstellung. dd) Als Sonderfall des Treueverhältnisses wird auch die faktische Geschäftsführung 65 im Gesellschaftsrecht angesehen (Fischer Rdn. 42, Seier Untreue Rdn. 141, näher dazu u. Rdn. 246). In den meisten Fällen dürfte allerdings das Einverständnis des eingetragenen Geschäftsführers als Auftrag zu werten und dementsprechend eine Begründung durch Rechtsgeschäft anzunehmen sein. Was sonstige Fälle eines „tatsächlichen Treueverhältnisses“ anbetrifft, so lässt die Rechtsprechung eine erhebliche Unsicherheit erkennen. In BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 13 wurde ein solches mit der

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So in freilich umgekehrter, negativer Formulierung Sch/Schröder/Perron Rdn. 31.

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Begründung verneint, dass der Angeklagte keine Kontovollmacht hatte, was aber nur den Missbrauchstatbestand ausschließt, während der Treubruchtatbestand erfüllt gewesen sein dürfte, weil der Angeklagte sämtliche Vermögensangelegenheiten (die vom Opfer nicht mehr durchschaut wurden) für dieses erledigte und lediglich rechtsgeschäftliche Erklärungen von ihm unterzeichnen ließ. In BGH NStZ 1997 124 wurde eine Vermögensfürsorgepflicht aufgrund einer „faktischen Herrschaft“ in Erwägung zogen, obwohl der Missbrauchstatbestand erfüllt war, weil der Angeklagte aufgrund einer Generalvollmacht die Vermögenswerte des Opfers einzog und für eigene Zwecke verwendete. Nicht überzeugend ist auch die im Schrifttum 254 mit Recht abgelehnte Annahme eines tatsächlichen Treuverhältnisses aus Geschäftsverbindung in BGHSt 12 207, 208 f. (näher u. Rdn. 153 Stichwort „Reisebüro“).

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c) Erweiterte, (dritt-)bezogene Betreuungsstellung und das Verhältnis zu § 14 StGB. In der Rechtsprechung wird das „tatsächliche Treuverhältnis“ auch dazu benutzt, bei Beziehungen zwischen dem Geschäftsherrn und einem Erfüllungsgehilfen des an sich Betreuungspflichtigen, insbesondere leitenden Angestellten 255, auch den Substituten zum tauglichen Täter einer Untreue zu machen. Das bedeutet eine Ausweitung oder Übertragung der strafrechtlichen Vermögensfürsorgepflicht über die unmittelbaren Partner des zivilrechtlichen Rechtsverhältnisses hinaus, so bei Beziehungen zwischen Eheleuten nach §§ 1356, 1357 BGB (RG DR 1944 232); bei einer Pflegschaft (RG JW 1937 1804); beim Dienst am Kunden;256 beim Vorstand oder bei sonstigen Organen einer juristischen Person;257 beim Hintermann eines nur vorgeschobenen Strohmannes;258 beim Bankprokuristen (RGSt 62 15, 19) oder einem anderen Bankangestellten (BGH 5 StR 538/54 v. 14.12.1954, S. 5/6) im Verhältnis zum Bankkunden; bei sonst einem Bevollmächtigten (BGH 3 StR 158/55 v. 14.7.1955, insoweit BGHSt 8 149 nicht abgedr.). Diese Judikatur ist ein guter Beleg dafür, wie die Rechtsprechung von Anfang an mit 67 feinem Judiz erkannt hat, dass § 266 nicht in zivilrechtsakzessorischer Weise die Verletzung von Vertragspflichten als solche pönalisiert (die zwischen dem Substituten und dem Geschäftsherrn unmittelbar gar nicht bestehen), sondern die Verletzung fremden Vermögens „von innen heraus“ durch Missbrauch einer Herrschaftsposition, die der Substitut auch ohne ein zwischen ihm und dem Geschäftsherrn unmittelbar bestehendes zivilrechtliches Innenverhältnis einnimmt. Durch die Alternative des „Treueverhältnisses“ ist damit für den Bereich des § 266 das Problem der sog. strafrechtlichen Vertreterhaftung, also die Übertragung der den Täter bei den Garantensonderdelikten kennzeichnenden Herrschaftsposition,259 seit 1933 i.S. der sog. faktischen Betrachtungsweise 260 spezialgesetzlich geregelt worden. Hieraus folgt zugleich, dass die spezielle Regelung in § 266 der lex generalis des § 14 StGB vorgeht, so dass die frühere Rechtsprechung weiterhin relevant ist.261 Sofern die nachfolgend Rdn. 70 ff näher beschriebenen Einzel254 255

256 257 258

Sch/Schröder/Perron Rdn. 30; Saliger SSW Rdn. 25. BGHSt 6 67; BGH NJW 1963 486; BGH 1 StR 298/62 v. 6.9.1962 bei Herlan GA 1964 130; RGSt 62 15, 21; OLG Hamburg JR 1963 392 m. krit. Anm. Schröder. BGHSt 2 324; BGHSt 6 67; BGH NJW 1963 486. BGHSt 11 102, 103; BGH MDR 1954 495; BGH 3 StR 284/69 v. 6.5.1970, S. 6. BGHSt 13 330, 331 f m. zust. Anm. Schrö-

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der JR 1960 105; hiergegen Bedenken bei Sch/Schröder/Perron Rdn. 33. Schünemann LK § 14 Rdn. 14 ff. Näher Schünemann LK § 14 Rdn. 22. Schünemann LK § 14 Rdn. 22, 31; BGH NJW 1983 1807 (insoweit in BGHSt 31 232 nicht abgedruckt); 1984 800; ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 32 mit nicht überzeugender Herausnahme der juristischen Personen in Rdn. 33; Saliger SSW Rdn. 29; Richter wistra 1984 97.

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anforderungen an das Betreuungsverhältnis erfüllt sind, steht also auch der Substitut des eigentlichen Vertragspartners des Geschäftsherrn zum letzteren in einem „Treueverhältnis“, weil er die damit gemeinte selbständige Obhutsherrschaft über das fremde Vermögen ausübt und dementsprechend im Falle eines Missbrauchs dieser Herrschaft den Deliktstypus der Schädigung des fremden Vermögens von innen heraus verwirklicht. Dass dabei an die „Selbständigkeit“ des Substituten „im Verhältnis zum Firmeninhaber besonders hohe Anforderungen gestellt werden“ müssten,262 überzeugt nicht; vielmehr muss es genügen, dass der Substitut die Aufgaben des Prinzipals für diesen wahrnimmt und dabei eigenmächtig handelt. Neuerdings hat der BGH, ohne dass er das dogmatische Problem angesprochen, 68 geschweige denn erörtert hat, bei juristischen Personen als Treupflichtigen zur Begründung der Täterstellung eines Organs § 14 Abs. 1 StGB zitiert263. Aber damit würde nicht nur (was in den genannten Entscheidungen nicht thematisiert worden ist) die gesamte frühere Rechtsprechung vor Einführung der gesetzlichen „Vertreterhaftung“ im Jahre 1968 264 desavouiert, sondern auch noch eine unsinnige Strafbarkeitslücke aufgerissen. Denn weil die in § 14 Abs. 2 StGB über die Organe hinaus auf Substituten erfolgte Strafbarkeitsausdehnung nur im Bereich der Unternehmenskriminalität gilt, während der traditionelle Anwendungsbereich des Untreuetatbestandes ganz wesentlich im privaten Vermögensverkehr liegt, würde die Annahme, eine Vertreterhaftung könne nur über § 14 bewerkstelligt werden, die in der vorstehend nachgewiesenen Rechtsprechung seit vielen Jahrzehnten anerkannte Substitutenhaftung in weiten Bereichen abschaffen265, was der BGH unmöglich gewollt haben kann. Die Frage der Drittbezogenheit stellt sich nicht nur in Bezug auf den Treupflichtigen, 69 sondern auch in Bezug auf den Geschäftsherrn. So ist beim behördlichen Auftrag als Grundlage der Täterqualifikation zu beachten, dass sich daraus entweder eine Obhutsstellung und Vermögensfürsorgepflicht gegenüber dem Auftraggeber (dem Staat oder – allgemeiner – einem Vermögensträger der öffentlichen Hand) ergeben kann oder aber gegenüber einer Privatperson, deren Vermögen durch den behördlichen Auftrag der vollständigen oder partiellen Verwaltung des Beauftragten unterstellt wird wie z.B. beim Vormund oder Vergleichsverwalter. Schwierige Abgrenzungsprobleme werden durch die Frage aufgeworfen, ob ein behördlicher Auftrag untreuerelevante Fürsorgepflichten sowohl gegenüber dem Staat als auch gegenüber dem betroffenen Bürger begründen kann, etwa wenn ein Beamter im Rahmen der staatlichen Bewirtschaftung knapper Güter für die gleichmäßige Verteilung der Güter an eine Vielzahl von Interessenten zuständig ist. Während RG HRR 1938 Nr. 921 dies ohne weiteres bejaht hat, dürfte eine für den Treubruchtatbestand ausreichende Obhutsstellung über das Vermögen des Bürgers in solchen Fällen zu verneinen sein, weil der Amtsträger das Vermögen nicht von innen heraus schädigt.

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BGHSt 13 332. BGHSt 41 224, 229 (Geschäftsführer einer Treuhand-GmbH); im Fall „Bremer Vulkan“ zunächst der 2. Zivilsenat (BGHZ 149 10) und sodann der 5. Strafsenat (BGHSt 49 147, 157, 161); ohne Vertiefung zust. Dierlamm MK Rdn. 244; Seier Rdn. 65 ff. Näher Schünemann LK § 14 Entstehungsgeschichte Abs. 1.

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Zur Kritik siehe deshalb Schünemann LM Nr. 1 Blatt 9 f zu § 309 AktG 1965; ders. Organuntreue S. 17; Schünemann LK § 14 Rdn. 22 a.E.; zust. Saliger SSW Rdn. 29; Sch/Schröder/Perron Rdn. 32, beide mit irriger Annahme einer Ausnahme für den Fall BGHSt 41 224 (o. Fn. 263), der mitnichten eine solche darstellte.

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4. Objekt und Struktur des Betreuungsverhältnisses. Das Gesetz spricht davon, dass der Täter die Pflicht haben muss, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, womit es die normative Konsequenz aus der sachlogischen Struktur der Obhutsherrschaft über das fremde Vermögen bezeichnet. Im Normalfall ist, wie schon bemerkt (Rdn. 59), die Beschreibung des strafrechtlich relevanten Betreuungsverhältnisses durch die daran geknüpften außerstrafrechtlichen, vor allem zivilrechtlichen Rechtsfolgen unschädlich und wird deshalb auch nachfolgend als abkürzende Redeweise durchaus verwendet. Diese Redeweise ist namentlich auch deshalb zweckmäßig, weil der Gegenstand des Betreuungsverhältnisses vom Vermögen gebildet wird und damit auf den strafrechtlichen Vermögensbegriff verweist, der zwar abermals nicht zivilrechtsakzessorisch ist, aber ganz wesentlich von der zivilrechtlichen Ordnung der Herrschaft von Rechtssubjekten über geldwerte Objekte geprägt wird (näher Rdn. 166). Wegen dieser doppelten zwar nicht Zivilrechtsakzessorietät, aber doch Zivilrechtsaffinität der „Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“, wird bei der Interpretation dieses Tatbestandsmerkmals durchaus an die zivilrechtlichen Kategorien angeknüpft, aber immer auch im Auge behalten, dass es für die Erfüllung des Treubruchtatbestandes nicht eigentlich auf die zivilrechtliche Pflicht, sondern auf das ihr zugrundeliegende Herrschaftsverhältnis ankommt.

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a) Vermögensinteressen richten sich auf das Gewinnen, Erhalten und Vermehren wirtschaftlicher Werte.266 Bezogen auf das Vermögen, nach der Rspr. die Gesamtheit aller geldwerten Güter einer Person,267 stimmen sie doch mit diesem Begriff nicht überein.268 Vermögen ist gegenständlich, Vermögensinteressen sind subjektiv. Sie können schon bestehen, wenn noch kein Vermögen vorhanden ist, und noch gegeben sein, wenn alles Vermögen verloren ist.269 Gerade der Vermögenslose wird Interesse an der (Wieder)Beschaffung von Vermögen haben. Vermögensinteresse kann sich auch in dem Bestreben zeigen, einzelne Vermögensstücke gegen andere auszutauschen, sei es des größeren Nutzwertes wegen, z.B. durch zinsgünstige Kapitalanlage, sei es um Verlusten zu entgehen, z.B. durch Eintreiben oder Veräußern unsicherer Forderungen, sei es durch zweckgerechte Verwendung öffentlich-rechtlicher Haushaltsmittel (BGH LM Nr. 16).

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b) Ob es sich um fremde Vermögensinteressen handelt, richtet sich grundsätzlich nach der (zivil- oder öffentlich-)rechtlichen (RGSt 69 220, 222; 69 333, 338 f) Zugehörigkeit des Vermögens, nicht danach, wem es letztlich wirtschaftlich dient.270 Tätereigenes Vermögen wird allerdings dann zum Gegenstand fremder Vermögensinteressen, wenn es der Verfügung des Täters entzogen und fremder Verwaltung (etwa des Zwangs- oder des Insolvenzverwalters) unterstellt ist. Fremdverwaltung ändert also dann die strafrechtliche Zuordnung, wenn das Vermögen nur noch im Interesse Dritter verwertet wird, so dass der Gemeinschuldner im Fall der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff InsO die Vermögensinteressen der Insolvenzgläubiger beeinträchtigen kann.271 Das Vermögen juristischer

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BGHSt 15 342, 344; SchwBGE 80 IV 243, 248. BGHSt 16 220, 221; BGH NJW 1975 1234, 1235; näher zum Vermögensbegriff Rdn. 133 ff. SchwBGE 80 IV, 243, 249; Frank Nachtrag II B; Winter S. 54. Eser IV 4 Fall 17 A 55; zust. Dierlamm MK Rdn. 37.

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BGHSt 1 186, 187; BGHSt 5 StR 240/53 v. 24.9.1953, S. 6; OLG Celle NJW 1959 496, 497; Baumann Sicherungsrechte S. 74; Baumann ZStW 68 (1956) 522; Sch/Schröder/Perron Rdn. 6. Zum früheren Recht RGSt 26 106, 109 f; 39 414, 416; zur heute aber abw. h.L. s.o. Rdn. 45.

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Personen ist auch für den Treubruchstatbestand Fremdvermögen für ihre Anteilseigner, z.B. GmbH-Gesellschafter, Aktionäre; dies auch dann, wenn die Anteile in einer Hand vereinigt sind (RGSt 42 278, 283; 71 353, 355; RG HRR 1940 1223). Das Vermögen einer Ein-Mann-GmbH ist also für den geschäftsführenden Alleingesellschafter formal fremdes Vermögen; zu der davon zu trennenden, maßgeblichen Frage, ob dann keine Verletzung der Vermögensinteressen vorliegt, wenn und soweit im Handeln des Gesellschafter-Geschäftsführers zugleich das Einverständnis des eigentlichen Geschäftsherrn zu sehen ist, näher u. Rdn. 249. Wenn verschiedene Fremdinteressen im Widerstreit liegen, so wird, wer die eine Seite zu betreuen hat, regelmäßig nicht auch der Gegenseite zur Vermögensbetreuung verpflichtet sein, etwa die Angestellte eines Gewerkschaftsbundes nicht zugleich den Gewerkschaftsmitgliedern.272 Aber es gibt Ausnahmen 273, ein Musterbeispiel ist die Stellung des Notars, über dessen Anderkonto ein Vertrag abgewickelt wird (u. Rdn. 148). c) Wahrnehmen, betreuen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Täterstellung durch 73 zwei Tätigkeitsworte in der ungewöhnlichen Gerundivform zu beschreiben, stellt die Interpretation vor erhebliche Probleme, weil ein auf die Wahrnehmungs- oder Betreuungspflicht (also letztlich auf die Norm selbst) verweisender Straftatbestand zirkulär zu werden droht. Weil die Versuche, auf der grammatisch-etymologischen Ebene zu einer subsumtionsfähigen Inhaltsbestimmung zu kommen, keine brauchbaren Ergebnisse gezeitigt haben274, führt der nächste folgerichtige Schritt zur funktionalen Auslegung des Merkmals der „Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“ am Leitbild des Unrechtstypus der Untreue, nämlich der Schädigung fremden Vermögens aufgrund einer Herrschaftsposition von innen heraus (Rdn. 20). Die Pflicht zur Wahrnehmung der fremden Vermögensinteressen setzt also die Einräumung einer Obhutsposition voraus, die im fremden Interesse und damit fremdnützig wahrzunehmen ist (Abgrenzung gegen bloße Austauschgeschäfte) und die sich nicht auf bloße Handlangerdienste und sachgebundene Verrichtungen beschränkt (Abgrenzung gegen den Unrechtstypus der Eigentumsdelikte). d) Dieses Verständnis des Betreuungsverhältnisses als eines Geschäftsbesorgungsver- 74 hältnisses ist auch alsbald nach Verkündung der Novelle von 1933 vertreten worden, im Schrifttum nachdrücklicher als in der Rechtsprechung.275 Weil es sich hierbei um einen Typusbegriff handelt, hat die Rechtsprechung, intuitiv im Einklang mit den Regeln der typologischen Rechtsfindung (Rdn. 20 f), den Typus in seine einzelnen Abgrenzungsmomente aufzulösen versucht, die bei der Lösung der Einzelfälle in der Rechtsprechung wie im Schrifttum ausdrücklich nur als Anhalt dienen.276 Allerdings war 1933 nicht nur die zum Verständnis des § 266 unerlässliche Kategorie des Garantensonderdelikts (o. Rdn. 54) gänzlich unbekannt, sondern es fehlte auch das Instrumentarium zur Ermittlung der zur zivilrechtlichen Rechts-, d.h. vor allem Vertragswidrigkeit hinzukommenden strafrechtlichen Höhenmarke. In der weichenstellenden, im Kern nicht nationalsozialistisch pervertierten und deshalb auch nach 1945 respektierten Rechtsprechungsphase nach Schaf-

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BGHSt 2 324, 325. Zahlr. Beisp. b. Seier Rdn. 131 f. Intensive Versuche bei Hübner LK 10. Aufl. Rdn. 22 ff; abgekürzt in Voraufl. Rdn. 71 f; Dierlamm MK Rdn. 31 f. H. Mayer ZBlHR 1933 S. 146, 149; GS 104 124; Schwinge/Siebert S. 33 ff; Schwinge JW

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1936 3429; Siebert JW 1933 2242; RGSt 69 58, 62; 69 146, 148. RGSt 69 279, 280 und schon RGSt 69 58, 62: „Hinweise“; im Anschluß daran BGHSt 13 315, 317; Blei BT § 65 IV 3; Sch/Schröder/Cramer 18 Rdn. 21.

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fung des modernen Untreuetatbestandes behalf sich das Reichsgericht (und ihm folgend der BGH) deshalb mit wenig gehaltvollen und deshalb seinem Judiz wenig Fesseln anlegenden Obersätzen, nämlich: dem Grad der Selbständigkeit, Bewegungsfreiheit und Verantwortlichkeit, dem Spielraum des Verpflichteten bei der Erfüllung seiner Obliegenheit,277 deren Dauer, ihrem – über Einzelfälle hinausgreifender – Umfang 278 und ihrer Art,279 die als eine Hauptpflicht den Hauptgegenstand,280 den wesentlichen Inhalt des Innenverhältnisses ausmachen,281 einiges Gewicht und gewisse Bedeutung haben solle 282 und nicht bloß eine Nebenpflicht betreffen dürfe.283 Im Großen und Ganzen ist die Praxis mit diesen nebulosen Fingerzeigen durchaus zurechtgekommen. Auch bei den Arbeiten zur Strafrechtsreform haben einige Pate gestanden.284 Das harte Urteil, außer in den klassischen alten Untreuefällen wisse keine Anklagebehörde und kein Gericht, wann der § 266 zutreffe (H. Mayer Mat. I 337), ist zwar ebenso wie die Rüge, die Rechtsprechung habe die Konturen der den Treubruchtatbestand einschränkenden Kriterien ziemlich verwaschen,285 nicht völlig grundlos, aber weit übertrieben.286 Denn grundsätzlich hat die Rechtsprechung die methodologisch zutreffende, der typologischen Rechtsfindung angemessene Tendenz verfolgt, im konkreten Einzelfall jeweils die Ausprägung der einzelnen Typusmerkmale zu analysieren, und bei einer hinreichenden Gesamtintensität der Einzelzüge, die die von ihr eher intuitiv erfasste „fremdnützige, über bloße sachgebundene Verrichtungen hinausgehende Obhutsherrschaft über fremdes Vermögen“ als Typus charakterisieren, das Tatbestandsmerkmal der „Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“ mit Recht bejaht.

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5. Zur Abgrenzung im Einzelnen. Das Betreuungsverhältnis, als Geschäftsbesorgung aufgefasst,287 fällt danach in seinem zivilrechtlichen Bedeutungskern auch in den Kernbereich des Treubruchtatbestandes, so dass es sich anbietet, als Ausgangspunkt – unbeschadet der Eigenständigkeit strafrechtlicher Begriffsbildung – die zivilistische Lehre heranzuziehen (Dallinger MDR 1967 173). Diese definiert die Geschäftsbesorgung als selbständige, eigene Überlegung erfordernde Tätigkeit wirtschaftlicher Art im Interesse des Geschäftsherrn, die – an und für sich seine eigene Sorge – eigentlich ihm selbst ob-

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BGHSt 3 289, 294; 4 170, 172; BGH 5 StR 435/71 v. 12.10.1971; OLG Hamm NJW 1972 298, 301. RGSt 77 337, 343; BGH 1 StR 357/58 v. 23.9.1958; 2 StR 189/54 v. 23.11.1954; BGH 5 StR 435/71 v. 12.10.1971; OLG Hamm aaO. BGHSt 13 aaO. BGHSt 1 186, 189; BGHSt 22 190, 191 f; OLG Hamm NJW 1972 298, 301. BGHSt 4 170, 172; 5 187, 188 f; 22 190, 192; OLG Hamm aaO. BGHSt 3 289, 293 f; 4 aaO; BGH GA 1979 144. BGHSt 6 314, 318; OLG Hamm aaO. H. Mayer Mat. I 350 ff; E 1962, Begr. zu § 263. Heinitz FS H. Mayer S. 438; Sax JZ 1977 663 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 24; tatsächlich hat etwa RGSt 69 279, 280 f sogar

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rein mechanische Tätigkeiten nur „für die Regel“ vom Untreuetatbestand ausgeschlossen. Namentlich in Bezug auf die aktuellen Probleme der Organuntreue, s. Schünemann Organuntreue S. 15 ff. So schon Kohlrausch HdR VIII 740, 747 und im Anschluss an ihn Sannwald S. 46; ähnlich Nagler ZAkDR 1940 16. Zust. Rspr. und Schrifttum, s. BGHSt 49 147, 155; 52 182, 186 f; BGH GA 1977 18, 19; NStZ 1989 72, 73 m. Anm. Otto JR 1989 208; NJW 1983 461 m. Anm. Keller JR 1983 516; OLG Koblenz NStZ 1995 50, 51; Hoyer SK Rdn. 37; Saliger SSW Rdn. 11; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 30; Wessels/Hillenkamp Rdn. 770. Zu Art. 159 SchwStGB von je verfochten (SchwBGE 80 IV 243, 246; 95 IV 65; SchwJZ 1964 210 Nr. 149).

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läge, aber von dem anderen ihm abgenommen wird (BGHZ 56 204, 207). In diesem Handeln für den Geschäftsherrn findet sie das unterscheidende Merkmal gegen solche Schuldverhältnisse, die zur Leistung an den Vertragsgegner verpflichten,288 was zur Abgrenzung von den keine Obhutsherrschaft begründenden Austauschverhältnissen auch im Strafrecht Sinn macht.289 Zur Typuskonkretisierung und Einzelabgrenzung lassen sich folgende Regeln aufstellen (die anschließend Rdn. 127 ff anhand der konkreten Tätertypen in alphabetischer Ordnung exemplifiziert werden): a) Entsprechend der Grundstruktur des Treubruchtatbestandes bleiben von vorn- 76 herein solche Schuldverhältnisse außerhalb seiner Grenzen, die nicht fremdnützig typisiert sind, sondern dadurch charakterisiert werden, dass fremde Vermögensinteressen auf eigene gegenläufige Interessen treffen und dass jeder Teil die Beziehung zum andern nur um des eigenen Vorteils willen anknüpft und verfolgt. Hierzu zählen in der Hauptsache die Leistungsaustauschverhältnisse290 wie z.B. Veräußerungsverträge,291 und zwar auch beim Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt;292 Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungsverträge,293 Darlehen,294 schlichte, d.h. das Hantieren mit Sachen betreffende Arbeitsverträge,295 Spenden;296 Werkverträge;297 die regelmäßige und die unregelmäßige Verwahrung;298 zur unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag u. Rdn. 140. b) Das gilt für alle diese Vertragsverhältnisse jedenfalls dann, wenn sie den gesetzlichen Inhalt haben. Dass nämlich der Schuldner die geschuldete Leistung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu bewirken hat (§ 242 BGB), regelt nur die

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BGHZ 45 223, 228 f; BGH DB 1959 168; RGZ 97 61, 65 f; Esser/Weyers Schuldrecht II8 (1998) § 35 I 1, II 3; RGRK-Steffen Vor § 662 Rdn. 3, 4; im Grunde ohne sachlichen Unterschied Larenz Lehrb. des Schuldrechts BT II/113 (1986) § 56 I, II: Treupflicht im Gegensatz zur allgemeinen, jedem Schuldverhältnis innewohnenden Verpflichtung zu Treu und Glauben. Von BGH GA 1977 18, 19; NJW 1983 461 m. Anm. Keller JR 1983 516; NStZ 1989 72 m. Anm. Otto JR 1989 208; BGHSt 49 147, 155; 52 182, 186 f; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 770; Wittig in v. HeintschelHeinegg Rdn. 30; Dierlamm MK Rdn. 54; Hoyer SK Rdn. 37; Esser AnwK Rdn. 16; Saliger SSW Rdn. 11; mit Einschränkungen von Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 22 Rdn. 60; Fischer Rdn. 38; für die Treubruchsformen auch von Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a weitgehend übernommen, zu Art. 159 SchwStGB von je verfochten (SchwBGE 80 IV 243, 246; 95 IV 65; SchwJZ 1964 210 Nr. 149). BGH GA 1977 18, 19; Dierlamm MK Rdn. 54; Fischer Rdn. 36a; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23; Seier Untreue Rdn. 150; Arzt/

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Weber/Heinrich/Hilgendorf § 22 Rdn. 58; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 30 f. BGHSt 22 190 f m.i.E. zust. Anm. Schröder JR 1969 191; BGHSt 9 84, 87; RGSt 69 146, 147. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 6. BGHSt 8 271, 272; RGSt 71 90, 91; RG HRR 1937 64 – Miete –; BGH 1 StR 427/56 v. 15.2.1957; 5 StR 545/55 v. 8.5.1956, S. 5 – Pacht –; RG HRR 1941 984 – Leihe. BGH GA 1977 18, 19. BGHSt 6 314, 318 – Arbeitgeber, siehe dazu auch Rdn. 108 Stichwort „Arbeitsverhältnis“; BGHSt 5 187, 188 f – Arbeitnehmer. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 5. BGH NJW 1978 2105, 2106; BGH 1 StR 625/57 v. 4. 2. 1958; 4 StR 47/48/54 v. 6.5.1954; RGSt 77 150; OLG Kiel NJW 1949 797, 798 – Werkunternehmer –; OLG Hamm JMBlNRW 1963 183 – Werkbesteller. BGH LM Nr. 20; BGH 1 StR 136/54 v. 17.12.1954; 1 StR 291/60 v. 20.9.1960; 3 StR 783/52 v. 11.6.1953; 4 StR 493/72 v. 8.3.1973; vgl. aber auch BGHSt 5 61, 63.

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Art und Weise seiner Verpflichtung zur Leistung an den Gläubiger.299 Ebenso wenig verpflichtet es ihn zur Vermögensfürsorge für diesen, dass ihm, dem Schuldner, im Rahmen solcher Schuldverhältnisse gesetzlich auferlegt ist, auch Belange seines Vertragsgegners zu wahren, z.B. dem Verkäufer und dem Werkunternehmer bei Versendung der Vertragssache (§§ 447, 644 Abs. 2 BGB), dem Mieter (Pächter) durch Anzeige nach § 545 (§ 581 Abs. 2) BGB, beiden wie auch dem Entleiher durch pflegliche Behandlung der gemieteten, gepachteten, entliehenen Sache (§§ 548, 550, 601, 602 BGB; BGH LM BGB § 556 Nr. 2), dem Pächter ferner nach den §§ 582, 583, 586, 588 Abs. 2 BGB, dem Arbeitgeber durch Fürsorge nach § 618 BGB, dem Werkunternehmer durch Obhut für den vom Besteller gelieferten Stoff (§ 644 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese bloßen Rücksichtnahmepflichten sind nicht geeignet, die betreffenden Verträge in ihrem leistungsaustauschbestimmten Charakter vermögensfürsorgerisch umzuprägen. In ihnen handelt jeder Partner nicht fremd-, sondern eigennützig,300 und die darin angelegten Möglichkeiten zur Einwirkung auf das Vermögen des Vertragspartners sind zu schwach ausgeprägt, als dass man von einer Herrschaft und einer Verletzung von innen heraus sprechen könnte. Überdies geht es durchweg um bloßes Hantieren mit Sachen, nicht um Geschäftsbesorgung.

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c) Das gilt auch dann, wenn diese gesetzlichen Pflichten eigens vertraglich verabredet werden (Nagler ZAkDR 1940 16), wie das in allgemeinen Geschäftsbedingungen, Formularverträgen u. dgl. häufig vorkommt. Solche Abmachungen erhöhen nicht die Verbindlichkeit und die Wirkkraft der schon gesetzlich normierten Pflichten; sie wiederholen diese nur. Die bloße Vereinbarung einer „Pflicht zur Wahrnehmung der Belange des anderen Teils in Verträgen, die ihrem Wesen nach keine Treuverpflichtung begründen, kann nicht einfache Vertragsverletzungen“ unter den Untreuetatbestand bringen.301 Andernfalls käme man zu einer Kriminalisierung durch das Privatrecht,302 die schweren Bedenken begegnet. Nicht die bloße zivilrechtliche Vereinbarung kann deshalb die Brücke zur Untreue schlagen, sondern erst eine dementsprechende tatsächliche Ausgestaltung des Rechts- als eines Obhutsverhältnisses, also wenn der Mieter etwa einen Baukostenzuschuss leistet, um damit dem Vermieter die Errichtung des Mietshauses zu ermöglichen, und dieser ihn anderweitig verwendet 303. Weitere Beispiele aus der Rspr. (zur Abgrenzungsfrage näher Rdn. 83–90, dort auch weit. Beisp.) finden sich bei Kaufverträgen, die einer Einkaufskommission 304 oder einer Verkaufskommission angenähert sind;305 im Dienstvertrag;306 bei einem mit einer Mietabrede gekoppelten Werkvertrag;307 im Dar-

299 300

301

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BGHSt 22 190, 191; BGH NJW 1978 2105, 2106. BGH 1 StR 492/66 v. 22.11.1966 bei Dallinger MDR 1967 173, 174; BGH 5 StR 163/52 v. 13.3.1952, 5 StR 226/53 v. 24.9.1953, S. 12 – Kauf –; OLG Hamm JMBlNRW 1963 183 – Werkvertrag. RGSt 73 299, 300. Dazu ferner BGH GA 1977 18, 19; BGH 5 StR 226/53 v. 24.9.1953, S. 13 f; sowie 5 StR 652/53 v. 9.2.1954; BGHSt 22 190; offen gelassen in BGHSt 24 386, 388; verkannt von BGHSt 56 203 („Kölner Parteispendenaffäre“), dazu u. Rdn. 184. Dazu Baumann Sicherungsrechte S. 3, 6 ff,

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303 304 305 306 307

63; ders. ZStW 68 (1956) 522 ff; Heinitz FS H. Mayer S. 435, 442; H. Mayer Mat. I 338; zum Scheckkartenmissbrauch Dunkel S. 246 ff; ders. GA 1977 340; Seebode JR 1973 120; Vogler ZStW 90 (1978) 145, 147. BGH MDR 1954 495; BGHSt 8 271; 13 330; u. Rdn. 147. RGSt 77 391, 392; BGHSt 1 186, 189. BGH 4 StR 124/66 v. 25.5.1966 bei Dallinger MDR 1967 174. BGHSt 4 170, 171 f. BGH 8 271, 272; BGH MDR 1954 495; OLG Braunschweig JZ 1954 391 m. krit. Anm. Erdsiek.

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Untreue

lehensverhältnis;308 bei der Sicherungsübereignung;309 im Maklervertrag310. Dagegen ist heute anerkannt, dass der Kunde einer Bank bzw. eines Kreditkartenunternehmens nach dem ehemaligen Scheckkartensystem bzw. dem Kreditkartensystem der Bank bzw. dem ausgebenden Unternehmen im Rahmen eines Austauschverhältnisses gegenübersteht und deshalb bei Zahlungen unter Einsatz der Scheck- bzw. Kreditkarte nicht fremdnützig, sondern ausschließlich eigennützig tätig wird. Die (wegen § 266b StGB heute nicht mehr relevante) für den Fall des Scheckkartenmissbrauchs früher vertretene Mindermeinung, die (Euro-)Scheckkarte werde – entgegen Nr. 6 der „Bedingungen für eurocheque-Karten“311 – auch im Interesse der Bank (an geringeren Abrechnungskosten, an einem höheren Einlagenstand, dem sog. Bodensatz, an einem guten Kundenkreis) ausgegeben; der Scheckkarteninhaber übernehme mit dem Versprechen, Euroschecks nur im Rahmen seines Guthabens oder eines vorher eingeräumten Kredits auszustellen, der Bank gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht; denn es genüge, dass er „auch in fremdem Interesse handelt“,312 war deshalb für den Treubruchtatbestand unrichtig (zum Missbrauchstatbestand u. Rdn. 144). Mit der Ausstellung von Euroschecks besorgt nicht der Kunde ein Geschäft der Bank, sondern die Bank führt mit der Scheckeinlösung Geschäfte des Kunden.313 Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren. Hier besorgt die Inkassobank Geschäfte ihres Kunden, eines Gläubigers; dieser wiederum verfolgt mit dem Zahlungseinzug durch seine Bank ureigene Interessen, nicht aber die seines Schuldners,314 der auf diese Weise nur seiner Leistungspflicht nachkommt.315 Fürsorgepflichtig ist deshalb allein die einziehende Bank für die Vermögensinteressen ihres Kunden, d.h. des Inhabers der Lastschriftermächtigung. Für die erforderliche Fremdnützigkeit genügt es einerseits nicht, dass der Partner eines 78 Austauschgeschäfts zu einem bloßen Unterlassen rechtswidriger Schädigung seines Partners verpflichtet ist. Andererseits kommt es hierbei häufig vor, dass der eine Partner dem anderen Vermögensstücke zur treuhänderischen Verwaltung anvertraut, namentlich im Rahmen von zu den Austausch- hinzukommenden Sicherungsgeschäften, die ggf. zu einer angekoppelten Verwaltungstreuhand führen. Deren Behandlung ist bis heute in der Rspr. wechselhaft und im Schrifttum umstr., wobei die Rspr. zunehmend unter den Druck einer die Unrechtsstruktur des § 266 verkennenden Literaturmode gerät 316. Ein instruktives Beispiel liefert die Entscheidung BGHSt 5 61, in der es um die pflichtwidrige Veräußerung einer sicherungsübereigneten Sache durch den weiterhin in ihrem Besitz verbliebenen Sicherungsgeber (mit dem Resultat eines gutgläubigen Eigentumserwerbs des Erwerbers gemäß § 932 BGB) und um die Forderungseinziehung nach einer Sicherungsabtretung mit „Rückermächtigung“ 317 ging. Der BGH hat hier den (normalerweise keine Fremdnützigkeit enthaltenden) Sicherungsübereignungsvertrag deswegen für den Treubruchtatbestand ausreichen lassen, weil „von vornherein nicht nur die Sicherung, son308 309 310 311 312

313

BGHSt 13 330; BGH GA 1977 18, 19; BGH 4 StR 178/53 v. 25.6.1953. BGHSt 5 61, 63. OLG Stuttgart NJW 1968 1340, 1341; der Leitsatz c) ist mißglückt. OLG Köln NJW 1978 713, 714; Hübner JZ 1973 411. Krey BT/2 6. Aufl. Rdn. 558 (and. Krey/ Hellmann Rdn. 560); D. Meyer JuS 1973 215. BGHSt 24 386, 387; OLG Hamm NJW 1977 1834, 1835 f; OLG Köln NJW 1978

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713, 714; AE 1977 S. 65; Dunkel S. 244 ff; Gössel JR 1978 473; Hübner JZ 1973 411; Weber FS Dreher S. 562; Wentzel S. 252. OLG Hamm NJW 1977 1834, 1835 f; zust. Otto ZahlVerk. (1978) S. 113. BGHZ 69 82, 85; 69 186, 188 f. Was hinsichtlich des Treubruchtatbestandes auch für die Voraufl. gilt, ibid. Rdn. 118. D.h. der Zessionar ermächtigte den Zedenten, die Forderung ohne Offenlegung der Abtretung im eigenen Namen einzuziehen.

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dern auch die Befriedigung des Gläubigers aus den übereigneten Gegenständen in Aussicht genommen war“ (BGHSt 5 61, 63), und in der abredewidrigen Forderungseinziehung ohne die versprochene Abführung des Erlöses den Missbrauchstatbestand erfüllt gesehen (BGHSt 5 65 f; weit. Nachw. u. Rdn. 155). Gut 30 Jahre später wurde, befremdlicherweise unter beifälligem Zitat dieser Entscheidung, in einem völlig gleichliegenden Fall einer Sicherungsabtretung die Untreue unter schlichter Berufung auf die (auch von BGHSt 5 63 angeführte) nicht nur nichtssagende, sondern bei komplexen Rechtsbeziehungen direkt falsche Allerweltsformel verneint, die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen müsse „Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung“ sein (BGH StV 1984 326 = wistra 1984 143; direkt übernommen in OLG Hamm StraFo 1998 195, 197), und auf diesem Standpunkt steht auch die heute überwiegende Kommentarliteratur.318 Aber wenn die (in BGHSt 5 61 wohl gegebene, aber nicht eigens hervorgehobene) Pflicht, die Befriedigung des Gläubigers durch Verwertung des Sicherungsgutes aktiv voranzutreiben, und damit eine die Fremdnützigkeit begründende Quasi-Verkaufskommission vorliegt, so verwirklicht die abredewidrige Veräußerung nicht nur das Unrecht der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB), sondern dasjenige des Untreuetatbestandes. Ebenso ist diese Fremdnützigkeit etwa bei dem Inkassoauftrag an ein Reisebüro seitens der Versicherungen und Reiseveranstalter319 zu bejahen320. Dieselben Grundsätze gelten auch auf der Seite des Sicherungsnehmers, der bezüglich 79 der am Sicherungsgut verbleibenden und von ihm wahrzunehmenden Vermögensinteressen des Sicherungsgebers den Untreuetatbestand erfüllen kann. Das ist in der aktuellen Rspr. mit Recht weiterhin anerkannt. So hat BGHSt 41 224, 227 den Vermieter von Wohnraum bezüglich der in § 551 Abs. 3 BGB statuierten Pflicht zur getrennten Anlegung der Mietkaution von seinem eigenen Vermögen als tauglichen Täter des Treubruchtatbestandes qualifiziert, weil der Vermieter die Verwaltung so vorzunehmen hat, dass daraus dem Mieter zustehende Erträge entstehen; und auch für den Fall der Gewerberaummiete hat BGHSt 52 182, 186 f das bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung (die in concreto nicht vorlag) bejaht.321 Nichts anderes kann für solche Vermögensgegenstände gelten, durch die der Gläubiger eine Übersicherung erfahren hat. Soweit es seine eigene Sicherung und ggf. Befriedigung verlangt, handelt er in eigennütziger Treuhand; bezüglich des hierfür nicht erforderlichen Teils ist er gegenüber dem Schuldner zur Bewahrung und Rückerstattung verpflichtet. Die Pflicht eines überbesicherten Gläubigers, das ihm anvertraute Vermögen des Schuldners pfleglich zu behandeln, im Falle einer Transaktion nicht zu schmälern und in dem Umfange zurückzugeben, in dem es nicht

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320

Dierlamm MK Rdn. 101; Saliger SSW Rdn. 17; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; tendenziell auch Seier Rdn. 154; der älteren BGH-Rspr. dagegen zust. Fischer Rdn. 36a, 48 (Stichwort „Sicherungseigentümer“, gemeint ist offenbar „Sicherungsgeber“, und mit unzutr. Verweis auf BGH wistra 1984 43). BGHSt 28 20, 21; auf einen Entscheidungsspielraum des Täters hat der BGH hier mit Recht verzichtet, näher dazu speziell Rdn. 142. In der bereits oben (Rdn. 62 Fn. 243) kritisierten Entscheidung BGHSt 8 149 ist dagegen zu Unrecht eine nach vollständiger

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321

Auftragsbeendigung fortdauernde Vermögensfürsorgepflicht angenommen worden (anders, wenn noch Auftragserlöse abzuliefern sind, o. Rdn. 62), überdies lag keine Verletzung von innen heraus, sondern Betrug am Vertragspartner vor (siehe ferner u. Rdn. 132). Die daran von Sowada JR 1997 28; Kretschmer JR 2008 348; Rönnau NStZ 2009 633; Dierlamm MK Rdn. 112; Saliger SSW Rdn. 11 geübte Kritik beruht auf dem o. Rdn. 17 verworfenen Fehlverständnis des Untreueunrechts als eines „Vasallendelikts“ und greift deshalb nicht durch.

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Untreue

(mehr) für den Sicherungszweck benötigt wird, erwächst deshalb aus einer an die Sicherungstreuhand angekoppelten, fremdnützigen Verwaltungstreuhand und stempelt insoweit den Gläubiger auch zum tauglichen Täter des Treubruchtatbestandes. Die intuitiv immer schon dieses Ergebnis ansteuernde Rspr.322 erweist sich deshalb auch in der modernen Untreuedogmatik als zutreffend. d) Die Obhutsherrschaft und damit die Fürsorgepflicht bestehen selbstverständlich 80 auch (gewissermaßen erst recht) in denjenigen Fällen fort, in denen der Treupflichtige Vermögensbeziehungen des Geschäftsherrn mit sich selbst zu gestalten hat. Beispiele: Wenn Mitglieder eines Genossenschaftsvorstandes ihr Gehalt in der von ihnen zwar für berechtigt erachteten, jedoch vom Aufsichtsrat nicht festgesetzten Höhe entnehmen;323 wenn ein Stadtkämmerer sich unerlaubt einen Gehaltsvorschuss aus der Stadtkasse auszahlen lässt;324 bei Nichtbeitreibung einer Forderung des betreuten Vermögens gegen sich selbst;325 wenn der Vormund verdunkelt, dass er selbst der Vater seines Mündels ist;326 wenn der Pfleger aus dem verwalteten Mündelvermögen,327 der Vereinsvorsitzende aus Vereinsmitteln sich ein Darlehen (allzu zinsgünstig) bewilligt;328 wenn der baubetreuende Architekt ihm von den Bauherren zur Begleichung von Unternehmerforderungen zweckgebunden anvertrautes Geld vorab zur Befriedigung seiner Gebührenforderung verwendet;329 wenn das Vorstandsmitglied einer Ortskrankenkasse, für diese mit der Ausführung von Bauten zu den Selbstkosten beauftragt, Nachlässe, Rabatte und sonstige Vergütungen, die er mit den Lieferern und Handwerkern ausgehandelt hat, nicht der Anstalt zugute kommen, sondern eine Erhöhung der Baurechnungen akzeptiert und die erzielbaren Nachlässe usw. sich selbst vergüten lässt.330 Die Rspr. hat auch dann § 266 bejaht, wenn der Geschäftsführer eines Versorgungswerks den gutgläubigen Vorstand zur Bewilligung übersetzter Provisionsvorschüsse veranlasst 331 oder bei rechtswidrig vom Auftraggeber erschlichenem Vermögensvorteil,332 doch kommt hier statt dessen auch § 263 in Betracht (zum Konkurrenzverhältnis der §§ 266, 263 u. Rdn. 208); oder wenn ein Amtsdirektor sich Grundbesitz des Amtes zu wirtschaftlich unvertretbar niedrigem Kaufpreis und zu ungewöhnlich günstigen Zahlungsbedingungen (u.a. unter Anrechnung des bisher für die Dienstwohnung entrichteten Entgelts) übereignen lässt, doch kann das nur gelten, wenn dieser auch für die Verwaltung der Immobilie zuständig ist.333 Wenn man entgegen der h.L. den Schuldner als Zwangsverwalter (§ 150b ZVG) als tauglichen Täter qualifiziert (o. Rdn. 45), so darf er natürlich nicht zwecks eigener Vorteile den Interessen der Gläubiger zuwiderhandeln. Allgemein gilt: Wer die Betreuung fremden Vermögens übernimmt, darf bei den Geschäften, die er dabei zu besorgen hat, nicht seine

322

323 324

325

BGHSt 1 186, 190; BGH bei Holtz MDR 1978 625; ähnlich bereits RGSt 67 273; zust. und m.w.N. speziell zur Übersicherung bei Grundpfandrechten Schmid MG/B § 31 Rdn. 39; Clemente wistra 2010 249 ff. RGSt 62 357, 361 zu § 146 GenG a.F.; RG HRR 1935 1116 zu § 312 HGB a.F. BGH 1 StR 725/54 v. 29.3.1955; and., wenn ein Parteivorsitzender eine Aufwandsentschädigung doppelt ausgezahlt erhält, für deren Anweisung aber nicht zuständig ist, s.u. Fn. 336. RGSt 72 347, 349; BGH 1 StR 725/54 v. 29.3.1955.

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330 331 332 333

RGSt 30 191. RGSt 65 333, 336. BGH 1 StR 402/75 v. 7.10.1975. BGH 4 StR 78/74 v. 30.4.1974 unter Berufung auf BGH 1 StR 614/68 v. 1.4.1969 bei Dallinger MDR 1969 534; OLG Hamm BB 1957 94. RGSt 69 380. BGH 1 StR 92/61 v. 6.6.1961. BGH LM Nr. 2. BGH 3 StR 299/71 v. 13.12.1972.

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eigenen Interessen unter Benachteiligung des Geschäftsherrn durchsetzen.334 Freilich muss sorgfältig geprüft werden, ob der Treupflichtige auch für den die Geschäfte mit sich selbst betreffenden Vermögenskreis beim Geschäftsherrn zuständig ist. So ist etwa ein Parteivorsitzender zwar grundsätzlich im Hinblick auf das Parteivermögen tauglicher Täter des Treubruchtatbestandes335, doch kann er diesen nur durch solche Handlungen erfüllen, die auch in den von ihm beherrschten Geschäftskreis fallen336 (näher Rdn. 103) und nicht eine bloße sog. schlichte Schuldnerpflicht betreffen (näher u. Rdn. 101 ff).

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e) Unter den Treubruchtatbestand fallen ferner nicht solche gesetzlichen, öffentlichrechtlichen oder vertraglichen Beziehungen, die den einen Teil zwar mit Vermögensinteressen des anderen in Berührung bringen, aber bei ihrer Behandlung an unmittelbare Kontrolle des Geschäftsherrn binden. Erst die Übertragung dieser Aufgabe zur Bewältigung ohne permanente Überwachung kennzeichnet sie als eine solche der Obhutsherrschaft über die Vermögensinteressen eines anderen; nur so ist diesem die eigene Sorge dafür abgenommen (Rdn. 75). Das gerade unterscheidet die Vermögensbetreuung von den vielfältigen Diensten der Handreichung, die dem Vermögensinhaber zur Wahrnehmung von Vermögensinteressen durch bloßes Hantieren mit Sachen geleistet werden,337 wie das z.B. für Kellner (Rdn. 143), Zeitungsausträgerinnen,338 Stromableser,339 Taxichauffeure (Rdn. 157), Kraftfahrer, die für den Geschäftsherrn Ware ausfahren, den Kaufpreis dafür entgegen nehmen und alsbald abliefern,340 für Versicherungsmitarbeiter, die Schecks an die Kunden weiterzuleiten haben,341 für andere untergeordnete Dienste 342 sowie allgemein im „schlichten“ Arbeitsverhältnis 343 und auch für Schalterbeamte vielfach zutrifft.344 Soweit auch diese Personen im Rahmen sachgebundener Verrichtungen, einen privilegierten Zugang zu dem fremden Vermögen besitzen (weshalb man im weiteren Sinne durchaus ebenfalls von einer Schädigung von innen heraus sprechen könnte, wenn sie ihre Pflichten verletzen), ergibt sich der strafrechtliche Schutz des Geschäftsherrn in ausreichender Weise aus den Eigentumsdelikten, namentlich dem Tatbestand der Veruntreuung gemäß § 246 Abs. 2 StGB.

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f) Die Selbständigkeit des Betreuungspflichtigen, die in semantischer Hinsicht keinerlei klare Konturen besitzt, wirft ein Abgrenzungsproblem auf, das für die Reichweite des Treubruchtatbestandes von größter Bedeutung und bis heute heftig umstritten ist: Soll es dafür auf einen Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung der Betreuungsaufgabe ankommen, d.h. darauf, „ob der Betreuer so handeln muss oder auch anders handeln darf“ 345,

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RGSt 69 380, 382; SchwBGE 80 IV 243; aA H. Mayer GS 104 124. BGH wistra 1986 256; eingehend Saliger Parteiengesetz S. 53 ff, dessen zusätzlicher Hinweis auf das „System Kohl“ (S. 57) freilich nicht überzeugt, weil es sich hierbei nicht um eine Übertragung von Befugnissen und Obhutsherrschaft, sondern um ein Geflecht informeller personeller Beziehungen („Seilschaften“) gehandelt hat. Im konkreten Fall von BGH wistra 1986 256 für den Fall verneint, dass ein Parteivorsitzender sich eine Aufwandsentschädigung doppelt auszahlen lässt. Kohlrausch HdR Bd. VIII 747; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23 f.

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RGSt 42 211, 212; anders jedoch RGSt 69 58, 61. RGSt 70 53, 55. Vgl. BGH 1 StR 247/66 v. 5.7.1966; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a. BGH StV 2002 143. Rdn. 103; weitere Beispiele auch bei Otto Struktur S. 312. BGHSt 5 187, 188; Rdn. 108. BGH 5 StR 446/52 v. 6.11.1952; Rdn. 82 Fn. 329. So die weder historisch noch kriminalpolitisch begründete, an der Rspr. vorbei gehende, aber in der neueren Kommentarliteratur vielfach ohne Prüfung übernommene Formel von Hübner LK10 Rdn. 32.

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Untreue

oder genügt eine über bloße Handlangerdienste hinausgehende Vertrauensstellung, die sich namentlich in der eigenen Abrechnungsaufgabe des Betreuers niederschlägt? Das erstgenannte Kriterium ist zwar in einigen älteren Entscheidungen des BGH verwendet und direkt auf die Freiheit in der vermögensfürsorglichen Entschließung bezogen worden.346 Späteren Urteilen genügte jedoch die allgemeine berufliche Selbständigkeit gegenüber dem Auftraggeber „in der Erfüllung von Aufträgen“, so die eines Finanzmaklers347 oder die eines Bankinhabers348 und eines inkassobefugten Reisebüroinhabers.349 Und vor allem in der Auslegung der „Selbständigkeit“ im Rahmen des Einkassierens, Aufbewahrens und Ablieferns von Geld für einen Auftraggeber hat die Rechtsprechung sich weder vorher noch nachher an das Kriterium des Entscheidungsspielraumes gehalten, sondern eine andere Richtung eingeschlagen. Nachdem in der Rechtsprechung bis 1933 die formale zivilrechtliche Abgrenzung zwischen der Stellung als Bote oder als Stellvertreter dominiert hatte (RGSt 42 211, 212; 43 432, 433), wandte sich das Reichsgericht in der grundlegenden Entscheidung zum neuen Untreuetatbestand vom 14.12.1934 (RGSt 69 58) materialen Kriterien zu und nannte zwar neben Dauer und Umfang des Pflichtenkreises „einen gewissen Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit“ im Unterschied zu „rein mechanischen Tätigkeiten“ wie der bloßen Botentätigkeit oder der Erledigung untergeordneter Einzelaufträge (RGSt 69 58, 61 f). Die Anforderungen an die „Selbständigkeit“ wurden aber bereits in dieser Entscheidung nicht allzu hoch angesetzt und namentlich nicht etwa im Sinne einer Wahlfreiheit verstanden, denn das Reichsgericht erklärte den mit der dauernden Einziehung von Beiträgen zur Arbeitsfront betrauten Betriebszellenobmann ebenso zum tauglichen Täter des Treubruchtatbestandes wie (in einem obiter dictum) den bloßen Kassenboten, und diese (bzgl. des Kassenboten zu extensive) Linie ist in der weiteren reichsgerichtlichen Rechtsprechung fortgesetzt worden.350 Auch der BGH hat diesen Weg, von einigen stärker einschränkenden Ansätzen abge- 83 sehen (GA 1977 18, 19; NJW 1982 201351), fortgesetzt (BGHSt 2 324; 3 236, 240 f;

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BGH 5 StR 163/52 v. 13.3.1952: „War der Angeklagte verpflichtet, den Verkaufserlös nach Abzug seines Gewinns der Verkäuferin zu übersenden, so ist nicht zu ersehen, welche Selbständigkeit er bei dieser Interessenwahrnehmung noch gehabt haben könnte“; BGH 3 StR 480/52 v. 21.5.1953; 5 StR 392/55 v. 17.1.1956, S. 6: Die Verpflichtung zur Benachrichtigung des Vorbehaltseigentümers von Pfändungen „erfordert keine Selbständigkeit“; BGH 5 StR 446/52 v. 6.11.1952: Der Beamte am Güterschalter der Bundesbahn „hatte nach bestehenden Anordnungen und Vorschriften zu verfahren, ohne dass ihm Freiheit für andersartige Maßnahmen gegeben war“; BGH 1 StR 357/58 v. 23.9.1958: Der genau umgrenzte Auftrag, eine Flugkarte und das Einreisevisum zu besorgen, ließ keine Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit in der Ausführung zu; ebenso BGHSt 3 289, 294; 4 170, 172, wobei es nur um ein Hantieren

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351

mit Sachen ging; auch BGH 1 StR 63/58 v. 6./13.5.1958, „bündiger Auftrag“; vgl. ferner BGH GA 1977 18, 19; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 4 zum Buchhalter. BGH 5 StR 482/61 v. 19.12.1961, S. 7. BGH 5 StR 261/57 v. 10.9.1957, inhaltlich BB 1958 323. BGHSt 28 20. RGSt 69 279; 73 235; 74 171; RG HRR 1939 1385; etwas restriktiver RG DR 1939 1982; RG HRR 1941 700. Wo der BGH zwar Hübners Formel benutzt hat, ob der Verpflichtete auch anders handeln darf, doch ging es hier um die Veruntreuung des Transportguts durch den Transportunternehmer und damit um ein nicht-fremdnütziges Austauschgeschäft bezüglich des bloßen Hantierens mit Sachen, so dass § 266 ab ovo ausschied und die Heranziehung der „Alternativitätsfloskel“ ebenso sachfremd wie irreführend war.

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3 289; 4 170; BGH wistra 2008 427, 428), vor allem in dem Urteil BGHSt 13 315352 befestigt, und die übrige Rechtsprechung ist ihm ganz überwiegend gefolgt.353 In BGHSt 13 315, 318 heisst es überzeugend: „Wollte man in dieser Möglichkeit (scil. zur Wahl unterschiedlicher Dispositionen) ein wesentliches Merkmal der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sehen, so würde von solcher Wahrnehmung nur bei Geschäftsführern von Unternehmen und selbständigen Verwaltern von Vermögensmassen gesprochen werden können, nicht aber z.B. bei der Tätigkeit des Kassierers einer Bank, der nur aufgrund schriftlicher Anweisungen Auszahlungen vor- und Einzahlungen annimmt. Damit würde der Tatbestand der Untreue im Widerspruch zur bisherigen ständigen Rechtsprechung und zum erkennbaren Sinn der Vorschrift eingeengt werden … Bei der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen … (ist) der Beauftragte in der Regel an die Weisungen seines Auftraggebers gebunden …, in deren Verletzung gerade die Pflichtwidrigkeit zu liegen pflegt. Wegen dieser Bindung ist die Tätigkeit des Beauftragten noch keine bloß mechanische.“354 Statt dessen hat BGHSt 13 315, 319 die Selbständigkeit des Kassenhalters davon abhängig gemacht, ob er „zur Kontrolle der Einnahmen und der Ablieferungen Bücher zu führen, unter Umständen auch Quittungen zu erteilen, ferner Wechselgeld herauszugeben“ (!) hat.355 Das war beim früheren Bäckerjungen nicht der Fall, der die Brötchen in der Bäckerei mitnahm und (falls er überhaupt kassierte) den Erlös dem Meister ablieferte, aber keine Buchhaltung führte. Dagegen fällt schon der Kellner, der mit dem Gast selbst abrechnet, ebenso unter den Untreuetatbestand wie der Kassierer am Bankschalter oder an einem Fahrkartenschalter der Deutschen Bahn oder der Polizist, der Verwarnungsgelder einkassiert, die alle Quittungen ausstellen und selbständig abrechnen. Während die Erteilung einer Quittung dagegen eine Verfügung über den Anspruch bedeutet, liegt in dem bloßen Überbringen einer vorbereiteten Quittung eine für § 266 nicht ausreichende, weil auf das Hantieren mit Sachen beschränkte Botentätigkeit.356 Im Schrifttum sind die Konturen verschwommen. Teils benutzt es Hübners Formel 84 (Fn. 345, s. Otto Struktur S. 257; Dierlamm MK Rdn. 59), teils verfährt es in den Bahnen von RGSt 69 58 und BGHSt 13 315 (Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 34 f), teils schließt es sich einfach an die Kasuistik der Rechtsprechung an (Fischer Rdn. 48 f). Als weiterer Ansatz findet sich auch die (erstmals hier in der Voraufl. Rdn. 55 formulierte) Forderung einer Garantenpflicht (Hoyer SK Rdn. 27) bzw. einer „besonders qualifizierten Garantenbeziehung“ zu dem fremden Vermögen (Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a), die freilich durch eine Pflicht zur Vermögensmehrung gekennzeichnet sein soll. In der neueren Kommentarliteratur ist andererseits das Kriterium des „selbständigen Entscheidungsspielraums“357 teilweise ohne, jedenfalls niemals mit einer triftigen Begründung und

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Ebenso BGHSt 18 313; BGH GA 1979 143, 144; NStZ 1983 45; wistra 1989 60; BGHSt 41 224, 229. Z.B. OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810; OLG Köln NJW 1963 1992; OLG Köln OLGSt S. 39; OLG Koblenz GA 1975 122, 123; SchlHOLG OLGSt S. 19; LG Bonn JMBlNRW 1968 199. Zust. Otto Struktur S. 311; Rengier BT I § 18 Rdn. 29. Ähnlich OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810; dezidiert BGH NStZ 1983 455; 1994

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586; BGH wistra 1987 27; 1989 60 f; BGHR § 266 Abs. 1 Treubruch 1. Unbeschadet des Rechtsscheintatbestandes des § 370 BGB, demzufolge ebenfalls die Erfüllung eintritt (Staudinger-Olzen § 370 Rdn. 2. So die Überschrift bei Hoyer SK vor Rdn. 32, die offenbar – sprachlich missglückt – ausdrücken soll, dass das Merkmal der Selbständigkeit einen Entscheidungsspielraum voraussetze.

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unter Außerachtlassung der historischen Grundlagen und kriminalpolitischen Aufgabe des § 266 zu einer Art „Superzeichen“ avanciert. Ausgangspunkt muss, wie hier bereits in der Voraufl. aus der Deliktsstruktur des 85 § 266 entwickelt, die Garantenstellung des Täters über das fremde Vermögen sein (vgl. bereits Rdn. 20, 26), deren Konturen aber in anderer Weise bestimmt werden müssen als in der Konzeption von Perron und Hoyer. Zunächst einmal reicht nicht jede Garantenstellung aus (insoweit zutr. Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a; unklar Hoyer SK Rdn. 27), die auch ein mit sachgebundenen Verrichtungen betrauter Arbeitnehmer über die seiner Obhutsherrschaft anvertrauten Sachen besitzt; vielmehr muss der Herrschaftsbereich über eine einzelne Sache hinausgehen und in diesem Sinne das Vermögen als solches betreffen. Entgegen Perron (aaO Rdn. 23a) kann das hierfür notwendige Differenzierungskriterium aber nicht in der Pflicht zur Vermögensmehrung gefunden werden, die sich weder als eine notwendige noch als eine hinreichende Bedingung begründen lässt. Denn während der von jedem Arbeiter für den Arbeitgeber pflichtgemäß zu schaffende „Mehrwert“ unstreitig keine Grundlage für eine Vermögensfürsorgepflicht des Arbeiters liefert, kann man sich zahllose Geschäftsbesorgungsverhältnisse 358 vorstellen, bei denen es nur auf die Wahrung des status quo ante ankommt (etwa bei Kontrollpositionen) – weshalb § 266 ja auch einen Vermögensnachteil und nicht das bloße Unterlassen einer Vermögensmehrung erfordert. Die Differenzierung muss deshalb aus dem Begriff der Garantenstellung selbst entwickelt werden. Auf den ersten Blick scheint Hübners Kriterium der Entscheidungswahlfreiheit diese Voraussetzung zu erfüllen, weil man darin eine gesteigerte Form der Herrschaft über das Vermögen erblicken könnte. Aber dieser Schein trügt, denn die Wahlfreiheit betrifft die Pflichtbindung im Innenverhältnis, während die Garantenstellung als Gestaltungsherrschaft über das fremde Vermögen im „Außenverhältnis“ wirkt. Und auch hiervon abgesehen, lässt sich eine mit weiten Entscheidungsspielräumen ausgestattete Position zwar als eine besonders intensive Ausprägung des Typusmerkmals „Selbständigkeit“ begreifen, schwerlich aber nach Art eines klassifikatorischen Begriffs als Grundbedingung des Treueverhältnisses hinstellen. Denn weil die den Treubruchtatbestand erfüllende Handlung auf jeden Fall pflichtwidrig sein muss und deshalb außerhalb jedes denkbaren Entscheidungsspielraumes liegt, leuchtet es nicht ein, warum die Strafbarkeit davon abhängen soll, ob dem Täter eine oder zwei legale Alternativen zu Gebote gestanden hätten. Und schließlich lassen sich leicht bedeutsame Managementaufgaben mit exakt gebundener Marschroute vorstellen,359 so wie umgekehrt auch ein bloßer Handlanger einen Handlungsspielraum haben kann, etwa wenn eine Haushaltshilfe entscheidet, ob sie erst die Betten macht oder die Milch in den Kühlschrank stellt. g) Die Abgrenzung hat deshalb – insoweit durchaus vergleichbar mit dem verwandten 86 Missbrauchstatbestand – nicht danach zu erfolgen, was der Täter darf, sondern danach, was er kann. Eine qualifizierte Herrschaft in diesem Sinne heisst: Abwesenheit von Kontrolle,360 wobei unter Kontrolle nicht die Frage einer nachträglichen Nachprüfung, sondern die gleichzeitige Steuerung und Überwachung zu verstehen ist. Tauglicher Täter des Treubruchtatbestandes ist dementsprechend, wer sich bei seiner fremdnützigen Tätigkeit gewissermaßen selbst zu kontrollieren hat, und genau das hat die Rechtsprechung in hervorragender Intuition bei Kassenboten, Kassierern und ähnlichen Personen zum Kriterium für die Erfüllung des Treubruchtatbestandes gemacht: Wenn der Täter selbst über

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Auf die Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a entscheidend abhebt.

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So auch zutr. BGHSt 41 224, 229. Vgl. bereits Rdn. 20 und Sax JZ 1977 747.

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seine Tätigkeit Buch zu führen hat, dann handelt er ohne aktuelle Kontrolle und übt durch die in seine Kompetenz fallende Rechenschaftslegung eben auch eine Herrschaft nicht nur über einzelne Sachen, sondern über das Vermögen als solches aus. Hierdurch wird seinem Handeln zugleich eine strukturelle Betrugskomponente eingestiftet, wie sie gerade auch für die typischen, unangefochtenen Untreuefälle kennzeichnend ist, in denen das enttäuschte Vertrauen regelmäßig als „Täuschung ohne Worte“ aufscheint. Es würde aber weder dogmatisch noch kriminalpolitisch irgendeinen Sinn machen, die Schädigungshandlung als solche für straflos zu erklären, um anschließend doch über die regelmäßige Vertuschung der Schädigung einen strafbaren Betrug zu konstruieren. Die in der Rechtsprechung überwiegend bevorzugte extensive Interpretation des den 87 Treubruchtypus kennzeichnenden Merkmals der „Selbständigkeit“ durch Einbeziehung der Fälle, in denen ein mit sachgebundenen Verrichtungen (namentlich auch dem Einkassieren oder Abliefern von Geld) Betrauter buchhalterische Aufstellungen über seine Tätigkeit anzufertigen und mit deren Hilfe gegenüber dem Auftraggeber abzurechnen hat, ist deshalb grundsätzlich zu billigen. Eine engere Bestimmung des Täterkreises würde nicht nur den vom historischen Gesetzgeber gewollten Schutzbereich ohne zwingende Gründe reduzieren, sondern wäre auch aus viktimodogmatischen Gesichtspunkten heraus abzulehnen. Denn das Gefährlichkeitsspezifikum liegt gerade in der Verbindung von eigener Tätigkeit und eigener Abrechnung, der das Opfer zunächst wehrlos ausgeliefert ist, während es bei bloßen Handlangertätigkeiten normalerweise ohne besondere Hindernisse die Korrektheit oder Inkorrektheit überblicken kann. Die beim treubruchrelevanten Herrschaftsniveau vorauszusetzende Selbständigkeit 88 erfordert also zumindest die eigene Abrechnungskompetenz. Natürlich kann sich die Selbständigkeit stattdessen auch aus anderen Momenten ergeben, namentlich aus der Leitungsbefugnis in einem Betrieb. Wenn z.B. in einem Gestüt die preisgekrönte Stute von einem ebenfalls preisgekrönten Hengst gedeckt werden soll, der Gestütsleiter und ein Stallknecht aber, um den Gestütsinhaber zu schädigen, die Stute von einem minderwertigen Hengst decken lassen und dadurch ihren Wert vermindern, so ist nur der Gestütsleiter tauglicher Täter des Treubruchtatbestandes. Ferner kann auf das Typusmerkmal der Selbständigkeit auch ganz verzichtet werden, wenn die übrigen Züge des Betreuungsverhältnisses besonders stark ausgeprägt sind, etwa bei einer Vertrauensstellung für Dispositionen über das gesamte Vermögen wie bei der Anlageberatung (Rdn. 130). An dieser wohlabgewogenen, aus der Entstehungsgeschichte fundierten und kriminalpolitisch vernünftigen Rechtsprechung übt die neuere Kommentarliteratur eine nach ihrem eigenen Verständnis vernichtende Kritik361, deren eigener Lösungsvorschlag in dem von Hoyer (SK Rdn. 32) im Anschluss an Kindhäuser (NK Rdn. 54) formulierten Satz gipfelt: „Nur wenn der Treugeber den -nehmer mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet hat, muss er sich vom Treunehmer vorgenommene Vermögensverfügungen als eigene 361

Sch/Schröder/Perron Rdn. 24 (die Rechtsprechung habe „das Merkmal der Selbständigkeit des Handelns des Verpflichteten häufig bis zur Bedeutungslosigkeit abgewertet und damit den Täterkreis des Treubruchtatbestands bei weitem überdehnt“); Dierlamm MK Rdn. 48 ff; Esser AnwK Rdn. 44; Hoyer SK Rdn. 32; eher im hier vertretenen Sinne, aber unklar Seier, Rdn. 146, der die Bedeutung der Selbständigkeit offen lässt (Rdn. 144) und die

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„Selbstverantwortlichkeit“ zwar in zweifelhafter Weise als Auftrag zur Vermögensmehrung interpretiert, gleichzeitig aber auf das hier verfochtene Kriterium der „Abwesenheit von Kontrolle“ verweist (Rdn. 146 mit Fn. 230). Wie hier Saliger SSW Rdn. 11, der in den erwähnten Situationen zu Recht von einer „anvertrauten internen Machtstellung des Treunehmers“ spricht.

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zurechnen lassen.“362. Der „Vorzug“ dieser konzentrierten Zusammenfassung besteht aber nur darin, dass sie ihre Unrichtigkeit in einem rechtsgüterschützenden Strafrecht geradezu auf der Stirne trägt und überdies auch dogmatisch unhaltbar ist. Ob das Handeln einem anderen zugerechnet wird, spielt in der Strafrechtsdogmatik stricto sensu nur im Rahmen der Beteiligungslehre eine Rolle, während eine im weiteren Sinne verstandene Zurechnung im Missbrauchstatbestand relevant sein kann, im Treubruchtatbestand aber jeder Bedeutung entbehrt. Hierfür kommt es vielmehr sowohl nach der historischen Entwicklung des Untreuetatbestandes (Schutz des unkörperlichen Vermögens gegen Verletzungen von innen heraus) als auch vom geschützten Rechtsgut des Vermögens her allein darauf an, ob der Geschäftsherr den Treupflichtigen außerhalb des durch die Eigentumsdelikte erfassten Hantierens mit Sachen in eine Position eingesetzt hat, die diesen zur Schädigung des nichtkörperlichen Vermögens (nach der historischen Schutzrichtung vor allem auch Forderungen umfassend!) in den Stand gesetzt hat. Wenn Hoyer in diesem Zusammenhang von dem „Selbstschädigungsdelikt nach § 266“ (Rdn. 32) oder Kindhäuser davon spricht, dass der Geschäftsherr „solche Entscheidungen gegen sich gelten lassen will und … auch gelten lassen muss“ (Rdn. 54), so führen sich derartige in der Teleologik des rechtsgüterschützenden Strafrechts deplazierte sprachliche Wendungen selbst ad absurdum, denn natürlich schädigt sich der Geschäftsherr nicht selbst, sondern wird vom Untreuetäter geschädigt, und er will das auch gar nicht gegen sich gelten lassen, sondern bestraft wissen. h) Die anderen in der Rechtsprechung verwendeten Anhaltspunkte für die untreue- 89 spezifische Obhutsgarantenstellung sind von vornherein nur von indiziellem Erkenntniswert, so die Dauer 363 und der Umfang der Betreuungstätigkeit.364 Zwar wird häufig eine längere Tätigkeit zu einer Umwandlung der Fremdkontrolle in Selbstkontrolle und damit zu einer Selbständigkeit des Beauftragten führen, notwendig ist das aber nicht: Der Kassenbote, der die Tageseinnahmen seiner Firma zur Bank zu bringen hat und nach 25jähriger solcher Tätigkeit mit einer Million durchbrennt, hatte dennoch nicht einen Augenblick Vermögensinteressen seiner Firma (scil. selbständig) wahrzunehmen, sondern nur mit Sachen (Bargeld) zu hantieren gehabt.365 Andererseits kann der Auftrag zu einem einzelnen Vermögensgeschäft sehr wohl mit der für § 266 erheblichen Vermögensbetreuungspflicht verbunden sein, z.B. der Auftrag, nach sachverständigem Ermessen das Gemälde eines alten Meisters zu ersteigern, ein Aktienpaket zu erwerben,366 einen Kraftwagen bestmöglich, jedoch nicht unter einem bestimmten Limit zu versilbern,367 ein Sonderkonto nach Weisungen zu verwalten und zu verwenden,368 u. dgl. m.369 Das Gesetz lässt jede Art von Rechtsgeschäft oder behördlichem Auftrag als Grundlage der Vermögensbetreuungspflicht gelten. Es unterscheidet nicht zwischen Einzel- und DauerRechtsverhältnissen.

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Im Original fettgedruckt. Schon RG HRR 1941 700. Heinitz FS H. Mayer S. 438; Sannwald S. 47; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a, 24. RGSt 42 211, 212, 214; RG HRR 1941 700; Heinitz aaO S. 443; Kohlrausch/Lange III 2a; Otto Struktur S. 313; Grundkurs § 54 II 2d; zu extensiv RGSt 69 58, 62; RG HRR 1939 1386; irrig OLG Köln OLGSt. S. 39, wonach „gerade [!] das

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Geschäft des Kassenboten von der Rspr. stets als Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen gewertet worden“ sei; Schwinge/ Siebert S. 34 Fn. 5; Welzel § 56, B 1b. OLG Koblenz OLGSt. S. 41. BGH 4 StR 593/73 v. 13.12.1973. BGH 3 StR 177/73 v. 28.11.1973. RG HRR 1941 700; BGH 5 StR 482/61 v. 19.12.1961, S. 7; Schwinge/Siebert JW 1935 1697.

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Wenig brauchbar als Erkennungszeichen ist auch die in Rspr. und Lit. beliebte Frage, ob eine Haupt- oder eine Nebenpflicht in Rede steht;370 eher schon, ob das ausbedungene Verhalten typisch oder doch wesentlich vermögensfürsorgerischer Art ist.371 Denn während die Anknüpfung an die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenpflicht in doppelt fehlerhafter Weise eine Zivilrechtsakzessorietät voraussetzt (doppelt, weil weder die zivilrechtliche Pflichtkategorie überhaupt noch die Unterscheidung zwischen verschiedenen Pflichtenformen für das strafrechtliche Treueverhältnis präjudiziell ist), wird mit der in der Rechtsprechung beliebten Formel, dass die Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen der „typische und hauptsächliche Inhalt“ des Verhältnisses zwischen Geschäftsherrn und Beauftragtem sei, der Typus des fremdnützigen Treueverhältnisses im Unterschied zum bloßen Austauschgeschäft charakterisiert. Freilich kann eine fremdnützige Obhutsstellung auch durch Nebenabreden zu solchen Verträgen eingeräumt werden, deren Typus auf eine andere als eine vermögensfürsorgerische Hauptpflicht gerichtet ist 372, wie in den oben Rdn. 77 angeführten Fällen des Baukostenzuschusses des Mieters (BGHSt 8 271) oder der Verbindung von Sicherungsübereignung und Kommission (BGHSt 5 61) als angekoppelte Verwaltungstreuhand. Freilich setzt das die tatsächliche Übernahme einer selbständigen Obhutsstellung voraus. Bloß zum Zweck der „Strafrechtsbewehrung“ formulierte Vertragsklauseln, namentlich in AGB, genügen dafür nicht.373 Einen Grenzfall betrifft BGHSt 6 314, 318 mit der Pflicht des Arbeitgebers, für seine Arbeitnehmer als Teil der Lohnzahlungspflicht „Urlaubsmarken zu kleben“. Die Ablehnung der Erfüllung des Treubruchtatbestandes durch den BGH ist nicht deshalb zweifelhaft, weil der BGH in dieser Pflicht zu Unrecht keine Haupt-, sondern nur eine Nebenpflicht gesehen hat (BGHSt 6 318), denn für die strafrechtliche Beurteilung ist die zivilrechtliche Einordnung nicht präjudiziell.374 Bedenklich ist die Entscheidung vielmehr deshalb, weil der Arbeitgeber die Weiterleitung von Lohnanteilen des Arbeitnehmers durch „Kleben von Urlaubsmarken“ im Rahmen einer fremdnützigen Treuhand zu erledigen hat, und zwar – wegen der ihm obliegenden buchhalterischen Abwicklung – auch in hinreichender Selbständigkeit (dazu Rdn. 86 f). Nach geltendem Recht spielt die Frage freilich keine Rolle mehr, weil das Verhalten des Arbeitgebers jedenfalls unter § 266a Abs. 2 StGB und somit unter eine „im Randbereich der Untreue und des Betruges“ liegende Spezialvorschrift 375 zu subsumieren ist.

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So aber BGHSt 6 314, 318; 41 224, 228 f; BGH GA 1977 18, 19; Dierlamm MK Rdn. 53; Esser AnwK Rdn. 35; Saliger SSW Rdn. 10; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 31; wie hier krit. Sch/Schröder/Perron Rdn. 24; Hoyer SK Rdn. 35 ff; unentschieden Lackner/Kühl Rdn. 11. BGH GA 1977 aaO; ebenso bereits RGSt 69 62; 71 91; 73 300; 77 150; BGHSt 1 188 f; 5 188; 6 318; 22 191; BGH NStE Nr. 4; BGH GA 1979 144; BayObLG NJW 1957 1683; OLG Braunschweig NJW 1976 1903; OLG Celle MDR 1958 706; OLG Köln NJW 1967 1923; JR 1968 469; zust. Lackner/Kühl Rdn. 11; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 31. BGH 4 StR 86/59 v. 24.4.1959 unter Berufung auf BGHSt 1 186, 189.

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Vgl. bereits o. Rdn. 77; zutr. BGH 5 StR 652/53 v. 9.2.1954, Fahrradhandel; BGH 5 StR 392/55 v. 17.1.1956, S. 6, Textilindustrie; BGH 1 StR 463/60 v. 31.1.1961, Polsterhandwerk; BGH 1 StR 362/65 v. 3.12.1965 bei Dallinger MDR 1967 174, Eisenhandel; BGH 1 StR 516/66 v. 15.6.1967 bei Dallinger MDR 1967 174, Landmaschinenhandel; andererseits BGH 4 StR 141/55 v. 13.10.1955, Rundfunkhandel; BGH 4 StR 562/71 v. 16.3.1972, Kraftfahrzeughandel. Weshalb die Kritik von Heinitz FS H. Mayer S. 440; Hübner LK10 Rdn. 34 zwar zivilrechtlich zutrifft, strafrechtlich aber ins Leere geht. Gribbohm LK § 266a Rdn. 3.

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i) Als Abgrenzungsmittel unbehelflich ist schließlich auch die Tendenz, Täter aus 91 dem Untreuetatbestand zu eliminieren, die nur über Bagatellbeträge disponieren können. Gewisse Anklänge in diese Richtung lassen sich zwar der ersten grundlegenden Entscheidung des Reichsgerichts entnehmen, das in RGSt 69 58, 60 (unten) die seiner Meinung nach zu weit gezogene Grenze im Schrifttum anführt, nach der auch Überbringer einer Quittung, Kellner, Lohnkutscher, Hausverwalter, Milchmann sowie Bäckerjungen, die für ihren Geschäftsherrn Gelder einnehmen und sie rechtzeitig abzuliefern versäumen, unter § 266 zu subsumieren seien. Das machte damals kriminalpolitisch Sinn, weil § 266 ursprünglich zwingend eine kumulative Geldstrafe vorsah und keine minderschweren Fälle kannte. Inzwischen ist die Rechtslage aber anders, denn die Strafdrohung des § 266 Abs. 1 entspricht vollständig derjenigen des § 246 Abs. 2, und § 266 Abs. 2 StGB verweist ausdrücklich auch auf § 248a, woraus sich ergibt, dass Untreue auch bei der Herbeiführung geringfügiger Schäden vorliegen kann376. 6. Die Tathandlung. Bei oberflächlicher Betrachtung beschreibt das Gesetz die Tat- 92 handlung der Treubruchsformen ausgesprochen unzulänglich, nämlich nur als „Verletzung der Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“. Mangels genauen Umrisses der Ausführungshandlung scheint damit jedwede Pflichtwidrigkeit bei der Betreuung fremder Vermögensinteressen unter den Tatbestand zu fallen. Jedoch ergibt sich aus dem Tatbestandsaufbau eine doppelte Einschränkung, einerseits aus dem Zusammenhang zwischen Täterqualifikation und Tathandlung sowie andererseits aus der Forderung einer vorsätzlichen Vermögensschädigung, also einer finalen Verletzungshandlung. Die damit zusammenhängenden Abgrenzungsprobleme bilden seit einiger Zeit die umstrittensten dogmatischen Fragen des ganzen Untreuetatbestands. Dabei sind verschiedene Problemkreise zu unterscheiden: Im ersten geht es allgemein um das Verhältnis der Tathandlung zur außerstrafrechtlichen (zumeist zivilrechtlichen) Regelung des betreffenden Geschäftsbesorgungsverhältnisses, bezüglich dessen höchst unterschiedliche Grade der Akzessorietät oder Selbständigkeit zur Debatte stehen377 (u. Rdn. 93); im zweiten geht es um die Frage der Notwendigkeit einer strafrechtsspezifischen „Höhenmarke“ der Pflichtwidrigkeit (u. Rdn. 94 ff); und im dritten geht es um das fragliche Nebeneinander von treubruchrelevanten und -irrelevanten Pflichten in ein und demselben Betreuungsverhältnis (u. Rdn. 101 ff). a) Zivilrechtsakzessorietät als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung? Im 93 Kielwasser der o. Rdn. 57 verworfenen Idee, die Fürsorgepflichtverletzung zum umfassenden und zentralen Tatbestandsmerkmal des § 266 zu erheben, aber logisch unabhängig von dieser hat im neueren Schrifttum eine Konzeption zahlreiche Anhänger gefunden, die in der Idee einer Zivilrechtsakzessorietät wurzelt, die zivilrechtliche Pflichtverletzung aber nur als notwendige, nicht hinreichende Bedingung der strafrechtlichen Pflichtverletzung anerkennen will und von Lüderssen als „asymmetrische Zivilrechtsakzessorietät“ bezeichnet worden ist378. Damit ist eine Zweistufentheorie der strafrechtlichen Pflicht376

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RG 69 62, 64 hat denn auch den Kassenboten und den Beitragseinsammler als taugliche Untreuetäter qualifiziert, unabhängig davon, ob es nur um Bagatellbeträge ging. Richtigerweise hängt das in allen Fällen von der Frage der Selbständigkeit ab. Aus Gründen der Vereinfachung und Abkürzung wird nachfolgend meist (nur)

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von zivilrechtlichen Pflichten gesprochen; das Gleiche gilt aber jeweils cum grano salis auch für öffentlichrechtliche Fürsorgepflichten. FS Lampe, S. 727, 729; ders., FS Eser, S. 163, 170; ihm nachfolgend Dierlamm StraFo 2005 397, 398 ff; ders. MK Rdn. 153; Hoyer SK Rdn. 47 i.V.m. 54;

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verletzung intendiert, dergestalt, dass auf der ersten Stufe die Verletzung einer spezifizierten zivilrechtlichen Pflicht festgestellt werden müsse, an die sich auf der zweiten Stufe die Prüfung einer zusätzlichen strafrechtlichen „Höhenmarke“ anschließe. Tiedemann 379 hat hierzu die Formel geprägt, eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 sei nur zu bejahen, wenn ein „Verstoß gegen einen engen, unzweifelhaften Kernbereich“ zur Debatte stehe, weshalb „jedes wirtschaftlich irgendwie sinnvolle oder vertretbare Ziel“ hingenommen werden müsse und nur „eindeutig unvertretbare Handlungsweisen“ dem Untreuetatbestand subsumiert werden könnten. Mittlerweile hat die vom 1. Strafsenat des BGH geprägte380 Formel der „gravierenden Pflichtverletzung“, die „im Wege einer einzelfallbezogenen Gesamtschau anhand verschiedener Indizien bzw. Leitkriterien festgestellt werden müsse“381, viele Anhänger gefunden382. Dementsprechend soll Untreue bereits auf der ersten Stufe ausscheiden, wenn keine „primäre“ Pflichtverletzung etwa auf dem Gebiet des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts vorliege (Dierlamm MK Rdn. 152; Saliger SSW Rdn. 31; ders. HRRS 2006 14), wobei Beurteilungsgrundlage die für das jeweilige Rechtsverhältnis einschlägigen Sätze, Richtlinien, Weisungen oder vertragliche Regelungen und beim Fehlen konkreter Vorgaben die für das jeweilige Rechtsverhältnis geltenden gesetzlichen Sorgfaltsmaßstäbe sein sollen wie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB) oder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bei Kapitalgesellschaften (§§ 93 Abs. 1, 116 AktG)383. Für den Rückgriff auf das allgemeine Schädigungsverbot (so dezidiert LK Voraufl. Rdn. 94; Sch/Schröder/Perron Rdn. 36) bestehe keine Notwendigkeit, eben weil sich die für den Einzelfall verbindliche Pflicht beim Fehlen konkreter Vorgaben aus dem im Rechtsverkehr anerkannten Sorgfaltsmaßstab konkretisieren lasse (Dierlamm MK Rdn. 166; Saliger SSW Rdn. 43).

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b) Diese asymmetrische Akzessorietätstheorie verzeichnet jedoch das Verhältnis von Strafrecht und Zivilrecht, so wie es auch in § 266 zum Ausdruck kommt und das man treffender mit dem Ausdruck „Zivilrechtsaffinität“ (LK Voraufl. Rdn. 68) bzw. „sektorale Zivilrechtsakzessorietät“ (Schünemann Organuntreue S. 25) bezeichnen sollte. Zwar führt die theoretische Diskrepanz zwischen asymmetrischer und sektoraler Zivilrechts-

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Günther FS Weber S. 311, 314; ähnlich Kubiciel NStZ 2005 353, 354; Dittrich Untreuestrafbarkeit S. 33 ff; Saliger HRRS 2006 14; Saliger SSW Rdn. 31. Tiedemann FS Dünnebier S. 519, 533; ders. FS Tröndle S. 329; ders. FS Lenckner S. 737, 747; ders. Wirtschaftsstrafrecht BT, Rdn. 390. BGHSt 47 187, 197, wo, soweit ersichtlich, erstmals zwischen der gesellschaftsrechtlichen Pflichtverletzung und der „gravierenden“ Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 klar unterschieden worden ist. In den beiden vorangegangenen Entscheidungen desselben (1.) Strafsenats zur Kredituntreue (BGHSt 46 30; 47 148), die gewöhnlich im gleichen Atemzuge angeführt werden (etwa Hoyer SK Rdn. 54 Fn. 147), werden zunächst nur formelle, im Ergebnis irrelevante Pflichtverstöße ausgeschieden (deutlich BGHSt 46 30,

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32), und sodann wird für den „gravierenden Verstoß“ ausdrücklich auf die amtlichen Verlautbarungen der Bundesaufsichtsanstalt für das Kreditwesen verwiesen (BGHSt 47 148, 152 f), so dass sich zumindest die „Zweistufentheorie“ durch diese Entscheidungen noch nicht belegen lässt. Etwa Hoyer SK Rdn. 55 in weitgehend wörtlicher Übernahme von BGHSt 47 187, 197. Zustimmend alsbald Otto FS Kohlmann S. 187 ff; Lüderssen FS Lampe S. 709, 729; Tiedemann FS Weber S. 319, 322 f; ebenso Dierlamm MK Rdn. 154 ff; Saliger SSW Rdn. 40 ff; Beulke FS Eisenberg S. 253 f; Kiethe NStZ 2005 531; ders. BKR 2005 185; Kubiciel NStZ 2005 357 ff; Kutzner NJW 2006 3543; Matt NJW 2005 390. Saliger SSW Rdn. 31.

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akzessorietät nicht zwingend zu abweichenden Ergebnissen, weil beide Theorien darin übereinstimmen, dass eine Handlung, die nach der speziellen rechtlichen Regelung des Geschäftsbesorgungsverhältnisses rechtmäßig ist, nicht bestraft werden kann384. Dennoch ist die theoretische Diskrepanz nicht irrelevant, weil die von der asymmetrischen Zivilrechtsakzessorietätstheorie gewählte Anknüpfung an eine zivilrechtliche Pflichtverletzung als Ausgangspunkt der Subsumtion zu dem Missverständnis verleitet, anschließend müsse nach dem allgemeinen Grundsatz, dass Strafrecht nur die ultima ratio zum Rechtsgüterschutz sei, für das Strafrecht noch einmal „draufgesattelt“ und eben zusätzlich nach einer „gravierenden Pflichtverletzung“ gefragt werden. In Wahrheit steckt aber die bei dem falschen Ausgangspunkt naturgemäß zunächst vermisste strafrechtsspezifische Höhenmarke im Untreuetatbestand selbst und der darin vorgenommenen Beschreibung der Unrechtsmaterie in Gestalt der vorsätzlichen Schädigung anvertrauten fremden Vermögens, aus der die Pflichtverletzung grds. rückgeschlossen werden kann. Die Pflicht, die hierbei verletzt wird, ist zunächst also nichts anderes als die dem Straftatbestand logisch vorausliegende Primärnorm385, ohne dass es dafür notwendig auf eine vorausliegende und blankettartig vom Straftatbestand in Bezug genommene außerstrafrechtliche Rechtsnorm ankäme. Das kann angesichts der im Treubruchtatbestand ausdrücklich aufgeführten Kategorie des (scil. tatsächlichen) Treueverhältnisses überhaupt nicht bestritten werden, weshalb auch Saliger in später von ihm außer Acht gelassener Weise davon spricht, dass die Untreue (scil. nur) „in der Regel“ eine außerstrafrechtliche Pflichtverletzung auf der Primärebene voraussetze (SSW Rdn. 31). Dass die Suche nach einer außerstrafrechtlichen „Pflichtverletzung auf der Primärebene“ keine für das Unrecht des § 266 konstitutive Bedeutung besitzt, macht auch der hierfür von der strengen Zivilrechtsakzessorietätstheorie angegebene letzte Geltungsgrund deutlich, der in den „gesetzlichen Sorgfaltsmaßstäben“ bestehen soll (Dierlamm MK Rdn. 151; Saliger SSW Rdn. 31). Denn bei einer Verletzung solcher Sorgfaltsnormen geht es – in den Kategorien der Strafrechtsdogmatik gesprochen – um fahrlässige abstrakte Gefährdungsdelikte, während es sich bei der Untreue um ein vorsätzliches Verletzungsdelikt handelt, das allein schon dadurch die den abstrakten zivilrechtlichen Verstößen fehlende strafrechtliche Höhenmarke festlegt. Der dogmatische Fehler der asymmetrischen Zivilrechtsakzessorietätstheorie bedeutet deshalb eine ähnliche „Verdrängung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“386 wie die Verwechslung der konkreten Fahrlässigkeit beim Erfolgsdelikt

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So für die Akzessorietätstheorie Dierlamm MK Rdn. 152; ders. StraFo 2005 398; Beulke FS Eisenberg, 251; Günther FS Weber, 314; Lüderssen FS Lampe, 728; ders. FS Eser, 170; Murmann Jura 2010 564; Ransiek ZStW 116 (2004) 644 ff; Saliger SSW Rdn. 31; für die Affinitätstheorie Voraufl. Rdn. 94; Schünemann Organuntreue S. 24 f; ders. NStZ 2005 473, 474. Anerkannt seit Binding Die Normen und ihre Übertretung Bd. I, 1. Aufl. 1872 S. 23 ff; 4. Aufl. 1924 S. 35 ff; Handbuch des Strafrechts, 1885, S. 155 ff; Grundriß des deutschen Strafrechts, 1913, 63 f; später insb. Armin Kaufmann Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, 1954, etwa S. 234 ff.

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In deren Kritik die nationalsozialistisch übersteigerte Monographie von Bruns Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken (1938) ihren berechtigten Kern hatte, s. Schünemann Organuntreue S. 22 f; Lüderssen FS Hanack S. 487 ff, 490. Übrigens würde die angebliche Zivilrechtsakzessorietät genau umgekehrt das Zivilrecht in erhebliche Schwierigkeiten führen, weil dann die Entscheidung des 2. Zivilsenats des BGH im Fall „Bremer Vulkan“, die früher von ihm selbst entwickelte Haftungsfigur des „qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns“ im Wege einer Rechtsrückbildung aufzugeben und die Haftung für Schädigungen der abhängigen GmbH nunmehr über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 oder § 266

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mit den abstrakten Sorgfaltsnormen387 oder die entsprechende Verwechslung der Garantenstellung aus Übernahme mit der Verletzung einer etwa als Epi-Phänomen hinzukommenden zivilrechtlichen Vertragspflicht388. Dementsprechend handelt es sich bei dem Treubruch- auch nicht etwa389 um einen Blankett-Straftatbestand390, denn es handelt sich bei der Verletzung der außerstrafrechtlichen Pflicht (wie die Alternative des Treueverhältnisses beweist) um keine notwendige Voraussetzung der strafrechtlichen Normverletzung, sondern (wie auch bei vielen anderen Garantenstellungen) um ein (besonders häufiges) Epi-Phänomen. Dass der der asymmetrischen Akzessorietätstheorie deshalb anhaftende Geburtsfehler vielfach nicht bemerkt wird, liegt, wie schon erwähnt, daran, dass auch die nach der hier vertretenen Auffassung zutreffende Affinitätstheorie391 in der praktisch wichtigsten Frage zum selben Ergebnis kommt: So wie sich aus dem Zivilrecht (und natürlich erst recht aus dem öffentlichen Recht) allgemein zahlreiche Rechtfertigungsgründe ableiten lassen, die nach dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung auch im Strafrecht anerkannt werden392, liegt naturgemäß kein pflichtwidriges (= rechtswidriges) vermögensschädigendes Handeln vor, wenn es nach der zivilrechtlichen Regelung des betreffenden Obhutsverhältnisses gestattet war. Praktisch ist es deshalb oft gleichgültig, ob man vom Zivilrecht ausgeht und über dessen Verbote das Strafrecht eingreifen lässt oder ob man vom strafrechtlichen Verbot ausgeht und zivilrechtliche Erlaubnisse als Rechtfertigungsgründe anerkennt, die aufgrund der besonderen Tatbestandsfassung des § 266 bereits als Tatbestandsausschließungsgründe in Erscheinung treten können (näher u. Rdn. 124).

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c) Wie schon bemerkt, wirkt sich der fehlerhafte theoretische Ansatz der asymmetrischen Zivilrechtsakzessorietätstheorie aber in der Form aus, dass nach einer besonderen Eigenschaft speziell der zivilrechtlichen Pflichtverletzung gesucht wird, in der die für das Strafrecht nach der Zweistufentheorie erforderliche besondere Höhenmarke stecke. Dabei stützen sich die Anhänger der asymmetrischen Zivilrechtsakzessorietätstheorie vor allem auf einige Entscheidungen des 1. Strafsenats des BGH, in denen für den Treubruch-

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StGB „strafrechtsakzessorisch“ zu begründen, zu einem Zirkelschluss führen würde (s. BGHZ 149 10 m. Rezension Mödl, JuS 2001 14 ff; Schünemann, LM § 309 AktG 1965 Nr. 1 Blatt 8 ff; zur weiteren Rspr. Vetter, ZIP 2003 601 ff; Janert, MDR 2003 724 ff; Wellkamp, NStZ 2001 113 ff; ferner am Beispiel des Insolvenzstrafrechts Achenbach, GS Schlüchter S. 257 ff; zur strafrechtlichen „Bewältigung“ des Falles BGHSt 49 147 ff und dazu Ransiek wistra 2005 121 ff; Tiedemann JZ 2005 45 ff). Nach h.M. kommt diesen vielmehr nur ein Indizfunktion zu (Roxin AT I § 24 Rdn. 16; Fischer § 15 Rdn. 16a; Weigend FS Gössel, 132 f), nach Meinung von Duttge MK § 15 Rdn. 113 ff nicht einmal das. Heute unstr., vgl. Roxin AT II § 32 Rdn. 13, 53; eingehend Schünemann, Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte, 1971, S. 342 ff, 346 f; ders. FS Amelung S. 309.

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In diesem Sinn Lüderssen FS Schroeder S. 569; Deiters ZIS 2006 159; Nelles Untreue S. 505; Seier, in: Kohlmann S. 110; wohl auch Dierlamm StraFo 2005 401 („blankettartig“); wie hier Rönnau ZStW 119 (2007), 887, 903 ff; Kubiciel NStZ 2005 257; Jakobs NStZ 2005 277; Vogel/Hocke JZ 2006 571; wohl auch Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 49; unentschieden Lackner/Kühl Rdn. 19. Was dogmatisch vor allem für Irrtumsfragen relevant ist, u. Rdn. 193 f. Zust. Mosiek wistra 2003 370, 373; vermittelnd Rönnau ZStW 119 (2007), 887, 906 f. Roxin AT I § 14 Rdn. 31 ff, § 16 Rdn. 107 ff, § 17 Rdn. 1 ff; Sch/Schröder/ Lenckner/Sternberg-Lieben Vorbem §§ 32 ff Rdn. 27 f, 81 ff; Rönnau LK Vor § 32 Rdn. 20 ff, 233 ff; Schlehofer MK Vor §§ 32 ff Rdn. 93 ff; Paeffgen NK Vor §§ 32 ff Rdn. 41 ff, 187 ff.

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tatbestand ausdrücklich das Vorliegen einer gravierenden Pflichtverletzung gefordert wird 393, die „im Weg einer einzelfallbezogenen Gesamtschau anhand verschiedener Indizien bzw. Leitkriterien festgestellt werden müsse“394. Die Verarbeitung dieser Entscheidungen im Schrifttum hat mittlerweile zu diffizilen terminologischen Unterscheidungen geführt, so wenn etwa Saliger (SSW Rdn. 41) eine „starr indizienbasierte strafrechtsautonome Schweretheorie“, eine „zivilrechtsakzessorische Schweretheorie“ und eine „nicht starr indizienbasierte strafrechtsautonome Schweretheorie“ unterscheiden will. Aber eine sorgfältige Analyse der BGH-Rechtsprechung zeigt, dass die Formel von der Notwendigkeit einer „gravierenden Pflichtverletzung“ durchaus nicht im Sinne einer zusätzlichen strafrechtlichen Höhenmarke als untreuespezifische zweite Stufe der Pflichtwidrigkeit zu verstehen ist, sondern richtigerweise zum Teil andere dogmatische Zusammenhänge betrifft und im übrigen in der Rechtsprechung der letzten Jahre keine besondere Rolle mehr spielt 395: Bezeichnenderweise ist die Forderung einer „gravierenden Pflichtverletzung“ bisher 96 nur vom 1. Strafsenat und auch nur für zwei Fallgruppen aufgestellt worden, nämlich für die Bankuntreue und für die Spendenuntreue. Was die sog. Bankuntreue (genauer: Untreue durch Kreditvergabe) anbetrifft, so hat der 1. Strafsenat zunächst in seinem Urteil vom 6. April 2000 ausgesprochen, dass die Kreditbewilligung ihrer Natur nach ein mit einem Risiko behaftetes Geschäft sei und dass die Abwägung der Risiken gegen die Chancen nicht deshalb pflichtwidrig sei, weil das Engagement später notleidend würde, sofern sie nur sorgfältig vorgenommen worden sei; selbst wenn bei der Abwägung eine Pflichtverletzung vorgelegen habe, genüge dies zur Tatbestandserfüllung nur dann, wenn ein bei Vertragsschluss oder bei Darlehensausreichung eingetretener Vermögensnachteil auf die Pflichtwidrigkeit zurückzuführen sei, was etwa nicht zutreffe, wenn zwar eine Kompetenzüberschreitung vorliege, die Bonität des Kreditnehmers aber außer Zweifel stehe396. Dies ist sodann in dem späteren Urteil vom 15.11.2001 dahin fortentwickelt worden, dass eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 bei Kreditvergabe nur dann vorliege, wenn die Entscheidungsträger ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht gravierend verletzt hätten, was dann nicht der Fall sei, wenn eine fehlende Information durch andere gleichwertige Informationen ersetzt werde 397. Hierdurch wird deutlich, dass der 1. Strafsenat mit dem Erfordernis der „gravierenden Pflichtverletzung“ bei der Prüfung der Kreditwürdigkeitsvoraussetzungen im Grunde eine Voraussetzung des Vermögensschadens thematisiert und die tatbestandsmäßige Pflichtwidrigkeit für den Fall verneint, dass die Kreditentscheidung bei der gebotenen Gesamtabwägung vertretbar war, also mit anderen Worten nicht zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung geführt hatte. Daraus folgt dann aber wiederum, dass die ganze Figur bei der Bankuntreue funktionslos ist, denn weil der Untreuetatbestand nun einmal den Eintritt eines Vermögensnachteils voraussetzt, reicht eine Pflichtwidrigkeit für sich allein niemals zur Tatbestandserfüllung aus, gleichgültig, wie gravierend sie an und für sich ist. Dass der 1. Strafsenat in seiner Entscheidung nicht auf den fehlenden Vermögensnachteil, sondern auf das Kriterium der Pflichtwidrigkeit abgestellt hat, beruht offenbar darauf, dass bei einem Risikogeschäft, wie es die Kreditgewährung darstellt, die schadensgleiche Vermögensgefährdung regelmäßig aus der unzulänglichen Bonität des Kreditnehmers gefolgert wird,

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BGHSt 46 30; 47 148; 47 187, 197. So etwa Hoyer SK Rdn. 55 in weitgehend wörtlicher Übernahme von BGHSt 47 187, 197. Vgl. dazu bereits Schünemann Organ-

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untreue S. 21 ff; ders. NStZ 2005 473 ff; NStZ 2006 196 ff. BGHSt 46 30, 34. BGHSt 47 148, 150, 152.

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die wiederum im Zentrum der Prüfungspflichten eines Bankvorstandes steht, so dass Pflichtwidrigkeit und Schaden hier im Grunde genommen nur zwei Seiten derselben Medaille sind. Etwas anders stellen sich die Verhältnisse bei der Spendenuntreue dar, für die der 97 1. Strafsenat im Fall des „SSV Reutlingen“ das Erfordernis der „gravierenden gesellschaftsrechtlichen Pflichtverletzung“ ausgebaut und sogar in seine Leitsätze aufgenommen hat 398. Ob dies der Fall sei, bestimme sich aufgrund einer Gesamtschau, wobei fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgen rein persönlicher Präferenzen, bedeutsam seien und jedenfalls dann, wenn sämtliche dieser Kriterien erfüllt seien, eine untreuerelevante Pflichtverletzung vorliege399. Was der 1. Strafsenat hier als eine spezifisch strafrechtliche Interpretation vorgestellt hat, ist aber in Wahrheit nichts anderes als eine Umschreibung des Ermessensspielraums, den der Vorstand einer Aktiengesellschaft nach den §§ 76, 93 AktG400 bei der Ausübung seiner Leitungsverantwortung nach den Sorgfaltsregeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters genießt (ebenso der Vorstand einer Stiftung BGH wistra 2010 445) und der übrigens auch in dem zitierten Urteil ausdrücklich anerkannt wird 401. Für eine spezifisch strafrechtliche Ausdeutung bliebe lediglich noch die – dogmatisch abermals der objektiven Zurechnung zuzuordnende – Frage übrig, ob eine aufgrund eines Ermessensfehlers getätigte Spende auch dann zur Tatbestandserfüllung ausreichen solle, wenn es möglicherweise auch ohne den Ermessensfehler zu derselben Spende gekommen wäre (beispielhaft: wenn ein Vorstandsmitglied nicht, wie es geboten gewesen wäre, die anderen Vorstandsmitglieder in die Entscheidung einbezogen hätte, wenn es aber für diesen Fall mit Sicherheit oder mit Wahrscheinlichkeit oder vielleicht auch nur möglicherweise zu derselben Entscheidung gekommen wäre); vgl. dazu u. Rdn. 188. Zwar hat das LG Düsseldorf im Mannesmann-Fall die Formel des 1. Strafsenats von 98 der „gravierenden Pflichtverletzung“ als Forderung einer zusätzlichen strafrechtlichen Höhenmarke des zivilrechtlichen Unrechts aufgefasst und darauf seinen Freispruch gegründet 402, aber der 3. Strafsenat des BGH hat im dazu ergangenen Revisionsurteil die Rspr. des 1. Strafsenats im Sinn der zuvor von Schünemann (o. Fn. 395) vertretenen und vorstehend Rdn. 93 f übernommenen Sachposition interpretiert: „Anliegen des Urteils (scil. im Spendenfall) sei, speziell für den Bereich der Unternehmensspenden … die Not-

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BGHSt 47 187 ff. BGHSt 47 194–197. Die Formulierung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ als deutsche Fassung der sog. Business Judgment Rule besagt nichts anderes, und diese Grundsätze sind natürlich nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt, sondern gelten für jedes unternehmerische Handeln, beispielsweise auch bei der GmbH (BGH NJW 2003 358, 359; ZIP 2008 1675, 1676; Kleindiek, in

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Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, § 43 Rdn. 16). Grdl. die „ARAG-Garmenbeck-Entscheidung“ BGHZ 135 244, 253. Siehe BGHSt 47 192 ff sowie dazu, dass „einige“ (eigentlich: alle) „der Kriterien (des 1. Strafsenats) auch als Grenzdaten für den weiten unternehmerischen Freiraum in Betracht kommen, den der 2. Zivilsenat Organ und Organmitglied zubilligt“, Henze WuB 2002 789, 790. NJW 2004 3275, 3277, 3280 f; ebenso Dierlamm StraFo 2005 397, 402 f; Wollberg ZIP 2004 646, 656 f; Braum KritV 2004 67, 76 f.

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wendigkeit eines weiten Handlungsspielraums des Entscheidungsträgers zu betonen“ (BGHSt 50 331, 345). Auch für das Urteil des 1. Strafsenats zur Kreditvergabe hat der 3. Strafsenat „die Unwägbarkeiten dieser Entscheidung“ als „Grund für die Anerkennung eines Handlungsspielraums“ gesehen, „dessen Betonung und Ausgestaltung Anliegen des 1. Strafsenats war“ (BGHSt 50 331, 346). Zusammenfassend wird es vom 3. Strafsenat im 2. Leitsatz als eine „Klarstellung“ zu den Urteilen des 1. Strafsenats formuliert, dass „die zur Erfüllung … der Untreue erforderliche Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht nicht zusätzlich gravierend sein“ müsse (BGHSt 50 331, 332). Der 2. Strafsenat hat in den von ihm entschiedenen Fällen der schwarzen Kassen, die im Interesse und zum Nutzen des Geschäftsherrn gehalten wurden, die Verneinung einer Untreue mangels „gravierender“ Pflichtverletzung nicht einmal in Erwähnung gezogen.403 Und auch der 1. Strafsenat hat die ihm von Teilen des Schrifttums subintellegierte Forderung einer gravierenden Pflichtverletzung als Basis einer Zweistufentheorie nicht bestätigt, sondern ist davon deutlich abgerückt. Zunächst hat er im Kinowelt-Urteil die „gravierende“ Pflichtverletzung auf das altbekannte (zur Abgrenzung der Täterstellung mit mäßigem Erfolg benutzte 404, o. Rdn. 90) Kriterium der Verletzung einer Hauptpflicht reduziert 405. Und in seiner Entscheidung zum Erlanger Siemens-Fall hat er den „untreuespezifischen Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und geschütztem Rechtsgut“ im Falle einer Verletzung außerstrafrechtlicher Normen davon abhängig gemacht, dass diese wenigstens „auch mittelbar vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen“ haben406. Das dürfte auf den im Schrifttum schon früher 407 geforderten Schutzzweckzusammenhang zwischen Verletzungshandlung und Schaden als vierter Stufe der objektiven Zurechnung 408 hinauslaufen (näher u. Rdn. 184 f) und das 403 404

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BGHSt 52 323 ; BGH ZIP 2010 1892 ff. Fischer Rdn. 36, Lackner/Kühl Rdn. 11, Sch/Schröder/Perron Rdn. 23 ff, Wessels/ Hillenkamp BT 2, Rdn. 769. Nämlich mit der Wendung, dass dann, wenn „die weit zu ziehenden äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit überschritten werden und damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt wird, eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten (vorliege), die so gravierend (sei), dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB“ begründe, BGH NStZ 2006 221, 222. Der 3. Strafsenat hat dieses Urteil deshalb ausdrücklich dafür zitiert, dass dem Merkmal einer „gravierenden“ Pflichtverletzung für solche Fallgestaltungen keinerlei Bedeutung zukomme, bei denen für das Organ kein Handlungsspielraum besteht, weil die Maßnahme „für das zu betreuende Vermögen … ausschließlich nachteilige Wirkungen“ hat und „ein … irgendwie gearteter Vorteil für die Gesellschaft unter den gegebenen Umständen ersichtlich nicht eintreten konnte“, s. BGHSt 50 331, 346; zu den verbleibenden Unklarheiten der Kinoweltentscheidung Schünemann NStZ 2006 196, 197 f.

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BGHSt 55 288, 301 m. z.T. krit. Anm. Brand JR 2011 400. Die Norm, um deren Verletzung es hierbei ging, war das strafbare Verbot der Beeinflussung der Betriebsratswahl gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, deren Verletzung vom 1. Strafsenat zwar in Tz. 51 ff bejaht wurde, ohne die von Schünemann FS Gauweiler 515, 520 ff im Einzelnen für eine angemessen restriktive Auslegung dieser Strafrechtsnorm vorgebrachten Argumente zu erwähnen, geschweige denn zu berücksichtigen. Für die Auslegung des § 266 StGB kommt es aber auf dieses Mangel der Entscheidung nur insoweit an, als sich das vom 1. Strafsenat mit richtiger Tendenz behandelte Problem ohne ihn konkret gar nicht gestellt hätte. Schünemann Organuntreue, S. 63 f; ders. NStZ 2008 430, 434. Zu dieser Unterscheidung von vier Stufen der Zurechnung (Kausalität, Adäquanz, Risikoerhöhung, Schutzzweck) s. bereits Schünemann JA 1975 575, 578 ff; 647 ff; 715 ff; ders. GA 1999 207, 213 ff; der Sache nach weithin anerkannt, s. nur Roxin Strafrecht AT I § 11 Rdn. 6 ff, 39–145.

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Konzept einer zweistufigen Prüfung der Pflichtwidrigkeit mit einer zusätzlichen strafrechtlichen Höhenmarke auf der zweiten Stufe verabschiedet haben. Dass es bei der vermeintlichen strafrechtsspezifischen Höhenmarke einer originär zivilrechtlichen Pflichtwidrigkeit zum größten Teil um Zurechnungsprobleme geht, deren Wurzel in den Abgrenzungsproblemen des Tatbestandsmerkmals „Vermögensnachteil“ namentlich in Form des „Gefährdungsschadens“ (eingehend u. Rdn. 177 ff) steckt, kann man anhand eines kritischen Tests demonstrieren, indem man die einschlägigen Beispiele in Richtung auf einen sofort eintretenden „Endschaden“ (dazu u. Rdn. 116, 180) variiert: etwa wenn ein Bankvorstand einen ungesicherten Kredit an einen Kunden vergibt, den er nach allen Regeln des Kreditwesengesetzes ohne negatives Ergebnis geprüft hat, dessen unmittelbar bevorstehende Insolvenz er aber vor Kreditauszahlung durch reinen Zufall erfährt.

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An diesem Ergebnis wird auch durch die Untreueentscheidung des BVerfG vom 23.6.2010 nichts geändert, denn die darin zu findenden, recht eklektischen Bemerkungen zur „Pflichtwidrigkeit“ lassen keine klare Richtung und erst recht keine verfassungsrechtliche Zwangsläufigkeit erkennen. Das BVerfG geht zunächst von dem hier bereits in der Voraufl. Rdn. 1 akzentisierten Unrechtsspezifikum der „Schädigung von innen heraus“ und dessen großer Bedeutung angesichts des typischen Auseinanderfallens von Vermögensinhaberschaft und Verfügungsmacht aus (BVerfGE 126 170, 201 = NJW 2010 3209, 3212, Tz. 87 f), macht dies aber für die Abgrenzung des Adressatenkreises des Treubruchtatbestandes wenig fruchtbar (aaO S. 3213, Tz. 93), sondern geht stattdessen ohne Berücksichtigung der Alternative des (faktischen) „Treueverhältnisses“ sogleich auf die Annahme einer „Akzessorietät des Tatbestands“ in Gestalt der „aus zivil- oder öffentlich-rechtlichen Normen folgenden Pflichtwidrigkeit des Handelns als notwendige Voraussetzung der Untreuestrafbarkeit“ ein (aaO Tz. 96), verwirft aber die Konstruktion eines Blanketttatbestandes und nimmt stattdessen ein „komplexes normatives Tatbestandsmerkmal“ an (aaO Tz. 97); sodann verweist es pauschal auf die unsortierte Kriterienvielfalt der Rechtsprechung (aaO S. 3214, Tz. 107 ff), die von ihm ohne weitere Begründung für geeignet erklärt wird, „den Anwendungsbereich des Untreuetatbestands im Sinne der dahinter stehenden Schutzkonzeption zu begrenzen“. Ob des hinter der Kasuistik der Rspr. aufscheinenden methodischen Vakuums unbekümmert, wird sodann eine „die Vorhersehbarkeit der Strafbarkeit im Regelfall“ sichernde Konkretisierung „in fallgruppenspezifischen Obersätzen“ angenommen (aaO S. 3215, Tz. 111), deren Ziel „von Verfassungs wegen darin bestehen“ soll, „die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken“, wobei die Entwicklung geeigneter dogmatischer Mittel den Strafgerichten obliege; als Beispiel wird sodann die (in sich wenig kohärente, o. Rdn. 96 ff) neuere BGH-Rechtsprechung angeführt, als deren Spezifikum in Verkennung der neuesten Entwicklung die Beschränkung auf eine „gravierende“ Pflichtverletzung genannt wird. In concreto wird die „Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ im Sozialrecht als vermögensrelevante Pflicht des Vorstandes einer Betriebskrankenkasse anerkannt, wobei das „Eingrenzungsgebot“ schon vom Tatrichter dadurch gewahrt sei, dass er die Untreuestrafbarkeit „ersichtlich auf evidente und schwerwiegende Verstöße gegen diesen Grundsatz jenseits der bestehenden Entscheidungsspielräume“ beschränkt habe, weshalb eine weitere Auseinandersetzung „mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Erfordernis eines gravierenden Charakters der Pflichtverletzung … nicht geboten“ gewesen sei (aaO S. 3217, Tz. 128).

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Aus diesen Zitaten wird deutlich, dass das BVerfG nicht den Ehrgeiz einer eigenen dogmatischen Konturierung des Treubruchtatbestandes hatte und nach seiner Aufgabe als Verfassungsgericht auch nicht haben konnte, sondern von der Prämisse einer generel-

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len Einschränkungstendenz her die dazu passenden Zitate der Rechtsprechung aufgegriffen hat, ohne auf deren innere Widersprüche (beispielsweise dass das Erfordernis einer „gravierenden“ Pflichtverletzung neben der Anerkennung eines weiten unternehmerischen Entscheidungsspielraums keinen Sinn macht) einzugehen. Entsprechend unklar bleiben auch die Bemerkungen zur dogmatischen Funktion der (unter dem Aspekt des „Treueverhältnisses“ überhaupt nicht thematisierten) außerstrafrechtlichen Rechtspflicht für die Erfüllung des Straftatbestandes. Bezeichnend ist, dass bezüglich der nach den tatrichterlichen Feststellungen zwar von der Konzernleitung untersagten, aber zum Vorteil des Siemens-Konzerns gehaltenen schwarzen Kassen 409 die Frage nach der „gravierenden“ Pflichtwidrigkeit vom BVerfG nicht gestellt 410, das im Schrifttum einflussreiche Konzept einer Zweistufentheorie (o. Rdn. 93 ff) hier also nicht einmal ventiliert wird. Wenn man schließlich berücksichtigt, dass das Restriktionsbedürfnis vom BVerfG aus dem in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltenen Bestimmtheitsgrundsatz abgeleitet wird (deutlich in den allgemeinen Darlegungen bei BVerfG NJW 2010 3209, 3211 f, Tz. 81 f sowie S. 3212, Tz. 85 und S. 3213 f, Tz. 92 ff), so wird deutlich, dass eine nicht mit verschwommenen Formeln und einer Ansammlung schlicht nebeneinander gestellter Kriterien arbeitende, sondern ein systematisches Konzept entfaltende Interpretation des Treubruchtatbestandes, wie sie vorstehend entwickelt worden ist, den verfassungsrechtlichen Prämissen für die Interpretation des § 266 weitaus besser entspricht und deshalb den vom BVerfG angeführten Maximen ohne weiteres gerecht wird. Dies gilt insbesondere auch für die vom BVerfG offenbar in Anlehnung an Tiedemann (o. Rdn. 93) geforderte „Evidenz“ der Pflichtverletzung, bei der es sich ja um nicht mehr als einen intuitiven Eindruck handelt, der ohne analytische Klärung des als evident empfundenen Objekts nur eine Scheinlösung liefert. d) Der Treubruchtatbestand erfordert nach seinem Wortlaut wie nach seinem Straf- 101 grund die Identität des betreuten und des geschädigten Vermögensinhabers sowie der zu betreuenden (d.h. in der Obhutsherrschaft des Täters stehenden) und der verletzten Vermögensinteressen411. An dieser Identität fehlt es bei der Verletzung der sog. schlichten Schuldnerpflichten, die nicht zugleich Ausdruck einer über das fremde Vermögen ausgeübten Herrschaft ist, mag eine solche auch in anderen Bereichen existieren. Instruktiv ist der Fall eines Rechtsanwalts, der eine Forderung seines Mandanten (a) durch absichtlich schlechte Prozessführung gerichtlich aberkennen lässt, ggf. (b) nach Annahme einer entsprechenden „Provision“ von der Gegenseite, oder sie zwar erfolgreich gerichtlich geltend macht, den Erlös aber nicht an den Mandanten weiterleitet, weil er entweder (c) nicht einmal ordnungsgemäß abrechnet oder (d) das auf seinem Privatkonto vereinnahmte Geld erwartungsgemäß als Folge von Pfändungen seiner eigenen Gläubiger verliert, der ferner (e) aus der ihm vom Mandanten bar überreichten „schwarzen Kriegskasse“ sowie (f) bei einer Besprechung aus dessen in der Flurgarderobe hängendem Mantel Geld

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So die BVerfGE 126 170 vorausgegangenen Urteile des LG Darmstadt v. 14.5.2007 – 712 Js 5213/04-9 KLs (juris), und BGHSt 52 323. Vielmehr wird insoweit vom BVerfG nur der Schaden geprüft, näher u. Rdn. 173. Gleichbedeutend die Wendung, dass das wahrzunehmende Interesse auch das geschädigte sein müsse, s. OLG Hamm NJW 1973

1809, 1810 f, das den Satz dahin wendet, die Vermögensschädigung, d.h. der Taterfolg, müsse innerhalb des betreuten Pflichtenkreises liegen; dagegen Burkhardt NJW 1973 2190, dass ein Problem der Tathandlung in Rede stehe; dazu Sax JZ 1977 703; zu diesen Problemen schon früher Schwinge/Siebert S. 38; OLG Köln JMBlNRW 1958 208.

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entnimmt und schließlich (g) nach Aufdeckung des Haftpflichtfalls den Mandanten nicht freiwillig entschädigt, sondern nur nach Klage und Zwangsvollstreckung zahlt. Während es im Prinzip allgemein anerkannt ist, „dass Beziehungen, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellen, Verpflichtungen enthalten können, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt ist“ (BGHSt 47 295, 297), ist nicht nur die Abgrenzung im einzelnen, sondern bereits die Kategorienbildung ebenso wie die Zuordnung der verschiedenen Fallgruppen umstritten geblieben412. Diese Unklarheiten lassen sich jedoch überwinden, wenn man den Strafgrund der Untreue beachtet und dementsprechend darauf abstellt, dass der Täter einen Vermögensgegenstand seines Geschäftsherrn schädigt, der in seine Obhut gegeben war. Wenn man von diesem in abstracto allgemein anerkannten, wenn auch bei der konkreten Zuordnung nicht völlig gleichmäßig ausgeführten Kernbereich413 ausgeht, so stellen sich nur noch drei weitere prinzipielle Abgrenzungsfragen, zwei im Sinne einer Einschränkung und die dritte im Sinne einer Ausdehnung des Kernbereichs.

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aa) Zwischen Rechtsprechung und neuerem Schrifttum umstritten ist, ob aus diesem Kernbereich diejenigen Schädigungshandlungen auszunehmen sind, die nicht als Geschäftsbesorgung qualifiziert werden können, beispielsweise eine Sachbeschädigung (Mitsch Strafrecht BT 2/1 § 8 Rdn. 46: Der leitende Angestellte setzt das Firmengebäude aus Ärger unter Wasser), ein Diebstahl (OLG Stuttgart in seinem in BGHSt 17 360, 361 mitgeteilten Vorlagebeschluss) oder durch die Auslösung von Bußgeld und Abschleppkosten im Fahrzeugpark (Wolf KJ 2000 548). Nach einer im neueren Schrifttum vertretenen Auffassung, die sich freilich zu Unrecht auf die Rechtsprechung beruft 414, soll der Untreuetatbestand in derartigen Fällen nicht erfüllt sein, denn es sei erforderlich, „dass in der konkreten Pflichtverletzung die Machtstellung als solche verletzt“ (sic!) werde, also „besonderes Vertrauen aufgrund der anvertrauten Machtstellung“ und nicht „lediglich allgemeines Vertrauen, das jedem Arbeitnehmer vom Geschäftsherrn entgegengebracht“ werde415. Demgegenüber werden nicht nur von der weiterhin h.L. im Schrift412

413

Beispielsweise unterscheidet Saliger SSW Rdn. 37–39 zwischen einem inklusiven, einem inneren und/oder einem funktionalen Zusammenhang zwischen Vermögensbetreuungspflicht und konkreter Pflichtverletzung, doch bleiben sowohl die Trennschärfe dieser Unterscheidung als auch die Zuordnung der einzelnen Fälle problematisch, namentlich bei der Kategorie des „funktionalen Zusammenhanges“, deren Reichweite unklar ist. So im Ausgangspunkt einheitlich die Rechtsprechung des BGH, siehe BGH NStZ 1986 361; wistra 1987 65; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 1, 8, 9, 17 (anders Nr. 3); BGH NStZ 1988 217; NJW 1991 1069; 1992 250, 251; wistra 1995 61; 2001 304; StV 1995 302, 303; BGHSt 47 295, 297 – Drittmittelfall – BGH NJW 2006 522, 530 – Fall Mannesmann, insoweit in BGHSt 50 331 nicht abgedruckt; ebenso die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte,

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415

siehe bereits OLG Köln JMBlNRW 1958 208; OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810 f; OLG Karlsruhe NStZ 1990 82, 83; BayObLG JR 1989 300; im Schrifttum bereits Schwinge/Siebert S. 38; Burkhardt NJW 1973 2190; Franzheim StV 1986 409 f; Fischer Rdn. 50 f; Lackner/Kühl Rdn. 15; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 37; Sch/Schröder/Perron Rdn. 35; Dierlamm MK Rdn. 162; Hoyer SK Rdn. 88 ff; Saliger SSW Rdn. 37–39; Arzt/Weber/Hilgendorf/Heinrich § 22 Rdn. 38; Wessels/Hillenkamp Rdn. 769; Mitsch BT 2/1 § 8 Rdn. 46; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 35. So Saliger SSW Rdn. 35 a.E., dessen Zitate aber durchweg anders gelagerte Entscheidungen betreffen und deshalb seine Behauptung, „die Rechtsprechung folgt seit langem dieser Einsicht“, nicht stützen können. Saliger SSW Rdn. 35; ders. Parteiengesetz S. 32; HRRS 2006 18; Esser AnwK

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tum 416, sondern vor allem von der ständigen Rechtsprechung417 auch Fälle dieser Art unter den Treubruchtatbestand subsumiert, weil sich die Schädigung innerhalb des zur Fürsorge anvertrauten Vermögenskreises abspielt. Diese Auffassung verdient nach wie vor den Vorzug. Denn das spezifische Unrecht der Untreue (der Missbrauch der Garantenstellung) kann durch die Heranziehung eines auch den Extraneus erfassenden Gemeindelikts nicht ausgeschöpft werden, weil die Unterscheidung zwischen allgemeinem und besonderem Vertrauen auf der Tatbestandsebene des § 266 keinen Anknüpfungspunkt findet und für die konkrete Fallgruppe auch deshalb fehl geht, weil das den Untreuetäter auszeichnende Moment der fehlenden unmittelbaren Kontrolle (o. Rdn. 86) unabhängig von dem konkret betroffenen Vermögensgegenstand zutrifft (s. auch o. Rdn. 88 zum Beispiel der Entwertung einer hochdekorierten Stute) und weil schließlich bei einer vorsätzlichen Vernachlässigung der Kontrollaufgaben im eigenen Herrschaftsbereich an der Erfüllung des Treubruchtatbestandes nicht gezweifelt werden könnte, weshalb es bei einer eigenen Vornahme von Schädigungshandlungen a fortiori zu demselben Ergebnis kommen muss. Zu guter Letzt macht es auch keinen Sinn, die vom Gesetzgeber durch die Schaffung des Treubruchtatbestandes gewollte Erfassung schädigender Realakte um ihren größten Anwendungsbereich zu berauben, wenn ausgerechnet der „unmittelbar schädigende Angriff“ (Fischer) herausgenommen werden soll. Richtet sich der Verstoß gerade gegen die Betreuungspflicht des Täters, d.h. erfolgt er in Ausübung der dem Täter eingeräumten Herrschaft, so kommt es für die Frage der Tatbestandsmäßigkeit auch nicht darauf an, ob u.U. auch ein anderer, der dem Geschäftsherrn durch kein vermögensfürsorgerisches Betreuungsverhältnis verbunden ist, in der Lage gewesen wäre, eine Tat gleicher Art zu begehen.418 Burkhardt NJW 1973 2191 möchte jene Möglichkeit wenigstens als Anzeichen untreue-atypischen Verhaltens werten. Indessen ist dieses Indiz wenig zuverlässig. Der Griff in die Kasse des Geschäftsherrn hängt in seiner strafrechtlichen Subsumtion eben auch davon ab, wer ihn tätigt: das Mädchen an der Registrierkasse, das den Verkaufspreis und die Einnahme tippt und den Kassenbestand nicht abzurechnen, sondern abzuliefern hat; oder aber der Leiter der zuständigen Kaufhausabteilung, der diese nach allgemeinen Weisungen zu führen, funktionsfähig zu halten hat und mit der Befugnis zu selbständigem (d.h. sich selbst und andere kontrollierenden) Handeln ausgestattet ist: Die Kassiererin stiehlt oder unterschlägt; der Abteilungsleiter begeht (zusätzlich) Untreue. Mithin hat sowohl das OLG Köln in dem Fall JMBlNRW 1958 208 richtig entschieden, da der dort Angeklagte nicht

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Rdn. 147; ebenso bereits Sax JZ 1977 703, 743 f. Schünemann LK Voraufl. Rdn. 90; Fischer Rdn. 51 ff unter der Rubrik „unmittelbar schädigender Angriff“; Wolf KJ 2000 548; Jäger FS Otto S. 607; Dierlamm MK Rdn. 166; Hoyer SK Rdn. 90; im Ergebnis auch Schönke/Schröder/Perron Rdn. 36. BGH LM § 266 Nr. 4; BGH bei Dallinger MDR 1954 399; Vorlagebeschluss OLG Stuttgart und darauf BGHSt 17 360, 362 für Fälle des Diebstahls; RGSt 71 335; 72 193, 194 f; BGHSt 20 144; OLG Braunschweig NJW 1961 2030; OLG Hamm NJW 1957 1041; OLG Köln NJW 1967 1923; allgemein zur Untreue durch Auslösung von

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Schadensersatzansprüchen Dritter der 2. StS des BGH in der Kanther-Entscheidung BGHSt 51 100, 117 f und dazu Saliger NStZ 2007 545 ff; Heinrich FS Otto S. 577, 601 f. RGSt 72 194; BGHSt 17 360, 361 f; OLG Stuttgart NJW 1962 1272 in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Vorlegungsbeschluß; OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810; OLG Celle MDR 1990 846; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 36; Dierlamm MK Rdn. 166; aA OLG Köln JMBlNRW 1958 208 (aber aus anderen Gründen mit zutr. Ergebnis, s.i.f.); Saliger SSW Rdn. 39; Sch/Schröder/Perron Rdn. 36.

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aus dem seiner Betreuung anvertrauten Bereich, sondern aus dem anderer Verwaltung unterstellten Lager gestohlen hatte; als auch das OLG Stuttgart in dem BGHSt 17 361 zugrunde liegenden Beschluss, da der dort Angeklagte die Diebstähle in einem seiner Leitung unterstehenden Zweigbetrieb begangen hatte.419

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bb) Die These von der Notwendigkeit eines „funktionalen Zusammenhanges“ wird auch als Begründung für den Ausschluss „aufgabenbereichsexterner Pflichten“ angeführt (Saliger SSW Rdn. 39), ist in dieser Hinsicht aber überflüssig, weil es hier bereits an der Verletzung einer spezifischen Obhutspflicht (= dem Missbrauch einer Obhutsstellung) fehlt. In der Rspr. geht es in diesem Zusammenhang vor allem um die Nichterfüllung von Herausgabepflichten. Hierfür gilt der Grundsatz, dass die Nichtweiterleitung eines Vermögensgegenstandes, der dem Treupflichtigen zum endgültigen Verbleib zugewendet worden ist, selbst dann nicht unter § 266 fallen kann, wenn der Geschäftsherr zivilrechtlich einen Anspruch auf dessen Ausfolgung besitzt. Anders ist es, wenn der Geschäftsherr selbst oder ein Geschäftspartner von diesem den Vermögensgegenstand nur fiduziarisch, nämlich mit der Auflage an den Treupflichtigen gegeben hat, ihn an den Geschäftsherrn weiterzuleiten oder diesem wieder zurückzugeben. Die Pflicht zur Herausgabe von Provisionen oder Schmiergeldern jeder Art an den Geschäftsherrn, die sich aus §§ 667, 687 Abs. 2 BGB ergibt 420, ist deshalb eine schlichte Schuldnerpflicht, deren Verletzung nicht unter § 266 subsumiert werden kann421. Eine Untreue kommt in solchen Fällen deshalb nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass der Treupflichtige einen für den Geschäftsherrn ungünstigeren Vertrag abschließt, als es ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, und dadurch die entsprechende Anwartschaft des Geschäftsherrn zerstört (näher u. Rdn. 167, 176). Auch in weiteren von der Rechtsprechung zu Recht nicht unter § 266 StGB subsumierten Fällen fehlte es an einer Einflussnahme des generell Treupflichtigen auf speziell seiner Verwaltung unterstehende Vermögensbestandteile des Geschäftsherrn, so bei der schon o. (Rdn. 80) angeführten Aufwandsentschädigung eines Parteivorsitzenden, bei der vom Gemeinderat zu bewilligenden Urlaubsabgeltung eines Bürgermeisters (BayObLG JR 1989 299, 300) oder der Zueignung von Insolvenzmasse nach Insolvenzeröffnung durch das Organ der Gemeinschuldnerin, die ihre Vermögensmacht verloren 419

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Ebenso für die Unterschlagung von Geldbeträgen aus einer Amtskasse durch den Leiter eines Lastenausgleichsamtes BGH 1 StR 69/54 v. 15.7.1954. So bereits RGZ 99 31, 33; BGHZ 39 1, 4; BGH NJW 2001 2476, 2477; 2000 2669, 2672; 1991 1224; 1987 1380; 1982 1752; BGH WM 1978 115; Martinek in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2006, § 667 Rdn. 12; Palandt/Sprau § 667 Rdn. 3. Seiler MK BGB, 5. Aufl. 2009, § 667 Rdn. 17 und § 687 Rdn. 20 vertritt eine Mindermeinung, wonach Schmiergelder kein Erlangtes i.S.v. § 667 darstellten und daher diesbzgl. keine Herausgabe-, sondern allenfalls eine Schadenersatzpflicht in Betracht komme sowie auch ein Anspruch nach § 687 II ausscheide. Allgemeine Auffassung, siehe BGHSt 47 295, 297 f – Drittmittelfall – m. Anm.

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Ambos JZ 2003 345; Kindhäuser/Goy NStZ 2003 291; Toll wistra 2003 181; BGH wistra 1995 61, 62; BGH StV 1995 302 = BGHR § 266 Abs. 1 StGB 35; ebd. Nr. 40; BGH NJW 1991 1069 = wistra 1991 137; BGH NJW 2001 2102, 2105 – Bayerisches Rotes Kreuz, insoweit in BGHSt 46 310 nicht abgedruckt; vgl. ferner BGH wistra 1987 65; BGHR § 266 Abs. 1 StGB Vermögensbetreuungspflicht 1, 8, 9, 17 (aber anders Nr. 3); OLG Karlsruhe NStZ 1990 82, 83; Franzheim StV 1986 409 f; Dierlamm MK Rdn. 231; Hoyer SK Rdn. 51; Lackner/Kühl Rdn. 15; Maurach/Schroeder/Mauwald 1 § 45 Rdn. 32; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; Saliger SSW Rdn. 38; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 4; unklar Fischer Rdn. 60; zur Schadensproblematik u. Rdn. 185.

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hatte (BGH NJW 1992 250, 251). Ebenso erstreckt sich die Geschäftsbesorgung eines Rechtsanwalts für den Mandanten nicht auf die eigene Honorarabrechnung (so auch der Tendenz nach BGH NStZ 1991 240, wenngleich die Frage letztlich offen gelassen wird). Unklar und in der dogmatischen Konstruktion vielfach falsch behandelt bleibt damit allein die Konstellation, dass ein Treupflichtiger das von ihm verwahrte Treugut zwar nicht antastet oder wirtschaftlich gefährdet, aber auch nicht pflichtgemäß auskehrt. Die vom BGH für den Fall eines Rechtsanwalts (BGH NStZ 1986 361 f) und eines Versteigerers (BGHR § 266 Abs. 1 StGB Vermögensbetreuungspflicht 9) vertretene Auffassung, bei den Auskehrungspflichten gehe es nicht um Treupflichten, sondern um schlichte Schuldnerpflichten, hat zwar im Schrifttum Zustimmung gefunden (Saliger SSW Rdn. 38), verkennt aber, dass die schlichten Schuldnerpflichten eine Konsequenz der insoweit fehlenden Herrschaftsstellung sind, so dass es in Bezug auf Treugut auch nur Treupflichten geben kann. Offensichtlich sind die vorgenannten Entscheidungen innerhalb des Bundesgerichtshofes auch bereits in Vergessenheit geraten, denn der 2. Strafsenat hat im Darmstädter Siemensfall die Verurteilung schlicht auf die unterlassene Rückführung der vom Angeklagten übernommenen schwarzen Kasse in den Buchhaltungskreislauf der Siemens AG gestützt (BGHSt 52 323, 334), ohne die Frage auch nur aufzuwerfen, ob es sich dabei nicht nur um die Verletzung einer schlichten Schuldnerpflicht gehandelt habe. Die Verneinung der Untreue in den Fällen des Rechtsanwalts und des Versteigerers könnte deshalb nur im Ergebnis zutreffend sein, insoweit die bloße Nichtauskehrung am vermögensmäßigen Status quo ante des Geschäftsherrn nichts ändern und es deshalb am Vermögensnachteil fehlen könnte (näher dazu, auch bezüglich des Darmstädter SiemensFalles, u. Rdn. 173). cc) Im Schrifttum wird die These eines „funktionalen Zusammenhanges“ zwischen 104 Treupflicht und Pflichtverletzung aber nicht nur in dem vorstehend behandelten einschränkenden, sondern auch in einem erweiternden Sinne gehandhabt, indem Schädigungshandlungen außerhalb des eigenen Herrschaftsbereiches ebenfalls den Treubruchtatbestand erfüllen sollen, sofern der Zugriff nur durch die eigene Position erleichtert wurde. So soll nach Schönke/Schröder/Perron Rdn. 36 auch ein Rechtsverstoß außerhalb des Aufgabenbereichs dem Treubruchtatbestand subsumiert werden, wenn dem Täter seine Position die Umgehung der sonst (d.h. für andere) bestehenden Hindernisse ermöglicht hat 422. Aber das ist keine Ausübung von Obhutsherrschaft mehr und genügt deshalb für § 266 nicht, so dass der Treubruchtatbestand durch ein Handeln außerhalb der eigenen Herrschaftssphäre in der Regel nicht erfüllt wird.423 Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Treupflichtige das zuständige Organ als nicht selbst verantwortliches Werkzeug benutzt, denn durch diese Usurpation dehnt er seine Herrschaft jedenfalls in Form eines (tatsächlichen) Treueverhältnisses aus (Schünemann Organuntreue S. 20).

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Ebenso BGH 1 StR 11/76 v. 8.2.1977 mit der Annahme, der Filialleiter in einem Großmarkt habe außer einem Betrug auch Untreue dadurch begangen, dass er sich in einer auswärtigen, anderer Leitung unterstehenden Filiale Waren „über Hausbelastung“ aushändigen ließ unter der Vorspiegelung, sie bei seiner Filiale bezahlen zu wollen.

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BGH NJW 2006 522, 530 – Fall Mannesmann –, insoweit in BGHSt 50 331 nicht abgedruckt; Schünemann Organuntreue S. 18 f; ebenso Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 45 Rdn. 36; wohl auch Hoyer SK Rdn. 40, 45; unentschieden Saliger SSW Rdn. 39 a.E.

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dd) Die verschiedenen Varianten des o. (Rdn. 101) gebildeten Rechtsanwaltsfalles sind dementsprechend wie folgt zu entscheiden: Die Variante a) liegt problemlos im Kernbereich des Treubruchtatbestandes. In den Fällen c) und d) liegt eine untreuespezifische Herrschaft über anvertrautes Vermögen vor – auch bezüglich der zur Weiterleitung anvertrauten Gelder –, so dass der Täter seine strafrechtliche Vermögensfürsorgepflicht verletzt, während im Fall g) eine schlichte Schuldnerpflicht gegeben ist, deren Nichterfüllung für § 266 nicht ausreicht.424 Im Fall b) hätte der Rechtsanwalt die „Provision“ gem. §§ 667, 687 Abs. 2 BGB an seinen Mandanten herauszugeben, aber auch dabei handelt es sich um eine „schlichte Schuldnerpflicht“, die für § 266 nicht genügt.425 In der Variante e) handelt es sich unbeschadet der Sittenwidrigkeit um ein für § 266 ausreichendes Treueverhältnis (o. Rdn. 64) und auch um einen Missbrauch der Obhutsherrschaft. Dies trifft dagegen nicht in der Variante f) zu, so dass es hier mit § 242 StGB sein Bewenden hat.

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e) Einzelne Formen der Tathandlung. Anders als die Missbrauchsformen werden die Treubruchformen grundsätzlich nicht durch rechtsgeschäftliche Handlungen realisiert, sondern durch nachteilige tatsächliche Einwirkung auf das zu betreuende fremde Vermögen.426 Dies kann innerhalb des Obhutskreises des Täters (Rdn. 101 ff) sowohl durch aktives Tun als auch durch pflichtwidriges Unterlassen geschehen;427 Unterlassungen sind sogar – dem Charakter des § 266 als eines Garantensonderdelikts entsprechend (Rdn. 54) – eine Domäne des Treubruchtatbestandes (Rdn. 56). Beispiele aus der Rechtsprechung (wobei aber natürlich die besonderen Täterschaftsvoraussetzungen gem. Rdn. 82 ff und das weitere Tatbestandsmerkmal des „Vermögensnachteils“ ebenfalls erfüllt sein müssen) in alphabetischer Reihenfolge:

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aa) durch tätiges Handeln: Aneignung fremden Geldes aus der selbständig verwalteten Kasse;428 unbefugtes Besitzergreifen von einer Wohnung;429 unordentliche Buch-

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Im Ergebnis ähnlich, in der Begründung durch Ausdehnung auf alle Rückzahlungspflichten aber zu allgemein und deshalb z.T. unrichtig BGH NStZ 1986 361 f in einem Fall, in dem die Abrechnungspflicht unbedeutend war; vgl. ferner BGH wistra 1987 65; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 1, 8, 9, 17 (aber and. Nr. 3); OLG Karlsruhe NStZ 1990 82, 83; Franzheim StV 1986 409 f; Lackner/Kühl Rdn. 15; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 36; Sch/Schröder/Perron Rdn. 35; unklar Fischer Rdn. 55; dazu ferner u. Rdn. 92 und zur Schadensproblematik Rdn. 97. Nachw. o. Fn. 421. In diesen Zusammenhang gehört auch die Verneinung einer Untreue wegen Nichtwahrnehmung des Selbsteintrittsrechts gem. § 88 Abs. 2 S. 2 AktG durch den Vorstand einer AG in BGH NStZ 1988 217. Das Schrifttum spricht gewöhnlich von einer „beliebigen Handlung“, s. Fischer Rdn. 50;

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Lackner/Kühl Rdn. 15; Dierlamm MK Rdn. 151; Sch/Schröder/Perron Rdn. 35; Hoyer SK Rdn. 88; Maurach/Schroeder/ Maiwald 1 § 45 Rdn. 37; Welzel § 56, B 1a; Wittig in Heintschel-Heinegg Rdn. 36. Denn weil die h.L. den Missbrauchstatbestand zu Unrecht in den Fällen des Vollmachtsmissbrauchs ablehnt (o. Rdn. 39 f), müssen diese Fälle von ihr als Ausnahmeform eines „Treubruchs durch rechtsgeschäftliches und wirksames, aber nicht rechtsgeschäftlich wirksames Handeln“ qualifiziert werden – eine sich durch ihre gekünstelte Konstruktion selbst ab absurdum führende Lösung; s. auch Esser AnwK Rdn. 139: Fälle, „in denen zwar ein Missbrauch vorliegt, der Missbrauchstatbestand aber nicht erfüllt ist“. Unstr., s. schon RG GA 1888 400; BGHSt 5 61, 64, 66; 36 227, 228; BGH NJW 1988 2485; Seier Rdn. 72 ff. BGHSt 8 254, 255; BGHSt 13 315, 316. RGSt 68 371, 373, wo allerdings fälschlich eine Missbrauchsform angenommen ist;

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führung, die begründete Ansprüche vereiteln kann;430 unbefugte Entnahme eines Gehaltsvorschusses;431 Erwirken der Auftragsvergabe zu überteuertem Werklohn aus Bestechlichkeit;432 Falschbuchungen zur Verschleierung von Unterschleifen, um Ersatzansprüche hintanzuhalten;433 Front running und Gebührenschinderei (u. Rdn. 109 f); Verbindung, Vermischung, Verarbeitung;434 Verbrauch oder zweckwidrige Verwendung anvertrauten Geldes, ablieferungspflichtigen Erlöses;435 Vereitelung eines für den Geschäftsherrn günstigen Geschäftsabschlusses, namentlich in Form eines kick back (u. Rdn. 167); Vernichtung von Urkunden, Zerstörung eines verwalteten Betriebs;436 Verschleuderung von Vermögen des Geschäftsherrn, d.h. Weggabe ohne ökonomisch äquivalente oder (bei Repräsentation, Spenden, Sponsoring, Übernahme fremder Verfahrenskosten und Sanktionen) vom Zweck der Geschäftsbesorgung gedeckte Gegenleistung (näher Rdn. 111 ff) oder Erwerb aus dem Vermögen des Geschäftsherrn zu überhöhtem Preis 437; die eigenmächtige Verwendung von Waren aus der verwalteten Gastwirtschaft,438 die Zweckentfremdung zweckgebundener Mittel.439 Umstr. ist die Überschreitung des Haushalts (u. Rdn. 232), die Bildung schwarzer Kassen (u. Rdn. 179 f, 231), die Auslösung von Vermögenssanktionen gegen den Geschäftsherrn.440 Die Pflichtwidrigkeit lässt sich in diesen Konstellationen nicht von der Zufügung eines Vermögensnachteils trennen und wird deshalb im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals behandelt. bb) durch Unterlassen: Nichtabwenden drohender Gefahren;441 kein Einschreiten 108 von Aufsichts wegen;442 Nichterfüllung arbeitsvertraglicher oder anderer Zahlungsverbindlichkeiten, jedoch nur bei Zahlungsfähigkeit.443 Nichtabführen staatlicher Gebührenanteile durch den Notar;444 durch den Fleischbeschauer.445 In bedrängter wirt-

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richtig OLG Braunschweig JZ 1953 aaO; aA Sax JZ 1977 744 Fn. 72. BGHSt 20 304 m. Anm. Schröder JR 1966 185; BGH GA 1956 121; 1956 154, 155; RG JW 1936 2319; RG JW 1937 2698; RG HRR 1940 649; RG DR 1944 15; zu weit geht RGSt 73 283, 287, das schon in der „Vernachlässigung“ [!] der Buchführung eine untreueerhebliche Handlung sieht. Zum Vermögensnachteil in diesen Fällen s.u. Rdn. 182. BGH 1 StR 725/54 v. 29.3.1955. BGH 4 StR 186/68 v. 30.10.1968. Die Auftragsvergabe selbst erfüllt den Missbrauchstatbestand. Zum Vermögensnachteil in diesen Fällen s.u. Rdn. 187. BGH 1 StR 602/60 v. 18.4.1961, S. 10. §§ 946 ff BGB; BGHSt 12 207, 209; BGH NJW 1953 1600, 1601; BGH LM Nr. 3; RGSt 56 121, 123. BGHSt 1 186; BGHSt 5 61, 64; BGHSt 12 207, 210; BGH NJW 1960 1629 f; BGH 4 StR 78/74 v. 30.4.1974 bei Dallinger MDR 1975 23; BayOblGSt 1971 61; OLG Stuttgart NJW 1968 1341. Zur Ausnahme bei „schlichten Schuldnerpflichten“ s.o. Rdn. 101.

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BGH 2 StR 646/53 v. 26.8.1954; 5 StR 313/57 v. 17.12.1957, S. 20. In der Regel wird hier der Missbrauchstatbestand eingreifen, doch kann Treubruch vorliegen, wenn die rechtsgeschäftliche Erklärung auf Veranlassung des übergeordneten von anderen, und zwar untergeordneten, Treupflichtigen abgegeben wird (BGHSt 44 376 – Fall Diestel –). RG JW 1936 2101. Für Darlehen außerhalb der Aufgaben eines Zweckverbands BGH wistra 2003 259; für Drittmittel zur Forschung Jerouschek GA 1999 416, 428. BGHSt 51 100, 117 f und dazu näher u. Rdn. 179. BGHSt 5 187, 190; s. jedoch Rdn. 108, Stichwort „Arbeitsverhältnis, Arbeitnehmer“. BGHSt 9 203, 210; 47 187, 200 f; RGSt 76 115; RG JW 1936 2101 Nr. 36. BGHSt 6 314, 317; hierzu Rdn. 108, Stichwort „Arbeitsverhältnis, Arbeitgeber“; BGHSt 12 207, 211; BGH 1 StR 641/52 v. 3.9.1953. RGSt 71 295, 297. RG DR 1940 1419; RG HRR 1940 124; HRR 1941 462.

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schaftlicher Lage belässt ein Anwalt Fremdgeld auf seinem Privatkonto, anstatt es einem Anderkonto zuzuführen.446 Der Rechtsanwalt rechnet mit dem Auftraggeber jahrelang nicht ab;447 er lässt eine Forderung des Mandanten verjähren.448 Der Vormund unternimmt nichts beim Diebstahl des Sparkassenbuchs seines Mündels;449 er unterlässt es, Mündelgeld verzinslich anzulegen;450 er verschweigt im Nachlassverzeichnis der Mutter seines Mündels eine Forderung gegen sich selbst, um dem – wegen seiner ungünstigen Vermögensverhältnisse befürchteten – Verlangen des Vormundschaftrichters nach Sicherstellung der Forderung vorzubeugen.451 Der Konkurs- (heute Insolvenz-)Verwalter unterlässt es, eine Forderung zur Masse zu ziehen.452 Der Landmesser führt den Vermessungsauftrag nicht aus.453 Der Steuerberater unterlässt es, einen Steuerrückvergütungs-(Lohnsteuererstattungs-)Antrag zu stellen.454 Zu beachten ist, dass in diesen Fällen bei vorliegender Vertretungsmacht bereits der Missbrauchstatbestand erfüllt sein kann (str., s. Rdn. 53). Einer Heranziehung des § 13 bedarf es auch im Treubruchtatbestand nicht, jedoch gilt dessen Abs. 2 analog (str., näher u. Rdn. 202). cc) Sonderfälle

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(1) Unter Front Running versteht man im Börsenjargon, dass ein Börsenmakler das vertrauliche Wissen um die Order seines Geschäftsherrn dazu benutzt, um vor Ausführung der Kundenorder ein Eigengeschäft abzuwickeln, kraft dessen er von dem Preisanstieg der anschließend ausgeführten Order selber profitiert. Im Unterschied zum sog. Scalping, bei dem der Täter die vorher von ihm insgeheim gekauften Wertpapiere öffentlich zur Anschaffung empfiehlt und dadurch einen Kursgewinn erzielen kann455, trifft den eine Order seines Geschäftsherrn ausführenden Börsenmakler eine Vermögensfürsorgepflicht, die er durch ein vom Wissen um die Order ausgelöstes Front Running verletzt456. In der Praxis wird diese Voraussetzung allerdings ebenso schwer nachweisbar sein wie der durch das Front Running und eine dadurch ausgelöste Kurssteigerung verursachte Vermögensnachteil (Dierlamm MK Rdn. 171).

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(2) Unter Gebührenschinderei (engl. churning, von to churn, Buttern, also Abschöpfung des Rahms, bis die Milch aufgebraucht ist) versteht man im weiteren Sinn die Vornahme unnötiger Transaktionen zum Zweck des Anfalls von Provisionen oder sonstigen Gebühren des Verwalters, im engeren Sinn das Umschichten von Aktiendepots aus keiner sachlichen Notwendigkeit, sondern allein zwecks Auslösung der Provisionen. Hier ist für den Depotverwalter im Ansatz § 266, für den Anlageberater § 263 die sedes materiae. Die hierfür geltende abstrakte Regel lässt sich relativ einfach dahin formulieren, dass das Produkt aus Gewinnerwartung und Eintrittswahrscheinlichkeit über den mit Sicherheit anfallenden Kosten einschließlich der Provisionen des Verwalters liegen muss, wenn nicht 446 447 448 449 450 451 452 453

RG JW 1937 3092. RG HRR 1940 257. RGSt 11 412, 413 a.E., 414. RG Recht 1914 2797. RG GA 1888 400. Zur Frage des Vermögensschadens u. Rdn. 176. RG GA 1898/1899 449. BGH 3 StR 459/54 v. 14.2.1955. RG HRR 1940 649, jedoch – auch in der Annahme strafbarer Untreue durch Verzögerung oder mangelhafte Ausführung der Vermessung – viel zu weit gehend.

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Vgl. Jescheck/Weigend § 58 IV 1. Dazu BGHSt 48 373 mit Anm. Gaede/ Mühlbauer wistra 2005 9; Kudlich JR 2004 191; Schmitz JZ 2004 526; Vogel NStZ 2004 252; Park/Zieschang § 266 Rdn. 73. Enger Park/Zieschang § 266 Rdn. 58, der dies nur bei einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Geschäftsherrn und Börsenmakler über das Verbot eines vorherigen Eigengeschäfts annehmen will.

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Untreue

eine Treupflichtverletzung bzw. Täuschung vorliegen soll. In der Praxis ergeben sich daraus aber enorme Beweisprobleme (Lösungsvorschläge bei Dierlamm MK Rdn. 169), die sich wegen der notwendigen Feststellungen zum Vermögensnachteil und zum Vorsatz nochmals steigern (zum Ganzen Nestler Churning S. 155 ff, 205 ff; Park/Zieschang § 266 Rdn. 51 ff). (3) Die Vermögensfürsorgepflichtverletzung avanciert in allen denjenigen Fällen zum 111 zentralen Tatbestandsmerkmal, in denen eine unentgeltliche Leistung aus dem Vermögen des Geschäftsherrn erbracht und durch die deshalb sein Vermögen nach dem Saldierungsprinzip (u. Rdn. 168 ff) eo ipso vermindert wird. Die übereinstimmende Frage für alle speziellen Konstellationen (Kosten für Repräsentation, Spenden und Sponsoring und sonstige Formen der Marketingkommunikation 457; Übernahme fremder Kosten für Geldstrafen, Geldbußen oder Rechtsverfolgung bzw -verteidigung; Zuwendung von Gratifikationen) lautet, ob der Verwalter im Verhältnis zum Geschäftsherrn befugt ist, dessen Vermögenswerte zur Verfolgung nicht-monetärer Interessen einzusetzen. Weil das individuelle Vermögen als strafrechtliches Rechtsgut der Regel des § 903 BGB folgt, wonach der Inhaber berechtigt ist, mit seinem Vermögen „nach Belieben zu verfahren“, versteht es sich von selbst, dass der Verwalter je nach den ihm vorgegebenen Regeln berechtigt sein kann, das Vermögen zur Erreichung immaterieller Ziele zu schmälern, beispielsweise zur Feier des 50. Geburtstages des Vermögensinhabers ein sündhaft teures Feuerwerk zu veranstalten. Selbst die Verfolgung verbotener Zwecke kann dann den Anwendungsbereich der Untreue nicht eröffnen, so dass beispielsweise die vom Geschäftsherrn gewünschte Bezahlung einer fremden Geldstrafe auch dann keine Verletzung seiner Vermögensinteressen bedeuten würde, wenn darin eine strafbare Strafvereitelung zu sehen wäre458. Probleme können deshalb erst auftreten, wenn es sich bei dem Geschäftsherrn um eine Gesellschaft oder Körperschaft (einschließlich einer solchen des Öffentlichen Rechts) handelt, deren zulässige Zwecke zumeist nur recht allgemein festgelegt sind und dadurch der Beschlussfassung der zuständigen Organe einen erheblichen Spielraum eröffnen. Am Beispiel einer Akiengesellschaft: Nach der früher im Aktienrecht herrschenden Lehre handelte es sich bei der Vergabe von Spenden um eine Maßnahme der Gewinnverwendung, über die infolgedessen die Hauptversammlung zu entscheiden hatte, so dass die dem Vorstand aufgrund seiner Vertretungsbefugnis rechtlich mögliche Verausgabung ausnahmslos eine Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis bedeutet hätte und deshalb pflichtwidrig gewesen wäre459. Nach heute allgemeiner Auffassung, die gewöhnlich mit der sozialen Funktion von Wirtschaftsunternehmen als „good corporate citizen“ begründet wird, ist der Zweck einer Aktiengesellschaft dagegen nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung beschränkt, sondern schließt die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und sogar der Öffentlichkeit ein, so dass dem Vorstand die Aufgabe einer Interessenabwägung zukommt, die ihre äußerste Grenze erst an der Erhaltung der dauerhaften Rentabilität des Unternehmens findet.460 Der Vorstand einer Aktiengesellschaft soll deshalb auch zur Entscheidung über die Vergabe von Spenden aller Art einschließlich von Parteispenden berufen sein.461 Das Dictum des BGH in der Mannesmann-Entschei-

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Zu diesem Begriff näher Nuß Untreue S. 13 ff. Was nach der neueren Rechtsprechung nicht der Fall ist, siehe BGHSt 37 226 m. zust. Anm. Krey JZ 1991 889; kritisch aber Walter LK § 258 Rdn. 50.

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Dazu m.w.N. Schünemann in: de Boor/ Pfeiffer/Schünemann (Hrsg.) Parteispendenproblematik (1986) S. 35, 63 f. Hüffer AktG § 76 Rdn. 12 ff m. z.w.N. Hüffer AktG § 76 Rdn. 14; Kort in Großkomm AktG, 4. Aufl. 2008, § 76 Rdn. 66 f;

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dung, die Organe einer Aktiengesellschaft hätten „alle Maßnahmen zu unterlassen die den Eintritt eines sicheren Vermögensschadens bei der Gesellschaft zur Folge haben“ (BGHSt 50 331, 336; ebenso Jakobs NStZ 2005 276, 277), trifft deshalb auf im Interesse der Gesellschaft liegende unentgeltliche Leistungen nicht zu.462 Diese von Literatur und Judikatur vorgenommene Ausdehnung der Geschäftsführung 112 auf nicht vom Profitinteresse geleitete und damit das Vermögen des Geschäftsherrn eo ipso vermindernde Transaktionen erschwert die Feststellung der Pflichtwidrigkeit enorm, weil das sonst verwendbare Kriterium der vorsätzlichen Schädigungshandlung hier versagt. Der BGH hat deshalb im Fall „SSV Reutlingen“ ausgesprochen, dass der „weite Handlungsspielraum“ des Vorstands einer Aktiengesellschaft bei seiner unternehmerischen Tätigkeit (dazu o. Rdn. 97) „grundsätzlich auch dann gilt, wenn der Vorstand als Ganzes oder einzelne seiner Mitglieder Zuwendungen leisten zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport“ (BGHSt 47 187, 192). Dies ist im Schrifttum allgemein auf Zustimmung gestoßen463 und erscheint auch unabweisbar, weil zwischen profitorientierten und altruistischen Transaktionen in der heutigen Volkswirtschaft ein gleitender Übergang, häufig auch eine Amalgamierung stattfindet und vordergründig altruistische Maßnahmen (etwa Spenden für einen Nationalpark in Afrika) als öffentliches Sponsoring klassische Werbemethoden ersetzen und dadurch als langfristig profitable Investition in Gestalt des wachsenden good will sogar eine (freilich nicht exakt bezifferbare) ökonomische Kompensation erfahren können 464. Selbst wenn Zahlungen nur aus sozialen Gründen geleistet werden, um den Ruf der Firma zu retten (Befriedigung von Kleingläubigern), braucht dies nicht pflichtwidrig zu sein.465 Dasselbe gilt für die Aufwendungen für Repräsentation, die unstreitig zur Geschäftsführung gehören und als Maßnahmen der Pflege des Unternehmensklimas nach innen sowie der Selbstdarstellung nach außen ebenfalls langfristige Investitionen in den good will darstellen und deshalb bereits auf der ökonomischen Ebene gerechtfertigt sein können oder zumindest wegen der Orientierung am Modell des „Good Corporate Citizen“ in den weiten Handlungsspielraum der Geschäftsleitung fallen. Ähnliches gilt schließlich auch für die Übernahme oder Erstattung der Kosten von Mitarbeitern, gegen die wegen ihres Handelns im Interesse des Unternehmens Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren geführt werden und die deshalb womöglich mit Geldbußen oder -strafen belegt werden. Soweit nicht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ohnehin zur Kostenübernahme zwingt und dadurch die Vermögenseinbuße von vornherein eine Kompensation durch die Tilgung dieser Schuld

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Mertens in Kölner Kommentar AktG, 3. Aufl. 2004, § 76 Rdn. 32 ff; Spindler MK AktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rdn. 87; Fleischer AG 2001 171, 179 ff; Gehrlein NZG 2002 463; Säcker BB 2009 282. Insoweit zutr. Deiters ZIS 2006 152, 154. Der 1. Strafsenat stellt deshalb für diese Fallgruppe die Lösung Samsons zur Diskussion, in dubio pro reo eine Kompensation durch die Stärkung des good will anzunehmen und aus diesem Grund einen Schaden zu verneinen (in: Non Profit Law Yearbook 2004, S. 233, 241), aber dadurch wird das Problem lediglich verschoben und das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils

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mit der kaum lösbaren Saldierungsaufgabe „Geld gegen Image“ überlastet. Fischer Rdn. 84; Otto FS Kohlmann 187, 200 ff; Beckemper NStZ 2002 324; Gehrlein NZG 2002 463; Wessing EWiR 2002 305. Instruktive Darlegungen mit weiteren Nachweisen finden sich in BGHSt 47 187, 193 ff – SSV Reutlingen –; umfassende Darstellung der ökonomischen Praktiken und aktienrechtlichen Rechtslage bei Nuß Untreue S. 13 ff, 191 ff. BGH LM GmbHG § 30 Nr. 1; BGH 5 StR 86/60 v. 13.12.1960.

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erfährt 466, kann es sich hierbei um im allgemeinen Unternehmensinteresse liegende Maßnahmen handeln, beispielsweise zur Erhaltung des Betriebsklimas und Motivation der Belegschaft zu nachhaltigem Einsatz für das Firmenwohl. Andererseits steckt in wirtschaftlichen Transaktionen dieser Art, bei denen keine in der homogenen Ertragskategorie des Geldes qualifizierbare Kompensation stattfindet, ein enormes Missbrauchspotential, beispielsweise wenn der Vorstandsvorsitzende seine Geliebte mit aus der Firmenkasse bezahltem Schmuck überhäuft und als „good will-Botschafterin“ für das Unternehmen auf eine Weltreise schickt. Zur Abgrenzung des „breiten Ermessensspielraums“, der der Unternehmensleitung in dieser Frage zusteht, hat der BGH auf die „Sorgfalt eines pflichtbewussten Unternehmers und Treuhänders, der über Geld verfügt, das ihm nicht gehört“, abgehoben, der privaten Präferenzen keinen unangemessenen Raum gibt, sorgsam wirtschaftet und seine Entscheidung in Abwägung der Verantwortung für den Unternehmenserfolg trifft (BGHSt 47 187, 195); der Vorstand dürfe zwar seine eigenen Überzeugungen, privaten Liebhabereien und Begeisterungen verfolgen, müsse sich aber an dem möglichen Nutzen für das Unternehmen sowie der sozialen Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei der Belegschaft orientieren; wenn bei bedeutsameren Zuwendungen Zweifel bestehen, ob sie im Interesse des Unternehmens liegen oder das Vorstandsmitglied nur seine ganz persönliche Vorliebe erfüllt, so könne dieses die Entscheidung nicht allein treffen und sei auch sonst den anderen Gesellschaftsorganen aufgrund des gemäß § 77 AktG bestehenden Prinzips der Gesamtverantwortung des Vorstands zur Offenheit verpflichtet (BGHSt 47 196); das Spendenvolumen müsse nach Zuschnitt und Ertragslage des Unternehmens angemessen sein, wenngleich auch in Krisenzeiten weder auf Werbung noch auf Unternehmensspenden gänzlich verzichtet werden müsse. Bedeutsam für eine (gravierende)467 Pflichtverletzung seien fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive; jedenfalls dann, wenn sämtliche Kriterien erfüllt seien, läge eine Pflichtverletzung nach § 266 vor (BGHSt 47 197). Diese Kriterien sind auf allgemeine Zustimmung gestoßen468 und auch durchweg 113 sachgerecht, jedoch nicht erst als Voraussetzung einer strafrechtlich gesteigerten („gravierenden“) Pflichtwidrigkeit, sondern bereits als Kriterien für die Überschreitung des dem Vorstand bei der Geschäftsführung eingeräumten Ermessensspielraums (vgl. bereits o. Rdn. 97). Die methodologischen Probleme sind durch sie aber noch nicht gelöst, sondern fangen erst an: Wenn man die vier vom BGH genannten Kriterien als ein zivilrechtliches

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BAGE 9 243, 249; BAG NJW 1995 2372; BGH wistra 1987 216; Schaub Arbeitsrechtshandbuch, 13. Aufl. 2009, § 86 Rdn. 6; Kort Großkommentar AktG, 4. Aufl. 2008, § 84 Rdn. 407; Spindler MK AktG 3. Aufl. 2008, § 84 Rdn. 86; Hoffmann/Wißmann StV 2001 249, 250; von Dalwigk in: Widmaier (Hrsg.) Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2006, § 42 Rdn. 36 ff. Denn die SSV-Reutlingen-Entscheidung vertrat die Zweistufentheorie, dazu und zur Kritik o. Rdn. 93 ff. Dierlamm MK Rdn. 155 ff; Hoyer SK Rdn. 55; Gehrlein NZG 2002 464; Kiethe

NStZ 2005 531; Matt NJW 2005 390. Die Kritik von Nuss Untreue S. 56 am Kriterium der „fehlenden Nähe zum Unternehmensgegenstand“ trifft zu, falls man darunter einen phänotypischen Zusammenhang versteht, aber das wäre eine Verengung, die auch nicht den Intentionen der Entscheidung des 1. Strafsenats entsprechen würde; denn die Unterstützung des SSV Reutlingen durch einen badischen Verkehrsbetrieb konnte ebenso wenig entsprechend der von Nuss vorgeschlagenen Formulierung des Kriteriums „kommunikativ eine Botschaft zur Bereicherung des Unternehmensimages vermitteln“.

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Gegenstück zur verwaltungsrechtlichen Kategorie der Ermessensfehler auffasst 469, muss es für einen Fehlgebrauch des Ermessens und damit für die Pflichtwidrigkeit bereits genügen, wenn auch nur ein Ermessensfehler aus einer Kategorie vorliegt. Der BGH hat diese Frage jedoch offen gelassen und nur die nahezu selbstverständliche Feststellung getroffen, dass eine Pflichtwidrigkeit jedenfalls dann gegeben sei, wenn das Ermessen unter jeder der vier Kategorien missbraucht worden ist. Im Schrifttum findet sich als Konkretisierungsversuch der Vorschlag, bei „3 aus 4“, also wenn wenigstens drei der negativen Kriterien erfüllt sind, die Pflichtwidrigkeit zu bejahen470. Bei diesen Versuchen einer „arithmetisch-klassifikatorischen Begriffsbildung“ (jedenfalls bei 4 aus 4, mindestens 3 aus 4) wird jedoch unberücksichtigt gelassen, dass die vier Kriterien des BGH selbst quantitativ abstufbar sind und sich damit als Ausprägungen eines Typusbegriffs darstellen, bei dem die besonders starke Ausprägung eines Merkmals die schwächere eines anderen in der Weise kompensieren kann, dass die Gesamtausprägung dem Typus entspricht (näher o. Rdn. 20 ff). Als zugehöriger Typus darf auch nicht die Pflichtwidrigkeit als Abstraktum verstanden werden (sonst bliebe nur die methodologische Sackgasse einer formalen Lösung „Jedenfalls bei 4 aus 4“ oder „Mindestens 2 aus 4“), sondern das Handeln gegen die Interessen des Geschäftsherrn, das für eine Konkretisierung durch Ausformung an der von der Person und Situation abhängigen Interessenlage des Geschäftsherrn geeignet ist. Dadurch kann auch der regelmäßig in der Satzung des Geschäftsherrn festgelegte Zweck der Vermögensverwaltung berücksichtigt werden 471, der wiederum der Befugnis des Verwalters, die Geschäftsstrategie und damit zugleich den Kreis der mit ihr verträglichen Marketingmaßnahmen festzulegen, Grenzen zieht. Hier liegt auch die systematisch richtige Stelle für die in Rechtsprechung und Schrifttum verbreitete pauschale Forderung, dass die Pflichtverletzung „evident“ sein müsse 472: Wenn eine Spende, ein Sponsoring o.ä. nicht nur im Einzelfall zweifelhafte Erfolgsaussichten für das Ziel einer goodwill-Verbesserung bietet, sondern wenn auch die darin verkörperte Maxime nicht zur Grundlage einer Unternehmensstrategie gemacht werden darf, ohne den Zweck der Vermögensverwaltung zu konterkarieren, fällt die Maßnahme eindeutig aus dem Ermessensspielraum des Verwalters heraus und ist damit ebenso zivilrechtlich wie strafrechtlich pflichtwidrig. Das kann sich auch schon aus der besonders starken Ausprägung eines einzelnen Typuskriteriums ergeben,473 wofür die Entscheidung „SSV Reutlingen“ ein instruktives Beispiel bietet: Die (vorgetäuschte) Unterstützung der Jugendarbeit des schwäbischen Fußballclubs SSV Reutlingen (BGHSt 47 190) ist für die badischen Verkehrsbetriebe außerhalb jeder sinnvollen Goodwill-Strategie gelegen und wäre deshalb selbst dann pflichtwidrig gewesen, wenn die anderen Typusmerkmale nicht erfüllt gewesen wären.474 Dasselbe gilt für die Falschverbuchung und die Weiterleitung

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Dazu allg. Maurer Verwaltungsrecht 17. Aufl. 2009 § 7 Rdn. 18 ff; Jestaedt in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht 13. Aufl. 2005, § 10 Rdn. 60 ff; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG 7. Aufl. 2008 § 40 Rdn. 62 ff; Ruffert in Kanck/Henneke (Hrsg.), VwVfG 9. Aufl. 2010, § 40 Rdn. 97 ff. Kiethe NStZ 2005 531; Matt NJW 2005 390; Dierlamm MK Rdn. 160; ders. StraFo 2005 397, 403; Hoyer SK Rdn. 55. Mit Recht hervorgehoben von Nuss Untreue S. 605.

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Dierlamm MK Rdn. 152; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 19b; Saliger SSW Rdn. 42 (am Ende); ders. HRRS 2006 20; Kutzner NJW 2006 3542; Otto FS Tiedemann S. 699; aufgegriffen von BVerfG NJW 2010 3215 Tz. 112. Im Erg. ebenso Gehrlein NZG 2002 464. So dass also die Typusmerkmale des „Interesses des Geschäftsherrn“ eine alternativquantitative Struktur in der Form aufweisen, dass die besonders starke Ausprägung eines Merkmals zur Bejahung des Typus unabhängig davon ausreicht, ob und in

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als Schwarzgeld an andere Sponsoren, um diese bei Laune zu halten (BGHSt 47 190 f), denn das Ansehen der Verkehrsbetriebe als „good corporate citizen“ konnte in dieser Weise unter gar keinen Umständen gefördert werden. Dagegen war die „Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage“ nicht so stark ausgeprägt, dass sie für sich allein zur Bejahung der Pflichtwidrigkeit ausgereicht hätte, denn bei einer Bilanzsumme von 166 bzw. 173 Mio. DM (BGHSt 47 189) wäre trotz der insgesamt leicht defizitären Ertragslage der Südwestdeutschen Verkehrs-Aktiengesellschaft mit Sitz in Lahr (BGHSt 47 189) die Unterstützung eines in deren Einzugsbereich liegenden und über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügenden Fußballvereins mit 50.000 DM in 3 Jahren (BGHSt 47 189–191) nicht als eine unverantwortliche Strategie erschienen, weil durch das Image als Förderer der badischen Jugend zugleich die soziale Akzeptanz des Unternehmens im badischen Raum und vor allem bei der auf öffentliche Verkehrsbetriebe angewiesenen Jugend durchaus verbessert worden wäre. Dieselben Grundsätze gelten auch für freiwillige Gratifikationen an verdiente Mit- 114 arbeiter bis hin zur Vergabe sog. Anerkennungsprämien vom Aufsichtsrat an den Vorstand einer Aktiengesellschaft. In der Mannesmann-Entscheidung hat zwar der 3. Strafsenat des BGH hierzu im Anschluss an Rönnau/Hohn (NStZ 2004 113 ff) die Auffassung vertreten, dass die nachträgliche Bewilligung einer Erfolgsgratifikation ohne für die Zukunft bezweckte Anreizwirkung immer pflichtwidrig sei und eo ipso den Untreuetatbestand erfülle475, während nach der schon zuvor in zahlreichen Rechtsgutachten und auch anschließend in kritischen Stellungnahmen vertretenen Gegenposition476 eine nachträgliche Erfolgsgratifikation auch ohne konkrete Anreizwirkung selbst in dem exorbitanten Umfang wie im Mannesmann-Fall 477 unbedenklich sei. Zu überzeugen vermag keine der beiden Positionen, weil die ausnahmslose Bindung von Erfolgsgratifikationen an eine Anreizwirkung („Incentive-Theorie“), wie sie der BGH vornimmt, nicht nur in ihren psychologischen und ökonomischen Prämissen zweifelhaft ist,478 sondern auch

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welcher Form die anderen Merkmale ausgeprägt sind. BGHSt 50 331 – Leitsatz Nr. 1 –, 337 ff, sog. kompensationslose Anerkennungsprämie; Rezensionen von Alwart JZ 2006 546; Bernsmann GA 2007 219; Cappel KritV 2008 94; Hohn wistra 2006 161; Krause StV 2006 307; Ransiek NJW 2006 814 (krit.); Rönnau NStZ 2006 218 (zust.); Schünemann NStZ 2006 196 ff (differenzierend); Vogel/Hocke JZ 2006 568. Näher u. Rdn. 260. Hüffer Beilage 7 zu Heft 43/2003 des Betriebsberaters; Liebers/Hoefs ZIP 2004 97; Baums Anerkennungsprämien für Vorstandsmitglieder, Institut für Bankrechte und Justiz Frankfurt am Main o.J. Nr. 121; Bauer/Arnold DB 2006 546; HoffmannBecking NZG 2006 127; Fonk NZG 2006, 813; zur starken Beeinflussung dieser Literatur durch das Verteidigungsinteresse im Mannesmann-Prozess siehe die Nachweise bei Schünemann Organuntreue S. 49 ff, ferner Saliger HRRS 2006 11; Fischer

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NStZ-Sonderheft Miebach 2009 9; Murmann Jura 2010 562 („wissenschaftlicher Lobbyismus“). Dagegen im Ergebnis oder im Wesentlichen dem BGH zust. Fleischer DB 2006 542; Peltzer ZIP 2006 205; Säcker/Boesche BB 2006 897. Siehe Schünemann Organuntreue S. 52: Gesamtbetrag von Abfindung und Anerkennungsprämie von ca. 65 Mio. DM. Denn dass höchstbezahlte Manager suboptimale Arbeit leisten, wenn ihnen nicht zusätzliche Gratifikationen versprochen werden, ist eine psychologisch wenig plausible Annahme, so dass die hierdurch versprochene erfolgsabhängige Zusatzvergütung im Sinne einer exorbitanten Steigerung der Vorstandsbezüge durch Optionssysteme eher vordergründig plausibel machen soll, dass nur die die Vorstandsbezüge steigernden Elemente der letztlich anders strukturierten Vergütungsordnung aus den USA ohne gleichzeitige Übernahme der dortigen Ausgleichsmechanismen (beispielsweise der nur kurzfristigen Bestellung) nach Deutsch-

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außer Acht lässt, dass freiwillige Erfolgsgratifikationen für besondere Leistungen als Manifestation der Dankbarkeit des „good corporate citizen“ vom Leitungsermessen ebenso umfasst sein können wie Spenden u.ä. Andererseits lag im Fall des MannesmannUrteils eine solche Fülle gravierendster Ermessensfehler vor (eingehend Schünemann Organuntreue S. 53 ff; ders. NStZ 2006 196, 199), dass ähnlich wie im Fall „SSV Reutlingen“ an der Pflichtwidrigkeit der ohne ernsthafte Prüfung in extremer Höhe für einen Misserfolg (!) gewährten Anerkennungsprämie nicht zu zweifeln war. In einer neueren Verurteilung wegen Untreue durch Gewährung von Leistungsprämien ist die Pflichtwidrigkeit unter Billigung des BVerfG denn auch nicht auf eine etwa fehlende Anreizwirkung, sondern auf „evidente und schwerwiegende Verstöße“ gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 4 Abs. 4 SGB V „jenseits der bestehenden Entscheidungsspielräume“ gestützt worden479. (4) Risikogeschäfte 480

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(aa) Nach den in Rdn. 92 ff entwickelten Grundsätzen bestimmt sich auch, ob ein „Risikogeschäft“ pflichtwidrig ist (wobei in der Regel nicht der Treubruch-, sondern der Missbrauchstatbestand erfüllt ist). Die im Schrifttum geführte Kontroverse über den Begriff des Risikogeschäfts481 ist dogmatisch wenig fruchtbar, weil es sich hierbei (1) ohnehin

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land importiert wurden, siehe Schünemann Organuntreue S. 49 ff; ders. NStZ 2006 199; Peltzer Deutsche Corporate Governance, 2003, S. 46; ders. FS Lutter, S. 571, 586. Dass fest zugesagte Erfolgsgratifikationen vor allem dann, wenn sie an kurzfristige Parameter anknüpfen, häufig umgekehrt zu geradezu glücksspielartigem Verhalten anreizen, hat die sog. Finanzkrise gezeigt, dazu Schünemann Finanzkrise passim. LG Kassel, Urt. vom 01.11.2007, Az. 5643 Js 46677/03 1 KLs; Verwerfung der Revision durch Beschluss des BGH vom 17.12.2008, Az. 2 StR 451/08; mitgeteilt in der Entscheidung BVerfGE 126 170, 218. Auf den ersten Blick scheint das BVerfG dabei zwar ein Bekenntnis zur „Zweistufentheorie“ abgegeben zu haben, weil es hervorhebt, dass das LG Kassel die Untreuestrafbarkeit auf „schwerwiegende Verstöße“ gegen diesen Grundsatz beschränkt habe. Der Zusatz „jenseits der bestehenden Entscheidungsspielräume“ und die Bezugnahme auf die Entscheidung BSGE 55 277, 279, in der ausdrücklich eine „Einschätzungsprärogative“ des Versicherungsorgans bejaht worden ist, macht jedoch deutlich, dass mit dem „schwerwiegenden Verstoß“ nichts anderes als eine Überschreitung der Ermessungsgrenzen und damit ein Handeln außerhalb der (in diesem Fall: öffentlichrechtlichen) Erlaubnis gemeint ist.

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Schrifttum: Bringewat Finanzmanipulation im Bundesligaskandal – ein Risikogeschäft? JZ 1977 667; Haas Unternehmerisches Risikogeschäft und Treubruchtatbestand, Rewi-Zs. 1984 144; Hillenkamp Risikogeschäft und Untreue, NStZ 1981 161; Schreiber/Beulke Untreue durch Verwendung von Vereinsgeldern zu Bestechungszwecken, JuS 1977 656; Triffterer Vermögensdelikte im Bundesligaskandal, bei Kaiser/Vogler Strafrecht und Strafrechtsvergleichung (1975) = NJW 1975 612; Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften und erlaubtes Risiko (1995); Wassmer Untreue bei Risikogeschäften (1997); Velten Untreue durch Belastung mit dem Risiko zukünftiger Sanktionen am Beispiel verdeckter Parteienfinanzierung, NJW 2000 2852; Krüger Zum Risikogeschäft im Untreuestrafrecht und seinen Risiken, NJW 2002 1178; Mosiek Risikosteuerung im Unternehmen und Untreue, wistra 2003 370; Rose Die strafrechtliche Relevanz von Risikogeschäften, wistra 2005 281; Hellmann Risikogeschäfte und Untreuestrafbarkeit, ZIS 2007 433 f; Murmann Untreue (§ 266 StGB) und Risikogeschäfte, Jura 2010 562. Hillenkamp NStZ 1981 161 ff; Waßmer Untreue, S. 5 ff; Rose wistra 2005 282; Hellmann ZIS 2007 433 f; Saliger SSW Rdn. 47; Murmann Jura 2010 562.

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nicht um ein gesetzlich vorgegebenes Tatbestandsmerkmal handelt, weil (2) die meisten dafür angebotenen Definitionen selbst überaus ungenau oder zirkulär sind 482 und sich (3) aus den angebotenen Definitionen bisher keinerlei spezifische Rechtsfolgen ableiten lassen483. Unter Abweisung voreiliger Einschränkungen ist deshalb unter einem Risikogeschäft (1) jede geschäftliche Transaktion zu verstehen, bei der mit dem Vermögen des Geschäftsherrn in Vorleistung getreten wird und dadurch das je nach Lage des Falles größere oder kleinere Wagnis eingegangen wird, dass (bei einem gegenseitigen Vertrag) der Partner die Gegenleistung schuldig bleibt oder (bei Investitionen sonstiger Art) dass der Investitionserfolg ausbleibt, beispielsweise wenn die auf dem Halm gekaufte Ernte durch Hagelschlag zerstört (Motiv aus Thomas Manns Buddenbrooks), die aufwendige Erdölbohrung nicht fündig oder die aufwendige Reklame (Beispiel o. Rdn. 112) ein Schlag ins Wasser wird. Neben dieser wichtigsten Fallgruppe des Vermögensabflusses mit erst in Zukunft stattfindender „endgültiger Kompensation“ steht die gewissermaßen spiegelverkehrte Fallgruppe, dass (2) eine zunächst ausgeglichene oder sogar gewinnbringende Transaktion mit der Gefahr zukünftiger Schadensereignisse verknüpft ist, sei es wegen übernommener und von zukünftigen Ereignissen abhängender Garantien, sei es wegen der Gefahr der Verhängung zukünftiger Geldsanktionen gegen den Geschäftsherrn wegen verbotswidrigen Handelns seines Verwalters. (bb) Seitdem der homo sapiens die Zeiten der Tauschwirtschaft hinter sich gelassen 116 hat, gehören zukunftsoffene Transaktionen zum Alltag der Volkswirtschaft. Es ist deshalb eine ebenso triviale wie beliebte Feststellung, dass die Vornahme solcher Transaktionen durch einen Treupflichtigen nicht allein deswegen pflichtwidrig ist, weil sie fehlschlug (Sauer System § 9 II 1b) und einen „endgültigen Schaden“ (sog. Endschaden) verursachte. Vielmehr kommt es selbstverständlich auf die Situation zum Zeitpunkt der Tathandlung an und hier wiederum auf Inhalt und Grenzen des durch Gesetz, Verwaltungsakt oder Rechtsgeschäft erteilten und geregelten Treuhandauftrages. Dementsprechend ist das Wagnis in manchen Lebensbereichen verpönt, in anderen das tägliche Brot. Die Eltern dürfen im Allgemeinen nicht mit dem Vermögen des Kindes spekulieren, der Vormund nicht mit dem Vermögen seines Mündels, der Testamentsvollstrecker nicht mit dem Nachlass (§§ 1642, 1667, 1806 ff; § 2216 BGB),484 der Sparkassendirektor nicht mit den Mitteln seines Instituts (BayOblGSt 1965 88), das Vorstandsmitglied nicht mit Mitteln der Genossenschaft (RGSt 53 194). Der Skontroführer muss dagegen von Gesetzes wegen Börsengeschäfte in Waren und Wertpapieren betreiben (§ 27 ff BörsG). Riskante Kreditgeschäfte verbieten sich bei einer an starre Beleihungsgrenzen gebundenen Hypothekenbank (§ 14 PfandBG). Soweit das Ausmaß des erlaubten Risikos nicht gesetzlich geregelt ist, hängt es an erster Stelle von der Entscheidung des Geschäftsherrn selbst ab, soweit dieser auch dispositionsbefugt ist (entspr. dem Grundsatz gem. Rdn. 124). Lässt sich keine konkrete Entscheidung feststellen, so sind in zweiter Linie die im betreffenden Wirtschaftskreis anerkannten Maximen zum Ausmaß des kaufmännisch noch

482

483

Etwa Saliger SSW Rdn. 47 („ein erhöhtes Maß an Ungewissheit“), doch helfen komparative Definitionen ohne klare Basis wenig weiter; zirkulär ist wiederum die Definition von BGH StV 2004 424 („Geschäfte, die das Risiko des Vermögensverlustes beinhalten“). So dass die Auffassung bei Saliger SSW

484

Rdn. 47, vom Begriff des Risikogeschäfts hänge die rechtssichere Anwendbarkeit der zu ihm entwickelten Dogmatik ab, angesichts der für die meisten Fälle lediglich erklärten Verweisung auf die „objektive verkehrsübliche Sorgfalt“ (ebd. Rdn. 49) wenig Rechtssicherheit erkennen lässt. BGH GA 1977 341; RG DR 1941 2179.

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vertretbaren Risikos anzuwenden. Denn in Ermangelung spezieller Anweisungen des Geschäftsherrn ist davon auszugehen, dass solche Maximen stillschweigend für maßgeblich erklärt worden sind. Auch eine generelle Üblichkeit von Risikogeschäften reicht aber nicht aus, wenn auf der dritten Prüfungsstufe für das individuelle Geschäft festgestellt werden kann, dass die aufgewendeten Kosten so hoch sind oder die Gewinnchance so niedrig ist, dass nur unter außergewöhnlich glücklichen Umständen mit einem ausgeglichenen oder gar positiven Ergebnis gerechnet werden kann. Gemeinhin werden die Grenzen zwischen verkehrsüblichem,485 kaufmännisch gebotenem, erlaubtem,486 noch vertretbarem oder schon unverantwortlichem Risiko gezogen, doch sind diese nicht nur fließend, sondern sogar etwa mit den Ausdrücken „vertretbar“ oder „unverantwortlich“ bloß zirkulär beschrieben. So betont Fischer mit vollem Recht, dass die im Schrifttum geltend gemachte Unzulässigkeit wirtschaftlich unvertretbarer Risiken487 selbstverständlich sei, aber die Frage, wann etwas unvertretbar sei, ebenso wenig beantworte wie die Formel des „wirtschaftlich erlaubten Risikos“ (Rdn. 67 unter Hinweis auf die Verwendung dieser Formel durch Günther FS Weber S. 311, 314), hebt dann aber auch selbst auf die Unvertretbarkeit ab (Rdn. 69). Plastischer ist die vom RG und auch vom BGH häufiger verwendete Formel, dass jedenfalls derjenige die Vertretbarkeitsgrenze überschreite, der „nach Art eines Spielers bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten“488. Dass hiervon eine Ausnahme gemacht werden könne, weil es etwa in Krisensituationen geboten sein könne, den straflosen Abschluss höchst riskanter Geschäfte noch stärker zu privilegieren und eine Überschreitung der Pflichtwidrigkeitsschwelle erst anzunehmen, wenn das Risikogeschäft „schlechterdings nicht mehr vertretbar“ sei489, ist weder inhaltlich noch methodisch akzeptabel. Methodisch ist diese Formel unbrauchbar, weil eine Abgrenzung zu der als schwächere Form verstandenen Linie eines „wirtschaftlich eindeutig (klar und evident) nicht mehr vertretbaren Risikogeschäfts“ 490 nicht einmal alltagssemantisch nachvollziehbar, geschweige denn in der Realität durchführbar ist. Und gerade in Krisensituationen gilt nicht etwa das Sprichwort, dass ein Geschwollener alles essen darf, sondern eine verschärfte Anforderung an die Seriosität der zur Rettung eingeleiteten Projekte. Die von Seier und Saliger vertretene Maxime, man dürfe in einer Krise alles auf eine Karte setzen und auch noch den Rest gefährden, wird sogar für den Geschäftsherrn selbst durch § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB schlagend widerlegt und kann deshalb für dessen Verwalter erst recht keine Geltung beanspruchen. Nicht direkt falsch, aber wenig weiterführend ist die überwiegend (Rdn. 93) vertre117 tene, von Zech (Fn. 1044) extrem ausgereizte Formel der evidenten Unvertretbarkeit, denn eine dogmatisch gehaltvolle Lösung muss angeben können, was die Evidenz ausmacht. Diese Richtschnur liefert die kaufmännische Kosten-Nutzen-Abwägung unter Risiko nach den Grundsätzen der rationalen Entscheidungstheorie 491. Die im Schrifttum 485

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488

Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 47 f; Sauer System § 9 II 1b; Schreiber/Beulke JuS 1977 658. Klug FS Eb. Schmidt S. 260. Etwa von Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften S. 119; Tiedemann FS Weber S. 325 f; Ignor/Sättele FS Hamm S. 225. RGSt 61 211, 213; RG JW 1935 2638 Nr. 22; BGH GA 1977 343; NJW 1990 3220; vgl. auch BGH NJW 1975 1234, 1236.

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So Seier Rdn. 347; Saliger SSW Rdn. 49. Sch/Schröder/Perron Rdn. 20; Dierlamm MK Rdn. 204. Etwa Sobel Taking Chances. Essays on Rational Choice (1994); R. Brown Rational Choice and Judgement (2005); Binmore Rational Decisions (2008); Gilboa Rational Choice (2010).

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mit Vorliebe als Beleg für das weite unternehmerische Ermessen ins Feld geführte Business Judgment Rule des § 93 I 2 AktG (o. Rdn. 97) spielt gerade für den Bereich der Risikogeschäfte eine wichtige begrenzende Rolle, weil sie ausdrücklich eine „angemessene Information“ als Entscheidungsgrundlage vorschreibt und damit „Spekulationen aufs Geratewohl“ einen klaren Riegel vorschiebt. Im Einzelnen finden sich in Rechtsprechung und Schrifttum durchaus wertvolle, aber der Vervollkommnung bedürftige Ansätze. BGH NJW 1975 1234, 1236 hält es für maßgeblich, ob die Gefahr eines Verlustgeschäfts wahrscheinlicher ist als die Aussicht auf Gewinnzuwachs, während Arzt (FS Bruns S. 377 Fn. 33) auch Chancen von weniger als 50 : 50 genügen lassen will, weil auch diese ihren Markt hätten. Dagegen fordern Schreiber/Beulke JuS 1977 660 und Kindhäuser NK Rdn. 75 ebenso wie eine zum Begriff des Vermögensschadens vertretene Auffassung 492 eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gewinnaussicht. Aber diese Formel kann schon deshalb nicht überzeugen, weil es zahllose Märkte gibt, bei denen in sozial üblicher Weise mit geringen Einsätzen um unwahrscheinliche, aber hohe Gewinne gespielt wird. Oder soll etwa ein Vormund pflichtwidrig handeln, der für sein Mündel 1,25 € im Lotto einsetzt? Ferner lässt sich die herrschende Auffassung durch ein argumentum ad absurdum widerlegen, sobald man sich klarmacht, dass der Partner eines Risikogeschäfts ja das gleiche Geschäft – nur spiegelverkehrt – tätigt, so dass der von ihm vertretene Geschäftsherr nach den Grundsätzen dieser Lehre ebenfalls geschädigt sein müsste – mit der unsinnigen Konsequenz, dass ein in Wahrheit als „Nullsummenspiel“ in der Summe beider Parteien ausgeglichenes Spekulationsgeschäft strafrechtlich gesehen doppelt pflichtwidrig und doppelt schädlich wäre. In Wahrheit muss aber bei einem Nullsummenspiel ein Partner begünstigt sein (mit entspr. Konsequenzen für die Frage der Pflichtwidrigkeit). Das Habenkönnen eines Vermögensgegenstands ist danach zwar im Normalfall weniger wert als sein Haben.493 Es kann aber ausnahmsweise die Wertmarke des Habens erreichen,494 unter der doppelten Voraussetzung, dass es den Gewinn eines Vermögenswerts verspricht, der den Einsatz nicht unbedeutend übersteigt, und dass außerdem die Aussicht auf diesen Vermögenszuwachs einen so hohen Wahrscheinlichkeitsgrad hat, dass die Gefahr des Einsatzverlustes verhältnismäßig gering veranschlagt werden darf oder anderweitig aufgefangen wird. Und selbst bei einem geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad kann die Eingehung des Risikos vernünftig sein, wenn die Höhe des Einsatzes entsprechend angepasst wird (Soweit das Ausmaß des erlaubten Risikos nicht gesetzlich geregelt ist, hängt es an erster Stelle von der Entscheidung des Geschäftsherrn selbst ab, soweit dieser auch dispositionsbefugt ist (entspr. dem Grundsatz gem. Rdn. 124). (5) Exemplarische und besonders instruktive Fallgruppen des Risikogeschäfts als mög- 118 liche Untreue bilden die Warentermingeschäfte, die Kredituntreue mit der besonderen Gruppe des Sanierungskredits sowie die Vornahme rechts- oder sittenwidriger Geschäfte mit der Sondergruppe der Auslösung eines Sanktionierungsrisikos für den Geschäftsherrn.

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Z.B. BGHSt 19 37, 42; RGSt 71 333, 334; OLG Hamm NJW 1968 1940; Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 135; Triffterer NJW 1975 613, 614. Schreiber/Beulke aaO S. 659; Lackner LK10

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§ 263 Rdn. 202; Triffterer NJW 1975 613 Fn. 22. BGH 1 StR 579/53 v. 19.1.1954; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 36.

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aa) Ein in der forensischen Praxis bald im Rahmen des Untreue-, bald im Rahmen des Betrugstatbestandes relevantes Beispiel bieten die Warentermingeschäfte: Die Pflichtwidrigkeit kann sich hier bereits daraus ergeben, dass der Geschäftsherr Spekulationsgeschäfte jeder Art untersagt hat oder dass sich diese Untersagung daraus ergibt, dass in dem betreffenden Geschäftsbetrieb auf Grund langer Tradition keinerlei Spekulationsgeschäfte vorkommen. Auch im Falle der Üblichkeit von Spekulationsgeschäften wird ferner bei solchen Geschäften die Vermögensfürsorgepflicht verletzt, bei denen ein das konsentierte Spekulationsrisiko übersteigendes, zusätzliches Verlustrisiko eingegangen wird,495 etwa wenn aufgrund unüblicher Aufschläge auf die Kosten nur bei einer außerordentlich unwahrscheinlichen Kursentwicklung mit einem Gewinn gerechnet werden kann.496 Als weiterer Grund für eine Pflichtwidrigkeit kommt schließlich noch in Betracht, dass das Spekulationsvolumen im Vergleich zum gesamten Geschäftsvolumen unverhältnismäßig groß ist und deshalb die Kreditwürdigkeit des Unternehmens insgesamt beeinträchtigt, weil die Prosperität oder sogar die Existenz des Unternehmens auf dem Spiele steht.497

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bb) Ein in der Dimension wie im modus operandi die bisherige Vorstellungskraft sprengendes Beispiel bietet die sog. Finanzkrise, bei der eine große Anzahl deutscher Banken (namentlich auch Landesbanken und halbstaatliche Banken wie die IKB) mit einem Volumen von mehreren hundert Milliarden Euro in minderwertige amerikanische Wertpapiere investiert und hierbei die Kontrolle der Bankenaufsicht durch die an international organisierte Kriminalität erinnernde Methode ausgeschaltet haben, die Papiere durch vermögenslose Offshore-Gesellschaften erwerben zu lassen und die von ihnen dafür geforderten Garantien unter die Meldefristlänge zu begrenzen, aber stets zu revolvieren. Die multipel begründete Pflichtwidrigkeit ergab sich hier u.a. daraus, dass sich (1) die für die Investitionsentscheidung verantwortlichen Bankvertreter angesichts der exorbitanten Höhe keinesfalls ohne weiteres auf die (grob falschen) Einschätzungen der angloamerikanischen Rating-Agenturen verlassen durften, sondern eigene Analysen hätten vornehmen müssen, die die intensive Schneeballstruktur der vorgenommen Verbriefungen und damit den voraussehbaren Zusammenbruch des ganzen Geschäfts zu Tage gefördert hätten; und völlig unabhängig davon daraus, dass (2) das im Verhältnis zum Eigenkapital unerträglich hohe, ohne das spätere staatliche Rettungspaket von 578 Milliarden € zum sofortigen Zusammenbruch der Banken führende Spekulationsvolumen eine noch frivolere Maxime bedeutete als die oben (Rdn. 116) apostrophierte Figur des Spielers, weil der endgültige Zusammenbruch des intensiven Schneeballsystems sicher und nur sein Zeitpunkt offen war.498 Zur Kredit- und Bankuntreue einschl. des Sanierungskredits s.u. Rdn. 240 f. 495 496

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BGH – VI ZR 117/82 – NJW 1984 800, 801, freilich im Rahmen des Vorsatzes. Nachweise zur einschlägigen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Betruges bei Lackner/Kühl § 263 Rdn. 48b; Hefendehl MK § 263 Rdn. 166 ff. Wie in den Fällen der Herstatt-Bank, BGH wistra 1986 69 f, und der Klöckner KGaA, LG Duisburg vom 6.5.1991, XVII KLs 28 Js 108/88 (13/90). Eingehend dazu Kasiske und Schünemann in: Schünemann (Hrsg.) Finanzkrise,

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S. 13 ff, 71 ff; Schröder NJW 2010 1169; ders. Handbuch Kapitalmarktsstrafrecht, 2. Aufl. 2010, Rdn. 1148 ff; zu den ökonomischen Hintergründen eingehend Sinn Kasino-Kapitalismus (2009). Dass die „Maßgeblichkeit der ex-ante-Perspektive auch dem Bestreben (?) Grenzen setzt, die Ursachen der aktuellen Banken- und Finanzkrise mit den Mitteln des Untreuestrafrechts ‚aufarbeiten‘ zu wollen“ (so Saliger SSW Rdn. 48), verkennt den im System der betreffenden Wertpapiere notwendig ange-

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cc) Die im Vermögensinteresse des Geschäftsherrn getätigte Vornahme gesetzes- oder 121 sittenwidriger Geschäfte wirft sowohl auf der Ebene der Tathandlung als auch auf der Ebene des Taterfolges prinzipielle Fragen auf, die zu den umstrittensten des Untreuetatbestandes gehören. Unbestritten ist, dass § 266 nicht zu Rechtsbrüchen im Interesse des anvertrauten Vermögens verpflichten kann 499. Umstritten und mit der neuesten BGHRechtsprechung abzulehnen ist dagegen der Versuch, aus der Verletzung eines öffentliche Interessen schützenden Verbots durch den Treupflichtigen per se eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit abzuleiten (näher o. Rdn. 98). Zwar ist im Bereich des Gesellschaftsrechts anerkannt, dass das Organ mit einer für die Gesellschaft begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit regelmäßig auch seine Organpflichten gegenüber der Gesellschaft verletzen würde, weil das Risiko unsittlicher oder gesetzlich verbotener Geschäfte weit außerhalb der Überlegungen eines ordentlichen Geschäftsmannes stehe und daher außerhalb des Ermessenspielraums des Organs liege (sog. Legalitätspflicht)500. Aber das präjudiziert nicht die strafrechtsrelevante Pflicht, das vom Geschäftsherrn anvertraute Vermögen nicht zu schädigen, denn so wie sich sogar grobe Pflichtverletzungen des Organs im privaten Bereich als Verletzung der aktienrechtlichen Organpflichten darstellen können sollen501, aber für § 266 völlig irrelevant sind, besagt die Verletzung externer, zum Schutz öffentlicher Interessen statuierter Pflichten noch nichts für die etwaige Pflichtwidrigkeit der Vermögensverwaltung in Bezug auf den Geschäftsherrn (näher o. Rdn. 98). Freilich kann die Vornahme gesetzes- oder sittenwidriger Geschäfte in sehr vielen, wenn nicht in allen Fällen zugleich das Vermögen des Geschäftsherrn vermindern und damit eine pflichtwidrige Vermögensschädigung darstellen. Wegen der bei ihnen nicht rechtlich garantierbaren, sondern nur faktisch-wirtschaftlich erzielbaren Kompensation bilden diese Geschäfte deshalb einen besonders intrikaten Sonderfall des Typus „Risikogeschäft“502 und werden häufig den Geschäftsherrn schädigen und damit auch pflichtwidrig sein. Die Frage, ob wegen der externen Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit eines Geschäfts, bei dem der Treupflichtige vorleistet, mangels Einklagbarkeit der Gegenleistung eine Kompensation zu verneinen und dementsprechend eine Schädigung des Geschäftsherrn zu bejahen ist, betrifft primär das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils und ist deshalb ungeachtet der sich daraus ergebenden Rückwirkungen für die Frage der Pflichtwidrigkeit dort zu behandeln (u. Rdn. 184).

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500

legten und deshalb ex ante feststehenden Zusammenbruch; die Meinung von Deiters in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral (2010) S. 132, 135 f, durch die Etablierung überzogener Boni-Systeme sei die Pflichtwidrigkeit entfallen, scheitert schon an der Pflichtwidrigkeit dieser BoniSysteme selbst, siehe Schünemann StraFo 2010 477, 483. RGSt 70 8, 9 f; 73 157, 158; BGHSt 8 254, 258; 20 143, 146; Dierlamm MK Rdn. 147; Esser AnwK Rdn. 150; Fischer Rdn. 45; Saliger SSW Rdn. 28; Seier Rdn. 137; Sch/Schröder/Perron Rdn. 31. BGH StV 2011 25, 29; Fleischer ZIP 2005

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141; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2009 § 43 Rdn. 8; Krieger in FS Bezzenberger, 2000, S. 211, 215 f; Mertens/Cahn im Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2010 § 93 Rdn. 67 ff; Spindler MK AktG 3. Aufl. § 93 Rdn. 63 ff; Zöllner/Noack in Baumbach/ Hueck GmbHG, 19. Aufl. 2010 § 43 Rdn. 17, 22 f; Brand/Sperling AG 2011 233; Rieder/Holzmann AG 2011 265. Hüffer Aktiengesetz, 9. Aufl. 2010 § 84 Rdn. 28; BGH LM § 626 BGB Nr. 8 = NJW 1956 1513. Gegen die Zuordnung zum Typus des Risikogeschäfts Saliger SSW Rdn. 47; wie hier Ransiek ZStW 116 (2004) 634, 673.

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dd) Eine Frage des Vermögensnachteils betrifft schließlich auch die Vornahme von Handlungen, durch die der Geschäftsherr einem Sanktionierungsrisiko ausgesetzt wird. Weil die dem Schutz öffentlicher Interessen dienende Sanktionsnorm die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit nicht begründen kann (o. Rdn. 98), liegt die entscheidende Frage in diesen Fällen darin, ob das Sanktionsrisiko als eine schadensgleiche Vermögensgefährdung qualifiziert werden kann (näher u. Rdn. 184). Das Problem des erlaubten Risikos ist in § 266 eine Frage pflichtmäßigen oder 123 pflichtwidrigen Verhaltens und demgemäß ein Tatbestandsproblem.503

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7. a) Bei Einverständnis des Geschäftsherrn wird das Verhalten des Betreuungspflichtigen im Allgemeinen der Pflichtwidrigkeit entkleidet und damit nach h.M. nicht bloß gerechtfertigt,504 sondern tatbestandslos.505 Unabhängig davon nützt die nachträgliche Genehmigung dem Betreuer nichts, weil Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit sich nach dem Zeitpunkt der Tat bestimmen.506 Auch sonst hat die Qualifikation der Zustimmung des Geschäftsherrn durch die h.M. insoweit nur platonische Bedeutung (zutr. Seier Rdn. 89), als für die Frage der Wirksamkeit regelmäßig die Grundsätze herangezogen werden, die im AT für die rechtfertigende Einwilligung gelten507. Richtigerweise wird man hier die Auswirkungen der Zivilrechtsaffinität zu beachten haben, derzufolge eine vom Zivilrecht erlaubte Vermögensminderung nicht strafbar sein kann, so dass eine zivilrechtlich wirksame Gestattung in der Regel auch die Untreue ausschließt. Das kann freilich dann nicht gelten, wenn es gerade die Herrschaft über die Hilflosigkeit des Geschäftsherrn ist, die den Verwalter als Untreuetäter qualifiziert, und wenn seine Handlung in dem Missbrauch dieser Herrschaft besteht. Beispielsweise ist in § 1901 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt, dass ein Betreuer den Wünschen des Betreuten zu entsprechen hat, (aber nur) soweit dies dessen Wohl nicht zuwider läuft. Weil für den Fall einer (im Betreuungsrecht offen gelassenen) uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit des Betreuten dessen Wunsch einer Verfügungserklärung gleichkommt, kommt deren Unwirksamkeit nur in Betracht, wenn auch zivilrechtlich relevante Willensmängel vorhanden und diese vom Betreuer (bzw. allgemein: vom Treupflichtigen) zu beachten sind. Dazu gehören Zwang oder Täuschung und ein anderweitig entstandener

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So bereits RGSt 69 203, 206 f, 208; RG JW 1936 2101 Nr. 37; Hellmann ZIS 2007 434 ff; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 50; Sch/Schröder/Perron Rdn. 20; Schreiber/Beulke JuS 1977 658; Seier Rdn. 340; Wassmer aaO; der Sache nach auch Fischer Rdn. 63; Lackner/Kühl Rdn. 7; Saliger SSW Rdn. 47, 48. AA Schwinge/ Siebert S. 46; Welzel § 56 B 3, 4: Frage der Rechtswidrigkeit. RGSt 61 211, 212 f; Frank V: Schuldproblem. So BGHSt 3 32, 39; BGHSt 9 203, 216; OLG Stuttgart MDR 1978 593; Schwinge/ Siebert S. 38 f. BGHSt 3 23, 25; 34 379, 384 ff; 49 147, 157 f; 50 331, 342; BGH NJW 2000 154, 155 Dierlamm MK Rdn. 129; Esser AnwK Rdn. 151; Fischer Rdn. 90; Lackner/Kühl Rdn. 20; Sch/Schröder/Perron Rdn. 21

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(zitiert die aA genannte BGH-Entscheidung allerdings fälschlicherweise für die Gegenansicht), 38; Sch/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben Vorb. §§ 32 ff Rdn. 32; Seier Rdn. 88; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 20. BGH 1 StR 248/60 v. 26.7.1960, S. 6; BGH 1 StR 588/75 v. 18.11.1975; OLG Hamm NStZ 1986 110; Esser AnwK Rdn. 151, 121; Fischer Rdn. 90; Seier Rdn. 90; and. Weber GS Schlüchter S. 243, 250 f: Strafaufhebungsgrund. So Seier selbst Rdn. 89; Saliger SSW Rdn. 46; Fischer Rdn. 92; Dierlamm MK Rdn. 130; Esser AnwK Rdn. 151, 113 Kindhäuser NK Rdn. 67; eingehend Schramm Untreue S. 208 ff; krit. und stark einschränkend Hoyer SK Rdn. 58 f.

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Untreue

Irrtum auf einem Gebiet, für das sich der Geschäftsherr der Aufklärung durch den Treupflichtigen anvertraut hat 508. In einem Fall dieser Art hat deshalb der BGH mit Recht ausgesprochen, die Zustimmung des wirtschaftlich unerfahrenen Geschäftsherrn sei strafrechtlich unerheblich, wenn der Untreuevorwurf gerade die Benutzung dieser Unerfahrenheit zum Gegenstand habe.509 Ohne diese Obhutsherrschaft gerade über das Wissen des Geschäftsherrn kommt aber (außer einem Betrug) Untreue nur in Betracht, wenn der Geschäftsherr als vorsatzloses Werkzeug anzusehen wäre, wenn und weil er über die Schadensfolge irrt, wofür bei Risikogeschäften ein Irrtum über die für den Schaden relevante Risikohöhe genügt. b) Wenn der Geschäftsherr selbst das Einverständnis erklärt hat, so schließt dies den 125 Tatbestand des § 266 auch dann aus, wenn etwa seine Erklärung gegen eine Norm zum Schutz öffentlicher Interessen verstoßen haben sollte, denn es fehlt dann jedenfalls an der Schutzzweckkonnexität (o. Rdn. 98). Strengere Anforderungen gelten aber, wenn für den Geschäftsherrn ein Vertreter oder – im Falle einer juristischen Person – ein Organ gehandelt hat. Denn die Wirksamkeit eines von diesen erklärten Einverständnisses hängt davon ab, dass sie sich innerhalb ihrer Kompetenz gehalten haben. Kraftlos ist deshalb die gesetzwidrige (OLG Stuttgart MDR 1978 593) oder selbst ungetreue Zustimmung von Aufsichts- oder anderen übergeordneten Organen des Geschäftsherrn, z.B. des Verwaltungsrats einer Sparkasse (BGH 1 StR 106/60 v. 31.5.1960); der außerhalb der gesetzlichen Zwecke agierenden Studentenvertretung bei Untreuehandlungen des AStA (BGHSt 30 247, 249; OLG Hamm NJW 1982 190, 192); zum selbst pflichtwidrigen und deshalb unwirksamen Einverständnis eines kirchlichen Aufsichtsorgans BGH NJW 1983 1807, 1808. Ebenso ist die Befugnis der Organe einer Stadt, über städtisches Vermögen zu verfügen, durch die gesetzlichen Aufgaben und Zwecke begrenzt, denen sich die Stadt zu widmen hat (RG JW 1934 2773). Es ist deshalb immer im Einzelfall zu prüfen, welches von mehreren Organen (etwa bei einer Aktiengesellschaft: Hauptversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand) zur Erklärung eines Einverständnisses zuständig wäre und wieweit dabei dessen Kompetenz reicht. Eine zentrale Rolle spielt diese Frage bei den verschiedenen Gesellschaften des Handelsrechts, namentlich den Personengesellschaften, der GmbH und der AG (näher u. Rdn. 242 ff). c) Zum mutmaßlichen Einverständnis siehe Rdn. 198.

IV. Rechtsprechungsalphabet – Grundprinzipien und Kasuistik 1. Grundprinzipien. Aus der vorstehend entwickelten Grundstruktur des Untreue- 126 unrechts (Rdn. 20 ff) hat sich ergeben, dass der Täter eine Herrschaft über fremdes Vermögen eingeräumt erhalten haben muss, deren Gegenstand im Missbrauchstatbestand in den rechtsgeschäftlichen Beziehungen des Vermögensinhabers, im Treubruchtatbestand in sonstigen Vermögensbelangen besteht. Hierbei reicht für beide Tatbestände eine typischerweise nur zu dem Hantieren mit Sachen befähigende Stellung nicht aus – für den

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Ohne diese Einschränkung, jedoch unter Forderung eines rechtsgutsbezogenen Willensmangels die h.M., siehe Saliger SSW Rdn. 46 m.w.N.; erheblich enger Hoyer in SK, Rdn. 59, der nur einen aufgrund einer

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Täuschung des Treupflichtigen bewirkten Irrtum ausreichen lassen will. BGH NStZ 1997 124, 125; zust. Saliger SSW Rdn. 46.

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Missbrauchstatbestand nicht, auch wenn damit rechtsgeschäftliche Folgen verbunden sind, während für den Treubruchtatbestand die eigene Abrechnungskompetenz im Sinne der Freiheit von aktueller Kontrolle hinzukommen muss. Schließlich ist die Fremdnützigkeit der eingeräumten Herrschaftsposition im Unterschied zu einem bloßen Leistungsaustauschverhältnis erforderlich, die entweder den primären Inhalt der Beziehung zwischen Geschäftsherrn und Geschäftsbesorger ausmacht oder dadurch zu einem primären Austauschverhältnis hinzukommt, dass dem Partner über dessen Zwecke hinaus Vermögensgegenstände überlassen werden, die er zu pflegen und zurückzugeben hat. Wer entweder nicht fremdnützig zu agieren oder nur mit Sachen des Geschäftsherrn zu hantieren oder aber vermögensfürsorgerische Maßnahmen für den Geschäftsherrn nur unter dessen strikter Kontrolle auszuführen hat, begeht deshalb keine Untreue, sondern je nach der Sachlage Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug, unter Umständen Urkundenfälschung, oder handelt überhaupt tatbestandslos. Dagegen spricht es, im Einklang mit einer mehr als ein Jahrhundert alten Rspr. und manchen im neueren Schrifttum wuchernden Missverständnissen zum Trotz, nicht gegen eine Subsumtion unter § 266, wenn der Geschäftsbesorger keine Wahlfreiheit zwischen in seinem Ermessen stehenden Handlungsalternativen hat oder wenn die Geschäftsbesorgung nur einen Teil der hauptsächlich in einem Austauschverhältnis bestehenden Beziehungen zum Geschäftsherrn ausmacht. Wenn man anhand der relevanten Merkmale das in der Rechtsprechung angesammelte, inzwischen fast unübersehbare Fallmaterial im Hinblick auf die Stellung als tauglicher Untreuetäter durchmustert, so ergibt sich folgende

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2. Kasuistik: Abgeordnete: Ja, soweit sie ähnlich wie Amtsträger über Haushaltsmittel des Bundes bzw. Landes zu verfügen haben, etwa wenn die Mittel des „Besuchertopfes“ pflichtwidrig für den Besuch einer Theatervorstellung verwendet (Fischer Rdn. 89; OLG Koblenz NJW 1999 3277, wo aber eher eine Täuschung der Haushaltsabteilung und damit Betrug gegeben war) oder über den Titel für „Bürobedarf“ mehrere „Nobelfüller“ angeschafft werden (Soyka JA 2011 566 ff; zum Problem der Grenzziehung durch die Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit u. Rdn. 236). Abschreibungsgesellschaft: Hier gilt nichts anderes als in Handelsgesellschaften überhaupt (s. Rdn. 242 ff „Gesellschaftsuntreue“; eingehend Seier Rdn. 207 ff). Schädigung der Anteilseigner durch missbräuchliche Verfügung über die Mittel (z.B. durch Verwirtschaftung, sinnlose Investitionen) wird durch sog. steuerliche Verlustzuweisungen nicht aufgewogen (BGH 1 StR 13/78 v. 14.3.1978). Zur möglichen Schädigung einer Abschreibungs-GmbH & Co KG oder ihrer Einleger dadurch, dass der Geschäftsführer der GmbH es vorsätzlich unterlässt, Einleger zur Eintragung als Kommanditisten ins Handelsregister anzumelden (§ 162 HGB) und dem Steuerberater der KG die zur steuerlichen Anerkennung erforderlichen Unterlagen zugänglich zu machen, s. BGH 3 StR 347/48 v. 10.1.1978. Abtretung einer Forderung s. Rdn. 142, 155 (Sicherungsabtretung, Inkassozession). Aktiengesellschaft s. bei Gesellschaftsuntreue u. Rdn. 256 ff. 128 Amtsverhältnisse des öffentlichen Dienstes: Hier kommt es auf die konkrete Stellung an; die notwendige Herrschaftsposition und die daraus resultierende Aufgabe, Vermögensinteressen der öffentlichen Hand wahrzunehmen, sind mit einer Amtsstellung als solcher nicht automatisch verbunden510 und hängen auch nicht davon ab, ob jemand Beamter im staatsrechtlichen Sinn oder Angestellter des öffentl. Dienstes ist. Sie bestehen 510

BGH GA 1954 312, 313; RGSt 69 333, 337; RG Recht 1925 Nr. 1843.

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Untreue

für Beamte als Inhaber oder Verwalter von Fiskalämtern 511 z.B. in den Vermögensverwaltungen des Bundes und der Länder, in den Bauabteilungen der Behörden, für staatliche Lotterieeinnehmer 512 und vornehmlich in den Steuerbehörden; so für den Kassenverwalter eines Finanzamts, der durch vorschriftswidrige Auszahlung von Gehaltsvorschüssen an Dienstvorgesetzte Untreue begehen kann;513 für den Leiter eines Zollfahndungsamtes, der über die Verwertung eingezogener Sachen zu entscheiden hat;514 aber auch sonst für Beamte des Zoll- und Steuerfahndungsdienstes, da sie nicht allein Steuerstraftaten und Ordnungswidrigkeiten zu erforschen, sondern in solchen Fällen auch die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln und überhaupt unbekannte Steuerfälle aufzudecken und ihre näheren Umstände festzustellen haben (§ 208 Abs. 1 AO).515 Auch untergeordnete Beamte oder sonst im öffentlichen Dienst Beschäftigte, die Handkassen halten, z.B. für Gebühren- oder Kostenmarken, Formblätter,516 für Kantinengutscheine und andere Wertmarken, Portokassen, sonstige Nebenkassen517: ja für den Fall selbständiger Abrechnung, s. u. Rdn. 129. Zu Kostenbeamten s. Beauftragte sowie Kostenfestsetzungbeamte; s. ferner Polizeibeamte, Schalterbeamte. Typisch vermögensrechtliche Aufgaben treffen z.B. 129 den Amtsdirektor (BGH 3 StR 299/71 v. 13.2.1972); die Mitglieder des AStA;518 den Bahnhofsvorsteher (BGH 1 StR 545/51 v. 29.1.1952); Bürgermeister und Oberbürgermeister;519 den ärztlichen Direktor einer Universitätsklinik (BGHSt 47 295, 297); den „Einkaufsbeamten“ einer Strafvollzugsanstalt (OLG Schleswig SchlHA 2005 256); Finanzbeamte, die mit der Steuerfestsetzung (§§ 155 ff AO) befasst sind.520 bei der Steuerfestsetzung, auch wenn sie sich die Bearbeitung der eigenen Steuersache anmaßen und dabei bewusst rechtswidrig zu ihrem Vorteil verfahren521; wenn sie Steuerzahlungen

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D.h. die mit der Verfügung über Haushaltsmittel betraut sind, s. Dierlamm MK Rdn. 59; Saliger SSW Rdn. 14. RG HRR 1937 65. BGH GA 1954 312, 313. BGH 1 StR 317/53 v. 7.12.1954. Gersch in Klein (Hrsg.) Abgabenordnung 10. Aufl. (2009) § 208 Rdn. 3 ff; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung 2. Aufl. (2009) § 208 Rdn. 10 ff. Zu zahlr. weit. Beispielen vgl. Rdn. 121. BGH 1 StR 69/54 v. 15.7.1954, insow. NJW 1954 1616 nicht abgedr. BGH 1 StR 475/55 v. 15.2.1956: Untreue des Betriebsratsvorsitzenden bei einer Behörde durch Aneignung von Geld aus der von ihm geführten „Gewerkschaftskasse“ aus Einnahmen von Betriebsveranstaltungen und Spenden, wobei eine selbständige Abrechnung vorgelegen haben dürfte. BGHSt 30 247; OLG Hamm NJW 1982 190; LG Marburg NVwZ 2000 353; krit. Breitbach DuR 1982 243 ff.

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BGH GA 1956 121, 122; RG JW 1934 2773; BGH NStZ 2003 541; 2007 579; BGH NStZ-RR 2005 83; BGH wistra 2006 306; 2007 259, 260; BayObLG JR 1989 299 mit falscher Folgerung und insoweit zutr. abl. Anm. Seebode; eingehend Mansdörfer DVBl 2010 479 ff; AnwKomm-Esser Rdn. 271 ff. RG HRR 1941 463; BGHSt 2 338, 344; 24 326 f; 51 356, 362; BGH GA 1954 312, 313; BGH LM Nr. 22; BGH NStZ 1998 91 = wistra 1998 64, 65; BGH wistra 2009 398; and. BGH wistra 1987 27 für einen Buchhalter der Finanzkasse mit dem dogmatisch fehlerhaften (Rdn. 230 ff) Argument, es fehle ihm ein Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidungen und Bewegungsfreiheit, was aber für alle Amtsträger in der gebundenen Verwaltung gilt. BGH LM Nr. 22; BGHSt 51 356 (Bewirkung fingierter Steuererstattungsbescheide) m. Anm. Schmitz NJW 2007 2867; BGH wistra 2009 398; AG Lübeck wistra 2004 77.

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annehmen und nicht abführen, begehen sie Untreue regelmäßig nicht zum Nachteil des Steuerschuldners, aber u.U. zum Nachteil des Steuergläubigers (BGH 4 StR 646/51 v. 6.12.1951), wenn sie selbständig abrechnen (sonst Unterschlagung); Forstbeamte, z.B. den Forstsekretär im Haushalts- und Rechnungswesen (BGH 1 StR 417/57 v. 26.11.1957); den Revierförster, der zu Holzverkäufen ermächtigt ist (RG Recht 1918 Nr. 1287); dagegen nicht den Forstwart bloß deswegen, weil er kraft allgemeiner Amtspflicht Holzdiebstähle zu verhüten hat;522 Friedhofsverwalter einer Gemeinde, der die Friedhofsgebühren zu berechnen und einzuziehen hat (RG DR 1940 792, 793), bei eigener Abrechnungskompetenz (Rdn. 88); Gemeindekassenrendant;523 zur etwaigen Haftung von Gemeinderäten s. Nettesheim, Weber und Kuhn BayVBl. 1989 161, 166, 169; Mansdörfer DVBl 2010 479 ff; AnwKomm-Esser Rdn. 276 ff; Gerichtsvollzieher gegenüber dem Vollstreckungsschuldner, dem Gläubiger wie auch gegenüber dem Staat als dem Dienstherrn;524 laut BGHSt 13 274, 276; BGH StV 2011 417 m. Anm. Ceffinato gilt dies auch im Hinblick auf Gebührenüberhebungen, aA OLG Köln NJW 1988 504; Sch/Sch/Perron Rdn. 25 m.w.N. Haushaltsuntreue s. allg. Rdn. 230 ff. Kassenverwalter, die auch Abrechnungskompetenz besitzen, so der Kassenleiter einer Gemeinde (BGH NStZ 1994 586); ein Bademeister als Verwalter der Kurmittelkasse;525 ein Bundesbahninspektor als Verwalter der Güterkasse (BGH 2 StR 494/53 v. 26.8. 1954); Kostenfestsetzungsbeamte, die Gerichts- oder Verwaltungsgebühren zu berechnen, festzusetzen, deren Erhebung sie zu veranlassen haben.526 RGSt 73 6, 8 trifft hier nicht zu und geht zu weit, (Rdn. 134 „Kostenbeamte“); desgleichen RG DR 1939 1982, Kostenprüfungsbeamte. Der Landrat ist vermögensfürsorgepflichtig im Hauptamt für den Landkreis (BGH 1 StR 682/59 v. 12.2.1960; BGH wistra 2006 307), als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Kreissparkasse für diese (BGH 1 StR 606/59 v. 25.3.1960); Lehrer als Leiter einer Schulsparkasse;527 als allein verfügungsberechtigter Verwalter von Spenden für die Schulspeisung (BGH 3 StR 507/53 v. 2.9.1954); Lehrstuhlinhaber, die Bedienstete für eine Nebentätigkeit in Anspruch nehmen und den Dienstherrn darüber nicht informieren (BGH NJW 1982 2881) oder unverbrauchte Fördermittel verschweigen (BGH NStZ-RR 2011 82);

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aA BGH bei Dallinger MDR 1954 399; BGH 3 StR 907/52 v. 22.10.1953; zu weitgehend auch 1 StR 308/51 v. 29.1.1952 – Förster im Innendienst, der beabsichtigte Unterschleife seiner Amtskollegen der Dienstbehörde nicht anzeigt. Siehe dazu auch Otto Struktur S. 314. RGSt 69 333, 336 ff; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 31. BGHSt 13 274, 278; BGH StV 2011 417; RGSt 71 31, 32 zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F.; RG JW 1936 934.

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BGHSt 18 312, 313; siehe jedoch Rdn. 103 unter demselben Stichwort sowie allg. Rdn. 85. BGH 1 StR 196/63 v. 16.7.1963; 1 StR 81/56 v. 13.11.1956; 1 StR 41/51 v. 20.3. 1951; LG Arnsberg v. 27.11.2007 – 2a KLs 223 Js 108/05 (53/06 b) (JURIS). RGSt 71 95 nahm jedoch zu Unrecht Untreue an, da der dort Angeklagte die Spargelder nur „entgegenzunehmen und an die Kreissparkasse abzuführen“ hatte, also nur Botendienste leistete, Rdn. 85 f.

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Leiter einer (Kreis-, Stadt-)Sparkasse;528 Leiter eines städtischen Ausgleichsamts (BGH 1 StR 69/54 v. 15.7.1954); einer Strafanstalt (BGH GA 1956 154 f); einer Gerichtsund der Gefangenenarbeit-Zahlstelle (RG DR 1940 1039); einer Bundeswehr-Zahlstelle (BVerwG ZBR 2002 282); Oberkreisdirektor (BGH 5 StR 644/68 v. 21.1.1969); Postbeamte, die selbständig über Haushaltsmittel zu verfügen haben; nicht aber Poststelleninhaber, die Zahlungen ohne eigene Abrechnungskompetenz nur entgegennehmen und weiterleiten (Rdn. 150 „Postboten“, 154 „Schalterbeamte“). Unrichtig RG HRR 1940 711 (19jährige Tochter des Postagenten als seine Vertreterin) Professor siehe Direktor, Lehrstuhlinhaber Rechnungsprüfungsbeamte (RGSt 76 115); Rechtspfleger oder Richter beim Grundbuchamt, in Nachlass- und Zwangsverwaltungssachen.529 OLG Düsseldorf 530 hält den Richter und den Rechtspfleger in Vormundschaftssachen nicht für taugliche Untreuetäter, da sie keine Interessen des Mündels, sondern allgemeinstaatliche Aufgaben auf dem Gebiet des Vormundschaftswesens etc. wahrzunehmen hätten. In der Tat hat das Vormundschaftsgericht aber Vermögensinteressen des Mündels aufsichts- und aushilfsweise zu betreuen (§§ 1837, 1843, 1846 BGB) und haftet dem Mündel für die Verletzung der ihm gegenüber obliegenden Pflichten (§ 839 BGB). Das sollte auch für § 266 ausreichen; Regierungsinspektor als Verwalter des Vermögens eines Volksbildungswerks (BGH 1 StR 174/62 v. 26.6.1962); Schulleiter (BGH NStZ 1983 455); Sparkassenleiter (BGH NJW 1955 508); Stadtdirektor (BGH 4 StR 126/60 v. 20.5.1960, wo jedoch betrügerische Reisekostenabrechnungen zu Unrecht ausgenommen sind; wie hier Pfeiffer/Maul/Schulte Rdn. 18); Stadtkämmerer (BGH 1 StR 725/54 v. 29.3.1955); Stadt(ober)sekretär im Jugendamt bei der Verwaltung von Mündelvermögen (§§ 55 f SGB VIII; RGSt 60 311, 313 ist insoweit überholt); bei der Bearbeitung von Grund- und Hauszinssteuerangelegenheiten (RGSt 69 220, 222); Strafanstaltsleiter (BGH GA 1956 154); allg. Vertreter einer öff.-rechtl. Körperschaft (BGHSt 30 247). Anlageberater und -bevollmächtigte531: Ja, wenn die (schädigende) Kapitalanlage auf 130 Grund einer Vollmacht oder Ermächtigung selbst vorgenommen (Missbrauchstatbestand) oder das auf eigenen Konten verwahrte Kundengeld abredewidrig verwendet (Treubruchtatbestand) wird (BGH NStZ 1996 543 zur unordentlichen Buchführung; wistra 1999 339 zur Nichtauskehrung der Erlöse); regelmäßig nein bei bloßer Beratung, bei der

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BGH NJW 1955 508; wistra 1993 222; RG JW 1934 2773; BayOblGSt 1965 88. BGHSt 35 224, 227 (Rechtspfleger in Nachlasssachen); RGSt 72 347, 348, in Vormundschaftssachen und in Nachlasssachen (§ 1960 BGB); BGH NJW 2011 2819 (Zwangsverwaltung). JMBlNRW 1962 35; zust. Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 25; Otto JZ 1988 884.

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Dazu allg. BGHZ 70 356, 363; BGH – 6. ZS – NJW 1977 2259; 1984 800; v. Ungern-Sternberg ZStW 88 (1976) 653, 692; Nestler Churning S. 164 ff; Park/Zieschang § 266 Rdn. 44 ff; siehe ferner Otto WM 1988 729, 733 f; Peltzer NJW 1976 1615; Schwark ZRP 1973 7; Beschlüsse des 51. DJT NJW 1976 2006, 2010; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht 2 S. 52 ff; Seier Rdn. 209 ff, 233 f.

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statt dessen Betrug in Betracht kommt. Hierbei hat die Subsumtion nichts mit dem (auch sonst wenig relevanten, o. Rdn. 82 ff) Kriterium der Selbständigkeit zu tun532, da es bei einer bloß internen Beratung bereits an der Tatherrschaft fehlt, falls nicht wie in dem Fall BGH NStZ 1994 35 eine Täuschung des Mandanten und damit ein Betrug vorliegt.533 Der Untreuetatbestand ist ferner nur erfüllt, wenn der Anlageberater vorsätzlich eine nachteilige Investitionsentscheidung trifft, während die Vereinnahmung einer Provision selbst bei Nichterfüllung einer (von der Rspr. bei Banken oder gegen Entgelt tätigen Anlageberatern bejahten) Aufklärungspflicht 534 anders als bei Kick-back-Geschäften eines Organs oder Angestellten (dazu Rdn. 167) keine Treupflichten, sondern allenfalls schlichte Schuldnerpflichten verletzt (Seier Rdn. 211, 355). Der Anwaltsvertrag (§ 675 BGB): Ja.535 Die Treupflicht erstreckt sich auch auf die Auskehrung von für den Mandanten treuhänderisch vereinnahmten Geldern.536 Arbeitsverhältnis: (1) Als solches begründet dieses für den Arbeitnehmer im Verhält131 nis zum Arbeitgeber noch keine Herrschaft über dessen Vermögen und damit noch nicht die Anwendbarkeit des § 266537. Zum Beispiel Arbeiter, gewerbliche, landwirtschaftliche, städtische, die ausschließlich mit Sachen des Arbeitgebers hantieren: nein.538 Es ist aber and. bei Managementaufgaben des Arbeitnehmers 539, etwa bei dessen Entscheidung über die Vergabe von Bankkrediten aus dem Vermögen des Arbeitgebers; s. ferner BGH 4 StR 186/68 v. 30.10.1968 – Leiter einer Betriebsabteilung –; BGH 5 StR 136/67 v. 25.4.1967: Untreue durch übermäßigen Aufwand bei Dienstfahrten; BGH 1 StR 206/74 v. 10.9.1974: ein Organisationsleiter, der „alle Fäden in der Hand hat“, führt einbehaltene Lohnpfändungsbeträge nicht an die Gläubiger ab, so dass die Firma nochmals zahlen muss; BGH wistra 2004 105: Leiter einer Verkaufsfiliale eines Mobil-

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Anders die im Ergebnis zutr. Entscheidungen BGH NStZ 1991 489; wistra 2002 142, die das bloße Typusmerkmal der Selbständigkeit zu Unrecht wie einen klassifikatorischen Begriff handhaben und dadurch der extrem starken Ausprägung der anderen Typusmerkmale des Betreuungsverhältnisses nicht gerecht werden; zum methodologischen Hintergrund vgl. Rdn. 19, zur Bedeutung der „Selbständigkeit“ als Typusmerkmal Rdn. 82 ff, zur richtigen Handhabung s. BGH NStZ 1994 35. BGH NStZ 1994 35 leitet zu Unrecht aus einer daneben existierenden, in concreto aber nicht benutzten Generalvollmacht einen Treubruch ab, ähnlich Seier Rdn. 234 mit dem in Wahrheit für § 263 sprechenden Argument einer mittelbaren Täterschaft. Allenfalls könnte in den Fällen, in denen sich ein unbedarfter Anleger notorisch auf die Empfehlungen seines Beraters verlässt, Idealkonkurenz zwischen § 266 und § 263 bestehen. Grdl. BGHZ 170 226; zuletzt BGH (11. ZS) ZIP 2009 2377 u. 2380; (3. ZS) ZIP 2011 607.

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BGHSt 15 372, 376; BGH NJW 1957 596, 597; BGH NJW 1960 1629 – doch bezog sich dort die Betreuungspflicht nicht allein auf die Verwendung des übersandten Geldes; BGH NJW 1983 461; BGH NStZ 1983 168 f; BGH NStZ 1986 361 (dazu Rdn. 102); 1997 124; BGH wistra 1987 65; NStZ-RR 2004 54; NJW 2006 3219, 3222 f; OLG Karlsruhe NStZ 1990 82 f; KG NJW 2007 3366; Franzheim StV 1986 409; BGH LM BGB § 675 Nr. 28; RGSt 73 283, 284; RG JW 1937 3092; RG HRR 1940 257; Otto Grundkurs § 54 Rdn. 24; eingehend Seier Rdn. 235 ff. OLG Karlsruhe NStZ 1990 82; BGH wistra 1987 65; OLG Hamm NStZ 2010 334; Seier Rdn. 239 ff; irrig die Qualifikation als schlichte Schuldnerpflicht in BGH NStZ 1986 361. BGHSt 3 289, 294 – Schreibkraft; 5 187, 188 f – Techniker; Bockelmann BT/1 § 18 III 1; Lackner/Kühl Rdn. 12. BGHSt 3 289, 294; 4 170, 172; 5 187, 189. Und nicht bloß der Leitung technischer Arbeitsvorgänge, BGHSt 5 187, 189.

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telefon-Unternehmens; BayOblGSt 1973 54: Filialleiter führt bei Kunden anderweitig kassierten und ihm zur Weiterleitung an die Firma übergebenen Geldbetrag nicht ab. (2) Der Arbeitgeber hat in der Regel erst recht keine Obhutsherrschaft über das Vermögen des Arbeitnehmers und deshalb keine Pflicht, dessen Vermögen zu betreuen.540 Das galt nach h.M. auch im Verhältnis zur Steuerbehörde bei der Lohnsteuerabzugspflicht541 sowie im Verhältnis zu Abtretungs- oder Pfändungs-Gläubigern des Arbeitnehmers und für die Abführung vermögenswirksamer Leistungen, da diese Verpflichtungen des Arbeitgebers nur die Art und Weise der Erfüllung seiner Vertragspflicht zur Lohnzahlung beträfen542. Selbstverständlich war das nicht, weil sowohl im Verhältnis zum Arbeitnehmer als auch im Verhältnis zum Drittgläubiger gewisse Untreueelemente festzustellen sind, namentlich in Gestalt der Inpflichtnahme des Arbeitgebers für fremde Vermögensinteressen und seiner Selbständigkeit bei der Berechnung und Befriedigung derselben. In Spezialgesetzen hatte es deshalb immer schon den Tatbestand der sog. Sozialversicherungsuntreue gegeben,543 der sich heute in einer umfassenden, alle vorgenannten Fälle ergreifenden Form in § 266a Abs. 1 und 2 StGB wiederfindet. Hier zeigt sich besonders plastisch die Richtigkeit und Wichtigkeit der typologischen Untreuetheorie (Rdn. 20 ff), denn die Subsumtion unter § 266 hängt in diesen Fällen von dem quantitativen Urteil ab, wieweit die Obhutsherrschaft des Arbeitgebers über fremdes Vermögen über die Reflexwirkungen einer schlichten Schuldnerstellung hinausgeht. Richtigerweise war dies nicht im Verhältnis zu den Drittgläubigern, wohl aber im Verhältnis zum Arbeitnehmer zu bejahen, soweit der Arbeitgeber von Gesetzes wegen ermächtigt ist, Teile des Lohnanspruches einzubehalten und an die Sozialversicherungsträger bzw. das Finanzamt abzuführen, denn hierdurch „verfügt“ der Arbeitgeber über das Vermögen des Arbeitnehmers. Das Unterlassen der pflichtgemäßen Wahrnehmung bedeutet auch einen Missbrauch (Rdn. 53), so dass die Erfüllung des Untreuetatbestandes allein davon abhängt, dass die nicht rechtzeitige Abführung bereits die Rechtsposition des Arbeitnehmers gegenüber dem Sozialversicherungsträger bzw. Fiskus messbar beeinträchtigt und dadurch auch das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils verwirklicht – was bei geringfügigen Verzögerungen wie auch bei einer Beitragshaftung allein des Arbeitgebers nicht der Fall sein dürfte. Im Ergebnis kommt es darauf aber nicht mehr an, weil der Tatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1–3 StGB) als eine abschließende Sonderregelung aufzufassen ist, auch bezüglich der Nichtweiterleitung an andere Gläubiger gem. § 266a Abs. 3 S. 1. Das muss nach dem freilich völlig unsystematischen Willen des Gesetzgebers544 auch für die Herausnahme der Lohnsteuerzahlung aus dem Schutzbereich der Untreuedelikte gem. § 266a Abs. 3 Satz 2 gelten, weil hierfür nur der Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) einschlägig sein soll.545 Architekt, wenn er sich auf die Bauplanung beschränkt: Nein, da er damit keine Ge- 132 schäfte des Bauherrn besorgt, sondern nur an ihn leistet.546 And., wenn ihm außerdem die Bauausschreibung, die Vergabe der Bauarbeiten, die Bauoberleitung und die Schluss-

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BGHSt 6 314, 317 f; BayOblGSt 1957 188. BGHSt 2 339, 343 f; OLG Hamburg NJW 1953 478, 479; aA Mattern NJW 1952 945. S. § 38 Abs. 2–4, §§ 39b ff EStG 2009; BayOblGSt aaO; OLG Celle MDR 1958 706; OLG Köln NJW 1967 836; OLG Braunschweig NJW 1976 1903 f; Martens

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NJW 1977 563; Sch/Schröder/Perron § 266a Rdn. 1; BTDrucks. 10/318 S. 27. Übersicht Hübner LK10 Rdn. 115. BTDrucks. 10/318 S. 29 f. Gribbohm LK11 § 266a Rdn. 71; Sch/Schröder/Perron § 266a Rdn. 1. BGHZ 45 223, 229; BGHZ 60 1, 3.

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abrechnung des Baues übertragen sind,547 wenn ihm die Prüfung der Unternehmer- und Handwerksforderungen obliegt 548 oder wenn er für die ordnungsmäßige Verwendung der ihm vom Bauherrn zweckgebunden zur Baufinanzierung zur Verfügung gestellten Geldmittel zu sorgen hat.549 Aufseher, Fischerei- RGSt 13 195, 196 f; Wald- RGSt 7 377; Park(platz)wächter; sonstige Wachmänner550: Nein; and., wenn sie von Kunden des Geschäftsherrn Gebühren einziehen und darüber selbständig abrechnen. Aufsichtsrat s. Gesellschaftsuntreue u. Rdn. 258 ff. Der Auftrag: Ja, wenn er eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat.551 Nach Erlöschen des Auftragsverhältnisses ist der Beauftragte dem Geschäftsherrn nur im Rahmen des § 672 Satz 2 und des § 674 BGB betreuungspflichtig (Rdn. 39); daher unzutr. BGHSt 8 149, 150 f.552 Der dort Angeklagte wusste, dass der Auftrag erloschen war, und erweckte zu Unrecht den Eindruck des Fortbestandes des Rechtsverhältnisses (BGH aaO), was die Anwendung des § 263 nahegelegt hätte (Sax aaO). Die Pflicht, vermögensschädigende Handlungen gegen den (früheren) Geschäftsherrn zu unterlassen, ist keine Pflicht, seine Vermögensinteressen zu betreuen (Rdn. 62 a.E.). Aushilfsverkäufer, RGSt 3 283, 285; siehe „Handlungsgehilfen“ Rdn. 141; Bäckerjungen, wenn sie für den Meister Backware auszutragen, ggf. auch das Geld 133 dafür zu kassieren haben553: Nein; and., wenn sie darüber eine Buchhaltung zu führen haben. Bademeister einer Kurgemeinde: Ja, wenn sie aus der Kurmittelhauskasse Sozialversicherungsleistungen an die Kurgäste auszuzahlen und darüber abzurechnen haben.554 Banken und Sparkassen: Ja gegenüber dem Inhaber eines Giro- oder Sparkontos (OLG München wistra 2010 155; OLG Düsseldorf wistra 1995 72, 73); s. auch Anlageberater sowie Bankuntreue u. Rdn. 240 ff; Bankkunden gegenüber der Bank: Nein 555; zum Inhaber einer Kredit- oder Scheckkarte u. Rdn. 144; Barkautionen, wie sie in Miet-, Pacht- oder auch Dienstverträgen ausbedungen werden556, s. Mietvertrag (u. Rdn. 147). Bauherr siehe Sicherheitseinbehalt; Baukostenzuschüsse: s. Mietvertrag (u. Rdn. 147).

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550 551

BGHZ 45 aaO; BGH 1 StR 614/68 v. 1.4.1969 bei Dallinger MDR 1969 534. BGH 5 StR 180/75 v. 4.5.1976. BGH 4 StR 478/74 v. 30.4.1974 bei Dallinger MDR 1975 23; BGH 2 StR 206/71 v. 16.6.1971; siehe auch BGHZ 70 12, 14; BGH NStZ 2010 330, 502 f. Grossrau Niederschriften VIII 135, 542. BGHSt 1 186, 189; BGHSt 12 207, 212, wo es sich allerdings (ebenso wie in BGH wistra 1991 218) nicht um ein Auftragsverhältnis, sondern um einen GeschäftsbesorgungsWerkvertrag handelte; BGH StV 1984 513 m. Anm. v. Labsch. Eine Treupflicht des Auftraggebers beim Werkvertrag unter

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Geltung der VOB/C zur Sicherung von Restlohnforderungen durch Einzahlungen auf ein Sperrkonto bejahend OLG München NJW 2006 2278; zutr. dagegen (schlichte Schuldnerpflicht, o. Rdn. 101) BGH [6. ZS] NJW 2010 2948. Sax JZ 1977 744 Fn. 74; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34. RGSt 3 150; 69 58, 60. BGHSt 18 312, 313 und Rdn. 86; abl. Heinitz FS H. Mayer S. 443; Sax JZ 1977 663. BGH 4 StR 35/74 v. 21.2.1974 bei Dallinger MDR 1975 22 zu § 246. BGH LM Nr. 20.

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Untreue

Der Bauträger: Ja 557. Seine Fürsorgepflichten sind in der Makler- und Bauträgerverordnung 558 im Einzelnen geregelt. Zur Treupflicht im Hinblick auf die steuerlichen Belange des Bauherren BGH wistra 1991 265. Beamte s. Amtsverhältnisse. 134 Beauftragte, die mit Sachen des Geschäftsherrn (auch Geld) in bestimmter Weise zu hantieren, aber keine Buchhaltung zu führen haben: Nein.559 Dies gilt auch für Kostenbeamte, die vom Schuldner außerhalb ihrer amtlichen Zuständigkeit zur Besorgung und Entwertung von Gebührenmarken anvertraute Gelder für sich behalten: Sie begehen veruntreuende Unterschlagung, keine Untreue zum Nachteil der Kostenschuldner,560 regelmäßig auch nicht zum Nachteil der öffentlichen Hand, da die vorschriftswidrige Zahlung an den Beamten (statt an die Gerichtskasse) nicht schuldbefreiend wirkt561 und eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, wie in RGSt 73 6, 8 angenommen, nicht automatisch eintritt. Dagegen können Kostenbeamte dergestalt ungetreu handeln, dass sie – im Gegenstück zu § 353 – vorsätzlich Gebühren nicht in der gesetzlichen Höhe oder überhaupt nicht berechnen (Rdn. 129 „Kostenfestsetzungsbeamte“); Die Beistandschaft (§§ 1685, 1689, 1690 BGB: Ja (RGSt 35 338, 341; OLG Braunschweig NJW 1961 2030). Der Beratungsvertrag siehe „Anlageberater“. Bereicherungsansprüche: Nein als solche; and. aber, wenn es um die Rückgewähr von zu einer Geschäftsbesorgung überlassenem Vermögen geht.562 Besitz für einen anderen: Hier ist das zugrunde liegende Rechtsverhältnis maßgebend (§ 868 BGB). Besitzdiener (§ 855 BGB): Nein; Die Betreuung gem. § 1896 ff BGB: Ja (OLG Stuttgart NStZ 1999, 246 m. Anm. Thomas NStZ 1999 620; Sch/Schröder/Perron Rdn. 25). Boten, die rechtsgeschäftliche Schriftstücke oder sonstige Sachen zu überbringen oder 135 abzuholen haben (RGSt 43 432, 433), z.B. Gegenstände einer Spendensammlung,563 einen Hund (RG HRR 1941 672), Wäsche (RG 3 D 570/09 v. 21.10.1909): Nein; and. beim Inkasso mit selbständiger Quittungsberechtigung; s. RG HRR 1939 1386 und dazu eingehend Rdn. 142; Buchhalter, die Schecks zu verbuchen und bankfertig zu machen haben,564 denen die Lohnabrechnung, die Berechnung der Sozialabgaben und Steuern obliegt,565 die die Rechnungen der Lieferer auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen und die Banküberweisungen zu erstellen, wenn auch nicht zu unterzeichnen haben: 566 Ja (Hübner LK10

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BGH wistra 1991 72; Holzmann Bauträgeruntreue S. 126 ff; Seier Rdn. 263 ff; nach Sch/Schröder/Perron Rdn. 25 soll dies jedoch nicht bei einem sog. Erwerbermodell gelten. Dazu Kommentar von Marcks 8. Aufl. (2009). Im Ergebnis ebenso, aber unter Hervorhebung des irrelevanten Umstandes, dass sie ein genau umgrenztes Einzelgeschäft zu erledigen haben, BGHSt 3 289, 294 letzter Absatz.

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BGHSt 3 289, 294; RGSt 73 6, 7. RG JW 1934 2062, 2064. BGH NJW 1954 889; RGSt 73 157, 159 f; and. OLG Braunschweig NJW 1950 656 bei einem geplanten Schwarzmarktgeschäft. RGSt 69 279; BGH 5 StR 584/62 v. 22.1.1963. BGH 2 StR 298/65 v. 29.9.1965; Sax JZ 1977 748. BGH GA 1979 144. BGH 1 StR 528/71 v. 25.11.1971 in dem von Sieber S. 66 ff berichteten Fall.

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Rdn. 35 und BGH StV 1986 203; wistra 1987 27 unter Berufung auf das unbehelfliche Kriterium des „Spielraums für eigenverantwortliche Entscheidungen“). Büroangestellte, die nur Schreibarbeiten zu verrichten haben567: Nein. Cash Pool-Verwaltung: Ja. Wenn verschiedene Rechtsträger ihre freien Mittel in einen 136 Liquiditätsverbund zwecks bestmöglicher Bewirtschaftung einbringen, so wird dem Poolverwalter eine Geschäftsbesorgung übertragen, deren untreuerelevante Pflichten er verletzt, wenn er die Mittel eines Rechtsträgers für die Zwecke eines in Insolvenzgefahr befindlichen anderen Rechtsträgers verwendet (Schünemann LM Nr. 1 zu § 309 AktG 1965, Bl. 8; viel zu eng auf Fälle der Existenzgefährdung bzw. -vernichtung einschränkend BGHZ 149 10 ff; BGHSt 49 147, 158 ff; vgl. ferner zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der Untergesellschaft in einem mit Cash Pooling arbeitenden Konzern Rönnau FS Samson, 2010, S. 423 ff; Bauer Untreue S. 88 ff sowie allg. zur Konzernuntreue u. Rdn. 265 f). Compliancebeauftragter: Ja, soweit die ihm anvertraute Herrschaft über das Vermögen des Geschäftsherrn reicht (näher Krause StraFo 2011 437 ff). Es kommt also nicht auf das umstrittene obiter dictum568 von BGHSt 54 44 (Tz. 28) über eine nach außen gerichtete Garantenstellung des Compliancebeauftragten an, sondern allein darauf, dass dieser über das bloße Hantieren mit Sachen hinaus betriebliche Abläufe bestimmt (z.B.: Er gibt eine in seinem Aufgabenbereich erhobene Information nicht weiter und verursacht dadurch ein geschäftliches Desaster). Computermanipulationen.569 Während früher die Versuchung der Rechtsprechung groß war, in Ermangelung eines speziellen Computerstrafrechts § 266 als Lückenbüßer heranzuziehen,570 kann seit der Einfügung des § 263a durch das 2. WiKG jede Überdehnung des § 266 gegenüber der Computerkriminalität vermieden werden, ohne dass dadurch kriminalpolitische Unzuträglichkeiten entstünden. Ausgangspunkt ist der Befund, das die Arbeit am Computer als solche ein bloßes Hantieren mit Sachen ist, welches unter § 266 nur subsumiert werden kann, wenn eine darüber hinausreichende Obhutsherrschaft über das fremde Vermögen ausgeübt wird. Die bei der elektronischen Datenverarbeitung mit technisch-mechanischen oder organisatorisch-administrativen Aufgaben Beschäftigten wie Locher, Operatoren, Programmierer, scheiden deshalb als mögliche Untreuetäter aus (Rdn. 149 unter dem jeweiligen Stichwort).571 Die von ihnen begangenen Inputmanipulationen (zum Begriff Sieber S. 42 ff) werden grundsätzlich von § 263a StGB erfasst. Dagegen sind Sachbearbeiter, auch aushilfsweise als solche verwendete, mögliche Untreuetäter, wenn sie im Rahmen ihnen obliegender Vermögensfürsorge eigene, selbständige Entscheidungsmacht haben, wobei diese Selbständigkeit nicht einen Entscheidungsspielraum, sondern Abwesenheit von laufender Kontrolle bedeutet (Rdn. 86).572 Wenn Bescheide oder Aufträge – wie heute häufig – sogar im Außenverhältnis per Computerausdruck erteilt werden, kann durch eine Input-Manipulation sogar der Miss-

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BGHSt 3 289, 294. S. etwa Favoccia/Richter AG 2010 137 ff; Ransiek AG 2010 147 ff; Wolf DB 2011 1353 ff, Beulke FS Geppert (2010) S. 23 ff. Zur Rechtlage vor Einführung des § 263a Rohner Computerkriminalität (1976); Sieber Computerkriminalität und Strafrecht 2. Aufl. (1980); s.i.Ü. die Schrifttumsnachweise zu § 263a StGB. Nachweise bei Sieber aaO S. 47 ff, 2/25 ff.

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Umstr. beim Chefoperator der EDV-Abteilung einer Steuerverwaltung, BGE 96 IV 185 (das Urteil ist in italienischer Sprache abgefasst, eine deutsche Übersetzung befindet sich bei Rohner aaO S. 110 ff); Rohner aaO S. 35, 127 f; Hübner LK10 Rdn. 41. Zu einschlägigen Fällen siehe OLG München JZ 1977 408; Sieber aaO S. 47 ff, 2/26 ff.

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brauchstatbestand erfüllt werden.573 Wenn die rechtsgeschäftlichen Handlungen im Außenverhältnis von besonderen Bevollmächtigten vorgenommen werden, die hierbei aber die Arbeitsergebnisse der Sachbearbeiter einfach als gutgläubige Werkzeuge übernehmen, scheidet für die Sachbearbeiter der Missbrauchstatbestand aus, dafür ist dann aber der Treubruchtatbestand erfüllt. Die Einschaltung des Computers ist hierbei für die Beurteilung ihres Verhaltens nach § 266 praktisch ohne Bedeutung.574 Erst wenn der Täter auch die Anweisungsgrundlagen nicht mehr eigenverantwortlich feststellt, sondern dabei lediglich seinem Vorgesetzten zuarbeitet, fällt eine dadurch bewirkte Input-Manipulation nicht mehr unter § 266, sondern – nicht anders als die Tätigkeit der Locher und Operatoren – unter § 263a StGB. Zu Systemanalytikern schließlich siehe Rdn. 156. Darlehen: Probleme der Untreue können sich hier nur hinsichtlich der etwa gestellten 137 Sicherheiten ergeben, s. Sicherungsabtretung (Rdn. 155) und Inkassozession (Rdn. 142); der Darlehensvertrag als solcher begründet weder für den Darlehnsgeber noch für den -nehmer Treupflichten (BGH GA 1977 18). Dienstvertrag: Ja, wenn er eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (siehe dort); jedoch grundsätzlich nicht mehr nach dem Erlöschen des Rechtsverhältnisses.575 I.Ü. siehe Arbeitsverhältnis, Rdn. 131, und Geschäftsbesorgung, Rdn. 140. Die Ehe, im allgemeinen im Rahmen der Schlüsselgewalt der Ehegatten (§ 1357 BGB), 138 sonst bei Gütergemeinschaft (§§ 1422, 1429, 1435, 1454, 1472, 1487 BGB; irrig and. RGSt 66 371). Eigentumsvorbehalt beim Kaufvertrag (§ 455 BGB): Nein, weil es um ein bloßes Austauschgeschäft geht und das fremde Eigentum durch § 246 Abs. 2 StGB geschützt wird, etwa bei der Verpflichtung, die Kaufsache nicht zu verpfänden, sie nicht zur Sicherung zu übereignen, Drittpfändungen anzuzeigen u.ä.576 Auch beim erweiterten Eigentumsvorbehalt mit der577 Ermächtigung, die Sache im ordnungsmäßigen Geschäftsgang weiter zu veräußern, und der Auflage, den Verkaufserlös (sofort) abzuführen, ihn gesondert aufzubewahren oder den Anspruch auf den Erlös abzutreten,578 oder bei (stiller) Vorausabtretung des Verkaufserlöses 579 (verlängerter Eigentumsvorbehalt) besitzt der Vorbehaltskäufer keine Herrschaft über das Vermögen des Vorbehaltsverkäufers, weil er den Verkaufserlös aus dem Rechtsverhältnis zu seinen Abnehmern erwirbt und dessen Weiterleitung nur eine „schlichte Schuldnerpflicht“ ist (and. bei echten Treuhandfällen der Sicherungsübereignung bzw. -abtretung und Inkassozession, o. Rdn. 78 und u. Rdn. 142, 155). Wie BGHSt 22 190, 192 zutr. ausgesprochen hat, kann der Anwendungsbereich

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Näher dazu Sieber aaO S. 245 ff, 2/16 ff. BGH GA 1979 143 f; Sieber aaO S. 2/15. Siehe vorst. unter dem Stichwort „Auftrag“ und Rdn. 62; Sch/Schröder/Perron Rdn. 34; aA OLG Stuttgart NJW 1973 1385, 1386 mit eingehend begründeter abl. Besprechung Lenckner JZ 1973 794 f. BGHSt 16 280, 282; OLG Düsseldorf NJW 1984 810, 811. Im Handel selbstverständlichen, BGHZ 68 199, 202. BGHSt 22 190, 191 f m.w.N. und m.i.E. zust. Anm. Schröder JR 1969 191; BGH 1 StR 492/66 v. 22.11.1966 bei Dallinger MDR 1967 173, 174; BGH BB 1963 1278;

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BGH 5 StR 392/55 v. 17.1.1956, S. 6; BGH wistra 1987 136; Möhrenschläger NStZ 1985 271, 272; Grossrau Niederschriften Bd. VIII 135, 542; Heinitz FS H. Mayer S. 442; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; eingehend Wittig/Reinhart NStZ 1996 467 ff; and. frühere unveröff. Entscheidungen des BGH, s. Hübner LK10 Rdn. 42 und Haas S. 82 f; OLG Hamm NJW 1954 1091; OLG Saarbrücken JBl. Saar 1965 28; Baumann Sicherungsrechte S. 66 ff, 98 ff; ders. ZStW 68 (1956) 531 ff; Sax JZ 1977 704. BGH 1 StR 362/65 v. 3.12.1965 bei Dallinger MDR 1967 174.

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des § 266 nicht durch das kautelarjuristische Raffinement des Verkäufers begründet werden, wobei der Sachgrund dafür nicht in dem strafrechtlich wertlosen und nur als Etikett dienenden Kriterium der „Hauptpflicht“ liegt, sondern in der Unterscheidung zwischen der Herrschaft über (wirtschaftlich) fremdes Vermögen und der schlichten Schuldnerpflicht: Während beim Kommissionsgeschäft der Kommittent das Risiko der Weiterveräußerung der Sache trägt und diese deshalb Bestandteil seines Vermögens bleibt (u. Rdn. 144), geht dieses Risiko beim Kaufvertrag auf den Käufer über (BGHSt 22 aaO), so dass dieser mit der Weiterveräußerung selbst dann über eigenes Vermögen verfügt, wenn der Verkäufer ihm diverse weitere Pflichten auferlegt hat. Die elterliche Sorge (§ 1626, §§ 1677 ff, § 1705 BGB): Ja (BGHZ 58 14, 19). Factoring: Beim echten Factoring handelt es sich um einen Forderungskauf, bei dem 139 der Käufer (die Bank) das Risiko für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners übernimmt; beim unechten Factoring verbleibt dieses Risiko beim Gläubiger, weshalb diese Rechtsfigur den Kreditgeschäften zuzuordnen ist.580 Nach BGH JR 1989 207 m. abl. Anm. Otto ist der zedierende Gläubiger regelmäßig weder in der ersten noch in der zweiten Alternative tauglicher Täter des Untreuetatbestandes, weil ein Kaufvertrag grundsätzlich überhaupt keine untreuerelevanten Treuepflichten begründe, während in der Kreditalternative zwar bezüglich der Annahme und Weiterleitung eingehender Zahlungen des Schuldners auftragsähnliche Elemente vorhanden seien, diese aber nicht den typischen und wesentlichen Inhalt der Rechtsbeziehung prägten, sondern nur Sicherungsfunktion hätten (zust. Gössel BT 2 S. 498). Weil es um das typische Unrecht der „Unterschlagung von Forderungen“ geht (zutr. Otto aaO), das der Gesetzgeber seit 1871 im Untreuetatbestand erfassen wollte, müssen aber beim echten Factoring dieselben Grundsätze gelten wie bei der Inkassozession (u. Rdn. 142) und beim unechten wie bei der Sicherungsabtretung (u. Rdn. 155). Ein Finanzierungsvermittlungsinstitut, das Bankdarlehen zur Finanzierung von KfzKäufen vermittelt und den gesamten Geschäfts- und Zahlungsverkehr zwischen Kunden und der Bank abwickelt: Ja (BGH 3 StR 284/69 v. 6.5.1970). Das Frachtgeschäft (§ 425 HGB; §§ 412, 413 HGB): Ja, da es eine „Geschäftsbesorgung“ zum Gegenstand hat.581 Fund: Nein582, denn es geht nur um ein Hantieren mit Sachen oder ggf. um eine spezielle Form der Geschäftsführung ohne Auftrag (s. dort). Geldabholer (Zeitungsfrauen), RGSt 42 211; (Milchmann), RGSt 69 58, 60; (Park140 uhrenentleerer); (Gasmann) RGSt 70 53, 55: Nein, jedoch and. (RGSt aaO), falls dieser die Gasmünzen für Rechnung der Stadtwerke zu verkaufen hat; s. ferner u. Kassenboten (u. Rdn. 143) und Gelddienstleister; Gelddienstleister: Ja, sofern sie nicht nur dazu befugt sind, fremdes Geld aus Automaten zu entnehmen und abzuliefern (dann nur veruntreuende Unterschlagung gem. § 246 Abs. 2 StGB), sondern es mengenmäßig zu erfassen, mit den Geldern anderer Auftraggeber zu vermischen und auf ein eigenes Konto einzuzahlen, um die Summe später dem Auftraggeber auszukehren (BGH wistra 2008 427, 428; and. Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; zw. Saliger SSW Rdn. 16);

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BGHZ 58 364; 69 254, 257; Beckmann, in: Staudinger vor §§ 433 ff Rdn. 138 f; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht 10. Aufl. (2006) Rdn. 748; Medicus Schuldrecht II BT 14. Aufl. (2007), Rdn. 604.

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RG LZ 1932 887; BGHZ 65 340, 343; Schwinge/Siebert S. 63. §§ 965, 966, 970 BGB; siehe auch Rdn. 119 „Verwahrung“; Schwinge/Siebert § 5 I 2a; Sax JZ 1977 704 sub c).

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Die Genossenschaft (§§ 24, 26, 34, 35, 38, 39, 41, 83, 88 GenG): Ja bezüglich der Organe, nein bezüglich der Genossen untereinander und zur Genossenschaft.583 Die Geschäftsbesorgung im zivilrechtlichen engeren Sinn (§ 675 BGB; § 354 HGB) unterfällt auch der weiteren, strafrechtl. Bedeutung.584 Um eine Geschäftsbesorgung handelte es sich auch in dem Fall OLG Stuttgart NJW 1968 1340. Auch die Verzögerung der Abrechnung kann tatbestandsmäßig sein (§§ 666, 667 BGB; aA OLG Stuttgart NJW 1971 64, 65, das jedoch die Schadensfrage mit der Schädigungsabsicht vermengt). Moderne Erscheinungsformen finden sich bei der Kapitalanlage auf fremde Rechnung, z.B. bei Warentermingeschäften (BGH [6. ZS] NJW 1984 800). Die Geschäftsführung: s. bei Auftrag, Genossenschaft, Geschäftsbesorgung und Gesellschaftsuntreue. Geschäftsführung ohne Auftrag (auch im Fall des § 678 BGB): Nein, denn in den Fällen berechtigten Handelns nach den §§ 677, 679, 683 BGB besteht zwar ein gesetzliches Schuldverhältnis (BGH LM BGB § 683 Nr. 2), das nach seiner Ausgestaltung ein Betreuungsverhältnis ist (RGZ 149 205, 207), aber keine vom Geschäftsherrn eingeräumte Obhutsstellung begründen kann, was auch für das (tatsächliche) Treuverhältnis erforderlich wäre. § 266 kommt deshalb nur unter dem Gesichtspunkt der Überschreitung eines tatsächlich erteilten Auftrages in Betracht.585 Geschäftsverbindung: Nein, auch nicht bei einer – regelmäßigen oder ständigen, einseitigen oder gegenseitigen – zwischen Kaufleuten, da es sich dabei um die bloße Gepflogenheit handelt, miteinander Rechtsgeschäfte abzuschließen. Ob es für den einen Teil zu der Verpflichtung kommt, Vermögensinteressen des anderen wahrzunehmen, bestimmt sich erst nach dem Inhalt des jeweils abgeschlossenen Rechtsgeschäfts, der ebensogut vermögensfürsorgerischer Art (in einem Geschäftsbesorgungsvertrag) wie nichtvermögensfürsorgerischer Art (bei einem Kaufvertrag) sein kann.586 Siehe auch Rdn. 153 „Reiseverkehr“; Gesellschaftsuntreue s. Rdn. 242 ff. gesellschaftlichen Beziehungen z.B. aus alter Bekanntschaft (RG HRR 1939 1385), Freundschaft, Verwandtschaft oder Schwägerschaft (RG HRR 1942 612), bei Gefälligkeitsdiensten (BGH 5 StR 435/71 v. 12.10.1971): Nein. Tippgemeinschaften siehe dort, Rdn. 157; Gewerbegehilfen (§ 83 HGB): Nein. GmbH s. Gesellschaftsuntreue Rdn. 243 ff. Der Handelsvertretervertrag (§§ 84, 86 HGB): Ja.587 Anders als der Makler (Rdn. 146) 141 ist der Handelsvertreter (Begriff BGHZ 56 290, 293; 59 87, 90 ff) verpflichtet, sich für den Geschäftsherrn um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen.

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RGSt 69 203, 206 f; BGH NJW 1979 1512; Krüger ZfgG 2010 221 ff. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 19, 26; BGH NStZ-RR 2005 151; BGHZ 62 71, 79; RGSt 68 371, 373; vgl. RGSt 16 241, 243; Rdn. 72 ff; OLG Düsseldorf NJW 2000 529. S. BGHSt 8 149, 150; BGH LM Nr. 21; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; z.T. abw. Hübner LK10 Rdn. 42. Sch/Schröder/Perron Rdn. 30; aA BGHSt

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12 207, 208 m. insow. zust. Anm. Sarstedt LM Nr. 30 und Schröder JR 1959 270. BGH NStZ 1983 74 jedenfalls bei Bestehen eines Konsignationslagers; BGH NJW 1953 1600, 1601 zu § 84 HGB a.F.; OLG Hamm NJW 1957 1041, 1042 a.E.; Sax JZ 1977 749; Sch/Schröder/Perron Rdn. 25; Dierlamm MK Rdn. 85; aA Gribbohm JuS 1965 393; einschränkend Lackner/Kühl Rdn. 13; Otto Struktur S. 313 f; ders. Grundkurs § 54 II 2d.

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Da es dabei um die Wahrnehmung handfester Vermögensinteressen geht (vgl. BGHZ 43 108), bleibt er nicht bloß die Leistung von Diensten an den Geschäftsherrn schuldig, wenn er jede Tätigkeit für ihn unterlässt und stattdessen für die Konkurrenz tätig wird oder vertragswidrig Eigengeschäfte betreibt.588 Er verhält sich vielmehr ungetreu im Sinn des § 266. Er handelt nicht bloß einem erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eingreifenden Wettbewerbsverbot (§ 90a HGB) zuwider (wie in RGSt 75 75, 81), sondern verletzt die vermögensfürsorgerische Vertragspflicht, durch Besorgen von Geschäften für den Geschäftsherrn dessen Vermögen zu mehren.589 Das gilt erst recht, wenn er für den Geschäftsherrn schon vermittelte Abschlüsse der Konkurrenz zuschanzt oder auf sich selbst umstellt. Das Ganze ist nicht eine Frage der „Treupflichtverletzung“, sondern des tatbestandlichen Schadens.590 Auch durch unberechtigtes Inkasso kann der Handelsvertreter Untreue begehen, da er den Geschäftsherrn um die Frucht aus dem vermittelten Vertragsschluss bringt.591 Verbotene oder rechtlich missbilligte Geschäfte zu vermitteln, ist der Handelsvertreter selbstverständlich nicht gehalten (BGHSt 20 143, 146). Handlungsgehilfen und Handlungsvolontäre als Ladenangestellte (§§ 56, 59, 82a HGB): Nein, wenn sie nur zur geschäftsgewöhnlichen Herausgabe oder Empfangnahme und damit zum bloßen Hantieren mit Sachen ermächtigt; ja, wenn sie auch mit dem selbständigen Kassieren betraut sind. Im letzteren Fall liegt Untreue beim Verkauf (oder Selbsteinkauf) unter dem Laden- (oder Vorzugs-)preis592, bei Eigenentnahme ohne Bezahlung593 oder beim Verschenken vor.594 Falls keine Befugnis zu selbständiger Abrechnung gegeben ist, besteht dagegen kein Strafbedürfnis aus § 266, da der Unrechtsgehalt durch die §§ 242, 246595 vollständig erfasst wird. Die Handlungsvollmacht (§§ 54, 55 HGB): Ja (BGHSt 20 143 f; BGH NStZ 2011 280; RGSt 75 75, 77, 79). Hausangestellte, die Alltagseinkäufe besorgen: Nein.596 Haushaltsuntreue s. Rdn. 230 ff. Hausmeister, die die festgesetzten Mieten entgegennehmen, aber die Räume nicht selbst vermieten dürfen: Nein 597; and. bei Hausverwaltungen (BGH 2 StR 116/67 v. 31.5. 1967).

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So aber OLG Braunschweig NJW 1965 1193 unter irrtümlicher Berufung auf RGSt 75 75, 82; Gribbohm JuS 1965 393; Sch/Schröder/Cramer 18 Rdn. 24a. BGHZ 42 59; BGH LM HGB § 61 Nr. 1; RGSt 71 333, 335; RG DR 1939 1981, 1982; OLG Hamm JMBlNRW 1964 139; H. Mayer ZBlHR 1933 147. BGHSt 20 143, 145; RGSt 26 227, 228 f; OLG Köln NJW 1967 1923; Sax JZ 1977 749 a.E., 750; siehe auch Schwinge JW 1937 3023, Anm. zu RGSt 71 333. BGHR § 266 Abs. 1 Missbrauch 3; OLG Koblenz MDR 1968 779, 780; aA BGH 5 StR 584/67 v. 28.11.1967 bei Herlan GA 1971 37; für „vertreterähnliche“ Angestellte s. OLG Frankfurt NStZ-RR 1997 201; siehe auch Rdn. 52.

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BGH LM Nr. 4; OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810; Otto Grundkurs § 54 Rdn. 15; Sax aaO S. 748 f; s. auch Rdn. 51 zum Verkauf nicht von Sachen, sondern von Leistungen unter Preis als Untreue. BGH LM Nr. 4; RGSt 77 34, 38; OLG Hamm aaO; Bockelmann BT/1 § 18 II 3; Sax aaO 748 f. RG GA 1904 360; OLG Hamm NJW 1973 1809; LAG Baden-Württemberg Az. 8 Sa 17/89 v. 06.06.1989, LAGE § 61 HGB Nr 1; aM Sch/Schröder/Perron Rdn. 23a und Voraufl., s. aber dagegen o. Rdn. 85. BGHSt 4 236; BGH NJW 1970 1753. Grossrau Niederschriften VIII 135; Kohlrausch HdR VIII 740; H. Mayer Mat. I 353. AA BGH 2 StR 192/54 v. 2.11.1954.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

Das Inkassogeschäft: Ja mit Ausnahme des reinen Botengeschäfts. Das ist völlig 142 unstr., wenn es – gleichviel, ob in offener oder in verdeckter Stellvertretung – mit der Freiheit zu eigenem Befinden über Art und Weise der Beitreibung, zu Stundung, Bewilligung von Ratenzahlung, Abschluss zum Vergleich bei Strittigkeit, Nachlass bei Aussichtslosigkeit vollständiger Befriedigung u. dgl., betrieben wird, z.B. von gewerbsmäßigen Inkassobüros.598 An der Fremdnützigkeit ihrer treuhänderischen Tätigkeit und damit an der Anwendbarkeit des § 266 kann auch dann nicht gezweifelt werden, wenn sie regelmäßig nur der Weisung zur Einziehung und Ablieferung des Geldes nachzukommen haben, also ohne eigene „Wahlfreiheit“ handeln; das steht der Erfüllung des Untreuetatbestandes weder in der Form des Missbrauchs- (o. Rdn. 44) noch in der des Treubruchtatbestandes entgegen.599 Es genügt, dass der Inkassobeauftragte „zur Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben Bücher zu führen oder Quittungen zu erteilen gehabt hat, also auch buchhalterisch tätig ist“ (BGHSt 13 315, 319; BGH GA 1979 143, 144; BGH NStZ 1983 455). Umstr. ist das unberechtigte Inkasso (oder etwa auch der pflichtwidrige Erlass) einer sicherungs- oder erfüllungshalber (etwa auch im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts oder von Leasingverhältnissen) abgetretenen Forderung durch den Zedenten, der mangels Offenlegung weiterhin gem. § 407 BGB als Nichtberechtigter gegenüber einem gutgläubigen Schuldner verfügen kann und unter den im Innenverhältnis festgelegten Bedingungen auch dazu ermächtigt ist. Ob der Missbrauch der ihm eingeräumten Rechtsmacht im Verhältnis zum Zessionar treuwidrig ist oder nur die Verletzung einer schlichten Schuldnerpflicht bedeutet, hängt davon ab, ob der Gegenstand vom Zedenten unbeschadet der begleitenden Sicherungsfunktion auf eigene Rechnung verwertet werden soll wie beim verlängerten Eigentumsvorbehalt (dann nur schlichte Schuldnerpflicht, vgl. dazu o. Rdn. 138) oder ob er ihn als faktischer Kommissionär wirtschaftlich allein noch im Interesse des Zessionars veräußert (dann Treupflicht, näher o. Rdn. 144). Die Insolvenzverwaltung (vor dem 31.12.1998 Konkursverwaltung): Ja für den Insolvenzverwalter (§§ 56 ff InsO), auch den vorläufigen (§§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 22 InsO), sowohl im Verhältnis zu den Gläubigern600 wie auch im Verhältnis zum Gemeinschuldner 601. Eine Treupflicht trifft auch den Gläubigerausschuss (§ 69 InsO)602, den Sachwalter (§ 274 InsO) und den Schuldner bei der Eigenverwaltung (§§ 270 ff InsO, s. aber auch Rdn. 45). Das Kapitalanlagegeschäft s. bei Anlageberater und Geschäftsbesorgung. 143 Der Kassenarzt: Ja gegenüber der Krankenkasse bei der Verschreibung von Medikamenten aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V 603.

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Dierlamm MK Rdn. 87; BGH 5 StR 538/54 v. 14.12.1954; BGHZ 53 1. Unrichtig OLG Köln NJW 1988 3219 f; OLG Hamm StraFo 1998 195, 197; nach wie vor zutr. BGHSt 5 61, 65 und auch nach der Scheckkartenentscheidung BGH NStZ 1984 118 f. Wie hier bereits Voraufl. Rdn. 127 für den Missbrauchstatbestand; Seier Rdn. 113; Saliger SSW Rdn. 15; and., aber unzutr. Dierlamm MK Rdn. 87, dazu näher o. Rdn. 84 f. BGHSt 15 342 mit Anm. Martin LM Nr. 36 und Schröder JR 1961 268; BGH NStZ 1998 246; Schramm NStZ 2000 398;

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Diversy/Weyand ZinsO 2009 802; für den vorläufigen Verwalter a.M. Schmid M-G/B § 31 Rdn. 128; Gold Die strafrechtl. Verantwortung des vorläufigen Insolvenzverwalters (2004), S. 102 ff. BGH 1 StR 405/73 v. 13.11.1973; Schwinge/ Siebert S. 41. BGHZ 71 253, 256 ff; BGH MDR 1978 747; RGSt 39 383, 386. BGHSt 49 17, 24; BGH NStZ 2004 568 570; OLG Hamm MedR 2005 236; krit. Schnapp u. Brandts/Seier FS Herzberg (2008), S. 795, 811, 816.

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Kassenboten, die Geld nur zu transportieren haben: Nein 604; and. Gelddienstleister (u. Rdn. 140). Kassenhalter, die Geld nicht nur vereinnahmen und (oder) auszahlen, sondern zugleich mit der Verbuchung betraut sind : Ja.605 Kaufvertrag: Nein. Weder für den Verkäufer,606 – auch nicht bei Vorauszahlung des Kaufpreises.607 Darum keine Untreue durch Doppelverkauf (Otto Struktur S. 314). And. jedoch, wenn der Verkäufer die Finanzierung des Geschäfts für den Käufer übernimmt (BayOblGSt 1969 7). And. ggf. auch bei Zweckbindung in der Kaufgeldverwendung, insbesondere wenn der Kaufpreis dem Verkäufer überhaupt erst die Beschaffung ermöglichen soll,608 z.B. beim Verkauf künftiger Eigentumswohnungen609 oder bei „AussteuerKaufverträgen“ mit Vorfinanzierung durch den Käufer.610 Aus schlechten Vermögensverhältnissen des Verkäufers, etwa seiner Überschuldung, allein ergibt sich jedoch eine solche Zweckbindung noch nicht (BGH 5 StR 472/64 v. 22.12.1964). – Noch für den Käufer, sei er auch unerfahren (BGH 4 StR 351/60 v. 7.10.1960), auch nicht bei irgendwelcher Modifizierung der Erfüllungspflicht, etwa durch eine Verrechnungsabrede (BGH 1 StR 446/60 v. 13.12.1960) oder durch das Versprechen der Befriedigung aus einem bestimmten Vermögensstück (BGH 1 StR 463/60 v. 31.1.1961); ferner nicht beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt (s.o.) und auch nicht beim vertragswidrigen Weiterverkauf „zu treuen Händen“ angedienter Dokumente vor Zahlung des Kaufpreises (Timmermann MDR 1977 533); s. ferner Mietvertrag. Kellner, die die Gäste zu bedienen und die Zeche zu kassieren, aber nicht abzurechnen haben: Nein611; auch hier wieder anders beim Oberkellner mit der Aufgabe selbständiger Abrechnung. Der Kommissionsvertrag (§§ 383, 406 HGB): Ja, der Kommissionär ist dem Vermö144 gen des Kommittenten betreuungspflichtig, nicht umgekehrt.612 Kontokorrentverhältnis: Nein (BGH bei Dallinger MDR 1967 174; BGH NStZ 1984 118);

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Rdn. 44 f; Grossrau Niederschriften VIII 135; Kohlrausch HdR VIII 740; H. Mayer GS 104 125 Fn. 4; Otto Struktur S. 313; aA (im Widerspruch zu seinem eigenen Ansatz) RGSt 69 58, 62 gegen RGSt 43 432, 433; Welzel § 56 B 1b. BGHSt 13 315, 318 f; 18 312, 313; BGH 2 StR 612/71 v. 6.4.1972 zum Verwalter einer Betriebskasse, der Versicherungsprämienzahlungen entgegenzunehmen und Provisionen auszuzahlen, daneben Kunden zu beraten hat; BGH 4 StR 459/71 v. 18.11.1971; BGH NStZ 1983 455; ferner RG DR 1939 1982; OLG Hamm NJW 1973 1809, 1810; OLG Köln OLGSt. S. 39; OLG Hamburg NStZ 2010 335 mit grotesk lebensfremden Erwägungen zum subjektiven Tatbestand. RG HRR 1939 594; RG HRR 1939 1446. RGSt 69 146, 147; OLG Hamm NJW 1968 1940 betrifft einen anderen Sachverhalt, keine Anzahlung, sondern einen Preisnachlass, Otto Struktur S. 315.

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RGSt 77 391; BGH 1 186, 189 f; BGHSt 28 20 = BGH NJW 1978 2105, 2106 m.w.N. BGH NJW aaO; BGH 2 StR 378/70 v. 10.2.1971. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 16 = NJW 1991 371. RGSt 69 58, 60, 61; vgl. RGSt 34 39 und RG GA 1903 288 zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F.; Heinitz FS H. Mayer S. 443. BGHSt 1 186, 189; 11 102 ff; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 2; OLG Düsseldorf NJW 2000 529; RGSt 61 342; and., aber ohne triftige Begründung Nr. 7; RGSt 70 161, 164; RGZ 83 201, 205; RG JW 1905 118; OLG Hamm NJW 1957 1041. Siehe auch Rdn. 46; ferner Otto Struktur S. 314 und zu den Voraussetzungen des Kommissionsgeschäfts Rengier BT II § 18 Rdn. 23.

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§ 266

Untreue

Im Konzern s. Gesellschaftsuntreue u. Rdn. 265 f der Krankenkassensekretär, der nur Einzahlungen entgegenzunehmen, Auszahlungen zu bewirken, Quittungen und sonstige Belege zu beschaffen, aber keine selbständige Kassenführung hat: Nein.613 Riskante Kreditgewährung s. Bankuntreue u. Rdn. 240 f. Der Inhaber einer Kreditkarte 614 hat zwar – ebenso wie der Inhaber einer Scheckkarte – von dem Kreditkartenunternehmen bzw. der Bank im sog. Drei-Partner-System 615 die in der Karte gem. § 167 BGB verlautbarte Vollmacht erhalten, den Vollmachtgeber gegenüber dem Vertragspartner des Karteninhabers (im „Außenverhältnis“) unabhängig von einer etwaigen Deckung im Innenverhältnis (zwischen Vollmachtgeber und Karteninhaber) zu einer Zahlung zu verpflichten, besitzt also eine Verpflichtungsmacht, welche prin-

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RG JW 1932 1746 Nr. 29. Schrifttum zu Untreue und Kredit- und Scheckkartenmissbrauch: Bringewat Scheckkartenmissbrauch und nullum crimen sine lege, GA 1973 353 mit Besprechung Blei JA 1974 102; Bringewat Der Kreditkartenmissbrauch – eine Vermögensstraftat! NStZ 1985 535; Bringewat Der Missbrauch von Kreditkarten – straflose oder strafbare Vermögensschädigung, JA 1984 347; Brink Der Missbrauch von Eurocheques (1975); Buchmüller Rechtliche Probleme der Scheckkarte, NJW 1979 1198; Dunkel Nochmals: Der Scheckkartenmissbrauch in strafrechtlicher Sicht, GA 1977 329; Ehrlicher Der Bankomatenmissbrauch – seine Erscheinungsformen und seine Bekämpfung (1989); Giese-Lang-Streyer Eurocheque und Eurocheque-Karte (1971); Gössel Vom Scheckbetrug zum Scheckkartenbetrug? MDR 1973 177; dazu Blei JA 1973 326; Heimann-Trosien Zur strafrechtlichen Beurteilung des Scheckkartenmissbrauchs. Insbesondere zur Frage der Untreue, JZ 1976 549; Hübner Scheckkartenmissbrauch und Untreue, JZ 1973 407 mit Besprechung Blei JA 1973 605; Huff Strafbarkeit der mißbräuchlichen Geldautomatenbenutzung durch den Kontoinhaber, NJW 1986 902; Knauth Verwendung einer nicht gedeckten Kreditkarte als Straftat, NJW 1983 1287; Labsch Der Kreditkartenmissbrauch und das Untreuestrafrecht, NJW 1986 104; Lenckner/Winkelbauer Strafrechtliche Probleme im modernen Zahlungsverkehr, wistra 1984 83; D. Meyer Die mißbräuchliche Benutzung der Scheckkarte – Betrug oder Untreue? – BGHSt 24 386 – JuS 1973 214; dazu Blei JA 1973 393; Offermann Nachruf auf einen Meinungsstreit – zur strafrecht-

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lichen Erfassung des Scheck- und Kreditkartenmissbrauchs, wistra 1986 50; Otto Urteilsanmerkung JZ 1985 1008; Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr und Strafrecht (1978); Ranft Der Kreditkartenmissbrauch (§ 266b Alt. 2 StGB), JuS 1988 673; Schaudwet Rechtsfragen der Scheckkarte, NJW 1968 9; Schmid Missbräuche im modernen Zahlungs- und Kreditverkehr (1982); Schröder Anm. zu BGHSt 24 368, JZ 1972 707; dazu Blei JA 1972 790; Schulz/Tscherwinka Probleme des Codekartenmissbrauchs, JA 1991 119; Seebode Anm. zu BGHSt 24 368, JR 1973 117; dazu Blei JA 1973 117; Sennekamp Ist die Begebung ungedeckter Schecks mittels Scheckkarte durch ihren berechtigten Inhaber strafbar? MDR 1971 638 mit Erwiderung D. Meyer MDR 1971 893; Sennekamp Zur Begebung ungedeckter Schecks unter Verwendung der Scheckkarte, BB 1973 1005; Steinhilper Mißbräuche von Euroscheckkarten in strafrechtlicher Sicht, Jura 1983 401; Tiedemann Computerkriminalität und Missbrauch von Bankautomaten, WM 1983 1326; Vonnahme Urteilsanm. NJW 1971 443; dazu Blei JA 1971 305; Vormbaum Die strafrechtliche Beurteilung des Scheckkartenmissbrauchs, JuS 1981 18; Weller Das Kreditkartenverfahren (1986); Wentzel Das Scheckkartenverfahren der deutschen Kreditinstitute (1974); Zahrnt Die Scheckkarte unter strafrechtlichen Gesichtspunkten, NJW 1972 277 mit Entgegnung D. Meyer, MDR 1972 668; Zahrnt Anm. zu OLG Hamm NJW 1972 298, NJW 1972 1095; Zahrnt Anm. zu BGHSt 24 368, NJW 1973 63. Gribbohm LK11 § 266b Rdn. 14.

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zipiell weiter reicht als die (etwa auf ein Guthaben oder eine Kreditlinie beschränkte) Gestattung im Innenverhältnis, und der Missbrauch dieser Verpflichtungsmacht bedeutet auch eine Schädigung des Vermögens des Vollmachtgebers von innen heraus, die sich nicht im Rahmen des Hantierens mit Sachen vollzieht. Dennoch scheitert eine Täterschaft an dem erstmals vom BGH in der Scheckkartenentscheidung BGHSt 24 386 in den Missbrauchstatbestand hineininterpretierten Erfordernis einer fremdnützigen Treuhandposition, das entsprechend der modernen Interpretation des Art. 103 Abs. 2 GG heute nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (o. Rdn. 13). Nachdem sich die kriminalpolitischen Bedürfnisse zunächst in der Scheckkartenentscheidung selbst vermittels einer dogmatisch verfehlten Heranziehung des Betrugstatbestandes Bahn brachen (zur Kritik eingehend und m.w.N. Voraufl. Rdn. 128), während sie in der folgerichtigen, eine Strafbarkeitslücke annehmenden Kreditkartenentscheidung BGHSt 33 244, 251 zwangsläufig auf der Strecke blieben616, hat der Gesetzgeber im 2. WiKG den Missbrauch von Scheckund Kreditkarten in § 266b als Spezialtatbestand im weiteren Bereich der strafrechtlichen Untreue geregelt. Lagerverwalter, die auf zuständige Anforderung Waren, Gerät, Werkzeug, sonstige 145 Materialien auszugeben haben: Nein;617 and. bei selbständiger Lagerhaltung und -buchhaltung.618 Lastschriftermächtigung siehe Vollmacht. Laufburschen: Nein.619 Leasingverhältnisse siehe Mietvertrag (Rdn. 147) und Inkassogeschäft (Rdn. 142); Leihvertrag: Nein, bloßes Hantieren mit Sachen (RG HRR 1941 984); Locher in der früheren elektronischen Datenverarbeitung, die zu erfassende Daten in Lochkarten oder Lochstreifen maschinell einstanzten: nein 620; auch nicht die Lochkartenverwalterin, die Lochkarten vor der Weitergabe an die Datenverarbeitungsanlage formal auf die Abzeichnung durch den entscheidungsberechtigten Sachbearbeiter zu prüfen hatte.621 Siehe nunmehr Rdn. 136 „Computermanipulationen“; im Maklervertrag weder für den Auftraggeber, da dieser noch so erfolgreiche Be146 mühungen des Maklers durch einen Vertragsabschluss nicht anzuerkennen braucht und sein eigenes Interesse über das des Maklers stellen – z.B. (sogar) bei einem sog. Alleinauftrag einen Interessenten selbst suchen und mit diesem ohne Hinzuziehung des Maklers abschließen – darf (BGH NJW 1961 307), da § 654 BGB auch auf den Auftraggeber nicht entsprechend anwendbar ist.622 Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber trotz eines erteilten Alleinauftrags sich der Dienste eines anderen Maklers bedient und deshalb dem ursprünglichen Beauftragten schadensersatzpflichtig wird (BGHZ 60 377, 381 f); – noch für den Makler, dessen Tätigkeit sich im Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags erschöpft.623 And. ggf. beim Vermittlungsmakler. Er braucht

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Zwar hat BGHSt 33 248 noch auf einen bloßen Subsumtionsirrtum des Täters über das Vorliegen einer Täuschung eine Bestrafung wegen Betrugsversuches stützen zu können vermeint, aber das war dogmatisch verfehlt (richtig: strafloses Wahndelikt). Otto Struktur S. 312; Schafheutle Niederschriften Bd. VIII 268. Sax JZ 1977 748. RG Rspr. 9 200, 203.

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Allg. M., z.B. Lampe GA 1975 5; Sieber S. 246 f, 249; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht 2 S. 156 f. OLG München JZ 1977 408, 409. BGH LM BGB § 652 Nr. 21; Nr. 23; Nr. 28; Nr. 31. BGH GA 1971 209, 210, 211; BGHZ 48 344, 346; BGH LM BGB § 652 Nr. 9; Nr. 25, 4.

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Untreue

zwar – außer bei einem Alleinauftrag 624 – nicht tätig zu werden; wird er es, so braucht er den Auftraggeber nicht umfassend zu beraten.625 Er muss aber auf den Dritten mit dem Ziel des Vertragsabschlusses einwirken, bei einem ihm allein oder „fest an die Hand“ gegebenen Auftrag ausschließlich im Interesse des Auftraggebers.626 Er besorgt also ein Geschäft für ihn (BGHZ WM 1977 762) und ist demgemäß möglicher Untreuetäter, z.B. wenn er dem Entschluss des Dritten, zu einer Verkaufsvereinbarung zu kommen, systematisch entgegenwirkt (vgl. auch RGSt 41 24), oder wenn er dem Auftraggeber und dem Notar verheimlicht, dass er einen über das ihm gesetzte Limit ausgehandelten Überpreis sich vorweg hat auszahlen lassen, vorgeblich zur Weiterleitung an den Auftraggeber als Verkäufer, in Wirklichkeit, um ihn als Sonderprovision für sich zu behalten, so dass die Gültigkeit des Grundstückskaufs in Frage gestellt ist (§ 313 BGB a.F., heute § 311b BGB) und der Auftraggeber obendrein in den Verdacht der Steuerhinterziehung gerät (BGH NJW 1969 1628, 1629). Ist es dem Makler ausdrücklich oder, wie dem Handelsmakler (§§ 93, 98, 99 HGB), stillschweigend gestattet, für beide Teile tätig zu werden (Doppelmakler), so muss er sich strenger Unparteilichkeit befleißigen und darf keinen Teil zum Schaden des anderen bevorzugen.627 Bei solch gegensätzlicher Interessenlage wird, da sie nicht leicht zu meistern ist, nur krasse Benachteiligung oder Übervorteilung des einen Teils für § 266 tatbestandlich sein, z.B. wenn der Makler aus Gewinnsucht unter Verschweigen schwerer Sach- oder Rechtsmängel oder, um sich eine höhere Provision zu sichern, durch eine Mehrerlösvereinbarung mit dem Verkäufer den Kaufpreis zum Schaden des Käufers in die Höhe treibt; oder wenn er den Verkäufer über die Zahlungsunfähigkeit des Käufers oder über die Wertlosigkeit seiner an Zahlungs Statt erbrachten Gegenleistung arglistig nicht unterrichtet.628 Der Untreuetatbestand kommt auch bei atypischen Makler(dienst)verträgen in Betracht, die um eine Geschäftsbesorgung erweitert sind (BGH 5 StR 339/55 v. 6.12.1955; OLG Stuttgart NJW 1968 1340), oder wenn die Stellung des Maklers infolge schon länger währender Geschäftsverbindung (Schröder JR 1959 270) derjenigen eines Handelsvertreters stark angenähert ist (BGH NJW 1953 1600, 1601). im Mietvertrag: von Haus aus nein, weil es um einen Austauschvertrag geht. Der Ver- 147 mieter hat also grds. keine Vermögensinteressen des Mieters zu betreuen,629 auch nicht bei Mietvorauszahlung (BGH 3 StR 787/53 v. 21.1.1954) oder bei einer ohne weitere Abmachungen bei der Gewerberaummiete geleisteten Kaution. And. wird jedoch die vom Vermieter von Wohnraum gem. § 551 Abs. 3 BGB im Interesse des Mieters zu verwaltende Kaution630 sowie der vom Mieter vorab zur Herstellung der ihm danach vermieteten Sache geleistete Baukostenzuschuss behandelt (BGH NJW 1978 2105, 2106 m. Nachw.), ebenso wie ein vom Erwerber einer Eigentumswohnung vorab für deren Herstellung gezahlter Betrag. Solche Verträge verpflichten den Vermieter (Verkäufer), den Bau für

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BGH NJW 1966 1405, 1406; BGH NJW 1969 1626. BGH NJW 1962 734, 735 a.E.; BGH LM BGB § 652 Nr. 17. BGHZ 60 377, 384; BGH NJW 1964 1467, 1468; BGH GA 1971 209, 210 m. Schrifttumsangaben; BGH LM BGB § 652 Nr. 8; Nr. 10; Nr. 13. BGHZ 61 17, 22 ff; BGH LM BGB § 652 Nr. 8a; Nr. 10; Nr. 22; Nr. 26. BGH GA 1971 209, 210; RG Recht 1907

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Nr. 3489; RG Recht 1911 Nr. 2863; vgl. BGH LM BGB § 652 Nr. 22, Nr. 26. RGSt 71 90, 91; aA RGSt 74 1, 3. BGHSt 41 224, 227 ff; 52 182 m. abl. Anm. Kretschmer JR 2008 348; zust. Pauly ZMR 1996 417 ff; and. Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; Lackner/Kühl Rdn. 12, jeweils m.w.N.; Sowada JR 1997 28; Gössel BT 2 S. 499; OLG Düsseldorf NJW 1989 1171; OLG Düsseldorf wistra 1994 33 f.

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den Mieter (Käufer) herzustellen und diesem darin eine (die gekaufte) Wohnung zu verschaffen (BGH MDR 1954 495), und zwar unter Verwendung der Vorauszahlung gerade für diesen Bau und diese Wohnung. Der Vermieter (Bauunternehmer) hat also nicht nur ein eigenes, sondern zugleich ein fremdes Geschäft zu besorgen (BGHZ 16 12, 16), so dass zweckwidrige Verwendung des Geldes (BGH 2 StR 378/70 v. 10.2.1971) und – bei ordnungsmäßiger Herstellung der Wohnung – auch noch ihre vorsätzlich zweckwidrige Verwendung durch den Vermieter (Bauherrn) unter § 266 fällt (BGHSt 8 271; BGHSt 13 330; o. Rdn. 77). Diese Rspr. ist zutr., räumt dadurch aber im Ergebnis selbst ein, dass entgegen der im Schrifttum bis heute überschätzten Scheckkartenentscheidung (BGHSt 24 386, o. Rdn. 16 f) auch ein im Ausgangspunkt nicht fremdnütziges Austauschverhältnis untreuerelevante Teile enthalten kann. Den Mieter trifft gegenüber dem Vermieter keine Betreuungspflicht.631 Diese Grundsätze gelten auch für das Leasinggeschäft. Die Nachlasspflegschaft (§ 1960 Abs. 2 BGB): Ja.632 148 Der Nachlassrichter bezügl. der zukünftigen Erben: Ja.633 Die Nachlassverwaltung (§§ 1975, 1985 BGB): Ja.634 Im Nießbrauch besteht Vermögensfürsorgepflicht so wenig wie in der Pacht, da kein Teil für den anderen fremdnützige Erwägungen anzustellen hat. Alle vertreten nur ihre eigenen Interessen, der Pächter wie der Verpächter (Rdn. 76), der Nießbraucher wie der Eigentümer, auch in den Fällen der §§ 1074, 1076, 1081 BGB, wie aus §§ 1075, 1079, 1083 Abs. 2 BGB folgt. Reflexwirkungen zugunsten des Eigentümers oder Verpächters geben dem Rechtsverhältnis noch kein vermögensfürsorgerisches Gepräge. And. verhält es sich mit dem gerichtlich bestellten Nießbrauchsverwalter, der den Nießbrauch für den eigentlich Berechtigten ausübt (§ 1052 BGB). Der Notar (BNotO § 14 Abs. 1 Satz 2; § 24): Ja, und zwar kraft eines Treueverhältnisses zu allen beteiligten Parteien, die er korrekt zu belehren, für die er in der Regel die erforderlichen Grundbucheintragungen etc. zu erwirken und deren Geld er häufig auf seinem Anderkonto zu verwahren und entsprechend den gegebenen Anweisungen auszuzahlen hat.635 Operatoren, die früher bei elektronischer Datenverarbeitung die in Lochkarten, Loch149 streifen oder anderswie erfassten Daten in die Datenverarbeitungsanlage einlasen: Nein, es handelte sich um ein der Arbeit eines Übersetzers vergleichbares Hantieren mit Sachen.636 Organuntreue s. Gesellschaftsuntreue u. Rdn. 242 ff.

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RG HRR 1937 64; OLG Oldenburg NJW 1952 1267; Otto Struktur S. 314; aA RG DR 1940 285 m. zust. Anm. Mezger; BayObLG WuM 1998 226 für eine auf einem Sparbuch des Mieters hinterlegte Kaution. BGH 3 StR 226/70 v. 27.1.1971; RGSt 67 226 zu § 266 Abs. 1 Nr. 1 a.F.; BGH NStZ-RR 1997 298. BGHSt 35 224. BGH NStZ-RR 2003 297; Fischer Rdn. 48; Otto Struktur S. 313.

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BGHSt 13 330, 333; BGH NStZ 1982 331; 1990 438; BGH wistra 1991 219; 1999 108; 2007 384; 2008 466; 2010 65; BGH NJW 2010 1764; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 15; BGH wistra 2007 422; RGSt 70 166 f, 169 f; 71 295, 296 f betr. Verletzung der Verpflichtung, (anteilige) Staatsgebühren abzuliefern; RGSt 71 295, 298 betr. sog. Gebührenschneiden; RGSt 76 25, 27 f; Seier Rdn. 336 ff. Rohner (Fn. 567) S. 34; Sieber aaO; Tiedemann WM 1983 1330; Rdn. 110.

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§ 266

Untreue

Der Pfandgläubiger hat keine Pflicht, Vermögensinteressen des Verpfänders wahrzunehmen,637 insbesondere nicht beim unregelmäßigen Pfand, bei dem er nur zur Rückgabe von Sachen gleicher Art und Güte verpflichtet ist und deshalb das Pfand auch für eigene Zwecke verwenden darf (BGH LM Nr. 20). And. beim Nutzungspfand.638 Die Pflegschaft (§§ 1909 ff BGB): Ja.639 150 Polizeibeamte und sonst ermächtigte Personen (§§ 56, 57 OWiG), die Verwarnungsgeld erheben und darüber abrechnen: Ja.640 Postboten, die Rundfunkgebühren, Zeitungsgeld, Nachnahmen einziehen, Einzahlungen auf Postanweisungen oder Zahlkarten annehmen, sofern sie eine eigene Buchhaltung führen und nicht lediglich als Quittungs- und Geldempfangsboten fungieren und dadurch allein mit Sachen hantieren641 (dann ggf. Betrug oder Veruntreuung); Programmierer, die das Programm, d.h. die Arbeitsanweisung an die elektronische Datenverarbeitungsanlage erstellen: nein, da es um ein bloßes Hantieren mit Sachen geht.642 Die Prokura (§ 49 HGB).643 Quittungsüberbringer (§ 370 BGB): Nein;644 and. bei selbständiger Berechtigung zu 151 quittieren645. Die Rechtsdienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG v. 12.12.2007, 152 BGBl. 2840), das an die Stelle des RBeratG getreten ist: Ja.646 Rechtsanwalt s. Anwaltsvertrag Bloßer Rechtsschein nach den §§ 932, 932a, 407 BGB, § 366 HGB qualifiziert weder den besitzenden Nichteigentümer oder Kaufmann noch den über die abgetretene Forderung unredlich noch verfügenden Zedenten zum tauglichen Täter des § 266,647 und zwar gleichviel, ob es sich um eine offene oder um eine sog. stille Zession handelt.648 Hingegen kommt die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes in Betracht in den Vollmachtsfällen der §§ 170–172 BGB.649 Anders als nach den §§ 932, 932a, 407 BGB ist die 637

Sch/Schröder 17 Rdn. 25; Sch/Schröder/ Cramer 18 Rdn. 25. 638 §§ 1213, 1214 BGB; Sax JZ 1977 704. 639 RG JW 1933 175; OLG Bremen NStZ 1989 228. 640 BGH 4 StR 86/59 v. 24.4.1959; OLG Köln NJW 1963 1992; OLG Koblenz GA 1975 122, 123; abw. Voraufl. Rdn. 105; Dierlamm MK Rdn. 62; Saliger SSW Rdn. 14 auf Basis der o. Rdn. 82 ff verworfenen Prämisse, der Untreuetäter müsse einen Entscheidungsspielraum haben, der i.Ü. bei der Verwarnung wegen Ordnungswidrigkeiten sogar gegeben ist (§ 47 OWiG). 641 Ohne diese Einschränkung RGSt 73 235, 237; RG HRR 1940 711; BGH NJW 1953 1924; wie hier BGH 5 StR 559/53 v. 19.1.1954 bei reiner Botentätigkeit; unklar RGSt 74 341. 642 Sieber S. 246 f, 249; differenzierend Lampe GA 1975 14; Rohner S. 34 f; siehe auch Rdn. 110 „Computermanipulationen“. 643 BGH 1 StR 298/62 v. 6.9.1962 bei Herlan

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GA 1964 130; BGH 3 StR 394/51 v. 16.8. 1951; RGSt 62 15, 18 ff zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F.; immer im Verhältnis zum Firmeninhaber (Otto Struktur S. 313), u.U. vermöge des „tatsächlichen Treueverhältnisses“ auch zu dessen Kunden (BGHSt 13 330, 331 f sowie o. Rdn. 67). RGSt 69 58, 60, 61; Sax JZ 1977 704. RG HRR 1939 1386. Zur alten Rechtslage Voraufl. Rdn. 129. BGHSt 5 61, 62 f; RG JW 1935 2637; zur Begründung o. Rdn. 42. AA für den letztgenannten Fall RG HRR 1941 372 a.E.; RG HRR 1942 246, II 2 im Hinblick auf den Anwaltsberuf(!) des dort Angeklagten; hinwiederum wie hier BGHZ 26 185 ff; BGH bei Dallinger MDR 1967 174. Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; Saliger SSW Rdn. 17; Bockelmann BT/1 § 18 III 3; Sax JZ 1977 745; zur Begründung o. Rdn. 39; abw. BGHR § 266 Abs. 1 Missbrauch 3.

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Rechtslage auch nach § 169 BGB in den dort genannten Fällen der §§ 674, 729 BGB und in den gleichliegenden Fällen der §§ 675, 1472 Abs. 2, 1497 Abs. 2, 1698a, 1893, 1895, 1915, 2218 BGB, in denen die Außen(voll)macht auf Grund eines in diesen Vorschriften bezeichneten Rechts(innen)verhältnisses erteilt ist (§§ 168 BGB; vgl. RGSt 36 133 f). Hierbei kommt es nach der zutr. Mindermeinung für die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes auch nicht darauf an, ob der ursprünglich Betreuungspflichtige und sein Vertragspartner bzgl. der Vertretungsmacht guten Glaubens sind, so dass das Rechtsgeschäft dann zivilrechtlich gegen den Vertretenen wirkt 650, oder ob der ursprünglich Verpflichtete oder der Dritte insoweit bösgläubig und der Vertrag damit zivilrechtlich unwirksam ist. Denn dann wird die kraft Gesetzes fortbestehende Verpflichtungsmacht erst recht missbräuchlich ausgeübt (=missbraucht)651, wobei das weitere Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils dann freilich nicht schon mit der zivilrechtlichen Verpflichtung, sondern nur nach den Regeln der schadensgleichen Vermögensgefährdung (u. Rdn. 177 ff) begründet werden kann. Daneben kommt gutgläubigen Dritten gegenüber der § 263 ins Spiel.652 Ist bei Erlöschen eines der vorerwähnten Betreuungsverhältnisse mit dem Aufschub anfallender Geschäfte Gefahr verbunden, so bleibt der ursprünglich gesetzlich, behördlich oder vertraglich Verpflichtete, ggf. sein Erbe, kraft Gesetzes weiter betreuungspflichtig – für so lange, bis der Berechtigte anderweit Fürsorge treffen kann (§§ 672, 673 jew. Satz 2; § 727 Abs. 2; § 728 Satz 2; § 1472 Abs. 4; § 1698b; §§ 1893, 1895; §§ 1915, 2218 BGB). Ferner bleibt nach Ende der Geschäftsführungsbefugnis, aber noch fortdauernder Herrschaftsposition ein (tatsächliches) Treueverhältnis übrig, so dass weiterhin die Erfüllung des Treubruchtatbestandes in Betracht kommt (s. Rdn. 62). Im Reiseverkehr begründet die bloße Geschäftsverbindung (Rdn. 140) zwischen Kun153 den und Reisebüro oder Reiseveranstalter, zwischen Reisebüro und Reiseveranstalter, zwischen Reiseveranstalter und Leistungsträger653 noch keine Verpflichtung des einen Teils, Vermögensinteressen des Gegenparts wahrzunehmen654. Die durch eine Reiseveranstaltung ausgelösten rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten waren nach der früheren Rechtsprechung werkvertraglicher Natur 655 und sind heute in den §§ 651a ff BGB eigens geregelt. Je nach dem Leistungsinhalt bestehen Unterschiede in der rechtlichen Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 266. Der „Verkauf“ einzelner Fahrausweise, Ausweishefte, Dauerausweise, für eine bestimmte Bahnoder Omnibusstrecke, von Flugscheinen (Begriff BGHZ 52 194, 208 ff) oder Schiffskarten für eine nach Reiseroute und Zielort bestimmte Flugreise oder Schifffahrt begründet für das Reisebüro, das diese Beförderungsleistungen vermittelt (BGHZ 61 275, 278), nach der Rechtsprechung vermögensfürsorgliche Verpflichtungen sowohl im Verhältnis

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Für Treubruch auch in diesen Fällen Hübner LK10 Rdn. 46; Sax JZ 1977 746. Zur Begr. s.o. Rdn. 47. BGH 1 StR 181/67 v. 11.5.1967; RG Recht 1909 Nr. 3690. Zu diesen Begriffen § 651a Abs. 1 und 2 BGB, BGHZ 61 276; 62 71. aA BGHSt 12 207, 208 f, wo aber übersehen wird, dass der Inhaber eines Reisebüros einen Betrug am Reiseveranstalter begeht, wenn er diesem einen Reisevertrag vermit-

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telt, bezüglich dessen die vom Reisenden bereits geleistete und vom Veranstalter gegen sich gelten zu lassende Auszahlung bereits ersatzlos verbraucht ist. BGHZ 60 14, 16 betr. Kunde/Reisevermittlungsbüro; BGHZ 61 275, 278; BGHZ 66 367, 371; BGH NJW 1974 1187; BGHSt 28 20 = BGH NJW 1978 2105 f betr. Kunde/ Reiseveranstalter, jew. m.w.N.; BGHSt 28 20, 23 betr. Reiseveranstalter/Leistungsträger.

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Untreue

zum Reisenden als auch zu dem Beförderungsunternehmen bzw. allgemein dem Reiseveranstalter.656 Zur Begründung wird darauf abgehoben, dass das Reisebüro – anders als der Weiterverkäufer einer Ware – eine bloße Vermittlertätigkeit in fremdem Interesse entfalte, woraus sich eine Treupflicht gegenüber dem Reiseveranstalter im Sinne des § 266 über die Verwaltung der vom Reisenden gezahlten Gelder ergebe, während die Treupflicht gegenüber dem Reisenden aus einem Auftrag gemäß § 662 BGB folge. Das ist zivilrechtlich zutreffend, zur Begründung einer dem Treubruchtatbestand zu subsumierenden Obhutsstellung des Reisebüros über das Vermögen des Reiseveranstalters aber deshalb zweifelhaft geworden, weil das Reisegeschäft als Massengeschäft nur noch kautelarjuristisch in der zivilrechtlichen Rechtsfigur des Agenturvertriebes gehalten wird, tatsächlich aber schon eher mit dem Vertrieb einer Massenware unter Eigentumsvorbehalt verglichen werden kann, in welchem Fall der Treubruchtatbestand mangels Fürsorgepflicht (Rdn. 70) und der Missbrauchstatbestand wegen äußerlich korrekter Ausübung einer Inkassoermächtigung (Rdn. 51) ausscheiden würde. Bemerkenswerterweise hat auch schon BGHSt 12 210 eine Ausnahme von der angenommenen Vermögensfürsorgepflicht „beim Kauf einzelner, nicht auf Namen lautender Eisenbahnfahrkarten“ konzediert, was dann aber eigentlich im Hinblick auf den Anspruch des Reisenden auf Vertragsübertragung gemäß § 651b BGB heute für alle Reisevertragsfälle gelten müsste. Auf geringere Bedenken stößt die Annahme, dass das vermittelnde Reisebüro oder auch der Reiseveranstalter eine Untreue gegenüber dem Kunden begeht, z.B. wenn diesem die Aufnahme und Verpflegung in dem gebuchten Hotel mangels Weiterleitung der Zahlung verweigert wird.657 Bei einer im Prospekt allgemein angebotenen Pauschalreise, erst recht bei einer nach den Wünschen des Kunden eigens zusammenzustellenden Individual-(Bahn-, Flug- oder Schiffs-)Reise haben das vermittelnde Reisebüro wie auch der Reiseveranstalter nach ihrem sachkundigen Dafürhalten für den Kunden die verschiedensten Geschäfte zu besorgen, z.B. den Abschluss von Beförderungsverträgen (nach der vorteilhaftesten Route, den besten Anschlüssen), von Unterbringungs- und Verpflegungsverträgen (in der gebuchten Hotelkategorie, bei Zwischenaufenthalten, am Zielort), von (Unfall-, Kranken-, Schadens-) Versicherungen, die Beschaffung von Devisen u. dgl. m.; nicht minder auch die Sicherung vertragsgemäßer Erfüllung dieser Verträge durch ordnungsmäßige Erledigung aller Zahlungsverpflichtungen.658 Dagegen wird der Treubruchtatbestand durch den Reiseveranstalter im Verhältnis zum Leistungsträger nicht erfüllt, wenn sich der Veranstalter, wie bei Pauschalreisen üblich, eines solchen als Erfüllungsgehilfen bei der in- oder ausländischen Unterbringung und Verpflegung des Kunden bedient, dem Leistungsträger aber das vereinbarte Entgelt vorenthält, obwohl es in dem Pauschalpreis enthalten ist und der Kunde diesen an den Reiseveranstalter vertragsgemäß entrichtet hat.659 Dafür ist es gleichgültig, ob der Leistungsträger vorleistungspflichtig ist und sich wegen seines Zahlungsanspruchs nicht abgesichert hat (so zutr. BGHSt 28 20, 23). Wenn sich der Leistungsträger zu seiner Sicherung (oder erfüllungshalber) in Höhe seiner Zahlungsansprüche die Forderungen abtreten lässt, die der Reiseveranstalter seinerseits gegen die Kunden oder gegen das als

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BGHSt 12 207, 210 f, 212 m. zust. Anm. v. Schröder JR 1959 270; BGHSt 28 20, 21 f; bestätigt von BGH wistra 1991 181, 182 u. BGH 1 StR 776/92 v. 2.2.1993. BGHSt 12 207, 212; BGHSt 28 20, 24 = BGH NJW 1978 2105, 2106; unklar BGH NJW 1953 1600.

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Vgl. BGHZ 62 71, 79; BGHSt 28 20, 24 = BGH NJW 1978 2105, 2106. BGHSt 28 22 ff = BGH NJW 1978 2105, 2106.

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Vermittler eingeschaltete Reisebüro hat, und dieser darüber abredewidrig verfügt, kommt allerdings die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes in Betracht 660; siehe Rdn. 155 „Sicherungsabtretung“; Rdn. 62 a.E. Der Sanierer bei einem Gläubigerfonds: Ja.661 154 Schaffner in Schienenbahnen oder Autobussen, die Fahrgeld kassieren: Ja.662 Schalterbeamte der Bahn und Post ohne Abrechnungskompetenz (auch zum Bahnoder Postkunden besteht kein Betreuungsverhältnis663): Nein; and. bei (meist vorliegender) selbständiger Kassenführung, die nicht auf das Hantieren mit Sachen beschränkt ist 664; differenzierend Otto Struktur S. 314. Zur ehemaligen Scheckkarte s.o. bei Kreditkarte Rdn. 144. Schmiergeldempfänger: Nein, denn die Herausgabepflicht nach § 667 bzw. § 687 Abs. 2 BGB ist keine spezifische Treupflicht, sondern allgemeine Schuldnerpflicht665 (dazu allg. o. Rdn. 101 ff u. für kick-back-Systeme u. Rdn. 167); Sicherheitseinbehalt: Der Bauherr, der die Einzahlung des Sicherheitseinbehalts einer Werklohnforderung auf ein Sperrkonto entgegen § 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 3 VOB/B unterlässt, ist von der ganz überwiegenden Rspr. der Zivilgerichte nicht als tauglicher Täter angesehen worden,666 und zwar zu Recht, weil es sich bei dem Sicherheitseinbehalt nicht um anvertrautes Fremdgeld und damit bei dessen Einzahlung um eine schlichte Schuldnerpflicht handelt; Die Sicherungsübereignung (Sicherungsabtretung) ist ihrem Wesen nach eigennützig, 155 nicht fremdnützig strukturiert (Schlosser NJW 1970 681) und legt daher, für sich allein genommen, keinem Teil vermögensfürsorgerische Pflichten auf.667 Auf den Sicherungsgeber ist § 266 im Regelfall schon deshalb nicht anwendbar, weil es nur um das Hantieren mit der in seinem Besitz belassenen Sache geht, so dass bei der abredewidrigen Veräußerung u.ä. § 246 Abs. 2 statt § 266 in Betracht kommt (BGH wistra 2007 18, 20; Hauck wistra 2008 241). Daran ändert das für die Begründung des Sicherungseigentums gem. § 930 BGB konstruktiv notwendige, gewöhnlich als Leihe- oder Verwahrungsverhältnis vereinbarte Besitzkonstitut so lange nichts, wie es sich auf die Absicherung der Forderung beschränkt und deshalb nicht geschäftsbesorgender Art ist. Ebenso ist es bei der Sonderform des verlängerten Eigentumsvorbehalts. And. ist es aber, wenn das auf den Sicherungsnehmer übertragene Sicherungsgut allein noch zu dessen Befriedigung und

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BGHSt 28 20, 24 f in einem obiter dictum. OLG Stuttgart wistra 1984 114; Richter wistra 1984 97; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT, Rdn. 394; Seier Rdn. 350 ff. RG JW 1935 3626. Der Fall ist wegen der Höhe des Fahrgeldes (0,20 RM) und der diffizilen Anm. von Matzke bemerkenswert. BGH 3 StR 47/55 v. 6.4.1955; RG HRR 1940 711. BGHSt 13 315; BGH 2 StR 646/53 v. 26.8. 1954; ebenso schon RGSt 72 193, 195 f; ferner RGRspr. 4 683 zu § 266 Abs. 1 Nr. 2 a.F. – Eisenbahngüterexpedient. Voraufl. Rdn. 125d m.w.N.; BGHSt 47 295, 298 („Drittmittel“, zust. Kindhäuser/ Goy NStZ 2003 291, 292; Rönnau JuS 2003 232; diff. Tholl wistra 2003 181),

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and. für einen Sonderfall BGHSt 49 317, 335 f („System Schreiber“) m. Kritik Schünemann NStZ 2006 196, 200 f; Vogel JR 2005 123, 125. BGHZ 185 378 Tz. 14; OLG Stuttgart NJW-RR (ZS) 2010 1612, 1613; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; and. OLG München (ZS) NJW 2006 2278. BGH 1 StR 671/77 v. 28.2.1978 bei Holtz MDR 1978 625; wistra 1984 143 m. Anm. Schomburg; RG HRR 1941 372; RG HRR 1941 984; Helbich S. 88; Lackner/Kühl Rdn. 13 („in Ausnahmefällen“); Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; allgemein zur Problematik Heinitz FS H. Mayer S. 441 f.

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damit in dessen Interesse und auf dessen Rechnung vom Sicherungsgeber veräußert werden soll.668 Es kommt in einem solchen Fall die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes in Betracht, wenn der Sicherungsgeber eine Verfügungsermächtigung erhält und davon einen erkennbar pflichtwidrigen Gebrauch macht (näher Rdn. 51), während die Rechtsscheinwirkung nach den §§ 932, 407 BGB nicht dafür (Rdn. 41, 152), aber für den Treubruchtatbestand genügt. Entsprechendes wie für den einziehungsbefugten Sicherungsgeber gilt für den Sicherungsnehmer.669 Mit der Inbesitznahme der übereigneten Sache, mit der Einziehung der abgetretenen Forderung bezweckt er zunächst nur die Befriedigung des eigenen Anspruchs und betreibt dabei keine Vermögensfürsorge für den Schuldner.670 And. verhält es sich aber bei einer Übersicherung, hier ist der Gläubiger durch eine angekoppelte Verwaltungstreuhand zur Realisierung im Vermögensinteresse des Schuldners und zur Auskehrung des Übererlöses verpflichtet und insoweit tauglicher Untreuetäter (näher o. Rdn. 79). Sparkassen s. Banken; 156 Das Speditionsgeschäft (§§ 407, 408, 415, 362 HGB): Ja, es handelt sich um klare Geschäftsbesorgung.671 Spendensammler siehe „Bote“;672 Die Steuerberatung (StBerG i.d.F. v. 4.11.1975, BGBl. I 2735, §§ 32, 33): Ja. Einen Fall gröblicher Verletzung vermögensfürsorglicher Pflicht behandelt BGH 1 StR 34/70 v. 1.12.1970 (S. 37): Ein Steuerberater nimmt eigenen Provisionsverdienst in die Einkommensteuererklärung seines Klienten als dessen Einnahme (!) auf, so dass dieser erhebliche Mehrsteuern zu entrichten hat. Die Vermögensfürsorgepflicht besteht aber nicht ggü. Kapitalanlegern des beratenen Unternehmens (BGH NStZ 2006 38, 39). Steuerpflicht: Nein, sie überbürdet dem Steuerpflichtigen keine Verantwortung für die Vermögensinteressen der besteuernden öffentlichen Hand; so nicht dem Arbeitgeber durch die Lohnsteuerabzugspflicht;673 auch nicht durch die Pflicht zum Abzug von Kapitalertragsteuer oder Aufsichtsratsteuer (§§ 43, 44 ff, 50a EStG); Der Empfänger einer Subvention ist dem Subventionsgeber gegenüber nicht treupflichtig, wenn er nicht zugleich über den Subventionszweck hinausgehende Vermögensinteressen des Subventionsgebers zu beachten hat (BGHSt 49 147, 156, „Bremer Vulkan“, zust. Tiedemann JZ 2005 45). Genau das traf aber, wie von BGHSt 49 147 verkannt worden ist, im Fall des „Bremer Vulkan“ zu, weil Subventionen von rd. 850 Mio. DM für ostdeutsche Werften mit Zustimmung der Treuhandanstalt dem zentralen Liquiditätsverbund („Cash Management“) der Bremer Vulkan AG zur Geschäftsbesorgung anvertraut und dort treuwidrig verbraucht wurden (näher Schünemann LM Nr. 1 zu § 309 AktG 1965 Bl. 7, 8).674 668

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So bereits RGSt 74 1, 3 f; BGHSt 5 61, 63 f, 65 f; grds. auch BGH wistra 1990 304, 305; 1997 146, 147; zust. Mezger DR 1940 286; Baumann Sicherungsrechte, S. 150 ff; Sax JZ 1977 704; abl. Heinitz aaO S. 441; zur heutigen Diskussion näher o. Rdn. 78. aA die traditionelle Auffassung, z.B. Baumann Sicherungsrechte S. 152 ff; Krey BT/212 Rdn. 568; Sax JZ 1977 704; Sch/Schröder17 Rdn. 25; Sch/Schröder/ Cramer18 Rdn. 25; Welzel § 56 B 1b.

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BGHZ 47 364, 366; 58 364, 367. BGHSt 1 186, 189; RG DR 1944 803; Lackner/Kühl Rdn. 13. AA RG Recht 1927 Nr. 240. §§ 38, 41a EStG; BGHSt 2 338, 343 f; zust. Hartung MDR 1952 502; abl. Mattern NJW 1952 945. Lehrreich (nicht zuletzt zur treffenden Einordnung der in der Literatur beliebten Behauptung einer allzu rigiden Strafverfolgungspraxis im Bereich des § 266) ist die

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Systemanalytiker sind taugliche Täter, soweit sie bei Festlegung der großen Linien der Programmierung auch in Vermögensangelegenheiten disponieren (Seier Rdn. 271; Gruhl in: Müller/Gugenberger § 42 Rdn. 52; Sieber S. 2/15 Fn. 63). Taxifahrer: Nein 675; anders OLG Hamm OLGSt. S. 35, 36, wenn der Fahrer auf 157 eigene Rechnung arbeitet; Tankkarteninhaber, die die ihnen vom Arbeitgeber zur Versorgung von Betriebsfahrzeugen überlassene Tankkarte für ihr Privatfahrzeug einsetzen: Ja 676. Techniker in einer Glasfabrik,677 in der Arbeitsorganisation eines Walzwerks:678 Nein. Die Testamentsvollstreckung (§§ 2203 ff BGB): Ja.679 Der Testamentsvollstrecker ist den Erben, (auch nicht befreiten) Vorerben und Vermächtnisnehmern betreuungspflichtig,680 dagegen nicht den Nachlassgläubigern schlechthin (BGHZ 57 84, 92 f). Er handelt z.B. ungetreu, wenn er mit Mitteln des Nachlasses risikoreiche Spekulationsgeschäfte betreibt oder aus dem Nachlass eigenmächtig Darlehen vergibt.681 Die Tippgemeinschaft begründet, falls sie ein loser Zusammenschluss von Lottospielern ohne rechtliche Bindung untereinander ist, kein vermögensfürsorgliches Betreuungsverhältnis;682 anders, wenn die Mitglieder sich gegenseitig zu regelmäßigen Beiträgen verpflichtet, die anteilsmäßige Gewinnverteilung verabredet und eines von ihnen damit beauftragt haben, den jeweiligen Wettschein auszufüllen, die Wetten allwöchentlich unter seinem Namen für sie abzuschließen und anfallende Gewinne unter sie zu verteilen;683 differenzierend BGH 5 StR 108/67 v. 18.4.1967, wo Untreue des geschäftsführenden Wettgemeinschaftsmitglieds bei Vorenthalten der Gewinne, aber keine Untreue bei Nichteinhalten der von ihm geleisteten Einsatzgarantie (Erstattung des Unterschieds zwischen Einsatz und Gewinn, wenn dieser den Einsatz nicht erreichte) angenommen ist. Die fiduziarische Treuhandverwaltung: Ja, sie zählt zum Kernbereich des § 266.684

675 676

Vulkan in Konkurs; im Dezember 2001 wurde u.a. dessen früherer Vorstandsvorsitzender Hennemann nach 106 Verhandlungstagen wegen Untreue zu einer Bewährungsstrafe von 2 Jahren verurteilt, was am 13.5.2004 vom BGH sowohl im Schuldspruch zur Nachholung rechtlichen Gehörs wegen Umstellung der Begründung für die Treupflichtverletzung auf einen existenzgefährdenden Eingriff (dazu u. Rdn. 251 ff) als auch auf Strafmaßrevision der StA im Strafausspruch wegen fehlender Festsetzung einer schuldangemessenen Strafe aufgehoben wurde, woraufhin das Verfahren 5 Jahre lang nicht betrieben und im Januar 2010 eingestellt wurde, was unweigerlich die Frage einer Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen (§ 258a) aufwirft. RGSt 69 58, 60, 61; Kohlrausch HdR VIII 740; aA SchlHOLG, OLGSt. S. 19. LG Dresden NStZ 2006 633, das zutr. den Missbrauchstatbestand bejaht und die Fremdnützigkeit des Verhältnisses zum

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677 678 679

680 681 682 683

684

Arbeitgeber hervorhebt; a.M. AG Eggenfelden NStZ-RR 2009 139; OLG Celle 1. StS 1 Ws 277/10 v. 05.11.2010, die aber irrig auf das wertlose Abgrenzungskriterium des Entscheidungsspielraums abheben. RGSt 11 241, 243. BGHSt 5 187, 189. BGH GA 1977 341; RGSt 75 242; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 25; Schwinge/Siebert S. 31, 39 f. RG DR 1941 2179 = RGSt 75 242, dort indes insoweit nicht abgedruckt. BGH GA aaO; RG DR 1941 aaO. BGH LM Nr. 19; jedoch Gelegenheitsgesellschaft. BayOblGSt 1971 69 ff = NJW 1971 1664; Bockelmann BT/1 § 18 III 2b cc; vgl. auch RGSt 43 55. aA Blei BT § 65 IV 3 und JA 1971 721; Welzel § 56 B 1b. BGH (2. ZS) NJW 1968 1471; BGH WM 1965 173; BGH NStZ 1997 124; BGH NJW 2008 2451; RG HRR 1940 1215; Otto Struktur S. 313.

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§ 266

Untreue

Unternehmensberater: Bei bloßer Beratung: Nein (s.o. bei Anlageberater); and., wenn 158 der Berater als faktischer Finanzvorstand agiert.685 Beim Verein (§§ 21, 22, 26, 54 BGB) sind der Vorstand,686 die besonderen Vertreter 159 nach § 30 BGB und die Liquidatoren (§§ 48, 49 BGB) vermögensfürsorgepflichtig. Siehe auch BGH 4 StR 482/73 v. 9.10.1973, wo in der Abhebung vom Bankkonto des Vereins, um das Geld eigensüchtig zu verwenden, Untreue des Geschäftsführers gefunden wird, und BGH 3 StR 174/70 v. 28.10.1970, wo jedoch treffender Unterschlagung angenommen worden wäre (Der Vereinskassierer behält einen ihm für den Verein gezahlten Betrag für sich); RG DR 1944 155. Vermögensverwaltungen jeder Art,687 z.B. der Pfarrpfründe;688 die Zwangsverwaltung (§§ 150, 152 ZVG).689 Versteigerer (§§ 156, 383, 489, 753, 966, 979, 1219, 1235 BGB; §§ 373, 376, 379, 388, 391, 437, 440 HGB; §§ 65, 226 AktG; § 23 GmbHG; § 53 WEG): Ja.690 Die Verwahrung: Nein, da bloßes Hantieren mit Sachen.691 Verwandtschaft: Nein, kein Rechtsverhältnis. Siehe auch Rdn. 140 „gesellschaftliche Beziehungen“, aber auch Rdn. 138 „elterliche Sorge“; Die Vollmacht bei zugrundeliegendem Treuhand- oder Betreuungsverhältnis; (so die 160 Vollmacht zu Kassenanweisungen692 und vor allem die Generalvollmacht 693): Ja, sie bildet die Grundstruktur des Missbrauchstatbestandes. Zur Abbuchungsvollmacht bejahend Lenckner/Winkelbauer wistra 1984 83, 87;694 and. für den Missbrauch einer Lastschrifteinzugsermächtigung (für Betrug durch Täuschung der kontoführenden Bank) OLG Hamm NJW 1977 1835.695 Eine Untervollmacht zur Ausführung der dem Hauptbevollmächtigten obliegenden Geschäftsbesorgung verpflichtet den Unterbevollmächtigten zur Fürsorge für die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn, mag der Hauptbevollmächtigte die Untervollmacht 685

686

687 688 689

OLG München ZIP 2004 2438 m. abl. Anm. Tiedemann; dagegen auch Schork/ Gross EWiR 2005 519. BGH NJW 1975 1234 und die dort weiter angeführten Entscheidungen; BGH 4 StR 482/73 v. 9.10.1973 (Abhebung vom Bankkonto des Vereins zum Eigenverbrauch, 3 StR 174/70 v. 28.10.1970 (Veruntreuung zur Einzahlung erhaltener Gelder): BGH wistra 2001 340; BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 18; OLG Hamm wistra 1999 350, 353; s. ferner allg. Eisele GA 2001 377. OLG München wistra 2010 155; Otto Struktur S. 313. RG Recht 1922 Nr. 140. RGSt 38 190; KG MDR 1978 586; OLG Frankfurt [ZS] NJW-RR 2009 571. Siehe auch Rdn. 138 „Ehe“, „elterliche Sorge“; Rdn. 140 „Genossenschaft“; Rdn. 142 ff „Insolvenz-, Nachlassverwaltung, Pflegschaft, Vormundschaft, Testamentsvollstreckung“ sowie zur Gesellschaftsuntreue Rdn. 242 ff.

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RGSt 57 247, 248. Rdn. 112 „Fund“; BGH 1 StR 291/60 v. 20.9.1960, S. 6; RGSt 63 334, 336. BGH 1 StR 453/70 v. 3. 11. 1970. BGH 1 StR 34/70 v. 1.12.1970: Der Generalbevollmächtigte verkauft Aktien an seine Vollmachtgeberin zu überhöhtem Kurs; er gewährt in ihrem Namen einer Tochtergesellschaft ein Millionendarlehen über sein Privatkonto bei einer ausländischen Bank, erspart dadurch bei anderer Zahlungsweise sonst entstehende hohe Spesen, behält den ersparten Betrag aber für sich; er stellt namens der Firma einen Scheck zur Begleichung angeblich geschuldeter Maklerprovision aus und vereinnahmt den Scheck auf seinem persönlichen Konto. In Widerspruch zu ihrer Ablehnung der Untreue im Scheckkartenfall ebd. S. 83. Dazu näher Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr S. 113 ff; Knierim in Wabnitz/Janovsky, Handbuch, S. 481 ff; Haas S. 61 ff.

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im eigenen Namen696 oder im Namen des Geschäftsherrn697 erteilt haben.698 Liegt jedoch schon in der Unterbevollmächtigung selbst eine ungetreue Handlung des Hauptbevollmächtigten (etwa deshalb, weil sie zu pflichtwidrigen Geschäften gegen die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn missbraucht werden soll), so tritt der Unterbevollmächtigte in kein Betreuungsverhältnis zum Geschäftsherrn, leistet aber, wenn er die Pflichtwidrigkeit erkennt, Beihilfe zur Untreue des Hauptbevollmächtigten.699 Die Vormundschaft bringt vermögensfürsorgerische Pflichten für den Vormund und für den Gegenvormund mit sich (§§ 1793, 1792, 1799, 1829 BGB),700 dies u.U. auch nach Beendigung der Vormundschaft.701 Wegen des Vormundschaftsrichters und -Rechtspflegers Rdn. 128, Stichwort „s. Amtsverhältnis des öffentlichen Dienstes“. Vorstand s. Gesellschaftsuntreue u. Rdn. 256 f. Das Warentermingeschäft s. bei Geschäftsbesorgung. Werkvertrag: Nein, bloßer Austauschvertrag.702 Reiseverträge siehe Rdn. 153. 161 Wechselgläubiger, die einen Verlängerungswechsel, oder Wechselschuldner, die einen vom Gläubiger übersandten Geldbetrag oder Scheck weisungswidrig nicht zur Einlösung des Erstwechsels, sondern zum eigenen Nutzen verwenden: Ja 703 (Erfüllung des Missbrauchstatbestandes); ebenso in dem Fall, dass der Gläubiger den Verlängerungswechsel in Umlauf setzt, ohne den Erstwechsel einzulösen,704 oder wenn der Gläubiger einen ihm zahlungshalber hingegebenen Wechsel abredewidrig vor Fälligkeit der zugrundeliegenden Forderung begibt.705 Das gleich gilt, wenn jemand, mit der kurzfristigen Beschaffung eines Wechselkredits beauftragt, das Akzept des Auftraggebers statt für diesen dazu verwendet, sich selbst ein Darlehen zu verschaffen.706 Schließlich kommt auch der Treubruchtatbestand in Betracht, wenn das zugrundeliegende Rechtsgeschäft Gläubiger und Schuldner über § 242 BGB hinaus zur Betreuung der Vermögensinteressen des anderen auch bei der Wechselbegebung verpflichtet, z.B. den Abzahlungsverkäufer, der sich vom Käufer mehrere Blankowechsel aushändigen lässt gegen die Verpflichtung, jeweils nur ein Akzept in Höhe des Kaufpreisrestes in Umlauf zu setzen, es bei regelmäßigem Eingang der Kaufpreisraten stets selbst einzulösen und so bis zur (u.U. mehrjährigen) Tilgung der Kaufschuld zu verfahren.707 Allg. zum Problem der treuwidrigen Verwendung von im Rahmen von Austauschgeschäften begebenen Sicherheiten o. Rdn. 155. Wirtschaftsprüfer: Ja, gegenüber dem beauftragenden Unternehmen.708 Der Wohnungsverwalter gem. § 27 Abs. 5 S. 1WEG gegenüber dem Vermieter sowie bezüglich einer etwaigen Kaution (§ 551 Abs. 3 BGB) gegenüber dem Mieter.709

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BGHSt 2 324. RGSt 61 174. Vgl. BGHZ 32 250, 253; BGH NJW 1977 1535. Sch/Schröder/Perron Rdn. 13. BGHZ 54 71, 73 ff; RGSt 16 77; 35 338, 341; Otto Struktur S. 311, 313. Rdn. 62; RGSt 45 434, 435. Rdn. 75; BGH 1 StR 178/64 v. 9.6.1964; nach BayObLG wistra 1989 113 anders, wenn eine Vorauszahlung zur Beschaffung des Werkmaterials geleistet wird: Elemente der Geschäftsbesorgung. RG HRR 1939 202; BHGZ 8 276; BGH – ZS – NJW 1961, 2302, 2303.

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BGH 1 StR 516/66 v. 15.6.1967, insoweit BGHSt 21 250 nicht abgedr. BGH 3 StR 389/74 v. 26.2.1975; and. Hübner LK10 Rdn. 39. BGH 3 StR 363/76 v. 8.12.1976, S. 24, insow. NJW 1977 443 nicht abgedr. BGH 1 StR 18/64 v. 28.4.1964; 1 StR 169/64 v. 16.6.1964; 2 StR 520/58 v. 22.4. 1959, S. 6; 5 StR 482/61 v. 19.12.1961, S. 7. BGH NStZ 2006 38; Schönke/Schröder/ Perron Rdn. 25. BGHSt 41 224, 226 f; BGH NJW 1996 65.

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§ 266

Untreue

Zugführer (Feldwebel) einer Fernmeldeeinheit der Bundeswehr, der das dem Zug 162 überwiesene Gerät zu verwalten hat: Nein, da bloßes Hantieren mit Sachen (statt Untreue kommt nur Unterschlagung in Frage, OLG Karlsruhe Justiz Bad.-Württ. 1965 360).

V. Vermögensschaden Der Täter vollendet die Untreue dadurch, dass er dem, dessen Vermögensinteressen er 163 zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Das geschieht nicht schon durch unberechtigten Eingriff in die vermögensrechtliche Verfügungsfreiheit des Geschäftsherrn; die Treupflichtverletzung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht identisch mit dem Zufügen eines Vermögensnachteils.710 Diese immer schon unstreitige Interpretation ist von BVerfGE 126 170 auch aus dem Grundgesetz abgeleitet worden: In die Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des § 266 und insbesondere um dessen verfassungskonforme Auslegung ist durch BVerfGE 126 170 dadurch eine zusätzliche Note hineingekommen, dass das BVerfG das von ihm ursprünglich bei der Entkriminalisierung politischer Sitzstreiks eher beiläufig formulierte „Verbot der Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen“ (BVerfGE 92 1, 16) im Anschluss an dessen speziell für § 266 durch Saliger 711 propagierten Ausbau als verfassungsrechtlichen Hebel benutzt hat, um der Strafjustiz eine engere Interpretation des Tatbestandsmerkmals des „Vermögensnachteils“ vorzuschreiben: Die Auslegung müsse „den gesetzgeberischen Willen beachten, dieses Merkmal als selbständiges neben dem der Pflichtverletzung zu statuieren; sie darf daher dieses Tatbestandsmerkmal nicht mit dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal verschleifen, das heißt, es in diesem Merkmal aufgehen zu lassen“ (BVerfGE 126 170, 211). Aber ein offener Verstoß gegen dieses (semantisch nicht allzu klare) „Verschleifungsverbot“ ist jedenfalls beim Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils nicht zu befürchten, denn weil – umgekehrt! – aus ihm als unrechtsindizierendem Merkmal bei Nichtexistenz von Schädigungserlaubnissen die Pflichtwidrigkeit folgt (o. Rdn. 94), kann es natürlich nicht etwa selbst aus der Pflichtwidrigkeit rückgeschlossen werden: Das wäre nicht nur eine „Verschleifung“, sondern ein klarer Zirkelschluss. Die eigentliche Gefahr liegt also in einer auf der sprachlichen Oberfläche unkenntlichen inhaltlichen Entleerung des Schadensbegriffs. Ihr ist der 2. StS des BGH in seiner Rspr. zu den schwarzen Kassen in der Tat erlegen, aber indem das BVerfG ausgerechnet diese Rspr. als verfassungsgemäß bezeichnet hat (BVerfGE 126 170, 215 ff), hat es seinem eigenen Erkenntnis selbst das Rückgrat gebrochen,712 während es andererseits mit der Forderung einer ausnahmslosen konkreten Feststellung der Schadenshöhe (BVerfGE 126 170, 227) die Praxis zu überfordern droht.713 1. Der Begriff des Nachteils findet sich schon in § 246 PrStGB (Entstehungsgeschichte 164 2. Abs.) und meint, wie angesichts der systematischen Stellung des § 266 noch niemals bezweifelt worden ist, einen Vermögensnachteil. Nach bis vor kurzem fast allg. M. hat er dieselbe Bedeutung wie der Vermögensschaden beim Betrug.714 Lackner LK10 § 263 710 711 712 713

Unstr., s. nur BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 17. ZStW 112 (2000), 563, 610; Parteiengesetz, S. 217 ff; HRRS 2006 10, 14. Dazu eingehend u. Rdn. 173. Fischer Rdn. 163a; erhellend könnte hierfür eine genaue Analyse des Urt. des LG Berlin v. 14.2.2011 im sog. Bankenver-

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fahren (526 – 2 StBJs 1173/01 Kls – 4/05) sein. BGHSt 15 342, 343 f; BGH NJW 1975 1234, 1235; BGH LM § 335 Nr. 1; RGSt 71 333 m.w.N.; RGSt 73 283, 285; Beukelmann HK-GS Rdn. 25; Blei BT § 65 V; Cramer S. 116 f; Esser AnwK Rdn. 164; Fischer Rdn. 110; Hefendehl Vermögens-

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§ 266

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Rdn. 122, 123; Maurach/Schroeder I 6. Aufl. § 47 I A715 meinten, der Vermögensbegriff des § 266 sei umfassender als der des § 263, weil Objekt der Untreue auch solche Vermögensmassen sein könnten, die dem Täter nur formell gehören, wirtschaftlich aber entzogen sind wie z.B. die Insolvenzmasse der Verfügung des Gemeinschuldners. Aber das ist keine Frage des Vermögensbegriffs, sondern der Verfügungsberechtigung. Auch die von der h.M. vertretene unterschiedliche Behandlung des dem Geschädigten aus der Straftat gegen den Täter erwachsenden Schadensersatzanspruchs in der Frage des Schadensausgleichs (Rdn. 171) begründet keinen prinzipiellen Unterschied, sondern wird aus der Verschiedenheit des wirtschaftlichen Wertes der Ersatzansprüche hergeleitet:716 Die Ersatzforderung gegen den Betrüger, der sich meist als zahlungsunwillig, in der Regel auch als zahlungsunfähig erweist, ist minderwertig und wiegt deshalb – anders als u.U. der Ersatzanspruch gegen den Untreuetäter, der flüssige Mittel ständig ersatzbereit hält – den angerichteten Vermögensschaden nicht auf. Ein begrifflicher Unterschied zwischen dem Vermögensnachteil gemäß § 266 und dem Vermögensschaden gemäß § 263 wäre freilich unbestreitbar, wenn man mit einer im Schrifttum vereinzelt vertretenen, vom BVerfG in befremdlichem Widerspruch zu seinen eigenen Prämissen tolerierten Auffassung bei § 266 auch den entgangenen Gewinn als Schaden ansehen würde – während sich auch unter diesem Aspekt kein dogmatischer Unterschied in der Rechtsgutskonzeption von § 263 und § 266 zeigt, wenn der Schaden in den dafür genannten Fällen zutr. allein aus der Zerstörung einer schon vorher bestehenden, vermögenswerten Anwartschaft abgeleitet wird.717 Unabhängig davon haben der 1. und der 2. StS des BGH die im Rahmen des § 263 seit langem entwickelte Figur des „Gefährdungsschadens“ speziell am Beispiel der Untreue teils objektiv, teils subjektiv zu korrigieren versucht 718, und BVerfGE 126 170, 211 ff hat auf demselben dogmatischen Feld aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG eine im Einzelnen höchst unklare und umstrittene Restriktion des traditionellen Schadensbegriffs abgeleitet. Infolgedessen finden sich heute nicht nur die Kontroversen um den Vermögensbegriff und um die Systematik des Vermögensschadens, die sich ursprünglich in erster Linie am Betrugstatbestand entzündet haben, ebenso auch beim Untreuetatbestand wieder, vielmehr hat dessen Auslegung inzwischen die Leitfunktion auch für § 263 erlangt.

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a) Über die Begriffe des Vermögens und des Vermögensschadens verhalten sich eingehend Tiedemann LK § 263 Rdn. 127 ff; Hefendehl MK § 263 Rdn. 294 ff und Sch/Schröder/Cramer/Perron § 263 Rdn. 78 ff. Zufolge der seit RGSt 44 230, 233 ständig festgehaltenen Rechtsprechung des RG und des BGH ist Vermögen die Summe aller geldwerten Güter nach Abzug der Verbindlichkeiten.719 Um innere Berechtigung, Tragweite und Grenzen dieses wirtschaftlichen Vermögensbegriffs verstehen zu können, muss man sich vor Augen halten, dass er als Gegensatz zu dem von Binding begründeten, unzulänglichen juristischen Vermögensbegriff 720 entwickelt wurde, der das Vermögen mit den

715 716

gefährdung und Exspektanzen (1994) S. 84 ff; Lackner/Kühl Rdn. 17; Maurach/ Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 41; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 39; Welzel § 56 A 1a; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 775. Vgl. aber nunmehr Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 2. Lackner LK10 § 263 Rdn. 188 (and. Tiedemann LK11 Rdn. 166); Hefendehl MK § 263 Rdn. 455 ff.

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Dazu im Einzelnen Rdn. 176. Dazu im Einzelnen Rdn. 177 ff. BGHSt 16 220, 221; BGH NJW 1975 3235; BGH NStZ 1986 455; BGH wistra 1986 24. Binding BT/1 S. 237 ff (238), 341; Gerland Deutsches Reichsstrafrecht, 2. Aufl. 1932, S. 560 ff, 637 f; Merkel, Kriminalistische Abhandlungen II, 1867, S. 101 ff.

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Untreue

subjektiven Rechten einer Person gleichsetzte und damit das strafrechtliche Rechtsgut fälschlich auf eine nur innerhalb der Zivilrechtsdogmatik, also „binnensystematisch“ bedeutungsvolle Konstruktion reduzierte. Außerdem ist das von Binding benutzte dogmatische Konstrukt des subjektiven privaten Rechts auch deshalb als Basis des strafrechtlichen Vermögensbegriffs unbrauchbar, weil die hierfür unerlässliche Saldierung von Aktiven und Passiven nach einer homogenen Ertragskategorie verlangt, die nur vom Geldeswert gebildet werden kann. Durch den wirtschaftlichen Vermögensbegriff werden diese Mängel behoben. Andererseits schießt es aber doppelt übers Ziel hinaus und führt dadurch ebenfalls in die Irre, wenn man die Redeweise vom ökonomischen Vermögensbegriff wörtlich nimmt und dabei außer Acht lässt, dass (1) das ökonomische System ja seinerseits ganz massiv durch die Rechtsordnung geprägt wird, so dass die Frage des Geldeswertes zwar nicht von der zivilistischen Konstruktion des subjektiven privaten Rechts, aber doch entscheidend von der Gesamtheit der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten abhängt; und dass (2) der strafrechtliche Rechtsgutsbegriff und damit auch der strafrechtliche Vermögensbegriff nur vom Recht positiv bewertete Interessen erfasst, so dass die reine Faktizität im Sinne einer bloßen Machtposition abseits rechtlich gebilligter Nutzungsinteressen auch strafrechtlich weder schutzwürdig noch schutzbedürftig ist. b) Der letztgenannte Gesichtspunkt bildet den Kristallisationskern der im neueren 166 Schrifttum überwiegenden juristisch-ökonomischen Vermittlungslehre, die nur diejenigen wirtschaftlichen Güter einer Person im Vermögensbegriff berücksichtigt, die ihr unter dem Schutz der Rechtsordnung oder wenigstens ohne deren Missbilligung zustehen.721 Auch die Rechtsprechung steht in Wahrheit auf dem Boden dieser Auffassung, wie ihre bis zum Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes praktizierte Weigerung zeigt, die über alle Maßen geldwerte Arbeitskraft einer Prostituierten als Vermögensbestandteil anzuerkennen.722 Damit ist aber noch nicht der erstgenannte Gesichtspunkt in den Vermögensbegriff integriert, dass das wirtschaftliche Handlungssystem und damit der Geldeswert von den rechtlich geregelten Handlungsmöglichkeiten abhängen,723 so dass die juristischökonomische Vermittlungslehre zu kurz greift, indem sie Wirtschaft und Recht als zwei gegensätzliche Systeme auffasst und deshalb den ökonomischen Vermögensbegriff nur in Einzelfällen korrigiert.724 Eine sowohl dogmatisch als auch kriminalpolitisch überzeugende Explikation ermöglicht deshalb allein der hier seit der 11. Aufl. sog. (juristischökonomisch) integrierte Vermögensbegriff, der das Vermögen als eine in Geldeswert ausdrückbare, rechtlich konstituierte Herrschaft über Gegenstände oder soziale Interaktionen versteht725. Diesen Ausgangspunkt trifft an sich auch die in elaborierter Form von Otto begründete und von seinen Schülern ausgebaute personale Vermögenslehre,726 die aber durch den Verzicht auf die Saldierung in der homogenen Ertragskategorie des Geldes die ökonomische Komponente eliminiert und dadurch – in einer weder vom Gesetzgeber gewollten noch kriminalpolitisch sinnvollen Extension – für einen Vermögensschaden die 721

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Cramer Vermögensbegriff S. 100; Sch/Schröder/Perron § 263 Rdn. 82 f; Lenckner JZ 1976 105; Sch/Schröder/Perron Rdn. 39; Lackner LK10 § 263 Rdn. 123; Lackner/ Kühl § 263 Rdn. 33; Nelles S. 347, 426. Prostitutionsgesetz v. 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983); zur alten Rspr. s. nur BGHSt 4 373; BGH NStZ 1987 407; BGH wistra 1989 142; weit. Nachw. bei Lackner/Kühl § 263 Rdn. 35.

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Nelles S. 387; Hefendehl S. 109 ff. Hefendehl S. 110 ff. Ebenso im Kern Hefendehl S. 115 ff; Hefendehl MK Rdn. 33 ff als sog. „normativ-ökonomischer Vermögensbegriff“; Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 132 als sog. „integrierte (institutionelle) Vermögenslehre“. Otto S. 34 ff; Labsch S. 323 ff; Geerds S. 116 ff, 178 ff; zuletzt instruktiv Otto ZRP 1996 300, 305 ff.

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bloße Verletzung der Dispositionsfreiheit ausreichen lässt.727 Richtigerweise bedeutet deshalb Vermögen, dass eine Person über mit der Rechtsordnung zu vereinbarende Potentiale wirtschaftlicher Betätigung mit Hilfe (zivil-)rechtlich anerkannter Durchsetzungsmöglichkeiten nach ihrem Belieben verfügen und externen Störfaktoren effektiv begegnen kann,728 wobei der Vermögensbegriff im Sinne der Saldierung aller positiven und negativen Potentiale in der homogenen Ertragskategorie des Geldes zu verstehen ist. Hierbei dient als ratio cognoscendi das handelsrechtliche Bilanzrecht, weil bei der bilanzrechtlichen Beurteilung von Prognosesachverhalten zu entscheiden ist, inwieweit objektivierte, anerkannte und rechtlich fundierte Parameter des Wirtschaftsverkehrs vorliegen, die bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen wirtschaftlichen Mehrwert oder Minderwert begründen.729 Die entscheidenden Prüfsteine bilden hierbei die Grenzkonstellationen der Exspektanz oder Anwartschaft (als aktiver Vermögensbestandteil) einerseits und der schädigenden Vermögensgefährdung (als Entwertung des de iure noch vorhandenen Vermögensbestandteils) andererseits. Genau hier zeigt sich auch der entscheidende Unterschied zum juristischen Vermögensbegriff, weil es bei den Exspektanzen oder Anwartschaften um Konstellationen geht, bei denen noch kein subjektives Vermögensrecht existiert, während umgekehrt die Kategorie der schädigenden Gefährdung solche Konstellationen markiert, in denen das subjektive Recht noch existiert, aber keinen Geldeswert mehr repräsentiert.

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c) Die Herausarbeitung der eigenständigen Kategorie der Anwartschaften (Exspektanzen) als Vermögensbestandteile ist eine herausragende, ohne wesentliche Anleitung durch die Wissenschaft erfolgte Leistung der Judikatur, der man – im Hinblick auf die ihr vorgegebene Methode der kasuistischen Entwicklung – die Unzulänglichkeiten bei der Entwicklung einer allgemeinen Definition nicht anlasten kann. Ursprünglich sprach die Rechtsprechung von einer Sicherheit, einer hohen Wahrscheinlichkeit oder auch von einer bloßen Wahrscheinlichkeit der Erlangung eines Vermögensvorteils i.e.S. als Kennzeichen der Anwartschaft.730 Heute spricht sie eher davon, dass die Aussicht bereits derart konkretisiert sein muss, dass ihr die Verkehrsauffassung einen messbaren wirtschaftlichen Wert beimisst.731 Das ist im Ansatz richtig, bedarf jedoch noch der Konkretisierung. Entsprechend der vorstehenden Definition des integrierten Vermögensbegriffs liegt eine vermögenswerte Anwartschaft dann vor, wenn eine durch das Zivilrecht oder das öffentliche Recht begründete Herrschaft über Objekte oder Interaktionen vorliegt, die dem Inhaber der Herrschaft die störungsfreie Möglichkeit der Entwicklung des jetzigen Zustandes zur endgültigen Inhaberschaft des „Vollwertes“ garantiert.732 Entscheidend ist also, dass der Vermögensinhaber eine rechtlich realisierbare, ökonomisch bewertbare und im Verhältnis zum Täter rechtlich geschützte Position besitzt, was sich nun 727 728 729

730

731

Hefendehl S. 112 ff. Hefendehl S. 115 ff. Dazu eingehend und detailliert Hefendehl S. 166 ff; inzwischen aufgegriffen von BGHSt 53 199, 202 f, und BVerfGE 126 170, 211 f, 215 f, 223 ff. RGSt 23 55, 57; 38 108, 109; 41 373, 375; 51 205, 209; 64 181, 182; BGHSt 2 364, 367. BGHSt 17 147, 148; BGH GA 1978 332, 333; BGH bei Holtz MDR 1981 100; zum ganzen eingehend Hefendehl S. 25 ff.

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732

Ähnlich, aber enger Hefendehl S. 117 f, der zusätzlich die rechtlich anerkannte Möglichkeit zur Ausschaltung externer Störfaktoren, die sanktionsbewehrte Verpflichtung des ursprünglichen Inhabers des Exspektanzobjektes und die Manifestation des Erwerbswillens des Exspektanzinhabers fordert; instruktiv der Fall BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 1.

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§ 266

Untreue

freilich im Verhältnis des Geschäftsherrn zum Treupflichtigen, also für den Bereich des § 266, für alle Positionen von selbst versteht, die (sei es auch durch den bisherigen Einsatz des Treupflichtigen selbst) für den Geschäftsherrn gewonnen worden sind. Prototyp bei der Untreue ist der Fall des Kickback, wenn also der Treupflichtige in Verhandlungen mit einem dritten Partner dessen Bereitschaft herausgefunden hat, als Entgelt statt mit dem zunächst genannten Betrag x auch mit einem Betrag x minus y zufrieden zu sein. Diese sofort realisierbare Position des Geschäftsherrn stellt dann im Verhältnis zum Treupflichtigen eine rechtlich geschützte vermögenswerte Anwartschaft dar, die vom Treupflichtigen zerstört wird, wenn er dennoch mit dem Dritten den Vertrag zum Preise x abschließt und den Betrag y an sich selbst als Kick back bezahlen lässt.733 Anders ist es dagegen, wenn nur die (bei keinen Vertragsverhandlungen je ausschließbare) Möglichkeit besteht, noch weiter zu verhandeln und evtl. den Vertragspartner weiter zu drücken: Hier handelt es sich um keine selbständig bewertbare Möglichkeit, die selbst dann keinen Vermögensbestandteil des Geschäftsherrn bildet, wenn sich etwa eine statistische Aussage über die Wahrscheinlichkeit weiterer Konzessionen des Vertragspartners formulieren lassen würde. Wenn die Konzessionsbereitschaft des Vertragspartners nicht bis zum letzten ausgelotet wird, kann dies also nur dann den Untreuetatbestand erfüllen, wenn der vereinbarte Preis über dem Marktpreis liegt.734 2. Vermögensnachteil ist die durch ungetreue Handlung verursachte Vermögensmin- 168 derung. Ob eine solche Folge eingetreten ist, wird durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und infolge der ungetreuen Handlung (Unterlassung) ermittelt735 (unmittelbar „vor und nach der Untreuehandlung“). Dabei sind alle wertbestimmenden Faktoren der Untreuehandlung zu berücksichtigen, nicht nur die mindernden, sondern ebenso etwaige werterhöhende. Vorausgesetzt ist für jeden der Faktoren, dass er für sich betrachtet den ursprünglichen Vermögensstand wertändernd beeinflusst hat, also für den Endbestand (mit)ursächlich ist.736 Bleibt dieser nach dem Prüfungsergebnis hinter dem Ausgangswert zurück, so ist der Unterschied der für § 266 tatbestandliche Nachteil. Das für den Zeitpunkt des Saldenvergleichs maßgebliche Unmittelbarkeitsprinzip folgt zwar nicht logisch zwingend aus der Tatbestandsstruktur (and. Saliger ZStW 112 [2000] 611 f), aber teleologisch überzeugend aus dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff, in dem die Chancen und Risiken einer stets ungewissen zukünftigen Entwicklung antizipiert und saldiert werden (woraus zugleich die Untergruppe des „Gefährdungsschadens“ folgt und legitimiert wird, näher u. Rdn. 177 ff). Während das Unmittelbarkeitsprinzip früher nur beim Betrug diskutiert wurde, wird es von der modernen Untreuedogmatik mit Recht auch hier anerkannt (Saliger SSW Rdn. 71 m.w.N.; Rönnau StV 2011 753, 761 unter der Rubrik „Nachteilszeitpunkt“ im Erg. ebenso Velten NJW 2000 2852, 2855 f). Dabei ersetzt es auch nicht das Schadenskriterium der (verlorenen) Vermeidemacht (dazu u.

733

734

Dazu bereits Voraufl. Rdn. 145; eingehend Szebrowski Kick-back; Thalhofer Kickbacks; Rönnau FS Kohlmann S. 239 ff. Gegen die unzutr. Kritik von Bernsmann StV 2005 576 ff s. Schünemann NStZ 2006 196, 200. St. Rspr., s. BGHSt 31 332; 50 299, 314; zu einem Ausnahmefall BGH NStZ 2010 502; w.N.b. Kraatz ZStW 122 (2010) 521, 535 f. BGH NJW 1983 1807, 1808 ff – in BGHSt 31 232 nur z.T. abgedr.

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736

BGHSt 15 342, 343; 16 220, 221; BGH NJW 1975 1234, 1235; RGSt 73 283, 285; Bockelmann BT/1 § 18, IV; Esser AnwK Rdn. 175; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 2, 41, § 41 Rdn. 108; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 40; Beukelmann HK-GS Rdn. 25; ungenau BGH 1 StR 614/68 v. 1.4.1968 bei Dallinger MDR 1969 534. BGH LM § 335 Nr. 1.

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Rdn. 181) – so aber Saliger SSW Rdn. 69 –, sondern ergänzt es in zeitlicher Hinsicht. Die Entwicklung der in diesem Punkt uneinheitlichen Rechtsprechung ist schwer abzuschätzen. In seiner Entscheidung zur Garantenstellung von Unternehmensorganen hat der 5. StS fast beiläufig ausgesprochen, dass ein Nachteil in Gestalt von „Ersatzansprüchen und Prozesskosten nach Aufdeckung (eines) Betrugs … nicht unmittelbar (sei, er setze) nämlich mit der Aufdeckung der Tat einen Zwischenschritt voraus. Der für die Nachteilsfeststellung notwendige Gesamtvermögensvergleich hat aber auf der Grundlage des vom Täter verwirklichten Tatplans zu erfolgen.“ (BGH NJW 2009 3173, 3175, insoweit in BGHSt 54 44 nicht abgedr.; dezidiert der 2. StS in NJW 2011 3528). Nach Auffassung des 1. StS bedarf es eines solchen Unmittelbarkeitserfordernisses dagegen nicht, zumindest bedeute das „nicht zeitgleich, sofort oder auch nur alsbald“ (BGHSt 56 203 Tz. 59 unter Hinweis auf BGHSt 55 288, 305, wo es allerdings um die Unmittelbarkeit nicht des Schadens, sondern der Kompensation ging). Die richtige Lösung dürfte dazwischen liegen, indem der Vermögenssaldo auf Basis der vom Vermögensverwalter endgültig aus seiner Kontrolle entlassenen Situation gezogen werden sollte, natürlich unter „diskontierter“ Berücksichtigung der dadurch geschaffenen Gewinnchancen und Verlustgefahren nach den Regeln des Risikogeschäfts.

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a) An einem Nachteil fehlt es dagegen, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben, so dass Anfangs- und Endbestand des Vermögens einander gleich sind (allg. M.). Das trifft aber nur dann zu, wenn die ungetreue Handlung Vermögenseinbuße und deren Kompensation zugleich (Rdn. 186) und derart hervorbringt, dass Verlust und Gewinn sich die Waage halten.737 Häufigster Fall ist, dass durch die Leistung eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn getilgt wird.738 Hiervon wohlweislich zu unterscheiden ist der weitaus häufigere Fall, dass der Täter im Rahmen einer Vermögensverwaltung durch eine Handlung dem Vermögen Nachteil zufügt und durch eine andere Gewinn einbringt. Der Blick des Strafrechtlers heftet sich an die ungetreue Einzeltat.739 Eine Ausnahme von dieser Einzelbetrachtung hat die Rechtsprechung dann zugelassen, wenn nach einem wirtschaftlich vernünftigen Gesamtplan ein Handlungsbündel auf einen einheitlichen Erfolg so angelegt ist, dass dieser nicht anders als über zunächst nachteilige Maßnahmen erreicht werden kann. Hierher zählen insbesondere kaufmännische und industrielle Investitionen, die Umstellung eines Landguts auf eine andere Art oder Methode der Bewirtschaftung, ein Wechsel in der Viehzucht und ähnliche Fälle einberechneten Vorausnachteils, in denen dieser nur Durchgangsstadium zum Erfolgsziel ist.740 Der nachträgliche Schadensausgleich ist, da der Tatbestand keinen dauerhaften Nachteil voraussetzt,741 tatbestandlich für § 266 ebenso bedeutungslos wie für § 263,742 wie etwa dann, wenn eine Bank, die einem Kunden wegen der eigenmächtigen Veräußerung seiner Aktien durch einen ihrer Angestellten Ersatz leisten muss, für die Wiederbeschaf-

737 738

739 740

BGHSt 17 147, 149 zu § 263. BGH NStZ 1995 185; BGHR § 266 Abs. 1 Missbrauch 1 und Nachteil 2, 9, 13; und zwar selbst bei fehlender liquider Beweisbarkeit der (objektiv bestehenden) Forderung, s. BGHR § 266 Nachteil Nr. 46. RG DJ 1938 231; BGH NStZ 1986 456. RGSt 65 422, 430; 75 227, 230; RG Recht

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1928 Nr. 2617; RG HRR 1929 59; RG JW 1936 882; Bringewat JZ 1977 671; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 41; Saliger SSW Rdn. 59. RGSt 39 335, 341. BGHSt 20 143, 144; RGSt 68 371, 374; Fischer Rdn. 164.

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fung infolge Kursrückgangs weniger Geld aufzuwenden braucht.743 Im Strafmaß wird die Wiedergutmachung freilich strafmildernd ins Gewicht fallen (§ 46 Abs. 2 sowie § 46a StGB). Selbst Gleichzeitigkeit des Eintritts von Vorteil und Nachteil schließt, für sich allein 170 gesehen, den Tatbestand des § 266 nicht aus,744 nämlich für den Fall, dass Vorteil und Nachteil ohne inneren Zusammenhang, unabhängig voneinander, zufällig zu gleicher Zeit entstehen; das ist ohne Einfluss auf das Ergebnis eines Vergleichs zwischen dem Vermögensstand vor und infolge der ungetreuen Handlung. Nur dann wird der Untreuetatbestand ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung selbst, die den Nachteil verursacht („verletzt und dadurch“), zugleich einen Vorteil für das Vermögen so hervorbringt, dass der Vermögensstand in der Waage bleibt, das Vermögen durch die Untreuehandlung also überhaupt nicht gemindert wird. Das steht seit RGSt 44 230, 237 in der Rechtsprechung fest745 und entspricht auch der im Schrifttum h.M.746 Selbst ein schon vorher bestehender Vergütungsanspruch gibt dem Obhutspflichtigen deshalb nicht das Recht, dem Vermögen des Geschäftsherrn ohne ordnungsgemäße Auf- und Abrechnung einen Vermögensnachteil zuzufügen.747 Und selbstverständlich wiegt nur der hinreichend rechtsbeständige (d.h. die Bedingungen des integrierten Vermögensbegriffs erfüllende) Vorteil den Nachteil auf. Ist der Vorteil auf unlautere oder gar strafbare Weise gewonnen und droht deshalb seine Entziehung, so bleibt er im Umfang der dadurch bewirkten wirtschaftlichen Entwertung außer Betracht.748 b) Strittig ist, ob der aus der ungetreuen Handlung entstehende zivilrechtliche Scha- 171 densersatzanspruch niemals749 oder doch unter bestimmten Umständen tatbestandsausschließend wirken kann.750 Zuzustimmen ist der letztgenannten Ansicht. Danach genügt es zwar nicht, dass der Täter ersatzwillig, aber nicht ersatzfähig ist;751 auch nicht, dass er ersatzfähig, aber nicht ersatzwillig ist;752 erst recht nicht, dass ein Dritter ihm helfend beispringen will.753 Wohl aber schließt es die Untreue aus, wenn der Täter eigene ausreichende754 Mittel flüssig in seiner Kasse, auf einer Bank oder bei sonst einem Geldinstitut jederzeit auszahlungsbereit hält.755

743 744 745

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747 748

BGH 1 StR 58/76 v. 6.4.1976, S. 5. So aber BayOblGSt 1973 54; Blei BT § 65 V. RGSt 65 422, 430, „dieselbe Handlung“; RGSt 75 227, 230 „eine Handlung“; BGHSt 17 147, 149; BGH NJW 1975 1234, 1235 m.w.N. Bockelmann BT/1 § 16 IV; Dierlamm MK Rdn. 181; Esser AnwK Rdn. 175; Fischer Rdn. 166; Lackner/Kühl Rdn. 17; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 41, § 41 Rdn. 112; Saliger SSW Rdn. 55; Welzel § 56 A 1a; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 775b; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 40. BGH NJW 1983 1807, 1808. Ohne die Einschränkung auf reale Verlustgefahr Hübner LK10 Rdn. 92; RGSt 71 344, 346; RG JW 1934, 2923; RG JW 1935 2638, 2639; wie hier BGHR § 266 Abs. 1

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751 752 753 754 755

Nachteil 10; BGH NJW 1975 1234, 1235; hierzu näher Rdn. 96 f, 148d. Blei BT § 65 V; § 61 V 2b; Bruns ZAkDR 1941 269 a.E.; Fischer Rdn. 168 f; Krey/ Hellmann BT/2 Rdn. 458; Otto Grundkurs § 51 Rdn. 59, § 54 Rdn. 32; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 42, jedoch unter Ausgrenzung der Fallgruppen des Selbstkontrahierens und der bloßen Zwischenverfügung. BGHSt 15 342, 344; Bockelmann § 18 IV; Dierlamm MK Rdn. 184; Lackner/Kühl Rdn. 17 m. Verweis auf § 263 Rdn. 36a; Hefendehl S. 282 ff. RGSt 53 194, 195; 62 31, 33; OLG Stuttgart NJW 1968 1340, 1341. RGSt 38 266 f; KG NJW 1972 218. BGHSt 15 372, 376; RGSt 73 283, 286. RG JW 1937 168. BGHSt 15 342, 344; BGH 4 StR 78/74 v. 30.4.1974 bei Dallinger MDR 1975 23;

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c) Zu Einzelfällen s.u. Rdn. 186 f.

172

3. Nur der dem zu betreuenden Vermögen zugefügte Nachteil ist für § 266 rechtserheblich. Die Identität des Inhabers der zu betreuenden und der geschädigten Vermögensinteressen ist unabdingbar.756 Dagegen brauchen Treugeber und geschädigter Vermögensinhaber nicht dieselbe Person zu sein.757 Bei verdeckter Stellvertretung, beim Handeln kraft Amtes758 gibt ein anderer als der Vermögensinhaber dessen Vermögensinteressen in Betreuung: Der Mann lässt durch seine Bank Aktien seiner Frau verwalten;759 der Insolvenzverwalter beauftragt den Rechtsanwalt, zur Insolvenzmasse gehörende Forderungen beizutreiben; der Pfleger unbekannter Erben bestellt einen Verwalter für ein zum Nachlass gehöriges Miethaus; der Pfleger eines Sammelvermögens bedient sich bei der Verwaltung und Verwendung des Vermögens einer Treuhandgesellschaft. Handelt einer dieser Beauftragten ungetreu, so vergeht er sich selbstverständlich gegen den § 266; er schädigt ja das fremde Vermögen, das er zu betreuen hatte. Dass ihm der Vermögensträger unbekannt ist, verschlägt nichts.760 Von besonderer Bedeutung ist schließlich, dass das Vermögen einer Personengesellschaft – anders als bei einer GmbH – rechtlich den Gesellschaftern als ihr Vermögen zuzuordnen ist,761 so dass es strafrechtlich nur auf deren Schädigung ankommt.762

173

4. Ausbleibende Vermögensmehrung ist kein Schaden. § 266 bestraft nach seinem eindeutigen und wegen des Analogieverbots des Art. 103 Abs. 2 GG verbindlichen Wortlaut nur die Verursachung eines Nachteils, so dass die (sei es auch pflichtwidrige) Nichterzielung eines Vorteils nicht tatbestandmäßig ist. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist in einem auf das Prinzip des Rechtsgüterschutzes gegründeten und dadurch limitierten Strafrecht auch vollauf legitim, weil zivilrechtlich begründete Pflichten zur Gewinnerzielung763 durch zivilrechtliche Rechtsfolgen sanktioniert werden mögen, aber keine (scil. schon vorhandenen) Rechtsgüter und deshalb nicht das Strafrecht betreffen. Das ist namentlich in der Rspr. zum Kickback (näher o. Rdn. 167) klar herausgearbeitet und auch in der Literatur – abgesehen von verschwindenden Ausnahmen764 – anerkannt wor-

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BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 34; BGH NStZ 1982 331; RGSt 73 283, 285 und das vorst. angeführte Schrifttum sowie Beukelmann HK-GS Rdn. 29; Saliger HRRS 2006 10, 21 f sowie ders. SSW Rdn. 80 und ihm folgend Seier Rdn. 178, Esser AnwK Rdn. 180 f verneinen schon die Gefahrschaffung im Rahmen der objektiven Zurechnung. BayOblGSt 1965 88 (Leitsatz auch NJW 1966 116) achtet Wertpapiere (Aktien) nicht zum Kurswert, sondern – jedenfalls im Sparkassenverkehr – nur bis zur Höhe der – für die Sparkassen – festgelegten Beleihungsgrenze flüssigen Mitteln gleich. Rdn. 101; BGH 1 StR 602/60 v. 18.4.1961; Esser AnwK Rdn. 158; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 42; Rengier BT I § 18 Rdn. 51. BGH 1 StR 34/70 v. 1.12.1970, S. 26; OLG Braunschweig NJW 1961 2030, 2031; Sch/Schröder/Perron Rdn. 47; Beukelmann

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HK-GS Rdn. 27; aA Schröder JR 1963 394, 395; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 42 dem Wortlaut nach, der Sache nach jedoch wie hier („materielle Betrachtung“). OLG Braunschweig NJW 1961 aaO. Schröder aaO. aA Schröder JR 1963 394, 395; Sch/ Schröder 18 Rdn. 33; seit der 19. Aufl. aufgegeben. BGH wistra 1984 226; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 5, 20, 25. BGHSt 34 222 f – st. Rspr. –; Schulte NJW 1983 1774; ders. 1984 1671. Worauf Seier in Rdn. 167, dann aber in Rdn. 168 doch auf die Zerstörung einer Anwartschaft abhebt und deshalb bei der h.M. einzuordnen ist. Nämlich von Kindhäuser NK Rdn. 97, 101; Rengier BT I § 18 Rdn. 37, 54, die aber in concreto nur den vollständig anders gelagerten Fall anführen, dass eine zinsgünstige

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den. Umso kritikwürdiger ist der Einfall von BVerfGE 126 170, 214 f, die nach seinen eigenen Prämissen verfassungsrechtlich doppelt inakzeptable Mindermeinung als Vehikel zwecks Tolerierung der (völlig anders begründeten!) Schwarze-Kassen-Rspr. des BGH einzusetzen: Obwohl es eine unzulässige, weil die Wortlautgrenze überschreitende Analogie bedeutet, den „entgangenen Gewinn“ als „Vermögensnachteil“ zu bezeichnen765, obwohl die vom BVerfG schon bei einer bloßen extensiven Auslegung verfassungsrechtlich geforderte Voraussetzung einer diese untergründenden gefestigten Rechtsprechung (BVerfGE 126 197, 199) bei der Gleichstellung von Nachteil und entgangenem Gewinn nicht nur fehlt, sondern sogar das Gegenteil ergibt (Schünemann StraFo 2010 1, 4 ff), ferner obwohl der 2. StS des BGH sich bei der Qualifikation von schwarzen Kassen als Vermögensschaden gar nicht auf diese Gleichstellung berufen, sondern eine Volte rückwärts zum juristischen Vermögensbegriff probiert hatte (eingehend u. Rdn. 179 f) und obwohl schließlich das vom BVerfG aufgegriffene Argument Kindhäusers, „die Vermögensbetreuungspflicht könne auch die Mehrung des geschützten Vermögens beinhalten“ (BVerfGE 126 214), gar nicht den Schaden betrifft und damit auf die vom BVerfG an sich gnadenlos perhorreszierte „Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen“ (BVerfGE 126 198, 228) hinausläuft, hat das BVerfG die (dogmatisch irrige, näher u. Rdn. 180) Subsumtion der Nichtauflösung einer schon existierenden schwarzen Kasse unter § 266 durch BGHSt 52 323 in so selbstwidersprüchlicher Weise verfassungsrechtlich toleriert, dass seine Entscheidung nicht akzeptabel ist, denn das BVerfG steht trotz § 31 BVerfGG so wenig über der Logik wie Cäsar über der Grammatik. 5. Einzelbeispiele a) Als Nachteil ist angesehen worden: das Zuspielen des Vereinsvermögens durch sat- 174 zungswidrige Beschlüsse in dritte Hand, um es dem Vereinszweck zu entfremden;766 die als Darlehen verschleierte unzulässige Verteilung des Innungsvermögens an die Innungsmitglieder;767 die doppelte Abtretung;768 die Erhebung unberechtigter Gebühren;769 die Überhöhung an sich berechtigter Forderungen;770 das Vereinnahmen eines der GmbH zustehenden Treuebonus auf dem Privatkonto des Geschäftsführers;771 das Gewähren ungenügend gesicherter Kredite772 – sog. Bankuntreue, dazu u. Rdn. 240 f; der Verkauf von Grundstücken oder Filmrechten unter dem Wert;773 das Vereiteln eines vom Auftraggeber dringend benötigten Kredits durch eigennützige Verwendung des von ihm zur

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Anlage des Mündelvermögen unterlassen und dadurch eine Wertabschmelzung durch Inflation hervorgerufen wird. So eigentlich BVerfGE 126 197, 205 f selbst; der von ihm auf S. 215 für verfassungsmäßig vertretbar bezeichnete dogmatische Ansatz, den notwendigen negativen Saldo nicht zum status quo ante, sondern zu dem „im Falle pflichtgemäßen Handelns bestehenden Sollzustand festzustellen“, überschreitet die Wortlautgrenze noch massiver (darunter kann man umgangssprachlich nimmermehr die „Zufügung eines Nachteils“ verstehen) und verkörpert darüber hinaus geradezu einen „Idealfall“ der laut BVerfG unzulässigen „Verschleifung von Tatbestandsmerk-

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malen“, näher Schünemann StraFo 2010 477, 480 ff. RGSt 23 97. RGRspr. 8 575, 577. BGH 1 StR 463/60 v. 31.1.1960, S. 8. BGH LM § 240 Nr. 5. BGH 1 StR 602/60 v. 18.4.1961. BGH 2 StR 485/63 v. 29.1.1964 unter Berufung auf RG JW 1934 2151; RGSt 77 129, 131. BGH NJW 1979 1512; BGH NJW 1984 2539, 2540; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 11. BGH 1 StR 34/70 v. 1.12.1970, S. 42; BGH 2 StR 253/65 v. 30.7.1965.

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Kreditbewilligung hingegebenen Wechselakzepts;774 das Vorenthalten des Besitzes von Aktien, die – sei es auch unzulässig – für die AG erworben worden waren;775 die bestimmungswidrige kostenlose Inanspruchnahme von Heizmaterial für eine Dienstwohnung;776 das Beschäftigen Kreisangestellter mit Privatarbeit während der Dienststunden;777 das Verschweigen einer Vollstreckungsmöglichkeit durch den Gerichtsvollzieher,778 einer persönlichen Schuld des Vormunds in dem von ihm aufgenommenen Verzeichnis des Nachlasses der Mündelmutter;779 der Verkauf unnützer Gegenstände im Übermaß durch den Vormund an sein Mündel;780 die Abtretung einer nichtvalutierten Grundschuld mit der Folge des Einredeverlustes gegenüber dem gutgläubigen Erwerber;781 die erneute unbefugte Aneignung bereits früher veruntreuter, aber wieder zur Masse gebrachter Beträge durch den Konkursverwalter.782

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b) Hinsichtlich des individuellen Schadenseinschlages gilt bei der Untreue prinzipiell nichts anderes als beim Betrug;783 zu Beispielen aus dem Bereich der Organ- und Haushaltsuntreue u. Rdn. 230 ff. Unanwendbar im Rahmen des § 266 ist dagegen die zu § 263 vielfach vertretene Zweckverfehlungslehre.784 Denn entgegen der h.L. (Sch/Schröder/Perron Rdn. 43) geht es dabei nicht um ein Problem des Schadensbegriffs, sondern um die nach viktimodogmatischen Maximen zu beurteilende Relevanz des Motivirrtums bei einer bewussten Selbstschädigung,785 also um ein spezifisches Problem der Tatbestandsstruktur des § 263. Im Rahmen der Untreue stellen sich dagegen andere, vor allem für die Organ- und die Haushaltuntreue relevante Fragen (dazu näher u. Rdn. 230 ff, 242 ff).

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c) Ein Beispiel für die Zufügung eines Vermögensnachteils durch Zerstörung einer Anwartschaft bildet (neben dem „Leitfall“ des Kickback, o. Rdn. 167) das Abwerben von Stammkunden.786 Mehr die Formulierung als das Ergebnis betrifft hierbei die Diskrepanz zwischen den o. in Fn. 730 f angeführten BGH-Entscheidungen, die auf die Vereitelung eines „sicher“ bevorstehenden Abschlusses abstellen, und dem Standpunkt von Sch/Schröder/Perron Rdn. 46 (unter Berufung auf die sonstige Rechtsprechung zum Begriff der vermögenswerten Anwartschaft), dass nur eine Sachlage vorzuliegen brauche, die „mit Wahrscheinlichkeit“ einen Vermögenszuwachs erwarten lasse. Denn entscheidend ist, dass der Treupflichtige die Möglichkeit für einen (noch) günstigeren Geschäftsabschluss bereits selbst geschaffen hat oder dass sich diese Möglichkeit geradezu von selbst versteht wie in dem klassischen Fall, dass der Vormund das Mündelgeld unverzinslich anlegt.787

774 775 776 777 778 779

780 781 782

BGH 3 StR 363/76 v. 8.12.1976, insow. NJW 1977 443 f. nicht abgedr. BGH 5 StR 181/58 v. 15.8.1958. BGH 3 StR 299/71 v. 13.12.1972. BGH 5 StR 644/68 v. 21.1.1969. RGSt 71 31, 33; RG JW 1936 934. RG GA 1898/1899 449; zum Rat des Vormunds an den einkommensschwachen Vater, die freiwillige Unterhaltszahlung einzustellen, s. RG GA 1904 44. RG GA 1896 149, 150. BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 26. BGH 1 StR 355/61 v. 26.9.1961; aA BGH 5 StR 216/69 v. 3.6.1969.

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Vgl. dazu Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 177 ff, 203 ff. Sch/Schröder/Cramer/Perron § 263 Rdn. 102, 104; Gerhold Zweckverfehlung und Vermögensschaden 1988 S. 75 f. Schünemann FS Faller (1984) S. 357, 363 f. RGSt 71 333, 334. RG GA 1888 400; eingehend zu diesen beiden, von ihm als personalisierte Exspektanz bzw. als Marktexspektanz bezeichneten Fallgruppen Hefendehl S. 232 ff, 252 ff.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

6. Vollendung; das Problem des Gefährdungsschadens. Weil der Versuch der Untreue 177 anders als beim Betrug nicht strafbar ist, kommt dem Zeitpunkt des Schadenseintritts und damit der Deliktsvollendung eine im Vergleich zu § 263 bei weitem wichtigere kriminalpolitische Bedeutung zu. Die im Kern vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff geforderte und legitimierte Fixierung der Vollendung auf den ökonomisch maßgeblichen, meist vor dem endgültigen formellen Rechtsverlust liegenden Zeitpunkt ist ursprünglich im Rahmen des § 263 entwickelt und für § 266 namentlich für den Bereich von unvertretbaren Risikogeschäften übernommen worden. In neuerer Zeit hat die dadurch geschaffene dogmatische Figur des Gefährdungsschadens aber speziell bei § 266 zu tiefgreifenden Kontroversen sowohl in der Rspr. als auch im Schrifttum geführt. a) Als ein Nachteil gem. § 266 wird seit 150 Jahren auch eine schädigende oder scha- 178 densgleiche Vermögensgefährdung (= „Gefährdungsschaden“) qualifiziert, wenn sie zwar noch nicht zum effektiven Verlust, aber nach wirtschaftlicher Betrachtung bereits zu einer gegenwärtigen Minderbewertung des Vermögens(-stückes) führt (s. schon RGSt 8 68, 70; 9 168, 169 f sowie Hefendehl S. 50 f zur vorangegangenen Rspr. des preußischen Obertribunals; grdl. dann RGSt 16 1, 11 v. 20.4.1887 – Vereinigte Strafsenate – zu § 263; RGSt 16 77, 81 zu § 266 a.F.).788 Dieser geläufigen Redeweise wurde, ausgelöst durch die u. Rdn. 179 erörterte Kanther-Entscheidung des 2. StS des BGH mit ihrer Idee einer Einschränkung im subjektiven Tatbestand, vom 1. StS mit dem Argument widersprochen, dass sich das Problem einer unzulässigen Strafbarkeitsvorverlagerung „bei einer präzisen Begriffsverwendung unter exakter Betrachtung des tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteils weitgehend erledigt bzw. sich als Scheinproblematik herausstellt“, weil „sich die bei pflichtwidrigen Risikogeschäften sog. konkrete Vermögensgefährdung in Wirklichkeit als ein bereits unmittelbar mit der Tathandlung eingetretener Vermögensnachteil darstellt“.789 Darin liegt aber nach allgemeiner Meinung nur ein in der Sache

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Fortgesetzt in der Rspr. des BGH und der h.L., vgl. nur BGHSt 21 212; 34 394; 40 287, 296; 44 376, 384; 48 354, 357; BGH wistra 2004 60; NStZ 2004 264, 265; weit. Nachw. bei Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 168 ff; Hefendehl MK § 263 Rdn. 532 ff; Sch/Schröder/Perron § 263 Rdn. 143 ff, § 266 Rdn. 45 ff; Esser AnwK Rdn. 168 ff; Fischer Rdn. 150 ff; Lackner/ Kühl Rdn. 17a; Hefendehl S. 256 ff; Beukelmann HK-GS Rdn. 28; Riemann S. 44 ff; im Ansatz zust. BVerfG wistra 2009 385, 388, aber mit der Warnung, dass „eine zu weite Einbeziehung von Gefährdungslagen als Vermögensnachteil zu einer Vorverlagerung der Strafbarkeit in den Versuchsbereich führen könnte, die der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat“, ebenso Landau ZStW 121 (2009), 965, 975 f; scharfe Kritik an einer vorgeblich zunehmenden Konturenlosigkeit bei Saliger ZStW 112 (2000), 563, 565 ff, 509 f; ders. HRRS 2006 10, 14; Saliger SSW Rdn. 8; Matt NJW 2005 389, 390; Dierlamm MK Rdn. 6, 195 ff; Volk

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FS Hamm S. 803, 805 ff. Abwägend Hefendehl FS Samson S. 298 f: „Ein tatbestandlicher Vermögensschaden liegt (deshalb) nicht nur im Falle eines endgültigen Substanzverlusts vor, sondern auch dann, wenn die Verfügbarkeitshypothese (scil. über die geldwerten Güter) negativ ausfällt.“ NJW 2008 2451, 2452 Tz. 18 f; fortgesetzt zu § 263 in BGHSt 53 199, 202 (and. aber wieder der 1. StS in BGHSt 53 71, 85); erl. Nack StraFo 2008 277 ff (and. noch ders., in: Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. 2006 § 47 Rdn. 59, § 50 Rdn. 71 ff); krit. Rezensionen u. Anm. v. Adick HRRS 2008 460; Schäfer JR 2008 302; Beulke/Witzigmann JR 2008 430; Klötzer/Schilling StraFo 2008 305; Wegner wistra 2008 347; Peglau wistra 2008 430; Selle/Wietz ZIS 2008 471; Fischer StraFo 2008 269; Schünemann NStZ 2008 430; zu der 2. Entscheidung von Hefendehl FS Samson S. 307 ff; Saliger ebd. S. 455, 466 ff; Küper JZ 2009 800 ff; Becker HRRS 2009 334 ff; Ransiek/Reichling, ZIS 2009

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

nicht weiterführender Wechsel der Terminologie, der überdies (wie die vorstehend zit. Kombination des Rechtsbegriffs „Vermögensnachteil“ mit der „Wirklichkeit“ zeigt) die deskriptive und die präskriptive Sprachebene vermengt und zugleich notwendige Differenzierungen schuldig bleibt: Die aus dem ökonomisch-rechtlich integrierten Vermögensbegriff folgenden Erscheinungsformen des Schadens zerfallen in zwei nicht von der Bewertungsmethode, aber vom Bewertungsobjekt her prinzipiell zu unterscheidende Fallgruppen, nämlich auf der einen Seite in Gestalt des Verlusts der Dispositionsherrschaft über ein formalrechtlich noch dem Rechtsgutsträger zuzuordnendes Objekt (schadensgleiche Vermögensgefährdung i.e.S.) sowie in dem Verlust einer noch nicht formell zuzuordnenden, aber wegen ausreichender Dispositionsherrschaft bereits als Vermögenswert anzuerkennenden Exspektanz (Ebene des Vermögensverlustes); und auf der anderen Seite, wenn das an sich zum Ausgleich des Verlusts dienende Vermögensstück („Kompensation“, die wiederum in einer vollgültigen Rechtsinhaberschaft oder in einer vermögenswerten Exspektanz bestehen kann) doch nicht in die Dispositionsmacht des Rechtsgutsträgers gelangt und deshalb als Kompensation unzureichend ist790. Der 1. StS muss sich nun vorhalten lassen, dass er die von ihm eingeforderte terminologische Präzision selbst nicht beachtet hat, weil es nämlich sowohl in seiner Untreueentscheidung (NJW 2008 2451) als auch in seiner Betrugsentscheidung (BGHSt 53 199) allein um die 2. Fallgruppe ging: Im ersten Fall entnahm der Vermögensverwalter Gelder vom Treuhandkonto zur Tilgung anderweitiger Schulden, ohne dass eine „mit ausreichenden liquiden Mitteln versehene und zahlungswillige“ Person zur Kompensation bereit war791. Im zweiten Fall zahlten die Vermögensinhaber ihr Geld auf ein vermeintlich unantastbares Treuhandkonto ein, das der Angeklagte aber entsprechend seiner vorgefassten Absicht teils für seinen Lebensunterhalt, teils für den Betrieb eines Schneeballsystems verwendete792. In beiden Fällen waren also die Vermögensgüter der Geschäftsherren bzw. der Investoren endgültig verloren, ohne dass ein zur Kompensation geeignetes, wirtschaftlich wertvolles Gut an deren Stelle getreten wäre. Für solche Konstellationen ist allerdings die Figur des „Gefährdungsschadens“ überflüssig, denn es geht schlichtweg darum, dass für den klaren und endgültigen Verlust eines Vermögensgutes durch die Vermögensverfügung des Getäuschten (bei Betrug) bzw. durch die Verfügung des Vermögensverwalters (Untreue) keine ausreichende Kompensation geschaffen worden ist. Dagegen liegt die vom 1. StS vorgenommene Qualifikation als „Risikogeschäft“ 793 neben der Sache, weil die Geschädigten für ihren Vermögensverlust nicht etwa chancenreiche, aber in der weiteren Entwicklung unsichere Exspektanzen eintauschten, sondern in den nach den tatsächlichen Feststellungen vorliegenden Schneeballsystemen keinerlei Rückfluss erwarten konnten 794.

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b) In den umgekehrten Strudel, der durch die Grundsatzentscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 126 170 keineswegs beruhigt, sondern eher noch verschlimmert worden ist, ist die Figur des Gefährdungsschadens durch die

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315 ff; Schlösser NStZ 2009 663 ff; Brüning ZJS 2009 300 ff; Fischer StV 2010 95; Schünemann StraFo 2010 1 ff, 477 ff. Zutreffend unterschieden von Küper JZ 2009 800; Hefendehl FS Samson S. 300 f; BGH (3. Strafsenat) in der WestLB-Entscheidung Wistra 2010 21 ff mit Bespr. Strate HRRS 2009 441 f; Steiner Kreditwesen 2010 98 f.

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BGH NJW 2008 2451. BGHSt 53 199, 201. So BGH NJW 2008 2451 ebenso wie BGHSt 53 199. Zur Frage, ob auch die am Anfang des Schneeballsystems stehenden Investoren entspr. BGHSt 53 199, 204 einen vollständigen Schaden erlitten, näher u. krit. Schünemann StraFo 2010 477, 479.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

Rspr. des 2. StS des BGH seit der Kanther-Entscheidung (BGHSt 51 100) geraten. Der 2. StS hatte aus dem doppelten Unbehagen heraus, dass die Figur des Gefährdungsschadens bei § 266 wegen der Straflosigkeit des Versuchs anders als bei § 263 nicht über das Wie, sondern über das Ob der Strafbarkeit entscheide, ohne dass wie bei § 263 durch die Forderung einer rechtswidrigen Vorteilsabsicht die hinreichende Strafwürdigkeit garantiert wäre (BGHSt 51 100, 121), einerseits eine beachtenswerte, freilich auf erhebliche Kritik treffende (näher u. Rdn. 196) Einschränkung im subjektiven Tatbestand praktiziert, aber andererseits bei der umstrittensten Fallgruppe der schwarzen Kassen in objektiver Hinsicht eine Strafbarkeitsausdehnung proklamiert und diese in der anschließenden SiemensEntscheidung BGHSt 52 323 sowie der Kölner Müll-Entscheidung BGHSt 55 266 zu einem Maximum gesteigert, das unausgesprochen über die Wiederbelebung des juristischen Vermögensbegriffs zu einem moralischen Vermögensbegriff eskaliert ist, paradoxerweise aber jedenfalls in Gestalt der Siemens-Entscheidung den Beifall des BVerfG gefunden hat (o. Rdn. 173). Von einer „schwarzen Kasse“ spricht man, wenn Teile eines treuhänderisch verwalteten Vermögens aus der Buchhaltung des Geschäftsherrn zu dem Zweck heraus gehalten (häufig auf ein nicht auf dessen Namen lautendes Konto verlagert) werden, die Gelder im tatsächlichen oder vermeintlichen Interesse des Geschäftsherrn unter Vermeidung externer Kontrollen zu verwenden795. Während das RG die Einrichtung schwarzer Kassen nur im Rahmen der Amtsuntreue als schadensgleiche Vermögensgefährdung qualifiziert hat (näher u. Rdn. 231) und auch in der Rspr. des BGH vor 2006 nur vereinzelt und in unklarer Weise eine mögliche Ausdehnung in den Bereich der privaten Vermögensverwaltung erwogen worden ist 796, hat der 2. StS im Dreierschritt der Kanther-, Siemens- und Kölner Müll II-Entscheidung BGHSt 51 100, 114; 52 323; 55 266 zunächst die Einrichtung und Führung schwarzer Kassen durch Verantwortliche einer politischen Partei wegen der „konkreten, nur noch im Belieben der Täter stehenden Möglichkeit des endgültigen Vermögensverlusts“ (sic!) als Vermögensnachteil qualifiziert (BGHSt 51 100, 113 Tz. 43), ist sodann, ob dieser Kennzeichnung ungerührt, bei der „Einrichtung einer verdeckten Kasse“ (in concreto ging es um die Fortführung einer schon bestehenden) „durch leitende Angestellte“ auf die Behauptung eines „endgültigen Schadens“ eingeschwenkt (BGHSt 52 323, 336), weil „die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens dem Vermögensinhaber obliegt, im Fall einer Kapitalgesellschaft dessen (sic!) zuständigen Organen“, um schließlich für eine vom alleinvertretungsberechtigten GmbH-Geschäftsführer geführte, nur von ihm kontrollierte schwarze Kasse dasselbe zu erklären (BGHSt 55 266, 282 f.). Während die Ausdehnung der Rspr. zu schwarzen Kassen als Amtsuntreue auf die 180 „Parteienuntreue“ durch die Kanther-Entscheidung im Schrifttum teilweise gebilligt wurde797, ist die Siemens-Entscheidung weit überwiegend abgelehnt worden798, was für 795

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Vielfach wird – noch enger – darauf abgehoben, dass die schwarze Kasse pflichtwidrig vor dem Geschäftsherrn geheim gehalten wird, vgl. Esser AnwK Rdn. 199; Fischer Rdn. 130; Saliger NStZ 2007 545, 547; ders. SSW Rdn. 76; Bernsmann GA 2007 231; Rönnau FS Tiedemann S. 713; extensiver Weimann Die Strafbarkeit der Bildung sog. schwarzer Kassen gem. § 266 StGB (Untreue), Tübingen jur. Diss. (1996) 12 f; Strelczyk S. 14. BGH wistra 1992 266; NStZ 2000 206;

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zum geringen Aussagewert dieser Entscheidungen Schünemann StraFo 2010 1, 6 f. Zur immerhin plausiblen Übertragung der strengen Rspr. zur Amtsuntreue durch Einrichtung schwarzer Kassen auf das öffentlichen Zwecken dienende Vermögen politischer Parteien Schünemann NStZ 2008 430, 433. Zust. Brammsen/Apel WM 2010 781; abl. die klar h.L. vgl. nur Schünemann StraFo 2010 1 ff; Satzger NStZ 2009 297; Rönnau StV 2009 246.

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die Kölner Müll II-Entscheidung erst recht gilt.799 Von der Verletzung der von BVerfGE 126 170 aufgestellten allgemeinen Grundsätze abgesehen (denen freilich das BVerfG stante pede selbst untreu geworden ist, o. Rdn. 173), ist die Rspr. des 2. StS auch dogmatisch nicht haltbar, weil sie den behaupteten Endschaden unter Missachtung des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs allein aus der temporären Uninvolviertheit der aktienrechtlichen Organe ableiten will 800 und damit auf einen rein juristischen Vermögensbegriff zurückfällt: Solange der Verwalter der schwarzen Kasse loyal und bei den Dispositionen darüber im Rahmen seiner konkreten Kompetenz handelt, wird ja die Verfügungsmacht des sich mit der Verwaltung im einzelnen gar nicht befassenden Geschäftsherrn in concreto überhaupt nicht beeinträchtigt. Es liegt deshalb nicht einmal, wie einige Kritiker einräumen zu müssen glauben, eine Verletzung der „Dispositionsmöglichkeit“ vor 801, solange sich der Verwalter von der Betragshöhe und dem Geschäftsfeld her im Rahmen seiner Zuständigkeit hält und der Geschäftsherr (bei einem Großkonzern wie der Siemens AG: der Zentralvorstand) keine konkrete Verwaltungsmacht für den betreffenden Vermögensgegenstand in Anspruch nehmen will. Vielmehr geht es dann nur um eine Missachtung der abstrakten Anweisungen des Geschäftsherrn und damit um eine schlichte Pflichtwidrigkeit, wenn dieser etwa die Einrichtung schwarzer Kassen als Mittel zur Auftragsakquisition ernsthaft untersagt hat.802 Der die Siemens-Entscheidung kennzeichnende Schluss von der Pflichtwidrigkeit auf den Vermögensschaden ersetzt also die vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff geforderte konkrete Prüfung durch einen Verweis auf abstrakte Rechtsinhalte und überschreitet damit die bisher von der Untreuerechtsprechung eingehaltenen Grenzen.803 Durch das Abstellen auf den „Bestand des Vermögens“ anstatt auf dessen saldierten Wert wird die Rückkehr zum juristischen Vermögensbegriff manifest, ebenso wie durch die Definition einer in der zukünftigen Entwicklung noch offenen „Schwebelage“ als „endgültigen Vermögensverlust“ die das gesamte Vermögensstrafrecht prägende wirtschaftliche Betrachtungsweise verweigert wird. Eine nochmalige Steigerung dieses dogmatischen Fehlers findet sich dann in BGHSt 55 266, wo der Vermögensbegriff nur noch moralische Substanz besitzt, weil hier das Organ selbst die Kasse kontrollierte. Dogmatisch zutr. ist deshalb die im Schrifttum herrschende, von Saliger in zahlreichen Abhandlungen sog. verwendungszweckabhängige Betrachtung 804, wonach in 799

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Schünemann StraFo 2010 477, 482; Saliger FS Roxin II, S. 1053; zust. Brammsen/Apel (Fn. 798). Was bei einem Weltkonzern mit 60 bis 70 Milliarden € Umsatz und (damals) nur 4 Vorstandsmitgliedern ohnehin eine rein formale Position darstellte. Nachw. b. Fischer Miebach-Sonderheft NStZ 2009 16 f. Fischers Replik, dass „die Möglichkeit der Disposition zum Kern des Vermögens gehöre“ (ebd. S. 17; BGHSt 52 323, 339), macht erst recht deutlich, dass der 2. StS unter Preisgabe der vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff verlangten konkreten Betrachtungsweise auf einen völlig abstrakten juristischen Vermögensbegriff zurückgefallen ist, s. Schünemann StraFo 2010 1, 9; dagegen Hohn FS Rissingvan Saan S. 259 ff. Diese Ernsthaftigkeit war zwar im Siemens-

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Fall nämlich nach dem in der Presse vielfältig geschilderten „System Siemens“ offenkundig zweifelhaft, weshalb es dem BGH angesichts seiner Revisionsrechtsprechung zur erweiterten Sachrüge (Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht, § 55 Rdn. 27, 32) möglich gewesen wäre, die gegenteiligen Feststellungen des LG Darmstadt als sachlich-rechtlich fehlerhaft, weil lückenhaft begründet, zu beanstanden. Fischers Vergleich mit dem Betrogenen, der zum Trost auf den Besitz des unbekannten Hehlers an einem unbekannten Ort verwiesen wird (Miebach-Sonderheft NStZ 2009 17), benennt hingegen einen konkreten Verlust und spricht damit direkt gegen die Siemens-Entscheidung. Grdl. Saliger Parteiengesetz S. 417 ff; Saliger SSW Rdn. 77 m.w.N.; extensiver freilich Strelczyk S. 142 ff, der über die Loyalität

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Untreue

der Einrichtung einer schwarzen Kasse allein noch kein Vermögensnachteil liegt, wenn deren Halter sie allein für Zwecke des Geschäftsherrn einsetzen will. Ferner ist die Siemens-Entscheidung auch deswegen unrichtig, weil sie die bloße „Nichtanmeldung“ einer von einem anderen Mitarbeiter eingerichteten schwarzen Kasse (in der notabene schon der „Endschaden“ liegen soll) als (scil. neue) Schädigung behandelt und damit das Unterlassen einer Vermögensmehrung unter Überschreitung der Wortlautgrenze wie auch der seit langem st. Rspr. unter den Nachteilsbegriff subsumiert.805 c) Im Übrigen ist freilich bis heute umstritten, von welchen Kriterien es im Einzelnen 181 abhängt, ob eine noch nicht zum formellen Verlust eines Vermögensstückes eskalierte Gefahrensituation bereits unter den Begriff des Vermögensschadens subsumiert werden kann. Als normative Richtlinie wird man darauf abzustellen haben, ob dem drohenden endgültigen Verlust keine Vermeidemachtmöglichkeiten des Bedrohten mehr gegenüberstehen.806 Als ratio cognoscendi kann hierbei die bilanztechnische Behandlung herangezogen werden, deren (notabene begrenzte) Nützlichkeit erstmals umfassend von Hefendehl entwickelt 807, vom 1. StS in den vorstehend Rdn. 178 behandelten Entscheidungen verdienstvoller Weise aufgegriffen (vor allem BGHSt 53 202 f) und schließlich von BVerfGE 126 170, 223 ff für die Schadensermittlung verbindlich gemacht worden ist. Die im Schrifttum geäußerten Bedenken gegen die theoretische Begründung wie gegen die praktische Durchführbarkeit 808 lassen sich zerstreuen, weil es ja nicht um eine Akzessorietät zum, sondern nur um eine Rückversicherung durch das Bilanzrecht geht. Beispiele aus der Kasuistik der Rspr.: das Verschweigen einer effektiven Vollstreckungs- 182 möglichkeit durch den Gerichtsvollzieher;809 falsche oder unordentliche Buchführung dann, wenn sie das Erkennen begründeter Ansprüche und somit ihre Verwirklichung verhindert oder doch wesentlich beeinträchtigt 810 oder – umgekehrt – die Abwehr unbegründeter Ansprüche, mit deren Geltendmachung konkret (!) zu rechnen ist.811 Hierdurch ist die allzu extensive reichsgerichtliche Rechtsprechung, die schon in unübersichtlicher Buchführung selbst eine schadensgleiche Vermögensgefährdung sah,812 auf eine angemessene Weise eingegrenzt.813 Entsprechend ist ein Schaden gegeben, wenn zur Verdeckung von Manipulationen fingierte Rechnungen bezahlt werden, die vereinbarte Rückzahlung aber nicht gesichert ist,814 wenn Wechsel bei Zweifelhaftigkeit der durch sie gesicherten Forderung akzeptiert werden,815 wenn die unbeschränkte Haftung des

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des Treupflichtigen hinaus eine fortbestehende Vermeidemöglichkeit des Geschäftsherrn verlangt. Zur Kritik Schünemann StraFo 2010 1, 9 f, ferner o. Rdn. 173. Eingehend Hefendehl S. 128 ff, der zutreffend darauf hinweist, dass hierdurch auch die Maxime der Viktimodogmatik realisiert wird, im methodologischen Rahmen der Tatbestandsauslegung bei ausreichenden Selbstschutzmöglichkeiten des Rechtsgutsträgers (noch) keine Rechtsgutsverletzung anzunehmen; Hefendehl MK § 263 Rdn. 563 ff. Vermögensgefährdung und Exspektanzen S. 166 ff; Hefendehl MK § 263 Rdn. 563 ff; ders. FS Samson S. 301 ff.

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Saliger, FS Samson S. 474 m.w.N.; Fischer Rdn. 162 ff. RGSt 71 31, 33. BGHSt 20 304 m. krit. Anm. Schröder JR 1966 185; BGH StV 1996 431, 432; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 12, 17, 22; Vermögensbetreuungspflicht 24. BGHSt 47 8, 10; abl. Saliger SSW Rdn. 73 m.w.N. RGSt 77 228; RG DR 1943 1039; Bruns ZAkDR 1941 268 m.w.N. Sch/Schröder/Perron Rdn. 45b; and. Schröder JR 1966 185; Mosenheuer NStZ 2004 179. BGH NStZ 1984 549. BGH wistra 1991 72.

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Komplementärs in einer KG ein tatsächliches Risiko bedeutet,816 wenn durch die Abtretung einer nicht valutierten Grundschuld an einen Dritten die Einrede der Nichtvalutierung verlorengeht 817 oder wenn die Gelder des Geschäftsherrn als Sicherheit für Kredite des Täters eingesetzt werden.818 Hingegen ist kein Schaden gegeben, wenn der Geschäftsherr einer drohenden Forderungspfändung jederzeit mit der Drittwiderspruchsklage begegnen kann819. Unhaltbar ist es auch, die Preisgabe eines Geheimnisses im Rahmen von Vertragsanbahnungen (speziell in Submissionsfällen) als eine per se schädigende Vermögensgefährdung zu qualifizieren.820 Eine kritische Fallgruppe bildet der Leistungsverzug des Treupflichtigen. Die Verwah183 rung von Fremdgeldern auf einem Geschäftskonto statt auf einem Anderkonto des Rechtsanwalts stellt, sofern sich dieser nicht schon in Vermögensverfall befindet, für sich allein noch keine schädigende Vermögensgefährdung dar,821 ebenso wenig aus den gleichen Gründen der bloße Verzug mit der Abrechnung nach Ausführung eines Auftrages.822 Etwas anderes gilt dagegen, wenn der Anspruch des Geschäftsherrn durch Illiquidität des Treupflichtigen in eine vom Geschäftsherrn nicht mehr abwendbare Verlustgefahr gerät.823 Eine schädigende Vermögensgefährdung ist ferner gegeben, wenn der Treupflichtige zusätzlich eine ihm obliegende Abrechnung unterlässt und es dadurch dem Geschäftsherrn unmöglich macht, seinen Auskehrungsanspruch überhaupt zu erkennen und danach durchzusetzen (zur Frage der Pflichtwidrigkeit in diesen Fällen vgl. Rdn. 77 und 93). Eine spezielle, in letzter Zeit wichtig gewordene und stark umstr. Fallgruppe bildet die 184 Auslösung von Sanktionen oder Schadensersatzansprüchen gegen den Geschäftsherrn, etwa durch falsche Rechenschaftsberichte politischer Parteien (Fälle Helmut Kohl und Kanther) über verbotene Kartellabsprachen bis hin zum Falschparken mit dem Firmenwagen. Während der BGH die vom Treupflichtigen ausgelöste Gefahr der Rückforderung staatlicher Zuwendungen oder Verhängung von Sanktionen ohne weiteres als Gefährdungsschaden qualifiziert hat (BGHSt 51 100, 117; 56 203 Tz. 32 f = NJW 2011 1747, 1750; noch offen gelassen in BGHSt 55 288, 301), ist in der gründlichsten einschlägigen Untersuchung von Saliger für entscheidend erklärt worden, ob es sich bei dem drohenden Einschreiten staatlicher Instanzen um eine Sanktion handelt, die „self-executing“ ist, oder ob den staatlichen Instanzen hierbei ein Ermessensspielraum zusteht, in welchem Falle es an der Unmittelbarkeit fehlen würde, die auch nicht mit Hilfe der Konstruktion der schadensgleichen Vermögensgefährdung überspielt werden dürfe (Parteiengesetz S. 127 ff, 137 ff; Saliger SSW Rdn. 70, 75; zust. Rönnau StV 2011 753, 762). Beide Standpunkte sind aber nicht überzeugend, weil sie das Erfordernis einer schon gegenwärtigen und konkreten wirtschaftlichen Entwertung nicht ernst nehmen und stattdessen (wenn auch unterschiedlich) unter der Hand zu einem juristischen Vermögensbegriff zurückkehren. Wie der BGH in der Bundesligaentscheidung 824 mit Recht ausgesprochen hat, darf die Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit des Geschäfts die gebotene wirtschaftliche Abwägung weder blockieren noch ersetzen, sondern geht nur in quasi diskontierter Form nach dem

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BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 5. BGH wistra 1991 219. BGH NStE Nr. 11. BGH NStE Nr. 7; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 7. So aber BayObLG wistra 1996 28 m. abl. Bespr. Haft NJW 1996 238. OLG Karlsruhe NStZ 1990 84; Franzheim StV 1986 409 f.

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OLG Stuttgart NJW 1971 64. OLG Celle MDR 1990 846. NJW 1975 1234, ebenso bei Schmiergeldzahlungen OLG Frankfurt NStZ-RR 2004 244; dazu näher Rdn. 185 ff sowie Schünemann Organuntreue S. 37 f; in diesem Sinn auch klar BVerfGE 126 170, 212; and. Kindhäuser NK § 266 Rdn. 117, 157, 170 m.w.N.; Burger S. 286 ff.

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Maß der Aufdeckungsgefahr in die Gesamtsaldierung ein. Die von Saliger zum Angelpunkt genommene außerstrafrechtliche Frage, ob die Sanktionen ex lege oder erst nach einem Ermessensakt einer Behörde verwirkt sind, kann für die wirtschaftliche und damit auch strafrechtliche Wertung nicht allein ausschlaggebend sein, weil beispielsweise eine an sich verwirkte Sanktion, wenn sie niemandem als dem Treupflichtigen bekannt ist, ein wirtschaftliches Nullum ist. Dementsprechend wird man zu differenzieren haben: Bei sittenwidrigen Geschäften kann eine ausreichende Kompensation für die eigene Leistung, die als Vorleistung erbracht werden muss wie im Bundesligafall oder bei der Auftragsakquisition durch Bestechung aus Mitteln des Geschäftsherrn, nur unter einer dreifachen Voraussetzung angenommen werden: wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Partner sich trotz Nichtigkeit der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung absprachegemäß verhalten wird, sehr hoch ist; wenn das Entdeckungsrisiko gering ist; und wenn bei Durchführung des Geschäfts ein hoher Vermögensvorteil herauskommen bzw. ein anderenfalls drohender großer Vermögensnachteil vermieden wird (Schünemann Organuntreue S. 38). Wenn dagegen das gesetzes- oder sittenwidrige Geschäft zunächst eine Vermögensmehrung bewirkt (wie bei unzulässigen Kartellabsprachen), so spielen nur die beiden letzten Voraussetzungen eine Rolle. Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt ist die Vollendung der Tathandlung (o. Rdn. 169). Noch ungeklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob Strafen und ähnliche Sanktionen (wie etwa Bußgelder bei Kartellordnungswidrigkeiten), die im Rahmen des § 263 als nicht vermögensbezogen anerkannt sind 825, im „Innenverhältnis“ des Geschäftsherrn zum Treupflichtigen ausnahmslos als Vermögensnachteil zu qualifizieren sind; ferner, ob u.U. die Beteiligung an einer Straftat exklusiv durch die darauf angedrohten Rechtsfolgen sanktioniert wird. Dies kommt nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Spezialität für den Fall der gem. § 31d PartG ab 2002 strafbaren Parteimittelverschleierung in Betracht (a.M. BGHSt 56 203 Tz. 63), sondern etwa auch für das Zusammenspiel von Individual- und Verbandsgeldbuße (dazu Weber FS Seebode S. 437, 444 ff.). Für das Erfordernis eines „untreuespezifischen Sinnbezuges“ und damit für eine Abgrenzung nach der subjektiven Tendenz des Handelnden hat sich Jäger (FS Otto S. 593, 606 f.) ausgesprochen (zw.). Jedenfalls wird sich die generelle Bejahung eines untreuerelevanten Vermögensschadens und damit des § 266 (s. Velten NJW 2000 2852; Wolf KJ 2000 531; Brunner S. 243 f) nicht halten lassen (diff. auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 45b). Allerdings geht der Versuch einer Lösung über die (zivilrechtsakzessorisch verstandene) Pflichtwidrigkeit von BGHSt 56 203 m. krit. Rezension Jahn JuS 2011 1133 („Kölner Parteispendenaffäre“) aus mehreren Gründen fehl: Wenn einerseits nur die Verletzung einer vermögensschützenden Norm pflichtwidrig sein soll, was für § 25 PartG a.F. nicht zutreffe (LS 1 im Anschluss an den „Erlanger Siemensfall“ BGHSt 55 288, 300 ff), die Parteien aber andererseits in ihrer Satzung die Beachtung des PartG zu einer selbständigen Hauptpflicht bestimmen könnten (LS 2), dann wird die Ableitbarkeit der Pflichtwidrigkeit aus dem Schädigungsverbot übersehen (nicht die Missachtung des Parteiengesetzes, sondern die Verursachung der deshalb gegen die Partei zu verhängenden Vermögenssanktion begründet die Pflichtwidrigkeit seines Handelns im Rahmen der Untreue!) und die täterschaftsbegründende Obhutsstellung als eine Frage zivilrechtlicher Kautelarjurisprudenz missverstanden (nämlich der o. Rdn. 77 abgelehnten Kriminalisierung durch das Privatrecht das Wort geredet; übersehen von Bittmann wistra 2011 343).

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Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 145 mit zahlreichen Nachweisen; Fischer § 263 Rdn. 99; BGHSt 38 345, 351; speziell für die Geld-

buße OLG Schleswig SchlHA 1978 59; BGHSt 43 381, 406.

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§ 266 185

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

d) Fraglich ist, ob auch die Art der Pflichtverletzung für das weitere Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils Bedeutung hat, sei es im Sinne eines Schutzzweckzusammenhanges zwischen Pflichtverletzung und Schaden, sei es im Sinne einer Abhängigkeit der Schadensbeurteilung von der Zielrichtung der Vermögensfürsorgepflicht. Im erstgenannten Sinne kann man zwar gute Gründe dafür anführen, dass eine Schädigung, die nur anlässlich einer Verletzung nicht-vermögensbezogener Fürsorgepflichten eintritt, das spezifische Untreueunrecht nicht erfülle. Im Ergebnis muss sich eine solche Tatbestandseinschränkung aber nicht auswirken, weil die Pflichtwidrigkeit, wenn es zu einer Schädigung kommt, dann eben subsidiär aus dem impliziten Schädigungsverbot zu entnehmen ist, z.B. wenn der im Ausland tätige Manager unter Missachtung eines vom Vorstand aus moralischen Gründen verhängten strikten „Bestechungsverbots“ eine im Ausland an sich übliche Schmiergeldzahlung an eine für die Prosperität des Unternehmens gänzlich unbedeutende Person leistet. Weniger klar zu beurteilen ist die umgekehrte Konstellation, dass der Manager durch die ihm verbotene Schmiergeldzahlung für das Unternehmen eine wirtschaftlich vollwertige, nach den im Unternehmen gültigen Maßstäben aber verpönte Kompensation erwirbt. Im Leitfall des sog. Bundesligaskandals hatte der Bundesgerichtshof die Chance auf Vermeidung des Abstiegs, die durch ein satzungswidrig gezahltes Bestechungsgeld erlangt worden war, ungeachtet des auf ihr ruhenden Makels der Sittenwidrigkeit als eine mögliche Kompensation akzeptiert.826 Die daran von Bringewat 827 und von Hübner in der 10. Aufl.828 geübte Kritik, die jede Kompensation wegen der Sittenwidrigkeit der durch die Bestechung erlangten Gewinnaussicht ablehnt, ist in rechtspolitischer Hinsicht von ebenso weittragender wie weitgehend unterschätzter Bedeutung, weil sie die Neukriminalisierung zur verschärften Bekämpfung der Korruption in Staat und Wirtschaft nahezu erübrigt hätte. Denn wenn jede Zuwendung von Bestechungsgeldern zwecks Erlangung künftiger Vorteile in dem Regelfall, dass der Täter zwar im Interesse des ihn beschäftigenden Wirtschaftsunternehmens, aber ohne Erlaubnis von dessen Inhaber bzw. Anteilseignern handelt, eine strafbare Untreue bedeuten würde, so wäre es auf die vielbeklagten Lücken des ehemaligen § 12 UWG 829 im Ergebnis nicht mehr angekommen. Gegen den Standpunkt von Bringewat und Hübner lässt sich auch nicht einwenden,830 dass die Kompensation für das Bestechungsgeld durch spätere rechtswirksame Geschäfte eintreten würde wie im Beispiel des Bundesligaskandals durch rechtmäßige Einnahmen aus künftigen Spielveranstaltungen. Denn als Kompensation kommt ja nur die gegenwärtige Anwartschaft in Betracht, die durch die sittenwidrige Unrechtsvereinbarung entsteht und deshalb keine rechtliche, sondern nur eine tatsächlich begründete Aussicht auf die vom Bestochenen versprochene Gegenleistung eröffnet. Mit dieser Qualifikation wird aber zugleich deutlich, dass die sedes materiae des Problems das Tatbestandsmerkmal des „Vermögensnachteils“ und damit der strafrechtliche Vermögensbegriff ist, während sich allein durch eine bestimmte Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Pflichtwidrigkeit“ die Anwendbarkeit des § 266 StGB nicht begründen lässt. Ein noch so pflichtwidriges und sittenwidriges Verhalten kann für sich den Untreue826

827

BGH NJW 1975 1234 f und nach Zurückverweisung LG Bielefeld JZ 1977 692; zust. Tröndle 49 Rdn. 25; Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 41; Triffterer NJW 1975 613; im Ansatz auch Schreiber/Beulke JuS 1977 656, 658, freilich mit strengeren Anforderungen an die Kompensationsfähigkeit einer Gewinnchance, siehe Rdn. 96. JZ 1977 667.

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Rdn. 86. Vgl. dazu nur Dölling, Gutachten C zum 61. DJT (1996), S. 84 ff, der allerdings das mögliche Eingreifen des Untreuetatbestandes nicht erkennt bzw. diskutiert, sowie nunmehr § 299 StGB. So aber Schreiber/Beulke JuS 1977 656, 659; Lackner LK10 § 263 Fn. 254.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

tatbestand nicht erfüllen, wenn es nach den maßgeblichen Prinzipien des Vermögensbegriffs nicht zu einer Schädigung führt. Wegen der unzweideutigen Unterscheidung des Gesetzes zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil ist es auch ausgeschlossen, den Schaden allein schon in einer bestimmten Art oder Größe der Pflichtverletzung zu finden, so dass die Lösung entgegen der Auffassung von Hübner in der 10. Aufl. (Rdn. 86; nicht in der Begr., aber im Ergebnis ähnlich die Konstruktion eines „Risikoschadens“ durch Wassmer aaO) ausschließlich auf der Ebene des „Vermögensnachteils“ zu erfolgen hat. e) Ausschluss des Nachteils durch Vorteilsausgleich: durch Erwerb gleichwertiger Ware 186 beim Kauf, durch Erwerb einer vollwertigen Sicherung,831 durch Tilgung einer fälligen Forderung (auch bei eigenmächtiger Erfüllung durch den Treupflichtigen!), überhaupt bei Leistungsaustauschverträgen durch eine der eigenen Leistung wertentsprechende Gegenleistung;832 s. auch Rdn. 187 a.E. Kein schadensausgleichender Vorteil: In Zeiten der Warenverknappung werden Sachwerte durch Bezahlung mit dem regulären Kaufpreis nicht aufgewogen, wenn er mit Inflationsgeld entrichtet wird,833 nach BGH 1 StR 296/55 v. 27.9.1955 sogar nicht bei Zahlung mit vollwertigem Geld. Umgekehrt wiegt der Sachwert den Kaufpreis nicht auf, wenn ein vertraglicher Anspruch auf einen Rabatt bestand, den der Täter für sich einstreicht.834 Der Vermögenseinbuße aus ungesicherter Kreditgewährung oder nicht geschuldeter Vorauszahlung ist der Rückzahlungsanspruch gegen den unsicheren Schuldner nicht gleichwertig.835 Die bloße Aufrechnungslage, ohne dass die Aufrechnung erklärt wird, soll den Nachteil nicht ausschließen.836 f) Zum Vermögensnachteil bei Risikogeschäften: Er bestimmt sich nach den Grund- 187 sätzen des integrierten Vermögensbegriffs (Rdn. 134) in Verbindung mit der rationalen Entscheidungstheorie (Rdn. 117) und folgt nicht etwa schon aus der Pflichtwidrigkeit oder der Rechts- oder Sittenwidrigkeit des Geschäfts überhaupt (Rdn. 98; deutlich BVerfGE 126 170, 212). Weil die bloße – mehr oder minder große – Chance eines Gewinns noch keine Exspektanz i.S. einer rechtlich gesicherten Aussicht begründet (Hefendehl S. 204 f), kann die Kompensation für den Vermögensabfluss (etwa: Zahlung einer Bestechungssumme zwecks Erlangung eines lukrativen Auftrags für den Geschäftsherrn) nicht schon in einer rechtlich gesicherten Herrschaft bestehen, sondern allein in der (weitaus schwächeren) Chance eines weitaus höheren Gewinnes. Das Produkt aus Erfolgswahrscheinlichkeit und Gewinnfaktor muss deshalb mindestens so groß wie der aufgewendete Einsatz (einschließlich der Gemein- und Transaktionskosten!) sein, was im Idealfall gerechnet, im Normalfall nur geschätzt werden kann. Zwar bejaht die überwiegende Auffassung im Falle der Pflichtwidrigkeit von Risikogeschäften ohne viel Federlesen auch den Vermögensschaden, den sie nur bei einer hohen Wahrscheinlichkeit der Gewinnaussicht verneinen will 837, während es der BGH in seiner Entscheidung zum 831 832

BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 14. RGSt 75 227, 230; und zwar auch dann, wenn der Vertragspartner keine Beweismittel hatte, BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 46. Zur möglichen Kompensation durch eine noch nicht fällige und deshalb ggf. abzuwertende Forderung s. BGH StV 2011 733, zur Kompensation bei Übertragung einer Lebensversicherung BGH wistra 2010 303; bei Vermögensumschichtung BGH wistra 2010 445.

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BGH LM § 335 Nr. 1. RGSt 2 215. Bankuntreue, s. RGSt 61 1, 6; RGSt 61 211, 212; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 28; weit. Nachw. zur BGH-Rspr. u. Rdn. 240 f. BGH LM Nr. 35, kaum überzeugend. Schreiber/Beulke, JuS 1977 660; Lackner LK10 § 263 Rdn. 135, 138; aus der Rechtsprechung früher RGSt 71 333, 334; BGHSt 19 37, 42.

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Bundesligaskandal für maßgeblich erklärt hat, ob die Gefahr eines Verlustgeschäfts wahrscheinlicher ist als die Aussicht auf Gewinnzuwachs838. Diese relativ simple Problemlösung kann aber schon dadurch ad absurdum geführt werden, dass man zwei Organe zweier Aktiengesellschaften miteinander ein Risikogeschäft tätigen lässt, welches im Ergebnis auf ein Nullsummenspiel hinausläuft, gerade aber bei völliger Ausgewogenheit von Gewinn- und Verlustchance für beide Partner nach h.M. zu einem Vermögensschaden führen würde, weil es ja für beide an der überwiegenden oder hohen Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn fehlt. Oder als noch trivialere Widerlegung: Die Chance eines Lottogewinns ist extrem niedrig; sollte deshalb der Vormund, der für sein Mündel einen Lottoschein erwirbt, wegen Untreue strafbar sein, obwohl die Chance des enormen Gewinns in einem vernünftigen Verhältnis zu dem minimalen Einsatz steht? Auch beim Risikogeschäft ist deshalb die normale Bewertungsmethode anzuwenden, dass der Einsatz (= die Vermögenseinbuße) mit dem Produkt aus möglichem Gewinn und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit als der für die Einbuße erhaltenen Kompensation zu vergleichen ist. Wenn hierbei ein ausgeglichener Saldo herauskommt, so ist ein Vermögensschaden prinzipiell zu verneinen, sofern er nicht nach den Grundsätzen des individuellen Schadenseinschlages begründet werden kann839. An dieser Stelle wirkt sich deshalb die Forderung des BVerfG, dass der Schaden bezifferbar sein muss (o. Rdn. 163 a.E.), deutlich aus: Die bei unternehmerischem Handeln zwecks Gewinnerzielung bestehende Notwendigkeit, „auf der Grundlage angemessener Information“ (§ 93 I, 2 AktG) vernünftig kalkulierte Risiken einzugehen, schließt bei einer in diesem Rahmen bleibenden Investitionsentscheidung die Ermittlung eines bezifferbaren Schadens aus. Instruktiv ist der den Vorteilsausgleich beim Risikogeschäft betreffende Erlanger Siemensfall, bei dem BGHSt 55 288, 305 f. die erfolgreiche Finanzierung der zur künftigen Schwächung des DGB gegründeten Gewerkschaft AUB durch den Siemens-Konzern eo ipso als ausreichende Kompensation akzeptiert hat, anders als BGHSt 52 323, 338 die Fortführung einer schwarzen Kasse zur künftigen korruptiven Akquisition lukrativer Aufträge. Zu zahlr. weit Bsp. vgl. o. Rdn. 115 ff.

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7. Kausalität und Zurechnung. Während für die Notwendigkeit einer Kausalität zwischen pflichtwidriger Handlung und Vermögensnachteil nichts Besonderes gilt (BGHSt 46 30, 34), ist mit der im neueren Schrifttum einflussreichen Position einer (sei es auch nur asymmetrischen) Zivilrechtsakzessorietät (näher Rdn. 93 ff) die Forderung eines objektiven Zurechnungszusammenhanges zwischen der Fürsorgepflichtverletzung und dem Schaden aufgekommen (eingehend Saliger SSW Rdn. 79–84 m.z.w.N.). Daran ist zutreffend, dass die Verletzung von im öffentlichen Interesse statuierten Pflichten die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit nicht begründen kann (Schünemann NStZ 2006 196, 198 f). Zwar ist es im Gesellschaftsrecht anerkannt, dass das Organ durch eine im Zusammenhang mit seiner Organtätigkeit für die Gesellschaft begangene Ordnungswidrigkeit oder Straftat regelmäßig auch seine Organpflichten gegenüber der Gesellschaft in Gestalt der sog. Legalitätspflicht (o. Rdn. 121) verletzen würde, weil das Risiko unsittlicher oder gesetzlich verbotener Geschäfte weit außerhalb der Überlegungen eines ordentlichen Geschäftsmannes stehe und daher außerhalb des Ermessensspielraumes des Organs liege.840 Aber das begründet nur die Verletzung einer Pflicht des Organs überhaupt

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BGH NJW 1975 1234, 1236. Dazu allg. BGHSt 16 222, 325 f; Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 159 f; Lackner/Kühl § 263 Rdn. 48 f; Sch/Schröder/Cramer/

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Perron § 263 Rdn. 121 f; Fischer § 263 Rdn. 146 ff. Vgl. Taschke FS Lüderssen (2002) 664 f; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz § 43

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

gegenüber der Gesellschaft, kann dagegen die für § 266 StGB entscheidende Frage, ob es sich um eine strafrechtsrelevante Vermögensfürsorgepflicht handelt, nicht beantworten, denn diese wird durch die Bejahung einer gesellschaftsrechtlichen Pflichtverletzung überhaupt nicht präjudiziert. Umgekehrt benötigt man nach der richtig verstandenen Deliktsstruktur des § 266 aber gar keine spezifizierte zivilrechtliche Pflicht, weil die Pflichtverletzung in der Regel aus dem allgemeinen Schädigungsverbot rückgeschlossen werden kann (näher o. Rdn. 94), so dass es nur um die Bedeutung zivilrechtlicher Erlaubnisse für den Auschluss der Pflichtwidrigkeit geht (dazu am Beispiel der GmbH-Untreue eingehend u. Rdn. 248 ff).

D. Vorsatz, Irrtum Die Untreue kann nur vorsätzlich begangen werden (§ 15). Eine Schädigungsabsicht 189 ist nicht Tatbestandsmerkmal. Zum Unterschied von §§ 253, 263 und dem früheren Strafschärfungsgrund des § 266 Abs. 2 a.F. (Wortlaut Entstehungsgeschichte Abs. 3) gehört auch kein Bereicherungswille zum Tatbestand.841 Die Untreue ist anders als die Erpressung und der Betrug kein Bereicherungs-(Vermögensverschiebungs-)delikt, sondern schlichtes Vermögensschädigungsdelikt.842

I. Strenge Anforderungen? Bedingter Vorsatz genügt 843; zum Sonderproblem beim Gefährdungsschaden s.u. 190 Rdn. 196. Er muss sich selbstverständlich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes erstrecken, also die pflichtbegründende fremdnützige Obhutsstellung (beim Missbrauchstatbestand auch die Vertretungs- oder Verpflichtungsmacht), Tathandlung, Kausalität und Vermögensschaden (näher u. Rdn. 192) und die Pflichtwidrigkeit (näher u. Rdn. 193). Die Rechtsprechung stellt an den Vorsatz „strenge Anforderungen“, da sie auf diese Weise der gefährlichen Weite des Tatbestandes vornehmlich in der Treubruchalternative (Rdn. 29) steuern zu können vermeint.844 „Besonders strenge Maßstäbe“ legt sie an, wenn die Untreue nur mit bedingtem Vorsatz oder nicht eigennützig begangen ist.845 Das ist jedoch in dogmatischer Hinsicht mehrfach unhaltbar, weil (1) ein Auslegungsproblem und damit eine Rechtsfrage fälschlich als Tatfrage behandelt wird, weil (2) tatrichterliches Ermessen im subjektiven Tatbestand ein ab ovo untaugliches Korrektiv für Interpretationsfehler im objektiven Tatbestand darstellt, weil (3) die in Kenntnis der Rechtsbeziehungen zum Geschäftsherrn getroffene irrige Annahme des Täters, keiner

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Rdn. 14; Mertens im Kölner Kommentar zum Aktiengesetz § 84 Rdn. 81; Hopt Aktiengesetz, § 93 Rdn. 99; Schneider, in: Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1983/1984, S. 184 f; Krieger FS Bezzenberger S. 211, 215 f; Langkeit WiB 1994 64. BGH LM § 263 Nr. 34; RG JW 1936 882. BGH wistra 1994 94, 95; Otto Struktur S. 234, 235. BGH NJW 1975 1234, 1236; BGHZ 8 276,

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281; BGH 5 StR 240/53 v. 24.9.1953; RGSt 75 75, 85; 76 115, 116. BGHSt 3 23, 25; BGH NJW 1975 1234, 1236 m.w.N.; BGH NJW 1983 461; BGH (6. ZS) NJW 1984 800, 801; bereits RGSt 68 371, 374; RGSt 71 90, 92. BGH NJW 1975, 1983 und 1984 aaO m.w.N.; BGHR § 266 Abs. 1 Vorsatz 1; RGSt 76 115, 116; 77 228, 229; RG JW 1936 882, 883.

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qualifizierten Treupflicht zu unterliegen, ohnehin nur ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum wäre (Rdn. 154), und weil schließlich (4) in tatsächlicher Hinsicht nicht die Abgrenzung der tauglichen Täterstellungen, sondern des Schadens bei Risikogeschäften Probleme bereitet und es hier abermals verfehlt wäre, eine allzu extensive objektive Bestimmung der Kategorie der schädigenden Vermögensgefährdung (erst) über den subjektiven Tatbestand korrigieren zu wollen.846

II. dolus eventualis; typologischer Vorsatzbegriff 191

Richtigerweise gelten deshalb auch für § 266 die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung des Vorsatzes von der Fahrlässigkeit. Während in der zentralen Frage des Begriffs des dolus eventualis847 die Rechtsprechung weiterhin durch eine von Fall zu Fall taumelnde Kasuistik unter dem Dach der bald strenger, bald laxer gehandhabten Formel des Inkaufnehmens gekennzeichnet ist,848 lassen sich die nicht abreißenden Beiträge des Schrifttums in vier sachlich und nicht nur der Formulierung nach unterschiedliche Gruppen einteilen: Die h.L. fordert – wie die Rechtsprechung – für den bedingten Vorsatz sowohl eine Wissenskomponente (das Fürmöglichhalten) als auch eine Willenskomponente und versucht, letztere durch unterschiedliche sprachliche Wendungen zu charakterisieren (außer dem „Inkaufnehmen“ auch das „Sichabfinden“, das „Ernstnehmen“, die „Entscheidung für die Rechtsgutsverletzung“ oder die „Aneignung des Erfolges“)849 – was als „philologischer Vorsatzbegriff“ plausibel klingt, aber mangels psychologischer Verifizierbarkeit der voluntativen Komponente keine deutlich abgrenzbaren empirischen Phänomene bezeichnet.850 Wegen dieser empirischen „Flüchtigkeit“ der voluntativen Komponente (gewissermaßen vergleichbar mit der Phlogistontheorie in der Chemie) werden im neuesten Schrifttum vermehrt rein kognitive Vorsatztheorien vertreten, entweder verhältnismäßig simpel auf die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts abstellend,851 oder durch Verlagerung wesentlicher Abgrenzungskriterien in den objektiven Tatbestand über die Figur der vorsatzbegründenden „unabgeschirmten Gefahr“.852 Gegenüber der mit den kognitiven Theorien verbundenen Kriterienverarmung ist jedoch darauf zu insistieren, dass es nach der ratio der Vorsatzstrafe nicht nur auf die (durch Kenntnis der Situation und der möglichen Entwicklungen vermittelte) qualifizierte Geschehensbeherrschung des Vorsatztäters im Verhältnis zum Fahrlässigkeitstäter ankommt, sondern auch

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Zur Rspr. mit Recht krit. auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 50; Blei BT § 65 VI; Frisch Vorsatz und Risiko (1983) S. 324 f; bzgl. der Kanther-Entscheidung auch Hoyer SK Rdn. 106, 119 f. Übersicht bei Vogel LK § 15 Rdn. 102 ff; Puppe NK § 15 Rdn. 14 ff. Paradigmatisch BGHSt 36 1, 9 f; 36 262, 266 f. Dazu eingehend Hillenkamp 32 Probleme aus dem Strafrecht AT 13. Aufl. (2010) 1. Problem; Kühl Strafrecht AT § 5 Rdn. 60 ff, 90 ff; Roxin AT I § 12 Rdn. 27 ff. Zur Kritik Kindhäuser ZStW 96 (1984) 22 ff; Schünemann GA 1985 362 f; Kargl

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Der strafrechtliche Vorsatz auf der Basis der kognitiven Handlungstheorie (1993) S. 37 ff, 61 ff. Neuere Wahrscheinlichkeitstheorie, vgl. Puppe Vorsatz und Zurechnung (1992) S. 44 ff; dies. NK § 15 Rdn. 90 f; Kargl aaO S. 70; Koriath, Grundlagen der strafrechtlichen Zurechnung (1994) S. 651; in der Tendenz auch Frisch, JuS 1990 362; ders. GedS K. Meyer S. 533 ff. So im Anschluss an Frischs Kriterium des intolerablen Risikos in: Vorsatz und Risiko (1983) S. 255 f, 494 f vor allem Herzberg JuS 1986 249, 256, 261; NJW 1987 1461, 1464; JZ 1988 635, 639; JZ 1989 470, 476.

Bernd Schünemann

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auf die in seiner Tat manifestierte, das Bedrohungserlebnis der Allgemeinheit wesentlich steigernde rechtsgüterfeindliche Einstellung, die aus der dem Täter bekannten Gesamtsituation herzuleiten ist und also durchaus auch vom Wert oder Unwert des Endzwecks seines Handelns, seiner vorhandenen oder fehlenden Bereitschaft zur eigenen Übernahme des anderen zugefügten Risikos, vom Ausmaß der Tatherrschaft über das Opfer wie auch der Risikogewöhnung der Gesellschaft in dem betreffenden Feld abhängt (typologischer Vorsatzbegriff).853

III. Abgrenzung zum Verbotsirrtum Diese dogmatische Grundlegung des Vorsatzbegriffs erlangt beim Untreuevorsatz vor 192 allem für dessen dritten Objektbereich Bedeutung, der den Vermögensnachteil (u.a. in der besonders intrikaten Form der schädigenden Vermögensgefährdung) betrifft. Die andere Grundfrage der Vorsatzdogmatik, nämlich der notwendige Bewusstseinsinhalt bei normativen Tatbestandsmerkmalen und die Abgrenzung von Tatbestands- und Subsumtionsirrtum, wird im subjektiven Tatbestand des § 266 ebenfalls thematisch, und zwar für die weiteren Objektbereiche des täterschaftsbegründenden Vermögensfürsorgeverhältnisses und ihrer Verletzung: Vorsätzlich ungetreu handelt nur, wer seine Obhutsposition zur Betreuung fremden Vermögens kennt, vorsätzlich missbraucht – beim Missbrauchstatbestand durch unbefugten Gebrauch seiner Verfügungs- oder Verpflichtungsmacht, beim Treubruchtatbestand in sonstiger Weise – und dabei (als möglich) voraussieht sowie als Teil seiner rechtsgutsfeindlichen Einstellung manifestiert, dass er durch sein Verhalten in dem ihm anvertrauten Vermögen Schaden anrichten werde.854 1. Gehört also die Pflichtwidrigkeit der Handlung zum äußeren Tatbestand (Rdn. 50, 193 89), mithin das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit zum Vorsatz,855 so folgt weiter, dass der Vorsatz entfällt, wenn der Täter fälschlich annimmt, der Geschäftsherr habe zu der ihm nachteiligen Maßnahme sein Einverständnis gegeben; denn dann irrt der Täter über einen Tatumstand (§ 16), da er nicht pflichtwidrig, nicht entgegen dem Willen des Geschäftsherrn zu handeln meint.856 Das gleiche soll gelten, wenn der Täter um des guten kaufmännischen Rufes seines Geschäftsherrn willen sich zu einem Geldopfer für befugt hält.857 Aber das wirft eine Reihe schwierigster dogmatischer Fragen auf, die bis heute im Allgemeinen Teil von einer definitiven Klärung weit entfernt und in ihrer speziellen Ausprägung in § 266 erstmals in der Voraufl. (Schünemann LK11 Rdn. 153) einer näheren Betrachtung unterzogen wurden.858 Wenn man die Pflichtwidrigkeit als ein auf eine

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Siehe dazu Schünemann FS Hirsch (1999) 363; ders. 50 Chengchi Law Review (1994) 159, 268 f. BGHSt 5 61, 64; BGHSt 5 187, 190; BGHSt 13 315, 320; Lackner/Kühl Rdn. 19. BGHSt 3 23, 24; 34 379, 390; RGSt 69 203, 207; RGSt 75 75, 85; BGH NStZ 1986 455, 456; BGHR § 266 Abs. 1 Vorsatz 1. BGHSt 3 23, 25; Dierlamm MK Rdn. 232; Esser AnwK Rdn. 232; Fischer Rdn. 171; Sch/Schröder/Perron Rdn. 49; Park/ Zieschang Rdn. 35; aA OLG Stuttgart MDR 1978 593; OLG Stuttgart Die Justiz

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1983 265; Müller-Gügenberger/Schmid § 26 Rdn. 128: Verbotsirrtum. BGH 5 StR 313/57 v. 17.12.1957; Hübner LK10 Rdn. 103. In der Standardlehrbuch- und -Kommentarliteratur wurde damals die genaue Struktur des Pflichtwidrigkeitsvorsatzes nirgends behandelt, s. Sch/Schröder/Lenckner 25 Rdn. 49; Samson/Günther SK (Stand 1998) Rdn. 49; Tröndle 49 Rdn. 26; Lackner/ Kühl 22 Rdn. 19; Maurach/Schroeder/ Maiwald 8 1 § 45 Rdn. 52; Arzt/Weber IV Rdn. 194; Wessels 20 BT 2 Rdn. 729; Otto 5

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Rechtslage Bezug nehmendes normatives Tatbestandsmerkmal ähnlich der Fremdheit bei § 242 StGB qualifiziert, so müsste der Täter entsprechend der h.M. insoweit eine Parallelwertung in der Laiensphäre treffen,859 so dass selbst die leichtfertigste Fehlbeurteilung der Pflichtenlage (etwa: als Prokurist einer Handelsgesellschaft zu gewaltigen Devisenspekulationen befugt zu sein) gemäß § 16 den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließen würde. Diese Konsequenz vermeidet man bei Qualifikation der Pflichtwidrigkeit als ein sog. gesamttatbewertendes Merkmal oder Rechtspflichtmerkmal, bei dem der Vorsatz nur die dieses Merkmal begründenden Tatsachen umfassen muss, während das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit als aus dieser Kenntnis gezogene Konsequenz ein Teil des Unrechtsbewusstseins wäre. Die irrige rechtliche Annahme des Täters, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen zu seinem Handeln befugt zu sein, bedeutet dann keinen vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum gemäß § 16 StGB, sondern lediglich einen Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB.860 Freilich bleibt auch bei dieser Lösung noch das Restproblem offen, wie die pflichtwidrigkeitsbegründenden Tatsachen abzugrenzen sind und ob etwa in diesem Sinne die richtige Interpretation eines Dienstvertrages (also eine zivilrechtliche Rechtsfrage) in ihrer Relation zu dem auf einer Metaebene zu fällenden strafrechtlichen Pflichtwidrigkeitsurteil als eine Tatsache, der Irrtum des Täters darüber infolgedessen als ein Tatbestandsirrtum zu qualifizieren wäre;861 in diesem Sinne ohne nähere Problemerörterung BGH wistra 1986 25 zu § 266, wenn der Pflichtwidrigkeitsvorsatz wegen der schlichten Annahme des Täters verneint wird, sein vom Tatrichter für objektiv unvertretbar erklärtes Handeln für die von ihm vertretene GmbH habe sich noch im Rahmen des Unternehmenszwecks bewegt, denn auch hier erliegt der Täter bei voller Kenntnis der GmbH-Satzung und der wirtschaftlichen Umstände einem bloßen Interpretationsirrtum. Das Mannesmann-Urteil BGHSt 50 331 hat hier leider keine Klarheit gebracht, weil sich der 3. StS auf die diffuse Wendung zurückgezogen hat, „eine sachgerechte Einordnung etwaiger Fehlvorstellungen oder -bewertungen wird sich nicht durch schlichte Anwendung einfacher Formeln ohne Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierende Betrachtungen errichen lassen“ (BGH NStZ 2006 214, 217 – in BGHSt 50 331 nicht abgedr.). Denn damit wird nur ein Allgemeinplatz anstelle einer dogmatischen Präzisierung (normatives Tatbestandsmerkmal oder Rechtspflichtmerk-

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BT § 54/14; auch die Spezialuntersuchungen zu Irrtumsproblemen bei normativen Tatbestandsmerkmalen sparten § 266 durchweg aus, s. Roxin Offene Tatbestände und Rechtspflichtmerkmale 2. Aufl. (1970); Schlüchter Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale im Strafrecht (1983); Kuhlen Die Unterscheidung von vorsatzausschließendem und nichtvorsatzausschließendem Irrtum (1987), und dasselbe galt auch für die Darstellung der Problematik im Allgemeinen Teil, s. Roxin 3 AT I § 10 Rdn. 45 f, § 12 Rdn. 48 f; Puppe NK (Stand 1998) § 16 Rdn. 63 f, 79 f. Dazu Roxin AT I § 12 Rdn. 101 ff; weitere Nachweise und Kritik bei Puppe NK § 16 Rdn. 45 ff. Grundlegend Roxin Offene Tatbestände und Rechtspflichtmerkmale 2. Aufl. (1970) S. 75 f, 132 f; ders. AT 1 § 10 Rdn. 45 ff,

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§ 2 Rdn. 105 f, siehe auch Lackner/Kühl § 15 Rdn. 16; Puppe NK § 16 Rdn. 59; Puppe GA 1990 170 ff; zur Qualifikation der Vermögensbetreuungspflicht als ein solches Merkmal Puppe GA 1990 171; Voraufl. Rdn. 153. Im Ergebnis ebenso, aber mit eigenständiger Begr. aus der Natur des Untreueunrechts Marwedel Pflichtwidrigkeitsvorsatz. In diesem Sinne für den Fall eines § 331 III StGB betreffenden Erlaubnisbestandsirrtums BGHSt 31 264, 286 f – was die wohl eklatanteste Restauration der reichsgerichtlichen Doktrin vom vorsatzausschließenden außerstrafrechtlichen Rechtsirrtum ist und mehr als die bisher im Schrifttum nur gezollte, beiläufige Aufmerksamkeit verdient hätte (vgl. Roxin AT 1 § 14 Rdn. 62; Jakobs AT 11/49 Fn. 71; Kuhlen S. 157 Fn. 55 – alle ohne nähere Erörterung).

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mal?) angeboten. Im letzteren Sinne ist wohl das in BGHSt 54 148, 161 f verwandte Kriterium zu verstehen, dass ein Tatbestandsirrtum die Annahme eines „tatsachenfundierten“ Erlaubnissatzes erfordere, während im Schrifttum teilweise bei jedem Irrtum über die Pflichtwidrigkeit ein Vorsatzausschluss angenommen wird (Jakobs FS Dahs [2005] 49; Hantschel Untreuevorsatz S. 92 ff; vgl. auch Lüderssen FS Richter II [2006] 373). Freilich bedarf die logische Struktur der gesamttatbewertenden Merkmale noch weite- 194 rer Klärung. Vieles spricht dafür, dass sie nur eine Veranschaulichung der die allgemeine logische Struktur der Rechtsanwendung durch Subsumtion betreffenden, methodologischen Erkenntnis darstellen, dass der in mehr oder weniger unbestimmten Rechtsbegriffen formulierte gesetzliche Obersatz so lange durch Definition und Subdefinition in mit einem größeren umgangssprachlichen Bedeutungskern versehene Begriffe übersetzt (und dadurch „konkretisiert“) werden muss, bis der umgangssprachlich beschriebene Sachverhalt im Bedeutungskern der konkretisierten Rechtsnorm liegt,862 wobei der Vorsatz nicht mehr und nicht weniger als die Kenntnis dieses konkreten Sachverhalts voraussetzt. Die gesamttatbewertenden Merkmale unterscheiden sich deshalb bei der Abgrenzung zwischen Tatbestandsirrtum und Subsumtionsirrtum vermutlich nicht essentiell, sondern nur graduell von anderen Tatbestandsmerkmalen. Die in dieser Hinsicht bis heute in der Dogmatik des Allgemeinen Teils noch bestehenden Unklarheiten wirken sich nun aber für den Untreuevorsatz im Ergebnis deshalb nicht aus, weil der subjektive Tatbestand des § 266 außer dem Vorsatz bezüglich der Obhutsstellung und ihres Missbrauches vor allem auch den Vorsatz der Vermögensschädigung voraussetzt, der im Regelfall wiederum den Pflichtwidrigkeitsvorsatz impliziert, weil eben eine Schädigung des anvertrauten Vermögens vorbehaltlich besonderer Ausnahmekonstellationen immer auch pflichtwidrig ist (Rdn. 35, 94) – so dass bloße Irrtümer über die Pflichtwidrigkeit selten sind: Vorbehaltlich von Sonderkonstellationen wie der bereits erwähnten irrigen Annahme eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses des Geschäftsherrn ergibt sich der Pflichtwidrigkeitsvorsatz regelmäßig aus dem Schädigungsvorsatz.863 Dazu folgende Beispielsfälle: Keinen Schädigungsvorsatz besitzt, wer durch eine vermögensmindernde Handlung andere, größere Nachteile vermeiden zu können glaubt (BGH 5 StR 86/60 v. 13.12.1960). Meint der Täter irrtümlich, einem Nachteil schon in der Entstehung durch Gewinnen eines entsprechenden oder sogar höheren Gegenwerts begegnen zu können, etwa durch vermeintlich notwendige Anschaffungen aus beiseite gebrachten Staatsmitteln (Rdn. 231 ff) oder bei irriger Annahme einer Aufrechnungsmöglichkeit, so fehlt ihm der Vorsatz, Schaden zuzufügen.864 Ebenso verhält es sich, wenn der Konkursverwalter die Zugehörigkeit einer Forderung zur Konkursmasse nicht erkennt und die Forderung daher dem Gemeinschuldner überlässt (BGH 3 StR 459/54 v. 14.2.1955). In den Fällen, in denen Ersatzwille und Ersatzfähigkeit den Schaden nicht ausräumen (Rdn. 171), führt die gegenteilige Einschätzung des Täters zu einem bloßen Subsumtionsirrtum mit der weiteren Konsequenz eines Verbotsirrtums.865 Wiederum kann es am Schädigungsvorsatz fehlen, wenn z.B. der Vermögensverwalter eine an sich nachteilige Verfügung trifft in der Überzeugung, die von ihm zur Absicherung seines Risikos aus der Verwaltung ständig bereit gehaltenen Mittel seien jederzeit verfügbar, während diese ohne sein Wissen von einem Angestellten abdisponiert worden sind. Andere Beispiele: BGHSt 15 342; RGSt 70 321, 323.

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Dazu näher Schünemann FS Arthur Kaufmann (1993) S. 299 ff. Instruktiv der Fall BGHR § 266 Abs. 1 Vorsatz 1. BGH GA 1956 154, 155; BGH 2 StR 291/53

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v. 14.5.1954, S. 6; Schreiber/Beulke JuS 1977 660. Schreiber/Beulke JuS 1977 660; Rdn. 159; vgl. auch KG NJW 1972 218, 219 gegen KG NJW 1965 703.

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2. In Bezug auf das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils spielt die Abgrenzung bedingt vorsätzlichen Handelns gegen die bloße (bewusste) Fahrlässigkeit vor allem bei Risikogeschäften eine Rolle, etwa bei der Gewährung neuen Kredits zur Rettung alter Außenstände.866 Die unsichere Hoffnung auf guten Ausgang eines solchen Risikogeschäfts schließt die Annahme bedingt vorsätzlicher Nachteilszufügung nicht aus.867 Vielmehr setzt der Schädigungsvorsatz nicht mehr und nicht weniger als die Kenntnis derjenigen Umstände und Zusammenhänge voraus, die die im Austausch für die Vermögenseinbuße des Geschäftsherrn erworbene Chance nach dem maßgebenden Vermögensbegriff (Rdn. 134) zu einem nicht ausreichenden Äquivalent stempeln. Die Rechtsprechung tendiert dazu, die bereits im Rahmen des objektiven Tatbestandes vorzunehmende Prüfung, ob eine ausreichende Kompensation vorliegt, durch eine vorgezogene Prüfung des Schädigungsvorsatzes zu ersetzen,868 was im Hinblick darauf verfehlt ist, dass gerade bei wirtschaftlichen Transaktionen ohne vorherige Klärung des objektiven Sachverhalts kaum seriöse Feststellungen über den Vorsatz des Täters möglich sind. Wenn der Täter alle Umstände kennt, die die Qualifikation des Risikogeschäfts als vermögensschädigend begründen, so ist die etwa dennoch von ihm gehegte Einschätzung, es sei noch kein Vermögensschaden eingetreten, ein bloßer Subsumtionsirrtum. Ein Tatbestandsirrtum setzt dagegen voraus, dass der Täter das Risiko in einer für den Schadensbegriff relevanten Weise selbst falsch kalkuliert, beispielsweise wenn er infolge eines Rechenfehlers von einer erheblich höheren Gewinnerwartung ausgeht. Wenn der schädigende Charakter des Risikogeschäfts erst daraus resultiert, dass eine gemessen am Gesamtvermögen des Unternehmens unvertretbare Summe aufs Spiel gesetzt wird, muss der Täter also auch diese Relationen kennen. Einen bloßen Subsumtionsirrtum macht es dagegen wiederum aus, wenn der Täter in Kenntnis dieser Relationen die irrige Einschätzung vornimmt, das sei noch zu verantworten und begründe deshalb noch keinen Vermögensnachteil.

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3. Als der Kanther-Entscheidung des 2. StS des BGH der doppelte Einfall entsprang, die Untreue bei der Behandlung des Gefährdungsschadens vom Betrug abzukoppeln, aber nicht etwa im objektiven Tatbestand, sondern im subjektiven Tatbestand durch die zusätzliche Forderung eines den (objektiv nicht geforderten) endgültigen Schadenseintritt umfassenden bedingten Vorsatzes 869, war die Verblüffung in der Fachwelt darüber ebenso groß wie die Unsicherheit, ob sich eine der Weisheit von Pallas Athene vergleichbare Kopfgeburt oder eine dogmatische Missgeburt ereignet hatte. In der Wissenschaft wurde die Grundtendenz der Kanther-Entscheidung begrüßt, die dogmatische Konstruktion aber kritisiert: In einer der frühesten Stellungnahmen hat sich Bernsmann gefragt, ob sich „auf diesem eher sophistischen als dogmatisch schlüssigen Weg auf Dauer ein Vorlagebeschluss werde vermeiden lassen“, denn der 2. Senat mache aus der Untreue bei der schadensgleichen Vermögensgefährdung ein „Delikt mit (schwach) überschießender Innentendenz und damit ein dogmatisches Unikum“ 870. Insgesamt überwiegt im Schrifttum deshalb die Auffassung, dass die Restriktion bereits im objektiven Tatbestand anzu-

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Beispiele BGH NJW 1975 aaO; RGSt 61 211, 213; Nachw. aus der unveröff. BGHRspr. bei Hübner LK10 Rdn. 102. BGH NJW 1975 aaO; RGSt 66 255, 262; BGH NJW 1979 1512. Typisch BGHR § 266 Abs. 1 Vorsatz 2; BGH StV 1996 431; treffend dagegen BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 36.

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BGHSt 51 100, 121 ff; damit wurde lt. BGH wistra 2007 306 f ein direkter Vorsatz gefordert, and. Fischer Rdn. 181. Ebenso BGH NJW 2010 1764; BGHSt 52 182. GA 2007 119, 230.

Bernd Schünemann

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§ 266

setzen habe, doch ist die Diskussion noch längst nicht am Ende (näher Fischer Rdn. 181– 184; Schünemann NStZ 2008 430). 4. Ist die Untreue nach der äußeren Tatseite verwirklicht, so ist es für die Frage des 197 Vorsatzes unerheblich, ob die Vorstellung des Täters von der Person des Inhabers der Vermögensinteressen zutrifft (nach Art eines error in persona, s. BGH 2 StR 177/54 v. 2.9.1954). Anders, wenn er durch eine Pflichtwidrigkeit nicht seinen Geschäftsherrn, sondern einen Dritten zu schädigen vermeint, dem er nicht betreuungspflichtig ist (BGH 1 StR 602/60 v. 18.4.1961).

E. Rechtswidrigkeit, Beteiligungsformen, Versuch, Konkurrenzen I. Rechtswidrigkeit und Schuld 1. Pflichtwidriges Zufügen eines Vermögensnachteils indiziert die Rechtswidrigkeit. 198 Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit sind nicht gleichbedeutend, weil sich die Pflichtwidrigkeit nach dem Verhältnis des Täters zum Inhaber der Vermögensinteressen bestimmt, die der Täter zu betreuen hat; sie ist ein Tatbestandsmerkmal der Untreue. Die Rechtswidrigkeit, der Widerspruch zum Recht, ist auf den ganzen Straftatbestand bezogen. Das Urteil über die Rechtswidrigkeit schließt sich hier erst an den tatbestandlichen Erfolg an; die Pflichtwidrigkeit ist ohne ihn möglich (Rdn. 35). Andererseits tritt die Frage der Rechtswidrigkeit nicht auf, wenn der Täter pflichtgemäß verfuhr, z.B. im Rahmen ordnungsmäßiger Geschäftsführung oder mit erklärtem oder mutmaßlichem Einverständnis des Geschäftsherrn (Rdn. 249; Sch/Schröder/Perron Rdn. 48). Weil es sich bei der Pflichtwidrigkeit um ein gesamttatbewertendes Merkmal handelt (o. Rdn. 193 f), wird sie i.d.R. mit der Rechtswidrigkeit insgesamt identisch sein. Der Ausschluss der Pflichtwidrigkeit wegen mutmaßlichen Einverständnisses des Geschäftsherrn wird zum einen dann praktisch, wenn eine spezielle Weisung des Geschäftsherrn missachtet wird, weil die besonderen Umstände eine Rücknahme der Weisung erwarten ließen,871 diese Rücknahme wegen der Dringlichkeit der Situation aber nicht abgewartet werden kann. Zum anderen muss aber in geeigneten Fällen auch dann auf das mutmaßliche Einverständnis zurückgegriffen werden können, wenn überhaupt keine spezielle Weisung vorliegt, weil die Zufügung eines Vermögensschadens regelmäßig auch im weisungsfreien Bereich pflichtwidrig ist.872 Beispiele bieten etwa Aufwendungen ohne materielles Äquivalent zum Schutz des guten Rufes des Geschäftsherrn (Handeln im Interesse des Geschäftsherrn) oder die kurzfristige Entnahme von Bagatellbeträgen (Handeln bei mangelndem Interesse des Geschäftsherrn). Auch hier setzt der Ausschluss der Pflichtwidrigkeit voraus, dass eine spezielle Entscheidung des Geschäftsherrn selbst nicht rechtzeitig zu erlangen war. Nachträgliche Zustimmung zur ungetreuen Handlung ist für den Tatbestand rechtlich irrelevant, kann jedoch im Rahmen der §§ 153 ff, 154 f StPO oder auch bei der Strafzumessung Bedeutung gewinnen (Rdn. 173). Für die Rechtfertigung durch eine hypothetische Einwilligung hat sich Rönnau (StV 2011 753, 755 f) ausgesprochen.

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Sch/Schröder/Perron Rdn. 48. Zutr. Herzberg JA 1989 245 gegen Sch/ Schröder/Perron Rdn. 48.

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2. Rechtfertigungsgründe der Notwehr (§ 32) und der Selbsthilfe (§ 229 BGB) werden im Rahmen des § 266 kaum praktisch werden. Nicht undenkbar ist dies bei der bürgerlich-rechtlichen Sachwehr (§§ 228, 904 BGB). Dagegen kann nach der Rspr. die Rechtswidrigkeit durch rechtfertigenden Notstand (§ 34) oder durch die (gesetzlich nicht geregelte) rechtfertigende Pflichtenkollision ausgeschlossen sein.873 Bei abredewidriger Einziehung sicherungsabgetretener Forderungen und bei vertragswidriger Eigenverwertung abzutretender Ansprüche, um die Fortführung des Betriebs und die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer zu ermöglichen, sowie bei Verbrauch von Fremdgeldern zur Befriedigung dringender Bank- und anderer Schulden, um die Anwaltspraxis vor dem Zusammenbruch zu retten, hat der BGH eine rechtfertigende Notstandslage nicht anerkannt.874 Richtigerweise ist in allen Fällen eine Rechtfertigung durch § 34 abzulehnen, weil „die Rechtsfolgen finanzieller Leistungsunfähigkeit im Zwangsvollstreckungs-, Vergleichs- und Konkursrecht abschließend geregelt (sind) und für Zwangsanleihen im Verfahren der Selbsthilfe keinen Raum lassen“.875

200

3. Als Schuldausschließungsgrund kommt insbesondere ein Verbotsirrtum gemäß § 17 in Betracht, wenn der Täter in bezug auf die Pflichtwidrigkeit oder den Vermögensnachteil einem Subsumtionsirrtum erlegen ist und deshalb sein Tun insgesamt für erlaubt hält. Von Dringlichkeitsfällen abgesehen, in denen der Täter wegen Gefahr im Verzuge ohne weitere Prüfung handeln musste, wird der Verbotsirrtum aber vermeidbar sein und deshalb gemäß § 17 Satz 2 allenfalls zur Strafmilderung führen, weil sich der Obhutspflichtige in allen Zweifelsfällen beim Geschäftsherrn rückversichern muss und also vorwerfbar handelt, wenn er dies unterlässt. Im Mannesmann-Urteil ist die Vermeidbarkeit des vom LG Düsseldorf angenommenen Verbotsirrtums vom BGH mit der Begründung verneint worden, dass es zur Erkenntis der Rechtswidrigkeit „nicht einmal eines Rechtsrats bedurft (hätte). Bei Einholung von Rechtsrat durch eine sachkundige, neutrale Person hätte richtigerweise die Frage gestellt werden müssen, ob eine ausschließlich durch den Wunsch des Begünstigten motivierte, dem Unternehmen keinen Vorteil bringende Prämiengewährung rechtlich zulässig ist. Dies wäre mit Sicherheit verneint worden.“ (Tz. 58, insoweit in BGHSt 50 331 nicht abgedr.).

II. Täter, Teilnehmer 201

1. Die Untreue ist ein Sonderdelikt,876 und zwar in Form des Garantensonderdelikts, bei dem eine Herrschaftsbeziehung im Sinne der Kontrolle über einen sozialen Bereich als Voraussetzung der Täterschaft vertypt ist.877 Von den beiden Formen der prästabilierten Geschehensherrschaft über eine Gefahrenquelle oder über das hilflose Rechtsgut(sobjekt) geht es bei § 266 um die letztgenannte in Form der Obhut über fremdes Vermögen. Täter 873

RG JW 1935 2937 m. Anm. Schwinge; BGHSt 12 299, 304; zust. Fischer § 34 Rdn. 23; Eser IV 4 Fall 17 A 71; Sch/Schröder/Perron Rdn. 48; einschränkend ders. § 34 Rdn. 26; Saliger SSW Rdn. 106; abl. Bockelmann JZ 1959 498 (gegen ihn Küper JZ 1976 516 und Maurach/Zipf AT/1 § 27 Rdn. 24) und Bockelmann/Volk § 15 II 2; Jescheck/Weigend § 33 IV 3b bei Fn. 36 u. insb. § 33 IV 3d; Roxin AT I § 16 Rdn. 54.

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BGHSt 5 61, 66; kritisch, doch mit anderer Begründung zust. Eser aaO; BGH NJW 1976 680; zust. Maurach/Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 53; Sch/Schröder/Perron Rdn. 48; Roxin AT I § 16 Rdn. 54; Saliger SSW Rdn. 106. Roxin AT § 16 Rdn. 54. Unstr., s. BGHSt 13 330, 331; BGHSt 26 53; näher Rdn. 55 f. Dazu näher Schünemann LK § 14 Rdn. 17.

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des § 266 kann deshalb immer nur derjenige sein, der diese Obhutsstellung innehat, sei es auch in Form einer Übertragung durch den ursprünglich Obhutspflichtigen, so dass das Verhalten der Organe und Substituten direkt unter § 266 subsumiert werden kann und es wegen der darin steckenden Spezialregelung keines Rückgriffs auf die allgemeine Vertreterhaftung gemäß § 14 bedarf (näher dazu Rdn. 67). Wie bei allen Garantensonderdelikten kann das Unterlassen von vornherein dem Tat- 202 bestand subsumiert werden, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 13 Abs. 1 bedarf (zu den verschiedenen Formen der Begehung durch Unterlassen Rdn. 54, 79, 91, 93). Wegen der einheitlichen Unrechtsstruktur aller Garantendelikte ist die fakultative Strafmilderung gemäß § 13 Abs. 2, die eine Konsequenz des kriminalpsychologischen Unterschieds zwischen aktivem Tun und Unterlassen und der im Unterlassen ceteris paribus manifestierten geringeren kriminellen Energie ist, auf eine Untreue durch Unterlassen analog anzuwenden.878 2. Für Teilnehmer gilt § 28 Abs. 1.879 Für den Gehilfen tritt dann eine doppelte 203 Strafmilderung ein: diejenige nach § 27 Abs. 2 S. 2 wie auch die nach § 28 Abs. 1 (BGHSt 26 53, 55; h.M.). Beruht jedoch seine Einstufung als Gehilfe allein darauf, dass er selbst in keinem Betreuungsverhältnis zum geschädigten Vermögensinhaber steht und aus diesem Grunde (mit-)täteruntauglich ist, so wird die Strafe nur einmal gemildert.880 Diese differenzierende Lösung lässt sich jedoch nur dann überzeugend begründen, wenn man anerkennt, dass der Gesetzgeber mit den „persönlichen Merkmalen“ in § 28 schlicht „Tätermerkmale“ meint, also solche Merkmale, die der Täter in eigener Person aufweisen muss und nicht nach den Regeln der mittelbaren Täterschaft durch ein Werkzeug verwirklichen lassen kann (sog. Einheitslösung).881 Denn dann versteht es sich von selbst, dass bei § 266 ein besonderes (= weiteres) persönliches Merkmal (= Tätermerkmal) fehlt, wenn der Gehilfe weder Tatherrschaft als allgemeines Tätermerkmal noch die Obhutsbeziehung als besonderes Tätermerkmal aufweist, so dass also die doppelte Strafmilderung gemäß § 27 II S. 2 und § 28 I nach der Sachlogik wie nach der gesetzlichen Regelung nur bei der Abwesenheit beider Tätermerkmale Platz greift.882 Gegen die sämtliche Tätermerkmale dem Regime des § 28 unterstellende Einheitslösung lässt sich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass sie beim Tatbestand des Exhibitionismus des § 183 zu der „wunderlichen Folge“ führe, dass bei gemeinsamer Anstiftung des Exhibitionisten

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So bereits Schünemann ZStW 96 (1984) 287, 303; nunmehr BGHSt 36 227 f; BGH StV 1998 127; zust. Seelmann NK1 § 13 Rdn. 21; Weigend LK § 13 Rdn. 13; abl. Wohlers NK § 13 Rdn. 65; Jescheck LK11 § 13 Rdn. 10 m.w.N. BGHSt 26 53, 54; BGH StV 1995 73; BGH wistra 1997 100; Lackner/Kühl Rdn. 2; Schünemann LK § 28 Rdn. 54 ff, 58; Hoyer SK § 28 Rdn. 36; Fischer Rdn. 186; aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 52; Grünwald GedS Armin Kaufmann S. 563; differenzierend Schmidhäuser 14/86; offensichtlich übersehen in BGH NJW 1984 2539, 2541. BGHSt 26 53, 54 f m. zust. Anm. Bruns JR 1975 510, 511; BGH wistra 1988 303;

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Baumann/Weber/Mitsch § 31 Fn. 47; Fischer § 50 Rdn. 7; Jescheck/Weigend § 61 VII 4d; Lackner/Kühl § 50 Rdn. 5; Herzberg GA 1991 145, 149; Bottke Täterschaft und Gestaltungsherrschaft (1992) S. 118; aA Roxin LK11 § 28 Rdn. 88 ff; ders. AT II § 27 Rdn. 82 f; Vogler FS Lange S. 272. Entwickelt von Schünemann ZSchwR 1978 131, 149 ff, 158; Unternehmenskriminalität und Strafrecht (1979) S. 131 ff; Jura 1980 354, 365 ff; GA 1986 336 ff; Schünemann LK § 28 Rdn. 8 ff, 44 ff; ders. GA 2011 445, 453 ff. Schünemann Jura 1980 582 ff; ders. GA 1986 341 ff; Schünemann LK § 28 Rdn. 83 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

durch ein Ehepaar der das Tätermerkmal „Mann“ aufweisende Ehemann mit der vollen Anstifterstrafe belegt würde, während die Strafe für die Ehefrau gemäß § 28 I zu mildern sei.883 Denn bei diesem Argument wird verkannt, dass das Tätermerkmal des § 183 in der Eigenhändigkeit besteht und somit beiden Anstiftern gleichermaßen fehlt (weshalb natürlich auch, was Herzberg wie Roxin verkennen, ein Mann so wenig mittelbarer Täter des Exhibitionismus sein kann wie eine Frau, näher Schünemann LK § 28 Rdn. 46 f). Und was die beim Fehlen nur eines einzigen Tätermerkmals sachentsprechende Ausscheidung der Doppelmilderung anbetrifft, so lässt sich Roxins Gegenargument, dass der mit Tatherrschaft (etwa durch eine Nötigung) anstiftende Extraneus hier auch eine Milderung gemäß § 28 I erhalte und eine bloße Einmalmilderung für den mit Tatherrschaft handelnden Gehilfen somit Anstiftung und Beihilfe entgegen dem Gesetz dem gleichen Strafrahmen unterstellen würde (LK11 § 28 Rdn. 90 u. Roxin AT II § 27 Rdn. 82 f), durch den Hinweis entkräften, dass es bei einer gleichermaßen mit Tatherrschaft geleisteten Beteiligung keine Rolle mehr spielt, ob sie Tatveranlassung oder Tatsteuerung bedeutet, so dass allein die Gleichstellung im Strafmaß sachgerecht ist.

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3. Der externe Nutznießer der Untreue ist nicht immer notwendiger Teilnehmer, sondern nach den allgemeinen Regeln als Anstifter oder Gehilfe verantwortlich (BGH NJW 1984 2539, 2540; BGHSt 54 148, 161 f). So liegt etwa Anstiftung zur Untreue vor, wenn jemand einen GmbH-Geschäftsführer oder -prokuristen dadurch zum Abschluss eines für sich selbst vorteilhaften, für die GmbH nachteiligen Vertrages bewegt, dass er ihm einen „Kick back“ (also eine nachträglich aus dem Erlös zu bezahlende Bestechungssumme) verspricht, oder Beihilfe zur Untreue, wenn ein Kreditnehmer 884 die pflichtwidrige Vergabe ungesicherter Kredite dadurch unterstützt, dass er mit den Bankvertretern bei Scheckmanipulationen zur Verschleierung der Kredithöhe zusammenarbeitet. Die bloße Bestechungshandlung (ohne einen dadurch veranlassten, den Geschäftsherrn des Bestochenen benachteiligenden Vertrag) wäre dagegen selbst dann keine Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue, wenn man entgegen der oben Rdn. 103 zurückgewiesenen Auffassung das Unterlassen der gemäß § 687 Abs. 2 BGB geschuldeten Ablieferung der Bestechungssumme unter den Treubruchtatbestand subsumieren wollte. Denn weil die Bezahlung der Bestechungssumme überhaupt erst die Ablieferung ermöglicht, kann sie als in concreto notwendige Teilnahme keine strafbare Beihilfe zum Unterlassen der Ablieferung sein. Gleiches gilt bei der bloßen Ausnutzung der Bereitschaft eines anderen zur Untreue.885 Ferner scheidet eine Teilnahme nach den Grundsätzen der Beihilfe durch neutrales Handeln886 aus, wenn jemand nur bei Vertragsverhandlungen mit dem Vertreter eines anderen seinen Vorteil sucht,887 solange es nicht zu einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Kollusion mit dem Treupflichtigen kommt. Die Teilnehmerhaftung bei § 266 reicht

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So Herzberg JuS 1983 742; Roxin LK11 § 28 Rdn. 40 f. Wie in BGH NJW 1984 aaO. Gropp Deliktstypen mit Sonderbeteiligung (1992) S. 325; and. RG Rspr. 8 507; RG LZ 1923 138; Hübner LK10 Rdn. 105. Vgl. hierzu etwa Schumann Strafrechtliches Handlungsunrecht und das Prinzip der Selbstverantwortung der Anderen (1986) S. 54 ff; Frisch Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs (1988) S. 284 ff; Hefendehl Jura 1992 374, 376 f;

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Schünemann LK § 27 Rdn. 17 ff; Kudlich Die Unterstützung fremder Straftaten durch berufsbedingtes Verhalten (2004); Niedermair ZStW 107 (1995), 507 ff m.w.N.; Ransiek wistra 1997 41 ff; Schild Trappe Harmlose Gehilfenschaft? (1995); Tag JR 1997 49 ff; Wolff-Reske Berufsbedingtes Verhalten als Problem mittelbarer Erfolgsverursachung (1995). Etwa bei gemeinsamen Spekulationsgeschäften wie im Fall Klöckner, Urt. des LG Duisburg v. 6.5.1991 – XVII KLs 28 Js 108/88.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

also nicht so weit wie die Hehlereihaftung gemäß § 259, was sich durch den absoluten und deshalb umfassenderen Schutz des Eigentums im Verhältnis zu der lediglich „relativen Reichweite“ der Vermögensfürsorgepflicht legitimiert.888 Zur Beihilfe durch einen Rechtsanwalt s. BGHR § 266 Abs. 1 Beihilfe 2. 4. Wer durch ein Betreuungsverhältnis selbst zur Vermögensfürsorge verpflichtet ist, 205 wird regelmäßig Täter, nicht bloß Teilnehmer sein.889 So auch der Prokurist, der die Unterschleife des ihm untergebenen Buchhalters unterstützt. Er begeht nicht bloß Beihilfe zur Unterschlagung, sondern (ggf. tateinheitlich) Untreue; denn wer Beihilfe zu einer Straftat leistet, kann zugleich Täter einer anderen Straftat sein (BGH 1 StR 91/51 v. 8.5.1951, S. 5).

III. Versuch, Vollendung, Beendigung 1. Der Versuch der Untreue ist straflos (§ 23 Abs. 1; § 12 Abs. 2; § 38 Abs. 2), auch 206 in einem schweren Fall (§ 12 Abs. 3).890 2. Vollendet wird die Untreue beim Eintritt des durch die ungetreue Handlung verur- 207 sachten Nachteils (Rdn. 136), ggf. also schon mit Eintritt schadensgleicher Vermögensgefährdung.891 Solchenfalls soll das Vergehen erst mit der endgültigen Verwirklichung des Schadens materiell beendet sein.892 Der Sinn dieser Unterscheidung besteht vor allem darin, dass eine strafbare Beihilfe noch zwischen (formeller) Vollendung und (materieller) Beendigung möglich sein soll. In der Regel verletzt diese Doktrin zwar den Grundsatz „nullum crimen sine lege“ (Art. 103 II GG) in Form des Analogieverbots, weil die „vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat“ gemäß § 27 I durch den Deliktstatbestand definiert wird und weil Förderungshandlungen nach Tatvollendung ausschließlich durch die Spezialvorschriften der §§ 257–259 erfasst werden.893 Aber weil es sich bei der Rechtsgutsverletzung in Gestalt des Vermögensschadens um eine quantifizierbare Größe handelt, wäre es grundsätzlich möglich, jede selbständig bewertbare „Vertiefungsstufe“ auch als eine selbständige Tatbestandserfüllung anzusehen und dementsprechend Beihilfe bis zum Eintritt des endgültigen (Maximal-)Schadens für möglich zu erklären, so dass die Doktrin der materiellen Beendigung bei § 266 also innerhalb der Tatbestandsgrenzen verbleibt. Zu den Konsequenzen für die Verantwortlichkeit des Täters vgl. Rdn. 172 a.E. Zu den Konsequenzen für den Beginn der Verjährung s. BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 15; BGH wistra 2003 379; 2004 429, 430 f; 2007 21, 22; BGHSt 51 100, 116: maßgeblich ist der Eintritt des sog. Endschadens.

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Selbst dieser Unterschied würde in Fortfall kommen, wenn man mit der freilich verfehlten Rechtsprechung des BGH auch bei § 259 eine Kollusion zwischen Vortäter und Hehler verlangen würde, s. BGH wistra 1996 342 f. BGHSt 9 203, 217 zu § 81a GmbH a.F.; kritisch zu dieser Entscheidung Roxin Täterschaft und Tatherrschaft 8. Aufl. (2006) S. 356. Zum früheren Recht RGSt 69 49, 51; RG JW 1937 169.

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Rdn. 146; BGHSt 20 304, 305; RGSt 71 155, 158; Sch/Schröder/Perron Rdn. 51. Sch/Schröder/Perron Rdn. 51; Hübner LK10 Rdn. 106. Roxin/Schünemann/Haffke Strafrechtliche Klausurenlehre 4. Aufl. (1982) S. 232 ff; Schünemann LK § 27 Rdn. 39 ff; Jakobs AT 22/40; für § 266 siehe auch OLG Stuttgart GA 1968 379.

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

IV. Konkurrenzen 208

1. Tateinheit (§ 52) hat die Rechtsprechung oder das Schrifttum als möglich angenommen zwischen Untreue und Abgabenüberhebung (§ 353);894 Amtsanmaßung (§ 132; RGSt 76 25, 28); nur ausnahmsweise mit Bankrott (Beiseiteschaffen von Vermögensstücken einer GmbH durch den Geschäftsführer sowohl zum Vorteil als auch zum Nachteil der GmbH, § 283 Abs. 1 Nr. 1);895 Bestechlichkeit (§ 332; BGHSt 47 22, 25 f; BayObLG StV 1997 191, 194); sowie Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299; BGH NStZ 2009 445), jeweils wenn vor Vollendung der Bestechlichkeit die Ausführung der Untreue zumindest begonnen hat, wofür bereits konkrete Vereinbarungen genügen sollen (BGHSt 47 22, 28; BGH NStZ 2009 445 f; krit. Bittmann wistra 2002 405, 407); Betrug (§ 263), wenn die Untreue mit den Mitteln des Betrugs begangen worden ist.896 Dem Betrug nachfolgende Untreue ist regelmäßig nur Verwirklichung der betrügerischen Absicht, also Weiterführung des Betrugs, demnach mit diesem mitbestraft.897 Wird allerdings unabhängig von dem Betrugsschaden durch die Untreue ein neuer Nachteil zugefügt, derselben oder einer anderen Person, so wird Tateinheit angenommen,898 während RGSt 67 273 und BGH NStZ 2001 195, 196 bei der Veruntreuung von Sicherheiten Tatmehrheit für gegeben halten. Folgt Betrug auf Untreue, hält der BGH (BGHR § 266 Abs. 1 Treubruch 1; BGH NStZ 1994 586; 2004 570; wistra 1992 343) mit Recht betrügerische Vorspiegelungen zur Verdeckung der Untreue für eine straflose Nachtat. Bei Zufügung eines neuen Schadens oder wenn der Täter durch die Untreue keinen Vorteil erstrebt oder erlangt hatte, ist ein der Untreue nachfolgender Betrug eine selbständige Straftat.899 Computerbetrug (§ 263a; Tiedemann LK11 Rdn. 86; Lenckner/Winkelbauer CR 1986 655). Wegen der lückenschließenden Funktion des § 263a spricht aber auch viel für eine Exklusivität mit Vorrang des § 266. Diebstahl (§ 242).900 Anstiftung zur Untreue kann tateinheitlich mit Diebstahl in mittelbarer Täterschaft zusammentreffen (BGH 1 StR 532/56 v. 24.9.1957, S. 20); ebenso zwischen Erpressung und Anstiftung zur Untreue (RGSt 72 75, 77); 894 895 896

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BGH NJW 1961 1171, 1172, jedoch differenzierend. BGHSt 28 371; 30 130; zum Problem näher Rdn. 211 f. RGSt 73 6, 8 f; BGHSt 8 254, 260; BGH GA 1971 84; BGH StV 1984 513 m. abl. Anm. v. Labsch; BGH wistra 1991 72, 219; 1992 342; BGH NStZ 2008 340; OLG München JZ 1977 410; Sch/Schröder/Perron Rdn. 54; allein für Betrug Labsch S. 231 ff; Otto Bankentätigkeit S. 53 Fn. 5 (beide unzutr. zit. bei Sch/Schröder/Perron Rdn. 54); zum ganzen Schauer Grenzen der Preisgestaltungsfreiheit im Strafrecht (1989) S. 178 ff. BGHSt 6 67, 68 gegen OLG Braunschweig

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NJW 1951 932; BGH NStZ 2001 195; OLG Hamm MDR 1968 779; Sch/Schröder/ Perron aaO. BGHSt 6 aaO: „Vertiefung des Betrugsschadens“; BGH NStZ 2001 195. BGH LM § 263 Nr. 34 = BGH NJW 1955 508, 509; RGSt 63 186, 193 a.E.; RGSt 77 34, 35. BGHSt 17 316 f; allerdings ist die Annahme von Untreue in den dort angeführten Urteilen BGH LM Nr. 4 und BGH 3 StR 335/53 v. 3.12.1953 bei Dallinger MDR 1954 399 bedenklich, s. Rdn. 141 „Handlungsgehilfen“; Rdn. 129 „Forstbeamte“; desgleichen in RGSt 77 34, 38.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

Gebührenüberhebung (§ 352);901 die Vorschrift schließt den § 266 nicht aus (BGH NJW 1957 aaO; aA OLG Karlsruhe NStZ 1991 240). Bei Hehlerei (§ 259) hingegen kommt i.d.R. nur Tatmehrheit mit Teilnahme an der 209 Untreue in Betracht (BGHSt 22 206, 208 f). Zur Abgrenzung von Hehlerei gegen Beihilfe zur Untreue siehe RG Rspr. 8 507 und RG LZ 1923 138: Vollendung ungetreuen Schleuderverkaufs durch Absatz, Beihilfe zur Untreue durch Annahme der Ware; s. aber auch zur notwendigen Teilnahme in solchen Fällen Rdn. 204. Tateinheit soll ferner möglich sein mit Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten (§ 266b), wenn die Merkmale des § 266 bereits aus anderen Gründen vorliegen,902 doch sind dafür keine geeigneten Fallgestaltungen ersichtlich und von den genannten Autoren auch nicht namhaft gemacht. Der bloße Kartenmissbrauch unterfällt nach h.M. schon nicht dem Tatbestand des § 266.903 Parteiverrat (§ 356);904 Postgeheimnisbruch (Unterdrückung von Postsendungen, § 354 Abs. 2 Nr. 2; BGH LM § 350 Nr. 4; RGSt 72 193, 194 f). Rechtsbeugung (§ 336; BGHSt 35 224 mit im Erg. zust. Anm. v. Otto JZ 1988 883); falsch, weil der Richter entweder zur Streitentscheidung (dann § 336) oder zur Interessenwahrnehmung (dann § 266) verpflichtet ist. Steuerhinterziehung (§ 370 AO).905 Unterschlagung (§ 246).906 Wenn die auf eine fremde Sache bezogene Untreuehand- 210 lung bereits in der Absicht rechtswidriger Zueignung dieser Sache erfolgt, so tritt § 246 Abs. 1 aufgrund seiner Subsidiaritätsklausel zurück.907 Im Verhältnis zur veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 2) droht § 266 jedoch keine höhere Strafe an, so dass diese Klausel nicht greift; nach h.M. soll aber § 246 Abs. 2 nach „allgemeinen Grundsätzen“ zurücktreten, wobei auch auf die frühere Rspr. Bezug genommen wird, die von einer stillschweigenden Subsidiarität des § 246 a.F. ausging.908 Richtigerweise ist aber der auf diese Situation exakt zugeschnittene Tatbestand des § 246 Abs. 2 als lex specialis zu § 266 anzusehen. Fasst der Täter dagegen den Zueignungsvorsatz erst nach vollendeter Untreue, so besteht Realkonkurrenz mit Unterschlagung.909 Wiederholte Betätigungen 901

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BGH NJW 1957 596, 597; BGH NJW 2006 3222 = JR 2007 202 m. Anm. Kuhlen; Fischer Rdn. 195; Sch/Schröder/Perron Rdn. 54. Lackner/Kühl § 266b Rdn. 9; Sch/Schröder/ Perron § 266b Rdn. 14. Begründung o. Rdn. 14, 119; sieht man dies anders, geht § 266b richtigerweise als speziellerer Tatbestand vor, s. näher die Voraufl. Rdn. 168 u. ferner Gribbohm LK11 § 266b Rdn. 51; Fischer § 266b Rdn. 23; Lackner/Kühl § 266b Rdn. 9 mit der Annahme von „Spezialität i.w.S. (einer) abschließenden Sonderregelung“; ähnlich Weber NStZ 1986 481, 484 mit der Annahme einer „Exklusivität“ des § 266b. RGSt 69 333, 336 f gegen RG JW 1934 428. BGHSt 5 61, 62, 64, 66 zu § 396 RAbgO a.F.; BGH LM Nr. 22; BGH StV 1996 432; BGH NJW 2007 2864.

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Zur Rechtslage nach § 246 a.F., d.h. bis 31.3.1998, s. Voraufl. Rdn. 169. Sch/Schröder/Perron Rdn. 55; Lackner/Kühl Rdn. 23. Sch/Schröder/Perron Rdn. 55; Lackner/Kühl Rdn. 23; BGHSt – GrS – 14 38, 46 f; BGH wistra 1991 213, 214; and. OLG Koblenz GA 1975 122, 123; Schröder NJW 1963 1960, die zur Ausschöpfung des Unrechtsgehalts im Einklang mit der früheren Rechtsprechung RGSt 69 58, 63; 71 106, 108; 73 212, 215 f. Idealkonkurrenz von § 266 und § 246 a.F. annahmen. Lackner/Kühl Rdn. 23; Lenckner JZ 1973 796, 2 a.E.; Sch/Schröder/Perron Rdn. 55; aA BGH GA 1955 271, 272; RGSt 69 58, 64; Fischer Rdn. 195: Idealkonkurrenz.

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der Absicht, die fremde Sache unter dauerndem Ausschluss des Eigentümers für eigene Zwecke zu benutzen, erfüllen nicht den Unterschlagungstatbestand, weil Zueignung im Sinne des § 246 die erstmalige Begründung der Sachherrschaft bzw. des Eigenbesitzes meint.910 Urkundenfälschung (§ 267).911 Jedoch besteht Tatmehrheit, wenn auf eine vollendete Untreue die Urkundenfälschung mit neuem Vorsatz folgt (RG LZ 1915 1026). Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1; BGH LM § 350 Nr. 4). Verwahrungsbruch (im Amt; § 133 Abs. 3);912 mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a), einem „untreueähnlichen“ Delikt 913 bzw. einem „Tatbestand im Grenzbereich von Untreue und Betrug“,914 kommt eine Konkurrenz nur in Betracht, falls man § 266a als einen Sonderfall zu § 266 ansieht; in diesem Fall müsste Spezialität des § 266a angenommen werden.915 Wenn man dagegen mit der h.M. ein für § 266 ausreichendes Treueverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer verneint,916 so erfasst § 266a ein von § 266 straflos gelassenes Verhalten, so dass es aus tatsächlichen Gründen nicht zu einer Konkurrenz kommen kann.

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2. Nicht auf der Konkurrenz-, sondern auf der Tatbestandsebene bestimmt sich nach der bisherigen Rechtsprechung das Verhältnis zu den Insolvenzstraftaten, speziell zum Bankrott (§§ 283 ff).917 Denn die Organe einer juristischen Person und die Beauftragten

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BGHSt – GrS – 14 38, 45; Schünemann JuS 1968 117 f; and. OLG Stuttgart NJW 1973 1385, 1386; Bockelmann JZ 1960 623 ff; Baumann NJW 1961 1143; Lenckner JZ 1973 796, die den Unterschlagungstatbestand für erfüllt halten und lediglich unter dem Gesichtspunkt der straflosen Nachtat zurücktreten lassen. S. auch Vogel LK § 246 Rdn. 50 ff m.w.N. BGHSt 18 312, 313; RGSt 72 193, 195; OLG Köln NJW 1963 1992, 1994; Blei BT § 65 VII; Fischer Rdn. 195; § 267 Rdn. 59; Lackner/Kühl Rdn. 23; Sch/Schröder/Perron Rdn. 54. BGHSt 5 295, 296; BGH NJW 1953 1924; RGSt 73 6, 8 je zu § 348 Abs. 2 a.F. Gribbohm LK11 § 266a Rdn. 11. Sch/Schröder/Perron § 266a Rdn. 2. So auch Fischer § 266a Rdn. 37. Gribbohm LK11 § 266a Rdn. 2. Schrifttum: Arloth Zur Abgrenzung von Untreue und Bankrott bei der GmbH, NStZ 1990 570; Bittmann Das Ende der Interessentheorie – Folgen auch für § 266 StGB?, wistra 2010 8; Brand Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG pp. (2010); ders. Abschied von der Interessentheorie – und was nun? NStZ 2010 9; Dehne-Niemann Ein Abgesang auf die Interessentheorie bei der Abgrenzung von Untreue und Bankrott, wistra 2009 417; Flum Der

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strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter (1990); Gössel Anm. zu BGH, Urteil v. 6.11.1986 – 1 StR 327/86 (BGHSt 34, 221), JR 1988 256; Grub Die insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften (1995); Habenicht Praktische Aspekte einer Neuausrichtung der strafrechtlichen Organ- und Vertreterhaftung (§ 14 StGB), JR 2011 17; Herzberg Die Verantwortung für Arbeitsschutz und Unfallverhütung im Betrieb (1984); Kasiske Strafbare Existenzgefährdung der GmbH und Gläubigerschutz, JR 2011 235, 239 ff; Labsch Die Strafbarkeit des GmbHGeschäftsführers im Konkurs der GmbH, wistra 1985 59; ders. Einverständliche Schädigung des Gesellschaftsvermögens und Strafbarkeit des GmbH-Geschäftsführers – BGH NStZ 84 118, JuS 1985 602; Lampe Unternehmensaushöhlung als Straftat, GA 1987 241; Leipold/Schaefer Vermögensverschiebung des GmbHGeschäftsführers in der Krise – Bankrott oder Untreue?, NZG 2009 937; Mohr Bankrottdelikte und übertragende Sanierung (1993); Momsen Neue Akzente für den Untreuetatbestand – Der Fall „Bremer Vulkan“ im Lichte der Abwendung der neueren Rechtsprechung von der Interessen-

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eines Betriebsinhabers sollen nach der lange Zeit in ständiger Rechtsprechung vertretenen Interessentheorie nur dann „als Organ“ bzw. „aufgrund des Auftrages“ handeln und damit gem. § 14 die auf den Gemeinschuldner zugeschnittenen Sonderdelikte der §§ 283 ff erfüllen können, wenn sie im Interesse des Gemeinschuldners (in der Praxis zumeist: der Aktiengesellschaft oder der GmbH als des Unternehmensinhabers bzw. sämtlicher Gesellschafter) handeln; wenn sie dagegen zum eigenen Vorteil und damit allein im eigenen Interesse Vermögensbestandteile beiseite schaffen, sollen sie ausschließlich den Untreuetatbestand erfüllen.918 Das läuft für den Regelfall auf eine Alternativität von § 266 und § 283 und nur in seltenen Fällen auf die Annahme von Idealkonkurrenz hinaus, etwa wenn der Täter Vermögenswerte des Unternehmens durch ein und dieselbe Handlung teils für sich und teils für den Unternehmensinhaber beiseite schafft, also sowohl in dessen als auch im eigenen Interesse handelt (BGHSt 30 127, 130); ferner wenn er mit Zustimmung und deshalb eo ipso im Interesse des Unternehmensinhabers handelt,919 sein Handeln aber auch im Rahmen der Untreue pflichtwidrig bleibt, vor allem also, wenn bei einer GmbH mit Zustimmung oder sogar auf Anweisung aller Gesellschafter eine zur Unterschreitung des Stammkapitals führende Ausschüttung erfolgt (dazu näher Rdn. 253). Auch kriminalpolitisch ist die aus der Interessentheorie folgende Alternativität die richtige Lösung, denn wer ein Vermögensdelikt begeht, beeinträchtigt dadurch eo ipso latent die Befriedigungschancen der Gläubiger des Vermögensträgers, deren kumulativer Schutz deshalb überflüssig ist. Im Gegensatz zur Interessentheorie steht die im neueren Schrifttum herrschende, von 212 Lenckner begründete Funktionentheorie, durch die der Bereich der Idealkonkurrenz zwischen Untreue und Bankrott erheblich erweitert wird. Für die Anwendung des § 14 und damit des § 283 soll es hiernach schon ausreichen, wenn das Handeln des Vertreters „seiner Art nach als Wahrnehmung der Angelegenheiten des Vertretenen“ erscheint.920 Das dehnt jedoch das Handeln für einen anderen gemäß § 14 über den vom Gesetzgeber gewollten Anwendungsbereich hinaus aus und ist auch aus kriminalpolitischen Gründen abzulehnen, weil die der Interessentheorie entsprechende Alternativität die Destinatäre des Strafrechtsschutzes – gegenüber Dritten der Vermögensinhaber, gegenüber diesem einschließlich der für ihn Handelnden dessen Gläubiger – adäquat bezeichnet. Zwar

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theorie, FS Schöch (2010) 567; Radtke Die strafrechtliche Organ- und Vertreterhaftung (§ 14 StGB) vor der Neuausrichtung?, JR 2010 233; Schünemann Unternehmenskriminalität und Strafrecht (1979); Tiedemann Die strafrechtliche Vertreter- und Unternehmenshaftung, NJW 1986 1842; ders. LK Vor § 283 Rdn. 84 ff; Weber Anm. zu BGH, Urteil v. 6.11.1986 – 1 StR 327/86, StV 1988 16; Wehleit Die Abgrenzung von Bankrott und Untreue, Diss. Kiel 1985; Winkelbauer Strafrechtlicher Gläubigerschutz im Konkurs der KG und der GmbH & Co KG, wistra 1986 17; ders. Anm. zu BGH, Urteil v. 6.11.1986 – 1 StR 327/86 (BGHSt 34, 221), JR 1988 33. BGH GA 1963 307; BGH NJW 1969 1494; BGH bei Holtz MDR 1979 457; BGHSt 28 371; 30 127; 34 221; BGH JR 1988 254;

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zust. Schünemann LK § 14 Rdn. 50 ff; ders. Unternehmenskriminalität und Strafrecht S. 152 f; im Kern auch Flum S. 138 ff. BGHSt 34 221, 223 f; BGHR § 266 Abs. 1 Konkurrenzen 1. Sch/Schröder/Lenckner 25 § 14 Rdn. 26; zust. oder ähnlich Sch/Schröder/Perron § 14 Rdn. 26; Arloth NStZ 1990 570 mit instruktiver Darstellung der Kontroverse; Gössel JR 1988 256 ff; Grub S. 131 ff; Herzberg S. 91 ff; Labsch wistra 1985 59 ff; ders. JuS 1985 602, 607; Lampe GA 1987 241, 251 ff; Mohr S. 62 ff; Tiedemann NJW 1986 1844; ders. LK Vor § 283 Rdn. 84 ff (mit der Einschränkung der Interessenformel auf eine Indizwirkung); Weber StV 1988 17 ff; Wehleit S. 62 ff; Winkelbauer wistra 1986 19; ders. JR 1988 34.

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haben in jüngster Zeit der 3. (NStZ 2009 437) und dann der 1. StS des BGH (NStZ-RR 2009 373)921 in obiter dicta eine Abkehr von der Interessentheorie angedeutet, und der 3. StS hat einen diesbezüglichen Anfragebeschluss gefasst (NZG 2011 1311), aber ihr „schlagendstes“ Argument (die angeblich unterschiedliche Behandlung von Einzelkaufleuten und Gesellschaftsorganen, BGH NStZ 2009 439 Tz. 20) schlägt auf sie zurück: Der Einzelkaufmann ist ja auch nur maximal aus einem Delikt (§ 283 und niemals § 266) strafbar, so dass erst die intendierte Bestrafung des Organs sowohl aus § 266 als auch aus § 283 (wenn auch in Idealkonkurrenz) die Ungleichheit herstellen würde. Daran würde auch der dem BGH möglicherweise vorschwebende dogmatische Anschluss an das von Radtke (MK § 14 Rdn. 62 ff; MK Vor § 283 Rdn. 57 f) entwickelte sog. Zurechnungsmodell nichts ändern, sondern nur den zusätzlichen Kritikpunkt einer Ersetzung der genuin strafrechtlichen durch eine zivilistische Konstruktion begründen (dazu näher Schünemann LK § 14 Rdn. 11, 52). Solange der von Kasiske mit guten Gründen geforderte Vorrang des § 283 auch bei existenzgefährdenden Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen (JR 2011 241 f, dazu näher u. Rdn. 253) vom BGH nicht akzeptiert ist, sollte deshalb die Interessentheorie nicht aufgegeben werden.

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3. Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhanges spielte bis zu der grundsätzlichen Absage in BGHSt – GrS – 40 138 bei der Untreue eine erhebliche Rolle (eingehende Darstellung bei Hübner LK10 Rdn. 111). Mittlerweile hat die Rechtsprechung auch speziell für § 266 die Möglichkeit einer fortgesetzten Tat ausgeschlossen 922. Daraus ergeben sich jedoch für drei spezifische Konstellationen erhebliche Probleme: Wenn einerseits ein Gesamtschaden und andererseits verschiedene Einzelhandlungen feststehen, eine Verteilung von Schadensteilen auf einzelne Handlungen aber nicht möglich ist, soll nach dem Grundsatz in dubio pro reo angenommen werden, dass der Gesamtschaden durch eine Handlung verursacht worden ist.923 Wenn die Strafverfolgung auch nur wegen einer einzelnen dieser Handlungen verjährt wäre, soll allenfalls die Möglichkeit bestehen, auf eine spätere Verschleierungshandlung in unverjährter Zeit zurückzugreifen, die zwar an sich eine straflose Nachtat ist, mit Verjährungseintritt der vorangegangenen Untreue aber strafbar werden soll.924 Unklar bleibt schließlich, wie das Verhältnis zwischen einer Untreuehandlung, die zunächst zu einer schädigenden Vermögensgefährdung führt, und der anschließenden Herbeiführung des vollen Substanzschadens zu beurteilen ist. Es spricht deshalb viel dafür, dass durch die radikale Verabschiedung der Rechtsfigur der fortgesetzten Tat das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden ist und dass jedenfalls bei der vom Rechtsgut her zu begründenden Handlungseinheit, die über einen sich stufenweise intensivierenden Vermögensnachteil hergestellt wird, an der Figur einer einzigen fortgesetzten Handlung festgehalten werden sollte.925 Zur bloßen Schadensvertiefung als mitbestrafte Nachtat s. BGH NStZ 2011 160. 921

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Dazu instruktiv und m. z.w.N. Kasiske JR 2011 235, 239 ff, ferner Radtke JR 2010 233; Habenicht JR 2011 17. BGH wistra 1995 144, 146; Beispiele bei Bittmann/Dreier NStZ 1995 108; BayObLG NJW 1996 268, 271; OLG München NJW 1994 3113. BGH NStZ 1994 586; krit. Sch/Schröder/ Stree/Sternberg-Lieben Vor § 52 Rdn. 33 m.w.N. BGH NStZ 1994 586; allg. BGHSt 38 366,

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368 f; Rissing-van Saan LK Vor § 52 Rdn. 163 f; zur Kritik Sch/Schröder/Stree/ Sternberg-Lieben Vor § 52 Rdn. 136 m.w.N. Ebenso Sch/Schröder/Stree 25 Vor § 52 Rdn. 31; im Ergebnis ähnlich BGHR § 266 Abs. 1 Konkurrenzen 2; für die Lösung über die Rechtsfigur der materiellen Beendigung und Verjährungsbeginn erst mit der letzten Beendigungshandlung BayObLG NJW 1996 268, 271; zur Annahme einer natürlichen Handlungseinheit BGH wistra 2010 345.

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§ 266

Untreue

F. Strafzumessung, Nebenstrafrecht, Verfahrensrecht I. Die Strafe 1. Die Regelstrafe war ursprünglich Gefängnis; als Nebenstrafe war die Aberkennung 214 der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig. Bei Vorteilsuntreue konnte nach dem damaligen Abs. 2 zusätzlich Geldstrafe ausgesprochen werden. Das Gesetz v. 26.5.1933 machte sie obligatorisch. Das 1. StrRG (Entstehungsgeschichte Absatz 4 Nr. 2) hatte es bei diesen Strafdrohungen unter Umwandlung der Gefängnisstrafe in die Einheits-Freiheitsstrafe belassen; jedoch strich es die Strafe des Ehrverlustes. Die gegenwärtige Strafdrohung, Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, beruht auf dem EGStGB (zu den dabei anfallenden interpretatorischen Finessen Hübner LK10 Rdn. 112). Geldstrafe neben Freiheitsstrafe ist seitdem nur unter den Voraussetzungen des § 41 zulässig. Ab einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr kann der Verurteilte fünf Jahre lang nicht zum GmbH-Geschäftsführer bestellt werden (§ 6 II Nr. 3e GmbHG). Grundsätze der Strafzumessung: § 46. Besondere Strafmilderungsgründe: BGHSt 8 215 254, 260; bedingter Vorsatz und bloße Vermögensgefährdung können strafermäßigend wirken (BGH 1 StR 87/53 v. 8.5.1953); desgleichen die nachträgliche Zustimmung des Geschädigten. Wegen der Gesamtstrafenbildung bei mehreren tatmehrheitlich zusammentreffenden Taten s. Rissing-van Saan LK § 53 Rdn. 10 ff. Die Schuldhöhe ist auch vom Ausmaß des Schadens abhängig, so dass dieses festgestellt werden muss (ebenso Saliger SSW Rdn. 110; Dierlamm MK Rdn. 256; nach BVerfGE 126 170, 228 f bereits für den Schuldspruch erforderlich). Bei einer GmbH kann es nur einen Schaden im Ausmaß des unbelasteten Vermögens geben (BGH NStZ 1999 557; zust. Saliger SSW Rdn. 110; Dierlamm MK Rdn. 256). 2. Den besonders schweren Fall der Untreue hatte die Novelle v. 26.5.1933 einge- 216 führt. Ihre Strafandrohung von Zuchthaus bis zu 10 Jahren an Stelle von Gefängnis hat das 1. StrRG in Freiheitsstrafe gleichen Höchstmaßes umgewandelt. Das EGStGB hat es dabei belassen. Siehe auch die Entstehungsgeschichte Abs. 4. Da es sich bei dem besonders schweren Fall um einen allgemeinen Strafzumessungsgrund handelt,926 wird die Untreue durch ihn nicht zum Verbrechen.927 Dies ist von Bedeutung z.B. für die Straflosigkeit des Versuchs (Rdn. 206). Zum Begriff des besonders schweren Falles allgemein BGHSt 5 124, 130; BGH NJW 217 1953 1480, 1481; Jescheck/Weigend § 26 V; Lackner/Kühl § 46 Rdn. 7; Sch/Schröder/ Stree/Kinzig Vorb. §§ 38 ff Rdn. 47. Danach liegt ein besonders schwerer Fall (nur) vor, wenn die Tat nach ihrem gesamten Tatbild die erfahrungsgemäß vorkommenden und deshalb vom Gesetzgeber bereits bedachten Fälle an Strafwürdigkeit so weit übertrifft, dass der ordentliche Strafrahmen nicht mehr ausreicht.928 Die in dem Gesetz v. 26.5. 1933 angeführten Beispiele besonders schwerer Fälle hatte das 3. StrÄG zwar gestrichen (Entstehungsgeschichte Abs. 4 Nr. 1); immerhin boten sie weiterhin einen gewissen Anhalt. So sah BGH 4 StR 175/75 v. 28.8.1975 bei Dallinger MDR 1976 16 einen besonders schweren Fall bei außerordentlich hohem Vermögensschaden, bei außergewöhnlicher Stärke und Hartnäckigkeit verbrecherischen Willens oder bei besonderer Gefähr926 927

Vgl. BGHSt 26 104, 105; BGHSt 18 66, 68. § 12 Abs. 3; Hilgendorf LK § 12 Rdn. 17 ff; so schon zur früheren Rechtslage BGHSt 2 181; BGHSt 3 47, 48.

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BGHR § 266 Abs. 2 Gesamtwürdigung 1, 2.

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lichkeit der angewendeten Mittel als gegeben an (ebenso BGH 1 StR 582/76 v. 19.10. 1976). Durch das 6. StrRG hat der Gesetzgeber die sog. Regelbeispielstechnik übernommen, 218 die erstmals durch das 1. StrRG in § 243 eingeführt worden und in dogmatischer Hinsicht nach wie vor sehr umstritten ist.929 Bei § 266 Abs. 2 kommt die zusätzliche Problematik hinzu, dass der Gesetzgeber in wenig glücklicher Weise einfach auf die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 verwiesen hat, die aber für die Untreue weitgehend deplaziert sind. § 263 Abs. 3 lautet: (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, 2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, 3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, 4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht oder 5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat. Von diesen Regelbeispielen, die gemäß § 266 Abs. 2 n.F. bei der Untreue „entsprechend gelten“, passt Nr. 1 deshalb schlecht, weil ein gewerbsmäßiges oder bandenmäßiges Handeln zur fortgesetzten Begehung für die Untreue ebenso atypisch 930 ist wie die (nur für den Betrug einen Sinn ergebende) Kombination mit der Urkundenfälschung. Vom Regelbeispiel Nr. 2 macht bei § 266 nur der „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ einen Sinn (während die Absicht, durch „die fortgesetzte Begehung eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen“, wegen des in der Regel höchstpersönlichen Rechtsverhältnisses zwischen Geschäftsherrn und Treupflichtigem bei § 266 kaum praktisch wird). Dabei soll der Begriff des „Verlusts“ enger als der des Vermögensschadens bzw. -nachteils zu verstehen sein und bei einem bloßen Gefährdungsschaden (dazu o. Rdn. 177 ff) grundsätzlich nicht erfüllt sein, sondern erst in Frage kommen, wenn der Geschädigte seine eigene Leistung voll erbracht hat (BGHSt 48 354)931. Umstritten ist, ob die für den Betrug vom 1. StS gegebene numerische Definition des „großen Ausmaßes“, das ab einem Wert von 50.000 € gegeben sein soll (BGHSt 48 360), ohne Weiteres auch für § 266 gelten soll (vom BGH offen gelassen auf S. 364). Dies wird teilweise mit der Erwägung bestritten, dass bereits die nach der polizeilichen Kriminalstatistik durchschnittliche Schadenssumme fast 100.000 € erreiche, so dass ein Schaden erst ab einer höheren Summe das für die Annahme eines besonders schweren

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Vogel LK § 243 Rdn. 2 ff; Sch/Schröder/ Eser/Bosch § 243 Rdn. 1 ff; Calliess NJW 1998 929; Hirsch FS Gössel (2002) 287 ff; Eisele Die Regelbeispielmethode im Strafrecht (2004) S. 191 ff, 383 ff. Vgl. allerdings BGH wistra 2002 63; NStZ-RR 2003 297. Bei der Gewerbsmäßigkeit rügt Dierlamm MK Rdn. 258

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einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot. Zust. Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 Rdn. 57; Krüger wistra 2004 146 f; Lang/ Eichhorn NStZ 2004 530; Rotsch ZStW 117 (2005), 596 (mit Änderungsvorschlag de lege ferenda); krit. Hannich/Röhn NJW 2004 2064.

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§ 266

Untreue

Falles erforderliche Gewicht erreiche.932 Demgegenüber ist aber auf die eingeschränkte Repräsentativität des statistisch erfassten Befundes hinzuweisen; wegen des großen Dunkelfeldes liegt es nahe, dass die registrierten Fälle bereits überdurchschnittlich schwer sind. Dennoch wird die vom BGH vorgenommene „Herabzonung“ der besonders schweren Fälle der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit mit in Milliardenbeträge hineinreichenden Schäden (Beispiele o. Fn. 31) nicht gerecht.933 Von den weiteren drei Regelbeispielen passt nur Nr. 3, während das Regelbeispiel der Nr. 4 aus Rechtsgründen bei § 266 äußerst dubios ist, weil die Stellung als Amtsträger in der Regel überhaupt erst die Täterqualifikation (kraft „behördlichen Auftrags“) begründet, so dass Nr. 4 letztlich auf eine Verletzung des Doppelverwertungsverbotes (§ 46 Abs. 3) hinausläuft.934 Nr. 5 ist schließlich auf § 266 überhaupt nicht anwendbar, weil die darin geforderte „Vortäuschung“ Tathandlung des Betruges, nicht aber der Untreue ist. Die Verweisung in § 266 Abs. 2 auf § 263 Abs. 3 stellt deshalb eine kapitale Fehl- 219 leistung des Gesetzgebers dar, die man mit guten Gründen wegen offensichtlicher Unvernunft für rechtsstaatswidrig und somit nichtig erklären könnte 935. Es ist hier deshalb besonders wichtig, dass der Richter bei der Regelbeispielstechnik nicht gehindert ist, einen besonders schweren Fall abzulehnen, obwohl ein Regelbeispiel verwirklicht ist.936 Noch wichtiger ist, dass es auch bei der Regelbeispielstechnik unbenannte besonders schwere Fälle gibt,937 deren Voraussetzungen schon vorstehend charakterisiert worden sind. Die Annahme eines besonders schweren Falles ist nicht an täterschaftliche Untreue 220 gebunden; sie ist ebenso bei der Teilnahme, auch bei der Beihilfe möglich (BGH 3 StR 178/56 v. 27.9.1956); denn die Frage ist für jeden Tatgenossen besonders zu prüfen.938 Die Prüfung betrifft die Strafzumessung und unterliegt deshalb nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung auf Rechtsfehler.939 Nach Abs. 2 gilt § 243 Abs. 2 entsprechend. Demgemäß ist ein besonders schwerer 221 Fall ausgeschlossen, wenn die ungetreue Tat sich auf eine geringwertige Sache bezieht. Bei der vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung ergibt sich aus der Struktur der

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Saliger SSW Rdn. 112; Seier Untreue Rdn. 35; Dierlamm MK Rdn. 259, der darüber hinaus die Vorschrift wegen ihrer Unbestimmtheit für verfassungswidrig hält; krit. auch Hoyer SK Rdn. 126; Golombek/ v. Tippelskirch NStZ 2004 532; dem BGH zust. aber Beukelmann HK-GS Rdn. 47 unter Hinweis darauf, dass laut PKS 2008 nur in 12,7 % der Fälle ein Schaden über 50 000 € eingetreten sei. Vgl. auch die Kritik von Schünemann FS Mehle S. 613, 616 ff zur entspr. Grenzziehung bei § 370 AO. Zust. Saliger SSW Rdn. 112; Hoyer SK Rdn. 127; Sch/Schröder/Perron Rdn. 53; Beukelmann HK-GS Rdn. 46; Dierlamm MK Rdn. 261; Esser AnwK Rdn. 253; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 59; Fischer, Rdn. 189, der bemerkt, dadurch werde die Amtsuntreue zur Quasi-Qualifikation erhoben; and. aber die Rspr., BGH

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NStZ 2000 592 = StV 2001 110, nur scheinbar abw. BGH 3 StR 68/04 (NStZ 2004 559). Krit. auch Saliger SSW Rdn. 111; Sch/Schröder/Perron Rdn. 53; Dierlamm MK Rdn. 257; Hoyer SK Rdn. 124. BGHSt 23 254, 257; 29 319, 322 m. Anm. Bruns JR 1981 324; 33 370, 375; Vogel LK § 243 Rdn. 8; Sch/Schröder/Eser/Bosch § 243 Rdn. 1. BGHSt 23 254, 257; 29 319, 322; auf deren Bedeutung im vorliegenden Zusammenhang verweist Sch/Schröder/Perron Rdn. 53. BGH 1 StR 201/57 v. 7.6.1957; RGSt 69 164, 170. RGSt 69 164, 169; uneinheitlich zur „Kontrolldichte“ BGH NStZ 1982 464 einerseits, 465 und BGH StV 1988 253 andererseits; s. ferner BGHSt 29 319, 322 ff; 33 370, 375; BGH NStZ-RR 2003 297.

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Untreue als einer allgemeinen Vermögensstraftat weiter, dass auch dann keine besondere Schwere des Falles gegeben ist, wenn der in dem zu betreuenden Vermögen durch die Tat angerichtete Schaden andere Vermögenswerte als Sachen betrifft und ein geringes Maß nicht überschreitet (Bockelmann BT/1 § 18 VII; Dreher FS Welzel S. 929 – unstr.; vgl. auch BGHSt 5 263, 265 ff).

II. Nebenstrafrechtliche Sondervorschriften 222

1. Depotunterschlagung.940 Die in gesetzlicher Überschrift, aber – da es sich um keinen Unterschlagungstatbestand handelt – missverständlich so genannte Vorschrift des § 34 DepotG bedroht mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe einen Kaufmann, der über ihm zur Verwahrung oder zum Pfand anvertraute, von ihm als Kommissionär für den Kommittenten oder als Eigenhändler (§ 31) für den Kunden in Besitz gehaltene Wertpapiere i.S. des § 1 Abs. 1, über einen Sammelbestand solcher Wertpapiere oder über einen Anteil daran – eigenen oder fremden Vorteils wegen – rechtswidrig verfügt oder den Sammelbestand oder Anteil pflichtwidrig (§ 6 Abs. 2) verringert. Die Bestimmung gilt „abgesehen von den Fällen der §§ 246, 266 StGB“, greift also nur dann ein, wenn nicht ohnehin der Tatbestand des § 266 (§ 246) gegeben ist, und ist also subsidiär.941

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2. Sozialversicherungsuntreue: Die früher in reicher Zahl existierenden Straftatbestände des Nebenstrafrechts über untreueähnliche Delikte bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen942 sind durch das 2. WiKG ausnahmslos aufgehoben und durch § 266a ersetzt worden. 3. Zu früheren Sondervorschriften siehe die Übersicht bei Hübner LK10 Rdn. 116.

III. Verfahrensrechtliches 224

1. Ein Strafantrag ist nach Abs. 2 i.V.m. §§ 247, 248a Voraussetzung der Strafverfolgung, wenn durch die Tat ein Angehöriger (§ 11 Abs. 1 Nr. 1), der Vormund oder der Betreuer verletzt, d.h. in seinem Vermögen geschädigt ist; wenn der Verletzte – das ist hier auch der in keinem näheren Verhältnis (als Angehöriger oder Vormund) zum Täter Stehende – mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt; oder wenn die ungetreue

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Ges. über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren, neugefasst 11.1.1995, BGBl. I 34. Schrifttum: Fichtner Die börsenund depotrechtlichen Strafvorschriften und ihr Verhältnis zu dem Eigentums- und Vermögensdelikten des StGB, Tübinger jur. Diss. (1993); Heinsius/Horn/Than Depotgesetz (1975), zit. Heinsius; Lisnik Depotgesetz und Bestimmungen über die Depotprüfung (1939); Luetgebrune Die Straftatbestände des Depotgesetzes und die neuere Rechtsprechung des Reichsgerichts, JW 1931 3049; Opitz Depotgesetz 2 (1955);

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Otto Bankentätigkeit und Strafrecht (1983) S. 28 ff; Quassowski/Schröder Bankdepotgesetz (1937); Riecke Bankdepotgesetz (1937); Riesser/Bernstein Das Bankdepotgesetz5 (1928); Tiedemann/Cosson Straftaten und Strafrecht im deutschen und französischen Bank- und Kreditwesen (1973); Bröker MK Bd. 6 § 34 DepotG; Wehowsky in: Erbs/Kohlhaas § 34 DepotG (182. Lfg. 2010). – Siehe auch Weber FS Dreher S. 567. Allg. M., z.B. Heinsius Rdn. 1, 3; Otto Bankentätigkeit S. 28; Wehowsky Rdn. 1. Übersicht bei Hübner LK10 Rdn. 115.

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Untreue

Handlung in dem zu betreuenden Vermögen nur geringen Schaden verursacht hat (Rdn. 221). In dem letztgenannten Fall wird die Tat, ohne Rücksicht auf einen wirksamen Strafantrag, von Amts wegen verfolgt, wenn die Staatsanwaltschaft dies aus besonderem öffentlichen Interesse für geboten hält. Das Antragserfordernis galt nach der ursprünglichen systematischen Stellung in Abs. 3 225 auch bei Untreue in einem besonders schweren Falle,943 was in Ermangelung eines abweichenden Regelungswillens im 6. StrRG weiterhin gilt. Allerdings kommen hierfür allein die Fälle des § 247 in Betracht; bei geringem Schaden (§ 248a) ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen (§ 266 Abs. 2, § 243 Abs. 2). Ist kein Antrag nach § 247 gestellt, so wirkt dies zwar zugunsten der durch das besondere persönliche Verhältnis privilegierten Tatbeteiligten, hindert jedoch nicht die Strafverfolgung anderer Tatteilnehmer.944 Schädigt eine einheitliche Tat das Vermögen eines Angehörigen (des Vormunds, eines Hausgenossen) und zugleich einer anderen, beziehungslosen Person, so ist die Tat von Amts wegen nur insoweit verfolgbar, als sie die beziehungslose Person betrifft, im Übrigen nur, wenn der Verletzte Strafantrag gestellt hat. Zur Strafverfolgung ungetreuen Verhaltens, durch das eine GmbH geschädigt wird, deren Geschäftsanteile sich in der Hand Familienangehöriger des Täters befinden, bedarf es nach der neueren Rspr. grundsätzlich ebenfalls eines Strafantrags (BGH NStZ-RR 2005 86; ferner BGH NJW 2003 2924, 2926; NStZ-RR 2004 111 für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft), aber nur im Rahmen von deren Verfügungsbefugnis; für den Fall einer konkreten Existenzgefährdung der GmbH (dazu u. Rdn. 253) entfällt deshalb das Antragserfordernis (so bereits BGH NStZ-RR 2005 86; bestätigt in BGH NStZ-RR 2007 79; krit. Bittmann/ Richter wistra 2005 53). Im Übrigen, insbesondere zu den einzelnen Begriffen (Angehöriger, Verletzter, häusliche Gemeinschaft, Geringwertigkeit) siehe näher bei den Ursprungsvorschriften (§§ 11, 243, 247, 248a); dort auch zum Erfordernis des Strafantrags und zum Irrtum hierüber, ferner bei §§ 77 ff; zum öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung bei § 230. Zum Beginn der Verjährung o. Rdn. 207. 2. Wahlfeststellung. Die Rechtsprechung hält eine Verurteilung auf wahldeutiger 226 Grundlage für zulässig: zwischen Untreue und Unterschlagung – Veruntreuung –; 945 ferner zwischen Untreue und Betrug.946 unzulässig: zwischen Untreue und Hehlerei (BGHSt 15 266, 267); zwischen Untreue und Diebstahl (BGHSt 25 182, 186). 3. Der Begriff des durch eine Untreue Verletzten wurde früher für die mittlerweile 227 aufgehobene Vereidigungsvorschrift des § 61 Nr. 2 StPO weit ausgelegt und schloss nach BGHSt 4 202 bei der Untreue zum Nachteil einer GmbH auch deren Gesellschafter ein (nicht den Geschäftsführer: BGH StV 1988 55), bei der Untreue des Vorstands einer AG auch die Aktionäre. Genau entgegen gesetzt wird für die Stellung eines Klageerzwin-

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Ebenso für den Betrug Fischer § 263 Rdn. 228. BGH 1 StR 523/61 v. 23.1.1962; BGH NJW 2003 3283, 3285; Lackner/Kühl § 247 Rdn. 3; Sch/Schröder/Eser/Bosch § 247 Rdn. 15; Herzberg ZStW 88 (1976) 88.

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OLG Braunschweig JZ 1951 235 m. zust. Anm. Schönke; BGH GA 1970 24, 25 lässt die Frage offen. BGHSt 23 304, 306; BGH GA 1970 24; OLG Hamburg JR 1958 28 m. zust. Anm. Nüse aaO S. 29.

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gungsantrages gem. §§ 172 ff StPO der Begriff des Verletzten überaus restriktiv interpretiert: Nach OLG Braunschweig MDR 1971 1028 ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 13 Abs. 1 UWG durch Untreue z.N. eines seiner Mitglieder nicht verletzt, und auch bei einer gegen eine Kapitalgesellschaft begangenen Untreue soll nur die Gesellschaft selbst und nicht der einzelne Gesellschafter Verletzter sein (OLG Celle NJW 2007 1223; OLG Stuttgart NJW 2001 840; OLG Braunschweig wistra 1993 31 m. krit. Bespr. Zielinski wistra 1993 6; vgl. auch OLG Brandenburg NJ 2008 518; zutr. Kritik bei Tiedemann FS Mehle S. 625 ff). Das bedeutet eine auffällige Diskrepanz zu der sonst weiten Auslegung des Verletztenbegriffs und zeitigt kriminalpolitisch äußerst missliche Konsequenzen, weil die Verfolgung von Schädigungshandlungen, hinter denen etwa die Gesellschaftermehrheit oder (bei der AG) eine Kollusion von Vorstand und Aufsichtsrat steht, dadurch der gerichtlichen Kontrolle entzogen wird (Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht § 41 Rdn. 6). Siehe ferner Rdn. 28 Abs. 2.

228

4. Wegen der Hinweispflicht aus § 265 StPO beim Wechsel zwischen dem Missbrauchs- und dem Treubruchtatbestand (oder umgekehrt) siehe Rdn. 27. Kein Hinweis ist nötig darauf, dass ein (unbenannter) besonders schwerer Fall angenommen werden könne.947

229

5. Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer § 74c Abs. 1 Nr. 6a) GVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 7 StVÄG 1979 (BGBl. I 1978 1645, 1651).

G. Sonderformen: Amts-, Bank- und Gesellschaftsuntreue I. Amts-, insbesondere Haushaltsuntreue Schrifttum Däke Strafen für Verschwender. Warum der Tatbestand der Amtsuntreue eingeführt werden muß, Die Steuerberatung 1994 418; Dippel Ämzerpatronage durch politische Parteien, NordÖR 2009 102; Fabricius Strafbarkeit der Untreue im Öffentlichen Dienst, NStZ 1993 414; Händel Eigenmächtige Vermietung von Schulräumen, Verwaltungsrundschau 1978 95; Kiethe Die Grenzen der strafrechtl. Verantwortlichkeit von Bürgermeistern, NStZ 2005 529; Kohlmann/Brauns Zur strafrechtlichen Erfassung der Fehlleitung öffentlicher Mittel (1979); Kuhn Indemnität für ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder? BayVBl. 1989 169; Mansdörfer Amtsuntreue bei kommunaler Verwaltungs- und Wirtschaftstätigkeit, DVBl. 2010 479; Munz Haushaltsuntreue (2001); Nettesheim Können sich Gemeinderäte der „Untreue“ schuldig machen? BayVBl. 1989 161; Neye Die „Verschwendung“ öffentlicher Mittel als strafbare Untreue, NStZ 1981 369; Neye Untreue im öffentlichen Dienst (1981); Ostendorf/Batschko Von der Untreue der Regierenden, Recht und Politik 1988 192; Reck Untreue im Rahmen der Veräußerung von Treuhandunternehmen bei mehreren Handlungsalternativen, wistra 1996 127; Schmidt-Hieber Strafbarkeit der Ämterpatronage, NJW 1989 558; Schmidt-Hieber/Kiesswetter Parteigeist und politischer Geist in der Justiz, NJW 1992 1790; Schultz Amtsuntreue, MDR 1981 372; Schünemann Haushaltsuntreue als dogmatisches und kriminalpolitisches Problem, StV 2003 463; ders. Unverzichtbare Gesetzgebungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Haushaltsuntreue und der Verschwendung öffentlicher Mittel (2012); Soyka Die „Goldfüller-Gier“: Untreue zu Lasten der Bundesrepublik durch Abgeordnete des Deutschen Bun-

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BGH LM StPO § 265 Nr. 17; allg. BGHSt 29 274, 279 f; Schlothauer StV 1986 213, 221.

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destags?, JA 2011 566; Stoffers Untreue durch Zusage der Übernahme von Geldsanktionen und Verteidigungskosten, JR 2010 239; von Selle Parlamentarisches Budgetrecht und Haushaltsuntreue in Zeiten „neuer Steuerungsmodel le“, JZ 2008 178; Weber Können sich Gemeinderatsmitglieder durch ihre Mitwirkung an Abstimmungen der Untreue (§ 266) schuldig machen? BayVBl. 1989 166; Wolf Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel, 1997.

1. Die Täterqualifikation ist bereits oben Rdn. 30 ff, 58 ff, 128 f ausführlich behan- 230 delt worden, sie folgt vielfach aus Gesetz (nämlich der gesetzlichen Kompetenzregelung) oder auch aus behördlichem Auftrag, indem die eingeräumte Amtsstellung die Obhutsherrschaft über das Vermögen des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften, häufig auch eine formelle Verpflichtungs- oder Verfügungsmacht begründet. Die Pflichtwidrigkeit ergibt sich in vielen Fällen schon aus der formellen Missachtung der maßgeblichen Ansätze im Haushaltsplan, etwa wenn aus einem Haushaltstitel für Katastrophenhilfe Bundeswehrpanzer angeschafft werden. Das Hauptproblem liegt deshalb im Vermögensschaden. Unstr. ist, dass § 266 auch das öffentliche Vermögen schützt, so dass namentlich dann ohne weiteres eine Amtsuntreue vorliegt, wenn dieses für nicht öffentliche Zwecke verwendet wird, z.B. für die persönliche Bereicherung des Amtsträgers selbst948. Die spezifische Problematik der Haushaltsuntreue tritt dann auf, wenn der Täter die von ihm zu bewirtschaftenden Mittel zwar für die öffentliche Hand, aber unter Missachtung der haushaltsrechtlichen Festsetzungen verwendet, denn dann scheint das spezifische Unrecht auf den ersten Blick nicht in der Schädigung fiskalischer Interessen, sondern in der Verfälschung des Staatswillens zu liegen und deshalb nicht eigentlich das Vermögen als Rechtsgut des Untreuetatbestandes, sondern nur die Haushaltshoheit als Spezialfall einer Dispositionsbefugnis zu verletzen (s. auch Schultz MDR 1981 372). Ob ein Beamter Mittel, die für die Katastrophenhilfe bestimmt sind, zum Ankauf eines von der Bundeswehr benötigten Panzers verwendet oder sie (weil für die Katastrophenhilfe nicht benötigt) nicht ausschöpft, scheint für den ökonomischen Saldo des Staates keinen Unterschied zu machen. In der auf eine reduktionistische Interpretation des Untreuetatbestandes festgelegten Literatur wird deshalb vielfach behauptet, dass der Schutz der Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers vom Strafgrund der Untreue nicht mehr gedeckt sei, weshalb keine Untreue vorliege, solange die verausgabten Mittel der öffentlichen Gesamtaufgabe des betreffenden Vermögensträgers dienten und deshalb materiell nicht zweckwidrig seien (dezidiert Saliger SSW Rdn. 69; ders. ZStW 112 (2000) 562, 591 ff; Dierlamm MK Rdn. 219, 223; Esser AnwK Rdn. 205; Rübenstahl/Wasserburg NStZ 2004 521). Aber das beruht auf der schon im Ansatz falschen Prämisse, bei § 266 müsse zur unerlaubten Schädigung des Geschäftsherrn durch den Treupflichtigen noch ein weiterer qualifizierter Unwert hinzukommen (dagegen oben Rdn. 95) und läuft abermals auf die Propagierung einer Klassenjustiz hinaus, weil ein nur für das Hantieren mit Sachen zuständiger, untergeordneter Mitarbeiter bei der Bestrafung wegen Diebstahls oder Veruntreuung nicht damit gehört würde, er habe doch nur anderweitige öffentliche Interessen wahrnehmen wollen (Beispiel: Ein Arbeiter im Kleiderlager der Bundeswehr verteilt die nach dem Rückzug aus Afghanistan nicht mehr benötigten Feldstiefel an sogenannte Hartz-IV-Empfänger). Dass es nicht um inhaltliche, sondern um rein kompetenzielle Fragen außerhalb des Schutzzwecks des § 266 gehen würde, trifft auch allenfalls für den fiskalischen Bereich zu. In dem riesigen Bereich der Transferzahlungen ohne

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BGHSt 13 315 f; 18 312 f; zur Zweckentfremdung der Mittel für politische Bildung zum Besuch einer Theateraufführung OLG

Koblenz NJW 1999 3277; zur Anschaffung von Goldfüllern durch Abgeordnete Soyka JA 2011 566 ff.

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marktkonforme Gegenleistung erleidet der Staat dagegen eo ipso Vermögenseinbußen, die ihm eben nur auf der Basis einer verfassungsmäßigen und rechtlich korrekten Willensbildung durch seine zuständigen Organe zugefügt werden dürfen. Das Problem lässt sich auch nicht über einen die persönlichen Verhältnisse berücksichtigenden „individuellen Schadenseinschlag“ lösen, weil der Staat seine Mittel grundsätzlich für alle öffentlichen Aufgaben einsetzen kann, so dass die Übertragung dieser für private Vermögen entwickelten Rechtsfigur auf das Vermögen der öffentlichen Hand außerhalb des Fiskalbereiches fehl geht (dazu näher u. Rdn. 233). Während die ältere Rechtsprechung im Wesentlichen auf dieser Linie lag, wobei die Verfahren zumeist Beamte in unteren und mittleren Diensträngen betrafen, hat sie in neuerer Zeit, in der auch Amtsträger in Führungspositionen bis hin zu Ministern angeklagt waren, eine weit großzügigere, aber im Einzelnen wechselhafte und teilweise widersprüchliche Linie verfolgt:

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2. Die älteste Fallgruppe bildet in der Rechtsprechung die Einrichtung und Führung schwarzer Kassen949, wenn also ein Beamter staatliche Mittel aus dem amtlich kontrollierten Bereich in eine allein ihm zur Verfügung stehende Kasse überführt, um daraus von Fall zu Fall zugunsten öffentlicher Interessen nach eigenem Befinden zu disponieren. Im staatlichen Bereich hat die Rspr. (and. als im privaten Bereich, dazu Rdn. 179) darin seit langem und unter Billigung der h.L.950 eine schädigende Vermögensgefährdung und deshalb eine (vollendete) Untreue gesehen 951, weil die ordnungsmäßige Haushaltsüberwachung beeinträchtigt, der Staat in der Verfügungsfreiheit über seine Mittel eingeengt werde und diese ihm dort fehlten, „wo sie hätten sein sollen“; die spätere Verwendung im Staatsinteresse sei nur tatbestandsunerhebliche Wiedergutmachung. Auch BGH LM Nr. 16 lässt das Fehlen der Mittel am rechten Ort dann genügen, wenn die Mittel vor der Behörde verborgen gehalten werden, so dass ihr der Zugriff auf sie verwehrt ist.952 Nach der Gegenmeinung soll die bloße Bildung einer schwarzen Kasse aber für den Fall, dass der Täter den Inhalt entsprechend der Haushaltslage verwenden will, noch keine schädigende Vermögensgefährdung begründen, weil für diese Konstellation keine strengere Beurteilung Platz greifen könne als für den Fall, dass die Vermögenseinbuße durch mit Ersatzwillen bereitgehaltene flüssige Mittel kompensiert wird (Rdn. 171, argumentum a fortiori).953 Aber das kann nur für den fiskalischen Bereich gelten, weil im Bereich der Transferzahlungen eine Verausgabung ohne (in der Regel nur durch den Haushaltsansatz zu leistende) Legitimation immer einen Schaden der öffentlichen Hand verursacht (näher Rdn. 233 f).

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Dazu bereits Bruns Untreue durch Bildung schwarzer Kassen, ZAKDR 1941 268; Weimann Die Strafbarkeit der Bildung sog. schwarzer Kassen gem. § 266 StGB (Untreue), Tübingen jur. Diss. (1996). Zum privaten Bereich s. Rdn. 179. Bruns ZAKDR 1941 268 m.w.N.; Beukelmann HK-GS Rdn. 31; Fischer Rdn. 129– 131; Lackner/Kühl Rdn. 17a; Maurach/ Schroeder/Maiwald 1 § 45 Rdn. 41; Sch/ Schröder/Perron Rdn. 45c; Ransiek NJW 2007 1727; ders. NJW 2009 95; differenzierend Sax JZ 1977 749.

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951

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RGSt 71 155; 75 227; BGH GA 1956 121, 154; krit. Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen (1994) S. 288 ff; eingehend Schünemann StraFo 2010 1, 4 ff. Zahlr. weit. Nachw. aus der unveröff. BGHRechtsprechung bei Hübner LK10 Rdn. 98. Hefendehl (Fn. 948) S. 288 ff; Voraufl. Rdn. 148; Hübner LK10 Rdn. 98; Sch/Schröder/Lenckner 25 Rdn. 45; Saliger SSW Rdn. 77.

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Untreue

3. Auch sonst hat es die Rspr. bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts durch- 232 weg als eine Untreue qualifiziert, wenn wie im BND-Fall Haushaltsmittel, die am Jahresende verfallen wären, durch haushaltstechnische Verlagerung einer anderen Behörde zur Verfügung gestellt wurden, falls hier über sie nach Gutdünken eigenmächtig verfügt werden kann954, oder wenn wie im Kulturamtsleiter-Fall eine Verpflichtung begründet oder Ausgaben für eine Anschaffung getätigt wurden, die nicht zwingend ist und bei der der Verwalter des Haushaltstitels an Stelle der dafür zuständigen Institution sein eigenes Ermessen ausübt955. Ähnlich gelagert war auch der Schulleiterfall 956, bei dem ein Schulleiter den Träger der Schule vorgetäuschte Portokosten bezahlen ließ, um davon die Teilnahme der Schule an einer Ausstellung zu unterstützen, deren Bezuschussung der Träger abgelehnt hatte. Aufgrund der neueren Entscheidungen des BGH muss heute aber ernsthaft die Frage gestellt werden, ob die Rechtsfigur der Haushaltsuntreue danach überhaupt noch einen nennenswerten Anwendungsbereich aufweist. In der sog. Bugwellen-Entscheidung hat der 1. StS anlässlich des Verhaltens eines Generalintendanten, der für das bevorstehende Haushaltsjahr mit einer Haushaltsüberschreitung in Höhe von 2 Mio. DM rechnete, bei der Planung des Theaterbetriebes aber keine Maßnahmen ergriff, um diese Überschreitung auszuschließen, eine dreistufige Prüfung entwickelt: Zunächst sei zu untersuchen, ob die Mittel überhaupt dem öffentlichen Zweck gemäß eingesetzt worden sind, wofür es ausreiche, dass der Mitteleinsatz „grundsätzlich den vorgegebenen Zwecken“ entspricht 957. Auf der zweiten Stufe sei zu unterscheiden, ob es um ein normales fiskalisches Geschäft geht oder aber um staatliche Subventionen und Kunstförderung. Hier würde es darauf ankommen, ob die durch die beanstandete Verfügung erlangte Gegenleistung „ihren Preis wert ist“ 958. Auch wenn dies zu bejahen ist, könne jedoch auf der dritten Stufe unter „besonderen Voraussetzungen“ eine Untreue in Betracht kommen, indem die für den individuellen Schadenseinschlag bei Privatpersonen geltenden Grundsätze auf die Fälle der Haushaltsuntreue übertragen würden. Von einem Schaden sei dann zu sprechen, wenn (1) eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich, wenn (2) die Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt oder wenn dieser (3) durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird 959. Die nächste Grundsatzentscheidung („Brandenburger Sozialministerium“) betraf die Entscheidung auf Abteilungsleiterebene, Ende des Jahres noch im Rahmen von Subventionen im Gesundheitswesen Haushaltsmittel dieses Jahres an ein mit der Betreuung der Subvention betrautes privates Gesundheitsinstitut auszuzahlen, obwohl dafür kein aktueller Bedarf bestand, die Auszahlung deshalb gegen Haushaltsrecht verstieß und es zudem um freiwillige Leistungen ging. Gleichwohl hat der 5. StS (neben anderen Überlegungen) eine ausreichende Kompensation im Wege der Gesamtsaldierung von Leistung und Gegenleistung in der Erfüllung sozialer Aufgaben gesehen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Haushaltsgesetzgeber die verspätete Verwendung der Mittel in einem folgenden Haushalt als nutzlos ansehe, so dass bei Verstößen gegen die zeitliche Bindung des Haushaltsplans für sich allein noch kein Ver-

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BGHSt 40 287, 294 ff, dazu Herdegen NStZ 1995 202; Kudlich JuS 1997 507. BGH Wistra 1985 69 = NStZ 1984 549. BGH NStZ 1986 455 (wobei der BGH konstruktiv auf den rein formalen Gesichtspunkt abhebt, dass der Schaden schon mit der nicht geschuldeten Auszahlung einge-

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treten sei; statt Untreue kam Betrug in Betracht). BGHSt 43 293, 298, dazu Bieneck wistra 1998 249; Bittmann NStZ 1998 495; Brauns JR 1998 381. BGHSt 43 298. BGHSt 43 299.

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mögensnachteil anzunehmen sei 960. Anders und weit strenger lehnte der 2. StS im Fall „Aussiedlergemeinschaftsunterkunft“ eine Kompensation der wegen einer fiktiv vermehrten Platzzahl vom Landrat überhöhten Subventionen durch den Verzicht des Betreibers auf einen noch nicht fälligen Anspruch ab 961, und im Fall „Holzbackstube“ hat der 5. StS trotz zweckentsprechender Subventionsgewährung wegen des Verstoßes gegen von ihm als „materiell“ qualifizierte Vergaberichtlinien (konkret: Verbot der Förderung eines vorzeitig begonnen Vorhabens des Bruders des die Förderung forcierenden Ministers) ebenfalls einen Schaden bejaht.962 Ähnlich hat der 1. StS im Fall „Kreditaufnahme für Baumaßnahmen“ (NStZ 2011 520) einen Schaden in Gestalt der Zinsbelastung bejaht.

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4. Die innere Widersprüchlichkeit dieser Entscheidungen sticht ins Auge. Im Bugwellen-Fall wurde ein vom Haushaltsgesetzgeber nicht gedeckter Aufwand für die Versorgung der Bevölkerung mit Kultur betrieben, den der 1. StS jedoch deshalb für die Untreue nicht ausreichen ließ, weil er mit Hilfe eines an sich das Äquivalenzverhältnis wahrenden Deckungsgeschäfts (mit Regisseuren, Bühnenbildnern etc.) abgewickelt wurde. Aber das strafrechtliche Problem liegt nicht in einer Äquivalenzstörung im Deckungsverhältnis, sondern (zivilrechtlich gesprochen) in dem fehlenden Rechtsgrund im Zuwendungsverhältnis, weil die Bürger auf eine derartig opulente Kunst („kulturelle Trockenbeerenauslese“) keinen Anspruch besitzen und auch nicht vom Haushaltsgesetzgeber eingeräumt bekamen. Im Fall „Brandenburger Sozialministerium“ ging es um den umgekehrten Fall, weil nicht etwa Haushaltsüberschreitungen vorgenommen, sondern Haushaltsreste ausbezahlt wurden, obwohl die Auszahlungsbedingungen nicht erfüllt waren und auch eine Haushaltsübertragung in das nächste Haushaltsjahr, das den betreffenden Titel nicht mehr enthielt, von Rechts wegen ausgeschlossen war. Obwohl die Geldbeträge definitiv in das Vermögen des privaten Gesundheitsinstitutes flossen, hat der BGH hier also die bloße Möglichkeit, dass sie künftig in einer haushaltsgemäßen Weise verwendet würden, als ausreichende Kompensation akzeptiert. In Widerspruch hierzu ist dagegen in den ähnlich gelegenen Fällen „Aussiedlergemeinschaftsunterkunft“ vom 2. StS und „Holzbackstube“ vom 5. StS eine Kompensation verneint worden. Das eigentliche Patent der Bugwellen-Entscheidung des BGH, die am privaten Vermögen im Betrugstatbestand entwickelten Regeln des sog. individuellen Schadenseinschlages 963 auch für jenes weitaus größte Betätigungsfeld der öffentlichen Hand auszuprobieren, das in Transferleistungen im öffentlichen Interesse (konkret in mittelbarer Form durch Subventionierung des Kulturangebots) besteht und bei dem deshalb jede Ausgabe, wenn man sie unter der für das private Vermögen geltenden Perspektive der Gewinnmaximierung oder mindestens Bestandserhaltung betrachtet, zu einer Vermögensminderung führt, ist dogmatisch nicht überzeugend. Der gewissermaßen harte Kern des individuellen Schadenseinschlages besteht in der Erkenntnis, dass es vom Zustand des individuellen Vermögens abhängt, ob dessen Inhaber mit einem Gegenstand überhaupt etwas anfangen kann, widrigenfalls der erworbene Gegenstand für ihn nicht mit dem Verkehrswert, sondern nur mit dem Wiederverkaufswert angesetzt werden kann964.

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BGH NStZ 2001 248, 251; dazu Berger JR 2002 118; Wagner NStZ 2001 371. BGH Wistra 2002 300 ff; näher dazu Schünemann StV 2003 463, 467 ff. BGH NJW 2003 2179. Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 177 ff; Hefendehl MK § 263 Rdn. 632 ff.

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Eingehend Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 177 ff; Kindhäuser NK § 263 Rdn. 307 ff; für die Haushaltsuntreue bevorzugt von Munz Haushaltsuntreue, S. 164 ff.

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Wenn etwa ein Rentner, dessen Vermögensverhältnisse nur einen Urlaub mit Paddel- 234 boot zulassen, eine Hochseeyacht erhält, so kann er mit dieser überhaupt nichts anfangen und sie (wenn er die Bilanz seines Vermögens ziehen würde) deshalb nur mit dem Wert aktivieren, den er bei der Wiederveräußerung erzielen könnte. Diese Grundsätze kann man auch auf den fiskalischen Bereich übertragen, so wenn etwa ein Beamter einen Computer anschafft, der sich zwar für ihn persönlich zum Surfen im Internet eignet, für die dienstlichen Aufgaben aber unbrauchbar ist, oder wenn etwa eine kleine Gemeinde ein protziges Verwaltungsgebäude oder Theater baut, obwohl von vornherein nicht mit einer angemessenen Auslastung des Gebäudes zu rechnen ist.965 Für den Bereich der Transferzahlungen sind diese Gesichtspunkte aber nicht verwertbar – ebenso wenig wie die andere, sogar bei § 263 StGB wegen des Prinzips der Unmittelbarkeit von Anfang an dubiose Untergruppe des individuellen Schadenseinschlages, die nach der Melkmaschinen-Entscheidung durch den Zwang zu künftigen weiteren, für das Vermögen nachteiligen Transaktionen gekennzeichnet sein soll 966. Wenn der BGH in der Bugwellen-Entscheidung daraus die drei Unterfallgruppen der wirtschaftlich gewichtigen Kreditaufnahme, der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers oder der Beschneidung in der politischen Gestaltungsbefugnis gemacht hat 967, so fehlt es schon an der Ähnlichkeitsbasis, denn weil bei Privatleuten die Finanzmittel normalerweise begrenzt sind, so dass sie von einer unwirtschaftlichen Ausgabe selbst dann im Mark getroffen werden können, wenn die erworbene Leistung für den Sultan von Brunei ihren Preis wert wäre, besorgt sich der moderne Staat seine Finanzmittel zwar nicht nach Willkür, aber jedenfalls nach Bedarf durch Steuern oder Kreditaufnahmen, so dass der Sturz des Privatmannes „ins Finanzchaos“, der den berechtigten Kern dieser Fallgruppe abgibt, beim Staat überhaupt nicht praktisch werden kann. Wie schon in den Rezensionen der Bugwellen-Entscheidung zutreffend bemerkt worden ist 968, stellt der BGH damit an die Haushaltsuntreue so hohe Anforderungen, dass die Haushaltsüberschreitung aus dem Untreuetatbestand weitgehend herausexpediert wird. Wenn man bei der Prüfung des Schadens im Bereich staatlicher Transferzahlungen 235 statt dessen, wie schon erwähnt, beim Zuwendungsverhältnis als Ort der fraglichen Kompensation ansetzt,969 so lässt sich nicht bestreiten, dass die Verausgabung von Geld für soziale Zwecke das öffentliche Vermögen ohne vermögensmäßige Kompensation verringert, also schädigt. Dagegen lässt sich auch nicht mit der Bugwellenentscheidung einwenden, es genüge die „grundsätzliche Verfolgung“ der öffentlichen Zwecke. Denn bei dem seine Mittel chronisch überziehenden „Schuldenstaat“ der Gegenwart bedeutet jede Ausgabe, die nicht eine von Gesetzes wegen bestehende oder vom zuständigen Organ festgesetzte Verpflichtung erfüllt, eine zweckwidrige Verwendung, und d.h.: Verschwendung öffentlicher Mittel (vgl. auch bereits RG HRR 1938 Nr. 864). Ebenso wenig überzeugend ist der Versuch, die Missachtung der Kompetenzvorschriften oder der damit verbundenen sachlichen und zeitlichen Bindung der verfügbaren Mittel (§ 27 HGrG 970) als „rein formelle Haushaltsrechtsverstöße“ als vom Strafgrund des § 266 nicht mehr

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Diese Prüfung ist bei BGH NStZ 2011 263 zu vermissen. Zahlreiches weiteres Fallmaterial bei Neye S. 40 ff; Kohlmann/Brauns S. 28 ff. BGHSt 16 321. BGHSt 43 299. Bieneck Wistra 1998 251; Bittmann NStZ 1998 495, 497.

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Dazu und zu den Konsequenzen eingehend Schünemann StV 2003 463, 467 ff. Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz) v. 19.8.1969, BGBl. I 1273.

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gedeckt zu bezeichnen (Saliger SSW Rdn. 96; ähnlich Dierlamm MK Rdn. 219 ff; Kiethe NStZ 2005 529, 533). Denn weil der festgestellte Haushaltsplan die wirtschaftliche Grundentscheidung für die zentralen Bereiche der Politik während des Planungszeitraums enthält, die auf der staatlichen Ebene nur vom Parlament kraft seines Budgerechts vorgenommen werden kann971, bedeutet die Verausgabung öffentlicher Mittel außerhalb dieser Legitimation so wenig eine bloße Missachtung der Dispositionsbefugnis, wie wenn der Pfleger eines Atheisten dessen Geld für die Zeugen Jehovas spenden würde. Es gibt auch keinen seriösen Grund, hiervon abzuweichen, weil das Haushaltsrecht elastisch genug ist, um auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren: So können etwa gem. § 37 BHO mit Einwilligung des Bundesfinanzministeriums im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs über- und außerplanmäßige Ausgaben getätigt werden, so dass es jedem Amtsträger zuzumuten wäre, eine solche zu beantragen und im Fall einer Ablehnung auf die Ausgabe zu verzichten. Erst recht gilt dies angesichts der „neuen Steuerungsmodelle“, die durch das Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz vom 22.12. 1997 972 den Entscheidungsspielraum der „dezentralen Organisationseinheiten“ gem. § 6a HGrG außerordentlich erweitert haben.973

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5. Auch das Handeln an sich zuständiger Organe wird durch die allgemeinen Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 974 beschränkt. Freilich gewähren diese – ähnlich wie bei einer unternehmerischen Entscheidung (dazu Rdn. 97) – einen erheblichen Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum. Ein Beispiel bietet die in einem vom Ausgang her offenen Rechtsstreit bewilligte Abfindung (BGH NStZ-RR 2005 83). Aber „evidente und schwerwiegende Verstöße jenseits der bestehenden Entscheidungsspielräume“ sind auch nach der vom BVerfG geforderten restriktiven Tatbestandsauslegung auf jeden Fall pflichtwidrig 975. Zwar muss der Schaden nach strafrechtlichen Grundsätzen selbständig geprüft werden, aber bei einer groben Verletzung der genannten Grundsätze kann man sich weder bei fiskalischem Handeln noch bei Transferzahlungen eine ausreichende Kompensation vorstellen.

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6. Als Beispiele für eine zum Wegfall des Schadens führende Kompensation sind in der Rspr. dagegen die Bezahlung einer dringend erforderlichen Reparatur aus einem dafür nicht bestimmten Haushaltstitel 976 oder ein anderweitiger „Tausch“ von Haushaltstiteln977 angeführt worden. Eine als Kompensation dienende Rechtspflicht soll nach BGH NJW 1991 990 auch aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht folgen und die Übernahme der Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren gegen den Beamten aus Anlass seiner Amtsführung betreffen können. Dies kann aber bei Vorsatzdelikten nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung im Falle der Verurteilung rechtens sein und – auch bei einem Minister als Angeklagtem – nicht die im freien Markt üblichen Honorare abdecken, weil der Staat sich mit sich selbst in Widerspruch setzen würde, wenn er höhere als die im RVG geregelten und bei der Auslagenerstattung im Freispruchsfall ausnahms971 972 973

St. Rspr. des BVerfG, s. BVerfGE 45 1, 32; 70 324, 355; 79 311, 328 f. BGBl. I 1997 S. 3521. Dazu näher v. Selle JZ 2008 178 ff, der sich allerdings trotzdem der „reduktionistischen Linie“ anschließt, die es darauf anlegt, die eigenmächtige Mittelverschwendung nach „Gutsherrenart“ (Jakobs u. 3. StS, o. Rdn. 111) aus § 266 zu eliminieren.

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§ 6 Abs. 1 HGrG, dazu B. Fischer JZ 1982 6; Grupp JZ 1982 231; für den Bund § 7 Abs. 1 BHO; für den Bereich der Sozialversicherung § 4 Abs. 4 SGB V. BVerfGE 126 170, 217 f; Soyka JA 2011 566 ff. BGH NStZ 1984 550. BGHSt 40 294 f.

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los zugrunde gelegten 978 Verteidigerhonorare bei seinen Beamten als für eine sachgemäße Verteidigung notwendig qualifizieren wollte 979. Die Bezahlung derartiger Honorare aus der Staatskasse bedeutet deshalb ebenso eine Untreue wie die Bezahlung einer gegen den Amtsträger im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit verhängten Geldstrafe durch den Dienstherrn.980 7. In krassen Fällen (deren Zahl freilich nach Presseberichten in letzter Zeit zunimmt) 238 führt auch die Ämterpatronage zu einem Vermögensnachteil i.S. des § 266, wenn also ein hochdotiertes öffentliches Amt an einen Günstling (i.d.R. einen sog. Parteifreund) vergeben wird, der entweder die Laufbahnvoraussetzungen nicht erfüllt oder durch die Anforderungen des Amtes in seiner Leistungsfähigkeit offensichtlich überfordert wird 981. Die strukturelle Ämterpatronage dagegen, die in der inzwischen eingebürgerten Behandlung attraktiver Beamtenpositionen als für die Interessen der eigenen Klientel verfügbares Beutegut durch die etablierten politischen Parteien zum Ausdruck kommt,982 bedeutet zwar einen eklatanten und für die Qualität des öffentlichen Dienstes verhängnisvollen Verfassungsbruch (Art. 33 Abs. 2 GG!), ist aber als solche nicht als Untreue fassbar 983. 8. Ob der Untreuetatbestand in strafrechtlicher Hinsicht ausreicht, um die immer 239 wieder in großem Umfang festzustellende Fehlleitung öffentlicher Mittel einzudämmen, ist seit langem und weiterhin sehr umstritten (näher Schünemann Unverzichtbare Gesetzgebungsmaßnahmen, passim und u. Rdn. 270).

II. Bank- und Kredituntreue Schrifttum Aldenhoff/Kuhn § 266 StGB – Strafrechtliches Risiko bei der Unternehmenssanierung durch Banken?, ZIP 2004 103; Barta Die Haftung der depotführenden Bank bei churning des Anlageberaters pp., BKR 2004 433; Bittmann Risikogeschäft – Untreue – Bankenkrise, NStZ 2011 361; Böttcher Bankvorstandshaftung im Rahmen der Sub-Prime Krise, NZG 2009 1047; Brüning/Samson Bankenkrise und strafrechtliche Haftung wegen Untreue gem. § 266 StGB, ZIP 2009 1089; Doster Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Bankmitarbeiter wegen des Verdachts der Untreue, WM 2001 333; Gallandi Die Untreue von Bankverantwortlichen im Kreditgeschäft, wistra 2001 281; ders. Strafrechtliche Aspekte der Asset Backed Securities, wistra 2009 41; Hermann Die Begrenzung pp.

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§ 464a II Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 II ZPO, dazu BVerfG NJW 1985 727; BGH Rpfleger 1979 412; OLG Düsseldorf OLGSt. § 464a S. 1; OLG Koblenz OLGSt. § 464a S. 19. Ähnl. sogar für den privaten Bereich – aber hier nicht überzeugend, weil die gesetzl. Gebühren des Verteidigers in komplizierteren Strafsachen für eine sachgemäße Wahrnehmung seiner Aufgaben kein ausreichendes Äquivalent darstellen – Fischer Rdn. 84a. BGHSt 37 226 m. Anm. Hillenkamp JR 1992 75; Wodicka NStZ 1991 487; MüllerChristmann JuS 1992 379; a.M. Kappka NJW 1992 2797; kaum nachvollziehbar

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nach dem Kriterium des Umweltcontrolling differenzierend Ebenroth/Willburger BB 1991 1943 f. Zu den entsprechenden Schadensproblemen beim Anstellungsbetrug siehe Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 223 ff; Hefendehl (Fn. 948) S. 379 ff; ders. MK § 263 Rdn. 512 ff; Satzger SSW § 263 Rdn. 190 ff. von Arnim Staat ohne Diener (1993) 127 ff. Weitergehend Schmidt-Hieber NJW 1989 560 f; wie hier Sch/Schröder/Perron Rdn. 44; Saliger ZStW 112 (2000) 563, 600 ff; ders. SSW Rdn. 95 f; Wittig in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 45.1.

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am Beispiel der Bankenuntreue (2011); Hoppe/Lehleiter Die Haftung des Bankverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2007 178; Kasiske Aufarbeitung der Finanzkrise durch das Strafrecht? Zur Untreuestrafbarkeit durch Portfolioinvestments in Collateralized Debt Obligations via Zweckgesellschaften, in: Schünemann (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) 13; Keller/Sauer Zum Unrecht der so genannten Bankenuntreue, wistra 2002 365; Kempf/Lüderssen/Volk Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral (2010); Knauer Die Strafbarkeit der Bankvorstände für mißbräuchliche Kreditgewährung, NStZ 2002 399; Kiethe Die zivil- und strafrechtliche Haftung von Vorstandsmitgliedern eines Kreditinstituts für riskante Kreditgeschäfte, WM 2003 861; Lutter Zur Rechtmäßigkeit von internationalen Risikogeschäften durch Banken der öffentlichen Hand, BB 2009 786; Rönnau Globale Finanzkrise – Quellen möglicher Strafbarkeitsrisiken, in: Schünemann (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) 43; Schlüter Bankenhaftung bei fehlgeschlagenen Immobilienerwerbertreuhandmodellen, DZWir 2002 96; Schmitt Untreue von Bank- und Sparkassenverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2006 125; ders. Zur Untreue durch Kreditbewilligung, Festschrift Nobbe (2009) 1009; Schünemann (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? (2010) sowie ibid., S. 71; Steiner Bankenkrise und strafbare Untreue (§ 266 StGB), ZfK 2009 709; ders. Neues BGH-Urteil zu strafrechtlicher „Untreue“ durch Vergabe von Risikokrediten, ZfK 2010 98; Strate Der Preis der Freiheit – strafrechtliche Verantwortlichkeiten in der Finanzkrise, Bucerius Law Journal 2009 78; Vortmann Schadensersatzpflicht der kontoführenden Bank wegen pflichtwidriger Verwendung von Fremdgeldkonten, BKR 2007 449.

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1. Von Kredit- oder Bankuntreue spricht man, wenn das zuständige Organ einer Bank einen Kredit herausreicht, bei dem der Rückzahlungsanspruch wegen fehlender Bonität des Kreditnehmers von vornherein so weitgehend entwertet ist, dass er als wirtschaftlich vollwertige Kompensation für den hingegebenen Darlehensbetrag nicht in Frage kommt, und wenn die Forderung auch nicht hinreichend gesichert ist 984. Weil es (abgesehen von den sogleich zu behandelnden Sanierungskrediten) nicht vorstellbar ist, dass ein Bankmanager berechtigt ist, seine Bank auf diese Weise vorsätzlich zu schädigen, kann hier die Pflichtwidrigkeit im Grunde genommen aus der vorsätzlichen Schädigung rückgeschlossen werden. Dass die Rechtsprechung sich dennoch bei der Kredituntreue intensiver mit den Problemen der Pflichtwidrigkeit beschäftigt hat, hängt damit zusammen, dass der in solchen Fällen zur Debatte stehende „Gefährdungsschaden“ schon objektiv und damit erst recht subjektiv schwer zu fassen ist (näher o. Rdn. 177 ff), so dass die Feststellung einer vorsätzlichen Pflichtverletzung in der Praxis für die Feststellung des Schädigungsvorsatzes eine wichtige vorgreifliche Rolle spielt. Dabei schafft die hier relativ weit reichende Reglementierung durch abstrakte Normen und Maßstäbe eine Versuchung, die Pflichtwidrigkeit aus der abstrakten Regelverletzung herzuleiten, so wenn der Bankvertreter die ihm bei Avalkrediten gezogene Grenze nicht einhält (BGH wistra 1985 191; NStZ/A 1988 99) oder sonst die ihm eingeräumte Befugnis erheblich überschreitet (BGH wistra 1988 305; 1992 26) oder wenn bei Großkrediten die Grundsätze des § 18 KWG nicht eingehalten oder die bankinternen Beleihungsrichtlinien und Beschränkungen nicht beachtet werden985. In zwei Grundsatzentscheidungen hat der 1. Strafsenat des 984

Beispiele aus der älteren Rspr.: wenn die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens so verzweifelt ist, dass es nicht mehr gesundungsfähig erscheint (RGSt 61 211, 212 f); wenn ein Darlehen an eine finanzschwache und illiquide Filmgesellschaft ausgeliehen (BGH 5 StR 203/54 v. 28.9.1954) oder ein Kredit verbotswidrig gegen unge-

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985

nügende Sicherheit hingegeben wird (BGH 1 StR 611/57 v. 28.1.1958). Nack NJW 1980 1600; ders. in: MüllerGugenberger/Bieneck 4. Aufl. 2006 § 66 Rdn. 79 ff; ausführl. und diff. Laskos S. 72 ff, 87 f; Feigen FS Rudolphi S. 445, 449 ff; Ignor/Sättele FS Hamm S. 211, 215 ff.

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BGH jedoch mit Recht ausgesprochen, dass eine Verletzung formeller Prüfungspflichten nicht ausreicht, solange die Entscheidungsträger ihrer Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers insgesamt ausreichend nachkommen, wofür als (bloße) Gegenindizien angeführt wurde, dass die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen986, dass im Zusammenhang mit der Kreditgewährung Mitverantwortliche oder Aufsichtspersonen unrichtig oder unvollständig informiert wurden, die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten oder die Höchstkreditgrenze überschritten wurden oder dass schließlich die Entscheidungsträger eigennützig handelten 987. In einer späteren Entscheidung ist klar gestellt worden, dass die im Untreuetatbestand vorausgesetzte Prüfungspflicht und die formelle Regelung in § 18 KWG zwar nicht deckungsgleich sind, dass aber eine gravierende Missachtung der formellen Prüfungspflichten auch eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB begründet 988. Das ist in der Sache beifallswürdig, wenn auch nicht im Sinne der im Schrifttum daran geknüpften Zweistufentheorie (o. Rdn. 93), sondern als Forderung einer objektiven Zurechnung zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden, dergestalt dass nur eine Verletzung solcher Prüfungspflichten tatbestandsmäßig ist, die sich in einem durch die pflichtwidrige Kreditvergabe eingetretenen Vermögensschaden realisiert (so ganz deutlich BGHSt 46 30, 34; allg. Schünemann NStZ 2005 473, 475). Soweit in Rechtsprechung (BGHSt 46 30, 35) und Schrifttum (Fischer Rdn. 73) für den Fall von Gremienentscheidungen unterschiedliche Verantwortlichkeiten angenommen werden, weil sich etwa der Vorstandsvorsitzende auf den Bericht des Kreditsachbearbeiters und des Kreditvorstands verlassen dürfe – ähnlich die Mitglieder eines Kreditausschusses –, spielt dies im Ergebnis für die Subsumtion unter § 266 deshalb keine Rolle, weil dafür ja eine vorsätzliche Vermögensschädigung erforderlich ist und deshalb ein Beteiligter, der aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte einen Schadenseintritt für möglich hält und in Kauf nimmt (näher o. Rdn. 190 f), nicht gleichzeitig davon ausgehen kann, die Darstellungen der anderen Beteiligten seien verlässlich. Zum Zeitpunkt des Schadenseintritts instruktiv BGH wistra 2010 21 („WestLB“); zur Bankuntreue in der sog. Finanzkrise o. Rdn. 120. 2. Besondere Grundsätze gelten für den Fall des Sanierungskredits, wenn ein Dar- 241 lehensgeber das bisherige Darlehen zu verlieren droht und deshalb dem Schuldner noch einmal weiteren Kredit in der Hoffnung gewährt, dass dadurch dessen Sanierung gelinge und er auch zur Bedienung des früheren Kredits wieder in der Lage sein werde. Das Sanierungsrisiko durch Kreditgewährung an eine überschuldete Firma einzugehen, ist nicht schlechtweg pflichtwidrig,989 zumal dann nicht, wenn der Sanierungskredit von einer mit staatlichen Mitteln gespeisten Gesellschaft gewährt wird, deren Zweck es gerade ist, notleidende Firmen wieder lebensfähig zu machen. Darüber hinaus hat der BGH unter Billigung des Schrifttums990 ausgesprochen, dass die Pflichtwidrigkeit eines für sich allein 986

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Die vom 1. StS zusätzlich genannte Vernachlässigung der Informationspflicht ist zirkulär. BGHSt 46 30, 32, 34; hierzu Dierlamm/ Links NStZ 2000 656; Luttermann ZIP 2000 1212; Otto JR 2000 517; Gallandi wistra 2001 281; Doster WM 2001 333; Knauer NStZ 2002 399; Schünemann NStZ 2005 473, 475 ff. BGHSt 47 148, 152 m. Bespr. Klanten DStR 2002 1190; Knauer NStZ 2002 399; Kühne

989 990

StV 2002 198; Keller/Sauer wistra 2002 365; Aldenhoff/Kuhn ZIP 2004 103; ebenso die jüngste einschlägige Entscheidung im Fall „WestLB“ BGH wistra 2010 21 ff. Vgl. auch Beukelmann HK-GS Rdn. 37. RGSt 61 211, 213; RGSt 66 255, 261. Feigen FS Rudolphi S. 454 f; Saliger SSW Rdn. 99; ders. HRRS 2006 18 f; Ignor/Sättele FS Hamm, S. 216; Dierlamm MK Rdn. 207; Beukelmann HK-GS Rdn. 37; ähnlich Seier Rdn. 260.

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hochriskanten Sanierungskredits „bei einem wirtschaftlich vernünftigen Gesamtplan, der auf einem einheitlichen Erfolg angelegt ist und bei dem erst nach einem Durchgangsstadium der Sanierung ein Erfolg erzielt wird“, entfallen kann (BGHSt 47 148, 153). Das ist nach den hier für maßgeblich erklärten Grundsätzen der rationalen Entscheidungstheorie weniger sensationell, als es im Schrifttum empfunden worden ist, denn es versteht sich von selbst, dass bei der Risikoabwägung die Chance, den anderenfalls verlorenen Erstkredit doch noch zu realisieren, mit der dafür sprechenden Wahrscheinlichkeit in die Gesamtverrechnung eingesetzt werden muss. Schon das Reichsgericht hat (allerdings im Rahmen des Vorsatzes) dieselbe Maxime vertreten und zugleich das pflichtwidrige Risikogeschäft dahin umschrieben, dass der Täter „wie beim Glücksspiel alles auf eine Karte setzt“ (RGSt 61 211, 213).

III. Gesellschafts- und Organuntreue Schrifttum Achenbach Schwerpunkte der BGH-Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, BGH-Festgabe Wiss. (2000) 593; Adams Aktienoptionspläne und Vorstandsvergütungen, ZIP 2002 1325; Adick Organuntreue (§ 266) und Business Judgement (2010); Arens Untreue im Konzern (2010); Arloth Zur Abgrenzung von Untreue und Bankrott bei der GmbH, NStZ 1990 570; Arnold Untreue durch Schädigung des Unternehmens durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung, Jura 2005 844; ders. Untreue im GmbH- und Aktien-Konzern (2006); Auer Gläubigerschutz durch § 266 StGB bei der einverständlichen Schädigung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Diss. Berlin 1991; Barta Die Haftung der depotführenden Bank bei churning des Anlageberaters pp., BKR 2004 433; Bauer Untreue durch Cash-Pooling im Konzern (2008); Bauer/Arnold Mannesmann und die Folgen für Vorstandsverträge, DB 2006 546; Beckemper Untreuestrafbarkeit des GmbH-Gesellschafters bei einverständlicher Vermögensverschiebung, GmbHR 2005 592; Bittmann/Terstegen Auswirkungen der Rechtsprechung der Zivilgerichte zur Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern auf das Strafrecht, wistra 1995 249; Bittmann/Richter Zum Geschädigten bei der GmbH- und der KGUntreue, wistra 2005 51; Bittmann/Rudolph Untreue des GmbH-Geschäftsführers trotz Anordnung der Insolvenzverwaltung?, wistra 2000 401; Bosch Unternehmerischer Handlungsspielraum des Vorstandes zwischen zivilrechtlicher Verantwortung und strafrechtlicher Sanktion, JZ 2009 225; Böttcher Bankvorstandshaftung im Rahmen der Sub-Prime Krise, NZG 2009 1047; Brammsen Strafbare Untreue des Geschäftsführers bei einverständlicher Schmälerung des GmbH-Vermögens? DB 1989 1609; ders. Aufsichtsratsuntreue, ZIP 2011 1504; ders. Vorstandsuntreue, wistra 2009 85; Brand/ Sperling Untreue zum Nachteil von Idealvereinen, JR 2010 473; Busch Konzernuntreue (2004); Dahl/Schmitz Haftung des GmbH-Geschäftsführers aus § 64 II GmbHG bei Begleichung von Drittverbindlichkeiten mit zuvor von verbundenen Konzerngesellschaften zur Verfügung gestellten Mitteln, NZG 2008 532; Daniels Das Mannesmann-Verfahren – Erwiderung zu Jahn, ZRP 2004 270; Deiters Organuntreue durch Spenden und prospektiv kompensationslose Anerkennung, ZIS 2006 152; Dittrich Die Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei der Festsetzung, überhöhter Vorstandvergütungen (2007); Diversy/Weyand Insolvenzverwalter und Untreuetatbestand, ZInsO 2009 802; Eisele Untreue in Vereinen mit ideeller Zielsetzung, GA 2001 377; Ewald Untreue zwischen „verbundenen Unternehmen“, Diss. Bochum 1981; Fleck Mißbrauch der Vertretungsmacht oder Treubruch des mit Einverständnis aller Gesellschafter handelnden GmbH-Geschäftsführers aus zivilrechtlicher Sicht, ZGR 1990 31; Fleischer Konzernuntreue zwischen Straf- und Gesellschaftsrecht: Das Bremer Vulkan-Urteil, NJW 2004 2867; ders. Das Mannesmann-Urteil des Bundesgerichtshofs: Eine aktienrechtliche Nachlese, DB 2006 542; ders. Aktienrechtliche Legalitätspflicht und „nützliche“ Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern, ZIP 2005 141; Flore/Burmann Gemeinnützige GmbH: Strafrechtliche Risiken und Vorsorgemaßnahmen, GmbH-StB 2000 339; Flum Der strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter (1990); Fuhrmann Die Bedeutung des „faktischen Organs“ in der strafrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Festschrift Tröndle S. 139; Geerds Zur Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsrats-

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mitgliedern kommunaler Gesellschaften, Festschrift Otto (2008) 561; Gehrlein Einverständliche verdeckte Gewinnentnahmen der Gesellschafter als Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten der GmbH?, NJW 2000 1089; ders. Strafbarkeit von Vorständen wegen leichtfertiger Vergabe von Unternehmensspenden, NZG 2002 463; Gribbohm Strafrechtliche Untreue zum Nachteil der GmbH durch den GmbHGeschäftsführer und die zivilrechtlichen Folgen, DStR 1991 248; ders. Untreue zum Nachteil der GmbH, ZGR 1990 1; Groß Die strafrechtliche Verantwortlichkeit faktischer Vertretungsorgane bei Kapitalgesellschaften (2007); Grub Die insolvenzrechtliche Verantwortlichkeit der Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften (1995); Grunst Untreue zum Nachteil von Gesamthandsgesellschaften pp., BB 2001 1537; Gübel Die Auswirkungen der faktischen Betrachtungsweise auf die strafrechtliche Haftung faktischer GmbH-Geschäftsführer (1994); Hanft Strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Einmann-GmbH (2006); ders. Bewilligung kompensationsloser Anerkennungsprämien durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft als Untreue – Fall Mannesmann, Jura 2007 58; Hartung Der Rangrücktritt eines GmbH-Gläubigers – eine Chance für Wirtschaftskriminelle? NJW 1995 1186; ders. Kapitalersetzende Darlehen – eine Chance für Wirtschaftskriminelle, NJW 1996 229; Heidel „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – Vergütung von Vorständen nach dem Erfolg des Konzerns – Anknüpfungspunkt für strafrechtliche Haftung? Festschrift Mehle (2009) 247; Hellmann Verdeckte Gewinnausschüttung und Untreue des GmbH-Geschäftsführers, wistra 1989 214; Helmrich/Eidam Untreue durch Verzicht auf Schadenersatzforderungen gegen (ehemalige) Führungskräfte einer AG?, ZIP 2011 257; Hentschke Der Untreueschutz der Vor-GmbH vor einverständlichen Schädigungen (2002); Hilgard Churning, WM 2006 409; Hinderer Insolvenzstrafrecht und EU-Niederlassungsfreiheit am Beispiel der englischen private company limited by shares (2010); Hirmer Zivil- und strafrechtliches Verbot pflichtwidriger Schädigungen für Vorstandsmitglieder von unabhängigen und durch Beherrschungsvertrag gebundenen Aktiengesellschaften (1984); Höf Untreue im Konzern (2006); Hoffmann Untreue und Unternehmensinteresse (2010); HoffmannBecking Vorstandsvergütung nach Mannesmann, NZG 2006 127; Hohn Eigenkapitalregeln, Kompetenzverteilungsordnung und Zustimmungen zu Vermögensschädigungen bei Kapitalgesellschaften, Festschrift Samson (2010) 315; ders./Rönnau Die Festsetzung (zu) hoher Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat – ein Fall für den Staatsanwalt? NStZ 2004 113; Hüffer Mannesmann/Vodafone: Präsidiumsbeschlüsse des Aufsichtsrats für die Gewährung von „Appreciation Awards“ an Vorstandsmitglieder, BB 2003 Beilage 7, Heft 43; Jahn Lehren aus dem „Fall Mannesmann“, ZRP 2004 179; ders. Nach dem Mannesmann-Urteil des BGH: Konsequenzen für Wirtschaft, Justiz und Gesetzgeber, ZIP 2006 738; John Zum Mißbrauch der Vertretungsmacht durch Gesellschaftsorgane, GmbHR 1983 90; Kaepplinger Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit von Abfindungszahlungen, NZG 2003 573; Kallmeyer Vorstandsbezüge – viel Lärm um nichts?, ZIP 2002 1663; Kasiske Existenzgefährdende Eingriffe in das GmbH-Vermögen mit Zustimmung der Gesellschafter als Untreue, wistra 2005 81; ders. Strafbare Existenzgefährdung der GmbH und Gläubigerschutz, JR 2011 235; J. Kaufmann Organuntreue zum Nachteil von Kapitalgesellschaften (1999); Keller/Sauer Zum Unrecht der so genannten Bankenuntreue, wistra 2002 365; Keller, R. Strafbare Untreue und Gemeinwohlbindung von Gesellschaftsvermögen, Festschrift Puppe (2010) 1189; Kiethe Die Unangemessenheit des Honorars – Haftungs„falle“ für Unternehmensberater und -sanierer?, BB 2005 1801; ders. Die zivil- und strafrechtliche Haftung von Aufsichtsräten für Geschäftsrisiken, WM 2005 2122; ders. Die zivilund strafrechtliche Haftung von Vorstandsmitgliedern einer Sparkasse für riskante Kreditgeschäfte, BKR 2005 177; Kohlmann Untreue zum Nachteil des Vermögens einer GmbH trotz Zustimmung sämtlicher Gesellschafter? Festschrift Werner S. 387; ders. „Vor-GmbH“ und Strafrecht, Festschrift Geerds (1995) S. 675; ders. Rdn. 54 ff Vor § 82, in: Hachenburg GmbH-Gesetz 8. Aufl. (1994); ders. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers (1990) (zit. Kohlmann); Kort Das „Mannesmann“-Urteil im Lichte von § 87 AktG, NJW 2005 333; ders. Mannesmann: Das „Aus“ für nachträglich vorgesehene Vorstandsvergütungen ohne Anreizwirkung?, NZG 2006 131; Kraatz Zu den Grenzen einer „Fremdrechtsanwendung“ im Wirtschaftsstrafrecht am Beispiel der Untreuestrafbarkeit des Direktors einer in Deutschland ansässigen Private Company Limited by Shares, JR 2011 58; Krause Konzerninternes Cash Management – der Fall Bremer Vulkan pp., JR 2006 51; ders. Zur Vermögensbetreuungspflicht entsandter Aufsichtsratsmitglieder (§ 101 Abs. 2 AktG) gegenüber dem Entsendenden, Festschrift Hamm (2008) 341; Krawczyk Untreue zum Nachteil einer konzernabhängigen GmbH, NZG 2009 1176; Krekeler/Werner Verdeckte Gewinnausschüttung als Untreue, StraFo 2003 374; dies. Unternehmer und Strafrecht (2006); Krüger Genossenschaftsuntreue,

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ZfgG 60 (2010) 221; Labinski Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des directors einer englischen Limited (2010); Labsch Einverständliche Schädigung des Gesellschaftsvermögens und Strafbarkeit des GmbH-Gesellschafters, JuS 1985 602; ders. Die Strafbarkeit des GmbH-Geschäftsführers im Konkurs der GmbH, wistra 1985 1, 85; Lamann Untreue im GmbH-Konzern (2007); Lange Die Belohnung von Vorstandsmitgliedern auf Veranlassung des Aufsichtsrats, ArbuR 2004 83; Lassmann Untreue zu Lasten gemeinnütziger Stiftungen – Strafbarkeitsrisiken im Non-Profit-Bereich, NStZ 2009 473; Laub Grenzen der Spendenkompetenz des Vorstands, AG 2002 308; Leimenstoll Zur Untreue im Konzernverbund, ZIS 2010 143; Leipold Strafrechtlicher Pflichtenkatalog des Aufsichtsrats Festschrift Mehle (2009) 347; Leipold/Schaefer Vermögensverschiebung des GmbH-Geschäftsführers in der Krise – Bankrott oder Untreue?, NZG 2009 937; Lichtenwimmer Untreueschutz der GmbH gegen den übereinstimmenden Willen der Gesellschafter? (2008); Liebers/Hoefs Anerkennungs- und Abfindungszahlungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder, ZIP 2004 97; Lindemann Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des faktischen Geschäftsführers, Jura 2005 305; Lipps Nochmals: Verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH als strafrechtliche Untreue? NJW 1989 502; Livonius Untreue wegen existenzgefährdenden Eingriffs – Rechtsgeschichte?, wistra 2009 91; Loeck Strafbarkeit des Vorstands der Aktiengesellschaft wegen Untreue (2006); Lüderssen Gesellschaftsrechtliche Grenzen der strafrechtlichen Haftung des Aufsichtsrats, Festschrift Lampe (2003) 727; ders. Zur Konkretisierung der Vermögensbetreuungspflicht in § 266 Strafgesetzbuch durch § 87 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz pp., Festschrift Schroeder (2006) 569; Martin Bankuntreue (2000); Maurer Untreue bei der juristischen Person unter besonderer Berücksichtigung des Eigenkapital(ersatz)rechts, GmbHR 2004 1549; Maurer/Odörfer Strafrechtliche Aspekte der GmbH & Co. KG in der Krise (2), GmbHR 2008 412; Meilicke Verdeckte Gewinnausschüttung: strafrechtliche Untreue bei der GmbH? BB 1988 1261; Meyer Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung, Hessische Städte- und Gemeindenzeitung 2009 306; Mihm Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen (1998); Mödl Pflichten des einzigen Gesellschafters gegenüber „seiner“ GmbH – BGHZ 149, 10, JuS 2003 14; Mosiek Anwendbarkeit ausländischen Gesellschaftsrechts im Rahmen der Untreue zum Nachteil einer EU-Auslandsgesellschaft, HRRS 2010 424; Muhler Darlehen von GmbH-Gesellschaftern im Strafrecht, wistra 1994 283; Müller-Christmann/Schnauder Durchblick: Zum strafrechtlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens, JuS 1998 1080; Nuß Untreue der Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften durch Vergabe von Spenden, Festschrift Kohlmann (2003) 187; Olscher Untreue und Veruntreuung zum Nachteil einer Gesellschaft, Der Gesellschafter 1988 20; Otto Aktienstrafrecht (1997) Rdn. 20–64 Vor § 399; Peltzer Das Mannesmann-Revisionsurteil aus der Sicht des Aktien- und allgemeinen Zivilrechts, ZIP 2006 205; Perron Das Mannesmann-Verfahren vor den deutschen Strafgerichten, SchwZStr 2007 180; Radtke Einwilligung und Einverständnis der Gesellschafter bei der sog. GmbH-rechtlichen Untreue, GmbHR 1998 311, 361; ders. Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten von ausländischen Gesellschaften mit faktischem Sitz in Deutschland?, GmbHR 2008 729; Radtke/Hoffmann Gesellschaftsrechtsakzessorietät bei der strafrechtlichen Untreue zu Lasten von Kapitalgesellschaften? – oder: „Trihotel“ und die Folgen, GA 2008 535; Ransiek Untreue im GmbH-Konzern, Festschrift Kohlmann (2003) 207; ders. Untreue zum Nachteil einer abhängigen GmbH – „Bremer Vulkan“, wistra 2005 121; ders. Anerkennungsprämien und Untreue – Das „Mannesmann“-Urteil des BGH, NJW 2006 814; ders. „Verstecktes“ Parteivermögen und Untreue, NJW 2007 1727; Reiß Das Steuerrecht als Erkenntnisquelle des Gesellschaftsrechts und des Untreuestrafrechts am Beispiel der verdeckten Gewinnausschüttung? Steuer und Wirtschaft (StuW) 1992 233; ders. Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Entnahmen als strafbare Untreue des Geschäftsführers? wistra 1989 81; Richter Der Konkurs der GmbH aus der Sicht der Strafrechtspraxis, GmbHR 1984 113 und 137; Rixe Die aktien- und strafrechtliche Beurteilung nachträglicher Anerkennungsprämien (2010); Rönnau Haftung der Direktoren einer in Deutschland ansässigen englischen private company limited by shares nach deutschem Strafrecht pp., ZGR 2005 832; ders. Untreue zu Lasten juristischer Personen und Einwilligungskompetenz der Gesellschafter, Festschrift Amelung (2009) 247; ders. Untreuerisiken durch Cash Pool-Teilnahme für Geschäftsführer einer faktisch abhängigen GmbH, Festschrift Samson (2010) 423; ders./Hohn Die Festsetzung (zu) hoher Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat – ein Fall für den Staatsanwalt?, NStZ 2004 113; Saliger Untreue bei Stiftungen, in: Walz/Hüttemann/Rawert/ Schmidt (Hrsg), Bucerius Law School: Non Profit Yearbook (2005) 209; ders. Schutz der GmbH-internen Willensbildung durch Untreuestrafrecht?, Festschrift Roxin II (2011) 1053; Sauer Zur Strafbarkeit eines Vor-

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stands wegen Untreue auf Grund des Sponsorings eines Sportvereins, wistra 2002 465; Schäfer Die Strafbarkeit der Untreue zum Nachteil einer KG, NJW 1983 2850; ders. Untreue zum Nachteil von GmbH, GmbHR 1992 509; ders. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 1993 717, 780; Schilha Die Aufsichtstätigkeit in der Aktiengesellschaft im Spiegel strafrechtlicher Verantwortung (2008); Schlösser Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer private company limited by shares in Deutschland, wistra, 2006 81; ders. Vertraglich vereinbarte Integritätsklauseln und strafrechtliche Haftung der Unternehmensleitung, wistra 2006 446; ders. Europäische Aktiengesellschaft und deutsches Strafrecht, NZG 2008 126; Schlösser/Mosiek Anwendbarkeit ausländischen Gesellschaftsrechts im Rahmen der Untreue zum Nachteil einer EU-Auslandsgesellschaft, HRRS 2010 424; Schnauder Zum strafrechtlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens, JuS 1998 1080; Schramm Untreue durch Insolvenzverwalter, NStZ 2000 398; ders. Untreue und Konsens (2005); ders./Hinderer Die Untreue-Strafbarkeit eines Limited-Directors pp., ZIS 2010 494; Schünemann Organuntreue – Das Mannesmann-Verfahren als Exempel? (2004); Schüppen Transaction-Boni für Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft – Business-Judgement oder strafbare Untreue?, Festschrift Tiedemann (2008) 749; Schulte Abgrenzung von Bankrott, Gläubigerbegünstigung und Untreue bei der KG, NJW 1983 144 und 1773; Schulte Strafbarkeit der Untreue zum Nachteil der KG? NJW 1984 1671; Schultz Schädigung von Personenhandelsgesellschaften durch Interne, BB 1988 572; Seher Die aktienrechtliche Untreue in rechtsvergleichender Darstellung (1965); Seibt/Schwarz Aktienrechtsuntreue, AG 2010 301; Siegmann/Vogel Die Verantwortlichkeit des Strohmanngeschäftsführers einer GmbH, ZIP 1994 1821; Soyka Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften (2008); Spindler Vorstandsvergütungen und Abfindungen auf dem aktien- und strafrechtlichen Prüfstand – Das Mannesmann-Urteil des BGH, ZIP 2006 349; Stapelfeld Zum Schutzgesetzcharakter der §§ 266, 266a StGB in Bezug auf Untreuedelikte der GmbH-Geschäftsführer, BB 1991 1501; Steiner Mannesmann-Prozess: Untreue-Vorwurf wäre rechtlich nicht haltbar gewesen, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (ZfK) 2006 1264; Stölting Das tatbestandsmerkmal des fremden Vermögens bei der Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften am Beispiel der GmbH & Co. KG (2010); Taschke Straftaten im Interesse von Unternehmen – auch strafbar wegen Untreue?, Festschrift Lüderssen (2002) 663; Tiedemann Untreue bei Interessenkonflikten. Am Beispiel der Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern, Festschrift Tröndle S. 319; ders. Der Untreuetatbestand – ein Mittel zur Begrenzung von Managerbezügen?, Festschrift Weber (2004) 319; ders. Zur Klageerzwingungsbefugnis von Aktionären und GmbH-Gesellschaftern, insb. bei Organuntreue, Festschrift Mehle (2009) 625; ders. GmbH-Strafrecht. §§ 82–85 GmbHG und ergänzende Vorschriften, 5. Aufl. (2010), Sonderausgabe aus Scholz, Kommentar zum GmbHG, 10. Aufl. (2010); Tsambikakis Aktuelles zum Strafrecht bei GmbH und GmbH & Co, GmbHR 2005 331; Ulmer Schutz der GmbH gegen Schädigung zugunsten ihrer Gesellschafter? Festschrift Pfeiffer S. 853; Volk Untreue und Gesellschaftsrecht. Ein Dschungelbuch, Festschrift Hamm (2008) 803; Vonnemann Strafbarkeit von GmbH-Geschäftsführern wegen Untreue zu Lasten der GmbH bei Zustimmung der Gesellschafter? GmbHR 1988 329; Wagner Strafrechtliche Risiken bei MBO wistra 1992 161; Wagner/Hermann Verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ein-Personen-GmbH, einmal nicht nur steuerrechtlich, BB 1999 608; T. Wagner Die Untreue des Gesellschafters in der einfachen und konzernierten Einmann-GmbH: zugleich eine strafrechtliche Bestimmung des existenzvernichtenden Eingriffs (2005); Wattenberg Zentrales Cash-Management als Untreuetatbestand im Konzernverbund, StV 2005 523; Wehlert Die Abgrenzung von Bankrott und Untreue (1985); Weiß Strafbarkeit der Geschäftsführer pp., GmbHR 2011 350; Wellkamp Organuntreue zum Nachteil von GmbH-Konzernen und Aktiengesellschaften, NStZ 2001 113; Wessing/Krawczyk Untreue zum Nachteil einer konzernabhängigen GmbH, NZG 2009 1176; Winkelbauer Strafrechtlicher Gläubigerschutz im Konkurs der KG und der GmbH & Co. KG, wistra 1986 17; Witte/Mehrbrey Aufsteigende Darlehen im GmbH-Konzern, MDR 2007 7; Wodicka Die Untreue zum Nachteil der GmbH bei vorheriger Zustimmung aller Gesellschafter (1993); Wolf Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel (1998); Wollburg Unternehmensinteresse bei Vergütungsentscheidungen oder: Verstieß die Zahlung der Mannesmann-Prämien gegen das Unternehmensinteresse der Mannesmann-AG?, ZIP 2004 646; Wölper Steuerung des Verhaltens von Gemeindebediensteten im Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln durch Strafrecht? (2006); Zech Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft (2007); Zieschang Haftstrafe für Verwalter wegen Untreue?, NZM 1999 393; ders. Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH wegen Untreue trotz Zustimmung

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sämtlicher Geschäftsführer?, Festschrift Kohlmann (2004) 351; Zwiehoff Untreue durch den Aufsichtsrat bei nichtorganschaftlichem Handeln?, Festschrift Eisenhardt (2007) 57.

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Wie das umfangreiche Schrifttumsverzeichnis zeigt, bildet die Fallgruppe der Gesellschaftsuntreue (typischerweise in Form einer Untreue des Gesellschaftsorgans i.w.S.) heute das theoretisch komplizierteste und praktisch wichtigste Anwendungsfeld des gesamten Untreuetatbestandes (zu den Gründen o. Rdn. 2 f). Nachfolgend werden die für die jeweilige Gesellschaftsform spezifischen Probleme bei der Täterqualifikation, der Pflichtwidrigkeit und dem Vermögensnachteil behandelt.

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1. GmbH-Untreue. Mit der Entwicklung dieser Gesellschaftsform zur dominierenden Figur des deutschen Wirtschaftslebens ist die Untreue im GmbH-Bereich zur kriminalpolitisch wichtigsten Erscheinungsform des § 266 StGB geworden, die eine Fülle bis heute nicht endgültig beantworteter dogmatischer Zweifelsfragen aufwirft, welche allesamt mit dem Widerspruch zwischen dem körperschaftlich strukturierten Außenverhältnis der GmbH und ihrer zumeist nicht anders als bei den Personengesellschaften organisierten („personalistischen“) Binnenstruktur zusammenhängen.

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a) Das zeigt sich bereits bei der Frage, ob als Träger des GmbH-Vermögens im Strafrecht die GmbH als juristische Person oder deren Gesellschafter als die dahinter stehenden natürlichen Personen anerkannt werden sollen. Nach ständiger Rechtsprechung und völlig herrschender Meinung findet insoweit keine „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“ statt, vielmehr schützt § 266 die GmbH selbst als Vermögensinhaber.991 Immerhin wirkt sich die materielle Vermögensträgerschaft der GmbH-Gesellschafter dahin aus, dass eine mit ihrem Einverständnis erfolgte Schädigung der GmbH nur in engen Grenzen pflichtwidrig ist (näher c). Solange die Gründung der GmbH noch nicht abgeschlossen, diese also als Vorgesellschaft noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, kommt es sogar ausschließlich auf das Einverständnis der Gründungsgesellschafter an.992 Denn diese sind noch die alleinigen Vermögensträger (BGHZ 80 129, 135) und potentiellen Geschädigten, etwa wenn der (sei es auch nur faktische) GründungsGeschäftsführer das Gesamthandsvermögen durch überhöhten Gründungsaufwand vermindert.

245

b) Spezifischer Täter der GmbH-Untreue ist der Geschäftsführer, der gemäß §§ 35 f GmbHG eine gesetzliche Verfügungs- und Verpflichtungsmacht besitzt und den als Organ gemäß § 43 GmbHG eine qualifizierte Vermögensfürsorgepflicht im Verhältnis zur GmbH trifft,993 dagegen nicht im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern (BGHSt 51 29, 31 ff; Tiedemann GmbH-Untreue Vor § 82 Rdn. 8). Dies gilt gemäß § 44 GmbHG auch

991

992

So bereits RGSt 42 278 f; BGHSt 3 23 25; 3 32, 39 f; BGH wistra 1983 71; 1987 216, 335 f; Tiedemann Rdn. 15 vor §§ 82 ff; Hachenburg/Kohlmann Rdn. 60 vor § 82; Kohlmann Rdn. 171; Brammsen DB 1989 1609, 1610; Schmid M-G/B § 26 Rdn. 57 f; Reiss StuW 1992 233 f, 240 f; and. im Ergebnis Sch/Schröder/Perron Rdn. 21b; Hoyer SK Rdn. 73. BGHSt 3 23, 25; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 27; BGH wistra 1989 264, 266; 2000

858

993

178; ebenso Gribbohm ZGR 1990 1, 6; Kohlmann Rdn. 51, 173, 195; ders. FS Geerds S. 675 ff; Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 13, 23; für Gleichstellung von Vor-GmbH und GmbH Schäfer GmbHR 1993 717, 720; eingehend Hentschke Untreue-Schutz. Unstr., s. nur Tiedemann GmbH-Strafrecht, Vor § 82 Rdn. 7 (zum Missbrauchs-) und 8 (zum Treubruchtatbestand); BGHSt 51 29, 31.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

für den stellvertretenden Geschäftsführer.994 Weil die Täterqualifikation aus der Obhutsherrschaft erwächst, kommt sie in demselben Umfang in Fortfall, in dem die Geschäftsführerfunktionen im Insolvenzverfahren auf den vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter übertragen werden.995 Wegen der gesetzlichen Festlegung des Pflichtenkreises ändern Absprachen zwischen 246 den Gesellschaftern und dem eingetragenen Geschäftsführer, dass dieser nur als Strohmann fungieren soll, an seiner Täterqualifikation an sich nichts (eingehend Siegmann/ Vogel ZIP 1994 1821 ff). Doch wird das in erster Linie für die Geschäftsführer-Sonderdelikte der §§ 82, 84 GmbHG praktisch, während im Rahmen des § 266 etwa bei einer die GmbH schädigenden Passivität des Strohmann-Geschäftsführers regelmäßig ein entsprechendes Einverständnis der Gesellschafter vorliegen wird, das die Pflichtwidrigkeit entfallen lässt (u. Rdn. 249 ff). Praktisch wichtiger ist deshalb in den Strohmannfällen die strafrechtliche Verantwortlichkeit des an seiner Stelle tätigen faktischen Geschäftsführers, die sich für den Treubruchtatbestand schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt (scil. tatsächliches „Treueverhältnis“, dazu näher Rdn. 61 ff). Nach h.M. soll eine Erfüllung des Missbrauchstatbestandes durch den faktischen Geschäftsführer dagegen ausscheiden, weil dieser ein für die GmbH rechtswirksames Verhalten voraussetze.996 Aus den in Rdn. 40 f dargelegten Gründen muss es aber auch insoweit für die Täterstellung des faktischen Geschäftsführers ausreichen, wenn seine Handlungen nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht für die GmbH rechtsgeschäftliche Rechtswirkungen auslösen. Umstritten ist, welche Anforderungen im Einzelnen an die Stellung als faktischer Geschäftsführer zu richten sind. Das Problem stellt sich auch hier wieder in erster Linie für die formellen Geschäftsführerdelikte der §§ 82, 84 GmbHG, denn bei § 266 ist ja auch unterhalb der Geschäftsführungsebene jede das GmbH-Vermögen schädigende Ausübung einer Obhutsherrschaft tatbestandsmäßig. Für § 266 begegnet es deshalb keinen Bedenken, mit der Rechtsprechung eine faktische Geschäftsführung dann zu bejahen, wenn sich der Betreffende im Einverständnis mit den Gesellschaftern mit der Geschäftsführung tatsächlich befasst und hierbei ein Übergewicht über den eingetragenen Geschäftsführer besitzt.997 Nach den Grundsätzen der faktischen Geschäftsführung bestimmt sich auch die Ver- 247 antwortlichkeit des sog. aktiven Mehrheitsgesellschafters, der durch seine unmittelbar das Vermögen der GmbH schädigenden Handlungen den Tatbestand des § 266 als Täter erfüllt.998 Soweit sich ein Gesellschafter dagegen auf Anweisungen an den Geschäftsführer beschränkt, er also seine gesetzliche Rolle nicht überschreitet, kommt nach traditioneller Auffassung nur eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Anstiftung des Geschäftsführers zur Untreue in Betracht.999 Mittlerweile sind hierfür jedoch besondere 994 995

996 997

BGHSt 6 314; Kohlmann Rdn. 200. Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 7; nach altem Recht zu den Fällen der Sequesterbestellung s. BGHR § 266 Abs. 1 Treubruch 2, der Einsetzung eines Konkursverwalters BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 20; aM nach neuem Recht Bittmann/Rudolph wistra 2000 401 ff. BGHSt 5 61, 63; Sch/Schröder/Lenckner Rdn. 4; Kohlmann Rdn. 177. BGHSt 3 32, 37 f; 6 315 f; 21 101; 31 118 f; BGH wistra 1984 178; BGH NStZ 1996 540 f; eingehende Darstellung bei Fuhrmann

998 999

FS Tröndle S. 139 ff; Gübel S. 101 ff; zur Kritik Kratzsch ZGR 1985 506, 525 f; Tiedemann § 84 Rdn. 16 ff und Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 405; Kohlmann Rdn. 19; allg. zu den Problemen der faktischen Vertretungsverhältnisse Schünemann LK § 14 Rdn. 70 ff. BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 25. Eingehend Flum S. 221 ff; Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 13; and. Richter GmbHR 1984 144, der schon früher bei Beeinträchtigung des Stammkapitals Täterschaft annahm.

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Regeln der Konzernuntreue entwickelt worden, bei der einerseits an die Pflichtwidrigkeit qualifizierte Voraussetzungen gestellt (nachfolgend Rdn. 249), andererseits dem Konzernherrn eine eigene Täterstellung zugesprochen wird (u. Rdn. 265 f).

248

c) Besondere Probleme werden bei der GmbH-Untreue von der Pflichtwidrigkeit als Voraussetzung des Missbrauchs bzw. der Treupflichtverletzung aufgeworfen. aa) Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Begründung der Pflichtwidrigkeit (Rdn. 94) bestimmt sich diese bei der GmbH nach folgender Reihenfolge: der gesetzlichen Regelung, der Satzung, dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers, den von den Gesellschaftern festgelegten Grundsätzen der Geschäftspolitik, den durch Gesellschafterbeschluss erteilten rechtsverbindlichen Weisungen, der rechtswirksamen Einverständniserklärung der Gesellschafter und dem allgemeinen Schädigungsverbot.1000 Besondere Probleme wirft die Pflichtwidrigkeit bei mehrköpfigen Organen auf. Nach herkömmlicher Auffassung wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers, der von seinen Mitgeschäftsführern überstimmt wird, nur dann beseitigt, wenn er jedes rechtlich zulässige Mittel ergriffen hat, um das Zustandekommen des schädigenden Beschlusses zu verhindern.1001 Zwar lässt das (freilich Drittschädigungen betreffende!) Lederspray-Urteil des BGH in dieser Hinsicht eine gewisse Restriktionstendenz erkennen, weil es nur noch davon spricht, dass der Geschäftsführer zur Herbeiführung einer rechtmäßigen Kollegialentscheidung „alles ihm Mögliche und Zumutbare“ tun müsse.1002 Für § 266 kann diese Frage aber offenbleiben, weil der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber dem Vermögen der GmbH (anders als gegenüber den Rechtsgütern von Dritten) von vornherein eine Übernahmegarantenstellung besitzt, die ihn (bei einer gegen seinen Willen beschlossenen Schädigung der Gesellschaft) jedenfalls zur Warnung der Gesellschafter verpflichtet.1003

249

bb) Umstritten ist, inwieweit das Einverständnis der Gesellschafter die Pflichtwidrigkeit gegenüber der GmbH beseitigt. Dabei ging es meistens um Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen, die (namentlich bei einer Einmann-GmbH) außerhalb der förmlichen Vorschriften des GmbH-Rechts, u.U. als verdeckte Gewinnausschüttung, u.U. sogar ohne einen Gewinn und damit aus der Substanz erfolgen. Hierzu sind vier verschiedene Auffassungen denkbar, von denen drei (mit im Einzelnen noch weiteren Nuancierungen) die gegenwärtige Diskussion bestimmen; deren Bezeichnungen sind hier erstmals in der Voraufl., Rdn. 125c) vorgeschlagen und weithin akzeptiert worden. Das Reichs-

1000 1001

1002

Instruktiv Kohlmann Rdn. 202. Kohlmann Rdn. 176 und Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 186 m.w.N.; für Aufsichtsratsmitglieder bei einer Aktiengesellschaft BGHSt 9 203, 216, allerdings als obiter dictum. BGHSt 37 106, 126, 131; ob dafür das Eintreten für die rechtmäßige Beschlussalternative in Aussprache und Abstimmung genügt, bleibt offen und wird auch in den Rezensionen nicht erörtert, die sich auf die Kausalitätsfrage konzentrieren, s. Kuhlen NStZ 1990 566 f; Samson StV 1991 182 ff; Puppe JR 1992 30 ff; Brammsen Jura 1991

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533 f; Hilgendorf NStZ 1994 561 ff; Hoyer GA 1996 160, 172 ff; Deutscher/ Körner wistra 1996 327, 330 ff; Jakobs FS Miyazawa (1995) S. 419 ff; s. aber die Ansätze bei Neudecker Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von Kollegialorganen (1995) S. 248 ff; Weißer Kausalitäts- und Täterschaftsprobleme bei der strafrechtlichen Würdigung pflichtwidriger Kollegialentscheidungen (1996); Suárez González in Schünemann/Suárez González Bausteine S. 49 ff. Zutr. Kohlmann Rdn. 176.

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§ 266

Untreue

gericht vertrat die strenge Körperschaftstheorie, nach der die Gesellschafter eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens nicht gestatten könnten, so dass die Pflichtwidrigkeit einer Schädigung auch bei Zustimmung aller Gesellschafter nicht entfallen sollte.1004 Das ist aber schon deshalb verfehlt, weil die Gesellschafter gemäß § 29 GmbHG Anspruch auf den Jahresüberschuss bzw. den Bilanzgewinn haben, worauf durch einen im allseitigen Einverständnis formlos möglichen Gesellschafterbeschluss1005 Vorschüsse bewilligt werden können. Der BGH hat deshalb in zahlreichen Entscheidungen eine eingeschränkte Körperschaftstheorie entwickelt, wonach die Zustimmung aller Gesellschafter die Pflichtwidrigkeit einer Schmälerung des GmbH-Vermögens insoweit entfallen lassen soll, wie sich die gesamte Transaktion im Rahmen der Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns bewegt.1006 Hierbei wird aber verkannt, dass die GmbH schon in zivilrechtlicher Hinsicht kein vom Interesse der Gesellschafter abweichendes, eigenständiges „GmbH-Interesse“ besitzt, weshalb die Gesellschafter bei der Verfolgung eigener Interessen zum Nachteil der GmbH grundsätzlich frei und nur an die Schranken der zwingenden Vorschriften des GmbHG gebunden sind.1007 Im neueren Schrifttum ist deshalb die eingeschränkte Gesellschaftertheorie im Vordringen begriffen, die bei Zustimmung der Gesellschafter nur dann die Pflichtwidrigkeit einer Schädigung der GmbH bejaht, wenn entweder die zwingenden Vorschriften des GmbH-Rechts über die Kapitalerhaltung verletzt sind (§§ 30 ff GmbHG) oder aber eine Existenzgefährdung der GmbH ausgelöst wird (was bei einer in diesem Fall nach sog. Zerschlagungswerten aufzustellenden Bilanz in der Regel ebenfalls auf eine Auszehrung des gesetzlich garantierten Stammkapitals hinausläuft).1008 Selbst diese Grenze wird aber von der im Schrifttum ebenfalls einflussreichen strengen Gesellschaftertheorie geleugnet, die in § 266 allein das Interesse der Gesellschafter (nicht aber Interessen von Gläubigern an der Fortexistenz der GmbH) geschützt sieht und deshalb die Pflichtwidrigkeit selbst bei einer Zerstörung der GmbH verneint, wenn nur die Zustimmung aller Gesellschafter vorgelegen hat.1009

1004 1005

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1007

1008

RGSt 71 353 f. S. §§ 48 Abs. 2, 51 Abs. 3 GmbHG und dazu Lutter/Hommelhoff GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2009, § 29 Rdn. 45 f. BGHSt 9 216; 30 127; 34 379; ähnlich mit der Formel vom „Rechtsmissbrauch“ BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 37; OLG München NJW 1994 3112, 3114; zust. Hübner LK10 Rdn. 87; zum Sonderfall der vermögenslosen GmbH unentschieden BGHR § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 20. So die zivilrechtliche Rspr., s. BGHZ 31 258, 278; 95 330, 340; BGH NJW 1974 1088, 1089; BGH NJW 1984 1037; eingehend Ulmer FS Pfeiffer S. 853, 854 f. Instruktiv Ulmer FS Pfeiffer S. 853, 868; Brammsen DB 1989 1609 ff; ferner Fleck ZGR 1990 31 ff; Flum S. 147 ff; Kohlmann FS W. Werner (1984) 387 ff; Gribbohm ZGR 1990 1 ff; Schäfer GmbHR 1993 789 ff; Vonnemann GmbHR 1988 329 ff; Achenbach BGH-Festgabe Wiss. S. 593,

1009

598 f; auch der BGH hatte sich in der Grundsatzentscheidung BGHSt 35 333, 336 ff dieser Sicht angeschlossen, ohne darin freilich mit der älteren Rechtsprechung definitiv zu brechen; in der anschließenden Rspr. wurde deshalb wieder auf die verschwommenen Kriterien der „wirtschaftlichen Gefährdung“ (BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 18), der „Liquiditätsgefährdung“ (BGH NStZ 1995 185, 186; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 25, 33, 37) oder der „Rechtsmissbräuchlichkeit“ (BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 23; BGH NStZ 1996 540, 542) zurückgegriffen. Sch/Schröder/Perron Rdn. 21b; Fischer Rdn. 99; Seier Rdn. 292; Labsch JuS 1985 602; ders. wistra 1985 7; Kasiske wistra 2005 81 ff; ders. JR 2011, 236 ff; Nelles S. 483 ff, 512 ff; Schramm Untreue S. 123; in der Begründung umgekehrt, im Ergebnis aber ebenso Reiss wistra 1989 81, 83 ff; ders. StuW 1992 241, der statt dessen § 283 StGB anwendet, dazu Rdn. 211 f.

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§ 266 250

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

cc) Die Entscheidung zwischen diesen Theorien ist dadurch erschwert worden, dass das wegen der Zivilrechtsaffinität des Untreuetatbestandes (dazu o. Rdn. 94) relevante GmbH-Recht in seinen Konstruktionen durch den Gesellschaftsrechtssenat des BGH und jüngst auch in seiner Ausgestaltung durch den Gesetzgeber permanenten Wandlungen unterworfen worden ist. Seit der Autokran-Entscheidung vom 16.8.19851010 hat die Rechtsprechung den Schutz der Gläubiger einer Einmann-GmbH mit der durch Rechtsfortbildung entwickelten Rechtsfigur des „qualifizierten faktischen Konzerns“ und dabei durch eine analoge Anwendung der Regeln über den aktienrechtlichen Vertragskonzern sichergestellt, wobei die Einzelvoraussetzungen für einen Durchgriff der Gläubiger auf den Alleingesellschafter zunächst immer extensiver,1011 schließlich aber sehr restriktiv bestimmt wurden.1012 Die Analogie zu den aktienrechtlichen Vorschriften bot u.a. die Möglichkeit, auch die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens etwa analog § 309 II AktG im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern persönlich haftbar zu machen1013 Die seit dem Video-Urteil1014 im Schrifttum immer heftiger artikulierte Kritik machte demgegenüber geltend, dass es nicht um Konzernrecht, sondern um die allgemeinen Fragen der Durchgriffshaftung gehe;1015 und da sich auch der neue Vorsitzende des zuständigen II. Zivilsenats des BGH und ein weiteres Senatsmitglied in verschiedenen Publikationen dieser Ansicht angeschlossen hatten,1016 konnte es nur noch als eine Frage der Zeit erscheinen, wann der BGH die Rechtsfigur des qualifizierten faktischen GmbHKonzerns im Wege einer „Rechtsrückbildung“ wieder kassieren würde. Genau dies ist sodann nach der in den Rezensionen völlig überwiegenden Auffassung1017 in der Entscheidung „Bremer-Vulkan“ vom 17.9.20011018 geschehen, indem in Leitsatz Nr. 1 lapidar ausgesprochen wurde, dass der Schutz einer abhängigen GmbH gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters nicht dem (bei der Rechtsfigur des „qualifizierten faktischen Konzerns“ jedenfalls partiell analog herangezogenen) Haftungssystem des Konzernrechts des Aktiengesetzes folge. Zwar wurde dessen ungeachtet, wie der BGH unter I 1 der Entscheidungsgründe ausdrücklich aussprach, vom Ergebnis her das Schutzniveau des TBBUrteils beibehalten, weil der Alleingesellschafter „bei Eingriffen in … Vermögen und Geschäftschancen (der GmbH) angemessene Rücksicht auf ihre seiner Disposition entzogenen eigenen Belange zu nehmen hat“, woran es fehle, „wenn (die GmbH) infolge der Eingriffe ihres Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann“. Indem bei der rechtlichen Begründung die Analogie zum Konzernrecht des Aktiengesetzes durch einen Hinweis auf die Vorschriften über die Erhaltung des Stammkapitals

1010

BGHZ 95 330 = NJW 1986 188 = LM § 13 GmbHG Nr. 15. 1011 BGHZ 107 7 = NJW 1989 1800 = LM § 30 GmbHG Nr. 27 – Tiefbau; BGHZ 115 187 = NJW 1991 3142 = LM H. 1/1992 § 302 AktG 1966 Nr. 4 (m. Anm. Heidenhain) – Video. 1012 BGHZ 122 123 = NJW 1993 1200 = LM H. 7/1993 § 302 AktG 1965 Nr. 6 (m. Anm. Heidenhain) –TBB. 1013 Emmerich/Habersack Aktien- und GmbHKonzernrecht, 6. Aufl. 2010, Anh. § 318 Rn. 3, 39; Hoffmann NZG 2002 68 (74). 1014 BGHZ 115 187. 1015 S. bis zum TBB-Urteil Hommelhoff/Stimpel/Ulmer (Hrsg.), Der qualifizierte fakti-

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1018

sche GmbH-Konzern (1992); für die Zeit danach Röhricht, FS BGH-Prax., S. 83, 86 ff; Ulmer und Wiedemann, in: FS BGHWiss., Bd. II S. 273, 302 ff, 337, 347 ff. Röhricht aaO; Goette, ZHR-Beiheft Nr. 70, S. 11, 21 ff. Altmeppen ZIP 2001 1837; Bitter WM 2001 2133; Goette DStR 2001 1857; Hoffmann NZG 2002 68; Kessler GmbHR 2001 1095; Römermann GmbHR 2001 1015; Ulmer ZIP 2001 2021; Wilken DB 2001 2383; and. nur Cahn ZIP 2001 2159; K. Schmidt NJW 2001 3577, gegen diesen Altmeppen NJW 2002 321. BGHZ 149 10.

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§ 266

Untreue

(§§ 30 f, 43 III GmbHG) ersetzt wurde, wurde dann aber auch die Brücke über die §§ 309 II und 317 III AktG zu einer eigenen Schadenersatzhaftung der Organmitglieder der herrschenden Gesellschaft abgebrochen, weshalb der BGH lakonisch feststellte, „sowohl der Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG als auch der Anspruch der Gesellschaft wegen eines bestandsvernichtenden Eingriffs in ihr Vermögen und ihre Geschäftschancen … richtet sich grundsätzlich allein gegen den Gesellschafter, nicht auch gegen dessen Organe“. Als einzige Möglichkeit für einen direkten Schadenersatzanspruch gegen die Organe blieb für den BGH damit die deliktische Haftung über § 823 II BGB i.V. mit der Erfüllung von Straftatbeständen übrig, vor allem § 266 StGB. In welche Schwierigkeiten diese in der Entscheidung „Bremer Vulkan“ des 2. Zivil- 251 senats proklamierte Ersetzung der Theorie vom faktischen GmbH-Konzern durch eine Rückverweisung ins Strafrecht die bis dahin eine Verweisung ins GmbH-Recht praktizierende und plötzlich von einem Zirkelschluss bedrohte Strafrechtsprechung gestürzt hat, macht die Entscheidung des 5. Strafsenats zu demselben Fall deutlich. Einerseits wurde in der Verwaltung des Cash Pools durch die Obergesellschaft ein (überzeugender, s. Rdn. 136) Grund für die Annahme einer Vermögensfürsorgepflicht für die Untergesellschaft gefunden (BGHSt 49 147, 162), andererseits war deren Einschränkung auf eine bloße Existenzvernichtungshaftung (BGHSt 49 147, 163 re. u.) damit kaum zu vereinbaren. Aber damit nicht genug, hat der 2. Zivilsenat in der „Trihotel“-Entscheidung auch die Konstruktion eines direkt gegen den „Konzernherrn“ gerichteten deliktischen Schadensersatzanspruchs der GmbH-Gläubiger preisgegeben und ist auf einen nur noch der GmbH selbst zustehenden Anspruch aus § 826 BGB und damit auf eine bloße „Innenhaftung“ übergeschwenkt1019, woraus im Schrifttum prompt gefolgert worden ist, dass damit (weil die Gesellschaft gegen ihre jederzeit zur Auflösung befugten Gesellschafter keine eigenen Bestandsrechte haben könne) jeglicher strafrechtlichen Untreuekonstruktion die privatrechtliche Basis entzogen sei.1020 Zwar hat sich der 2. Strafsenat davon nicht beirren lassen, weil „die Einschränkung der zivilrechtlichen Dispositionsbefugnis des Alleingesellschafters und der Umfang seiner eigenen strafrechtlichen Vermögensbetreuungspflicht nicht deckungsgleich“ seien; „die Frage, in welchen Fällen die Treupflicht des Gesellschafters gegenüber seine Gesellschaft … zur Vermögensbetreuungspflicht erstarkt“, sei „von dem Wechsel zu einer deliktsrechtlichen Haftungskonstruktion unberührt“, und jedenfalls im Umfang der (strafrechtlichen) Bremer Vulkan-Entscheidung sei „an der Annahme einer solchen Pflicht festzuhalten“ (BGHSt 54 52, 59 f). Die Ersatzpflicht der Geschäftsführer bei Verursachung der Zahlungsunfähigkeit der GmbH gemäß dem durch das MoMiG eingeführten § 64 S. 3 GmbHG regele nur dessen Verantwortlichkeit und schließe die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters nicht aus (BGHSt 54 52, 60). Aber mit der konstruktiven Ablösung vom Gesellschaftsrecht hat der BGH einerseits (zu Recht, s.o. Rdn. 94) die Konsequenz gezogen, dass das strafrechtliche Unrecht nicht aus der zivilrechtlichen Pflichtwidrigkeit als ratio essendi abzuleiten ist, sondern nur durch zivilrechtliche Rechtfertigungsgründe ausgeschlossen werden kann; und andererseits hat er noch kein selbständiges strafrechtliches Kriterium gefunden, sondern benutzt nur das völlig verschwommene Bild, die Treupflicht könne „zur Vermö-

1019

BGHZ 173 246; fortgesetzt in BGH NJW 2008 655, 2437; NJW-RR 2008 629, 918; BGHZ 179 344; aus der gesellschaftsrechtlichen Literatur Altmeppen NJW 2007 2657; Goette DStR 2007 1593; Habersack ZGR 2008 533; Jakob GmbHR 2007 796;

1020

Lieder DZWIR 2008 145 ff; Schanze NZG 2007 681; Schmidt GmbHR 2008 449; Schwab ZIP 2008 341; Ulrich GmbHR 2008 810; Wackerbarth JZ 2008 1166. Weller ZIP 2007 1681, 1688; Livonius wistra 2009 91, 93 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

gensbetreuungspflicht erstarken“. Eine dogmatisch überzeugende Einordnung der aktuellen Gerichtspraxis steht deshalb noch aus. Dabei muss zwischen der Frage der Rechtfertigung (=Beseitigung der Pflichtwidrigkeit) durch das Einverständnis der Gesellschafter und der Frage der Täterqualifikation getrennt werden:

252

(1) Nach Meinung von Radtke/Hoffmann (GA 2008 535, 548 ff) soll die Konstruktion der Trihotel-Entscheidung über einen nicht den Gläubigern, sondern der GmbH selbst zustehenden Anspruch aus § 826 BGB ein „Existenzeigeninteresse“ der Gesellschaft belegen, woraus die Richtigkeit der eingeschränkten Körperschaftstheorie folgen würde. Aber in Wahrheit führt sich dadurch die Konstruktion selbst ad absurdum, denn weil die GmbH von ihren Gesellschaftern ebenso nach Willkür aufgelöst werden kann wie sie gegründet wurde, kann es in einem nicht an formale Rechtstitel, sondern immer auch an eine geldwerte Substanz anknüpfenden Vermögensstrafrecht (s.o. Rdn. 166 zum integrierten Vermögensbegriff) immer nur um die Beeinträchtigung des für die Gesellschafter unantastbaren Stammkapitals gehen. Weil diese Begrenzung durch die verschwommenen Formeln der eingeschränkten Körperschaftstheorie nicht garantiert und durch die Generalklausel der „guten Sitten“ vollends aufgeweicht wird, verdient die eingeschränkte Gesellschaftertheorie den Vorzug. Sie spannt nicht (wie die eingeschränkte Körperschaftstheorie) den Strafrechtsschutz weiter als die zivilrechtliche Bestandsgarantie (was das Verhältnis von Strafrecht und Zivilrecht auf den Kopf stellen würde) und bietet anders als diese eine klare Abgrenzung, ohne in den Fehler der strengen Gesellschaftertheorie zu verfallen und die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete GmbH auch dort als einen bloßen Mantel der Gesellschafter zu behandeln, wo deren Entscheidungsgewalt durch zwingendes GmbH-Recht aufgehoben ist und deshalb das gesetzlich garantierte Vermögen der GmbH nicht anders als etwa dasjenige des Staates oder anderer Körperschaften das in § 266 geschützte Rechtsgut darstellt. Dass das von den Strafsenaten des BGH gegenwärtig benutzte Kriterium der Existenzvernichtung sogar eher noch restriktiver ist, zeigt sich an den Ergebnissen der Entscheidungen, in denen durchweg eine tatrichterliche Verurteilung aufgehoben und die Sache mit strengen Prüfungsauflagen zurückverwiesen wird.1021 Von dieser Vorklärung aus ergeben sich für die einzelnen Fallgruppen folgende Lösun253 gen: Substanzausschüttungen in Form von Geld- oder Sachleistungen an Gesellschafter oder Geschäftsführer wie auch das sonstige Fortschaffen von Vermögensbestandteilen der GmbH sind auch bei Zustimmung aller Gesellschafter pflichtwidrig, wenn dadurch das eingetragene Stammkapital unterschritten und die Existenz der GmbH konkret gefährdet wird.1022 Dazu gehört auch ein nach den Vermögensverhältnissen und dem Geschäftsbetrieb der GmbH unverhältnismäßiger Aufwand (einschließlich Parteispenden u.ä.), der freilich nur in Ausnahmefällen zu einer Unterschreitung des Stammkapitals führen wird. Die Vergabe von Darlehen seitens der GmbH (namentlich an Gesellschafter oder 1021

1022

So auch in der Entscheidung BGH NJW 2003 2996, wo allerdings die aktuelle BGH-Rspr. dahin interpretiert wird, dass die konkrete Existenzgefährdung „jedenfalls bei einem Angriff auf das Stammkapital“ vorliege (S. 2998); richtigerweise sollte man diese Voraussetzungen aber kumulativ verstehen. So bisher schon BGHSt 3 23 f; 3 32, 40; 9 203, 211; 34 379; 35 333; BGH NStZ

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1984 118, 119; BGH wistra 1982 148, 149; 1986 262; 1987 336; NZG 2011 1238; Tiedemann Rdn. 8 vor §§ 82 ff; Hachenburg/Kohlmann Rdn. 188 Vor § 82; Brammsen BB 1989 1609, 1614; Gribbohm ZGR 1990 1, 7; Kohlmann FS W. Werner (1984) 397, 404; ders. Rdn. 182; MüllerGugenberger/Bieneck/Schmid § 31 Rdn. 83 ff; Richter GmbHR 1984 137, 144.

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Untreue

Geschäftsführer 1023 oder im Rahmen eines Cash Pooling im Konzern, dazu o. Rdn. 136) kann nur dann zu einer Beeinträchtigung des Stammkapitals führen, wenn der (an sich als Kompensation dienende) Rückzahlungsanspruch mangels Zahlungswilligkeit oder Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers entwertet ist oder wenn die GmbH dadurch in die Gefahr der Illiquidität gerät. Soweit gemäß § 43a GmbHG die Gewährung von Krediten an Geschäftsführer durch Zugriff auf das Stammkapital von Gesetzes wegen pflichtwidrig ist, entfällt gleichwohl bei ausreichender Bonität des Geschäftsführers der Vermögensschaden und damit die Tatbestandsmäßigkeit.1024 Nach der neuen Rechtslage des GmbH-Rechts auf Grund des MoMiG1025 gilt das auch für den Fall, dass der Gesellschafter ein eigenkapitalersetzendes Darlehen an die GmbH gegeben hat und ihm dieses zurück gewährt wird. Nach der früheren Regelung der §§ 32a, b GmbHG a.F. war dessen Rückzahlung eo ipso auch im Rahmen des § 266 pflichtwidrig.1026 Nunmehr folgt aus den §§ 30 Abs. 1 S. 2, 64 S. 3 GmbHG, dass § 266 nur erfüllt ist, wenn entweder die Bonität des Gesellschafters fehlt oder durch den Liquiditätsabfluss die Zahlungsunfähigkeit der GmbH herbeigeführt wird.1027 Das gleiche gilt bei dem Erwerb eigener Geschäftsanteile bzw. der Einziehung von Geschäftsanteilen unter Missachtung der §§ 33 f GmbHG, wenn dadurch das Stammkapital angegriffen wird.1028 Soweit das Stammkapital der GmbH nicht angegriffen und ihre Existenz nicht gefähr- 254 det wird, sind dagegen alle im Einverständnis der Gesellschafter erfolgenden Schmälerungen ihres Vermögens nicht pflichtwidrig, wobei dieses Einverständnis auch formlos, aber mit strafrechtlicher Wirksamkeit nur vor der Tathandlung hergestellt werden kann. Beim Handeln des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH liegt es deshalb eo ipso vor.1029 Insbesondere kann die Pflichtwidrigkeit einer im Einverständnis aller Gesellschafter erfolgenden Transaktion auch nicht etwa damit begründet werden, dass es sich dabei in steuerlicher Hinsicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt.1030 In einer Gesellschafterversammlung kann das Einverständnis auch durch einen gesellschaftsrechtlich wirksamen Mehrheitsbeschluss hergestellt werden (Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 10), doch müssen selbstverständlich die Zustimmungserklärungen den an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen genügen, sind also etwa bei unzulänglicher Aufklärung unwirksam (BGH NJW 2003 2996, 2999; Tiedemann aaO). Dazu ist mindestens erforderlich, dass auch die Minderheitsgesellschafter mit der Angelegenheit befasst waren (BGHSt 55 266, 279 f. – „Kölner Müll II“).

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Dazu näher Kohlmann Rdn. 185, 204 m.w.N. Zutr. Kohlmann Rdn. 204 f gegen Richter GmbHR 1984 137, 145. Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl. I, S. 2026). Kohlmann Rdn. 186, 207; Richter GmbHR 1984 137, 141, 146; vgl. aber auch Ulmer FS Pfeiffer S. 853, 965 f; Gribbohm ZGR 1990 1, 7; eingehend Hartung NJW 1996 229 ff. OLG Stuttgart wistra 2010 34, dazu Maurer/Wolf wistra 2011 327; Bittmann wistra 2009 102; offen gelassen von AnwKomm-Esser Rdn. 291.

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BGHSt 9 203, 214 ff; Gribbohm ZGR 1990 1, 7; Kohlmann Rdn. 187, 208. Zur Untreue durch Antastung des Stammkapitals einer Einmann-GmbH siehe BGH NStZ 1982 465; Kohlmann Rdn. 182. BGHSt 35 333 f; Brammsen DB 1989 1609, 1612; Ulmer FS Pfeiffer S. 853, 863; Gribbohm ZGR 1990 1, 3 ff; Lipps NJW 1989 502 ff; Reiss StuW 1992 240; Meilicke BB 1988 1261 ff und Hellmann wistra 1989 214 ff gegen BGHSt 34 379; Kohlmann Rdn. 191; eingehend Mihm Strafrechtliche Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen (1998) S. 101 ff.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

(2) Ob die Gesellschafter (ggf. die für die Konzernobergesellschaft handelnden Organe) neben dem GmbH-Geschäftsführer die Täterqualifikation des Untreuetatbestandes besitzen, ist für die Anhänger der (asymmetrischen) Zivilrechtsakzessorietät (o. Rdn. 93) und die sich vielfach ihrer Terminologie bedienenden Rechtsprechung nur mit schiefen Bildern nach Art der „Erstarkung der Treupflicht zu einer Vermögensbetreuungspflicht“ (BGHSt 54 59) fassbar bzw., genauer gesagt, unfassbar.1031 Richtig verstanden als Obhutsherrschaft über fremdes Vermögen, lässt sich die Täterstellung in der GmbH und im Konzern dagegen im exemplarischen Fall des Cash Pool-Management unschwer beschreiben, denn hier übt dessen Verwalter die Herrschaft über die eingebrachten Barmittel in Form einer Geschäftsbesorgung aus1032. Soweit die Gesellschafter einer GmbH die Geschäftsführer dagegen nur mit Einzelweisungen zur Geschäftsführung versehen können1033, üben sie dadurch die Geschäftsführung und die Herrschaft über das GmbH-Vermögen noch nicht selbst aus und wären deshalb nur taugliche Täter des Treubruchtatbestandes, wenn man dafür (wie es dem BGH in der Bremer Vulkan-Entscheidung BGHSt 49 147, 163 vorgeschwebt hat) auf die für Wirtschaftsunternehmen von der h.L. mit Recht abgelehnte1034 und bei Garantensonderdelikten wie § 266 ohnehin überflüssige Figur der „mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft“ zugreifen würde. Zwar könnte man wegen der in ihrer Anweisungsgewalt liegenden rudimentären Herrschaft daran denken, dass im Verhältnis zu den Geschäftsführern keine bloße Anstiftung (so Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 19; ders. JZ 2005 47), sondern ggf. Mittäterschaft vorliege. Das traditionelle Gegenargument, die Gesellschafter treffe im Verhältnis zur Gesellschaft keine Treupflicht, weil sie mit ihr nicht fremde, sondern eigene Vermögensinteressen verfolgten, ist im Kontext der strengen Gesellschaftertheorie konsequent1035, aber zugleich folgenlos, weil deren Einverständnis nach dieser Theorie eo ipso die Pflichtwidrigkeit beseitigt. Im Schrifttum nimmt deshalb mittlerweile die Bejahung zu1036, die aber vor dem Problem steht, dass die Täterstellung bei § 266 der Sonderfall einer Garantenstellung ist und eine solche im Verhältnis zwischen Gesellschafter und

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Denn wenn man nicht angibt oder nicht weiß, welche Konstellation die tatbestandliche Strafrechtspflicht (!) der Vermögensbetreuung erzeugt, verwechselt man Strafrechtsdogmatik mit dem Glauben an Magie, die Wirkung ohne Ursache hervorbringen kann. Vgl. o. Rdn. 136 sowie Schünemann LM Nr. 1 zu § 309 AktG 1965 Bl. 8; Schramm Untreue S. 161 f; Kasiske wistra 2005 84; Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 18. Lutter/Hommelhoff GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2009, § 37 Rdn. 17 ff; Michalski GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 37 Rdn. 16 ff; Paeffgen in Ulmer/Habersack/Winter Großkomm GmbHG 2006, § 37 Rdn. 18 ff. Roxin AT II § 25 Rdn. 129 ff; Schünemann LK § 25 Rdn. 131 f; ders. Roxin-Feschrift II S. 803 ff; Joecks MK § 25 Rdn. 131 f; Schönke/Schröder/Cramer/Heine § 25

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Rdn. 25b; dafür aber Hefendehl GA 2004 586; Nack GA 2006 342 ff. S.o. Fn. 1007 und besonders prägnant Schramm Untreue S. 127 f. Bauer Untreue S. 236 ff; Beckemper GmbHR 2005 592, 596; Fleischer NJW 2004 2868 f; Radtke/Hoffmann GA 2008 550 f (für existenzgefährdende Dispositionen); Ransiek FS Kohlmann (2003) 219 ff; ders. wistra 2005 124; ders. in Ulmer/ Habersack/Winter Großkomm GmbHG 2008, vor § 82 Rdn. 21 ff (nur auf das Stammkapital bezogen); Richter GmbHR 1984 137, 144; ders. NZI 2002 122; Wodicka (1993) 297 ff; aA LG Berlin, NStE Nr. 39; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; Seier Untreue Rdn. 296; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 186a, 218a; ders. JZ 2005 45 f; Livonius wistra 2009 91, 93; vgl. auch Flum S. 221 ff; Gribbohm ZGR 1990 1, 22.

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GmbH zumeist abgelehnt wird.1037 Zur Auflösung dieses Widerspruchs kämen zwei Alternativen in Betracht: dass die Ergreifung von Geschäftsführungsmaßnahmen durch Anweisungen an die Geschäftsführer im freien Belieben der Gesellschafter stünde, so dass sie diese Herrschaft nicht ausüben müssten, aber wenn sie es doch tun, nicht missbrauchen dürften; oder durch die Bejahung einer Garantenstellung bezüglich der Erhaltung des Stammkapitals. Für die erste Alternative könnte die Begründung und zugleich Beschränkung einer Insolvenzantragspflicht der GmbH-Gesellschafter in § 15a Abs. 3 InsO auf den Fall der Führungslosigkeit der GmbH (im Sinn von § 10 Abs. 2 S. 2 InsO) sprechen, der den Gesellschaftern ausdrücklich erlaubt, selbst bei erkannter Überschuldung der GmbH untätig zu bleiben, solange es einen Geschäftsführer gibt. Damit wollte der Gesetzgeber aber zweifellos nicht auch die Erlaubnis erteilen, die GmbH aktiv in die Überschuldung zu stürzen. Aber bei genauer Analyse wäre das ein Zirkelschluss, denn es ist ja gerade die Frage, ob die Gesellschafter „stürzen“ oder nur zum Stürzen anstiften. Gegen ihre Täterschaft spricht, dass bzw. wenn sie den Geschäftsführer zur Tatausführung benötigen, er ihnen also die Tatherrschaft verstellt und durch auf eine Existenzvernichtung zielende Anweisung, die er aus Rechtsgründen nicht ausüben darf, auch nicht gebunden wird. Erst wenn der Gesellschafter sein Weisungsrecht „exzessiv“ oder „extrem“ ausüben und dadurch zum faktischen Geschäftsführer avancieren würde,1038 ließe sich deshalb eine reale Obhutsherrschaft über das fremde Vermögen und damit auch eine Täterstellung begründen. 2. Aktienuntreue. Weil die Separierung des Vermögens der Gesellschaft von demjeni- 256 gen der Gesellschafter bei der AG weitaus strenger durchgeführt ist als bei der GmbH, stellt sich das untreuestrafrechtliche Hauptproblem der GmbH, nämlich die Verminderung des Gesellschaftsvermögens im Einverständnis aller Gesellschafter, hier nur in Ausnahmefällen. Andererseits ergeben sich hier spezifische Täterschaftsprobleme, die aus der komplizierten inneren Struktur der AG resultieren. a) Keinerlei Schwierigkeiten bereitet die Täterstellung des Vorstandes, der das zentrale Geschäftsführungsorgan der AG darstellt und ihre Geschäfte gemäß § 76 Abs. 1 AktG weisungsfrei und unter eigener Verantwortung zu führen hat. Die Täterstellung der Vorstandsmitglieder (vgl. bereits oben Rdn. 35) ist deshalb mit Recht einhellig anerkannt.1039 Die Vermögensbetreuungspflicht folgt hier wie üblich aus der Herrschaft über die zur Betreuung anvertrauten Angelegenheiten des Geschäftsherrn. Nach h.M. soll deshalb die gem. § 87 AktG dem Aufsichtsrat vorbehaltene Regelung der Bezüge der Vorstandsmitglieder außerhalb von deren Treuepflichten stehen, weshalb im „MannesmannUrteil“ der Vorstandsvorsitzende Esser nur wegen Teilnahme an einer ungetreuen Vermögensverfügung des Aufsichtsratsausschusses belangt wurde.1040 Weil die dem Vorstand obliegende Geschäftsbesorgung regelmäßig in unternehmerischem Handeln be-

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Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 218a; ders. GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 13; Schünemann LK Voraufl. Rdn. 125b; ders. Organuntreue S. 17. Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 13 unter Hinweis auf BGH NJW 1997 66 („Sachsenbau“). BGH StV 1995 302, 303; NJW 2006 522, 530; BGHSt 54 148, 158; Seier Rdn. 217;

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AnwK-Esser, Rdn. 295; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 3a und 403 m.w.N. BGH NJW 2006, 522, 530, Tz. 79 f, wobei aber nach Lage des Falles nicht (so der BGH) Beihilfe, sondern Anstiftung anzunehmen gewesen wäre; AnwK-Esser, Rdn. 296 m.w.N.

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stehen wird, zu dem das Abschätzen und vernünftig abgewogene Eingehen von Risiken dazugehört, besitzen die Vorstandsmitglieder einen entsprechenden Handlungsspielraum, der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG als „Business Judgement Rule“ positiviert worden ist (dazu näher o. Rdn. 97). Wie bereits oben dargelegt ist, findet eine zusätzliche Einschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf „gravierende Pflichtverletzungen“ selbst bei Überschreitung dieses Handlungsspielraumes nicht statt.1041 Obwohl auch der 1. Strafsenat des BGH im Kinowelt-Urteil anerkannt hat, dass eine Überschreitung der äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit auch eine für § 266 ausreichende und in diesem Sinne gravierende Pflichtwidrigkeit begründe1042, möchten manche Stimmen im Schrifttum immer noch selbst bei Überschreitung dieser „äußersten Grenzen“ den Vorstandsmitgliedern eine zusätzliche „schmale Schutzzone zugestehen“, in der zwar eine zivilrechtliche Haftung, aber noch keine strafrechtliche Verantwortlichkeit eingreifen würde, welche erst in den Fällen einer „evidenten Unvertretbarkeit“ am Platze sei.1043 Aber das findet dogmatisch keinen Anhalt im Gesetz, läuft kriminalpolitisch auf die Propagierung eines Klassenstrafrechts hinaus und macht in methodologischer Hinsicht keinen Sinn, weil hinter die schon schwammige Formel der „äußersten Grenzen“ eine noch schwammigere geschaltet werden soll.1044 Mit der in der vorliegenden Kommentierung der Untreue vollständig gezogenen Kon257 sequenz der Struktur des § 266 als eines Erfolgsdelikts und der daraus folgenden regelmäßigen Ableitung der Pflichtwidrigkeit aus der vorsätzlichen Schädigung wirkt die „Business Judgement Rule“ auch weniger als eine Verbots- denn als eine Erlaubnisnorm, kalkulierte Geschäftsrisiken eingehen zu dürfen, und relativiert dadurch abstrakte Sorgfaltsnormen, die für den konkreten Fall in keinem Schutzzweckzusammenhang mit einem Vermögensnachteil stehen. Ähnlich wie eine Verletzung abstrakter Straßenverkehrsvorschriften, die die Zurechnung eines schädlichen Erfolges nicht begründen kann, wenn der Verkehrsteilnehmer die Sorgfaltsanforderungen der konkreten Verkehrssituation beachtet hat, kann deshalb auch nicht aus abstrakten Regelungen wie etwa dem Deutschen Corporate Governance Kodex auf eine untreuerelevante Vermögensfürsorgepflichtverletzung geschlossen werden.1045

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b) Grundsätzlich sind auch die Mitglieder des Aufsichtsrats taugliche Untreuetäter, und zwar zum einen in ihrer Überwachungsfunktion gemäß §§ 111 Abs. 1, 116, 93

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Dazu bereits Schünemann Organuntreue S. 28 f; ders. NStZ 2005 476; ders. NStZ 2006 196, 197 ff; Leitsatz 2 in dem Mannesmann-Urteil des 3. Strafsenats, BGHSt 50 331, 332. NJW 2006 453, 454 f. Allerdings ist diese Auslegung der Kinowelt-Entscheidung aus grammatischen Gründen nicht eindeutig, vgl. Schünemann NStZ 2006 196, 198 mit ergänzenden Darlegungen in Fn. 25, wie wohlwollend der 1. Strafsenat in dieser Entscheidung eine extrem spekulative Investition noch in den Rahmen des tolerierbaren unternehmerischen Risikos eingeordnet hatte. AnwK-Esser, Rdn. 297; Ransiek ZStW 116 (2004), 634, 677; SSW-Saliger, Rdn. 91;

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Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 4a; Bosch/Lange, JZ 2009 225, 232 Die Theorie der „evidenten Unvertretbarkeit“ wird auch vertreten von Zech Untreue, S. 216, mit der aparten Zuspitzung, dass schon eine einzige Meinung im Schrifttum die Vertretbarkeit begründe – was in einem Zeitalter der mit hohem finanziellen Aufwand engagierten Rechtsgutachter (erstmals durchgeführt in der großen Parteispendenaffäre der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, siehe Schünemann in De Boor/Pfeiffer/Schünemann, Parteispendenproblematik [1986] S. 35 ff, 66 f) eine „evident unvertretbare Persilscheinlösung“ bedeuten würde. Dazu näher AnwK-Esser Rdn. 299.

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AktG, zum anderen in den im AktG eigens geregelten Fällen, in denen sie ausnahmsweise Angelegenheiten der Geschäftsführung wahrnehmen. aa) Das Reichsgericht hat bereits in einer zu § 266 a.F. ergangenen Entscheidung vom 21.11.1882 ausgesprochen, dass der Aufsichtsrat sowohl hinsichtlich der Führung von Prozessen gegen Mitglieder des Vorstands als auch hinsichtlich seiner allgemeinen Überwachungsaufgabe tauglicher Untreuetäter ist und die Pflicht hat, „im Interesse der Gesellschaft zu handeln“ (RGSt 7 275, 280 f). Der Bundesgerichtshof hat sich, soweit ersichtlich, zum ersten Mal mit einem durch GmbH-Gesellschaftsvertrag eingerichteten Aufsichtsrat zu befassen gehabt und dessen Überwachungspflichten ohne Weiteres für eine Täterschaft wegen GmbH-Untreue nach § 81a GmbHG a.F. für ausreichend erklärt (BGHSt 9 203, 210). Nach der grundlegenden Arbeit von Tiedemann (FS Tröndle S. 319 ff) finden sich sodann in der BGH-Entscheidung zum Fall „SSV Reutlingen“ prinzipielle Ausführungen zur Täterqualifikation eines Aufsichtsrats, dessen „Hauptpflicht in der Überwachung der Geschäftsführung besteht“ 1046 und dessen Anstiftungshandlung gegenüber einem Vorstandsmitglied zu mehreren Handlungen der Missbrauchsuntreue für den Aufsichtsrat sogar als eine täterschaftliche Treubruchuntreue gewürdigt wurde.1047 Dagegen wurde in der „Hartz“-Entscheidung des BGH zwar die Täterqualifikation des Aufsichtsrats bekräftigt, aber1048 nur wegen Anstiftung zur Untreue seitens des den Aufsichtsrat illegal zum Nachteil der AG bereichernden Vorstands verurteilt (BGHSt 54 148, 162). Hierbei bringt es der weite unternehmeriche Spielraum des Vorstandes mit sich, dass entsprechendes auch für den Aufsichtsrat gilt, denn dieser hat bei seiner Kontrolltätigkeit selbstverständlich den dem Vorstand eingeräumten Geschäftsführungsspielraum zu respektieren, weil er ja sonst selbst rechtswidrig die Geschäftsführung an sich reißen würde (so auch Leitsatz 2b der klassischen ARAG-Garmenbeck-Entscheidung BGHZ 135 244). Ohnehin verweist § 116 AktG auf die entsprechende Regelung der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder in § 93 AktG und damit auf die dort in Abs. 1 S. 2 enthaltene „Business Judgement Rule“. bb) Eine direkte und hier sogar die Missbrauchsuntreue einschließende Täterqualifi- 259 kation besitzen die Aufsichtsratsmitglieder in den Fällen, in denen ihnen ausnahmsweise Geschäftsführungs- und Vertretungsaufgaben zugewiesen sind. Die Prüfung und Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder ist nach der zitierten Entscheidung BGHZ 135 244 zwar noch Teil der Kontrollaufgabe gemäß § 111 Abs. 1 AktG, doch ist dem Aufsichtsrat bereits hierfür in § 113 AktG eine entsprechende Vertretungs-

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Zu den Überwachungspflichten als Grund einer Untreue auch Leipold FS Mehle S. 347 ff; über die seit dem KonTraG vom 5.3.1998 (BGBl. 1998 I 786) intensivierten Kontrollpflichten des Aufsichtsrats Windolph NStZ 2000 522 ff. BGHSt 47 187 ff, 200 f (ebenso bereits BGH wistra 1999 418, wo in der Anstiftung eines Prokuristen zur ungetreuen Schädigung der Aktiengesellschaft eine Treubruchuntreue des Aufsichtsrats gesehen wurde). Im Hinblick auf die verbreitete Legende, die Strafjustiz würde den Untreuetatbestand zu unerträglich rigidem

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Vorgehen missbrauchen, verdient das für sechs Untreuefälle festgesetzte Strafmaß festgehalten zu werden, nämlich eine Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen, die wegen einer in der Revision vorgenommenen Verfahrensbeschränkung vom BGH sogar noch aufgehoben wurde (BGHSt 47 187, 188). Ähnlich wie im Mannesmann-Fall nur Teilnahme (irrig wohl sogar nur Beihilfe) des Vorstands an seiner die AG schädigenden Bevorzugung durch den Aufsichtsrat angenommen wurde, s.o. bei Fn. 1040.

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befugnis zugewiesen worden, deren die AG schädigende Ausübung den Missbrauchstatbestand erfüllen kann. Zu beachten ist hierbei, dass in der als Kronzeuge für den unternehmerischen Ermessensspielraum geltenden ARAG-Garmenbeck-Entscheidung BGHZ 135 244 ff ausdrücklich ausgesprochen worden ist, dass dieser Spielraum nicht für die Frage gilt, ob der Aufsichtsrat Schadensersatzansprüche gegen ein Vorstandsmitglied verfolgt oder davon Abstand nimmt; vielmehr müsse er aufgrund einer sorgfältigen und sachgerecht durchzuführenden Risikoanalyse abschätzen, ob und in welchem Umfang die gerichtliche Geltendmachung zu einem Ausgleich des entstandenen Schadens führt, und dürfe davon nur dann ausnahmsweise absehen, wenn gewichtige Gründe des Gemeinwohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind, während anderen, außerhalb des Unternehmenswohls liegenden, die Vorstandsmitglieder persönlich betreffenden Gesichtspunkten nur in Ausnahmefällen Gewicht gegeben werden dürfe; „die Verfolgung der Schadensersatzansprüche gegenüber einem Vorstandsmitglied muss die Regel sein.“1049. Um eine unternehmerische Entscheidung mit einem entsprechenden Beurteilungsspiel260 raum geht es dagegen bei der dem Aufsichtsrat gemäß § 87 AktG obliegenden Festsetzung der Vorstandsbezüge, auch wenn die heutige Fassung, die durch das VorstAG1050 geschaffen worden ist, einige freilich recht allgemein gehaltene Richtlinien aufgestellt und damit den ärgsten Auswüchsen der Vorstandsbesoldung einen Riegel vorzuschieben versucht hat. In einem der spektakulärsten Wirtschaftsstrafverfahren der letzten Jahrzehnte wegen der Gewährung von Anerkennungsprämien („appreciation awards“) anlässlich der Übernahme der Mannesmann AG durch das weitaus kleinere britische Unternehmen Vodafone Airtouch Plc. hat der 3. Strafsenat des BGH in seinem Urteil vom 21.12.2005 (BGHSt 50 331 f) einerseits den „weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum (bei) unternehmerischen Führungs- und Gestaltungsaufgaben“ ausdrücklich anerkannt (BGHSt 50 331, 336), andererseits aber im konkreten Fall, in dem eine nachträgliche und deshalb kompensationslose Anerkennungsprämie gewährt worden war, jeglichen Handlungsspielraum verneint und eine das Vermögen der Mannesmann AG schädigende Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht angenommen (BGHSt 50 331, 336–341; ebenso das „Hartz“-Urteil des 5. Strafsenats anlässlich umfangreicher Leistungen an den VW-Betriebsratsvorsitzenden, BGHSt 54 148, 158 f). Diese Lösung hat allerdings nicht nur das apologetische, dank der Verteidiger und der von ihnen sowie von den Heimatunternehmen der Angeklagten mit der Deutschen Bank an der Spitze beauftragten Rechtsgutachter weit zahlreichere, sondern auch das kritische Lager nicht zu überzeugen vermocht. Sie dürfte zwar in der Tat aktienrechtlich angreifbar sein, doch dürfte das im Ergebnis deswegen keine Rolle spielen, weil bei der Bewilligung zahlreicher Anerkennungsprämien (u.a. für den wenige Monate amtierenden Vorstandsvorsitzenden Esser in Höhe von ca. 16 Mio. € zuzüglich zu den zuvor schon vereinbarten Abfindungen von 17 Mio. €) seitens des Aufsichtsratspräsidiums der Mannesmann AG eine ganze Anzahl gravierender Ermessensfehler vorgefallen war, die sich dem ersichtlich die Perspektive des angeklagten Deutsche Bank-Vorstandsvorsitzenden Ackermann wiedergebenden Rechtsgutachten von Hüffer1051 entnehmen lassen1052. Anstelle weiterer Analysen zu diesem

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BGHZ 135 244 Leitsätze 3 und 4 sowie Tz. 26 im Anschluss an Jaeger WiB 1997 10, 15; Raiser NJW 1996 552, 554. Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vom 31.7.2009, BGBl. I 2509.

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Beilage 7 zum Betriebs-Berater 2003, Heft 43 v. 20.10.2003. Eingehend Schünemann Organuntreue S. 42 ff; der 3. Strafsenat ist darauf nur im Rahmen des subjektiven Tatbestandes pau-

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strafrechtsdogmatisch eher uninteressanten, für die Geschichte des Wirtschaftsstrafrechts der Bundesrepublik aber bedeutenden Fall muss hier auf die überbordende einschlägige Literatur verwiesen werden.1053 c) Für ein Einverständnis der Aktionäre mit das Gesellschaftsvermögen schädigenden 261 Handlungen des Vorstands oder (im Rahmen seiner Zuständigkeit) des Aufsichtsrats bzw. für ein rechtswirksames Einverständnis des Aufsichtsrats mit Schädigungshandlungen des Vorstands ist bei der Aktiengesellschaft in der Praxis kaum Raum. Eine derartige Zustimmung des Aufsichtsrats wäre selbst pflichtwidrig und deshalb eo ipso unbeachtlich (Schramm Untreue S. 141; arg. § 93 Abs. 4 S. 2 AktG). Bis heute weitgehend ungeklärt ist aber die Frage, inwieweit die Aktionäre selbst eine Schädigung des AG-Vermögens durch einen zustimmenden Hauptversammlungsbeschluss gestatten können. Nach der wohl h.L. soll das im Rahmen der Eigenverantwortung des Vorstands mangels Kompetenz der Hauptversammlung nicht wirksam sein.1054 Die entgegengesetzte Auffassung will die zum GmbH-Recht entwickelten Grundsätze anwenden.1055 Der BGH hat bis vor Kurzem das Einverständnis der Aktionäre (sogar wenn es in einem Hauptversammlungsbeschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns erklärt worden wäre) auch dann für unwirksam und den Untreuetatbestand deshalb für erfüllt erklärt, wenn dieses gegen Normen zum Schutz anderweitiger Interessen verstieß, beispielsweise gegen das Verbot der Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern gemäß § 78 S. 2 BetrVG.1056 Seit dem Beschluss des 1. Strafsenats vom 13.9.2010 im Erlanger Siemens-Fall, durch den die im Schrifttum schon vorher zu findende Forderung eines Schutzzweckzusammenhanges zwischen einer zur Begründung der Einschränkung der Dispositionsfreiheit herangezogenen außerstrafrechtlichen Rechtsnorm und dem Vermögensinteresse des Geschäftsherrn als

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schal zu sprechen gekommen, s. NJW 2006 522, 531 Tz. 85 f und dazu Schünemann NStZ 2006 196, 199. Vgl. nur Alwart JZ 2006 546; Bauer/ Arnold DB 2006 546; Bernsmann GA 2007 219; Beukelmann NJW-Spezial 2009 152; Brand AG 2007 681; Brauer/Dreier NZG 2005 57; Cappel KritV 2008 94; Daniels ZRP 2004 270; Dauner-Lieb DB 2008 567; Dittrich Die Untreuestrafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei der Festsetzung überhöhter Vorstandsvergütungen (2007); Dreher AG 2006 213; Fleischer DB 2006 542; Fonk NZG 2005 248; ders. NZG 2006 813; Hanft Jura 2007 58; Hoffmann-Becking NZG 2006 127; Hohn wistra 2006 161; Jahn ZRP 2004 179; ders. ZIP 2006 738; Kort AG 2006 106; ders. DStR 2006 799; ders. NZG 2006 131; ders. DStR 2007, 1127; ders. EWiR 2007 481; Krause StV 2006 307; allg. ders. NStZ 2011 57; Nussbaum Abfindungen und Anerkennungsprämien für Vorstandmitglieder deutscher Aktiengesellschaften (2009); Peltzer ZIP 2006 205; Poguntke ZIP 2011 893; Ransiek AG 2009

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782; ders. NJW 2006 814; Reiner/Geuter EWiR 2006 187; Rönnau NStZ 2006 218; Rolshoven Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit von Anerkennungsprämien (2006); Säcker BB 2006 897; ders. JZ 2006 1151; Schünemann Organuntreue (2004); Spindler ZIP 2006 349; Steiner Kreditwesen 2006 109; ders. Kreditwesen 2006 1264; Vahle Kriminalistik 2006 125; Vogel/Hocke JZ 2006 568; Wegner PStR 2006 26; Wessing EWiR 2009 787. Ferner o. Rdn. 114. Fischer Rdn. 102; näher Rönnau, FS Amelung (2009) 247, 267 f; früher schon Wellkamp NStZ 2001 113, 116 ff. Auch Lackner/Kühl Rdn. 20b. Dierlamm MK Rdn. 140; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 21c; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 217; Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 20 Rdn. 75; dies. in v. Heintschel-Heinegg Rdn. 22.2. BGHSt 54 148, 158 unter Hinweis auf BGHSt 50 331, 342; 52 323, 335; zust. Fischer Rdn. 40; krit. Satzger NStZ 2009 297, 300; U. Fischer BB 2007 997, 1000.

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

berechtigt anerkannt worden ist (BGHSt 55 288 ff u. dazu o. Rdn. 98, 184, 187) wird sich die zuvor vom BGH angenommene Einschränkung der Dispositionsbefugnis der Hauptversammlung nicht mehr halten lassen. Jedenfalls dann, wenn das AktG eine Mitwirkungsbefugnis der Aktionäre bzw. einen Hauptversammlungsbeschluss ausdrücklich vorsieht, wird ein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit einer das Vermögen der AG vermindernden Geschäftsführungsmaßnahme in denselben Grenzen wie bei der GmbH für wirksam zu erachten sein.1057 3. Untreue im Rahmen von Personengesellschaften

262

a) Auch wenn inzwischen die zivilistische Doktrin den Personengesellschaften OHG und KG und neuerdings auch der GbR Teilrechtsfähigkeit zuspricht1058, ist ihr den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehendes Vermögen nach traditioneller und heute noch im Strafrecht gültiger Auffassung nicht als solches, sondern als Vermögen der Gesellschafter durch § 266 geschützt1059. Hieraus folgt wiederum, dass es auf das Einverständnis aller Gesellschafter ankommt, so dass ein die Schädigung des gesamthänderischen Vermögens nicht akzeptierender Gesellschafter jedenfalls in seinem Vermögen den Nachteil erleidet1060.

263

b) Besonderes könnte für die GmbH & Co. KG gelten. Die neuere BGH-Rechtsprechung behandelt sie jedoch ebenfalls wie eine normale Personengesellschaft, was von der h.L. mit Recht gebilligt wird1061. Demgemäß kann etwa der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer Einpersonen-GmbH & Co. KG nicht zum Nachteil seiner Kommanditistenstellung (BGH wistra 1987 216 f), sondern allenfalls zum Nachteil der Komplementär-GmbH eine Untreue begehen, wenn die o. Rdn. 250 aufgeführten Voraussetzungen einer Existenzvernichtungshaftung vorliegen.

264

4. Die englische Limited als Exempel ausländischer Gesellschaftsformen1062. Auf Grund der Rechtsprechung des EuGH1063 erkennt auch die deutsche Rechtsprechung die 1057

1058 1059

Vgl. bereits Schramm Untreue S. 143; Esser AnwK Rdn. 301 m.w.N.; Hoffmann Untreue S. 176 ff; offen gelassen von BGHSt 55 266, 280 f. §§ 124 I, 161 II HGB; BGHZ 146 341. St. Rspr., s. BGHSt 34 221, 222 f; BGH NJW 1992 250, 251; 2003 2996, 2999; NStZ 1991 432; wistra 1984 71; NJW 2011 3733; ebenso die h.L., s. Kohlmann FS Geerds (1995) 675, 680; Esser AnwK Rdn. 306 f; Lackner/Kühl Rdn. 3; Fischer Rdn. 113; Saliger SSW Rdn. 88; Seier Untreue Rdn. 312 ff; Müller-Gugenberger/ Bieneck/Schmid § 31 Rdn. 21; Zieschang NZM 1999 393, 394; i.E. auch Dierlamm StraFo 2005 397, 399; aA Soyka Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften (2008) 96 ff, 137 f m.w.N.; wohl auch Kindhäuser NK Rdn. 30; zur KG-Untreue Bittmann/Richter wistra 2005 51 ff; Brand Untreue (Fn. 917) passim.

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1060 1061

1062

BGH wistra 1991 183; näher Seier Untreue Rdn. 317 m.w.N. BGHSt 34 222 f; BGH wistra 1991 183; BGH NJW 2003 2999; zust. Tiedemann GmbH-Strafrecht vor § 82 Rdn. 22; Seier Untreue Rdn. 318 f. Schrifttum: Altenhain/Wietz NZG 2008 569; Beckemper ZJS 2010 554; Bittmann ZGR 2009 930; ders. wistra 2010 303; Hinderer Insolvenzstrafrecht und EU-Niederlassungsfreiheit am Beispiel der englischen private company limited by shares (2010); Hoffmann, in: Sandrock/Wetzler (Hrsg.), Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb der Rechtsordnungen (2004), 227; Kienle GmbHR 2007 696; Kraatz JR 2011 58; Labinski Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des directors einer englischen Limited (2010); Mankowski GmbHR 2010 822; Maul/Schmidt BB 2003 2297; Müller-Gugenberger FS Tiedemann,

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

Rechtsfähigkeit von EU-domizilierten Gesellschaften nach der sog. Gründungstheorie unabhängig von ihrem Verwaltungssitz nach dem Recht an, nach dem sie gegründet wurden, wodurch sich insbesondere Briefkastengesellschaften auch in Deutschland einer in ihren strafrechtlichen Konsequenzen noch gar nicht absehbaren Anerkennung erfreuen. Ein Urteil des 5. Strafsenats vom 13.04.2010 (BGH wistra 2010 268 ff) hatte sich mit einer Limited (genau: Private Company limited by Shares) zu befassen, die nach dem Recht der Britischen Jungferninseln gegründet und nach den tatrichterlichen Feststellungen dazu bestimmt war, als Teil eines auf Hinterziehung russischer Einfuhrabgaben gerichteten Unternehmensgeflechts zu agieren. Nach herrschender, auch vom BGH am Beispiel der auf den Jungferninseln gegründeten Limited geteilter Meinung ist zur Bestimmung der Pflichten ihres „Directors“ im Rahmen des Untreuetatbestandes auf das ausländische Gesellschaftsrecht zurückzugreifen.1064 Das soll nach Teilen der Literatur allerdings unzulässig sein, wenn die betreffenden Institute des ausländischen Rechts im deutschen Gesellschaftsrecht keine Entsprechung fänden.1065 Tiedemann, der die Notwendigkeit zur Ausfüllung des Untreuetatbestandes durch das ausländische Gesellschaftsrecht aus der seiner Meinung nach akzessorischen Natur der Vermögensbetreuungspflicht ableitet (GmbH-Strafrecht vor § 82 Rdn. 67), möchte dieser Konsequenz dadurch entgehen, dass die Pflichtwidrigkeit bei der Untreue eindeutig feststehen müsse (ebenso Radtke GmbHR 2008 731), doch ist schwer einzusehen, dass dieses für die Irrtumsfrage relevante Kriterium die Reichweite der Verweisung auf ausländisches Gesellschaftsrecht steuern soll. Wenn man die Struktur des § 266 als eines Vermögensverletzungsdelikts ernst nimmt, hat das ausländische Gesellschaftsrecht ohnehin nur die Funktion von möglichen Erlaubnissen zur Schädigung des Geschäftsherrn. Hierüber wird sich der Director der Limited aber vorher zweifellos informieren, zumal es ihm ohne Weiteres zugemutet werden kann, wenn er denn schon das Amt des Directors in einem solchen Gebilde einnimmt, sich über die maßgeblichen Statuten etwa der britischen Jungferninseln vorher zu informieren. Entgegen den besorgten Literaturmeinungen erscheint ein über das deutsche Recht hinausgehender Vertrauensschutz deshalb nicht geboten. Und was die Verweisungstechnik anbetrifft, so ist diese schlicht eine Folge der Europäisierung, die gesellschaftsrechtlichen Regeln aus dem EU-Raum für den Innenraum dieser Gebilde auch bei Handlungen auf deutschem Boden Verbindlichkeit zuschreibt.

1063

1003; Mosiek StV 2008 94; Pattberg Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Directors einer englischen Limited in Krise und Insolvenz (2010); Radtke GmbHR 2008 729; ders. EuZW 2009 404; ders. NStZ 2011 556; Richter FS Tiedemann (2008) 1023; Rönnau ZGR 2005 823; ders. NStZ 2011 558; Rubel/Nepomuck EWiR 2010 761; Schlösser wistra 2006 81; Schlösser/Mosiek HRRS 2010 424; Schramm/Hinderer ZIS 2010 494; Schumann DB 2004 743; ders. ZIP 2007 1189; Wegner GWR 2010 267; Weiß Strafbare Insolvenzverschleppung durch den Director einer Ltd. (2009); Worm Die Strafbarkeit eines directors einer englischen Limited nach deutschem Strafrecht (2009). Vor allem die sog. Inspire Art-Entscheidung vom 30.09.2003 – C 167/01, BB 2003 2195.

1064

1065

Tiedemann GmbH-Strafrecht Vor § 82 Rdn. 67; Fischer Rdn. 101; Bittmann ZGR 2009 930, 952; Mankowski/Bock ZStW 120 (2008) 704, 757; Radtke GmbHR 2008 729, 734; Ransiek/Hüls ZGR 2009 157, 175; Richter FS Tiedemann 1023, 1034; Rönnau ZGR 2005 832, 854; ders. ZStW 119 (2007) 887, 905 f; Pattberg Verantwortlichkeit S. 262, 287; Worm Strafbarkeit S. 108 f; Schmitz in: Jorden/Swarcz (Hrsg.) Europäisierung des Strafrechts in Polen und Deutschland (2007), S. 199; BGH wistra 2010 268, 269 f; Bittmann wistra 2010 303; Beckenbach ZJS 2010 554; Schramm/Hinderer ZIS 2010 494 ff. Rönnau ZGR 2005 832, 850; Schlösser wistra 2006 81, 88.

Bernd Schünemann

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

5. Konzernuntreue

265

a) Von festen Konturen eines besonderen Untreuetypus der „Konzernuntreue“ kann nach den mehrfachen überraschenden Wendemanövern, die der Gesellschaftsrechtssenat des BGH innerhalb weniger Jahre durchgeführt hat (o. Rdn. 250), und den bisher nur punktuellen Reaktionen der Strafsenate des BGH auch nicht ansatzweise gesprochen werden. Wie Tiedemann (GmbH-Strafrecht, Vor § 82 Rdn. 18) mit Recht feststellt, ist die für § 266 zentrale Frage nach der Vermögensbetreuungspflicht der Muttergesellschaft durch das Bremer Vulkan-Urteil BGHSt 49 159 keinesfalls gelöst, weil hier die Besonderheit der Geschäftsbesorgung des Cash Pools durch die Konzernherrin existierte, aus der die Verwaltungsmacht und die daraus resultierende Täterqualifikation unschwer abzuleiten waren (näher o. Rdn. 136). Ein „Lackmustest“ liegt deshalb erst in der Entscheidung BGHSt 52 54, 57 ff, wo es um die schlichte Abforderung unverzichtbarer Mittel der Untergesellschaft durch die Obergesellschaft und damit um die spiegelbildlich als Grenze eines wirksamen Einverständnisses der GmbH-Gesellschafter benutzte Figur des „existenzvernichtenden Eingriffs“ ging. Weil dafür wiederum der Geschäftsführer der Untergesellschaft unproblematisch als Untreuetäter verantwortlich ist, dürfte sich eine verblüffend einfache Lösung der Probleme ergeben, wenn man mit Tiedemann1066 grundsätzlich allein den Geschäftsführer als Täter qualifiziert, dagegen die Gesellschafter nur als Teilnehmer, sofern sie nicht wie im Fall „Sachsenbau“ (o. Rdn. 255) durch extensive Weisungserteilung die Rolle eines faktischen Geschäftsführers usurpieren. Weil der Anstifter gemäß § 26 aus demselben Strafrahmen bestraft werden kann wie der Täter, würden hierdurch keine kriminalpolitischen Unzuträglichkeiten zu besorgen1067 und auf der anderen Seite die zahlreichen Unsicherheiten zu vermeiden sein, die die gegenwärtige Rechtsprechung bezüglich der Frage der Täterqualifikation von Gesellschaftern kennzeichnen. Einer eigenen Rechtsfigur der „Konzernuntreue“1068 bedürfte es dann womöglich nicht.

266

b) Festzuhalten ist, dass die Anwendung des Untreuetatbestandes ohnehin dann keine Probleme bereitet, wenn es um Vertragskonzerne mit einer Verlustausgleichspflicht der Obergesellschaft gemäß § 302 AktG geht, die im Regelfall den Vermögensnachteil der auf Weisung handelnden Tochtergesellschaft entfallen lässt (Tiedemann GmbH-Strafrecht, Vor § 82 Rdn. 17).

1066

1067

1068

GmbH-Strafrecht, Vor § 82 Rdn. 13, 17 ff; ders. Wirtschaftstrafrecht AT Rdn. 218a und BT Rdn. 392; ders. JZ 2005 45; Schünemann Organuntreue S. 17; ders. LM AktG 1965 zu § 309 Nr. 1, Bl. 901, 903; dazu ferner o. Rdn. 255. Unter Vorbehalt der Frage einer Strafmilderung gem. § 28 Abs. 1 StGB, die noch weiter zu untersuchen wäre (allg. dazu o. Rdn. 203). Vgl. dazu die einander vielfältig widersprechenden und keine endgültige Klärung

874

bringenden Stellungnahmen des neueren Schrifttums, beispielsweise Seier Untreue Rdn. 320 ff; Saliger SSW Rdn. 92 f; Arnold Untreue; Bauer Untreue; Busch Konzernuntreue; Arens Untreue; Höf Untreue im Konzern (2006); ferner zur neuesten Entscheidung BGHSt 54 52 die Anmerkung von Bittmann GmbHR 2009 1206; Leimenstoll ZIS 2010 143; Römermann EWiR 2009 789; Wessing/Krawczyk NZG 2009 1176; Brand Der Konzern 2010 285; Tröger/Dangelmayer ZGR 2011 558.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

H. Reform und ausländisches Recht I. Reform Schrifttum BMJ Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Reform des Wirtschaftsstrafrechts – XII. Bd. (1977), darin: Pfeiffer Gedanken zur Amtsuntreue, Anlage 6; Sebbel Soll ein Straftatbestand gegen die mißbräuchliche Verfügung über öffentliche Mittel geschaffen werden? Anlage 4; Seeger Exposé zur Frage der Schaffung eines neuen Straftatbestands der Haushaltsuntreue, der Amtsuntreue oder des Amtsmissbrauchs, Anlage 5. XIII. Bd. (1978), Otto (u.a.) Sollen die Ausstellung eines ungedeckten Schecks und der Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten gesondert mit Strafe bedroht werden? Anlage 3 (= Grundlage zu Otto ZahlVerk., Hauptverzeichnis III 2); XIV. Bd. (1978), darin: Mertens (u.a.) Sollen die aktien- und GmbH-rechtlichen Untreuetatbestände wiederhergestellt werden? Anlage 2; Ulmer Soll die Ausnutzung von Insiderinformationen im Börsenwesen strafrechtlich gesondert erfaßt werden? Anlage 1; Bund der Steuerzahler Die Amtsuntreue2 (1976); Kohlmann/Brauns Zur strafrechtlichen Erfassung der Fehlleitung öffentlicher Mittel (1979); Krause Die Untreue, Mat. II BT S. 367; Labsch Untreue (§ 266 StGB); Grenzen und Möglichkeiten einer neuen Deutung (1983); Lampe/Lenckner/ Stree/Tiedemann/Weber Alternativentwurf eines Strafgesetzbuches, Besonderer Teil, Straftaten gegen die Wirtschaft (1977), zitiert AE 1977; Hellmuth Mayer Die Untreue, Mat. I 333; ders. Die gesetzliche Bestimmung der Tatbestände, Mat. I 259; Schünemann Unverzichtbare Gesetzgebungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Haushaltsuntreue und der Verschwendung öffentlicher Mittel (2012); Terwey Der Einfluß der Rechtsprechung auf die Gestaltung der Untreuebestimmungen im Strafrechtsentwurf 1960, Diss. München 1963; Weber Überlegungen zur Neugestaltung des Untreuestrafrechts, Festschrift Dreher S. 555; Winter Die Regelung der Untreue in § 263 E 62 und ihr Verhältnis zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 266 n.F. StGB, Diss. Heidelberg 1968.

1. Der E 1962 kehrte in § 263 nach dem Vorgang schon des E 1959 und des E 1960 267 von der generalisierenden Methode des § 266 zu einer konkreteren Fassung zurück, die den Tatbestand, rechtsstaatlichem Bedürfnis nachgebend, vom Täterkreis wie von der Tathandlung her besser eingrenzen sollte,1069 zugleich aber die Kasuistik der ursprünglichen Fassung vermied. Die Unterscheidung zwischen dem Missbrauchs- und dem Treubruchtatbestand wurde aufgegeben. Zu seinem Inhalt im einzelnen Hübner LK10 Rdn. 119. 2. Der AE 1977 (S. 62 ff; siehe auch Weber FS Dreher S. 563 ff) schlug im Vorfeld 268 der Untreue als § 183 eine Vorschrift gegen den Missbrauch gesellschaftsrechtlicher Befugnisse und als § 185 eine Vorschrift gegen Scheckkarten- und Kreditkartenmissbrauch vor. Der letztere Vorschlag ist inzwischen durch das 2. WiKG in Gestalt des § 266b verwirklicht worden.1070 3. Im Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (E – 6. StrRG) 269 (BTDrucks. 13/7164) war gem. Art. 1 Nr. 49 vorgesehen, zukünftig auch den Untreueversuch unter Strafe zu stellen, was der Rechtsausschuss ohne Angabe von Gründen fallen ließ (näher Entstehungsgeschichte 5.).

1069 1070

H. Mayer Strafrechtsreform S. 116; Weber FS Dreher S. 566. Entstehungsgeschichte bei Gribbohm LK

§ 266b; Tag Das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung (1994) 5 ff.

Bernd Schünemann

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§ 266 270

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

4. Wesentliche innovative Reformkonzepte sind derzeit nicht in Sicht. In der Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 7. Oktober 20031071 beschreibt Art. 22 ein Vermögensdelikt, welches in gewisser Weise mit den deutschen Straftatbeständen der Veruntreuung (§ 246 Abs. 2 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB) verglichen werden kann. Rechtsgut ist das Vermögen einer „Einrichtung des privaten Sektors“, Tatobjekt ist deren „Vermögensgegenstand“, Tathandlung die Veruntreuung. Impulse für die deutsche Reform sind von dem sehr allgemein gehaltenen Text nicht zu erwarten (Schünemann FS Achenbach [2011] S. 509 ff). Art. 4 des sog. „Corpus Juris“1072 enthält eine sektorale Regelung der Amtsuntreue bei der Subventionsvergabe und nennt als Tathandlung in Abs. 1b) das „direkte oder indirekte Eingreifen“ in Verfahren, an denen der Beamte ein persönliches Interesse hat – ein in seiner Unbestimmtheit besonders abschreckendes Beispiel für die darin vorgenommene Anlehnung an das französische Strafrecht. Die verschwommenen Einschränkungsvorstellungen von Cappels Luxemburger Dissertation „Grenzen auf dem Weg zu einem europäischen Untreuestrafrecht“ (2009) führen sich schon durch ihre von Partikularinteressen diktierten Prämissen ad absurdum, dass „das (Wirtschafts-)Strafrecht für solche1073 gesellschaftspolitischen Fragen vor dem Hintergrund einer freiheitl. orientierten Rechtsordnung die falsche Antwort“ (S. 10) und dass es im Mannesmann-Prozess (näher Rdn. 114) „um nichts anderes als um die Statuierung eines politischen Exempels gegangen“ sei (S. 205). Eine völlige Umstülpung des Untreuekonzepts des § 266 macht auch gar keinen Sinn, denn es ist weitaus besser als sein von interessierter Seite permanent beschädigter Ruf. Rönnau hat deshalb nach seiner Durchmusterung ausländischer Regelungskonzepte nirgendwo einen ausgereiften und besseren Vorschlag entdecken können (ZStW 122 [2010], 299, 323 f), ebenso wie auch kein Kritiker bisher ernsthaft anzugeben vermochte, wieso die vorsätzliche Schädigung eines fremden, der eigenen Obhutsherrschaft anvertrauten Vermögens nicht strafwürdig sein soll. Vielmehr besteht umgekehrt ein legitimes Bedürfnis für eine Strafbarkeitsausdehnung am Rande der Amtsuntreue. Unter Verarbeitung der hierzu seit Jahrzehnten unterbreiteten, in der Gesetzgebung aber unbeachtet gelassenen Reformvorschläge ist von Schünemann Gesetzgebungsmaßnahmen S. 90 f folgender Entwurf für einen neuen Straf-, einen neuen Ordnungswidrigkeitentatbestand und eine flankierende Anzeigepflicht vorgelegt worden: § 349 StGB: Haushaltsuntreue Abs. 1: Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der die Ausgabe öffentlicher Mittel bewilligt oder vornimmt und dabei wesentliche haushaltsrechtliche Vorschriften missachtet, die zur Sicherung des Entscheidungsmonopols der für die Aufstellung des Haushaltsplanes zuständigen Stelle oder der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Haushaltsführung dienen, ohne durch ein unabweisbares Bedürfnis hierzu gezwungen zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

1071

UNCAC (BGBl. III Nr. 47/2006), die Deutschland zwar unterzeichnet, aber bis heute (anders als fast alle anderen Signatarstaaten) nicht ratifiziert hat, weil die darin in Art. 15 geforderte Strafbarkeitsausdehnung bei der Abgeordnetenbestechung der Abgeordnetenmehrheit des Bundestages nicht geheuer zu sein scheint.

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1072

1073

Zu diesem Vorschlag einer Arbeitsgruppe s. Delmas-Marty (Hrsg.), Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (1998) 4. Gemeint ist die sog. Finanzkrise, dazu näher Rdn. 120.

Bernd Schünemann

Untreue

§ 266

Abs. 2: Ebenso wird ein Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter bestraft, der im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs über die Bewilligung oder Ausgabe öffentlicher Mittel entscheidet, wenn zwischen dieser und dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen oder der Leistungsfähigkeit der Stelle, die die öffentlichen Mittel verwaltet, ein auffälliges Missverhältnis besteht. Abs. 3: Folgende haushaltsrechtlichen Vorschriften sind wesentlich im Sinne von Abs. 1: Die Beschränkung von Verpflichtungsermächtigungen und die Einhaltung der für Ausnahmen geltenden Bedingungen (§ 22 HGrG); die Begrenzung von Gewährleistungen und Kreditzusagen (§ 23 HGrG); die Bedingungen für die Gewährung von Zuwendungen (§ 26 HGrG); die Regelung der sachlichen und zeitlichen Bindung (§ 27 HGrG) und die Regelungen über Baumaßnahmen und größere Beschaffungen (§ 29 HGrG). Abs. 4: Die Strafbarkeit entfällt, wenn der Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete die geplante Maßnahme der zur Rechnungsprüfung berufenen Stelle mitgeteilt und diese die Unbedenklichkeit bestätigt hat. 2. Gesetzgebungsvorschlag für die Schaffung eines neuen Ordnungswidrigkeitentatbestandes § 59 HGrG 1074: Unterlassene Ausschreibung Wer als Beamter oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Entscheidung trifft, entgegen § 30 keine öffentliche Ausschreibung vorzunehmen, obwohl er weiß, dass weder die Natur des Geschäfts noch besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis 100.000,00 € geahndet werden. 3. Gesetzgebungsvorschlag für die Schaffung einer Mitteilungspflicht, § 59a HGrG: Wenn sich während einer Rechnungsprüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit wegen Verletzung der haushaltsrechtlichen Vorschriften (§ 152 Abs. 2 StPO) ergeben, so ist die für die Aufklärung dieses Verdachts zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden muss.

II. Ausländisches Recht Schrifttum Anders Das französische Recht der Untreue zum Nachteil von Kapitalgesellschaften insbesondere im Konzern, ZStW 114 (2002), 467 ff; Bacigalupo Die Problematik der Untreue im spanischen Strafrecht, in Schünemann/Suárez González Bausteine S. 201; Cappel Grenzen auf dem Weg zu einem europäischen Untreuestrafrecht (2009); Du Haushaltsuntreue aus deutscher und chinesischer Sicht, Münchener jur. Diss. 2004; du Bois-Pedain Die Strafbarkeit untreueartigen Verhaltens im englischen Recht: „Fraud by abuse of position“ und andere einschlägige Strafvorschriften, ZStW 122 (2010), 325; Foffani Die Untreue im rechtsvergleichenden Überblick, Festschrift Tiedemann (2008), 767; ders. Der Untreuetatbestand oder seine Surrogate im ausländischen Strafrecht, in: Kempf/ Lüderssen/Volk, Finanzkrise, 141; Grau/Airey/Frick Neuere Strafbarkeitsrisiken im Geschäftsverkehr mit England & Wales – The Fraud Act 2006, BB 2009 1429; Luzón Pena/Roso Canadillas

1074

Gesetz über die Haushaltsgrundsätze des Bundes und der Länder (HGrG) vom 19.08.1969 (BGBl. I, S. 1273).

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§ 266

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Untreuestrafbarkeit im französischen und italienischen Strafrecht, ZStW 122 (2010), 354 ff m.w.N.; Rönnau (Rechts-)Vergleichende Überlegungen zum Tatbestand der Untreue ZStW 122 (2010), 299; Schilling Europäische Untreue, KritV 2009 289; ders. Fragmentarisch oder umfassend? Wege des strafrechtlichen Zugriffs bei der Veruntreuung fremden Vermögens am Beispiel des deutschen und italienischen Untreuestrafrechts (2009); Zerbes Untreue im Rechtsvergleich: Überlegenheit des Missbrauchskonzepts?, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Finanzkrise, 158.

271

1. Mit dem deutschen § 266 vergleichbare Tatbestände gibt es in Österreich und der Schweiz sowie auch in § 247 des japanischen Strafgesetzbuchs von 1907 (wonach schon die in Schädigungsabsicht erfolgte Pflichtverletzung bestraft wird). Ähnlich wie das deutsche Recht kennen diese Rechtsordnungen neben einem allgemeinen Tatbestand keine spezielleren privaten Untreueformen.1075 a) § 153 des österreichischen StGB bestraft denjenigen mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten bzw. mit Geldstrafe (bei einem Schaden über 3.000 € jedoch mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren und bei einem Schaden über 50.000 € mit Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren), der „die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt“. Die Vorschrift wurde 1931, also vor der deutschen Reform des Untreuestrafrechts, mit einem Bekenntnis zur Missbrauchstheorie (Rdn. 7) aus dem deutsch-österreichischen StGB-Entwurf 1927 übernommen und entspricht weitgehend dem Missbrauchstatbestand des § 266, jedoch mit der wichtigen Einschränkung, dass für den Missbrauch der Befugnis Wissentlichkeit, also direkter Vorsatz, verlangt wird. Ähnlich wie bei § 266 ist auch bei § 153 öStGB eines der hauptsächlichen Abgrenzungsprobleme, inwieweit auch untergeordnete Angestellte (etwa ein zum Tanken an einer bestimmten Tankstelle auf Rechnung der Firma befugter LKW-Fahrer) taugliche Täter sind.1076 Für die Fälle der Amtsuntreue kommt ferner der über das deutsche Recht weit hinausreichende Tatbestand des Amtsmissbrauchs (§ 302 öStGB) in Betracht.

272

b) Das schweizerische StGB kennt in Art. 158 den Tatbestand der „Ungetreuen Geschäftsbesorgung“1077, nach dem sich derjenige strafbar macht, der erstens „aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird“, zweitens derjenige, der „als Geschäftsführer ohne Auftrag gleich handelt“, und drittens – mit erhöhter Strafe – derjenige, der „in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmäßig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt“.

273

2. Eine grundsätzlich andere Systematik findet sich im englischen und US-amerikanischen Recht. In England gab es bis vor Kurzem keinen dem deutschen § 266 StGB vergleichbaren Tatbestand, dafür schützt aber der Tatbestand des „Theft“ auch unkörper1075

1076

Vgl. Cappel S. 188, 195, der hier von einem „deutschsprachigen Untreuemodell“ (S. 187 f) spricht. Bejahend Kirchbacher/Pressbauer Wiener Kommentar zum StGB 2. Aufl. 24b. Lfg.

878

1077

(2009), § 153 Rdn. 7, 20; Fabrizy StGB 10. Aufl. Wien (2010), § 153 Rdn. 2; Köck Wirtschaftstrafrecht, Wien (2007), S. 58. Hierzu Donatsch ZStrR 1996 200; Cappel S. 188 ff.

Bernd Schünemann

§ 266

Untreue

liches Vermögen und geht deshalb in seinem Anwendungsbereich weit über den deutschen Diebstahlstatbestand hinaus. „Property“ als Objekt des „Theft“ schließt sowohl nach den englischen „Theft Acts“ von 1968 und 1978 als auch nach dem in zahlreichen US-Bundesstaaten in Kraft gesetzten Model Penal Code das nicht-körperliche Vermögen ein („intangible personal property“, darunter auch „things in action“ bzw. „choses-inaction“).1078 So ist etwa der Missbrauch einer Scheckvollmacht durch einen Buchhalter als „Theft“ bestraft worden.1079 Allerdings handelt es sich bei „Theft“ um ein Aneignungsdelikt im weitesten Sinne, so dass die bloße Schädigung als solche hierdurch nicht erfasst wird. Diese Lücke wird auch durch keine anderen Vorschriften geschlossen. Auch die Verletzung einer Treupflicht ist nicht als solche strafbar, sondern wird nur in speziellen Tatbeständen, etwa als Gegenstand der Unrechtsvereinbarung im Tatbestand der Bestechung im Wirtschaftsleben („Commercial Bribery“) in section 224.8. des Model Penal Code erwähnt. Inzwischen führte England durch den 2006 in Kraft getretenen Fraud Act in § 4 einen allgemeinen Untreuetatbestand ein, mit der aus deutscher Sicht befremdlichen Bezeichnung „fraud by abuse of position“.1080 Die Vorschrift setzt keinen Erfolgseintritt voraus, sondern begnügt sich mit einem in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht begangenen unredlich Missbrauch (dishonest abuse) einer Vermögensfürsorgeposition. Es gibt auch bereichsspezifische Untreuetatsbestände, wie insbesondere einige Formen der Gesellschaftsuntreue im Company Act 2006.1081 3. Auch in Spanien und Italien bietet sich ein völlig anderes Bild. Es gibt weder im 274 spanischen Código penal noch im italienischen Codice penale einen Tatbestand, der der Untreue im StGB entspricht.1082 Die in Betracht kommenden Tatbestände decken sich nur partiell mit Anwendungsfällen des § 266 StGB. Seit der Ergänzung der „Apropiación indebida“ (Art. 252 CP: Unterschlagung, wörtlich pflichtwidrige Aneignung) durch das Tatbestandsmerkmal „Vermögensbestandteil“ („activo patrimonial“) erfasst die Apropiación indebida im spanischen Recht einen Teil des Anwendungsbereichs der Untreue in der Form der Veruntreuung von Vermögensstücken, die man zur Verwaltung oder in Kommission bekommen hat und bezüglich derer eine Pflicht zur Ablieferung oder Rückgabe besteht. Art. 252 CP hat also eine ganz ähnliche Schutzrichtung wie § 266 Nr. 2 a.F. StGB. Spanien kennt darüber hinaus in Art. 295 des 1995 reformierten Código Penal einen (sektoralen) Tatbestand der Gesellschaftsuntreue („administración desleal/ fraudulenta“).1083 Ferner deckt sich das Delikt der „Malversación de caudales públicos“ 1078

1079 1080

Smith/Hogan/Ormerod Criminal Law 12. Aufl., Oxford (2008), S. 754 ff; vgl. auch Cappel, S. 208 f. Smith/Hogan/Ormerod S. 752 ff. „(1) A person is in breach of this section if he – (a) occupies a position in which he is expected to safeguard, or not to act against, the financial interests of another person, (b) dishonestly abuses that position, and (c) intends, by means of the abuse of that position – (i) to make a gain for himself or another, or (ii) to cause loss to another or to expose another to a risk of loss. (2) A person may be regarded as having abused his position even though his conduct consisted of an omission rather than an act.“ Hierzu sehr krit. Rönnau

1081 1082

1083

ZStW 122 (2010) 307 ff, 310: „reines Pflichtverletzungsdelikt“; detailliert du Bois-Pedain ZStW 122 (2010) 326 ff; Grau/Airey/Frick BB 2009 1429; Smith/ Hogan/Ormerod S. 859 ff, alle m.w.N. Näher du Bois-Pedain ZStW 122 (2010) 336 ff. Zu den (damaligen) Lücken des spanischen Rechts instruktiv Bacigalupo in Schünemann/Suárez González Bausteine S. 201 ff. Ausführl. Luzón Pena/Roso Canadillas ZStW 122 (2010) 354 ff m.w.N.; Foffani FS Tiedemann S. 781 f; Martínez-Bujan Pérez Derecho penal economico y de la empresa, 2. Aufl. Valencia (2005), S. 454 ff.

Bernd Schünemann

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

(Art. 432 ff CP: Veruntreuung öffentlicher Gelder) teilweise mit dem Anwendungsfeld von § 266 StGB. Dabei geht es um das Verhalten eines Amtsträgers, der die von ihm betreuten öffentlichen Gelder unterschlägt oder darin einwilligt, dass ein Dritter sich diese Gelder aneignet. Dem entspricht im italienischen Recht etwa der Tatbestand des „Abuso d’ufficio“ (Art. 323 Codice penale). Dagegen beschränkt sich die „Appropriazione indebita“ (Art. 646 Codice penale) auf die Aneignung von beweglichen Sachen oder Geld.1084 Schließlich kommen im spanischen Recht die Art. 436 bis 438 (Fraudes y exacciones ilegales), 439, 440 (Amtsträger, Vormund, Pfleger, Testamentsvollstrecker usw., die sich etwas durch die Verletzung des Informationsrechts verschaffen) und 22 Nr. 6 CP (Abuso de confianza, d.h. Vertrauensbruch als erschwerender Umstand) als spezielle Erscheinungsformen des Untreueunrechts in Betracht.

275

4. In Frankreich werden gewisse Bereiche der deutschen Untreue vom Tatbestand der Escroquerie (Gaunerei) abgedeckt (Art. 313-1 des neuen Code Pénal). Als Abus de confiance wird ferner gemäß Art. 314-1 bestraft, wenn jemand zum Nachteil eines anderen Vermögen unterschlägt, das ihm zu bestimmten Zwecken anvertraut worden ist.1085 Auch hier ist also – wie schon in England und in USA, Spanien und Italien – die vom deutschen Strafrecht vorgenommene Trennung zwischen Aneignungsdelikt und Schädigungsdelikt noch nicht vollzogen worden. Es gibt ferner eine Vorschrift gegen die Gesellschaftsuntreue, Abus des biens sociaux.1086 5. Zu weiteren Ländern vgl. Eser/Überhofen/Huber (Hrsg.) Korruptionsbekämpfung durch Strafrecht (1997) S. 128 f, 166, 187, 242, 273, 366, 374, 400 ff, 454 f, 545, 601 f, 636 f, 651, 757; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 3, 3a und 4a Fn. 18.

§ 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber 1. der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder 2. die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

1084 1085

Zur Rechtslage in Italien Cappel S. 205 ff; Foffani FS Tiedemann S. 783 ff. Hierzu Ambroise-Castérot Droit pénal spécial et des affaires, 2. Aufl. Paris (2010), 219 ff; Stasiak Droit pénal des affaires, 2. Aufl. Paris (2009), 41 ff.

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1086

Näher Anders ZStW 114 (2002) 468 ff; Cappel S. 199 ff; Foffani FS Tiedemann S. 777 ff; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht BT Rdn. 390a.

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für die Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden. (4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, 2. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält oder 3. die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht. (5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich. (6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich 1. die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und 2. darlegt, warum die fristgerechte Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Schrifttum. Siehe zunächst die Angaben zu §§ 263, 266, ferner: I. Strafrecht. Achenbach/Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. (2012); Ambs Anhang § 266a StGB in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze Bd. IV, S 103 – Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung (SGB III) – [Stand: August 2007]; ebda. Bd. I, A 184 – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) – [Stand: 1.12.2011]; Bachmann Zur Strafverfolgungsverjährung der Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a Abs. 1 StGB, Festschrift Samson (2011) 233; Bader Schadensermittlung im Beitragsstrafrecht (§ 266a StGB) wistra 2010 121; Bente Die Strafbarkeit des Arbeitgebers wegen Beitragsvorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB), 1992; ders. Strafbarkeit des Arbeitgebers gem. § 266a StGB auch bei unterbliebener Lohnauszahlung? wistra 1992 177; Biermann Die strafrechtlichen Risiken der Tätigkeit des Insolvenzverwalters (2008); Bittmann Keine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB ohne Lohnauszahlung, wistra 1999 441; Bittmann Haftung für rückständige Arbeitnehmeranteile – Zur rechtsstaatlichen Anwendung von § 266a Abs. 1 StGB, DStR 2001 855; Bittmann Beitragsvorenthaltung bei Insolvenzreife der GmbH, wistra 2004 327; Bittmann (Hrsg.) Insolvenzstrafrecht § 21 (2004); Bittmann Beitragsvorenthaltung, Geschäftsführerhaftung und Einheit der Rechtsordnung, wistra 2007 406; Bittmann Strafrecht und Gesellschaftsrecht, ZGR 2009 931; Bittmann/Ganz Keine Identität gleichzeitiger Taten nach § 266a Abs. 1 StGB gegenüber verschiedenen Einzugsstellen, wistra 2002 130; Bittmann/Volkmer Zahlungsunfähigkeit bei (mindestens) 3-monatigem Rückstand auf Sozialversicherungsbeiträge, wistra 2005 167; Bollacher Das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen – Eine Untersuchung aktueller Fragen zu § 266a Abs. 1 insbesondere zur Problematik unterlassener Beitragszahlung in der Unternehmenskrise – (2006); Brand „Weißt du wie das wird ?“ – Zum Verhältnis von § 266a StGB und § 64 S. 1 GmbHG, GmbHR 2010 237; Branz Das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen

Manfred Möhrenschlager

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

zur Sozialversicherung (§ 266a Abs. 1 StGB) in der Unternehmenskrise (2002); Brenner Die strafrechtliche Bekämpfung der Schwarzarbeit unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte (2008, Diss. Humboldt-Universität Berlin); Brückl/Kersten Zur Unmöglichkeit der Beitragszahlung bei vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen, NJW 2003 272; Brüssow/Petri Arbeitsstrafrecht (2008); Büttner Unzulässige Ermittlungen der Zolldienststellen „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ in Fällen des Sozialbetruges, wistra 2006 251; Dannecker/Knierim/Hagemeier Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl. (2012); Dehne-Niemann Omissio libera in causa bei „echten“ Unterlassungsdelikten ? Zur Verhaltensgebundenheit „echten“ Unterlassens am Beispiel der §§ 266a I, 323c StGB, GA 2009 150; Dinkhoff Der faktische Geschäftsführer in der GmbH (2003); Esser/Keuten Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB und zivilrechtliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers, wistra 2010 161; Fisseler Die Strafbarkeit der Nichtzahlung von Beiträgen zur sozialen Sicherung, (1985, Diss. Würzburg); Fries Strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit illegaler Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere die Strafbarkeit des Ver- und Entleihers nach § 266a I StGB, (1987, Diss. Berlin); Fritz Die Selbstanzeige im Beitragsstrafrecht gemäß § 266a Absatz 5, (1997, Diss. Mannheim); Gercke/Leimenstoll Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) HRRS 2009 442; Gold Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters (2004); Große Vorholt Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. (2007) Teil 3 G; Heger § 266a StGB – Strafrecht im Gewande zivilrechtlicher Judikatur – BGHZ 134, 304, JuS 1998 1090; Heghmanns Strafbare Beitragsvorenthaltung ohne Lohnzahlung, – zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH vom 16.5.2000 (VI ZR 90/99), wistra 2001 51; Heitmann in Müller/Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. (2006) § 36; Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. (2010); Hoyer Strafbares Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen in der Unternehmenskrise Festschrift Reuter (2010) 541; Huber Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge (2000); Ignor/Pananis Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers, 2. Aufl. (2009); Ignor/Rixen Europarechtliche Grenzen des § 266a Abs. 1 StGB – Zur Bindungswirkung der E-101-Bescheinigung, wistra 2001 201; dies. Grundprobleme und gegenwärtige Tendenzen des Arbeitsstrafrechts – Das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit und die Sanktionsregeln des neuen Arbeitsvermittlungsrechts, NStZ 2002 510; dies. Handbuch Arbeitsstrafrecht 2. Aufl. (2008); Ischebeck Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen i.S.v. § 266a Abs. 1 während der materiellen Insolvenz der GmbH (2009); ders. Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns und das Strafrecht in der Unternehmenskrise, wistra 2009 95; Jestaedt Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Sozialversicherungsbeiträge, Festschrift Wadle (2008) S. 425; Joecks Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung, wistra 2004 441; Jofer/Weiß Risiken und Grenzen der Strafbarkeit beim Einsatz ausländischer Arbeitskräfte im Rahmen von Werkverträgen mit Subunternehmen – Aktuelle Fragen im Zusammenhang mit der „E-101-Rechtsprechung“ des BGH, StraFo 2007 277; Klam Die Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266a StGB bei Teilzahlungen, ZinsO 2005 1250; Klemme/Schubert Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Schadens ohne Buchführung – der juristische Ansatz auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht – Überlegungen zu BGH 1 StR 416/08 (2.12.2008), 1 StR 501/09 (29.10.2009), 1 StR 23/09 (10.1.2009), NStZ 2010 606; Kudlich/Oglakcioglu Wirtschaftsstrafrecht (2011); Kutzner Strafbarkeit wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt – Höhen und Tiefen neuester BGH-Rechtsprechung, NJW 2006 413; Laitenberger Beitragsvorenthaltung, Minijobs und Schwarzarbeitsbekämpfung – Zu den Änderungen des § 266a StGB durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung, NJW 2004 2703; Liebl Die bundesweite Erfassung von Wirtschaftsdelikten nach einheitlichen Gesichtspunkten (1984); Löffler Strafrechtliche Konsequenzen faktischer Geschäftsführung. Eine Bestandsaufnahme der neueren Rechtsprechung, wistra 1989 121; Marburger/Wolber Strafrecht und Ordnungsrecht in der Sozialversicherung, 5. Aufl. (1999) [Neuauflage von Martens/Wilde]; Marschall Bekämpfung illegaler Beschäftigung, 3. Aufl. (2003); Martens Strafrecht in der Sozialversicherung, 1. Aufl. (1954), 2. Aufl. (1966); Strafrecht und Ordnungsrecht in der Sozialversicherung, 3. Aufl. (1975); ders. Einbehalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 529 RVO), DB 1984 773; ders. Zur Reform des Beitragsstrafrechts in der Sozialversicherung, wistra 1985 51; ders. Das neue Beitragsstrafrecht der Sozialversicherung (§ 266a StGB), wistra 1986 154; Martens/Wilde Strafrecht und Ordnungsrecht in der Sozialversicherung, 4. Aufl. (1987); Meine Die Berechnung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge in Lohnsteuer- und Beitragsverkürzungsfällen,

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Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

wistra 1991 205; Metz Strafbarkeit bei untertariflicher Bezahlung, NZA 2011 782; Möhrenschlager Der Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, wistra 1982 201, 207 f; Möhrenschlager Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsentgelt, Vorenthalten von (Beitragshinterziehung), Berufsverbot in Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts [HWiStR; Stand: Mai 1988]; Nieto Straftaten gegen die Rechte der Arbeitnehmer, in Tiedemann (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union (2002) 213; Pelz Strafrecht in Krise und Insolvenz (2004) Teil 7; Radtke Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, NStZ 2003 154; Radtke Der Arbeitgeber in der Krise? Festschrift Otto (2007) 695; Radtke Nichtabführen von Arbeitnehmerbeiträgen (§ 266a StGB) in der Krise des Unternehmens – Beitragsstrafrecht zwischen Zivilrechts- und Sozialrechtsakzessorietät – GmbHR 2009 673; Radtke Die Anwendung nationalen Beitragsstrafrechts (§ 266a StGB) bei Arbeitnehmerentsendung innerhalb und außerhalb der Europäischen Union, GmbHR 2009 915; Ranft Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen, Bemerkungen zur Auslegung des § 266a Abs. 1 StGB, DStR 2001 132; Renzikowski Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB bei Zahlungsunfähigkeit wegen Vorverschuldens, Festschrift U. Weber (2004) 333; Richter Strafbarkeit des Insolvenzverwalters, NZI 2002 121; Richter Strafbarkeits- und Haftungsrisiken bei Restrukturierung Sanierung und Insolvenz in Heinrich (Hrsg.), Krisen im Aufschwung (2009) 32; Rienhardt Vermögenswirksame Leistung in Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts [Stand: Mai 1987]; Rodewald Alte und neue Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer vor und in der Krise oder Insolvenz, GmbHR 2009 1301; Rönnau Die Strafbarkeit des Unternehmers gemäß § 266a StGB in der Krise des Unternehmens – zugleich eine Besprechung des Urteils des OLG Celle vom 29.11.1995 (wistra 1996, 114) – wistra 1997 13; Rönnau Die Strafbarkeit des Vorenthaltens von Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträgen in der Krise des Unternehmens, NJW 2004 976; Rönnau Beitragsvorenthaltung in der Unternehmenskrise, zugleich Besprechung von BGH wistra 2006, 17, wistra 2007 81; Rönnau/Kirch-Heim Das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a Abs. 2 StGB n.F. – eine geglückte Regelung, wistra 2005 321; Rübenstahl Strafbares Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen trotz Entsendebescheinigungen aus Nicht-EUStaaten NJW 2007 3538; Ruff Die sozialversicherungsrechtliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers (2001); Schäferhof/Gerster Die Strafbarkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsbefugnis wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmersozialbeiträgen, ZIP 2001 905; O. H. Schmitt Das Vorenthalten der Sozialversicherungsbeiträge in der Insolvenz der GmbH (2001); Schmitz Unrecht und Zeit – Unrechtsqualifizierung durch zeitlich gestreckte Rechtsgutsverletzung (2001); C. Schröder Die strafrechtliche Haftung wegen Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen und das Zahlungsverbot in der Krise der GmbH – Der GmbH-Geschäftsführer zwischen Mühlsteinen widerstreitenden Rechts (§ 266a Abs. 1 StGB versus § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz), GmbHR 2005 736; Schulz Die Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266a StGB bei der Beschäftigung von Scheinselbständigen, NJW 2006 183; Siegle Probleme bei der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung mit den Mitteln des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (1998); Stein GmbH-Geschäftsführer: Goldesel für leere Sozialkassen ? – Die Haftungsfalle des § 266a StGB – DStR 1998 1055; Steinberg Nicht intendierte strafmildernde Wirkung des § 266a StGB, wistra 2009 55; Tag Das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung sowie das Veruntreuen von Arbeitsentgelt: Untersuchungen zu § 266a, (1994, Diss. Heidelberg) (Bespr. Rönnau wistra 1997 179); Tag Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, BB 1997 1115; Tag Strafbarkeit des GmbH-Geschäftsführers wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, JZ 2005 1115; Thul in Müller-Gugenberger/ Bieneck (Hrsg.) Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2011) § 38 [zit. M-G/B-Thul]; Thum/Selzer Die Strafbarkeit des Arbeitgebers bei illegaler Beschäftigung im Lichte der neuen Rechtsprechung des BGH, wistra 2011 281; Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber, JZ 1986 865, 873; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht AT, 3. Aufl. (2010); BT, 3. Aufl. (2011); Trüg Die Schwarzlohnabrede, DStR 2011 727; Volk (Hrsg.) Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen (2006); Wabnitz/Janovsky Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. (2007); Waszcynski Wirtschaftsstrafrecht als studentische Herausforderung – Zur Korrelation verschiedener Rechtsgebiete am Beispiel des § 266a StGB, ZJS 2009 596; R. Weber Die Entwicklung des Nebenstrafrechts 1871–1914 (1999); U. Weber Das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG), NStZ 1986 481, 487 f; U. Weber in Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht

Manfred Möhrenschlager

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Besonderer Teil § 23 I; Wegner Neue Fragen des § 266a Abs. 1 StGB – eine systematische Übersicht, wistra 1998 283; Wegner Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen bei sog. 630 DM Jobs, DB 1999 2111; Wegner Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung, DB 2004 758; Weidemann Vorsatz und Irrtum bei Lohnsteuerhinterziehung und Beitragsvorenthaltung, wistra 2010 463; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (2011), zu § 266a [zit. G/J/W-Wiedner]; Winkelbauer Die strafbefreiende Selbstanzeige im Beitragsstrafrecht (§ 266a Abs. 5 StGB), wistra 1988 16; Wittig Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. (2011) § 22; Wüchner Die Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers: Eine Betrachtung des § 266a Abs. 1 unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Unternehmenskrise und der insolvenzrechtlichen Einflüsse (2010); Zeller Die Strafbestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes, ZStW 16 (1896) 224; A. Zimmermann Folgen grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung aus Sicht des Entleihers (2009); F. Zimmermann Offene strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der europäischen E-101-Bescheinigung für Wanderarbeiter – zugleich eine Besprechung von BGHSt 51, 124, ZIS 2007 407. II. Steuerstrafrecht. Gußen Praxiswissen Steuerstrafrecht (2009); Rolletschke/Kemper Steuerverfehlungen [Stand: Dezember 2008]; Schmitz/Wulf in MK 6/1, Nebenstrafrecht II (2010) zu § 370 AO und Wulf ebda zu § 376 AO. Weit. Angaben im allgemeinen Schrifttumsverzeichnis unter 17. III. Rechtsprechungsübersichten zum Strafrecht. Achenbach in NStZ 1988 97, 102; 1989 497, 502; 1991 409, 414; 1993 477, 479; 1996 533, 537; 1997 536, 538; 1998 560, 562; 1999 549, 552; 2000 524, 528; 2001 525, 528; 2002 523, 526; 2003 520, 521 ff; 2004 549, 553; 2006 614, 619; 2007 566, 569 f; 2008 503, 507; 2009 621, 626; Mitsch Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht nach dem 2. WiKG, JZ 1994 877, 887; Reck Neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur zur Strafbarkeit der Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge, WuB 2000 157; Rönnau Rechtsprechungsüberblick zum Insolvenzstrafrecht, NStZ 2003 525. IV. Arbeits-, Sozialversicherungs-, GmbH-, Insolvenzrecht 1. Literatur. Baumbach-Hueck GmbH-Gesetz, 19. Aufl. (2010); Beck’scher Online-Kommentar (Hrsg.) Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching Sozialrecht [Stand: 1.9.2011]; BMA (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) Übersicht über das Sozialrecht, 7. Aufl. (2010); Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl. (2012); Figge Beitrags- und versicherungsrechtliche Änderungen in der Sozialversicherung zum Jahreswechsel 2010/2011, Beil. 8 zu BB 2010 Heft 50/51; Fuchs/Preis Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. (2009); Gagel Die Wirkung von Konfliktlösungen im Arbeitsrecht und soziale Rechtsbeziehungen, Festschrift Hanau (1999) 649; Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz [Stand: Nov. 2010/Dez. 2011] (zit. GA-AÜG); Haase Beiträge auf nicht gezahltes Arbeitsentgelt. Das „Entstehungsprinzip“ in der neueren Rechtsprechung zum Sozialversicherungsbeitrag, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht (2004) 167; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 5. Aufl. (2008); Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht [Stand: Juli 2011]; Krauskopf Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung [Stand: Juli 2011]; Kreikebohm SGB IV (2008); SGB VI, 3. Aufl. (2008); Müller Der Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht (2009); Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 2. Aufl. (2009); Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 3. Aufl. (2009); Personalbuch 2011 (Hrsg. Küttner) 18. Aufl. (2011); Thüsing Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) 2. Aufl. (2008); Verwaltungskommission der Europäischen Union (Hrsg.) Praktischer Leitfaden – Die Rechtsvorschriften, die für Erwerbstätige in der Europäischen Union (EU), im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in der Schweiz gelten (2011) [zit. VKOM-Leitfaden]; Waltermann Sozialrecht 8. Aufl. (2009); Wimmer (Hrsg.) Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Aufl. (2011). Spezielle Literatur zu § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV (n.F.) in Rdn. 60 Fn. 144. 2. Rechtsprechungsübersichten zum außerstrafrechtlichen Bereich. Arends/Möller Aktuelle Rechtsprechung zur Geschäftsführer-Haftung in Krise und Insolvenz der GmbH, GmbHR 2008 169; Beck Neue Rechtsprechung zur Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer,

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

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ZinsO 2002 16; Groß Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung des GmbHGeschäftsführers wegen Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, ZIP 2001 945; Medicus Die neue Rechtsprechung zur Außenhaftung von GmbH-Geschäftsführern wegen der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, GmbHR 2000 7; Reck Neue Rechtsprechung zur Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer, ZinsO 2002 16.

Entstehungsgeschichte und praktische Anwendung bis 1986 § 266a wurde durch Art. 1 Nr. 11 des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986 (2. WiKG), BGBl. I S. 721, in das StGB eingefügt; er ist am 1.8.1986 in Kraft getreten (Art. 12 des 2. WiKG). Er beendete die bisherige Zersplitterung der in fünf Gesetzen enthaltenen Strafbestimmungen, die – aufgeteilt nach einzelnen Sozialversicherungsgebieten1 – das Vorenthalten von Beitragsanteilen des Arbeitnehmers jeweils gesondert mit Strafe bedrohten, so § 225 AFG (25.6.1969/Art. 249 Nr. 3 EGStGB) für Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit; Vorgänger AVAVG, § 270 [16.7.1927, RGBl. I S. 187/7.10.1931, RGBl. I S. 543], § 250 [23.12.1956], § 213 [3.4.1957]), § 529 Reichsversicherungsordnung (RVO) (1975, Art. 252 Nr. 18 EGStGB) für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung der Arbeiter und Angestellten; Vorgänger § 82b KrankenversicherungsG, [10.4.1892, RGBl. S. 379, 417]; § 533 RVO [19.7.1911, RGBl. S. 509], § 1428 RVO (1975, Art. 252 Nr. 48 EGStGB) für Beiträge zur Arbeiter [und teilweiser Angestellten]rentenversicherung, Vorgänger ursprünglich § 149 des Gesetzes betr. die Invaliditäts- und Altersversicherung [22.6.1889, RGBl. S. 97]; danach § 182 InvalidenversicherungsG [13.7.1899, RGBl. S. 393]; § 1492 RVO [1911]; § 1430 RVO [23.2.1957, BGBl. I S. 45, 72), § 150 AVG (1975, Art. 253 Nr. 6 EGStGB) für Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten; Vorgänger § 342 des Versicherungsgesetzes für Angestellte (AVG) [20.12.1911, RGBl. S. 989]; § 338 AVG [28.5.1924, RGBl. I S. 563]; § 205 i.V.m. § 1492 RVO [21.12.1937, RGBl. I 1393], § 152 i.V.m. § 533 RVO [23.2.1957, BGBl. I S. 88, 116]; § 234 RKG (1975, Art. 254 Nr. 7 EGStGB) für Beiträge zur knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung; Vorgänger § 189 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) [1923, RGBl. I S. 431, 760]; § 233 Abs. 2 RKG [1.7.1926, RGBl. I S. 369]) sowie § 13 Abs. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der hüttenknappschaftlichen Pensionsversicherung im Saarland vom 22.12.1971 (Hüttenknappschaftliches Zusatzversicherungsgesetz – HZvG, BGBl. I S. 2104, 2107), der § 1428 RVO für entsprechend anwendbar erklärte. – Zur Vereinfachung waren 1942 die verschiedenen Beiträge zu einem Gesamtsozialversicherungsbeitrag zur Abführung an eine gemeinsame Einzugsstelle zusammengeführt

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Zur Entstehungsgeschichte der Sozialversicherung allgemein z.B. Wannagat LB des Sozialversicherungsrechts, 1965, S. 61 ff; zur Frühzeit Hoffmann Die Arbeiterversicherungsgesetze des Deutschen Reiches (1902, 1139 S.); näher zu den Strafvorschriften mit Nachw. Bente S. 8 ff, 13 ff, 151 ff; Bollacher S. 51 ff; Fisseler S. 10 ff, und in ZfS 1987 321, 323 ff, 353 ff; Ischebeck S. 60 ff; Tag S. 10 ff; für die Zeit von 1892 bis 1911 brachten Hoffmann S. 160 f, R. Weber S. 135 ff und für den Stand von 1960 Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Strafrecht und Strafverfahren, 37. Aufl. (1961)

B V S. 978 ff einen Überblick. – Ein Erlass des preußischen Justizministeriums v. 25.10.1893, ist bei Reger (Hrsg.) Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden auf dem Gebiete des auf reichsgesetzlichen und gemeinrechtlichen Bestimmungen beruhenden Verwaltungs- und Polizeistrafrechts (einschließlich des gesamten Arbeiter-Versicherungsrechts), Bd. XIV 1894 S. 153 ff abgedruckt – weiter zur Auslegung z.B. Zeller ZStW 16 (1896) 224, 232 ff unter Bezugnahme auf RGSt 25 104 (vom 26.1.1894).

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worden (2. Lohnabzugs-Vereinfachungs-VO, RGBl. I 1942 S. 252 m. DurchführungsvO v. 15.6.1942, RGBl. I S. 403; s. auch die Neugestaltung in der Vereinfachungs-VO v. 17.3.1945, RGBl. I S. 41). – Beiträge zur (Gewerbe)Unfallversicherung (erste Regelungen für einzelne Betriebszweige durch Unfallversicherungsgesetz v. 6.7.1884, RGBl. S. 69; einheitlich durch Gesetze i.d.F. v. 5.7.1900, RGBl. S. 573, 585; 1911 übernommen in das 3. Buch der RVO; 1997 in SGB VII) wurden von Anfang an von Unternehmen getragen; Ordnungs(Geld)strafen wegen unrichtiger Angaben in Arbeiter/Lohnnachweisen; bei Vorschriftsverletzungen betr. Betriebsanmeldung, Lohnbuchhaltung usw. (§§ 103 ff UVG 1884; §§ 146 ff GUVG 1900 [schließt Anwendung von § 263 StGB nicht aus, RGSt 46 423 (1913)]; §§ 908, 909 RVO 1911; § 773 RVO 1963; 1975 Ordnungswidrigkeit durch Art. 252 Nr. 34 EGStGB; § 209 SGB VIII 1997); bei vorsätzlicher unzulässiger Anrechnung von Beiträgen auf das Entgelt Geldstrafe/Haft, § 911 RVO; Geldstrafe/Gefängnis bis zu drei Monaten: § 772 RVO 1963; umgewandelt in Bußgeldvorschrift durch Art. 252 Nr. 34 EGStGB, dazu RegE BT-Drs. 7/550 S. 434). In der Praxis spielten solche Straftaten jedenfalls zeitweise eine nicht unbedeutende Rolle.2 Allerdings war die Zahl von Verurteilungen nach dem KrankenversicherungsG zunächst noch sehr gering. Die Zahl von Verurteilungen in der Weimarer Zeit wies große Schwankungen auf (1924: 211; 1925: 1511 [Vorenthalten: 747]; 1932: über 14 000; 1933: ca. 4500; 1939: ca. 1350; 1940: nur noch 379). Schwankend – wenn auch nicht so erheblich – waren auch die Zahlen für Verurteilungen nach RVO, AVG, AFG (bzw. AVAVG) ab 1950: 928; 1955: 1918; 1961: 1075; 1968: 2 232; 1971: 880; 1977: 1980: 1980: 1814; 1984: 3 098; 1986: 2 874/1977. Möglicherweise stehen die Schwankungen – ähnlich wie in der Weimarer Zeit und danach – im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung. – Untersuchungen von Liebl für die Jahre 1974 bis 19813 bestätigen den teilweise wirtschaftskriminellen Charakter von Beitragsvorenthaltungen. Er rechnete sie zu den Massedelikten. Die durchschnittliche Anklagequote war damals relativ hoch, Einstellungen nach §§ 153 ff StPO bzw. § 170 Abs. 2 StPO bei alleiniger Anwendung der §§ 529, 1428 RVO a.F. relativ gering, bei Kombination mit § 263 und §§ 283 ff StGB erheblich höher (19,9 bzw. 40,2 %). Auch der RegE, BT-Drs. 10/318 S. 25 (mit zusätzlichen Daten für die Jahre 1974 bis 1980) ging davon aus, dass die Straftaten tatsächlich noch größere Bedeutung haben als dies in den registrierten Zahlen zum Ausdruck kam, da sie „häufig gegenüber Insolvenzdelikten aus praktischen Gründen ausgeschieden werden“. Die angerichteten Schäden waren zudem beträchtlich. Allein für den Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassung bzw. illegalen Beschäftigung gingen verschiedene AOKs und teilweise auch die Bundesregierung von geschätzten Verlusten in Millionenhöhe aus.4 Der neue Tatbestand verwirklichte alte Reformüberlegungen bzw. -forderungen auf Vereinheitlichung dieser Strafvorschriften (befürwortend z.B. RegE EGStGB BT-Drs. VI/3250 S. 416; 7/550 S. 432; § 266a im Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, BT, Straftaten gegen die Wirtschaft (1977) S. 129.5 Mit der Einfügung des § 266a in das

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Zur Entwicklung zusammenfassend – auf der Basis von Statistiken des Deutschen Reiches und des Statistischen Bundesamts – Martens, 2. Aufl. 1966, S. 21 (betr. § 82b KrVersG; RVO) und Möhrenschlager HWiStR (1988) unter I 1b. S. 157 ff, 255 ff, 340; Zusammenfassung bei Möhrenschlager aaO.

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Nachw. bei Möhrenschlager aaO, z.B. zu Schätzungen von AOKs und zu den AÜG/BillBG-Erfahrungsberichten BT-Drs. 10/1934; 11/869 S. 9; BT-Plenarprot. 11/26 S. 1721, 1723. Dafür schon Martens, 1. Auflage 1954, S. 15; U. Weber Überlegungen zur Neugestaltung des Untreuestrafrechts, FS Dreher (1977)

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

StGB mit Wirkung v. 1.8.1996 wurden § 225 AFG, §§ 529 und 1428 RVO, § 150 AVG sowie § 234 RKG aufgehoben (Art. 8 Nr. 7, Nr. 8 Buchst. b, Nr. 9 Buchstb. b und Nr. 10 Buchst. b des 2. WiKG). § 266a Abs. 1 entspricht zu einem großen Teil den früheren Vorschriften des § 225 Abs. 1 AFG, des §§ 529 Abs. 1 und des 1428 Abs. 1 RVO, des § 150 Abs. 1 AVG sowie des § 234 RKG. Mit der Aufnahme eines einheitlichen Tatbestandes in das StGB beabsichtigte der Gesetzgeber, die präventive und repressive Wirkung strafrechtlicher Regelungen zu verbessern. Es sollte zum einen dem Eindruck begegnet werden, bei der Beitragsvorenthaltung handele es sich nur um ein säumiges ordungswidriges Verhalten. Bei der Nichtabführung von Beiträgen zur Sozialversicherung handelt es sich um Pflichtverletzungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der für die soziale Sicherung von Arbeitnehmern (und deren Angehörigen) wichtigen Aufkommen an Sozialversicherungsbeiträgen führen können. Neben dem Hauptzweck, das Aufkommen der Sozialversicherung zu sichern, sollten zugleich unerwünschte wirtschaftliche Auswirkungen solcher Taten unterbunden werden. Sie gehören insbesondere in die Nähe von Insolvenzdelikten, da sie oft von Arbeitgebern begangen werden, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden. Das langfristige Vorenthalten von Beiträgen und die unzulässige Verwendung dieser Beiträge kann den irreführenden Eindruck von Kreditwürdigkeit erwecken und zu Wettbewerbsvorteilen führen, die Geschäftspartner und gesetzestreue Mitbewerber durch Wettbewerbsnachteile in ihrem Vermögen gefährden können (vgl. bezogen auf Arbeitnehmerbeiträge RegE BT-Drs. 10/318 S. 12, 25).6 Zur Schließung einer Strafbarkeitslücke wurde in Absatz 2 (a.F.) zusätzlich ein Tatbestand „über das heimliche Nichtabführen eines Teiles des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber, der im geltenden Recht kein Vorbild“ hatte, neu eingeführt (RegE BT-Drs. 10/318 S. 29). Es handelte sich hier „um Fälle, in denen eine privat- oder öffentlich-rechtliche Pflicht besteht, Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen als den Arbeitnehmer abzuführen“ (RegE aaO mit Beispielsfällen, s. weiter Rdn. 73), der Arbeitgeber jedoch diese, obwohl vom Arbeitsentgelt abgezogen, ohne Aufklärung des Arbeitnehmers einbehält. Der Gesetzgeber stufte diese Verhaltensweisen im Grenzbereich von Untreue und Betrug im Hinblick auf die treuhandähnliche Stellung des Arbeitgebers und dessen unlauter heimliches Verhalten zum Nachteil des Arbeitnehmers als strafwürdig ein. In der Vergangenheit waren mehrfach Fälle festgestellt worden, in denen (in finanzielle Schwierigkeiten geratene) Arbeitgeber Gelder, die sie als Lohnbestandteile für Arbeitnehmer als vermögenswirksame Leistungen oder z.B. auf Grund einer sonstigen Verpflichtung wie nach einer Pfändung oder Abtretung von Unterhaltsforderungen oder von Ansprüchen aus Abzahlungskäufen gegen den Arbeitnehmer, für diesen abzuführen hatten, einbehielten und heimlich nicht abführten. Nach früher geltendem Recht war eine Ahndung nach § 266 StGB (mangels Vermögensbetreuungspflicht)7 und oftmals auch

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555, 569; Joswig/Schneider Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht in der Sozialversicherung (1977) § 529 RVO Anm. C; Hübner LK10 (1979) § 266 Rdn. 121. Vgl. auch Gribbohm LK11 Rdn. 8; Marschall Rdn. 547; Möhrenschlager HWiStR aaO. BGHSt 6 314, 317 f (Urlaubsmarken); BGH NStZ-RR 2011 276 f = wistra 2010 483 f; BayObLGSt 1957 188 = NJW 1957 1683; OLG Braunschweig NJW 1976 1903 f (vermögenswirksame Leistungen); OLG Celle MDR 1958 706 (Pfändung); Nds RPfl. 1958

162; OLG Köln NJW 1967 836 (Gläubigeransprüche); OLG Frankfurt NStZ-RR 1997 201 f (Abschluss von Kundenaufträgen durch Arbeitnehmer); vgl. auch BAG NZA 2006 729, 732; 1057, 2007 693, 695; abl. auch Hübner LK10 (1979) § 266 Rdn. 40; Gribbohm LK11 Rdn. 11; Sch/Schröder/Perron § 266 Rdn. 26; Fischer § 266 Rdn. 49; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 5; Rienhardt HWiStR Bem. II 1; teilweise aA Schünemann LK § 266 Rdn. 131.

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nach § 263 StGB8 nicht möglich (näher BT-Drs. 10/318 S. 26 ff). Bundesregierung und Gesetzgeber gingen, ähnlich wie in den Fällen des Absatzes 1, davon aus, dass solches Verhalten auch schädliche Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben haben könnte, u.a. auf Dritte, mit denen der Arbeitgeber in geschäftlichen Beziehungen steht, durch Täuschung über die Kreditwürdigkeit (BT-Drs. 10/318 S. 26, 28). Art. 8 des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit v. 23.7.2002 (BGBl. I S. 2787, 3760), in Kraft ab 1.8.2002, führte zu einer Neufassung von Absatz 1. Klargestellt wurde, dass dessen Anwendung keine Zahlung von Arbeitsentgelt voraussetzt. Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entfielen; die zur Arbeitsförderung werden gesondert erwähnt. In Anlehnung an § 370 Abs. 3 AO wurden in Absatz 4 Strafschärfungen für „besonders schwere Fälle“ eingeführt. Da das „Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen … Dimensionen eines Massendelikts oder einen Umfang annehmen“ kann, „wie dies auch bei der Steuerhinterziehung möglich ist“, „insbesondere … wenn für eine Vielzahl von nicht angemeldeten Arbeitnehmern große Beiträge über einen längeren Zeitraum nicht abgeführt werden“, haben es Bundesregierung (BT-Drs. 14/8221 S. 18) und Gesetzgeber für notwendig gehalten, „in solchen Fällen höhere Strafen als bisher möglich, zu verhängen.“ Zu einem Teil entspricht Absatz 4 auch der Regelung über besonders schwere Fälle für den Subventionsbetrug (§ 264 Abs. 2 StGB), deren Ausgestaltung jedoch durch die Reform der Abgabenordnung (AO 1977; Gesetz v. 16.3.1976, BGBl. I S. 613) mit beeinflusst wurde (der im Gesetzgebungsverfahren noch veränderte Absatz 2 im RegE 1. WiKG, BT-Drs. 7/3441, hatte als teilweises Vorbild § 353 Abs. 3 E-AO). Als Folge wurden die bisherigen Absätze 4 und 5 zu Absätzen 5 und 6. Ab 1.8.2004 verwandelte sich § 266a Abs. 2 in einen durch Art. 2 (Änderung des Strafgesetzbuches) des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung von Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004 (BGBl. I S. 1842, 1849) neu eingeführten Straftatbestand; er bedrohte erstmalig auch das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen durch einen an § 370 Abs. 1 AO angelehnten Tatbestand mit Strafe. Durch Ergänzungen von Absatz 4 und 6 wurden die Regelung über „besonders schwere Fälle“ und die Straffreiheitsklausel auch auf diese Alternative erstreckt. Als Folge der Ausdehnung wurde der bisherige Absatz 2 in den Absatz 3 verschoben. Dessen bisherige Regelung über das Vorenthalten von vom Arbeitgeber erhaltenen Beiträgen durch Mitglieder von Ersatzkassen (vgl. § 168 I SGB V) hatte schon in der Zeit bis 1986 in der Praxis nur noch einen geringen Anwendungsbereich.9

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OLG Köln aaO; Arbeitsgericht Berlin MDR 1971 427; vgl. auch BGH NJW 1953 1924; RegE BT-Drs. 10/318 S. 30; Gribbohm LK11 Rdn. 12, 74 ff; Sch/Schröder/Lenckner 26 Rdn. 16; Maurach/Schroeder/Maiwald § 45 III Rdn. 62; Tag S. 143; Bente S. 19, 89; Schmitz Unrecht und Zeit S. 124 Fn. 239; Laitenberger NJW 2004 2703, 2704 f. (auch mit Hinweis auf die Statistik: 1987 215, 1988 11, 1989 4; 1990 – 2001: 4 Verurteilungen –); Martens wistra 1985 51, 52; Martens/Wilde 4 S. 95. – Nur selten führten damals noch die Ersatzkassenmitglieder selbst die Beiträge ab, da Arbeitgeber im Wege von Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Lohnabzugsverfahren (vgl. BGHZ 58 199, 202 = NJW 1972

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947 [Firmenlistenverfahren] m. Anm. Martens NJW 1972 1421; BGHZ 84 312 = NJW 1982 2780 [Firmeneinzugsverfahren]; BGH 3 StR 278/78 S. 4; BSGE 31 59; OLG Hamburg GA 1958 29; s. Möhrenschlager HWiStR Nr. II 5a, III) oft die Beiträge direkt an die Ersatzkassen abführten; idR entstand dem Versicherungsträger auch nur ein geringer Schaden. – Unnötig war deshalb auch die im EGStGB vorgenommene vereinheitlichende Ausdehnung der zuvor durch die 3. NotVO v. 6.10.1931, RGBl. I S. 543, – als Reaktion auf ein von Betrug und Untreue freisprechendes Urteil des KG v. 26.9.1931, JW 1932 1258 – nur in § 270 Abs. 1 Satz 2 AVAVG [danach übernommen in § 213 Abs. 2 AVAVG

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

1988 war dann zusätzlich auch noch in § 28e I 1, § 28i SGB IV 10 festgelegt worden, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstellen (und damit auch an die Ersatzkassen) vom Arbeitgeber als alleinigem Beitragsschuldner direkt abzuführen ist. Zudem war der frühere Absatz 3 auch dogmatisch, teilweise sogar verfassungsrechtlich auf immer größere Bedenken gestoßen;11 er wurde deshalb durch die Verwandlung seines Inhalts sozusagen stillschweigend als überholt gestrichen.12

Materialien Referentenentwurf eines 2. WiKG (Stand: 20.10.1978; Text bei Hübner LK10 § 266 Rdn. 121; Bente Diss. S. 154; Fisseler Diss. S. XVIII; Schneider BlStSozArbR 1979 138), Begr. S. 29 ff, 86 ff; Referentenentwürfe eines 2. WiKG (Stand: Januar 1981 bzw. 1982), Begr. S. 87 ff bzw. S. 92 ff; Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines 2. WiKG), BR-Drs. 219/82, Begr. S. 11, 12 f, 25 ff (Text und Begr. entsprechen nahezu den Referentenentwürfen von 1981 und 1982); Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines 2. WiKG, BR-Drs. 219/82 – Beschluss, S. 1; Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines 2. WiKG), BT-Drs. 9/2008, Begr. S. 12 f, 25 ff, 55, 57; Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines 2. WiKG, BR-Drs. 150/83; Gesetzentwurf der Abgeordneten Schmidt, Bachmeier u.a., SPD-Fraktion, BT-Drs. 10/119; Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines 2. WiKG), BT-Drs. 10/318, Begr. S. 12 f, 25 ff, 55, 57; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss), BT-Drs. 10/5058, Begr. S. 31; Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages (2. WiKG), BR-Drs. 155/86; Beschluss des Bundesrates zum 2. WiKG, BR-Drs. 155/86.

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und § 225 Abs. 2 AFG 1969] eingefügten Regelung (s. Martens/Wilde aaO) in vier betroffenen Gesetzen (als § 529 Abs. 2, § 1428 Abs. 2 RVO; § 150 Abs. 2 AVG; für § 234 RKG durch Verweisung auf § 533 RVO im RegE Art. 235 Nr. 5, BT-Drs. 7/550 S. 159 auch vorgesehen, aber nach Umwandlung in eine selbständige Strafvorschrift im BT-RAussch BT-Drs. 7/1232 S. 362 im Hinblick auf die Besonderheit der Knappschaftsversicherung zu Recht nicht nachvollzogen). Die aufgezeigten Einwände führten damals gleichwohl noch nicht dazu, von einer solchen Regelung ganz abzusehen, was z.B. Schmitz aaO bedauerte, sondern nur zur Herabsetzung des Höchstrahmens auf ein Jahr Freiheitsstrafe; für Beibehaltung jedoch Siegle S. 152 ff. durch Ausdehnung eines an § 370 AO angelehnten Tatbestandes über das Vorenthalten des Gesamtsozialversicherungsbeitrages auf sonstige Zahlungspflichtige (wie z.B. Ersatzkassenmitglieder). Durch das Gesundheits-ReformG und die Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung, jeweils v. 20.12.1988 BGBl. I 2330, 2477), wurden die materiellrechtlichen Regelungen über die Zahlungspflicht von Mitgliedern von Ersatzkassen (§§ 520 RVO, 179 Nr. 2 AVG) aufgehoben und diese mit den anderen Trägern der gesetzlichen Kran-

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kenversicherung gleichgestellt. Seitdem ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag generell stets vom Arbeitgeber an die Einzugsstellen zu entrichten. – Eine Ausnahme besteht weiterhin für Beschäftigte bei ausländischen Staaten, einer über- oder zwischenstaatlichen Organisation oder deren Arbeitgeber nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, sofern diese die Zahlungspflicht nach § 28e Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllen (§ 28m Abs. 1 SGB IV). – In der Literatur wurde eine Anwendungsmöglichkeit auch noch in den Fällen gesehen, in denen ein Arbeitgeber die Lohnbestandteile für die Ersatzkassen aus irgendeinem anderen Grund (z.B. aus Versehen) an den Arbeitnehmer auszahlte (vgl. Gribbohm LK11 Rdn. 75; w.N. bei Laitenberger NJW 2004 2705). Schmitz Unrecht und Zeit S. 141 f; Laitenberger NJW 2004 2705 f (auch verfassungsrechtlich wegen Ungleichbehandlung bedenklich die – für sonst gesetzliche Versicherte nicht bestehende – Strafbarkeit in Fällen des § 28m Abs. 1 SGB IV). Auch der Bericht des BT-Finanzausschusses, BT-Drs. 15/3079 S. 10, hatte für die Regelung seit geraumer Zeit keinen Anwendungsbereich mehr gesehen.

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Zum Gesetz von 2002 s. RegE BT-Drs. 14/8221 v. 11.2.2002 mit BT-Drs. 14/8288 v. 20.2.2002 = BR-Drs. 1086/01 v. 21.12.2001 mit Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drs. 1086/01 – Beschluss v. 1.2.2002; Ausschussbericht BT-Drs. 14/8625 v. 20.3.2002. Zum Gesetz von 2004 s. Koalitionsentwurf BT-Drs. 15/2373 = RegE BR-Drs. 155/04 = BT-Drs. 15/2948 (mit Stellungnahme des BR-Drs. 155/04 – Beschluss); Ausschussbericht BT-Drs. 15/3077, 3078, 3079.13

Übersicht Rdn. I. Sinn und Zweck der Vorschrift – Tatbestandsstruktur und Rechtsgut – . . . 1. Absätze 1 bis 3 a) Tatbestandsstruktur und Schutzgut aa) Absatz 1 . . . . . . . . . . . bb) Absatz 2 . . . . . . . . . . . cc) Absatz 3 . . . . . . . . . . . b) Schutzrichtung . . . . . . . . . . aa) Absätze 1 und 2 . . . . . . . bb) Absatz 3 . . . . . . . . . . . c) Statistik . . . . . . . . . . . . . . II. Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitgeber und Gleichstehende . . a) Arbeitgeber – Verhältnis zum Arbeitnehmer . . . . . . . . . . aa) Im Allgemeinen . . . . . . . bb) Bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . b) Handeln für den Arbeitgeber . . aa) Anwendung von § 14 StGB . bb) Dem Arbeitgeber Gleichstehende (Absatz 5) . . . . . 2. Nationaler und auslandsbezogener Anwendungsbereich . . . . . . . .

13 13

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Zu beiden Gesetzen Bollacher S. 37 ff; Möhrenschlager wistra 2002 Register R XXIX f, LI; 2004 Register XXIII ff, LII

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III. Vorenthalten von Beiträgen von Arbeitnehmern (Absatz 1) . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Tat . . . . . . . . . a) Geschützte Beitragsansprüche . . . b) Entstehen der Beitragspflicht . . . c) Feststellung der Arbeitnehmerbeiträge . . . . . . . . . . . . . . d) Vereinbarung von Nettoentgelt . . e) Verrechnung von Teilleistungen . . 2. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . a) Einzugsstelle . . . . . . . . . . . b) „Vorenthalten“ von Beiträgen . . . c) Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . d) Verzugsfälle . . . . . . . . . . . e) Tatbestandsausschluss bei Unmöglichkeit – Zahlungsunfähigkeit – . aa) Unmöglichkeit . . . . . . . . bb) Vorverlagerung pflichtwidrigen Verhaltens . . . . . . . . . .

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31 34 34 34 37 38 42 43 46 47 48 50 52 53 54 58

Rdn. cc) Vorrangigkeit . . . . . . . dd) Kollision mit § 64 GmbHG ee) Unzumutbarkeit . . . . . . ff) Fälle positiven Tuns . . . .

. . . .

. . . .

60 62 64 65

IV. Vorenthalten von Beiträgen der Arbeitgeber (Absatz 2) . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Gegenstand der Tat . . . . . . . . 3. Tathandlung . . . . . . . . . . . . a) 1. Alternative . . . . . . . . . . b) 2. Alternative . . . . . . . . . . c) Kausalität . . . . . . . . . . . .

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72 72 73 74 74 75

V. Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . 1. Einschränkungen . . . . . . . . . 2. Gegenstand der Tat . . . . . . . . 3. Tathandlung . . . . . . . . . . . . a) Einbehalten . . . . . . . . . . . b) Vorenthalten . . . . . . . . . . c) Unterlassen der Unterrichtung des Arbeitnehmers . . . . . . . . .

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VI. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . 1. Einverständnis des Arbeitnehmers . . 2. Interessenkollisionen . . . . . . . .

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VII. Innere Tatseite . . . . . . . . . . . . . 1. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . .

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VIII. Teilnahme und Versuch

. . . . . . . .

IX. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . 1. Strafandrohungen in den Grundtatbeständen . . . . . . . . . . . . . 2. Strafschärfungen bei besonders schweren Fällen (Absatz 4) . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Grober Eigennutz – großes Ausmaß . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege . . . . . . . d) Ausnutzung der Hilfe eines Amtsträgers . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . .

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sowie zum Gesetz von 2004 Joecks wistra 2004 441; Fehn ZfZ 2004 218.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Rdn. X. Straffreie Fälle (§ 266a Abs. 6) . . . 1. Sinn und Zweck der Vorschrift . a) In den Fällen des Absatzes 1 . b) In den Fällen des Absatzes 2 . c) In den Fällen des Absatzes 3 . d) Adressatenkreis des Absatzes 6 2. Absehen von Strafe . . . . . . . a) Sachliche Voraussetzungen . . b) Förmliche Voraussetzungen . . c) Die Entscheidung . . . . . . . 3. Persönlicher Strafaufhebungsgrund a) Persönlicher Geltungsbereich .

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Rdn. b) Fristbestimmung – Verfahrensrechtliches . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilzahlungen . . . . . . . . . . . XI. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . 1. Absätze 1 und 2 . . . . . . . . . a) Tateinheit . . . . . . . . . . . b) Tatmehrheit . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu anderen Delikten 2. Absatz 3 . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

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XII. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Sinn und Zweck der Vorschrift – Tatbestandsstruktur und Rechtsgut – 1. Absätze 1 bis 3 a) Tatbestandsstruktur. Die Strafvorschrift des § 266a erfasst als Sonderdelikt zwei 1 verschiedene Arten von Handlungen, durch die von einem Arbeitgeber (bzw. einer diesem gleichgestellten Person) vorsätzlich und rechtswidrig Teile des Arbeitsentgelts an bestimmte Gläubiger zu deren eventuellem Schaden nicht (rechtzeitig) abgeführt werden. Die erste Fallgruppe bezieht sich in den Absätzen 1 und 2 auf das Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, die zweite in Absatz 3 auf das Unterlassen der Zahlung weiterer Teile des Arbeitsentgelts an Gläubiger des Arbeitnehmers. Zur ersten Fallgruppe gehört das in Absatz 1 verankerte, im Grundsatz aus Vor- 2 gängervorschriften (s. Entstehungsgeschichte) übernommene Vorenthalten von Beiträgen von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung (einschließlich zur Arbeitsförderung und damit auch der Arbeitslosenversicherung). Da Gegenstand dieser Straftat „fällige Arbeitnehmerbeiträge sind, die auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches [§ 28e I 1 SGB IV] geschuldet sind“, ist Absatz 1 „sozialrechtsakzessorisch ausgestaltet (BGHSt 53 71, 77 14) und hat damit einen „Blankettcharakter“. „§ 266a flankiert die sozialrechtlichen Bestimmungen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung“ (BVerfG NJW 2003 961 [Kammerentscheidung]). Nach h.M. ist die Tat in ihrer Struktur ein echtes Unterlassungsdelikt (BGHSt 53 71, 3 79; 47 318, 32015; NJW 2011 3047 = wistra 2011 426 f). Dies ist jedenfalls dann richtig,

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= NStZ 2009 271 f = wistra 2009 107, 109 [m. Anm. Röthlein S. 113; Joecks JZ 2009 531 f]; 52 67, 70 = NJW 2007 3638 = wistra 2008 60 f; 51 124 f, 128 = NJW 2007 233 f m. Anm. Schulz = NStZ 2007 197 (dazu Hauck S. 221) = wistra 2007 65; OLG Düsseldorf StV 2009 193; LG Berlin wistra 2007 397 f. – Näher zur „Sozialversicherungsrechtsakzessorietät“ mit über die h.M. hinausgehenden Konsequenzen Ischebeck S. 143 ff. = NJW 2002 2480 f = NStZ 2002 547 [m. Anm. Radtke NStZ 2003 154] = wistra

2002 340 f; BGHSt 51 124, 133; BGHZ 134 304; ZIP 2002 261; wistra 1997 64, 65 f; 1992 23; KG wistra 2010 158; OLG Celle NStZ 1998 303 f; OLG Dresden wistra 2010 196 f; OLG Düsseldorf StV 2009 193 f; wistra 2007 235 f; OLG Frankfurt ZIP 1995 213, 215; OLG Hamm NStZ-RR 2007 170f; StV 2004 312; wistra 2002 392; 2003 73 – ebenso Sch/Schröder/Perron Rdn. 5, 10 m.w.N.; Tag NK Rdn. 57 Fn. 105; Radtke MK Rdn. 7; SSW-Saliger Rdn. 3, 9; Hoyer SK Rdn. 14; Fischer Rdn. 14; Lackner/Kühl Rdn. 7; AnwK-Esser Rdn. 6, 63; Kindhäuser

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

wenn die Tat in der bloßen Nichtzahlung fälliger Beiträge besteht. Gegen diese allgemeine Kategorisierung spricht, dass es neben dem (totalen oder teilweisen) Unterlassen der Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge auch Fälle positiven Tuns gibt, z.B. durch das Einreichen falscher Beitragsnachweise oder die sonstige Angabe unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen.16 Aus dem Handlungsmerkmal „Vorenthalten“ lässt sich alleine nicht zwingend herleiten, dass in § 266a Abs. 1 und 2 immer nur Unterlassungsdelikte vorliegen. Diese Sicht findet ihre Unterstützung in der Einbeziehung von Fällen des Beitragsbetrugs durch positive Handlungen17 in den § 266a aufgrund der Reform von 2004. Die neuere Rechtsprechung18 geht nach der Einfügung von Absatz 2 (s. nachstehend) nunmehr nicht nur von einem Vorrang von Absatz 2, sondern auch von Absatz 1 gegenüber § 263 aus. Der BGH folgte hier dem Verständnis von Regierung (BR-Drs. 155/04 S. 76), Koalitionsfraktionen (BT-Drs. 15/2573 S. 28) und Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 266a im Jahre 2004, s. Entstehungsgeschichte).19 Die Differenzierung von Absatz 2 in den Nummern 1 und 2 zwischen positivem Tun und Unterlassen (s.u.) wirkt sich insofern bei der Hinterziehung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (= Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) auch auf Absatz 1 aus. Weiter ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass die Tat, gleich, ob durch positives Tun oder durch Unterlassen begangen, mit dem Erfordernis des „Vorenthaltens“ als Verkürzung fälliger Beitragsansprüche bzw. dem Ausbleiben des Zahlungseingangs bei der Einzugsstelle im Fälligkeitszeitpunkt als Erfolgsdelikt anzusehen ist.20

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Rdn. 8; Beukelmann in Dölling/Duttge/ Rössner [zit. im Folgenden D/D/R], Rdn. 20; Wittig § 22 Rdn. 29, Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf § 23 Rdn. 13; Mitsch BT 1 § 4 Rdn. 17; M-G/B-Thul Rdn. 13, 153; Dannecker/Knierim Rdn. 747a; Branz S. 86; Brenner S. 101; Dehne-Niemann GA 2009 150, 164; Schmitt S. 42; Wegner wistra 1998 283, 288. Gribbohm LK11 Rdn. 65 (nach ihm gleicht Absatz 1 § 370 AO); Beispiel beim Beitragsbetrug BGH wistra 1987 290, 291 f; aA Branz aaO; wohl auch Radtke MK aaO. Vgl. BGHSt 32 236, 238, 240, 242 = NStZ 1984 317 m. Anm. Marschall = wistra 1984 107, 108 ff (auf Täuschung angelegtes Verhalten eines Verleihers – betr. die Höhe der Bruttolöhne für gemeldete Arbeitnehmer gegenüber der AOK durch Vorlage unrichtiger Beitragsnachweisungen); BGH wistra 1984 66 f (Täuschung durch die Meldung einer zu geringen Zahl von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern); 1987 290 f (nicht eindeutig in der Abgrenzung wurde in der pflichtwidrigen Nichtanmeldung der Schwarzarbeiter seitens eines illegalen Verleihers und der Einreichung der wegen pflichtwidriger Unvollständigkeit falschen Beitragsnachweise eine Täuschung der AOK gesehen); 2003 262, 265 = NJW 2003 1821, 1823 (Verletzt der Arbeitgeber die Verpflich-

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tung zur Mitteilung der Anknüpfungstatsachen hinsichtlich aller bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer durch bewusst unwahre oder unvollständige Angaben, die zu einem geringeren Gesamtsozialversicherungsbeitrag i.S. des § 28 SGB IV führen würden, stellt dies eine Tathandlung i.S. des § 263 dar); s. auch Maurach/Schroeder/Maiwald § 45 Rdn. 71 (aktives Täuschen durch falsche Mitteilungen); Siegle S. 127; Schäfer wistra 1982 96 f; Kniffka wistra 1984 46 f; Stahlschmidt wistra 1984 209 f. BGH NStZ-RR 2007 236 = wistra 2007 307; wistra 2008 180 f; StraFo 2008 219 f; zust. Sch/Schröder/Perron Rdn. 28; Hoyer SK Rdn. 107; Fischer Rdn. 37; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 6; Steinberg wistra 2009 55. In der Vergangenheit war demgegenüber die h.M. (BGH NStZ-RR 2006 308; NJW 2003 1821, 1823 = wistra 2003 262, 265; 1992 141 f) beim Fehlen einer Regelung wie Absatz 2 noch umgekehrt von einem Vorrang von § 263 gegenüber § 266a Abs. 1 ausgegangen, wenn z.B. der Arbeitgeber bewusst unwahre oder unvollständige Angaben zur Klärung von Arbeitnehmerbeiträgen (s. Fn. 17) gemacht hatte. Gribbohm LK11 Rdn. 63, 65; G/J/W-Wiedner Rdn. 2, 30, 35; Hellmann/Beckemper Rdn. 832; Rönnau/Kirch-Heim wistra 2005

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

2004 wurde in Absatz 2 n.F. zusätzlich die Strafbarkeit des Vorenthaltens von sozial- 4 versicherungsrechtlichen Arbeitgeberbeiträgen durch Arbeitgeber (bzw. diesen gleichgestellte Personen) als ebenfalls sozialrechtsakzessorisches Sonderdelikt eingeführt. In seiner engen Anlehnung an den Tatbestand der Steuerhinterziehung in § 370 Abs. 1 AO unterscheidet sich dieser wesentlich von Absatz 1.21 Nummer 1 erfasst entsprechend seinem Vorbild Fälle positiven Tuns,22 Nummer 2 Fälle der Unterlassung (unechtes Unterlassungsdelikt).23 Wie in Absatz 1 ist diese Straftat ein Erfolgsdelikt,24 was zu § 370 AO mit dem Erfordernis der Steuerverkürzung bzw. des Erlangens von Steuervorteilen Allgemeingut ist.25 Vorschläge, diese Alternative mit dem Absatz 1 zu einer einheitlichen Regelung auf 5 der bisherigen Linie zu verschmelzen,26 sind zu Recht weder von Regierungsseite noch

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321, 323 f; Bittmann wistra 1999 441, 450; wohl auch Hoyer SK Rdn. 14 (Vermögensschädigung); abl. Branz S. 88; Schmitt S. 25, 68, 82 (abstraktes Gefährdungsdelikt); zweifelnd Dehn-Niemann GA 2009 150, 167 Fn. 67. Von einem Erfolgsdelikt geht auch Schmitz S. 132 ff aus, auch wenn er den Erfolg nicht in der Summe der vorenthaltenen Beiträge, sondern in einem Verspätungsschaden sieht. Demgegenüber stellt die zivilrechtliche Rechtsprechung bei Schadensersatzansprüchen der Sozialversicherungsträger (zumeist gegen GmbH-Geschäftsführer) nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a auf die Höhe des nicht erfüllten Sozialversicherungsanspruchs ab. Mit dieser Entscheidung korrigierte der Gesetzgeber – ohne darauf Bezug zu nehmen – in entgegengesetzter, aber darüber hinausgehender Richtung die frühere, zum Teil heftig kritisierte Entscheidung der Reformgesetze von 1988, die Nichtabführung der Arbeitgeberbeiträge nicht mehr länger wenigstens als Ordnungswidrigkeit nach § 1429 I RVO, § 151 I AVG und § 235 I RKG (1975 eingeführt durch das EGStGB) zu ahnden; übrig blieb in der damals eingeführten Bußgeldvorschrift des § 95, ab 1990 § 111 SGB IV Nr. 2 i.V.m. § 28a SGB IV die Verletzung von Meldebzw. Erklärungspflichten (vgl. dazu Gribbohm LK11 Rdn. 6; Bente S. 127, 144; Siegle S. 139 ff; BGHZ 84 312 = NJW 1972 2780; KG NStZ 1991 287 = wistra 1991 189 f; Überblick bei Heitmann § 36 Rdn. 54 ff); zur Bedeutung der Pflichtenverletzung für § 266a vgl. näher Rönnau/Kirch-Heim wistra 2005 321, 322 f. BGH NJW 2011 3047; Lackner/Kühl Rdn. 12; Hoyer SK Rdn. 15, 74; G/J/W-Wiedner Rdn. 2, 56; Hellmann/Beckemper

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Rdn. 835; Wittig § 22 Rdn. 41; Rönnau/ Kirch-Heim wistra 2005 321, 322, 325 (m. Zweifeln in Fn. 17); insgesamt als Unterlassungsdelikt sehen Abs. 2 an Radtke MK Rdn. 7; SSW-Saliger Rdn. 3; AnwK-Esser Rdn. 6; Thum/Selzer wistra 2011 290, 293. Rönnau/Kirch-Heim aaO: gegen Kategorisierung von Nr. 2 als echtes Unterlassungsdelikt durch die h.M. (BGH NJW 2011 3047; Radtke MK Rdn. 53; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11e; SSW-Saliger aaO; Fischer Rdn. 21; Lackner/Kühl aaO; Wittig § 22 Rdn. 45; G/J/W-Wiedner Rdn. 2). – Demgegenüber haben BGHSt 41 1 (= NJW 1995 1764 = wistra 1995 189 f) und BGHSt 47 138 = wistra 2002 64, 67) das Vorbild § 370 Abs. 1 Nr. 2 als unechtes Unterlassungsdelikt (aA jedoch BGH wistra 2003 344 f; 2007 224, 226) eingestuft, so auch Lohr in Volk § 29 Rdn. 131; Gußen Rdn. 53; aA (echtes Unterlassungsdelikt) Kohlmann Rdn. 272 (frühere Aufl.); Branz S. 86. Die Unterscheidung ist gleichgültig für Kohlmann/Ransiek Rdn. 272, da allein pflichtwidriges Unterlassen strafbar sei. So auch BGH wistra 2010 408 f; Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 233; Rönnau/Kirch-Heim wistra 2005 321, 323; Fischer Rdn. 21b; G/J/W-Wiedner Rdn. 56; Hoyer SK Rdn. 74 (Taterfolg im Vorenthalten); Wittig HRRS 2012 63, 65. Allgemeine Meinung, z.B. BGHSt 49 359, 364; 53 99, 106; 53 221, 229 f Rdz. 37; zu § 370 AO Joecks Rdn. 20; Kohlmann Rdn. 400; Schmitz/Wulf MK 6/1 Rdn. 11; Lohr aaO Rdn. 164; einschränkend Tiedemann BT Rdn. 98, 100 sowie Weidemann/ Weidemann wistra 2005 207, 210. Z.B. Bente S. 145, 147 (beschränkt auf Fälle der Lohnauszahlung); Fisseler S. 104 ff, 108 ff (setzt Einbehalten voraus); Heitmann

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vom Gesetzgeber aufgegriffen worden. Durch eine unterschiedslose Aufnahme der Arbeitgeberbeiträge in Absatz 1 (im Rahmen einer sich dann auf das Vorenthalten des Gesamtsozialversicherungsbeitrages beziehenden Strafvorschrift) wäre insoweit die bloße Nichtzahlung einer eigenen Schuld strafbar geworden. Dagegen hatten sich bisher sowohl Bundesregierungen als auch der Bundestag ausgesprochen.27 Der Einwand, die dem Absatz 1 zugrundeliegende Schuld des Arbeitgebers – hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrages, § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV – auch für die Beiträge von Arbeitnehmern laufe auch auf die Strafbarkeit der Nichtzahlung einer eigenen Schuld hinaus,28 verkennt die Besonderheit dieser Alternative. Die überwiegende Meinung weist hierzu auf zusätzliche qualifizierende Elemente hin, deren Eigenart allerding umstritten ist.29 Vielfach wurde, abweichend von neueren Erklärungsversuchen, in der Vergangenheit, insbesondere hinsichtlich Vorgängervorschriften,30 aber auch der Fassung von 1986 vor allem auch die „Untreueähnlichkeit“ hervorgehoben. Teile der Literatur 31 halten daran entgegen der h.M. weiterhin fest (s. näher unten Rdn. 9 bei der Erörterung des Schutzguts). Die Mindermeinung kann sich nun auch auf eine Ergänzung von § 28e Abs. 1 SGB IV durch den im Gesetz v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) eingefügten neuen Satz 2 und die Begründung im RegE berufen: „Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht“.32 Hin-

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3. Aufl. (2000) § 29 Rdn. 13 f; Rönnau/ Kirch-Heim wistra 2005 321, 325 f; wohl auch Tröndle/Fischer 52 (2004) Rdn. 9a; nach Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 7 ist die Strafbarkeit auch der Nichtabführung des Arbeitgeberanteils überlegenswert, ebenso der Antrag der GRÜNEN, BT-Drs. 14/5270 S. 2 und der span. Código penal (vgl. Tiedemann BT Rdn. 590). RegE BT-Drs. 14/8221 S. 18; E SPD/ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BT-Drs. 15/2573 S. 28 (übernommen im RegE BT-Drs. 15/2948); selbst in der DDR war bei der Kommentierung von § 176 (ab 1.7.1990 § 172) DDR-StGB (Texte bei Gribbohm LK11 Rdn. 121 f und Bente S. 153) davon ausgegangen worden, dass die bloße Nichtabführung zur Erfüllung des Tatbestandes nicht genüge (s. Ministerium der Justiz [Hrsg.] Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Aufl. (1987) Anm. 2; anders jedoch noch OG, 3 Zst 72/50 v. 28.11.1950, NJ 1951 32, zu der § 533 RVO ablösenden (ersten) Vorgängervorschrift des § 71 der VO über die Sozialversicherung v. 28.1.1947, s. auch Martens, 1. Aufl., S. 16). Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1993 1448; OLG Hamburg NJW-RR 1999 1281 f; Samson SK (frühere Aufl.) § 266a Rdn. 20; Bente in Achenbach/Ransiek Kap XII 2 Rdn. 35 und Strafbarkeit S. 58 f; Bittmann

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Insolvenzstrafrecht § 21 Rdn. 64; Schmitz S. 128. Dazu zusammenfassend jüngst Bollacher S. 63 ff, 74 ff, 208; vgl. auch Radtke MK Rdn. 4 mit Hinweis auf das Lohnabzugsrecht. Hervorgehoben wird auch die besondere Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmerbeiträgen, die mit der Übertragung auf den Arbeitgeber sichergestellt werden sollte, aber auch die damit verbundene Gefahr von Manipulationen seitens Arbeitgebern (vgl. Wegner NStZ 2001 94 f; Heghmanns wistra 2001 51, 53). – Für Ischebeck S. 70 ff ist der Schutz durch Absatz 1 mit der strukturell bedingten Zahlungsunwilligkeit bei der Erfüllung der Sozialversicherungspflicht (Arbeitgeber Zahlstelle für fremde Versicherungsbeiträge) legitimiert. So BGHZ 58 199, 206; BGHSt 2 182, 187; 32 236, 240 (anders noch das RG, z.B. in RGSt 25 194 f; JW 1932 1258; vgl. Fisseler S. 37 ff); weit. Nachw. bei Gribbohm LK11 Rdn. 1, 5; Bollacher S. 54 Fn. 150; Fisseler S. 40 ff. Nachw. bei Bollacher S. 63 Fn. 189; so auch Mitsch § 4 B II 1c Rdn. 12 und Tiedemann BT Rdn. 587. Im RegE BT-Drs. 16/6540 S. 2, 18, 24 wurde davon ausgegangen, „dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig ist. Der Beschäftigte

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tergrund dieser als „Coup im Bundestag“33 gebrandmarkten Regelung war jedoch nicht die Lösung von Struktur- und Rechtsgutsproblemen des § 266a, sondern der damit zumindest von der Bundesregierung bezweckte Ausschluss der Anfechtung der Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Kassen im Insolvenzfall. Auch wenn man dies, m.E. zu Recht, für rechtspolitisch fragwürdig hält, so ist die Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen im Unterschied zur Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen doch fremdbezogen und hat überraschenderweise, jedenfalls was ihre Erfüllung angeht, wieder, wenn auch durch eine gesetzliche Fiktion, gesetzgeberisch einen treuhänderischen Bezug erhalten.34 – Zusammenfassend ergibt sich aus den verschiedenen Sichtweisen der Schluss, dass das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen nach h.M. mehr ist als die bloße Nichtzahlung einer Schuld. Die Aufnahme des Vorenthaltens von Arbeitgeberbeiträgen in den Absatz 1 hätte auf dieser Grundlage zu der nicht gewollten rechtspolitischen Diskrepanz einer Kombination eines qualifiziert strafbaren mit einem nicht qualifizierten strafbaren Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen geführt. Eine einheitliche Regelung ist rechtspolitisch gleichwohl begrüßenswert. Hier bietet 6 sich als Lösung für das Vorenthalten von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen eine Gesamtorientierung am steuerstrafrechtlichen Modell des § 370 AO an, das der Gesetzgeber in Absatz 2 beim Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen übernommen hat. Einzelne Stimmen im Schrifttum hatten sich dafür schon früher eingesetzt.35 Allerdings haben schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung des § 266a Vorschläge zur Einschränkung und Umstrukturierung des damals geltenden Rechts zu ablehnenden

hat Anspruch auf das Bruttoentgelt; der Abzug und die Abführung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen berühren nur die Frage, wie der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags … gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt [Bezugnahme auf BAGE 97 150, GrS 1/00 v. 7.3.2001, = NJW 2001 3570] … Die Zahlungspflicht des Arbeitgebers … ist … aus sozialversicherungs-rechtlichen und technischen Gründen zum Schutze des Versicherten statuiert und ändert nichts daran, dass der Anteil des Beschäftigten aus dessen Verdienst und damit Vermögen stammt und ihm allein zugutekommen soll.“ Die Kritik dazu und zum Gesetzgebungsverfahren (Ischebeck S. 102 ff und die N. auf S. 103 Fn. 485) ist berechtigt, insbesondere nachdem der Gesetzgeber im „Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge“ v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 693) die Übernahme des inhaltlich identischen Vorschlags im RegE, BT-Drs. 16/886 S. 24 f, die u.a. bei der Anhörung im BTRechtsausschuss und dessen Mitglieder auf viel Widerstand gestoßen war, nicht übernommen hatte, vgl. Bericht BT-Drs. 16/3844 S. 9 ff; BTPlProt 16 S. 7361 ff. Es ist daher kaum verständlich, dass die gleiche Regelung im selben Jahr im Schnellverfahren

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doch noch beschlossen wurde, was offenbar vor allem auf die Übernahme der Federführung des RegE durch das BMA, die Beratung im BT-Ausschuss für Arbeit und Soziales (und der Nichtbeteiligung des BTRechtsausschusses!) sowie die Verabschiedung im BT ohne Aussprache (!), PlProt. 16/123 S. 12755, zurückzuführen ist. Blank InsO 2008 1; zusammenfassend zur Kritik Ischebeck S. 103 ff. Allerdings ist der BGH (Z 183 86 = NJW 2010 870) in einer höchst problematischen und m.E. nicht überzeugenden Entscheidung davon ausgegangen, es sei nicht feststellbar, dass die gesetzgebenden Körperschaften die Zielsetzung im RegE in ihren Regelungswillen aufgenommen hätten; für die Begründung einer eigennützigen Treuhand des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers würden hinreichend deutliche Anhaltspunkte fehlen, was einen auch treuhandähnlichen Bezug selbst bei der Erbringung eines eigenen Vermögensopfers beim Arbeitgeber nicht ausschließt. Insbesondere Martens wistra 1985 51, 53 f; Gribbohm LK11 Rdn. 5 a.E. (sachgerecht); Siegle S. 150 ff. Vgl. auch den Hinweis zum span. Strafrecht oben Fn. 26 a.E.

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Reaktionen von Sozialversicherungsverbänden und in der staatsanwaltschaftlichen Praxis (was auch heute noch zu beobachten ist) geführt. Deshalb wurden damals solche Vorschläge nicht aufgegriffen.36 Dieselbe ablehnende Sicht lag dem RegE, BT-Drs. 14/8221 S. 18, im Jahre 2002 zugrunde. Die Alternative einer parallelen Ausgestaltung zu § 370 AO „würde hinsichtlich der Hinterziehung des Arbeitnehmerbeitrags zu einer mit erheblichen Anwendungsschwierigkeiten [was angesichts der Anwendung von § 370 AO fraglich sein dürfte] verbundenen nicht unerheblichen Einschränkung der Strafbarkeit führen“ (RegE aaO). Deswegen war es kein Wunder, dass auch im Gesetzgebungsverfahren im Jahre 2004 ein sich ebenfalls an § 370 AO anlehnender Vorschlag von Reiß bei der Anhörung37 vom Gesetzgeber wiederum nicht aufgegriffen wurde. Auf diesem Hintergrund ist ihre Durchsetzung offenbar derzeit auch weiterhin politisch nicht erreichbar. In den Absatz 3 wurde – zusammen mit einer redaktionellen Folge-Anpassung an 7 die Einfügung des neuen Absatzes 2 – der bisherige Absatz 2 verschoben (vgl. BT-Drs. 15/2573 S. 29). Der frühere Absatz 3 wurde damit aufgehoben (s. Entstehungsgeschichte). Erfasst werden Fälle, in denen der Arbeitgeber vorsätzlich Teile des Arbeitsentgelts, die nicht Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer (in Satz 2 als Ausnahme ausdrücklich erwähnt) betreffen, entgegen einer privat- oder öffentlich-rechtlichen Pflicht nicht für den Arbeitnehmer an einen anderen zahlt, sondern einbehält, ohne darüber den Arbeitnehmer aufzuklären. Gegenstand der Diskussion ist zum einen die Struktur des Tatbestandes als Unterlassungsdelikt und zum anderen der Kern seines Unrechts. Ein Teil der Literatur geht von einem dreifachen,38 ein anderer Teil von einem doppelten39 und eine dritte Auffassung 40 von einem (echten) Unterlassungsdelikt aus. Das Unterlassen der Aufklärung des Arbeitnehmers reicht jedoch zur Erfassung der Gesamtstruktur des Tatbestandes und seines Unrechtsgehalts nicht aus. So ist es z.B. strafrechtlich irrelevant, wenn der Arbeitgeber den vollen Lohn ausbezahlt und der Arbeitnehmer dabei nicht merkt, dass der Arbeitgeber es unterlassen hat, ihn „über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten“ (so auch RegE BT-Drs. 10/318 S. 29). Zwar liegt nach dem RegE aaO und der ihm folgenden Literatur 41 „der Kern des strafwürdigen Unrechts … darin, dass der Arbeitgeber gleichsam „heimlich“, d.h. hinter“ dem „Rücken“

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S. Möhrenschlager HWiStR Arbeitsentgelt, Vorenthalten von, Anm. II 1. Am 24.3.2004 (BT-Drs. 15/3079 S. 2). Unterlassen der Auszahlung des vollen Lohnes = Einbehalten (aA Hoyer SK Rdn. 77: aktives Tun, wohl auch Tag NK Rd. 114: Auszahlung von um Entgeltteile gekürzten Lohnes); Unterlassen der Zahlung an Dritte; Unterlassen der Mitteilung: Tag NK Rdn. 114, 118 ff; Kindhäuser LPK Rdn. 10; Maurach/Schroeder/Maiwald BT Tbd. 1 § 45 Rdn. 67; wohl auch Fischer Rdn. 22b; G/J/W-Wiedner Rdn. 68; Bente S. 82, 84 (mit unterschiedlicher Gewichtung der verschiedenen Unterlassungen) und in Achenbach/Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 55. Unterlassen der Zahlung an Dritten und der Unterrichtung: Gribbohm LK11 Rdn. 72; Kindhäuser LPK Rdn. 10; AnwK-Esser Rdn. 86; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorfer

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BT § 23 Rdn. 23; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 788; Mitsch BT II/2 § 4 Rdn. 35; wohl auch Lackner/Kühl Rdn. 12 f; zumindest von zwei Unterlassungen gehen auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 13 f aus, von zwei Unterlassungen und einem aktiven Tun hingegen Hoyer SK aaO. Samson/Günther SK (frühere Aufl.) Rdn. 37 (reines Unterlassungsdelikt, zu dem das Einbehalten und Unterlassen der Abführung nur Voraussetzungen für die Entstehung der Garantenpflicht darstellen); ihm folgend Schmitz Unrecht und Zeit S. 143; Bente S. 82 ff geht zunächst von drei Unterlassungen aus, hebt aber hervor, dass die ersteren Unterlassungen zum Entstehen einer strafbewehrten Mitteilungspflicht führen. Sch/Schröder/Perron Rdn. 14; in der Sache auch Samson/Günther und Schmitz aaO.

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des Arbeitnehmers handelt“, zeigt aber mit dem gleichzeitigen Hinweis auf (mögliche) ernsthafte Vermögensnachteile mangels Tilgung von Verbindlichkeiten auch das Gewicht der unterlassenen Zahlung auf. Insofern handelt es sich hier zumindest um ein (abstraktes) Vermögensgefährdungsdelikt,42 das auch zu Vermögensschäden seitens des Arbeitnehmers durch teilweisen Lohnverlust und Nachteilen aus der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten führen kann. Dementsprechend haben Regierung und Gesetzgeber den Kern des Unrechts auch als zwischen den Tatbeständen der Untreue und des Betruges bzw. an deren Randbereich liegend angesehen; der Arbeitgeber missbrauche „eine Art Vertrauensstellung“. „Mit Hilfe des neuen Tatbestandes“ sollten „sämtliche Fälle des Nichtabführens eines Teils des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber erfasst“ werden, „die unter dem Gesichtspunkt der Verletzung treuhänderischer Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Lohnzahlung strafwürdig und nicht abgedeckt sind“ 43, also Strafbarkeitslücken geschlossen werden. b) Schutzrichtung aa) Abätze 1 und 2. Allgemeingut ist heutzutage, dass sowohl durch Absatz 1 als 8 auch durch Absatz 2 das Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherstellung des Aufkommens der Mittel für die Sozialversicherung44 (und damit auch das Vermögen der Sozialversicherungsträger, Hoyer SK Rdn. 3 f) geschützt wird. Aus der Entstehungsgeschichte (Vereinheitlichung von Regelungen in verschiedenen Sozialgesetzen), der sozialrechtsakzessorischen Natur dieser Regelungen und den Vorschriften über den räumlichen Geltungsbereich und die Aus- und Einstrahlung (§§ 3 ff SGB IV) sowie den beträchtlichen Unterschieden im einschlägigen ausländischen Recht ist jedenfalls derzeitig noch von einer innerstaatlichen Beschränkung des geschützten Rechtsguts auszugehen;45 aus42 43

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Gribbohm LK11 Rdn. 72; Bittmann § 21 Rdn. 145; Schmitz Zeit und Unrecht S. 149. RegE BT-Drs. 10/318 S. 26 ff (keine Ahndung nach § 266 StGB mangels Vermögensbetreuungspflicht und oftmals auch nicht nach § 263 StGB, s. Entstehungsgeschichte m. Fn. 7). BT-Drs. 10/5058 S. 31 (Rechtsausschuss); 15/2573 S. 28 (Koalitionsentwurf); zuvor auch schon - neben dem Hinweis auf Untreueähnlichkeit – RegE BT-Drs. 10/318 S. 12, 25 (und Referentenentwürfe davor, Gribbohm LK11 Rdn. 2); BVerfG NJW 2003 961 (Kammerentscheidung – in erster Linie); BGHSt 47 318 = wistra 2002 340, 342; BGH NStZ 2010 216; NStZ 2006 227 f = wistra 2005 458 f; BGHZ 144 311, 321 = NJW 2000 2993 f = wistra 2000 42; 134 304, 310 = NJW 1997 1237; BAG NJW 2005 3739 f; OLG Celle JR 1997 478 f; wistra 1996 114 m. Anm. Bente; NJW 1992 190; OLG Dresden DZWIR 2003 380, 382, 384; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993 1448; OLG Frankfurt ZIP 1995 213, 215; OLG Hamm NJW 1999 915 f m. Anm. Wegner NStZ 2000 216; KG wistra 1991 188; OLG Köln

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NStZ-RR 2003 212 f; OLG Naumburg GmbHR 2000 558; Gribbohm LK11 Rdn. 4 f; Radtke MK Rdn. 4; Tag NK Rdn. 7 und Diss. S. 34; Sch/Schröder/Perron Rdn. 2; Fischer Rdn. 2; Lackner/Kühl Rdn. 1; AnwK-Esser Rdn. 2; Joecks Rdn. 1; Kindhäuser Rdn. 1; M-G/B-Thul Rdn. 11; D/D/R-Beukelmann Rdn. 2; Wittig § 22 Rdn. 6; Maurach/Schroeder/Maiwald BT 1 § 45 III Rdn. 63; Mitsch § 4 B I 3; SSW-Saliger Rdn. 2; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 7; Heitmann § 36 Rdn. 13 (in erster Linie); Bente in Achenbach/Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 6 f; Pananis in Ignor/Rixen Rdn. 721; Hellmann/Beckemper Rdn. 791; Tiedemann BT Rdn. 565, 587; Brüssow/ Petri Rdn. 171; Pelz Rdn. 424. Noch offen für den BGH(St 51 124, 135 = NJW 2007 233, 236 = wistra 2007 65, 68); aA Hauck NStZ 2007 221 f; zutr. gegen ihn Zimmermann ZIS 2007 407, 411 ff; Radtke GmbHR 2009 915, 918; abl. auch G/J/WWiedner Rdn. 5. Von einer Fortgeltung des jeweilig anwendbaren nationalen Sozialversicherungsrechts bei zeitlich begrenzten Entsendungen geht auch das EU-Recht aus,

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ländisches Sozialversicherungsaufkommen oder gar das gesamteuropäische Beitragsaufkommen sind also nicht mit geschützt. Bei einer weitergehenden Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union könnte sich dies vielleicht künftig ändern. Eine Mindermeinung sieht auch das Vermögen von Arbeitnehmern als betroffen an.46 9 Deren Ausgangspunkt dafür war zunächst die zu Vorgängervorschriften (s. Entstehungsgeschichte) 47 und im RegE (BT-Drs. 10/318 S.12, 25) zur Einführung des § 266a Abs. 1 vertretene Auffassung vom „untreueähnlichen Verhalten von Arbeitgebern“ [als Treuhänder], was sich vor allem in seinem Standort und ursprünglichen Titel („Veruntreuen von Arbeitsentgelt“) widerspiegelte. Von dieser Sicht löste sich jedoch der Rechtsausschuss (BT-Drs. 10/5058 S. 31) und damit auch der ihm folgende Gesetzgeber durch Verdeutlichung der unterschiedlichen Schutzrichtung zwischen Absatz 1 und Absatz 2 a.F. (nun Absatz 3): „Während Absatz 2 [a.F.] ein untreueähnliches Verhalten des Arbeitgebers zum Nachteil des Arbeitnehmers erfassen“ solle, handele „es sich bei Absatz 1 … um den Schutz der Solidargemeinschaft.“ Dies führte dann auch zu der Erweiterung der Überschrift. An der Auffassung über den „Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung“ haben Regierung und Gesetzgeber auch bei der Reform im Jahre 2004 festgehalten (vgl. Koalitionsentwurf BT-Drs. 15/2573 S. 28 = RegE BT-Drs. 15/2948). Auf diesem Hintergrund hat dann die Rechtsprechung und auch die Literatur das Vorliegen eines „untreueähnlichen Verhaltens“ in der Folge überwiegend verneint,48 obwohl nach BT-Drs. aaO (unter Bezugnahme auf RegE BT-Drs. 14/8221 S. 18) die „bisherige Regelung … mit ihrem Bezug auf Beiträge des Arbeitnehmers untreueähnliche Elemente aufweist“. Vielfach war maßgebend, dass Absatz 1 keine Lohnzahlung voraussetze, was der Gesetzgeber aufbauend auf vorangegangener Rechtsprechung in dem Gesetz v. 23.7. 2002 (BGBl. I S. 2787, 3760) verdeutlichte (s. Entstehungsgeschichte). Der h.M. reichte auch nicht aus, dass der Versicherte Nachteile erleide, wenn der Arbeitgeber die Meldepflichten (§§ 28a ff SGB IV) nicht erfüllt und deshalb vor allem der Rentenversiche-

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vgl. dazu Ignor/Rixen wistra 2001 201 f und Boxleiter in Wabnitz/Janovsky Kap 17 Rdn. 179 ff. Gribbohm LK11 Rdn. 5, 7 (mit Hinw. auf die frühere Rechtspr. zu § 529, 1428 RVO und § 225 AFG a.F. wie z.B. BGHZ 58 199, 203, 206 m. Anm. Martens NJW 1972 1421; BGHSt. 32 236, 240 = wistra 1984 107 f. = NStZ 1984 317 f mit Anm. Martens; vgl. auch BGHSt 2 183, 187; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993 1128 (treuhänderische Bindung gegenüber Arbeitnehmer; anders in NJW-RR 1993 1448 f, 2001 246); BSGE 78 20, 23 f (1996); BAGE 93 168 = NZA 2000 414 [18.1.2000]; Tag NK Rdn. 8 ff und Diss. S. 34 ff; Heitmann aaO; Böttger in Volk § 18 Rdn. 256; Martens wistra 1985 51 f; 1986 154 f; Ranft DStR 2001 132, 134; abl. u.a. im Hinblick auf Gesetzesänderung von 1986 BGHZ 144 311, 320; KG wistra 1991 188 f (grundsätzlich kein Vermögensschaden für Arbeitnehmer); OLG Celle NStZ-RR 1997 324 f; OLG Hamburg NJW-RR 2000 1281 f;

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OLG Köln wistra 1997 231 f; NStZ-RR 2003 212 f; Tiedemann BT Rdn. 587; Wittig § 22 Rdn. 6; Huber S. 14 ff. Exemplarisch BGHSt 32 236, 240 und die in Fn. 46 Genannten. BGH Zivilsenate (144 311; 149 100, 105 f = NJW 2002 512 f; DZWIR 2002 119; ZInsO 2007 265, 267 = NZI 2007 416; NJW 2006 1348 f = DZWIR 2006 198 m. Anm. Flöter/ Bräuer u. Huber NZI 2006 162; NJW 2002 1122; DZWIR 2005 431 m. Anm. Flöter/ Bräuer; ZIP 2003 1666, 1668 [10.7.2003]) = DZWIR 2003 515 f m. Anm. Flöter/Bräuer – Strafsenate (BGHSt 47 318, 341 = wistra 2002 340 f = NStZ 2002 547 m. Anm. Radtke NStZ 2003 154; NJW 2003 182 = NStZ-RR 2003 1633); offen in BAG DZWIR 2006 71 f; weiter Radtke MK Rdn. 4. Vom BAG wird in NZA 2006 729, 732 und 2007 693, 695 (= NJW 2007 1773) jedoch ein Schutzinteresse des Arbeitnehmers an der treuhänderischen Verwaltung von Teilen seines Arbeitseinkommens bejaht.

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rungsträger für den Rentenanspruch wesentlichen Beweisurkunden nicht erhalte.49 Auftrieb für die Mindermeinung bringt allerdings die oben in Rdn. 5 erwähnte Ergänzung von § 28e I SGB IV durch das „Gesetz zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze“ v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) um den neuen Satz 2: „Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht“. Auch wenn diese Vorschrift primär dazu dienen sollte, die – vom BGH (Z 183 86 = NJW 2010 870, s. Rdn. 5) allerdings nicht anerkannte – Anfechtung der Zahlung des Arbeitnehmeranteils an die Einzugsstellen auszuschließen, so ist der Text doch allgemein formuliert. Deswegen spricht einiges dafür, insoweit dem Arbeitgeber, auch wenn keine echte Treuhandschaft, so doch kraft Fiktion wieder eine auf das Vermögen des Arbeitnehmers bezogene treu(händer)ähnliche Stellung zuzuerkennen, obwohl die Beitragszahlung nach § 28e I 1 SGB IV faktisch aus seinem Vermögen erfolgt. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob allein daraus, zumal hier die Rechtsfigur einer Fiktion die Grundlage ist, die zivil- und strafrechtliche Rechtsprechung zu dem Ergebnis kommen würde, dass das Vermögen auch geschütztes Rechtsgut in Absatz 1 und 2 sei. Dagegen könnte u.a. sprechen, dass sie ein „untreueähnliches Verhalten“ des Arbeitgebers im Verhältnis zum Arbeitnehmer z.B. in BGHZ 144 311, 321 = wistra 2000 422, 424 deshalb verneint hat, weil letzterer durch die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge grundsätzlich keinen Vermögensschaden erleide. Mit der Einschränkung „grundsätzlich“ zeigt die Rechtsprechung jedoch an, dass es ggf. Ausnahmen geben kann. Ob dies tatsächlich bei einer Straftat nach § 266a Abs. 1 und 2 der Fall sein kann, 10 hängt angesichts der sozialrechtsakzessorischen Natur dieser Regelungen davon ab, ob durch das Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen der Arbeitnehmer einen Schaden an seinen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen erleiden kann. In der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, bei der Arbeitsförderung (und damit bei der Arbeitslosenversicherung) sowie der Unfallversicherung ist dies nicht der Fall. Hier beginnt im Allgemeinen der Versicherungsschutz (und der Anspruch auf Leistungen) mit der Beschäftigung, die den Versicherungsschutz entstehen lässt.50 Ob der Arbeitgeber tatsächlich Beiträge abführt, ist für die Mitgliedschaft ohne Bedeutung. In diesen Bereichen kann also durch das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen kein Vermögensschaden eintreten. – Teilweise anders ist die Sachlage in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem grundsätzlichen Erfordernis tatsächlicher Beitragszahlung. Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente z.B. wegen Alters (§ 33 II SGB VI) sind in § 34 SGB VI umschrieben. Erforderlich ist nach den §§ 35 ff, 235 ff, 243b neben dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze die Erfüllung der erforderlichen Mindestversicherungszeit (Wartezeit); diese ist näher in den §§ 50 ff geregelt. Auf die erforderliche Wartezeit werden u.a. jeweils Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet (§§ 51, 54 Abs. 1 Nr. 1a, §§ 244, 247 f), für die Pflichtbeiträge (oder freiwillige Beiträge) gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1). Diese Voraussetzungen könnten dazu führen, dass

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Zu Nachteilen BGH BB 1964 262 f; Gribbohm LK11 Rdn. 7; Martens NStZ 1984 319; Martens/Wilde S. 112; Fisseler S. 53 f); abl. hierzu Radtke in MK Rdn. 4. Vgl. Mitgliedschaft mit Beschäftigung nach § 186 Abs. 1 SGB V § 1 Abs. 2 Satz 1, § 49 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB XI; § 24 Abs. 2, 3 SGB III, § 2

Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – Anspruch auf Leistungen gemäß §§ 11 SGB V, § 33 SGB XI, § 323 i.V.m. § 3, §§ 45 ff, 117, 150 SGB III; §§ 26 ff SGB VII. – Regelungen über das „Ruhen des Anspruchs“ (§§ 16 SGB V, 34 SGB XI, 142 ff SGB III) enthalten keine Ausnahme für die zeitweilige Nichtabführung von Beiträgen.

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insbesondere bei längerfristiger Nichtabführung von Beiträgen durch den Arbeitgeber die Erfüllung der Wartezeit für eine bestimmte Altersrente beeinträchtigt wird und ggf. zu Verlust oder Minderung einer sonst zu erwartenden Altersrente führen. Zur Vermeidung solcher Gefahren hat der Gesetzgeber jedoch zusätzliche Regelungen zugunsten von Arbeitnehmern geschaffen. Zum einen ist dies die Vermutungsregelung für ein Beschäftigungsverhältnis und für Zahlungen nach Meldung von Beschäftigungszeiten gemäß § 199 Satz 1 SGB VI, zum anderen eine solche für die Anerkennung von Beitragszeiten bei Glaubhaftmachung des Versicherten über die Ausübung einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung, verstärkt durch die Fiktion von Beitragszahlungen bei Glaubhaftmachung des Beitragsabzugs (§§ 203 Abs. 1, 2 SGB VI; letzteres auch anwendbar bei Nettolohnvereinbarungen, BSGE 53 44). Durch diese Regelungen wird eine Anspruchsgefährdung zu einem großen Teil ausgeschlossen, allerdings nicht vollständig. Wenn eine Vermutung jedoch widerlegt wird bzw. dem Arbeitnehmer die „Glaubhaftmachung“51 nicht gelingt, kann er ggf. durch die unterlassenen Beitragszahlungen in seinem Vermögen geschädigt sein. Dies ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber seinen Beurkundungspflichten nicht nachgekommen ist;52 Vermögensgefährdungen bzw. -schäden sind auch in diesen Fällen primär auf das „Vorenthalten“ von Beiträgen zurückzuführen. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass – im Unterschied zu den Regelungen in den anderen Versicherungen – bei bestimmten Fallgestaltungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Arbeitnehmer durch das Vorenthalten von Beiträgen in seinem Vermögen geschädigt sein kann. Jedenfalls insoweit kann daher auch sein Vermögen als geschütztes Rechtsgut anerkannt werden.

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bb) Absatz 3. In den Fällen des Absatzes 3 (früher des Absatzes 2), die im Randbereich von Untreue und Betrug liegen (Entstehungsgeschichte mit Fn. 7 und 8, weiter Rdn. 72), steht eindeutig der Gedanke im Vordergrund, dass die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers geschützt werden müssen (vgl. BAG NJW 2005 3739 f). Im Unterschied zum Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen haben Bundesregierung und Gesetzgeber den Kern des strafwürdigen Unrechts vor allem darin gesehen, „dass der Arbeitgeber, der bei der Nichtabführung von Teilen des Arbeitsentgelts den Arbeitnehmer falsch entlohnt und ihm gegenüber den wahren Sachverhalt nicht aufdeckt, gleichsam heimlich, d.h. hinter seinem Rücken handelt, wodurch dem Arbeitnehmer selbst ernsthafte Vermögensnachteile entstehen können“ (RegE BT-Drs. 10/318 S. 29). Auch ging er – ähnlich wie in den Fällen des Absatzes 1 – von (mittelbaren) Gefahren wirtschaftlicher Schäden auch für Dritte aus.

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Die Tatsache muss überwiegend wahrscheinlich sein (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Beweismittel sind z.B. Belege des Arbeitgebers (Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnung, Lohnlisten, Bescheinigungen, Meldungen an die Einzugsstelle), Unterlagen der Einzugsstelle, ggf. auch Unterlagen von Krankenkassen, aus der auf eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung geschlossen werden kann, nicht jedoch eine eidesstattliche Versicherung, weiter Zeugenerklärungen – Auch wenn eine Rentenversicherung

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festgestellt werden kann, kann es Schwierigkeiten bei der Feststellung der Lohnhöhe geben, zu deren Ermittlung in der Verwaltungspraxis Tabellenwerte nach § 256b SGB VI angewandt werden. (zu § 203 Koch, Beck’scher Online-Komm Rdn. 4 ff; Kasseler Komm Rdn. 4; Kreikebohm SGB VI Rdn. 10 f). Vgl. aber Fisseler S. 54, der einen Schaden durch die Verletzung der Beurkundungspflicht zwar bejaht, diesen aber dann nicht auf das Vorenthalten zurückführt.

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

c) Statistik. Die Notwendigkeit des Schutzes insbesondere der Sozialversicherungsge- 12 meinschaft spiegelt sich auch in den Statistiken, auch wenn – wie in der Zeit vor 1986 – von einem erheblich größerem Ausmaß durch das deutliche Dunkelfeld auszugehen ist. Schwerpunkt sind Handlungen in Krisensituationen (Bittmann ZGR 2009 931, 973: nahezu ausschließlich). In über 20 Jahren ist die Zahl der Verurteilungen für das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen nach § 266a Abs. 1 – mit Schwankungen – allerdings erheblich angestiegen: von 1114 und 1819 in den Jahren 1987 und 1988 auf 4 417 bzw. 5143 in den Jahren 1997 und 1998 bis auf 6 711 bzw. 6 622 in den Jahren 2009 und 2010 (2007/2008 sogar 7 985/7 270). Die Verurteilungen erfolgten in den letzten Jahren in 1450 bis 1550 Fällen im Verbund mit anderen Entscheidungen. Demgegenüber ist die Zahl von Verurteilungen für das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen nach § 266a Abs. 2 trotz eines Anstiegs von 2004 bis 2009 und 2010 von 18 auf 151 bzw. 206 relativ gering geblieben. Noch mehr gilt das für das Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a Abs. 3 (früher Abs. 2). Hier hat es auch in den letzten Jahren nur noch wenige Verurteilungen gegeben (2004: 18; 2009/2010: 32/32).

II. Täterkreis 1. Arbeitgeber und Gleichstehende. Die Absätze 1 bis 3 sind Sonderdelikte (Rdn. 1; 13 OLG Zweibrücken wistra 1995 319 f). Täter kann nur sein, wer die mit Strafe bedrohten Handlungen als Arbeitgeber oder als Person begeht, die ihm nach Absatz 5 gleichgestellt ist. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wird nach § 14 überdies auf Organe oder besonders Beauftragte ausgedehnt, weil die Arbeitgebereigenschaft zu den besonderen persönlichen Merkmalen im Sinne jener Vorschrift gehört (BGH wistra 2011 344, 346). a) Arbeitgeber – Verhältnis zum Arbeitnehmer aa) Im Allgemeinen. Der strafrechtliche Begriff ist, auch wenn nicht gesetzlich defi- 14 niert, primär nach dem Sozialversicherungsrecht (OLG Zweibrücken aaO) 53 in Verbindung mit seinem Verständnis im Arbeitsrecht und im Bürgerlichen Recht (s. die Erwähnung in den §§ 612a, 613a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4–6 in den Regelungen über den Dienstvertrag, §§ 611 ff BGB) zu bestimmen. Für Tathandlungen nach Absatz 3 bietet sich eine stärkere Orientierung am Arbeitsrecht an. § 266a geht selbst schon von einer Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus, aus der sich eine Pflicht zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen bzw. von Zahlungen an Dritte ergibt. Arbeitgeber können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV legt für alle Zweige der Sozialversicherung die Pflicht zur Versicherung für Personen fest, die gegen Arbeitsentgelt (i.S. von § 14 SGB IV) oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (vgl. auch § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 SGB IV). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist „Beschäftigung … die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis [dazu ergänzend Absatz 2]. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“ Dies entspricht im Wesentlichen der Zielsetzung des Gesetzgebers (BT-Drs. 7/4122 S. 31 zu § 7) und der von der Rechtsprechung vor allem vom BSG, aber weitgehend auch vom BAG

53

Radtke MK Rdn. 8 f; Tag NK Rdn. 19; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; SSW-Saliger Rdn. 5; Wittig § 22 Rdn. 9.

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entwickelten Linie, die insbesondere noch die persönliche Abhängigkeit bei der Abgrenzung zwischen scheinselbständigen Arbeitnehmern und Selbständigen hervorhebt.54 Bedeutsam ist auch die Bezahlung nach festen Entgeltsätzen. Erhält nach einer Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Dritter einen Teil des Lohns, etwa um Geringfügigkeitsgrenzen oder andere Abgabenerleichterungen zu erreichen, wird das Arbeitsverhältnis gleichwohl nicht mit dem Dritten begründet.55 Die Arbeitgeberschaft verliert nicht, wer einen Strohmann vorschiebt.56 Die Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist insbesondere von einem Scheingeschäft abzugrenzen, mit dem ein Beschäftigungsverhältnis vorgetäuscht werden soll, um etwa Leistungen aus der Krankenversicherung zu erhalten.57 Auch bei einem wirksamen Arbeitsverhältnis, bei dem tatsächlich nicht gearbeitet wird, kann ein die Versicherungspflicht begründetes Beschäftigungsverhältnis gegeben sein.58

54

RGSt 26 120; 41 406 f (Dienstberechtigter nach bürgerlichem Recht, auf dessen Namen Dienstvertrag abgeschlossen ist); BGHSt 28 371; VersR 1975 739; BayObLGSt 1953 228; BSGE 13 130, 132; 16 98, 101; 18 196, 198; 20 6, 8; 26 282; 31 114; 34 111, 113; 36 7; 38 53, 57; 45 199 f; 47 201, 204; 51 164, 167; 68 236, 240; 72 105, 107; 83 246, 251 ff; 87 53, 55 f, 60 ff; 103 17; NJW 1967 2031; 1974 207 (GmbH-Geschäftsführer); vgl. auch BAGE 30 163, 168; 54 248, 252. Neuere Beispiele BSGE 100 62 (Vorstandsmitglieder einer AG; Mitglied des Board of Directors einer ir. Ltd); GmbHR 2007 1324 (Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer); GmbHR 2007 648 (Stiller Gesellschafter und Niederlassungsleiterin einer Steuerberatungs-GmbH als Arbeitnehmer); vgl. auch LSG Baden-Württemberg NZG 2011 745 zur Familiengesellschaft); BeckRS 2005 42507 (Transportfahrer; vgl. auch BSG BeckRS 2009 69002, 11.3.2009), 2008 54573 (Freelance-Pilot); SG Berlin BeckRS 2009 66951 (Besucherdiensthelfer beim Bundesrat) – BAGE 78 343, 348 (Fernsehmitarbeiter); 84 124, 133 ff; 377 (Vorstandsmitglied eines Vereins); 86 170 (Zeitungszusteller), 178, 182, 184 (Franchisenehmer); 87 129 (Frachtführer als Arbeitnehmer); 88 263 (Rundfunkmitarbeiter), 327, 335 f (Familienhelferin); 90 353 = BB 1999 2513 (Auslandskonzern); 93 218 (programmgestaltender Rundfunkmitarbeiter); 103 20, 26 (Dienste im Verein); 115 1, 7 ff; NZA-RR 2010 172 (redaktioneller Fernsehmitarbeiter); KG NJW-RR 1997 1126 f; NZA 1998 1275 (Rundfunkreporter); 1999 205, 206 f; ArbG Nürnberg NZA 1997 37 f; zur Abgrenzung vom Handelsvertreter BAG NJW

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2004 461 (zu Scheinselbständigen vgl. unten Rdn. 16; BFHE 221 182 (2008; Telefoninterviewer); BGH NJW 2011 3047 (Arbeitnehmer in Drückerkolonnen); krit. zu den Abgrenzungskriterien SG Düsseldorf NZS 2010 116, dessen Grundlage in § 7 Abs. 1 SGB IV das BVerfG in NJW 2006 2644 (Kammerentscheidung) gleichwohl als ausreichend bestimmt ansah. Weit. Nachw. bei Müller S. 67 ff; Schulz NJW 2006 183 f; Bollacher S. 80 ff; s. auch AnwK-Esser Rdn. 15 ff; Fuchs/Preis § 12; Münchener AnwaltsHB ArbeitsR § 4; zum GmbHGeschäftsführer § 97; Beck’scher OnlineKommentar § 7; Erfurter Kommentar § 7. – Für den EuGH (EuZW 2008 529 f; 2010 268 = NZA 2010 213 f; NJW 2011 2191; vgl. auch die Nachw. in BGH wistra 2012 28 f = NStZ-RR 2012 13) sind die Grundmerkmale eines Arbeitsverhältnisses i.S. des Gemeinschaftsrechts ein Abhängigkeitsverhältnis (mit Leistungen für einen anderen nach Weisung) und die Zahlung einer Vergütung, dazu näher Müller S. 21 ff. Radtke MK Rdn. 9; Fischer Rdn. 4; Dannecker/Knierim Rdn. 741; G/J/W-Wiedner Rdn. 11. BGH GA 1955 81; Fischer Rdn. 4; G/J/WWiedner Rdn. 11; M-G/B-Thul Rdn. 32. Beispiele für eine Vortäuschung LSG Sachsen-Anhalt, BeckRS 2010 67880 (29.10.2009); BeckRS 2011 74145 (19.5.2011). Vgl. § 7 Abs. 1a, 3 SGB IV, etwa bei Erkrankung, Erholungs/Bildungsurlaub, bei Verzicht auf Lohnzahlung nach Kündigung bis zur Beendigung, vgl. Tag NK Rdn. 25 (gegen sie Esser AnwK Rdn. 19) und Vorenthalten S. 53 f; Waltermann Rdn. 109 f m.N. (BSGE

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§ 266a

Die Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn der Arbeitsvertrag zwischen dem 15 Täter und dem Arbeitnehmer zivilrechtlich unwirksam ist.59 Es genügt ein faktisches Arbeitsverhältnis, dessen Existenz die Beteiligten nach den Grundsätzen des Arbeitsbzw. des Sozialrechts – der Täter (als Arbeitgeber) insbesondere durch Lohnzahlung – gelten lassen.60 Das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht oder eine bloß ehrenamtliche Tätigkeit ändert an der Arbeitgeberstellung noch nichts (BVerfG NJW 2003 961). Die Arbeitgebereigenschaft geht nicht dadurch verloren, dass ein Dritter (z.B. eine Bank), außer wenn er die Geschäftstätigkeit in einer das Beschäftigungsverhältnis beeinflussenden Weise kontrolliert (BSG NJW 1967 2031 f betr. Haftung der Mitglieder einer Gründungsgesellschaft), die Löhne direkt auszahlt, dass mit fremden Betriebsmitteln gearbeitet oder der Betrieb auf fremde Rechnung geführt wird.61 Ein Arbeitsverhältnis bzw. ein Arbeitsvertrag braucht nicht ausdrücklich geschlossen sein; die im Vertrag gewählte Bezeichnung, z.B. als Subunternehmer, freies Mitarbeiterverhältnis [dazu GA-AÜG, 1.1.2(9)] oder Werkvertrag (vgl. BGH NStZ 2001 599 f = wistra 2001 464 f; BGH wistra 2012 28 = NStZ-RR 2012 13; LG München I BB 1997 1762; BAG NZA-RR 2010 172), ist daher nicht allein entscheidend. Für die Beurteilung ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich. Liegt danach ein Arbeitsverhältnis vor, können die Vertragsparteien die sich daraus ergebenden Pflichten nicht durch eine abweichende vertragliche Gestaltung beseitigen (BGHSt 53 71, 77; wistra 2012 28 m.w.N.; BAG aaO). Nur dann, wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an den gewählten Vertragstypus festhalten lassen (BAG NJW 2010 2455; BGH NJW 2011 3047 = wistra 2011 426; 2012 28). Die mitunter schwierige Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerverhältnis (insbesondere 16 wenn als Scheinselbständigkeit verschleiert) und echter Selbständigkeit richtet sich seit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) allerdings nicht mehr nach dem Kriterienkatalog des § 7 Abs. 4 Nr. 1 bis 5 SGB IV a.F.; maßgebend ist gleichwohl im Rahmen der vom BSG und vom BAG entwickelten Linie die verbliebene allgemeine Bestimmung („Vermutungsregelung“) in § 7 Abs. 1 SGB IV. Der

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33 254; 36 161, 163 f; 41 24, 25 f; 52 152, 155 f; 59 183, 185; 65 266; 68 236, 240; 101 273 = NJW 2009 1772; 1775; BAGE [GS] 48 122 = BB 1985 1978; 54 232; 67 88, 91). Hoyer SK Rdn. 20 ff, 31 und G/J/W-Wiedner Rdn. 10 orientieren den Arbeitgeberbegriff am Arbeitsrecht; daher negativ bei Fehlen einer Entgeltpflicht; dagegen Sch/Schröder/ Perron Rdn. 11. – Für „flexible Arbeitszeitregelungen“ enthält für Freistellungen § 7 Abs. 1a SGB IV (mit Änderungen ab 1.7.2009) eine Lösung, vgl. Tag NK Rdn. 24; Waltermann Rdn. 116; zur Rechtslage vor dem 1.1.2009 BSGE 101 273; dazu Eckert DStR 2009 327, 328 f. Tag NK Rdn. 20; Diss. S. 44 m. weiteren Beispielen; vgl. auch BSGE 87 53, 59 ff (10.8.2000); zu Diskussion um Grenzen s. Bollacher S. 82 m.N.

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Vgl. BAGE 5 58, 65 f; NJW 1986 2133; 1998 557; BSGE 26 282; 34 111, 113 = NJW 1972 1912; 87 53, 57; AnwK-Esser Rdn. 17; aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 11 (für Orientierung am Sozialrecht). – Ein Beispiel ist die Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Genehmigung (vgl. §§ 284, 288 SGB III, BeschVO; BAG NJW 1969 2111; 1977 1608 [betr. Kündigung]). Diese Ausweitung gilt nicht in Fällen, in denen der Vertrag an einem besonders schweren Mangel leidet, z.B. die Arbeitsleistung selbst sittenwidrig oder strafbar und daher das „Arbeitsverhältnis“ von vornherein nichtig ist (BAGE 112 299 = BB 2005 782 [ärztliche Tätigkeit ohne Approbation]). Radtke MK Rdn. 9; Hoyer SK Rdn. 23; Fischer Rdn. 4b; G/J/W-Wiedner Rdn. 11; Bente S. 31, jeweils mit Nachw.

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bisherige Katalog kann jedoch weiterhin zur Klärung herangezogen werden.62 Das Weisungsrecht des Arbeitgebers kann sich auf die Art, den Inhalt, die Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit beziehen (vgl. BSGE 45 199, 204); bei Diensten höherer Art kann es gemindert sein (BSGE 78 34, 36; BeckRS 2006 41117 betr. Ehrenbeamte; LSG Stuttgart ZIP 2006 298; BAGE 11 225 = NJW 1961 2085 betr. Chefarzt). Selbständige Tätigkeit ist allgemein durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (zum Handelsvertreter s. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB).63 Beim Zusammentreffen von Merkmalen der Abhängigkeit und Selbständigkeit entscheidet über das Überwiegen das Gesamtbild der tatsächlichen Umstände (BSG NJW 1994 341).64 – Zur Anwendung des Antrags- bzw.

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Heitmann § 36 Rdn. 17, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass der Gesetzgeber die Selbständigkeit im Grenzbereich fördern wollte; teilw. krit. zu den bisherigen Kriterien Bauer/Diller/Lorenzen NZA 2000 169; andere Kriterien zur Feststellung der Bewertung als Arbeitnehmer verwenden Brüssow/Petri Rdn. 7; Beispiele für Einzelkriterien finden sich in Rechtsprechung (s. Fn. 64) und Literatur, z.B. bei Brenner S. 108 f; Schulz NJW 2006 183 f; ausführlich zur Abgrenzung M-G/B-Thul § 38 Rdn. 49 ff; Überblick in BReg-Berichten über illegale Beschäftigung, zuletzt in BT-Drs. 16/13768 S. 18. BSG BeckRS 2008 54573; zu GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern (selbständig oder Arbeitnehmer) BSGE 95 275 = NJW 2006 1162; 2008 3514; NZS 2007 648; LSG Stuttgart ZIP 2006 298; BGH NJW 1994 2974. Unter Verwendung von Indizien wie Konkurrenzverbot, kein Urlaubsantritt ohne Genehmigung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; weitere Beispiele: BGH NStZ 2001 599 f = wistra 2001 464 f (Zerlegebetrieb): umfassende Weisungsbefugnis, stundenweise Entlohnung, Einbindung in Betriebsablauf, kein eigenes unternehmerisches Risiko als Indizien für Arbeitnehmereigenschaft; ähnlich BGH NStZ 2010 337 = wistra 2010 29 bei scheinbar selbständigen Prospektverteilern; BSG BeckRS 2008 54573: Arbeitnehmereigenschaft verneint für FreelancePilot wegen fehlender Beschäftigungs- und Lohnfortzahlungsspflicht bei Krankheit, kein bezahlter Urlaub, Fehlen üblicher Zuschläge; unterliegt keinem umfassenden Weisungsrecht; Tag NK Rdn. 19; BayLSozG BeckRS 2009 67031: Eigenschaft als Arbeitnehmer bejaht bei angeblich selbständigen Telefon-

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kräften eines im Auftrag eines US-Fabrikanten tätigen Callcenters, die nach Vorgaben eines Leitfadens zu in Wochenplänen festgelegten Zeiten und nach konkreten Vorgaben gegen Stundenlohn tätig waren und einer laufenden Ergebniskontrolle durch klar strukturierte Tätigkeitsnachweise unterlagen. Zur Abgrenzung bei freien Mitarbeitern in Anwaltskanzleien Spatscheck/Talaska, AnwBl 2010 203, bei Fußball-Vertragsamateuren LG Karlsruhe StV 2010 309 m.N. zur unterschiedlichen Haltung von BAG, BSG und BMF (vgl. auch Schmuck/Wiehe NJW 2010 481); bejaht vom EuGH für Fußball(halb)profis, Müller S. 28 f m.w.N.; bei Bundesligaringern (kein Arbeitnehmer: LSG Saarland, L 7 R 176/09, 12.11.2010; SG Dortmund, BeckRS 2010 65629, 9.11.2009); bei LKW-Fahrern Hess LSG BeckRS 2009 54705 sowie Bordellbetreiberin LG Augsburg BeckRS 2010 00727; juris.de, Arbeitgebereigenschaft bejaht; zum Outsourcing von Nebenarbeiten LG Marburg NStZ-RR 2007 172. Nach Einschätzung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist Scheinselbständigkeit vornehmlich in den Branchen Bau(neben)gewerbe, Spedition, Transport und Logistik sowie Garten- und Landschaftsbau und tendenziell auch im Handwerksbereich und bei Sicherheitsdienstleistungen anzutreffen (BT-Drs. 17/8444 v. 24.1.2012, S. 5). – Überblick über Einzelkriterien im Erfurter Kommentar § 7 Rdn. 8 ff: M-G/B-Thul § 238 Rdn. 55 ff mit Hinw. Rdn. 69 ff auf Abgrenzungen zu Nachbarschaftshilfe und zu Gefälligkeiten sowie zur familiären Mithilfe. – Vgl. im steuerrechtlichen Bereich BFH DStR 2009 263 (zu Servicekräften).

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

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Clearingsstellenverfahren nach § 7a SGB IV vgl. BSGE 103 17 (aber keine Ermächtigung zur Elementfeststellung; LSG Baden-Württemberg BeckRS 2010 68235; M-G/B-Thul § 38 Rdn. 68). Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung sind ab 1.12.2011 wirksame Änderungen 17 durch das Gesetz v. 28.4.2011 (BGBl. I S. 642) von Bedeutung. Sie sind vor allem Folge der Umsetzung der Leiharbeits-RL 2008/104/EG v. 19.11.2008 (ABl. L 327 v. 5.12.2008 S. 9). – Bisher galt Folgendes: Nicht nur bei gelegentlicher oder ohne Gewinnerzielungsabsicht (vgl. BAGE 65 43; 94 144 = NZA 2000 1119; 2005 1006, 1199 = BAGE 113 218 [fehlt bei unmittelbar gemeinnützigen Zwecken; vgl. dazu auch GA-AÜG 1.1.3.(3), 1.1.5 (13)]) erfolgter Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte zur Arbeitsleistung, sondern auch wenn sie nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erlaubt gewerbsmäßig (zur Förderung von Betriebszwecken des Dritten, BAGE 87 186; NJW 2001 1516 f; BeckRS 2009 67935) erfolgt (dazu auch BayObLG GewA 1980 99; 1989 279), bleibt, auch wenn der Leiharbeitnehmer für den Entleiher, eingegliedert in dessen Betrieb, nach dessen Weisungen arbeitet (vgl. BAG NZA 1987 128), der Verleiher weiterhin Arbeitgeber (BAGE aaO; GA-AÜG 1.1.). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG n.F. kommt es für die Erlaubnispflichtigkeit nun nicht mehr auf die Gewerbsmäßigkeit, sondern darauf an, ob die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ (wie das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt, vgl. EuGH EuZW 2006 306, 310) erfolgt. Es spielt keine Rolle, ob Erwerbszwecke verfolgt werden oder nicht, eine Gewinnerzielungsabsicht ist auch nicht mehr erforderlich. Ausnahmen vom AÜG enthalten die in § 1 Abs. 3 AÜG verankerten Regelungen. Dazu gehört nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG (neu) auch eine „gelegentliche“ Überlassung, sofern „der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird“ (vgl. dazu auch BT-Drs. 17/4808 S. 8 f, 14; GA-AÜG 2011, 1.1.3 mit Hinw. zu besonderen Fallgestaltungen und Ausnahmen in 1.1.4/5). Auch nach neuem Recht bleibt der Verleiher bei gelegentlicher (s. zuvor) oder sonstiger erlaubnisfreier und im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erlaubter Überlassung Arbeitgeber eines Leiharbeitnehmers, der unter „Aufsicht und Leitung“ (Art. 3 Abs. 1c RL) des Entleihers arbeitet. Er ist dann regelmäßig zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages verpflichtet (BGHSt 31 32, 34 = wistra 1982 189; RegE BT-Drs. 10/318 S. 53). Der Entleiher wird in der Position eines selbstschuldnerischen Bürgen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) allein durch die Leihe noch nicht zum Arbeitgeber 65; er kann höchstens ein Teilnehmer an der Straftat nach § 266a sein. Abzugrenzen ist die Arbeitnehmerüberlassung von der Arbeitsvermittlung (§ 35 Abs. 1 18 Satz 2, §§ 292, 296 SGB III; vor 1998 § 13 AFG) und vom Werkvertrag. Fingierte Werk- oder Dienstverträge (zu letzteren z.B. Ambs aaO Rdn. 13 ff.) können eine Arbeitnehmerüberlassung verdecken. Von Bedeutung ist für die Überlassung im Rahmen einer Gesamtabwägung der tatsächlichen Umstände, des Geschäftsinhalts der Verträge und des Parteiwillens der Schwerpunkt des arbeitsrechtlichen Verhältnisses (GA-AÜG 1.1.6; 1.2), ob er mehr zum „Verleiher“ oder zum „Entleiher“ mit seinen Weisungsrechten als Beschäftigungsfirma liegt (vgl. BAG DB 1991 284; BGHZ 75 299 = NJW 1980 452). Die Vermutungsregelung des § 1 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AÜG hat nur indizielle Bedeutung; erfüllt der Verleiher alle Arbeitgeberpflichten, ist die Vermutung zugunsten Arbeitsvermittlung widerlegt.66 Beim Werkvertrag verpflichtet sich der Werkunternehmer 65

Radtke Rdn. 10; Tag NK Rdn. 22; Hoyer SK Rdn. 24; G/J/W-Wiedner Rdn. 12; AnwK-Esser Rdn. 23; Bollacher S. 86; zum Entleiher BSG BeckRS 2007 45269.

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Vgl. dazu Ambs AÜG § 1 Rdn. 25 ff (widerlegbare Vermutung); Heitmann § 37 Rdn. 52 (abl. zur Indizwirkung für die Überlassung); Bollacher S. 93 ff; Möhrenschlager HWiStR

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(Hersteller) gegenüber dem Besteller (Auftraggeber) zur Herstellung eines Werkes (als Erfolg) gegen Vergütung (§ 631 BGB). Entscheidend für die Abgrenzung sind auch unter Berücksichtigung des Parteiwillens die tatsächlichen Umstände, insbesondere die Vertragsdurchführung und die Handhabung der Zusammenarbeit; ein wichtiges Kriterium für Arbeitnehmerüberlassung ist die Zurverfügungsstellung von Arbeitnehmern und deren Eingliederung in den Betrieb des „Auftraggebers“, für einen Werkvertrag u.a. die eigenverantwortliche Organisation (BAGE 60 368, 382; 61 7, 21, 124; 67 124; 77 102; BB 2004 669; BeckRS 2009 67935; KG BeckRS 2000 30451684). Aufzählung von weiteren Merkmalen in GA-AÜG 1.1.2.(5)(9)(10), 1.1.6.1; Bezugnahme auf die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur in der Anm. zu LG Oldenburg wistra 2005 117 von Südbeck. Zur Rolle von Gewährleistungen s. auch BGH NStZ 2003 552 = wistra 2003 262 f. Abzuwägen sind alle aufklärbaren Indizien für und gegen eine Arbeitnehmerüberlassung oder einen Werkvertrag.67

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bb) Bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung. Für die bisher in der Praxis häufigen Fälle gewerbsmäßiger (d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht auf gewisse Dauer angelegte, s. GA-AÜG 2010, 1.1.3, 5.(6) und Rdn. 17) oder nunmehr im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommenen Arbeitnehmerüberlassung ohne die erforderliche Erlaubnis – dazu gehört auch der illegale Kettenverleih, GA-AÜG 1.1.2.(11)(12) – schreibt hingegen § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV (ebenso in der Sache – wie zuvor – § 10 Abs. 3 AÜG) ausdrücklich vor, dass der Verleiher, der – trotz Unwirksamkeit des Vertrags nach § 9 Nr. 1 AÜG (zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer) – das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile davon an den Leiharbeitnehmer zahlt, auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen hat. In den Fällen des § 266a Abs. 3 hat er auch für die Zahlung „sonstiger Teile“ des Arbeitsentgelts an „den anderen“ aufzukommen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AÜG). Hinsichtlich dieser Zahlungspflichten gilt er neben dem Entleiher (Arbeitgeber nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG; GA-AÜG 10.1(2)) kraft gesetzlicher Anordnung (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV, § 10 Abs. 3 Satz 2 AÜG) als Arbeitgeber (BGH NStZ 2001 599 f = wistra 2001 464 f; anders bei unerlaubter nicht gewerbsmäßiger Überlassung, vgl. BayObLGSt 1995 278 f). Beide sind als Gesamtschuldner jeweils zu deren Erfüllung verpflichtet (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV).68 Eine analoge Anwendung dieser Regelungen auf nach § 1b Satz 1 AÜG unzulässige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes (§ 175 Abs. 2 SGB III) hat neuerdings das BAG abgelehnt.69

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Arbeitnehmerüberlassung IV 1; Mosbacher MK 6/1 § 15 AÜG Rdn. 6 m.N.; Thüsing/ Waas § 1 Rdn. 102 ff. Eine (unerlaubte) Arbeitsvermittlung schließt eine Beihilfe zur unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung nicht aus, OLG Oldenburg wistra 1995 198 f. Dazu z.B. Heitmann § 37 Rdn. 56 ff; M-G/B-Thul Rdn. 53 ff; Ambs AÜG § 1 Rdn. 8 ff; Bollacher S. 95 ff; Möhrenschlager aaO; Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit (BA) AÜG 10 – 12/2011 unter Bezugnahme auf BAG NJW 1984 2912 und GA-AÜG aaO. LG Oldenburg wistra 2005 117 f m. Anm. Südbeck (Überlassung zu werkvertragsfrem-

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den Zwecken); Radtke MK Rdn. 10 (bei Übernahme der Abführungspflicht durch einen Beteiligten besteht für den anderen eine Überwachungspflicht, abl. G/J/W-Wiedner Rdn. 12); dazu näher auch Bollacher S. 86 ff. – Der Entleiher hat auch rückständige Beiträge zur Unfallversicherung zu zahlen, BSG NZA 1987 500. BAGE 120 352 = BB 2007 610; anders noch BAG BB 1999 112; vgl. Ambs AÜG § 1b Rdn. 8 f; § 9 Rdn. 3. Eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG auf eine nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung lehnte das BAG NZA 2011 351 auch ab.

Manfred Möhrenschlager

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Das wirkt sich auch strafrechtlich aus und war vom Gesetzgeber so beabsichtigt. Es 20 sollte eine – auch in strafrechtlicher Hinsicht bestehende – Lücke (vgl. BGHSt 31 32 = wistra 1982 189 f; BGH NStZ 1984 26 mit Anm. Kniffka; BGHSt 32 236, 239 f = NStZ 1984 317 mit zust. Anm. Martens) geschlossen werden. Es wurde für unvertretbar gehalten, den illegalen Verleiher, der tatsächlich die Stellung eines Arbeitgebers hat und zusätzliches Unrecht begeht, strafrechtlich besser zu stellen als den Verleiher mit Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung und sonstige Arbeitgeber (RegE BT-Drs. 10/318 S. 53; Ausschussbericht BT-Drs. 10/5058 S. 42). Die Strafbarkeit des Verleihers hängt – im Hinblick auf § 10 Abs. 3 AÜG – von dessen Lohnzahlung ab, auch wenn diese von § 266a Abs. 1 und 2 generell nicht (mehr) vorausgesetzt wird.70 Diese Einschränkung ist auf den Entleiher nicht anzuwenden.71 b) Handeln für den Arbeitgeber aa) Anwendung von § 14 StGB. Durch § 14 wird das Sonderdelikt des § 266a auch 21 auf für den Arbeitgeber Handelnde ausgedehnt. Das gilt sowohl bei Charakterisierung von § 266a als echtes Unterlassungsdelikt wie auch als Kombination von Begehungsund unechtem Unterlassungsdelikt (vgl. Radtke MK § 14 Rdn. 43). Absatz 1 Nr. 1 nennt an erster Stelle vertretungsberechtigte Organe einer wirksam bestehenden (auch ausländischen)72 juristischen Person (Absatz 1 Nr. 1). In der Strafverfolgungspraxis spielt vor allem das illegale Verhalten von Geschäftsführern einer GmbH in der Zeit von ihrer Bestellung bis zur Beendigung der Geschäftsführerschaft73 eine Rolle. Auf Grund ihrer Allzuständigkeit sind sie auch für die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, von sonstigen Beiträgen zur Sozialversicherung und von Teilen des Arbeitsentgelts, die sie für den Arbeitnehmer an einen Dritten zu zahlen haben, verantwortlich. Bei einer mehrgliedrigen Geschäftsleitung ist grundsätzlich jeder Geschäftsführer für diese Zahlungen zuständig. Dieser Pflichten können sich die Geschäftsführer weder durch Zuständigkeitsregelungen noch durch Delegation von Aufgaben entledigen. Auch ein für Personal- und Beitragsangelegenheiten nicht zuständiges Mitglied des vertretungsberechtigten Organs kann sich daher strafbar machen, wenn es von einem Verstoß gegen § 266a erfährt, diesen aber nicht verhindert.74 Interne Zuständigkeitsvereinbarungen oder die Delegation (z.B. an einen Prokuristen, dazu Huber S. 86 ff) können aber die Verantwortlichkeit des

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Dannecker/Knierim Rdn. 749; Erfurter Kommentar/Waas § 10 AÜG Rdn. 26; Thüsing/ Haas § 10 Rdn. 61; aA Bollacher S. 88 f für Fälle, in denen Verleiher nur ausnahmsweise keinen Lohn zahlten (bedenklich angesichts der sozialrechtsakzessorischen Natur des § 266a ohne Änderung des § 10 Abs. 3). Radtke MK Rdn. 10; AnwK-Esser Rdn. 24; Möhrenschlager HWiStR Arbeitnehmerüberlassung S. 5; Bollacher S. 92 f; aA Gribbohm LK11 Rdn. 16. Marxen/Böse NK § 14 Rdn. 34; Sch/Schröder/Perron § 14 Rdn. 15 ff (mit Hinweis auf AG Stuttgart wistra 2008 226 betr. den inländischen Niederlassungsleiter einer englischen Ltd; (director einer [Shadow] Ltd ist Organ). BGHSt 48 307, 313 f = NJW 2003 3787,

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3789 = wistra 2004 26; 51 224 = NJW 2007 1730 = wistra 2007 218, 220; BGHZ 133 370 = NJW 1997 130 = wistra 1997 102; NJW 2002 1122; 2008 3557 f; OLG Frankfurt, 12 U 71/09, 18.8.2010, BeckRS 2011 04057; www.juris.de; s. weiter Huber S. 27 ff. Zur faktischen Tätigkeit auch nach Amtsniederlegung LG Stendahl GmbHR 2000 88 und OLG Naumburg GmbHR 2000 558, jeweils mit Anm. Peetz. BGH NJW-RR 2008 1253; BGHZ 134 370, 378 = NJW 1997 130; BGHSt 48 307, 314 (betr. einen mehr den technischen Bereich betreuenden Geschäftsführer); s. auch Möhrenschlager HWiStR Arbeitsentgelt II 3b mit Nachw. auch aus der älteren Rspr.; Bollacher S. 107 ff.

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Geschäftsführers beschränken. Geeignete organisatorische Maßnahmen müssen dann die Begleichung sozialversicherungsrechtlicher Verbindlichkeiten sicherstellen. In jedem Fall bleiben Überwachungspflichten (näher dazu Huber S. 54 ff), die selbst einen nur formellen Geschäftsführer zum Einschreiten verpflichten können (BGHSt 47 318, 325 = wistra 2002 340, 343), was allerdings tatsächliche, also nicht nur scheinbare Befugnisse voraussetzt, auf die Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen (OLG Koblenz NZI 2010 308; OLG Hamm NStZ-RR 2001 173). Solche Pflichten kommen vor allem in Krisensituationen zum Tragen, in denen die laufende Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet erscheint.75 Diese (Überwachungs)Pflichten bestehen auch während eines Urlaubs (BGHZ 134 304, 313) oder bei Krankheit (Tag NK Rdn. 28; teilweise aA Schmitt S. 32); eine Weisung, nicht abzuführen, ist unbeachtlich (OLG Naumburg wistra 2000 34 f). Diese Grundsätze gelten auf der Grundlage der ständigen, von der Wissenschaft vielfach angegriffenen Rechtsprechung des BGH(St 3 32, 37 bis 46 62; wistra 2004 272 f, 2010 148 f = NStZ 2010 635; s. auch BGHSt 47 aaO; 51 224; ebenso OLG Koblenz aaO) auch für ohne förmliche Bestellung bei Einverständnis mit den Gesellschaftern oder deren Mehrheit (OLG Karlsruhe NStZ 2007 648 = wistra 2006 352 f; abl. Arens wistra 2007 35 m. N. zum Streitstand) – auch neben einem formell bestellten Geschäftsführer – faktisch tätige Geschäftsführer.76 Nach OLG Karlsruhe wistra 2006 354 ist ein solcher mit der kaufmännischen Leitung Betrauter ein Beauftragter i.S. von Absatz 2 Satz 1 Nr. 1. § 14 Abs. 1 gilt nach Nr. 2 auch für „vertretungsberechtigte Gesellschafter einer 22 rechtsfähigen Personengesellschaft“ (z.B. OHG, KG; EWiV; für GmbH & Co-KG anwendbar auf den GmbH-Geschäftsführer, BGHSt 28 371 f; am Rechtsverkehr teilnehmende GbR77) und nach Nr. 3 auch für „gesetzliche Vertreter“. Dazu gehören für die Anwendung des § 266a auch die sog. „Parteien kraft Amtes“, wie z.B. Insolvenzverwalter (§ 80 InsO), auch vorläufige „starke“ Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 InsO; Verfügungsverbot für den Schuldner), nicht jedoch solche (bezeichnet als „schwach“ oder „halbstark“), denen nur geringere Befugnisse, wie zur Sicherung und Überwachung, zustehen.78 § 14 Abs. 2 Satz 1 dehnt die Gleichstellung mit 75

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BGHSt 48 307, 314; BGHZ 133 370, 377 ff = NStZ 1997 125 = wistra 1997 102 f m. Anm. Bente; vgl. auch BGH NJW 2001 969, 971; NJW-RR 2008 1253; OLG Frankfurt NZG 2004 388; GmbHR 2009 939; G/J/W-Wiedner Rdn. 15; – krit. Huber S. 46 f, der sich auf S. 73 ff, 96 ff ausführlich mit dem Inhalt von Überwachungspflichten befasst; einschr. Schmid in Wabnitz/ Janovsky § 30 Rdn. 71; Schmitt S. 32 f; teilweise abl. Branz S. 24 ff. Nachw. bei Schünemann LK § 14 Rdn. 23, 69 ff; Tag NK Rdn. 30 und Vorenthalten S. 75 ff sowie JR 2002, 521; Fischer Rdn. 5; AnwK-Esser Rdn. 30 ff (alle zust.); zu Kriterien für faktische Geschäftsführer zusammenfassend Oglermann/Weber wistra 2011 206, 208 (auch zur Frage der Außenwirkung); zum faktischen Geschäftsführer einer engl. Ltd AG Stuttgart wistra 2008 226; aA bzw. einschränkend insbesondere im Hin-

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blick auf den nur eine Fehlerhaftigkeit bei der Bestellung behandelnden § 14 Abs. 3 z.B. Radtke MK Rdn. 13; § 14 Rdn. 47, 118; Tiedemann LK Rdn. 68 ff Vor § 283 und Wirtschaftsstrafrecht AT Rdn. 130 ff; Wohlers MK § 14 Rdn. 118; Marxen NK § 14 Rdn. 41 ff; Marxen/Böse NK § 14 Rdn. 41 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; § 14 Rdn. 42 f; Hoyer SK Rdn. 29; Kiethe/Hohmann MK 6/1 § 82 GmbHG 40 ff; Schmitt S. 29 ff; Wegner wistra 1998 283, 285; Branz S. 36 f, jeweils m.w.N. Zum geschäftsführungsbefugten und vertretungsberechtigten Gesellschafter einer GbR bzw. OHG s. OLG Koblenz NZG 2011 300 = MDR 2011 571. Radtke MK Rdn. 14; Tag NK Rdn. 32; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; § 14 Rdn. 24; SSW-Saliger Rdn. 7; Hoyer SK Rdn. 28; Beck und Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 6 Rdn. 119 ff, 124; Kap. 7 Rdn. 225,

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Arbeitgebern auf von dem Inhaber eines Betriebes bzw. Unternehmens oder sonst dazu Befugten „Beauftragte“ aus. Dazu gehören nach Nr. 1 selbständig an Stelle des Betriebsinhabers tätige (Teil)Betriebs/Unternehmensleiter ([General]Direktor, Generalbevollmächtigter, Prokurist in leitender Stellung [vgl. § 75 Nr. 4 StGB], Leiter einer Zweigstelle, Abteilungsleiter in einem Großbetrieb – entscheidend Funktion, dazu RegE BT-Drs. 10/318 S. 15; näher Schünemann LK Rdn. 58 ff) und nach Nr. 2 eigenverantwortlich zur Wahrnehmung von Aufgaben ausdrücklich Beauftragte (OLG Frankfurt wistra 2003 236). Ein solcher Leiter kann die Abführungspflicht z.B. auf den Leiter der Personalabteilung und dieser dann auf einen Sachbearbeiter übertragen. Bei den Beauftragten muss der eigenverantwortliche selbständige Aufgaben- und Wirkungskreis hinreichend klar umschrieben sein; diese müssen eine klare Vorstellung von Art und Umfang der zu erfüllenden Pflichten haben; eine stillschweigende Übertragung reicht nicht aus (OLG Stuttgart OLGSt § 50a S. 1).79 Durch die Delegation, etwa auf den für die Bearbeitung von Personal- und Sozialversicherungsangelegenheiten zuständigen Prokuristen, erlischt nicht die Verantwortung des Auftraggebers (s. BGHZ 133 370, 378 f = wistra 1997 102 f; Tiedemann AT Rdn. 239 m.w.N.). Ist die Überwachungspflicht nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig verletzt, kommt eine Ahndung nach § 130 OWiG in Frage. bb) Dem Arbeitgeber Gleichstehende (Absatz 5). Dem Arbeitgeber stehen nach 23 Absatz 5 gleich der Auftraggeber bestimmter Personen, in faktisch arbeitnehmerähnlicher Stellung (d.h. von Heimarbeitern, Hausgewerbetreibenden und Personen, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt sind) sowie der Zwischenmeister. Als Arbeitgeber der Hausgewerbetreibenden oder Heimarbeiter gilt, wer die Arbeit unmittelbar an sie vergibt, als Auftraggeber der, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung sie arbeiten (§ 12 Abs. 3 SGB IV). Zwischenmeister ist, wer, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm übertragene Arbeit an Hausgewerbetreibende oder Heimarbeiter weitergibt (§ 12 Abs. 4 SGB IV). – Kommt der Arbeitgeber von Hausgewerbetreibenden und Heimarbeitern seiner Pflicht zur rechtzeitigen Zahlung nicht nach, können diese selbst die Beiträge zahlen (§ 28m Abs. 2 Satz 1 SGB IV mit weiteren Folgen in Satz 2 und den Absätzen 3 und 4). Der für sie tätige Personenkreis (Hausgewerbetreibende, Heimarbeiter und gleichge- 24 stellte Personen). Nach der Entwurfsbegründung 80 sind insoweit für Absatz 1 und 2 des § 266a die Begriffsbestimmungen des § 12 SGB IV maßgebend und für Absatz 3 die der §§ 1, 2 HAG.81 Das bedeutet für Absatz 1:

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306 f; Biermann S. 218; Bollacher S. 101; Gold S. 36 ff, 100 f; Bedenken gegen Anwendung von § 266a bei Wimmer/Weber Kap 19 Rdn. 82 ff. – Ein Teil der Lit. leitet die Anwendbarkeit von § 266a durch Anerkennung einer direkten Arbeitgeberschaft unter Anwendung der allgemeinen o.g. Kriterien ab, so z.B. Gribbohm LK11 Rdn. 15; M-G/BThul § 38 Rdn. 77; Branz S. 26 f (abl. Gold S. 98 f); andere, z.B. Schäferhof/Gerster ZIP 2001 905, 907, Richter S. 31, 40, wenden auf den vorläufigen Insolvenzverwalter § 14 Abs. 2 an. RegE aaO S. 14 i.V.m. Bericht des BT-RAussch, Drs. 10/5058 S. 25 f, der am

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Erfordernis „ausdrücklich“ festhielt, s. auch BT-Drs. 12/192 S. 37, 42 f zum 2. UKG; krit. zur Beschränkung Mansdörfer Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts (2011) S. 346 f. S. weiter zu § 14 Schünemann LK Rdn. 61 ff; Marxen/Böse NK Rdn. 57 ff sowie die Rspr. und Lit. zu § 14 StGB und § 9 OWiG. BTDrucks. 10/308 S. 30. Heimarbeitsgesetz vom 14.3.1951, BGBl. I S. 191; zu Änderungen, auch der 1. DVO, s. BGBl. I Fundstellennachweis A unter 804, letzte Änderung durch Gesetz v. 31.12.2006, BGBl. I S. 2407.

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Hausgewerbetreibende sind selbständig Tätige, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften gewerblich arbeiten, auch wenn sie Roh- oder Hilfsstoffe selbst beschaffen oder vorübergehend für eigene Rechnung tätig sind (§ 12 Abs. 1 SGB IV; vgl. auch § 2 Abs. 2 HAG). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 SGB VII sind – was für § 266a Abs. 2 von Bedeutung ist – Hausgewerbetreibende (aber auch Zwischenmeister) und deren mitarbeitende Ehegatten bzw. Lebenspartner kraft Gesetzes unfallversichert. Heimarbeiter sind sonstige Personen, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlichrechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiten, auch wenn sie Roh- oder Hilfsstoffe selbst beschaffen; sie gelten (sozialversicherungsrechtlich) als Beschäftigte (§ 12 Abs. 2 SGB IV; vgl. auch § 2 Abs. 1 HAG). Nach § 13 SGB III sind sie für den Bereich der Arbeitsförderung Arbeitnehmer. Als Hausgewerbetreibende oder Heimarbeiter gelten auch die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a, c und d HAG gleichgestellten Personen (§ 12 Abs. 5 Satz 1 SGB IV). Das sind: Personen, die in der Regel allein oder mit ihren Familienangehörigen (§ 2 Abs. 5 HAG) in eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte eine sich in regelmäßigen Arbeitsvorgängen wiederholende Arbeit im Auftrage eines anderen gegen Entgelt ausüben, ohne dass ihre Tätigkeit als gewerblich anzusehen oder der Auftraggeber ein Gewerbetreibender oder Zwischenmeister (§ 2 Abs. 3 HAG, § 12 Abs. 1, 2 SGB IV) ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a HAG); andere im Lohnauftrag arbeitende Gewerbetreibende, die infolge ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit eine ähnliche Stellung wie Hausgewerbetreibende einnehmen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c HAG), sowie Zwischenmeister (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d HAG), d.h. diejenigen, die – ohne Arbeitnehmer zu sein – die ihnen vom Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergeben (§ 2 Abs. 3 HAG). Die Gleichstellung dieses faktisch arbeitnehmerähnlichen Personenkreises ergibt sich nicht allein aus dem Heimarbeitsgesetz. Vielmehr können die bezeichneten Personen (Rdn. 27) Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden nach § 1 Abs. 2 HAG nur gleichgestellt werden, „wenn dieses wegen ihrer Schutzbedürftigkeit gerechtfertigt erscheint“. Die Gleichstellung wird nach § 1 Abs. 4 und 5 HAG, §§ 1 ff der 1. DVO zum Heimarbeitsgesetz i.d.F. vom 26.1.1976 (BGBl. I S. 221) mit konstitutiver Wirkung von den dafür zuständigen Stellen ausgesprochen.82 Ohne einen solchen Rechtsetzungs- oder Verwaltungsakt wird in der Regel auch strafrechtlich eine Gleichstellung nicht angenommen werden können. Eine andere Frage ist es, ob der Strafrichter von der besonderen Schutzwürdigkeit nach § 1 Abs. 2 HAG ausgehen muss, wenn sich die zuständigen Stellen für die Gleichstellung entschieden haben. Die Frage könnte im Hinblick auf die Vorfragenkompetenz des Strafrichters zu verneinen sein, insbesondere soweit die Gleichstellung auf einem Verwaltungsakt beruht. Die Frage ist gleichwohl zu bejahen. Es ist dem Gesetzgeber unbenommen, die Strafbarkeit eines Verhaltens vom Vorliegen eines bestimmten Verwaltungsaktes abhängig zu machen, nicht von der Feststellung von dessen Voraussetzungen durch den Strafrichter. Der Gesetzgeber darf im Straftatbestand an einen Rechtssetzungs- bzw. Verwaltungsakt (dazu Dannecker LK § 1 Rdn. 116 ff, 133 ff) anknüpfen, so wie er in § 266a Abs. 4 ersichtlich an die Rechtstatsache der Gleichstellung gemäß § 1 Abs. 4 und 5 HAG anknüpft.

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Ambs § 266a Rdn. 9 ff.

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Bei Absatz 3 ist hinsichtlich der Erweiterung des Arbeitgeberbegriffs, zu dem Ab- 30 satz 5 mit der Gleichstellung des Auftraggebers und Zwischenmeisters führt, unmittelbar auf das Heimarbeitsgesetz abzustellen (RegE BT-Drs. 10/318 S. 30). § 12 SGB IV scheidet insoweit aus, weil es bei § 266a Abs. 3 nicht um den Schutz der Interessen der Sozialversicherung geht, sondern ausschließlich um den Schutz des Vermögens des Arbeitnehmers. Im Übrigen stimmen die Begriffe des Heimarbeitsgesetzes weitgehend mit denen des § 12 SGB IV überein; vergleiche: Heimarbeiter § 1 Abs. 1 Buchst. a, § 2 Abs. 1 und 4 HAG; Hausgewerbetreibender § 1 Abs. 1 Buchst. b, § 2 Abs. 2 und 4 HAG; ihnen gleichgestellte Personen § 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a bis d; Zwischenmeister § 1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d, § 2 Abs. 3 und 4 HAG. Die Gleichstellung (§ 2 Abs. 4 und 5 HAG) erstreckt sich, wenn in ihr nichts anderes bestimmt ist, nach § 1 Abs. 3 HAG unter anderem auf die Vorschriften über die Entgeltregelung (§§ 17 ff HAG), den Entgeltschutz (§§ 23 ff HAG) und die Auskunftspflicht über Entgelte (§ 28 HAG). 2. Nationaler und auslandsbezogener Anwendungsbereich. Von Bedeutung für den 31 Anwendungsbereich des Sonderdelikts und die Reichweite des Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbegriffs ist die Klärung welche Beschäftigungsverhältnisse im Inland und Ausland in die Tatbestände einbezogen sind. Beitragsansprüche und Beitragspflichten als sozialakzessorische Bezugspunkte der Tathandlungen nach Absatz 1 und 2 knüpfen an Vorschriften über die Versicherungspflicht an. Diese gelten für alle Personen, die in Deutschland beschäftigt sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), also dort auch für Ausländer (Territorialitätsprinzip, lex loci labori). Maßgeblich ist dabei der Ort, an dem die Beschäftigung (schwerpunktmäßig) tatsächlich ausgeübt wird (§ 9 Abs. 1 SGB IV; ergänzend Absätze 2 bis 5). Diese Pflicht gilt zusätzlich auch für Personen (Deutsche oder Ausländer), die im Rahmen eines schwerpunktmäßig inländischen Beschäftigungsverhältnisses (Kriterien: Eingliederung, Weisungsrecht) in einem Betrieb mit umfangmäßig nennenswerter Tätigkeit zeitlich begrenzt ins Ausland entsandt werden (§ 4 SGB IV – sog. „Ausstrahlung“); nach Beendigung des Auslandseinsatzes (typisch Montagearbeiten) muss eine Weiterbeschäftigung beim Arbeitgeber im Entsendestaat grundsätzlich möglich sein (BSGE 75 232) bzw. dort weitergeführt werden (BGHSt 52 67, 71 = NStZ 2008 399 = wistra 2008 60 f). Keine Entsendung liegt vor, wenn sich der Betriebszweck eines ausländischen Unternehmens darin erschöpft, ausländische Arbeitnehmer zum Zwecke des Auslandseinsatzes zu beschäftigen.83 Mangels Entsendung liegt auch keine Ausstrahlung vor, wenn der Beschäftigte im Ausland mit einem ausländischen Unternehmen oder mit einem eigenständigen Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns einen eigenständigen Vertrag abschließt. Keine Ausstrahlung stellt eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung dar.84 – Keine inländische Pflicht entsteht für Personen, die im Rahmen eines entsprechenden im Schwerpunkt (BSGE 79 214, 217) ausländischen Beschäftigungsverhältnisses ins Inland mit Absicht der Rückkehr zu einer dort möglichen Weiterbeschäftigung (BSGE 71 227, 234 f; Radtke GmbHR 2010 915 f) zeitlich begrenzt entsandt werden (§ 5 Abs. 1 SGB IV – sog. „Einstrahlung“). Für diese gilt dann das ausländische Sozialversicherungsrecht. Dies ist nicht der Fall, wenn etwa nur zum Schein eine Anstellung bei einem ausländischen Unternehmen besteht oder wenn es an einem ausländischen Beschäftigungsverhältnis überhaupt fehlt und die Arbeitnehmer

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Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Kap. 17 Rdn. 180 unter Bezugnahme auf LSG NRW, L 5 B/98 U v. 29.7.1998. BMA Sozialrecht Kap 4 Rdn. 12, 14; dazu

und näher zur „Ausstrahlung“ Melms in Münchener AnwaltsHB ArbeitsR § 4 Rdn. 38 ff.

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von vornherein allein im Inland beschäftigt werden.85 In Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis erst mit der Entsendung begonnen hat, ist erforderlich, dass infolge der Eigenart der Beschäftigung feststeht oder von vornherein vereinbart ist, dass die Beschäftigung beim entsendenden Unternehmen weitergeführt wird.86 Fehlt die nach § 1 AÜG grundsätzlich notwendige Genehmigung einer Arbeitnehmerüberlassung, unterliegt der ausländische Arbeitnehmer der inländischen Sozialversicherungspflicht, selbst wenn sonst die Voraussetzungen einer Einstrahlung vorliegen (BSGE 64 145, 159). – Abweichende Regelungen können sich aus über- und zwischenstaatlichem Recht ergeben (§ 6 SGB IV). Von großer Bedeutung sind hierbei sog. Entsendebescheinigungen von Trägern ausländischer Sozialversicherung. Sie bezeugen das arbeitsrechtliche Verhältnis eines Arbeitnehmers zu dem entsendenden Unternehmen und damit seine Zugehörigkeit zum System der sozialen Sicherheit des Entsendestaates. In der Europäischen Union (EU) ist seit 1.5.2010 die VO (EG) Nr. 883/2004 v. 32 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, geändert durch die VO (EG) Nr. 988/2009 v. 16.9.2009, und die VO Nr. 987/2009 v. 16.9.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO Nr. 883/200487 zu berücksichtigen. Die Vorgänger VO (EWG) Nr. 1408/71 v. 14.6.1971 und die DurchfVO Nr. 574/72 v. 21.3. 1972 sind dadurch in ihrem Hauptanwendungsbereich aufgehoben.88 Nach Art. 12 Abs. 1 VO 2004 (zuvor Art. 14 Abs. 1a) unterliegt ein Arbeitnehmer („eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist,

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BGHSt 51 124, 128 (betr. Portugal; anders bei bindender Entsendebescheinigung) = NJW 2007 233, 235 m. Anm. Schulz = NStZ 2007, 218 m. Anm Hauck S. 221 = wistra 2007 65 f; 51 224 (betr. Türkei; Arbeit in deutscher GmbH ohne Entsendebescheinigung) = NJW 2007 1370 = wistra 2007 218 f; AnwK-Esser Rdn. 54; Ambs Rdn. 12 unter Bezugnahme auf ein Urteil des SozGer Dortmund v. 25.2.2005 betr. Isle of Man, also nicht im EU-Bereich, krit. deshalb Pananis in Ignor/Rixen, Rdn. 23 Fn. 85. BGHSt 52 67 = NStZ 2008 399 = wistra 2008 60 f; BSGE 75 232 = NZS 1995 281. KoordinierungsVO [sog. GrundVO], EU-ABl. L 166 v. 30.4.2004, S. 1, ber. im EU-ABl. L 200 v. 7.6.2004, S. 1; ÄnderungsVO, EU-ABl. L 284 v. 30.10.2009, S. 43 und DurchfVO, EU-ABl. L 284 v. 30.10.2009, S. 1. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ergibt sich aus Art. 91 Satz 2 GrundVO und Art. 2 Satz 2 ÄnderungsVO, jeweils i.V.m. Art. 97 Satz 2 DurchfVO. – Ergänzende Regelungen im Gesetz v. 22.6.2011 (BGBl. I S. 1202), u.a. zu Zuständigkeiten und VO-Ermächtigungen. Die Kommission hat am 20.12.2010 Änderungen der VO vorgeschlagen (KOM (2010) 794, ABl. C 2011/94 S. 7). Fundstellen der Vorgänger: ABl. EG Nr. L 149 v. 5.7.1971, S. 2; ABl. EG Nr. L 74

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v. 27.3.1972, S. 3; Aufhebung ergibt sich aus Art. 90 Abs. 1 Satz 1 GrundVO und Art. 96 Abs. 1 Satz 1 DurchfVO. – Nach deren Satz 2 bestehen – bis zu ihrer Änderung – weiter die alten Regelungen hinsichtlich der AusdehnungsVO 859/2003 v. 14.5. 2003, EU-ABl. L 124 v. 20.5.2003 S. 1 auf Drittstaatsangehörige (ausgeweitet durch VO 1231/2010 v. 24.11.2010, ABl. L 344 S. 1), der sich auf Grönland beziehenden VO (EWG) Nr. 1661/85 v. 13.6.1985, EU-ABl. L 160 v. 20.6.1985 und, soweit nicht durch die neuen VOen geändert, für den EWR-Bereich, Abkommen L 1 v. 3.1.1994 S. 1 (s. Anhang VI); Melms (Fn. 84) § 4 Rdn. 34 ff; Schlegel in Personalbuch 2009, Auslandstätigkeit Rdn. 83 ff; Ambs Rdn. 14) und dem Freizügigkeits-Abkommens mit der Schweiz, ABl. L 114 v. 30.4.2002, S. 6, geändert nach EU-ABl. L 187 v. 26.7.2003, S. 55 sowie weiterer Abkommen, die auf diese früheren VOen verweisen. – Zur Handhabung VKOM-Leitfaden; zu Übergangsproblemen s. Beschluss H1 der Verwaltungskommission v. 12.6.2009, EU-ABl. C 106 v. 24.4.2010 S. 13; VKOM-Leitfaden S. 16. Zur Ausstellung von Bescheinigungen bei kurzfristigen Entsendungen s. Rundschreiben der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland 2011/198 v. 27.9.2011.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

eine Beschäftigung ausübt“) auch bei einer Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat „um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen“, weiterhin dem Sozialversicherungsrecht des Herkunftsstaates, „sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst“; eine längere Entsendezeit und damit die Weitergeltung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften des Entsendestaates kann ggf. auf der Grundlage von Art. 16 VO 2004 vereinbart werden. Art. 13 f VO 2004 enthalten Sonderregelungen bei Tätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten (zum Verfahren Art. 16 DurchfVO; dazu VKOM-Leitfaden S. 18 ff). – Der Arbeitnehmer kann sich vom heimischen Versicherungsträger eine sog. A1(bisher E-101)-Bescheinigung ausstellen lassen. Die Worte „der gewöhnlich dort tätig ist“ beziehen sich „auf einen Arbeitgeber, der gewöhnlich andere nennenswerte Tätigkeiten als reine interne Verwaltungstätigkeiten“ im Entsendestaat ausübt „unter Berücksichtigung aller Kriterien, die die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens kennzeichnen“ (Art. 14 Abs. 2 DurchfVO). Schon bisher verlangte der EuGH (Slg 2000 I-883; s. weiter Ignor/Rixen wistra 2001 201, 204) dazu eine Gesamtschau aller Tätigkeiten und die Berücksichtigung verschiedener Merkmale (u.a. Zahl der Beschäftigten im Mitgliedstaat der Betriebsstätte und am Verwaltungssitz; Umsätze im jeweiligen Mitgliedstaat; Ort der Einstellung der entsandten Arbeitnehmer; Ort, an dem der Großteil der Verträge mit den Kunden geschlossen wurden; näher VKOM-Leitfaden S. 7 ff – S. 11 f zur Nichtanwendung). Nach Nr. 1 2. und 3. Absatz des Auslegungsbeschlusses A2 der Verwaltungskommission zu Art. 12 VO 2004 „ist davon auszugehen, dass eine Arbeit für Rechnung des Arbeitgebers des Entsendestaats ausgeführt wird, wenn feststeht, dass diese Arbeit für diesen Arbeitgeber ausgeführt wird und dass eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, der ihn entsandt hat, fortbesteht.“ Zu letzterem „ist ein Bündel von Merkmalen zu berücksichtigen, insbesondere die Verantwortung für Anwerbung, Arbeitsvertrag, Entlohnung … Entlassung sowie die Entscheidungsgewalt über die Art der Arbeit“.89 Die A1-Bescheinigung des Entsendestaates schließt, soweit sie nicht (zur E 101-Bescheinigung Zimmermann ZIS 2007 407, 413 f) zurückgenommen wird, die Anwendung des Systems der sozialen Sicherheit des Staates, in den der Arbeitnehmer entsandt wurde, aus (EuGH;90 BGHSt 51 124, 132 f). Dies gilt auch dann, wenn die Bescheinigung materiell unrichtig ist (z.B. durch falsche Angaben erschlichen wurde). Die (Straf-)Gerichte des Gaststaates sind nicht befugt, die der Entsendebescheinigung zu Grunde liegenden Tatsachen einer eigenständigen Überprüfung zu unterziehen.91 Folge

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V. 12.6.2009, EU-ABl. C 106 v. 24.4.2010, S. 5; so auch schon die Verwaltungskommission zur VO 1971 (Radtke GmbHR 2009 915, 916 f m.N. in Fn. 18). EuGH (10.2.2000) Slg. 2000, I-883 = EuZW 2000 380, 384; (30.3.2000), Slg. 2000, I-2005, 2040 ff = EWS 2000 227; (26.2.2006), Slg. 2006 I-1079 = wistra 2006 181 (LS). BGHSt 51 124, 130 ff = NJW 2007 233, 235 f = wistra 2007 65, 66 f (dazu Hauck NStZ 2007 221, teilw. abl.); Radtke GmbHR 2009 915, 917 f (zust.; auch gegen Anwendung von § 263); Rübenstahl NJW 2007 3538 (nur für eine quasi-materielle Bindungswirkung, aber gegen ein materielles Verständnis der Entsendebescheinigung i.S.

eines Ausschlusses eines Anspruchs des Sozialversicherungsträgers des Gaststaates); Schulz NJW 2007 237 und Tiedemann AT Rdn. 93a (zust.); Wank EuZW 2007 300 (abl.); Zimmermann ZIS 2007 407, weitgehend zust.); im Erg. auch BGHSt 52 67 = wistra 2008 60, 62; Fischer Rdn. 9b; Lackner/Kühl Rdn. 6; Bente in Achenbach/Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 17; D/D/R-Beukelmann Rdn. 14; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Kap. 17 Rdn. 182 f; Heger JZ 2008 369; Ignor/Rixen wistra 2001 201, 203 f; Pananis aaO m.w.N.; aA LG Berlin wistra 2007 397 f unter Hinweis auf ähnliche Entscheidungen anderer Landesgerichte; Heitmann § 36 Rdn. 71, 76.

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

ist die Unanwendbarkeit von § 266a und auch von § 263 (Beitragsbetrug) vor der Änderung seines Vorrangverhältnisses zu § 266a durch das Änderungsgesetz von 2004 (Entstehungsgeschichte; s. Rdn. 1 m. Fn. 18). – Eine Änderung der Entsendebescheinigung kann jedoch u.U. durch das Dialog- und Vergleichsverfahren zu Fragen der Gültigkeit von Dokumenten und der Bestimmung anzuwendender Rechtsvorschriften erreicht werden.92 Teilweise anders und noch mehr umstritten ist die Sachlage bei Entsendungen von 33 anderen Staaten auf Grund der mit Deutschland abgeschlossenen sog. „Sozialversicherungsabkommen“ (s. die Liste im Fundstellenverzeichnis B des BGBl. II, Sachgebiet IX 1, Soziale Sicherheit), einschließlich etwaiger relevanter Assoziationsabkommen. Die Dauer der Fortgeltung des Rechts des Entsendestaates ist in diesen unterschiedlich geregelt (unbegrenzt bzw. zwischen 12 und 60 Kalendermonaten). – Nach BSGE 85 240, 243 (1999; zu Mazedonien/Jugoslawien) ist bei solchen Entsendungen eine Entsendebescheinigung von den Sozialgerichten des Gaststaates nur in begrenztem Umfang auf ihren materiellen Gehalt überprüfbar; sie seien allerdings berechtigt zu überprüfen, ob die im Herkunftsstaat zuständigen Stellen die Vorschriften des Abkommens richtig angewandt haben. Unverbindlichkeit könne allenfalls angenommen werden, wenn die Bescheinigung nicht plausibel sei und offensichtlich auch auf der Grundlage des Rechtsverständnisses des Herkunftsstaates nicht richtig sein könne. Nach BGH(St 52 67, 75 ff = NJW 2008 595 = wistra 2008 60, 63; betr. Ungarn vor EU-Beitritt) kann den Bescheinigungen allenfalls eine beschränkte Bindungswirkung zukommen, wobei vom Wortlaut des Abkommens auszugehen sei. Seien die Entsendebescheinigungen gemessen am Wortlaut des Abkommens inhaltlich aber offensichtlich unzutreffend, haben nach BGH die deutschen Behörden und (Straf)Gerichte die Rechtslage nach deutschem Recht zu prüfen.93 Eine Bindung an die Bescheinigungen könnte allenfalls insoweit bestehen, als die Beschäftigungsverhältnisse, für die die Bescheinigungen erteilt wurden, noch vom möglichen Wortsinn des Übereinkommens erfasst werden, mag dieser auch in Deutschland auch anders ausgelegt werden. Im konkreten Fall sah der BGH trotz der Bescheinigung Beschäftigungsverhältnisse in Ungarn und eine Entsendung von dort aus nicht als gegeben an; die Arbeitnehmer waren von einem aus einem Büroraum in Ungarn bestehenden Unternehmen nur angeworben worden, um sie deutschen Unternehmen zur tatsächlichen Beschäftigung in Deutschland zu überlassen. Eine Entsendung durch eine bloße Briefkasten/Scheinfirma ist keine „Entsendung“ i.S. des Abkommens, was auch für illegale Arbeitnehmerüberlassung gelte (Boxleitner aaO). Noch mehr gilt dies für allgemeine Bescheinigungen über die Sozialversicherung im Herkunftsland (Sch/Schröder/Perron Rdn. 6) und Leistungsberechtigungsscheine der ausländischen Sozialversicherung (BGHSt 51 224, 231 f = wistra 2007 218, 220). 92

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Näher dazu Beschluss A1 der Verwaltungskommission v. 12.6.2009, EU-ABl. C 106 v. 24.4.2010 S. 13. Ebenso Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Kap. 17 Rdn. 182 f; G/J/W-Wiedner Rdn. 25; AnwK-Esser Rdn. 54; Tiedemann AT Rdn. 93a; Heger JZ 2008 369, 372; für eine durch die offensichtliche Unrichtigkeit (zu messen an Wortlaut, Sinn und Zweck des Abkommens und sekundär am Rechtsverständnis des Entsendestaates) begrenzte Bindungswirkung Radtke GmbHR 2009 915, 922 (mit Kritik am Prüfungsverfahren des

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BGH); ebenso LSG Bayern BeckRS 2009 56076 (32.1.2007; betr. Entsendeabkommen mit Polen v. 25.4.1973 BGBl. 1974 II S. 926); für weitergehende Bindungswirkung, auch für das Strafrecht, ähnlich wie auf EU-Ebene (zumindest, wenn Auslegung des Abkommens dies gestattet) aber Jofer/Weiß StraFo 2007 281; Rübenstahl NJW 2007 3538, 3540; 2008 598 f; wohl auch Sch/Schröder/ Perron Rdn. 6; umgekehrt Heitmann § 36 Rdn. 71: im Strafverfahren ist Bescheinigung ohne Bedeutung; tatsächliche Verhältnisse entscheidend.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

III. Vorenthalten von Beiträgen von Arbeitnehmern (Absatz 1) 1. Gegenstand der Tat a) Geschützte Beitragsansprüche. Gegenstand der Tat nach Absatz 1 sind nur fällige 34 tatsächlich geschuldete Arbeitnehmerbeiträge (§ 23 SGB IV). Es handelt sich dabei um die „vom Beschäftigten zu tragenden Teile des Gesamtsozialversicherungsbeitrags“, der nach der rechtspolitisch und in ihrer Bedeutung umstrittenen Regelung in § 28e Abs. 1 Satz 2 „als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht“ gilt. Gesamtsozialversicherungsbeiträge (§ 28d SGB IV) „für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (oder Hausgewerbetreibenden)“ setzen sich insgesamt zusammen aus Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (= Beiträge zur Sozialversicherung, s. § 14 Abs. 2 SGB IV) sowie zur Arbeitsförderung, zu deren Leistungen auch die Zahlung von (Teil)Arbeitslosengeld gehört (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 SGB III). Diese Beiträge sind vom Arbeitgeber an die Krankenkasse als Einzugsstelle zu zahlen (§§ 28d, 28e Abs. 1, § 28h Abs. 1, § 28i Satz 1 SGB IV; darauf verweisen § 20 Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 253 SGB V [auch anwendbar nach § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI], § 174 Abs. 1 SGB VI und § 348 Abs. 2 SGB III). – Beiträge des Arbeitgebers, auch solche, die er allein zu tragen hat (z.B. der Arbeitgeberanteil, solche zur Berufsausbildung, zur Förderung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres [§ 20 Abs. 3 SGB IV] und bei geringfügig Beschäftigten [§§ 8, 8a SGB IV] [versicherungsfrei nach § 7 SGB V, auch i.V.m. § 20 SGB XI], § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VI [außer bei Verzicht, Satz 2; dann Arbeitnehmeranteil i.S.v. Absatz 1], § 27 Abs. 2 SGB III; Tag NK Rdn. 43 ff] sowie in der Unfallversicherung), werden nicht von Absatz 1, sondern von Absatz 2 erfasst (näher dazu Rdn. 68). – Nicht gehören zu den geschützten Beiträgen auch solche zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von dort freiwillig Versicherten.94 In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer die Beiträge zur Krankenversicherung alleine zu tragen (§ 250 Abs. 2 SGB V). Leitet der Arbeitgeber diese Beiträge nicht weiter, kann ggf. Absatz 3 anwendbar sein, s. Rdn. 73). – Demgegenüber wird die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und der Arbeitsförderung bei Überschreiten der Bemessungsgrenze noch nicht beendet (vgl. BGH wistra 2010 408). Das Arbeitsentgelt (= Einnahmen) wird zwar nur bis zu einer bestimmten Grenze berücksichtigt (§§ 157 ff SGB VI, §§ 341, 342 SGB III 95); für die bis dahin anfallenden Arbeitnehmerpflichtbeiträge bleibt aber auch bei Überschreitung Absatz 1 anwendbar (Tag NK Rdn. 45 f; Radtke MK Rdn. 22). Darüber hinausgehende freiwillige Beiträge hat der Arbeitnehmer wieder selbst zu tragen, was auch hier die Anwendbarkeit von Absatz 1, nicht aber von Absatz 3, ausschließt.96 – Absatz 1 unterliegen schließlich auch nicht 94

Beiträge geregelt durch Satzung, § 240 SGB V. Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Entgeltgrenze von § 6 Abs. 6 und 7 SGB V übersteigt [früherer Zusatz: und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat – wurde gestrichen !], sind versicherungsfrei, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V (vgl. auch BGH wistra 2010 408); sie können sich aber nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig dort weiter

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versichern (vgl. auch § 26 SGB XI). Wer wegen Überschreitens der Versicherungspflicht- bzw. Jahresarbeitsentgeltgrenze (2010: 49950; 2011: 49500; 2012: 50850 €) aus der Versicherungspflicht ausscheidet (§ 6 Abs. 4 SGB V), bleibt freiwilliges Mitglied, wenn er nicht innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse seinen Austritt erklärt (§ 190 Abs. 3 SGB V). Beispiele für Berechnung der Höchstbeiträge in BMA Sozialrecht Kap 6 Rdn. 556 ff. Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; SSW-Saliger Rdn. 10; Heitmann § 36 Rdn. 39.

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Beiträge an eine Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (BAG NJW 2005 3739 f) sowie Beitragsansprüche (§ 28e Abs. 4 SGB IV), soweit sie auf Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) und auf Zinsen für gestundete Beiträge beruhen. Nicht mit Strafe bedroht ist ferner die Unterlassung, Auslagen der Einzugsstelle, Geldbußen oder Zwangsgelder zu bezahlen.97 Arbeitnehmerbeiträge sind Bestandteil des „Arbeitsentgelts“ (= des „Bruttolohns“; 35 § 14 Abs. 1 Satz 1, s. auch Abs. 2 Satz 1 SGB IV, zur Berechnung Rdn. 40). Das Bruttoarbeitsentgelt „als Bemessungsgrundlage für Sozialversicherungsbeiträge“ (BGHSt 53 71, 75 = wistra 2009 107 f) umfasst das Nettoarbeitsentgelt, die auf das Bruttoarbeitsentgelt entfallenden Steuern (Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) und die dem gesetzlichen Anteil des Arbeitnehmers entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und der Beiträge des Arbeitnehmers zur Arbeitsförderung. Vom Bruttoarbeitsentgelt werden die Arbeitnehmerbeiträge vor Auszahlung des Nettolohns abgezogen (§ 28g Satz 2 SGB IV; nach Satz 4 nicht anwendbar bei Pflichtverletzungen des Beschäftigten; zur Nachholung s. Satz 2). „Der Umfang der abzuführenden Beiträge bestimmt sich, wie die Abführungspflicht selbst, nach materiellem Sozialversicherungsrecht.“ (BGHSt 53 71, 77 = wistra 2009 107, 109, näher dazu Rdn. 38 ff). Über diese öffentlich-rechtlichen Beiträge können die beiden Seiten nicht außenwirk36 sam verfügen (in dieser Richtung auch BGHSt 53 71, 77 = wistra 2009 107, 109). Im Innenverhältnis kann allerdings der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, alle Beiträge, ohne sie vom Arbeitslohn abzuziehen, selbst zu tragen (sog. „Nettolohnabrede“; s. RGSt 40 42 f. [1907], ihm folgend RegE BT-Drs. 10/318 S. 25; näher dazu Rdn. 42 ). Dadurch werden aber die Arbeitnehmerbeiträge nicht zu Arbeitgeberbeiträgen (Tag NK Rdn. 41 f).

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b) Entstehen der Beitragspflicht. Generell entsteht die Beitragspflicht hinsichtlich eines gegen Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 SGB IV) Beschäftigten (zum Begriff der „Beschäftigung“ s. § 7 SGB IV) i.d.R. mit der (mit der Beschäftigung begründeten) Mitgliedschaft = dem Versicherungs(pflicht)verhältnis in den einzelnen Versicherungszweigen.98 Die konkreten Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, „sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen“. Bei dem Anspruch des Sozialversicherungsträgers gegen den Arbeitgeber handelt es sich um eine „abstrakte gesetzliche Abgabenschuld“; sie bedarf für den Regelfall keines Feststellungsbescheides (BGH NJW-RR 2009 136 Rdn. 15). Nicht notwendig ist, dass der Arbeitgeber das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt bzw. dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossen ist. Es kommt darauf an, was im Arbeitsvertrag, kraft

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Vgl. BGH(Z) NJW 2008 3557 (betr. Säumniszuschläge) sowie BGHSt 53 71, 78 f = wistra 2009 107, 109 mit dem Hinweis, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB V einen materiellen Regelungsgehalt und – unter Bezugnahme auf die parallele Entscheidung zum Steuerrecht in BGHSt 43 381, 400 ff = wistra 1998 180, 188 f – nicht den Charakter eines Säumnis- oder Verspätungszuschlages oder eines Zwangsgeldes habe; nach BSG NZS 2006 498 sind Säumniszuschläge, Stundungszinsen und Kosten der Zwangsvollstreckung nicht Bestandteil des Gesamtsozialversicherungs-

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beitrags nach § 28d SGB IV (vgl. auch § 208 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III). Allgemein § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV (Versicherter Personenkreis, s. dazu auch BSGE 103 17 = NJOZ 2010 195); Krankenversicherung: § 186 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, was nach § 20 Abs. 1 SGB XI auch für die Pflegeversicherung gilt; Rentenversicherung: § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI; Arbeitsförderung (einschließlich Arbeitslosenversicherung): §§ 24 Abs. 1, 2, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III. – Zum Vorliegen einer Beschäftigung s. Rdn. 14 mit Fn. 54 ff.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich oder aus sonstigen Gründen dem Arbeitnehmer zusteht (vgl. BAGE 113 276 = NZA 2005 1059). Das frühere Zuflussprinzip ist im Sozialversicherungsrecht durch das Entstehungsprinzip abgelöst worden (BVerfG [2. Kammer] NJW 2008 3698; BSGE 93 119 = NZS 2005 538 f; BAG NJW 2009 2703; BGHSt 53 71, 78 = wistra 2009 107, 109, jeweils m.w.N.).99 Generell wird das „Entstehungsprinzip“ heutzutage auch so verstanden, dass ein Beitragsanspruch entsteht, sobald eine beitragsrechtliche Beschäftigung ausgeübt wird.100 Da die Versicherungspflicht auch ohne Meldung kraft Gesetzes entsteht, ist auch der „Schwarzarbeiter“ gesetzlich sozialversichert. Streitig war bisher, ob eine einvernehmliche Stundung auch zu einer Verschiebung der Fälligkeit des Beitragsanspruchs führt. Bittmann 101 bejahte dies früher, indem er aus dem Merkmal des „erzielten“ Arbeitsentgelts/einkommens in § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (a.F.) herleitete, dass die Beitragspflicht eine arbeitsvertragliche Fälligkeit des Lohnanspruchs voraussetze. Dagegen spricht jedoch schon, dass auch bei Fälligkeit des Lohns am Monatsende (§ 614 BGB), selbst wenn dies in der Praxis wenig vorkommen soll (s. Palandt/Weidenkaff Rdn. 1), nach § 23 Abs. 1 Satz 2 n.F. der Beitragsanspruch einige Tage vorher schon fällig wird. Fälligkeit des Arbeitsentgelts ist daher nicht zwingende Voraussetzung für das Entstehen des Beitragsanspruchs,102 so dass durch diese seine Fälligkeit gemäß §§ 22, 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht verändert wird. Diese ist öffentlich-rechtlich in den §§ 23 ff SGB IV geregelt. Die (allerdings nur teilweise) Anknüpfung an fälliges Arbeitsentgelt in § 23b SGB IV ist kein Gegenargument; sie beschränkt sich auf „beitragspflichtige Einnahmen bei flexiblen Arbeitszeitregelungen“.103 99

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Zur Entwicklung Haase S. 167 ff. Abweichendes gilt bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt i.S. von § 22 Abs. 1 Satz 2, 3; § 23a SGB IV (dazu gehören z.B. Bonuszahlungen/ Geschäftsjahr, BAG NJW 2008 872; näher zu Zielvereinbarungsentgelten Steinmeyer NZS 2009 1, 3 ff; Regelungen gelten nicht bei Zahlung wegen Insolvenz); eine Sonderregelung enthält § 23b i.V.m. § 7 Abs. 1a SGB IV bei flexiblen Arbeitszeitregelungen. Vgl. BSGE 93 119 Rdn. 19 ff, 31 f = NZS 2005 538 f; BSGE 78 224; 75 61, 65 ff; BGHZ 144 311; 2001 969 f; BGHSt 47 318, 319 (abl. dazu Gagel FS Hanau S. 649, 655, 661 f; Hase FS 50 Jahre BSG, S. 167); BAG NJW 2009 2703 f = NZA-RR 2009 314, 316 f, jeweils mit Hinweis auf Fälle, in denen selbst bei mangelnder tatsächlicher Beschäftigung oder Verlust des Lohnanspruchs eine Beitragspflicht besteht; nach BAG NZA-RR 2009 314 besteht die Abführungspflicht auch dann, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfrist kein Vergütungsanspruch mehr zusteht; vgl. auch KG wistra 1991 188 f = NStZ 1991 287 f. § 21 Rdn. 67 (ihm folgend Pananis in Ignor/ Rixen § 6 Rdn. 26; Gercke/Leimenstoll HRRS 2009 642, 646 f); ebenso Tag NK Rdn. 50; einschränkend Fischer Rdn. 12

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(bejahend, wenn ausdrücklich und ernstlich der Fälligkeitszeitpunkt hinausgeschoben werden soll; sonst sei eher ein Arbeitnehmer-Darlehen anzunehmen; ähnlich Karl JA 2004 322; anders Griese in Personalbuch 2009, Arbeitnehmerdarlehen, Rdn. 1, der im Zweifel eine Stundung als gewollt ansieht, da mangels ausdrücklicher Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Parteien sich den Vorschriften über die Darlehenskündigung nach § 488 Abs. 3 BGB unterwerfen wollen; die Vereinbarung eines Zinsanspruchs sei allerdings ein Indiz für ein Darlehen); abl. M-G/B-Thul Rdn. 109, 127. Hoyer SK Rdn. 40; G/J/W-Wiedner Rdn. 34; M-G/B-Thul Rdn. 157; AnwK-Esser Rdn. 43; Seewald in Kasseler Kommentar § 23 Rdn. 6; so versteht Gagel aaO S. 661 auch den 12. Senat des BSG mit seiner scharfen Trennung zwischen der öffentlichrechtlichen Forderung und dem zivilrechtlichen Entgeltanspruch, während der 10. Senat offenbar noch anderer Auffassung war, vgl. BSGE 52 152, 156 f; NZS 1994 571 f, der auch Gagel weiterhin folgt. Dazu Tag NK Rdn. 50; Hoyer SK Rdn. 40; Mette in Beck’scher Online-Kommentar, SGB IV § 23b Rdn. 4; vgl. auch BSG NZI 2007 538.

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

38

c) Feststellung der Arbeitnehmerbeiträge. Ausgangspunkt ist zunächst die Verteilung der Beitragslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden grundsätzlich, d.h. mit Ausnahmen, vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte getragen. Bis Juni 2005 galt dies auch für die gesetzliche Krankenversicherung. Seit 1.7.2005 ist dies jedoch nicht mehr der Fall.104 Seitdem tragen die Mitglieder einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,9 % allein. Seit 1.1.2009 ist dies gesetzlich festgeschrieben; d.h. zur Hälfte geteilt ist nur noch der sog. um die 0,9 % verminderte paritätische allgemeine Beitragssatz (§§ 241, 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V;105 zu Abweichungen insbesondere bei Kurzarbeitergeld und Arbeitsentgelt bis 800 €, s. Absatz 2, 4 und § 249b SGB V). – Die hälftige Aufteilung ergibt sich für die Pflegeversicherung aus § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (anders nach Abs. 3 bei Nichtaufhebung eines kompensatorischen Feiertags, wie in Sachsen; Beitragszuschlag von 0,25 % bei Kinderlosen, Absatz 1 Satz 3), für die Rentenversicherung aus § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (Abweichungen bei Arbeitsentgelt bis zu 800 €, s. Nr. 1d, § 163 X SGB VI) und für die Arbeitsförderung (welche die frühere Arbeitslosenversicherung miteinschließt) aus § 346 Abs. 1 SGB III (mit Abweichung in Absatz 1a). Bei der Feststellung der monatlichen Beiträge (u.a. auch zur revisionsrechtlichen Über39 prüfung) sind grundsätzlich für jeden Fälligkeitszeitpunkt gesondert die genaue Anzahl der Arbeitnehmer, ihre Beschäftigungszeiten und Löhne sowie die Höhe der Beitragssätze zu ermitteln.106 Solche bisher die Instanzgerichte oft stark belastenden umfangreichen Feststellungen sind für Taten nach dem 1.4.2003, bei denen der Arbeitgeber die Beitragsnachweise für ordnungsgemäß gemeldete Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse eingereicht hatte, in der Folge aber die geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge nicht mehr gezahlt hatte, im Regelfall nicht mehr notwendig.107 Die Höhe der Beiträge richtet sich in den vier gesetzlichen Versicherungen (§ 223 40 Abs. 2, 3, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, Abs. 4, § 232 SGB V; §§ 55, 57, 58 SGB XI; §§ 157, 161 ff SGB VI; §§ 341 ff SGB III) nach den Einnahmen (s.u.), d.h. hier nach dem Arbeitsentgelt = Bruttogehalt als Beitragsbemessungsgrundlage (§ 14 SGB IV). Das sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV mit Ergänzung in Satz 2). Zur Konkretisierung und hinsichtlich Ausnahmen ist die gemäß § 17 SGB IV erlassene

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Ursprünglich § 241a SGB V gemäß Art. 1 Nr. 145, Art. 37 Abs. 8a des Gesetzes v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190; aufgehoben mit Wirkung v. 1.1.2009 durch Art. 1 Nr. 161, Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG v. 26.3.2007, BGBl. I S. 378. Eingeführt durch Art. 2 Nr. 29c, Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG v. 26.3.2007, BGBl. I S. 378. BGH NStZ-RR 2010 376; wistra 2009 117 f (nicht in BGHSt 53 25); 2007 220 f; 2006 17 f = NStZ 2006 223; wistra 2006 425 f; NJW 2002 2480, 2483 = wistra 2002 340, 343 (nicht in BGHSt 47 318); BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4, 5; wistra 1994

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193; 1992 145, 147; KG wistra 2010 158; OLG Düsseldorf StV 2009 193; OLG Frankfurt wistra 2003 236; OLG Hamm NStZ-RR 2001 173 f, jeweils m.w.N.; Fischer Rdn. 9d; Köhler und Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 257 und Kap. 17 Rdn. 55 ff; ausführlicher dazu G/J/W-Wiedner Rdn. 27; Bader wistra 2009 121. Der Aufwand wird deutlich in LG Düsseldorf, O 14 KLs 130 Js 62/05-8/10, 27.1.2011 (abrufbar unter iuris). BGH NStZ 2011 161 = wistra 2011 69 (anders bei Anhaltspunkten für unrichtige Nachweise).

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV 108 heranzuziehen. – Bei untertariflicher Bezahlung ist das tariflich dem Arbeitnehmer zustehende Arbeitsentgelt die Bemessungsgrundlage (BSGE 93 119 = NZS 2005 538; LG Magdeburg BeckRS 2008 11550, 2011 00689 (iurisPR-ArbR 51/2010 Anm. 3 (Zwiehoff, krit.); OLG Naumburg BeckRS 2011 14021; dazu Metz NZA 2011 782). Entsprechendes gilt hinsichtlich des gesetzlichen Mindestlohns bei dessen Unterschreitung (BVerfG NJW 2008 3698). – Der Beitrag wird jeweils in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes (Beitragssatz) aus den beitragspflichtigen Einnahmen der Versicherten (Beitragsbemessungsgrundlage) erhoben. Für die Zeit v. 1.1.2009 bis 31.12.2010 hatte die Bundesregierung den Allgemeinen 41 Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung nach § 241 SGB V in der GKV-BeitragssatzVO v. 29.10.2008, BGBl. I S. 2109, geändert durch Gesetz v. 2.3.2009, BGBl. I 416, festgelegt (zuvor gemäß § 241 SGB IV a.F. durch Satzungen der Sozialversicherungsträger). Seit 1.1.2011 beträgt dieser Satz nach § 241 SGB V i.d.F. v. Art. 1 Nr. 17, Art. 15 Abs. 1 GKV-FinG v. 22.12.2010 (BGBl. I S. 2309) 15,5 %. (bei Mitgliedern ohne Krankengeld 14,9 %; § 243 SGB V). Der sog. paritätisch finanzierte Beitragssatz beträgt seitdem 14,6 % (bei Mitgliedern ohne Krankengeld 14 %); der Beitragssatz für den Arbeitnehmer 8,2 %. (bei Mitgliedern ohne Krankengeld 7,9 %), § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Bei Unterfinanzierung durch den Gesundheitsfond (i.S.v. § 271 I SGB V) können Krankenkassen ggf. noch einen „kassenindividuellen Zusatzbeitrag“ bei ihren Mitgliedern erheben (§ 242 SGB V). Die Beiträge, also deren Höhe, werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (Arbeitsentgelt, § 226 SGB V) bemessen (Jahresbeitragsbemessungsgrenze 2012: 45 900 € gemäß § 223 Abs. 2, 3 i.V.m. § 6 Abs. 7 SGB V und der Jahresarbeitsentgeltgrenze in § 4 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung, BGBl. I 2011 S. 2421]. – Ein fester Beitragssatz in Höhe von 1,95 % (bei Kinderlosen generell mit Zuschlag in Höhe von 0,25 %) besteht auch für die Pflegeversicherung (§ 55 SGB XI) nach Maßgabe der §§ 226 ff SGB V (§ 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). – In der Rentenversicherung wird der (allgemeine) Beitragssatz durch Gesetz (zuletzt Art. 1 des Gesetzes v. 21.12.2006, BGBl. I S. 3286) oder durch RVO gemäß § 160 Nr. 1 SGB VI festgesetzt und als unverändert nach § 158 Abs. 4 SGB VI vom BMA bekanntgemacht (2007 bis 2011 19,9 %, 2012 19,6 %, s. zuletzt BGBl. I 2010 S. 1550, 2011 S. 2795); für die Beitragsbemessungsgrenze ist gemäß §§ 159, 160 Nr. 2 SGB VI eine RechtsVO erforderlich (2009–2012 s. zuletzt § 3 der zuvor gen. VO sowie Anl. 2, 2a zu SGB VI: pro Jahr 64 800/66 000/66 000/67 200 € in alten und 54 600/55 800/57600/57600 € in neuen Bundesländern). Auch hier sind die beitragspflichtigen Einnahmen (§§ 161 ff), also vor allem das Arbeitsentgelt, § 162 Nr. 1, die Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige (für freiwillig Versicherte ist § 161 Abs. 2 i.V.m. § 167 zu berücksichtigen). – Bei der Arbeitsförderung betrug der Beitragssatz 2009 und 2010 2,8 %, seit 2011 ist er wieder bei 3 % (§ 341 Abs. 2 SGB III; zuvor s. BeitrV 2009 v. 21.12.2008, BGBl. I 2979; Art. 10 Nr. 4, Art. 12, 18, 19 I, V des Gesetzes v. 2.3.2009, BGBl. I 416); beitragspflichtige Einnahme ist auch hier das Arbeitsentgelt (§ 341 Abs. 3, § 342 SGB III; Beitragsbemessungsgrenze ist die der allgemeinen Rentenversicherung, § 341 Abs. 4 SGB III). Die Beitragsverfahrenverordnung (BVV) v. 3.5.2006 (BGBl. I S. 1138), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057, 3066) enthält Einzelheiten zu den Zahlungspflichten und der Beitragsberechnung.

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v. 21.12.2006 (BGBl. I S. 3385), zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854, 2925); zum Fall von

Spesen vgl. BGH NStZ-RR 2009 339 zur früheren VO.

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Beim Fehlen als Beweismittel erforderlicher Angaben (z.B. von Belegen und Aufzeichnungen mangels Buchführung) kann auf der Grundlage zur Verfügung stehender sonstiger tragfähiger und nachvollziehbarer Erkenntnisse die Höhe der Löhne geschätzt und daraus die der (vorenthaltenen) Beiträge berechnet werden (BGHSt 53 71, 73 f = wistra 2009 107 f = NJW 2009 528 f; NStZ 2010 635 = wistra 2010 148).109 Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen zur Berechnung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge ist die Schätzung der Lohnsumme unter Anwendung eines Prozentsatzes bezogen auf den Nettoumsatz eines Unternehmens zulässig, wenn keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind. Das Tatgericht darf dann eine branchenübliche (Netto)Lohnquote des jeweils verfahrensgegenständlichen Gewerbes ermitteln und diese als Schätzgrundlage der weiteren Berechnung zu Grunde legen. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann das Tatgericht bei Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als (Netto)Lohnsumme veranschlagen (BGH NStZ 2010 635 f = wistra 2010 148, 150; wistra 2011 344).

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d) Vereinbarung von Nettoarbeitsentgelt. „Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten, einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung“ (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Bei einer solchen (steuer- und beitragsrechtlich wirksamen) Nettolohnabrede vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass der Arbeitnehmer den als Nettolohn bezeichneten Betrag ohne Kürzung durch gesetzliche Abgaben erhält, während sich der Arbeitgeber verpflichtet, diese Abgaben für den Arbeitnehmer zu tragen. Der Nettolohn ist in diesem Fall für die Beitragsbemessung im sog. Abtastverfahren auf den Bruttolohn „hochzurechnen“ (vgl. dazu auch R 39b.9 LStR – Besteuerung des Nettolohns unter Einbeziehung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge). Das war nach altem Recht auch schon vor der Einführung des § 266a StGB und von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV anerkannt.110 Wirkten Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch weitergehend einvernehmlich zur Hinterziehung der Sozialversicherungsbeiträge durch ein stillschweigendes oder ausdrückliches Übereinkommen, das Arbeitsentgelt ohne Kürzung „schwarz“ auszubezahlen, zusammen, so konnte darin zwar nach der damaligen h.M. keine Nettolohnvereinbarung i.S. von Satz 1 erblickt werden (s.u.). Jedoch wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit v. 23.7.2002 (BGBl. I S. 2787, 3760) § 14 Abs. 2 SGB V in Satz 2 um eine Regelung ergänzt, nach der „bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen“, bei denen „Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden“ sind, im Wege der Fiktion „ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart“ gilt. Anknüpfend an die vom Gesetzgeber gebilligte weite Auslegung des Begriffs der illegalen Beschäftigung im RegE (BT-Drs. 14/8221 S. 11, 14; vgl. auch BT-Drs. 15/726 S. 3 f), hat der BGH in BGHSt 53 71, 74 ff = wistra 2009 107, 108 f eine solche auch in den Fällen angenommen, in denen „der Arbeitgeber pflichtwidrig … Beiträge für

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Zust. Klemme/Schubert NStZ 2010 606; weiter G/J/W-Wiedner Rdn. 28 f; Fischer Rdn. 9d, 10b; AnwK-Esser Rdn. 56; Bader wistra 2010 121; ausführlich M-G/B-Thul § 38 Rdn. 248 ff; jeweils m.w.N. RGSt 40 42 f; BayObLGSt 1952 178; BGH

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DB 1975 1466 f; BGHSt 30 265 = wistra 1982 111 f = NStZ 1982 118 mit Anm. Martens S. 471; im konkreten Fall jedoch nicht gegeben; OLG Köln NStZ-RR 1997 734 = wistra 1997 231.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

die versicherten Arbeitnehmer nicht zahlt“, also auch für die sog. Schwarzlohnabrede111 (nicht anwendbar bei geringfügig Beschäftigten, BGH NStZ-RR 2010 376: dafür gelten Pauschalbeträge nach § 249b SGB V, § 172 Abs. 3 SGB VI). Das Bruttoarbeitsentgelt wird dann in aller Regel – entsprechend § 39c EStG – nach Lohnsteuerklasse VI berechnet (BGHSt 53 79). – Bei Schwarzlohnabreden ist regelmäßig nur die Abrede, keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, nichtig (BGHSt 53 71, 76 = wistra 2009 107, 109; BAGE 105 187, 191 ff = BB 2003 1960; 2004 447), also nicht der ganze Vertrag, außer wenn die Hinterziehung der Hauptzweck ist, was im Allgemeinen nicht der Fall ist. – Nach BGH NStZ 2010 337 = wistra 2010 29; 148, 151 f (mit Beschränkung auf nicht angemeldete Lohnsumme) und 2011 344 f findet die Fiktion des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auch in Fällen teilweiser Schwarzlohnzahlungen Anwendung. Der BGH ist mit dieser Auslegung nicht dem engeren Verständnis der „illegalen Beschäftigung“ in § 16 II SchwarzArbG gefolgt, wo der Begriff der Schwarzarbeit i.S. von § 1 Abs. 2 gesondert aufgeführt wird. Dieser umfasst nach dessen Nr. 1 auch Fälle, in denen ein Arbeitgeber sozialversicherungsrechtliche Beitragspflichten nicht erfüllt. Aufgegeben ist damit nun die frühere Rechtsprechung,112 die mangels Nettolohnvereinbarung (i.S. von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) eine Hochrechnung auf den Bruttolohn nicht zuließ. Ein Teil der Lehre113 folgt letzterer jedoch weiterhin. Zur weiteren Klarstellung könnte deshalb überlegt werden, das Beispiel der Schwarzarbeit in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV mit aufzunehmen. e) Verrechnung von Teilleistungen. Nach dem vor Einführung des § 266a, aber auch 43 danach bis zum Inkrafttreten der Beitragszahlungsverordnung (s. Rdn. 44) geltenden Recht waren Teilleistungen auf fällig werdende Beiträge – selbst ohne ausdrückliche Bestimmung des Arbeitgebers – vorrangig auf Arbeitnehmeranteile zu verrechnen. Eine Einzugsstelle hatte es daher nicht in der Hand, den Arbeitgeber durch Verrechnung der Teilleistungen auf Arbeitgeberanteile oder rückständige Beiträge strafrechtlich (erneut) schuldig werden zu lassen (näher dazu Gribbohm LK11 Rdn. 58 f). – Problematischer wurde die Rechtslage durch die Verordnung über die Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Abstimmung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags – Beitragszahlungsverordnung – vom 22.5.1989 (BGBl. I S. 990), die in § 2 (a.F.) die Reihenfolge der Tilgung

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Ebenso BGH wistra 2011 344; LSG Mainz NZS 2010 157 = DB 2009 2443; Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; SSW-Saliger Rdn. 14; Fischer Rdn. 10b; Bittmann § 21 Rdn. 29; Bollinger S. 76 f; Brenner S. 111; M-G/B-Thul § 38 Rdn. 262 ff; Heitmann § 36 Rdn. 26; Pananis in Ignor/Rixen § 6 Rdn. 22; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Kap. 17 Rdn. 59 (mit Bezugnahme auf BAG NZA 2004 314, 316 = BB 2003 1960; anders allerdings hinsichtlich der Beitragsschadensberechnung, dagegen BGH aaO); ebenso LSG Mainz NZS 2010 157 und wohl auch SG Dortmund BeckRS 2008 57420; Trüg DStR 2011 727; Joecks JZ 2009 531 mit Kritik an Beitragsbemessung, s. auch die Kritik von Röthlein wistra 2009 113 (dagegen nun wieder BGH wistra 2010

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148, 150 f); vor der Gesetzesänderung weitgehend wie BGH Gribbohm LK11 Rdn. 41 ff. Für subjektive Beschränkung auf Fälle mit mindestens bedingtem Vorsatz BSG DStR 2012 662. BGHSt 38 285, 287 = NStZ 1992 441 = wistra 1992 259 f gegen BGHSt 34 166, 169 = wistra 1987 102 f; weiter wistra 1993 148 f; 2001 22 f; BGHSt 39 146, 157 f = wistra 1993 185, 188 (betr. Kapitalertragssteuer) und BSGE 64 110, 114 f, 116 = BB 1989 1762; dazu auch BFHE 166 558 = wistra 1992 196 f und 229 sowie BGH wistra 1997 187 zum steuerlichen Bereich. Radtke MK Rdn. 34; D/D/R-Beukelmann Rdn. 17; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 11 Fn. 13; Ambs § 266a Rdn. 17; Brüssow/Petri Rdn. 183.

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bestimmte. Durch sie wurde es einem Arbeitgeber sogar verwehrt zu bestimmen, primär die Arbeitnehmeranteile zu begleichen, was dann allerdings vom BSG(E 78 20, 23 ff = NJW 1997 150, s. die teilweise Wiedergabe bei Gribbohm aaO Rdn. 62) als mit § 266a Abs. 1 unvereinbar erklärt wurde (ebenso OLG Dresden, Rdn. 45). Sie führte dann jedoch zu einer Ergänzung des § 2 a.F. (nunmehr übernommen in § 4 der Beitragsverfahrensverordnung, Rdn. 41), die dem Arbeitgeber sein Bestimmungsrecht wieder zurückgab. Nicht endgültig geklärt ist weiterhin die Rechtslage, wenn der Arbeitgeber es ver44 sehentlich oder aus Unkenntnis unterlassen hat, sein Bestimmungsrecht zugunsten primärer Verrechnung auf Arbeitnehmerbeiträge auszuüben. Liegen für eine solche Bestimmung keine greifbaren Anhaltspunkte vor, so wendete bisher die (zivilrechtliche) Rechtsprechung114 überwiegend die in § 4 enthaltene Reihenfolge an, wonach u.a. hinsichtlich der Beitragszahlungen eine hälftige Verrechnung auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge erfolgt, was bei nicht vollständiger Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zur Anwendung von § 266a Abs. 1 führen kann. Da § 4 BVV (ebenso wie der verdrängte § 366 Abs. 2 BGB115) dem Schuldner ein Bestimmungsrecht einräumt, sind jedoch dessen mutmaßlicher Wille und Interessenlage auch dann zu berücksichtigen, wenn er es bei der Zahlung unterlässt, die Art und Weise der von ihm gewollten Verrechnung ausdrücklich oder (nach den Umständen schlüssig) stillschweigend mitzuteilen. Es ist im allgemeinen offensichtlich, dass er sich nicht (wegen Verrechnung einer Zahlung zum Beispiel mit rückständigen Arbeitgeberbeiträgen) einer Bestrafung aussetzen möchte, wenn er diese durch Anrechnung seiner Leistung auf gerade fällig werdende Arbeitnehmerbeiträge abwenden kann.116 Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn wegen der Höhe des gezahlten Sozialversicherungsbeitrags erkennbar der Arbeitnehmeranteil abgedeckt werden soll (so auch Lackner/Kühl Rdn. 6). An Gewicht gewonnen hat diese täterfreundliche Auslegung mit der Einführung von Absatz 2, der an die Strafbarkeit der Nichtzahlung von Arbeitgeberbeiträgen qualifizierte Anforderungen stellt. Eine auch nur teilweise Verrechnung von Zahlungen auf diese Beiträge macht dann noch weniger Sinn. Auch wird vielfach eine Anwendung von § 266a an mangelnden Vorsatz scheitern (so alternativ im konkreten Fall – unter Billigung durch BGH II ZR 250/06, 11.10.2007, BeckRS 2007 16826 – auch OLG Oldenburg unter Bezugnahme auf Gribbohm LK11 Rdn. 62).

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BGH NJW 2009 2599 = wistra 2010 18 (dazu Esser/Keuten wistra 2010 161); 2001 967 f; 1998 1484 f; NJW-RR 2001 1280, 1536; wistra 2010 186 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996 289; 1997 1124 f; 1998 1729; OLG Naumburg GmbHR 1999 1028 = wistra 1999 34 f. m. abl. Anm. Wegner; wie BGH Fischer Rdn. 11a; Lackner/Kühl Rdn. 6; AnwK-Esser Rdn. 60; Beukelmann aaO Rdn. 19; Wittig § 22 Rdn. 26; M-G/B-Thul Rdn. 158; Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 238; Bollacher S. 129 ff; Diversy ZinsO 2006 130, 132. Vgl. dazu BGH NJW 1969 1846; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001 1595; zur Tilgungs-

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reihenfolge in § 366 Abs. 2 BGB neuerdings BGH NJW 2009 1071. OLG Oldenburg BeckRS 2006 15344; BayObLGSt 1998 187 = NStZ 1999 142 = wistra 1999 119 f; Gribbohm LK11) Rdn. 62; Radtke MK Rdn. 36; Tag NK Rdn. 64; Hoyer SK Rdn. 42 f; SSW-Saliger Rdn. 16; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10a; G/J/W-Wiedner Rdn. 38 f; Kudlich/Oglakcioglu Rdn. 561; Mitsch JZ 1994 887 f und BT II/2 § 4 Rdn. 21; Wessels/Hillenkamp § 18 Rdn. 786a; Heitmann § 36 Rdn. 30; Bittmann § 21 Rdn. 107; Ambs § 266a Rdn. 19; Pelz Teil 7 Rdn. 437; Wegner wistra 2000 36 f.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Ein mutmaßliches Interesse des Arbeitgebers an der vorrangigen Tilgung der Arbeit- 45 nehmeranteile besteht auch dann noch, wenn Zahlungen erst nach Fälligkeit der Beiträge geleistet werden, eine mögliche Strafbarkeit also u.U. nicht mehr vollständig beseitigen können, aber eine Minimierung der Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB (OLG Dresden GmbHR 1997 647) bzw. eine strafrechtliche Milderung nach § 46 Abs. 2 ermöglichen. – Teilleistungen im Beitreibungsverfahren sind hingegen jeweils auf die Rückstände anzurechnen, deretwegen die Zwangsbeitreibung aus dem Titel erfolgt.117 2. Tathandlung. Der Arbeitgeber handelt tatbestandsmäßig im Sinne des Absatzes 1, 46 wenn er als nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV Zahlungspflichtiger der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt bezahlt wird, bei Fälligkeit vorenthält. a) Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist grundsätz- 47 lich die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird (§ 28h Abs. 1 Satz 1, § 28i Satz 1 SGB IV; Abweichungen in den folgenden Sätzen, für Fälle illegaler Beschäftigung s. § 175 Abs. 3 Satz 3 SGB V); bei Wechsel, ab deren Zeitpunkt die neue Krankenkasse.118 Bei Zahlungsverpflichtungen gegenüber mehreren Krankenkassen kann nach § 28f Abs. 4 SGB IV ggf. auch an eine sog. „beauftragte Stelle“ gezahlt werden (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 3 Beitragsverfahrensverordnung – BVV; Rdn. 41). b) „Vorenthalten“ von Beiträgen. Gegenüber den Vorgängervorschriften (s. Entstehungs- 48 geschichte) haben Bundesregierung und der Gesetzgeber von 1986 auf deren weitere Voraussetzung verzichtet, dass der Arbeitgeber die Beiträge „einbehalten oder erhalten“ hat. Die Beibehaltung dieser Merkmale wurde zum einen für unnötig erachtet, weil schon zuvor die Rechtsprechung davon ausgegangen sei, dass mit jeder Lohnauszahlung auch ein Einbehalten von Beiträgen verbunden sei; jede Auszahlung enthalte stillschweigend eine Kürzung um den Arbeitnehmerteil (RegE BT-Drs. 10/318 S. 25; vgl. auch BGHSt 30 265 f = NStZ 2002 118 = wistra 1982 73). Als Folge der Streichung der genannten Merkmale sollten künftig – abweichend von BGH wistra 1982 111 – auch solche Fälle bestraft werden können, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich verabreden, bei Lohnzahlungen keine Beiträge abzuführen (BT-Rechtsausschuss, BT-Drs. 10/5058 S. 31). Nicht mehr aufgenommen wurde mangels praktischer Bedeutung auch die Alternative, dass der Arbeitgeber Beitragsteile des Arbeitnehmers erhält. Dies kam früher offenbar dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer lediglich Sachbezüge (z.B. Kost und Wohnung, Kleidung u.a.) bekam oder wenn er daneben auch Bargeld verdiente, jedoch in geringerem Umfang als der Beitragsanteil des gesamten Entgelts (RefE 1982 S. 105 unter Bezugnahme auf Martens, 3. Aufl., S. 19). Die Tatsache, dass seit 1986 der Tatbestand nur noch auf das „Vorenthalten“ von 49 Beiträgen als Tathandlung abstellt, führte jedoch in der Folge zu der vom Gesetzgeber nicht näher erörterten Frage, ob zur Strafbarkeit eine Lohnzahlung erforderlich sei (sog. Lohnzahlungstheorie)119 oder eine solche auch ohne diese eintreten könne (sog. Lohnpflichtheorie). Auf dem Boden der überwiegenden Rechtsprechung und Lehre120 hat der

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BGH NStZ 1990 587 f = wistra 1990 353. BSG NZS 2009 221: keine Zuständigkeit für Feststellungen zur Vergangenheit. Z.B. OLG Hamm NJW-RR 1999 915 f; Gribbohm LK11 Rdn. 30 ff m.w.N. und in

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JR 1997 479; Bente S. 58 ff, wistra 1992 177; 1996 115; Bittmann wistra 1999 442; DStR 2001 855. BGHSt 47 318 = NStZ 2002 547 = wistra 2002 340 f; BGHZ 144 311, 315 = NStZ

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§ 266a

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Gesetzgeber im Rahmen einer Neufassung von § 266a Abs. 1 in Art. 8 des Gesetzes v. 23.7.2002 (BGBl. I S. 2787, 3760, s. Entstehungsgeschichte) mit dem Zusatz „unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt bezahlt wird“ klarstellend im letzteren Sinne entschieden.

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c) Fälligkeit der Beitragsschuld. Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV n.F.; vgl. BGH wistra 1992 144 = NJW 1992 177 f; NJW 1998 1306 f zur a.F.). Grundsätzlich muss die Zahlung am Fälligkeitstag bei diesen eingegangen sein,121 eine Präzisierung enthält § 3 Abs. 1 Satz 1 BVV. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind seit 1.2.2006 in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Beschäftigungs/Tätigkeitsmonats fällig; ein etwaiger Restbeitrag wird am drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig (Satz 2). Nach der seit 28.6.2006 wirksamen Vereinfachungsregelung in Satz 3 kann der Arbeitgeber den Betrag in Höhe des Vormonatsbetrags zahlen, wenn Änderungen der Beitragsabrechnung regelmäßig durch Mitarbeiterwechsel oder variable Entgeltbestandteile (wie eine Überstundenzahlung oder ein Gehaltszuschlag) dies erfordern. Eine Satzung kann einen früheren Fälligkeitstermin bestimmen. Weitere Fälligkeitsregelungen enthalten § 23 Abs. 1 Satz 4 bis 6 und § 23b SGB IV (mit Änderungen ab 1.1.2012). Eine stillschweigende Duldung (selbst wenn sie Verwaltungspraxis geworden ist), die 51 Zahlungsfrist zu überschreiten, ändert an der Fälligkeit des Beitragsanspruchs nichts (BGH NJW 1992 177 f = wistra 1992 144; OLG Brandenburg GmbHR 2003 595; RGSt 29 265, 267). Wirksame Stundung seitens eines Versicherungsträgers (zulässig nach § 76 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 SGB IV in Härtefällen),122 also nicht schon ein Stundungsantrag, vor Eintritt der Fälligkeit schließt dagegen den Tatbestand des § 266a Abs. 1 aus.123 Der BGH hat offengelassen, ob § 23 Abs. 1 SGB IV von der Satzung abweichende Vereinbarungen über eine Stundung überhaupt zulässt. Nach seiner damaligen Auffassung ist die Regelung der Satzung für die Fälligkeit maßgebend, auch wenn der Täter bei Zahlung innerhalb einer ihm bestimmten Frist gemäß § 266a Abs. 6 nicht bestraft wird (BGH wistra 1992 144, 145; weitergehend wohl BGHZ 133 370, 381 f). Zur subjektiven Seite

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2001 91 = wistra 2000 422; BSGE 93 119 = NZS 2005 538; Samson/Günther SK Rdn. 20; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 11; Heitmann, 3. Aufl., § 36 Rdn. 23; Schmitt S. 40 f; Möhrenschlager HWiStR, Veruntreuen von Arbeitsentgelt 5; Plagemann NZS 2000 8, 10; Tag S. 105 ff; Wegner wistra 1998 283, 286 f; weit. Nachw. bei Radtke MK Rdn. 91 und Tag NK Rdn. 57. Tag NK Rdn. 62; Samson/Günther SK (frühere Aufl.) Rdn. 23; Branz S. 38; Ischebeck S. 74; Wegner wistra 1998 283, 285 f (Konto-Gutschrift, s. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVV). – Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BVV gilt bei Einzugsermächtigungen als Tag der Zahlung der Fälligkeitstag. In der Praxis erfolgen die Abbuchung und damit auch der

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Eingang des Geldes bei der Kasse jedoch mitunter erst später. Macht die Bank trotz ausreichender Deckung von der Ermächtigung nicht Gebrauch, liegt kein Vorenthalten vor (OLG Düsseldorf StV 2009 193 f). – Bei einem Kündigungsrechtsstreit tritt Fälligkeit erst mit Rechtskraft der Feststellung ein, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, BSG NJW 2009 2703. Fehlerhaften Stundungsentscheidungen, die nicht nichtig sind, erkennt Tag NK Rdn. 53, außer bei Rechtsmissbrauch, auch tatbestandsausschließende Wirkung zu. Radtke MK Rdn. 27; Tag NK Rdn. 52; Fischer Rdn. 11; Lackner/Kühl Rdn. 9; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7; AnwK-Esser Rdn. 42; M-G/B-Thul Rdn. 156; Bente S. 43.

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

s. Rdn. 79 f. Die Stundung von Ansprüchen (ebenso wenig deren Niederschlagung oder Erlass nach § 76 Abs. 2 Nr. 2, 3 SGB IV) nach deren Fälligkeit hebt – für sich allein – die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht auf (BGH, Beschluss vom 9.8.1979 – 3 StR 278/78); sie kann aber ggf. nach Absatz 6 entfallen. d) Verzugsfälle. Für das Vorenthalten kommt es nicht darauf an, ob die Zahlung in 52 der Absicht unterbleibt, sie auf Dauer zu unterlassen, oder ob sie bei Gelegenheit nachgeholt werden soll (BGH NStZ 1990 587). Die Nichtzahlung ist strafbar selbst dann, wenn es dem Täter nur darum geht, sich durch die Vorenthaltung vorübergehend Mittel zur Überwindung eines finanziellen Engpasses zu verschaffen.124 Liegen die Voraussetzungen des § 266a Abs. 6 nicht vor, so hebt der nachträgliche Eingang geschuldeter Beiträge die Strafbarkeit nicht auf (vgl. BGH NStZ 1990 587). e) Tatbestandsausschluss bei Unmöglichkeit – Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. 53 Die Tat kann auf verschiedene Art und Weise begangen werden, entweder durch positives Tun (z.B. durch Einreichen falscher Beitragsnachweisungen, s. Rdn. 3, 65, 69, 71) oder durch einfaches Unterlassen zu zahlen. Demgegenüber sieht die h.M. Absatz 1 als echtes Unterlassungsdelikt an (s. Rdn. 3). aa) Unmöglichkeit. In Fällen des bloßen Unterlassens der Zahlung des Gesamtsozial- 54 versicherungsbeitrags entgegen der gesetzlichen Pflicht nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV wird allgemein für die Strafbarkeit vorausgesetzt, dass dem Täter dies möglich und zumutbar ist.125 Unter Berufung auf allgemeine Grundsätze für echte Unterlassungsdelikte,126 was auch für unechte Unterlassungsdelikte gilt,127 ist Absatz 1 nur dann gegeben, wenn der Arbeitgeber auch die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit zur Er-

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Radtke MK Rdn. 30; Samson/Günther SK Rdn. 24; Bente S. 60. BGHSt 47 318, 320 = NStZ 2002 547 f = wistra 2002 340 f; 53 71, 79; BGHZ 133 370 f, 379 f = NJW 1997 130 f = wistra 1997 102, 104 m. Anm. Bente; 134 304, 307 = NJW 1997 1237 m. Anm. Tag BB 1997 1115; 136 332; NJW 2006 3573; 2005 2546 f = wistra 2005 339 f; NJW 1998 1306; 1997 133 f = wistra 1997 64 f m. Anm Fischer WiB 1997 130; NJW-RR 2007 991, 993; 2010 116 f = wistra 2010 109; NJW 2011 3047; OLG Celle NJW 2001 2985 f; OLG Düsseldorf StV 2009 193; OLG Frankfurt StV 1999 32 f; OLG Hamburg MDR 2003 1418; OLG Hamm BB 2000 113; wistra 2002 392; 2003 73; OLG Köln wistra 1997 231; Radtke MK Rdn. 38 ff und in NStZ 2003 154 f; 2004 562 f; Tag NK Rdn. 67 ff und in Diss. S. 114 ff; Hoyer SK Rdn. 45 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; Fischer Rdn. 14 ff, Lackner/Kühl Rdn. 10, G/J/W-Wiedner Rdn. 41 ff, jeweils m.w.N.; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 14;

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Maurach/Schroeder/Maiwald BT § 45 Rdn. 67; Mitsch BT 2/2 § 4 Rdn. 19; Wittig § 22 Rdn. 29 ff; Bente in Achenbach/ Ransiek Rdn. 36 ff, Strafbarkeit S. 62 ff und wistra 1992 178; Bittmann § 21 Rdn. 65; Dannecker/Knierim Rdn. 925 f; Branz S. 62 ff; Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 239 ff; Pananis in Ignor/Rixen § 6 Rdn. 27 ff; Pelz S. 192 ff; Renzikowski FS Weber (2004) S. 333, 334 ff; Rönnau wistra 1997 976, 979; Schmitt S. 42 f, 48 ff; M-G/B-Thul Rdn. 163; Wegner wistra 1998 288. BGHSt 47 318, 320; 53 71, 79; NJW 1997 133 f = wistra 1997 64 f; NJW 1998 1306; 2002 1122 f. Wohlers NK § 13 Rdn. 12, 17 f; Sch/Schröder/Stree Rdn. 155 f vor § 13; Seelmann AK § 13 Rdn. 62 ff; Baumann/Weber/Mitsch AT § 15 Rdn. 15 ff; Renzikowski aaO S. 336; Weigend LK § 13 Rdn. 65; s. weiter Roxin AT II § 31 Rdn. 8 ff, 211 ff mit Nachw. (str. ist hierzu die dogmatische Einordnung, teilweise auch die selbständige Berücksichtigung der Zumutbarkeit).

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füllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflicht (unter Einbeziehung von Gesichtspunkten der Zumutbarkeit) hatte. Das bewusste Herbeiführen eigener Leistungsunfähigkeit ist allerdings der Leistungsfähigkeit gleichzustellen (Bittmann ZGR 2009 931, 974). Eine weitere Ausnahme scheint nun BGH NJW 2011 3047 f m. Anm. Bittmann in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse auch für den Bereich des Absatzes 1 zu machen, wenn gleichzeitig durch betrugsähnliche, in Absatz 2 beschriebene Handlungen Arbeitnehmerund Arbeitgeberanteile vorenthalten werden. Zwar seien diese Grundsätze bei dem Unterlassungsdelikt des Absatzes 2 Nr. 2 (pflichtwidriges Unkenntnis lassen der Einzugsstelle) zu beachten, sie würden sich dort jedoch nur auf die sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten (wie die nach § 28a SGB IV), nicht aber auf das Vorenthalten beziehen. Diese Folgerung stößt schon dort auf Bedenken (s. Rdn. 71), aber auch hier, da ein Vorenthalten des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) nur durch Verletzung von Meldepflichten auch ein Unterlassungsdelikt darstellt. Allerdings geht der BGH davon aus, dass in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse regelmäßig ein schuldhaftes Vorverhalten gegeben sei, so dass eine Unmöglichkeit der Zahlung ohnehin nicht tatbestandsausschließend wirken würde. Tatsächliche Unmöglichkeit kann im Falle der Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit 55 (vgl. § 17 Abs. 2 ZInsO), drohender Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 18 Abs. 2 ZInsO) oder Überschuldung (vgl. § 19 Abs. 2 ZInsO) vorliegen. Ein Arbeitgeber muss nicht schlechthin für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einstehen.128 Bei Überschuldung ist Unmöglichkeit nicht schon dann gegeben, wenn der Arbeitgeber überschuldet und nicht mehr in der Lage ist, seinen Verbindlichkeiten Gläubigern gegenüber generell nachzukommen (BGH NJW 1997 133 f = wistra 1997 64 ff). Sie liegt nur dann vor, wenn Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen, um ganz konkret die Arbeitnehmeranteile abzuführen (BGH aaO und NJW 2002 1123, 1125). Entsprechendes gilt bei Zahlungsunfähigkeit (Rdn. 57). Tatsächliche Unmöglichkeit kann z.B. auch auf unerwarteter schwerwiegender Krankheit oder einem Unfall beruhen.129 Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen130 tritt mit dem Verlust der Verfügungsbefug56 nis des Arbeitgebers über seine Zahlungsmittel insbesondere im Insolvenzverfahren ein (vgl. § 80 [Beispiel: OLG Dresden NStZ 2011 163 = wistra 2010 196 f (mit Eröffnung)] und § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO; ab dann kann dieser auch nicht mehr Täter sein, vgl. BGH NJW 1998 1306); zum Verhältnis zum Zahlungsverbot nach § 64 GmbHG s. Rdn. 62 f. – Rechtlich und tatsächlich unmöglich ist das Unterlassen für Arbeitgeber hinsichtlich Arbeitnehmern, für die aufgrund einer ausländischen A1(E 101)-Entsendebescheinigung mangels eines inländischen Sozialversicherungsverhältnisses kein Anspruch eines inländischen Sozialversicherungsträgers und damit auch keine erfüllbare Rechtspflicht besteht (BGHSt 51 124, 133 = wistra 2007 64, 66). In der Praxis bedeutsam ist die Prüfung von Zahlungsunfähigkeit als Grund, die An57 wendung von § 266a auszuschließen. § 266a bleibt allerdings anwendbar, wenn der im

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BGHSt 47 318, 322; aA OLG Celle NStZ-RR 1997 324 f; NStZ 1998 303 = JR 1997 478 (Zahlungsfähigkeit nicht Voraussetzung) m. abl. Anm. Gribbohm JR 1997 479; aufgegeben in OLG Celle NJW 2001 2985. Tag NK Rdn. 68; Köhler Rdn. 247; Huber S. 103 f; Brückl/Kersten NJW 2003 272 bejahen Haftung auch, wenn nach Wegfall

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finanzieller Mittel nicht unverzüglich Insolvenzantrag gestellt wird. Näher dazu Branz S. 137 ff; gegen diese Rechtsfigur allgemein Roxin AT II § 31 Rdn. 14: Unterlassen nicht tatbestandsmäßig mangels Erfolgsabwendungspflicht; ähnlich Baumann/Weber/Mitsch AT § 15 Rdn. 18; Bollacher S. 141; Weigend LK § 13 Rdn. 65 m.w.N.

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Fälligkeitszeitpunkt zahlungsunfähige Arbeitgeber jedenfalls nachträglich Zahlungen leisten könnte, dies aber unterlässt (OLG Dresden NStZ 2001 198 f). Ein Arbeitgeber ist zwar generell „zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen“ (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Dies ist im Hinblick auf § 266a aber nur der Fall, wenn bei ihm keinerlei finanzielle liquide Mittel zur konkret fälligen Beitragszahlung mehr vorhanden sind und solche auch nicht durch Einziehung eigener Forderungen, über einen Kredit oder sonst von Dritten erlangt werden können. Dies gilt auch, wenn eine Bank noch zu weiterer Kreditgewährung, z.B. bei weiterer Inanspruchnahme einer nicht ausgeschöpften Kreditlinie, bereit wäre, jedoch vorhersehbar eine Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht. Auch darf der Arbeitgeber zur Beitragszahlung nicht eigene Vermögenswerte wegen der Drohung von Pfändungen für titulierte Forderungen dem Zugriff von Gläubigern entziehen.131 Eine Pflicht, eigene Mittel einzusetzen, trifft Täter i.S. von § 14 StGB, die nicht Beitragsschuldner sind, nicht.132 Die Berufung auf Zahlungsunfähigkeit wird in der Praxis jedoch auf zweierlei Weise eingeschränkt, nämlich zum einen durch Vorverlagerung pflichtwidrigen Verhaltens auf einen früheren Zeitpunkt als die Fälligkeit und zum anderen durch einen Vorrang der sich aus dem Tatbestand ergebenden strafrechtlichen Pflicht zur Beitragszahlung gegenüber anderen Zahlungspflichten. Damit wird im Ergebnis auch ein Schutz der Sozialversicherungsträger in der wirtschaftlichen Krise angestrebt. bb) Vorverlagerung pflichtwidrigen Verhaltens. Nach h.M.133 kann ein Arbeitgeber 58 das Tatbestandsmerkmal des Vorenthaltens unter Anwendung der Rechtsfigur „omissio

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BGHSt 47 318, 320, 323 (dazu auch G/J/W-Wiedner Rdn. 47); OLG Düsseldorf StV 2009 193 f (weitergehend BGH NJW 1997 133 f = wistra 1997 63, 64 f, der in einem obiter dictum offenbar auch auf die Ausschöpfung eines noch offenen Kreditrahmens abhebt; dies könnte jedoch bei vorhersehbarer Unmöglichkeit der Rückzahlung eine Pflichtwidrigkeit gegenüber der Bank und u. U. sogar einen Betrug darstellen, Radtke MK Rdn. 39; Hoyer SK Rdn. 50. Für Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 242 ist der BGH nicht streng genug; er verlangt, dass die Rückzahlung mit mindestens sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfolgen kann und der Bank auch keine ausreichenden Sicherheiten zur Verfügung stehen); Tag NK Rdn. 78 und in BB 1997 1115; Renzikowski aaO S. 337 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 m.w.N.; SSW-Saliger Rdn. 18; G/J/W-Wiedner Rdn. 44; AnwKEsser Rdn. 66. – Zu Einzelheiten zur Feststellung der „Zahlungsunfähigkeit“ wird auf die Rechtsprechung (u.a. BGHZ 163 134 = wistra 2005 432 = NJW 2005 3062 = JuS 2005 1130) und die einschlägige Literatur zu § 17 InsO hingewiesen; nähere Erörterungen dazu finden sich z.B. auch bei

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Bittmann/Volkmer wistra 2005 167 und Schmitt S. 48 ff. Radtke, Sch/Schröder/Perron und Hoyer aaO; Dannecker/Knierim1 Rdn. 758; Schmitt S. 28, 48; vgl. auch Ischebeck S. 149; nach BGHSt 47 aaO ist bei einem persönlich haftenden Gesellschafter dessen finanzielle Leistungskraft allerdings zu berücksichtigen. BGHSt 47 318, 322 f; BGHZ 134 304, 308 = NJW 1997 1237 f = JZ 1997 1002; NJW 2002 1122; 2006 3573; OLG Düsseldorf StV 2009 193 f; OLG Hamm wistra 2003 73 f; Tag NK Rdn. 69 f, Diss. S. 121 ff und in BB 1997 1115; Radtke MK Rdn. 40 (mit Bedenken); Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; Fischer Rdn. 15a; G/J/W-Wiedner Rdn. 45; AnwK-Esser Rdn. 64 ff; Bente in Achenbach/Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 38; Bittmann § 21 Rdn. 77 ff m.w.N.; Bollacher S. 142 ff; Branz S. 65 ff, 96 ff; Mitsch BT 2/2 § 4 Rdn. 19; Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf § 23 Rdn. 14; Wessels/Hillenkamp Rdn. 787; Wittig § 22 Rdn. 31 f; Rönnau wistra 1997 13; 2007 81; Sinn NStZ 2007 155; allgemein zur „omissio libera in causa“ (Unterlassen durch Tun = Ausschluss der Handlungsfähigkeit durch

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libera in causa/in omittendo“ auch dann erfüllen, wenn er sich durch bewusstes (vorwerfbares) aktives Tun oder durch Unterlassen außer Stand gesetzt hat, bei Eintritt der Fälligkeit die Beitragsschuld zu begleichen. Das gilt allgemein, wenn er sich vorsätzlich leistungsunfähig gemacht hat, um den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht zu entrichten.134 Das gilt aber auch dann, wenn er die Zahlungsunfähigkeit mit wenigstens bedingtem Vorsatz pflichtwidrig herbeigeführt hat (BGHZ 134 304, 307 ff = NJW 1997 1237; BGHSt 47 318 323; näher zur Vorsatzproblematik Rdn. 79 f). Wann eine solche Pflichtwidrigkeit vorliegt, ist heftig umstritten. Ein solches pflichtwidriges Vorverhalten des Arbeitgebers sieht die h.M. im Beiseite59 schaffen von Geldern, in überzogenen Entnahmen (vgl. früher schon RG JW 1933 2149) und sonstiger „aktiver Verminderung seiner Zahlungsmittel“ (Hoyer SK Rdn. 51) wie bei der sog. inkongruenten Befriedigung anderer Gläubiger (s. § 283c StGB, dazu Tiedemann LK § 283c Rdn. 1, 27 ff; § 131 InsO), ggf. auch durch Zahlungen an seine Arbeitnehmer,135 u.U. auch im Unterlassen der Einziehung fälliger Forderungen und von Sicherungsvorkehrungen wie der Bildung einer Rücklage136 oder der Aufnahme eines rückzahlbaren Kredits.137 – Der Arbeitgeber (in der GmbH der Geschäftsführer) hat dafür Sorge zu tragen, dass ihm die zur ordnungsgemäßen Abführung der Arbeitnehmeranteile notwendigen Mittel bei Fälligkeit zur Verfügung stehen. Drängen sich wegen der konkreten finanziellen Situation des Unternehmens deutliche Bedenken auf, dass zum Fälligkeitszeitpunkt ausreichende Zahlungsmittel vorhanden sein werden, muss er durch Bildung von Rücklagen, notfalls durch Kürzung der Nettolöhne, sicherstellen, dass am Fälligkeitstag die Arbeitnehmeranteile fristgerecht entrichtet werden können.138 Pflichtwidrigkeit liegt vor, wenn sich ein Liquiditätsengpass abzeichnet, der durch entsprechende finanztechnische Maßnahmen hätte abgewendet werden können.139 Zum Ausschluss des

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aktives Handeln) Weigend LK § 13 Rdn. 67 und Roxin AT II § 31 Rdn. 103 ff, jedoch ohne Erörterung von Situationen bei § 266a; abl. zur Rechtsfigur Samson/ Günther SK Rdn. 28 ff (frühere Aufl.); Baier GA 1999 272, 279 ff; Dehn-Niemann GA 2009 150, 165 f; Renzikowski aaO S. 336 ff, 343 f; Rönnau wistra 1997 13 f; abl. hinsichtlich § 266a Abs. 1 Ischebeck S. 181 ff; krit. Hellmann/Beckemper Rdn. 852 und Tiedemann BT Rdn. 592 f (auf Fälle des positiven Tuns, z.B. bei Erscheinungsformen des Beitragsbetrugs wird jeweils nicht näher eingegangen). Gribbohm LK11 Rdn. 56 unter Bezugnahme auf Bente S. 63, 66; Marburger/Wolber S. 83 f; Bittmann ZGR 2009 931, 974 sieht ihn dann als leistungsfähig an. Gribbohm LK11 Rdn. 56; Hoyer aaO; vgl. auch OLG Köln wistra 2007 231. Vgl. BGHZ 134 304, 308 f; NJW 2001 967 f; abl. dazu u.a. Huber S. 164 ff. Für die Rechtsprechung und einen Teil der Lehre ergibt sich dies aus der noch weiter reichenden Vorrangigkeits-Auffassung (s. Rdn. 60); i.Ü. hier zur Lehre Radtke MK

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Rdn. 40 ff, 44 und in NStZ 2003 154, 156; 2004 562, 564 (Gewährung inkongruenter Leistungen, Verstoß gegen §§ 288, 283, 283e StGB; selbst dagegen SK); Tag NK Rdn. 69 und Vorenthalten S. 122; Schönke/ Schröder/Perron Rdn. 10; Fischer Rdn. 15a; AnwK-Esser Rdn. 66; Wittig Rdn. 17; Bente (Fn. 133) Rdn. 34, 36 und Strafbarkeit S. 63 ff; Bollacher S. 183 ff. (insbes. zur Kreditaufnahme); Dannecker/Knierim Rdn. 925; Schmitt S. 103; Tiedemann BT Rdn. 592; M-G/B-Thul Rdn. 164 ff; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 14; Zweifel bei SSW-Saliger Rdn. 18; abl. Ranft DStR 2001 132. BGHZ 133 370, 379 f = NJW 1997 130; 134 304, 308 f = NJW 1997 1237 f; 136 332 = NJW 1998 227; NJW 2001 967, 969 f; 2006 3573; OLG Brandenburg, 7.2.2003, abrufbar unter www.olg. brandenburg; OLG Sachsen-Anhalt NZI 2010 874 = NZS 2011 310. BGHSt 47 318, 322 f = wistra 2002 340, 342: „Für die zu treffenden Vorkehrungen ist entscheidend, welche Liquiditätsprognose zum Fälligkeitsstichtag zu stellen ist und ob

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§ 266a

Unmöglichkeitseinwands bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen s. BGH NJW 2011 3047 m. Anm. Bittmann u. Rdn. 54, 65, 71. cc) Vorrangigkeit. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung140 ist der Bereich der 60 Pflichtwidrigkeit auf der Grundlage des Konzepts der Vorrangigkeit sozialversicherungsrechtlicher (also öffentlich-rechtlicher) Beitragsansprüche weiter, insbesondere auch auf Fälle der Befriedigung anderer Forderungen (in sog. „kongruenter Deckung“, vgl. § 130 InsO) für den Zeitraum, der dem Insolvenzverfahren vorgelagert ist,141 ausgedehnt worden. Dies und die damit verbundene „Vorsorgepflicht“ werden von einem großen Teil in der Literatur, insbesondere auch von anwaltlicher Seite heftig bestritten.142 Auch wenn die Herleitung des Vorrangs allein aus der strafrechtlichen Regelung nicht absolut zwingend ist – weswegen dagegen auch der Vorwurf eines Zirkelschlusses erhoben wurde –, entspricht sie doch dem gesetzgeberischen Willen, auch wenn dieser noch deutlicher

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Hinderungsgründe bestehen könnten, die Sozialbeiträge … abzuführen. Dabei wird es auf die jeweils zu erwartenden Einnahmen (ebenso wie auf Kapitalabflüsse durch Pfändungen, Ver- und Aufrechnungen) ankommen.“ BGHZ 134 304, 307 ff, 310 ff; 144 311= NStZ 2000 91 m. Anm. Bittmann = wistra 2000 422, 424; BGHSt 47 318, 321 m. Anm. Wegner wistra 2002 382; 48 307, 311 = NStZ 2004 283 = wistra 2004 26 f; NJW 2001 967 f; 2002 1122, 1125; 2011 1133, 1135; wistra 2006 17 f = NStZ 2006 223 f m. Anm. Sinn NStZ 2007 155; KG wistra 2010 158; OLG Celle NJW 2001 2986; OLG Dresden NZI 2003 375 f; OLG Hamm NJW-RR 1999 915; OLG Karlsruhe NJW 2006 1364, 1366 = wistra 2006 352, 354; OLG Koblenz NZI 2010 308 f; aA früher BGHZ 146 264, 274; 149 100, 106 f; NJW 2005 2546 = wistra 2005 338 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993 1448; 1997 1124 (aber aufgegeben in NJW 1998 691); OLG Celle wistra 1996 114; OLG Frankfurt StV 1999 32 f; Vorrang teilw. schon anerkannt in RGSt 30 161 (1897). – Ebenso wie nun der BGH in der Literatur Sch/Schröder/Perron Rdn. 10 m.w.N.; Gribbohm LK11 Rdn. 56; Lackner/Kühl Rdn. 10; AnwK-Esser Rdn. 66; D/D/R-Beukelmann Rdn. 21; Bollacher S. 158 f, 166; Dannecker/Knierim Rdn. 925; Heitmann § 36 Rdn. 41; Hellmann JZ 1997 1005 f und in Hellmann/ Beckemper Rdn. 848 ff; Köhler in Wabnitz/ Janovsky Kap. 7 Rdn. 240; Tiedemann BT Rdn. 592; Möhrenschlager HWiStR II.5; einschränkend Hoyer SK Rdn. 51, 53 (erfasst Verhalten nur im Versuchsstadium,

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also etwa bei unmittelbar bevorstehender Zahlungsunfähigkeit); Bittmann § 21 Rdn. 72 ff, 82 (zuvor in wistra 1999 441, 449 f – unter modifizierter Anleihe bei der sonst aufgegebenen Lohnzahlungstheorie: Vorrang erst ab Fälligkeit des Entgelts, was aber durch die Vorverlagerung der Fälligkeit der Beitragspflicht überholt sein dürfte). Im Insolvenzverfahren, das auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes gerichtet ist, kann der Sozialversicherungsträger die Arbeitnehmerbeiträge nicht bevorzugt er/behalten (BGHZ 149 100, 105 f = NJW 2002 512; ZIP 2003 1666, 1668; BGHSt 48 307, 312 = NStZ 2004 283 m. Anm. Radtke S. 562 = wistra 2004 26 ff), womit der Vorrang für sie entfällt. G/J/W-Wiedner Rdn. 54 hält die Abführungspflicht im Insolvenzverfahren für suspendiert. Radtke MK Rdn. 44, NStZ 2003 154, 156 und 2004 562, 563 f sowie FS Otto (2007) 695, 704 ff; Tag NK Rdn. 70 ff, BB 1997 116 f, JR 2002 521 f und JZ 2005 115; Samson/Günther SK Rdn. 31; Mitsch BT II 2 § 4 Rdn. 19; Wessels/Hillenkamp Rdn. 787; Bente wistra 1997 106; Branz S. 163 f; Pelz Rdn. 448 ff; Pananis in Ignor/Rixen § 4 Rdn. 742 ff; Ischebeck S. 42 ff, 151 ff, 157 ff (für Vorrang des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens); Wüchner passim; Zöllner/Noack in Baumbach-Hueck, § 43 Rdn. 95 ff, 100 ff; Rönnau NJW 2004 976; 2005 3651 f; wistra 1997 13, 14 f; 2007 81; Wegner wistra 1998 283, 289 f; zweifelhaft für Fischer Rdn. 16 (anders noch in WiB 1997 131).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

hätte ausgesprochen werden sollen. Von Bedeutung war dabei der bei der Erörterung der Regelung über das Absehen von Strafe gegebene Hinweis im RegE BT-Drs. 10/318 S. 31 (und zuvor schon in Referentenentwürfen) auf den Umstand, dass den „Beitragszahlungen grundsätzlich Vorrang vor sonstigen zivilrechtlichen Verpflichtungen eingeräumt werden muss“.143 Die dazu vom BT-Wirtschaftsausschusses (BT-Drs. 10/5058 S. 23) erhobene Bitte, kritisch zu überprüfen, ob es gerechtfertigt erscheine, die Veruntreuung von Arbeitsentgelt [Titel im RegE] gegenüber anderen Forderungen unterschiedlich zu behandeln, führte zu keinen Konsequenzen. „Auch unter Berücksichtigung der im Wirtschaftsausschuss geäußerten Kritik an § 266a StGB“ war der BT-Rechtsausschuss „der Meinung, dass die Aufbringung der Mittel zur Sozialversicherung … eines besonderen strafrechtlichen Schutzes bedarf“ (BT-Drs. 10/058 S. 31), eine Feststellung, die den Ausgangspunkt für die Rechtsprechung darstellte. Bestätigt sah sich diese dann auch durch die Vorschrift über das Absehen von Strafe im früheren Absatz 5 (jetzt Absatz 6), die bei der Ausklammerung der Befriedigung anderweitiger Verbindlichkeiten einen weit geringeren Anwendungsbereich hätte. Der Vorrang fand 2008 sozialversicherungsrechtlich eine gewisse Unterstützung in dem, wenn auch heftig umstrittenen und rechtspolitisch verfehlten, aber gesetzgeberisch gewollten, allerdings vom BGH (BGHZ 183 86 = NJW 2010 870) m.E. zu Unrecht nicht anerkannten Ausschluss der Insolvenzanfechtung von Beitragszahlungen als Folge der durch das Gesetz v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) eingeführten neuen Regelung in § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV (s.o. Rdn. 5; aA Ischebeck S. 107, der bei § 266a Abs. 1 keine Wirkung sieht). Obwohl eine Zahlung des Arbeitnehmerbeitrags tatsächlich aus dem Vermögen des Arbeitgebers stammt, fingiert die Vorschrift eine solche aus dem Vermögen des Arbeitnehmers, was folgerichtig in der Insolvenz des Arbeitgebers eine Anfechtung nach § 129 Abs. 1 InsO nicht mehr erlauben sollte.144 – Das Interesse, durch den Straftatbestand die Erfüllung von Sozialversicherungsbeiträgen auch in sich abzuzeichnenden Krisensituationen sicherzustellen, hat die Rechtsprechung gleichwohl im strafrechtlichen, anders als im zivilrechtlichen Bereich davon abgehalten, die Strafbarkeit im Hinblick auf eine etwaige Insolvenzanfechtung entfallen zu lassen (BGH NJW 2005 3560 = wistra 2006 17 f; BGHSt 48 307, 312 f = wistra 2004 26, 28; NJW 2011 1133 f; OLG München NZI 2010 943 f).

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So im Ergebnis zuvor, wenn auch teilweise beschränkt, schon RGSt 30 161 (1897); JW 1936 515; s. Martens, 1. Aufl. S. 40 und zur Vorgängervorschrift wistra 1986 154, 157. LG Berlin ZInsO 2009 1398; LG Stendal NZI 2009 437 f = NZA-RR 2009 546; LG Offenburg ZinsO 2009 670; AG Offenburg ZInsO 2009 100 f; weitere LG-Urteile bei Rohlfing NJOZ 2009 3574 Fn. 9; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung § 28e Rdn. 9b; Ischebeck S. 103 (S. 107 aber offen); Kreikebohm SGB IV § 28e Rdn. 3; Marotzke Heidelberger Kommentar, § 108 InsO, Rdn. 46; Mette in Beck’scher OnlineKommentar SGB IV § 28e Rdn. 8a; Plagemann in Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht § 12 Rdn. 17 ff; Blank ZIP 2008 1, 5; Bruhn NZI 2009 628; Hirte ZInsO 2009 697, 700; Liebscher ZInsO 2009 1386, 1391; Looff DZWir 2008 270;

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Meier NZI 2008 140; Plagemann/RadtkeSchwenzer ZIP 2009 899; aA nunmehr BGHZ 183 86; zuvor LG Kiel NZI 2009 320 = ZInsO 2009 187; LG Schwerin NZI 2009 185 = ZIP 2009 43; AG Schwerin ZIP 2008 1543; AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg NZI 2009 439 = ZIP 2009 1920; ZInsO 2009 970; AG Hamburg-Altona NZI 2009 730; AG Schwerin ZIP 2008 1543; weitere AG-Urteile bei Rohlfing aaO Fn. 13; Bauer ZInsO 2008 119, 121; Bräuer ZinsO 2008 169; Brinkmann/Luttmann ZIP 2008 901; Büchler EWiR 2008 113; Dahl/Schmitz NZI 2009 101; Dauernheim in Frankfurter Kommentar § 129 InsO Rdn. 47a; v. d. Heyd ZIP 2008 178 f; Köster/Maaß NZI 2009 305; Koza DZWiR 2008 143; Kreft FS Samwer (2008) 261, 268 ff; Leithaus/Krings NZI 2008 393; Rohlfing NJOZ 2009 3574; Sterzinger NZI 2008 221 (zweifelnd).

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Deutlich ergibt sich aus der Gesetzgebung auch, dass der öffentlich-rechtliche Bei- 61 tragsanspruch gegenüber dem zivilrechtlichen Lohnanspruch nicht zurückstehen sollte. Es sollten „künftig auch Fälle bestraft werden“ können, „in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich verabreden, bei Lohnzahlungen keine Beiträge abzuführen“ (BT-Rechtsausschuss, Drs. 10/5058 S. 31). Weitergehend ergibt sich der Vorrang der Beitragspflicht daraus, dass jedenfalls seit 2002 die Strafbarkeit keine Lohnzahlung mehr voraussetzt. Allerdings schließt dies in der wirtschaftlichen Not (vereinbarte) Lohnkürzungen nicht aus, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, den Arbeitnehmeranteil rechtzeitig abzuführen. dd) Kollision mit § 64 GmbHG. Heftig umstritten ist die Frage, ob das ab Eintritt 62 von Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit (nicht erst ab Ende der Insolvenzantragsfrist, BGH NJW 2009 2454) in § 92 Abs. 2 Satz 1, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 64 Satz 1 (früher § 64 Abs. 2 Satz 1) GmbHG, § 130a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 (auch i.V.m. §§ 177, 161 Abs. 2) HGB und § 34 Abs. 3 Nr. 4, § 99 GenG im Interesse der Massesicherung für den Insolvenzfall verankerte Verbot von Zahlungen bzw. die Verpflichtung zum Ersatz für Zahlungen für organschaftliche Vertreter ab diesem Zeitpunkt auch für die Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen gilt. Der 2. Zivilsenat des BGH hatte dies ursprünglich zu § 64 GmbHG bejaht und auch als eine „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ nicht „vereinbare“ Zahlung i.S. von § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a.F. (nun § 64 Satz 2) angesehen (BGH v. 18.4.2005 NJW 2005 2546, 2548 = wistra 2005 339 ff unter Bezugnahme auf BGHZ 149 100, 106 f; ZinsO 1998 141; ZIP 2003 1666 ff [Anfechtung von nach Insolvenzantrag bezahlten Beiträgen]; ZIP 2001 80). Als Folge ging er damals davon aus, dass bei Nichtzahlung das deliktische Verschulden für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 StGB zu verneinen sei.145 – Demgegenüber war der 6. Zivilsenat in seinem Urteil v. 21.1.1997 (BGHZ 134 304, 310 ff = NJW 1997 1237) in einem Fall, in dem seitens der GmbH Forderungen anderer Gläubiger in kongruenter Deckung befriedigt worden waren, von einem durch die strafrechtliche Regelung gedeckten Vorrang der Entrichtung von Arbeitnehmerbeiträgen ausgegangen. Dieser Auffassung ist der 5. Strafsenat in seinem Urteil v. 28.5.2002 (BGHSt 47 318, 321 f = NStZ 2002 547 = wistra 2002 340, 341 f), wonach Beiträge verspätet

145

Ebenso zuvor BGHZ 146 264, 275 = NJW 2001 1280 mit der folgenden Einschränkung: „Soweit Leistungen des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation eine Massekürzung nicht zur Folge haben oder soweit durch sie im Einzelfall größere Nachteile für die Masse abgewendet werden …, kann deswegen das Verschulden nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG [a.F.] ausnahmsweise zu verneinen sein“ – Bei der Darstellung dieser Entscheidungen in NJW 2009 295, die auch auf die Zahlung der Lohn- und Umsatzsteuer aus § 41a EStG, § 18 UStG i.V.m. §§ 69, 34 AO bezogen wurde, hob der 2. Zivilsenat zusätzlich hervor, dass in Fällen, in denen ein GmbH-Geschäftsführer über Zahlungen hinaus, die auch nach damaliger Betrachtungsweise mit der Sorg-

falt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren, Forderungen von Gesellschaftsgläubigern erfüllte, dabei es aber unterließ, auch entsprechende Zahlungen an die Sozialversicherungsträger bzw. das Finanzamt zu erbringen, sich der Geschäftsführer schon damals nicht auf eine Pflichtenkollision berufen konnte. Er musste bei seinen Zahlungen zumindest den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger berücksichtigen. – Bezüglich der Entscheidung in NJW 2005 2546 hatte der gleiche Senat in NJW 2007 2118 = wistra 2007 347 f für den damaligen Rechtszustand auch noch den zusätzlichen Hinweis gegeben, dass „i.S.d. strafrechtlichen Normbefehls [also betr. § 266a] das Verhalten als gerechtfertigt angesehen werden“ müsse.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

gezahlt worden waren, beigetreten. In Urteilen v. 30.7.2003 und 9.8.2005 (BGHSt 48 307, 311 f = NStZ 2004 283 = wistra 2004 26 f; BGH NStZ 2006 223 = wistra 2006 17 f) hat er daran festgehalten. In diesem Urteil kommt er jedoch auch zu dem Ergebnis, dass – ausgehend von der zivilrechtlichen Rechtsprechung in BGHZ 143 184, 188 f; 146 264, 274 f – die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge während des Laufs der DreiWochen-Frist zur Beantragung des Insolvenzverfahrens (§ 15a InsO) gerechtfertigt sei. Es liege deshalb keine Pflichtenkollision vor. Nach Ablauf der Frist seien jedoch „noch verfügbare Mittel … in erster Linie für die Begleichung der Arbeitnehmerbeiträge … einzusetzen“ (BGHSt 48 313); entgegen der Auffassung des 2. Zivilsenats würde keine Pflichtenkollision zwischen dem Anspruch aus § 64 GmbHG und dem Anspruch aus § 823 II BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 bestehen, zumal eine solche wegen der Möglichkeit zur Stellung des Insolvenzantrags nicht unabwendbar wäre (BGH NStZ 2006 223, 224 f).146 In einer Entscheidung vom 14.5.2007 (NJW 2007 2118 = wistra 2007 347, 349) voll63 zog der 2. Zivilsenat einen Paradigmenwechsel. Er schloss sich der Auffassung des 5. Strafsenats an, der in seinem Urteil v. 21.9.2005, 5 StR 263/05, NStZ 2006 227 = wistra 2005 458 f hervorgehoben hatte, dass § 266a „in erster Linie das Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherstellung des Aufkommens der Mittel für die Sozialversicherung“ schütze. Der 2. Zivilsenat kam dann zu dem Ergebnis, dass „mit Rücksicht auf die Einheit der Rechtsordnung … es dem organschaftlichen Vertreter nicht angesonnen werden“ könne, „die Massesicherungspflicht … zu erfüllen und fällige Leistungen an die Sozialkassen oder die Steuerbehörden nicht zu erfüllen, wenn er sich dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzt. Sein die entsprechenden sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften befolgendes Verhalten“ müsse „deswegen im Rahmen der bei § 92 Abs. 3 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG anzustellenden Prüfung als mit den Pflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angesehen“ werden. „Danach“ hafte der betr. „Beklagte für die … an die Sozial- und Finanzkassen [vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens] geleisteten Zahlungen nicht.“ Diese Auffassung bekräftigte dieser Senat in seinen Urteilen v. 5.5.2008 (NJW 2008 2504), 2.6.2008 (NJW-RR 2008 1253), 29.9.2008 (NJW 2009 295), 8.6.2009 (NJW 2009 2599 = wistra 2010 186 f) und 25.1.2011 (BB 2011 781 [unter Ausdehnung auf Rückstände] m. Anm. Jänig).147 In der

146

Zust. OLG Karlsruhe NJW 2006 1364, 1366 = wistra 2006 352, 354; OLG Hamburg ZIP 2007 725; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 10; G/J/WWiedner Rdn. 52 f; Bittmann § 21 Rdn. 91 ff und wistra 2004 327, 328 f (aber mit berechtigtem Hinweis auf die Beachtung des Höchstfristcharakters); Tiedemann BT Rdn. 594 und 596; Sinn NStZ 2007 155 f; abl. zur Anwendung von § 266a Abs. 1 Radtke MK Rdn. 48, NStZ 2004 562 f; Tag NK Rdn. 74 f; Hoyer SK Rdn. 72; Ischebeck S. 133 ff, 182 f; Kutzner NJW 2006 413, 414 f; Rönnau NJW 2004 976, 979 f; wistra 2007 976, 979; JZ 2008 46, 48. Generell sehen Kudlich/Oglakcioglu Rdn. 572 eine Zahlung als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar an; krit. auch Fischer Rdn. 17. – Nach

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richtiger Ansicht schließt die Strafdrohung aus § 15a Abs. 4 InsO im Hinblick auf den unterschiedlichen Rechtsgüterschutz eine Anwendung von § 266a im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens nicht aus. Dazu auch Werres ZinsO 2009 1845. – Die letzteren Entscheidungen befassen sich auch mit Problemen bei der Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen nach Insolvenzreife, die – anders als bei der Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen – angesichts der fehlenden Strafbarkeit des (bloßen) Vorenthaltens (s. die engere und andere Ausgestaltung von Absatz 2) nicht die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 GmbHG (Erfordernis des Handelns mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns) erfülle (so auch BGH wistra 2010 186) und deshalb eine Erstattungspflicht nach § 64 Satz 1 GmbHG

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Entscheidung v. 2.6.2008 zog er dann im Fall der Nichtabführung die Konsequenz einer Schadensersatzhaftung nach § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. § 266a, da von einer Pflichtenkollision nicht mehr die Rede sein könne, wenn ein GmbH-Geschäftsführer Zahlungen an einen Gläubiger leiste. Die Erfüllung der Pflicht zur Abführung der Beiträge sei zudem diesem auch möglich gewesen, wie sich aus dem Umstand ergebe, dass er noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zahlungen für Miete in einer die Beiträge übersteigenden Höhe geleistet habe. Im Urteil v. 29.9.2008 (BGH NJW 2009 295) wurde diese Linie (Anwendung von § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. § 266a bei Nichtzahlung der Beiträge, jedoch Begleichung von anderen Schulden und Auszahlung von Nettolöhnen nach Eintritt der Insolvenzreife) fortgesetzt (weiter BGH NJW-RR 2010 701 f [18.1.2010] betr. Auszahlung von Nettolöhnen) und zusätzlich eine Übereinstimmung mit der Auffassung des BFH in dessen Entscheidungen v. 27.2. und 4.7.2007 (BFHE 216 491 = NJW 2007 3520 = ZIP 2007 1604; BMF/NV 2007 2059) festgestellt. Dieser habe angenommen, dass die Pflicht zur Abführung der Steuern und die bei Nichterfüllung dieser Pflicht aus §§ 69, 34 AO folgende Haftung grundsätzlich auch im Stadium der Insolvenzreife – jedenfalls nach Ablauf der Insolvenzantragsfrist – bestehe. Das zivilrechtliche Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 GmbHG schließe eine Haftung wegen Nichtzahlung fälliger Steuern allenfalls innerhalb der 3-wöchigen Schonfrist aus. Im Urteil v. 23.9.2008 schloss dann der BFH(E 222 228 = ZInsO 2009 151 = GmbHR 2009 222; krit. Liebscher ZinsO 2009 1386), ausgehend von der o.g. Entscheidung des 2. Zivilsenats v. 14.5.2007 zum Entfallen der zivilrechtlichen Haftung selbst für diesen Zeitraum bei einem die sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften befolgenden Verhalten, allerdings umgekehrt eine Haftung nicht aus, wenn die Nichtzahlung der fälligen Steuern in diesen Zeitraum falle.148 Im Hinblick darauf, dass die Privilegierung des Arbeitgebers während des Laufs der Insolvenzantragspflicht vor allem den Sinn haben soll, Sanierungsversuche zu unternehmen (krit. dazu Ischebeck S. 170 ff m.N.), ist eine Änderung der Haltung des 5. Strafsenats – auch angesichts fehlender Hinweise in den Folgeentscheidungen – nicht sicher zu erwarten. Die von Brand 149 vorgeschlagene Alternative einer Anwendung des rechtfertigenden Notstandes nach § 34 StGB im Falle eines aussichtsreichen Sanierungsversuchs in dem Dreiwochenzeitraum bei Verzicht auf Beitragszahlungen ist andererseits auch Bedenken ausgesetzt. Sie könnte etwa bei Sanierungsversuchen durch Zahlungen an Hauptgläubiger zu einer Aushebelung des vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollten Vorrangs der sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche auf die Arbeitnehmerbeiträge führen. Einer Anwendung von § 34 StGB wird im Hinblick auf die Regelung des Absatzes 6 auch sonst weitgehend eine Absage erteilt (Rdn. 64, 78).150

148

auslöse, BGHZ 187 60, 63 f = NJW 2011 221 (20.9.2010). Eine solche Konsequenz hatte zuvor auch schon Bittmann wistra 2007 406 f gezogen; er ist der Auffassung, dass der Zivilsenat dem Ausnahmefall des 5. Strafsenats den Boden entzogen habe (ebenso Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG Rdn. 103); krit. dazu Rönnau JZ 2008 49. Für eine Anwendung von § 266a bei Nichtzahlung vor Ablauf der Insolvenzantragspflicht auch Hoyer Rdn. SK Rdn. 69 und Hellmann/Beckemper § 13 Rdn. 855 f. – In dem konkreten Fall der Nichtzahlung der

149 150

Beiträge hat das BFH eine grobe fahrlässige Verletzung der Lohnsteuerabführungspflicht gleichwohl angesichts der unterschiedlichen Normbefehle des BGH (Ersatzpflicht bei Zahlung bejahend BGHZ 146, 264) und des BFH (Steuerzahlungspflicht bejahend auch bei einer Konkurrenz mit einer privatrechtlichen Schadensersatzpflicht) verneint. GmbHR 2010 237, 241 ff; vgl. auch Bollacher S. 160 ff. Sch/Schröder/Perron Rdn. 18; Gribbohm LK11 Rdn. 79; SSW-Saliger Rdn. 25; Hellmann/Beckemper aaO Rdn. 856; Fritz S. 123 ff. Für diejenigen, die den Vor-

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ee) Unzumutbarkeit. Die Vorrangregelung gilt nicht absolut. Zum Teil wird in der Literatur, auch soweit sie von der Vorrang-Rechtsprechung ausgeht, doch wieder eine Hilfe mit der Anwendung von § 64 Satz 2 GmbHG gesucht.151 Vorzugswürdig ist der Weg einer Milderung der „rigorosen“ Vorrang-Rechtsprechung über das Erfordernis der Zumutbarkeit. Die Grenze der Unzumutbarkeit dürfte dabei nicht erst bei „gänzlich unerwarteten Ereignissen“152 liegen. Dazu gehören z.B. unmittelbar notwendige Reparaturen oder sonstige Maßnahmen zur Behebung einer nicht vorhersehbaren Not oder Verhinderung nicht vorhersehbarer Schäden, die zur Betriebsstillegung führen würden (wie bei Ausfall von Strom, Wasser oder Heizung). Zu eng dürfte auch die neuere Auffassung von Perron 153 sein, Unzumutbarkeit in Wesentlichen nur dort in Betracht zu ziehen, wo die Bezahlung zu einer Gefahr für höchstpersönliche Rechtsgüter des Pflichtigen oder ihm nahestehender Personen führt. Gefordert wird z.B. nicht, dass der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Krise davon absieht, die Sozialversicherungspflicht durch sofortige Auflösung sämtlicher Beschäftigungsverhältnisse zu beenden (BGH NJW 2002 1123, 1125 f). Der Vorrang stellt auch kein Hindernis für die Pfändung liquider Mittel im Wege der Zwangsvollstreckung dar154; der Arbeitgeber darf nicht Vermögenswerte wegen der Drohung von Pfändungen für titulierte Forderungen dem Zugriff von Gläubigern entziehen.155 Miet- und Pachtforderungen156 heben alleine den Vorrang noch nicht auf, solange nicht etwa unmittelbar bevorstehende Räumungen drohen. Dasselbe gilt für Kosten zur Sicherstellung von Buchführung und Bilanzierung.157 Generell lässt sich sagen, dass für eine weite Auslegung des Elements der Unzumutbarkeit angesichts der Möglichkeiten der Strafbefreiung in Absatz 6 in Konfliktsituationen kein zwingendes Bedürfnis besteht.

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ff) Fälle positiven Tuns. In Fällen, in denen von Arbeitgeberseite aus Arbeitnehmerbeiträge (teilweise) in verschleierter Form durch positives Tun vorenthalten werden (etwa durch Einreichung falscher Beitragsnachweise [Beispiel beim Beitragsbetrug in BGH wistra 1987 290, 291 f] oder unrichtige oder unvollständige Erklärungen gegenüber der Einzugsstelle, s. Rdn. 3), um der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen, führt eine bei Beitragsfälligkeit bestehende Zahlungsunfähigkeit alleine nicht zur Straffreiheit. Die fehlende Geltendmachung und Durchsetzung der sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche kann dann gleichwohl mit auf den unrichtigen Angaben und nicht allein der Zahlungsunfähigkeit beruhen. Anders ist die Sachlage, „wenn der Sozialversicherungsträger auf Grund

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rangcharakter ablehnen, besteht für eine Anwendung von § 34 StGB sowieso keine Notwendigkeit. So z.B. von Hoyer SK Rdn. 70 bei Zahlungen im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger. Deren allgemeine Berücksichtigung bereits im Vorfeld der Insolvenz würde aber zu einer zu weitgehenden Beeinträchtigung des Vorrangcharakters führen, was auch das Ergebnis der auf gleicher Linie liegenden Ausführungen von Tag NK Rdn. 77 ist. Für eine Beschränkung unter Schuldgesichtspunkten Bollacher S. 175 ff. So noch Sch/Schröder/Lenckner in der 26. Aufl., Rdn. 10; dagegen BGH und Fischer Rdn. 17a.

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Sch/Schröder/Perron, 28. Aufl., Rdn. 10; noch enger G/J/W-Wiedner Rdn. 55 (auch mit Hinweis auf BGHZ 133 370, 381 = wistra 1997 102, 105 bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Überwachungspflichtigen). Bittmann § 21 Rdn. 83. BGHSt 47 318 323; Fischer Rdn. 17a; SSW-Saliger Rdn. 18. Weitergehend NK-Tag Rdn. 77; abl. zur Mietzahlung M-G/B-Thul Rdn. 167. Tiedemann LK § 283 Rdn. 119 unter Bezugnahme auf Müller-Gugenberger/Bieneck § 82 Rdn. 28; für Gleichrangigkeit Bittmann § 21 Rdn. 83; ZGR 2009 931, 974.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

der schlechten Finanzlage des Unternehmens seinen Beitragsanspruch auch bei zutreffender Meldung der Beschäftigungsverhältnisse nicht hätten realisieren können … In diesen Fällen wird allerdings … zu prüfen sein, ob die Begleichung … der Arbeitnehmerbeiträge nicht wenigstens schon bei verdichteten Anzeichen künftiger Zahlungsschwierigkeiten hätte sichergestellt werden können.“158 BGH NJW 2011 3047 f (mit teilw. krit. Anm. von Bittmann und Wittig HRRS 2012 63, 67) geht neuerdings davon aus, dass bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen Absatz 1 durch betrugsähnliche in Absatz 2 beschriebene Handlungen verwirklicht wird, die für echte Unterlassungsdelikte geltenden allgemeinen Grundsätze nicht nur im Bereich des Absatzes 2 (dazu Rdn. 71), sondern auch des Absatzes 1 im Hinblick vom Gesetzgeber beabsichtigte einheitliche Anwendung beider Absätze in der Praxis (vgl. BTDrucks. 15/2573 S. 28) keine Anwendung finden. Dies untermauert jedenfalls in Fällen positiven Tuns (Abgabe unrichtiger Erklärungen usw.) die obige Auffassung. Hinzu kommt nach BGH, dass in Fällen der vorliegenden Art im Hinblick auf eine eventuelle Unmöglichkeit der Zahlung der Arbeitnehmeranteile regelmäßig ein schuldhaftes Vorverhalten gegeben sei.

IV. Vorenthalten von Beiträgen der Arbeitgeber (Absatz 2) 1. Anwendungsbereich. Absatz 2 erfasst seit 1.8.2004 in § 266a erstmals auch das 66 Vorenthalten von Beiträgen durch Arbeitgeber (und – wie in Absatz 1 – ihnen gleichgestellte Personen). Bisher konnte ein Teil einschlägiger Fälle nur unter den Voraussetzungen des § 263 StGB als Beitragsbetrug verfolgt und geahndet werden.159 Weiterhin nicht strafbar ist das bloße Vorenthalten bzw. die Nichtzahlung solcher Beiträge. Vielmehr muss in teilweiser Anlehnung an den Betrugstatbestand und weitergehender Anlehnung an den Tatbestand der Hinterziehung von Steuern (Zöllen und Abgaben) in § 370 AO das Vorenthalten auf der Angabe unrichtiger oder unvollständiger sozialversicherungsrechtlicher Tatsachen (Nr. 1) beruhen oder darauf zurückzuführen sein, dass der Arbeitgeber die für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über solche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt (Nr. 2). Durch die Aufnahme auch von Fällen, die bisher schon § 263 StGB unterfallen, ist der neue Absatz wie § 370 AO zur „lex specialis gegenüber § 263 StGB“ geworden (KoalitionsE BT-Drs. 15/2573 S. 28; ggf. auch gegenüber § 263a StGB). – Ausgenommen vom Tatbestand ist die Nichtabführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und einer Umlage zur gesetzlichen Unfallversicherung bei „geringfügiger Beschäftigung in Privathaushalten“ i.S. von § 8a SGB IV (sog. „Putzfrauenklausel“).160 Werden diesbezügliche erforderliche Meldungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, ist nach § 111 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, auch i.V.m. § 172 Abs. 4 SGB VI, und nach § 209 Abs. 1 Satz 2 SGB VII eine Strafbarkeit nach Absatz 2 ausgeschlossen, auch wenn dessen Voraussetzungen im Übrigen vorliegen. Diese u.a. von Herzog und Joecks kritisierte außerstrafrechtliche Lösung zur Ein-

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So zum Beitragsbetrug (nunmehr aufgenommen in § 266a Abs. 1 und 2) und zur Anwendung von § 266a Abs. 1 BGH NStZ 2003 552 f = wistra 2003 262, 265 f. Zu den Anforderungen vgl. z.B. BGH wistra 2010 408 und 2 StR 84/11, 7.7.2011, BeckRS 2011 20319. Näher dazu KoalitionsE BT-Drs. 15/2573

S. 31 (= RegE, BT-Drs. 15/2948); Finanzausschussbericht BT-Drs. 15/3079 S. 5 ff; Herzog in der Anhörung im BT-Finanzausschuss am 24.3.2004; Joecks wistra 2004 441, 443 f, 447; Laitenberger NJW 2004 2073 f; Möhrenschlager wistra 2004 Reg XXXV.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

schränkung des Tatbestandes hatte seine Vorbilder in der Einschränkung von § 370 AO durch Regelungen außerhalb der AO, nämlich § 32 Abs. 1 Zollverwaltungsgesetz und § 37 (früher 30a) Abs. 1 Satz 2 Tabaksteuergesetz. – Möglich bleibt weiterhin eine Ahndung als vorsätzliche (oder fahrlässige) Ordnungswidrigkeit nach § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a [auch i.V.m. § 172 Abs. 4 SGB VI) i.V.m. § 28a Abs. 7 Satz 1 oder 2 SGB IV bzw. nach § 209 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII.161 Nicht ausgeschlossen wird durch diese Regelungen eine ggf. mögliche Anwendung von § 263 StGB bei Nichtanwendung von § 266a Abs. 2.162

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2. Gegenstand der Tat sind – im Unterschied zu Absatz 1 – vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge. Darunter fallen vor allem die Arbeitgeberanteile am „Gesamtsozialversicherungsbeitrag“ i.S. von § 28d SGB IV.163 Nicht erfasst sind Beiträge zur Urlaubs- und Zusatzversorgungskasse der Bauwirtschaft (vgl. BAG NJW 2005 3739 f). Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge. Eine Ausnahme besteht insbesondere bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier trägt der Arbeitgeber nur die Hälfte des sog. paritätisch finanzierten Beitragssatzes, der seit 2011 14,6 % beträgt (§§ 241, 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V, Rdn. 41), also 7,3 %. Abweichende Aufteilungen bestehen bei Arbeitsentgelt zwischen 400,01 und 800 €, der sog. Gleitzone i.S. von § 20 Abs. 2 SGB IV für die Kranken- und Pflegeversicherung nach § 249 Abs. 4 SGB V, § 58 Abs. 5 Satz 2 SGB XI, nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b, c SGB VI hinsichtlich der Rentenversicherung bei geringfügig Beschäftigten i.S. von §§ 8, 8a SGB IV und nach § 346 Abs. 1a SGB III hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitsförderung. Darüber hinaus trägt in bestimmten Fällen der Arbeitgeber die Beiträge allein, näm68 lich nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB IV für Auszubildende mit einem Monatsgehalt von nicht mehr als 325 € (vgl. auch § 346 Abs. 1b SGB III) und für junge Leute, die ein freiwilliges soziales bzw. ökologisches Jahr leisten; in Fällen der Zahlung von Kurzarbeitergeld (dazu §§ 169 ff SGB III) nach § 249 Abs. 2 SGB V, § 168 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI, § 58 Abs. 1 Satz 2 SGB XI; nach § 346 Abs. 2 SGB III für Behinderte; nach § 172 Abs. 1 SGB VI für Beschäftigte, die als Bezieher einer Vollrente wegen Alters, als Versorgungsbezieher, wegen des Erreichens der Regelaltersgrenze (ebenso § 346 Abs. 3 SGB III) oder wegen einer Beitragserstattung versicherungsfrei sind (halber Beitrag);] nach § 249b SGB V und § 172 Abs. 3, 3a SGB VI in Fällen geringfügiger Beschäftigung i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (13 bzw. 15 %)164 und § 8a Satz 1 SGB IV (betr. Privathaushalte, je 5 %) und nach § 150 SGB VII als Umlage (§ 152 SGB VII für Unternehmer mit Beschäftigten i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bei der gesetzlichen Unfallversicherung 161

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Aus der Einstufung der Verletzung von Mitteilungspflichten als Ordnungswidrigkeit ergibt sich auch, dass der Vorschlag in Art. 27 Abs. 1 der Europadelikte in Tiedemann (Hrsg.) Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union S. 449, 464, schon eine solche Verletzung als „Straftat gegen die Sozialversicherung“ vorzusehen, für das deutsche Recht nicht in Frage kommt. Nieto in Tiedemann aaO S. 213, 238 begründet den Vorschlag als Parallele zu § 264 StGB. KoalitionsE aaO; NK-Tag Rdn. 89, 141; Sch/Schröder/Perron Rdn. 28; Ambs Rdn. 20; krit. G/J/W-Wiedner Rdn. 58.

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Vgl. allgemein § 20 Abs. 1 SGB IV; betr. Kranken- und Pflegeversicherung § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB XI; betr. Rentenversicherung § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; betr. Arbeitsförderung (Arbeitslosenversicherung) § 346 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Vgl. früher schon BGH wistra 1992 145, 147; StV 1993 364; 1994 426 = wistra 1994 193 f; NStZ 1996 543; nunmehr BGH NStZ 2011 161 = wistra 2011 69.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

(BGH wistra 2010 148, 152 mit Hinw. zur Bemessung der Beiträge nach dem Arbeitsentgelt und zur Hochrechnung des im Wege der Schätzung ermittelten Nettoschwarzlohns nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV). Nach M-G/B-Thul Rdn. 193 f werden auch Umlagen für Krankheit und Mutterschutz nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und solche zur Aufbringung der Mittel für das Insolvenzgeld (i.S. der §§ 183 ff SGB III) nach §§ 358, 359 SGB III erfasst. 3. Tathandlung a) Die 1. Alternative setzt voraus, dass der Arbeitgeber gegenüber der „für den Ein- 69 zug der Beiträge zuständigen Stelle“ (§ 28i SGB IV; § 359 SGB III) „unrichtige oder unvollständige Angaben“ über „sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen“ macht. Tatsachen sind hier nach h.M. – wie in § 263 StGB (vgl. auch die Erörterung zu den §§ 186, 187 StGB, s. RGSt 55 129, 131; weit. Nachw. bei Hilgendorf LK § 185 Rdn. 4) – zu verstehen als konkrete Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit bzw. Gegenwart, die (auch als innere psychische Tatsache in ihren Auswirkungen) äußerlich wahrnehmbar und grundsätzlich empirisch prüfbar, also dem Beweis zugänglich sind.165 Sozialversicherungsrechtlich erheblich sind Tatsachen, „die Grund und/oder Höhe des Sozialversicherungsbeitrags beeinflussen können, z.B. Angaben des Arbeitgebers zu Zahl und/ oder Lohnhöhe seiner Arbeitnehmer“ (BT-Drs. 15/2573 S. 28). Dazu gehören insbesondere auch Umstände, die nach § 28a SGB IV und der auf Grund von § 28c SGB IV, § 195 SGB VI erlassenen Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung – DEÜV – (i.d.F. v. 23.1.2006 [BGBl. I 152], zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2011 [BGBl. I 3057, 3066]), bzw. nach § 28f Abs. 1, 3 der Melde- bzw. Beitragsnachweispflicht unterliegen,166 wie z.B. Beginn und Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung, geringfügige Beschäftigung oder Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, Unterbrechung der Beschäftigung bzw. Entgeltzahlung, Änderungen in der Beitragspflicht, Wechsel der Einzugsstelle usw. Wohl im Hinblick auf diese Regelungen hat der Gesetzgeber von einer näheren gesetzlichen Bestimmung der Sozialerheblichkeit entsprechend § 264 Abs. 8 StGB abgesehen. Gemacht sind Angaben, wenn sie als ausdrückliche oder (auch konkludente; aA Joecks zu § 370 AO Rdn. 122) schriftliche (auch per e-mail, s. die Pflicht zur Datenübertragung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV) oder mündliche (auch telefonische) Erklärung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines bestimmten Sachverhalts der Einzugsstelle zugegangen sind. Sie sind unrichtig, wenn sie objektiv nicht mit der Wirklichkeit der sozialversicherungsrechtlich erheblichen Tatsachen übereinstimmen, also wenn bestehend als nicht bestehend (z.B. bei zu niedriger Angabe der Zahl der

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S. zu § 263, jeweils m.w.N. Tiedemann LK Rdn. 9 ff; Hefendehl MK Rdn. 53 ff; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; SSW-Satzger Rdn. 12 ff; OLG Düsseldorf wistra 1996 32; zu § 370 AO Kohlmann/Ransiek Rdn. 228; krit. Kindhäuser NK Rdn. 71 ff. – Als Tatsache „ist nicht nur das tatsächlich, sondern auch das angeblich Geschehene oder Bestehende anzusehen, sofern ihm das Merkmal der objektiven Bestimmtheit und Gewissheit eigen ist“ (BGHSt 47 1, 3; 48 331, 344). Auf § 28a stellen ab Radtke MK Rdn. 51;

Tag NK Rdn. 90; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11c; SSW-Saliger Rdn. 21; G/J/WWiedner Rdn. 61; Ambs § 266a Rdn. 20; AnwK-Esser Rdn. Rdn. 79 (auch auf § 28f Abs. 3 SGB IV); nur auf § 28f Büttner wistra 2006 251, 253 (§ 28a nur bei geringfügig in Privathaushalten Beschäftigten); M-G/B-Thul Rdn. 199 ff (maßgebend Beitragsnachweis nach § 28f Abs. 3 SGB IV; zu den Meldepflichten näher in Rdn. 209 ff); BGH wistra 2010 148 f weist auf vorgeschriebene Meldungen nach § 28f Abs. 3, § 28a hin.

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Arbeitnehmer, durch unrichtige Bezeichnung von Arbeitnehmern als freie Mitarbeiter oder selbständig Handelnde; keine Angabe von Leiharbeitnehmern neben den regulär Beschäftigten durch Entleiher, A. Zimmermann S. 168), durch Angabe zu niedriger Lohnhöhe (so zum Beitragsbetrug in BGHSt 32 236, 238, 242 = wistra 1984 107, 109 f und zur Unfallversicherung in BGH wistra 2010 148, 152 sowie zu Tariflöhnen, Metz NZA 2011 783) oder wenn nicht bestehend als bestehend (unrichtige Angaben über schlechte Vermögensverhältnisse und Zahlungsschwierigkeiten in einem Stundungsantrag) angegeben werden. „Innere Tatsachen sind unrichtig, wenn sie bei Abgabe in der Vorstellung des Täters nicht vorliegen. Das ist bei inneren Tatsachen mit Zukunftsbezug (Absicht) der Fall, wenn die ihr zugrundeliegenden äußeren Tatsachen nicht zutreffen bzw. bei objektiver Beurteilung keinen Schluss auf die Richtigkeit der inneren Tatsachen erlauben“ (BGHSt 34 111, 115 zu § 264 StGB). Falsche Angaben in Meldungen spielen jedoch keine Rolle, soweit im Beitragsnachweis die Angaben richtig sind. Unvollständig sind Angaben, wenn die erklärten Tatsachen richtig sind, aber wegen des Weglassens wesentlicher Tatsachen die sozialversicherungsrechtlich relevanten Verhältnisse doch nicht zutreffend wiedergeben, also lückenhaft sind, und damit ein falsches Gesamtbild vermittelt wird.167 Dazu können Fälle gehören, in denen nur ein Teil der Beschäftigten gemeldet wird;168 ggf., je nach Art der Meldung, kann aber bereits eine unrichtige Meldung vorliegen, etwa, wenn versichert oder der Eindruck vermittelt wird, die gemeldeten Arbeitnehmer würden alle Beschäftigten darstellen. Die Angaben können dabei auch auf einer (vorherigen) rechtlichen Bewertung bzw. Subsumtion beruhen, was ggf. den Vorsatz in Frage stellen oder zu einem Verbotsirrtum führen kann.169 Richtig und vollständig mitgeteilte Tatsachen werden nicht dadurch unrichtig, dass sie mit einer unzutreffenden Rechtsansicht verbunden werden.170 Tatsachenbezogene Erklärungen, die auf einer unvertretbaren Rechtsauffassung beruhen, sind auf jeden Fall unrichtig, was aber in der Literatur bei unzutreffenden aber vertretbaren Rechtsansichten verneint wird.171

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b) Die 2. Alternative (nach h.L. ein echtes Unterlassungsdelikt, Rdn. 4) verlangt, dass der Arbeitgeber die zuständige Einzugsstelle über „sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen“ (dazu zuvor) „pflichtwidrig in Unkenntnis lässt“, was § 370 Abs. 1 Satz 2 AO entspricht. Solche Tatsachen sind dann nicht oder nicht rechtzeitig übermittelt worden.172 Sie schließt eine bei der Anwendung des § 263 StGB dann auftretende Lücke, wenn ein Arbeitgeber es unterlässt, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer zu gesetzlichen Versicherungen anzumelden, da daraus nicht immer eine Irrtumserregung der Einzugsstelle entnommen werden kann. „Die bloße Nichterfüllung einer gesetzlichen Meldepflicht gegenüber einem Versicherungsträger“ bewirkt nach BGH wistra 1992 141 „jedenfalls für sich allein bei Fehlen jeglicher konkreter Beziehungen zwischen den Beteiligten keinen Irrtum“ (BT-Drs. 15/2573 S. 28). Dies ist insbesondere bei sog. Schwarz-

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Vgl. BGH NStZ 2006 625, 628 = wistra 2006 262, 264 zu § 264 StGB; Radtke MK Rdn. 52; G/J/W-Wiedner Rdn. 62; AnwK-Esser Rdn. 77. Sch/Schröder/Perron Rdn. 11d; Pananis in Ignor/Rixen § 6 Rdn. 35. Radtke MK aaO; Tag NK Rdn. 90; G/J/W-Wiedner Rdn. 61. Tag NK Rdn. 91; zu § 370 AO BGHSt 37 266, 285 = wistra 1991 138, 143; wistra

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2000 137, 139, dazu näher Schmitz/Wulf MK 6/1 § 370 AO Rdn. 214 ff; krit. Dörn wistra 2000 334. So zu § 370 AO m.w.N. Gußen Rdn. 36 und Joecks Rdn. 128; näher dazu Kohlmann/Ransiek Rdn. 237 ff; aA zu § 266a Brenner S. 119 ff. Lackner/Kühl Rdn. 12; G/J/W-Wiedner Rdn. 63.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

arbeit der Fall. In der Regel wird dann schon keine Täuschung vorliegen,173 auf jeden Fall aber kein kausal verursachter Irrtum. Keine „Unkenntnis“ liegt vor, wenn die Einzugsstelle von anderer Seite (z.B. bei einer Betriebsprüfung, s. dazu unten) die notwendigen Informationen rechtzeitig erhalten hat; es fehlt dann auch an der Kausalität zwischen dem Unterlassen und der „Unkenntnis“ und damit auch dem Vorenthalten (s. dazu Rdn. 71). Eine „Unkenntnis“ der Einzugsstelle kann jedoch vorliegen, wenn der Arbeitgeber kollusiv mit einem Mitarbeiter der Stelle zusammenarbeitet174 oder Angaben gegenüber einer unzuständigen Einzugsstelle gemacht werden, es sei denn diese leitet sie an die zuständige Stelle weiter. – Durch Nummer 2 können auch Fälle erfasst werden, die bisher von der Rechtsprechung als Beitragsbetrug durch Unterlassen geahndet werden konnten, aber auch solche, bei denen dies nicht der Fall ist.175 – Der Tatbestand „setzt“ weiter ein Vorenthalten als Folge eines „Verstoßes gegen eine Pflicht voraus, dieser Stelle Angaben über“ die o.g. „Tatsachen zu machen“ (BT-Drs. aaO). Melde- und Nachweispflichten ergeben sich vor allem aus § 28a SGB IV (Beispiel BGH aaO) und der DEÜV (s.o.) sowie zum Beitragsnachweis aus § 28f Abs. 3 SGB IV; sie umfassen auch meldepflichtige Änderungen und bestehen auch bei nachträglicher Kenntnis relevanter Umstände. Ihre Verletzung ist „pflichtwidrig“. Im Falle unvollständiger Erklärungen, die ein teilweises Unterlassen beinhalten können, ist bereits die Nummer 1 anwendbar. c) Kausalität/Zurechnungszusammenhang. Durch die Tathandlungen beider Alterna- 71 tiven müssen Arbeitgeberbeiträge der Einzugsstelle vorenthalten werden. Das ist u.a. der Fall, wenn unrichtige Angaben (etwa im Beitragsbescheid) oder die Verletzung von Meldepflichten gegenüber der Einzugsstelle dazu führen, dass Beitragsansprüche im Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nur teilweise erfüllt werden, woran eine nachträgliche Erfüllung, mitunter sogar erst nach Geltendmachung durch die Einzugsstelle, nichts ändert.176 – Für den Zusammenhang stellt nunmehr der BGH NJW 2011 3047 177 nicht auf eine strikte Kausalität zwischen den Tathandlungen und dem Vorenthalten ab, sondern lässt einen funktionalen Zusammenhang wie in § 370 Abs. 1 AO genügen. Umstritten sind bisher, darunter auch im Hinblick auf ein anderes Kausalitätsverständnis die Auswirkungen bei der ersten Alternative, wenn die Einzugsstelle von dem wahren Sachverhalt 173

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Fischer Rdn. 21a und zu § 263 Rdn. 39; Hefendehl MK § 263 Rdn. 158; Tiedemann LK § 263 Rdn. 69; vgl. auch Lackner/Kühl Rdn. 12; anders wohl Tag NK Rdn. 93; Hoyer SK Rdn. 67. G/J/W-Wiedner Rdn. 63. Dazu BT-Drs. aaO; N. zur Rechtsprechung Hefendehl MK aaO Rdn. 157 f und Tiedemann LK § 263 Rdn. 78; zu den Grenzen des § 263 s. BGH wistra 2010 408 f: „Sollten sich für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Krankenkassen nicht unter den Krankenkassen befinden, gegenüber denen der Angeklagte Meldungen abgab …, kommt lediglich eine Verurteilung … i.S.v. § 266a Abs. 1 in Betracht.“ (für die Zeit vor Einführung von Absatz 2; für die Zeit danach hatte der BGH Rdn. 6 keine Bedenken, Absatz 1 und 2 anzuwenden).

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Vgl. G/J/W-Wiedner Rdn. 64, 83; M/G/BThul Rdn. 223 ff (setzt einen Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Vorenthalten hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, anders hinsichtlich der Unfallversicherung, nicht voraus); vgl. auch Rdn. 114; Fischer Rdn. 21b; SSW-Saliger Rdn. 26; AnwK-Esser Rdn. 111 (Vollendung mit Nichtzahlung im Fälligkeitszeitpunkt); aA Rönnau/Kirch-Heim wistra 2005 321, 325 f (Vollendung der Tat nach Absatz 2 erst dann, wenn die Einzugsstelle die Beiträge wegen der Verletzung von Erklärungspflichten später bzw. in geringerer Höhe erhält, d.h. regelmäßig erst mit Geldeingang nach hypothetischer Vollstreckung; ähnlich Hellmann/Beckemper Rdn. 832). Unter Bezugnahme auf G/J/W-Wiedner Rdn. 64; krit. Wittig HRRS 2012 63, 65 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Kenntnis erlangt (z.B. bei einer Betriebsprüfung), dann aber gleichwohl die ausstehenden Beiträge nicht erhebt. Die Anlehnung der Nummer 1 an § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO legt es nahe, sich hierzu an deren – allerdings auch dort umstrittenen – Auslegung zu orientieren. Ausgangspunkt ist dort wie hier die von § 263 StGB abweichende Tatbestandsstruktur. Eine unrichtige oder unvollständige Erklärung setzt nicht voraus, dass für die Tatbestandsverwirklichung ein zuständiger Finanzbeamter getäuscht oder in Unkenntnis ist.178 Entsprechendes gilt bei einer Tat nach Nummer 1.179 Dafür spricht auch das § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO entsprechende Regelbeispiel in Absatz 4 Nr. 3 zur Ausnutzung der Mithilfe eines missbrauchenden, also wissenden Amtsträgers (Rdn. 90), der auch einen zuständigen Bediensteten der Einzugsstelle mit einschließt.180 In dem Machen der falschen Angaben realisiert sich die von Absatz 2 Nr. 1 missbilligte Gefahr der Nichtzahlung von Beitragsschulden.181 Angesichts des Wortlauts von Absatz 2 Nr. 1 mit der von § 263 abweichenden Struktur ist auch nicht der Auffassung 182 zu folgen, die ein „verfügungsadäquates Verhalten“ des zuständigen Bediensteten der Einzugsstelle fordert.183 Im Fall der Nummer 2 liegt hingegen bei einem wissenden zuständigen Bediensteten der Einzugsstelle bereits das Erfordernis der „Unkenntnis“ nicht vor. Darüber hinaus ist hier immer zu prüfen, ob dem Täter die Vornahme der Meldungen möglich und zumutbar ist (Radtke MK Rdn. 53). – Nach BGH NJW 2011 3047 f m. zust. Anm. Bittmann wirkt die Unmöglichkeit der Beitragsentrichtung – anders als im originären Anwendungsbereich des Absatzes 1 – bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen regelmäßig nicht tatbestandsausschließend. Die Grundsätze des Absatzes 1 dazu würden bei Nummer 1 von vornherein keine Anwendung finden. Beim Unterlassungsdelikt der Nummer 2 sollen sie zwar zu beachten sein, würden sich allerdings nur auf die Meldepflicht, nicht jedoch auf das Vorenthalten beziehen. Gleichwohl handelt es sich dabei doch insgesamt um ein Unterlassungsdelikt, so dass insoweit die Erfordernisse von Möglichkeit und Zumutbarkeit weiterhin anwendbar sein sollten,184 was allerdings bei den illegalen Beschäftigungsverhältnissen mit vollständiger Schwarzarbeit in der Regel nicht zum Tatbestandsausschluss führen wird. – Weitergehend lehnt bisher überwiegend die Literatur die Anwendung von Absatz 2 insgesamt bei Zahlungsunfähigkeit bzw. dem Mangel an Zahlungsmitteln des Arbeitgebers ab (durch Verneinung des Kausalzusammenhangs bzw. der

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BGH NStZ 2011 284 = wistra 2011 186, 188; grundsätzlich zust. Anm. Ransiek S. 189 f und Tiedemann BT Rdn. 98; vgl. auch BFHE 211 19 = wistra 2006 113 f; Kohlmann/Ransiek Rdn. 585 ff; aA z.B. Schmitz/Wulf MK Nebenstrafrecht II Rdn. 241; Wulf NStZ 2011 408; Franzen/ Gast/Joecks Rdn. 198 f; Kohlmann/Schauf Rdn. 1101 ff; Steinberg wistra 2012 45. So im Ergebnis auch Wiedner Rdn. 60, 64 und Thul aaO; aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 11h; Radtke MK Rdn. 54; Brenner S. 122. So zu § 370 AO Kohlmann/Ransiek Rdn. 586; Tiedemann BT Rdn. 110. G/J/W-Wiedner Rdn. 64 und zu § 370 AO BGH aaO sowie Ransiek aaO; vgl. auch BGH NJW 2011 3047 und Thul aaO Rdn. 227, der davon ausgeht, dass Absatz 2

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182

183 184

Nr. 1 für die Tatbestandsverwirklichung nicht einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Wissensdefizit bei der Einzugsstelle und der unterlassenen Beitragszahlung voraussetzt; abweichend zum (Kausalitäts)Zusammenhang Rönnau/KirchHeim wistra 2005 321, 325 und Hellmann/ Beckemper Rdn. 832 sowie zu § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Weidemann/Weidemann wistra 2005 207, 208 ff. So Sch/Schröder/Perron aaO; Radtke MK Rdn. 54; SSW-Saliger Rdn. 21; Hoyer SK Rdn. 76. Abl. Thul aaO Rdn. 228; Wiedner aaO Rdn. 65. Unmöglichkeit/Unzumutbarkeit ggf. bei Krankheit und Unterlagenvernichtung, Schönke/Schröder/Perron Rdn. 11e; G/J/W-Wiedner Rdn. 63.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

Tatbestandserfüllung).185 Wegen der unterschiedlichen Struktur von Absatz 2 im Vergleich zu Absatz 1 sollen Gesichtspunkte „mangelnder Vorsorge“ nach wohl noch überwiegender Auffassung keine Rolle spielen.186

V. Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Absatz 3) 1. Einschränkungen. Der Tatbestand enthält zwei Einschränkungen des Schutzbereichs. 72 Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut und -zusammenhang ergibt, erstreckt sich der Tatbestand des § 266a Abs. 2 weder auf Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung (Absatz 1), weil sie nicht „sonst“ Teile des Arbeitsentgelts im Sinne des Absatzes 3 sind, noch auf Entgeltteile, die als Lohnsteuer einbehalten werden (Absatz 3 Satz 2). Im ersten Fall greift § 266a Abs. 1 ein, im zweiten kann Steuerhinterziehung oder eine Steuerordnungswidrigkeit (§§ 370, 378, 380 AO) vorliegen (BT-Drs. 10/318 S. 29 f). Der Grund für diese Tatbestandseinschränkung ist, dass Absatz 3 nur Fälle erfassen soll, die allein unter dem Gesichtspunkt der Verletzung treuhänderischer Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Lohnzahlung strafwürdig und anders strafrechtlich „nicht abgedeckt“ sind (BT-Drs. 10/318 S. 30). – Zur Deliktsnatur und zum geschützten Rechtsgut s. oben Rdn. 7, 11. 2. Gegenstand der Tat. Es sind rechtmäßig einbehaltene Teile des Arbeitsentgelts,187 73 die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer aufgrund einer privat- oder öffentlichrechtlichen Pflicht an einen anderen zu zahlen hat. Gedacht ist vor allem an Fälle der vom Arbeitgeber vorzunehmenden „Vermögenswirksamen Anlage von Teilen des Arbeitslohns“ (§ 2 Abs. 7, § 11 5. VermBG; BGH NStZ-RR 2011 276 f = wistra 2010 483 f; OLG Celle NStZ 1991 554 = NJW 1992 190 zu einer früheren Fassung), die zum Beispiel auf eine Lebensversicherung oder einen Bausparvertrag zu erbringen sind, ferner an die Abtretung (§ 398 BGB) oder Pfändung (§ 829 ZPO) von Lohnansprüchen bei Unterhaltsverpflichtungen oder Ratenzahlungskäufen des Arbeitnehmers, an Darlehenszahlungen, Spenden sowie an freiwillige Beiträge zur Kranken-, Pflege- oder Rentenversicherung oder an eine Pensionskasse.188 Ein weiteres Beispiel ist die Nichtabführung des Pflicht185

186

187

Lackner/Kühl Rdn. 12a; AnwK-Esser Rdn. 81; Heitmann § 36 Rdn. 42; M-G/B-Thul § 38 Rdn. 228a; Hellmann/ Beckemper Rdn. 837; Ignor/Papanis § 6 Rdn. 37; vgl. auch BFHE 216 491; 222 228 = ZInsO 2009 151 f (zum Haftungsausschluss eines GmbH-Geschäftsführers wegen Nichtabführung von Lohnsteuern); zur früheren Verneinung von Beitragsbetrug mangels Vermögensschaden bei schlechter Finanzlage s. BGH NStZ 2003 552 f = wistra 2003 262, 265 (unter III 1). AnwK-Esser Rdn. 81; Heitmann aaO Rdn. 44; Pananis aaO; Rönnau/Kirch-Heim wistra 2005 321, 326; aA G/J/W-Wiedner Rdn. 65; offenbar auch Fischer Rdn. 21b; Krekeler Rdn. 419. Einschließlich Entgeltersatzleistungen, z.B. bezüglich Feiertagen und im Krankheitsfall,

188

§§ 2, 3 EntgeltfortzahlungsG, sowie für den Erholungsurlaub gemäß §§ 1, 11 BUrlG und bei vorübergehender Verhinderung, § 616 BGB, sowie bei Abfindungen zum Ausgleich von Vergütungsrückständen (aA Hoyer SK Rdn. 78). Nicht dazu gehört vom Arbeitgeber versprochenes Anlegen von Arbeitsentgelt bei Teillohnzahlungen und von diesem zu tragende Beiträge an Sonderfonds wie z.B. an die Urlaubs- und Zusatzversorgungskasse der Bauwirtschaft [SOKA-BAU] (M-G/B-Thul Rdn. 2, 195 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; vgl. zu letzterem BAG NJW 2005 3739 f). RegE BTDrucks. 10/318, S. 26, 28; Tag NK Rdn. 112; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; AnwK-Esser Rdn. 83; G/J/W-Wiedner Rdn. 70; Bittmann § 21 Rdn. 142; Heitmann § 36 Rdn. 79; Dannecker/Knierim

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

beitrags zur Rechtsanwaltsversorgung.188a Ist eine Abtretung wegen Verstoßes gegen Pfändungsfreigrenzen oder einer Regelung in einem Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung unwirksam oder führt der Arbeitgeber zu Unrecht solche Lohnteile an eigene Gläubiger ab, ist Absatz 3 nicht anwendbar.189 3. Tathandlung

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a) Einbehalten. Der Arbeitgeber behält dem Arbeitnehmer Teile des Arbeitsentgelts ein, wenn er ihm nicht den vollen, sondern einen um die gebotene Zahlung an einen anderen gekürzten Lohn auszahlt. In der Regel wird die Kürzung in der Lohnabrechnung vermerkt. Absatz 3 ist, anders als bei Absatz 1 oder 2, nicht anwendbar, wenn Lohn nicht gezahlt wird.190

75

b) Vorenthalten. Hinzukommen muss, dass der Arbeitgeber den so einbehaltenen Betrag an den anderen nicht vollständig oder nicht fristgerecht (d.h. bei Fälligkeit der Verbindlichkeit, i.d.R. im Zusammenhang mit der Lohnzahlung) abführt. Dadurch wird der Arbeitnehmer entgegen den aus der Lohnabrechnung ersichtlichen Angaben nicht richtig entlohnt.191 Kein Hindernis für die Anwendung von Absatz 3 ist es, dass eine unterlassene vermögenswirksame Leistung mit dem Einbehalten zusammenfällt (BT-Drs. 10/318 S. 29). – Auf Kenntnis oder Einverständnis des Zahlungsempfängers kommt es nicht an (Fischer Rdn. 22a). Beruht die Unterlassung auf Zahlungsunfähigkeit, so lässt diese alleine die Strafbarkeit noch nicht entfallen.192 Teilt er seine Lage jedoch dem Arbeitnehmer mit, ist der Tatbestand mangels Heimlichkeit nicht anwendbar.

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c) Unterlassen der Unterrichtung des Arbeitnehmers. Der Tatbestand ist jedoch erfüllt, wenn der Arbeitgeber es zusätzlich versäumt, „den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB) danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten.“ Er kann die tatbestandsausschliessende (eindeutige) Mitteilung schriftlich, per e-mail oder mündlich, sei es ausdrücklich oder konkludent, übermitteln; sie kann auch vorzeitig für kommende Lohnzeiträume erfolgen (Sch/Schröder/Perron Rdn. 14). Ist er im genannten Zeitpunkt handlungsunfähig, ist Absatz 3 nicht anwendbar, sofern er diesen Zustand nicht durch früheres Verhalten vorwerfbar herbeigeführt hat (actio libera in causa vel in omittendo, Hoyer SK Rdn. 83). Keine Rolle spielt in solchen Fällen eine gleichwohl noch bestehende Zahlungsfähigkeit.

188a 189 190

Rdn. 754; Rienhardt in HWiStR – Vermögenswirksame Leistungen. LAG Niedersachsen, 15 Ta 423/11, 7.11.2011 (iuris). Tag NK Rdn. 113; G/J/W-Wiedner Rdn. 71. Radtke MK Rdn. 57; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 80 (mit weiteren Einschränkungen); SSW-Saliger Rdn. 23; Lackner/Kühl Rdn. 14; AnwK-Esser Rdn. 84; D/D/R-Beukelmann Rdn. 26;

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191 192

Wittig § 22 Rdn. 50; Heitmann § 36 Rdn. 80; aA G/J/W-Wiedner Rdn. 73 f; Tag NK Rdn. 115 f (außer im Fall von Zahlungsunfähigkeit; ebenso für diesen Fall Bittmann § 21 Rdn. 145). BTDrucks. 10/318, S. 29. Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; SSW-Saliger Rdn. 23; aA G/J/W-Wiedner Rdn. 76; Fischer Rdn. 22b.

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VI. Rechtswidrigkeit 1. Das Einverständnis des Arbeitnehmers schließt in den Fällen des Absatzes 1 weder 77 die Tatbestandsmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit aus (LG Fürth NJW 1988 1857). Das gilt auch für Absatz 2. § 266a ist daher auch anwendbar wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich – wie oft in Schwarzarbeitsfällen – darin einig sind, Beiträge nicht zu entrichten (näher Rdn. 42). Beide können nicht über Beitragsansprüche verfügen; das ergibt sich aus der Schutzrichtung der Strafvorschrift (Rdn. 15, 36). Stundet die Einzugsstelle Beitragsforderungen gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV vor Eintritt der Fälligkeit, so liegt kein „Vorenthalten“ vor; eine etwaige Behördenpraxis, zunächst nichts zu unternehmen, steht dem nicht gleich. Eine nachträgliche Stundung ist strafrechtlich nur nach Absatz 6 von Bedeutung. – In den Fällen des Absatzes 3 wirkt das Einverständnis dagegen tatbestandsausschließend. Bei einverständlichem Unterlassen bezieht sich die Tat nicht auf einbehaltene Teile des Arbeitsentgelts, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat; und auch die sonst gebotene Unterrichtung des Arbeitnehmers ist gegenstandslos, wenn der Arbeitgeber nur tut, was der Arbeitnehmer ohnehin billigt. Insgesamt fehlt es bei solcher Fallgestaltung an der Heimlichkeit des Arbeitgebers, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers den Strafgrund des Absatzes 3 bildet.193 Ein Strafbarkeitsausschluss wird auch angesichts fehlender Dispositionsmöglichkeit des Arbeitnehmers (z.B. hinsichtlich Forderungsabtretungen oder Pfändungen) nur selten praktisch werden. Ist der Arbeitnehmer Inhaber der Entgeltforderung, kann in der Einwilligung eine den Tatbestand ausschließende Stundung liegen.194 2. Interessenkollisionen. Das Bestreben, Arbeitsplätze oder das Unternehmen zu er- 78 halten, vermag die Nichtabführung fälliger Sozialversicherungsbeiträge nicht nach § 34 StGB zu rechtfertigen.195 Der Schutz der Sozialversicherung ist ein Rechtsgut, das nach h.M. bei der Interessenabwägung gewichtiger bzw. zumindest gleichrangig ist (LG Nürnberg-Fürth NJW 1988 1856 f) gegenüber dem Interesse an der Aufrechterhaltung eines von Insolvenz bedrohten Unternehmens in Zusammenhang mit nach § 266a erfassten Verhaltensweisen.196 Berechtigten Belangen des Unternehmens kann nach Absatz 6 Rechnung getragen werden. – Bei der unter Rdn. 60 ff erörterten Kollision von Zahlungspflichten gegenüber Sozialversicherungsträgern und anderen Gläubigern hat die sog. Vorrangrechtsprechung des 5. Strafsenats des BGH noch Nichtzahlungen innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO für gerechtfertigt erklärt (was inzwischen im Hinblick auf die Änderung der Haltung des Zweiten Zivilsenats teilweise als überholt angesehen wird). Überwiegend wird bei Normkollisionen jedoch bereits die Tatbestandsmäßigkeit verneint. Generell wird solchen tatbestandsausschließenden bzw. rechtfertigenden Pflichtenkollisionen jedenfalls ein geringer Anwendungsbereich bescheinigt.197 193

194 195

BTDrucks. 10/318, S. 29; Gribbohm LK11 Rdn. 73; Sch/Schröder/Perron Rdn. 18; Fischer Rdn. 22a (Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer); Bittmann § 21 Rdn. 145; Dannecker/Knierim/Smok Rdn. 933. Radtke MK Rdn. 59; Tag NK Rdn. 122; SSW-Saliger Rdn. 25. KG JW 1930 3108 mit Anm. Levin; OLG Hamburg NJW 1953 1807; Radtke

196 197

MK Rdn. 64; Sch/Schröder/Perron aaO; G/J/W-Wiedner Rdn. 82; Bente S. 78 und in Achenbach/Ransiek Kap XII 2 Rdn. 48; Fritz S. 123 ff; Schmidt JR 1961 369 f; auch Tiedemann AT Rdn. 193 m.w.N. Tag NK Rdn. 84; SSW-Saliger Rdn. 25 SSW-Saliger Rdn. 25; Wittig § 22 Rdn. 54 f; G/J/W-Wiedner Rdn. 82 (kommt kaum in Betracht).

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

VII. Innere Tatseite 79

1. Vorsatz. Die innere Tatseite setzt bei jedem der Tatbestände (Absätze 1 bis 3) Vorsatz voraus (§ 15). Eine Schädigungs- oder Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Bedingter Vorsatz genügt.198 Vorsatz verlangt das Bewusstsein und den Willen, die Beiträge in Kenntnis der Umstände, die die Abführungspflicht begründen (Bestehen eines Arbeitsverhältnisses [dazu näher nachstehend], Möglichkeit der Zahlung [bzw. vorsätzliche Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit]) bei Fälligkeit nicht abzuführen.199 Nach h.M. ist das Bewusstsein, selbst zum Handeln verpflichtet zu sein, nicht erforderlich.200 Zum Vorsatz gehört daher Kenntnis des Fälligkeitszeitpunkts (OLG Frankfurt ZIP 1995 213). Der Vorsatz kann entfallen, wenn der Arbeitgeber einen Scheck zur Bezahlung der Beiträge übergeben und auf dessen Einlösung durch die Bank angesichts bisheriger Praxis der Kreditgewährung vertraut hat (BGH NJW 1992 178 f). Er muss sich auch auf die (normativen) Tatbestandsmerkmale „Arbeitgeber“ und Arbeitnehmer“ beziehen. BGH wistra 2010 29 f = NStZ 2010 337 verlangt, dass der Täter den wesentlichen Bedeutungsgehalt des Tatbestandsmerkmals „Arbeitgeber“ und die damit einhergehenden, ihn treffenden Pflichten erfasst. Nach LG Ravensburg StV 2007 412 f und AG Schwetzingen BeckRS 2010 17848 (Arbeitgebereigenschaft Gegenstand des Wissenselements des Vorsatzes) muss der Täter sie zumindest nach Laienart in ihrer ein bestehendes Arbeitsverhältnis prägenden Bedeutung erfassen. Die Strafbarkeit eines GmbH-Geschäftsführers setzt voraus, dass er seine Stellung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB erkannt hat. Im Falle illegaler gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ist ungefähre Kenntnis der Fiktion des § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG und der daraus resultierenden Rechtswirkung erforderlich.201 – Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 1 auch bei Unmöglichkeit aufgrund zurechenbaren pflichtwidrigen Vorverhaltens zu bejahen, wird in subjektiver Hinsicht zumindest vorausgesetzt, dass der Täter „die Anzeichen von Liquiditätsproblemen, die besondere Anstrengungen zur Sicherstellung der Abführung der Arbeitnehmerbeiträge verlangen, erkannt“ hat. „Nimmt er dabei zumindest billigend in Kauf, dass bei Unterlassung von Sicherheitsvorkehrungen später möglicherweise die Arbeitnehmerbeiträge nicht mehr rechtzeitig erbracht werden können, ist hinsichtlich des Merkmals der Pflichtwidrigkeit auch Vorsatz gegeben… Der Verantwortliche muss demnach die Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation und die daraus resultierende Gefährdung der Arbeitneh-

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Zu Absatz 1 BGHSt 47 318, 323 = NStZ 2002 547, 549 = wistra 2002 340, 342; BGHZ 133 370, 381 = NStZ 1997 125 = wistra 1997 102, 104; 134 304, 314 = NJW 1997 1237, 1239; NJW 2001 967, 969, 971; 1992 177 f = wistra 1992 144 f; OLG Düsseldorf StV 2009 193 f; OLG Frankfurt GmbHR 2009 939; OLG Schleswig SchlHA 2002 86; faktisch verneint durch OLG Brandenburg BeckRS 2009 10126, iuris.de, für GmbH-Geschäftsführerin, die die Geschäfte ihrem Ehemann überließ und ihm „blind“ vertraute. Beispiele und Indizien für bedingten Vorsatz finden sich bei M-G/B-Thul Rdn. 172 ff. Bente in Achenbach/Ransiek Kap XII 2 Rdn. 41; BGH aaO; NJW 2002 1122 f;

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OLG Düsseldorf aaO; Radtke MK Rdn. 60; Tag NK Rdn. 80; SSW-Saliger Rdn. 24; G/J/W/-Wiedner Rdn. 79; Wittig § 22 Rdn. 51; Bittmann § 21 Rdn. 104; M-G/B-Thul Rdn. 231 ff, 241. BGHZ 133 370, 381; vgl. auch LG Ravensburg StV 2009 412; Tag und Wittig, je aaO (betr. Vorliegen, Umfang) aaO; Bente aaO Rdn. 45; aA Vorsatz muss Bestehen der Abführungspflicht umfassen: OLG Frankfurt ZIP 1995 213, 218; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17; Hoyer SK Rdn. 55; Lackner/Kühl Rdn. 16; Tiedemann BT Rdn. 593; Thum/ Selzer wistra 2011 290, 293. BGH NStZ 2003 552 = wistra 2003 262, 264; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17; A. Zimmermann S. 167 m.w.N.

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merbeiträge sehen (was auch durch ungeordnete Verhältnisse im Unternehmen begründet sein kann [krit. dazu Böttger in Volk § 18 Rdn. 280]) … Unterlässt er es dann dennoch, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Befriedigung dieser vorrangigen sozialversicherungsrechtlichen Verbindlichkeiten gewährleisten, handelt er vorsätzlich“ (BGHSt 47 318, 323 f = wistra 2002 340, 342 = NStZ 2002 547, 549; BGHZ 134 304, 314 f). Hieran kann es jedoch fehlen, wenn der Arbeitgeber nach Auftreten von Liquiditätsschwierigkeiten bestimmte vernünftig erscheinende Gegenmaßnahmen ergreift, die er für ausreichend hält, was aber tatsächlich nicht der Fall war. Bloße Zweifel an der späteren Zahlungsfähigkeit (BGHZ 134 aaO) und (fahrlässige) Fehleinschätzungen der Erfolgsaussichten reichen zur Begründung des Vorsatzes nicht aus. 2. Irrtum. Irrt sich der Arbeitgeber über tatsächliche Umstände, die seine Pflichten- 80 stellung begründen, befindet er sich im Tatbestandsirrtum.202 Unkenntnis von einem Beschäftigungsverhältnis (s. aber nachstehend), des Fälligkeitszeitpunkts und irrtümliche Annahme einer Stundung schließen den Vorsatz aus.203 Das gilt auch für den Irrtum über die Höhe der Beitragsschuld.204 Kein Tatbestandsirrtum liegt bei einem Arbeitgeber vor, wenn dieser um sämtliche Umstände weiß, die seine Arbeitgeberstellung begründen (wie beim Einsatz von angeblich Selbständigen, die umfassend weisungsgebunden und in den Betriebsablauf eingegliedert sind), und daher auch den für die Unrechtsbegründung wesentlichen Bedeutungsgehalt des Merkmals „Arbeitgeber“ und die daraus folgenden Pflichten erfasst; er unterliegt einem sog. Subsumtionsirrtum, der allenfalls geeignet wäre, einen Verbotsirrtum zu begründen (BGH wistra 2010 29 f betr. Prospektverteiler; krit. Popp JZ 2011 793 f). Weitergehend in der Annahme eines Tatbestandsirrtums bei der unrichtigen Vorstellung, selbständig tätig zu sein, LG Ravensburg StV 2007 412 f (vgl. auch AG Schwetzingen Rdn. 79) bei einem rechtsunkundigen Kleinunternehmer, solange er nicht zur Klärung seiner Stellung in einem behördlichen Verfahren verpflichtet ist oder in einem Verfahren einschlägige Umstände bewusst falsch darstellt. Bei irriger Annahme der Wirksamkeit einer Abberufung und damit des Erlöschens rechtlicher Verantwortlichkeit unterliegt ein GmbH-Geschäftsführer einem Tatbestandsirrtum (BGH NJW 2003 2787, 2790 = wistra 2004 26, 29, nicht in BGHSt 48 307 abgedruckt). Täuscht im Falle gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung der Verleiher den Entleiher über das Vorliegen einer Erlaubnis, liegt seitens des Entleihers ein vorsatzausschließender Irrtum über seine (fingierte) Arbeitgebereigenschaft vor (Tag NK Rdn. 82). Bei der irrigen Annahme von Umständen, die die Erfüllung der Beitragspflicht unmöglich oder unzumutbar machen, liegt ein solcher Irrtum ebenfalls vor.205 Ein Irrtum über das Vorliegen und den Umfang der Rechtspflicht, die Beiträge abzuführen, ist nach h.M. Ver-

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Tag NK Rdn. 81 (so z.B. beim Einsatz von Scheinselbständigen bei irrtümlicher Annahme von Umständen, die einen Werkvertrag auszeichnen, nicht aber, wenn Scheinselbständiger im Innenverhältnis zur Übernahme der Arbeitgeberbeiträge – bei Qualifizierung als Scheinselbständiger in einer Überprüfung – verpflichtet ist). OLG Hamburg ZIP 2007 725; Fischer Rdn. 23; Radtke MK Rdn. 27; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17; SSW-Saliger Rdn. 24; G/J/W-Wiedner Rdn. 80 f; AnwK-Esser

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Rdn. 42, 87; Gribbohm LK11 Rdn. 82 (Arbeitgeber lässt den in einer Satzung bestimmten Fälligkeitszeitpunkt auf Grund einer für wirksam gehaltenen, aber nicht satzungsgemäßen Stundungsabrede verstreichen, die er vor Eintritt der Fälligkeit mit der Einzugsstelle getroffen hat); aA Bittmann § 21 Rdn. 106 (bei irriger Annahme stillschweigender Stundung). Gribbohm aaO; Heitmann § 36 Rdn. 40. Radtke MK Rdn. 62; Fischer Rdn. 23.

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bots/Gebotsirrtum.206 Das gilt auch für den Irrtum über das Rangverhältnis kollidierender Zahlungspflichten, also z.B. bei irrtümlicher Annahme bevorrechtigter Gläubigerbefriedigung.207 Auch der Irrtum eines GmbH-Geschäftsführers über die Überwachungspflicht ist Verbots/Gebotsirrtum.208 Bei einer Tat nach Absatz 2 muss der Arbeitgeber zumindest die seine sozialversiche81 rungsrechtliche Verpflichtung begründenden Tatsachen und den Beitragsanspruch kennen und wissen, dass seine Angaben unrichtig oder unvollständig sind bzw. dass er die erforderlichen Angaben pflichtwidrig nicht gemacht und deshalb seine Beiträge nicht rechtzeitig geleistet hat. Der Vorsatz muss sich demgemäß auch auf den kausalen Zusammenhang zwischen der Tathandlung und dem Vorenthalten beziehen.209 Ein Tatbestandsirrtum liegt vor, wenn er sich über ein Merkmal irrt, von dem seine Beitragsanspruch abhängt oder dass z.B. seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Unterrichtung der Einzugsstelle unmöglich machen würde. Für alle Fälle des Absatzes 3 muss sich der Vorsatz auch auf die die Unterrichtungspflicht begründenden Umstände und dabei auch darauf erstrecken, dass eine verspätete Unterrichtung des Arbeitnehmers nicht mehr unverzüglich ist (Gribbohm LK11 Rdn. 83). Bei Unkenntnis der Unterrichtungspflicht liegt nur ein Verbots/Gebotsirrtum vor.210 Ein Irrtum über das Vorliegen oder den Umfang der Rechtspflicht, die Beitrags- bzw. Entgeltteile i.S. der Absätze 2 und 3 abzuführen, ist auch hier ein Verbots/Gebotsirrtum.211

VIII. Teilnahme 82

Wer weder die persönlichen Voraussetzungen des § 266a Abs. 1 bis 3 erfüllt noch nach § 14 strafrechtlich haftet, kommt auch als Mittäter nicht in Betracht. Er kann nur Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) sein, für den die besondere Strafrahmenmilderung des § 28 Abs. 1 gilt (BGH wistra 2011 344, 346).212 Das gilt bei § 266a Abs. 1 und 2 206

BGHZ 133 370, 381 (betr. Vertrauen auf erneute Stundung); LG Ravensburg StV 2007 412, 414; vgl. auch BGH NJW 2001 967, 969 (irrtümliche Annahme der Nichtanwendung von § 266a bei Nichtzahlung in Zeiträumen ohne Lohnauszahlung); OLG Hamburg ZIP 2007 725 (Annahme einer Stundungsbereitschaft, obwohl Voraussetzungen nicht vorliegen); Radtke MK Rdn. 61; Tag NK Rdn. 81; SSW-Saliger Rdn. 24; AnwK-Esser Rdn. 87; G/J/W-Wiedner Rdn. 80 f; Pananis in Ignor/Rixen § 6 Rdn. 38; Fischer Rdn. 23 (aber kritisch); Heitmann § 36 Rdn. 40; Dannecker/Knierim/Smok Rdn. 937; Bente in Achenbach/ Ransiek/Kap. XII 2 Rdn. 46; Wittig § 22 Rdn. 52 f (z.B. Annahme, wegen Insolvenzsituation nicht zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein); aA OLG Frankfurt ZIP 1995 213, 218; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 26; nach Gribbohm LK11 Rdn. 82 kommt bei einem Irrtum über die eigene Stellung als Arbeitgeber und die

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sich daraus ergebende Beitragspflichtigkeit ein Verbotsirrtum in Betracht. Hoyer SK Rdn. 56; Sch/Schröder/Perron Rdn. 17. BGH NJW 2001 969, 971; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993 1128 f; zur Überwachungsplicht OLG Frankfurt GmbHR 2009 939 f; generell krit. zur Reichweite Bittmann § 21 Rdn. 105 mit Ausführungen zur Unvermeidbarkeit in Rdn. 106. Radtke MK Rdn. 60; Tag NK Rdn. 95 (Unkenntnis vom Verbot unrichtiger Angaben ist ein i.d.R. vermeidbarer Verbotsirrum); Sch/Schröder/Perron Rdn. 17. Sch/Schröder/Perron aaO; SSW-Saliger Rdn. 24; aA wohl Tag NK Rdn. 121. Fischer Rdn. 23; SSW-Saliger Rdn. 24; aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 17; Lackner/Kühl Rdn. 16; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 26. Gribbohm LK11 Rdn. 85; Radtke MK Rdn. 66; Tag NK Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 18; SSW-Saliger Rdn. 5; Fischer

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auch für den Arbeitnehmer, wenn er mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass der Lohn – in der Regel zu beider Vorteil – bar auf die Hand gezahlt wird und der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt. Beihilfe zur Beitragsvorenthaltung kann in einer aktiven Förderung der Haupttat liegen, i.d.R. aber mangels Garantenpflicht nicht in einem Unterlassen.213 Sie kann nach Gribbohm LK11 Rdn. 85 auch in der Unterstützung des Arbeitgebers bei der Fortführung des Unternehmens liegen, dies jedenfalls dann, wenn der Zweck des Betriebs auf Verkürzung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen angelegt ist (vgl. dazu auch Tiedemann AT Rdn. 189 m.w.N.). Als typische Beispiele für Beihilfe bei der personellen Organisation von Schwarzarbeit werden das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte, das Begleiten von deren Behördengängen, Gewerbeanmeldungen für Sub/Nachunternehmer, Durchführung interner Zahlungen an Arbeiter, Erstellen der Einsatzpläne und die Zuweisung von Unterkünften genannt.214 Nach Marburger/Wolber (S. 76 f) soll Beihilfe auch bei Gewährung eines zweckgebundenen Betriebsmittelkredits in Betracht kommen, so wenn eine Bank oder ein Bauherr in der Absicht, den Abschluss bestimmter Arbeiten zu ermöglichen, dem Unternehmer nur so viel an Mitteln zur Verfügung stellt, dass Nettolöhne ausgezahlt werden können und für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nichts übrigbleibt.

IX. Rechtsfolgen 1. Strafandrohungen in den Grundtatbeständen (Absatz 1 bis 3). Straftaten sind in 83 den Absätzen 1 bis 3 mit Geldstrafe und mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Sollten auch Fälle aufgedeckt werden können, in denen sich Arbeitgeber mit sehr hohem Einkommen nach § 266a strafbar gemacht haben, können nunmehr aufgrund der allgemeinen Erhöhung des Höchstmaßes für einen Tagessatz von 5 000 auf 30 000 € in § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB durch das 42. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches v. 29.6.2009, BGBl. I S. 1658, gegen diese höhere Geldstrafen (nach § 41 StGB bei Bereicherung[sversuch] auch neben Freiheitsstrafe) als bisher verhängt werden.– Bei der Strafzumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab (§ 46 Abs. 2 Satz 1). Bedeutsam ist das Maß der Pflichtwidrigkeit, d.h. deren Art und Dauer (wiederholte Begehung, längerer Zeitraum) und die „verschuldeten Auswirkungen“ (§ 46 Abs. 2 Satz 2). Ein bestimmender Strafschärfungsgrund ist (bußgeldbewehrte) unterlassene oder unrichtige (Lohn)Buchführung (BGH wistra 2010 148, 152). Eine große Rolle für den jeweiligen Schuldumfang spielt die Schadenshöhe (vgl. BGH NStZ 2006 227 = wistra 2005 458 f), also die Höhe der vorenthaltenen Beiträge (BGHSt 53 71, 73, 76 = wistra 2009 107, 108 f) oder sonstigen Lohnbestandteile. Diese können auch ein für die konkrete Strafzumessung gewichtiger Strafschärfungsgrund sein (so BGH aaO S. 80 f = wistra aaO S. 110 zu § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO a. und n.F.). – Von Bedeutung ist auch die Vorsatzform. Beweggründe und Ziele des Arbeitgebers (§ 46 Abs. 2 Satz 2), etwa eine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht, können straferschwerend wirken (vgl. Fischer Rdn. 25; SSW-Saliger Rdn. 28). Ein Beispiel dafür ist der wirtschaftliche (Wettbewerbs)Vorteil, den ein Arbeitgeber etwa durch die eine gesteigerte Rdn. 3; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 29; G/J/W-Wiedner Rdn. 86; aA Lackner/Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Perron Rdn. 20; Mitsch BT 2/II 4 Rdn. 9; Bente S. 37 (mit Ausnahme zu § 266a Abs. 3); Maurach/Schroeder/Maiwald § 45 III

213 214

Rdn. 66; vgl. auch BGHSt 41 1 = NStZ 1995 405 = wistra 1995 189 zu § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. So zum Beitragsbetrug des Arbeitgebers OLG Stuttgart wistra 2000 392 f. Thum/Selzer wistra 2011 290, 295.

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Pflichtwidrigkeit (Bittmann § 21 Rd. 124) bzw. ein gesteigertes Ausmaß krimineller Energie (BGH NStZ 2010 216) darstellende Schwarzarbeit mit sog. Nettolohnzahlungen erzielt (dazu näher BGHSt 53 71, 73 ff; Gribbohm LK11 Rdn. 47): „Der Schuldumfang … im Rahmen von illegalen … Beschäftigungsverhältnissen bestimmt sich nach dem nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben zu ermittelnden Bruttoentgelt … . Dabei entspricht die Lohnzahlung aufgrund einer Schwarzlohnabrede … bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Nettoarbeitsentgelt eines legalen Beschäftigungsverhältnisses.“ (BGH aaO S. 76 f, krit. zum BGH zu den bei durch Schätzung von Lohnzahlungen auftauchenden Problemen Röthlein wistra 2009 113 und Joecks JZ 2009 531; dagegen BGH wistra 2010 149, 151). Strafschärfend können auch bestimmte in Rdn. 87 geschilderte Manipulationen sein, auch wenn sie nicht die Qualität eines besonders schweren Falles annehmen sollten (Beispiel BGH StraFo 2008 219; wistra 2008 180 f: organisiertes Hinterziehungssystem – „Gewerbe“ – mit Scheinrechnungen).215 – Milderungsgründe sind bei der Abwägung zu beachten. Allgemein spielen in der Praxis Geständnis und Mitwirkung bei der Aufklärung eine Rolle (s. dazu auch Rdn. 85). Freiwillige Beitragszahlungen für die freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung mindern den Unrechts- und Schuldgehalt (BGH NStZ 2006 227 f). Auch Art und Entstehung der Notlage, auch wenn sie die Strafbarkeit nicht entfallen lassen, können strafmildernd berücksichtigt werden. Das gleiche gilt für geringfügige Fristüberschreitungen oder die nur teilweise Erfüllung der Voraussetzungen für die Strafbefreiung nach Absatz 6 (Sch/Schröder/ Perron Rdn. 29), etwa bei einer nach § 46 Abs. 2 Satz 2 für den Täter sprechenden Schadenswiedergutmachung durch Nachzahlungen (s. BGHSt wistra 2009 107, 112 [nicht in BGHSt 53 71 abgedruckt]). Auch der fehlende Hinweis der Einzugsstelle auf die Möglichkeiten des Absatzes 6 soll strafmildernd wirken (Bittmann § 21 Rdn. 122). Hinweise zur Anwendung der §§ 153, 152a StPO und § 59 StGB (bei Beitragsrück84 ständen bis zu drei Monaten oder 2 500 €) gibt Bittmann § 21 Rdn. 125. Gegen eine nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages und quasi „tarifmäßig“ gestaffelte Strafe, wie sie z.B. Bittmann aaO zu § 266a als allerdings nicht schematisch anzuwendende Orientierung (für Beitragsrückstände bis zu 6 Monaten und nicht mehr als 70 000 €) anbietet, hat BGHSt 53 71 81 zu § 370 AO jedoch grundsätzliche Bedenken erhoben, was auch für § 266a gilt. Nicht sicher ist, ob nach der Kehrtwende des BGH(St 53 71, 84 ff) zum Merkmal „in großem Ausmaß“ (Rdn. 88) Bittmanns Empfehlungen bei höheren Hinterziehungsbeiträgen noch richtig angesetzt sind. – Generell führten ca. 9 bis 14 % der Verurteilungen nach Absatz 1 zu Freiheitsstrafen (1987/1988: 414/467; 2009/2010: 874/926), die jeweils zu über 90 % zur Bewährung ausgesetzt wurden. 2. Strafschärfungen bei besonders schweren Fällen (Absatz 4)

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a) Allgemeines. „In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren“ (Satz 1). In Satz 2 werden drei

215

Die von BGHSt 53 71, 87 = wistra 2009 107, 110 zu § 370 AO gegen eine Geldstrafe oder – bei entsprechend hohem Hinterziehungsbeitrag – eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe angeführten Umstände (auf die Schädigung des Aufkommens in großem Umfang von vornherein angelegte Aktivitäten, gewerbsmäßiges Tun, Betreiben der Tat „als Gewerbe“, Aufbau eines auf-

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wendigen Täuschungssystems, systematische Verschleierung von Sachverhalten, Erstellung bzw. Verwendung unrichtiger oder verfälschter Belege zu Täuschungszwecken) können weitgehend auch bei § 266a und zwar auch in Fällen, in denen ein Regelbeispiel nicht voll erfüllt ist, zur Geltung kommen.

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Beispiele genannt, die „in der Regel“ einen besonders schweren Fall darstellen. Sie können vor allem bei Schwarzarbeit bzw. illegaler Beschäftigung zur Anwendung gelangen (Bittmann § 21 Rdn. 127); die Statistik weist gesondert bisher nur wenige Beispiele aus: 2009: 3; 2010: 5. – Ist ein Regelbeispiel erfüllt, ist dies ein Indiz für einen besonders schweren Fall und die Anwendung des höheren Strafrahmens. „Der Tatrichter hat“ allerdings „im Rahmen einer Gesamtbetrachtung … zu bewerten, ob tat- oder täterbezogene Umstände [wie bestimmte Milderungsgründe s. BGHSt 53 71, 86 = wistra 2009 107, 112; wistra 1985 228; NStZ 1990 497 zu § 370 AO] vorliegen, die die Indizwirkung des Regelbeispiels aufheben [oder sogar verstärken, BGH aaO; ein Beispiel ist auch BGH wistra 2007 145 f] … oder ob auch ohne dass dieses Regelbeispiel erfüllt ist, besondere Umstände einen unbenannten besonders schweren Falles zu begründen vermögen“ (BGHSt 48 360; 53 81 f, 88; wichtiger Faktor auch hier die Schadenshöhe, BGH wistra 1984 147 f zu § 370 AO). Eine bewusste und nachhaltige Manipulation von Lohnunterlagen – unter Verstoß gegen gesetzliche Aufzeichnungspflichten – zum Zwecke der Verschleierung von Schwarzarbeit legt bei unternehmerischer Tätigkeit mit namhaften Hinterziehungsbeiträgen die Annahme eines unbenannten Regelbeispiels nahe (BGH wistra 2010 148, 152). Die Schadenswiedergutmachung ist auch im Hinblick auf die Möglichkeit der Strafbefreiung nach Absatz 6 – anders als bei § 263 Abs. 3 bei gewerbsmäßigem Handeln, BGH wistra 2004 339 f – als geeignet anzusehen, die Indizwirkung des Regelbeispiels zu entkräften, so BGHSt 53 86; wistra aaO; krit. Sch/Schröder/Perron Rdn. 29b. Entsprechendes gilt nach BGH, wenn der hinterzogene zu den gezahlten Beiträgen verhältnismäßig gering ist oder der Arbeitgeber sonst über einen längeren Zeitraum seine Beiträge pünktlich gezahlt hat. Auch umfassende bzw. rückhaltlose Geständnisse führt die Rechtsprechung als Beispiele an (krit. Perron aaO; abl. dazu Lackner/Kühl Rdn. 16b), meistens jedoch im Zusammenhang mit anderen Milderungsgründen. – Beim Gehilfen müssen sich die Teilnahmehandlungen selbst als besonders schwerer Fall darstellen (vgl. BGH NStZ 1981 394; 1983 217; wistra 2000 55; 2007 461; 2009 157 f). b) Grober Eigennutz – Großes Ausmaß. Nach Satz 2 Nr. 1 liegt ein Regelbeispiel vor, 86 wenn „der Täter aus grobem Eigennutz [subjektives Merkmal] in großem Ausmaß [objektives Merkmal] Beiträge vorenthält“. Die Formulierung folgte § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO a.F. In Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG v. 21.12.2007 (BGBl. I 3198) hat der Gesetzgeber allerdings inzwischen – im Hinblick auf Bedenken zur Bestimmtheit (RegE BT-Drs. 16/5486 S. 75) – das Merkmal „aus grobem Eigennutz“ gestrichen, eine Entscheidung, die Anlass zur Prüfung geben sollte, die damit verbundene Erweiterung auf die Nummer 1 (und auch auf § 264 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1) zu übertragen. „Grob eigennützig“ handelt, wer sich – bei Gesamtbetrachtung sämtlicher Tat- 87 umstände – bei der Tat in besonders anstößigem Maß oder in besonders anstößiger Weise vom auf den eigenen Vorteil (nicht nur auf den des Betriebes) gerichteten Gewinnstreben leiten lässt, das das in einer Tat nach § 266a im allgemeinen enthaltene Gewinnstreben deutlich übersteigt;216 davon ist bei Handeln in finanzieller Not nicht auszugehen. Das Bestreben, sich persönlich zu bereichern, reicht nicht aus (BGH wistra 1991 183, 185). Von Bedeutung sind die kriminelle Energie, insbesondere (nach BGH NStZ 216

Zu § 370 AO BGH wistra 1984 147, 227; 1985 228; 1987 71; NJW 1985 208 f; NStZ 1985 459, 558; 1990 497; 1991 106,

183, 185 (nicht in BGHSt 37 298); 1994 227; zu § 264 BGH wistra 1991 106.

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1990 497) Art, Intensität und Häufigkeit der Begehung (z.B. die Tatsache, dass der gesamte Betrieb eines illegalen Unternehmens von Anfang an auf Beitragshinterziehung abgestellt war), Verwendungszweck der hinterzogenen Beträge und der Grad der zu Tage getretenen Gewinnsucht („ausgeprägte Gewinnsucht“). In der Literatur wird auch das Handeln aus Geldgier bei Personen in guten finanziellen Verhältnissen, skrupelloses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern durch Veranlassung zu Stundungen unter Hinweis auf die Beitragspflicht genannt.217 Raffinierte Manipulationen sind nicht vorausgesetzt,218 verstärken jedoch die Indizwirkung. Dies hat der BGH(St 53 87) zu § 370 AO z.B. bei systematischen Scheingeschäften oder Scheinhandlungen und buchtechnischen Manipulationen in großem Umfang und in wistra 2007 145 f bei hochkriminellen, gut durchorganisierten, überaus profitablen Steuerhinterziehungssystemen angenommen. Von grobem Eigennutz ist der BGH in NStZ 2010 216 (ausführlicher in HRRS 2009 Nr. 1094) bei kollusivem Zusammenwirken zur Schwarzarbeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgegangen. Angesichts der Kumulation von Eigennützigkeit und „großem Ausmaß“ hatte der 88 BGH zu § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO das letztere Merkmal bisher nicht betragsmäßig bestimmt, vielmehr dazu eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände gefordert, wobei dem Umfang der Verkürzung je nach den Umständen des Einzelfalls indizielle Bedeutung für die grobe Eigennützigkeit zukommen könne (BGH wistra 1993 109 f). In BGHSt 53 71, 83 ff (= wistra 2009 107, 110 f; wistra 2011 347, 396; NZWiSt 2012 112; NJW 2012 1015; ebenso nun Joecks § 370 AO Rdn. 271b) ist der BGH jedoch zu § 370 AO dazu übergegangen, das Merkmal „in großem Ausmaß“ als erfüllt anzusehen, wenn der Hinterziehungsbetrag 50 000 € bei Erlangung ungerechtfertigter Zahlungen bzw. 100 000 € (Finanzamt wird in Unkenntnis gelassen) übersteigt. Überwiegend wird in Parallele zu Betrugshandlungen die Grenze nunmehr für § 266a generell bei 50 000 € gezogen.219 „Ob die Schwelle des „großen Ausmaßes“ überschritten ist, ist für jede einzelne Tat im materiellen Sinne gesondert zu bestimmen.“ „Bei mehrfacher tateinheitlicher Verwirklichung“ ist „das „Ausmaß“ des jeweiligen Taterfolges zu addieren“.220

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c) Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege. Nach Satz 2 Nr. 2 liegt ein Regelbeispiel vor, wenn „der Täter unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält“. Belege sind Schriftstücke (etwa Arbeitsverträge oder Lohnbescheinigungen), technische Aufzeichnungen i.S. von § 268 StGB, aber auch beweiserhebliche Daten i.S. von § 269 StGB auf einem (elektronischem) Datenträger (keine Urkunde, anders bei Computerausdrucken) oder die per e-mail an die Einzugs217

218

219

Joecks § 370 Rdn. 269 mit Nachw.; Fischer Rdn. 27; abl. zu letzterem Bittmann § 21 Fn. 292. Lackner/Kühl Rdn. 16b; SSW-Saliger Rdn. 29; aA Ignor/Rixen NStZ 2002 510 512 f. So schon Saarl OLG wistra 2006 117 f. In der Literatur: Lackner/Kühl Rdn. 16b; Hoyer SK Rdn. 85; SSW-Saliger Rdn. 29; AnwK-Esser Rdn. 90; Maurach/Schroeder/ Maiwald BT 1 § 45 Rdn. 71; Bittmann § 21 Rdn. 128 (für Fälle der Schwarzarbeit); Dannecker/Knierim/Smok Rdn. 939; Wegner wistra 2002 382 f; zu § 370 AO Joecks

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220

Rdn. 271b; Kohlmann/Schauf Rdn. 1099.2 ff; krit. und einschränkend Schmitz/Wulf MK 6/1 Rdn. 427 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 29b: deutlich höher; Tag NK Rdn. 100: für geringere Höhe als eine Million, wenn Gesamtbewertung für Indizwirkung ausreicht; Bollacher S. 189: nicht wesentlich unter 150 000 €; für eine Grenze von 100 000 € G/J/W-Wiedner Rdn. 95, Rolletschke Rdn. 584, Thum/Selzer wistra 2011 290, 294. Zu § 370 AO BGHSt 53 85; dazu teilw. krit. Joecks aaO Rdn. 271c, d; weitergehend Bittmann wistra 2003 161, 164.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

stelle übermittelt und dort ohne Ausdruck gespeichert werden,221 sofern durch sie sozialrechtlich erhebliche Tatsachen nachgewiesen werden können. Das „Nachmachen“ entspricht dem Nachmachen in § 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB222 bzw. dem Herstellen einer unechten Urkunde (oder ähnlichen beweiserheblichen Daten) oder technischen Aufzeichnung i.S. der §§ 267 bis 269 StGB, das Verfälschen den entsprechenden Tathandlungen in diesen Tatbeständen. Erforderlich ist eine Täuschung über den Aussteller (bzw. in § 268 die Authenzität des Aufzeichnungsvorgangs); inhaltliche Unrichtigkeit muss hinzukommen.223 Die „schriftliche Lüge“ als solche wird jedoch nicht erfasst,224 wie der Gebrauch von vom Aussteller selbst oder mit seiner Kenntnis und seinem Einverständnis hergestellten oder veränderten, inhaltlich aber falschen Belegen. Sie könnte allerdings Anlass zu der Prüfung geben, ob ein unbenannter besonders schwerer Fall vorliegt (BGH wistra 1989 190 f; 228). Der Beleg muss ein unrichtiges Bild sozialversicherungsrechtlich erheblicher Tatsachen ergeben.225 Die Verwendung muss fortgesetzt erfolgen. Eine Verwendung liegt noch nicht vor, wenn der Täter unechte Belege in seine Buchhaltung einführt, sie dem Steuerberater zusendet oder nur deren unrichtigen Inhalt in seine Meldungen an die Einzugsstelle aufnimmt. Er muss diese dort oder einem zur Prüfung erschienenen Amtsträger zur Täuschung vorlegen (zu § 370 AO BGHSt 31 225 = wistra 1983 116; BGHSt 35 374 = wistra 1989 107; 228; 1990 26 f; 2005 144 f) oder sonst zugänglich machen; Kenntnisnahme ist nicht erforderlich. Eine bewusste und nachhaltige Manipulation von Lohnunterlagen zum Zweck der Verschleierung von Schwarzarbeit (unter Verstoß gegen gesetzliche Aufzeichnungspflichten) erfüllt zumeist nicht das Regelbeispiel (BGH wistra 2010 148, 152). Das Merkmal „fortgesetzt“ erfordert eine mehrfach wiederholte Begehungsweise: Der Täter muss bereits zuvor mindestens zwei Beitragshinterziehungen unter Vorlage von Belegen begangen haben; bei der späteren Tat reicht Bezugnahme aus. Er braucht nicht von Anfang an die Vorstellung mehrfacher Tatbegehung zu haben (zu § 370 AO BGH[St 35] aaO; wistra 1998 265 f = NStZ 1998 413 f). d) Ausnutzung der Mithilfe eines Amtsträgers. Satz 2 Nr. 3 setzt wie § 264 Abs. 2 90 Nr. 3 voraus, dass der Täter „die Mithilfe [i.S. von Beihilfe; auch Anstiftung] eines [inländischen] Amtsträgers [i.S. von § 11 Abs. 1 Nr. 2] 226 ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung“ bei unzulässiger Nutzung der durch seine Funktion eröffneten Möglichkeiten, im letzteren Fall auch unter Überschreitung seines Zuständigkeitsbereichs227 bewusst „missbraucht“. Dazu gehören jedenfalls in den Fällen des Absatzes 1 (vereinbarte) Unterstützungshandlungen eines Amtsträgers der Einzugsstelle etwa durch Aufnahme

221 222 223 224

Zieschang LK § 267 Rdn. 4, 134 f; Puppe NK § 267 Rdn. 23, 51. Fischer Rdn. 28; zum Begriff. s Ruß LK Rdn. 6. Hoyer SK Rdn. 88; Sch/Schröder/Perron Rdn. 29c. Fischer Rdn. 28; G/J/W-Wiedner Rdn. 96; M-G/B-Thul Rdn. 286; BGH wistra 1989 190 = NStZ 1989 272; wistra 1990 26 [zu § 370 AO; unrichtige Rechnung]; 1991 106 [zu § 264; unrichtige Lohnkonten/ belege]; zu § 370 AO, auch zum Folgenden, Kohlmann/Schaub Rdn. 1114 ff; Schmitz/ Wulf MK 6/1 Rdn. 434 ff; G/J/W-Rolletschke Rdn. 599 ff.

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Sch/Schröder/Perron Rdn. 29c; Hoyer SK Rdn. 88 f; SSW-Saliger Rdn. 29; G/J/W-Wiedner Rdn. 96. Dazu ausführlich Hilgendorf LK Rdn. 19 ff; Radtke MK Rdn. 16 ff; SSW-Saliger Rdn. 15 ff; Sch/Schröder/Eser Rdn. 14 ff; SSW-Satzger Rdn. 14 ff; Fischer Rdn. 12 ff; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht, 2001; Möhrenschlager in Dölling, Handbuch der Korruptionsprävention (2007) Kap. 8 Rdn. 10 ff; zusammenfassend zu § 266a Tag NK Rdn. 102. Tag NK Rdn. 102; Hoyer SK Rdn. 90; Sch/Schröder/Perron Rdn. 76 zu Absatz 1; G/J/W-Wiedner Rdn. 97.

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falscher Angaben in die Meldungen (s. zu § 370 AO LG Saarbrücken wistra 1988 202), durch falsche Kontrollvermerke oder sonstiges (aktives) Dulden der Straftat. Jeweils anwendbar ist Absatz 4 bei einem Amtsträger, der nicht zur Einzugsstelle gehört, aber in Kenntnis des Verwendungszwecks (vereinbarungsgemäß) relevante falsche Bescheinigungen ausstellt. Nummer 3 ist nicht anwendbar, wenn der Täter davon ausgeht, der Amtsträger werde die Unrichtigkeit der Erklärung übersehen.228

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3. Sonstige Rechtsfolgen. Beitragsvorenthaltung kann die Verhängung eines Berufsverbots (§ 70) rechtfertigen.229 Seit 1.11.2008 kann nach der durch Art. 1 Nr. 7 MoMiG v. 23.10.2008 (BGBl. I S. 2026) in § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3e AktG, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3e GmbHG eingeführten Regelung für die Dauer von fünf Jahren nicht mehr Geschäftsführer einer GmbH (sog. Inhabilität) sein, wer wegen einer Straftat nach § 266a zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Dies hat nach § 8 Abs. 3 GmbHG auch Folgen bei der Anmeldung einer GmbH. – Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann auch die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden i.S. von § 35 GewO begründen und dadurch zu einer Untersagung der Ausübung des Gewerbes führen. Dazu kann dann auch eine Eintragung in das beim Bundesamt für Justiz geführte Gewerbezentralregister beitragen. Nach § 149 Abs. 2 Nr. 4 GewO ist eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen einer Straftat nach Absatz. 1, 2 und 4 einzutragen, die bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung begangen worden ist, wenn auf Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen erkannt worden ist. Zusätzlich sollen von der Teilnahme an einem Wettbewerb um öffentliche Bauaufträge nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 SchwarzArbBekG Bewerber bis zu einer Dauer von drei Jahren ausgeschlossen werden, die zu einer solchen Strafe verurteilt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Strafverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an der Strafbarkeit besteht. Landesrechtlich können auch Ausschlussmöglichkeiten bestehen, z.B in Hessen (Runderlass v. 14.11.2007, StAnz S. 2327) bei schwerwiegenden Straftaten im Geschäftsverkehr. – Nach einzelnen landesrechtlichen Regelungen (Berlin, KorruptionsregisterG v. 19.4.2006; NRW, KorruptionsbG v. 16.12.2004 (§§ 4, 5) GVOBl. 2005 S. 8, Dauer Ende 2010 verlängert, bzw. Verwaltungsvorschriften) ist auch eine Straftat nach § 266a, wenn keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft bestehen, in ein sog. Korruptions/Vergaberegister zu melden und zu speichern, das für die Prüfung von Bietern und Bewerbern bei öffentlichen Auftragsverfahren zur Übermittlung an öffentliche Auftraggeber zur Verfügung steht (vgl. auch den vom BT nicht angenommenen E-KorruptionsregisterG von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 16/9780).

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G/J/W-Wiedner Rdn. 97; h.M. zu § 370 AO s. G/J/W-Rolletschke Rdn. 595 m.w.N. LG München wistra 1987 261(vgl. auch LG Marburg NStZ-RR 2007 172 zu einem vorläufigen Berufsverbot gemäß § 130a StPO); zu § 70 Hanack LK Rdn. 28 f

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m.w.N.; SSW-Jehle Rdn. 10; Fischer Rdn. 4; AnwK-Esser Rdn. 118; Ambs § 266a Rdn. 33; G/J/W Rdn. 114; Möhrenschlager HWiStR Berufsverbot; aA BayObLG NJW 1957 958; Pollähne NK Rdn. 19; Sch/Schröder/Stree/Kinzig Rdn. 7.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

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X. Straffreie Fälle (Absatz 6) 1. Sinn und Zweck der Vorschrift. Absatz 6 regelt für die Tatbestände der Absätze 1 92 bis 3 Fälle fakultativen Absehens von Strafe und obligatorischer Straffreiheit. Sie ist in Zielsetzung, mehr jedoch in der Ausgestaltung auf deutliche Kritik gestoßen.230 a) In den Fällen des Absatzes 1. Die Vorschrift knüpft zum einen an die Rechtspre- 93 chung zum früheren Recht an, die den Arbeitgeber nicht für strafbar hielt, wenn er sich in extremen Situationen für die Sicherung wenigstens des Existenzminimums des Arbeitnehmers entschied und von einer Kürzung des Lohns um die Beitragsteile absah, die das Existenzminimum des Arbeitnehmers gefährden würde (Gribbohm LK11, Rdn. 57). Bundesregierung und Gesetzgeber wollten darüber hinaus dem Arbeitgeber, der sich in einem voraussichtlich behebbaren wirtschaftlichen Engpass befindet, mit der Regelung des Absatzes 6 eine „goldene Brücke“ bauen und damit seiner (unrechts- bzw. schuldmindernden) Situation Rechnung tragen, ohne die strafrechtliche Sicherung des Beitragsaufkommens zu gefährden. Es seien insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben Situationen denkbar, in denen es dem Betriebsinhaber zum Zeitpunkt der Lohnzahlung und der Überweisung der Beiträge an die Einzugsstelle nicht möglich sei, seinen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen, ohne dass er deswegen bereits Konkurs anmelden müsste. Reichten seine Mittel zunächst nur aus, seine Arbeitnehmer netto zu entlohnen, so stehe er vor der Wahl, entweder die Nettolöhne voll auszubezahlen, die Sozialabgaben nicht zu entrichten und sich so der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen, oder aber nur um die Sozialabgaben gekürzte Nettolöhne zu zahlen und dabei zu riskieren, dass die Arbeitnehmer den Betrieb verlassen. Der Arbeitgeber wäre in solchem Fall in einer Zwangslage, in der die Existenz seines Betriebes auf dem Spiel steht und Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Zwar könnte er durch einen rechtzeitigen Stundungsantrag unter Umständen vermeiden, die Strafbarkeitsgrenze zu überschreiten (Rdn. 51). Er habe es aber nicht in der Hand, ob über seinen Antrag noch vor Eintritt der Fälligkeit (und damit der Strafbarkeit der Unterlassung, zu zahlen) entschieden werde. Geglaubt wurde auch, dass die Regelung dazu beitragen könne, die Arbeit der Einzugsstelle effektiver zu gestalten, da für den säumigen Arbeitgeber ein Anreiz geschaffen werde, seine Schuld später noch innerhalb einer angemessenen Frist zu tilgen (BT-Drs. 10/318 S. 26, 30). In der Praxis hat die Vorschrift in den Fällen des Absatzes 1 offenbar jedoch keine große Bedeutung erlangt. Vielfach wird bei „Selbstanzeige“ des Täters keine Strafanzeige erfolgen. Bei anderweitiger Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden bieten sich Einstellungen nach den §§ 153, 153a, 154, 154a StPO an.231 b) In den Fällen des Absatzes 2. Bundesregierung und Gesetzgeber haben ohne nähere 94 Begründung (s. BT-Drs. 15/2573 S. 29) die bisherige Regelung auch auf das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen übertragen. Diese Ausdehnung ist zu Recht kritisch hinterfragt worden; sie ist nicht unproblematisch, da die Struktur des Absatzes 2 und seiner Tat230

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Fischer Rdn. 30; Samson/Günther SK Rdn. 38 ff; G/J/W-Wiedner Rdn. 99; Ischebeck S. 75 f, 160 ff. Tag NK Rdn. 125; SSW-Saliger Rdn. 30; G/J/W-Wiedner Rdn. 99; M-G/B-Thul § 38 Rdn. 291; Böttger in Volk § 18 Rdn. 282; Heitmann § 36 Rdn. 47 f. Dem Hinweis von Fischer Rdn. 30, in der Praxis habe die

Regelung überwiegende Bedeutung als „Verhandlungsgrundlage“ für Verfahrenseinstellungen, ist Große Vorholt Rdn. 912 entgegengetreten: er könne diesen Befund aus seiner anwaltlichen Praxis nicht bestätigen. Auch nach Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 251 wird von der Regelung kaum Gebrauch gemacht.

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handlungen sich deutlich von der des Absatzes 1 unterscheidet.232 Deshalb ist ihr Anwendungsbereich recht begrenzt. Eine Anwendungspraxis in den Fällen des Absatzes 2 ist nicht bekannt. – Auch wenn Absatz 2 sich in seiner Ausgestaltung an § 370 Abs. 1 AO anlehnt, so ist doch eine Ergänzung durch eine Regelung analog § 371 AO keine akzeptable Alternative, da diese zu einer unterschiedlichen und nicht hinnehmbaren Regelung und nicht tragbaren Folgen im Verhältnis zwischen dem Vorenthalten von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen geführt hätte.

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c) In den Fällen des Absatzes 3. Die frühere Anwendung von Absatz 6 auf das Vorenthalten durch Arbeitnehmer als Mitglied einer Ersatzkasse ist durch Wegfall dieser Straftat entfallen. Sie wurde aber durch Beibehaltung der Verweisung in Satz 3 nunmehr (auch wieder ohne Begründung, s. BT-Drs. 15/2573 S. 29) auf das Veruntreuen von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber erstreckt, was zuvor nicht der Fall gewesen war. Sie ist dann nicht nur auf Erklärungen des Arbeitgebers gegenüber Einzugsstellen in Fällen von auf Freiwilligkeit beruhenden Zahlungen an die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsträger, sondern auch gegenüber sonstigen Zahlungsempfängern anwendbar (so Esser AnwK Rdn. 101; zweifelhaft für Fischer Rdn. 30a; abl. G/J/W-Wiedner Rdn. 113).

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d) Adressatenkreis. Die Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut (Satz 3) nur für den Arbeitgeber bzw. die nach Absatz 5 und § 14 Gleichgestellten als Täter. Diese müssen die erforderliche Mitteilung zumindest veranlasst haben: Sie kann konkret auch durch einen Bevollmächtigten erfolgen, der nicht zu dem in § 14 genannten Kreis gehört; selbst Bedienstete der Einzugsstelle kommen in Betracht (Tag NK Rdn. 133). Gegen eine sinngemäße Anwendung zugunsten von Teilnehmern (Anstiftern und Gehilfen) dürften grundsätzlich keine Bedenken bestehen.233 Obligatorische Straffreiheit ist dem (selbst nicht zahlungspflichtigen) Teilnehmer allerdings nur zu gewähren, wenn die Beiträge fristgerecht nachentrichtet worden sind, und sei es von ihm selbst.

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2. Absehen von Strafe. Die Vorschrift (in Satz 1) ist etwas unklar gefasst, weil sie nicht deutlich zwischen sachlichen und förmlichen Voraussetzungen trennt.

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a) Sachliche Voraussetzungen. Sachlich wird vorausgesetzt, dass dem Täter die fristgemäße Zahlung aus einem (objektiv) anzuerkennenden Grunde unmöglich ist, obwohl er sich tatsächlich ernsthaft um die Zahlung bemüht hat. Die Formulierung ist missverständlich. Ist der Täter im Zeitpunkt der Tat zahlungsunfähig, so entfällt der Tatbestand wegen Unmöglichkeit. Anwendbar bleibt die Regelung jedoch für die Fälle, in denen der Täter unter den unter Rdn. 58 ff erörterten Umständen die in Rdn. 54 ff gekennzeichnete objektive Unmöglichkeit durch ein vorwerfbares früheres Verhalten nach den Grundsätzen der actio/omissio libera in causa/omittendo vorsätzlich herbeigeführt hat.234 Genannt werden auch Fälle, in denen die Zahlung zwar nicht unmöglich, aber erheblich

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Laitenberger NJW 2004 2703, 2706; Joecks wistra 2004 441, 443; Dannecker/Knierim Rdn. 766. Gribbohm LK11 Rdn. 103; G/J/W-Wiedner Rdn. 98; Arzt/Weber Rdn. 32; zu den Voraussetzungen näher Radtke MK Rdn. 90 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 27; Fischer Rdn. 34; Bente S. 93; Winkelbauer wistra 1988 16, 19; Ischebeck S. 75.

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Radtke MK Rdn. 78; Tag NK Rdn. 129 u. Diss. S. 200; Sch/Schröder/Perron Rdn. 23; Hoyer SK Rdn. 93 f; SSW-Saliger Rdn. 30; Fischer Rdn. 31 f; AnwK-Esser Rdn. 96; Böttger in Volk § 18 Rdn. 282; Winkelbauer wistra 1988 16 f; vgl. auch Heitmann § 36 Rdn. 46; wohl weitergehend Bittmann § 21 Rdn. 154, der Absatz 6 dann anwenden will, wenn der Arbeitgeber relativ leistungs-

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erschwert ist.235 Ein anzuerkennender Grund kann gegeben sein, wenn zum Beispiel dem Arbeitgeber über die geleisteten Nettolöhne hinaus weitere Geldmittel nicht zur Verfügung stehen und er sie sich auch nicht (etwa durch eine Kreditaufnahme) beschaffen kann, die nach der Lohnzahlung bzw. der Begleichung nachrangiger Schulden verbleibenden Mittel notwendig zur Aufrechterhaltung des Betriebs gebraucht werden und begründete Aussicht vorhanden ist, die Arbeitnehmerbeiträge in angemessener Zeit nachzuentrichten.236 Die Gründe müssen triftig sein. Das bloße Darlegen einer Zwangslage bzw. ernsthaften Bemühens reicht nicht aus.237 Anerkannt werden sollen nach den Materialien nur solche Fälle, in denen der Täter ein Absehen von Strafe tatsächlich verdient. Der Täter muss alle aus seiner Sicht bestehenden und zumutbaren Möglichkeiten zur Behebung der finanziellen Not genutzt haben. Erkennt er, dass er seine Situation nicht mehr verbessern kann, braucht er weiter nichts mehr zu unternehmen.238 Nach BGHSt 48 307, 311 regelt Satz 2 „ersichtlich nicht den Fall, dass überhaupt keine Mittel mehr vorhanden sind, sondern den Sachverhalt, dass diese in für den Fortbestand des Betriebs notwendige Zahlungen geflossen sind“. Regelmäßig werden die Voraussetzungen nur in Fällen des Absatzes 1 vorliegen und dort auch nur dann, wenn es sich nicht um solche handelt, die bis zur Einführung des Absatzes 2 als Beitragsbetrug nach § 263 (ohne eine dem Absatz 6 entsprechende Strafbefreiungsmöglichkeit) geahndet werden konnten (s. Rdn. 65 hinsichtlich falscher Darstellungen). Um der Regelung auch in Fällen des Absatzes 2 doch noch einen Anwendungsbereich zu geben, soll sie nach der Literatur 239 weitergehend in Anlehnung an § 371 AO auch auf die wahrheitsgemäße Korrektur früherer Meldungen erstreckt werden, selbst wenn diese nicht unverzüglich nach Fälligkeit erfolgt. Dies müsste dann aber auch für Fälle des Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen gelten, welche gleichzeitig die Voraussetzungen von Absatz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 erfüllen, was aber dann dem generell beschränkten Anwendungsbereich von Absatz 6 bezogen auf Absatz 1 zuwiderläuft. Der weitergehenden Auslegung in der Literatur ist daher zu widersprechen. Anwendbar könnte die Regelung ggf. bei nachgeholten Meldungen entsprechend den Erfordernissen von Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 und 2 in Situationen von selbst verschuldeter Notlage sein, in denen dem Arbeitgeber trotz ernsthafter Bemühungen, ausreichende Mittel für die Zahlung von Arbeitgeber-(und Arbeitnehmer)Beiträgen zu erlangen, dies misslungen ist, und um seinen Betrieb zu retten, er davon Abstand nimmt, vorrangig diese Beiträge zu leisten und deshalb zunächst pflichtwidrig die Einzugsstelle in Unkenntnis lässt.240

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fähig, die Beitragsabführung an sich möglich ist oder bei Erfüllung der Vorsorgepflicht möglich gewesen wäre. AnwK-Esser Rdn. 96 m.w.N. BTDrucks. 10/318, S. 31; Radtke MK Rdn. 78, 81; Gribbohm LK11 Rdn. 92; Fischer Rdn. 31; Sch/Schröder/Perron aaO und Hoyer SK Rdn. 95 unter Einbeziehung der Erfüllung anderweitiger Verbindlichkeiten; für weiteren Anwendungsbereich Ischebeck S. 75 m.N. Radtke MK Rdn. 81; Tag NK Rdn. 130; Bente in Achenbach/Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 52; aA Heitmann § 36 Rdn. 47, für

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den die Ernsthaftigkeit der Bemühung nicht Voraussetzung der Straffreiheit, aber ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Ausübung gerichtlichen Ermessens ist. MK-Radtke Rdn. 81; Sch/Schröder/Perron aaO. Für Hoyer SK aaO reicht es aus, wenn der Täter sein grundsätzliches Bemühen um fristgemäße Beitragszahlung nur mit Rücksicht auf ernstzunehmende Gegengründe letztlich nicht betätigt hat. Joecks wistra 2004 441, 443; abl. wohl G/J/W-Wiedner Rdn. 100. Für Anwendung von Absatz 6 Satz auf Absatz 2 G/J/W-Wiedner Rdn. 105.

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b) Förmliche Voraussetzungen. Zu den sachlichen Voraussetzungen muss in förmlicher Hinsicht hinzukommen, dass der Täter der Einzugsstelle im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach (d.h. ohne schuldhaftes Zögern) schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und die Gründe für die Unmöglichkeit fristgerechter Zahlung darlegt. Dadurch wird die Einzugsstelle in die Lage versetzt, auf zutreffender Basis ihre weiteren Entscheidungen zu treffen (BT-Drs. 10/318 S. 30). Zu den vorenthaltenen Beiträgen, deren Höhe nach Satz 1 Nr. 1 mitzuteilen ist gehören sowohl die Beiträge, die am Fälligkeitstage schon an die Einzugsstelle abzuführen waren, als auch diejenigen, die spätestens zu diesem Zeitpunkt zu zahlen sind.241 Die Mitteilung hat weitgehend den Anforderungen zu entsprechen, die an einen mit 100 Begründung versehenen Stundungsantrag zu stellen sind. Sie muss nach Vorstellung Gesetzgebers zur Beweiserleichterung schriftlich geschehen (mündliche Mitteilung zu Protokoll der Einzugsstelle reicht aus), was jedenfalls der Klarheit dient, aber unter Unrechts- und Schuldgesichtspunkten rechtspolitisch angegriffen wird,242 und zwar innerhalb einer bestimmten Frist („spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach“). Demgemäß können bei der Mitteilung – je nach den Umständen des Einzelfalls – auch verhältnismäßig kurze Überschreitungen der Zahlungsfrist noch hingenommen werden. Die Vorschrift ist so in der Festlegung des Mitteilungszeitraums hinreichend flexibel, ohne zu viel an Bestimmtheit einzubüßen.243 Die Gründe dafür, warum eine Zahlung nicht möglich ist (Satz 1 Nr. 2), müssen 101 schlüssig dargetan sein. Sie müssen das ernsthafte Bemühen des Täters erkennen lassen, seinen Verpflichtungen nachzukommen. „Nur mit einer ausreichenden Darstellung seines ernsthaften Bemühens, eine fristgerechte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zu erreichen, genügt der Arbeitgeber diesen Anforderungen“ (BTDrucks. 10/318, S. 31). Mit diesen Erfordernissen soll einer missbräuchlichen Ausnutzung der Regelung von vornherein vorgebeugt werden.244 Zu widersprechen ist der Auffassung von Samson/Günther (SK Rdn. 48) und Fischer (Rdn. 32 f), auf die (umfassende) Darlegung komme es nicht an, wenn die Strafaufhebung sachlich begründet sei. Es liegt im Ermessen des Gesetzgebers, die Möglichkeit, von Strafe abzusehen, und die Strafaufhebung an die bezeichneten förmlichen Voraussetzungen zu knüpfen.245

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c) Die Entscheidung. Nach allem kann von Strafe nur abgesehen werden, wenn beide Voraussetzungen – die sachlichen und die förmlichen – erfüllt sind. Daran fehlt es sowohl, wenn die Mitteilung der Höhe der vorenthaltenen Beiträge und die Darlegung der Gründe für die Nichtzahlung unterblieben 246 oder verspätet sind, als auch dann, wenn dem Arbeitgeber die Zahlung ohne Not möglich war, und natürlich auch dann, 241

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BTDrucks. 10/318, S. 31; Gribbohm aaO Rdn. 95; Fischer Rdn. 32; SSW-Saliger Rdn. 31; enger Radtke MK Rdn. 82, Sch/Schröder/Perron Rdn. 24, Hoyer SK Rdn. 97, Fritz S. 94 und Winkelbauer wistra 1988 16 f, die die Offenbarung von bereits früher fällig gewordenen nicht abgeführten Beiträge nicht ausreichen lassen. Heftige Kritik daran bei Sch/Schröder/ Perron Rdn. 24; Fischer Rdn. 32; Fritz S. 129 ff, 138; Winkelbauer wistra 1988 16, 18; die Schriftlichkeit verteidigend Hoyer SK Rdn. 99; G/J/W-Wiedner Rdn. 106.

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BTDrucks. 10/318, S. 31; Gribbohm LK11 Rdn. 94. Nach Bittmann § 21 Fn. 359 sollte die Fristüberschreitung maximal zwei Tage lang sein. BTDrucks. 10/318, S. 31; Gribbohm aaO Rdn. 96. Gribbohm aaO. Straffreiheit tritt nicht ein, wenn ohne Mitteilung Beiträge nachträglich (und sei es auch „unverzüglich“) abgeführt werden, Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; Fischer Rdn. 33.

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wenn er der Einzugsstelle eine nachweislich falsche Darstellung gibt. Eine Nachzahlung ohne vorherige (rechtzeitige) Mitteilung kann sich aber bei der Strafzumessung zugunsten des Täters auswirken (BayObLGSt 1998 187 = NStZ-RR 1999 142 = wistra 1999 119 f). – Wie der Wortlaut von Satz 1 erkennen lässt, steht dem Tatrichter bei der Entscheidung ein Ermessen zu, dessen sachgerechte Ausübung vom Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbar ist. 3. Persönlicher Strafaufhebungsgrund. Liegen die Voraussetzungen dafür vor, von 103 Strafe abzusehen, so wird der Täter nach Satz 2 und 3 nicht bestraft, wenn und soweit er die vorenthaltenen Beiträge „dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet“. Die Vorschrift ist § 371 Abs. 3 AO nachgebildet. Der Gesetzgeber hat sich von dem Gedanken leiten lassen, dass das Strafbedürfnis beseitigt wird, wenn der Täter die Beiträge innerhalb einer angemessenen Frist doch noch zahlt.247 a) Persönlicher Geltungsbereich. Der persönliche Geltungsbereich des § 266a Abs. 6 104 Satz 2 ist zwar nach dem Wortlaut der Vorschrift auf den „Täter“ beschränkt. Diese Beschränkung ist mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung aber schwerlich zu vereinbaren. Schon ein Vergleich mit § 371 Abs. 3 AO legt die Annahme nahe, dass mit Täter „ein an der Tat Beteiligter“, also auch der Anstifter und der Gehilfe gemeint sind. Auch Vertreter gemäß § 14 StGB sind wie in Absatz 1 und 2 einzubeziehen.248 Es wäre nicht sinnvoll, den Täter (als Beitragsschuldner) im Nachzahlungsfall straffrei zu lassen, den Gehilfen jedoch zu bestrafen. Das gilt erst recht, wenn der Gehilfe die vorenthaltenen Beiträge innerhalb der dem Täter gesetzten Frist nachentrichtet, was nach dem Wortlaut des § 266a Abs. 6 Satz 2 ohne weiteres zur Straffreiheit des Täters führt. Denn die Straffreiheit des Täters hängt nicht davon ab, dass er den geschuldeten Betrag selbst (in eigener Person oder mit eigenen Mitteln) nachentrichtet. Die Straffreiheit, die der Täter durch Nachzahlung erlangt, wirkt vielmehr auch für den Anstifter und den Gehilfen, dies jedenfalls dann, wenn sie ihrerseits die nach Satz 1 erforderliche Mitteilung gemacht haben. b) Fristbestimmung – Verfahrensrechtliches. Maßgebend ist die von der Einzugsstelle 105 bestimmte Frist, die angemessen sein muss. Was angemessen ist, richtet sich nach Umständen des Einzelfalls. Abzustellen ist auf einen Zeitraum, innerhalb dessen es dem Täter möglich und zumutbar ist, die Geldmittel für die Nachzahlung aufzubringen. Dabei sind einerseits seine gesamten Einkommensverhältnisse und Zahlungsverpflichtungen zu berücksichtigen; andererseits ist aber auch zu bedenken, dass den Beitragszahlungen grundsätzlich Vorrang vor sonstigen zivilrechtlichen Verpflichtungen zukommt.249 – Die sachlich-rechtliche Verknüpfung zwischen Fristsetzung durch die Einzugsstelle und Nachzahlung einerseits sowie Straffreiheit andererseits hat auch prozessuale Folgen.

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BTDrucks. 10/318, S. 31; Gribbohm LK11 Rdn. 100. Sch/Schröder/Perron Rdn. 26 und Hoyer SK Rdn. 103 wollen Absatz 6 Satz 2 auch anwenden, wenn der Arbeitgeber die Beiträge nach Mitteilung vor Bewilligung einer Stundung abführt; Zweifel daran erhebt Fischer Rdn. 33. Für analoge Anwendung mit näheren Ein-

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zelheiten Radtke MK Rdn. 90 f; Tag NK Rdn. 138; Sch/Schröder/Perron Rdn. 27; Hoyer SK Rdn. 104 f; G/J/W-Wiedner Rdn. 98. BTDrucks. 10/318, S. 31; Gribbohm aaO Rdn. 103; aA OLG Celle wistra 1996 114 mit Anm. Bente.

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Eine Verurteilung kommt erst in Betracht, wenn die von der Einzugsstelle gesetzte angemessene Frist fruchtlos verstrichen ist. Solange sie läuft, ist die staatliche Strafbefugnis in der Schwebe und auflösend bedingt.250 Stellt sich im Ermittlungs- oder Strafverfahren heraus, dass der Täter die Mitteilung nach Satz 1 gemacht, die Einzugsstelle aber eine Frist nicht bestimmt hat, so muss das Verfahren zur Nachholung der Fristsetzung unterbrochen werden.251 Der Täter erlangt in einem solchen Fall Straffreiheit auch dann noch, wenn die bis zur Verfahrensunterbrechung verstrichene Zeit über eine angemessene Frist hinausreicht, die ihm die Einzugsstelle gleich nach der Mitteilung gemäß Satz 1 hätte setzen können. Zur Problematik der Fristsetzung, wenn es um Tatbeteiligte geht, die selbst nicht Arbeitgeber (und damit Beitragsschuldner) oder dessen Organ (§ 14) sind (Rdn. 21 f), vgl. Winkelbauer wistra 1988 16, 19. Die Fälle lassen sich zwanglos dadurch lösen, dass einem solchen Tatbeteiligten durch Mitteilung der dem Täter gesetzten Frist die Möglichkeit eröffnet wird, auf die Nachzahlung hinzuwirken und so Straffreiheit zu erlangen. – War die von der Einzugsstelle bestimmte Frist nach tatrichterlicher Würdigung unangemessen zu knapp bemessen, so kommt es darauf an, ob der Täter die Beiträge in angemessener Zeit nachentrichtet hat. Das Strafverfahren ist in einem solchen Falle nicht etwa auszusetzen, um der Einzugsstelle die Bestimmung einer angemessenen Frist zu überlassen.252 Die Aussetzung würde zu der Frage führen, was mit dem Strafverfahren geschehen soll, wenn die Einzugsstelle erklärt, die bereits festgesetzte Frist sei – entgegen der Auffassung des Gerichts – doch angemessen. Der Strafrichter muss also – in Ausübung seiner Vorfragenkompetenz (§ 262 StPO) – selbst über die Angemessenheit der Frist entscheiden und daraus die strafrechtlichen Konsequenzen ziehen. War die Frist reichlich bemessen, so darf der Täter sie ausnutzen, ohne dass ihm dies strafrechtlich zum Nachteil gereicht.

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c) Werden die Beiträge nicht vollständig entrichtet, so sind sie – entsprechend den o.g. Erörterungen zu Teilzahlungen (Rdn. 43) – auf den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zu verrechnen. Ist gleichwohl kein Beitragsteil vollständig erfüllt, ist die jeweilige Tat nach Absatz 1 bzw. 2 nur teilweise straffrei.253

XI. Konkurrenzen 1. Absätze 1 und 2

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a) Tateinheit. Wenn der Arbeitgeber im selben Zeitraum Beiträge für verschiedene Versicherungszweige schuldig bleibt, liegt ein einheitliches Vergehen vor,254 ohne dass es insoweit auf den Begriff der Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 ankäme. Auch bei

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Lackner/Kühl Rdn. 19; Fischer Rdn. 33; Gribbohm LK11 Rdn. 105; G/J/W-Wiedner Rdn. 107. Gribbohm aaO; G/J/W-Wiedner Rdn. 111. Radtke MK Rdn. 88; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; Gribbohm aaO Rdn. 106; G/J/WWiedner Rdn. 111; so zu § 371 AO in einem konkreten Fall im Ergebnis auch LG Koblenz wistra 1986 79, 81; aA Hoyer SK Rdn. 102 der in Fn. 283 für eine Einstellung nach § 153b Abs. 2 StPO eintritt – für Unbeachtlichkeit einer zu kurzen Frist und

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Neubestimmung die h.L. zu § 370 AO (s. Kohler MK 6/1, § 371 AO Rdn. 132 mit Nachw.; Joecks Rdn. 112). Tag NK Rdn. 135 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 26; G/J/W-Wiedner Rdn. 112. Gribbohm LK11 Rdn. 107; ebenso wohl Tag NK Rdn. 141; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 28; Fischer Rdn. 36; für Tatmehrheit M-G/B-Thul Rdn. 292. Näher zum Problem und zur anderen Rechtslage vor 1986 Gribbohm aaO.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

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gleichzeitigem Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer gegenüber derselben Einzugsstelle liegt nur eine Tat vor, BGH wistra 2007 307 255 (für Tateinheit ein Teil der Literatur).256 Werden Gesamtsozialversicherungsbeiträge, also Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge gleichzeitig vorenthalten, ist nach BGH wistra 2010 408 nur eine Verurteilung als „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ auszusprechen, während die Literatur bisher von Tateinheit zwischen Absatz 1 und Absatz 2 ausgeht.257 Innerhalb des Absatzes 1 ist (gleichartige) Tateinheit (§ 52 Abs. 1) etwa möglich, wenn der Arbeitgeber durch übereinstimmende, inhaltlich unzutreffende Anträge, die er durch gleichzeitige Aufgabe zur Post gegenüber mehreren Einzugsstellen abgibt, Beitragsstundungen erreicht (vgl. BGHSt 33 163). b) Tatmehrheit. Im Verhältnis der Tatmehrheit stehen mehrere Vergehen nach Ab- 109 satz 1 oder/und 2 gegenüber derselben Einzugsstelle (OLG Hamm wistra 2001 238, je Monat) oder gegenüber verschiedenen Einzugsstellen hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer, selbst wenn letztere gleichzeitig begangen werden (BGHSt 48 307, 314 = NStZ 2004 283 f = wistra 2004 26, 28).258 Bei Nichtentrichten der Beiträge an mehreren Fälligkeitsterminen liegt Tatmehrheit vor (BGH NStZ-RR 2011 276 = wistra 2010 483 f m.w.N.). c) Verhältnis zu anderen Delikten. Gegenüber § 266 259 und nach der Einführung von 110 Absatz 2 – entsprechend den gesetzgeberischen Vorstellungen (RegE, BR-Drs 155/04 S. 76 f = Koalitionsentwurf, BT-Drs. 15/2573 S. 28) auch gegenüber § 263 – ist § 266a Abs. 1 und 2 lex specialis.260 § 263 bleibt dann – nach BR-Drs. und BT-Drs. aaO – noch anwendbar, wenn ausnahmsweise – beim Vorenthalten bei geringfügigen Beschäftigungen in Privathaushalten gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Satz 2 SGB IV, § 209 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 SGB VII – Strafbarkeit nach § 266a nicht eintritt.261 Soweit sich der Arbeitgeber durch das Verhalten, das den Tatbestand des § 266a oder den des § 263

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Unter Bezugnahme auf Gribbohm LK11 Rdn. 108; ebenso SSW-Saliger Rdn. 27; Fischer aaO; vgl. auch OLG Frankfurt NStZ-RR 1999 104, das beim gleichzeitigen auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhenden Vorenthalten gegenüber derselben Einzugsstelle eine natürliche Handlungseinheit als möglich ansieht. Radtke MK Rdn. 67; Sch/Schröder/Perron Rdn. 28; Hoyer SK Rdn. 106; Lackner/ Kühl Rdn. 20; Heitmann § 36 Rdn. 45, 49; Köhler in Wabnitz/Janovsky Kap. 7 Rdn. 252; für Tatmehrheit M-G/B-Thul Rdn. 292. Jeweils Radtke; Sch/Schröder/Perron; SSW-Saliger; Lackner/Kühl; Köhler; Heitmann; Thul aaO; Fischer aaO (wenn sie sich auf dieselben Arbeitnehmer beziehen); AnwK-Esser Rdn. 106; Thum/Selzer wistra 2011 290, 294; so auch noch G/J/W-Wiedner Rdn. 116 für das Verhältnis zwischen Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1. OLG Frankfurt NStZ-RR 1999 104 f; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2007 171; OLG

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Thüringen wistra 2012 121 f; Sch/Schröder/ Perron Rdn. 28; G/J/W-Wiedner Rdn. 116; M-G/B-Thul Rdn. 292; für Tateinheit Bente in Achenbach/Ransiek Kap XII 2 Rdn. 77; bei Gleichzeitigkeit nimmt OLG Hamm wistra 2001 23 eine prozessuale Tat an (abl. Bittmann/Ganz wistra 2002 130; Thul aaO). Tag NK Rdn. 141; Hoyer SK Rdn. 107; SSW-Saliger Rdn. 27; Fischer Rdn. 37; G/J/W-Wiedner Rdn. 117. Vgl. auch Schünemann LK § 266 Rdn. 210 und Tiedemann LK § 263 Rdn. 315, je m.w.N. BGH NStZ 2007 527 = wistra 2007 307; wistra 2008 180 f (teilw. krit. Steinberg wistra 2009 55); wistra 2010 148, 152 (zu § 266a Abs. 2); h.L; auch G/J/W-Wiedner aaO m. zahlr. Nachw.; aA Maurach/ Schroeder/Maiwald § 45 Rdn. 71; Bollacher S. 200. Tag NK Rdn. 89, 141; Lackner/Kühl Rdn. 20; Hoyer SK Rdn. 73; zweifelhaft für G/J/W-Wiedner aaO.

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erfüllt, zugleich einer Ordnungswidrigkeit z.B. nach § 111 SGB IV oder § 379 AO schuldig macht, ist bei Tateinheit nur das Strafgesetz anzuwenden (§ 21 Abs. 1 Satz 1 OWiG) (nach BGH wistra 2010 148, 152 kann dies aber strafverschärfend wirken); anders jedoch bei einer Ordnungswidrigkeit, die in Tatmehrheit zu diesen Straftaten steht.262 – Mit einigen Tatbeständen ist Tateinheit (Idealkonkurrenz) nach den anerkannten Regeln möglich, so ggf. mit den §§ 283, 283c, 288, etwa beim Zusammentreffen von Beiseiteschaffen mit § 266a in der Form der omissio in libera causa.263 Im Verhältnis zu sonstigen Delikten ist Tatmehrheit anzunehmen mit Lohnwucher (§ 291 Abs. 1 Nr. 3) sowie mit Umsatzsteuerhinterziehung und mit Lohnsteuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO), dies auch dann, wenn der Täter im Rahmen eines Gewerbebetriebes hinsichtlich derselben Arbeitnehmer innerhalb derselben Zeiträume weder Beiträge abführt noch Lohnsteuern anmeldet,264 und bezüglich § 380 AO.265 Entsprechendes gilt für das Verhältnis des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen zum zeitgleichen Veruntreuen vermögenswirksamer Leistungen gemäß § 266a Abs. 3 (OLG Celle NStZ 1991 554) und mit Verstößen gegen §§ 11, 12 SchwArbG (unerlaubte Ausländerbeschäftigung) 266, gegen das AÜG (LG Oldenburg aaO) und das AufenthaltsG, ggf. aber auch mit den o.g. Straftaten nach den §§ 283, 283c und 288.267

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2. Absatz 3. Hier steht im Vordergrund die Pflicht zur Abführung einbehaltener Lohnteile, die dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegt. Daraus folgt, dass die Nichtabführung verschiedener Lohnteile, die im selben Zeitraum denselben Arbeitnehmer betreffen, nur eine Tat bildet, und zwar auch dann, wenn die Lohnteile an verschiedene Stellen weiterzuleiten sind. Dagegen ist – wegen Mehrheit der Handlungspflichten – grundsätzlich Tatmehrheit anzunehmen, wenn der Arbeitgeber Lohnteile verschiedener Arbeitnehmer einbehält, ohne sie weiterzuleiten und die vorgeschriebene Mitteilung zu machen. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Lohnteile derselben Stelle gebühren.268 Doch kommen – trotz der Pflicht zur Benachrichtigung jedes einzelnen Arbeitnehmers – natürliche Handlungseinheit und Tateinheit in Betracht, soweit die verschiedenen Pflichten ganz oder teilweise durch dieselbe Handlung zu erfüllen sind, das heißt hier: soweit die von mehreren Arbeitnehmern einbehaltenen Lohnteile üblicherweise in einem Betrag an dieselbe Stelle zu zahlen sind. Absatz 3 ist auch lex specialis zu § 263.269

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Beispiel: OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008 51 f im Verhältnis zur Tat nach § 8 Abs. 1 Nr. 1e SchwArbG. Radtke MK Rdn. 67; Sch/Schröder/Perron Rdn. 28; Bente S. 135; G/J/W-Wiedner Rdn. 117 (i.Ü. Tatmehrheit). BGHSt 35 14, 16 f = NStZ 1988 77 f gegen OLG Düsseldorf wistra 1987 191; 37 10 = wistra 1990 235; 38 285; wistra 1988 23 (zum Beitragsbetrug); 2003 262, 266; NStZ 2006 227 = wistra 2005 458 m. Anm. Rolletschke wistra 2006 105; BayObLGSt 1985 131 = wistra 1986 119 = NStZ 1986 173 m. Anm. Brauns StV 1986 534; wistra 1989 276; OLG Zweibrücken

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NJW 1975 128 f; LG Oldenburg NStZ-RR 1996 80. Kohlmann-Matthes Rdn. 61; Joecks Rdn. 34. BGH wistra 2012 28 = NStZ-RR 2012 13. Radtke MK Rdn, 67; Sch/Schröder/Perron Rdn. 28; SSW-Saliger Rdn. 27; G/J/W-Wiedner Rdn. 117; Bente S. 136; Mosbacher MK 6/1 § 10 SchwArbG Rdn. 40; Thum/ Selzer wistra 2011 290, 296. Gribbohm LK11 Rdn. 114; Radtke MK Rdn. 68; SSW-Saliger aaO. AnwK-Esser Rdn. 109; aA Kindhäuser LPK Rdn. 23 (§ 263 geht vor); für Tateinheit Schlüchter S. 172.

Manfred Möhrenschlager

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 266a

XII. Verjährung Nach § 78a beginnt die Verfolgungsverjährung, sobald die Tat beendet ist. Ausgehend 112 von der Einstufung von Absatz 1 als echtes Unterlassungsdelikt, geht die h.M. (BGHSt 53 24, wistra 1992 23; 2010 408 f; OLG Düsseldorf JZ 1985 48 = StV 1985 109; OLG Jena NStZ-RR 2006 170)270 davon aus, dass die Verjährung nicht schon mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Beiträge zu entrichten gewesen wären, sondern erst mit dem Erlöschen der Beitragspflicht, sei es durch Beitragsentrichtung oder Niederschlagung der Ansprüche gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB IV, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (z.B. Liquidation der GmbH) oder des für diesen Handelnden (wie dem Ausscheiden aus der Vertreterstellung nach § 14 StGB) oder mit dem Eintritt der endgültigen Handlungsunmöglichkeit oder Unzumutbarkeit und mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (OLG Dresden NStZ 2011 163 = wistra 2010 196 f; einengender OLG Jena aaO: nicht bei Zahlungsunfähigkeit), schließlich mit der Verjährung der Beitragsschuld nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (30 Jahre nach Ablauf des Jahrs der Fälligkeit). Diese Auffassung wird auch auf Absatz 2 übertragen.271 In den Fällen des Absatzes 3 beginnt die Verjährung mit dem Erlöschen der Mitteilungspflicht.272 Diese Auffassung stößt auf Bedenken, insbesondere wenn man von der hier vertrete- 113 nen Differenzierung zwischen verschiedenen Verhaltenstypen (positives Tun, Unterlassen) in den Absätzen 1 und 2 ausgeht. Eine einheitliche Sicht ergibt sich jedoch aus dem Kernelement des Vorenthaltens als Erfolgsmerkmal sowie dem Charakter als Fälligkeitsdelikt. So ist z.B. bei Fälligkeits- bzw. Anmeldungssteuern – wie der Lohn-, Umsatz- und Kapitalertragssteuer – die Tat nach h.M. nicht nur vollendet, sondern auch beendet, wenn die Steuer bei Fälligkeit nicht – also durch Unterlassen – oder aufgrund unrichtiger Angaben zu niedrig festgesetzt wird; die Verjährung beginnt dann mit dem gesetzlichen Fälligkeitstermin. Wird eine Steuererklärung mit unrichtigen Angaben bereits vor dem Fälligkeitstag eingereicht, so beginnt im Hinblick auf § 168 Satz 1 AO die Verjährung im Zeitpunkt der Steueranmeldung, also des Eingangs beim Finanzamt.273

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Radtke MK Rdn. 76; Sch/Schröder/Perron Rdn. 31; Schmid LK § 78a Rdn. 12; SSWRosenau § 78a Rdn. 3, 7; Lackner/Kühl § 78a Rdn. 8; G/J/W-Wiedner Rdn. 84 f; M-G/B-Thul Rdn. 277 f, 280; Marburger/ Wolber S. 88 f; Ambs § 266a Rdn. 31; Thum/Selzer wistra 2011 290, 294. – Nach OLG Jena NStZ-RR 2006 170 bedeutet Zahlungsunfähigkeit auch dann, wenn sie zur Unmöglichkeit führt, noch keine Beendigung. Sch/Schröder/Perron aaO. Radtke, Perron und Wiedner aaO. Zu § 376 AO Joecks Rdn. 22 ff, 31; Kohlmann/Schauf Rdn. 82, 88 ff, 98 m.w.N.; Wulf MK Rdn. 10, 17, 26 ff – zu § 78a Schmid LK Rdn. 8; Jähnke LK11 Rdn. 6; Saliger NK Rdn. 36; Sch/Schröder/SternbergLieben/Bosch Rdn. 5; Fischer Rdn. 15; weiter Lohr in Volk § 29 Rdn. 688, 695 f; Muhler in Wabnitz/Janovsky § 44 Rdn. 97; Gribbohm/Utech NStZ 1990 209, 214;

Müller wistra 2004 11 f; Otto FS Lackner (1987) 733; Riehl wistra 1996 130 f; Schäfer FS Dünnebier (1982) 541, 543 f; Schmitz wistra 1993 248 f und Unrecht und Zeit S. 214 f sowie FS Kohlmann (2003) 517, 520, 524. Aus der Rechtsprechung BGH wistra 1983 70 (Lohnsteuer); zur Umsatzsteuer betr. Ablauf der Frist für die Jahresmeldung; unrichtige Angaben; teilw. mit Differenzierungen BGH wistra 1983 146 f = NStZ 1983 559; wistra 1989 188f, 1989 301, 303; 1991 215 f, 1993 223 f; 1994 57 f, 2000 219, 222 (grundsätzlich mit Eingang der unrichtigen Steuererklärung), 2009 189 f, 2009 398 f; HRRS 2011 Nr. 427 und BGHSt 38 165, 170 f = wistra 1992 93 f; 38 366, 368; 39 233 f; OLG Hamburg wistra 1993 272 (Verjährungsbeginn mit der Abgabe der unrichtigen Einkommenssteuererklärung; krit. zur Entscheidung Schmitz wistra aaO).

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In Parallele zum Steuerstrafrecht ist daher auch bei Tathandlungen nach § 266a Abs. 1 und 2 davon auszugehen, dass das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen am Tag der Fälligkeit gemäß § 23 SGB IV (vgl. auch die Verweisung in § 23b SGB IV) nicht nur vollendet, sondern auch beendet ist. Damit beginnt dann nach § 78a Satz 1 auch die Verfolgungsverjährung. Dafür spricht auch, dass Vorbild für die Schaffung von Absatz 2 die Strafvorschrift des § 370 AO ist; auch sind in die Regelung des Absatzes 1 nunmehr auch Fälle des Beitragsbetrugs274 eingegangen (ohne das zusätzliche Merkmal der Bereicherungsabsicht). – Da generell die Fälligkeit nicht von einer Festsetzung von Beiträgen abhängig ist und selbst für den Bereich der Unfallversicherung, bei der die Fälligkeit der geschuldeten Beiträge einen Beitragsbescheid voraussetzt (§ 23 Abs. 3 SGB IV), eine dem § 168 Satz 1 AO entsprechende Regelung nicht besteht, ist bei unrichtigen Angaben vor Fälligkeit nicht von einer Vorverlegung der Verjährungsbeginns auszugehen. – Mit der von der h.M. abweichenden und im Ergebnis von Bente, Bittmann, Gribbohm und Schmitz 275 geteilten Auffassung wird auch das missliche Ergebnis vermieden, dass u.U. eine Strafverfolgung wegen einer Tat nach Absatz 1 oder 2 noch dreißig Jahre lang erfolgen kann. – Für die Beihilfe wird hinsichtlich der Verjährung auf die Beendigung der Haupttat abgestellt.276 In den Fällen des Absatzes 3 ist die Tat mit der unterlassenen Mitteilung der unterlas115 senen Zahlung nach Fälligkeit oder unverzüglich danach vollendet.277 Da der Anknüpfungspunkt hier auch die Fälligkeit ist, sollte die Tat jedenfalls nach einem kurzen Zeitraum nach Fälligkeit auch als beendet betrachtet werden.

§ 266b Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten (1) Wer die ihm durch die Überlassung einer Scheckkarte oder einer Kreditkarte eingeräumte Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen, mißbraucht und diesen dadurch schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 248a gilt entsprechend. Schrifttum. Siehe zunächst die Angaben zu §§ 263, 263a, 264, 266; ferner: I. Strafrecht. Altenhain Der strafbare Mißbrauch kartengestützter elektronischer Zahlungssysteme, JZ 1997 752; Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, Besonderer Teil, Straftaten gegen die Wirtschaft, 1977 (zit. AE); Bär in Graf/Jäger/Wittig (Hrsg.) Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

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Für diese Fälle gehen auch Marburger/Wolber S. 88 von einem Verjährungsbeginn mit der Nichtzahlung bei Fälligkeit aus. Bente in Achenbach Ransiek Kap. XII 2 Rdn. 81 f; Bittmann § 21 Rdn. 103; Gribbohm LK11 Rdn. 67; Schmitz Unrecht und Zeit S. 214, 224; Bedenken auch bei Martens/Wilde aaO. – Bezeichnenderweise ist die frühere Auffassung zu Unterlassungen (z.B. bei der Nichtabgabe von Jahresumsatzsteuererklärungen), wonach – wie bei einem

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echten Unterlassungsdelikt – „die Verjährungsfrist erst in dem Zeitpunkt in Lauf gesetzt [wird], in dem die Handlungspflicht nachträglich erfüllt wird, wegfällt oder ihre Erfüllung gegenstandslos geworden ist“, OLG Köln wistra 1988 274, durch die o.g. Rechtsprechung aufgegeben worden (vgl. Kohlmann/Schauf Rdn. 89 f). Pelz wistra 2001 11 f m.N. Vgl. auch AnwK-Esser Rdn. 113.

Manfred Möhrenschlager

Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

(2011), zu § 266b [zit. G/J/W-Bär]; Baier Konsequenzen für das Strafrecht bei Abschaffung des Euroscheckverkehrs, ZRP 2001 454; Bernsau Der Scheck- oder Kreditkartenmißbrauch durch den berechtigten Karteninhaber (1990, Diss. Heidelberg); Brand Missbrauch eines Geldausgabeautomaten durch den berechtigten EC-Karteninhaber JR 2008 496; Brand EC-Kartenmissbrauch und untreuespezifische Auslegung WM 2008 2194; Bundesministerium der Justiz [zit. BMJ] (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Reform des Wirtschaftsstrafrechts –, XIII. Band, 1978; dass. Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Schlussbericht der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Reform des Wirtschaftsstrafrechts – über die Beratungsergebnisse, 1980; Deider Mißbrauch von Scheckkarte und Kreditkarte durch den berechtigten Karteninhaber (1989, Diss. Berlin); Eisele/ Fad Strafrechtliche Verantwortlichkeit beim Missbrauch kartengestützter Zahlungssysteme, Jura 2002 305; Engelhard Schutz vor Straftaten in der Wirtschaft, Frankonia Vortragsreihe, Oktober 1983; European Committee on Crime Problems Report on Decriminalisation, 1980; Ehrlicher Der Bankomatenmißbrauch – Seine Erscheinungsformen und seine Bekämpfung, (1989); Fest/Simon Examensrelevante Grundlagen des Bankrechts im Besonderen Teil des StGB, JuS 2009 798; Figgener Die Akzeptanz neuerer Strafnormen durch die Rechtsprechung, (1996, Diss. München); Flöge Zur Kriminalisierung von Mißbräuchen im Scheck- und Kreditkartenverfahren nach § 266b StGB, (1989, Diss. Göttingen); Gogger Die Erfassung des Scheck-, Kredit- und Codekartenmißbrauchs nach Einführung der §§ 263a, 266b StGB durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1991, Diss. Tübingen); Heinz Der strafrechtliche Schutz des kartengestützten Zahlungsverkehrs, Festschrift Maurer (2001) 1111; Hellmann Schutz der Kreditinstitute – Scheck- und Kreditkartenmissbrauch (§ 266b StGB), in Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Erster Abschnitt § 2 II, 3. Aufl. (2010); ders. Fälschung und Missbrauch von Zahlungskarten, in Achenbach/ Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Kapitel IX 2 B (Scheck- und Kreditkartenmissbrauch), 3. Aufl. (2012); Hilgendorf Grundfälle zum Computerstrafrecht, JuS 1997 130; Hillenkamp 40 Probleme aus dem Strafrecht Besonderer Teil, 36. Problem, 10. Aufl. (2004); Knierim Scheckkarten- und Kreditkartenmissbrauch, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 21 (Banken- und Kreditwesen) (2006); Knierim Straftaten im Bankbereich, in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, Kapitel 8 B III 4, 3. Aufl. (2007); Kudlich Computerbetrug und Scheckkartenmissbrauch durch den berechtigten Karteninhaber BGH, NJW 2002, 905, JuS 2003 537; Küpper Die Kreditkartenentscheidung des BGH unter Geltung des § 266b StGB n.F., NStZ 1988 60; Lackner Zum Stellenwert der Gesetzestechnik. Dargestellt an einem Beispiel aus dem Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Festschrift Tröndle (1989) 41; Löhnig Unberechtigte Bargeldabhebung mit eurocheque-Karte und Geheimnummer an defektem Geldautomaten, JR 1999 362; Mitsch Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht nach dem 2. WiKG, JZ 1994 877; Möhrenschlager Die Reform des deutschen Wirtschaftsstrafrechts, in Haesler (Hrsg.) 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nischer Dienste (Graz 2003); Rengier Betrug im elektronischen Lastschriftverfahren bei unbekannter Zahlungsgarantie, Festschrift Gössel (2002) 469; Rossa Mißbrauch beim electronic cash. Eine strafrechtliche Bewertung, CR 1997 219; Scheffler Das 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität unter besonderer Berücksichtigung des Tatbestandes des Computerbetruges (§ 263a StGB) und des Tatbestandes des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten (§ 266b StGB) (1998, Diss. Kiel); Schlüchter Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1987); Schumann Die elektronische Geldbörse auf Chipkartenbasis (2004); Tiedemann Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch den Gesetzgeber, JZ 1986 865; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht in Europa, Festschrift Achenbach (2011) 563; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht, Besonderer Teil, Rdn. 406, 3. Aufl. (2011); Trück, Bargeldloser Zahlungsverkehr, in Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, § 49 F, 5. Aufl. (2011) [zit. M-G/B-Trück]; U. Weber Das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG), NStZ 1986 481; U. Weber Konkurrenzprobleme bei der strafrechtlichen Erfassung der Euroscheck- und Euroscheckkartenkriminalität nach dem 2. WiKG, Gedächtnisschrift Küchenhoff (1987) 485; U. Weber Probleme der strafrechtlichen Erfassung des Euroscheckund Euroscheckkartenmißbrauchs nach Inkrafttreten des 2. WiKG, JZ 1987 215; U. Weber Aktuelle Probleme bei der Anwendung des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Festschrift Krause (1990) 427; Walter Betrugsstrafrecht in Frankreich und Deutschland (1999); Wittig Wirtschaftsstrafrecht § 21, 2. Aufl. (2011); Yoo Codekartenmissbrauch am POS-Kassen-System (1997); Zielinski Anm. zu BGH, 1 StR 133/92, 12.5.1992, CR 1992 223; Zielinski Scheck- und Kreditkartenmissbrauch – Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 21.1.2001 – 2 StR 260/01, JR 2002 342. Weitere ältere Lit. bei Gribbohm in der 11. Aufl. (1997). II. Zivilrechtliche Grundlagen des Scheck- und Kreditkartengebrauchs 1. Literatur. Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen, 23. Aufl. (2008); Baumbach/Hopt/Merkt Handelsgesetzbuch, 34. Aufl. (2010); Blaurock in Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.) Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 49 (Kreditkartengeschäft), 2. Aufl. (2009); Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik [BSI] (Hrsg.) E-Government-Handbuch, 6. Ergänzungslieferung Teil 5 Sichere Zahlungsverfahren für E-Government, Beilage 82a zum Bundesanzeiger vom 29.4.2006; Casper/Peifle Missbrauch der Kreditkarte im Präsenz- und Mail-Order-verfahren nach neuem Recht, WM 2009 2343; E-Commerce-Leitfaden (Hrsg. Ibi research an der Universität Regensburg), 2. Aufl. (2009); Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. (2010); Fehrenbacher in Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB-Kommentar, 6. Aufl. (2011) zu „Zahlungsdienste“ (§§ 675c ff) [zit. PWW-Fehrenbacher]; Fuchs Sonderbedingungen für die girocard, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. (2011), S. 1747 ff; Gößmann u.a. Bankrecht und Bankpraxis [Stand: April 2007]; Gößmann/Weber Recht des Zahlungsverkehrs, 4. Aufl. (2004); Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.) Handelsgesetzbuch Bd. 2 – Bank- und Börsenrecht II 6 (Kartengestützter Zahlungsverkehr; Rdn. II 278 ff, 370 ff), 2. Aufl. (2009); Hammann Die Universalkreditkarte – ein Mittel des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Diss. Mainz 1991; Hopt/Werner (Hrsg.), Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 3. Auflage (2007), 4. Aufl. (2010); Jungmann Die Verteilung des Missbrauchsrisikos beim Einsatz von Kreditkarten im E-Commerce, WM 2005 1351; Kienholz Die Zahlung mit Kreditkarte im Nah- und Fernabsatz (2000); Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. (2004), als Kümpel/Wittig 4. Aufl. (2011); Langenbucher, Anja, Effiziente Risikoallokation bei Kreditkartenorganisationen, Diss. Halle-Wittenberg 2005; Langenbucher, Katja, Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr (2001); Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner Handbuch zum Recht der Überweisung, Lastschrift, Kreditkarte und der elektronischen Zahlungsformen (2004); Lochter/Schindler, Missbrauch von PIN-gestützten Transaktionen mit EC- und Kreditkarten aus Gutachtersicht, MMR 2006 292; Mann Payment Systems and Other Financial Transactions, 4. Aufl. (2008); ders. Charging Ahead – The Growth and Regulation of Payment Card Markets (2006); Metz in Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.) Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 48 EC-Karte/Bankkarte, 2. Aufl. (2009); Martinek Kommentierung von § 676h BGB, in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl. (2006); Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch Bd. 5: Viertes Buch. Handelsgeschäfte … Recht des

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

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Zahlungsverkehrs … [abgekürzt MK HGB 5], 2. Aufl. (2009); Neumann/Bock Zahlungsverkehr im Internet (2004); Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch Band 1, 3. Aufl. (2007); 4. Aufl. (2011); Scheibengruber Zur Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit der Verlagerung des Missbrauchsrisikos auf die Nutzer, BKR 2010 15; Schleicher E-Commerce im Bankbereich, Diss. HalleWittenberg 2004, (2007); Schmidt Kreditkarten-AGB, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. (2011) S. 1754 ff; Strube in Assies/Beule/Heide/Strube (Hrsg.) Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, Kapitel 3 C Debitkarten und Kreditkarten (2008); Taradantchik Wettbewerbsrechtliche Aspekte kartengesteuerter Zahlungssysteme. Eine Untersuchung nach deutschem und russischem Recht, Diss. Halle-Wittenberg 2005; Toussaint Das Recht des Zahlungsverkehrs im Überblick (2009) S. 178 ff; Weber, Caroline Zahlungsverfahren im Internet: Zahlung mittels Kreditkarte, Lastschrift und Geldkarte (2002 ); Zöller Die Segnungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Jura 2003 637. 2. Vertragliche Bedingungen (abgedruckt in der Literatur oder zugänglich über das Internet bzw. direkt bei Banken und Kreditkartenorganisationen). a) Bedingungen für Debit(Giro/ec)-Karten, (Werner in Hopt/Werner Form IV F); Bedingungen für die Girocard der privaten Banken, Jan. 2011, bei Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Anh. 5 zu §§ 52–55; Tiedemann/Valerius LK § 263a Anh. 1); Bedingungen für den ec-/Maestro-Service, 2002 (Baumbach/Hefermehl/Casper S. 704; Bunte AGB-Banken und Sonderbedingungen 2. Aufl. 2009; Grundmann Rdn. II 446; Sonderbedingungen für den ec-/Maestro-Service; Muster des Bankenverbandes); Master Card Rules [Stand: 15.7.2011]; Master Card, Maestro Global Rules [Stand: 25.2.2011]; Master Card, Cirrus Worldwide Operating Rules [Stand: 17.8.2011]; Bedingungen für die Verwendung von SparkassenCards (Grundmann Rdn. II 447; Bunte aaO; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Anh. 6 zu §§ 52–55, Okt. 2009; Baumbach/Hefermehl/ Casper S. 750, Mai 2004; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 290); Neufassung Deutscher Sparkassenverlag, Okt. 2009; Besondere Bedingungen – Postbank Card, 2002 (Baumbach/Hefermehl/Casper S. 725), Neufassung [Stand: Nov. 2009]; Sonderbedingungen für VR-BankCard, Dez. 2009; Bedingungen der Deutschen Bank für die Debitkarten, 30.9.2009; Ing-DiBa Bedingungen für die girocard [Stand: 1.7.2011]. b) Bedingungen für Kreditkarten. Bedingungen für die MasterCard (Koch in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Anh. 1 zu §§ 67, 68; Grundmann Rdn. II 449); Master Card Rules [Stand: 15.7.2011]; Master Card, Maestro Global Rules [Stand: 25.2.2011]; Master Card, Cirrus Worldwide Operating Rules [Stand: 17.8. 2011]; MasterCard-Kundenbedingungen, März 2007; KreditkartenKundenbedingungen für VISA und MasterCard: Deutscher Sparkassenverlag, Okt. 2009; Volks/ Raiffeisenbank und Badische Beamtenbank, Okt. 2009; Citi(umbenannt in Targo)bank, Oktober 2010); Bedingungen für die ADAC mobilKarten (VISA/MasterCard) der Landesbank Berlin, Febr. 2011); Geschäftsbedingungen … für die ING DiBa Kreditkarte VISA Card, 1.7.2011; Mitgliedschaftsbedingungen von American Express; Bedingungen der Deutschen Bank für die Kreditkarten, Juli 2009; Kreditkartenbedingungen der Commerzbank [Stand: 26.4.2011]; c) Bedingungen für geduldete Überziehungen bei der Deutschen Bank, 11.6.2010 (in Ergänzung zu § 505 BGB). d) Vereinbarung über das deutsche ec-Geldautomaten-System (mit Richtlinien), Jan. 2011 (Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Anh. 4 zu §§ 52–55; Langenbucher, Katja/Gößmann/ Werner S. 287 [1999]; Werner in Gößmann u.a., Bankrecht und Bankpraxis III, 6. Teil (Zahlungsverkehr) Rdn. 1423 ff, 1446 ff); Vereinbarung über ein institutsübergreifendes System zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic-cash-System), 1.10.2008 (Koch in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Anh. 2 zu §§ 67, 68; Hopt/Werner IV F 5; Tiedemann/Valerius LK § 263a Anh. 2); Vereinbarung über ein electronic-cash-System zwischen den deutschen Kreditinstituten (Hopt/ Werner IV F 4) Vereinbarung zum POZ-System (Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski; 3. Aufl., Anh. 4 zu §§ 67, 68; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 310 f). e) Händlerbedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft [Stand: März 2008] mit Technischem Anhang (Grundmann Rdn. II 448; Werner in Gößmann

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

u.a., Bankrecht und Bankpraxis III, 6. Teil (Zahlungsverkehr) Rdn. 1566 ff; Langenbucher, Katja/ Gößmann/Werner S. 308 f); Änderungen des Technischen Anhangs (TA 7.0) durch den Zentralen Kreditausschuss (ZKA) für ec-Terminals ab 30.9.2009/30.6.2010; Ausstattung von ec-Karten mit EMV-Chip bis Ende 2010; Bedingungen für die Teilnahme am electronic-cash-System der deutschen Kreditwirtschaft (Koch in Schimansky/Bunte/Lwowski, Anh. 3 zu §§ 67, 68; Werner in Hopt/ Werner F 5); Allgemeine Bedingungen für Vertragspartner von American Express Int. (2009); Master Card Rules, insbes. Ch. 5 [Stand: 6.11.2009]; Allgemeine Geschäftsbedingungen der B + S Card Service GmbH zur Akzeptanz von Debit- und KreditkartenBedingungen, November 2009; Bedingungen der ConCardis GmbH für die Akzeptanz und Abrechnung von MasterCard-Maestround VISA-/VISA Electro-/V PAY-Kartendaten, Mai 2009; Bedingungen der ConCardis GmbH für den POS-Service (April 2009) mit Sonderbedingungen für die Akzeptanz von Maestro-Karten ausländischer Kartenemittenten (Juli 2003); Besondere Bedingungen der EUROCARD/MasterCard/ VISA-Akzeptanz der Postbank; Bedingungen für die Teilnahme am POZ-System (Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, 3. Aufl., Anh. 5 zu §§ 67, 68; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 315 ff); Vertrag über die Zulassung als Netzbetreiber im electronic-cash-System der deutschen Kreditwirtschaft (Hopt/Werner IV F 6; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 304 ff); Allgemeine Geschäftsbedingungen der B + S Card Service GmbH [als Netzbetreiber] zur Akzeptanz von Debit- und KreditkartenBedingungen, November 2009; f) Vereinbarung über das institutsübergreifende System „Geldkarte“, 1996 (Koch in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Anh. 6 zu §§ 67, 68; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 325); Bedingungen für die Teilnahme am System „Geldkarte“ (Koch in Schimansky/Bunte/Lwowski, Anh. 7 zu §§ 67, 68; Langenbucher, Katja/Gößmann/Werner S. 330). Ältere Vertragsbedingungen bei Gribbohm, LK11 (1997) m.w.N.; ferner z.B. die Angaben bei Kienholz S. 217 ff [Stand: Oktober 1999]; Yoo S. 143 ff, 157 ff.

Entstehungsgeschichte § 266b wurde durch Art. 1 Nr. 11 des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG) vom 15.5.1986 (BGBl. I S. 721) in das StGB eingefügt; er ist am 1.8.1986 in Kraft getreten (Art. 12 des 2. WiKG). Die Vorschrift geht in ihrer Grundidee, wenn auch nicht in ihrer Ausgestaltung, primär auf einen Vorschlag der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom Mai 1977 1 zurück, deren Beratungen ein Gutachten von Otto 2 zugrunde lag. In den Referentenentwürfen eines 2. WiKG von 1978 bis 1981 fand sie (unter Verzicht auf die Anwendung von § 248a StGB) schließlich eine Fassung 3, die später der Gesetzgeber dann 1

„(1) Wer unter Verwendung einer Scheckkarte einen Scheck in Verkehr bringt, ohne hierzu gegenüber dem bezogenen Kreditinstitut berechtigt zu sein, und dadurch das Kreditinstitut zur Einlösung des Schecks veranlasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unter Verwendung einer Kreditkarte, die mit Erlaubnis des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen von einem Kreditinstitut ausgegeben worden ist, dieses Kreditinstitut ohne ihm gegenüber hierzu berechtigt zu sein, zur Zahlung veranlasst. [(3) § 248a gilt entsprechend.]“ (BMJ

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2

3

Tagungsberichte XIII S. 92 ff, 105 f; dass. Schlussbericht, S. 103 ff, 106). Anl. 3 der BMJ Tagungsberichte S. 61, 64 (Scheckkartenmissbrauch allerdings beschränkt auf die „Verwendung von eurocheque-Karten“; ebenso § 185 AE S. 66 f. mit strukturellen Unterschieden, dazu Bernsau S. 41 f). Schlussbericht S. 106 (Fassung ab August 1979, noch anders die Fassung vom Oktober 1978, Abdruck bei Hübner LK10 § 263 Rdn. 120); Otto wistra 1986 150, 152; Bernsau S. 39 f.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

nahezu wörtlich übernahm (wieder unter Aufnahme des Bezugs auf § 248a StGB). In der Zwischenzeit waren jedoch die Bemühungen um einen Sondertatbestand vom BMJ zunächst nicht mehr weiter verfolgt worden.4 Verschiedene Gründe waren dabei von Einfluss gewesen: Die vor allem in der Literatur heftig kritisierte Bejahung von § 263 StGB in BGHSt 24 386 beim Scheckkartenmissbrauch durch berechtigte Karteninhaber 5 einerseits, teilweise von der Wissenschaft generell gegen eine Kriminalisierung in diesem Bereich erhobene Bedenken andererseits, die auch in der Empfehlung eines Sachverständigen-Ausschusses des Europarats ihren Niederschlag fanden, sowie politisch gewichtige Zweifel an einem Strafbedürfnis seitens des Bundesministeriums der Wirtschaft und betroffener Institutionen, vor allem der Kreditwirtschaft.6 Im Hinblick darauf wurde ein solcher dann auch nicht Bestandteil der Regierungsentwürfe eines 2. WiKG (BRDrucks. 219/82 v. 4.6.1982 = BTDrucks. 9/2008; BRDrucks. 150/83 v. 8.4.1983 = BTDrucks. 10/318; vgl. auch den SPD-Entwurf, BTDrucks. 10/119). Der neue § 266b wurde im späteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aufgrund der Empfehlung des Rechtsausschusses vom 19.2.1986 in den Entwurf des 2. WiKG aufgenommen (BTDrucks. 10/5058); dazu hatte das BMJ im Herbst 1985 eine den früheren Referentenentwürfen entsprechende Formulierungshilfe vorgelegt. Auch hatte der mitberatende Finanzausschuss den Rechtsausschuss gebeten zu prüfen, ob zur Schließung von Strafbarkeitslücken Strafbestimmungen unter anderem zum Schutz vor Missbrauch von Euroscheckkarten an Geldautomaten eingeführt werden sollten (BTDrucks. 10/5088 S. 24). Maßgeblich zu dieser Entwicklung hatte die spätere Rechtsprechung des BGH beigetragen. Er hatte in einem Urteil vom 13.6.1985 (BGHSt 33 244) zwar den missbräuchlichen Einsatz von Scheckkarten (unter Bestätigung von BGHSt. 24 386 7) – trotz der zahlreichen Kritik von Wissenschaftlern und Praktikern8 – weiterhin dem Betrugstatbestand unterwerfen wollen, diese Konsequenz jedoch für den Kreditkartenmissbrauch sowie weiter auch die Anwendung des Tatbestandes der Untreue mangels einer Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Kartenemittenten9 abgelehnt.

Materialien BMJ Tagungsberichte Bd. XIII (13. Arbeitstagung, 2.–6.5.1977), 1978, S 92 ff mit Anlage 3; dass. Schlussbericht, 1980 S. 103 ff; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) vom 19.2.1986, BTDrucks. 10/5088 S. 1 f, 8, 24 f, 31 ff; Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 201. Sitzung vom 27.2.1986, Plenarprotokoll 10/201 S. 15440; Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 27.2.1986, BRDrucks. 155/86 S. 3; Entschließung des Bundesrates vom 18.4.1986, BRDrucks. 155/86-Beschluss.

4

5 6 7 8

Deutlich durch den Verzicht im Referentenentwurf vom Januar 1982; zum Folgenden Engelhard S. 15; Möhrenschlager, Reform des deutschen Wirtschaftsstrafrechts, in Haesler (1984) 243, 264; Scheffler S. 6, 11; European Committee S. 198 ff. Ähnlich in England, anders in Österreich und der Schweiz, s. Rdn. 69 ff. Frühere Stellungnahmen bei Otto Bargeldloser Zahlungsverkehr, Anl. II S. 131, 141. Vgl. auch OLG Köln NJW 1978 713; OLG Hamburg NJW 1983 768. N. in BGHSt 33 248; ebenso heutzutage

9

Hefendehl MK § 263 Rdn. 104 m. zahlr. N. in Fn. 303; Tiedemann LK11 § 263 Rdn. 43, 89; Radtke MK § 266b Rdn. 2; Sch/Schröder/ Cramer/Perron § 263 Rdn. 29a; dazu auch Rengier FS Gössel (2002) 469. Ebenso BayObLGSt 1997 75 f = NJW 1997 3039 = wistra 1997 315; Schünemann LK § 266 Rdn. 77, 144 mit Nachw. zur Literatur. Zur Anwendung des Untreuetatbestandes in einem Sonderfall LG Dresden NStZ 2006 633 (s. Rdn. 33 Fn. 105) und nach § 153 öStGB s. Rdn. 73.

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Übersicht Rdn. I. Sinn und Zweck der Vorschrift . . . . . II. Geschütztes Rechtsgut

. . . . . . . . .

III. Tatbestand . . . . . . . . . . . 1. Täterkreis . . . . . . . . . . a) Berechtigte Karteninhaber b) Art der Zahlungskarten . . aa) Scheckkarte . . . . . . bb) Debitkarte . . . . . . cc) Kreditkarte . . . . . . dd) Kundenkarte . . . . . ee) Mischformen . . . . . 2. Tathandlung . . . . . . . . . a) Kartenmissbrauch . . . . . aa) Rechtliches Können . . bb) Rechtliches Dürfen . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

Rdn.

1

b) Veranlassen zur Zahlung . . . . . c) Schädigung . . . . . . . . . . . . 3. Ursachenzusammenhang . . . . . . .

2 4 4 4 7 8 9 18 32 38 39 40 41 43

IV. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . V. Innere Tatseite

. . . . . . . . . . . . .

46 49 53 56 57

VI. Täterschaft und Teilnahme . . . . . . .

58

VII. Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

VIII. Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

IX. Strafantragserfordernis . . . . . . . . .

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X. Konkurrenzen

. . . . . . . . . . . . .

XI. Hinweise auf ausländisches Recht

. . .

63 69

I. Sinn und Zweck der Vorschrift 1

§ 266b bezieht sich auf bestimmte Missbräuche von kartengesteuerten modernen Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Zum dominierenden Massengeschäft sind zwar primär Überweisungen, aber auch Lastschriftverfahren geworden. Die Nutzung von (immer mehr multifunktionellen) Kartenzahlungssystemen, vielfach verbunden mit dem Lastschriftverfahren, hat jedoch in den letzten vierzig Jahren auch zu der außerordentlichen und volkswirtschaftlichen Ausweitung dieses Zahlungsverkehrs in bedeutsamem Umfang beigetragen. Sie hat ihre juristische Anerkennung in der Entwicklung eines einheitlichen europäischen Raums für Zahlungsverkehr („Single Euro Payment Area“ [SEPA]) gefunden. Nach Schaffung eines SEPA-Überweisungsverfahrens ab 28.1.2008 und des SEPA-Lastschriftverfahrens ab 2.11.200910 wurde mit der Zahlungsdiensterichtlinie, 2007/64/EG v. 13.11.2007 (ABl. EG L 319 S. 1) ein weitergehender „harmonisierter Rechtsrahmen für unbare Zahlungen“ geschaffen. National umgesetzt wurde er insbesondere durch das „Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz“ – ZAG – v. 25.6.2009 (BGBl. I S. 1506) und das „Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinien, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufsrecht und Rückgaberecht“ v. 3.8.2009 (BGBl. I S. 2355).11 Die hier ein-

10

Richtlinie 97/5/EG über grenzüberschreitende Überweisungen v. 27.1.1997; wichtig Erreichbarkeit von Zahlungsdienstleistern und Annahmepflicht für Lastschriften nach Art. 8 VO (EG) Nr. 924/2009 über grenzüberschreitende Zahlungen in der Gemeinschaft v. 16.9.2009, ABl. EU L 266 S. 11 v. 9.10.2009. Zum (Sepa)Lastschriftverfahren M-G/B-Trück § 49 Rdn. 30a, b; Baumbach/ Hopt Bankgeschäft (7) D 31 ff; Bernett/ Haug in Schimansky/Bunte/Lwowski § 51 Rdn. 36 ff; Einsele § 6 Rdn. 288 ff; Laitenberger NJW 2010 192; Werner BKR (Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht)

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11

2010 9. – KOM-VO-E, KOM(2010) 775 v. 16.12.2010 zu technischen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften; dazu u.a. Stellungnahme des EU-Datenschutzbeauftragten v. 23.6.2011, ABl. C 284 v. 28.9.2011 S. 1. Dazu die Materialien RegE BRDrucks. 827/08 = BTDrucks. 16/11613; 16/11640 und BRDrucks. 848/08 = 16/11643; Ausschussberichte BTDrucks. 16/12430, 12487; 13669; die Kommentierungen zum Bankrecht (s. Literaturangaben) und zum BGB (z.B. von Palandt/Sprau, Fehrenbacher) sowie Derleder NJW 2009 3195; Franck/Massari

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schlägigen Regelungen (insbesondere die neuen Regelungen im Untertitel 3 – Zahlungsdienste – in Titel 12 des BGB (§§ 675c bis 676c) sind seit 31.10.2009 in Kraft. In diesem Bereich auftretenden schadensträchtigen Missbräuchen kann zwar in einem 1a großen Umfang durch Anwendung der allgemeinen Tatbestände über Betrug und Untreue und den ebenfalls durch das 2. WiKG eingeführten Tatbestand des Computerbetruges (§ 263a) begegnet werden. Dies galt aber nicht für Missbräuche durch berechtigte Karteninhaber. Hier sah der Gesetzgeber, insbesondere aber der seine Entscheidung vorbereitende Rechtsausschuss, im Anschluss an die o.g. Entscheidung des BGH zur Kreditkarte, die Gefahr einer Lücke.12 „Durch die neue Strafvorschrift soll[te] der Fall erfasst werden, dass ein Scheck- oder Kreditkartennehmer unter Verwendung der Karte Waren kauft und Dienstleistungen in Anspruch nimmt, obwohl er weiß, dass das Kreditinstitut seine Rechnungen zu bezahlen hat, und er selbst aber z.B. nach einem Vermögensverfall nicht mehr in der Lage sein wird, die Auslagen zurückzuerstatten“; durch den neuen Tatbestand sollte eine Lücke geschlossen werden, die bei der Anwendung des Betrugs- und Untreuetatbestandes offenbar geworden war (BTDrucks. 10/5058 S. 32 f). Nicht durchgesetzt hatte sich damit die von einer Minderheit des Rechtsausschusses und auch teilweise in der Wissenschaft vertretene Auffassung, der Tatbestand sanktioniere strafrechtlich in systemwidriger Weise die Verletzung vertraglicher Pflichten; es sei Aufgabe der Kreditinstitute, sich durch entsprechende Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu den Inhabern von Scheck- und Kreditkarten und zu den Vertragsfirmen sowie durch sorgfältige Prüfung der Kreditwürdigkeit ihrer Kunden selbst zu schützen (BTDrucks. 10/5058 S. 32; Bedenken von MdB Schmidt, SPD, in der 2. Lesung im BT, Plenarprot. 10/201 S. 15440). Für den Scheckkartenbereich haben die Bedenken durch das Auslaufen des mit Garantiewirkung versehenen eurocheque-Karten-Systems am 31.12.2001 jedoch wieder an Gewicht gewonnen; der Scheckkartenmissbrauch in seiner klassischen Form hatte dadurch seine Bedeutung verloren (s. dazu und zu den Konsequenzen näher unten Rdn. 3, 9). Die Strafverfolgungsstatistik weist keine große Zahl von Verurteilungen aus: 2008: 1b 55; 2009/2010: 87. Möglichweise werden diese beim Zusammentreffen mit dem schwereren Delikt des Betrugs nicht gesondert gezählt. Demgegenüber sind die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik bedeutend höher (unterteilt nach Tatverdächtigen und erfassten Fällen): 2007: 2893/4263; 2008: 2935/3787; 2009: 2767/3934; 2010: 3977 Fälle.

II. Geschütztes Rechtsgut § 266b schützt nach allgemeiner Meinung das Vermögen.13 Bestraft werden soll die 2 durch den Missbrauch einer Karte seitens des berechtigten Inhabers verursachte Vermö-

12

13

WM 2009 1117; Grundmann WM 2009 1109, 1157; Rösler/Werner, BKR 2009 1; Scheibengruber BKR 2010 15; Überblick bei Möhrenschlager wistra 2009 Register R XLIX, LXI. BTDrucks. 10/5058 S. 32; BTRechtsausschuss-Prot. 63. Sitzung (23.10.1985) S. 31; Scheffler S. 11 m. Fn. 90. BGHSt 47 160, 168 = NStZ 2002 544 f = wistra 2002 139, 141; NStZ 1993 283 f =

wistra 1993 183 f; vgl. auch wistra 1992 257, 259 (Schutz des Kreditkartengebers vor Zahlungen an Dritte); OLG Stuttgart NJW 1988 981 f; s. weiter jeweils Rdn. 1 bei Radtke MK; Kindhäuser NK; Gribbohm LK11; Lackner/Kühl; Sch/Schröder/Perron; Beukelmann in Dölling/Duttge/Rössner [zit. im Folgenden D/D/R], Fischer und AnwK-Esser beide Rdn. 2; jeweils Rdn. 3 G/J/W-Bär, Hoyer SK und Hilgendorf in Satzger/Schmitt/

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gensschädigung von (in- und ausländischen) Kartenausstellern (i.d.R. Kreditinstitutionen und Kreditkartenorganisationen); der Karteninhaber missbraucht hierbei das dem Kartennehmer von dem Emittenten durch Überlassung der Karte entgegengebrachten Vertrauen, er würde von seinem rechtlichen Können nur im Rahmen seines rechtlichen Dürfens Gebrauch machen. Mit seinem Standort und in seiner Struktur als ein auf einen berechtigten Karteninhaber bezogenes Sonderdelikt zeigt der Tatbestand einen untreueartigen Charakter.14 Im Hinblick darauf erscheint es nicht notwendig, aus der Äußerung des Rechtsausschusses, der neue Tatbestand sei zum Schutz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs notwendig (BTDrucks. 10/5058 S. 32), auf dessen Funktionsfähigkeit als zusätzliches Schutzgut zu schließen;15 sie ist reflexartig im Rahmen des durch § 266b gewährten Vermögensschutzes mitgeschützt,16 wie dies auch bei den §§ 263, 263a gegenüber Missbräuchen durch nichtberechtigte Kartenbesitzer der Fall ist. Was die Reichweite des strafrechtlichen Vermögensschutzes angeht, konnte man zwar 3 zunächst mit dem Gesetzgeber (BTDrucks. 10/5058 S. 32) davon ausgehen, dass keine Notwendigkeit bestehe, den neuen Tatbestand auf andere Fälle von Missbräuchen auszudehnen: Missbräuchen durch Nichtberechtigte kann mit der Anwendung der §§ 263 und 263a ausreichend begegnet werden. Die Sachlage hat sich inzwischen jedoch etwas geändert. Nach dem Auslaufen des eurocheque-Systems und der Einführung und Ausdehnung der Anwendung des electronic cash(ec)/Girocard[seit 2008]-Maestro(POS)/-DebitSystems in der Praxis ist die Reichweite des strafrechtlichen Vermögensschutzes sowohl bei der Auslegung des § 266b als auch rechtspolitisch wieder umstritten geworden. Die Scheckkartenalternative des § 266b ist heutzutage weitgehend praktisch unanwendbar. Wenn man wie hier (s. Rdn. 8, 15, 30) eine ausdehnende Auslegung zur Erfassung paralleler Missbräuche in neuen Systemen durch Struktur und Wortlaut als nicht von § 266b gedeckt ansieht, lässt sich ein Bedürfnis für eine gesetzgeberische Ausdehnung kaum verleugnen. Zum einen kommt eine Lösung in Betracht, die weitere Zahlungskarten, etwa solche mit Garantiefunktion i.S. von § 152b StGB mit einem weit verstandenen Garantiebegriff,17 einbezieht. Sie ist z.B. im portugiesischen Strafrecht zu finden. Naheliegend

14

15

Widmaier [zit. im Folgenden SSW-Hilgendorf ]; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 45 IV Rdn. 72; Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 57; Tiedemann BT Rdn. 409; Wittig § 21 Rdn. 3. OLG Stuttgart NJW 1988, 981 f; LG Dresden NStZ 2006, 633 f (unter Verzicht auf die Voraussetzung einer Vermögensbetreuungspflicht; s. Rdn. 33). Die Mehrheit des BT-Rechtsausschusses war der Auffassung gewesen, dass die Tathandlung gegenüber dem geltenden Untreuetatbestand einen ähnlichen sozialschädlichen Inhalt aufweise (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Radtke MK Rdn. 1; Kindhäuser NK Rdn. 1; Hoyer SK Rdn. 3; G/J/W-Bär Rdn. 3; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 45 IV Rdn. 72; Mitsch BT II 2 § 4 C Rdn. 57; Yoo S. 102 ff, 105; aA BGHSt 47 160, 168; NStZ 1993 283 f; vgl. auch BayObLGSt 1997 75 (Schutz des sog. Drei-Partner-Systems); Lackner/Kühl Rdn. 1; D/D/R-Beukelmann Rdn. 1; Arzt/

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Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 42; M-G/B-Nack § 49 C Rdn. 33; Rengier BT I § 19 Rdn. 1; Tiedemann BT Rdn. 409 und bereits JZ 1986 871 sowie LK Rdn. 12 Vor §§ 263 ff; Bernsau S. 65 ff (u.a. wegen des volkswirtschaftlichen Stellenwerts); Flöge S. 80 ff, der daneben noch den Missbrauch des mit der Kartenüberlassung eingeräumten Vertrauens des Ausstellers hervorhebt. Lagodny Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte (1996) S. 298 f stellt nur auf den überindividuellen Schutz ab. S. auch die Literatur in Fn. 13, 15; ebenso Gogger S. 85 f; Yoo S. 102 ff; Scheffler S. 35 ff. In § 152b sollte der Begriff „Garantiefunktion“ allerdings nicht zivilrechtlich eng verstanden werden, so richtig Schumann S. 58 ff, sondern auch Fälle abstrakten Schuldversprechens umfassen, so wohl auch ders. S. 64 f, der aber im Kontext des anders gearteten Fälschungsdelikts des § 152b jede

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§ 266b

ist, auch eine Lösung zu versuchen, wie sie 1994 in das schweizerische Recht18 durch Einbeziehung „gleichartiger Zahlungsinstrumente“ 19 Eingang gefunden hat (zust. Tiedemann FS Achenbach [2011] 572; näher zum ausländischen Strafrecht Rdn. 72, 74).

III. Tatbestand 1. Täterkreis a) Berechtigte Karteninhaber. Täter kann nur sein, wem durch die (tatsächliche) 4 Überlassung einer Scheck- oder Kreditkarte die Möglichkeit eingeräumt ist, den [Karten]Aussteller (Kreditinstitut/Kreditkartenorganisation) zu einer Zahlung zu veranlassen. Durch diese Formulierung des Gesetzes wird der Täterkreis auf berechtigte Karteninhaber beschränkt (BTDrucks. 10/5058 S. 32; BGH NStZ 1992 278, 279).20 Die Berechtigung muss im Verhältnis zum Aussteller bestehen. Sie ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 Abs. 1.21 Täter kann derjenige sein, dem der Aussteller die Karte zur Nutzung im bargeldlosen Zahlungsverkehr übergeben hat. Neben dem Karteninhaber kann aber auch ein vom Aussteller zur Nutzung der Karte ermächtigter Dritter Täter sein, wenn die Ermächtigung nach dem Rechtsverhältnis zwischen Aussteller und Karteninhaber zulässig ist 22 (z.B. bei Gewährung einer Zusatzkarte an den Ehegatten oder Lebenspartner oder an Angestellte bei einer Firmenkarte [Corporate Card]).23

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Kartenlösung im Drei-Personen-Verhältnis in einem engeren Sinne (unter Einbeziehung von Kartenfalsifikaten) ausreichen lassen will (aaO S. 66, 69 ff). Amtl. Slg. Nr. 44 v. 8.11.1994; näher dazu Rdn. 72. Für eine Ergänzung des § 266b um elektronische und sonstige bargeldlose (Aus)Zahlungsmittel auch schon Müller S. 160 m. Fn. 89: „Wer die ihm durch Überlassung eines Zahlungsmittels eingeräumte Möglichkeit, den Aussteller einem Dritten gegenüber zu einer Leistung zu verpflichten, missbraucht und diesen dadurch schädigt, wird … bestraft.“ Ebenso OLG Stuttgart NJW 1988 981 f; LG Dresden NStZ 2006 633 f; Radtke MK Rdn. 4; Kindhäuser NK Rdn. 4; Gribbohm LK11 Rdn. 4; Fischer Rdn. 3, 12; Lackner/ Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7; AnwK-Esser Rdn. 3; G/J/W-Bär Rdn. 14; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 75; Maurach/ Schroeder/Maiwald § 45 IV Rdn. 75; Tiedemann BT Rdn. 407 und JZ 1986 872; Wittig § 21 Rdn. 6; Bernsau S. 106; Ranft JuS 1988 673, 677; Mitsch BT 2 § 4 C Rdn. 61 und JZ 1994 887; Rengier BT I § 19 Rdn. 3. Radtke MK Rdn. 48; Kindhäuser NK Rdn. 1; Gribbohm LK11 Rdn. 4; Fischer Rdn. 21; Lackner/Kühl Rdn. 2; Hoyer SK

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Rdn. 5; H-H/Wittig Rdn. 6; Arzt/Weber BT § 23 Rdn. 51; Maurach/Schroeder/Maiwald § 45 IV Rdn. 75; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 792; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 75; G/J/W-Bär Rdn. 14; Bernsau S. 107; Scheffler S. 363 f; aA Sch/Schröder/Perron Rdn. 13. Radtke MK Rdn. 4, 34 (auch in dem praktisch kaum vorkommenden Fall einer dem Karteninhaber durch den Aussteller eingeräumten Befugnis, die Karte zur Verwendung an einen Dritten weiterzugeben); Kindhäuser NK Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7; SSW-Hilgendorf Rdn. 14; Wittig Rdn. 5. In der Entscheidung in NJW 1993 1872 rügte das OLG Düsseldorf die Vorinstanz, es sei noch nicht einmal festgestellt worden, ob nur der Kreditkarteninhaber persönlich die Kreditkarte benutzen durfte und damit eine rechtsgeschäftliche Vertretung oder ein Handeln unter fremdem Namen untersagt war. Kindhäuser NK Rdn. 4; AnwK-Esser Rdn. 3. Bei den früheren Euroscheck- und bei den neueren ec/Giro-Maestro-(Debit)-Karten wird in Bedingungen auf die Ausstellung für eine Person abgestellt, der der Kontoinhaber Kontovollmacht erteilt hat, vgl. z.B. Nr. II 1 von Bedingungen für den ec-/MaestroService, für eine Bank-, VR-Bank- oder SparkassenCard usw.; in anderen Kreditkartenbedingungen wird z.B. darauf abgestellt, dass

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§ 266b

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

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Da § 266b an die Tatsache der „Überlassung“ mit der Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen, anknüpft, ist berechtigter Karteninhaber auch derjenige, der die Karte durch falsche Angaben, also durch Täuschung des Ausstellers über seine Identität (z.B. durch Nutzung des Namens und der Personalien eines Dritten) oder seine Vermögensverhältnisse von diesem erlangt.24 Mangels Berechtigung gegenüber dem Aussteller ist Täter nicht auch derjenige, dem 6 der berechtigte Karteninhaber die Karte vertragswidrig zu dessen eigener Nutzung überlassen hat und der sie sodann missbraucht.25 Auch der Karteninhaber selbst macht sich in einem solchen Fall nicht nach § 266b strafbar, und zwar auch dann nicht, wenn er wusste, dass der Dritte sie zu eigenständigen Betrugshandlungen gegenüber dem Kartenunternehmen benutzen kann (BGH NStZ 1992 278 f = wistra 1992 10226; zu Beihilfe und zur Frage mittelbarer Täterschaft s. Rdn. 59, 68). Als unberechtigter Besitzer handelt auch, wer entweder durch Fund oder etwa gar durch Diebstahl, Hehlerei, Betrug oder sonst auf unlautere Weise in den Besitz der Karte gelangt ist und diese dann zur Beschaffung von Waren, Dienstleistungen oder Geld einsetzt. In solchen Fällen kommt eine Strafbarkeit nach den §§ 259, 263, 263a und § 267 in Betracht.27

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b) Art der Zahlungskarten. § 266b kommt nur zur Anwendung, wenn eine Scheckoder Kreditkarte missbräuchlich zum Schaden des Kartenausstellers verwendet wird.

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aa) Scheckkarte. Nach den gesetzgeberischen Vorstellungen lag ihr Wesen in einer besonderen „Garantiefunktion“. Das sie ausstellende Kreditinstitut garantierte die Ein-

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der Hauptkarteninhaber die Ausstellung von Zusatzkarten an Familienangehörige, den Lebensgefährten oder im Haushalt Lebende beantragt. Nach den ING-DiBa-Kreditkartenbedingungen können weitere Antragsteller zusammen mit dem Hauptkarteninhaber jeweils eine Zusatzkarte beantragen, die in einen einheitlichen Vertrag einbezogen werden und für die alle Abrechnungen über das Kreditkartenkonto des Hauptkarteninhabers laufen. BGHSt 47 160, 162; NStZ 1993 283 f (Zahlungsunfähiger und -unwilliger erlangt Karte durch Täuschung über Personalien); NJW 2008 1394 = wistra 2008 263; BGHR StGB § 266b Abs. 1 Konkurrenzen 2 = bei Holtz MDR 1991 105; Radtke MK Rdn. 5; Gribbohm LK11 Rdn. 5; Sch/Schröder/Perron Rdn. 7 (sofern er zivilrechtlich nicht als Stellvertreter des Namensinhabers, sondern als Vertragspartner des Ausstellers anzusehen ist; ebenso Scheffler S. 363); SSW-Hilgendorf Rdn. 14; Fischer Rdn. 12; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 75; G/J/W-Bär Rdn. 14, 18; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap IX 2 Rdn. 39; Ranft JuS 1988 673, 677. Radtke MK Rdn. 4; Kindhäuser NK Rdn. 4; Hoyer SK Rdn. 20; Fischer Rdn. 12; Grib-

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bohm LK11 Rdn. 5; SSW-Hilgendorf Rdn. 14; AnwK-Esser Rdn. 3, 27; G/J/W-Bär Rdn. 14; Tiedemann BT Rdn. 408; Bernsau S. 106 f; Gogger S. 148 f. – OLG Düsseldorf NJW 1993 1872 = wistra 1993 115 hat deshalb zu Recht nur die Anwendung von § 263 und § 267 untersucht; davon wurde auch in BGH NStZ 2002 278 f = wistra 2002 102 ausgegangen. AA noch Vorinstanz LG Frankenthal; § 266b ist auch nicht anwendbar, wenn der Karteninhaber einvernehmlich seine Karten durch Dritte missbrauchen lässt, OLG Düsseldorf NJW 1993 1872 (zum Fall der Kollusion s. Rdn. 59). BGH NStZ 1992 278 f = wistra 1992 102; wistra 1992 212 f = NStZ 1992 381 [gekürzt] (Hehlerei betr. gestohlener Kreditkarten mit nachfolgenden Betrügereien und Urkundenfälschungen); Gribbohm LK11 Rdn. 6; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 85; zur Anwendung von § 263a s. u.a. Kempny JuS 2007 1084, 1086 f; Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 48 ff, 98. – Zum Fall eines straflosen Karteninhabers bei erpresster Scheckkartenbenutzung s. Rdn. 56 und Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 61; der Erpresser kann nicht Täter sein.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

lösung von Schecks auf speziellen, zur Scheckkarte ausgegebenen Scheckformularen bis zu einem bestimmten Betrag. Es nahm damit dem Schecknehmer das Risiko ab, dass ein solcher Scheck nicht gedeckt ist (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Bei der gebräuchlichen, auf Grund von Vereinbarungen der europäischen Kreditwirtschaft einheitlich gestalteten „eurocheque“-Karte wurde die Garantiepflicht der Bank begründet, wenn Unterschrift und Kontonummer auf Scheck und Scheckkarte übereinstimmten, die Scheckkartennummer auf der Rückseite des Schecks vermerkt war, der Scheck innerhalb der Gültigkeitsdauer der Scheckkarte ausgestellt und binnen acht Tagen (bei Auslandsschecks binnen zwanzig Tagen) seit dem Ausstellungsdatum vorgelegt wurde.28 Das herkömmliche Euroscheckverfahren mit seiner Garantiewirkung besteht jedoch seit dem 1.1.2002 auf Grund des Auslaufens der Lizenz der zuständigen Lizenzgesellschaft Europay Int. S.A. gemäß Beschluss vom 22.4.1999 nicht mehr. Seit 2002 werden keine Euroscheckformulare mehr ausgegeben; soweit Restbestände noch aufgebraucht wurden, besteht auch für diese keine Garantiefunktion mehr. Auch über das Jahr 2002 hinaus konnten jedoch noch vorhandene Euroscheckvordrucke weiter zur Ausstellung und Verwendung als normale (Bar- oder Verrechnungs)Schecks benutzt werden.29 Nach der Abschaffung des Euroscheck-Systems bestehen in Deutschland keine Schecks und Scheckkarten mehr, deren Verwendung mit einer Garantiewirkung versehen ist.30 Anders ist die Sachlage, soweit im Ausland noch Schecks und Scheckkarten mit eurocheque-ähnlicher Garantie ausgegeben werden. Das war z.B. noch in Irland und Großbritannien der Fall. Die britischen „cheque guarantee cards“ sind jedoch zum 30.6.2011, die irischen zum 31.12.2011 ausgelaufen.31 bb) Streitig ist, ob andere zur bargeldlosen Zahlung verwendete Karten „Scheck- 9 karten“ i.S. von § 266b sind: Beispielhaft wird dies an im Girocard/electronic-cash(ec)-System und im Geldautomatensystem verwendbaren Debitkarten („Zahlungsauthentifizierungsinstrument“ i.S. von § 1 Abs. 5 ZAG) erörtert, auf denen das Logo Girocard bzw. „ec (electronic cash)“ und das Logo „Maestro“ bzw. „Cirrus“ (für das Geldautomatensystem) eingedruckt sind.32 Über das Maestro-System werden grenzüberschreitende Zahlungen mit ausländi28

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Radtke MK Rdn. 8; Kindhäuser NK Rdn. 6; Fischer Rdn. 6; AnwK-Esser Rdn. 5; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 793; zu den Voraussetzungen der Garantiehaftung vgl. BGHZ 64 79, 81 = NJW 1975 1168; 83 28, 30 f = NJW 1982 478; 93 71, 77, 79 = NJW 1985 863; 122 156, 158 ff = NJW 1993 1861; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski3 § 63 Rdn. 6, 28 ff; Kümpel 3 Rdn. 4.853 ff, 4.866 ff; Gribbohm LK11 Rdn. 8–9a, 12. So Erb MK § 152b Rdn. 10; Puppe NK § 152b Rdn. 3; Fischer § 152a Rdn. 7; Nobbe in Schimanskyi/Bunte/Lwowski3 § 63 Rdn. 10; Werner in Gößmann u.a., Bankrecht und Bankpraxis, Bd. 3 Teil 6 Rdn. 1304; Praxis verschiedener Banken; enger Baier ZRP 2001, 454 f; vgl. auch BGHZ 122 156, 158 f. Nicht einschlägig sind mangels Kartenverwendung etwaige Missbräuche mit nach

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§ 23 BBankG bestätigten, eine Einlösungsgarantie enthaltenden Bundesbankschecks. So die Entscheidung des UK Payments Council v. 25.6.2009 mit der Mitteilung der UK Payments Administration v. 25.9.2009. – Zu den Kartenbedingungen s. Review oft the UK Domestic Cheque Guarantee Scheme, Juni 2009, Annex B (alles abrufbar im Internet); Brindle/Cox Law of Bank Payments, 3. Aufl. (2004) Nr. 4-003 ff; Paget’s Law of Banking, 13. Aufl. (2007) Ch. 16. – Für Irland für Ende 2011 angekündigt durch Irish Payment Services Organisation Ltd. – Für Hilfe beim Zugang zu englischem Recht danke ich Matthias Fetzer, Direktor bei der Deutschen Bank. Zu den Debitkarten gehören neuerdings auch die Visa-Karten V Pay und Visa Electron (letzteres nur für elektronische Transaktionen). – Zum Cirrus-System s. Einsele § 6 Rdn. 211, 226 f.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

schen Maestro-Karten im Inland und mit deutschen Giro/ec-Maestro-Karten im Ausland abgewickelt. Lizenzgeber für Maestro ist MasterCard International Inc., eine für den weltweiten Zahlungsverkehr zuständige Gesellschaft des US-Staates Delaware. Die Regionalorganisation MasterCard Europe sprl, eine Aktiengesellschaft des belgischen Rechts, hat die Befugnis, innerhalb Europas die Maestro- und Mastercard-Systeme und die (Aus)Zahlungen mit Karten, die das /Girocard/ec(electronic cash)-Piktogramm aufweisen, zu regeln und zu beaufsichtigen.33 Durch Nutzung des Girocard/ec-Systems im Inland und des internationalen Maestro10 Systems im Ausland können mit Hilfe solcher Karten und der regelmäßigen Eingabe der persönlichen Geheimzahl (PIN = Personal Identification Number)34 in der Form des Drei-Partner-Systems Waren und Dienstleistungen an automatisierten Kassen bargeldlos erlangt werden (Zahlung am Point of Sale [daher auch genannt POS-System]/Präsenzgeschäft/stationärer Handel).35 Grundlage der Rechtsbeziehungen nach deutschem (und europäischem) Recht sind zwischen dem kartenausgebenden Institut 36 („[Karten]Aussteller“; „Zahlungsdienstleister, § 675c Abs. 3 BGB; § 1 Abs. 1 ZAG) und dem Karteninhaber/„Zahlungsdienstnutzer“ [§ 675f Abs. 1 BGB] (Deckungsverhältnis) seit 31.10. 2009 ein Zahlungsdienste(rahmen)vertrag (§ 675f Abs. 2 BGB), d.h. ein Geschäftsbesorgungs[dienst/werk]vertrag, als „Emissionsvertrag“ (auch bezeichnet als „Bankkartenvertrag“, BGH NJW 2006 430) in Ergänzung zum zwischen diesen vereinbarten (Giro)Vertrag auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen für die Verwendung dieser Karten (wie für den /Girocard/ec-Maestro-Service37). Zwischen dem emittierenden Kreditinstitut und dem Vertragsunternehmen (Vollzugs/Zuwendungsverhältnis) sind maßgebend die von den Bankenverbänden vereinbarten sog. „Händlerbedingungen“ („Bedingungen für die Teilnahme von Handels- und Dienstleistungsunternehmen am electronic-cash-System der deutschen Kreditwirtschaft“ [Stand: März 2008]), deren Grundlage die ebenfalls auf Verbandsebene getroffene „Vereinbarung über ein institutsübergreifendes System zur bargeldlosen Zahlung an automatisierten Kassen (electronic-cash-System)“ [Stand vom März 2008] ist.38 Eingeschaltet sind die vom Zentralen Kreditausschuss (ZKA) auf der Grundlage des „Vertrages über die Zulassung als Netzbetreiber im ec-System der deutschen Kreditwirtschaft“ (mit Tech-

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Baumbach/Hefermehl/Casper Kartenzahlungen Rdn. 3; Einsele § 6 Rdn. 181, 211, 226 f. Zum ec-PIN-System vgl. Lochter/Schindler [BSI] MMR 2006, 292 f. Zum Folgenden z.B. Radtke MK Rdn. 9 f; bankrechtlich Gößmann in Schimansky/ Bunte/Lwowski § 63 Rdn. 3 ff; Grundmann II 284 ff; Häuser/Haertlein MK HGB 5 Anh. I E; Baumbach/Hefermehl/ Casper Kartenzahlungen Rdn. 1, 6 ff, 15 ff, 44 ff; Baumbach/Hopt Bankgeschäfte F/1 ff, 21 ff; Einsele § 6 (Bargeldlose Zahlung) Rdn. 181 ff, 192 ff; Hopt/Werner (Hrsg.), Vertrags- und Formularbuch, Abschnitt IV F; Toussaint S. 179 ff. Schinkels WM 2006, 841, 844 f. Bedingungen für Giro/ec-/maestro-Service, Bedingungen für Privatbanken (Deutsche Bank, Commerzbank), und für die Spar-

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kassencards (Oktober 2009), Sonderbedingungen für die VR-BankCard der Volks- und Raiffeisenbanken (einschließlich Badische Beamtenbank)(Oktober 2009) und die Besonderen Bedingungen Postbank Cards (31.10.2009). Inhaltlich entsprechen die an die neuen BGB-Vorschriften angepassten und im Wesentlichen einheitlichen Bedingungen weitgehend zuvor geltenden Fassungen. Nr. 2 der Händlerbedingungen: „An den electronic-cash-Terminals des Unternehmens sind die von den Kreditinstituten (kartenausgebende Institute) emittierten Debitkarten … zu akzeptieren.“ (enthält einen Vertrag zugunsten des Karteninhabers, woraus dessen Anspruch im Valutaverhältnis (KäuferVertragsunternehmen) auf bargeldlose Zahlung folgt).

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

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nischem Anhang) [Stand: März 2008] zugelassenen Netzbetreiber hinsichtlich der Zurverfügungstellung und des Betriebs des Zahlungsterminals, mit Hilfe des sog. „Routing“ die Durchführung von Abfragen, die Weiterleitung an die Autorisierungsstelle und der Zahlungsbestätigung sowie die Unterstützung der Zahlungsabwicklung durch Erstellung entsprechender Lastschriftdateien zur Einreichung beim Kreditinstitut des Händlers (sog. „Clearing“).39 Mit diesen schließt das Vertragsunternehmen eine gesonderte Vereinbarung ab, sofern er nicht selbst dessen Aufgabe übernimmt (Nr. 3 der Händlerbedingungen). Der Karteninhaber braucht nunmehr keinen Scheck mehr auszustellen (wie im Euro- 11 scheck-Verfahren) noch bei einer erforderlichen PIN-Eingabe 40 einen Belastungsbeleg (teilweise anders z.B. bei Betriebsstörungen oder fehlerhaftem Magnetstreifen 41 und im Ausland, s. Nr. A I 2 der meisten Kartenbedingungen) zu unterschreiben. Mit Einsatz von Karte und PIN erteilt er die Zustimmung (Autorisierung) zur Ausführung der Kartenzahlung als Zahlungsvorgang (§ 675j Abs. 1 BGB; Nr. A II 7 der neuen Kartenbedingungen).42 Er enthält einen mittelbar über das Vertragsunternehmen als Zahlungsempfänger erteilten unwiderruflichen Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 Satz 2; § 675p BGB; zu möglichen Abweichungen s. § 675e BGB) gegenüber dem Kartenausgeber als „Zahlungsdienstleister“ (vgl. § 1 Abs. 1 ZAG) zur Begleichung der Schuld im Valutaverhältnis (Karteninhaber-Vertragsunternehmen/Händler). Das Vertragsunternehmen ist verpflichtet, für jede Transaktion (über einen Netzbetreiber) eine Autorisierung für die jeweilige Transaktion vom Kartenunternehmen bzw. dessen Autorisierungsstelle anzufordern.43 Im Rahmen der erforderlichen Online-Transaktion erfolgt nach Übermittlung von vom ec-Terminal des Händlers vom Magnetstreifen der Karte eingelesenen Daten eine Online-Prüfung im Autorisierungssystem des Kartenausgebers (zentral First Data Deutschland GmbH [früher GZS] 44) hinsichtlich Echtheit, Gültigkeit und Sperre der Karte, der Richtigkeit von PIN und des objektiv bestehenden Verfügungsrahmens (Nr. A III 1.1 der meisten Kartenbedingungen), der niedriger aber auch höher liegen kann als die für den Karteninhaber vereinbarte subjektive finanzielle Nutzungsgrenze (Kontoguthaben; vorher eingeräumter Kredit; s. Nr. A II 2 der meisten Kartenbedingungen). Treten hier keine Probleme auf, gibt das kartenausgebende Institut mit der Nachricht (seitens der First Deutschland) über die positive Autorisierung „die Erklärung ab, dass es die Forderung in Höhe des am electronic-Terminal autorisierten Betrages … begleicht“, Nr. 5 der Händlerbedingungen; „Zahlung erfolgt“). Auf der Grundlage eines zwischen dem Kartenausgeber und dem Vertragsunternehmen bestehenden Acquisitions/ Rahmenvertrages (basierend auf den geltenden Händlerbedingungen [und der ec-Vereinbarung, s.o.]) führt die Nachricht dadurch in concreto für den Kartenausgeber gegenüber

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Toussaint S. 185; Beispiel die „Bedingungen der Concardis GmbH für den POS-Service“ (April 2009); vgl. auch die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Akzeptanz von Debit- und Kreditkarten“ der als Acquirer verschiedener Kreditkartenorganisationen auftretende B+S Card Service GmbH (November 2009); s. auch ZKA-Zulassungsverfahren – TA 7.0 [Stand: 10.3.2010]; Beispiel eines ZKA-Zertifikats v. 24.6.2009 auf der Grundlage der Bedingungen vom März 2008, Übersicht über Zulassungen, abrufbar unter www.bcb-processing.eu.

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Händlerbedingungen Nr. 8. So z.B. Nr. 4.2 der B + S Kartenbedingungen. Die technischen Schritte (Reihenfolge) zum Einsatz von Karte und PIN sind in Nr. 2.3 des Technischen Anhangs zu den Händlerbedingungen [Stand: März 2008] beschrieben. So Nr. 5.1 der B+S Kartenbedingungen. Baumbach/Hefermehl/Casper, Kartenzahlungen, Rdn. 44.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

dem Vertragsunternehmen zu einer „Zahlungsverpflichtung“ (vgl. Nr. 10 a.E. der Händlerbedingungen) bzw. einem „Zahlungsversprechen … in Höhe des autorisierten Betrages“ (vgl. Nr. 10 der ec-Vereinbarung). Dieses stellt – grundsätzlich unabhängig von Einwendungen aus dem Deckungs- und Valutaverhältnis – ein (zunächst aufschiebend bedingtes) abstraktes Schuldversprechen i.S. von § 780 BGB; nach aA eine Garantie) dar.45 Ein solches Zahlungsversprechen erfolgt dann innerhalb des Maestro-Systems auch gegenüber den im Ausland angeschlossenen Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Nach Autorisierung wird der Rechnungsbetrag vom Terminal gespeichert, (innerhalb von höchstens acht, Ausland 12 Tagen) gemäß den Vereinbarungen zwischen dem Kartenemittenten und dem Händler einem Inkassoinstitut (z.B. der Hausbank) übermittelt, worauf dann (ggf. unter Einschaltung des Netzbetreibers) der Betrag vom Kartenemittenten per Einzugsermächtigung/Lastschrift eingezogen werden kann: dieser macht seinen (Aufwendungsersatz)Anspruch gemäß § 675c Abs. 1, § 670 BGB durch eine in der Praxis schnell realisierte Belastungsbuchung beim Karteninhaber geltend. Die Debit(Girocard/ec-maestro)-Karte erlaubt in Verbindung mit der PIN-Eingabe 12 auch die Erlangung von Bargeld an Geld(ausgabe)automaten (GAA [oder ATM – Automated Teller Machine]). Allgemeine Rechtsgrundlagen sind die zwischen den Bankenverbänden abgeschlossene Vereinbarung über das deutsche ec-Geldautomatensystem (Jan. 2011; Maihold Anh. 4 zu §§ 52–55) und das Regelwerk für das deutsche Geldautomatensystem; ersteres ist Bestandteil des internationalen Maestro-/Cirrus (Geldautomaten)Systems.46 Das Deutsche Geldautomaten-System ist der Euro Alliance of Payment Schemes (EAPS) Mitte 2008 beigetreten. Daher können auch die Karten ausländischer Partnersysteme der EAPS im Rahmen entsprechender Kooperationsabkommen an deutschen Geldautomaten akzeptiert werden. Für den Karteninhaber sind für diesen Zahlungsdienst weiter die Bedingungen für 13 Debit(Girocard/ec)-Karten (s. Rdn. 11) maßgebend (Nutzungserlaubnis nach Nr. A II 1, 2 der meisten Kartenbedingungen). Nach Nr. 4 der Geldautomaten-Vereinbarung sind die automatenbetreibenden Kreditinstitute verpflichtet, institutsübergreifend Geldauszahlungen an alle Karteninhaber vorzunehmen. Im Deckungsverhältnis führt das Kreditinstitut als Zahlungsdienstleister (§ 675f BGB § 1 Abs. 1 ZAG) einen grundsätzlich unwiderruflichen Zahlungsauftrag (zur Ausführung eines autorisierten Zahlungsvorgangs) des Karteninhabers als Zahlungsdienstnutzer (§ 675f Abs. 3 Satz 2, § 675j § 675p BGB) aus, der ihm bei Abhebung am institutseigenen Geldautomaten unmittelbar, bei Abhebung an fremden Geldautomaten durch dessen Betreiber zugeht. Die Regelungen zur On-line-Prüfung, insbesondere zum Verfügungsrahmen47 beim Debit(Girocard/ec/POS)-System gelten bei Abhebungen von institutsfremden Geldautomaten auch hier; bei Abhebungen bei der eigenen Bank wird in der Regel online geprüft, ob Deckung vorhanden ist. Durch die Eingabe des gewünschten Geldbetrags und der PIN weist der Kontoinhaber seine Bank an, diesen Geldbetrag zulasten seines Giroguthabens bzw. im Rahmen eines eingeräumten

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Baumbach/Hefermehl/Casper aaO Rdn. 54 ff; Baumbach/Hopt Bankgeschäft G 5; Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski § 68 Rdn. 10 ff; Einsele § 6 Rdn. 194 ff; für Garantie Kümpel/Wittig Rdn. 7.907 ff. Innerhalb des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken bestehen seit 1997 besondere Nutzungsbedingungen für das BankCard ServiceNetz,

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über dessen Teilnahme die angeschlossenen Banken entscheiden (OLG Karlsruhe ZIP 2006 1718). Zum Verfügungsrahmen s. Nr. A III 1 der meisten Kartenbedingungen; weiter Grundmann Rdn. II 296, 298a; Häuser/Haertlein MK HGB 5 E 57, 62; Baumbach/Hefermehl/ Casper Kartenzahlungen Rdn. 17; Brand JR 2008 496, 501 f.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

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Kredits über den Automaten auszuzahlen. Bei Benutzung eines institutsfremden Automaten gibt der Kartenemittent – wie beim Debit(Girocard/ec/POS)-System – nach positiver On-line-Prüfung und Autorisierung der Zahlung mit einer verbindlichen Verpflichtungserklärung ein abstraktes Schuldversprechen (str.)48 ab (zur Einlösungspflicht vgl. Nr. 7 und Anl. 2 Nr. 8 der Geldautomaten-Vereinbarung). Die einheitliche Schnittstelle für die Kommunikation zwischen den am Geldautomaten-System Beteiligten ist in den Technischen Anlagen und Anhängen zum Regelwerk über das Deutsche GeldautomatenSystem festgelegt. Das automatenbetreibende Institut zieht den von seinem Geldautomaten ausgezahlten 14 Betrag per Lastschrift (mit Einzugsermächtigung) bei dem kartenausgebenden Institut ein, wobei eine Rückgabe der Lastschrift wegen Widerspruchs, fehlender Deckung oder aus anderen Gründen gemäß § 675p, e BGB grundsätzlich nicht möglich ist. Damit erlangt das auszahlende Institut durch eine Handlung des Karteninhabers einen (Aufwendungsersatz)Anspruch (§ 675c Abs. 1, § 670 BGB) gegenüber dem kartenausgebenden Institut, der nach Ansicht des BGHSt 47 160, 164 f (= wistra 2002 139 f, allerdings entschieden zur Nutzung einer Euroscheckkarte) für die Anwendung des § 266b (i.S. der Vorstellungen des Strafgesetzgebers) einem Garantievertrag vergleichbar ist.49 Eine Auslegung, die aus der oben dargestellten Funktionsähnlichkeit beider Systeme 15 eine Anwendung des Scheckkartenbegriffs auf solche Debitkarten aufgrund des abstrakten Schuldversprechens bzw. der Garantiewirkung auch bei nicht ausreichender Deckung des Kontos des Karteninhabers für zulässig hält,50 ist vom Wortlaut nicht gedeckt. Ihnen fehlt jeder Bezug zum Scheckbegriff und zum Scheckkartenverfahren. Karten, die das Euroschecksystem in der Praxis abgelöst haben, insbesondere Debit (Girocard/ec/ Maestro)-Karten, sind keine Scheckkarten i.S. von § 266b.51 Ohne Vorstellung von einer solchen Entwicklung ist der Gesetzgeber 1986 noch davon ausgegangen, dass keine Notwendigkeit bestehe, den Tatbestand auf andere Fälle von Missbräuchen auszudehnen, wobei er damals primär solche durch Nichtberechtigte im Auge hatte (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Kein Ausweg ist eine Charakterisierung solcher Karten als Kreditkarten

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Grundmann Rdn. II 326 f m.w.N.; Baumbach/Hefermehl/Casper Kartenzahlungen Rdn. 43; Einsele § 6 Rdn. 218; zustimmend aus strafrechtlicher Sicht D/D/R/-Beukelmann Rdn. 13; Brand JR 2008 496, 500 f; aA Häuser/Haertlein MK HGB 5 E 72. Entscheidung bezieht sich auf Abhebungen von Bargeld aus Geldautomaten verschiedener Kreditinstitute ab Ende 1999 durch Nutzung einer durch Täuschung von der Postbank erlangten Euroscheck-Karte; vgl. auch Baumbach/Hefermehl/Casper Kartenzahlungen Rdn. 43 m.w.N. Z.B. Scheffler, S. 375 ff, 380; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 48a ff; Fest/Simon JuS 2009 798, 802; i. Erg. auch alle diejenigen, die bei bestimmten Nutzungen (s. nachstehend) § 266b (wenn auch teilweise mit starken Einschränkungen) anwenden, z.B. SSW-Hilgendorf Rdn. 8 ff; G/J/W-Bär Rdn. 5 ff; s. auch nächste Fn.

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Sch/Schröder/Perron Rdn. 4; Hoyer SK Rdn. 9; Lackner/Kühl Rdn. 3; AnwK-Esser Rdn. 5, 10; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 21 Rdn. 43a; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 93 f; Tiedemann BT Rdn. 406 und Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 51; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 794; Rengier BT I § 19 Rdn. 2; ders. FS Gössel 469, 479; Baier ZRP 2001 454 f, 458; Bernsau S. 218 f (für Debitkarten); Zielinski JR 2002 342; Baumbach/Hopt Bankgeschäft F2; vgl. auch Heinz FS Maurer 1111, 1130 f und Wittig § 21 Rdn. 19 (und H-H Rdn. 14, 17); auch Brand JR 2008 496, 499; WM 2008 2194, 2196, 2200 geht von der Verneinung aus. Fischer Rdn. 6 ff erhebt erhebliche Bedenken gegen die Anwendung von § 266b; ähnlich Kudlich JuS 2003 537 f Fn. 14 bei Verwendung neuer Maestro-Karten, die nie Scheckfunktion hatten; Zweifel äußert auch Radtke MK Rdn. 9, 15.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

(dazu abl. Rdn. 30). Eine Anwendung von § 266b auf solche Karten erfordert daher eine gesetzgeberische Ergänzung (Rdn. 3). Überwiegend wird die Nichtanwendung zusätzlich bzw. vor allem daraus hergeleitet, 16 dass bei der Nutzung der Debitkarten im POS-System das Kreditinstitut sich erst durch die online erfolgende Autorisierung der bargeldlosen Zahlung im Geschäftsleben nach Eingabe der Karte und der PIN-Nummer an der Kasse gegenüber dem leistenden Vertragsunternehmen verpflichte. Der Karteninhaber könne in solchen Fällen allein durch die Nutzung der Karte das Kreditinstitut nicht zu einer vermögenswirksamen Verpflichtung veranlassen. Die Zahlungsverpflichtung beruhe dann nicht auf der durch die Überlassung der Karte eingeräumten Möglichkeit, den Herausgeber zu verpflichten.52 Diese einschränkende Auslegung ist jedoch nicht zwingend53 (s. zur Kreditkarte Rdn. 26). Umstritten ist weiterhin, ob die missbräuchliche Nutzung einer Girocard/ec-Maestro/ 17 Cirrus(Debit)-Karte an einem Geldautomaten nach § 266b (zu den zivilrechtlichen Regelungen s.o.) strafbar ist. Die Auffassungen hierzu waren schon hinsichtlich der Euroscheckkarte geteilt. Eine Mindermeinung54 hatte dies früher generell bejaht. Die Rechtsprechung zur Euroscheck-Karte (BGHSt 47 160, 164) und ein Teil der Literatur beschränkte dies jedoch auf die Fälle im sog. Drei-Partner-System, in denen jemand mit Hilfe seiner als Codekarte verwendbaren Scheckkarte und der ihm erteilten Codenummer unter Überschreitung der von der ausgebenden Bank festgelegten Kreditgrenze abredewidrig Bargeld aus Geldautomaten fremder Kreditinstitute entnimmt.55 Selbst in solchen Situationen wird teilweise eine Strafbarkeit nur im sog. off-line-Betrieb bejaht, im sog. on-line-Betrieb jedoch abgelehnt. Bei der Auszahlung im online-Betrieb erfolge eine Auszahlungsautorisierung durch das kartenausstellende Kreditinstitut, das sich selbst gegenüber der auszahlenden Bank verpflichte; dieses werde nicht aufgrund der dem Karteninhaber eingeräumten Rechtsmacht zur Zahlung veranlasst.56 Überwiegend wurde jedoch schon früher trotz der Bezeichnung der Karte als Euroscheck-Karte eine Strafbarkeit verneint. In solchen Fällen sei die Karte nicht „als Scheckkarte“, sondern

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Radtke MK Rdn. 15; Fischer Rdn. 6a; SSWHilgendorf Rdn. 10, 12; Hoyer SK Rdn. 13; Wittig § 21 Rdn. 16 f; Lackner/Kühl Rdn. 3; AnwK-Esser Rdn. 10; G/J/W-Bär Rdn. 7; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap IX 2, 3, Rdn. 86 ff; M-G/B-Trück Rdn. 94; Altenhain JZ 1997 752, 758 f; Baier ZRP 2001 454 f; Bernsau S. 217 ff; Fest/Simon JuS 2009 798, 802; Rossa CR 1997 220; Heinz FS Maurer 1114, 1130 f; Yoo S. 108 ff; vgl. auch Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 21 Rdn. 43b. Abl. z.B. Kindhäuser NK Rdn. 17 a.E; D/D/R-Beukelmann Rdn. 13; Brand WM 2008 2194, 2200 f; ohne Einschränkung Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 49a. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 49; Weber JZ 1987 215, 217 f; Deider S. 94 f; Hilgendorf JuS 1997 130, 135 f; Mitsch JZ 1994 877, 881 (aufgegeben in BT 2/2 § 4 C Rdn. 65); im konkreten Fall

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offenbleibend, aber im Ansatz wohl dafür OLG Stuttgart NJW 1988 981. OLG Stuttgart NJW 1988 981 f; BayObLGSt 1997 75 = NStZ 1997 551; LG Köln NJW 1987 667, 669; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 (zur Kreditkarte); Kindhäuser NK Rdn. 21; SSW-Hilgendorf Rdn. 12; Maurach/Schroeder/Maiwald BT I § 45 Rdn. 78; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 21 Rdn. 43; Rengier BT I § 19 Rdn. 25 ff; Brand JR 2008 496, 499 ff; Kudlich JuS 2003 537 f; Löhnig JR 1999 362; Meier JuS 1992 1017, 1021; Mühlbauer wistra 2003 244, 252; Scheffler S. 374; für Fischer Rdn. 9 ist diese Auffassung nicht unzweifelhaft – zu den zivilrechtlichen Zusammenhängen s.o. Rdn. 12 ff. Radtke MK Rdn. 20 f; Hoyer SK Rdn. 17; SSW-Hilgendorf Rdn. 12; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 101 f; G/J/W-Bär Rdn. 9; Zielinski JR 2002 342 f; gegen die Unterscheidung nach Betriebsarten Brand JR 2008 496, 501 ff; abl. auch Rengier BT I § 19 Rdn. 26 ff.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

nur in einer mit dieser verbundenen Funktion als Codekarte verwendet worden.57 Nach der Abschaffung des Euroschecksystems scheidet die Einbeziehung der unbefugten Nutzung von Debitkarten im GAA-Bereich in § 266b ebenso wie bei unbefugten Nutzung des POS-Systems aus. Solches Verhalten kann jedoch nach – allerdings heftig umstrittener – Ansicht zahlreicher Autoren noch von § 263a StGB erfasst werden.58 cc) Kreditkarte. Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen dem Drei-/Vier(Mehr)/ 18 Partner-System für die Universalkreditkarte und dem Zwei-Partner-System für die Kundenkarte (s. dazu u. Rdn. 32 ff). Das Kreditkartengeschäft der Universalkreditkarte beruht auf dem gleichen Grund- 19 gedanken wie das Euroscheck- und Debit(Girocard/ec-Maestro/POS)-Kartensystem. Es fällt deshalb in den Anwendungsbereich des § 266b (vgl. BGHSt 38 281, 284 = NStZ 1992 437 = wistra 1992 257, 259). Karten in diesem System berechtigen zur bargeldlosen Zahlung (Bargeldersatzfunktion) von Waren und Dienstleistungen in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen gegenüber einer Vielzahl in verschiedenen Branchen tätigen in einem Dauerschuld-Rahmenvertrag mit dem Kartenaussteller verbundenem sog. Vertragsunternehmen (z.B. Einzelhandelsunternehmen [Kaufhäuser, Lebensmittelketten], Handwerker, Tankstellen, Mietwagenfirmen, Fluggesellschaften, Hotels, Restaurants, Reisebüros). Als sog. Universalkarten werden sie weltweit (Master Card, VISA, American Express, Diners-Club59) oder regional ausgegeben (Discover Card [USA], China UnionPay [CUP], Japan Credit Bureau [JCB ] International, [bis 2003 auch Eurocard 60], DinaCard [Serbien, 2003], Transcard [Bulgarien, 2001]). Je nach Ausgestaltung können sie zur bargeldlosen Zahlung wie im Euroscheck- und Debit(Girocard/ec/Maestro/POS)System oder zur Bargeldabhebung direkt bei Kreditkartenunternehmen bzw. bei Kreditinstituten oder an Geldautomaten eingesetzt werden; vielfach werden Zusatzleistungen angeboten. – Im Wege des sog. „Co-Branding“ nehmen in einem großen Umfang Unternehmen der Absatzwirtschaft und sonstige Organisationen (ADAC, DGB, Deutscher Sportbund, Lufthansa, TUI) an diesem System teil. Ausgangspunkt für die Universalkarte war auch hier das Dreipersonenverhältnis zwi- 20 schen Kartenunternehmen/aussteller – Vertragsunternehmen – und Karteninhaber. Dieses klassische Modell ist in neuerer Zeit weitgehend einem Vier- und Mehrpartner-System gewichen. Als Lizenznehmer (auch als Mitglieder) übernehmen meistens nun Kreditinstitute die Kartenausgabe für Kreditkartenunternehmen.61 Anbahnung und Abschluss

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Gribbohm LK11 Rdn. 10–13; Samson/ Günther SK (1996) Rdn. 4; Lackner/Kühl Rdn. 3; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 102; Mitsch 2/2 § 4 C Rdn. 65 (unter Aufgabe seiner Auffassung in JZ 1994 877, 881); Wessels/ Hillenkamp BT/2 Rdn. 611, 795; Lackner FS Tröndle, (1989) 41, 58 f; Zweifel bei Fischer Rdn. 9. Umfangreiche Nachweise bei Tiedemann/ Valerius LK § 263a Rdn. 47 ff; Fischer § 263a Rdn. 14 f; SSW-Hilgendorf § 263a Rdn. 17 i.V.m. 14; Möhrenschlager wistra 1986 128, 133; ders. 1991 321, 325, ders. Computer Crimes, in Sieber Information Technology Crime (1994) S. 187, 219 f; abl. auch bei Nichtanwendung von § 266b

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Sch/Schröder/Cramer/Perron § 263a Rdn. 11 und für dessen eventuelle gesetzgeberische Ergänzung Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 21 Rdn. 43a. Die beiden letzteren wurden vom BGH wistra 1989 61 als „Kreditkarten im Rechtssinne“ bezeichnet. Beispielsfall in OLG Frankfurt NJW-RR 2007 198. Baumbach/Hefermehl/Caspar, Kartenzahlungen, Rdn. 7; AnwK-Esser Rdn. 6 Fn. 20. – Lizenzgeber sind z.B. MasterCard (marktbeherrschend) und VISA; selbst bei American Express (neuer Rechtsträger für Europa AX Payment Services Ltd, London, als „Zahlungsinstitution“ mit deutscher Zweigstelle

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(Aquisition) von Verträgen mit Vertragsunternehmen wird in der Regel zugelassenen Acquiring-Unternehmen (z.B. den GmbHs ConCardis, B + S Card Service, First Data Deutschland [hat GZS übernommen]/First Merchant Solutions) auf Grund von Kooperationsverträgen übertragen. Solche Unternehmen übernehmen oft auch das Karten-Processing (Antragserfassung, Kontoführung, Mitwirkung bei der Zahlungsabwicklung, Autorisierung von Umsätzen), wofür es auch selbständige Unternehmen gibt. Bei Datenübermittlungen und Kartenprüfungen können auch sog. Netzbetreiber 62 (s.o. Rdn. 10 f) eingeschaltet sein.63 Wie bei der Debitkarte (Rdn. 10 ff) ist zwischen dem Deckungsverhältnis (Kartenaus21 geber – Karteninhaber), dem Vollzugs/Zuwendungsverhältnis (auch Händler/Service/ Akzeptanzvertrag zwischen Kartenausgeber/Acquiring-Unternehmen und Vertragsunternehmen/Händler) und dem Valutaverhältnis (Karteninhaber – Vertragsunternehmen) zu unterscheiden. Grundlage für den Emissions-Vertrag zwischen dem Kartenausgeber (Zahlungsdienstleister)und dem Karteninhaber (Zahlungsdienstnutzer) ist – wie im Debitkartensystem – ein „Zahlungsdienste(rahmen)vertrag“ (§ 675f Abs. 2 BGB) als Geschäftsbesorgungs[dienst/werk]vertrag (§ 675c BGB) gemäß den jeweilig anwendbaren Kreditkartenbedingungen.64 Beziehungen zwischen Kartenausgebern und Acquisiteuren (sog. Interchange) und mit Processing/Netzbetreiber-Unternehmen beruhen auf besonderen Vertragswerken.65 Die Bedingungen für die Vertragsunternehmen (sog. „Händlerbedingungen“) enthalten vor allem Regelungen über die Annahme von Karten und deren Einsatz, kartendatenenbezogene Prüfpflichten beider Seiten, die Transaktionen (auch deren Zulässigkeit) und den Umgang mit den Daten, das Autorisierungs- und Abrechnungsverfahren, über Zahlungszusagen und Zahlungen sowie Entgelte. Dem Vertragsunternehmen können ggf. unterschiedliche (Umsatz)Obergrenzen für einzelne Geschäfte gesetzt werden (ggf. auch als Folge einer Vereinbarung zwischen Kartenaussteller und

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in Frankfurt/Main), dem klassischen Vertreter des Drei-Parteien-Systems, können nach den Allgemeinen Bedingungen für Vertragspartner (2009) Nr. 1 (3) Karten von Lizenznehmern herausgegeben werden. – Bei ADAC-MC-Karten z.B. ist (wie auf der Rückseite vermerkt) die Landesbank Berlin Kartenausgeber gemäß einer Lizenz von MasterCard Int; aA anscheinend Casper Rdn. 86. Beispiel: Nr. 1.3.1, 5.3 der Allgemeinen Bedingungen zur Teilnahme am PaytecPOS-Service. Zum Ganzen s. Baumbach/Hefermehl/ Caspar aaO; Baumbach/Hopt Bankgeschäft F 32 ff; Kümpel 3 4.1067, Kümpel/Wittig Rdn. 7.1059 ff; Martinek/Oechsler und Jungmann in Schimansky/Bunte/Lwowski § 67 Rdn. 2 ff; § 81 Rdn. 55 f; Caspar MK BGB § 676h Rdn. 5; Hadding MK HGB 5 G 3, 9; Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 15; Blaurock § 49 Rdn. 5 f, 8, 10; Einsele § 6 Rdn. 235; Grundmann II 370 ff; A. Langenbucher S. 18 ff; Jungmann WM 2005 1351 ff; Neumann/Bock S. 119). – Zu Entwicklungen

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in USA s. Mann Payment Systems S. 137 ff; Charging Ahead S. 20 ff, 37 ff. Zur religiösen Problematik von Kreditkarten im Islam s. Mansor/Mat in 5 Asian Social Science N° 12, S. 17 (2009); Bakshi Developing a financial model for Islam credit cards for the UK, MSc Diss., Univers. of Stalford, 2006 (abrufbar im Internet). Palandt/Sprau § 675f BGB Rdn. 44, 47 f; Grundmann II 412 f; Beispiele die Neufassungen von Ende 2009/Anfang 2010 im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Zahlungsdienste-RL für die MasterCard/Visa Card der Sparkassen, der Genossenschaftsbanken, der Citi[nun Targo]Bank, der Commerzbank, der ING-DiBa sowie der Dresdner Bank (als Allgemeine Bedingungen für Zahlungsdienste). Beispiele: Allgemeine Bedingungen von American Express für Vertragspartner (2009); MasterCard Rules, 6.11.2009; frühere Geschäftsbedingungen der Deutschen Postbank für die Kreditkartenakzeptanz im Präsenzgeschäft und im Fernabsatz (Mai 2008).

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

Karteninhaber § 675k Abs. 1 BGB), bei deren Überschreitung das Vertragsunternehmen (bei Vorlage der Kreditkarte) entweder die Genehmigung (Autorisierung) des Kredit(karten)instituts/Acquiring-Unternehmen einholen muss oder seine Sicherheit verliert (vgl. BTDrucks. 10/5058 S. 32).66 Das Vertragsunternehmen verpflichtet sich gegenüber diesem, die Kreditkarte als Zahlungsmittel zu akzeptieren und dem Karteninhaber dieselben Bedingungen wie Barzahlern einzuräumen (Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB). Im Emissionsvertrag übernimmt das Kredit(karten)institut/Acquiring-Unternehmen zugunsten des Karteninhabers die Erfüllung der Forderungen, die dem Vertragsunternehmen gegen den Karteninhaber zustehen (§ 329 BGB).67 Die Zahlung mit der Kreditkarte (als Zahlungsauthentifizierungsinstrument i.S.v. § 1 Abs. 5 ZAG) stellt nur eine Leistung erfüllungshalber dar (§ 364 Abs. 2 BGB).68 Der Acquisitionsvertrag ist auf die Erbringung einer von einer vorherigen Inanspruchnahme des Karteninhabers unabhängigen Zahlungspflicht des Kartenausgebers gegenüber dem Vertragsunternehmen ausgerichtet und enthält deshalb inhaltlich (auch wenn formularmäßig anders ausgedrückt) ein aufschiebend bedingtes abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB,69 nach aA eine Garantie70 gegenüber dem Vertragsunternehmen. Zwischen dem Kartenaussteller und einem selbständigen Acquiring-Unternehmen findet ein Ausgleich gemäß zwischen diesen bestehenden vertraglichen Regelungen statt. Als Folge hat dann der Kartenaussteller einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Karteninhaber gemäß § 675c Abs. 1, § 670 BGB.71 Beim Einsatz der Karte ist im Präsenzgeschäft entweder ein Leistungs/Belastungsbeleg 22 (slip) mit den darauf übertragenen Daten zu unterzeichnen72 oder nach Eingabe in ein Lesegerät an automatisierten Kassen die PIN hinzuzufügen. Dabei hat das Vertragsunternehmen die vereinbarten Kontrollpflichten zu erfüllen. Mit der Unterzeichnung und

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Kindhäuser NK Rdn. 7; RegE sprach noch von „Einlösungsgarantie“; vgl. weiter Rdn. 11, 13 f. Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/ Lwowski § 67 Rdn. 7; Einsele § 6 Rdn. 234; Schleicher S. 265. LG Düsseldorf NJW-RR 1991 310 = WM 1991 1027, 1029; Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/Lwowski § 67 Rdn. 71; Einsele § 6 Rdn. 234; Gößmann/Weber Recht des Zahlungsverkehrs (2004) S. 287; Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 68; Palandt/Sprau § 675f BGB Rdn. 43; Schumann S. 63. Heute h.M.; BGHZ 150 286, 294 = NJW 2002 2234 (unter Aufgabe der Einstufung als „Forderungskauf“ in NJW 1990 2880 f = WM 1990 1059; recht krit. zur Änderung u.a. Heermann JZ 2002 1170 f); 152 75, 80 f = NJW 2002 3698; 157 256, 261 ff = NJW-RR 2004 481; NJW 2002 285 f; WM 2004 1031 f, 1130 f = NJW-RR 2004 1122, 1124; WM 2005 857, 859 (= NJW-RR 2005 780 f), 1601 f; Martinek/Oechsle in Schimansky/Bunte/Lwowski § 67 Rdn. 66; Einsele aaO § 6 Rdn. 250; Gößmann/Weber Recht des Zahlungsverkehrs (2004) S. 287;

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Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 14; Casper MK BGB § 676h Rdn. 10; Baumbach/Hopt Bankgeschäft F 53; Schumann S. 63; AnwKEsser Rdn. 6; Brand WM 2008 2194, 2198 f. RegE BTDrucks. 10/5058 S. 32; BGHSt 38 281, 283 f; KümpelWittig Rdn. 7.1037 ff; ebenso ein Teil der bei Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 59 zit. älteren Literatur. BGHZ 91 221, 223 f = NJW 1984 2460; 152,75, 78; Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/Lwowski § 67 Rdn. 11; Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 19; Gößmann/Weber Recht des Zahlungsverkehrs (2004) S. 289; Baumbach/Hopt Bankgeschäft F 41; AnwK-Esser Rdn. 6. Beispiele: BGHZ 152 75 (Unterzeichnung von Belegen mit hohen Beträgen im Nachtlokal); AG Krefeld NJW-RR 2007 1540 (nicht ausreichend Unterzeichnung des Hotelanmeldeformulars mit bloßem Hinweis auf Mastercardzahlung). – Nach Kartenbedingungen kann ausnahmsweise vereinbarungsgemäß nach Angabe von Nummer, Namen, Gültigkeitsdauer und eventueller Prüfziffer auf die Unterzeichnung verzichtet werden.

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22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Übergabe des Belastungsbelegs durch den Karteninhaber, nicht erst mit dessen Einreichung (so noch BGHZ 150 286, 294), „erwirbt das Vertragsunternehmen auf Grund des Acquisitionsvertrags einen abstrakten Anspruch (§ 780 BGB) gegen das Kartenunternehmen auf Ausgleich der im Verhältnis zwischen dem Vertragsunternehmen und dem Karteninhaber begründeten Forderungen“ (BGHZ 152 75, 80; vgl. auch BGH NJW-RR 2004 1122 f). Darin liegt – wie beim Einsatz von Debitkarten – die Zustimmung (Autorisierung) des Karteninhabers zur Ausführung des dann unwiderruflichen mittelbar über das Vertragsunternehmen (Zahlungsempfänger) erteilten [sog. Pull]Zahlungsauftrages (vgl. § 675 Abs. 3 Satz 2; § 675j, p Abs. 2 BGB; die neuen Kartenbedingungen) gegenüber dem Kartenausgeber/Acquirer zur Begleichung der Schuld im Valutaverhältnis. Entsprechendes gilt bei notwendigem Einsatz der PIN. Nach Kartenbedingungen kann jedoch auch im beleggestützten Verfahren, bei Ausfall des elektronischen Systems insbesondere aber im Mailorderverfahren ein Vertragsunternehmen verpflichtet sein, vor Akzeptanz der Kreditkarte die Zustimmung des Aquiring/Kreditkartenunternehmens (etwa durch Erteilung einer Genehmigungsnummer) einzuholen.73 Die Zahlungsinformationen (Belastungsbeleg, elektronische Transaktionsdaten mit Clearinginformationen) werden (über die Händlerbank/Einschaltung etwa eines Netzbetreibers) an das (variierende) Autorisierungssystem des Kartenausgebers übersandt (bei der Acquiring-Bank selbst, bei AX-Karten bei American Express oder bei einem Zahlungsabwicklungsdienstleister/Kreditkartenprozessor [„Stand-in Processor“; „Payment Service Provider“]. Nach den erforderlichen Prüfungen, insbesondere des Kreditkartenlimits (Verfügungsrahmen) und Zustimmung zur Transaktion steht dem Vertragsunternehmen aufgrund des im Rahmenvertrag zunächst aufschiebend bedingten abstrakten Schuldversprechens ein Zahlungsanspruch gegen den Kartenaussteller zu. Dessen Abrechnungsbank veranlasst dann eine Überweisung abzüglich Disagio/Interchange Fee und etwaiger besonderer Servicegebühren. Aus dem Emissionsvertrag entsteht dann für den Kartenaussteller ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen gegen den Karteninhaber gemäß § 675c Abs. 1, § 670 BGB. Ersterer erstellt in der Regel eine monatliche Abrechnung (was eine Stundung zum Inhalt hat) und teilt dem Karteninhaber das Saldo des Kartenkontos mit (vgl. Nr. 6 II der MasterCard-Bedingungen). Zum Ausgleich des in der Folge entstehenden abstrakten Schuldanerkenntnisses gemäß § 781 BGB74 wird entsprechend den vereinbarten Kreditkartenbedingungen das vom Karteninhaber zum Zwecke des Kreditkartenverfahrens benannte Konto bei sog. „Charge Cards“ mit dem Saldobetrag und bei den sog. „Credit Cards“ (Kreditkarten in „Kreditierungsfunktion“ mit Rahmenkreditabrede bzw. Vereinbarungsdarlehen) im Wege des Einzugsermächtigungs/Lastschriftverfahrens mit Teilbeträgen und Zinszahlungen belastet.75 – Einen allgemeinen Überblick über das Verfahren und die verschiedenen Phasen u.a. bei Kreditkartentransaktionen gibt der vom BaFin am 25.3.2008 veröffentlichte FATF-Typologiebericht „Neue Zahlungsmethoden“.76 73

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Baumbach/Hefermehl/Caspar Kartenzahlungen Rdn. 129; Beispiele für MOTO [Mail Order Telephone Order] BGHZ 157 256, 258 f; NJW-RR 2004 1122 f, 1124; 2005 1570. Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/ Lwowski § 67 Rdn. 12, 66 f; Staudinger/ Martinek § 676h Rdn. 21; Einsele aaO § 6 Rdn. 243 ff; vgl. auch BGHZ 91 221, 228.

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Vgl. dazu Jungmann in Schimansky/Bunte/ Lwowski3 § 81 Rdn. 56 ff; Kienholz (2004) S. 4; BGHSt 38 281 f spricht verkürzt vom Einziehen der Beträge der Forderungen von Vertragsunternehmen. Rundschreiben Nr. 4/2008, abgedruckt in Consbruch/Fischer KWG, Gesetzestext, Bd. 1, 85. Aufl. (2009) Nr. 11.85.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

Kreditkarten eignen sich nicht nur für den sog. „Nahabsatz“ bzw. das sog. Präsenz- 23 geschäft, sondern insbesondere auch für den sog. „Fernabsatz“, also für Fälle, in denen zur Anbahnung und zum Abschluss eines Vertrages eine körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien nicht besteht, sondern eine Kommunikation z.B. per Post, Telefon, Telekopie (Fax), per E-mail (sog. Mailorderverfahren) oder sonst über das Internet stattfindet (vgl. § 312b Abs. 2 BGB [Fernkommunikationsmittel]). Nach den Kartenbedingungen für ein solches „Distanzgeschäft“ kann nach vorheriger Abstimmung zwischen Karteninhaber und Vertragsunternehmen auf Belegunterzeichnung verzichtet werden (fakultative Kartenakzeptanz; Ablehnung daher möglich, wie z.B. in AGB 2007 der B + S Card Service GmbH zur Akzeptanz von Debit- und Kreditkarten). Wenn zulässig, sind dann Kreditkartendaten und Anschrift des Kunden dem Vertragsunternehmen mitzuteilen. Voraussetzung einer Zahlungszusage des Kreditkarten- bzw. Acquiring-Unternehmens ist die Erfüllung der zwischen ihnen bestehenden Verpflichtungen (ordnungsgemäße Dokumentation auf dem Leistungs/Belastungsbeleg durch das Vertragsunternehmen auf Grund einer eingegangenen Bestellung77 [vom Kunden mitgeteilte Kreditkartendaten und in neuerer Zeit auch Name und Adresse; Rechnungsbetrag; Genehmigungsnummer; ggf. auch eine zusätzliche Kartenprüfnummer, zum „signature on file“-Vermerk s. BGH NJW-RR 2005 1570]. Sind die Voraussetzungen i.V. mit einer Identitäts-Abfrage von Kundendaten (sog. „Address-Verification-Service“) bzw. einer Autorisierungsabfrage beim Kreditkartenunternehmen erfüllt, ist die Sachlage wie bei Nahabsatzgeschäften (abstraktes Schuldversprechen nach § 780 BGB bzw. eine zivilrechtliche Garantie), was strafrechtlich als „Garantie“ für die Anwendung von § 266b wirkt.78 Das Missbrauchsrisiko trifft auch bei Distanzgeschäften grundsätzlich das Kreditkartenunternehmen. Unstreitig fallen die sog. klassischen (Universal)Kreditkarten im Drei/Vier- oder 24 Mehrpersonen-Verhältnis als Tatobjekte in den Anwendungsbereich des § 266b.79 Umstritten ist generell, ob § 266b auf alle Fallkonstellationen anwendbar ist. Die Auffassungen sind hier ähnlich geteilt wie hinsichtlich des früheren Euroscheck und des Debit(Girocard/ec/Maestro/POS)-Systems. Vielfach werden keine Einschränkungen gemacht, was aber zumeist darauf zurückzuführen ist, dass Konstellationen, die etwa bei den o.g. anderen Systemen zu Beschränkungen geführt haben, hinsichtlich der Kreditkarte gar nicht untersucht werden. Teilweise wird – entsprechend den Ausführungen zu den Debit-Karten (Rdn. 16f) – 25 auch bei unbefugter Verwendung solcher Karten die Anwendung von § 266b verneint, wenn der Zahlungsvorgang mit einer online-Abfrage verbunden ist, die zu dessen Autorisierung seitens des Kreditkarten/Acquiring-Unternehmens nach Prüfung des Verfügungs-

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Dazu BGHZ 152 286, 295; 157 256, 258; BGH NJW-RR 2004 1122 f, 1124 f; Neumann/Bock S. 120 ff, 126, 132 f. Zum Ganzen Hellmann in Achenbach/ Ransiek Kap IX 2 Rdn. 90; Tiedemann BT Rdn. 410; bankrechtlich s. BGHZ 150 286; 157 256, 263 ff; BGH NJW-RR 2004 1121 f, 1124 f; WM 2005 1601 m. zust. Anm. von S. Weber EWiR 2005 753 f; Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/Lwowski § 67

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Rdn. 40; Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 64, 71; Einsele § 6 Rdn. 253 ff, 263; Jungmann WM 2005 1351, 1354 f; Schleicher S. 267, 270; näher zur Problematik Baumbach/ Hefermehl/Caspar Kartenzahlungen, Rdn. 122 ff; Joeres Kreditkartenmissbrauch im Fernabsatz in FS Nobbe (2009) 119, 125 ff, 130 ff. Z.B. American Express-Karte in BGH NStZ 1992 278 f = wistra 1992 102.

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rahmens führt.80 Das gleiche soll gelten, wenn das Kassenpersonal telefonisch die Zulässigkeit der Nutzung der Karte vom Karten/Acquiring-Unternehmen einholt.81 Diese Auffassung wird nicht geteilt.82 Die Autorisierung ist in solchen Fällen zwar 26 wichtig, bewirkt aber nicht ohne weiteres eine volle Zahlungsverpflichtung seitens des Kreditkarten/Acquiring-Unternehmens. Sie kann auch nur bedeuten, dass eine Kartentransaktion weiter voranschreiten darf, was insbesondere die Mitteilung einer Genehmigungs- bzw. Autorisierungsnummer beinhalten kann. Z.B. wird nach den ConcardisAkzeptanz-Bedingungen 2007(2.5) bei Einholung der Autorisierung(snummer) nur der offene Verfügungsrahmen und eine eventuelle Sperrung geprüft; Autorisierung enthält nach Z. 2 nur die Mitteilung, dass eine Transaktion mit einem bestimmten Betrag zu einer bestimmten Kreditkarte möglich ist. Die Verpflichtung zum Forderungsausgleich ist aber von weiteren Bedingungen abhängig, wie z.B. von der Unterschrift des Karteninhabers auf dem Leistungsbeleg oder durch die Identitätsprüfung eines eventuellen Lichtbildes auf der Karte (vgl. die einzelnen Bedingungen in Z. 4, die teilweise allerdings der Autorisierung vorangehen). Noch deutlicher sagen die Vertragsbedingungen für die MasterCard/Visa-Kreditkarte im Präsenzgeschäft (v. 21.12.2004), dass mit der Erteilung einer Online-Genehmigung(snummer) eine Einlösungszusage nicht verbunden ist. Es müssen die Akzeptanzbedingungen insgesamt erfüllt sein (Z. 3 i.V. mit Z. 1 und 2), um eine Zahlungsverpflichtung auszulösen.83 Nach der Rechtsprechung führt das im schriftlichen Acquisitionsvertrag rahmenmäßig gemäß § 780 BGB vereinbarte (abstrakte Schuld/Zahlungs)Versprechen zur Zahlungspflicht des Kartenausstellers bzw. zum korrespondierenden Anspruch des Vertragsunternehmens unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 I BGB) der Einreichung ordnungsgemäßer Belastungsbelege (Unterschrift und Übergabe).84 Selbst wenn eine solche Autorisierung nach Prüfung des Verfügungsrahmens (bei Unmöglichkeit der Prüfung der finanziellen Nutzungsgrenze) und Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (s.o.) direkt zu dieser Bindung führt, schließt die entscheidende Mitwirkung des Kartenausstellers die Anwendung von § 266b nicht aus. Der Karteninhaber macht von der ihm eingeräumten Möglichkeit, den Kartenaussteller zu einer Zahlung (ggf. auch nur mittelbar über einen Acquirer, zumeist eine Bank) zu veranlassen, auch dann Gebrauch, wenn er nicht selbst Partner des Versprechens ist, sondern eine Autorisierung i.V. mit der korrekten Erfüllung anderer eigener oder solcher des Vertragsunternehmens zu einer Zahlungsverpflichtung bzw. einen (abstrakten) Schuldversprechen führt. Im Kreditkartenverfahren verpflichtet sich der Kartenaussteller nicht nur in dem Vertrag mit dem Karteninhaber, sondern auch mit dem Vertragsunternehmen, die in den Belastungsbelegen oder sonst dokumentierten Forderungen (unter Abschlag eines bestimmten Prozentsatzes) zu begleichen.85 Die in Rdn. 25 genannte einschränkende Auslegung würde zu einer zu starken Einengung des § 266b auch bezüglich Kreditkarten führen. Übrig blieben dann z.B. Zahlungen mit Kreditkarte ohne Nutzung von Karten – Kassensystemen und PIN-Eingabe (sowie Online-Genehmigung) durch Unterschrift auf

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Radtke MK Rdn. 15, 20 f m. Nachw.; Hoyer SK Rdn. 13; G/J/W-Bär Rdn. 10; M-G/BTrück Rdn. 101; s. weiter Rdn. 17. Beispiel von Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap IX 2 Rdn. 63 f. Ebenso Brand JR 2008 496, 501 f; Rengier BT I § 19 Rdn. 26; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5. Einsele § 6 Rdn. 253.

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BGHZ 150 286 294; 152 75, 80 f; 157 256, 261 f; NJW-RR 2004 1122 f, 1124 f; 2005 780 f; vgl. auch Kienholz S. 41, 61 f, 164; A. Langenbucher S. 28, 46, 162 ff. Einsele § 6 Rdn. 240; vgl. auch Kindhäuser NK Rdn. 17 a.E. (bezüglich Verwendung von Codekarten im POS-Verfahren in ihrer dem Tatbestand unterfallenden Kreditkartenfunktion, abl. zu letzerem Rdn. 30).

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

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Leistungsbelegen und deren Prüfung. Angesichts dessen, dass ein Karteninhaber i.d.R. nicht genau weiß, welche Prüfungen bei der Nutzung von Kreditkarten vorgenommen werden, können zusätzliche praktische Schwierigkeiten für Feststellungen im subjektiven Bereich bei Irrtümern zur Bedeutung von Autorisierungen auftreten. Ähnlich wie bei der Euroscheck- und Debit(Girocard/ec/Maestro/POS)-Karte ist auch 27 bei der Kreditkarte die Tatbestandsmäßigkeit der unbefugten Nutzung als Geldautomatenkarte umstritten. Auch hier besteht jedoch heutzutage weitgehende Einigkeit, dass jedenfalls eine Nutzung am institutseigenen Geld(ausgabe)automaten (GAA) § 266b nicht unterfällt.86 Mit der GAA-Nutzung macht der Karteninhaber in Ausübung girovertraglichen Weisungsrechts entweder seinen Rückforderungsanspruch bezüglich seines Guthabens bei der Bank87 bzw. ein kreditvertragliches Abrufrecht geltend. Ein eigenständiger Zahlungsanspruch aufgrund eines abstrakten (strafrechtlich garantieähnlichen) Schuldversprechens gemäß § 780 BGB entsteht nicht.88 Auch kann die kartenausgebende Bank am eigenen Automaten die finanzielle Nutzungsgrenze überprüfen.89 Erfolgt eine Auszahlung trotz Überziehung, so beruht diese nicht auf einer Verpflichtung.90 Teilweise wird bei dieser Nutzung der Karte nur der Charakter einer eine Schlüssel- 28 Funktion ausübenden Codekarte anerkannt und ihr schon deshalb die Kreditkarteneigenschaft generell nicht zugebilligt.91 Dies ist jedoch zweifelhaft. So stellen Vertragsbedingungen (z.B. die Kundenbedingungen von Mastercard) vielfach fest, dass bei Kreditkarten der Inhaber sowohl bei Vertragsunternehmen Waren und Dienstleistungen bargeldlos bezahlen als auch an Geldautomaten Bargeld beziehen kann. Diese Ausgestaltung spricht dafür, dass die Karte für die Anwendung der 2. Alternative von § 266b – trotz unterschiedlicher Verwendungsart – als Kredit- und nicht nur als dem Tatbestand nicht unterfallende Zahlungs(code)karte anzusehen ist. Auch wenn man daher im GAA-Bereich eine Anwendungsmöglichkeit von § 266b bei 29 unbefugter Kreditkartennutzung an Geldautomaten anderer Banken als die des Kartenemittenten [soweit eine solche Nutzung tatsächlich möglich ist] grundsätzlich bejaht, so wird dies bei positiven Online-Prüfungen entsprechend der unter Rdn. 16 f, 25 aufgeführten Meinungen von verschiedener Seite verneint.92 Übrig blieben dann nur noch Off-

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BGHSt 38 281 f; 47 160, 165 (zur Eurocheque-Karte; vgl. auch OLG Düsseldorf wistra 1994 152 f); Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; Radtke MK Rdn. 23 i.V.m. 19 ff, 21; Kindhäuser NK Rdn. 22 (Fehlen von Missbrauch); Fischer Rdn. 11 i.V.m. 8; Hoyer SK Rdn. 15; G/J/W-Bär Rdn. 11; Maurach/ Schroeder/Maiwald BT § 45 Rdn. 78; Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 65; Rengier BT § 19 Rdn. 25; Tiedemann BT Rdn. 410; Knierim in Wabnitz/Janovsky Kap 8, Rdn. 122 f; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 99; Baier ZRP 2001 454, 457 Fn. 43; Brand JR 2008 496 f; Kudlich JuS 2003 537, 540 – zu abweichenden Meinungen s.o. Rdn. 17 in Fn. 54. BGHZ 84 371; 131 60; Kümpel Rdn. 4.935. Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski § 54 Rdn. 11; Kümpel/Wittig Rdn. 7.928 ff; Einsele § 6 Rdn. 216. Rengier BT I § 19 Rdn. 25; Brand JR 2008

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496 f; Baumbach/Hefermehl/Caspar Rdn, 17, 23; Grundmann II 296 ff. Hoyer SK Rdn. 15 m.w.N.; Grundmann II 297. Gribbohm LK11 Rdn. 10 ff; Samson/Günther SK (1996) Rdn. 4; M-G/B-Trück Rdn. 102 f; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap IX 2 Rdn. 82 f (für ihn ist die Situation einer Barabhebung bei der Bank vergleichbar); Eisele/Fad Jura 2002 305, 307, 311; Rossa CR 1997 218, 220; s. weiter Rdn. 17. So Radtke MK Rdn. 23 i.V.m. Rdn. 20 f, der von einer mangelnden Untreueäquivalenz ausgeht; Hoyer SK Rdn. 17; AnwK-Esser Rdn. 14; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 101; G/J/W-Bär Rdn. 10; Zielinski JR 2002 342 f; Zöller Jura 2003 637, 641 Fn. 28; vgl. auch Fischer Rdn. 11 i.V.m. 9, für den die Anwendung von § 266b bei Überprüfung der Karte im Online-Verfahren nicht unzweifelhaft ist.

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line-Autorisierungs-Fälle.93 – Nach einer positiven Meldung auf den durch die Eingabe von Karte und PIN bewirkten unwiderruflichen Zahlungsauftrag (§ 675 Abs. 3 Satz 2, § 675j, § 675 Abs. 2 BGB), insbesondere zur Einhaltung des Verfügungsrahmens, entsteht mit der Auszahlung ein abstraktes Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis des Kartenunternehmens gegenüber dem automatenbetreibenden Institut hinsichtlich dessen Aufwendungsersatz- und Vergütungsanspruch nach § 675c Abs. 1, § 670 BGB.94 Die Mitwirkung des Kartenausstellers schließt – wie in Rdn. 26 – die Anwendung des § 266b nicht aus. Auch wenn die primäre Zahlungspflicht des Kartenunternehmens zivilrechtlich keine Garantie sein sollte,95 so kann doch die automatenbetreibende Bank den ausgezahlten Betrag mit Einzugsermächtigung per Lastschrift bei dem Kartenunternehmen einziehen. Der Anspruch gegen das Kartenunternehmen ist auch in diesem Fall jedenfalls strafrechtlich einer Garantie vergleichbar.96 Auch in solchen Fällen hat der Karteninhaber also „die Möglichkeit“, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen“, was bei Missbräuchen zur Anwendung von § 266b führen kann.97 Anderen Zahlungskarten als Universalkreditkarten kann nicht die Eigenschaft als 30 Kreditkarte zuerkannt werden. So sind Debit(Girocard/ec/Maestro)-Karten nicht nur keine Scheckkarten (Rdn. 8, 15), sondern auch keine Kreditkarten.98 Dagegen spricht – außerhalb des Bereichs von sog. Kundenkreditkarten, dazu Rdn. 32 ff – angesichts des Verständnisses im Rechts- und Wirtschaftsverkehr vor allem der Wortlaut. Im Schrifttum ist dies umstritten. Ein Teil der Literatur bejaht dies bei Nutzung im POS-(nicht bei dem seit 1.1.2007 beendeten POZ-)System unter Hinweis auf Funktionsgleichheiten beider Kartenarten,99 was allein nicht ausreicht (s. Rdn. 15). Die Gegenmeinung sieht vor allem in den Voraussetzungen einer „Garantie“ und in der Abrechnungsmethode erhebliche Unterschiede. Nach Wortlaut und Funktionsunterschied kann auch eine Geldkarte (elektronische 31 Geldbörse) keine Kreditkarte sein.100 Bei der Geldkarte i.S. von § 1 XIV KWG (Art. 1 III C 93

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So Radtke MK Rdn. 23 i.V.m. Rdn. 21 (sofern eine Autorisierung des Auszahlungsvorgangs durch die kartenausgebende Bank nicht vorausgeht); AnwK-Esser Rdn. 14; Zielinski JR 2002 342 f; Zöller Jura 2003 637, 641 Fn. 28; weitergehend wohl Altenhain JZ 1997 752, 758 f m. Fn. 77, der auch bei Offline-Autorisierung, d. h. also generell, die Anwendung von § 266b verneint. Rengier BT I § 19 Rdn. 26 ff; Baumbach/ Hefermehl/Caspar, Zahlungskarten Rdn. 43; Einsele § 6 Rdn. 217 f; Grundmann II 326 m.N. So zur GAA-Benutzung von Euroschecks Einsele § 6 Rdn. 218; aA jedoch Gößmann in Schwintowski/Bunte/Lwowski § 54 Rdn. 16; Kümpel/Wittig, Rdn. 7.936. Die in BGHSt 47, 160, 164 für die Euroscheckkarte vertretene Auffassung ist auch auf den Kreditkartenbereich zu übertragen. Davon gehen auch Kindhäuser NK Rdn. 21; Fischer Rdn. 11 i.V.m. Rdn. 9 (aber zweifelhaft bei Online-Überprüfung) und grundsätzlich auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 a.E.

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aus (wenn sich die elektronische Kontrolle auf die Einhaltung des allgemeinen Verfügungsrahmens und nicht den aktuellen Kontenstand erstreckt). Kindhäuser NK Rdn. 21 und LPK Rdn. 22 ff jeweils m.w.N. (für den Scheckkartenbereich); Rengier BT I § 19 Rdn. 28 i.V.m. 26; Tiedemann BT Rdn. 410; Brand JR 2008 496, 501 ff. Sch/Schröder/Perron Rdn. 5a; Lackner/Kühl Rdn. 4; AnwK-Esser Rdn. 10; M-G/B-Nack § 49 Rdn. 56; Hillenkamp Rdn. 611, 794; Bernsau S. 219; Baier ZRP 2002 454, 456; i. Erg. auch M-G/B-Trück Rdn. 94. Kindhäuser NK Rdn. 17, 21; Rengier BT I § 19 Rdn. 23, 25 ff; Gribbohm LK11 Rdn. 15; Gogger S. 180; Brand WM 2008 2194 und JR 2008 496. Abl. z.B. Radtke MK Rdn. 13; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5a; SSW-Hilgendorf Rdn. 11; Hoyer SK Rdn. 12; Fischer Rdn. 7; G/J/W-Bär Rdn. 8; Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf § 23 Rdn. 49a (kein untreueähnlicher Missbrauch); Heinz FS Maurer

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

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der Zahlungsdienst-RL) handelt es sich um eine sog. Prepaid-Karte, bei der auf einem Chip ein Geldbetrag (i.d.R. bis zu 200 €) geladen werden kann (sog. elektronisches bzw. e-Geld). Zum Bezahlen bei einem Händler wird die Karte in einen dort zugelassenen Terminal eingeführt, auf Echtheit geprüft und der zu zahlende Betrag vom Kunden bestätigt. Der in der Geldkarte gespeicherte Betrag vermindert sich um diesen Betrag und wird auf das Händlerterminal übertragen. Mit Abschluss des Bezahlvorgangs erwirbt der Händler „eine Garantie gegen das kartenausgebende Kreditinstitut in Höhe des getätigten Umsatzes“, was von vielen als abstraktes Schuldversprechen gem. § 780 BGB gedeutet wird.101 Die Verrechnung erfolgt dann im Wege des Lastschriftverfahrens. – Überschreitet der Karteninhaber beim Aufladen unbefugt sein Kreditlimit, so liegt auch deshalb keine Straftat nach § 266b vor, weil es sich dann um nicht mehr als eine unbefugte Bargeldabhebung handelt; auch die Verwendung einer solchen Karte führt nicht zur Strafbarkeit nach § 266b; i.d.R. fehlt es dann schon an einer Vermögensschädigung, da auch hier dem Händler ein Zahlungsanspruch gegen die Bank zusteht.102 dd) Kundenkarte. Neben dem Drei-Partner-System ist auch das Zwei-Partner-System 32 der Kunden- oder Spezialkreditkarte gebräuchlich. Bei diesem System räumt ein Unternehmen mit der Ausgabe der Kreditkarte (Kundenkarte) seinem Kunden einen Kundenkredit ein, der für alle Filialen des Unternehmens gilt (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Es handelt sich bei solcher „Kreditkarte“ lediglich um einen Ausweis über die Eröffnung eines Kundenkontos mit bestimmtem Kreditrahmen, der es den (zumeist überregionalen) Filialen des Unternehmens (z.B. bei Warenhäusern wie Kaufhof, Karstadt, Metro, in der Gastronomie, Hotelerie und bei Autovermietern) ermöglicht, Leistungen gegen Rechnung zu erbringen, ohne die Kreditwürdigkeit des Kunden erneut prüfen zu müssen (BGH StV 1989 199 = wistra 1989 61; BGHSt 38 281; LG Dresden NStZ 2006 633 f).103 Streitig ist bei der missbräuchlichen Verwendung von Tankkarten, ob und inwieweit 33 diese als Kundenkarten im Zwei-Partner-System oder doch als Kreditkarten im Drei-Parteien-System anzusehen sind. Werden solche von einem Tankstellenpächter an einen Kunden nur zur Nutzung an seiner Tankstelle ausgegeben (sog. stationsgebundene Flottenkarte), so handelt es sich nur um eine Kundenkarte.104 Streitig ist, ob dies auch gilt, wenn Tankstellenfirmen ihren Pächtern gestatten, solche auch zur Nutzung an verschiedenen Tankstellen dieser Firmen zu verwenden. Bisher beschäftigten die Gerichte vor allem die Fälle, in denen Arbeitnehmer solche Karten missbraucht hatten, die von den

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1111, 1132; vgl. auch Altenhain JZ 1997 752, 759 f (keine Anwendung von § 266b); weitgehend im Erg. auch M-G/B-Nack bzw. Trück § 49 Rdn. 63 bzw. Rdn. 104 ff; AnwK-Esser Rdn. 15. Näher „Vereinbarung über das institutsübergreifende System Geldkarte“, in Kraft seit 1.10.1996 (abgedruckt bei Koch in Schimansky/Bunte/Lwowski Anh. 6 zu §§ 67, 68; Garantie nach Nr. 11); weiter Koch aaO § 68 V Rdn. 15 ff; Caspar MK BGB § 676h Rdn. 37; Baumbach/Hefermehl/Caspar Kartenzahlungen Rdn. 67 ff; Baumbach/Hopt Bankgeschäft F 13 ff; Schleicher S. 304 f; Neumann/Bock S. 15; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 104.

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Vgl. Radtke MK Rdn. 13 (es liegt keine Zahlungsgarantie i.S. des § 266b vor); Fischer Rdn. 6b; § 263a Rdn. 15; Heinz FS Maurer 1111, 1132; Altenhain JZ 1997 752, 760; M-G/B-Nack § 49 Rdn. 63 (unbefugtes Aufladen wie Barabhebung am Geldautomaten zu beurteilen; kann aber Computerbetrug sein, Tiedemann/Valerius LK § 263a Rdn. 54; aA die vorgenannten); M-G/B-Trück Rdn. 106. Radtke MK Rdn. 24; Gribbohm LK11 Rdn. 16; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5b, Tiedemann BT Rdn. 408. AnwK-Esser Rdn. 9.

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Firmen ihren Arbeitgebern zur Verfügung gestellt worden und ihnen dann zur Nutzung übergeben worden waren. Weit überwiegend wurden in solchen Fällen die Karten nicht als Kreditkarten im Drei-Personen-Verhältnis, sondern als Kundenkarten angesehen.105 Der Rahmenvertrag, welcher der Ausgabe der Kundenkarte zugrunde liegt, verschafft 34 dem Kunden nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen (Unterzeichnung der Kreditkarte durch den Inhaber, Verwendung unter Angabe der Geheimnummer) einen Anspruch, bei dem Unternehmen Waren im Wege des Kreditkaufs zu erwerben. Der Schwerpunkt der Vereinbarung ist eine vorweggenommene Stundung der Kaufpreisforderungen, die erst noch begründet werden sollen (BGHZ 114 238, 241 f). Die missbräuchliche Benutzung einer „Kreditkarte“ im Zwei-Partner-System erfüllt 35 nicht die Voraussetzungen des § 266b (BGHSt 38 281 [Air-Plus-Kreditkarte der Lufthansa] = NStZ 1992 437 = wistra 1992 257; 47 160, 165 f [inzidenter zur Nutzung einer ec-Karte am Geldautomaten der kartenausgebenden Bank].106 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Im Zwei-Partner-System wird die Karte nur dazu benutzt, eine Leistung (Warenlieferung, Dienst- oder Werkleistung) vom Aussteller selbst zu erlangen; er wird nicht zu einer Zahlung (an einen Dritten für dessen Leistung) veranlasst (BGHSt 38 281, 282 f). Eine Stundungs- bzw. Kreditabrede ist keine Zahlung i.S. des § 266b. Das Regime der Zahlungsdienste-RL gilt für diese Karten nicht.107 Daran ändert sich auch nichts bei der Einschaltung von Banken zur Zahlungsabwicklung.108 Auch der Gesetzeszweck spricht gegen die Einbeziehung des Zwei-Partner-Systems in 36 den Schutzbereich des § 266b. Durch die Vorschrift soll das Kreditkartengeschäft vor

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OLG Celle, 1 Ws 277/10, 5.11.2010, Beck RS 2010 28415 (nicht abgedruckt in NStZ 2011 218): Tankkarten sind Zahlungskarten im Zwei-Personen-Verhältnis (zust. G/J/W-Bär Rdn. 11; aA in solchen Fällen LG Dresden NStZ 2006 633; AnwK-Esser aaO), bei dem die Aussteller-Firmen dem Karteninhaber (Arbeitgeber) Kredit einräumten, die diese dann durch Zahlungen an sie auszugleichen hätten. Die Firmen verpflichteten sich nicht einem Vertragsunternehmen gegenüber, dessen Forderungen gegen den Karteninhaber durch unmittelbare Zahlung auszugleichen. – Von einer Qualifizierung als Kundenkarte ging in Disziplinarverfahren auch BVerwG, 1 D 38.97, 27.11.1997, BeckRS 1997 31238063 und 1 D 42.97, 25.11.1998, BeckRS 1998 30425120 aus; demgegenüber hat das VG Magdeburg, 8 A 2/10, 31.3.2011, die Tankkarten als Kreditkarten bezeichnet. – Streitig bleibt weiterhin, wie das Verhalten der abredewidrig Tankenden zu beurteilen ist: straflos, so AG Eggenfelden, NStZ 2009 139 f; strafbar als Untreue, so LG Dresden NStZ 2006 633 f (unter Korrektur von AG Dresden, 5.5.2004, Verurteilung nach § 266b, da Schaden nur beim Arbeitgeber, nicht beim Kartenaussteller eintrat);

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LG Halle, 2.3.2009, zit. von VG Magdeburg aaO; als Betrug, so OLG Celle (von Täuschung ging auch das BVerwG aaO aus; abl. dazu AG Eggenfeld aaO). Ebenso Radtke MK Rdn. 24 ff; Kindhäuser NK Rdn. 8; Gribbohm LK11 Rdn. 18 f; Fischer Rdn. 11; Lackner/Kühl Rdn. 4; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5b; Hoyer SK Rdn. 11; AnwK-Esser Rdn. 8; D/D/RBeukelmann Rdn. 8; Maurach/Schroeder/ Maiwald § 45 IV Rdn. 77; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 77; Hellmann in Achenbach/ Ransiek Rdn. 92 ff; Rengier BT I § 19 Rdn. 5, 19 f; Tiedemann BT Rdn. 408 und JZ 1986 871; Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 70; ders. JZ 1994 885; Wittig § 21 Rdn. 21; Flöge S. 37 ff, 150 f; Bernsau S. 210 f; Scheffler S. 383 ff, 388; Fest/Simon JuS 2009 798, 801; aA Arzt/WeberHeinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 48; Hilgendorf Jus 1997 130, 135 und in SSW-StGB Rdn. 13; Otto BT § 54 Rdn. 46; JZ 1992 1139 f; Ranft JuS 1988 673, 680 f, NStZ 1993 185 f; Eckert S. 197; Deider S. 127, 176. Gogger S. 103 ff ist für eine analoge Anwendung des § 266b zugunsten des Täters. Grundmann II 370 Fn. 1086. G/J/W-Bär Rdn. 12.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

Missbräuchen geschützt werden, soweit es der Scheckkartenkonstruktion gleicht. Das ist bei der Kundenkarte nicht der Fall. Sie hat nur den Zweck, dem Inhaber Kredit im Verhältnis zum Aussteller zu verschaffen („Stundungsfunktion“), keine Garantiefunktion gegenüber einem Dritten. Eine Strafbarkeitslücke besteht insoweit nicht. Die Erschleichung und Ausnutzung eines Kreditrahmens gegenüber einem Waren- oder Geldkreditgeber kann Betrug nach § 263 sein (BGHSt 38 281, 283 f; aA BGH wistra 1989 61 f, soweit es sich allein um die Erschleichung einer Kundenkarte handelt; Zweifel am Vorliegen einer schlüssigen Erklärung über die Deckung äußert BGH wistra 2005 222). Lackner/Kühl (Rdn. 4) erblicken in diesem Ergebnis – Unanwendbarkeit des § 266b 37 bei Missbrauch von Kundenkarten – einen Konstruktionsfehler des Gesetzes, weil die Strafdrohung des § 266b milder ist als die des § 263 (und auch die des § 263a). In der Tat sollte man meinen, dass die Möglichkeiten des Kartenausstellers, sich vor Missbrauch zu schützen, im Rahmen des eigenen Unternehmens größer sind (mit der Folge verringerter Schutzbedürftigkeit) als in den Fällen, in denen der Inhaber eine für den Geschäftsverkehr mit Dritten ausgegebene Karte missbraucht. Bei dieser Sachlage ist wenigstens eine Anwendung des Strafrahmens des § 266b zu befürworten.109 ee) Mischformen. Sie kommen bei Kreditkarten (und früher auch bei Scheckkarten) 38 in ganz unterschiedlicher Weise vor. Die Kreditkarte kann zugleich Codekarte (Geldautomatenkarte) sein (Rdn. 27 f). Die Kreditkarte kann sowohl im Zwei-Partner- wie auch im Drei-Partner-System benutzbar sein (Rdn. 24, 33, 35). Für die rechtliche Beurteilung des Missbrauchs durch den berechtigten Karteninhaber kommt es darauf an, wie die Karte im Einzelfall verwendet wird. Je nach Sachlage ist § 263, § 263a oder § 266b einschlägig. § 266b ist nur anwendbar, wenn die Karte im konkreten Fall im Rahmen eines Drei-Partner-Systems verwendet wird.110 2. Tathandlung. Nach § 266b Abs. 1 muss der Täter die ihm mit der Karte einge- 39 räumte Möglichkeit „missbrauchen“, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen. Diese Ausgestaltung der Vorschrift lehnt sich an den Missbrauchstatbestand der Untreue (§ 266) an (BTDrucks. 10/5058 S. 32), verlangt jedoch nicht eine rechtsgeschäftlich eingeräumte, also zivilrechtlich wirksame Befugnis des Täters zur Verpflichtung des Ausstellers. a) Kartenmissbrauch. Das Merkmal „missbrauchen“ wird dadurch gekennzeichnet, 40 dass sich der Täter nach außen im Rahmen seines rechtlichen Könnens hält, im Innenverhältnis (zum Kartenaussteller) aber die Grenzen seines rechtlichen Dürfens überschreitet (BTDrucks. 10/5058 S. 32; BGH NStZ 1992 278 f = wistra 1992 102; OLG Hamm StraFo 2001 181 f; LG Dresden NStZ 2006 633 f).111 Einschränkungen der Strafbarkeit

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Kindhäuser NK Rdn. 9; AnwK-Esser Rdn. 8; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap IX 2 Rdn. 97; Bernsau S. 203; Scheffler S. 388; Marxen EWiR 1993, 395 f; erwägenswert für Wessels/Hillenkamp BT II/2 Rdn. 795; aA Radtke MK Rdn. 27; Gribbohm LK11 Rdn. 20; Fischer Rdn. 10; G/J/W-Bär Rdn. 11; Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf BT § 21 Rdn. 43 Fn. 95; Wittig § 21 Rdn. 21.

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BGHSt 38 281, 284 (offen, ob Air-PlusKarte auch im Drei-Partner-System verwendbar war); Radtke MK Rdn. 28; Kindhäuser NK Rdn. 10; Sch/Schröder/Perron Rdn. 5b; SSW-Hilgendorf Rdn. 16 ff; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 97; Bernsau S. 203; aA Ranft JuS 1988 673, 680 f. Radtke MK Rdn. 31; Kindhäuser NK Rdn. 12; Gribbohm LK11 Rdn. 23; Sch/

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können nicht darüber hinaus aus einem Erfordernis der Beeinträchtigung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs hergeleitet werden.112

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aa) Für das „rechtliche Können“ ist Voraussetzung, dass die dem Täter eingeräumte Außenmacht gegenüber dem Vertragsunternehmen als „Zahlungsempfänger“ (vgl. § 675 Abs. 3 Satz 2 BGB) wirksam ausgeübt wird, wozu unter Verwendung der Kredit(Debit)karte mittelbar über diesen durch einen unwiderruflichen Zahlungsauftrag (= Weisung) des Täters als „Zahler“ (§ 675 Abs. 3 Satz 2; § 675j, § 675 Abs. 2 BGB) eine Zahlungspflicht des Kartenausstellers als „Zahlungsdienstleister“ entstehen muss.113 Einbezogen werden in der Literatur auch Fälle, in denen eine zivilrechtlich wirksame Begründung der Verpflichtungsbefugnis etwa wegen Nichtigkeit des der Kartenausgabe zugrunde liegenden Rechtsgeschäft nichtig ist, dann, wenn der Karteninhaber die tatsächliche Rechtsmacht hat, eine Verpflichtung des Kartenausstellers auf Grund eines diesem wegen der der Überlassung der Karte zuzurechnenden Rechtsscheins zu begründen.114 Wie weit das rechtliche Können reicht, ergibt sich insbesondere aus Vertragsbedingungen des Deckungsverhältnisses, unter welchen sich der Kartenaussteller gegenüber dem Karteninhaber zur Einlösung des Abrechnungsbetrags verpflichtet.115 Voraussetzung ist gleichwohl, dass der Zahlungsauftrag des Täters wirksam ist. Dies ist, wenn anderes sich nicht aus den Geschäftsbedingungen ergibt, nicht der Fall, wenn „das Rechtsgeschäft zwischen Vertragsunternehmen und Karteninhaber nicht zustande kommt oder unwirksam, der Anspruch auf Gegenleistung also nicht entstanden ist“, was „auf verschiedenen Gründen beruhen“ kann, z.B. „fehlender … oder beschränkter Geschäftsfähigkeit einer Partei (§§ 105, 108, 114 BGB), Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit (§§ 134, 138 BGB) oder Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung“ (BGH NJW 1990 2880 f – Eintritt von Geschäftsunfähigkeit).116 Als Folge entsteht kein abstraktes Schuldverspre-

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SchröderPerron Rdn. 9; Fischer Rdn. 15; Lackner/Kühl Rdn. 5; G/J/W-Bär Rdn. 17 f; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 82; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 41; Tiedemann BT Rdn. 407. Radtke MK Rdn. 38; Gribbohm LK11 Rdn. 28 f; Fischer aaO. Radtke MK Rdn. 32; Tiedemann BT Rdn. 407. Fischer Rdn. 16 verneint unter der Prämisse des Bestehens eines rechtlichen Könnens die Anwendung von § 266b bei missbräuchlichen Verwendungen, durch die eine Einlösungspflicht nicht begründet wird; so auch OLG Hamm StraFo 2001 281, 283. Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 f; Radtke MK Rdn. 37; Hoyer SK Rdn. 7; Gribbohm LK11 Rdn. 31; generell für den Fall der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit, ohne auf den Rechtsscheingedanken abzustellen, Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 44; Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; Fischer Rdn. 15 ; Hellmann in Achenbach/ Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 54; Bernsau S. 84 ff, 92 ff; Gogger S. 91 f, 112 ff, 126. Kindhäuser NK Rdn. 13; Gribbohm LK11

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Rdn. 23; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; SSW-Hilgendorf Rdn. 17; Fischer Rdn. 15. Zustimmend (wenn auch nicht in der vertragsrechtlichen Konstruktion) Einsele § 6 Rdn. 261; für Einschränkung der Unwiderruflichkeit und einen Einwendungsdurchgriff wegen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme des Kartenunternehmens in solchen Fällen auch Baumbach/Hefermehl/ Caspar Rdn. 98 ff; aA teilweise Kümpel 3 Rdn. 4.889 (aufgrund Rechtsscheinhaftung bei Aushändigung von Euroschecks/Karte an Minderjährigen; umgekehrt aber Rdn. 4.896, 4. Aufl. Rdn. 7.890 bei anderen Nichtigkeitsgründen; allgemein zur Kreditkarte Rdn. 7.1029). – In BGHZ 152 75 = NJW 2002 3698 f (und Vorinstanz OLG Köln NJW-RR 2002 620) wurde eine „rechtsmissbräuchliche“ Inanspruchnahme des Kreditkartenunternehmens zwar generell zugestanden, „wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass dem Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Karteninhaber nicht zusteht“, aber im konkreten Fall eine

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

chen gegenüber dem Vertragsunternehmen und auch kein Aufwendungsersatzanspruch des Kartenausstellers gegen den Karteninhaber. Deshalb ist schon der Tatbestand bei Geschäftsunfähigkeit (bei der zusätzlich eine Strafbarkeit mangels Schuldfähigkeit sowieso entfallen würde) bzw. bei beschränkter Geschäftsfähigkeit (ohne Mitwirkung des Vertreters) und in sonstigen Nichtigkeitsfällen usw. bei der Kreditkartenverwendung ausgeschlossen.117 Dies schließt allerdings eine Anwendung des § 266b (nach der Literatur kraft Rechtsscheinhaftung) in Fällen nicht aus, in denen einem zunächst Geschäftsunfähigen eine Kreditkartenbefugnis vom Kartenaussteller (scheinbar) eingeräumt wird, dieser aber dann später doch rechtsgeschäftlich wirksam einen unwiderruflichen und dann auch autorisierten Zahlungsauftrag über ein Vertragsunternehmen erteilt.118 Von dieser Rechtsmacht macht er auch bei Überschreitung der in dem Rahmenvertrag zwischen Kartenaussteller und Vertragsunternehmen vereinbarten Garantiehöchstgrenzen (sog. „floor limits“) Gebrauch, wenn er sich letzteres vorher genehmigen lässt.119 § 266b setzt nicht voraus, dass diese Rechtsmacht die ausschließliche Schadensursache ist; der Schaden kann mit auf der zusätzlichen Zustimmung des Kartenausstellers beruhen. Fehlt es an dieser Rechtsmacht (z.B. bei Akzeptanz bargeldloser Zahlung mittels Kreditkarte trotz Sperrvermerks120 oder beim Verzicht auf eine etwa in Vertragsbedingungen vereinbarte Rückfrage mit dem Ziel zusätzlicher Genehmigung), ist § 266b nicht anwendbar; ein Teil der Literatur 121 verneint hier den Ursachenzusammenhang zwischen Missbrauch, Zahlung und Schädigung des Ausstellers. Bei einer Überschreitung des zwischen Kartenaussteller und Vertragsunternehmen für die Autorisierung maßgebenden Verfügungsrahmens, also etwaiger für Einzelhandelsgeschäfte oder Restaurants geltenden Garantiehöchstgrenzen ohne Zustimmung des Kartenausstellers, scheidet § 266b aus;122 eine Zahlungsverpflichtung entsteht auch nicht bis zu dieser Grenze, so dass § 266b auch nicht bis zur Höhe des garantierten Betrages anwendbar ist.123 Dies ergibt sich auch aus

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Nichtigkeit seiner Zahlungs-Weisung nach § 105 Abs. 2 BGB wegen Alkoholisierung nicht als belegt angesehen. Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 (betr. Geschäftsunfähigkeit wegen Volltrunkenheit). Sch/Schröder/Perron aaO; wohl auch Hoyer SK Rdn. 7. Eine Anwendung von § 266b bei Kartenbegebung an einen Geschäftsunfähigen bejahen Radtke MK Rdn. 37; Gribbohm LK11, Rdn. 32; G/J/W-Bär Rdn. 16; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 44. – Sch/Schröder/Perron Rdn. 8 f; Hellmann in Achenbach-Ransiek Rdn. 54 und Gribbohm LK11 Rdn. 31 machen eine Anwendung von § 266b zu Recht nicht von der Wirksamkeit des Deckungsverhältnisses abhängig. Vgl. auch die früheren Beispiele bei Gogger S. 87, 118. Radtke MK Rdn. 33; Gribbohm LK11 Rdn. 41; G/J/W-Bär Rdn. 18; aA zum Betrug: Fischer Rdn. 25; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 52 f; Bernsau S. 127 f. S. Gribbohm LK11 Rdn. 40; Gogger S. 99,

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131 (beide verneinen den Eintritt eines Schadens beim Kartenausgeber). Gribbohm LK11 Rdn. 39 ff; Kindhäuser NK Rdn. 24. Radtke MK Rdn. 33; Hoyer SK Rdn. 19; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Wittig § 21 Rdn. 23; G/J/W-Bär Rdn. 18; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 49 f unter Bezugnahme auf die Sachverhalte in LG Bielefeld NJW 1983 1335 und LG Düsseldorf NJW 1984 2475; Bernsau S. 124 f; Gogger S. 131; wohl auch OLG Hamm StraFo 2001 281, 282 f (§ 266b anwendbar bei Einsatz von Kreditkarten innerhalb der Garantiegrenzen, darüber hinaus offenbar nicht). So aber Kindhäuser NK Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 19; wohl auch Fischer Rdn. 16, 25 und Gößmann/Weber S. 291 unter Bezugnahme auf OLG Frankfurt WM 1992 1478 (Kreditkartenunternehmen ist nicht verpflichtet, dem Vertragsunternehmen Zahlungen oberhalb des Verfügungsrahmens zu vergüten, für die eine Genehmigung

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dem Zivilrecht. Von dem Vertragsunternehmen können ohne besondere Autorisierung gezahlte Beträge voll, d.h. auch hinsichtlich eines etwa zustimmungsfreien Betrages, zurückgefordert werden.124 Diese Auffassung spiegelt sich vielfach auch in Bedingungen verschiedener Kreditkartenorganisationen wider,125 sofern diese nicht ausdrücklich eine abweichende Regelung enthalten. Ist § 266b nicht anwendbar, kann eine Strafbarkeit wegen Betrugs(sversuch) in Frage kommen.126 Eine Zahlungsverpflichtung wird auch nicht begründet, wenn der Karteninhaber die 42 Karte (im Einvernehmen mit dem Vertragsunternehmen) bestimmungswidrig dazu verwendet, sich Bargeld auszahlen zu lassen.127 Dies wird daraus hergeleitet, dass Kreditkartenunternehmen (abgesehen von der Nutzung des Bargeldauszahlungsservice [einschließlich GAA]) eine Erstattung nur für Waren- und Dienstleistungen vorsehen oder gar eine Auszahlung von Bargeld seitens eines Vertragsunternehmens direkt verbieten. In diesen Fällen kann jedoch ein Betrug zum Nachteil des Kreditkartenunternehmens vorliegen, BGHSt 33 244, 247 = wistra 1985 225 f; OLG Hamm StraFo 2001 281, 283 (Missbrauch von Euroscheck- und Kreditkarten), und zwar zugunsten des Vertragsunternehmens, da der erstrebte Vorteil nicht aus dem Vermögen des Kartenausstellers stammt.128 § 266b ist auch nicht anwendbar, wenn der Annahme von Kreditkarten zur Zahlung Kreditgewährungen zugrunde liegen, was verschiedene Kartenbedingungen auch ausdrücklich für unzulässig erklären.129

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nicht eingeholt wurde); zu Recht abl. M-G/B-Trück § 49 Rdn. 87. OLG Frankfurt NJW-RR 1991 1465 f; OLG Hamm NJW 1984 1633; LG Düsseldorf NJW 1984 2475; Staudinger/Martinek § 676h Rdn. 75; nach A. Langenbucher Diss. S. 126 f jedenfalls dann, wenn der Karteninhaber sich weigert, Rechnungsbetrag zu erstatten. Nachw. bei Bernsau S. 124 Fn. 13; A. Langenbucher Diss. S. 126 Fn. 288. Weiter Z. 2. 4 der Bedingungen der Concardis GmbH für die Akzeptanz und Abrechnung von Mastercard/Maestro- und Visa/Visa Electron/V Pay Karten (Sept. 2007): „Überschreitet ein Gesamtrechnungsbetrag den Höchstbetrag, ohne dass ConCardis den Betrag vor Einreichung autorisiert hat, entfällt für Concardis jegliche Verpflichtung zur Zahlung dieses Gesamtbetrages.“ Näher Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 44, 50 ff mit Differenzierungen; weiter Gribbohm LK11 Rdn. 40, 42 (dies jedenfalls dann, wenn der Karteninhaber durch Täuschungshandlungen, die über die Vorlage allein der Kreditkarte hinausgehen, bewusst darauf hinwirkt, dass das Vertragsunternehmen ohne Kontrollanruf bei dem Kartenaussteller leistet; bei kollusivem Zusammenwirken von Karten-

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inhaber und Vertragsunternehmen zum Nachteil des Kartenausstellers); abl. Bernsau S. 125 f, anders S. 127 f; für Betrugsversuch Gogger S. 132 ff, 134 und Gribbohm LK11 Rdn. 41 (wenn Limitüberschreitung vom Kartenaussteller gegenüber Vertragsunternehmen ohne Wissen des Karteninhabers gebilligt). OLG Hamm StraFo 2001 281, 283; Radtke MK Rdn. 35 (grundsätzlich); Gribbohm LK11 Rdn. 58; SSW-Hilgendorf Rdn. 17; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9; Fischer Rdn. 16; G/J/W-Bär Rdn. 18; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 43 f; Tiedemann BT Rdn. 407; Gogger S. 111 f (Garantiefunktion kommt nicht zum Tragen); Bernsau S. 225 ff unter Hinweis auf Vertragsbedingungen. Gribbohm LK11 Rdn. 42, 58; Kindhäuser NK Rdn. 13, 30; Sch/Schröder/Perron Rdn. 9, 13; Tiedemann BT Rdn. 407; Gogger S. 229 f; Bernsau S. 228 f; Ranft Jus 1988 673, 678; Betrug nehmen auch Radtke MK Rdn. 52, Fischer Rdn. 16, 21 und Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 43 f an. G/J/W-Bär Rdn. 18; s. Nr. 3.2b der AGB der B + S Card Service GmbH zur Akzeptanz von Debit- und Kreditkarten (April 2007); Nr. 1.4c der ConCardis-Bedingungen betr. MasterCard etc. (September 2007).

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

bb) Unter welchen Voraussetzungen ein Überschreiten der Grenzen des „rechtlichen 43 Dürfens“ vorliegt, richtet sich primär auch nach den Vereinbarungen zwischen Kartenherausgeber und dem Karteninhaber. Maßgebend ist bei der Kreditkarte der Kreditkartenvertrag (und bei der Debitkarte der entsprechende Vertrag). Missbrauch ist anzunehmen, wenn der Täter durch die Verwendung der Karte gegen wesentliche Pflichten aus dem Vertrag verstößt. § 266b „will“ allerdings „nicht vor jeder Art vertragswidriger Benutzung von Kreditkarten und den damit verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten schützen“ (BGH NStZ 1992 78 f = wistra 1992 102). Zum Missbrauch gehört nicht notwendig, dass dem Karteninhaber (entsprechend § 675k Abs. 1 BGB) für einzelne Geschäfte ein Limit gesetzt ist (wie bei der Scheckkartengarantie), dass ihm ein zeitabhängiger (etwa monatlicher) Höchstrahmen vorgeschrieben oder dass eine absolute Kreditobergrenze vereinbart ist (BTDrucks. 10/5058 S. 33). „Bei der Kreditkarte liegt ein Missbrauch aber dann vor, wenn der Täter … Verpflichtungen eingeht, obwohl die Einkommens- und Vermögensverhältnisse den Kontoausgleich nicht gestatten oder er selber nicht für ausreichende Deckung Sorge getragen hat“ (BTDrucks. aaO). Deshalb ist eine Kartenverwendung auch dann missbräuchlich, wenn ein dem Karteninhaber vertraglich vorgegebener Rahmen, nicht überschritten wird, er aber diesen Rahmen (etwa gar bis zum Limit einer Kreditgewährung) gleichwohl ausschöpft, obwohl er zum Ausgleich am Fälligkeitstag nicht in der Lage sein wird (BGHSt 47 160, 170 = NJW 2002 905, 908 = wistra 2002 139, 142 zum Euroscheck unter Verwendung der ec-card).130 Dasselbe gilt, wenn der Ausgleich etwa wegen des „Verbrauchs“ von Guthaben bzw. Verfügungsrahmen durch andere Buchungs- oder Zahlungsvorgänge (z.B. durch Lastschriften) nicht möglich sein wird.131 Nach verschiedenen Kartenbedingungen darf der Karteninhaber Zahlungsvorgänge nur im Rahmen des Kontoguthabens oder eines für das Konto eingeräumten Kredits beauftragen bzw. seine Kreditkarte nur innerhalb des Verfügungsrahmens bzw. der finanziellen Nutzungsgrenze nutzen. Wegen des Auseinanderfallens des Zeitpunkt der Verwendung der Karte und der Abrechnung (oft mehrere Wochen später) kann nicht allein auf die Vermögenslage im ersteren Zeitpunkt abgestellt werden, sondern ist eine Prognose über die Entwicklung bis zum letzteren Zeitpunkt mit einzubeziehen. Deswegen schadet auch fehlende Deckung bei Verwendung der Karte nicht, wenn die Vermögensverhältnisse des Täters eine Erfüllung der Zahlungspflicht bei Fälligkeit als sicher erscheinen lassen132 bzw. der Täter in diesem Zeitpunkt in vorhersehbarer Weise

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Fischer Rdn. 17; G/J/W-Bär Rdn. 20; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 83; vgl. auch Kindhäuser NK Rdn. 13. Hellmann in Achenbach/Ransiek Rdn. 57; Deider S. 79 ff. (zum Scheckkarteneinsatz). Fischer Rdn. 17; SSW-Hilgendorf Rdn. 18; Hoyer SK Rdn. 21; G/J/W-Bär Rdn. 20. – In den Bedingungen der Commerzbank, 1.1.2010, und der Deutschen Bank, 2. Hj. 2009) wird auf die Einhaltung des Verfügungsrahmens und darauf abgestellt, „dass ein Ausgleich der Kartenumsätze bei Fälligkeit gewährleistet ist (finanzielle Nutzungsgrenze)“. Nach einer Bedingung von Genossenschaftsbanken darf der Karteninhaber seine Karte „nur im Rahmen seiner Einkom-

mens- und Vermögensverhältnisse sowie im Rahmen seines Verfügungsrahmens verwenden, sodass ein Ausgleich seiner Umsätze vollständig und fristgerecht gewährleistet ist“. S. auch Nr. 4 der (früheren) Kreditkarten-Kundenbedingungen für VISA und MasterCard („Der Karteninhaber darf seine Kreditkarte nur innerhalb des Verfügungsrahmens und nur in der Weise nutzen, dass ein Ausgleich … bei Fälligkeit zweifelsfrei (!) gewährleistet ist.“); Nr. 8 des ING-DiBa Kreditkartenvertrag stellt darauf ab, dass der Karteninhaber „sicher in der Lage ist, die Ansprüche … zu erfüllen.“; vgl. auch die früheren Beispiele bei Gogger S. 87, 118.

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dafür sorgt, dass ausreichende Mittel im Fälligkeitszeitpunkt zur Verfügung stehen.133 Hält sich der Täter im Rahmen des rechtlichen Könnens und Dürfens, ist er aber trotz Zahlungsfähigkeit zahlungsunwillig, so führt dies allein noch nicht zur Anwendung des § 266b.134 Kein Missbrauch i.S. des § 266b liegt vor, wenn bei einer Corporate Card oder bei einer an Beamte dienstlich erteilten Karte (vgl. LG Dresden NStZ 2006 681 f mit unrichtiger Qualifizierung als Kreditkarte) oder bei einer Zusatzkarte für einen Ehegatten oder sonstigen Bevollmächtigten gegen die Bedingungen über die Verwendung der Karte im internen Überlassungsverhältnis verstoßen wird (Sch/Schröder/Perron Rdn. 9 a.E.). Es kann dann ggf. eine Straftat nach § 266 (so LG Dresden aaO; vgl. auch OLG Hamm wistra 2003 356 bei abredewidriger Verwendung einer Scheckkarte eines Lebensgefährten; abl. mangels Vermögensbetreuungspflicht AG Eggenfelden NStZ-RR 2009 139 f) oder § 263 vorliegen (so OLG Celle NStZ 2011 218; abl. AG Eggenfelden mangels Täuschung; s. auch Rdn. 33). Nicht nur ein tatsächliches, auch ein mutmaßliches Einverständnis des Kreditinstituts 44 kann das Missbrauchsmerkmal entfallen lassen. Für die rechtliche Beurteilung können neben rechtlichen Regelungen über geduldete Überziehungen135 insoweit früher erteilte Genehmigungen bzw. Duldungen sowie auch Höhe und Dauer der Kontoüberziehung bedeutsam sein, sofern sie überhaupt die Annahme einer Vermögensschädigung rechtfertigen (Rdn. 49). Die unberechtigte Weitergabe der Kreditkarte an einen Dritten, damit dieser sie zu 45 eigenständigen Betrugshandlungen gegenüber dem Aussteller benutzen kann, erfüllt nicht das Missbrauchsmerkmal des § 266b (BGH NStZ 1992 278, 279 = wistra 1992 102, vgl. Rdn. 6). Die Vorschrift richtet sich gegen den berechtigten Karteninhaber nur, soweit er unter Verwendung der Karte Waren kauft oder Dienstleistungen in Anspruch nimmt, obwohl er weiß, dass er zum Ausgleich gegenüber dem Kreditunternehmen nicht in der Lage sein wird.

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b) Veranlassen zur Zahlung. Der Missbrauch muss sich auf die – durch Überlassung der Kreditkarte eingeräumte – Möglichkeit beziehen, den Aussteller „zu einer Zahlung zu veranlassen“. Dieses Tatbestandsmerkmal setzt anders als der Missbrauchstatbestand des § 266 keine zivilrechtlich wirksame Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis des Karteninhabers voraus (näher s. Rdn. 41 unter dem Gesichtspunkt des „rechtlichen Könnens“). Es genügt, dass letzterer die tatsächliche Rechtsmacht hat, die Haftung des Kartenausstellers auf Grund des durch die Überlassung der Kreditkarte hervorgerufenen Rechtsscheins zu begründen. Nach Gribbohm LK11 Rdn. 32 gehört dazu auch der Fall, dass der Inhaber eine 47 Kreditkarte nach Eintritt des Vermögensverfalls weiter benutzt, obwohl sie nach den Geschäftsbedingungen des Kartenausstellers ungültig wird und zurückzugeben ist, sobald nicht mehr die Gewähr besteht, dass sämtliche Belastungen sofort nach Erhalt der 133

Kindhäuser NK Rdn. 23; Hellmann in Achenbach/Ransiek Rdn. 57; Schlüchter S. 114 f (Täter muss ausreichende Besserung der Liquiditätslage für sicherer halten als eine ungünstige Entwicklung); Deider S. 74 ff und Gogger S. 117 ff. (beide allerdings zum Scheckkarteneinsatz; Gogger S. 125 stellt im letzteren Fall strenge An-

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forderungen an die Erwartung künftigen Vermögenszuwachses). Laue JuS 2002 359, 363 f. § 505 BGB; Beispiel: Bedingungen für geduldete Überziehungen bei der Deutschen Bank Privat- und Geschäftskunden AG/ Deutsche Bank AG, gültig seit 11.6.2010.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

Monatsabrechnung bezahlt werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die „Ungültigkeit“ der Kreditkarte nicht zur Folge hat, dass die mit ihr verbundene „Garantie“ (= abstraktes Schuldversprechen) gegenstandslos wird, ohne dass das Vertragsunternehmen dies erkennt oder erkennen kann. Der Karteninhaber kann dann auch in diesem Fall im Sinne des § 266b tatbestandsmäßig handeln, wenn er von der ihm überlassenen Kreditkarte Gebrauch macht, obwohl er zahlungsunfähig ist. Zahlung ist nicht nur im technischen Sinne als Hingabe von Bargeld zu verstehen, 48 sondern auch als Geldleistung im Verrechnungswege (BTDrucks. 10/5058 S. 32).136 c) Schädigung. Durch den dargestellten Missbrauch (Rdn. 39 ff) muss der Täter den 49 Aussteller der Debit- oder Kreditkarte schädigen. Der Tatbestand des § 266b ist also ein Erfolgsdelikt. Bei dem durch den Missbrauch verursachten Schaden muss es sich wie bei den §§ 263 und 266 um einen Vermögensschaden137 handeln. Damit soll die Parallele zum Betrug und zur Untreue gewahrt werden. Deswegen bleibt § 266b auch bei geringfügigen Schäden grundsätzlich anwendbar, sofern nicht ein stillschweigendes Einverständnis oder Dulden, etwa bei Kontoüberziehungen, vorliegt.138 Gegen die Ausklammerung solcher Fälle spricht schon § 266b Abs. 2 i.V.m. § 248a. Ist der Täter bereit und in der Lage, eine Kontoüberziehung sofort (oder jedenfalls unverzüglich) auszugleichen, so fehlt es am Eintritt eines Schadens (BTDrucks. 10/5058 S. 33), auch in Form einer Vermögensgefährdung. Das gleiche gilt, wenn problemlos zu realisierende Sicherheiten oder Ausgleichsmöglichkeiten (andere Guthaben, sichere Bürgschaften, vollwertige Grundund andere Pfandrechte; Zahlung durch einen Dritten [Behörde gegenüber Tankstellenverbund als Kartenaussteller], LG Dresden NStZ 2006 633 f, dazu s. Rdn. 33 mit Fn. 105) als den Schaden kompensierende Vorteile für die Bank zur Verfügung stehen.139 Ein Teil der Literatur140 will zur Annahme eines Vermögensschadens eine bloße Ver- 50 mögensgefährdung nicht ausreichen lassen. Dieser Auffassung ist zu widersprechen.141 § 266b hat keinen von den §§ 263, 266 abweichenden Schadensbegriff. Richtig ist allerdings, dass nicht jede Unterdeckung auf dem Konto des Karteninha- 51 bers zu einer Vermögensgefährdung und damit zu einem Vermögensschaden des Kreditinstituts führt. Maßgebend für die rechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt, in dem die Pflicht des Ausstellers zu zahlen entsteht, nicht der Zeitpunkt der Garantieerfüllung oder

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Radtke MK Rdn. 30 Sch/Schröder/Perron Rdn. 8; Fischer Rdn. 13; Wittig § 21 Rdn. 22; G/J/W-Bär Rdn. 15; M-G/B-Trück Rdn. 88; Weber JZ 1987 215, 217; Ranft JuS 1988 673, 677. Radtke MK Rdn. 41; Kindhäuser NK Rdn. 23; Gribbohm LK11 Rdn. 35; Hoyer SK Rdn. 23; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; SSW-Hilgendorf Rdn. 20; Fischer Rdn. 18; Lackner/Kühl Rdn. 6; Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 66; Wittig § 21 Rdn. 24. Radtke MK Rdn. 43; Hoyer SK Rdn. 23; SSW-Hilgendorf Rdn. 20; Fischer aaO; AnwK-Esser Rdn. 19; aA M-G/B-Nack § 49 Rdn. 43 und Samson/Günther SK (1996) Rdn. 60 ff. Radtke MK Rdn. 44; Kindhäuser NK

140

141

Rdn. 23; Lackner/Kühl Rdn. 6; Wittig § 21 Rdn. 25; G/J/W Rdn. 22; Hellmann in Achenbach/Ransiek Rdn. 62; aA Ranft JuS 1988 673, 678. Kindhäuser NK Rdn. 23; Samson/Günther SK (1996) Rdn. 6; M-G/B-Nack § 49 Rdn. 43; Rdn. 66; Meurer FS Kitagawa 982; Bernsau S. 115 f; Scheffler S. 391 f; Ranft Jus 1988 678 f; Otto wistra 1986 152. Ebenso Radtke MK Rdn. 42; Gribbohm LK11 Rdn. 35 f; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; SSW-Hilgendorf Rdn. 20; Fischer Rdn. 18; Lackner/Kühl Rdn. 6; G/J/W Rdn. 21; M-G/B-Trück Rdn. 89; Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 66; Meurer FS Kitagawa 982; Gogger S. 126 ff.

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§ 266b

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

der des Ausbleibens der Ausgleichszahlung des Karteninhabers nach der Abrechnung.142 Daher würde eine solche Vermögensgefährdung auch nicht entfallen,143 wenn der Karteninhaber im Belegverfahren nach der Unterzeichnung des Leistungsbelegs noch seine Anweisung widerrufen könnte, was aber zivilrechtlich nach § 675p Abs. 2 BGB (außer wenn nach § 675e Abs. 4 BGB abbedungen für Personen, die nicht Verbraucher sind) nicht gestattet ist und von der h.M. bisher auch abgelehnt wird.144 Die Beurteilung ist weitgehend Tatfrage. Ein nachträglicher Schadensausgleich, etwa 52 aufgrund unerwarteter Erbschaft oder eines Gewinns im Lotto, im Spielkasino oder durch Teilnahme an anderen Gewinnspielen, lässt die Strafbarkeit unberührt.

53

3. Ursachenzusammenhang. Der Tatbestand des § 266b ist nur erfüllt, wenn die einzelnen Tatbestandsmerkmale (Kartenmissbrauch, Zahlung des Ausstellers und dessen Schädigung) ursächlich miteinander zusammenhängen. Er entfällt, wenn der Ursachenzusammenhang auch nur an einer Stelle fehlt. In verschiedenen in der Voraufl. unter Rdn. 39–42 erörterten Fällen liegt bereits kein „Missbrauch“ vor (s. Rdn. 41). Beispiel: Der Aussteller der Kreditkarte zahlt bei Kartenmissbrauch an das Vertragsunternehmen, obwohl es die Einlösungsgarantie wegen ungenehmigter Überschreitung der Kreditobergrenze verloren hat. In einem solchen Fall kommt Betrug gegenüber dem Vertragsunternehmen in Be54 tracht; dies jedenfalls dann, wenn der Karteninhaber durch Täuschungshandlungen, die über die Vorlage allein der Kreditkarte hinausgehen (vgl. BGHSt. 33 244, 249 f), bewusst darauf hinwirkt, dass das Vertragsunternehmen ohne Kontrollanruf bei dem Kartenaussteller leistet. Entsprechendes gilt, wenn das Vertragsunternehmen es auf Grund einer Täuschung durch den Karteninhaber unterlässt, die Sperrvermerke in der Liste der gesperrten Kreditkarten zu überprüfen, und wenn die Karte des Täters dort eingetragen war.145 An dem von § 266b vorausgesetzten Ursachenzusammenhang fehlt es, wenn der Kre55 ditkarteninhaber und das Vertragsunternehmen den Aussteller einvernehmlich dadurch schädigen, dass sie sich Zahlungen von ihm erschleichen.146 In solchen Fällen handelt es sich allein um Betrug (Rdn. 41 f, 59).

IV. Rechtswidrigkeit 56

Bei Kartenmissbrauch handelt der Täter im Verhältnis zum Aussteller in der Regel rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit kann im Einzelfall durch einen anerkannten Rechtfertigungsgrund ausgeschlossen sein, etwa durch einen rechtfertigenden Notstand (§ 34),

142

143 144

Radtke MK Rdn. 42, 49; Gribbohm LK11 Rdn. 37; Sch/Schröder/Perron Rdn. 10; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 89; G/J/W Rdn. 21; Hellmann in Achenbach/Ransiek Rdn. 60; Fest/Simon JuS 2009 798, 801. Auf den Zeitpunkt der Verrechnung stellen Kindhäuser NK Rdn. 23 und Hoyer SK Rdn. 26 i.V.m. 24 ab. Vgl. Sch/Schröder/Perron Rdn. 10. BGHZ 152 75 = NJW 2002 3698 f; Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/Lwowski

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§ 67 Rdn. 33 ff; Baumbach/Hefermehl/ Casper, Kartenzahlungen Rdn. 96 ff; Einsele § 6 Rdn. 240 f; Kienholz S. 123 ff; Hammann S. 172 f; Meder NJW 1994 2597 f; jeweils m.w.N.; aA z.B. OLG Karlsruhe NJW-RR 1991 237; LG Tübingen NJW-RR 1995 746. – Zu § 675p BGB vgl. Palandt/ Sprau Rdn. 3. Vgl. Gogger S. 99, 131. Vgl. Gogger S. 115.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

so wenn der Täter Opfer einer schweren räuberischen Erpressung wird und er eine gegenwärtige lebensbedrohliche Situation nur dadurch abwenden kann, dass er dem Erpresser unter Benutzung der Karte das verlangte Geld verschafft.147 Das mutmaßliche Einverständnis des Kreditinstituts wirkt nicht als Rechtfertigungsgrund, sondern schließt schon den Tatbestand aus (Rdn. 44).

V. Innere Tatseite Für sie ist Vorsatz erforderlich (§ 15); bedingter genügt.148 Der Vorsatz muss sich auf 57 alle Tatbestandsmerkmale erstrecken, insbesondere auch auf die Umstände, die den Missbrauch begründen (z.B. die Kenntnis von der vertraglichen Beschränkung der Rechtsmacht im Innenverhältnis), und auf die durch den Missbrauch verursachte Schädigung des Ausstellers (z.B. hinsichtlich fehlenden Ausgleichs im Fälligkeitszeitpunkt). Wer bei der Verwendung der Kreditkarte nicht weiß und auch nicht damit rechnet, dass er seinen Verpflichtungen nicht wird nachkommen können (er geht z.B. irrtümlich von ausreichender Deckung149 aus oder er werde auf Grund seiner Vermögens- und Eigentumsverhältnisse jederzeit eine Kontoüberziehung bzw. ein Überschreiten seiner [Dispositions]Kreditgrenzen ausgleichen können), macht sich nicht nach § 266b strafbar. Nur vage Hoffnungen und Vermutungen, bald zum Ausgleich imstande zu sein, genügen allerdings nicht für den Vorsatzausschluss.150 Im Einzelfall bedarf die Vorsatzfrage näherer Prüfung, zum einen im Hinblick auf eventuelle in der Praxis geduldete Überziehungen, zum anderen hinsichtlich der Frage, welche Schlüsse aus der Einkommens- und Vermögenssituation für die subjektive Seite gezogen werden können.

VI. Täterschaft und Teilnahme Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten die allgemeinen Regeln mit 58 einer Einschränkung. § 266b ist ein Sonderdelikt insofern, als Täter, auch Mittäter, nur sein kann, wer als berechtigter Inhaber der Scheck- oder Kreditkarte zum Aussteller in dem im Tatbestand umschriebenen besonderen vertraglichen Verhältnis (Rdn. 5) steht.151 Für Anstifter und Gehilfen gilt § 28 Abs. 1 (Rdn. 4). Auch hierin zeigt sich eine Parallele zu § 266.152

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150

Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 61; G/J/W-Bär Rdn. 24. Radtke MK Rdn. 46; Kindhäuser NK Rdn. 25; Gribbohm LK11 Rdn. 44; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; Fischer Rdn. 19; Schlüchter S. 116; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 91 (ausreichend Vorstellung, Ausgleich des Schuldsaldos sei zumindest ernsthaft gefährdet). Wittig § 21 Rdn. 22; AnWK-Esser Rdn. 20; vgl. auch das Beispiel bei Mitsch BT 2/2 § 4 C Rdn. 61. Radtke MK Rdn. 46; Kindhäuser NK Rdn. 25; Gribbohm LK11 Rdn. 45; Sch/Schröder/Perron Rdn. 11; M-G/B-Trück § 49 Rdn. 91; Wittig und Esser aaO.

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Radtke MK Rdn. 47; Gribbohm LK11 Rdn. 46; Lackner/Kühl Rdn. 2; Schlüchter S. 109; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf BT § 23 Rdn. 51; Tiedemann BT Rdn. 407; Weber NStZ 1986 481, 484 und JZ 1987 215, 217; Gogger S. 90. – Keine Täterstrafbarkeit des Erpressers eines Karteninhabers möglich, Mitsch BT 2/2 § 4 Rdn. 61 (Fallschilderung mit Ausführungen zur eventuellen, aber zweifelhaften Strafbarkeit wegen Anstiftung). Vgl. BGH StV 1995 73; wistra 1988 305 f; 1997 100; Dierlamm MK § 266 Rdn. 243; Schünemann LK § 266 Rdn. 203; Gribbohm aaO.

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§ 266b 59

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

Handeln der berechtigte Karteninhaber und ein Dritter kollusiv in der Weise zusammen, dass der Dritte die Kreditkarte trotz Zahlungsunfähigkeit des Inhabers für ihn zur Erlangung von Leistungen des Vertragsunternehmens vorlegt, so kommt für den Inhaber Kreditkartenmissbrauch (§ 266b) in mittelbarer Täterschaft in Betracht, verübt durch den Dritten als doloses Werkzeug. Der Dritte macht sich in einem solchen Fall der Beihilfe zum Kreditkartenmissbrauch schuldig.153 Betrug wird – anders als bei eigenständigem Handeln des Dritten (Rdn. 6) – in der Regel schon tatbestandsmäßig nicht vorliegen. Anders ist die Sachlage bei kollusivem Zusammenwirken von Karteninhaber und Vertragsunternehmen zum Nachteil des Kartenausstellers; hier wird eine Zahlungspflicht des Kartenausstellers nicht begründet, sondern über deren Voraussetzungen getäuscht. Es kann dann Betrug vorliegen (Rdn. 55).154

VII. Versuch 60

Der Versuch, eine Scheck- oder Kreditkarte zu missbrauchen, ist nicht strafbar (§ 23 Abs. 1, § 266b). Im Hinblick darauf, dass § 266b gegenüber § 263 die speziellere Vorschrift ist (Rdn. 63), ist es unzulässig, den nicht mit Strafe bedrohten Versuch des Scheck- oder Kreditkartenmissbrauchs als Betrugsversuch (§ 263 Abs. 2) zu erfassen.155

VIII. Strafe 61

Die angedrohte Strafe ist milder als die des § 263, des § 263a und des § 266. Eine Strafschärfung für besonders schwere Fälle ist nicht vorgesehen. Damit hat der Gesetzgeber beim Strafrahmen ersichtlich Bedenken Rechnung getragen, die gegen die Einführung des § 266b erhoben worden sind (s. Entstehungsgeschichte ).

IX. Strafantragserfordernis 62

§ 266b gehört wie Betrug und Untreue zu den Vermögensdelikten. Folgerichtig sieht das Gesetz wie bei Betrug (§ 263 Abs. 4) und Untreue (§ 266 Abs. 3) auch beim Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten die entsprechende Anwendung des § 248a vor (§ 266b Abs. 2). Das heißt, es verlangt einen Strafantrag bei geringfügigem Vermögensschaden,156 es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Von einer Geringwertigkeit i.S. von § 248a sollte bis zu einem Betrag von 50 € ausgegangen werden.157

153

154

Radtke MK Rdn. 47; Gribbohm LK11 Rdn. 47; Fischer Rdn. 12; SSW-Hilgendorf Rdn. 23; Schlüchter S. 111; Gogger S. 150 ff. Radtke MK Rdn. 48; Sch/Schröder/Perron Rdn. 13; Hoyer SK Rdn. 19; Fischer Rdn. 21; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 67; Tiedemann BT Rdn. 407; Bernsau S. 228, 230 f. – Zu den Fällen von Bargeldbeschaffungen (BGHSt 33 244) und Limitüberschreitungen s. Rdn. 41.

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155

156 157

Radtke MK Rdn. 49 f; Kindhäuser NK Rdn. 29; Gribbohm LK11 Rdn. 48; Hoyer SK Rdn. 27; Fischer Rdn. 20; Lackner/Kühl Rdn. 9; Sch/Schröder/Perron Rdn. 12; G/J/W-Bär Rdn. 25. Sch/Schröder/Perron Rdn. 15; Gribbohm LK11 Rdn. 50. OLG Hamm wistra 2004 34 (zum Diebstahl); Hohmann MK § 248a Rdn. 6; Hefendehl MK § 263 Rdn. 788; Lackner/ Kühl § 248a Rdn. 3; Tiedemann LK § 263

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

X. Konkurrenzen § 266b ist im Verhältnis zu § 263 und § 266 im Allgemeinen die speziellere Norm, 63 welche die Anwendung jener Vorschriften ausschließt (BGHSt 47 160, 163 f; NStZ 1987 120 = wistra 1987 64; wistra 1987 136; KG JR 1987 257; OLG Hamm MDR 1987 514; StraFO 2001 281 f; OLG Stuttgart NJW 1988 981, 982).158 Dasselbe gilt für das Verhältnis des § 266b zu § 263a.159 Das führt dazu, dass der (nicht mit Strafe bedrohte) Versuch des Kartenmissbrauchs nicht durch § 263 Abs. 2 erfasst wird (Rdn. 60). Betrug kommt nach BGHSt 33 244, 246; 47 160, 167, 170; NStZ 1993 283 = wistra 64 1993 183 f (Kreditkarte; vgl. auch BGH NStZ 2009 329 = wistra 2009 107; OLG Hamm StraFo 2001 281, 282 f: Scheck und Kreditkarte) und einem Teil der Literatur 160 allerdings in Betracht, wenn sich der Täter die Kreditkarte durch Täuschung über seine Vermögensverhältnisse (oder seine Zahlungswilligkeit) verschafft. In diesem Fall soll bereits die Aushändigung der Karte eine Vermögensgefährdung für den Kartenaussteller zur Folge haben, die das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbeschädigung im Sinne des § 263 erfüllt. Das soll sich daraus ergeben, dass der berechtigte Karteninhaber durch die Aushändigung der Scheck- oder Kreditkarte vom Aussteller an ihn Rechtspositionen erwirbt, die nach der Verkehrsanschauung Vermögenswert haben und das Vermögen des Kartenausstellers schon vor dem Gebrauch der Karte unmittelbar belasten, so bei der Debitkarte die rechtliche Möglichkeit, den Kartenaussteller zur Erstattung der Garantiesumme zu verpflichten, und bei der Kreditkarte der Anspruch auf bargeldlose Bezahlung von Leistungen des Vertragsunternehmens mit der Folge eines diesem zustehenden Erstattungsanspruchs gegen den Kartenaussteller. An einer solchen unmittelbaren Belastung des Vermögens des Ausstellers bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Es kann kaum von einer schadensgleichen Vermögensgefährdung bereits mit der Erlangung der Karte ausgegangen werden; eine solche liegt frühestens bei der Verwendung der Karte mit dem Entstehen einer Zahlungspflicht vor (vgl. Rdn. 51). Trifft die BGH-Auffassung zu, so könnte der sich an die Aushändigung anschließende 65 Kartenmissbrauch unter Umständen als mitbestrafte Nachtat zu gelten haben.161 Dagegen spricht, dass erst durch den Missbrauch ein wirklicher Vermögensschaden eintritt.

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Rdn. 305; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 74 (40–50 €); aA G/J/WBär Rdn. 28; Fischer § 248a Rdn. 3 m.N. (bis zu 30 €); AnwK-Esser Rdn. 22 (bis zu 25 €). Kindhäuser NK Rdn. 29; Gribbohm LK11 Rdn. 51; Lackner/Kühl Rdn. 9; Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 53; Mitsch BT 2/2 § 4 Rdn. 55; Otto BT § 54 Rdn. 53; Eckert S. 199; Bernsau S. 130 ff. Für einen Teil der Literatur, die beim Scheck- und Kreditkartenmissbrauch die §§ 263 und 266 nicht für anwendbar hält, stellt sich die Konkurrenzfrage nicht, vgl. Sch/Schröder/ Perron Rdn. 14 und Fischer Rdn. 23; Schünemann LK § 266 Rdn. 209. Radtke MK Rdn. 29; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 53. Weiter NStZ-RR 2004 333 f; BGHR

161

§ 263 I VermSchad 40; § 266b Abs. 2 Konkurrenzen 2; NJW 2001 1508; Gribbohm LK11 Rdn. 52 f; Kindhäuser NK Rdn. 30; AnwK-Esser Rdn. 24; Tiedemann LK § 263 Rdn. 110; Mitsch BT 2/2 § 4 Rdn. 59; Otto BT § 54 Rdn. 54; Rengier BT I § 13 Rdn. 88; § 19 Rdn. 30; Knierim in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen § 21 Rdn. 138; Weber JZ 1987 215 f; aA OLG Hamm StraFo 2001 281 f; BGH wistra 1989 61 f (für das Erschleichen einer Kundenkarte im sogenannten Zwei-PartnerSystem); Hefendehl MK § 263 Rdn. 609; Sch/Schröder/Perron § 263 Rdn. 64; Hoyer SK Rdn. 28; Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 72; Ranft JuS 1988 673, 680 und Jura 1992 66, 69. So bei ursprünglich schon vorhandenem Missbrauchsvorsatz Radtke MK Rdn. 51;

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§ 266b

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

66

Die Folge der BGH-Auffassung, dass der Gebrauch der Kreditkarte den Schaden konkretisiert und vertieft, kann zur Annahme führen, dass der Tatbestand des § 266b – in Tateinheit (BGHSt 47 160, 167 f, 170)162 oder Tatmehrheit 163 – neben dem des Betrugs anzuwenden ist (letztlich offen BGH NStZ 1993 283 = wistra 1993 183 f). Teilweise wird in § 263 im Verhältnis zu § 266b eine mitbestrafte Vortat gesehen.164 Dagegen spricht, dass die Vortat zusätzliches Unrecht enthält.165 Vorzugswürdig ist die Annahme von Tateinheit, wenn Missbrauchsvorsatz schon bei Kartenerlangung vorliegt (so die Sachlage in BGHSt 47 160), Tatmehrheit jedoch, wenn dieser erst nachträglich vorliegt.166 Jedoch sollte die Strafmaßobergrenze des § 266b dann auch in der Anwendung von § 263 zum Tragen kommen. Für die hier vertretene Ablehnung eines Betruges bei der täuschenden Erlangung einer 67 Kreditkarte spielen dann auch die in der Literatur erörterten Fälle der Anwendung von § 263 bei einer bereits bei Erlangung der Karte oder erst nachträglich eingetretenen Verschlechterung der Einkommens- und Vermögenslage keine Rolle.167 Betrug durch Bargeldbeschaffung (Rdn. 42) kann mit Kreditkartenmissbrauch zusam68 mentreffen, wenn das Vertragsunternehmen außer der Zahlung zugleich Waren- oder Dienstleistungen erbringt. In der Regel wird Tateinheit 168 oder natürliche Handlungseinheit anzunehmen sein, weil der Gesamtschaden der Kreditkartenfirma, der teils durch Betrug und teils durch Kreditkartenmissbrauch bewirkt wird, sich in einer Zahlung an das Vertragsunternehmen manifestiert. – Erreicht ein zahlungsunwilliger Karteninhaber, der sich beim Karteneinsatz im Internet im Rahmen seines rechtlichen Könnens und Dürfens gehalten hat, durch die falsche Angabe, ein Dritter habe die Zahlungsdaten eingegeben, eine Rückerstattung vom Kartenaussteller, so kann er wegen Betrugs bestraft werden.169 – In einem Fall, in dem der Inhaber einer Kreditkarte diese an einen Dritten verkaufte, der sie dann unter Nutzung der ihm vom Karteninhaber zugänglich gemachten Unterschrift zu Einkäufen verwendete, wurde der Karteninhaber u.a. wegen Beihilfe zum Betrug und zur Urkundenfälschung verurteilt (BGH NStZ 1992 278 f = wistra 1992 102).

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Fischer Rdn. 24; generell, also auch bei nachträglichem Missbrauchsvorsatz Otto BT § 54 Rdn. 55; Schlüchter S. 117; Küpper NStZ 1988 60 f; Gogger S. 160; wohl auch Sch/Schröder/Perron Rdn. 14. Ebenso OLG Hamm StraFo 2001 281 f; Tiedemann LK § 263 Rdn. 110; M-G/B-Trück Rdn. 107; G/J/W-Bär Rdn. 27; D/D/R-Beukelmann Rdn. 22; Rengier BT I § 19 Rdn. 30; Wittig § 21 Rdn. 27. Kindhäuser NK Rdn. 30; Lackner/Kühl Rdn. 9; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf § 23 Rdn. 54; Hellmann in Achenbach/ Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 73; Scheffler S. 421 f. Gribbohm LK11 Rdn. 55; Mitsch JZ 1994 886.

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Hellmann in Achenbach/Ransiek Kap. IX 2 Rdn. 73; Fischer Rdn. 24; abl. auch Scheffler S. 422. Im letzteren Fall auch Radtke MK Rdn. 51. Tatmehrheit liegt auch für Gribbohm LK11 Rdn. 54 sachlich-rechtlich näher. Nach Gribbohm LK11 Rdn. 56 liegt im ersteren Fall kein weiterer Betrug vor, den er aber im letzteren Fall grundsätzlich als Betrug durch Unterlassen von Offenbarungspflichten, insbesondere wenn vertraglich gestützt, für gegeben, aber durch § 266b als mitbestrafte Begleittat abgegolten ansieht (für Tatmehrheit jedoch Bernsau S. 133). Radtke MK Rdn. 52. Laue JuS 2002 359, 363 f.

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Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

X. Hinweise auf ausländisches Recht Missbräuche von Scheck- und Kreditkarten haben auch im Ausland höhere Gerichte und die Wissenschaft beschäftigt und teilweise ebenfalls zu gesetzgeberischen Reaktionen geführt. Dazu einige Beispiele: England: Ähnlich wie früher BGH (St 24 386) sahen Rechtsprechung und neuerdings auch der Gesetzgeber eine Lösung in der Anwendung von Betrugsvorschriften. Das House of Lords hatte in einem Scheckkartenfall und weitergehend sogar in einem Kreditkartenfall (Konto bzw. Kreditlimit unberechtigt überzogen) eine „deception“ i.S. von s. 15 (4) des Theft Act von 1968 zur Anwendung von dessen s. 16 (1) (Obtaining pecuniary advantage by deception) in einer stillschweigenden Behauptung der Nutzungsberechtigung gesehen, da der Vertragspartner bei Kenntnis der Nichtberechtigung die Transaktion nicht vorgenommen hätte.170 Diese Entscheidungen sind jedoch im Hinblick darauf, dass aufgrund der Zahlungsgarantien die Vertragspartner sich tatsächlich keine Gedanken über die Berechtigung gemacht hatten, ähnlich wie im deutschen Recht z.T. heftig kritisiert bzw. angezweifelt worden, weil dann u.U. keine Täuschung vorgelegen hätte.171 Wegen der aufgetretenen Zweifel hat die Law Commission im Report N° 276 zwar nicht einen total neuen selbständigen Tatbestand auf der Linie von § 266b, jedoch eine Änderung der „deception“-Definition mittels Ersetzung von „deception“ durch „misrepresentation“ vorgeschlagen. Der Gesetzgeber hat dann im Fraud Act von 2006 die Betrugstatbestände neu formuliert, die auch den Fall von „Fraud by false representation“ (s. 2, mit Definition von „representation“) enthalten.172 Durch diese Änderung sollte gerade die Problematik von „payment cards“ in England gelöst werden (Tiedemann LK Rdn. 88 Vor § 263 m.N.). Österreich/Schweiz: Anders als BGHSt 24 386 haben die obersten Gerichte eine Anwendung des Betrugstatbestandes abgelehnt.173 Auch in der Schweiz war bald eine Reformbedürftigkeit erkannt. Nach einem Auftrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements befasste sich eine Expertenkommission mit einer Revision des Vermögens- und Urkundenstrafrechts. Der Vorschlag eines neuen Art. 148 (Check- und Kreditkartenmissbrauchs) in einem Vorentwurf der Kommission von 1985 wurde in veränderter Form in den RegE („Botschaft“) von 1991 übernommen, der in etwas eingeschränkter Gestalt auf Grund des Gesetzes v. 17.6.1994 mit Wirkung vom 1.1.1995 in Kraft trat.174 Der Tatbestand ähnelt § 266b, ist aber teilweise 170

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Metropolitan Police Commissioner v. Charles (1977), AC 177, (1976) 3 All ER 112 (betr. Scheckkarte); Regina v. Lambie (1982) AC 449, (1981) 2 All ER 776, (1981) Crim LR 712 (betr. Kreditkarte). Vgl. Ashworth, Principles of Criminal Liability, 5. Aufl. (2006) S. 398, 400 f; Clarkson/Keeting, Criminal Law, 6. Aufl. (2007) S. 481; Smith & Hogan, Criminal Law, Chapter 19 (2)(c)(i) – obtaining by using a cheque card or credit card – 12. Aufl. (2008) m.w.N. Text in Glazebrook (Hrsg.) Blackstone’s Statutes on Criminal Law 2010–2011, arranged chronologically (2010) S. 341; vgl. dazu den Blackstone’s Guide to the Fraud Act 2006 (2007) S. 22 f.

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öst. OGH SSt 45/28, EvBl 1975/155; 1977/120 (Schecks mit Scheckkarte); 1981/138; schweiz. BGE 111 IV 134, 137 (Euroscheck); 112 IV 79 ff (Eurocard). Ebenso die französische Cour de cassation (T. Walter Betrugsstrafrecht S. 437 f m.N.). Vgl. Tiedemann LK Rdn. 54 Vor § 263. – Abdruck des Vorentwurfs in wistra 1985 H. 6 S. VIII (zum VorE krit. – unter Einbeziehung des in den RefE 1978–1981 vorgeschlagenen § 266b – N. Schmid SchwZStrR 1985 II 135, 249 ff); des RegE in wistra 1992 H. 1 S. V und der Gesetzesfassung in Amtl. Slg. Nr. 44 v. 8.11.1994, S. 2290, in wistra 1995 H. 2 S. VI: „(1) Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene

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§ 266b

22. Abschnitt. Betrug und Untreue

weiter, teilweise enger. Weitergehend als in § 266b werden nach der Begründung nicht nur Scheck- und Kreditkarten, sondern auch andere Karten erfasst, die wirtschaftlich und rechtlich die gleiche Funktion besitzen, z.B. beim Missbrauch von Zahlungssystemen, bei denen die Identifikation nicht oder nicht allein mittels solcher Karten, sondern auf andere Weise wie mittels eines Passworts oder Codes erfolgt. Damit können auch Fälle erfasst werden, in denen der Kartenberechtigte die Karte im automatisierten Geldbezugssystemen (Bancomat, Postomat) einsetzt. Der Tatbestand soll – anders als im VorE – auch im Zweiparteiensystem (Kundenkarten zur Verwendung bei Filialen) Anwendung finden. Eingeschränkt wird die Vorschrift durch das Erfordernis zumutbarer Präventivmaßnahmen (z.B. Vergleich von Unterschriften auf Karte und Beleg; Rückfrage beim Aussteller zum Einholen einer Autorisation; Sperrvermerkabfrage; zumutbare Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, technische Maßnahmen). Art. 148 soll z.B. nicht anwendbar sein, wenn die Kreditkartengesellschaft die Karte überließ oder das Vertragsunternehmen die Benutzung der Karte gestattete, obwohl diese die prekäre Situation des Kunden kannten. – Trotz dieser Hinweise in den Begründungen ist in der Literatur weiterhin umstritten, ob – auch nach Abschaffung des eurocheque-Systems und des garantierten Postcheques der schweizerischen Post – der Begriff „Checkkarten“ auch auf Codekarten angewandt werden kann, mittels deren an Geldautomaten Banknoten bezogen oder auch Zahlungen bargeldlos vorgenommen werden können.175 Klar ist, dass Missbräuche durch solche Codekarten, insbesondere im ec-direkt-Verfahren (wie mittels sog. Debitkarten) über die etwas vage Alternative „gleichartige Zahlungsinstrumente“ erfasst werden.176 Auch ist nach h.M. diese Alternative (dem Regierungsvorschlag in BBl. 1991 II 1025 folgend) sogar auf Fälle anwendbar, in denen die Identifikation nicht mittels einer Karte, sondern sonst durch Codes bzw. Passwörter erfolgt.177 Anders als in Deutschland, England und in der Schweiz hält die österreichische 73 Rechtsprechung eine Lösung der Problematik über die Anwendung des Tatbestandes der Untreue in § 153 öStGB, der im Wesentlichen der Missbrauchsalternative in § 266 entspricht, für möglich.178

175

176

Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument [frz.: tout moyen de paiement analogue] verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Maßnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Gefängnis [jetzt: Freiheitsstrafe] bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. (2) Handelt der Täter gewerbsmäßig, so wird er mit Zuchthaus [jetzt: Freiheitsstrafe] bis zu zehn Jahren oder mit Gefängnis nicht unter drei Jahren [jetzt: oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen] bestraft.“ Dafür Stratenwerth/Jenny, Schw StrafR BT I, 6. Aufl. (2003) § 16 Rdn. 25; aA Niggli/Wiprächtiger, StGB II (2003) Art. 148 Rdn. 14. Hurtado Pozo Droit pénal Partie générale

1002

177

178

(2009) Rdn. 1268; Stratenwerth/Jenny aaO; Niggli/Wiprächtiger Rdn. 14, 17; Rehberg/ Schmid, SchweizStGB, Erl. 148, S. 193; i. Erg. wohl auch Heine E-Banking und Strafrecht, in Wiegand (Hrsg) Berner Bankrechtstag Bd. 9, E-Banking S. 109, 116. Niggli/Wiprächtiger Rdn. 16; Bernard, Les infractions en droit suisse, Bd. I (2001) S. 323 Rdn. 9; Stoll Les cartes et les moyens de paiements analogues: la répression des abus et des fraudes en droit pénal suisse, Thèse droit Lausanne (2001) S. 74 f. m.w.N.; wohl auch Heine aaO S. 121 f; abl. Hurtado Pozo Rdn. 1270; Stratenwerth/Jenny aaO. Vgl. z.B. OGH EvBl. 1978/73 – Zahlung mit Diners Club-Karte); Reindl S. 50, 65 m.w.N. zur Rechtsprechung; Fabrizy StGB und ausgewählte Nebengesetze, 8. Aufl. (2002) § 146 Rdn. 20; § 153 Rdn. 9.

Manfred Möhrenschlager

Mißbrauch von Scheck- und Kreditkarten

§ 266b

Ein Sondertatbestand wurde in Portugal in Art. 225 Código Penal (Abuso de cartao 74 de garantia ou de crédito) verankert: „(1) Wer unter Missbrauch der Möglichkeit, die ihm der Besitz einer Garantie- oder Kreditkarte gewährt, den Aussteller zu einer Zahlung veranlasst, die ihm oder einem Dritten Schaden zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.“

Höhere Strafdrohungen gelten in schwereren Fällen. Der Tatbestand ist sogar auf nichtberechtigte Karteninhaber anwendbar.179 75 Zur Rechtslage in der früheren DDR s. Gribbohm LK11 Rdn. 62 f.

179

Fernandes, Zur Reform des portugiesischen Strafrechts, ZStW 121 (2009) 135, 153. – Zur Reform des spanischen Código penal von 2010 Tiedemann LK Vor § 263 Rdn. 74

(mit Hinweis in Rdn. 75 auf den ebenfalls betrugsähnlichen Sondertatbestand im argentinischen Código penal).

Manfred Möhrenschlager

1003

Sachregister Die fetten Zahlen verweisen auf die Paragraphen, die mageren auf die Randnummern.

Abgabenstrafrecht Vor 263 42, 47; 263 314, 319–322, 331 Abgeordneter 266 127 Abrechnungsbetrug des Arztes 263 36, 39, 135, 188, 267, 269, 293, 311 Abschreibungsgesellschaft 264a 46, 54, 71, 80; 266 127 Abteilungsleiter 266 102 Abzahlungsbetrug Aufklärungspflicht des Käufers 263 65 Gelegenheitstäter Vor 263 4 RiStBV 263 340 Schaden 263 190 Verhältnis §§ 246/263 263 108 Abzahlungsverkäufer 266 161 Aktiengesellschaft 266 62 ff, 97, 111 ff, 127, 256 ff Aktienstrafrecht Vor 263 ff 2; Vor 263 7, 33, 47; 263 323; 266 256 ff Aktienuntreue 266 256 ff Aktionär 266 111, 227, 261 aktiver Mehrheitsgesellschafter 266 247 Alternativ-Entwurf (AE) Vor 263 106, 107; 266 268 Amtserschleichung 263 63, 170 Amtsträger 263 301; 266a 90 Amtsuntreue 266 179 f, 230 ff Amtsverhältnis 266 128 Amtsvormundschaft 266 33 Anderkonto 266 148, 183 Anerkennungsprämie 266 114 Angehörigen- und Familienbetrug s. Haus- und Familienbetrug angekoppelte Verwaltungstreuhand 266 17, 78 f, 90, 155 Anlageberater 266 88, 130 Anlagebetrug s. Kapitalanlagebetrug Anlageschwindel s. Kapitalanlagebetrug Anscheinsvollmacht 266 40 ff, 43 f, 47, 62 Anstellungsbetrug Beendigung 263 274, 275 Schaden 263 170, 223–227 Tatmehrheit 263 327

Täuschung 263 10, 11, 63, 291 Vorsatz 263 242 Arbeitgeber 266 112, 131 Arbeitgeberbegriff 266a 14 ff, 30 Arbeitnehmer 266 22, 102, 131 Arbeitnehmerbegriff 266a 14 ff Arbeitsbetrug 263 128, 138, 139a, 189 Arbeitsentgelt 266a 7, 35 Abtretung 266a 73 Bruttoarbeitsentgelt 266a 37, 42 einbehaltene Teile 266a 73 Nettoentgeltvereinbarung 266a 42 Pfändung 266a 73 Rechtsanwaltsversorgung 266a 73 Schwarzlohnabrede 266a 42 Arbeitslosenversicherung Arbeitnehmeranteile 266a 10, 41 Asset Backed Securities 263 15, 33, 62, 183a Asylantenbetrug Schaden 263 185 Täuschung 263 27, 39 Verfügung/Zivil- und Verwaltungsrecht 263 148 Aussagedelikte Institutionenschutz Vor 263 47, 49 Verhältnis zu § 263 263 58, 312 geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 12, 14 Ausschreibungsbetrug s. Submissionsbetrug Aussteuer-Kaufvertrag 266 143 Automatenbetrug Vor 263 43 s. auch Computerbetrug ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 65 Automatenmissbrauch 265a 4, 20 ff, 37, 56 BAföG-Betrug 263 57, 185, 275, 279 Fn 365, 337 Bandenbetrug § 263 Abs. 3 Nr. 1 263 297, 307 § 263 Abs. 5 263 307 ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 67 Kriminologie Vor 263 4 Vermögensstrafe 263 330 Bankomat 265a 17, 22, 40

1005

Bau

Sachregister

Baubetrug 263 49, 66, 179, 323, 339 Bauherrenmodelle 264a 49 Beförderungsbetrug s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) Beförderungserschleichung s. Leistungserschleichung s. Personenbeförderung Beihilfebetrug 263 29, 57 Beitragsbetrug 266a 66, 70 s. auch Sozialversicherungsbetrug Besitzbetrug 263 108, 140, 141, 151, 152, 155, 190–193, 255, 306, 328 Bestechung 266 185, 208 Betreuungspflicht 266 58, 63 f, 70 ff, 75 ff, 82, 102 erweiterte Betreuungsstellung 266 66 Betriebsbegriff 264 55 f; 265b 28 in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb 265b 29 f öffentliche Betriebe 264 56; 265b 28 vorgetäuschter Betrieb 264 60 Betriebsinhaber 264 15 Betriebskredit Begriff 265b 19 Kleinbetriebe 265b 20 Betriebsprämie (Landwirtschaft) 264 70a Betrug „alles in Ordnung“ als Irrtumsvorstellung 263 79, 82, 91, 124 Abdeckereifett 263 199 Aberglaube des Opfers 263 10, 12, 20 Abgabenstrafrecht Vor 263 42, 47; 263 314, 319–322, 331 Abnutzungszustand 263 11 Abrechnungsbetrug des Arztes 263 36, 39, 135, 188, 267, 269, 293, 311 Absetzbarkeit eines Produkts 263 11 Absicht als innere Tatsache 263 12, 20, 26, 39, 50, 244 s. auch subjektiver Tatbestand Absprachen im Vergabeverfahren s. Submissionsbetrug abstrakte Gefährdungsdelikte Vor 263 ff 9 ff; Vor 263 49, 50; 263 3, 139, 323 Abtretung 263 99, 117, 151, 177, 188 Abwesenheit von der Truppe 263 57, 75, 253 Abzahlungsbetrug Aufklärungspflicht des Käufers 263 65 Gelegenheitstäter Vor 263 4 RiStBV 263 340 Schaden 263 190 Verhältnis §§ 246/263 263 108 Adressbuchschwindel 263 25, 70

1006

AEUV Vor 263 2, 40, 97, 100, 104 Affektionsinteresse 263 128, 155, 177, 178, 183, 200, 201, 204 Akkreditiv 263 110, 269 Aktienstrafrecht Vor 263 ff 2; Vor 263 7, 33, 47; 263 323 Allgemeines Gesetz über Verbrechen (österreich.) Vor 263 12 Allgemeines Landrecht, preußisches Vor 263 12, 14 allgemeines Persönlichkeitsrecht 263 156 Alter 263 11 Alternativ-Entwurf (AE) Vor 263 106, 107 amerikanisches Recht Vor 263 87 Amexco-Fall 263 27, 276, 278 Amtserschleichung 263 63, 170 Amtsträger 263 301 Anfechtungsrecht 263 166, 265, 275 Angebotsschreiben (rechnungsähnliche) 263 25 Angehörigen- und Familienbetrug s. Haus- und Familienbetrug Anlagebetrug s. Kapitalanlagebetrug Anlageschwindel s. Kapitalanlagebetrug Anstellungsbetrug Beendigung 263 274, 275 Schaden 263 170, 223–227 Tatmehrheit 263 327 Täuschung 263 10, 11, 63, 291 Vorsatz 263 242 Anstiftung s. Täterschaft und Teilnahme Antiquitäten s. auch Kunstbetrug Schaden 263 200 Täuschung 263 36 Antragsdelikt 263 1, 6, 295, 303–305, 336 Anwartschaften 263 6, 117, 134, 188 s. auch Exspektanzen Anweisung 263 111 Arbeitsbetrug 263 128, 138, 139a, 189 Arbeitskraft/leistung s. Arbeitsbetrug Arbeitslosenhilfe s. Sozialleistungsbetrug Arbeitsunfähigkeit 263 11 Arzneimittel 263 12, 208 s. auch Höchstpreise Asset Backed Securities 263 15, 33, 62, 183a Asylantenbetrug Schaden 263 185 Täuschung 263 27, 39

Sachregister Verfügung/Zivil- und Verwaltungsrecht 263 148 Aufklärungspflicht 263 8, 23, 29, 30 s. auch Unterlassen (Garantenstellung) Aufklärungsquote s. Betrugskriminalität Aufrechnung 263 265, 270 Auktionsbetrug 263 165 Auskunftspflichten 263 34, 59 Ausländer Vor 263 8; 263 323 s. auch Asylantenbetrug ausländisches Strafrecht Vor 263 12, 51–93 s. auch internationales Strafrecht Auslandsbutter 263 11, 198, 200 Auslandsrabatte 263 135 Auslandstat 263 335 Aussagedelikte geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 12, 14 Institutionenschutz Vor 263 47, 49 Verhältnis zu § 263 263 58, 312 Ausschreibung(sbetrug) s. Submissionsbetrug Ausweispapiere 263 155 Automatenbetrug Vor 263 43 s. auch Computerbetrug ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 65 BAföG-Betrug 263 57, 185, 275, 279 Fn 365, 337 Bagatellbetrug 263 295, 305, 306, 336 Bandenbetrug § 263 Abs. 3 Nr. 1 263 297, 307 § 263 Abs. 5 263 307 ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 67 Kriminologie Vor 263 4 Vermögensstrafe 263 330 Bankomat s. Geldausgabeautomat Baubetrug 263 49, 66, 179, 323, 339 Bauerwartungsland 263 11, 204 Bauforderungssicherungsgesetz als Exspektanzbegründung 263 136 Baupreisverordnung 263 164, 165, 242 bayerisches StGB 1813 Vor 263 14 Beamtenstellung (Erschleichen einer ~) s. Anstellungsbetrug Beendigung 263 273, 286, 337 Beförderungsbetrug s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) Beförderungserschleichung s. Leistungserschleichung Befugnistheorie 263 116

Bet

Behinderten-Werkstätten 263 25, 181 Beihilfe s. Täterschaft und Teilnahme Beihilfebetrug 263 29, 57 Beitragsbetrug s. Sozialversicherungsbetrug belgisches Recht Vor 263 62 Belohnungen 263 258, 330 Berechtigungsschein (Entwertung) 263 11 Bereicherungsdelikt 263 248, 253 Beruf (Tatsache) 263 11 Berufsbetrüger Vor 263 4 Berufsgeheimnis 263 144, 254 Beschäftigungsverhältnis 263 11 Beschlagnahme drohende ~ als Schaden 263 198 vorgetäuschte ~ als Wegnahme 263 102, 120 Besitzbetrug 263 108, 140, 141, 151, 152, 155, 190–193, 255, 306, 328 besonders schwere Fälle 263 1, 294–303, 305 Abs. 3 Nr. 1 263 296, 307 s. auch Bandenbetrug Abs. 3 Nr. 2 263 298, 299 Abs. 3 Nr. 3 263 300 Abs. 3 Nr. 4 263 301 Abs. 3 Nr. 5 263 302 ausländisches Recht Vor 263 51, 56, 67, 69, 75, 78 Gesetzesgeschichte § 263 Vor 263 17 Bestechungshandlung 263 11, 138 Bestellschein s. Provisionsvertreterbetrug, Unterschriftserschleichung, Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Betäubungsmittel (Handel) 263 151 s. auch Konkurrenzen Betriebsgeheimnis s. Geschäftsgeheimnis Betrügerei(en) Vor 263 1, 2, 4, 5, 11, 71, 81, 104 Betrugskriminalität Vor 263 1–11 s. auch Kriminalistik Aufklärungsquote Vor 263 8 Dunkelfeld Vor 263 8 Erscheinungsformen Vor 263 1–3 Kriminalstatistik Vor 263 8, 9 Bettelbetrug (Spendenbetrug) s. auch Subventionsbetrug, Zweckverfehlungslehre Irrtum 263 85 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 122, 123 Schaden 263 160, 181–185, 188

1007

Bet

Sachregister

Betrug (Forts.) Tätertypen Vor 263 4 Täuschung 263 12, 50 Beweismittelbetrug 263 99, 100, 109, 230, 231, 255, 265 Beziehungsdelikt Vor 263 10 Bezugsberechtigung als Vermögensbestandteil 263 134, 137 Bieterlisten 263 142 Bildveröffentlichung (unerlaubte) 263 156 Bio(qualität) 263 11 Blankett s. Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Blankoakzept 263 230 s. auch Vermögensverfügung (Blankounterschrift) Blankounterschrift s. Vermögensverfügung blinder Passagier 263 23, 78 Bonität s. Eingehungsbetrug (Schaden) Börsennotierung/-kurs (Tatsache) 263 11, 15 Branchenverzeichnis 263 205 s. auch Adressbuchschwindel brasilianisches Recht Vor 263 77, 78 bucket-orders 263 33 Bundesligaskandal 263 136 Bürgschaft 263 110, 167, 174, 176, 212 Bußgeldanspruch als Vermögensbestandteil 263 145, 158, 254 Carolina Vor 263 14 Cidre als „Schaumwein“ 263 25 Code pénal 1810 Vor 263 12, 15, 62, 66, 72 s. auch französisches Recht Codex Juris Bavarici Criminalis 1751 Vor 263 14 Computerbetrug Vor 263 ff 6 s. auch Zeitdiebstahl § 263a Vor 263 23, 43, 46; 263 3, 92, 297, 307, 328, 330 ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 61, 65, 71, 72, 78 Constitutio Criminalis Theresiana 1768 Vor 263 14 Corpus Juris zum Schutz der finanziellen Interessen der EG (EU) Vor 263 2, 107 crimen falsi Vor 263 13 dänisches Recht Vor 263 81, 82, 86 Deckung (Scheck) 263 11 Defraudation Vor 263 42 Deputatkohle-Fall 263 50, 79, 83, 91, 125, 181 Diebstahl Vor 263 23; 263 5, 155, 248, 265, 283 s. auch Selbstbedienungsladen

1008

geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 14 Verhältnis zu § 263 263 5, 98, 102, 105–107, 112, 115, 116, 118, 120, 313, 325–327 Wahlfeststellung 263 310 Dienstreise s. Reisekosten Dirnenlohn s. Prostituierte Dispositionsfreiheit Vor 263 19; 263 157, 178–180 ausländisches Recht Vor 263 66, 95 personale Vermögensauffassung Vor 263 30, 32 Rechtsgut des Betruges Vor 263 19–21, 24, 28–30, 32 unvollkommene Verbindlichkeiten 263 150 dolus eventualis s. subjektiver Tatbestand dolus subsequens s. subjektiver Tatbestand Doping s. Sportbetrug Doppelverpflichtung (Doppelverkauf) 263 214 Drehbank-Fall 263 130, 151 Dreiecksbetrug Person des Verfügenden 263 2, 112–117 Rechtsschein-Fälle s. dort Scheckkartenbetrug s. dort Vorsatz 263 242 Wissenszurechnung 263 82 Dunkelfeld s. Betrugskriminalität E 62 Vor 263 105; 263 7 ec-(electronic cash-) Karte Vor 263ff 19; 263 43, 89 Echtheit (von Kunstwerken) 263 11 EG-Recht (Einflüsse auf deutsches Recht) Vor 263 96–104; 263 6, 50, 165, 331 EG-Richtlinie 2005/49 über unlautere Geschäftspraktiken Vor 263 40 EG-Werberichtlinie 84/450 EWG Vor 263 40 Ehebetrug s. Heiratsschwindel Ehemaklerlohn 263 19, 150, 265 Ehevertrag s. Heiratsschwindel Ehre (Recht auf ~) 263 156 Eigenbedarf (Wegfall) s. auch Vermieterbetrug Schaden 263 192

Sachregister Täuschung 263 11, 20, 58, 63, 68 Verfügung 263 100 Eigentum (als Tatsache) 263 11, 18 Eigentumsvorbehalt 263 65, 108, 134 Eingehungsbetrug s. auch Anstellungsbetrug ausländisches Recht Vor 263 60, 71, 93 Schaden 263 160, 161, 165, 166, 171–176, 194, 209–215 Täuschung 263 38, 202 Verfügung 263 99 Verhältnis zum Erfüllungsbetrug 263 202, 274, 275, 286 Vermögensvorteil 263 264 Einkünfte (Tatsache) 263 11 Einwilligung (Tatbestandsstruktur) 263 5 Einzeltäter Vor 263 4 Einziehung 263 145 eLV (elektronischer Lastschriftverkehr) 263 43, 89 englisches und walisisches Recht Vor 263 41, 87–90, 93, 95; 263 335 Enteignung (ehem. DDR) 263 15, 137, 154 Erbschaft (Erschleichen) 263 34, 137 Erfindung (Tatsache) 263 11 Erfolgsdelikt 263 3, 248 Erfolgshonorar 263 39 Erfüllungs(un)fähigkeit s. Leistungs(un)fähigkeit Erfüllungs(un)willigkeit s. Leistungs(un)willigkeit Erfüllungsbetrug Vor 263 39 echter/unechter ~ 263 202 Schaden 263 165, 201, 202 Täuschung 263 37 Verhältnis zum Eingehungsbetrug 263 202, 274, 275 Vermögensvorteil 263 264 Erheblichkeit der Täuschung s. dort Erklärungswert (eines Verhaltens) 263 22 ff Erklärungswille s. Täuschung (konkludent) Ernstlichkeit von Erklärungen (Tatsache) 263 11 Erpressung Vor 263 23, 28; 263 3, 5, 98, 195, 248, 313, 328 Erscheinungsformen von Betrugskriminalität s. dort Ertragswert Vor 263 104 escroquerie (franz.) Vor 263 2, 63 europäisches Recht s. EG-Recht, EU

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Euroscheck s. Scheckkartenbetrug Exspektanzen 263 6, 128, 129, 135, 137, 180, 188, 201, 256, 263 Fahrkarte s. Berechtigungsschein Fahrlässigkeit des Opfers s. Opfermitverantwortung Falsch (hist.) Vor 263 12 Fälschungsdelikte geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 12–14, 41 Institutionenschutz Vor 263 47, 49 Verhältnis zu § 263 263 4, 58, 242 Falsifikat s. Kunstbetrug falsum Vor 263 12, 14, 22, 63, 93 Familienbetrug s. Haus- und Familienbetrug Familienstand (Tatsache) 263 11 Fangprämie 263 12, 264, 269 Fassadenbau-Fall 263 202 faux (franz.) Vor 263 63, 68 Fehlbuchung Irrtum 263 87 Schaden 263 171, 232 Täuschung 263 41, 42, 69 Versuch 263 281 Fehlüberweisung 263 41, 64, 281 Fehlvorstellung (positive) s. Irrtum Festpreise 263 35, 36 FinanzschutzG 1998 Vor 263 2, 102 Finanzwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei finnisches Recht Vor 263 81, 85, 86 Forderungsbetrug s. auch Eingehungsbetrug, nichtige Forderungen, schadensgleiche Vermögensgefährdung, Vermögensverfügung (durch Unterlassen) Forderungsbetrug 263 96, 103, 105, 109, 110, 117–120, 157 Formvorschriften 263 151 fortgesetzte Tat s. Fortsetzungszusammenhang Fortsetzungszusammenhang 263 311, 330 französisches Recht Vor 263 2, 40, 41, 53, 62–68, 93–95, 103; 263 2, 5, 77, 335 fraude (franz.) Vor 263 2 fraus patroni Vor 263 13 Freiburger-Mensa-Fall 263 165 Freiheitsdelikt Vor 263 28

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Sachregister

Betrug (Forts.) Freiheitsentziehung (behördliche) als Vermögensvorteil 263 255 Vermögensverfügung durch ~ 263 100, 104, 146, 258 Freiheitsstrafe s. Freiheitsentziehung fremdnütziger Betrug 263 2, 271 Fremdrechtsanwendung 263 332 Führerschein (Vermögen) 263 155 Führungsaufsicht 263 1, 329 funktionaler Zusammenhang der objektiven Tatbestandsmerkmale 263 2, 27, 182, 184 furtum Vor 263 13 GAA s. Geldausgabeautomat Gänsebucht-Fall 263 313 Garantenstellung s. Unterlassen Gas-/Strom-/Wasserzähler s. Täuschung (Manipulationen) Gebrauchswert s. Nutzwert Gebrauchtwagen s. auch Kilometerstand Schaden 263 163, 201, 206 Täuschung 263 36, 64, 67 Vorsatz 263 242 Gebührenanspruch als Vermögensbestandteil 263 146 s. auch Polizeigebühren, Schreibgebühren Gefälligkeitsdarlehen (Garantenstellung) 263 63 Gefälligkeitswechsel s. Wechselbetrug Gefühle (Tatsache) 263 12, 20 Geldausgabeautomat 263 328 Geldbuße s. Bußgeldanspruch Geldkreditbetrug s. Kreditbetrug Geldstrafe s. Strafanspruch Geldwert(lehre) Vor 263 20, 32; 263 132, 133, 158, 159 Geld-zurück-Garantie 263 11, 166 Gelegenheitstäter Vor 263 4 Geltungsanspruch bei Meinungsäußerungen/ Werturteilen 263 13, 14 Gemeinschaftsfreundliche Auslegung Vor 263 40, 101 Gemeinschaftsrecht s. EG-Recht gemischte Verträge 263 181, 182

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Geringwertiges s. Bagatellbetrug germanische Volksrechte Vor 263 14 Geschädigter s. Verletzter Geschäftsgeheimnis 263 128, 142, 144, 188 Geschäftsgrundlage (Täuschung) 263 31 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 12–17 18. Jahrhundert Vor 263 14 19. Jahrhundert Vor 263 14 bayerisches StGB 1813 Vor 263 14 Carolina Vor 263 14 Codex Juris Bavarici Criminalis 1751 Vor 263 14 Constitutio Criminalis Theresiana 1768 Vor 263 14 germanische Volksrechte Vor 263 14 Mittelalter Vor 263 14 Partikularstrafgesetzgebungen Vor 263 15 preußisches StGB 1851 Vor 263 15, 16, 19, 36 Reichsstrafgesetzbuch 1871 Vor 263 16 römisches Recht Vor 263 13 gesetzliche Ausgleichsansprüche 263 166, 171 Gestaltungsrechte als Vermögensbestandteil 263 154 Gewahrsamslockerung s. Vermögensverfügung Gewerbegenehmigung 263 104, 135 Gewerbepolizei (geschichtliche Bedeutung) Vor 263 12 gewerbliche Schutzrechte 263 143 Gewerbsmäßigkeit s. Bandenbetrug (§ 263 Abs. 5), besonders schwere Fälle (§ 263 Abs. 3 Nr. 1) Gewinnchance (Tatsache) 263 11, 16 GmbH (als Geschädigte) 263 304a GmbH-Geschäftsanteile 263 111 GmbH-Strafrecht Vor 263 ff 2; Vor 263 7 § 82 GmbHG Vor 263 47, 55; 263 323 Goodwill 263 144 griechisches Recht Vor 263 60, 61, 93; 263 12 Grundtatbestand des Betruges 263 1 Grußbesteller Vor 263 4; 263 250 Haarwuchsmittel 263 11 Handelswechsel s. Wechselbetrug Haus- und Familienbetrug 263 1, 303, 304, 336 ausländisches Recht Vor 263 51, 59, 67 häusliche Gemeinschaft 263 303, 304 Heereslieferungsbetrug (§ 329 a.F.) Vor 263 42; 263 37, 279

Sachregister Heiratsschwindel Vor 263 1; 263 20, 147, 148, 206, 254, 304, 323 ausländisches Recht (Griechenland) Vor 263 61 Herkunft (Tatsache) 263 11 Herzklappenskandal 263 36 Höchstpreise Festsetzung als Verfügung 263 104 Täuschung über ~ 263 35, 37 homo oeconomicus Vor 263 32; 263 8, 159, 183, 184 Hopfen 263 200, 323 Hütchenspiel 263 33 Hypothek als Kompensation 263 212 Sicherheit (Tatsache) 263 11 Identität (Tatsache) 263 11 Identitätstheorie 263 256, 262 ignorantia facti s. Irrtum Immaterialgüter 263 142, 143, 154 immaterielle Rechte 263 156 s. auch Immaterialgüter Immobilienschwindel 263 49, 179 s. auch Baubetrug individueller Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Ingerenz s. Unterlassen (Garantenstellung) Inkassobetrug 263 39, 50, 188, 339 Inlandstat 263 334 Insider 263 323 Insolvenz (Betrug durch Gläubiger) 263 6, 266, 311 s. auch Insolvenzstrafrecht Insolvenzstrafrecht Vor 263 7, 12; 263 317 Institutionenschutz Vor 263 ff 10, 12; Vor 263 12 abstrakte Gefährdungsdelikte Vor 263 49 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 14, 15 Rechtsgutsbestimmung Vor 263 ff 10, 24, 47 Sondertatbestände Vor 263 47 Vermögen als Institution Vor 263 31 Intelligenzdelikt Vor 263 10 Interaktionsdelikt Vor 263 10 internationales Strafrecht 263 331–335 Internet Vor 263 3; 263 334 Investitionskosten (Tatsache) 263 11 Investitionszulage 263 185 irreführende Werbung (§ 16 UWG) Vor 263 ff 2; Vor 263 3, 28, 35, 40; 263 136, 201, 323

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ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 68 Irrtum Vor 263 43, 94; 263 2, 51, 52, 54, 76–5, 242 s. auch subjektiver Tatbestand ausländisches Recht Vor 263 51, 60, 65, 70, 74, 77, 79, 82–85, 93; 263 77 Ausnutzen 263 39, 76, 95 Begriff und Definition 263 77–82 bei Computermanipulationen 263 92 bei Notaufnahme eines Patienten 263 91, 122 bei öffentlich-rechtlicher Abnahmeverpflichtung 263 91 EG-Recht Vor 263 95, 103 Erregen 263 94 Feststellung im Strafverfahren 263 87–92 ignorantia facti 263 23, 52, 78 Mitbewusstsein 263 83 Opfermitverantwortung s. dort Person des Irrenden 263 2 Sonderwissen 263 81 Unterhalten 263 39, 51, 52, 78, 95 Wissenszurechnung bzgl. Hilfspersonen 263 82 Zweifel des Verfügenden 263 84-87 italienisches Recht Vor 263 69–71, 93; 263 335 Kapitalanlagebetrug Vor 263 ff 7; 263 34, 68 s. auch Börsennotierung, Warentermingeschäft, Warenterminoption, VW-Aktie sowie Kapitalanlagebetrug (Hauptstichwort) § 264a Vor 263 18, 40, 44, 47, 50; 263 27, 49, 66, 297, 307, 314 § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 ausländisches Recht Vor 263 90, 93 internationales Strafrecht 263 334 Tätertypen Vor 263 4 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Kausalität 263 2, 8, 27, 80 Irrtum – Verfügung 263 90, 121–125 Täuschung – Irrtum 263 90, 93–95 Verfügung – Schaden 263 97 Kausalzusammenhang s. Kausalität Kaution als Kompensation 263 167 Kautionsanspruch als Vermögensbestandteil 263 146 Kellerwechsel s. Wechselbetrug Kfz-Schein (Vermögen) 263 140, 155 Kickback 263 63 Kilometerstand (Täuschung) 263 11, 23

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Sachregister

Betrug (Forts.) Kirchensteuer 263 322 Know-how 263 143, 188 Kommunikationsdelikt Vor 263 3, 45; 263 4, 22, 28, 51 Kompensation 263 2, 167 konkludente Täuschung s. Täuschung Konkurrenzen 263 311 ff s. auch Diebstahl (Verhältnis zu § 263), Unterschlagung (Verhältnis zu § 263), Urkundendelikte (Verhältnis zu § 263) § 132 263 312 § 132a 263 312 § 14 HeilmittelwerbeG 263 323 § 142 263 312 § 145d 263 312 § 146 263 312 § 147 263 312 § 148 263 312 § 16 UWG 263 323 § 164 263 312 § 21 HopfenherkunftsG 263 323 § 22a KriegswaffenkontrollG 263 323 § 253 263 313, 328 § 259 263 313 § 263a 263 328 § 264 263 314 § 264a 263 314 § 265 263 302, 314, 327 § 265a 263 314 § 265b 263 314 § 266a 263 315 § 266b 263 219, 315 § 291 263 317 § 298 263 317 § 303 263 328 § 315b 263 327 § 323a 263 317 § 370 AO 263 319–322 § 38 WpHG 263 323 § 5 HeilpraktikerG 263 323 § 54 KWG 263 323 § 67 WeinG 263 323 § 82 GmbHG 263 323 § 9 GeschlechtskrankheitenG 263 323 § 92a AuslG 263 323 § 95 AMG 263 323 § 98 263 312 § 98 BundesvertriebenenG 263 323 § 99 263 312 §§ 106 ff UrheberG 263 323 §§ 11, 12 LMBG 263 323 §§ 143, 144 MarkenG 263 323 §§ 147 ff GenG 263 323

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§§ 153 ff 263 312 §§ 266 ff 263 62, 315, 318, 325, 328 §§ 283 ff 263 317 §§ 284, 285 263 317 §§ 29 ff BtMG 263 323 §§ 2 ff WiStG 263 323 §§ 331, 332 HGB 263 323 §§ 331 ff 263 318 §§ 34, 35 DepotG 263 323 §§ 352, 353 263 318 §§ 399, 400, 403 AktG 263 323 §§ 52a, 53 WaffenG 263 323 §§ 88, 89 BörsenG 263 323 Gesetzeseinheit 263 324–328 Idealkonkurrenz, natürliche Handlungseinheit, Realkonkurrenz bzgl. § 263 263 311 Sicherungsbetrug s. dort Tateinheit (§ 52) 263 312–323 Tatmehrheit (§ 53) 263 327, 328 Wahlfeststellung s. dort Korruption Vor 263 2; 263 318 Kostenanspruch des Staates 263 146 Krankfeiern 263 11 Kreditbetrug Vor 263 ff 4 s. auch Scheckbetrug § 265b Vor 263 18, 40, 44, 47; 263 27, 46, 175, 184, 212, 297, 307, 314 § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 ausländisches Recht Vor 263 61, 89, 93 Berufsbetrüger Vor 263 4 Geldkreditbetrug als Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 juristische Vermögenslehre 263 128 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 122 Schaden Vor 263 9; 263 167, 174, 175, 210, 212 Täuschung 263 10, 12, 34, 38, 39, 65 Verfügung 263 111, 112 Vermögensvorteil 263 255, 265 Vorsatz 263 243–246 Kreditkartenbetrug § 266b 263 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 54 Bandenbetrug Vor 263 4 Erschleichen einer Kreditkarte 263 100, 110, 175 Irrtum 263 89 Schaden 263 167 Täuschung 263 43 Verfügung 263 110, 112, 117 Kreditwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei

Sachregister Kreditwürdigkeit s. Kreditbetrug Kriegswaffen 263 151, 323 Kriminalistik 263 340 s. auch Betrugskriminalität Kriminalität s. Betrugskriminalität Kriminalpolitik 263 5 Kriminalstatistik s. Betrugskriminalität Kriminologie s. Betrugskriminalität Kumulationsdelikte Vor 263 47 Kundenkarte 263 43, 110, 315 Kundenstamm als Vermögensbestandteil 263 128, 135, 144 Kündigungsbetrug s. auch Eigenbedarf, Vermieterbetrug Kündigungsbetrug 263 188 Kunstbetrug Schaden 263 163, 200 Täuschung 263 11, 36, 66 UrheberG 263 323 Kunstwein 263 198 Kurpfuscher Vor 263 4 Kursbetrug 263 11, 15, 258 KWG Vor 263 47; 263 323 Lagertheorie 263 116 Lastenfreiheit (Tatsache) 263 11 Lastschriftbetrug 263 39, 222a Lebens- und Futtermittelgesetzbuch 263 37, 323 Lebensmittelbetrug 263 170 Lebensmittelfälschung Vor 263 41; 263 11, 37, 198, 208, 323 s. auch Wein Lebensversicherungsvertrag 263 11, 20, 66, 242 Leerwechsel s. Wechselbetrug Legitimation § 263 263 264 Sondertatbestände Vor 263 ff 9 f; Vor 263 45–48 Legitimationspapiere s. Sparbuch Leichtgläubigkeit Anzeigeverhalten Vor 263 8 Opfermitverantwortung Vor 263 34, 36–39 Leistungs(un)fähigkeit 263 11, 12, 67, 68, 174, 190, 212, 213, 221 Leistungs(un)willigkeit 263 174, 189, 190, 212, 213, 220, 221, 223 s. auch Absicht (als innere Tatsache)

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Leistungsbetrug s. Leistungserschleichung Leistungserschleichung s. auch dort § 265a Vor 263 43, 46, 94; 263 79, 153, 297, 307, 314 Arbeitsleistung 263 139 ausländisches Recht Vor 263 ff 5; Vor 263 54, 58, 61, 68, 74, 78, 89 Beförderungserschleichung 263 23, 189, 250 Schaden 263 189 Strafantrag 263 336 subjektiver Tatbestand 263 250 Lieferantenkreditbetrug s. Warenkreditbetrug Listenpreise Schaden 263 199 Täuschung 263 35, 36 Lockanruf s. Pinganruf Logisbetrug 263 33, 38, 39, 154, 191 ausländisches Recht Vor 263 68, 78, 89 Tätertypen Vor 263 4 Lotteriebetrug Schaden 263 135, 162 Täuschung 263 31, 33 Mahnverfahren (Betrug im ~) 263 19, 90, 235, 236, 272, 279 Makeltheorie 263 209 Maklerbetrug 263 340 s. auch Maklerlohn Maklerlohn 263 134, 277 Mangel(freiheit) 263 11, 170, 183a, 198 ff Manipulationen s. Täuschung manœuvres frauduleuses (franz.) Vor 263 15, 63, 64, 93 Marken 263 143, 323 Markenpiraterie 263 198, 208 Marktlücke (Tatsache) 263 11 Marktpreis s. Marktwert Marktstellung (Tatsache) 263 11 Marktwert als Tatsache 263 11, 15 Marktwertbetrachtung Vor 263 32; 263 126, 132, 163, 164, 165, 177, 188, 200 Medikamente s. Arzneimittel Meinungsäußerungen s. Tatsachen Melkmaschinen-Fall 263 11, 126, 171, 177, 178, 179, 206 Menschenhandel 263 151

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Sachregister

Betrug (Forts.) minder schwerer Fall 263 307 minus est actionem habere quam rem 263 166 Misstrauen des Opfers Vor 263 11 s. auch Opfermitverantwortung mittelbare Schäden (Folgeschäden) 263 257 mittelbare Täterschaft 263 284 bei mehraktigen Verfügungen 263 111 Betrug als ~ 263 5 des Prinzipals 263 284, 311 irrende Hilfspersonen 263 82 Tatbestandsstruktur des Betruges 263 5, 284 Versuch 263 277, 279, 284 Mitverschulden des Opfers s. Opfermitverantwortung Modalitätenäquivalenz s. Unterlassen (Entsprechungsklausel) Motivationsdelikt 263 5 Motive des Täters 263 147, 248–253 des Verfügenden Vor 263 10; 263 5, 122–124, 202 innere Tatsachen 263 12, 20 Musikdiebstahl 263 323 Namensrecht 263 156 Naturalobligationen s. unvollkommene Verbindlichkeiten Nebenkostenabrechnung 263 34 Nebentätigkeitsbetrug 263 152 Nemo-tenetur-Prinzip 263 75, 165 nichtige Forderungen 263 151 niederländisches Recht Vor 263 62 Normativierung (der Betrugsauslegung) 263 8, 9, 14, 28, 30, 39, 50, 67, 80, 81, 82, 86, 88, 98, 104, 116, 158, 158a, 162, 167, 170, 185a, 186, 189, 195, 224 norwegisches Recht Vor 263 81, 83, 86 Numerus-clausus-Studium 263 137 Nutzungsmöglichkeiten (Vermögen) 263 152, 156, 211 s. auch Besitzbetrug Nutzwert (Gebrauchswert) Vor 263 20, 32; 263 132, 158, 159, 177 objektive Zurechnung Vor 263 35; 263 8, 122 objektiv-individuelle Schadensbestimmung s. Vermögensschaden Okkultschwindel 263 10, 12, 242 Okkulttäter Vor 263 4; 263 242 Öko(qualität) 263 11 Opferbedürfnisse Vor 263 10 Opfermitverantwortung und Viktimodogmatik Vor 263 16, 34–40, 64, 94; 263 8, 82, 84, 86, 93, 171, 172, 294

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Opferselbstverantwortung s. Opfermitverantwortung Opfer-Wahlfeststellung 263 6 Option s. Warenterminoption Orderscheck 263 42 ordre public 263 332 Organhandel 263 151 Organisationsherrschaft s. mittelbare Täterschaft Organisierte Kriminalität Vor 263 4, 17, 104; 263 1, 48, 141, 222, 297, 307, 330 österreichisches Recht Vor 263 42, 56–59, 93, 94; 263 335 Parteispende 263 11, 158, 262 partiarisches Darlehen (Garantenstellung) 263 62 Passwort 263 110 Patente 263 11, 143, 152 Peep-Show 263 138 Personalausweis (Vermögen) 263 155 persönlicher Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Persönlichkeitsrecht (wirtschaftliches) 263 156 Pfandrecht (Vermögen) 263 154, 167, 190, 212, 250, 255 Pferderennen 263 250 s. auch Wette und Spiel Pflegesätze 263 269 Pflichtverteidiger (Täuschung durch ~) 263 62 Phishing Vor 263 1; 263 110, 286 PIN (Personal Identification Number) 263 110 Plagiat 263 208 Polizeigebühren 263 39 portugiesisches Recht Vor 263 77, 78 POS-(Point of Sale-)Zahlungsverkehr Vor 263 ff 19; 263 89 POZ-(Point of Sale ohne Zahlungsgarantie)System 263 89 Prämienaufschlag s. Warenterminoption (Täuschung) Preis (Täuschung über den ~ bzw. dessen Angemessenheit) 263 11, 35–37, 64 Preisbindung (Täuschung) 263 35 Preisetiketten(austausch) 263 11, 23 Preisforderung (kartellrechtlich unzulässige) 263 266 Preisnachlass (Tatsache) 263 11 s. auch Sonderangebot preußisches StGB 1851 Vor 263 15, 16, 19, 36

Sachregister Prognosen s. Tatsachen (Künftiges) progressive Kundenwerbung 263 16, 32, 136, 213 Prostituierte 263 130, 138, 151, 158, 254, 269, 332 Provision s. Immobilienschwindel, Warenterminbetrug Provisionsvertreterbetrug s. auch Unterschriftserschleichung Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 250, 271 Schaden 263 161, 170, 183, 206, 230, 232 Stoffgleichheit 263 259 Täuschung 263 50 Verfügung 263 109, 119 Wahlfeststellung §§ 263/267 263 310 Prozessbetrug s. auch Mahnverfahren Abstammung (Kindschaftsrecht) 263 304 ausländisches Recht Vor 263 57, 66, 75, 84 Beendigung 263 275 dolus eventualis 263 240, 290 Handlungseinheit 263 311 Irrtum 263 85, 86, 90 Kausalität Täuschung/Irrtum 263 93 RG-Rspr. Vor 263 42 Schaden 263 235–238 Strafantrag 263 336 Täuschung 263 19, 27, 58, 234–236 Verfügung 263 99, 100, 104, 113, 117, 235, 236 Verjährung 263 337 Vermögensvorteil 263 255 Versuch 263 235, 279, 284 Vollendung 263 272 Prozesskostenhilfe 263 135 Prozessrisiko 263 170, 209 Prüfnummer (Erschleichen) 263 37 Publicum Vor 263 14 qualifizierter Betrug Vor 263 14, 15 (histor.); 263 1, 307 Qualität (Täuschung) 263 11, 35, 37, 64 Quantität (Tatsache) 263 11 Rabatt(betrug) 263 39 Rating(-Agenturen) 263 15 Rationierung (Tatsache) 263 11, 12 Raubkopie 263 198, 208 Recht auf Wahrheit Dreiecksbetrug 263 116 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 14

Bet

Rechtsgutsbestimmung Vor 263 21, 22, 24, 25, 32 Tatsachenbegriff 263 8 Täuschung 263 27 Viktimodogmatik Vor 263 35 Rechtfertigung 263 289–291 Rechtsbehauptungen s. Tatsachen Rechtsform 263 11 Rechtsgut des Betruges Vor 263 18–33 (Handlungs-)Freiheit Vor 263 29 § 16 UWG Vor 263 28 § 253 Vor 263 23, 24 Angriffsform des Täters Vor 263 23, 24 Dispositionsfreiheit Vor 263 19, 20, 24, 28–30, 32 internationales Strafrecht 263 331, 335 nationalsozialistische Dogmatik Vor 263 22 Recht auf Wahrheit Vor 263 21, 22, 24, 25, 32 Treu und Glauben Vor 263 21, 22, 24 überindividuelle Schutzgüter Vor 263 18, 21, 27 Verfassungsrecht Vor 263 19, 30 Rechtsmangel der Gegenleistung 263 208 Rechtspflicht zur Aufklärung s. Aufklärungspflicht Rechtsschein-Fälle Person des Verfügenden 263 117, 326 Schaden 263 171, 209 Stoffgleichheit 263 261 Verfügungsbewusstsein 263 119 Rechtsvergleichung Vor 263 51–95 Rechtsverhältnisse (Tatsache) 263 10, 11 Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils s. Vermögensvorteil s. auch Rechtfertigung, Vermögensschaden (Normativierung) Reform des Betrugsstrafrechts Vor 263 105–107 Regel-Beispiel-Technik 263 1, 294 Reisekosten (Täuschung über ~) Vor 263 4; 263 11, 26, 252 Reisepass (Vermögen) 263 155, 255 Reisescheck 263 167 Rendite (Tatsache) 263 11 Rentenbetrug 263 275 s. auch Sozialleistungsbetrug Rheinausbau-Fall 263 165 Risikoverteilung s. Täuschung (konkludent) römisches Recht Vor 263 13

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Sachregister

Betrug (Forts.) Roulette s. Wette und Spiel Rücktrittsrecht als Kompensation 263 167 Sachmangel 263 11, 37 Saldierung s. Vermögensschaden (Kompensation) Sammelbetrug s. Bettelbetrug Sammelgaragen-Fall 263 11, 39, 116, 190 Sanierungsbetrug 263 339 Scalping 263 11, 49a, 87, 258 Schaden s. Vermögensschaden Schadensfreiheitsrabatt 263 252, 258 schadensgleiche Vermögensgefährdung Vor 263 35; 263 111, 161, 168–176, 180, 194, 209, 212–214, 219, 221, 223, 227–238, 263, 272, 275, 293, 298, 299 Scheckbetrug s. auch Scheckkartenbetrug, Scheckreiterei ausländisches Recht Vor 263 75, 80, 93 Irrtum 263 89 Postscheck 263 42 Schaden 263 216–218 Täuschung 263 11, 42 Verhältnis zu §§ 242, 267 63 325, 327 Scheckkartenbetrug § 266b 263 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 54 Bandenbetrug Vor 263 4 Schaden 263 219 Stoffgleichheit 263 261 Täuschung 263 43 Verfügung 263 117 Scheckreiterei 263 45, 48, 218, 222, 278, 298 s. auch Scheckbetrug Scheinehe s. Asylantenbetrug Scheinerklärung s. Täuschung Scheinfirma(-en) Berufsbetrüger Vor 263 4 Täuschung 263 11, 50 Scheingebot s. Versteigerung Scherzerklärung s. Scheinerklärung Schlammkohle-Fall 263 38, 174 Schmiergeldzahlung 263 137 Schneeballsystem s. progressive Kundenwerbung schottisches Recht Vor 263 91, 92

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Schreibgebühren 263 11 Schuld s. Strafzumessung Schuldschein 263 99, 100, 109, 230, 328 Schwammbefall (Täuschung) 263 11, 23, 37, 68 Schwarzarbeit 263 139 schwarze Kassen 263 233 Schwarzfahren s. auch blinder Passagier s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) Schwarzmarkt („Spritzen“) 263 164 Schwarzwälder Kirschwasser 263 11, 198 schwedisches Recht Vor 263 81, 84, 86 Schweigerechte als Rechtfertigung 263 291 Schweizer Recht Vor 263 42, 51–55, 93; 263 36, 37, 335 Selbstbedienungsladen (Diebstahl/Betrug im ~) 263 50, 68, 120, 325 Selbsthilfebetrug 263 194, 231, 265, 266 Selbstkostenfestpreis s. Baupreisverordnung Selbstschädigungsdelikt 263 5, 98, 113, 114, 120 s. auch unbewusste Selbstschädigung Selbstschutz s. Opfermitverantwortung Serienbetrug s. Serientäter Serientäter Vor 263 4; 263 293, 311, 336, 335 Seriosität 263 11 Sicherheit 263 11, 15, 33 Sicherheiten als Kompensation 263 167, 174, 175, 212, 213 Sicherheitsleistung s. Kautionsanspruch Sicherungsbetrug 263 75, 298, 324–327 Sicherungsübereignung 263 134, 167, 212, 281 Sirius-Fall Vor 263 37; 263 10 sittenwidrige Vermögenspositionen 263 130, 133, 138, 151, 158 Situationstäter s. Gelegenheitstäter Software 263 323 Sonderangebot 263 11 Sondertatbestände Vor 263 ff 3 ff; Vor 263 3, 5, 7, 14, 18, 42, 43, 45, 48–50; 263 3 § 16 UWG s. irreführende Werbung § 263a Vor 263 ff 6; Vor 263 23, 41, 44; 263 92, 297, 307, 330

Sachregister § 264 Vor 263 ff 3; Vor 263 18, 40, 42, 44, 47, 99, 103; 263 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331 § 264a Vor 263 ff 7; Vor 263 18, 40, 44, 47, 50; 263 27, 49, 66, 297, 307, 314 § 265 Vor 263 ff 8; Vor 263 44, 47; 263 297, 307, 314, 327 § 265a Vor 263 ff 5; Vor 263 43, 46, 94; 263 79, 153, 297, 307, 314 § 265b Vor 263 18, 40, 44, 47; 263 27, 46, 175, 184, 212, 297, 307, 314 § 266b Vor 263 ff 12; 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 § 298 Vor 263 104; 263 165, 317 § 398 AktG Vor 263 47 § 82 GmbHG Vor 263 47, 55; 263 323 §§ 147 ff GenG Vor 263 55 Alternativ-Entwurf Vor 263 106 ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 61, 68, 71, 76, 77, 80, 82, 90, 93 Corpus Juris Vor 263 107 EG-Recht Vor 263 97 Institutionenschutz s. dort Konkurrenzen s. dort Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Vor 263 105 Verfassungsrecht Vor 263 47, 50 Sozialadäquanz Vor 263 35; 263 8, 27, 290 Sozialhilfebetrug s. Sozialleistungsbetrug Sozialleistungsbetrug s. auch Zweckverfehlungslehre Irrtum 263 79, 91 Schaden 263 181–185, 188 Täuschung 263 11, 39, 54–57, 72, 75 Verfügung 263 99, 100, 111 Verhältnis zu § 370 AO 263 321 Sozialvermögen Vor 263 5 Sozialversicherungsbetrug Irrtum 263 78 Täuschung 263 11, 29, 57, 69 Vollendung 263 272 spanisches Recht Vor 263 72–76, 93, 94; 263 335 Sparbuch (Vorlage durch Nichtberechtigten) Irrtum 263 88 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 125 Täuschung 263 44 Verhältnis zu § 242 263 325, 326 Versuch (bei Guthabenfälschung) 263 278 Spekulationsgeschäfte (Irrtum) 263 85–87

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Spendenbetrug s. Bettelbetrug Spesenbetrug 263 26, 50, 185a Sponsoring 263 184 Sport s. Pferderennen, Wette und Spiel Sportbetrug 263 183 Sportwette 263 31, 170, 272, 286 Stasi-Angehörigkeit 263 63, 223, 224 s. auch Anstellungsbetrug stellionatus Vor 263 13 Steuerstrafrecht s. Abgabenstrafrecht Stoffgleichheit 263 3, 155, 162, 175, 185, 186, 213, 248, 256–263, 300, 306 Stoßbetrug s. Warenkreditbetrug Strafanspruch als Vermögensbestandteil 263 145, 158, 254 Strafverfolgung (Umfang) Vor 263 9 Strafzumessung Vor 263 39; 263 292–294 Stundungsbetrug 263 136, 211, 220, 229, 255, 281 s. auch Vermögensverfügung (durch Unterlassen) subjektiver Tatbestand Vor 263 16; 263 239–271 s. auch Stoffgleichheit Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 2, 3, 185, 239, 248–271, 288, 306, 334 ausländisches Recht Vor 263 51, 56, 58, 64, 70, 75, 80, 83, 86, 90 dolus eventualis 263 240, 244, 245, 248 dolus subsequens 263 247 EG-Recht, EU-Recht Vor 263 103, 107 Irrtümer 263 241 (Geschädigter, Schaden), 242 (Baupreisverordnung, Durchführbarkeit eines Vorhabens, Erklärungsvollständigkeit, Garantenstellung, Okkulttäter), 243 (eigener Anspruch, Sicherheiten), 268, 269, 281 (Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils) Nebenfolgen und Zwischenziele 263 251, 252, 253, 260, 271 Prozessbetrug s. dort Tatbestandsirrtum 263 242, 243, 268–270; „umgekehrter“ s. Versuch, untauglicher Verbotsirrtum 263 241, 242, 270; „umgekehrter“ s. Wahndelikt Vorsatz 263 30, 33, 42, 239–248, 268, 300 Zweifel 263 38, 245, 247 Submissionsbetrug § 298 Vor 263 104; 263 165, 317

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Sachregister

Betrug (Forts.) ausländisches Recht Vor 263 68, 93 Betrügerei Vor 263 2, 104 EG-Recht/EU-Recht Vor 263 104, 107 Exspektanzen Dritter 263 135, 263; der Vergabestelle 263 137 Schaden 263 164, 165 Stoffgleichheit 263 263 Täuschung 263 11, 39, 69 Verfügung 263 113, 117 Vorsatz 263 242 Subventionsbetrug Vor 263 ff 3 s. auch Bettelbetrug, Zweckverfehlungslehre sowie Subventionsbetrug (Hauptstichwort) § 370 AO 263 319–322 § 264 Vor 263 18, 40, 42, 44, 47, 100, 102; 263 1, 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331 § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 ausländisches Recht Vor 263 61, 68, 74, 90 internationales Strafrecht 263 331 Irrtum 263 79, 83 Schaden 263 181–185, 188, 267 Täuschung 263 11, 39, 50, 56 Verfügung 263 100 Vermögensvorteil 263 267 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Supermarkt s. Selbstbedienungsladen Systematik des Betrugsstrafrechts Vor 263 41–50 Tankstellenbetrug Vor 263 4; 263 12, 38, 276 Tatbestandsirrtum s. subjektiver Tatbestand Tatbestandsstruktur Vor 263 20, 21, 24, 29, 33; 263 3 Tatbild des Betruges 263 5, 98 Täter-Opfer-Beziehung Vor 263 10, 11 Täterschaft und Teilnahme 263 283–288 Beihilfe 263 271, 283, 286–288, 301 des Prinzipals 263 71, 74, 284, 311 Führungsaufsicht 263 329 Konkurrenzen 263 311, 313, 325 Mittäterschaft 263 283, 286 mittelbare Täterschaft s. dort Nebentäterschaft 263 285 Anstiftung 263 284, 288 Tätertypen Vor 263 4; 263 305 Tatsachen Vor 263 16; 263 2, 5, 7–20 äußere ~ 263 11 Definition 263 10 Einzelbeispiele 263 10–12, 15, 20

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Erfahrungssätze/Naturgesetze 263 17 innere ~ 263 8, 9, 12, 15, 16, 20, 26, 38 Künftiges 263 8, 9, 12, 14, 16 Meinungsäußerungen 263 8, 9, 13 Rechtsbehauptungen 263 12, 18–20 Tatsachenkern 263 14, 19 Unmögliches 263 10, 38 Werbeanpreisungen 263 14 Werturteile 263 8, 9, 12, 13, 16 Täuschung Vor 263 1, 21; 263 2–4, 7–75, 80 Anfordern einer Leistung 263 39, 41 ausdrückliche Vor 263 35, 39; 263 4, 21, 22, 24–27, 30, 41 ausländisches Recht Vor 263 51–53, 56, 57, 60, 62–65, 69, 70, 72, 73, 79, 82–85, 87–89, 91–93; 263 8 Bewusstsein 263 23 Fußn. 46 durch Erklärungen 263 4, 7, 22–24 durch Unterlassen s. dort EG-Recht/EU-Recht Vor 263 95, 103 Eignung zur Täuschung Vor 263 35, 72 f; 263 23 Fußn. 46 Entgegennahme einer Leistung 263 39, 64, 67 Erheblichkeit 263 21, 27 internationales Strafrecht 263 334 konkludente Vor 263 35, 39; 263 8, 19, 21, 22, 26–50, 60, 62–64, 67, 69, 87, 242, 318 Mängel 263 37, 64 Manipulationen 263 4, 11, 23, 31, 35, 37, 68, 316 mehraktige ~ 263 27 Rückkauf 263 20 Scheinerklärung 263 26 Sondertatbestände Vor 263 7, 45 Sozialadäquanz s. dort Tatbestandsstruktur Vor 263 20, 21; 263 3 über Befugnisse 263 39 über Tatsachen s. dort Unmittelbarkeit bzgl. Verfügung 263 27 Vermögensrelevanz 263 2, 27, 276, 278 Wette und Spiel 263 31, 33 zugesicherte Eigenschaften 263 37 Tauschwert Vor 263 20 Taxpreise (Täuschung) 263 35, 36 Telefonkarten Vor 263 4 Telefonsex 263 130, 138, 158, 282 Teppichkauf (Haustürgeschäft) 263 85, 86 Theft Act (1968/78/96) s. englisches Recht Treu und Glauben Garantenstellung Vor 263 93; 263 53, 54, 58, 59, 64, 66–68 Rechtsgut § 263 s. dort

Sachregister TV-Moderator (Gewinnspiel) 263 250 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Vor 263 2, 41, 95, 102 überindividuelle Schutzgüter s. auch Institutionenschutz abstrakte Gefährdungsdelikte Vor 263 49, 50 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 16 im EU-Ausland Vor 263 99 Rechtsgut des Betruges Vor 263 20, 27 Sondertatbestände Vor 263 47, 49 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Übersicherung 263 212 Überzahlung s. Täuschung (Entgegennahme einer Leistung) Überzeugungen (innere Tatsachen) 263 20, 38 U-Haft s. Freiheitsentziehung Umbuchung 263 167, 174, 175 Umgehung 263 50 Umsatz (Tatsache) 263 11, 183a Umtausch abgewerteter Banknoten 263 50 Umzugskosten 263 11, 57, 267 unbewusste Selbstschädigung Vor 263 33; 263 27, 138, 182–185 Unfallschäden (Tatsache) 263 11 Unionsrecht (EU) s. auch EG-Recht Einfluss auf Betrugsauslegung Vor 263 98–104 Schutz der EU-Finanzinteressen Vor 263 99–104 Unionsrechtsfreundliche Auslegung Vor 263 98–104 Verbraucherleitbild Vor 263 40, 99 Werbung für Produkte Vor 263 40 Unregelmäßigkeit (EG-Recht) Vor 263 2 Unterhaltsanspruch 263 147, 154, 269 Unterlassen (Betrug durch ~) Vor 263 39, 93, 94; 263 21, 29, 30, 51–75, 78, 87, 247 s. auch Vorstrafen (Täuschung) ausländisches Recht Vor 263 65, 70, 73, 82, 88, 89, 92, 93 des (geschiedenen) Ehegatten 263 59, 72 des Prinzipals 263 71, 284 Entsprechungsklausel 263 21, 51, 73, 74 Garantenstellung Vor 263 93; 263 21, 23, 29, 30, 51–72, 152, 242 Versuch 263 280 Zumutbarkeit des Handelns 263 75 Untermieter-Fall 263 116

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Unternehmenswert 263 200 Unterschlagung 263 155 Verhältnis zu § 263 263 108, 190, 313, 325, 326, 328 Wahlfeststellung 263 309 Unterschriftserschleichung s. auch Beweismittelbetrug, Provisionsvertreterbetrug Schaden 263 178, 207, 230 Täuschung 263 11 Unterstützungsbetrug s. Bettelbetrug unvollkommene Verbindlichkeiten 263 130, 149, 150, 196, 255, 270 Unvollständigkeit von Erklärungen 263 7, 29, 50 Unwahrheit von Tatsachen 263 25 Urkundendelikte s. auch Fälschungsdelikte § 263 Abs. 3 Nr. 1 263 297 § 263 Abs. 5 263 307 Betrügerei Vor 263 2 geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 12, 13, 15, 16, 41 Institutionenschutz Vor 263 47, 49 Verhältnis zu § 263 263 23, 109, 316, 327, 328, 335 Vermögensstrafe 263 330 Wahlfeststellung §§ 263/267 263 310 verbotene Vermögenspositionen 263 130, 133, 138, 140–142, 151, 155, 158 Verbotsirrtum s. subjektiver Tatbestand Verbraucherleitbild Vor 263 40, 99 Verbrechen (Betrug als ~) 263 307 Verdienstmöglichkeit (Tatsache) 263 11 Verdunstungsröhrchen s. Täuschung (Manipulationen) Verfall Rechtsfolge 263 1, 330 Vermögensbegriff 263 136, 145 Verfassungsrecht Abrechnungsbetrug 263 267 Anstellungsbetrug 263 223 Art. 103 Abs. 2 GG Vor 263 19, 30, 50; 263 7, 59, 66, 80, 98, 169, 180, 335 außerstrafrechtliche Begriffe Vor 263 50 Rechtsgut des Betruges Vor 263 19, 30 Sondertatbestände Vor 263 47, 50 Tatsachenbegriff 263 14 Verfall (erweiterter) 263 330 Verfügbarkeit (Tatsache) 263 11 Verfügung s. Vermögensverfügung Verfügungsbefugnis (Tatsache) 263 11

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Betrug (Forts.) Verfügungsbewusstsein ausländisches Recht (Griechenland) Vor 263 60 Erfordernis 263 5, 118–120 Vergleichsbetrug 263 32, 59 Verjährung 263 273, 337 Verjüngungsmittel 263 11 Verkehrs(un)fähigkeit 263 11, 37, 151, 198 Verkehrswert s. Marktwert Verletzter 263 3, 6, 303, 311, 313, 325, 327, 335 s. auch Antragsdelikt Vermächtnis (Erschleichen) 263 137, 272, 276 Vermieterbetrug 263 63, 275 s. auch Eigenbedarf, Kündigungsbetrug, Nebenkostenabrechnung Vermittlungsprovision s. Warenterminoption (Täuschung) Vermögen Vor 263 20, 21, 31, 50, 94 s. auch Vermögenslehre als Institution Vor 263 31 Bilanzrecht Vor 263 32; 263 131, 157, 168, 171, 172, 174, 175 Definition 263 132 der EU Vor 263 101 im Ausland/eines Ausländers 263 331, 332 normative Maßstäbe Vor 263 31, 32 öffentliches ~ Vor 263 11, 42, 93, 101; 263 184, 185, 331 Persönlichkeitsschutz Vor 263 32 Rechtsgut des Betruges Vor 263 18–20, 21, 26–28; 263 3 soziale Betrachtung Vor 263 32 Wirtschaftswissenschaften Vor 263 32; 263 126 Vermögensberatung (Garantenstellung) 263 61, 62 Vermögensgefährdung s. schadensgleiche Vermögensgefährdung Vermögenslehre integrale („institutionelle“) Vor 263 31, 32; 263 132, 145, 158, 163, 171, 173, 254, 256 juristische Vor 263 20, 25, 26; 263 127–129, 140, 165, 168, 173 ökonomisch-juristische Vor 263 26, 31, 32; 263 132, 145, 151, 158, 168, 173, 186, 231, 254, 332 personale Vor 263 28, 30–33; 263 126, 135, 158, 159, 165, 185 wirtschaftliche Vor 263 20, 26, 32, 42, 94; 263 126, 127, 130, 131, 145, 149, 151,

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158, 163, 168, 172, 173, 231, 254, 256, 264 Vermögensrechte 263 154 Vermögensrelevanz der Täuschung s. dort Vermögensschaden Vor 263 1, 4, 12; 263 2, 3, 5, 8, 126–239, 272, 334 Betrügereien Vor 263 2 EG-Recht Vor 263 95, 103 fehlendes Erfordernis im ausländischen Recht Vor 263 62, 66, 88, 91, 93; 263 2 Höhe Vor 263 9 (Kriminalstatistik); 263 293, 295, 298 (Strafzumessung), 305 (Bagatellbetrug) Kompensation (Saldierung) Vor 263 32; 263 2, 97, 126, 128, 159–161, 166, 167, 173–175, 179, 185, 188, 197–227, 261, 262 Normativierung und Rechtswidrigkeit 263 185, 186, 188, 194, 195, 231, 275 objektiv-individuelle Bestimmung Vor 263 32, 47; 263 126, 177–180, 182, 184, 185, 188, 199, 203–207, 262, 281 Prinzipien der Schadensermittlung 263 158–186 prozessuale Feststellung 263 165 Sondertatbestände Vor 263 46, 47; 263 3 Tatbestandsstruktur Vor 263 20, 41; 263 3, 5 unbeachtliche Wiedergutmachung 263 162 Zeitpunkt der Bestimmung 263 161 Vermögensstand (Tatsache) 263 11 Vermögensstrafe 263 1, 330 Vermögensverfügung 263 2, 3, 5, 96–125 ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 66 Begriff und Definition 263 97–111 Blankounterschrift 263 101, 109, 171, 230 Dreiecksbetrug s. dort durch Buchung 263 100, 171, 232 durch Festnahme/Inhaftierung 263 100, 104, 146 durch öffentlich-rechtliche Akte 263 104 durch Unterlassen 263 102, 103, 217, 229, 233, 235, 255, 272, 284 EG-Recht/EU-Recht Vor 263 95 eines Geschäftsunfähigen 263 99 Einzelbeispiele 263 100, 237 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 15 Gewahrsamslockerung 263 106 Kausalität s. dort mehraktige Verfügung 263 111, 247, 272 Opfermitverantwortung Vor 263 34 Person des Verfügenden 263 2, 5, 97, 112 s. auch Dreiecksbetrug

Sachregister Tatbestandsstruktur Vor 263 20; 263 5, 96 Unmittelbarkeit 263 98, 105–111, 161, 162, 171, 180, 227 Verfügungsbewusstsein s. dort Vermögensverschiebungsdelikt Vor 263 15; 263 3, 175, 256 Vermögensvorteil 254, 255, 272, 273, 306, 330 Rechtswidrigkeit 263 3, 194, 231, 238, 264–267, 275 Versicherungsbetrug (Betrug gegenüber Versicherer) s. auch Versicherungsmissbrauch § 265 a.F. Vor 263 44; 263 302 Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 252, 302 ausländisches Recht Vor 263 58, 61, 71, 76, 78, 80 besonders schwerer Fall 263 302 Beteiligung 263 283, 286 Gelegenheitstäter Vor 263 4 Irrtum 263 79 Schaden 263 174 Stoffgleichheit 263 258 Tateinheit 263 311 Täuschung 263 60, 61, 66, 302 Verhältnis zu § 315b 263 327 Versuch 263 276–278, 281, 282, 302 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Versicherungsmissbrauch (§ 265 n.F.) Vor 263 ff 8; Vor 263 44, 47; 263 282, 297, 302, 307, 314, 327 s. auch Versicherungsbetrug sowie Versicherungsmissbrauch (Hauptstichwort) Versteigerung 263 11, 31, 36, 276 Versuch 263 1, 27, 276–281 Eingehungsbetrug 263 175, 176, 276, 277, 278 Führungsaufsicht 263 329 mehraktige Verfügungen 263 247 Prozessbetrug s. dort unmittelbares Ansetzen 263 277 untauglicher ~ 263 281, 282 Verjährung 263 338 Vorbereitungshandlung 263 23, 135, 278, 286 Vertrag zugunsten Dritter 263 135 vertragliche Regelungen (Tatsache) 263 11 Vertragsarzt (Abrechnungen) 263 91, 125 Vertreter ohne Vertretungsmacht 263 215 Verwandtschaft (Tatsache) 263 10, 11 Verwarnungsgeld 263 145, 254 Verwendungszweck eines Darlehens oder einer Ware 263 212 Videopiraterie 263 323

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Viktimodogmatik s. Opfermitverantwortung Viktimologie s. Opfermitverantwortung Vollendung 263 272, 286 Vollstreckungsbescheid s. Mahnverfahren Vollstreckungsbetrug 263 113, 117, 135, 211, 229, 255, 325 Vorkaufsrecht (Vermögen) 263 134 Vorsatz s. subjektiver Tatbestand Vorstrafen Kriminalstatistik Vor 263 8 Schaden (Anstellungsbetrug) 263 224, 227 Täuschung 263 11, 63, 291 VW-Aktie 263 6, 135, 136 Wahlfeststellung 263 308–310 „Opfer-Wahlfeststellung“ 263 6, 214 § 218 263 310 § 242 263 310 § 246 263 309 § 259 263 308, 309 § 263a 263 92 § 266 263 308, 309 § 267 263 310 § 332 263 310 eigen-/fremdnützige Tat 263 271 Wahndelikt 263 282 Wahrheitsanspruch bei Werturteilen 263 13–15, 19 Wahrheitspflicht s. Recht auf Wahrheit Wahrheitsrecht s. Recht auf Wahrheit Wahrsager (Fähigkeit als Tatsache) 263 11 Warenbetrug Serienbetrug Vor 263 4 Täuschung 263 11 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Warenfälschung Vor 263 41 s. auch Lebensmittelfälschung ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 55; 263 335 historisch Vor 263 14 Warenkreditbetrug (Lieferantenkreditbetrug) s. auch Kreditbetrug Irrtum 263 87 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 125 Rechtsvergleichung Vor 263 93 Schaden 263 174 Stoßbetrug Vor 263 4; 263 340 Täuschung 263 38, 65 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5

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Betrug (Forts.) Warentermingeschäft 263 49, 60, 293, 311 s. auch Warenterminoption Warenterminoption s. auch Warentermingeschäft Beihilfe 263 286 internationales Strafrecht 263 332 Schaden 263 162, 163, 173, 206 Täuschung 263 11, 12, 15, 33, 49, 66 Warenwechsel s. Wechselbetrug Wechselbetrug s. auch Kreditbetrug ausländisches Recht (Spanien) Vor 263 75 Diskontierung 263 47, 48 Schaden 263 46, 220, 221 Täuschung 263 46 Vermögensvorteil 263 255 Wechselgeld Täuschung bei Entgegennahme 263 39 Wechselgeldfalle Vor 263 4; 263 107 Wechselreiterei 263 48, 222 Wein (Fälschung) Vor 263 31; 263 37, 198, 323 s. auch Lebensmittelfälschung Werbung s. auch irreführende Werbung als Betrug Vor 263 40; 263 11, 14 marktschreierische Vor 263 37 Wertersatzstrafe s. Verfall (Vermögensbegriff) Wertpapiergeschäfte s. auch Warentermingeschäft, Warenterminoption Wertpapiergeschäfte Vor 263 1; 263 11, 49, 60, 62, 66, 278, 323 Werturteile s. Tatsachen Wettbewerbsabsprachen s. Submissionsbetrug Wette und Spiel 263 31, 33 Wiederbeschaffungswert 263 132, 155, 158 Wiedergutmachungsbetrug Vor 263 5 Winkelunternehmen s. Scheinfirma wirtschaftlich Wertloses 263 155, 157, 254 wirtschaftliche Verhältnisse (Tatsache) 263 11 wirtschaftlicher Notstand 263 289 Wirtschaftsbetrug Vor 263 5 Wirtschaftsdelikt s. Wirtschaftsstraftat Wirtschaftsstraftat Vor 263 5, 6; 263 339 Wissen/Unwissen (innere Tatsache) 263 12, 20

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Wissenschaftsbetrug Anstellungsbetrug 263 224 Einwerben von Drittmitteln 263 184 subjektiver Tatbestand 263 253 Täuschung 263 36 Wissenszurechnung 263 82, 111 Wohnraumbewirtschaftung 263 137 Wunderheiler (Fähigkeit als Tatsache) 263 11 Zahlungs(un)fähigkeit s. Leistungs(un)fähigkeit Zahlungs(un)willigkeit s. Leistungs(un)willigkeit Zechprellerei ausländisches Recht Vor 263 54, 68, 78, 80, 89 Betrügerei Vor 263 1 Irrtum 263 83 Schaden 263 175, 213 Tätertypen Vor 263 4 Täuschung 263 33, 38, 39 Zeitdiebstahl 263 153 Zeitschriftenwerber(betrug) 263 183 Zellwollhosen-Fall 263 137, 202, 205 Zollstrafrecht Vor 263 42 Zolltarifnummer 263 37 Zukünftiges s. Tatsachen (Künftiges) Zuteilung (behördliche) 263 6 Zuvielleistung 263 67 Zwangsgeld (steuerliches) 263 146, 319 Zweckerreichung 263 159, 185 Zweckverfehlungslehre Vor 263 95; 263 165, 181–185, 262 s. auch Bettelbetrug, Subventionsbetrug Zweifel s. Irrtum, subjektiver Tatbestand Zwölftafelrecht Vor 263 13 Betrugskriminalität Vor 263 1–11 s. auch Kriminalistik Aufklärungsquote Vor 263 8 Dunkelfeld Vor 263 8 Erscheinungsformen Vor 263 1–3 Kriminalstatistik Vor 263 8, 9 Bettelbetrug (Spendenbetrug) s. auch Subventionsbetrug, Zweckverfehlungslehre Irrtum 263 85 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 122, 123 Schaden 263 160, 181–185, 188 Tätertypen Vor 263 4 Täuschung 263 12, 50 Beweismittelbetrug 263 99, 100, 109, 230, 231, 255, 265

Sachregister Bezugsrecht Begriff 264a 43 ff Optionsgeschäfte 264a 45 partiarische Darlehen 264a 44 Termingeschäfte 264a 45 Bilanz 265b 67 ff Bilanzfälschung 265b 72 Bilanzverschleierung 265b 72 Bilanzwahrheit 265b 71 Falschbezeichnungen 265b 74 fiktive Beträge 265b 74 Handelsbilanz 265b 68 Scheingeschäfte 265b 75 Steuerbilanz 265b 68 Unrichtigkeit 265b 70 Unvollständigkeit 265b 69 Weglassen von Posten 265b 75 Blankounterschrift s. Vermögensverfügung Börsengeschäft 266 116 Bremer Vulkan-Entscheidung 266 156, 251 Briefkastenfirma 266a 33 Business Judgment Rule 266 97, 117 Cash Pool(ing) 266 136, 253, 265 Churning 266 110 Compliance 266 2 Computerbetrug Vor 263 ff 6 s. auch Zeitdiebstahl § 263a Vor 263 23, 43, 46; 263 3, 92, 297, 307, 328, 330 ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 61, 65, 71, 72, 78 Ablaufmanipulationen 263a 23, 62 ff anglo-amerikanisches Recht 263a 11 Association Internationale de Droit Pénal 263a 9 ausländisches Recht 263a 8 ff automatisierte Mahnverfahren 263a 39 Bankomat s. Geldausgabeautomat Beeinflussung des Ergebnisses der Datenverarbeitung 263a 65 ff Beeinflussung von Datenvorgängen 263a 26 Beendigung 263a 78 Bereicherungsabsicht 263a 76 Chipkarten 263a 55 Computerprogramme 263a 20, 82 ff Computersabotage 263a 66 Daten 263a 1, 19 ff Datenverarbeitung 263a 22 Dreiecksbetrug 263a 71 ec-Karten-Missbrauch 263a 47 ff EDV 263a 22 Eingabemanipulationen 263a 23, 32 ff

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Einordnung des Tatbestands 263a 15 ff englisches Recht 263a 11 Erfolgsdelikt 263a 15 Europarat 263a 9 französisches Recht 263a 10 Führungsaufsicht 263a 107 Gegenstand der Tathandlungen 263a 19 ff Geldausgabeautomat 263a 3, 5, 8, 21, 35, 45, 47 ff Geldkarte 263a 54 Geldspielautomaten 263a 61 geschlossene Online-Systeme 263a 57 geschütztes Rechtsgut 263a 1, 13 ff girocard-Bedingungen 263a 108 Homebanking 263a 56 internationale Empfehlungen 263a 9 f internationales Strafrecht 263a 101 f Internet 263a 58 Irrtumsfälle 263a 75 italienisches Recht 263a 10 Konkurrenzen 263a 93 ff § 263 263a 95 § 266 263a 100 § 370 AO 263a 96 §§ 202a StGB, 17 Abs. 2 UWG 263a 99 §§ 242 ff, 246 263a 98 §§ 264, 265b 263a 97 innerhalb § 263a 263a 93 f Krankenversicherungskarten 263a 55 Kriminalpolitik 263a 1 ff Kritik an § 263a 263a 4 ff nachträgliche Einwirkung auf den Programmablauf 263a 62 OECD 263a 9 Online-Dienstleistungen 263a 57 f Paycards 263a 54 Phishing 263a 57 Phreaking 263a 59 POS-System 263a 52 POZ-System 263a 53 praktische Bedeutung 263a 7 Prepaid-Karten 263a 55 Programmmanipulationen 263a 23, 27 ff Scheckkartenmissbrauch 263a 47 ff schweizerisches Recht 263a 10 Skimming 263a 48 Smartcards 263a 82 spanisches Recht 263a 10 Stoffgleichheit 263a 70 Strafantrag 263a 103 Strafverfolgung 263a 104 f Strafzumessung 263a 106 f Tankkarten 263a 55 Täterkreis 263a 18 Tathandlungen 263a 23 ff

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Sachregister

Computerbetrug (Forts.) Teilnehmer 263a 73 Telefonkarten 263a 55 Telekommunikation 263a 59 unbefugte Einwirkung auf den Programmablauf 263a 62 ff unbefugte Verwendung von Daten 263a 23, 40 ff Unbefugtheit der Datenverwendung 263a 42 ff Unbefugtheit der Einwirkung auf den Programmablauf 263a 63 unmittelbare Vermögensverfügung 263a 67 unrichtige Gestaltung des Programms 263a 27 ff Unrichtigkeit des Programms 263a 29 ff Unrichtigkeit von Daten 263a 33 Unterlassen 263a 64 Unvollständigkeit von Daten 263a 34 US-amerikanisches Recht 263a 10 f Verhältnis zu § 242 263a 65, 98 Verhältnis zu § 263 263a 16 ff, 38, 67, 73, 94 Vermögensbeschädigung 263a 70 f Vermögensverfügung des Computers 263a 68 Versuch 263a 79 Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten 263a 32 ff Verwendungsbegriff 263a 36 ff, 41 Vollendung 263a 77 Vorbereitungshandlungen Computerprogramm 263a 82 ff Vorbereitungshandlungen 263a 80 ff, 88 ff Feilhalten eines Computerprogramms 263a 90 Herstellen eines Computerprogramms 263a 88 objektiver Tatbestand 263a 81 subjektiver Tatbestand 263a 91 Tatgegenstand 263a 82 ff Tathandlung 263a 86 ff tätige Reue 263a 92 Überlassen eines Computerprogramms 263a 90 Verschaffen eines Computerprogramms 263a 89 Verwahren eines Computerprogramms 263a 90 Vorbereiten (Begriff) 263a 87 Vorsatz 263a 91 Zweck des Computerprogramms 263a 83 Vorsatz 263a 72 ff Wahlfeststellung § 263/§ 263a 263a 74 Wertkarten 263a 55 WLAN-Mitbenutzung 263a 60 Zeitdiebstahl 263a 60, 66

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Computerprogramm 263a 82 ff Feilhalten 263a 90 Herstellen 263a 88 Überlassen 263a 90 Verschaffen 263a 89 Verwahren 263a 90 Computersabotage 263a 66 Corpus Juris zum Schutz der finanziellen Interessen der EG (EU) Vor 263 2, 107 Daten Begriff 263a 20 f Datenverarbeitung Begriff 263a 22 Debitkarte 266b 9 ff, 15, 19, 30 Decoder 265a 23, 34, 43 f Deutschlandfonds 264 43, 49, 50, 68 Diebstahl s. auch Selbstbedienungsladen Diebstahl Vor 263 23; 263 5, 155, 248, 265, 283 geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 14 Verhältnis zu § 263 263 5, 98, 102, 105–107, 112, 115, 116, 118, 120, 313, 325–327 Wahlfeststellung 263 310 Dreiecksbetrug Computerbetrug 263a 71 Person des Verfügenden 263 2, 112–117 Rechtsschein-Fälle s. dort Scheckkartenbetrug s. dort Vorsatz 263 242 Wissenszurechnung 263 82 E 62 Vor 263 105; 263 7 EC-Karte Vor 263ff 19; 263 43, 89; 263a 47 ff; 266b 9 ff, 15, 19, 30 EG-Recht Vor 263 96–104; 263 6, 50, 165, 331 EG-Richtlinie 2005/49 über unlautere Geschäftspraktiken Vor 263 40 Eigentumsvorbehalt 266 51 f, 76, 138, 155 Eigenverwaltung 266 45, 72, 142 Eingehungsbetrug 265b 8a s. auch Anstellungsbetrug ausländisches Recht Vor 263 60, 71, 93 Schaden 263 160, 161, 165, 166, 171–176, 194, 209–215 Täuschung 263 38, 202 Verfügung 263 99 Verhältnis zum Erfüllungsbetrug 263 202, 274, 275, 286 Vermögensvorteil 263 264 Ein-Mann-GmbH 266 45, 72, 254 Entwicklungshilfe 264 59

Sachregister Erfüllungsbetrug Vor 263 39 echter/unechter ~ 263 202 Schaden 263 165, 201, 202 Täuschung 263 37 Verhältnis zum Eingehungsbetrug 263 202, 274, 275 Vermögensvorteil 263 264 ERP-Mittel 264 45 Erpressung Vor 263 23, 28; 263 3, 5, 98, 195, 248, 313, 328 Erschleichen von Kredit 265b 12 von Leistungen 265a 34 ff s. auch Leistungserschleichung Ertragswert Ertragswert Vor 263 104 escroquerie (franz.) escroquerie (franz.) Vor 263 2, 63 EU Recht s. EG-Recht rechtskonforme Auslegung Vor 263 40; 263 6, 50, 332 Schutz Vor 263 42, 101; 263 6 EU-Recht 266a 32 Euroscheckkarte 266b 8, 11, 17, 19 s. auch EC-Karte Factoring 265b 40 f faux (franz.) Vor 263 63, 68 Fehlbuchung Irrtum 263 87 Schaden 263 171, 232 Täuschung 263 41, 42, 69 Versuch 263 281 Fehlüberweisung 263 41, 64, 281 Fernmeldenetz s. Kommunikationsnetz Fernsehen s. Rundfunk Finanzkrise 266 120 Finanzmarktstabilisierungsfonds 264 43, 49, 50, 68 FinanzschutzG 1998 Vor 263 2, 102 Finanzwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei Forderungsbetrug s. auch Eingehungsbetrug, nichtige Forderungen, schadensgleiche Vermögensgefährdung, Vermögensverfügung (durch Unterlassen) Forderungsbetrug 263 96, 103, 105, 109, 110, 117–120, 157 Fortsetzungszusammenhang 263 311, 330 französisches Recht Vor 263 2, 40, 41, 53, 62–68, 93–95, 103; 263 2, 5, 77, 335

Ink

fraude (franz.) Vor 263 2 Fremdrechtsanwendung 263 332 Front Running 266 109 GAA s. Geldausgabeautomat Garantenstellung Kreditnehmer 265b 111 partiarische Darlehen 263 62 Untreue 266 84 ff Wirtschaftsprüfer 265b 109 Gebührenschinderei 266 110 Geldausgabeautomat 263 328; 263a 3; 265a 17, 22, 40; 266b 12, 14, 17, 19, 27 ff Geldkarte 266b 31 Geldkreditbetrug s. Kreditbetrug Geldspielautomaten 263a 61 Geldwechselautomat 265a 23 Gemeinschaftsfreundliche Auslegung Vor 263 40, 101 Gemeinschaftsrecht s. EG-Recht Gesamtsozialversicherungsbeitrag 266a 34 gewerbliche Schutzrechte 263 143 Gewerbsmäßigkeit s. Bandenbetrug (§ 263 Abs. 5), besonders schwere Fälle (§ 263 Abs. 3 Nr. 1) Girocard 266b 9 ff, 15, 19, 30 Glücksspielautomat s. Spielautomat GmbH-Strafrecht Vor 263 ff 2; Vor 263 7 § 82 GmbHG Vor 263 47, 55; 263 323 GmbH-Untreue 266 243 ff Golfanlage 265a 33, 36 Heimarbeitsgesetz 266a 23 ff Heiratsschwindel Vor 263 1; 263 20, 147, 148, 206, 254, 304, 323 ausländisches Recht (Griechenland) Vor 263 61 Höchstpreise Festsetzung als Verfügung 263 104 Täuschung über ~ 263 35, 37 Homebanking 263a 56 Immaterialgüter 263 142, 143, 154 Immobilienschwindel 263 49, 179 s. auch Baubetrug individueller Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Ingerenz s. Unterlassen (Garantenstellung) Inkasso 266 51, 62, 78, 142

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Ink

Sachregister

Inkassobetrug 263 39, 50, 188, 339 Inkassobevollmächtigter 266 43 Inkassobote 266 43 Inkassobüro 266 142 Inkassoermächtigung 266 51 Inkassogeschäft 266 142 Inkassovertreter s. Inkassobevollmächtigter Insolvenzstrafrecht Vor 263 7, 12; 263 317 Institutionenschutz Vor 263 ff 10, 12; Vor 263 12 abstrakte Gefährdungsdelikte Vor 263 49 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 14, 15 Rechtsgutsbestimmung Vor 263 ff 10, 24, 47 Sondertatbestände Vor 263 47 Vermögen als Institution Vor 263 31 Internationales Strafrecht Betrug 263 331–335 Computerbetrug 263a 101 f Kapitalanlagebetrug 264a 115 ff Leistungserschleichung 265a 59 Subventionsbetrug 264 190 Versicherungsmissbrauch 265 40 f Internet Vor 263 3; 263 334; 263a 58; 265a 27, 58, 59 irreführende Werbung (§ 16 UWG) Vor 263 ff 2; Vor 263 3, 28, 35, 40; 263 136, 201, 323 ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 68 Irrtum Vor 263 43, 94; 263 2, 51, 52, 54, 76–95, 242 s. auch subjektiver Tatbestand Betrug ausländisches Recht Vor 263 51, 60, 65, 70, 74, 77, 79, 82–85, 93; 263 77 Ausnutzen 263 39, 76, 95 Begriff und Definition 263 77–82 bei Computermanipulationen 263 92 bei Notaufnahme eines Patienten 263 91, 122 bei öffentlich-rechtlicher Abnahmeverpflichtung 263 91 EG-Recht Vor 263 95, 103 Erregen 263 94 EU-Recht s. EG-Recht Feststellung im Strafverfahren 263 87–92 ignorantia facti 263 23, 52, 78 Mitbewusstsein 263 83 Opfermitverantwortung s. dort Person des Irrenden 263 2 Sonderwissen 263 81 Unterhalten 263 39, 51, 52, 78, 95 Wissenszurechnung bzgl. Hilfspersonen 263 82 Zweifel des Verfügenden 263 84–87

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Computerbetrug 263a 75 Untreue 266 189 ff Irrtumserfordernis 265a 2 Kapitalanlagebetrug Vor 263 ff 7; Vor 263 18, 40, 44, 47, 50; 263 11, 27, 33, 46, 49, 66, 68, 137, 175, 178, 183a, 184, 212, 259, 272, 297, 307, 314; 264a 1 ff s. auch Börsennotierung, Warentermingeschäft, Warenterminoption, VW-Aktie § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 Abschreibungsgesellschaften 264a 46, 54, 71, 80 abstraktes Gefährdungsdelikt 264a 28 Aktien 264a 41 Anlageberater 264a 107 Anlageobjekte 264a 36 Anlegerschutz 264a 22 Anleihen 264a 41 Anteile Beteiligung am Unternehmensergebnis 264a 46 ff Treuhandvermögen 264a 52 ausländische Wertpapiere 264a 41 ausländisches Recht Vor 263 90, 93; 264a 17 ff Bauherrenmodelle 264a 49 Berater 264a 105 f berichtigungsbedürftige Angaben 264a 82 Bezugsrecht 264a 43 ff britisches Recht 264a 20 dänisches Recht 264a 20 Darstellungsbegriff 264a 60 f echtes Unterlassungsdelikt 264a 85 Entstehungsgeschichte 264a 1 ff Finanzberichterstattung 264a 59, 63 französisches Recht 264a 19 Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts 264a 25 Geheimnisschutz 264a 95 Geldmarktinstrumente 264a 42 Geschäftsanteile 264a 48 geschütztes Rechtsgut 264a 22 ff Gesellschaftsanteile 264a 48 historischer Schutzzweck 264a 3 internationales Strafrecht 263 334; 264a 115 ff Investmentanteilscheine 264a 41 italienisches Recht 264a 19 Kapitalerhöhungen 264a 51 Kapitalmarkt 264a 26 Konkurrenzen 264a 109 ff § 16 UWG 264a 113 § 263 264a 110 § 266 264a 114

Sachregister § 38 WpHG 264a 111 § 399 AktG 264a 112 Varianten des § 264a 264a 109 Kriminalpolitik 264a 1 ff Kritik 264a 10 f Nebenpapiere 264a 41 norwegisches Recht 264a 20 Optionsgeschäfte 264a 45 Optionsscheine 264a 41 österreichisches Recht 264a 18 partiarische Darlehen 264a 44, 50 praktische Bedeutung 264a 14 ff Prospekte 264a 56 ff Prospektherausgeber 264a 104 Prospektprüfer 264a 105 Prospektrecht 264a 2, 6, 16, 68 f Reformüberlegungen 264a 21 Rektapapiere 264a 42 RiStBV 264a 124 Schecks 264a 42 Schuldtitel 264a 41 schwedisches Recht 264a 20 spanisches Recht 264a 19 Strafanzeige 264a 122 f Täterschaft und Teilnahme 264a 100 ff Tätertypen Vor 263 4 Tathandlung 264a 64 ff, 84 tätige Reue 264a 96 ff Tatmittel 264a 55 ff Ad-hoc-Mitteilungen 264a 59 Flyer 264a 59 Prospekte 264a 56 ff Übersichten 264a 62 f Vermögensanlage-Informationsblatt 264a 59 Tatzusammenhang 264a 29 ff Täuschung 264a 64 Adressatenkreis 264a 65 f anlagebezogene Umstände 264a 72 Bagatellumstände 264a 70 Erheblichkeit der Umstände 264a 73 ff Gegenstand der ~ 264a 67 f Kriterienkatalog 264a 75 wertbildende Umstände 264a 71 Termingeschäfte 264a 45 Treuhänder 264a 105 Treuhandvermögen 264a 54 unrichtige Angaben 264a 76 f Unrichtigkeit der Angaben 264a 78 f Unternehmen 264a 53 Unvollständigkeit der Angaben 264a 80 ff US-amerikanisches Recht 264a 20 Verfassungsmäßigkeit 264a 12 f Verhältnis zu § 265b 264a 9 Verjährung 264a 126 f

Kon

Vermögen der Kapitalanleger 264a 23 f Vermögensanlagengesetz 264a 7 Verschweigen nachteiliger Tatsachen 264a 85 ff Erheblichkeit 264a 88 Nachteiligkeit 264a 87 Täterschaft und Teilnahme 264a 108 Tatsachenbegriff 264a 86 Verschweigen 264a 90 Vorsatz 264a 94 Versuch 264a 96 Vertrieb 264a 34 ff Vollendung 264a 84, 96 Vorfeldtatbestand 264a 4 Vorsatz 264a 91 ff Vorteilhaftigkeit unrichtiger Angaben 264a 83 Wechsel 264a 42 Wertpapiere 264a 37 ff s. auch dort Wirtschaftsstrafkammer 264a 125 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Zertifikate 264a 41 Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren u.a. 264a 29 ff Zwischenscheine 264a 41 Kapitalanlagegeschäft 266 143 Kapitalerhöhungen 264a 51 Kapitalgesellschaft 266 60, 93, 179 Kapitalmarktstrafrecht 264a 8 Kausalität Betrug 263 2, 8, 27, 80, 90, 93–95, 97, 121–125 Kickback 263 63; 266 5, 107, 167, 173 Kinowelt-Entscheidung 266 98, 256 Kohl-Fall 266 184 Kölner Müllskandal 266 49 Kommanditgesellschaft 266 262 f Kommissionär 266 31, 35, 47, 144 Kommissionsvertrag 266 144 Kommunikationsdelikt Vor 263 3, 45; 263 4, 22, 28, 51 Kompensation 263 2, 167 konkludente Täuschung s. Täuschung Konkurrenzen Betrug s. auch Diebstahl (Verhältnis zu § 263), Unterschlagung (Verhältnis zu § 263), Urkundendelikte (Verhältnis zu § 263) § 132 263 312 § 132a 263 312 § 14 HeilmittelwerbeG 263 323 § 142 263 312 § 145d 263 312 § 146 263 312

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Kon

Sachregister

Konkurrenzen (Forts.) § 147 263 312 § 148 263 312 § 16 UWG 263 323 § 164 263 312 § 21 HopfenherkunftsG 263 323 § 22a KriegswaffenkontrollG 263 323 § 253 263 313, 328 § 259 263 313 § 263a 263 328 § 264 263 314 § 264a 263 314 § 265 263 302, 314, 327 § 265a 263 314 § 265b 263 314 § 266a 263 315 § 266b 263 219, 315 § 291 263 317 § 298 263 317 § 303 263 328 § 315b 263 327 § 323a 263 317 § 370 AO 263 319–322 § 38 WpHG 263 323 § 5 HeilpraktikerG 263 323 § 54 KWG 263 323 § 67 WeinG 263 323 § 82 GmbHG 263 323 § 9 GeschlechtskrankheitenG 263 323 § 92a AuslG 263 323 § 95 AMG 263 323 § 98 263 312 § 98 BundesvertriebenenG 263 323 § 99 263 312 §§ 106 ff UrheberG 263 323 §§ 11, 12 LMBG 263 323 §§ 143, 144 MarkenG 263 323 §§ 147 ff GenG 263 323 §§ 153 ff 263 312 §§ 266 ff 263 62, 315, 318, 325, 328 §§ 283 ff 263 317 §§ 284, 285 263 317 §§ 29 ff BtMG 263 323 §§ 2 ff WiStG 263 323 §§ 331, 332 HGB 263 323 §§ 331 ff 263 318 §§ 34, 35 DepotG 263 323 §§ 352, 353 263 318 §§ 399, 400, 403 AktG 263 323 §§ 52a, 53 WaffenG 263 323 §§ 88, 89 BörsenG 263 323 Gesetzeseinheit 263 324–328 Idealkonkurrenz, natürliche Handlungseinheit, Realkonkurrenz bzgl. § 263 263 311

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Sicherungsbetrug s. dort Tateinheit (§ 52) 263 312–323 Tatmehrheit (§ 53) 263 327, 328 Wahlfeststellung s. dort Computerbetrug 263a 93 ff § 263 263a 95 § 266 263a 100 § 370 AO 263a 96 §§ 202a StGB, 17 Abs. 2 UWG 263a 99 §§ 242 ff, 246 263a 98 §§ 264, 265b 263a 97 innerhalb § 263a 263a 93 f Kapitalanlagebetrug 264a 109 ff § 16 UWG 264a 113 § 263 264a 110 § 266 264a 114 § 38 WpHG 264a 111 § 399 AktG 264a 112 Varianten des § 264a 264a 109 Kreditbetrug 265b 113 f § 246 265b 113 § 264 265b 114 §§ 247, 248a 265b 113 §§ 266, 267 ff, 269, 332, 334 265b 113 Varianten des § 265b 265b 113 Leistungserschleichung 265a 55 ff § 242 265a 57 § 248b 265a 57 § 248c 265a 57 § 263 265a 57 § 263a 265a 57 §§ 148, 89 TKG 265a 58 Subsidiarität 265a 56 f Varianten des § 265a 265a 55 Subventionsbetrug § 263 264 185 f §§ 267 ff 264 187 Tateinheit 264 187 Varianten des § 264 264 188 f Untreue 266 208 ff Abgabenüberhebung 266 208 Alternativität 266 211 f Amtsanmaßung 266 208 Bankrott 266 208, 211 Bestechlichkeit 266 208 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr 266 208 Betrug 266 208 Computerbetrug 266 208 Diebstahl 266 208 Erpressung 266 208 Fortsetzungszusammenhang 266 213 Gebührenüberhebung 266 208 Hehlerei 266 208 Insolvenzstraftaten 266 211

Sachregister Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten 266 144, 209 Parteiverrat 266 209 Postgeheimnisbruch 266 209 Rechtsbeugung 266 209 Steuerhinterziehung 266 209 Tateinheit, Tatmehrheit 266 208 ff Unterschlagung 266 210 Urkundenfälschung 266 210 Urkundenunterdrückung 266 210 Verwahrungsbruch 266 210 Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266 210 Versicherungsmissbrauch 265 35 ff § 242 265 36 § 263 265 37 ff § 303 265 36 gemeingefährliche Straftaten 265 3 Varianten des § 265 265 35 Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a 108 ff Tateinheit 266a 108 Tatmehrheit 266a 109 Verhältnis zu anderen Delikten 266a 110 f Konzern 266 144 Korruption Vor 263 2; 263 318 Krankenversicherung Arbeitnehmeranteile 266a 10, 41 Kredit 265b 34 ff Akzeptkredit 265b 38 f Bürgschaften 265b 47, 49 Einlagen (Abgrenzung) 265b 37 Einzug von Schecks 265b 46 Factoring 265b 40 f Garantien 265b 48 Gelddarlehen 265b 35, 105 Hypothekarkredit 265b 36 Kontokorrentkredit 265b 36 Lombardkredit 265b 36 Schuldscheindarlehen 265b 36 Stundung von Geldforderungen 265b 42 f vorläufige Gutschrift 265b 36 Wechseldiskontkredit 265b 44 f Kreditbetrug Vor 263 ff 4; 263 12; 265b 1 ff § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 abstraktes Gefährdungsdelikt 265b 13 ausländisches Recht Vor 263 61, 89, 93; 265b 9 Auslandstaten 265b 120 Bagatellunrichtigkeiten 265b 83 Behörden 265b 28 Berufsbetrüger Vor 263 4 Betriebsbegriff 265b 28 Betriebskredit 265b 19 Bilanz 265b 67

Kre

Bilanzfälschung 265b 72 Bilanzverschleierung 265b 72 durchlaufende Kredite 265b 26 Eingehungsbetrug 265b 8a Factoring 265b 40 f Funktionieren der Kreditwirtschaft 265b 10, 14 Garantenstellung Kreditnehmer 265b 111 Geldkreditbetrug als Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 geschütztes Rechtsgut 265b 10 ff Handelsauskunftei 265b 59, 62, 110 Hilfspersonen 265b 89 Inlandstaten 265b 119 internationales Strafrecht 265b 115 ff invitatio ad offerendum 265b 53 Jedermann-Delikt 265b 21 juristische Vermögenslehre 263 128 Kapitalanlagekredit 265b 5 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 122 Kleinbetriebe 265b 20 konkludenter Kreditantrag 265b 54 Konkurrenzen 265b 113 f § 246 265b 113 § 264 265b 114 §§ 247, 248a 265b 113 §§ 266, 267 ff, 269, 332, 334 265b 113 Varianten des § 265b 265b 113 Kredit 265b 34 ff s. auch dort Kreditantrag 265b 51 ff Adressat 265b 58 f Kreditnehmer 265b 26 Kreditvermittler 265b 26, 27 Kriminalpolitik 265b 1 ff Kritik 265b 7 f Kundenkredit 265b 4 Lastschriften 265b 54 Legitimation des § 265b 265b 6 leichtfertige Kreditvergabe 265b 8 Lieferantenkredit 265b 3 prozessuale Funktion 265b 18 RiStBV 265b 124 Rücktritt 265b 103 Schaden Vor 263 9; 263 167, 174, 175, 210, 212 Schecks 265b 54 Scheingeschäfte 265b 75 Sonderdelikt 265b 94 Strafantrag 265b 121 Strafanzeige 265b 122 f Täterkreis 265b 21 f, 94 Täterschaft und Teilnahme 265b 108 ff Angestellte 265b 112

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Kre

Sachregister

Kreditbetrug (Forts.) Beihilfe 265b 109 Kreditgeber 265b 112 mittelbare Täterschaft 265b 110 Unterlassen 265b 111 Tathandlungen 265b 50, 84 ff tätige Reue 265b 102 ff mehrere Beteiligte 265b 107 Täuschung 263 10, 12, 34, 38, 39, 65; 265b 50 Erheblichkeit 265b 80 Kreditwürdigkeit 265b 77 künftige Entwicklungen 265b 78 nachträgliche 265b 83 Unterlassen 265b 90 ff Verwendungszweck des Kredits 265b 78 Vorteilhaftigkeit 265b 79 wirtschaftliche Verhältnisse 265b 76 ff Täuschungsmittel 265b 60 ff Bilanz 265b 67 Gewinn- und Verlustrechnungen 265b 67 Gutachten 265b 64 schriftliche Angaben 265b 61 ff, 87 Unrichtigkeit der Angaben 265b 65 Unterlagen 265b 61 ff, 85 f Unvollständigkeit der Angaben 265b 66 veröffentlichte Unterlagen 265b 88 Teilzahlungskredit 265b 4 Überbewertungen 265b 73 Umgehung 265b 75 Umgehungshandlungen 265b 75 Unanwendbarkeit der §§ 247, 248a 265b 16 Unterbewertungen 265b 73 unterlassene Verschlechterungsmitteilung 265b 90 ff Unterlassungsdelikt 265b 94 Vorsatz 265b 100 f Unternehmensbegriff 265b 28 Verfügung 263 111, 112 Verhältnis zu § 263 265b 8, 15 Vermögen 265b 10 Vermögensvorteil 263 255, 265 Verwendungszweck eines Kredits 265b 78 volkwirtschaftliche Bedeutung des Kreditwesens 265b 17 Vorsatz 263 243 ff; 265b 95 ff Arbeitsteiligkeit 265b 99 Bewertungen 265b 97 normative Merkmale 265b 96 Rechtsnormen 265b 98 Unterlassungsdelikt 265b 100 f Warenkredit 265b 3 Weiterleitungskredite 265b 26

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Wertberichtigung 265b 8a Wirtschaftsprüfer (Garantenstellung) 265b 109 Wirtschaftsstrafkammer 265b 125 Zusammenhang zwischen Kreditantrag und Täuschungshandlung 265b 56 f Zweckbestimmung 265b 23 ff Kreditkarte 263a 54; 266 144; 266b 18 ff, 24 Mischformen 266b 38 Kreditkartenbetrug § 266b 263 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315; 266b 42 ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 54 Bandenbetrug Vor 263 4 Erschleichen einer Kreditkarte 263 100, 110, 175 Irrtum 263 89 Schaden 263 167 Täuschung 263 43 Verfügung 263 110, 112, 117 Kreditkartenmissbrauch s. Scheckkartenmissbrauch Kreditnehmer 265b 26 Kredituntreue 266 240 f Kreditvermittler 265b 26, 27 Kreditwechsel s. Wechselbetrug, Wechselreiterei Kreditwirtschaft (als Institution) Vor 263ff 10; 265b 8, 14, 17 Kreditwürdigkeit s. Kreditbetrug Kriminologie Betrug s. Betrugskriminalität Kundenkarte 266b 32 ff Kündigungsbetrug 263 188 s. auch Eigenbedarf, Vermieterbetrug Kunstbetrug Schaden 263 163, 200 Täuschung 263 11, 36, 66 UrheberG 263 323 Kurzarbeitergeld 264 57, 67 Lagertheorie 263 116 Lastschriftbetrug 263 39 Lastschrifteinzugsermächtigung 266 160 Lastschriftermächtigung 266 145 Lastschriftverfahren 266 77 Lebensmittelfälschung Vor 263 41; 263 11, 37, 198, 208, 323 s. auch Wein Leichtfertigkeit Subventionsbetrug 264 16, 19, 144 ff Leistungsbetrug s. Leistungserschleichung

Mit

Sachregister Leistungserschleichung Vor 263 43, 46, 94; 263 79, 153, 297, 307, 314; 265a 1 ff Absicht 265a 50 Arbeitsleistung 263 139 ausländisches Recht Vor 263 ff 5; Vor 263 54, 58, 61, 68, 74, 78, 89; 265a 7 ff Automatenmissbrauch 265a 4, 20 ff, 37, 56 Bankomat 265a 17, 22, 40 Beendigung 265a 52 Beförderungserschleichung 263 23, 189, 250; 265a 30, 45 ff Bestechung einer Kontrollperson 265a 46 betrugsähnliches Delikt 265a 15 blinder Passagier 265a 2 dänisches Recht 265a 8 Decoder 265a 23, 34, 43 f englisches Recht 265a 10 Entgelterfordernis 265a 16, 19, 28, 33, 41, 48, 50 französisches Recht 265a 9 Geldwechselautomat 265a 23 Gerätemängel 265a 38 geschütztes Rechtsgut 265a 11 f Golfanlage 265a 33, 36 internationales Strafrecht 265a 59 Internet 265a 27, 58, 59 Irrtumserfordernis 265a 2 Konkurrenzen 265a 55 ff § 242 265a 58 § 248b 265a 58 § 248c 265a 58 § 263 265a 58 § 263a 265a 58 §§ 148, 89 TKG 265a 58 Subsidiarität 265a 56 f Varianten des § 265a 265a 55 Kriminalpolitik 265a 1 ff, 6 Kritik 265a 5 Leistungsautomat 265a 4, 20 ff, 29, 39, 40, 49, 51 Münzautomat 265a 23 norwegisches Recht 265a 8 österreichisches Recht 265a 8 Parkhaus 265a 33 Parkschein, -uhr 265a 16, 23, 33 Personenbeförderung 265a 30, 45 ff Phreaking 265a 43 portugiesisches Recht 265a 9 praktische Bedeutung 265a 4 Rundfunk 265a 45 ff s. auch dort Schaden 263 189 Schwarz(fern)sehen 265a 28, 44, 58 Schwarzfahren s. dort Schwarzhören (Rundfunk) 265a 33, 44, 49, 55, 58

Schwarzsurfen (Internet) 265a 58 schwedisches Recht 265a 8 schweizerisches Recht 265a 8 spanisches Recht 265a 9 Spielautomat 265a 22, 39, 50 Störanruf 265a 17, 42 Strafantrag 263 336; 265a 60 Strafanzeige 265a 61 subjektiver Tatbestand 263 250 Tanken (ohne Bezahlung) 265a 36 s. auch Tankstellenbetrug Tatbestandsirrtum 265a 49 Tathandlung 265a 34 ff Telefonautomat 265a 25 ff, 41 ff Telekommunikation s. dort Theater 265a 33 Umgehung von Sicherungseinrichtungen 265a 6, 36, 37, 44 ff Veranstaltung s. dort Vermögen 265a 12 Vermögensdelikt 265a 13 f Vermögensschaden 265a 13 f Versuch 265a 53 f Vollendung 265a 51 Vorsatz 265a 48 Lieferantenkreditbetrug s. Warenkreditbetrug Logisbetrug 263 33, 38, 39, 154, 191 ausländisches Recht Vor 263 68, 78, 89 Tätertypen Vor 263 4 Lotteriebetrug Schaden 263 135, 162 Täuschung 263 31, 33 Maestro-Karte 266b 9 ff, 15, 19, 30 Mahnverfahren (Betrug im ~) 263 19, 90, 235, 236, 272, 279 Mannesmann-Fall 266 16, 49, 98, 111, 114, 193, 200, 260, 270 manœuvres frauduleuses (franz.) Vor 263 15, 63, 64, 93 Markenpiraterie 263 198, 208 Marktwert als Tatsache 263 11, 15 Marktwertbetrachtung Vor 263 32; 263 126, 132, 163, 164, 165, 177, 188, 200 Missbrauchstatbestand s. Untreue, Missbrauchstatbestand Misstrauen des Opfers Vor 263 11 s. auch Opfermitverantwortung mittelbare Täterschaft 263 284 bei mehraktigen Verfügungen 263 111 Betrug als ~ 263 5 des Prinzipals 263 284, 311 irrende Hilfspersonen 263 82

1031

Mit

Sachregister

Tatbestandsstruktur des Betruges 263 5, 284 Versuch 263 277, 279, 284 Mitverschulden des Opfers s. Opfermitverantwortung Münzautomat 265a 23 Musikdiebstahl 263 323 Nebenfolgen Subventionsbetrug 264 178 ff Nebenkostenabrechnung 263 34 Nebentätigkeitsbetrug 263 152 nichtige Forderungen 263 151 Nutzungsmöglichkeiten (Vermögen) 263 152, 156, 211 s. auch Besitzbetrug Nutzwert (Gebrauchswert) Vor 263 20, 32; 263 132, 158, 159, 177 öffentliche Betriebe 264 56 öffentliche Unternehmen 264 56 OHG 266 35, 45, 47, 262 Online-Dienstleistungen 263a 57 f Opfermitverantwortung Vor 263 16, 34–40, 64, 94; 263 8, 82, 84, 86, 93, 171, 172, 294 Organisationsherrschaft s. mittelbare Täterschaft Organisierte Kriminalität 264 177 Organuntreue 266 2 f, 149, 242 ff österreichisches Recht Vor 263 42, 56–59, 93, 94; 263 335 Parkhaus 265a 33 Parkschein, -uhr 265a 16, 23, 33; 266 140 Partiarische Darlehen 263 62; 264a 50 Patente 263 11, 143, 152 Personenbeförderung Begriff 265a 30 Erschleichen 265a 45 ff s. auch Schwarzfahren persönlicher Schadenseinschlag s. Vermögensschaden (objektiv-individuelle Bestimmung) Pflegeversicherung Arbeitnehmeranteile 266a 10, 41 Phishing Vor 263 1; 263 110, 286; 263a 57 Phreaking 263a 59; 265a 43 PIN 263 110; 266b 10 ff, 16, 22, 26 portugiesisches Recht Vor 263 77, 78 Positives Tun 266a 3 f, 53, 65, 69, 71 POS-(Point of Sale-)Zahlungsverkehr Vor 263 ff 19; 263 89; 266b 10 POZ-(Point of Sale ohne Zahlungsgarantie)System 263 89; 263a 53

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Preis Täuschung über den ~ bzw. dessen Angemessenheit 263 11, 35–37, 64 progressive Kundenwerbung 263 16, 32, 136, 213 Prospektrecht 264a 2, 6, 16, 68 f Provisionsvertreterbetrug s. auch Unterschriftserschleichung Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 250, 271 Schaden 263 161, 170, 183, 206, 230, 232 Stoffgleichheit 263 259 Täuschung 263 50 Verfügung 263 109, 119 Wahlfeststellung §§ 263/267 263 310 Prozessbetrug s. auch Mahnverfahren Abstammung (Kindschaftsrecht) 263 304 ausländisches Recht Vor 263 57, 66, 75, 84 Beendigung 263 275 dolus eventualis 263 240, 290 Handlungseinheit 263 311 Irrtum 263 85, 86, 90 Kausalität Täuschung/Irrtum 263 93 RG-Rspr. Vor 263 42 Schaden 263 235–238 Strafantrag 263 336 Täuschung 263 19, 27, 58, 234–236 Verfügung 263 99, 100, 104, 113, 117, 235, 236 Verjährung 263 337 Vermögensvorteil 263 255 Versuch 263 235, 279, 284 Vollendung 263 272 Rabattbetrug 263 39 Recht auf Wahrheit Dreiecksbetrug 263 116 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 14 Rechtsgutsbestimmung Vor 263 21, 22, 24, 25, 32 Tatsachenbegriff 263 8 Täuschung 263 27 Viktimodogmatik Vor 263 35 Rechtsgut des Betruges Vor 263 18–33 (Handlungs-)Freiheit Vor 263 29 § 16 UWG Vor 263 28 § 253 Vor 263 23, 24 Angriffsform des Täters Vor 263 23, 24 Dispositionsfreiheit Vor 263 19, 20, 24, 28–30, 32 internationales Strafrecht 263 331, 335 nationalsozialistische Dogmatik Vor 263 22 Recht auf Wahrheit Vor 263 21, 22, 24, 25, 32

Sachregister Treu und Glauben Vor 263 21, 22, 24 überindividuelle Schutzgüter Vor 263 18, 21, 27 Verfassungsrecht Vor 263 19, 30 Rechtsvergleichung Vor 263 51–95 Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils s. Vermögensvorteil s. auch Rechtfertigung, Vermögensschaden (Normativierung) Reform des Betrugsstrafrechts Vor 263 105– 107 Regel-Beispiel-Technik 263 1, 294 Rentenbetrug 263 275 s. auch Sozialleistungsbetrug Rentenversicherung Arbeitnehmeranteile 266a 10, 41 Rücktrittsrecht als Kompensation 263 167 Rundfunk s. auch Schwarzhören (Rundfunk) Erschleichen des Empfangs 265a 45 ff Gebühr 265a 16, 28 Netz 265a 26 Sachversicherungsmissbrauch 265 2 Saldierung s. Vermögensschaden (Kompensation) Sammelbetrug s. Bettelbetrug Sanierungsbetrug 263 339 Scalping 263 11, 49a, 87, 258; 266 109 schadensgleiche Vermögensgefährdung Vor 263 35; 263 111, 161, 168–176, 180, 194, 209, 212–214, 219, 221, 223, 227–238, 263, 272, 275, 293, 298, 299 Scheckbetrug s. auch Scheckkartenbetrug, Scheckreiterei ausländisches Recht Vor 263 75, 80, 93 Irrtum 263 89 Postscheck 263 42 Schaden 263 216–218 Täuschung 263 11, 42 Verhältnis zu §§ 242, 267 263 325, 327 Scheckkarte 266 10, 43, 77, 144, 154; 266b 8 ff Mischformen 266b 38 Scheckkartenbetrug s. auch Scheckkartenmissbrauch § 266b 263 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 54 Bandenbetrug Vor 263 4 Schaden 263 219 Stoffgleichheit 263 261 Täuschung 263 43 Verfügung 263 117

Sch

Scheckkartenmissbrauch 263a 47 ff; 266b 1 ff ausländisches Recht 266b 69 ff Aussteller 266b 4 Debitkarte 266b 9 ff, 15, 19, 30 Debitkartenvertrag 266b 43 Deckungsverhältnis 266b 10, 13, 21 EC-Karte 266b 9 ff, 15, 19, 30 Einverständnis des Kreditinstituts 266b 44, 56 elektronisches Lastschriftverfahren 263a 53 Erfolgsdelikt 266b 49 Fraud Act 266b 70 Geldausgabeautomaten 266b 12, 14, 17, 19, 27 ff Geldkarte 263a 54; 266b 31 Geschäftsunfähigkeit des Inhabers 266b 41 geschütztes Rechtsgut 266b 2 f Girocard 266b 9 ff, 15, 19, 30 Händlerbedingungen 266b 10, 21 Karteninhaber 266b 4 f Kartenvertrag 266b 43 Kausalität 266b 53 ff Konkurrenzen 266b 63 ff § 263 266b 36, 41 f, 43, 45, 54 f, 63 f, 66 ff § 263a 266b 63 § 266 266b 43, 63 mitbestrafte Nachtat 266b 65 mitbestrafte Vortat 266b 66 Tateinheit 266b 66, 68 Tatmehrheit 266b 66 Kontoinhaber 263a 51 Kreditkarte 266b 15, 18 ff, 24 Autorisierung 266b 26 AX-Karte 266b 19, 22 Dreipersonenverhältnis 266b 20, 24 Fernabsatz 266b 23 Geldausgabeautomaten 266b 27 ff Händlerbedingungen 266b 21 Identitätsprüfung 266b 23, 26 Mehrpartnersystem 266b 20, 24, 33 online-Abfrage 266b 25 f PIN 266b 22, 26, 29 Präsenzgeschäft 266b 22 Schuldversprechen 266b 21 ff, 26, 29 Spezialkreditkarte 266b 32 Überschreitung der Kreditobergrenze 266b 53 Unterschrift des Inhabers 266b 26 Kreditkartenvertrag 266b 43 Kundenkarte 266b 32 ff Rahmenvertrag 266b 34 Tankkarte 266b 33 Maestro-Karte 266b 9 ff, 15, 19, 30 Mischformen Scheck-/Kreditkarte 266b 38

1033

Sch

Sachregister

Scheckkartenmissbrauch (Forts.) Missbrauchen 266b 40 ff mittelbare Täterschaft 266b 59 Netzbetreiber 266b 10 f, 20 nichtberechtigte Dritte 263a 48 ff Notstand 266b 56 online-Prüfung 266b 11, 13 PIN 266b 10 ff, 16, 22, 26 POS-System 263a 52; 266b 10, 16 f POZ-System 263a 53; 266b 30 Rechtswidrigkeit 266b 56 Schädigung 266b 49 ff Scheckkarte 266b 8 ff Schuldversprechen 266b 11, 13, 21 ff, 26, 29 Sinn und Zweck des § 266b 266b 1 f Skimming 263a 48 Sonderdelikt 266b 58 Spezialkreditkarte 266b 32 Statistik 266b 1b Strafandrohung 266b 37, 61 Strafantrag 266b 62 Tankkarte 266b 33 Täterkreis 266b 4 ff Täterschaft und Teilnahme 266b 58 f Tathandlung 266b 39 ff Täuschung des Ausstellers 266b 5 Theft Act 266b 70 Überschreitung des Verfügungsrahmens 266b 41 Unberechtigter Besitz 266b 6 Universalkreditkarte 266b 18 ff, 24 Unterdeckung 266b 51 Valutaverhältnis 266b 11, 21 Veranlassung zur Zahlung 266b 46 Verhältnis zu § 263 266b 55, 63 f, 66 ff Vermögen 266b 2 f Vermögensgefährdung 266b 50 Vermögensverfall des Karteninhabers 266b 47 Verpflichtungsbefugnis des Karteninhabers 266b 46 Versuch 266b 60 Vollzugs/Zuwendungsverhältnis 266b 10, 21 Vorsatz 266b 57 Weitergabe der Karte 266b 45 Zahlung 266b 48 Scheckreiterei 263 45, 48, 218, 222, 278, 298 s. auch Scheckbetrug Scheinehe s. Asylantenbetrug Scheinfirma 266a 33 Berufsbetrüger Vor 263 4 Täuschung 263 11, 50 Scheingebot s. Versteigerung

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Scheinselbständigkeit 266a 16 Schmiergeld 266 103, 154, 185 Schneeballsystem s. progressive Kundenwerbung Schwarz(fern)sehen 265a 28, 44, 58 Schwarzarbeit 263 139 Schwarze Kasse 266 163, 173, 179 f, 231 Nichtanmeldung 266 180 schwarze Kassen 263 233 Schwarzfahren s. auch blinder Passagier s. Leistungserschleichung (Beförderungserschleichung) Aufklärung 265a 4 Strafanzeige 265a 4, 6, 61 Strafbarkeit 265a 4, 6, 47, 49 Wiederholungstäter 265a 6, 47, 61 Schwarzhören (Rundfunk) 265a 33, 44, 49, 55, 58 Schwarzsurfen (Internet) 265a 58 Schweizer Recht Vor 263 42, 51–55, 93; 263 36, 37, 335 Selbsthilfebetrug 263 194, 231, 265, 266 Serienbetrug s. Serientäter Sicherheiten als Kompensation 263 167, 174, 175, 212, 213 Sicherungsbetrug 263 75, 298, 324–327 Siemens-Fall 266 Darmstadt 266 100, 103, 179 f Erlangen 266 98 sittenwidrige Vermögenspositionen 263 130, 133, 138, 151, 158 Sittenwidrigkeit/sittenwidrige Geschäfte 266 39, 49, 64 Skimming 263a 48 Smartcards 263a 82 Sonderdelikt Subventionsbetrug 264 35, 115 Sondertatbestände§ 16 UWG s. irreführende Werbung Sondertatbestände Vor 263 ff 3 ff; Vor 263 3, 5, 7, 14, 18, 42, 43, 45, 48–50; 263 3 § 263a Vor 263 ff 6; Vor 263 23, 41, 44; 263 92, 297, 307, 330 § 264 Vor 263 ff 3; Vor 263 18, 40, 42, 44, 47, 99, 103; 263 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331 § 264a Vor 263 ff 7; Vor 263 18, 40, 44, 47, 50; 263 27, 49, 66, 297, 307, 314 § 265 Vor 263 ff 8; Vor 263 44, 47; 263 297, 307, 314, 327 § 265a Vor 263 ff 5; Vor 263 43, 46, 94; 263 79, 153, 297, 307, 314

Sachregister § 265b Vor 263 18, 40, 44, 47; 263 27, 46, 175, 184, 212, 297, 307, 314 § 266b Vor 263 ff 12; 43, 89, 110, 219, 261, 297, 315 § 298 Vor 263 104; 263 165, 317 § 398 AktG Vor 263 47 § 82 GmbHG Vor 263 47, 55; 263 323 §§ 147 ff GenG Vor 263 55 Alternativ-Entwurf Vor 263 106 ausländisches Recht Vor 263 54, 58, 61, 68, 71, 76, 77, 80, 82, 90, 93 Corpus Juris Vor 263 107 EG-Recht Vor 263 97 Institutionenschutz s. dort Konkurrenzen s. dort Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Vor 263 105 Verfassungsrecht Vor 263 47, 50 Sozialadäquanz Vor 263 35; 263 8, 27, 290 Sozialhilfebetrug s. Sozialleistungsbetrug Sozialleistungsbetrug s. auch Zweckverfehlungslehre Irrtum 263 79, 91 Schaden 263 181–185, 188 Täuschung 263 11, 39, 54–57, 72, 75 Verfügung 263 99, 100, 111 Verhältnis zu § 370 AO 263 321 Sozialversicherungsbetrug Irrtum 263 78 Täuschung 263 11, 29, 57, 69 Vollendung 263 272 spanisches Recht Vor 263 72–76, 93, 94; 263 335 Sparbuch (Vorlage durch Nichtberechtigten) Irrtum 263 88 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 125 Täuschung 263 44 Verhältnis zu § 242 263 325, 326 Versuch (bei Guthabenfälschung) 263 278 Sparkasse 266 125, 129, 132 Spekulationsgeschäfte (Irrtum) 263 85–87 Spendenbetrug s. Bettelbetrug Spielautomat 265a 22, 39, 50 Sportbetrug 263 183 Steuerstrafrecht s. Abgabenstrafrecht Stoffgleichheit 263 3, 155, 162, 175, 185, 186, 213, 248, 256–263, 300, 306; 263a 70 Störanruf 265a 17, 42 Stoßbetrug s. Warenkreditbetrug

Sub

Stundungsbetrug 263 136, 211, 220, 229, 255, 281 s. auch Vermögensverfügung (durch Unterlassen) Subjektiver Tatbestand Betrug Vor 263 16; 263 239–271 Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 2, 3, 185, 239, 248–271, 288, 306, 334 ausländisches Recht Vor 263 51, 56, 58, 64, 70, 75, 80, 83, 86, 90 dolus eventualis 263 240, 244, 245, 248 dolus subsequens 263 247 EG-Recht, EU-Recht Vor 263 103, 107 Irrtümer 263 241 (Geschädigter, Schaden), 242 (Baupreisverordnung, Durchführbarkeit eines Vorhabens, Erklärungsvollständigkeit, Garantenstellung, Okkulttäter), 243 (eigener Anspruch, Sicherheiten), 268, 269, 281 (Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils) Nebenfolgen und Zwischenziele 263 251, 252, 253, 260, 271 Prozessbetrug s. dort Tatbestandsirrtum 263 242, 243, 268–270 Verbotsirrtum 263 241, 242, 270 Vorsatz 263 30, 33, 42, 239–248, 268, 300 Zweifel 263 38, 245, 247 Computerbetrug 263a 72 ff Kapitalanlagebetrug 264a 91 ff Kreditbetrug 265b 95 ff Leistungserschleichung 265a 48 ff Scheckkartenmissbrauch 266b 57 Subventionsbetrug 264 141 ff Untreue 266 189 ff Abgrenzung des bedingten Vorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit 266 190 ff Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit 266 193 Risikogeschäfte 266 190, 195 Subsumtionsirrtum 266 190, 194 f Tatbestandsirrtum 266 192 ff Versicherungsmissbrauch 265 21 ff Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a 79 ff Submissionsbetrug § 298 Vor 263 104; 263 165, 317 ausländisches Recht Vor 263 68, 93 Betrügerei Vor 263 2, 104 EG-Recht/EU-Recht Vor 263 104, 107 Exspektanzen Dritter 263 135, 263; der Vergabestelle 263 137 Schaden 263 164, 165 Stoffgleichheit 263 263 Täuschung 263 11, 39, 69

1035

Sub

Sachregister

Verfügung 263 113, 117 Vorsatz 263 242 Subvention Abschreibungsmöglichkeiten 264 42 Agrarinterventionen 264 50, 69 Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung 264 42 Begriff 264 39 ff Beispiele 264 68 Belassen 264 83 Betriebsbegriff 264 55 f Bewilligung 264 83 Bürgschaftsübernahmen 264 50 Differenz zum Marktpreis 264 53 Empfänger 264 54 Entwicklungshilfe 264 59 EU-Subventionen 264 12, 17, 69 ff Fonds 264 43 Forschungsvorhaben 264 61 Garantien 264 50 Gegenleistung 264 47 Gewährleistungen 264 50 Gewährung 264 83 Investitionszulagen 264 42 Kapitalzufuhr 264 50 Kostenprinzip 264 50 Kredithilfen 264 49 Kreditsubventionen 265b 28 Kultursubventionen 264 25 materieller Subventionsbegriff 264 40 mittelbare 264 43 öffentliche 264 43, 70 Preissubventionen 264 58 private Leistungen 264 43 Realförderungen 264 51 Rechtsgrundlage 264 44 ff, 70a Rückforderung 264 83 Schadenssubventionen 264 52 Sozialsubventionen 264 54 staatliche Unternehmensbeteiligungen 264 50 Subventionsvorteil 264 84 Subventionszweck 264 30, 61, 64 ff Treuepflicht 266 156 Unternehmensbegriff 264 55 f verlorener Zuschuss 264 48 Vermittlung 264 57 Vertragssubventionen (EU) 264 17, 46 Vorsteuererstattung 264 42 Weitergewährung 264 83 Wirtschaftsförderung 264 61, 64 ff Subventionsbetrug Vor 263 ff 3; Vor 263 18, 40, 42, 44, 47, 100, 102; 263 1, 27, 39, 56, 79, 164, 165, 175, 183, 184, 267, 297, 298, 301, 307, 314, 330, 331; 264 1 ff

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s. auch Bettelbetrug, Zweckverfehlungslehre § 370 AO 263 319–322 § 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG Vor 263 6 abstraktes Gefährdungsdelikt 264 27 Beweis der Ungefährlichkeit 264 31 Gefährdung 264 29 materielle Zweckerreichung 264 31 Amtsträger 264 36 ff, 171 ff Angaben 264 95 Anzeigepflicht (§ 6 SubvG) 264 191 ff ausländisches Recht Vor 263 61, 68, 74, 90; 264 15, 20 ff Banden- und gewerbsmäßige Begehung 264 177 ff belgisches Recht 264 21 Bescheinigung 264 120 ff Gebrauchmachen 264 122 besonders schwere Fälle 264 163 ff Amtsträger 264 171 ff grober Eigennutz 264 167 Mithilfe eines Amtsträgers 264 175 f Subvention großen Ausmaßes 264 170 Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege 264 168 Betriebsbegriff 264 55 f s. auch dort Betriebsinhaber 264 15 Betriebsprämie (Landwirtschaft) 264 70a dänisches Recht 264 21a Deutschlandfonds 264 43, 49, 50, 68 direkte 264 41 englisches Recht 264 15, 21a Erfolgsdelikt 264 28 ERP-Mittel 264 45 EU-Subventionen 264 12, 17, 69 ff, 147, 189, 190, 193 Finanzmarktstabilisierungsfonds 264 43, 49, 50, 68 finnisches Recht 264 21a französisches Recht 264 15, 20 fremdnütziges Handeln 264 105 Gebrauch von Bescheinigungen 264 117 ff geschütztes Rechtsgut 264 23 ff griechisches Recht 264 20 grober Eigennutz 264 167 internationales Strafrecht 263 332; 264 190 Irrtum 263 79, 83 italienisches Recht 264 15, 21 Konkurrenzen 264 185 ff § 263 264 185 f §§ 267 ff 264 187 Tateinheit 264 187 Varianten des § 264 264 188 f Kriminalpolitik 264 1 ff Kriminologie 264 4 f

Sachregister Kritik 264 6 ff Kultursubventionen 264 25, 147 Kurzarbeitergeld 264 57, 67 Leichtfertigkeit 264 16, 19, 144 ff luxemburgisches Recht 264 21 Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 4 Abs. 2 SubvG) rechtliche Voraussetzungen 264 135 Typisierung 264 137 Umgehungsabsicht 264 139 f Vorsatz 264 139 Mithilfe eines Amtsträgers 264 175 f Nebenfolgen 264 178 ff Aberkennung der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit 264 179 Einziehung 264 182 ff Nebenstrafe 264 181 niederländisches Recht 264 15, 20 organisierte Kriminalität 264 177 österreichisches Recht 264 15, 20 Planungs- und Dispositionsfreiheit des Subventionsgebers 264 23 Planungsschäden 264 5 polnisches Recht 264 22 portugiesisches Recht 264 21 RiStBV 264 195 Schaden 263 181–185, 188, 267 Scheingeschäfte 264 124 ff Scheinhandlungen 264 123 ff schwedisches Recht 264 15, 21a schweizerisches Recht 264 20 Sonderdelikt 264 35, 115 Sozialsubventionen 264 25, 54, 147 spanisches Recht 264 15, 21 Strafanzeige 264 191 ff Strafbemessung 264 161 ff Strafverfolgung 264 196 ff Subvention 264 39 ff s. auch dort Subvention großen Ausmaßes 264 170 subventionserhebliche Tatsachen 264 71 ff Bezeichnung 264 73 ff Bezeichnungspflicht 264 72 Bezeichnungsrahmen 264 77 Form der Vergaberegelung 264 80 gesetzliche Abhängigkeit der Bewilligung von den ~ 264 79 Inhalt der Vergaberegelung 264 81 f Tatbestandsirrtum 264 78 Unkenntnis des Subventionsgebers 264 110 ff Subventionsgeber 264 86 ff Subventionsgesetz 264 11 ff Subventionsnehmer 264 89 ff Subventionsverfahren 264 91 ff Subventionsvermittlung 264 57

Sub

Subventionsvorteil 264 84 Subventionszweck 264 30, 61, 64 ff Täterkreis 264 33 ff Amtsträger 264 36 ff, 171 ff jedermann 264 33 Sonderdelikt 264 35, 115 Subventionsnehmer 264 35 Vertretungsmacht 264 34 Täterschaft und Teilnahme 264 158 ff Tathandlungen 264 71 ff, 94 ff tätige Reue 264 149 ff Tätigkeitsdelikt 264 29 Täuschung 263 11, 39, 50, 56 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der EG 264 14 ff Umgehungshandlungen 264 129 ff unrichtige Angaben 264 94 ff Bescheinigung 264 121 Vollendung der Tat 264 103 ff Vorteilhaftigkeit 264 100 ff Unrichtigkeit der Angaben 264 96 Unterlassen 264 94 Unterlassungsdelikt (§ 264 Abs. 1 Nr. 3) 264 109 ff Pflicht zur Aufklärung des Subventionsgebers 264 113 ff Sonderdelikt 264 115 Unkenntnis des Subventionsgebers 264 110 ff Vorteilhaftigkeit 264 116 Unternehmensbegriff 264 55 f s. auch dort Unternehmensleiter 264 15 Unvollständigkeit der Angaben 264 97 ff Verfahrensrecht 264 198 ff Verfolgungsverjährung 264 196 ff Verfügung 263 100 Vermögen öffentliches 264 9, 25 Planungshoheit 264 26 Vermögensvorteil 263 267 Verschrottungsprämie (Kfz) 264 54 Verstoß gegen Verwendungsbeschränkung 264 106 ff Vertragssubventionen (EU) 264 17, 46 Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege 264 168 Verwendungsbeschränkung 264 107 vorgetäuschter Betrieb 264 60 vorgetäuschtes Unternehmen 264 60 Vorsatz 264 5, 18, 141 ff wirtschaftspolitische Zwecke 264 23 Wirtschaftsstrafkammer 264 197 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Zweckentfremdung 264 108

1037

Sub

Sachregister

Subventionsgeber Begriff 264 86 ff Subventionsgesetz Anzeigepflicht 264 191 ff EU-Recht 264 11 f, 17 Landessubventionsgesetze 264 124 Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 4 Abs. 2 SubvG) 264 129 ff Wortlaut 264 13 Subventionsnehmer Begriff 264 89 f Subventionsstrafrecht historische Entwicklung 264 1 ff Kriminalpolitik 264 1 ff Kriminologie 264 4 f Subventionsverfahren 264 91 ff Systematik des Betrugsstrafrechts Vor 263 41–50 Tanken (ohne Bezahlung) 265a 36 s. auch Tankstellenbetrug Tankkarte 266 157; 266b 33 Tankstellenbetrug Vor 263 4; 263 12, 38, 276 Tatbestandsirrtum s. Subjektiver Tatbestand Täterschaft und Teilnahme Betrug 263 283–288 Anstiftung 263 284, 288 Beihilfe 263 271, 283, 286–288, 301 des Prinzipals 263 71, 74, 284, 311 Führungsaufsicht 263 329 Konkurrenzen 263 311, 313, 325 Mittäterschaft 263 283, 286 mittelbare Täterschaft s. dort Nebentäterschaft 263 285 Kreditbetrug 265b 108 ff Subventionsbetrug 264 158 ff Untreue 266 201 ff notwendige Teilnahme 266 204 Sonderdeliktscharakter 266 201 Teilnahme 266 203 ff Unterlassensproblematik 266 202 Versicherungsmissbrauch 265 30 f Tätige Reue Kapitalanlagebetrug 264a 96 ff Kreditbetrug 265b 102 ff Subventionsbetrug 264 149 ff Tatsachen Vor 263 16; 263 2, 5, 7–20 äußere ~ 263 11 Definition 263 10 Einzelbeispiele 263 10–12, 15, 20 Erfahrungssätze/Naturgesetze 263 17 innere ~ 263 8, 9, 12, 15, 16, 20, 26, 38 Künftiges 263 8, 9, 12, 14, 16 Meinungsäußerungen 263 8, 9, 13

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Rechtsbehauptungen 263 12, 18–20 Tatsachenkern 263 14, 19 Unmögliches 263 10, 38 Werbeanpreisungen 263 14 Werturteile 263 8, 9, 12, 13, 16 Täuschung Vor 263 1, 21; 263 2–4, 7–75, 80 Anfordern einer Leistung 263 39, 41 ausdrückliche Vor 263 35, 39; 263 4, 21, 22, 24–27, 30, 41 ausländisches Recht Vor 263 51–53, 56, 57, 60, 62–65, 69, 70, 72, 73, 79, 82–85, 87–89, 91–93; 263 8 Bewusstsein 263 23 Fußn. 46 durch Erklärungen 263 4, 7, 22–24 durch Unterlassen s. dort EG-Recht/EU-Recht Vor 263 95, 103 Eignung zur Täuschung Vor 263 35, 72 f; 263 23 Fußn. 46 Entgegennahme einer Leistung 263 39, 64, 67 Erheblichkeit 263 21, 27 internationales Strafrecht 263 334 Kapitalanlagebetrug 264a 64 konkludente Vor 263 35, 39; 263 8, 19, 21, 22, 26–50, 60, 62–64, 67, 69, 87, 242, 318 Kreditbetrug 265b 50 Mängel 263 37, 64 Manipulationen 263 4, 11, 23, 31, 35, 37, 68, 316 mehraktige ~ 263 27 Scheinerklärung 263 26 Sondertatbestände Vor 263 7, 45 Sozialadäquanz s. dort Tatbestandsstruktur Vor 263 20, 21; 263 3 über Befugnisse 263 39 über Tatsachen s. dort Unmittelbarkeit bzgl. Verfügung 263 27 Vermögensrelevanz 263 2, 27, 276, 278 Wette und Spiel 263 31, 33 zugesicherte Eigenschaften 263 37 Tauschwert Vor 263 20 Telefonautomat 265a 25 ff, 41 ff Telekommunikation Begriff 265a 3, 24 ff Telekommunikation Leistungserschleichung 265a 26, 51, 53, 60 Netz 265a 25 Theater 265a 33 Treu und Glauben Garantenstellung Vor 263 93; 263 53, 54, 58, 59, 64, 66–68 Rechtsgut § 263 s. dort Treubruchtatbestand s. Untreue, Treubruchtatbestand

Sachregister Treueverhältnis 266 58, 61 ff rechtsunwirksames 266 63 unsittliches 266 64 Treuhand 266 14 Treupflicht 266 21 f, 58 Trihotel-Entscheidung 266 251 Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Vor 263 2, 41, 95, 102 Umgehung 263 50; 265b 75 Umgehung von Sicherungseinrichtungen 265a 6, 36, 37, 44 ff Umzugskosten 263 11, 57, 267 unbewusste Selbstschädigung Vor 263 33; 263 27, 138, 182–185 Unfallversicherung Arbeitgeberanteile 266a 68 Unionsrecht (EU) s. auch EG-Recht Einfluss auf Betrugsauslegung Vor 263 98–104 Schutz der EU-Finanzinteressen Vor 263 99–104 Unionsrechtsfreundliche Auslegung Vor 263 98–104 Verbraucherleitbild Vor 263 40, 99 Werbung für Produkte Vor 263 40 Universalkreditkarte 266b 18 ff, 24 Unterlassen Computerbetrug 263a 64 Unterlassen (Betrug durch ~) Vor 263 39, 93, 94; 263 21, 29, 30, 51–75, 78, 87, 247 Unterlassungsdelikt Kapitalanlagebetrug 264a 85 Subventionsbetrug 264 109 ff, 114 Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a 3, 53 f, 71 Unternehmensbegriff 264 55 f; 264a 53; 265b 28 öffentliche Unternehmen 264 56 vorgetäuschtes Unternehmen 264 60 Unternehmensleiter Strafbarkeit 264 15 Unternehmenswert 263 200 Unterschlagung 263 155 Verhältnis zu § 263 263 108, 190, 313, 325, 326, 328 Wahlfeststellung 263 309 Unterschriftserschleichung s. auch Beweismittelbetrug, Provisionsvertreterbetrug Schaden 263 178, 207, 230 Täuschung 263 11 Unterstützungsbetrug s. Bettelbetrug

Unt

Untreue Abbuchungsvollmacht 266 160 Abgeordneter 266 127 Abgrenzung Missbrauchs-/Treubruchtatbestand 266 21 Abgrenzung Untreue/Unterschlagung 266 42 Abliefern von Geld 266 87 Abrechnung 266 183 Abschlussvertreter 266 43 Abschreibungsgesellschaft 266 127 Abteilungsleiter 266 102 Abtretung 266 127, 174 Abwickler 266 34 Abzahlungsverkäufer 266 161 AE s. Alternativ-Entwurf (AE) AGB s. Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesellschaft 266 62 ff, 97, 111 ff, 127, 256 ff Aktienuntreue 266 256 ff Aktionär 266 111, 227, 261 aktiver Mehrheitsgesellschafter 266 247 Alleinauftrag 266 146 Allgemeine Geschäftsbedingungen 266 77, 90 Alternativ-Entwurf (AE) 266 268 Amt des öffentlichen Dienstes 266 128 Ämterpatronage 266 238 Amtsdirektor 266 80, 129 Amtsuntreue 266 179 f, 230 ff Amtsverhältnis 266 128 Amtsvormundschaft 266 33 Anderkonto 266 148, 183 Anerkennungsprämie 266 114 angekoppelte Verwaltungstreuhand 266 17, 78 f, 90, 155 Angestelltenverhältnis 266 128 Anlageberater 266 88, 130 Anscheinsvollmacht 266 40 ff, 43 f, 47, 62 Anstiftung 266 203 f, 208 Anwaltsvertrag 266 130 s. auch Rechtsanwalt Anwartschaft 266 103, 164, 166 f, 176, 185 Anwendungsbereich 266 14, 99, 111 Arbeiter 266 85, 131 Arbeitgeber 266 112, 131 s. auch Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag Arbeitnehmer 266 22, 102, 131 s. auch Arbeitsvertrag, Arbeitsverhältnis Arbeitsplatzsicherung 266 199 Arbeitsverhältnis 266 131 Arbeitsvertrag 266 76, 90, 108, 131 Architekt 266 80, 132 AStA 266 125, 129 Aufbewahren von Geld 266 82

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Unt

Sachregister

Untreue (Forts.) Aufseher 266 132 Aufsichtsrat 266 60, 62 f, 114, 125, 258 ff Auftrag 266 62, 65, 82 f, 89, 132 Aushilfsverkäufer 266 132 ausländisches Recht 266 271 ff Frankreich 266 275 Großbritannien 266 273 Italien 266 274 Österreich 266 271 Schweiz 266 272 Spanien 266 274 USA 266 273 Außenverhältnis 266 21 Aussteuer-Kaufvertrag 266 143 Austauschgeschäft 266 22, 58, 76, 78 Austauschverhältnis s. Austauschgeschäft Austauschverträge 266 76, 186 Bäckerjunge 266 83, 91, 133 Bademeister 266 129, 133 Bagatellbetrag 266 91 Bahnhofsvorsteher 266 129 Bankkunde 266 133 Bankuntreue 266 240 f Barkaution s. Kaution Bauherr 266 154 Baukostenzuschuss 266 77, 90, 133, 147 Bauträger 266 133 Beamtenverhältnis 266 Beamter, Untergeordneter 266 128 Beauftragter 266 62, 134 s. auch Auftrag Bedeutungshof 266 24 f Bedeutungskern 266 24, 26, 194 bedingter Vorsatz 266 190 f, 215 Beendigung 266 207 behördlicher Auftrag 266 32, 34, 60 Beihilfe 266 203 ff durch neutrales Handeln 266 204 Beistand 266 34, 134 Beistandschaft 266 134 Beratungsvertrag 266 134 Bereicherungsanspruch 266 134 Besitz 266 134, 155 Besitzdiener 266 134 besonderes persönliches Merkmal 266 203 besonders schwerer Fall 266 216 ff Bestechung 266 185, 208 Bestimmtheitsgrundsatz 266 13, 24 ff, 100, 164 Betreuen 266 73 Betreuer 266 34 Betreuung 266 134

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Betreuungspflicht 266 58, 63 f, 70 ff, 75 ff, 82, 102 erweiterte Betreuungsstellung 266 66 Betreuungsverhältnis s. Betreuungspflicht Bevollmächtigtenuntreue in RG-Rechtsprechung 266 39 Bevollmächtigter s. Stellvertreter Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit 266 193 Blankett-Straftatbestand 266 57, 94, 99 Börsengeschäft 266 116 Börsenmakler 266 109 bösgläubig 266 152 Bote 266 42 f, 135 Bremer Vulkan-Entscheidung 266 156, 251 Buchführung, unordentliche 266 107, 182 Buchhalter 266 135 Bundesligaskandal 266 185 Bundeswehr 266 162 Bürgermeister 266 34, 103, 129 Büroangestellter 266 135 Business Judgment Rule 266 97, 117 Cash Pool(ing) 266 136, 253, 265 Churning 266 110 Compliance 266 2 Compliancebeauftragter 266 133 Computerkriminalität 266 136 Computermanipulation 266 136, 145 Corporate Compliance s. Compliance 266 Darlehen 266 76 f, 137, 240 f, 253 Daten, Datenverarbeitung s. Computermanipulation Depotunterschlagung 266 222 Diebstahl 266 20, 102 Dienstfahrt 266 131 Dienstvertrag 266 77, 137, 193 Dienstwohnung 266 80, 174 Dispositionsbefugnis 266 116, 230 dolus eventualis s. bedingter Vorsatz Doppelmilderung 266 203 Drei-Partner-System 266 144 Dritte 266 64, 146, 152, 212 Dualistische Theorie, ältere 266 9 f, 12 Dualistische Theorie, neuere 266 12 Duldungsvollmacht s. Anscheinsvollmacht Ehe 266 33, 66, 138 Ehegatte 266 35, 47 eigene Interessen 266 76 eigenkapitalersetzende Darlehen 266 253 Eigentumsdelikte 266 20, 73, 81 s. auch Hantieren mit Sachen Eigentumsvorbehalt 266 51 f, 76, 138, 155

Sachregister Eigenverwaltung 266 45, 72, 142 Einheit der Rechtsordnung 266 56, 64, 94 Einkassieren von Geld 266 82, 87 Einkaufsbeamter einer Strafvollzugsanstalt 266 129 Einkaufskommission 266 77 Ein-Mann-GmbH 266 45, 72, 254 Einverständnis bei GmbH 266 249 Einverständnis des Geschäftsherrn 266 55, 72, 124, 198 elterliche Sorge 266 33 f, 138 England 266 273 entgangener Gewinn 266 164, 173 Entscheidungstheorie, rationale 266 117, 241 Entwicklung in der Rechtsprechung 266 16 f Erbe 266 52, 157 Erfolgsdelikt 266 29 Erfüllungsgehilfe 266 66 Ermächtigung 266 31, 35, 51 error in persona 266 197 Euroscheck s. Scheckkarte Existenzvernichtungshaftung 266 251 ff, 263, 265 Exspektanz 266 166 f Factoring 266 139 faktischer Geschäftsführer 266 246 faktischer Konzern 266 250 Falschbuchung 266 107 Fehlleitung öffentlicher Mittel 266 239 Feldwebel 266 162 Filialleiter 266 131 Finanzbeamter 266 129 Finanzkrise 266 120 Finanzmakler 266 82 Fiskalamt 266 128 Fleischbeschauer 266 108 Formularvertrag 266 77 Forstbeamter 266 129 Fortsetzungstat 266 213 Frachtgeschäft 266 139 Frankreich 266 275 freihändiger Verkauf 266 36 fremdes Vermögen 266 45 Fremdnützigkeit 266 58, 78, 126 Verwaltungstreuhand 266 17 Fremdverwaltung 266 72 Friedhofsverwalter 266 129 Front Running 266 109 Fund 266 139 Funktionentheorie 266 212 Ganovenuntreue 266 64 Garantensonderdelikt 266 29, 54, 106, 201 Garantenstellung des Täters über fremdes Vermögen 266 84 ff

Unt

Abgrenzung nach Haupt- und Nebenpflicht 266 90 Abwesenheit von Kontrolle 266 86 Auftrag zu einzelnem Vermögensgeschäft 266 89 Dauer der Betreuungstätigkeit 266 89 Entscheidungswahlfreiheit 266 85 Geschäftsführer 266 248, 255 Pflicht zur Vermögensmehrung 266 85 qualifizierte Herrschaft über fremdes Vermögen 266 86 Selbstkontrolle 266 86, 89 Umfang der Betreuungstätigkeit 266 89 Zivilrechtsakzessorietät 266 90 Gasmann 266 140 Gebührenschinderei 266 110 Gefälligkeit 266 140 Gegenvormund 266 60, 160 Geheimnispreisgabe 266 160 Geldabholer 266 140 Geldstrafe 266 111, 214, 237 Gemeinde 266 129, 233 Gemeindekassenrendant 266 129 Gemeinderat 266 129 Gemeinschuldner 266 45, 72, 164, 194 Generalvollmacht 266 160 Genossenschaft 266 35, 60, 116, 140 Gerichtsvollzieher 266 34, 36, 47, 53, 129, 174, 182 Geringwertigkeit 266 225 Gesamtgut 266 35 s. auch Gütergemeinschaft Gesamtstrafe 266 215 gesamttatbewertendes Merkmal 266 193 f Geschäfte, gewagte s. Risikogeschäft Geschäftsbesorgung 266 58, 62 f, 74 ff, 102 f, 139 Geschäftsführer 266 35, 47, 65, 72, 83, 245 ff, 263 Geschäftsführung 266 112 f, 140, 258 ff Geschäftsführung ohne Auftrag 266 76, 140 Geschäftsverbindung 266 65, 140 geschütztes Rechtsgut 266 23 strafrechtlicher Vermögensbegriff 266 165 f Gesellschaft 266 111, 242 ff Gesellschaften des BGB und des Handelsrechts 266 242 ff Gesellschafter 266 35, 227, 244 ff Gesellschafterbeschluss 266 248 f Gesellschaftertheorie, eingeschränkte 266 249 ff Gesellschaftertheorie, strenge 266 249 ff gesellschaftliche Beziehungen 266 140 Gesellschaftsuntreue 266 242 ff

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Unt

Sachregister

Untreue (Forts.) Gesellschaftsvermögen 266 45, 212 Gesetz 266 33, 60 Gesetzesbestimmtheit 266 24 ff Gesetzespräzision 266 24 ff Gesetzesvorschlag 266 26 Gesetzeswortlaut 266 26 Gewerbegehilfe 266 140 Gewerberaummiete 266 147 Gewerkschaft 266 72 Gläubigerausschuss 266 60, 142 Gläubigerfonds 266 154 GmbH 266 35, 47, 63, 125, 174, 243 ff Einverständnis der Gesellschafter 266 249 faktischer Geschäftsführer 266 246 Geschäftsführer 266 245 mehrköpfige Organe 266 248 Pflichtwidrigkeit 266 248 ff GmbH-Untreue 266 243 ff grammatische Interpretation 266 13 Gratifikationen 266 111, 114 Grundlagen der Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 266 32 behördlicher Auftrag 266 34 Beispiele 266 34 ff Berufung in ein öffentliches Amt 266 34 Gesetz 266 33 Rechtsgeschäft 266 35 Gründungsgesellschafter 266 244 guten Glaubens 266 152 Gütergemeinschaft 266 138 s. auch Gesamtgut Handelsgesellschaften 266 242 ff Handelsmakler 266 146 Handelsvertreter 266 51, 62, 141 Handkasse 266 128 Handlangertätigkeit s. Hantieren mit Sachen Handlungsagent 266 43 Handlungseinheit 266 213 Handlungsgehilfe 266 141 Handlungsvollmacht 266 35, 40, 141 Hantieren mit Sachen 266 22, 44, 47, 76, 81, 83, 88 f, 126 Hauptpflicht 266 58, 74, 90, 98 Hauptvollmacht 266 160 Hausangestellter 266 141 Haushaltstitel 266 230 ff Haushaltsuntreue 266 230 ff Hausmeister 266 141 Hausverwaltung 266 141 Herrschaft über fremdes Vermögen 266 21 ff, 29 Arbeitnehmer (Abgrenzung) 266 22

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Austauschgeschäfte (Abgrenzung) 266 22 Eigentumsdelikte (Abgrenzung) 266 22 Herrschaftsprinzip 266 21 f, 26, 43, 54, 58 f, 61 ff, 102 ff Hinweispflicht 266 228 historische Interpretation 266 13, 15, 19 Identität von Betreutem und Verletztem 266 101 Identität von Vermögensinhaber und Geschädigtem 266 172 Individualanspruch 266 45 individueller Schadenseinschlag 266 175, 187, 232 f Inhaltsbestimmung 266 1 ff Inkasso 266 51, 62, 78, 142 Inkassobevollmächtigter 266 43 Inkassobote 266 43 Inkassobüro 266 142 Inkassoermächtigung 266 51 Inkassogeschäft 266 142 Inkassovertreter s. Inkassobevollmächtigter Innenverhältnis 266 21 Innung 266 174 Inputmanipulation 266 136 Insolvenzverwalter 266 31, 45, 60, 72, 142, 172 Insolvenzverwaltung 266 142 integrierter Vermögensbegriff 266 167, 170, 178 Interessentheorie 266 211 f Irrtum 266 189 ff Italien 266 274 Jugendamt 266 33 f juristischer Vermögensbegriff 266 165 juristisch-ökonomische Vermittlungslehre 266 166 Kanther-Entscheidung 266 179 f, 184, 196 Kapitalanlagegeschäft 266 143 Kapitalgesellschaft 266 60, 93, 179 Kassenarzt 266 143 Kassenbote 266 82, 86, 89, 143 Kassenhalter s. Kassierer Kassenverwalter 266 129 Kassierer 266 44, 83, 86, 102, 143 Käufer 266 143 Kaufvertrag 266 76, 138, 143 Kaution 266 147 Kellner 266 83, 143 Kick back 266 5, 107, 167, 173 Kinowelt-Entscheidung 266 98, 256 Kohl-Fall 266 184 Kölner Müllskandal 266 49 Kommanditgesellschaft 266 262 f

Sachregister Kommissionär 266 31, 35, 47, 144 s. auch Einkaufs- oder Verkaufskommission Kommissionsvertrag 266 144 Kompensation 266 112, 115, 121, 169, 178, 184 ff, 195, 232 ff Konkurrenzen 266 208 ff Abgabenüberhebung 266 208 Alternativität 266 211 f Amtsanmaßung 266 208 Bankrott 266 208, 211 Bestechlichkeit 266 208 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr 266 208 Betrug 266 208 Computerbetrug 266 208 Diebstahl 266 208 Erpressung 266 208 Fortsetzungszusammenhang 266 213 Gebührenüberhebung 266 208 Hehlerei 266 208 Insolvenzstraftaten 266 211 Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten 266 144, 209 Parteiverrat 266 209 Postgeheimnisbruch 266 209 Rechtsbeugung 266 209 Steuerhinterziehung 266 209 Tateinheit, Tatmehrheit 266 208 ff Unterschlagung 266 210 Urkundenfälschung 266 210 Urkundenunterdrückung 266 210 Verwahrungsbruch 266 210 Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266 210 Konkursverwaltung 266 142 Kontrolle, Abwesenheit von 266 21, 86 Konzern 266 144 Körperschaftstheorie, eingeschränkte 266 249, 252 Körperschaftstheorie, strenge 266 249 Korruption 266 2, 5, 185 Kostenbeamter 266 128, 134 Kostenfestsetzungsbeamter 266 129 Kraftfahrer 266 81 Krankenkassensekretär 266 144 Kreditgeschäft 266 116, 139 Kreditkarte 266 144 Kredituntreue 266 240 f Kriminalisierung durch Privatrecht 266 77 Kriminalpolitische Bedeutung 266 1 ff Ladenangestellter 266 44, 141 Lagerverwalter 266 145 Landmesser 266 108 Landrat 266 129 Lastschrifteinzugsermächtigung 266 160

Unt

Lastschriftermächtigung 266 145 Lastschriftverfahren 266 77 Laufbursche 266 145 Leasing 266 145 Leasinggeschäft 266 147 Legalitätspflicht 266 121 Lehrer 266 129 Lehrstuhlinhaber 266 129 Leihvertrag 266 145 Leistungsaustauschverhältnisse 266 76, 186 Leistungsträger 266 153 Leistungsverzug 266 183 Leiter einer Dienststelle 266 129 Leiter einer Sparkasse 266 129 Limited 266 264 Liquidator 266 34 f, 159 Locher 266 136, 145 Lotterieeinnehmer 266 128 Macht- und Einflussstellung auf das fremde Vermögen 266 26 Makler 266 146 Maklervertrag 266 146 Mannesmann-Fall 266 16, 49, 98, 111, 114, 193, 200, 260, 270 Mehrerlösvereinbarung 266 146 Miete 266 76 f, 90 Mieter 266 147 Mietvertrag 266 147 Mietvorauszahlung 266 147 Milchmann 266 140 Missbrauch 266 46 ff Außenmacht größer als Innenmacht 266 47 durch Unterlassen 266 53 rechtliches Dürfen 266 47 rechtliches Können 266 47 von Scheck- und Kreditkarten (§ 266 266b StGB) 13, 144 Zivilrechtsakzessorietät 266 47 ff Missbrauchstatbestand 266 30 ff strafrechtsautonome Bestimmung 266 47 f Abgrenzung zum Treubruchtatbestand (Theorienstreit) 266 6 ff ältere dualistische Theorie 266 9 bei äußerlich einwandfreien Geschäften in ungetreuer Absicht 266 51 bei Handeln des Boten 266 42 bei hoheitlicher Befugnis 266 46 bei Rechtsscheinstatbeständen 266 41 Missbrauchstheorie 266 7 streng monistische Theorie 266 12 Treubruchtheorie 266 8 typologische Theorie 266 20 ff Missbrauchstheorie 266 7 mitbestrafte Nachtat 266 208, 213

1043

Unt

Sachregister

Untreue (Forts.) Monistische Theorie, eingeschränkte 266 12 ff Monistische Theorie, strenge 266 12 ff Mündel 266 53, 80, 108, 129 mutmaßliches Einverständnis 266 198 Nachlasspfleger 266 34, 148 Nachlasspflegschaft 266 34, 148 Nachlassrichter 266 34, 148 Nachlassverwalter 266 34, 148 Nachteil s. Vermögensnachteil Nebenabreden 266 90 Nebenpflicht 266 90 Nebenstrafrechtliche Sondervorschriften 266 222 f Nießbrauch 266 148 Nießbraucher 266 148 normatives Tatbestandsmerkmal 266 99, 192 f Notar 266 36, 72, 108, 148 Notstand 266 199 notwendige Teilnahme 266 204 Nullsummenspiel 266 117, 187 Nutzungspfand 266 149 Oberbürgermeister 266 129 Oberkreisdirektor 266 129 Obhutsstellung 266 29 ff, 58 ff, 69, 90, 101, 190, 194, 201 offene Handelsgesellschaft s. OHG Öffentlicher Dienst 266 128, 236 OHG 266 35, 45, 47, 262 Operator 266 136, 149 Organ 266 31, 66, 68, 121, 125, 180, 188, 201, 211, 230 ff, 240, 242 ff mehrköpfiges 266 248 Organuntreue 266 2 f, 149, 242 ff Österreich 266 254 Pächter 266 76, 148 Parallelwertung in der Laiensphäre 266 193 Parkuhren 266 140 Parkwächter 266 132 Parteispende 266 111 personale Vermögenslehre 266 166 Personengesellschaft 266 125, 172, 262 f Pfandgläubiger 266 149 Pfarrpfründe 266 159 Pfleger 266 34, 38, 63, 80, 172 Pflegschaft 266 66, 150 Pflichtenkollision 266 199 Pflichtverletzung 266 93 ff Begriff 266 92 Pflichtenkreis 266 58

1044

Verstoß gegen die Betreuungspflicht 266 102 Zusammenhang mit dem Vermögensnachteil 266 185 Pflichtwidrigkeit 266 55, 92, 96, 98, 107, 112 ff, 163, 193 ff, 198 Pflichtwidrigkeit bei GmbH 266 248 ff Polizeibeamter 266 44, 150 Portokasse 266 128 Postbeamter 266 129 Postbote 266 150 Professor 266 129 Programmierer 266 136, 150 Prokura 266 35, 47, 62, 150 Prokurist 266 50, 193, 205 f s. auch Prokura Provision 266 101, 103 quaternio terminorum 266 13 Quittungsüberbringer 266 43, 91, 151 Realakt 266 16, 43, 56, 102 Rechnungsprüfungsbeamter 266 129 Rechtfertigungsgründe 266 94, 199 Rechtsanwalt 266 58, 60, 63, 101, 103, 105, 108, 152 Rechtsberater 266 63 Rechtsbestand (Beispiele) 266 38 Rechtsgeschäft 266 35, 60 Rechtsgut 266 23 Angabe des geschützten Rechtsguts 266 26 Rechtspfleger 266 129 Rechtsschein 266 37 ff, 152 bei Vertrauensschutz 266 37 ff Rechtswidrigkeit 266 198 f Rechtfertigungsgründe 266 199 Reform 266 267 ff Regelbeispiel 266 218 f Regelstrafe 266 214 Regierungsinspektor 266 129 Reisebüro 266 78, 82, 153 Reisender 266 153 Reiseveranstalter 266 78, 153 Reiseverkehr 266 153 Repräsentationsaufwand 266 112 Revierförster 266 129 Richter 266 129 Risikogeschäft 266 55, 115 ff, 187, 195 Abgrenzung 266 118 ff Beispiele 266 116 f Einverständnis des Geschäftsherrn als Tatbestandsproblem 266 124 f rationale Entscheidungstheorie 266 117 Vorsatz 266 195 Warentermingeschäfte 266 119 Sachbearbeiter 266 136, 145 Sachwalter 266 45, 142

Sachregister Sanierer 266 154 Sanierungskredit 266 241 Scalping 266 109 Schaden s. Vermögensschaden Schadensausgleich 266 164, 169, 186 s. auch Kompensation Schaffner 266 154 Schalterbeamter 266 44, 47, 81, 154 Scheckkarte 266 10, 43, 77, 144, 154 Scheckkartenentscheidung 266 10 ff, 17, 144 Schlüsselgewalt 266 33, 47, 138 Schmiergeld 266 103, 154, 185 Schuldausschließungsgründe 266 200 Schuldnerpflicht, schlichte 266 62, 80, 101, 103, 105 Schulsparkasse 266 129 Schutzzweckzusammenhang 266 98, 185 schwarze Kasse 266 163, 173, 179 f, 231 Nichtanmeldung 266 180 Schweigen 266 53 Schweiz 266 272 Selbständigkeit des Betreuungspflichtigen 266 21, 44, 58, 74, 82 ff besondere Vertrauensstellung 266 82 eigene Abrechnungskompetenz 266 88 Ermessensspielraum 266 82 extensive Interpretation 266 87 Sequester 266 34 Sicherheitseinbehalt 266 154 Sicherungsabtretung s. Sicherungszession Sicherungsgeber 266 41, 78 f, 155 Sicherungsnehmer 266 79, 155 Sicherungstreuhand 266 14, 79 Sicherungsübereignung 266 78, 90, 138, 155 Sicherungszession 266 51, 78, 155 Siemens-Fall 266 Darmstadt 266 100, 103, 179 f Erlangen 266 98 Sittenwidrigkeit/sittenwidrige Geschäfte 266 39, 49, 64 Sonderdelikt 266 201 s. auch Garantensonderdelikt Sozialversicherungsuntreue 266 131, 223 Spanien 266 274 Sparkasse 266 125, 129, 132 Sparkassendirektor 266 116 Speditionsgeschäft 266 156 Spekulationsgeschäft 266 117, 119 Spende(nuntreue) 266 97 ff, 111 ff Spendensammler 266 156 Spezialität des Missbrauchstatbestands 266 18 f Stadtdirektor 266 129

Unt

Stadtkämmerer 266 80, 129 Stadtsekretär 266 129 Stammkapital 266 63, 249 ff, 253 ff Stammkunde 266 176 Statistik 266 5 Stellvertreter 266 43, 82 Stellvertretung, verdeckte 266 172 Steuerbehörde 266 128, 131 Steuerberater 266 60, 108, 156 Steuerberatung 266 156 Steuerfestsetzung 266 129 Steuerpflicht 266 156 Steuerpflichtiger 266 156 Stiftung 266 35 Strafanstaltsleiter 266 129 Strafantrag 266 224 f Strafe 266 214 ff besonders schwerer Fall 266 216 ff Regelstrafe 266 214 Strafrechtlich-funktionale Interpretation der Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 266 43 Strafzumessung 266 215 Strohmann 266 63, 66, 246 Stromableser 266 81 Submission 266 182 Substitut 266 66 ff, 201 Subsumtion 266 194 Subsumtionsirrtum 266 190, 192, 194 f, 200 Subvention 266 156 Systemanalytiker 266 156 Tankkarteninhaber 266 157 Tatbestandsirrtum 266 153, 155 Täter 266 Rechtsprechung (Alphabet) 266 126 ff Täterschaft und Teilnahme 266 201 ff notwendige Teilnahme 266 204 Sonderdeliktscharakter 266 201 Teilnahme 266 203 ff Unterlassensproblematik 266 202 Tathandlung 266 des Missbrauchstatbestandes 266 46 ff tätiges Handeln/Beispiele 266 107 tatsächliche Einwirkung auf das zu betreuende Vermögen 266 106 Unterlassen/Beispiele 266 108 tatsächliches Treueverhältnis s. Treueverhältnis Taxifahrer 266 81, 157 Techniker 266 157 Testamentsvollstrecker 266 34, 38, 116, 157 Testamentsvollstreckung 266 157 Theorien 266 6 ff dualistische 266 9 ff, 12 eingeschränkt monistische 266 12 monistische 266 10 ff

1045

Unt

Sachregister

Untreue (Forts.) Tippgemeinschaft 266 157 Treubruchtatbestand 266 56 ff Abgrenzung zum Missbrauchstatbestand 266 6 ff ältere dualistische Theorie 266 9 Missbrauchstheorie 266 7 streng monistische Theorie 266 12 Treubruchtheorie 266 8 typologische Theorie 266 20 ff Treubruchtheorie 266 6, 8 Treueverhältnis 266 58, 61 ff rechtsunwirksames 266 63 unsittliches 266 64 Treuhand 266 14 Treupflicht 266 21 f, 58 Trihotel-Entscheidung 266 251 typologische Rechtsfindung 266 74 typologische Theorie 266 20 ff Typus „Untreueunrecht“ 266 21 zentrale Merkmale 266 21 Typus der Untreue 266 20, 72 Typusbegriff 266 74, 113 Typusmerkmale 266 74, 85, 113 Überschreitung Innen- und Außenmacht 266 47 Übersicherung 266 79, 155 Übertragung der Fürsorgepflicht 266 66 unbenannter besonders schwerer Fall 266 219 Unbestimmtheit 266 3, 27 ff Unrechtsbewusstsein 266 193 Unrechtskern 266 1, 6, 58 Unselbständige Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen 266 81 Handreichungsdienste 266 81 Privilegierter Zugang zu fremdem Vermögen 266 81 Unterlassen 266 53 f, 78, 106, 108, 202 Unternehmensberater 266 158 Unterschlagung 266 15 f, 51 f, 58, 205, 210, 226 Untervollmacht 266 160 Untreue als Verratstatbestand 266 23 Untreue gegen die Person 266 23 Untreuejudikatur des BVerfG 266 27 f USA 266 273 Vagheit der Umgangssprache 266 24 Vater 266 63, 80 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§ 265 StPO) 266 19 Veräußerungsvertrag 266 76 Verbotsirrtum 266 193 f, 200 verdeckte Gewinnausschüttung 266 249, 254 verdeckte Stellvertretung 266 172

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Verein 266 35, 80, 159 Vereinbarkeit mit dem GG 266 24 ff Verfahrensrecht 266 224 ff Hinweispflichten 266 228 Strafantrag 266 224 f Verletzter 266 227 Wahlfeststellung 266 226 Verfassungsmäßigkeit des § 266 266 24 ff Verfügung 266 46 ff Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 266 30 ff erloschene Vertretungsmacht 266 37 ff fehlendes/unwirksames Innenverhältnis 266 55 Rechtsschein 266 37 ff Vertrauensschutz 266 37 ff Verfügungs-/Verpflichtungsmacht 266 38 außerstrafrechtliche Rechtsbeständigkeit 266 38 Zivilrechtsabhängigkeit 266 39 Verfügungsberechtigung 266 164 Vergleichsverwalter 266 69 Verhältnis von Missbrauchs- und Treubruchtatbestand 266 18 f Verhältnis zu § 14 StGB 266 66 Verhältnis zu GG und MRK 266 24 ff Verjährung 266 207, 213 Verkäufer 266 143 Verkaufskommission 266 77 f Verletzter i.S.d. Verfahrensrechts 266 225, 227 Verlustzuweisung 266 127 Vermieter 266 147 Vermittlungsmakler 266 146 Vermögen 266 23 ff, 165 ff Vermögen juristischer Personen 266 72 Vermögensbegriff 266 165 ff Vermögensdelikt 266 23 Vermögensfürsorgepflicht 266 59 s. auch Betreuungspflicht Abgrenzung zum Austauschverhältnis 266 58 Abgrenzung zur Schuldnerpflichtverletzung 266 101 ff Begründung durch tatsächlichen Eintritt in Herrschaftskreis 266 58 Einschränkungen 266 58 Erloschene Rechtsverhältnisse 266 62 Fremdnützigkeit als Abgrenzungskriterium 266 58 Fürsorgepflicht als Hauptpflicht 266 58 Ganovenuntreue 266 64 Grundlage 266 60 Konsequenz aus Herrschaftsposition 266 59

Sachregister Missbrauch der Herrschaftsposition 266 67 Pflicht zu Unterlassung abredewidriger Verfügung 266 78 Rechtsunwirksame Betreuungsverhältnisse 266 63 Selbständigkeit der Position des Fürsorgepflichtigen 266 58 Übertragung auf Substitute 266 66 Unabhängigkeit vom Zivilrecht 266 61 Unsittliche und rechtswidrige Rechtsverhältnisse 266 64 Verletzung 266 92 Verletzung fremden Vermögens von innen heraus 266 58 Widerstreit verschiedener Interessen 266 72 Vermögensgefährdung 266 166, 178 ff Vermögensinteresse 266 71 fremdes 266 72 Identität des zu Betreuenden und des Verletzten 266 101, 172 Vermögensnachteil, Vermögensschaden 266 164 ff Anwartschaften 266 164, 167, 176 Identität von Vermögensnachteil und Vermögensschaden 266 164 individueller Schadenseinschlag 266 175 Schadenskompensation, Schadensausgleich 266 186 Vorteilsausgleich 266 186 Zerstörung einer Anwartschaft 266 176 Zweckverfehlungslehre 266 175 Vermögensträger 266 172 Vermögensverwaltung 266 159 Verpächter 266 148 Verpflichtung 266 46 Verpflichtungsbefugnis 266 30 ff Verschleierung 266 107, 213 Verschwendung öffentlicher Mittel 266 235 Versteigerung 266 36, 53, 159 Versuch 266 177, 179, 206, 232 Verteidigerhonorar 266 237 Vertragliche Verabredung gesetzlicher Pflichten 266 77 Vertragskonzern 266 250, 266 Vertrauen in die Redlichkeit von Rechts- und Wirtschaftsverkehr 266 23 Vertreter 266 43 einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft 266 129 Inkassovertreter 266 43 mit gebundener Marschroute 266 43 Vertreterhaftung 266 67 f, 201

Unt

Veruntreuung 266 16, 41, 43 f, 52, 59, 81, 226 Verwahrung 266 76, 159 Verwalten 266 26 Verwaltungstreuhand 266 14 Verwandtschaft 266 140 Verzug s. Leistungsverzug Viktimodogmatik 266 1, 4, 20, 58, 87, 175 Vollendung 266 177 ff, 207 Vollmacht 266 31, 35, 39 f, 44, 50, 152, 160 Abbuchungsvollmacht 266 160 Untervollmacht 266 160 Vollstreckungsschuldner 266 45, 53 Vorgesellschaft 266 244 Vormund 266 34, 38, 62, 80, 108, 116 f, 160, 174, 176, 187, 224 f Vorsatz 266 189 ff Abgrenzung des bedingten Vorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit 266 190 ff Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit 266 193 Risikogeschäfte 266 190, 195 Subsumtionsirrtum 266 190, 194 f Tatbestandsirrtum 266 192 ff Vorsatzbegriff 266 kognitiver 266 191 philologischer 266 191 typologischer 266 191 vorsatzloses Werkzeug 266 124 Vorstand 266 35, 47, 62 f, 66, 97 f, 111 ff, 125, 160, 240, 256 ff Vorteilsausgleich s. Kompensation Wachmann 266 132 Wahlfeststellung 266 226 Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen 266 58, 73 f, 78, 83 Warentermingeschäft 266 119, 140, 161 Wechselgläubiger 266 161 Wechselschuldner 266 161 Werkvertrag 266 76 f, 161 Wettbewerbsverbot 266 62, 141 wirtschaftlicher Vermögensbegriff 266 165 Wirtschaftsprüfer 266 60, 161 Wirtschaftsstrafkammer 266 229 Wohnungsverwalter 266 161 Zeitungsfrau 266 140 Zession, stille 266 152 Zivilrechtsaffinität 266 71, 94, 124 Zivilrechtsakzessorietät (auch: fehlerhafte) 266 39 f, 43, 47, 52 f, 57, 61, 64, 70, 90, 93 ff, 255 Zivilrechtsakzessorische Ausgestaltung des Missbrauchstatbestandes (Kritik) 266 47 Zugführer 266 162

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Unt

Sachregister

Zuordnung zum Missbrauchs-/Treubruchtatbestand im Einzelfall 266 49 ff Zwangsverwalter 266 45, 80, 159 Zweckverfehlungslehre 266 175 Zweistufentheorie 266 93 ff, 98 Urkundendelikte s. auch Fälschungsdelikte § 263 Abs. 3 Nr. 1 263 297 § 263 Abs. 5 263 307 Betrügerei Vor 263 2 geschichtliche Entwicklung des Betrugsstrafrechts Vor 263 12, 13, 15, 16, 41 Institutionenschutz Vor 263 47, 49 Verhältnis zu § 263 263 23, 109, 316, 327, 328, 335 Vermögensstrafe 263 330 Wahlfeststellung §§ 263/267 263 310 Veranstaltung Begriff 265a 33 Erschleichen des Zutritts 265a 4, 45, 46 Verbotene Vermögenspositionen 263 130, 133, 138, 140–142, 151, 155, 158 Verbotsirrtum s. subjektiver Tatbestand Verbraucherleitbild Vor 263 40, 99 Verfall Rechtsfolge 263 1, 330 Vermögensbegriff 263 136, 145 Verfassungsrecht Abrechnungsbetrug 263 267 Anstellungsbetrug 263 223 Art. 103 Abs. 2 GG Vor 263 19, 30, 50; 263 7, 59, 66, 80, 98, 169, 180, 335 außerstrafrechtliche Begriffe Vor 263 50 Rechtsgut des Betruges Vor 263 19, 30 Sondertatbestände Vor 263 47, 50 Tatsachenbegriff 263 14 Untreue 266 24 ff Verfall (erweiterter) 263 330 Verfügung s.Vermögensverfügung Verfügungs-/Verpflichtungsbefugnis 266 30 ff erloschene Vertretungsmacht 266 37 ff fehlendes/unwirksames Innenverhältnis 266 55 Rechtsschein 266 37 ff Vertrauensschutz 266 37 ff Verfügungs-/Verpflichtungsmacht 266 38 außerstrafrechtliche Rechtsbeständigkeit 266 38 Zivilrechtsabhängigkeit 266 39 Verfügungsberechtigung 266 164

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Verfügungsbewusstsein ausländisches Recht (Griechenland) Vor 263 60 Erfordernis 263 5, 118–120 Vergleichsbetrug 263 32, 59 Verkehrswert s. Marktwert Vermieterbetrug s. auch Eigenbedarf, Kündigungsbetrug, Nebenkostenabrechnung Vermieterbetrug 263 63, 275 Vermittlungsprovision s. Warenterminoption (Täuschung) Vermögen Vor 263 20, 21, 31, 50, 94; 266 23 ff, 165 ff s. auch Vermögenslehre als Institution Vor 263 31 Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 266a 9 f Bilanzrecht Vor 263 32; 263 131, 157, 168, 171, 172, 174, 175 Computerbetrug 263a 1, 13 Definition 263 132 der EU Vor 263 101 geschütztes Rechtsgut 264 24 ff im Ausland/eines Ausländers 263 331, 332 Kreditbetrug 265b 10 Leistungserschleichung 265a 12 normative Maßstäbe Vor 263 31, 32 öffentliches 264 9 öffentliches ~ Vor 263 11, 42, 93, 101; 263 184, 185, 331 Persönlichkeitsschutz Vor 263 32 Rechtsgut des Betruges Vor 263 18–20, 21, 26–28; 263 3 Scheckkartenmissbrauch 266b 2 f soziale Betrachtung Vor 263 32 Versicherungsmissbrauch 265 4 Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a 11 Wirtschaftswissenschaften Vor 263 32; 263 126 Vermögensfürsorgepflicht 266 59 s. auch Betreuungspflicht Abgrenzung zum Austauschverhältnis 266 58 Abgrenzung zur Schuldnerpflichtverletzung 266 101 ff Begründung durch tatsächlichen Eintritt in Herrschaftskreis 266 58 Einschränkungen 266 58 Erloschene Rechtsverhältnisse 266 62 Fremdnützigkeit als Abgrenzungskriterium 266 58 Fürsorgepflicht als Hauptpflicht 266 58

Sachregister Ganovenuntreue 266 64 Grundlage 266 60 Konsequenz aus Herrschaftsposition 266 59 Missbrauch der Herrschaftsposition 266 67 Pflicht zu Unterlassung abredewidriger Verfügung 266 78 Rechtsunwirksame Betreuungsverhältnisse 266 63 Selbständigkeit der Position des Fürsorgepflichtigen 266 58 Übertragung auf Substitute 266 66 Unabhängigkeit vom Zivilrecht 266 61 Unsittliche und rechtswidrige Rechtsverhältnisse 266 64 Verletzung 266 92 Verletzung fremden Vermögens von innen heraus 266 58 Widerstreit verschiedener Interessen 266 72 Vermögensgefährdung 266 166, 178 ff s. auch schadensgleiche Vermögensgefährdung Vermögenslehre integrale („institutionelle“) Vor 263 31, 32; 263 132, 145, 158, 163, 171, 173, 254, 256 juristische Vor 263 20, 25, 26; 263 127–129, 140, 165, 168, 173 ökonomisch-juristische Vor 263 26, 31, 32; 263 132, 145, 151, 158, 168, 173, 186, 231, 254, 332 personale Vor 263 28, 30–33; 263 126, 135, 158, 159, 165, 185 wirtschaftliche Vor 263 20, 26, 32, 42, 94; 263 126, 127, 130, 131, 145, 149, 151, 158, 163, 168, 172, 173, 231, 254, 256, 264 Vermögensschaden Vor 263 1, 4, 12; 263 2, 3, 5, 8, 126–239, 272, 334; 266 164 ff Anwartschaften 266 164, 167, 176 Betrügereien Vor 263 2 EG-Recht Vor 263 95, 103 fehlendes Erfordernis im ausländischen Recht Vor 263 62, 66, 88, 91, 93; 263 2 Höhe Vor 263 9 (Kriminalstatistik); 263 293, 295, 298 (Strafzumessung), 305 (Bagatellbetrug) Identität von Vermögensnachteil und Vermögensschaden 266 164 individueller Schadenseinschlag 266 175 Kompensation (Saldierung) Vor 263 32; 263 2, 97, 126, 128, 159–161, 166, 167, 173–175, 179, 185, 188, 197–227, 261, 262 Normativierung und Rechtswidrigkeit 263 185, 186, 188, 194, 195, 231, 275 objektiv-individuelle Bestimmung Vor 263 32, 47; 263 126, 177–180, 182, 184, 185, 188, 199, 203–207, 262, 281

Ver

Prinzipien der Schadensermittlung 263 158–186 prozessuale Feststellung 263 165 Schadenskompensation, Schadensausgleich 266 186 Sondertatbestände Vor 263 46, 47; 263 3 Tatbestandsstruktur Vor 263 20, 41; 263 3, 5 unbeachtliche Wiedergutmachung 263 162 Vorteilsausgleich 266 186 Zeitpunkt der Bestimmung 263 161 Zerstörung einer Anwartschaft 266 176 Zweckverfehlungslehre 266 175 Vermögensverfügung 263a 68, 263 2, 3, 5, 96–125 ausländisches Recht (Frankreich) Vor 263 66 Begriff und Definition 263 97–111 Blankounterschrift 263 101, 109, 171, 230 Dreiecksbetrug s. dort durch Buchung 263 100, 171, 232 durch Festnahme/Inhaftierung 263 100, 104, 146 durch öffentlich-rechtliche Akte 263 104 durch Unterlassen 263 102, 103, 217, 229, 233, 235, 255, 272, 284 EG-Recht/EU-Recht Vor 263 95 eines Geschäftsunfähigen 263 99 Einzelbeispiele 263 100, 237 Geschichte des Betrugsstrafrechts Vor 263 15 Gewahrsamslockerung 263 106 Kausalität s. dort mehraktige Verfügung 263 111, 247, 272 Opfermitverantwortung Vor 263 34 Person des Verfügenden 263 2, 5, 97, 112 s. auch Dreiecksbetrug Tatbestandsstruktur Vor 263 20; 263 5, 96 Unmittelbarkeit 263 98, 105–111, 161, 162, 171, 180, 227 Verfügungsbewusstsein s. dort Vermögensvorteil 263 254, 255, 272, 273, 306, 330 Rechtswidrigkeit 263 3, 194, 231, 238, 264–267, 275 Verschrottungsprämie (Kfz) 264 54 Versicherungsbetrug (Betrug gegenüber Versicherer) s. auch Versicherungsmissbrauch § 265 a. F. Vor 263 44; 263 302 Absicht rechtswidriger Bereicherung 263 252, 302 ausländisches Recht Vor 263 58, 61, 71, 76, 78, 80 besonders schwerer Fall 263 302 Beteiligung 263 283, 286 Gelegenheitstäter Vor 263 4 Irrtum 263 79

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Ver

Sachregister

Versicherungsbetrug (Forts.) Schaden 263 174 Stoffgleichheit 263 258 Tateinheit 263 311 Täuschung 263 60, 61, 66, 302 Verhältnis zu § 315b 263 327 Versuch 263 276–278, 281, 282, 302 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Versicherungsmissbrauch Vor 263 ff 8; Vor 263 44, 47; 263 282, 297, 302, 307, 314, 327; 265 1 ff Absicht 265 22 ff abstraktes Gefährdungsdelikt 265 7 ausländisches Recht 265 3 Auslandstaten 265 41 Bagatellschaden 265 13 Betriebsunterbrechungs-Versicherung 265 9, 24 Deckungsgleichheit 265 11, 13, 21, 24 Feuerversicherung 265 Entstehungsgeschichte 5, 10, 28, 35, 43 Garantenstellung Versicherungsnehmer 265 18 ff Gefährdungsdelikt 265 7 Gemeingefahr 265 5 geschütztes Rechtsgut 265 4 ff Hausratsversicherung 265 1, 2, 12 internationales Strafrecht 265 40 f Kfz-Verschiebung 265 Entstehungsgeschichte 16, 17, 22, 30 Konkurrenzen 265 35 ff § 242 265 36 § 263 265 37 ff § 303 265 36 gemeingefährliche Straftaten 265 36 Varianten des § 265 265 35 Kriminalpolitik 265 1 Legitimationsfragen 265 2 Leistungsfähigkeit der Sach-Versicherungswirtschaft 265 4 Leistungsfreiheit 265 10, 20, 33, 42 notwendige Teilnahme 265 16, 30 Prämienzahlung 265 10 RiStBV 265 43 Rücktritt 265 29 Sachgesamtheitsversicherung 265 12 Seeversicherung 265 Entstehungsgeschichte, 5, 28, 35, 40 Selbstbehalt 265 12, 13 Strafanzeige 265 42 Strafdrohung 265 32 Strafzumessung 265 33 f Täterkreis 265 8 Täterschaft und Teilnahme 265 30 f Tathandlungen 265 13 ff

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Beiseiteschaffen 265 15 Beschädigen 265 13 Brauchbarkeitsbeeinträchtigung 265 14 Überlassen 265 16 Zerstören 265 13 Tatobjekt 265 9 ff versicherte Sache 265 9 Versichertsein der Sache 265 10 ff Überversicherung 265 10 Unterlassen 265 18 ff verbundene Versicherung 265 11 Verhältnis zum Versicherungsbetrug 265 6, 37 ff Vermögen 265 4 Versicherungsvertrag 265 10 Versuch 265 26 ff Vollendung 265 25 Vollkaskoversicherung 265 12 Vorsatz 265 21 Versicherungswirtschaft 265 1 ausländische ~ 265 40 Institution Vor 263 ff 10; 265 6 Selbstschutzmaßahmen 265 2 Versteigerung 263 11, 31, 36, 276 Versuch Betrug 263 1, 27, 276–281 Eingehungsbetrug 263 175, 176, 276, 277, 278 Führungsaufsicht 263 329 mehraktige Verfügungen 263 247 Prozessbetrug s. dort unmittelbares Ansetzen 263 277 untauglicher ~ 263 281, 282 Verjährung 263 338 Vorbereitungshandlung 263 23, 135, 278, 286 Computerbetrug 263a 79 Untreue 266 177, 179, 206, 232 Vertragsarzt (Abrechnungen) 263 91, 125 Vertragskonzern 266 250, 266 Veruntreuung 266 16, 41, 43 f, 52, 59, 81, 226 Verwendungszweck eines Darlehens oder einer Ware 263 212 Verwendungszweck eines Kredits 265b 78 Vollstreckungsbetrug 263 113, 117, 135, 211, 229, 255, 325 Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV 266a 9, 34, 60 § 370 AO als Modell 266a 6 Absehen von Strafe 266a 97 ff Abteilungsleiter 266a 22 Arbeitgeberbegriff 266a 14 ff Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung 266a 4, 34, 66 ff Vorenthalten 266a 66 ff

Sachregister s. auch Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen Arbeitnehmerbegriff 266a 14 ff, 32 Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 266a 2, 34 ff Arbeitsförderung 266a 34, 41 Entstehen der Betragspflicht 266a 37 Fälligkeit der Beitragsschuld 266a 50 f Feststellung der Arbeitnehmerbeiträge 266a 38 f Höhe der Beiträge 266a 40, 41a Krankenversicherung 266a 34, 41 Nettoarbeitsentgeltvereinbarung 266a 36, 42 Pflegeversicherung 266a 34, 41 Rentenversicherung 266a 10, 34, 41 Schwarzlohnabrede 266a 42 SozialversicherungsentgeltVO 266a 40 Verrechnung von Teilleistungen 266a 43 ff Vorenthalten 266a 34 ff s. auch Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen Arbeitnehmerentsendung 266a 31 ff Arbeitnehmerüberlassung 266a 17 f unerlaubte 266a 19 f Arbeitsentgelt 266a 7, 35 Arbeitsvermittlung 266a 18 Auftraggeber 266a 23 auslandsbezogener Anwendungsbereich 266a 31 ff Ausnutzung der Mithilfe eines Amtsträgers 266a 90 Ausschluss vom Wettbewerb 266a 91 Beihilfe 266a 82 Beitragspflicht 266a 37 Berufsverbot 266a 91 besonders schwere Fälle 266a 85 ff Betriebsleiter 266a 22 Bruttoarbeitsentgelt 266a 35 Direktor 266a 22 Einverständnis des Arbeitnehmers 266a 77 Erfolgsdelikt 266a 3 f EU-Recht 266a 32 faktisches Arbeitsverhältnis 266a 15 Frist zur nachträglichen Entrichtung der Beiträge 266a 105 f Gebotsirrtum 266a 80 f Generalbevollmächtigter 266a 22 geschütztes Rechtsgut 266a 8 ff GmbH-Geschäftsführer 266a 21 f grober Eigennutz 266a 86 f großes Ausmaß 266a 88

Vor Hausgewerbetreibende Gleichgestellte 266a 27 ff Hausgewerbetreibende 266a 25 Heimarbeiter 266a 26 Gleichgestellte 266a 27 ff Insolvenzverwalter 266a 22 Interessenkollisionen 266a 78 Konkurrenzen 266a 108 ff Tateinheit 266a 108 Tatmehrheit 266a 109 Verhältnis zu anderen Delikten 266a 110 f Korruptionsregister 266a 91 Mitteilung des Arbeitgebers über vorenthaltene Beiträge 266a 99 ff nachträgliche Entrichtung der Beiträge 266a 103 ff nationaler Anwendungsbereich 266a 31 ff Notstand 266a 63, 78 Organvertreter 266a 21 persönlicher Strafaufhebungsgrund 266a 103 ff Prokurist 266a 22 Rechtspolitik 266a 5 f Rechtswidrigkeit 266a 77 f Schutz der Solidargemeinschaft 266a 8, 63 Schwarzarbeit 266a 42, 70, 77, 83 selbständige Tätigkeit 266a 16 Sonderdelikt 266a 1, 4, 13, 21 Sozialversicherungsabkommen 266a 33 Sozialversicherungsbeiträge 266a 1 ff, 10, 34 ff Einzugsstelle 266a 47 Fälligkeit der Beitragsschuld 266a 50 f Insolvenzanfechtung 266a 60 Vorrangigkeit 266a 60 Statistik 266a 12 Strafandrohungen besonders schwere Fälle 266a 85 ff Grundtatbestände (Abs. 1–3) 266a 83 f straffreie Fälle 266a 92 ff Strafschärfungen 266a 85 ff Stundung von Beitragsforderungen 266a 51, 77 Tatbestandsirrtum 266a 80 f Tatbestandsstruktur 266a 1 ff Täterkreis 266a 13 ff Abteilungsleiter 266a 22 Arbeitgeber 266a 14 ff Auftraggeber 266a 23 Betriebsleiter 266a 22 Direktor 266a 22 faktische Geschäftsführer 266a 21 Generalbevollmächtigter 266a 22

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Vor

Sachregister

Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Forts.) Gesellschafter einer Personengesellschaft 266a 22 GmbH-Geschäftsführer 266a 21 Insolvenzverwalter 266a 22 Organvertreter 266a 21 Prokurist 266a 22 Unternehmensleiter 266a 22 Zwischenmeister 266a 23 Teilnahme 266a 82, 104 Unmöglichkeit der Beitragszahlung 266a 53 ff Unterlassungsdelikt 266a 3 f, 21, 53 f, 71 Unternehmensleiter 266a 22 Unzuverlässigkeit (§ 35 GewO) 266a 91 Verbotsirrtum 266a 80 Vergaberegister 266a 91 Verhältnis zu §§ 263, 263a 266a 66, 70 f, 110 Verjährung 266a 112 ff Vermögen von Arbeitnehmern 266a 9 f, 11 Vermögensgefährdungsdelikt 266a 7 Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a 72 ff Einbehalten 266a 74 Straffreiheit 266a 95 Tatgegenstand 266a 73 Tathandlung 266a 74 ff Unterlassen der Unterrichtung des Arbeitnehmers 266a 76 Vorenthalten 266a 75 Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege 266a 89 Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen 266a 4, 66 ff Bemessung der Arbeitgeberbeiträge 266a 67 f innere Tatsachen 266a 69 Kausalität 266a 71 Nichterfüllung gesetzlicher Meldepflichten 266a 70 sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen 266a 69 Straffreiheit 266a 94 Tatgegenstand 266a 67 f Tathandlung 266a 69 f Unkenntnis der Einzugsstelle 266a 70 f unrichtige sozialversicherungsrechtliche Angaben 266a 66, 69 unrichtige/unvollständige Angaben 266a 69 unvollständige sozialversicherungsrechtliche Angaben 266a 66, 69

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Vorenthalten sozialversicherungsrechtlich erheblicher Tatsachen 266a 70 Vorsatz 266a 81 Zurechnungszusammenhang 266a 71 Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen 266a 34 ff, 48 f § 64 GmbHG 266a 62 f Begriff 266a 48 f Fälligkeit der Beitragsschuld 266a 50 f Herbeiführung der Unmöglichkeit 266a 58 f positives Tun 266a 3, 65 Straffreiheit 266a 93 Tathandlung 266a 46 ff Unmöglichkeit 266a 53 ff Unzumutbarkeit 266a 64 Verzug 266a 52 Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers 266a 55, 57, 98 Zumutbarkeit 266a 64 Vorsatz 266a 79 Werkvertrag 266a 18 Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers 266a 55, 57, 98 Zwischenmeister 266a 23, 30 Vorsatz s. Subjektiver Tatbestand Vorstrafen Kriminalstatistik Vor 263 8 Schaden (Anstellungsbetrug) 263 224, 227 Täuschung 263 11, 63, 291 Wahlfeststellung 263 308–310 „Opfer-Wahlfeststellung“ 263 6, 214 eigen-/fremdnützige Tat 263 271 § 263/§ 263a 263a 74 Warenautomat 265a 5, 20 f, 39, 49, 57 Warenbetrug Serienbetrug Vor 263 4 Täuschung 263 11 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Warenfälschung Vor 263 41 s. auch Lebensmittelfälschung ausländisches Recht (Schweiz) Vor 263 55; 263 335 historisch Vor 263 14 Warenkreditbetrug (Lieferantenkreditbetrug) s. auch Kreditbetrug Irrtum 263 87 Kausalität des Irrtums für die Verfügung 263 125 Rechtsvergleichung Vor 263 93 Schaden 263 174 Stoßbetrug Vor 263 4; 263 340

Sachregister Täuschung 263 38, 65 Wirtschaftsstraftat Vor 263 5 Warentermingeschäft 263 49, 60, 293, 311; 266 119, 140, 161 s. auch Warenterminoption Warenterminoption s. auch Warentermingeschäft Beihilfe 263 286 internationales Strafrecht 263 332 Schaden 263 162, 163, 173, 206 Täuschung 263 11, 12, 15, 33, 49, 66 Wechselbetrug s. auch Kreditbetrug ausländisches Recht (Spanien) Vor 263 75 Diskontierung 263 47, 48 Schaden 263 46, 220, 221 Täuschung 263 46 Vermögensvorteil 263 255 Wechselreiterei 263 48, 222 Wein (Fälschung) s. auch Lebensmittelfälschung Vor 263 31; 263 37, 198, 323 Werbung s. auch irreführende Werbung als Betrug Vor 263 40; 263 11 marktschreierische Vor 263 37 Wertberichtigung 265b 8a Wertpapiere 264a 37 ff Aktien 264a 41 Anleihen 264a 41 ausländische Wertpapiere 264a 41 Geldmarktinstrumente 264a 42 Investmentanteilscheine 264a 41 Nebenpapiere 264a 41 Optionsscheine 264a 41 Rektapapiere 264a 42

Zwe

Schecks 264a 42 Schuldtitel 264a 41 Wechsel 264a 42 Zertifikate 264a 41 Zwischenscheine 264a 41 Wertpapiergeschäfte Vor 263 1; 263 11, 49, 60, 62, 66, 278, 323 s. auch Warentermingeschäft, Warenterminoption Wettbewerbsabsprachen s. Submissionsbetrug Wette und Spiel 263 31, 33 Wiedergutmachungsbetrug Vor 263 5 Wirtschaft Begriff 264 61 f Wirtschaftsbetrug Vor 263 5 Wirtschaftsprüfer (Garantenstellung) 265b 109 Wissenschaftsbetrug Anstellungsbetrug 263 224 Einwerben von Drittmitteln 263 184 subjektiver Tatbestand 263 253 Täuschung 263 36 Zechprellerei ausländisches Recht Vor 263 54, 68, 78, 80, 89 Betrügerei Vor 263 1 Irrtum 263 83 Schaden 263 175, 213 Tätertypen Vor 263 4 Täuschung 263 33, 38, 39 Zeitdiebstahl 263 153; 263a 60, 66 Zollstrafrecht Vor 263 42 Zweckerreichung 263 159, 185

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