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German Pages 450 Year 2019
Tanja Kreutzer Spettacolo
Image | Band 145
In dankbarer Erinnerung an Prof. Dr. Gabriele Bickendorf (†)
Tanja Kreutzer (Dr. phil.), geb. 1983, lehrt Kunstgeschichte mit den Schwerpunkten Wissenschaftsgeschichte, Kunstgeschichte der italienischen Renaissance und Szenografiegeschichte im Studiengang Kunst- und Kulturgeschichte der Universität Augsburg. Forschungs- und Studienaufenthalte führten sie unter anderem an die Scuola normale superiore in Pisa sowie an das Kunsthistorische Institut Max Planck in Florenz.
Tanja Kreutzer
Spettacolo Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem in Giorgio Vasaris »Viten« von 1568
Als Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München 2017 eingereicht. Gefördert durch ein Stipendium der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2019 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Vincenzo Borghini, Auflistung theatraler Ereignisse in Vincenzo Borghinis Notizen (um 1564, BNCF, MS II.X.100, fol. 12r) + su concessione del Ministero per i Beni e le Attività culturali / Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze Satz: Christina Sammüller Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-4596-5 PDF-ISBN 978-3-8394-4596-9 https://doi.org/10.14361/9783839445969 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
Inhalt
Einleitung | 7 1
Neue Lebensbeschreibungen und thematische Erweiterungen: Ein Abgleich der Fassungen von 1550 und 1568 | 29
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Theater und Ephemeres in der Vitenausgabe von 1568: Dimensionen und Konzepte | 49
2.1 ‚Bauanleitungen‘ für den späteren Nachvollzug: Die technischen ingegni von Brunelleschi, Cecca und Tribolo | 50 2.2 Festliche Bräuche, szenische Abläufe und deren memoria | 66 2.3 Theatrale Begebenheiten und das Modell der uomini illustri: Ephemere Arbeiten als besondere Verdienste zum Wohle des Staates und die Ausdehnung des Modells auf weitere, am Theater beteiligte Personenkreise | 95 2.4 Politische Anlässe und mediceisches Primat festlicher wie theatraler (Re-)Präsentation | 118 2.5 Kunstvolle Schaugerichte und szenisch gestaltete Bankette: Die Vita Giovanfrancesco Rusticis, italienische Novellistik und die Spieltradition des 16. Jahrhunderts | 134 2.6 Aus der Warte eines Anderen: Vasaris eigene Theaterarbeiten und die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 | 154 3
Der Einbezug von Theater und Fest in die „Viten“ im Kontext: Staatstheorie, Utopie, Städtelob und Historiografie | 179
3.1 Vita amoena und bene comune: Tanz, Musik, Theater und Fest in der Tradition von Staatstheorie, Städtelob und Stadtbeschreibung | 179 3.2 Theater, Fest und Spektakel in der Geschichtsschreibung: Florentiner Chroniken, Annalen und Diarii vom 14. bis 16. Jahrhundert sowie Paolo Giovios „Elogia“ | 204 4
Theater und Fest in der Geschichtserzählung der „Viten“: Das Goldene Zeitalter und seine rinascita | 239
4.1 Die dritte Epoche innerhalb des Geschichtsmodells der „Viten“ von 1568: Überwundene Klimax innerhalb des Zyklus oder potentiell ewiges ‚Endzeitalter‘? | 239
4.2 Theater als ‚Kunst‘: Gesellschaftliche Idealzustände erreicht durch künstlerische und theatrale Überhöhung | 272 4.3 Die rinascita von Theater und Fest in den „Viten“ | 298 Fazit | 327 Literaturverzeichnis | 333 Abbildungsverzeichnis | 375 Tabellen | 379
Tabelle 1: Vergleichende Aufstellung der theaterrelevanten Biografien in den beiden Ausgaben der „Viten“ von 1550 und 1568 | 379 Tabelle 2: Umfängliche Unterschiede in den das Theater betreffenden Textstellen zwischen den Ausgaben von 1550 und 1568 | 381 Tabelle 3: Aufteilung der theaterrelevanten Biografien auf die Vitenepochen der Vitenausgabe von 1568 | 383 Tabelle 4: Anlässe, Orte und Verteilung auf einzelne Biografien in der Vitenausgabe von 1568 | 385 Appendix: Textstellen aus den „Viten“ von 1568 | 389 Dank | 447
Einleitung 39 Biografien der 1568 erschienenen, überarbeiteten Zweitausgabe von Giorgio Vasaris „Le Vite de’ più eccelenti pittori, scultori ed architettori da Cimabue insino a tempi nostri“ enthalten teils umfangreiche Schilderungen zu theatralen und festlichen Anlässen sowie Beschreibungen der hierfür von Künstlerhand geschaffenen Dekorationen, Kostüme und technischen Apparaturen 1. Im Rahmen ihres Einbezuges in die einzelnen Lebensbeschreibungen werden sowohl die ephemeren Arbeiten der Künstler als auch verschiedene Bestandteile zeitgenössischer Fest- und Theaterformen mit den historiografischen wie kunsttheoretischen Grundkonzepten des Gesamtwerkes verknüpft. Sie sind eingebunden in eine multidimensionale Geschichtserzählung, die, in komplexer Verflechtung von Biografie, Historiografie, Kunsttheorie und Kunstreflexion sowie bezogen auf politische, gesellschaftliche und ökonomische Bedingungen, den Prozess einer ‚Wiedergeburt‘ der Künste in drei aufeinanderfolgenden Epochenstufen bis zum End- und Höhepunkt entfaltet2. Dieser war in der Erstfassung des Werkes von 1550 im Wirken des als göttlich bezeichneten Michelangelo erreicht. Nach dem Tode Michelangelos veröffentlicht, führt die zweite Edition ihr historiografisches Narrativ über den Zenit hinaus, wobei sie – auffallend umfangreich – gerade auch Passagen zum Wirken der Künstler für und um das zeitgenössische Festwesen ergänzt sowie gegenüber der Vorgängerversion vertieft und begrifflich zuspitzt. In der dritten Vitenepoche, und damit am Ende des Werkes kumulierend, erheben die Schilderungen kunstvoll ausgestatteter zeitgenössischer Feiern und Aufführungen Vasaris eigene Gegenwart unter mediceischer Herrschaft zum blühenden Ziel eines 1
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Im Nachfolgenden wird das Werk kurz „Viten“ genannt. Zur besseren Unterscheidung wird, sofern der Werktitel gemeint ist, stets die Kursivschreibweise gewählt, während das Wort in der Bedeutung ‚Biografie‘ im Standardformat verbleibt. VASARI: Proemio della seconda parte (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 5-7: „[…] distinte e divise da me, per non ricercarla troppo minutamente, in tre parti, o vogliamole chiamare età, da la rinascita di queste arti sino al secolo che noi viviamo, per quella manifestissima differenza che in ciascuna di loro si conosce: con ciò sia che nella prima e più antica si sia veduto queste tre arti essere state molto lontane da la loro perfezzione, e come che elle abbiano avuto qualcosa di buono, essere stato acompagnato da tanta imperfezzione, che e’ non merita per certo troppa gran lode […]. Nella seconda poi si veggono manifesto esser le cose migliorate assai […]. Questa lode certo è tócca alla terza età, […] che ella sia salita tanto alto, che più presto si abbia a temere del calare abasso che sperare oggimai più augumento.“ In dieser Äußerung ist die Gefahr eines nahen Niedergangs formuliert, die in der Forschung als Hauptindiz für eine vermeintlich nostalgische Grundhaltung der zweiten Vitenfassung herangezogen wurde; besprochen auf S. 14 der Einleitung.
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historischen Prozesses, das den bisherigen Leitstern des antiken Rom endgültig ablöst. Gleichzeitig dienen sie als Paradebeispiel für ein in die Breite angelegtes Diffundieren der Künste auf ihrem Höchststand und für die Erschließung immer neuer künstlerischer Wirkungsbereiche als kurz- und mittelfristige Zukunftsperspektive. Vasaris Ausführungen zu theatralen Formen und ephemeren Werken bekräftigen somit eine Argumentation, die, entgegen einem dem Werk zugrundeliegenden zyklischen Geschichtsmodell, das Fortbestehen kultureller und künstlerischer Vollkommenheit nach überschrittener Klimax propagiert. Um jedoch zudem im Fall eines katastrophenbedingten Untergangs Orientierungspunkte für die nächste rinascita bieten zu können, erhalten konsequenterweise auch Theater und Ephemeres eine eigene Geschichtlichkeit, die sich in diversen ‚Mikroprozessen‘ einzelner Genres ebenso zeigt, wie sie, analog jedoch zeitlich versetzt zum Fortschritt der bildenden Künste, einen dreischrittigen Entwicklungsprozess erkennen lässt. Die Parameter und Ausprägungen dieses ‚Hineinschreibens‘ von Theater, Fest und Ephemerem in die kunsttheoretisch gestützte sowie gegenüber ihrer Vorgängerversion veränderte Geschichtsdarstellung der „Viten“ von 1568 intendiert diese Untersuchung an den Schnittstellen zwischen Theater-, Kunst- und Wissensgeschichte probabel zu klären. Seit dem 19. Jahrhundert widmen unterschiedliche moderne wissenschaftliche Disziplinen den für ihren Gegenstandsbereich relevanten Aspekten der „Viten“ mit den jeweils fachspezifischen Methoden ihre Aufmerksamkeit. Auf die Erwähnungen theatraler Formen im Zuge der Biografien konzentrierte sich zunächst die Theaterwissenschaft3, die das Werk bislang vornehmlich als Quelle für Aufführungen des 15. und 16. Jahrhunderts nutzt. Im Anschluss an Alessandro d’Anconas grundlegende Monografie „Origini del teatro in Italia“4 von 1877 wurden Textstellen aus den „Viten“ in zahlreichen theatergeschichtlichen Überblickswerken sowie in Forschungen zum mediceischen Festwesen belegend angeführt, häufig ohne kritische Distanz und ohne die historiografische Zielsetzung des Textes zu beleuchten5. Noch Marialuisa Angiolillos 1996 erschienene Monografie „Feste di corte e di popolo nell’Italia del primo rinascimento“6 zog die „Viten“ unhinterfragt als Primär-
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Theaterwissenschaft und Theatergeschichte wurden bis in die 1960er-Jahre weitestgehend synonym gesetzt und noch immer bildet die Historie einen wichtigen Bestandteil der Theaterwissenschaft: BALME 2014, S. 32. Zum Gegenstandsbereich der ‚Theaterwissenschaft‘ siehe auch: FISCHER-LICHTE & KOLESCH & WARSTAT 2014, S. 375-382. D’ANCONA 1877. Beispielsweise zitieren Valerio Marianis „Storia della scenografia italiana“ von 1930, Heinz Kindermanns 1959 erschienene „Theatergeschichte Europas“ sowie Alois Naglers „Theatre Festivals of the Medici“ von 1964 Vasari wiederholt wörtlich, um den Ablauf theatraler Spektakel sowie das Aussehen von Bühnenbild und ephemerer Ausstattung in der Renaissance zu beschreiben: MARIANI 1930, z.B. S. 29-33; KINDERMANN 1959, z.B. S. 30; NAGLER 1964. Ebenso wird verfahren in Naglers Quellensammlung „A source book of theatrical history“ und Manfred Braunecks „Die Welt als Bühne“: NAGLER 1952; BRAUNECK 1993. Weiterhin zum ‚Theater‘ der Renaissance: CRUCIANI 1983. ANGIOLILLO 1996, beispielsweise S. 112, S. 115.
Einleitung | 9
quelle selbst für jene frühen Ereignisse heran, die Giorgio Vasari unmöglich durch Augenzeugenschaft verfolgt haben kann. Parallel dazu äußerten quellenkritische Zugänge in der theatergeschichtlichen Forschungsliteratur seit den 1970er-Jahren erste Zweifel an der Verlässlichkeit des Werkes und betonten die historische Distanz des Autors zu den von ihm erwähnten Begebenheiten des 15. Jahrhunderts7. Kernpunkt in Paola Ventrones Kritik an der teleologisch ausgerichteten modernen Theatergeschichte, formuliert in ihrer 1993 erschienenen Studie „Gli araldi della commedia“8, ist die Feststellung, man folge vor allem in Bezug auf das Florentiner Theaterwesen unreflektiert der Argumentation zeitgenössischer Geschichtsdarstellungen. Als Beispiel führt die Autorin unter anderem die „Viten“ an, deren Sichtweise auf die theatrale Entwicklung vorsätzlich mediceisch gefärbt und daher auf eine Betonung des höfisch-politischen Theaterwesens orientiert sei. In der unkritischen Übernahme dieser Darlegungen lasse die theatergeschichtliche Forschung die Koexistenz unterschiedlicher theatraler Formen im 16. Jahrhundert außer Acht. Sie wiederhole ein historiografisches Narrativ der zunehmenden ‚Professionalisierung‘ und wachsenden Zentralisierung, welches vor dem Hintergrund weiterer Quellen nicht haltbar sei9. Da die Theaterwissenschaft in Deutschland eine junge Disziplin ist, bleiben fachgeschichtliche Diskurse bislang vornehmlich auf das 20. Jahrhundert konzentriert 10. Wegweisend für einen wissenschaftshistorischen Zugang zu theatergeschichtlichen Denkmustern im Europa des 16. bis 21. Jahrhunderts ist daher Stefan Hulfelds 2007 erschienene Monografie „Theatergeschichtsschreibung als kulturelle Praxis. Wie Wissen über Theater entsteht“11. Hulfeld legt hierin zwar erstmals eine Geschichte der Theaterhistoriografie vor, die er bis in ihre ‚Anfänge‘ zurückverfolgt. Jedoch fokussiert sich seine Untersuchung dezidiert auf des Berufstheater und bezieht – auch aus diesem Grund – für das 16. Jahrhundert weder Chroniken noch Biografik in die Überlegungen mit ein. Daher bleiben auch die in den „Viten“ aufscheinenden historiografischen Ansätze zu Theater und Ephemerem unreflektiert, und erste zyklische Geschichtsmodelle zur Theaterentwicklung werden erst für das 17. Jahrhundert konstatiert12.
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Beispielsweise: „Vasari, tanto impreciso e vago sulle date, quanto acuto e penetrante nel giudizio […].“: POVOLEDO 1975, S. 383; außerdem: „Vasari, nell’informarci, che l’artista si valse per la scena della collaborazione di Federico Zuccari ce ne dà una descrizione purtroppo insufficiente […].“: POVOLEDO 1975, S. 388; ähnlich: ZORZI 1977, beispielsweise S. 72. VENTRONE 1993. VENTRONE 1993, v.a. S. 6-10, S. 14-19. Erst 1923 wurde in Berlin unter der Leitung von Max Hermann das erste eigenständige theaterwissenschaftliche Institut gegründet, vgl. BALME 2014, S. 15. Über Theatergeschichte und Wissenschaftsgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts siehe beispielsweise: FISCHER-LICHTE 1994. HULFELD 2007. HULFELD 2007, S. 54-56.
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Erstmals quellenkundlich monografisch behandelt wurde der Einbezug des Theaters in Vasaris Künstlerbiografien in Thomas A. Pallens Studie „Vasari on Theatre“13 von 1999. Pallen stellte einen Großteil der relevanten Textstellen zusammen und ergänzte sie um weiterführende Informationen zu den jeweiligen Aufführungsformen. Im Rahmen der theaterhistorischen Aufbereitung des Materials beschränkte seine Arbeit die einleitende begriffsgeschichtliche Untersuchung aber auf die im Text verwendeten Bezeichnungen für verschiedene theatrale Formen und ihre Bedeutung, unter Ausklammerung der mit dem Einbezug verbundenen Argumentations- und Ordnungsmuster. Auch Sara Mamone widmete sich in ihrem 2013 erschienenen Aufsatz „Giorgio Vasari. Le Vite de più eccelenti pittori, attori e cantori“14 summarisch den Dimensionen von Vasaris Interesse am Theater und beleuchtete dabei zahlreiche in den einzelnen Biografien der Vitenausgabe von 1568 enthaltene Schnittstellen zwischen dem Theater der Zeit und den bildenden Künstlern. Im Zentrum ihrer Argumentation stehen allerdings die im Kontext der „Viten“ eklatant häufig thematisierten musikalischen und schauspielerischen Neigungen der bildenden Künstler als integrale Bestandteile einer von Vasari propagierten ‚idealen‘ Lebensführung. Ein Abgleich der beiden Ausgaben muss im Rahmen dieser Studie ebenso unterbleiben, wie eine Auseinandersetzung mit möglichen Gründen für den derart umfassenden Rekurs des Vitenautors auf die musischen Talente seiner Hauptfiguren. Vasaris Erwähnungen ephemerer Dekorationen für die Einzüge Kaiser Karls V. in Bologna und Genua werden außerdem in Marsel Grossos 2016 erschienenem Aufsatz „Feste e apparati effimeri per gli ingressi di Carlo V nelle ‚Vite‘ di Vasari“15 aufgegriffen. Grosso untersucht, wie sich die Erfahrungen, die der junge Vasari im Rahmen seiner Mitwirkung am Bologneser Kaisereinzug von 1530 machen konnte, auf dessen späteres historiografisches Schaffen auswirkten, und leitet davon dessen verstärktes Interesse an den „arti congeneri“ ab.16 Exemplarisch öffnet die Studie den Blick auf einige Beschreibungen der „Viten“ zu Theaterdekorationen im mediceischen Umfeld, wobei auch auf einen möglichen Zusammenhang zwischen ephemerer Architektur und der ‚Wiederentdeckung‘ der klassischen Antike in der Geschichtserzählung und Theorie des Werkes hingewiesen wird. Dieser Ansatz kann aber aufgrund der thematischen Engführung des Aufsatzes nicht hinlänglich am Gesamtwerk eruiert werden und die erwähnten Beispiele beschränken sich auf das politische Festwesen und seinen Bezug zum kaiserlichen Vorbild. Dadurch bleibt das Desiderat einer gründlichen Überprüfung und konkreten Belegung von Grossos Rückschlüssen am Geschichtsmodell der zweiten Vitenausgabe sowie einer diesbezüglichen Zusammenschau aller das Theater- und Festwesen betreffenden Textstellen bestehen. Wie die Theaterhistoriografie so hat sich auch die kulturhistorisch ausgerichtete Kunstgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts dem Theater- und Fest-
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PALLEN 1999. MAMONE 2013. GROSSO 2016. GROSSO 2016, S. 103.
Einleitung | 11
wesen in den „Viten“ zunächst adaptiv und unkritisch genähert. Dies zeigt beispielsweise das Kapitel über „Die Geselligkeit und die Feste“ in Jakob Burckhardts 1860 erstmals erschienenem Standardwerk „Die Cultur der Renaissance in Italien“17. Mehrfach zitierte Burckhardt Vasari als Quelle18 und übernahm dabei dessen Idee einer in der Renaissance gegenüber dem Mittelalter verfeinerten Gesellschaft. Deren Ausprägungen sah er – auch hierin der Argumentation der „Viten“ folgend – in einem kunstvoll überhöhten Festwesen der Renaissance verkörpert: „Das italienische Festwesen in seiner höhern Form ist ein wahrer Übergang aus dem Leben in die Kunst. […] Auch die übrigen Völker verlangten bei solchen Gelegenheiten bisweilen den größten Aufwand, in Italien allein aber bildete sich eine kunstgerechte Behandlungsweise, die den Zug als sinnvolles Ganzes komponierte und ausstattete. […] Die volle Blüte des Festwesens tritt erst mit dem entscheidenden Siege des Modernen, mit dem 15. Jahrhundert ein, wenn nicht etwa Florenz dem übrigen Italien auch hierin vorangegangen war.“19
Ganz in Vasaris Sinne erhöhte Burckhardt die italienische Kultur gegenüber derjenigen der nordalpinen Gebiete und wies die Entwicklung kunstvoll ausgestalteter Festformen als zuvorderst florentinische Errungenschaft des 15. Jahrhunderts aus. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Argumentation erfolgte nicht. Wenn auch das teleologisch-wertende Geschichtsverständnis der „Viten“ hinsichtlich der bildenden Künste bereits seit den Anfängen der Vasarikritik hinterfragt wurde20, so blieb der Informationsgehalt des Textes in Bezug auf das Theater, sofern dieses Themenfeld überhaupt Beachtung fand, bis in die neuere kunsthistorische Forschung hinein meist unreflektiert. Auch Götz Pochats Monografie „Theater und Bildende Kunst in Mittelalter und Renaissance in Italien“21 von 1990 setzt sich nur vereinzelt quellenkritisch mit Vasaris diesbezüglichen Aussagen auseinander22.
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BURCKHARDT (1860) 1926. Beispielsweise verweist Burckhardt hinsichtlich der Bankette der Florentiner Gesellschaften auf die Rustici-Vita; zu lebenden Bildern, zu Karnevalsumzügen und sacre rappresentazioni, zu Compagnie und festlichen Staatseinzügen etc. vgl. BURCKHARDT (1860) 1926, S. 334, S. 360-378, S. 524-526 Anm. 17, 31, 50, 53, 54, 63. Es ist hinlänglich bekannt, dass Burckhardts Werk insgesamt zu einem großen Teil aus Informationen besteht, die er den „Viten“ entnommen hat, vgl. JONIETZ 2016, S. 12. BURCKHARDT (1860) 1926, S. 355-356. Die seit Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt einsetzende Dekonstruktion Vasaris befasste sich vor allem mit seinen Äußerungen zur mittelalterlichen Kunst, bei welchen dem Autor zahlreiche Datierungs- und Zuschreibungsfehler nachgewiesen werden konnten. Auch Vasaris Abwertung mittelalterlicher Formen führte bereits früh zu profunder Kritik. Entsprechende Ansätze zusammengefasst und umfassend ausgewertet bei: BICKENDORF 1998, v.a. S. 105-122. Eine Besprechung und Auseinandersetzung mit der kritischen Vasari-Rezeption ab dem 19. Jahrhundert siehe auch: JONIETZ 2016, S. 14-17. POCHAT 1990. Weiterführende Erklärungen finden sich beispielsweise hinsichtlich der beim San Giovanni-Umzug verwendeten ceri: POCHAT 1990, S. 184-185.
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Quellenkritische Zugänge zu den „Viten“ entwickelte die Kunstgeschichte dagegen primär anhand der traditionell, und vermeintlich auf Vasari selbst zurückgehend, als ‚Hochkunst‘ begriffenen Themenfelder23. Wie Gabriele Bickendorf 1998 in ihrer grundlegenden Monografie „Die Historisierung der italienischen Kunstbetrachtung im 17. und 18. Jahrhundert“24 dargelegt hat, führte die mangelnde Zuverlässigkeit des Werkes für Zuschreibungen und Stilgeschichte lange dazu, dass dessen historiografischer Wert herabgesetzt und seinem Autor eine unzureichende Methodik unterstellt wurden. Demnach waren die „Viten“ unter dem Paradigma des modernen Wissenschaftsverständnisses mehr der Kunsttheorie und Kunstkritik denn der Kunstgeschichtsschreibung zugeordnet25. Erst Untersuchungen ab den 1990er-Jahren nehmen die Publikation verstärkt in ihrer Historizität wahr und beleuchten sie vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Methoden26. In der Konzentration auf Vasaris System der tre arti del disegno blieb dessen theoretischer wie historischer Zugang zu Gegenstandsbereichen außerhalb des Kanons von Architektur, Malerei und Bildhauerei in der Forschung lange unterrepräsentiert. So sind in der Vitenedition von Gaetano Milanesi mitunter gerade jene Textstellen, die sich mit Theater, Fest und ephemerer Ausstattung beschäftigen, nur partiell oder gar nicht mit Anmerkungen versehen27. Dieses Desiderats nimmt sich erst die jüngste deutsche Übersetzung des Wagenbachverlags 28 an, indem sie verstärkt auch
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Vgl. PUTTFARKEN 2008. BICKENDORF 1998. Zur Problematik moderner Wissenschaftskonzeption in ihrer Anwendung auf vormoderne Historiografie und der daraus resultierenden Schlussfolgerung bezüglich deren ‚vorwissenschaftlichen‘ Charakters siehe: BICKENDORF 1998, S. 11-16. Zu den Diskreditierungen der „Viten“ als ‚überholt‘ sowie zu anderen Wurzeln der Vasarikritik des 20. Jahrhunderts zusammenfassend: JONIETZ 2016, S. 20. Beispielsweise: RUBIN 1995; BAROLSKY 1999; POZZI & MATTIODA 2006; BICKENDORF 2002. MILANESI (1906) 1981. In Milanesis Ausgabe der Cecca-Vita finden sich lediglich drei Anmerkungen zu Ceccas ingegni und zum San Giovanni-Fest, die ausschließlich Korrekturen und Verweise enthalten, ansonsten bleiben die entsprechenden Seiten anmerkungsfrei: MILANESI (1906) 1981, Bd. III, S. 199-203. Der Kommentar beschränkt sich auf folgende kritische Äußerung: „Il Vasari, essendosi disteso nella descrizione delle feste e degli apparati che in certi giorni dell’anno si facevano in Firenze in alcune chiese e Compagnie, non ha certamente ragionato del La Cecca, come ci pare che meritasse un uomo tanto virtuoso, né detto di lui, se non in minima parte, quel che operasse in benefizio della patria […].“: MILANESI (1906) 1981, Bd. III, S. 205. Ähnlich spärlich u.a. die Kommentare in folgenden Viten: Vita di Andrea del Sarto, MILANESI (Hrsg.) (1906) 1981, Bd. V, S. 20, sowie die Vita di Antonio da Sangallo, MILANESI (Hrsg.) (1906) 1981, Bd. V, S. 464. Ausführlicher dagegen beispielsweise: Vita di Francesco Granacci, MILANESI (Hrsg.) (1906) 1981, Bd. V, S. 341. VASARI (1568) 2004-2015.
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diese Passagen kommentiert und dabei mitunter auf Diskrepanzen zwischen den beiden Fassungen verweist29. Die Wissenschaftsgeschichte hat Vasaris Verhältnis zu den sogenannten arti minori bislang ebenfalls eher vereinzelt und zunächst mit Hauptaugenmerk auf diverse Techniken des Kunsthandwerks behandelt, wobei das Ephemere lange keine gesonderte Beachtung erfuhr30. Erst nachdem Martin Warnkes 1993 unter dem Titel „Schneedenkmäler“31 verfasster Überblick über ephemere Kunstwerke und ihre Bedeutung auch der Erwähnung einer Schneeskulptur in der Michelangelo-Biografie der „Viten“ Aufmerksamkeit gewidmet hatte, beschäftigte sich die wissenschaftsgeschichtliche Forschung seit der Jahrtausendwende eingehender mit Vasaris kunsttheoretischen Prämissen hinsichtlich des Ephemeren. Dabei lag das Hauptaugenmerk bisher auf den in der Biografie Giovanfrancesco Rusticis beschriebenen Schaugerichten der Compagnia del Paiuolo sowie der Compagnia della Cazzuola. So analysierte Wolf-Dietrich Löhr in seinem Aufsatz „Spielformen der Kunst. Andrea del Sarto als Architekt und der Triumph der Würste“32 von 2007 die kunsttheoretischen Dimensionen der von den Künstlern geschaffenen essbaren Skulpturen, ihr Verhältnis zur burlesken Poesie und ihre Position im Paragone des 16. Jahrhunderts. Monografisch behandelt wurden die beiden in der Rustici-Biografie geschilderten Compagnie und ihre Bankette erstmals in Tommaso Mozzatis 2008 erschienener Schrift „Giovanfrancesco Rustici e le Compagnie del Paiuolo e della Cazzuola“33, welche die historischen Details in Vasaris Äußerungen erfasst und diese um ein umfangreiches Personenregister aller Mitglieder ergänzt34. Darüber hinaus befasste sich
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U.a. in den Biografien Peruzzis: VASARI (1568) 2007; Pontormos: VASARI (1568) 2004; Aristotile da Sangallos: VASARI, Aristotile (1568) 2010; Piero di Cosimos: VASARI (1568) 2008; Francesco Salviatis: VASARI (1568) 2009; Filippo Brunelleschis (allerdings lediglich mit knappem Hinweis auf das Interesse für die Theatergeschichte): VASARI (1568) 2012; Tribolos: VASARI, Tribolo (1568) 2010; und Andrea del Sartos: VASARI (1568) 2005. Mitunter wird auch in den einführenden Texten zu den Theaterarbeiten der Künstler berichtet: z.B. VASARI (1568) 2008. Einen Teilaspekt beleuchtet beispielsweise Evelina Boreas Aufsatz „Vasari e le stampe“ von 1989/1990, der Vasaris Einstellung zur Druckgrafik in beiden Ausgaben vergleichend erfasst: BOREA 1989/1990. Auch Marco Collareta setzt sich 2006 mit einer bestimmten Gattung, der Goldschmiedekunst, in beiden Ausgaben auseinander: COLLARETA 2006. Einen wichtigen Beitrag zu einem differenzierteren Verständnis von Vasaris Kunstbegriff leistet Collareta außerdem in seinem Aufsatz „Per una lettura delle ‚Teoriche‘ del Vasari“ 2010, welcher unter Focus auf die technische Einleitung erstmals die theoretische Fundierung aller arti congeneri im Gesamtkontext der „Viten“ nachweist. So relativiert er die bis dato geltende Forschungsmeinung, Vasari habe das Kunsthandwerk gegenüber den tre arti del disegno herabgewertet: COLLARETA 2010. WARNKE 1993. LÖHR 2007. MOZZATI 2008. MOZZATI 2008, S. 335-394. Mozzati stellt weiterführend fest, dass es sich bei der Compagnia del Paiuolo um eine frühe Form der Künstlerkooperative handelte, da ihre Mitglieder ausschließlich Künstler waren und aus verschiedenen Werkstätten kamen. Der
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Mozzati weiterführend mit den literarischen Dimensionen der Textstellen und ihren Bezügen zu zeitgenössischen wie antiken Vorbildern. Diesen Zugang griff er im Aufsatz „Le Cene del Lasca. Il party più esclusivo“35 von 2012 erneut auf. Dort verortete Mozzati die bei Vasari geschilderte cena infernale der Compagnia della Cazzuola im selben gesellschaftlichen Milieu wie die in der Novellensammlung Antonfrancesco Grazzinis, genannt Il Lasca, beschriebenen beffe. Die Untersuchungen Löhrs und Mozzatis bleiben in ihren Analysen jedoch ausschließlich auf die Biografie Giovanfrancesco Rusticis beschränkt und nehmen die Systematik mannigfacher Erwähnungen ephemerer Arbeiten und theatraler Formen im Gesamtkontext des Werkes nicht umfassend in den Blick. Das Geschichtsverständnis und die hierauf fußende Wiedergeburtsvorstellung der „Viten“ wurden und werden – vorwiegend separat zum kunsttheoretischen Konzept des Autors – in einer langen Reihe unterschiedlicher Ansätze diskutiert, von denen hier lediglich einige Hauptwerke genannt seien. Bereits Wolfgang Kallab in seinen „Vasaristudien“36 von 1908, sowie Julius von Schlosser im Standardwerk „Vasari. Materialien zur Quellenkunde der Kunstgeschichte“37 von 1918, hatten für die „Viten“ ein zyklisches Geschichtsmodell nach antikem Vorbild als maßgebend erkannt. Sie zeichneten die Stationen des Zyklus im Prozess der Kunstentwicklung bei Vasari nach und positionierten die eigene Gegenwart des Autors an der Schwelle zum erneuten Niedergang, dessen unmittelbares Bevorstehen im Proömium angekündigt sei. Auch eine gewisse Epigonenhaltung gegenüber der nunmehr vergangenen Blütezeit wird konstatiert38. Diese Sichtweise wurde in der kunsthistorischen Forschung tradiert und hallte lange auch in historiografiegeschichtlichen Auseinandersetzungen nach. Sowohl Eugenio Garins „Giorgio Vasari e il tema della Rinascita“39 von 1976 als auch Martin Warnkes 1977 erschienener Aufsatz „Die erste Seite aus den ‚Viten‘ Giorgio Vasaris. Der politische Gehalt seiner Renaissancevorstellung“40 und Hans Beltings „Vasari und die Folgen. Die Geschichte der Kunst als Prozeß“41 von 1978 akzentuieren einen vor dem Hintergrund zyklischer Geschichtskonstruktion vermeintlich nostalgisch-rückblickenden Tenor des Werkes42.
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werkstattübergreifende Künstlerbund sei nach Regeln der Gleichberechtigung und wechselseitigen Unterstützung aufgebaut sowie auf Arbeits- und Auftragsteilung ausgerichtet gewesen: MOZZATI 2008, S. 236-253. MOZZATI 2012. KALLAB 1908. SCHLOSSER 1918. SCHLOSSER 1918, S. 34-44. GARIN 1976. WARNKE 1977. BELTING 1978. Die jeweiligen Ansätze unterscheiden sich primär darin, inwieweit sie Vasaris Renaissancevorstellung kunstimmanent betrachten oder für das Werk politische Dimensionen postulieren. Während Garin eine ‚Politisierung‘ der „Viten“ strikt ablehnt, sieht Warnke gerade im vermeintlich trauernden Rückblick der zweiten Vitenausgabe eine immanent
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Wegweisend ergänzt wurden die bisherigen Erkenntnisse erst durch Gerd Blums 2010 veröffentlichte Untersuchung „Zur Geschichtstheologie in Giorgio Vasaris ‚Vite‘ (1550)“43. Blum hat für die Erstfassung der „Viten“, die sogenannte Torrentiniana44, neben antiken Mustern auch heilsgeschichtliche Ordnungssysteme als maßgebend erkannt, wie sie in Universalchroniken seit dem Mittelalter überliefert sind. Seine Studie identifiziert konkret mögliche Vorlagentexte und erläutert anhand der Epochengliederung sowie auf Basis der Paginierung der Erstausgabe, dass die Stufen der Kunstentwicklung in den „Viten“ letztlich den drei geschichtstheologischen Heilszeiten ante legem, sub lege und sub gratia entsprechen. Auch die Gesamtstruktur des historischen Verlaufs wird dort in Analogie zur Heilsgeschichte verstanden, von der Erschaffung des ersten Menschen durch den deus artifex bis hin zum jüngsten Gericht Michelangelos, der durch sein giudizio universale als gottgleicher Künstler ans Ende der Erzählung gestellt sei45. Implizit liefern Blums Erkenntnisse so auch einen neuen Ansatz für die Deutung der vasarianischen Haltung zur eigenen Zeit. In der Perspektive einer eschatologischen Erfüllung im letzten Zeitalter steckt gleichzeitig das Potential einer endlosen Fortsetzung des Höchststandes, welche nach zyklisch-naturhaftem Verlauf unmöglich scheint. Indes beschränkt sich Blums Betrachtung auf die erste Vitenedition und deutet die Geschichtsauffassung dementsprechend ebenfalls im Sinne eines zu seinem Ende gelangten Prozesses. Inwiefern die Fokuserweiterungen und Ergänzungen der zweiten Ausgabe, auch genannt Giuntina46, das heilsgeschichtliche Modell über diesen Endpunkt hinaus erweitern, bleibt bisher offen. Stattdessen erfolgt die Auseinandersetzung mit der Zweitfassung bislang ausschließlich vor dem Hintergrund eines hinterlegten zyklischen Geschichtsverständnisses. Bereits Zygmunt Waźbiński hatte in seinem Aufsatz „L’idée de l’histoire dans la première et la seconde édition des ‚Vies‘ de Vasari“47 von 1976 profunde Unterschiede zwischen den historiografischen Modellen der beiden Viteneditionen identifiziert. Allerdings blieben seine Ausführungen eher summarisch und er interpretierte die Ausrichtung der 1568er-Ausgabe aufgrund ihrer Konzentration auf zeitgenössische Künstler als weniger stringent und stärker räumlich-politisch denn zeitlich orientiert. Wesentlich umgedeutet wurde die bislang vorherrschende Auffassung von einem abgeschlossenen Entwicklungsprozess daher erst in Julian Kliemans Aufsatz „Giorgio
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antimediceische Haltung. Belting argumentiert die Folgen des normorientierten Wiedergeburtskonzeptes bei Vasari für die Kunstgeschichtsschreibung bis zu Winckelmann wieder ausschließlich kunstimmanent; siehe in den jeweiligen Werken: GARIN 1976, S. 259-261; WARNKE 1977, S. 8-13; BELTING 1978, v.a. S. 103-108, S. 113-123. Zum zyklischen Geschichtsverständnis nach Vorbild von Ciceros „De oratore“ weiterhin: GOMBRICH 1960. BLUM 2010. Erstausgabe der „Viten“ von 1550, benannt nach dem Drucker Torrentino. BLUM 2010, S. 274-277; BLUM 2012, S. 135. Zweite Vitenausgabe von 1568, benannt nach dem Drucker Giunti. WAŹBIŃSKI 1976.
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Vasari. Kunstgeschichtliche Perspektiven“48 von 1991, dem diese Arbeit einige entscheidende Grundannahmen verdankt. Da Michelangelo, in dessen Wirken die Torrentiniana ihren Höhe- und Endpunkt gefunden hatte, zwischen den beiden Veröffentlichungen gestorben war, sei die Giuntina besonders darum bemüht, „[…] alles das zu unterstreichen, was eine Kontinuität der Kunstgeschichte über Michelangelo hinaus ermöglichte.“49 Als Vehikel dieser Kontinuität erkennt Kliemann erstmals eine für die Zukunft vorgeschlagene und durch das neue Vorbild Raffaels aufgezeigte Richtungsänderung von vertikal zu horizontal: „Da die Kunstgeschichte jetzt nicht länger mit dem Blick auf ein festumrissenes Ziel, nämlich Michelangelo und seine Leistungen, dargestellt werden konnte (wie 1550), war es geradezu zwangsläufig, daß das Augenmerk sich auf die gesamte Breite der zeitgenössischen Kunstproduktion richtete und Vasari nun auch Techniken, die in der ersten Auflage nur am Rande erwähnt wurden, größere Beachtung schenkt und ihre Geschichte im Rahmen der Viten jüngerer Künstler nachträgt.“50
Dabei verweist der Text außerdem knapp auf den verstärkten Einbezug ephemerer und theatraler Formen in die Zweitausgabe der „Viten“, den er auf Vasaris durch eigene praktische Theaterarbeiten gesteigertes Interesse am Ephemeren zurückführt. Gleichzeitig eröffneten, so Kliemann folgerichtig, festliche Ereignisse ein Betätigungsfeld, das, unterschiedliche Techniken in sich vereinend, vor allem jungen Künstlern neue Entfaltungsmöglichkeiten biete51. Der umfassend angelegten Argumentation geschuldet müssen diese Hinweise aber letztlich summarisch bleiben und können weder eingehend am Text belegt noch aus der chronologischen Reihung der Lebensbeschreibungen heraus abgeleitet werden. Auch beschränkt sich die Untersuchung auf ephemere Kunstwerke und damit auf den Bereich der bildenden Künste, wogegen Vasaris Exkurse zu den szenischdramatischen Aspekten und zu den politischen wie gesellschaftlichen Bedingungen des Festwesens keine gesonderten Beachtung erfahren. Wegweisend bleibt jedoch Kliemanns Erkenntnis einer zukunftsorientierten Ausrichtung der Giuntina, die schließlich in Marco Ruffinis 2011 erschienener Monografie „Art without an author. Vasari’s Lives and Michelangelo’s death“52 aufgegriffen und um weiterführende Aspekte ergänzt wurde. Ruffini sieht die ausschlaggebende Zukunftsperspektive für das historiografische Narrativ der zweiten Vitenfassung in der gemeinschaftlich-akademischen Kunstproduktion, wie sie schwerpunktmäßig am Ende des Gesamtwerkes propagiert werde. Als neues Ideal künstlerischer Zusam-
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KLIEMANN 1991. KLIEMANN 1991, S. 63. KLIEMANN 1991, S. 61. KLIEMANN 1991, S. 54. RUFFINI, M. 2011. Zur Renaissancevorstellung der „Viten“ und ihren Implikationen für die Biografien siehe außerdem weiterführend: BURIONI, Vasari’s rinascita 2010; BURIONI, rinascita dell’arte 2010. Beide Aufsätze variieren in ihrer Grundthese, sind jedoch in einigen Passagen nahezu identisch. Prinzipiell den Ansätzen Ruffinis und Kliemanns folgt auch: POZZI 2017.
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menarbeit ersetze nach Michelangelos Tod das Künstlerkollektiv die bis dato gepriesenen Individualleistungen. Vor allem die Akademiker-Vita verdeutliche den neuen Ansatz, der nach Borghinis Maßgabe weg von einer Künstlergeschichte und hin zu einer Geschichte der Werke führe: „For this reason I emphasize the significance of the final sections of the second edition for an interpretation of the book as a whole.“53
Im Zuge seiner Zusammenschau verschiedener, diesbezüglich in den „Viten“ formulierter Argumentationsstränge führt Ruffini beispielhaft auch Cinis Festbericht über die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 an, der nach Borghinis Ratschluss an das Ende der zweiten Ausgabe gestellt sei. Ephemere Großprojekte entsprächen dem neuen Ideal insofern, als hier zwar für den intellektuellen Entwurf einzelne Meister verantwortlich zeichneten, an der Ausführung aber verschiedene Kollaborateure beteiligt seien54. Wie bereits Kliemann, so beschränkt auch Ruffini seine Ausführungen zum Einbezug des Ephemeren in die „Viten“ auf wenige, feststellende Äußerungen und seine Schlussfolgerungen bleiben letztlich – wie auch sein Untersuchungsfeld – auf den Bereich der Kunstproduktion fokussiert. Dass Vasari durch seinen strukturierten und theoretisch fundierten Zugriff auf verschiedene Aspekte des Theater- und Festwesens auch über den Bereich der bildenden Künste hinausgehend Zukunftsperspektiven für einen breiteren gesellschaftlichen Rahmen sowie ein neues ‚kunstvolles‘ Betätigungsfeld des ‚Theatralen‘ eröffnet, wird in diesem Zusammenhang nicht erörtert. Auf mögliche gesamtkulturelle Zusammenhänge in Vasaris Geschichtsverständnis deutet – allerdings wiederum ohne dezidierte Beachtung des Ephemeren – Giorgio Patrizi in seinem 2017 erschienenen Aufsatz „Les Vites entre la première et la seconde rédaction. Vasari et ses renaissances“55 hin. So werde in der zweiten Vitenausgabe über die Pluralität künstlerischer Tätigkeitsfelder ein Goldenes Zeitalter unter Cosimo festgesetzt, wofür Patrizi, wie vor ihm Kliemann, Raffael als Paradebeispiel anführt56. In allen vorgenannten Studien bleiben die Hinweise auf Vasaris Einbezug von theatralen Formen und ephemeren Werken allenfalls marginal. Rückschlüsse erfolgten bislang, sofern vorhanden, ausschließlich für den Bereich der bildenden Künste. Eine mögliche Relevanz einzelner Erwähnungen für die Geschichtserzählung der „Viten“ wird zwar im Hinblick auf die unmittelbare Gegenwartsdarstellung und Zukunftserwartung der Zweitfassung angedacht, jedoch nicht bis in die Epochenstruktur
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RUFFINI M. 2011, S. 8. RUFFINI M. 2011, S. 8. PATRIZI 2017. PATRIZI 2017, S. 77-78. Patrizi gibt aber als Grund für die Veränderungen der Giuntina und für die nun erfolgte Angleichung Raffaels an Michelangelo weniger das Dilemma an, in dem sich das historiografische Narrativ nach Michelangelos Tod vor dem Hintergrund des zyklischen Modells befindet. Stattdessen sieht er den Auslöser für Relativierungen und Umorientierungen eher in der nach Veröffentlichung der Erstfassung einsetzenden, jeweils regionalpatriotischen Vasarikritik.
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der Biografien zurückverfolgt oder in der Zusammenschau mit Vasaris kunst- und geschichtstheoretischen Äußerungen ermittelt. Dieses Desiderat versucht die vorliegende Studie in historiografiegeschichtlichem Angang an der Grenze zwischen Wissensgeschichte, Kunsthistorik und Theaterwissenschaft zu erfüllen. Hierzu setzt die Untersuchung an den Schlussfolgerungen an, die Kliemann und Ruffini für die perspektivischen Erweiterungen im Geschichtsmodell der Giuntina erarbeitet haben, und betrachtet dementsprechend die „Viten“ von ihrem Ende her. Allerdings soll der Gedankenansatz breiter verfolgt werden. Dabei wird Blums geschichtstheologische Lesart der Biografien auf die zweite Vitenfassung übertragen, weitergedacht und mit dem dort im Rückgriff auf Naturgesetze wie Katastrophentheorien gleichermaßen formulierten Zyklusmodell in ein spannungsreiches Beziehungsgeflecht gesetzt. So soll Vasaris Argumentation einer fortdauernden Blüte vor dem Hintergrund aller nach Darlegung des Textes möglichen Zukunftsszenarien beleuchtet und ausgewertet werden. Diese methodische Ausweitung erfolgt gleichsam unter dem Objektiv einer Engführung des behandelten Gegenstandes auf den Bereich von Theater, Fest und ephemerer Ausstattung. Andere Techniken und arti minori umfassend in die Untersuchungen aufzunehmen, könnte zwar lohnend sein, würde aber die Gefahr in sich bergen, abermals auf das Themenfeld von bildenden Künsten und Kunsthandwerk konzentriert zu bleiben. Stattdessen erscheint es für ein tieferes Verständnis der den „Viten“ inhärenten Renaissancevorstellung essentiell, auch jene Aspekte in den Blick zu nehmen, die mit der künstlerischen Arbeit nicht unmittelbar in Verbindung stehen, so aber, in die Beschreibungen theatraler Ereignisse integriert, eine breitere gesellschaftliche Dimension erschließen. Daher bezieht die Studie verstärkt Äußerungen der entsprechenden Textstellen zu Fragen von Inszenierung, Dramatisierung und musikalischer Gestaltung sowie zu den sozialen und politischen Voraussetzungen festlicher und theatraler Formen mit ein. Die Arbeit ist dezidiert wissensgeschichtlich, nicht fachgeschichtlich orientiert. Da die „Viten“ keiner eng umrissenen, modernen Konzeption von ‚Kunstgeschichte‘ folgen, muss auch ihre Erforschung notwendigerweise gerade an den Punkten, wo sie den Kanon der vermeintlichen Hochkunst verlassen, bereit sein, diesen Weg mitzugehen, wenn sie zu tieferen Einsichten in das Geschichts- und Kunstverständnis ihres Autors gelangen möchte. Damit aber steht die Untersuchung am äußeren Rand kunsthistorischer Arbeit und kommt nicht umhin, in transdisziplinärem Angang Themenfelder der Theater- und Kulturgeschichte sowie der Musik- und Literaturwissenschaft mit zu bearbeiten. Auch hilfswissenschaftliche und methodische Anleihen aus anderen Fächern sind mitunter unumgänglich. Die in diesen ‚Grenzzonen‘ getroffenen Aussagen seien jedoch zunächst als Hinweise und Hypothesen anzusehen, die einer methodisch fundierten Überprüfung durch die jeweilige Disziplin harren, um ihre endgültige Beweislast festzustellen. Um Vasaris „Viten“ vor dem Hintergrund zeitgenössischer Literatur, Theoriebildung und Historiografie zu kontextualisieren, greift die Arbeit exemplarisch auf ver-
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schiedene Bedeutungsfelder, Topoi57 und Konzepte aus, die seit der Antike mit Fest, Theater, Tanz und Musik verbunden wurden. Ungeachtet eines bestehenden Forschungsdesiderats können diese weitreichenden und komplexen Zusammenhänge mit Fokus auf ihre Bezüge zu den „Viten“ nur überblickshaft und punktuell erfasst werden. Daher begreifen sich auch die so gewonnenen Erkenntnisse dezidiert und ausschließlich als mögliche Impulse für ein neues wissensgeschichtliches Forschungsfeld. Eine weitere methodische Herausforderung stellt die Frage nach einer Abgrenzung einzelner ephemerer Formen untereinander und dementsprechend die begriffliche Definition des Gegenstandes dar. Das Cinquecento verfügt noch nicht über eine eindeutige, zusammenfassende Bezeichnung für die genannten Ausprägungen. Stattdessen sind in den „Viten“ folgende Termini einzeln genannt: rappresentazione, festa, commedia, recitazione, trionfo, mascherata, cena, girandola, processione und venuta58. Dass die verschiedenen begrifflich benannten Unterarten jedoch ante litteram als Ausprägungen des gleichen kreativ-künstlerischen Feldes verstanden werden, lässt sich aus dem Umstand folgern, dass sie in den Biografien mitunter in einem Atemzug genannt und wie verschiedene Techniken einer Kunstgattung behandelt werden – häufig auch als Bestandteile ein und desselben Anlasses. Dies schließt immanente Hierarchisierungen nicht aus, die an entsprechender Stelle in der Untersuchung gekennzeichnet und, sofern sinnvoll, für die Geschichte von Theater und Ephemerem in den „Viten“ fruchtbar gemacht werden. Sollen die unterschiedlichen Ausprägungen aber zusammengedacht werden, ist ein gemeinsamer Oberbegriff unverzichtbar. Für das 16. Jahrhundert ist als einziger, alle Formen einschließender Begriff spettacolo etymologisch fassbar, den auch Vasari an manchen Stellen verwendet. Allerdings besitzt der Terminus keine Ausschließlichkeit und kann gleichermaßen im Zusammenhang mit Naturphänomenen und Himmelserscheinungen stehen59. Außerdem bleibt er letztlich stark auf den Schau-
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Zur Topik der Renaissance siehe: SCHMIDT-BIGGEMANN 2003. Zu den Bezeichnungen rappresentazione, commedia und mascherata im Bedeutungsfeld des 16. Jahrhunderts vgl. SERGARDI 1988, S. 110-111, S. 48-51, S. 86. Auf die Begriffe festa, cena, girandola, processione und ingresso geht Sergardi allerdings nicht ein. Für trionfo siehe Definition bei: ANGIOLILLO 1996, S. 12-13. Für eine zeitgenössische Definition von girandola siehe: BIRINGUCCIO (1540) 1977, Libro ultimo, fol. 165r-166v. Cena bezieht sich bei Vasari sowohl auf das Mahl an sich, als auch auf die gesamte Abendunterhaltung im Sinne eines Banketts, vgl. beispielsweise: VASARI: Vita di Giovanfrancesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481. Der Ausdruck processione findet vor allem bei religiösen Festumzügen Anwendung: beispielsweise beim San Giovanni-Festumzug: VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. Venuta dagegen bezeichnet den feierlichen Einzug eines Staatsbesuches: beispielsweise VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75-76. Zur theatralen Bedeutungsebene von spettacolo vgl. SERGARDI 1988, S. 125-126. Übertragbarkeit auf Naturphänomene siehe: „spettacolo“, in: P REMOLI, P. 1989, Bd. II, S. 1296-1297. Enger aufgefasst wird der Begriff bei d’Amico. Hier fallen jedoch Spiele und Bankette nicht unter den Terminus, da ihnen eine klare Trennung von Akteur und Zuschauer fehle und der Zufall eine zu große Rolle spiele: „spettacolo“, in: D’AMICO 1954,
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effekt der Darbietungen fokussiert, wogegen Vasaris Schilderungen stärker von der Seite der Akteure denn aus der Warte des Publikums heraus argumentieren 60. Diesem Umstand trägt die Arbeit Rechnung, indem sie versucht, sich dem Bedeutungsspektrum des in den „Viten“ behandelten Repertoires durch die Verwendung des Theaterbegriffes anzunähern, auch wenn dessen moderne Komponenten Teile des behandelten Gegenstandes nicht erfassen61. In der Anwendung dieser Bezeichnung nimmt die Studie Bezug auf die Forschungspraxis der Theaterwissenschaft, die unter dem postmodernen Paradigma einer „Pluralität“ der Theaterbegriffe die hier erwähnten Formen ebenso als ihren Gegenstand begreift62. Die Begriffssetzung von ‚Theater‘ oder ‚theatral‘ fußt zudem auf der Erkenntnis, dass allen bei Vasari erfassten Ausprägungen letztlich der Aspekt der Inszenierung gemeinsam ist. Alle in den „Viten“ vorgestellten ephemeren Formen sind planvoll und/oder absichtsvoll ausgestaltet, mit dem Ziel, einem auf unterschiedliche Weise passiv wie aktiv beteiligten Publikum etwas zu präsentieren, das sich nicht statisch sondern in zeitlichem Ablauf, in Bewegung und Aktion, sukzessiv oder simultan vor dessen Augen entfaltet 63. Damit sind sie unter einem erweiterten Theaterbegriff zu erfassen und gleichlautend als ‚theatral‘ zu bezeichnen.
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Bd. 9, Sp. 207-209. Insofern setzt er den Spektakelbegriff beinahe synonym mit dem modernen Theaterbegriff. Vasari verwendet spettacolo ausschließlich dann, wenn der Wirkungsaspekt auf das Publikum betont wird, ansonsten favorisiert er andere Bezeichnungen, zum Beispiel: „Questo duro spettacolo per la novità, come ho detto, e terribilità sua, misse terrore e maraviglia insieme in tutta quella città […].“: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. Außerdem: „[…] quale maniera di spettacolo avanza, per mio creder[e], quando ha tutte le sue appartenenze, qualunque altro quanto si voglia magnifico e sontuoso.“: VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. Vgl. „Theater“, in: UEDING 1998, Bd. 9, Sp. 510-521. Allerdings geht der antike Begriff ‚theá‘ (= Schau) bereits sehr weit und umfasst ebenso Prozessionen, Wettkämpfe, Liedund Tanzvorführungen sowie Musik. Dieser weit gefasste Theaterbegriff kommt hier zur Anwendung, auch mit Blick auf die Tatsache, dass eine echte Einschränkung des antiken Verständnisses explizit erst im 18. Jahrhundert erfolgte: FISCHER-LICHTE & KOLESCH & WARSTAT 2014, S. 362-368. Vgl. FISCHER-LICHTE 1994, S. 21-23. Eine solche Herangehensweise wird beispielsweise formuliert in Franco Ruffinis Aufsatz „Teatri prima del teatro“ von 1983, der den modernen Theaterbegriff als für die frühe Neuzeit unzureichende „Denkbrille“ identifiziert. Für die Renaissance müsse der Terminus notwendigerweise offener und breiter gefasst werden, um auch jene Formen darunter zu subsummieren, die in die spätere staatliche Institution nicht einfließen konnten, aber dennoch nicht minder theatral in ihrer Ausprägung seien: RUFFINI, F. 1983. Begriff der „Denkbrille“ hier nach Herbert Butterfield, zitiert bei: KUHN 1977, S. 35. Dies sind nach Max Herrmanns Definition die primären Eigenschaften einer Theateraufführung – allerdings durchaus abzüglich einer zu vermittelnden Botschaft textlicher Art: siehe FISCHER-LICHTE 2012, S. 19-21.
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Hierin orientiert sich die Arbeit an der Definition von ‚Theatralität‘, die Erika Fischer-Lichte in ihrer 2012 erschienenen Monografie „Performativität. Eine Einführung“ in Abgrenzung zum Terminus ‚Performativität‘ entwickelt: „Während Theatralität sich auf den jeweils historisch und kulturell bedingten Theaterbegriff bezieht und die Inszeniertheit und demonstrative Zurschaustellung von Handlungen und Verhalten fokussiert, hebt Performativität auf die Selbstbezüglichkeit von Handlungen und ihre wirklichkeitskonstituierende Kraft ab.“64
Da die „Viten“ – und gerade dies macht den entscheidenden Unterschied zu anderen Geschichtswerken und ihrem Rekurs auf das Festwesen aus – stärker die Inszeniertheit und weniger die zeremoniellen oder selbstreferentiellen Gesichtspunkte der beschriebenen Anlässe betonen, erscheint der Begriff der ‚Theatralität‘ für den methodischen Zugriff der vorliegenden Arbeit passender, auch wenn die Formen an sich im 16. Jahrhundert selbstverständlich durchaus wirklichkeitskonstituierende und damit performative Aspekte beinhalteten. Im Gegensatz zur sprachlich-textuellen Orientierung des im Sinne indexikalischer Funktionen definierten Performativitätsbegriffs stehen bei Vasari außerdem primär visuelle sowie synästhetische und damit theatrale Effekte im Fokus65. Problematisch wird die Anwendung des so definierten Begriffsfeldes zuweilen, wenn – vor allem in anderen literarischen und historiografischen Texten – teils explizit die performativen Aspekte, wie das Zeremoniell und die sozialkonstitutiven Strukturen festlicher Kultur, in den Vordergrund drängen. Daher behilft sich die Arbeit dort, wo auch ein weit gefasster Theater- und Theatralitätsbegriff strapaziert zu werden droht, mit der Bezeichnung ‚Fest‘66, im Bewusstsein einer verbleibenden begrifflichen Unschärfe. Letztgültige begriffsgeschichtliche Definitionen zum Theaterverständnis der italienischen Renaissance können in dieser Studie nicht getroffen werden, die sich darauf beschränkt, graduelle Verschiebungen zwischen den jeweils untersuchten Schriften zu kennzeichnen und gegeneinander abzugleichen und so das Problemfeld für mögliche weitere Untersuchungen – auch und vielleicht in dieser Hinsicht vor allem von Seiten der Theatergeschichte – beschreibend zu eröffnen. Ergänzend führt die Untersuchung den Begriff des ‚Ephemeren‘ an. Er erweitert das begriffliche Spektrum des Bezeichneten um die Komponente der Vergänglichkeit, die Theater und Fest per se eigen ist, und welche auch die hierfür durch die
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FISCHER-LICHTE 2012, S. 29. Vgl. auch „Theatralität“, in: FISCHER-LICHTE & KOLESCH & WARSTAT 2014, S. 382-388. Weiterführend: Fischer-Lichte (1983-1994) 2007-2009. Zur Zeichenhaftigkeit performativer Äußerungen, vgl. FISCHER-LICHTE 2012, S. 37-44. Inszenierung begreift Fischer-Lichte als theatral, während die Emergenz einer Aufführung auf deren performative Eigenschaften verweise: FISCHER-LICHTE 2012, S. 56. Zu einem pluralen Theaterbegriff und Theatralität vgl. weiterhin: MÜNZ 1998; außerdem grundlegend: MÜNZ 1969. Zur historischen Nähe zwischen Fest und Theater siehe: „Fest“, in: FISCHER-LICHTE & KOLESCH & WARSTAT 2014, S. 105-107. Zum Fest in der italienischen Renaissance außerdem: CHASTEL 1956.
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bildenden Künstler geschaffenen Dekorationen, Kostüme und technischen Apparaturen, Feuerwerke und essbare Skulpturen kennzeichnet67. Während ‚Theater‘ und ‚Fest‘ sich vornehmlich auf den Anlass, seinen Ablauf und seine Wirkung beziehen, zielt die Bezeichnung ‚Ephemeres‘ primär auf den Werkcharakter der künstlerischen, musikalischen, poetischen, darstellerischen und akrobatischen Erzeugnisse ab, die bei den jeweiligen Anlässen zur ‚Aufführung‘ kamen. Der vergängliche Charakter ephemerer Kunst ist Vasari, wie zu zeigen sein wird, durchaus bewusst und birgt Folgen für ihre geschichtliche Aufbereitung und Memorierung in den „Viten“. Da Vasaris Schilderungen über die arti del disegno hinaus und in die Gesellschaft hineinweisen, bleibt es außerdem nicht aus, ihren Verweischarakter auf etwas anzuerkennen, das ab der Aufklärung als ‚Kultur‘, als verfeinerte Lebensform im Gegensatz zur ‚Natur‘ sowie zur rohen, urtümlichen Lebensweise, bezeichnet wurde. Auch dieser Begriff ist für das italienische Cinquecento insofern problematisch, als er genuin aufklärerisch geprägt ist und Konnotationen in sich birgt, die in der Renaissance noch nicht greifbar sind68. Cultura bezeichnete ursprünglich ausschließlich den Ackerbau, die Kultivierung von Land und Boden, wurde im 16. Jahrhundert aber zuweilen auch (wieder) im Sinne einer cultura animi auf intellektuelle Tätigkeitsfelder angewendet69. Die Implikation einer absichtsvollen Verfeinerung und Überhöhung des ‚Naturzustandes‘ durch menschliches Zutun ist dem Terminus also bereits eigen70. Zwar wird er im 16. Jahrhundert (noch) nicht zur Beschreibung des sozialen Zusammenlebens benutzt. Potentiell ist er aber in seinem Bedeutungsspektrum darauf übertragbar, zumal normative Differenzierungen zwischen kultivierten und weniger kultivierten Völkern in Vasaris ‚Barbarenthese‘ und in seinem maniera-Begriff innerhalb des Vitenkontextes bereits angelegt sind71. Auf dieser Grundlage wird die Bezeichnung hier gebraucht, freilich dezidiert ohne ihre modernen Konnotationen und nicht mit der Kant’schen Idee des ‚Moralischen‘ hinterlegt. Quellenkundliche Fragestellungen sind für die gegenwärtige Untersuchung sekundär. Informationsgehalt und historische Zuverlässigkeit der „Viten“ sind im vorliegenden Forschungskontext nur dort relevant, wo sich aus der Quellenkritik Rückschlüsse auf die historiografische Intention des Autors ziehen lassen. Die getroffenen Aussagen beruhen vornehmlich auf einer textimmanenten philologischen Analyse der entsprechenden Passagen, ihrer Terminologie, ihres Satzbaus und ihrer stilistischen Ausdruckskraft nach der literaturwissenschaftlichen Methode des Close rea-
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Zum Bedeutungsfeld von ‚Ephemer‘ siehe näher: KRAUSE 2001, für den hier relevanten Kontext v.a. S. 240-242, S. 255-257. Zu den Konnotationen und zum Bedeutungswandel des Begriffes in den Geisteswissenschaften vgl. z.B. HANSEN 1993; insbesondere für die Kunstgeschichte und ihre Methoden: MÖSENEDER 1993. Außerdem „Kultur“, in: UEDING 1998, Bd. 4, Sp. 1384-1386, Sp. 1403-1409; „Kultur“, in: FARZIN 2015, S. 162-166. FARZIN 2015, S. 163; außerdem: ROTHAUER 2005. Siehe „Kultur“, in: UEDING 1998, Bd. 4, Sp. 1384-1386, Sp. 1403-1409; „Kultur“, in: FARZIN 2015, S. 162-166; „Kultur“, in: RITTER & GRÜNDER 1976, Bd. IV, Sp. 1309-1310. B ICKENDORF 2002, S. 114-117; näher ausgeführt in unpublizierter Magisterarbeit: KREUTZER 2008 vorgel., S. 30-43; siehe außerdem: Kap. 4.1, S. 267-270.
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ding72, wovon ausgehend der Blick punktuell kontextualisierend erweitert wird. Vergleichsbeispiele bezieht die Studie nicht mit dem Ziel ein, Vasaris Angaben in der Gegenüberstellung mit weiteren Quellen zu überprüfen, sondern um die Spezifika der Vitenargumentation vor dem Hintergrund zeitgenössischer Literatur und Wissenschaft herauszuarbeiten. Aus diesem Grund bleibt die Auseinandersetzung vornehmlich auf einen Vergleich mit weiteren Primärtexten beschränkt und greift auf visuelle Zeugnisse nur dort zurück, wo ihnen für Verständnis und Einordnung des Textes ein erhöhter Aussagewert abgewonnen werden kann. Diese Arbeit nimmt die „Viten“ als Gesamtwerk in den Blick, bestehend aus theoretischen Proömien, technischer Einleitung sowie Biografien, Sammelviten, Briefen und Festberichten – ungeachtet der Frage nach möglicherweise daran beteiligten unterschiedlichen Autorenpersönlichkeiten. Den Aspekt kollektiver Autorschaft haben vornehmlich Charles Hope und Thomas Frangenberg in die wissenschaftsgeschichtliche Vitenforschung eingebracht.73 Seither wird die Zuschreibung des Textes kontrovers diskutiert und das genaue Kräfteverhältnis zwischen redaktioneller und urheberschaftlicher Mitarbeit der beteiligten Personen konnte bislang noch nicht letztgültig geklärt werden74. Obwohl gerade die Beschreibungen von Theateraufführungen und festlichen Anlässen sicherlich auf unterschiedliche Einflüsse zurückzuführen sind und durchaus das Potential besitzen, im Nachgang die Diskussion durch weitere Anhaltspunkte zu befeuern, kann es nicht Ziel des vorliegenden Untersuchung sein, die Autorenfrage eigenhändig zu klären. Sie beschränkt sich daher darauf, jeweils das Umfeld und den Personenkreis anzugeben, durch die bestimmte Äußerungen inhaltlich geprägt worden sein könnten, und überlässt philologische Händescheidungen einschlägigeren Kompetenzen. Der Name ‚Giorgio Vasari‘, unter dem beide Vitenfassungen firmierten, wird hier weiterhin als Autorenbezeichnung verwendet, unter Vorbehalt und bis zur endgültigen Klärung des Sachverhaltes 75. Festzuhalten ist für die methodische Herangehensweise dieses Bandes aber folgende Prämisse: Es wird davon ausgegangen, dass die „Viten“, obschon sicherlich von mehreren Personen zumindest redaktionell beeinflusst, dennoch eine einheitliche Gesamtkonzeption aufweisen. Argumentative Brüche zwischen einzelnen Aussagen sowie zwischen Proömien und Textkorpus jederzeit ausschließlich auf den Umstand
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Zur Methode des Close reading, ihren Chancen im Sinne des New Criticism aber auch ihren Gefahren und der Notwendigkeit ihrer Ergänzung im ‚Methodenmix‘ siehe: WEIMANN 1974, v.a. S. 91-114. Zu unterschiedlichen literaturwissenschaftlichen Methoden in Korrelation und Abgrenzung grundlegend: NÜNNING, Literaturwissenschaftliche Theorien 2004; NÜNNING, Grundbegriffe 2004. HOPE 1995; HOPE 2005; FRANGENBERG (2002) 2003. Das Desiderat einer letztgültigen Überprüfung der Annahmen Hopes und Frangenbergs durch philologische Studien wird treffend formuliert und begründet bei: JONIETZ 2016, S. 17-18. Gegenpositionen zu Hope und Frangenberg beispielsweise: GINZBURG CARIGNANI 2007, v.a. S. 177-179; CARRARA 2015. Weitere Titel zum Thema zusammengefasst bei: JONIETZ 2016, S. 26 Anm. 33. Damit soll dem berechtigten Einwand Rechnung getragen werden, die zentralen Thesen Hopes und Frangenbergs seien vor ihrer abschließenden Klärung nicht unreflektiert als „Faktum“ zu setzen: siehe JONIETZ 2016, S. 18.
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zurückzuführen, sie seien von unterschiedlichen Verfassern mit verschiedenen theoretischen Standpunkten und in Unkenntnis der jeweils anderen Äußerungen entstanden, würde bedeuten, dem Werk, seinem Geschichtsverständnis und seiner Theorie die konzeptionell-einheitliche Anlage abzusprechen. Dies ist bei einem derart prestigeträchtigen Projekt wie den „Viten“ nur schwer vorstellbar und verstellt außerdem den Blick auf argumentativ möglicherweise mitunter sogar beabsichtigte Widersprüchlichkeiten sowie auf eine eventuelle Weiterentwicklung theoretischer und kritischer Haltungen während der mehrjährigen Werkgenese. Damit sei nicht gesagt, dass einzelne Brüche nicht zuweilen auch zufällig entstanden sein können, geschuldet dem unüberschaubaren Gesamtumfang der Schrift. Doch es ist vorauszusetzen, dass die hinter dem Werk stehenden theoretischen und geschichtlichen Annahmen, Intentionen und Konzepte zumindest intentionell umfassend angelegt sind. Zur Begründung der eingangs aufgeführten These verfolgt dieser Band eine vierschrittige Vorgehensweise. Um zunächst die veränderte Intention erfassen zu können, unter welcher Theater, Fest und die dazugehörigen Dekorationen in die Biografien der Giuntina integriert werden, widmet sich das erste Kapitel einer Gegenüberstellung der entsprechenden Abschnitte in den beiden Vitenausgaben von 1550 und 1568. Dabei finden sowohl strukturelle als auch quantitative und qualitative Unterschiede Berücksichtigung. Zunächst wird der Umfang der jeweiligen Textstellen verglichen, um sodann den Fokus auf jene Passagen zu legen, die bei oberflächlicher Betrachtung keine nennenswerten umfänglichen Unterschiede in ihrem Rekurs auf das Theatrale erkennen lassen. Hier dient ein philologischer Abgleich dazu, die veränderte Präzision und geschichtliche Schwerpunktsetzung der zweiten Ausgabe gegenüber der Fassung von 1550 zu konkretisieren. Auf dieser Basis konzentriert sich das zweite Kapitel ausschließlich auf die überarbeitete Edition von 1568 und widmet sich hieran den Geschichten rund um Theater, Fest und Ephemeres sowie den mit dem Einbezug verknüpften Argumentations- und Ordnungsmustern. Biografieübergreifend wird eruiert, wie sich die entsprechenden Textstellen hinsichtlich diverser Grundkonzepte des Gesamtwerkes verhalten und unter welchen Akzentsetzungen sie in den Kontext der Lebensbeschreibungen integriert sind. Die Untersuchung konzentriert sich zunächst auf die technischen Erfindungen Brunelleschis und Ceccas für die religiösen Festumzüge und sacre rappresentazioni des 15. Jahrhunderts sowie auf die von Tribolo gestalteten girandole76 für die Festa di San Giovanni. Herausgearbeitet wird das Verhältnis zwischen synästhetischer Wirkung, szenischem Ablauf und technischen Details in der Vitenschilderung. Anschließend werden die in diverse Biografien integrierten weitreichenden Exkurse zum Theater- und Festwesen allgemein, zu szenischen Abläufen, Texten und Liedern sowie zu den politischen Bedingungen und zu den beteiligten gesellschaftlichen Gruppierungen, behandelt. Die entsprechenden Passagen werden im Einzelnen analysiert und mit dem Prinzip der memoria in Verbindung gebracht.
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Feuerräder, die beim Abbrennen immer neue Pyroeffekte verursachten: PALLEN 1999, S. 13.
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Ebenso wird in einem nächsten Schritt ermittelt, inwiefern das Konzept der uomini illustri sowohl als sinnstiftendes Element der biografischen Erzählung als auch als übergeordnetes Gliederungs- und Ordnungssystem des Gesamtwerkes auf die Schilderungen von Theater, Fest und Ephemerem übertragbar ist. Hierbei wird zunächst die Stellung ephemerer Werke als res gestae im Leben und Werk der jeweiligen Künstler aufgezeigt und anschließend dargelegt, wie Vasari dieses Prinzip im Zuge der Erwähnungen auch auf Personenkreise jenseits der bildenden Künste sowie auf Kunstschaffende ‚zweiten Ranges‘ ausweitet. Im Folgenden werden die mediceisch-politischen Implikationen der entsprechenden Textstellen beleuchtet und im Spannungsfeld des bereits seit der Antike existierenden Gegensatzes von otium und negotium sowie im Zusammenhang mit der Idee von guter Herrschaft als Garant für kulturelle Blüte analysiert. Wegen ihrer exponierten Stellung im Kontext der „Viten“ ist den szenischen Banketten und ephemeren Schaugerichten in der Biografie Giovanfrancesco Rusticis ein eigenes Unterkapitel gewidmet. Im Rückgriff auf und in der Ergänzung zu den Studien Löhrs77 und Mozzatis78 wird die Abhängigkeit der Schilderungen von antiken wie zeitgenössischen literarischen Vorlagen überprüft, um sodann in der Spieltradition des 16. Jahrhunderts mögliche Vorbilder aufzuzeigen. Es wird zu eruieren sein, inwiefern die Schaugerichte und szenischen Bankette in der Rustici-Vita letztlich als Spielformen ausgewiesen sind, die ihr Potential im Unterschied zur gängigen Praxis nicht auf rhetorischem, sondern auf künstlerisch-bildendem und szenischem Gebiet entfalten. Im Anschluss werden Vasaris eigene Theaterarbeiten in den Blick genommen, die der Autor vornehmlich nicht in seine Autobiografie, sondern in die Lebensbeschreibungen seiner Mitarbeiter und in die Akademiker-Vita integriert. Identifiziert werden mögliche Motive für dieses ungewöhnliche Vorgehen, um sodann die Sonderrolle zu ergründen, die den von Vasari und Borghini ersonnenen Umzügen, Maskeraden, Theateraufführungen und ephemeren Werken in Giovambattista Cinis Festbericht über die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 zukommt. Am Ende der zweiten Vitenfassung stehend, fasst dieser Text alle bereits erwähnten theatralen Formen und Dekorationsmodi unter einem einzigen mediceischen Großereignis zu einem schillernden Bild gelebter und nach kunstvollen Prinzipien gestalteter Festlichkeit zusammen. Das dritte Kapitel dient der Kontextualisierung von Vasaris Zugriff auf theatrale und festliche Details. Da Ordnung und Auswahl des Materials in vielerlei Hinsicht einer Enkomiastik des zeitgenössischen Florenz dienlich sind, werden die assoziativen Argumentationsebenen der Textstellen zunächst mit der Vorstellungswelt der vita amoena79 und mit dem Konzept des bene comune80 verknüpft. Im Überblick über verschiedene Schrift- und Bildzeugnisse, von der antiken Staatsphilosophie über die utopischen Romane von Thomas Morus und Filarete bis zum Sieneser Fresko „Effetti del buon governo“ von Ambrogio Lorenzetti und zu den Idealstadt-Entwürfen des 16. Jahrhunderts, wird der allegorische Verweischarakter von Tanz, Gesang, Musik,
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LÖHR 2007 MOZZATI 2008; MOZZATI 2012. Nähere Erläuterungen zu locus amoenus und vita amoena vgl. Kap. 3.1, S. 179-183. Zum Begriff in der Staatstheorie siehe Kap. 3.1.
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Spiel und Fest im Hinblick auf eine gute Gesellschaftsordnung, Gerechtigkeit und das bene comune aufgezeigt und als möglicher Topos hinter den vasarianischen Schilderungen ausgewiesen. Des Weiteren wird untersucht, inwiefern für Vasaris Verweis auf historisch belegte Ereignisse enkomiastische Stadtbeschreibungen vorbildhaft sein können, die als eigenständige literarische Gattung, jedoch auf der Basis und in Kenntnis der gesellschaftstheoretischen Topoi, seit der Antike städtische Annehmlichkeiten unter Anführung konkreter Feste, Bräuche und Theaterformen vor Augen führten. Da die „Viten“ jedoch nicht nur beschreibende sondern vor allem historiografische Zugänge zu Theater, Fest und Ephemerem verfolgen, finden im Anschluss ausgewählte Werke der Florentiner Stadtgeschichtsschreibung vom 14. bis 16. Jahrhundert vergleichende Auseinandersetzung. Ordnungs-, Auswahl- und Wertungskriterien der einzelnen Texte werden exemplarisch zueinander in Bezug gesetzt und mit Vasaris Methodik kontrastiert. In der Gegenüberstellung und unter Reflexion jeweils gattungsspezifischer und historischer Bedingungen der unterschiedlichen Geschichtsdarstellungen wird das maßgebliche Interesse des Vitenautors an den im weitesten Sinne als artifiziell respektive ‚theatral‘ zu bezeichnenden Aspekten des Festwesens profiliert. Ein letzter Kontextualisierungsschritt beleuchtet Paolo Giovios „Elogia“. Im detaillierten Abgleich mit den „Viten“ sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu gewichten, um letztlich die Spezifika des vasarianischen Zugriffes auf das Theater exakt prononcieren zu können, bestehend in einer künste-übergreifenden Zusammenschau mehrerer Entwicklungsschritte und deren Einbindung in ein kongruentes System künstlerischer rinascita. Die Position und Funktion von Theater und Ephemerem innerhalb der Geschichtserzählung der Giuntina – und damit die Geschichte des Theaters in den „Viten“ – ist Gegenstand des vierten Kapitels. Vor dem Hintergrund einer durch Michelangelos Tod notwendig gewordenen Neuausrichtung, wird eingangs das Geschichtsverständnis der Ausgabe von 1568 im Spannungsfeld von zyklischem Grundmodell und heilsgeschichtlich-linearen Strukturen analysiert. Es wird dargelegt, welche profunden Veränderungen in den Erklärungsmustern und in der Anwendung wie Definition kunsttheoretischer Begrifflichkeiten innerhalb der zweiten Fassung angestrengt werden, um angesichts des bereits endgültig überschrittenen Zenits ein Fortbestehen künstlerischer und kultureller Blüte in eigener Zeit behaupten zu können. Aufzuzeigen ist, wie Vasari durch die Normsetzung intelligibler und auf die eigene Schöpfungskraft des Künstlers verweisender Prinzipien die Überwindung naturhafter Gesetzmäßigkeiten nach göttlichem Heilsplan plausibilisiert und Perspektiven für die nahe Zukunft der Künste eröffnet. Gleichlautend ist darzustellen, wie nach Argumentation der „Viten“ das Einwirken der Künste auf die Gesellschaft im Sinne einer vita activa die Voraussetzungen für gutes Kunstschaffen erhalten und so dessen Schutz gegen mögliche zerstörerische wie schicksalhafte Einflüsse von außen gewährleisten soll. Inwieweit die zweite Vitenfassung Theater und Ephemeres in ihr Kunstverständnis einbezieht und so ihre Vehikel zum Fortbestand aktueller Blüte in breiterer gesellschaftlicher Dimension erweitert, ermittelt der zweite Unterpunkt des vierten Kapitels. Hierzu wird erörtert, wie Vasari ephemere Werke und theatrale Formen durch terminologische und konzeptionelle Analogien zu seinen kunsttheoretischen Maxi-
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men sowie zu den zeitgenössischen Theoretisierungstendenzen in anderen Bereichen in Bezug setzt, um sie letztlich selbst zur ars zu erheben. Ein letzter Schritt behandelt die in den Biografien dargelegte geschichtliche Entwicklung des ‚Theatralen‘, seiner Formen und seiner Ausstattung. Zuerst wird die exponierte Stellung von Theater, Fest und Ephemerem innerhalb der historisch argumentierten Hierarchie der Künste dargelegt. Sodann sind anhand ausgewählter Textstellen kleinteilige Entwicklungsverläufe für einzelne Bereiche nachzuvollziehen und in der chronologischen Abfolge der Biografien zu begründen. Schließlich werden über Analogien zur Terminologie und Argumentation des Gesamtwerkes die Etappen eines dreistufigen Epochenmodells für die Theaterentwicklung erkannt und ausgewiesen. Ihre letzte Kulmination im Festbericht Giovambattista Cinis und die hierin signalisierte, unüberwindliche Klimax werfen abschließend die Frage nach der Stringenz und Konsequenz des neu dimensionierten Geschichtsverständnisses der Giuntina auf. Hierauf versucht diese Untersuchung auf Basis der erarbeiteten Merkmale mögliche Antworten zu formulieren und aufzuzeigen. Um dem Leser den Nachvollzug der am Text entwickelten Argumentation zu erleichtern, sind die über verschiedene Biografien verteilten relevanten Passagen der Giuntina im wörtlichen Zitat aus der Edition Paola Barocchis81 im Anhang zusammengefasst82. Außerdem veranschaulichen dort Tabellen die strukturellen Ordnungsmuster im Gesamtwerk. Nicht abgedruckt wurde der Festbericht, dessen 110 Seiten den Rahmen eines Anhangs sprengen würden, und der außerdem kompakt ans Ende der Gesamtausgabe gestellt sowie folglich einfach nachzuschlagen ist. Die deutsche Übersetzung des Verlags Klaus Wagenbach (abgeschlossen 2015)83 wird ebenfalls nicht mit abgedruckt, da sie zwar ob ihrer Klarheit und guten Lesbarkeit für einen Zugang zu Vasaris „Viten“ aus nicht-muttersprachlicher Perspektive äußerst dienlich ist, die italienischen Begrifflichkeiten jedoch aus Gründen der Leserfreundlichkeit mitunter ahistorisch übersetzt und daher für die philologische Argumentation dieses Bandes eher ungeeignet erscheint84.
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BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69. Es ist darauf hinzuweisen, dass bei Vitenzitaten im Fließtext wie im Anhang das orthographische System aus Paola Barocchis Edition übernommen wurde. Auch die Schreibweise von Künstlernamen wurde in Fußnoten und Appendix der Barocchi-Ausgabe angepasst, wohingegen der Fließtext die moderne Nomenklatur benutzt. VASARI (1568) 2004-2015. Verwendet wurde mitunter der umfassende Kommentar. Die zitierten Bände sind unter Angabe der Herausgeber und des Publikationsjahres in den Anmerkungen wie im Literaturverzeichnis einzeln aufgeführt. Für den aktuell behandelten Kontext ist beispielsweise die Übersetzung des Wortes „bizzarro“ mit „ausgefallen“ und „extravagant“ problematisch, siehe: VASARI (1568) 2008, S. 17-18. Die bizzaria ist ein kunsttheoretisch gebrauchter Begriff, der mehr umfasst, als eine bloße ‚Ausgefallenheit‘. Daher werden die kunsttheoretisch oder kunstkritisch aufgeladenen Begriffe der „Viten“ im Kontext dieses Bandes jeweils in der Originalsprache wiedergegeben.
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Neue Lebensbeschreibungen und thematische Erweiterungen: Ein Abgleich der Fassungen von 1550 und 1568
Die 1550 veröffentlichte Erstausgabe der „Viten“1 umfasste insgesamt 132 Biografien von vornehmlich Florentiner Künstlern aus dem 13. bis 16. Jahrhundert 2. Ergänzt ist die Sammlung an Lebensbeschreibungen um eine allgemeine Vorrede, eine technische Einleitung sowie drei Proömien, welche die kunsttheoretischen Äußerungen des Autors aufnehmen, das Werk in drei Epochenstufen eines teleologisch verstandenen Entwicklungsprozesses einteilen und dessen zyklisches Geschichtsmodell explizieren3. Bereits die Erstfassung ist Cosimo I. de’ Medici4 gewidmet, seit 1537 Herzog von Florenz5, wodurch sich der Künstler Giorgio Vasari 6 beim Fürsten für eine Anstellung am Hof zu empfehlen trachtete7. Cosimo war, aus einer Nebenlinie der Medici stammend, von der Signoria ursprünglich nur deshalb ermächtigt worden, weil man ihn für unerfahren und leicht
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Noch unter verändertem Titel: „Le vite de’ più eccellenti architetti, scultori e pittori da Cimabue insino a tempi nostri“: CONFORTI 2013, S. 315. Die hier erwähnten Daten stützen sich auf das Verzeichnis der „Viten“ von 1550 in der vom Kunsthistorischen Institut Florenz 2006 veröffentlichten Datenbank zu Vasaris „Viten“: , S. 66-69, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018. Zum zyklischen Geschichtsverständnis der „Viten“ und für weiterführende Literatur siehe ausführlich: Kap. 4.1, S. 240-244. *1519; †1574 COX-REARICK 1984, S. 229. *1511; †1574 Obwohl Vasari in rückblickenden Äußerungen immer wieder die eigene Unabhängigkeit betonte und nachträglich den Eindruck erweckte, die Medici hätten sich vielmehr vermehrt um ihn bemüht und schließlich seine Zusage erhalten, ist es belegt, dass er sich zeitlebens eine Anstellung als Hofkünstler gewünscht hatte: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 79-87, S. 166, S. 177-181; RUBIN 1995, S. 110. Allerdings war er nach dem Tode Alessandro de’ Medicis (*1510; †1537) von dessen Nachfolger Cosimo zunächst nicht übernommen worden. In der Folge stand Vasari bis 1555 nicht in festen Diensten, sondern war als ‚freier‘ Künstler in unterschiedlichen Städten tätig. Zahlreiche Briefe beweisen, dass er sich stetig und langwierig um eine Stellung am Hofe Cosimos beworben hatte, jedoch nie vorgelassen wurde: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 166; AGOSTI 2013, S. 24-25.
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kontrollierbar hielt, hatte aber in den folgenden Jahren die republikanischen Strukturen der Stadtregierung endgültig unterhöhlt und nach augusteischem Vorbild ein Prinzipat errichtet8. Seine Autorität gründete auf außenpolitischen Erfolgen ebenso wie auf innenpolitisch geschickten Umstrukturierungen des Beamtenapparates. Unter seiner Ägide wurde eine einprägsame Argumentation entwickelt, die auf historiografischem, sprachwissenschaftlichem und antiquarischem Gebiet gleichermaßen in Bildern und Texten agitierte, um die neue Regierung als historisch logische Konsequenz und Krönung der republikanischen Tradition zu propagieren und gleichzeitig als Spitze einer universalgeschichtlichen Entwicklung zu deuten. Zu diesem Zweck setzte der Souverän bereits früh auf eine gezielte Förderung bestimmter wissenschaftlicher und historiografischer Studien, die die illustre Vergangenheit sowie das hohe kulturelle Niveau der Stadt Florenz – und somit in letzter Instanz des eigenen Regimes – nachweisen und so deren Ansehen vor allen anderen italienischen Städten, einschließlich Rom, ‚wissenschaftlich‘ fundiert nach außen wie nach innen repräsentieren sollten9. Mit diesem Ziel wurde 1541 unter dem Protektorat Cosimos die Accademia Fiorentina als feste Institution gegründet. Sie entstand aus dem Zusammenschluss zahlreicher, ursprünglich der Accademia degli Umidi angehörender sowie dem Haus Medici verpflichteter Intellektueller und Literaten und wurde fortan als intellektuelle Basis mediceischer Politik und Repräsentation genutzt10. Von den 1540er- bis in die Mitte der 1550er-Jahre hinein waren ihre Mitglieder vornehmlich damit befasst, die Ursprünge und die Entwicklung der toskanischen Sprache zu ergründen und deren Literaturhoheit gegenüber dem Lateinischen weiter zu festigen11. Ein Vehikel hierzu war die Herleitung des Fiorentino vom Hebräischen. Damit habe es ältere Wurzeln als das aus dem Aramäischen stammende Latein und sei ihm demzufolge nach den Anforderungen des decorum mindestens gleichzusetzen 12. Dante und Petrarca wurden mittels variierender argumentativer Strategien als ‚salonfähig‘ erklärt. Mannigfache Übersetzungen lateinischer und griechischer Texte ins volgare trieben die Parallelisierung der beiden Sprachen auch in der Praxis voran 13.
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BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 180. Außerdem: MUND 2015, S. 73. Cosimo wurde bereits 1537, im Jahr seiner Amtsübernahme, durch Karl V. als Herzog von Florenz bestätigt: MUND 2015, S. 73. BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 183-185. Unter maßgeblicher Mitwirkung Cosimo Bartolis und Francesco Giambullaris: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 184. Zur gesellschaftlichen Realität und politischen Rolle der Akademie im 16. Jahrhundert und speziell der Accademia Fiorentina siehe auch: DAVIS 2011; VASOLI 1980. DAVIS 2011, S. 262; VASOLI 1980, S. 47-48. Zur Questione della lingua im 16. Jahrhundert, siehe auch: Kap. 4.1, S. 255-257. Hier bedeutend Santi Marmocchini: „Dialogo in defensione della lingua toscana“, zitiert und weiter ausgeführt bei: GÁLDY 2009, S. 203-207; Originalmanuskript: BNCF, Magliabecchiana XXVIII, 20. DAVIS 2011, S. 266.
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1556/1557 wurde unter dem Namen Carlo Lenzonis14 die Schrift „In Difesa della Lingua fiorentina e di Dante“ veröffentlicht. Sie nimmt in Cosimos Auftrag ab 1550 entstandene, sprachtheoretische Argumentationen, unter anderem von Cosimo Bartoli15, Vincenzo Borghini16 und Francesco Giambullari17, auf und enthält ein Regelwerk der Florentiner Sprache18. Gleichzeitig waren Historiker wie Giovambattista Gelli19 und Francesco Giambullari damit befasst, Gründungsmythen zu konstruieren, die die Etrusker direkt auf Noah und seine Nachkommen zurückführten 20. All diese Bemühungen dienten dazu, der Toskana und primär Florenz eine eigene, vom lateinischen Rom weitgehend unabhängige und das römische Vorbild an Alter sogar noch überbietende Geschichte zuzuschreiben21. So gründete Cosimo die Geschichte seiner Stadt sowohl auf sprachlichem als auch auf zivilisatorischem Gebiet auf eine renommierte Ahnenreihe, die schließlich in der eigenen Herrschaft und damit im Wiederaufleben augusteischer Goldener Zeiten münden sollte. In dieses Umfeld reiht sich die Geschichtsdarstellung der „Viten“ Giorgio Vasaris ein. Die spätestens seit Lorenzo Ghibertis22 „Comentarii“ fassbare Meinung, die bildenden Künste seien, ebenso wie alle anderen artes, mit dem Ende der römischen Antike untergegangen und erst durch die Florentiner Künstler Cimabue und Giotto
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*1501; †1551, Humanist und Sprachtheoretiker. *1503; †1572, Humanist, Kunsttheoretiker und Diplomat im Dienst Cosimo de’ Medicis. In den 1560er-Jahren war er im Auftrag Cosimos als Botschafter in Venedig tätig und konnte die „Viten“ durch Informationen zu den Künstlern Norditaliens aus erster Hand bereichern. Näheres siehe beispielsweise: FIORE & LAMBERINI 2011. *1515; †1580, Priester, Literat, Humanist und Historiker. Seit 1551 luogotenente des Ospedale degli Innocenti und 1563 zusammen mit Vasari einer der Mitbegründer der Accademia delle Arti del Disegno. Zu Borghini näher: BELLONI & DRUSI 2002. Zusammen mit Vasari war Borghini maßgeblich an den Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 beteiligt. Zu Borghinis Theatertätigkeiten vgl. beispielsweise: SCORZA 1981; BELLONI & DRUSI 2002, S. 61-166. Hinweise über den reichen Kenntnisstand Borghinis zu den Festivitäten der europäischen Fürstenhöfe gibt außerdem sein diesbezügliches Notizbuch: BNCF, MS II.X.100. Näheres hierzu siehe: Kap. 2.4, S. 124-126, Abb. 7; für eine ausführliche Besprechung der Recherchen Borghinis, seiner Notizen und Quellen siehe ebenfalls: BELLONI & DRUSI 2002, S. 61-166. *1495; †1555, Literat und Mitbegründer der Accademia Fiorentina: VASOLI 1980, S. 50. Giambullaris sogenannter „Gello“ von 1545 wurde 1546 von der Accademia angenommen, sowie 1546 und 1549 publiziert: VASOLI 1980, S. 50-51. BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 185. Zur Genese der Veröffentlichung und zum Inhalt der Schriften Lenzonis vor dem Hintergrund der Accademia Fiorentina siehe: DAVIS 2011. Giovambattista Gelli (*1498; †1563), Philosoph und frühes Mitglied der Accademia Fiorentina. Seine Schrift „Dell’origine di Firenze“ ist nach wie vor unveröffentlicht: VASOLI 1980, S. 48. GÁLDY 2009, S. 133-137; VASOLI 1980, S. 48-52. VASOLI 1980, S. 51; GÁLDY 2009, S. 133-137. *1378; †1455.
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‚wiederbelebt‘ worden23, passt hervorragend in Cosimos Konzept eines Florentiner Primats kultureller Entwicklung24. Die „Viten“ geben diesem Prozess ein theoretisches Fundament und eine feste dreistufige Ordnung. Außerdem erweitern sie die ‚Ahnenreihe‘ von Florenz auf das Gebiet der bildenden Künste, deren uomini illustri sie nebst ihrer den Fortschritt voranbringenden res gestae in den Biografien würdigen und verewigen. Die Auswahl der Künstler, die durch den Titelzusatz der „più eccelenti“ zugleich eine wertende ist, beschränkt sich primär auf Toskaner, respektive Florentiner und akzentuiert dadurch Florenz als Zentrum künstlerischen Fortschritts25. Die gute ‚Florentiner Luft‘ und der toskanische Boden seien es überhaupt erst gewesen, die den Künstlern der ersten Epoche die Einleitung der ‚Wiedergeburt‘ ermöglicht hätten26. So verfehlte die Widmung der ersten Vitenfassung an Cosimo de’ Medici Vasaris daran geknüpfte Hoffnungen schlussendlich nicht. Fünf Jahre später, 1555, wurde er als Hofkünstler in Cosimos Dienste übernommen und avancierte in den folgenden Jahren zum renommiertesten und meistbeschäftigten Ausstatter und Architekten des Fürsten. Fortan konnte er sich also selbst zum Kreis derer zählen, die von höchster Stelle damit beauftragt waren, die Reputation des Fürstenhauses auf künstlerischem wie intellektuellem Gebiet zu steigern 27. Bereits früh nach dem Erscheinen der Torrentiniana war aber vermehrt auch Kritik an deren einseitiger Darstellung laut geworden. Die überregionale Verbreitung des Werkes bewirkte, dass von norditalienischer Seite vor allem der Toskozentrismus des Textes bemängelt wurde. Außerdem führte der durchschlagende Erfolg der „Viten“ dazu, dass vermehrt neue Hinweise und Korrekturwünsche an deren Autor herangetragen wurden. Auch waren Informationen zum Wirken zeitgenössischer Künstler im Florentiner Umfeld nun verstärkt aus erster Hand und eigener Anschauung greifbar. Dies machte eine umfassende Erweiterung und Umarbeitung des Textes nötig 28. Die Entstehung der von der Druckerei Giunti in Venedig veröffentlichten zweiten Vitenausgabe war nun gänzlich eingebunden in jene Intellektuellenzirkel der Accademia Fiorentina, die sich schon auf anderen Feldern um die wissenschaftlich argumentierte Repräsentation der Medici-Herrschaft verdient gemacht hatten. So hatten sowohl
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GHIBERTI (vor 1450) 1984, S. 15-16. Eine Feststellung, die ebenfalls in der Accademia Fiorentina diffundierte und ebenso auf andere Bereiche des Wissens und der arti übertragen wurde, beispielsweise in der Sprachtheorie, siehe: DAVIS 2011, S. 262-264. Zum ‚Toskozentrismus‘ der „Viten“, siehe weiter: MURATOVA 1994, S. 23-56. THIERY 1976, S. 351-381. VASARI: Proemio delle Vite (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 28: „Pur gli spirti di coloro che nascevano, aitati [sic!] in qualche luogo dalla sottilità dell’aria, si purgarono tanto che nel MCCL il cielo […] gli ridusse alla forma primiera.“ BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 79-87, S. 166, S. 177-181; AGOSTI 2013, S. 24-25; RUBIN 1995, S. 110. Für eine Rekonstruktion des Umarbeitungsprozesses anhand von Briefen und Notizen siehe: RUBIN 1995, S. 215-226; zur Kritik aus norditalienischer Sicht vgl. RUFFINI, M. 2010.
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Francesco Giambullari als auch Cosimo Bartoli und vor allem Vincenzo Borghini29 schon die erste Fassung vor der Drucklegung maßgeblich überarbeitet und fungierten nun bereits von Beginn an als Redakteure sowie vielleicht auch als Mitautoren der Giuntina30. Ihre Erfahrungen, ihre profunde Kenntnis zeitgenössischer und antiker philosophischer, theoretischer und historiografischer Texte sowie ihr Gedankengut übten in jedem Fall nicht unerheblichen Einfluss auf den inhaltlichen und kunsttheoretischen Fokus der „Viten“ von 1568 aus31. Dementsprechend unterscheidet sich die Fassung von 1568 in einigen Punkten erheblich von ihrem Vorgänger 32. Neben den in ihrer Wortwahl veränderten und inhaltlich ergänzten Proömien wurden die kunsttheoretischen Reflexionen und technischen Informationen zu den drei Künsten des disegno in der technischen Einleitung modifiziert und erweitert 33. Das Frontispiz wurde optisch verändert 34. Außerdem visualisierten nun Holzschnittbildnisse am Anfang der einzelnen Lebensbeschreibungen die Physiognomie eines jeden Künstlers35. Des Weiteren wurde der biografische Teil der „Viten“ wesentlich ausgebaut. Die Giuntina umfasst insgesamt 164 Biografien (inklusive der Sammelviten und Descrizioni) und nimmt auch verstärkt Künstler aus Norditalien sowie aus den Gegenden nördlich der Alpen mit in den Blick 36. Auch in zeitlicher Dimension erfuhr das Werk eine deutliche Horizonterweiterung. Waren die 1550 aufgenommenen Künstler, mit Ausnahme Michelangelos, allesamt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits gestorben, so wird der Kreis der aktuell tätigen artefici nun vergrößert. An die Vita Michelangelos, der 1564 gestorben war, schließen sich in der Fassung von 1568 acht weitere Biografien von zeitgenössisch
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Für den direkten Einfluss Borghinis siehe: S. 97 Anm. 192. Für die Diskussion um die Mitautorschaft der Genannten siehe: HOPE 1995; HOPE 2005; FRANGENBERG (2002) 2003; GINZBURG CARIGNANI 2007, v.a. S. 177-179; CARRARA 2015. Weitere Titel zusammengefasst bei: J ONIETZ 2016, S. 26 Anm. 33; vgl. auch S. 23 Anm. 73-74. Eine redaktionelle Mitarbeit der Akademiker ist durch das vorhandene briefliche Quellenmaterial erwiesen: RUBIN 1995, S. 215-226. Der schriftliche Nachlass bei: FREY, K. 1982. Zum Einfluss v.a. Borghinis siehe auch: POZZI 2017, S. 52-57. Für einen Abgleich der beiden Fassungen siehe auch grundlegend: RUBIN 1995, S. 187230; außerdem: POZZI 2017. Vgl. Proemien und technische Einleitung in der Ausgabe von: BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 9-172; Bd. II, S. 3-32; Bd. III, S. 3-19; Bd. IV, S. 3-13. Für eine ausführliche Gegenüberstellung der beiden Titelseiten siehe auch: WARNKE 1977, S. 13-19. Warnke nutzt den Vergleich der sehr unterschiedlich gestalteten Titelblätter dazu, eine vermeintlich verstärkte ‚Epigonenhaltung‘ der zweiten Fassung zu argumentieren. Die architektonische Rahmung sei nunmehr einem Wandepitaph vergleichbar, was das ernste, rückwärtsgewandte Bewusstsein am Ende einer abgeschlossenen Blüteperiode zum Ausdruck bringe. Hierzu weiter: PRINZ 1966. Die hier folgend erwähnten Daten zur Vitenausgabe von 1568 stützen sich auf das Verzeichnis in der vom Kunsthistorischen Institut Florenz 2006 veröffentlichten Textdatenbank zu Vasaris „Viten“ von 1568: , S. 222-226, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018.
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noch Lebenden an, deren Sonderstatus teils mit dem Titelzusatz „Descrizione dell’opere“ angegeben wird37. Außerdem sind nun all jene Zeitgenossen Vasaris in das Werk aufgenommen, die zwischen den beiden Ausgaben verstorben waren. So erhöht sich die Anzahl der Lebensbeschreibungen vornehmlich in der dritten Epochenstufe von ursprünglich 51 auf nunmehr 83.38 Endpunkte der Ausgabe von 1568 bilden die Sammelvita der als Hoffnungsträger und Jungtalente akzentuierten Nachwuchskünstler der 1563 gegründeten Accademia del disegno sowie Vasaris eigene Autobiografie. Das Leben des Autors selbst rundet jetzt das Werk ab; sein Verdienst und seine Errungenschaft sind die historische Erfassung und schriftliche Aufbereitung der vorangegangenen Entwicklung. Neben räumlichen und zeitlichen Erweiterungen erfährt die zweite Vitenausgabe schließlich auch eine thematische Ausdehnung. So wird die dritte Epoche nun unter anderem um die Lebensbeschreibungen von „Veronese e altri intagliatori di camei e gioie“, „Marcantonio Bolognese e altri intagliatori di stampe“, „Domenico Beccafumi pittore e maestro di getti sanese“ und „Don Giulio Clovio miniatore“39 ergänzt. Damit werden nun verstärkt auch Vertreter jener Gattungen in den Kreis der uomini illustri aufgenommen, die nach einer strengen Auslegung des in den Proömien kunsttheoretisch formulierten Kanons nicht oder nur untergeordnet zu den ‚drei Künsten des disegno‘ zählen. 1550 waren unter den Künstlern der dritten Vitenepoche ausschließlich pittori, architettori und scultori zu finden, und nur für die zweite Epoche hatte der Autor mit „Don Bartolomeo“ von San Clemente und „Gherardo miniatore fiorentino“ zwei Miniaturmaler und mit „Francesco Francia Bolognese orefice e pittore“ einen Maurer den arti minori zugeordnet40. Die historische Erfassung wird 1568 also verstärkt auch auf jene Bereiche ausgedehnt, die nach einem engen Kunstverständnis eher dem Handwerk und damit letztlich dem Alltag zugeordnet wären 41.
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, S. 225, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018. Siehe ebenfalls: , S. 224-225, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018; , S. 68-70, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018. , S. 225, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018. , S. 68-70, zuletzt aufgerufen am 17.06.2018. Es bleibt zu erwähnen, dass auch dieser Einbezug letztlich auf die veränderte Ausgangslage der zweiten Fassung und auf den Willen eines Fürsten zurückgeführt werden kann, dessen Sammelleidenschaft und Förderung sich vor allem auch auf das Kunsthandwerk bezog und der diese Künste besonders schätzte: AGOSTI 2013, S. 98. Zu den strukturellen Erweiterungen der zweiten Ausgabe im Einzelnen siehe ebenfalls: AGOSTI 2013, S. 115-119. Bei Agosti bleiben allerdings die Ergänzungen der „Viten“ um den Themenkomplex des Theaters und des Festes weitgehend unerwähnt. Nur im Hinblick auf Primaticcio verweist die Autorin darauf, dieser sei durch einen derartigen Hinweis des Autors vor allem als Hofkünstler ausgewiesen: AGOSTI 2013, S. 117. Für Primaticcio siehe: VASARI: Descrizione dell’opere di Francesco Primaticcio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 147-148. Marco Collareta hat Erweiterungen bereits für
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Erweitert wird das Spektrum außerdem durch Erwähnungen theatraler Formen und ihrer Ausstattung, die erst in der Ausgabe von 1568 vermehrt auftreten. Ein Großteil der Biografien, die weiterführende Informationen zum Theater und zum festlichen Brauchtum enthalten, gilt dem Leben jener Künstler, die nach ihrem zwischenzeitlichen Tod erst in die zweite Vitenfassung aufgenommen wurden. Auch die Sammelvita der Akademiker und Vasaris Autobiografie enthalten Informationen zu zeitgenössischen festlichen Großanlässen (vornehmlich zum Begräbnis Michelangelos und zu den Hochzeitsfeierlichkeiten zwischen Francesco de’ Medici und Johanna von Österreich im Jahr 1565)42. Damit verdoppelt sich die Anzahl der Lebensbeschreibungen mit Schilderungen zum Theater und Festwesen von 19 in der Ausgabe von 1550 auf 39 in der Fassung von 1568 (Tab. 1). Eine markante Ergänzung bildet vor allem der 110-seitige, detailreiche Bericht Giovambattista Cinis über die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565, der unter dem Titel „Descrizione dell’Apparato delle Nozze di don Francesco dei Medici e di Giovanna d’Austria“ und ohne Quellenangabe in die Giuntina übernommen wurde43. An exponierter drittletzter Stelle des Werkes stehend – es folgen nur noch Vasaris Autobiografie sowie sein Brief an die Zeitgenossen – und durch seinen immensen Textumfang markiert der Festbericht einen entscheidenden Wendepunkt im historischen und inhaltlichen Gefüge der Zweitfassung gegenüber ihrem Vorgänger 44. Ein Abgleich der beiden Vitenausgaben im Hinblick auf den Stellenwert des Theaters lohnt vor allem auch bei jenen Lebensbeschreibungen, die bereits 1550 enthalten waren: Buonamico Bufallmacco, Filippo Brunelleschi, Donatello, Filippo Lippi 45, Cecca, Iacopo detto l’Indaco, Antonio da Sangallo, Piero di Cosimo, Baccio da Montelupo, Rosso Fiorentino, Bartolomeo da Bagnacavallo, Morto da Feltro, Francesco Granacci, Baldassare Peruzzi, Andrea del Sarto, Francia Bigio, Alfonso Lombardi und Giulio Romano sowie Perino del Vaga (Tab. 1) 46. In den meisten der genannten Viten unterscheidet sich bereits der Textumfang, den die Schilderungen zu Theater
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die Goldschmiede erkannt: COLLARETA 2006, S. 293-295. Siehe auch: Einleitung, S. 13 Anm. 30. VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 369-408; VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 231-255. VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256-367; siehe auch: SIMONETTI 2005, S. 111-117, S. 123-124. Dieser Aspekt wird später noch ausführlicher besprochen: Kap. 2.6, S. 167-177; außerdem: Kap. 4.3, S. 316-329. Die Erwähnung theatraler Arbeiten bezieht sich auf Filippino Lippi. Siehe entsprechende Biografien in: BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II-V. Die Biografie Michelangelos ist zwar ebenfalls in beiden Ausgaben vorhanden (Bd. VI). Hier erübrigt sich der Vergleich allerdings insofern, als das Begräbnis des Künstlers logischerweise erst in der zweiten Fassung beschrieben ist.
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und Ephemerem jeweils einnehmen (Tab. 2)47. So fehlen die Erwähnungen theatraler Begebenheiten in den Biografien von Buonamico Buffalmacco, Donatello, Filippo Lippi, Iacopo detto l’Indaco, Piero di Cosimo, Francesco Granacci, Bartolomeo da Bagnacavallo, Morto da Feltro et Andrea di Cosimo Feltrini und Alfonso Lombardi in der Torrentiniana noch gänzlich und sind erst 1568 mitunter durchaus umfangreich ergänzt.48 Auch die Lebensbeschreibungen Brunelleschis, Ceccas, Antonio da Sangallos und Baldassare Peruzzis sind in der Giuntina – bei ansonsten weitgehend gleichbleibendem Textumfang – genau in jenen Passagen erweitert, die die ephemeren Werke der Künstler für das Theater beschreiben. Hatte in der Vita Brunelleschis von 1550 nur ein Satz auf dessen technische Erfindungen für die sacra rappresentazione der Verkündigung in San Felice in Piazza hingewiesen49, so wird der ingegno nun auf vier Seiten ausführlich geschildert50. Genauso verhält es sich in der Biografie Ceccas. Einem Satz der Torrentiniana über die von Cecca ‚erfundenen‘ sogenannten nuvole für den religiösen Umzug anlässlich der Festa di San Giovanni in Florenz stehen in der Giuntina fünf Seiten umfassende Beschreibung des Brauches religiöser Stadtfeste und des durch Cecca veränderten ingegno für die sacra rappresentazione der Auferstehung in Santa Maria del Carmine gegenüber51. Baldassare Peruzzis Arbeiten als Bühnenarchitekt wurden 1550 auf einer halben Seite gewürdigt. 1568 dienen insgesamt zwei Seiten der Beschreibung seiner Bühnenarbeiten. Zunächst wird hier die „Bastone di Santa Chiesa“52 Giuliano de’ Medicis erwähnt und der apparato gelobt, den Peruzzi zu diesem Zweck geschaffen hatte. Dieses Ereignis fand 1550 noch keinerlei Nennung53.
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Die Erhebungen von Tabelle 2 beruhen auf dem Umfang, den die jeweiligen Passagen in der direkten Gegenüberstellung beider Ausgaben in der Edition durch Paola Barocchi einnehmen: BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II-V. Folgende „Viten“ beinhalten, bei sonst weitgehend gleichbleibendem Gesamtumfang, mehrseitige Ergänzungen zu den Maskeraden, trionfi und ephemeren Werken: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63-65; VASARI: Vita di Francesco Granacci (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602-603. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188-191. VASARI: Vita del Cecca (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 450-455. Erweiterungen der Cecca-Vita in Bezug auf das Theater auch angesprochen bei: MATTIODA 2013, S. 10. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 319-320. Gemeint ist die Ernennung Giuliano de’ Medicis zum Capitano Generale della Chiesa, vgl. FESER 2007, S. 117 Anm. 43. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 319-320.
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Sodann geht die Fassung von 1568 auf Ausstattung und Perspektivbühne für eine Aufführung der „Calandria“ des Kardinal Bibbiena54 auf dem Kapitol im Jahre 1514 ein – ein Ereignis, das auch 1550 bereits angesprochen worden war 55. In der ersten Ausgabe beschränken sich die diesbezüglichen Aussagen jedoch auf ein allgemeines Lob der Arbeiten Peruzzis, sowie auf den mehrmaligen Hinweis, das äußerst lebendig wirkende Bühnenbild habe das Betrachterauge über seinen fiktiven Charakter gekonnt hinweg getäuscht. Thema und Autor des Stückes werden nicht erwähnt; einzig Ort, Zeitpunkt (innerhalb des Pontifikats Leos X.) und Gattung (comedia) sind verzeichnet: „Fece nel tempo di Leone in Campidoglio di Roma, per recitare una comedia, uno apparato et una prospettiva; nel qual lavoro si mostrò quanto di perfezzione e di grazia fosse nell’ingegno di Baldassarre dal cielo infuso: né mai si può pensare di vedere i palazzi, le case e i tempii nelle scene moderne quanto di grandezza mostrasse, nella piccolezza del sito dall’ingegno di sì gran prospettivo fatto, le stravaganti bizzarrie di andari in cornici e di vie, che con case parte vere e finite ingannavano gli occhi di tutti, dimostrandosi esser non una piazza dipinta, ma vera; e quella sì di lumi e di abiti nelle figure degli istrioni fece proprî et al vero simili, che non le favole recitare parevano in comedia, ma una cosa vera e viva, la quale allora intervenisse.“56
Erst 1568 werden die Angaben über den Anlass um weitere Details ergänzt. So erfährt der Leser nun sowohl den Titel als auch den Autor der Komödie: „E quando si recitò al detto papa Leone la Calandra, comedia del cardinale di Bibbiena, fece Baldassarre l’apparato e la prospettiva […].“57
Das Lob der Leistung Peruzzis wird insofern ausgeweitet, als der Autor für den Künstler nun einen klaren Erstheitsanspruch auf die Erfindung der tiefenräumlichen Perspektivbühne erhebt. Der Gebrauch von Komödienaufführungen all’antica und damit letztlich auch der Perspektivbühne sei lange Zeit vergessen gewesen und erst dank Peruzzi wieder auferstanden: „[…] et in queste sì fatte opere meritò tanto più lode quanto per un gran pezzo adietro l’uso delle comedie, e conseguentemente delle scene e prospettive, era stato dismesso, facendosi in
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*1470; †1520, Schriftsteller, Kardinal und Sekretär von Papst Leo X. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 322-323. Auf diesbezügliche Erweiterungen in der Giuntina weist bereits hin: ANGELINI 2013, S. 286-287; siehe außerdem: FESER 2007, S. 34, S. 128-129 Anm. 71. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 322-324. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 322. Die umfänglichen wie informativen Erweiterungen wurden bereits erkannt bei: FESER 2007, S. 34, S. 128-129 Anm. 71. Feser schließt daraus auf eine bessere Quellenlage für die zweite Auflage. Auf Unterschiede in der Wortwahl geht sie an dieser Stelle nicht detaillierter ein.
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quella vece feste e rappresentazioni; et o prima o poi che si recitasse la detta Calandra, la quale fu delle prime comedie volgari che si vedesse o recitasse […].“58
Der Zusatz, die „Calandria“ sei eine der ersten Komödien in volgare gewesen, enthält über das Wirken des Künstlers hinausreichende, allgemein theater- und literaturhistorische Angaben59. So fügt sich die Anmerkung außerdem in den Kontext der bereits erwähnten Bemühungen des mediceischen Hofes ein, die toskanische Volkssprache gegenüber dem Latein weiter aufzuwerten60. Signifikante Veränderungen in der Wortwahl finden sich auch an verschiedenen Textstellen, deren Umfang zwischen den beiden Ausgaben keine große Erweiterung erfährt. Ein Beispiel hierfür ist die Biografie Andrea del Sartos. Die vergleichsweise kurze Passage über die Triumphwagen, die der Künstler als Ersatz für die bisher in der San Giovanni-Prozession verwendeten „paliotti“61 und ceri62 geschaffen habe, weist in der Giuntina keine umfänglichen Unterschiede zur Torrentiniana auf. Dennoch unterscheiden sich Satzbau und Wortwahl in einigen entscheidenden Punkten. 1550 lautet die Beschreibung wie folgt: „Fu deliberato per l’Arte de’ Mercatanti che si facessino di legname certi trionfi in su li carri alla usanza antica, i quali dovevono andar in processione la mattina di San Giovan Batista in cambio di certi paliotti e ceri che, per i tributi delle città, ogni anno vengono in piazza al Duca et i suoi magistrati a essere riconosciuti tal giorno da chi governa. Fra questi Andrea fece a olio di chiaro e scuro molte istoriette, le quali furon molto lodate; e così si aveva a seguitare di farne ogni anno qualcuno per fin che ogni città avessi il suo, che nel vero sarebbe stato una grandissima pompa.“63
1568 schließlich wird der Wortlaut folgendermaßen verändert:
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VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. Übernommen ist diese Information vermutlich von Paolo Giovio (*1483; †1552), der in seinen „Elogia“ sehr ausführlich auf Bibbienas Komödiendichtung für die „Calandria“ eingeht und sie sowohl im Sinne einer ‚Wiedererstehung‘ klassischer Metrik als auch für deren Adaption im volgare preist: GIOVIO (1567) 2006, S. 190-191; zitiert und besprochen in Kap. 3.2, S. 231-232. Zur Bedeutung der Textstelle für die rinascita des Theaters siehe ausführlich: Kap. 4.3, S. 313-314. Vgl. S. 30-31. Eigentlich Altartücher, Antependien. Hier sind wohl große Stoffbanner mit religiösem Bildschmuck gemeint, wie sie von Fronleichnamsprozessionen bekannt sind. Wachsfiguren, die eine Miniatur der jeweiligen Stadt darstellten: VENTRONE 2016, S. 53 Anm. 59. Eine etwas vage Begriffserklärung und ein abwertendes Urteil erfolgt in den „Viten“ in den Biografien Ceccas und Pierino del Vagas: VASARI: Vita di Perino del Vaga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 107; VASARI: Vita del Cecca (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 455. VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358.
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„Deliberando poi l’Arte de’ Mercatanti che si facessero alcuni carri trionfali di legname a guisa degl’antichi romani, perché andassero la mattina di San Giovanni a processione in cambio di certi paliotti di drappo e ceri che le città e castella portano in segno di tributo, passando dinanzi al Duca e magistrati principali, di dieci che se ne fecero allora, ne dipinse Andrea alcuni a olio e di chiaro scuro, con alcune storie che furono molto lodate; e se bene si doveva seguitare di farne ogni anno qualcuno per insino a che ogni città e terra avesse il suo – il che sarebbe stato magnificenza e pompa grandissima – fu nondimeno dismesso il ciò fare l’anno 1527.“64
Bei gleichbleibender Grundinformation (San Giovanni-Fest, Triumphwagen anstelle von Tüchern und Wachsfiguren als Tribut vor die Regierung gebracht, großes Lob für den Künstler, jährliche Erweiterungen wären wünschenswert gewesen) werden die genannten Einzelheiten in der Ausgabe von 1568 verbal vertieft, erweitert und präzisiert. Hatte der Text 1550 noch etwas ungelenk von „certi trionfi in su li carri“ gesprochen, so wird nun der korrekte Terminus „carri trionfali“ verwendet. Das differenziertere Begriffsspektrum, das hier angewendet ist, spricht für ein gesteigertes Interesse Vasaris und seine größere Versiertheit auf dem Feld der Fest- und Theatergestaltung. Auch wird die Herkunft der Wagenform nicht wie 1550 nur in der Antike, sondern gezielter in der römischen Antike verortet. Die paliotti werden klar als aus Stoff bestehend ausgewiesen. Eine politisch-demografische Korrektur findet sich in der Präzisierung, „città“ und „castella“ hätten die Tribute erbracht. Wurde 1550 festgestellt, dass die Abordnungen der Städte und Gemeinden vor dem Fürsten und seinen Beamten defilierten, so erhält diese Erklärung in der Giuntina eine Einschränkung. Nur noch die kleine illustre Gruppe der „magistrati principali“ umgibt nun den Fürsten, auf den die Darbietung dadurch stärker konzentriert wirkt. Der Nebensatz „per essere riconosciuti tal giorno da chi governa“ ist 1568 gestrichen – auch dies möglicherweise ein politisches Signal hinsichtlich der Selbstverständlichkeit einer fürstlich-mediceischen Regierung. Die signifikanteste Ergänzung findet sich aber am Ende der Textpassage. Hatte der Autor 1550 nur darauf hingewiesen, dass Andrea del Sarto einige Wagen in Öl und chiaroscuro gefertigt habe, so wird jetzt die Anzahl genau mit zehn Wagen angegeben. Des Weiteren beschränken sich die ursprünglichen Äußerungen darauf, allgemein festzustellen, eine Fortentwicklung des neuen Dekorationselementes bis zu dem Punkt, an dem jede Stadt ihren eigenen Wagen erhalte, wäre wünschenswert und „una grandissima pompa“ gewesen. Die Formulierung lässt offen, ob der Brauch stattdessen mit gleichbleibender Wagenzahl fortgeführt oder irgendwann abgeschafft wurde. Lediglich der Tonfall erhält durch die Konjunktivierung eine bedauernde Note. Erst 1568 wird für diesen nostalgischen Unterton auch eine Erklärung angeführt. 1527 – bezeichnenderweise exakt in dem Jahr also, in dem die Medici letztmalig aus Florenz vertrieben wurden65 – sei der Brauch, ungeachtet seines Erfolges, gänzlich
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VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. Genauer wurden die beiden noch minderjährigen Prinzen Alessandro und Ippolito de’ Medici (*1511; †1535), Vasaris erste Gönner, 1527 vertrieben. Erst nach einer Rückeroberung der Stadt 1530 kehrte Alessandro wieder nach Florenz zurück und wurde 1532
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aufgegeben worden. Damit wird indirekt die Abschaffung einer als großartig beschriebenen Tradition mit dem ‚Verlust‘ der mediceischen Regierung für Florenz in Zusammenhang gebracht. Eine solche Klarstellung konstruiert letztlich die Abhängigkeit florierenden gesellschaftlichen Amüsements und kultureller Blüte von fürstlich-mediceisch geprägten Herrschaftsstrukturen66. Eine andere Textstelle derselben Biografie fördert weitere Akzentverschiebungen zwischen den beiden Ausgaben zutage. Es handelt sich um die Beschreibung des festlichen Einzuges Leos X. in Florenz, für den Andrea del Sarto einen ephemeren Triumphbogen gestaltet habe. 1550 lautet der Wortlaut der Schilderung, wie folgt: „Venne l’anno MDXV da Roma papa Leone X, il quale l’anno terzo del suo pontificato, a tre di settembre, nel suo papato volse fare grazia di sé di farsi vedere in Fiorenza, nella quale si ordinò per riceverlo una festa molto magnifica; e nel vero si può dire che non sia stata mai per pompa di archi, facciate, tempî, colossi, et altre statue, fatto la più sontuosa e la più bella, perché allora fioriva in quella città maggior copia d’i più begli et elevati ingegni ch’ella abbia fatto per tempo nessuno. Laonde alla Porta San Pier Gattolini a l’intrata fece un arco istoriato Iacopo di Sandro e Baccio da Montelupo; et a San Felice in Piazza un altro Giulian del Tasso; a Santa Trinita statue e la Meta di Romulo; in Mercato Nuovo la Colonna Traiana; in piazza de’ Signori fece un tempio a otto facce Antonio, fratello di Giulian da Sangallo, e Baccio Bandinelli fece un gigante in su la loggia; e fra la Badia et il Palazzo del Podestà fece un arco il Granaccio et Aristotile; et al Canto de’ Bischeri un altro il Rosso, cosa molto bella di ordine e di figure. Ma quel che valse più di tutti fu la facciata di Santa Maria del Fiore di legname e d’istorie lavorate di mano d’Andrea di chiaro e scuro, che oltre alle comendazioni ch’egli ebbero della architettura, fatta da Iacopo Sansovino, con alcune istorie di basso rilievo, di scolutra e figure tonde, fu giudicato dal Papa non dover essere altrimenti di marmo tal edifizio, né le istorie che a far vi si avevano d’altro disegno; senza ch’Iacopo fece in sulla piazza di Santa Maria Novella un cavallo simil a quel di Roma, molto eccellente; oltra l’infinito numero degli altri ornamenti fatti alla sala del Papa, e l’ornamento pieno d’istorie per la metà della via della Scala, lavorato da molti artefici, e gran parte disegnate di man di Baccio Bandinelli.“67
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vom Papst zum Herzog der Republik Florenz ernannt: B LUM , Giorgio Vasari 2011, S. 74-75, S. 94. Hierzu näher siehe: Kap. 2.4, S. 128-138. Das von Vasari angegebene Ende der Wagenprozessionen nach dem beschriebenen Prinzip im Jahr 1527 wird in der Forschung meist nicht hinterfragt: SHEARMAN 1975, S. 147; SHEARMAN 1965, S. 316-317. Der politische Gehalt der Aussage vermindert sich allerdings auch dann nicht, wenn die Information der Wahrheit entspricht. Die Tatsache, dass der Satz in der zweiten Vitenausgabe extra hinzugefügt wurde, zeigt seine Relevanz im argumentativen Kontext des Gesamtwerkes an. Mit sehr ähnlicher Konnotation ist übrigens auch in Paolo Giovos „Elogia“ die Lobrede auf Lorenzo il Magnifico unter die Literaten eingegliedert: „[…] che hai incoraggiato le Muse con la tua ricchezza e le hai coltivate con risultati positivi.“: GIOVIO (1567) 2006, S. 103-105, Zitat: S. 103. Zur Tugend des Fürsten, welche sich in seiner Funktion als Mäzen zeige, siehe auch: QUONDAM 2013, S. 109-111. VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 361-363.
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Zur Klärung seien hier einige historische Details angesprochen. Die genannten Orte beziehen sich auf (von da an)68 stets gleichbleibende Stationen triumphaler Einzüge bei Staatsbesuchen, die die Stadt nicht nur räumlich durchzogen, sondern gleichermaßen historisch bedeutende Stellen im Stadtbild markierten. Der Zug bewegte sich entlang wichtiger Hauptachsen, wodurch sich dem einziehenden Besucher sukzessive eine repräsentative Zusammenschau der gesellschaftlichen und politischen Ordnung erschloss, unterstrichen durch eine zielgerichtete Bildargumentation der ephemeren Dekoration69. Die Komponenten der Ausstattung beim Einzug Leos X. zählt der Autor einzeln auf, ebenso wie er die Künstler namentlich nennt, die das jeweilige Element gestaltet hatten. In diesem Zuge finden übrigens auch Künstler Erwähnung, die 1550 noch keine eigene Lebensbeschreibung erhielten, beispielsweise Giuliano del Tasso sowie Iacopo di Sandro70, Iacopo Sansovino und Baccio Bandinelli71. Im Zusammenhang mit den von ihnen für den Einzug geschaffenen Arbeiten sind ihre Namen allerdings offenbar erwähnenswert und historisch erinnerungswürdig. Bemerkenswert sind die zahlreich angeführten antikisierenden Elemente der Dekoration, wie zum Beispiel die Nachbildung der Trajansäule auf dem Mercato Nuovo und das „cavallo simile a quello di Roma“72 bei Santa Maria Novella. Die vielen
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Zur Neuheit des festgelegten Weges beim Einzug Leos X. vgl. CISERI 1990, S. 7. Zum Programm bildhafter Repräsentation bei den festlichen Ein- und Umzügen unter Cosimo de’ Medici siehe vor allem: MOREL 1993. Die Stadt als ‚Kulisse‘ sowie das Verhältnis von Theater und Stadt im republikanischen wie mediceischen Florenz werden unter anderem auch umfassend untersucht bei: ZORZI 1977, v.a. S. 61-235; ZORZI 1975, S. 9-12, S. 15-19. Zu den festgelegten Routen bei festlichen Einzügen allgemein und speziell bei Leo X. siehe auch: CISERI 1990, S. 5-8. Iacopo Foschi, vgl. FESER 2009, S. 98 Anm. 102-107. Baccio Bandinelli und Iacopo Sansovino werden erst 1568 mit einer eigenen Vita gewürdigt: VASARI: Vita di Baccio Bandinelli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 239-276; VASARI: Vita di Iacopo Sansavino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 177-198. VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 362. Die Forschung ging lange davon aus, dass das Reiterstandbild des Marcus Aurelius gemeint sei. Shearman verweist in seiner Rekonstruktion der Ereignisse und der dafür geschaffenen Dekorationen allerdings auf einen dazu widersprüchlichen Augenzeugenbericht in einem Brief an Isabella d’Este aus dem Jahr 1515, in dem das Standbild wie folgt beschrieben wird: „Sopra la quale è un grande, et bello cavallo dorato che stava con li dui piedi da vanti, e sotto di se havea un homo armato dorato caduto da epso.“: SHEARMAN 1975, S. 150. Auch in der Biografie Iacopo Sansovinos in der Ausgabe von 1568 wird das Standbild analog beschrieben: „[…] un cavallo di tondo rilievo, tutto di terra e cimatura, sopra un basamento murato, in atto di saltare e con una figura sotto di braccia nove.“: VASARI: Vita di Iacopo Sansavino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 182. In der oben zitierten Textstelle scheint der Vitentext dagegen beeinflusst von Borghinis Recherchen zum Einzug Papst Leos X., der in seinen Notizen konkreter wird: „Sulla piazza di santa Maria Novella un cavallo come quello di Fidia et Policrato in Roma“: BCNF, MS II.100, fol. 55v. Damit ist wohl eine
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ephemeren Triumphbögen sowie die ephemere Verkleidung des Doms all’antica gestalteten nach dieser Schilderung die Stadt Florenz idealisiert zum ‚neuen Rom‘ um und bildeten so eine dem triumphalen Einzug angemessene Kulisse. Der die Antike imitierende Charakter der Ausstattung sowie ihre täuschend echte Wirkung werden mehrmals ausdrücklich hervorgehoben. In der Giuntina sind die gegebenen Grundinformationen nahezu identisch und auch umfänglich lassen sich nur wenige Ergänzungen feststellen: „Ma intanto intendendo i Fiorentini, il che fu l’anno 1515, che papa Leone Decimo voleva fare grazia alla patria di farsi in quella vedere, ordinarono per riceverlo feste grandissime et un magnifico e sontuoso apparato con tanti archi, facciate, tempii, colossi et altre statue et ornamenti che insino allora non era mai stato fatto né il più sontuoso né il più ricco e bello, perché allora fioriva in quella città maggior copia di begli et elevati ingegni che in altri tempi fusse avvenuto già mai. All’entrata della Porta di San Pier Gattolini fece Iacopo di Sandro un arco tutto istoriato, et insieme con esso lui Baccio da Montelupo; a San Felice in Piazza ne fece un altro Giuliano del Tasso; et a Santa Trinita alcune statue e la Meta di Romolo; et in Mercato Nuovo la Colonna Traiana; in piazza de’ Signori fece un tempio a otto facce Antonio, fratello di Giuliano da San Gallo, e Baccio Bandinelli fece un gigante in sulla loggia; fra la Badia et il Palazzo del Podestà fecero un arco il Granaccio et Aristotile da San Gallo; et al Canto de’ Bischeri ne fece un altro il Rosso, con molto bello ordine e varietà di figure. Ma quello che fu più di tutto stimato fu la facciata di Santa Maria del Fiore fatta di legname e lavorata in diverse storie di chiaro scuro dal nostro Andrea, tanto bene che più non si sarebbe potuto disiderare; e perché l’architettura di questa opera fu di Iacopo Sansovino, e similmente alcune storie di basso rilievo, e di scultura molte figure tonde, fu giudicato dal Papa che non sarebbe potuto essere quell’ edifizio più bello quando fusse stato di marmo: e ciò fu invenzione di Lorenzo de’ Medici, padre di quel Papa, quando viveva. Fece il medesimo Iacopo in sulla piazza di Santa Maria Novella un cavallo simile a quello di Roma, che fu tenuto bello affatto. Furono anco fatti infiniti ornamenti alla sala del Papa nella via della Scala, e la metà di quella strada piena di bellissime storie di mano di molti artefici, ma per la maggior parte disegnate da Baccio Bandinelli. Entrando dunque Leone in Fiorenza del medesimo anno il terzo dì di settembre, fu giudicato questo aparato il maggiore che fusse stato fatto già mai et il più bello.“73
Wie 1550, so ist auch 1568 keine Ekphrasis der ephemeren Dekorationen enthalten. In der Satzstruktur leicht veränderte Äußerungen lassen zwar auf ein später gesteigertes Bemühen um sprachliche Klarheit schließen, doch haben sie keine nennenswerte Signifikanz hinsichtlich einer Fokuserweiterung oder -verschiebung in der zweiten Ausgabe. Indes ist die genaue Datierung und Verortung des Ereignisses im Pontifikat
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der beiden Dioskurenstatuen auf dem Kapitol gemeint, die in der Renaissance aufgrund ihrer Inschrift Phidias zugeschrieben war: vgl. PFISTERER 1999, S. 66. Offenbar wird der Vergleich mit dem antiken Vorbild sowohl in den „Viten“ als auch bei Borghini ausschließlich aufgrund der Pferdegestalt hergestellt, wogegen vom Reiter hier überhaupt keine Rede ist. Zur Auswertung verschiedener Quellen in Bezug auf das Reiterstandbild siehe auch: SHEARMAN 1965, Bd. II, S. 318-319; CISERI 1990, S. 122-126. VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 361-363.
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Leos X. in der Fassung von 1568 an das Ende der Beschreibung gerückt 74, während der Absatz 1550 mit dieser Angabe eingeleitet worden war. Dies zeigt, dass die Giuntina um eine stärker chronologisch strukturierte Schilderung bemüht ist. Zuerst erfahren die Florentiner vom intendierten Besuch des Papstes, dann wird geplant und gestaltet, und dann erst erfolgen der wahrhaftige Einzug und das exorbitante Lob durch das kirchliche Oberhaupt. Grund für die Verschiebung der Aussage ans Ende der Textstelle ist somit weniger eine geänderte Motivation oder argumentative Ausgangslage, als vielmehr das Bemühen um narrative Stringenz und eine datierende Rahmung der Schilderung. Erneut sind die verwendeten Fachtermini in der Ausgabe von 1568 gegenüber dem Vorgängertext konkretisiert. War 1550 lediglich das Fest im Allgemeinen als „magnifica“, „sontuosa“ und „bella“ beschrieben worden, so ist es nun dezidiert der „apparato“, also der dekorative Teil desselben, der mit den Adjektiven „magnifico“ „sontuoso“, „ricco“ und „bello“ bezeichnet wird. Durch Ergänzungen kunstkritischer Bemerkungen, die einzelne Leistungen betreffen und diese hervorheben, werden nun bestehende Wertungen präzisiert und ausgeschmückt. Beispielsweise war der Bogen Rosso Fiorentinos 1550 nur als „cosa molto bella di ordine e di figure“ bezeichnet worden. 1568 wird differenziert, der Bau sei „con molto bello ordine e varietà di figure“ gestaltet gewesen. In einem letzten Satz wird schließlich noch einmal das überbordende Lob des Papstes betont, die Ausstattung habe bislang nie Dagewesenes geleistet. Die entscheidenden Veränderungen zeigen sich allerdings in den einleitenden Sätzen sowie bei der Beschreibung der Fassade von Santa Maria del Fiore. Die Torrentiniana hatte zunächst noch recht allgemein davon gesprochen, dass ‚man‘ für den Einzug des Papstes ein Fest organisiert habe. In der Giuntina sind es dagegen ausdrücklich die Florentiner selbst, die ihrem berühmten Sohn (auch der Hinweis auf die Florentiner Abstammung des Papstes erfolgt erst 1568) einen würdigen Empfang bereiten wollen. Der Schwerpunkt liegt nun also auf der Florentiner Bevölkerung; der Pomp wird auf ihre Entscheidung, ihre Planung und ihren Einsatz zurückgeführt, mit eindeutig politischer Implikation. Durch diese geschickte Formulierung wird das Florentiner Bürgertum letztlich mit den zweifellos eigentlichen Ideatoren des Festes, den Medici, gleichgesetzt und eine vorgebliche Einheit der Interessen propagiert 75. Ähnlich signifikant mediceisch gefärbt ist Vasaris Zusatz hinsichtlich der Gestaltung der ephemeren Domfassade, die auf Pläne Lorenzo de’ Medicis selbst zurückzuführen sei, und der er gleichlautend in einem Halbsatz ein kunstkritisches Lob erster Güte zukommen lässt: Besser hätte man sich die Umsetzung nicht wünschen können. Die Aussage bricht plötzlich und unmotiviert aus dem beschreibenden Kontext aus und muss daher auffallen. Ephemer für den Anlass verkleidet, bildete die Fassade
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Laut Milanesi fand der Einzug Leos X. in Florenz allerdings nicht am 3. September, sondern am 30. November statt: MILANESI (1906) 1981, Bd. V, S. 24. Hauptverantwortlich und vom Papst höchstpersönlich damit beauftragt war Alfonsina Orsini (*1472; †1520), die Witwe Piero di Cosimo de’ Medicis (*1416; †1469). An der Ausrichtung war außerdem der Magistrato degli Otto di Pratica beteiligt, dem allerdings wohl eher organisatorische Funktion sowie die Bezahlung der exorbitanten Summen für Ausstattung, Fest und Aufenthalt des Papstes zukamen: CISERI 1990, S. 30-33.
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von Santa Maria del Fiore einen von insgesamt sieben Triumphbögen, die in ihrem allegorischen Figurenprogramm verschiedene päpstliche Tugenden veranschaulichten76. Von den zahlreichen vorhandenen Berichten und Quellen spricht nur eine einzige in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer Erfindung Lorenzo il Magnificos. Möglicherweise war sie Vorbild für Vasaris Text77. Herausstechend ist die Aussage auch aufgrund der Tatsache, dass an dieser Stelle kein anderer intellektueller Ideengeber des Festumzuges namentlich genannt wird78. In der Biografie Andrea del Sartos schreibt der Autor also implizit, die tatsächliche Trennung von Ideation und Ausführung verschleiernd, alle Werke den bildenden Künstlern zu – alle bis auf das ausgewiesene Prunkstück der Ausstattung („quello che fu più di tutto stimato“), die Fassadenverkleidung, die in ihrem Ursprung vielmehr direkt in das Umfeld der Medici-Familie gesetzt ist. Damit verdeutlicht der unvermittelte Zusatz in der Vitenfassung von 1568 die Absicht des Autors, die Leistungen der Künstler, wenn möglich, um Angaben zum mediceisch-schöpferischen Einfluss auf kulturelle und künstlerische Errungenschaften zu ergänzen 79. Die Biografie Baccio da Montelupos rekurriert dagegen in beiden Ausgaben in gleichem Umfang und mit gleichem Wortlaut auf den Triumphbogen und viele kleine Ausstattungsstücke, die der Künstler für den Einzug Leos X. in Florenz geschaffen habe. Lediglich die Arbeiten seines Sohnes Raffaello für die Antinori-Hochzeit sowie
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SHEARMAN 1975, S. 147. Panciatichi 1515, zitiert und analysiert bei: SHEARMAN 1965, S. 318. Eine weitere Quelle für den Einzug Leos X. ist auch: LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 348-359; vgl. auch: POCHAT 1990, S. 172. Vincenzo Borghini bleibt in seinen Notizen vage und schreibt lediglich ein Ornament der Fassade Lorenzo il Magnifico zu: „Alla porta di Santa Maria del fiori un ornamento maggiore il quale si dici essere stata inventione forma gia dal Magn.co L.zo de Medicj.“: BNCF, MS II.X.100, fol. 55v. Für eine Neugestaltung der Florentiner Domfassade gab es in den Jahren 1476-1491 verschiedene Entwürfe und 1491 wurde hierzu ein Wettbewerb veranstaltet. Keines der Modelle kam zur Ausführung. Allerdings verzeichnet eine Inventarliste der Besitztümer Lorenzo de’ Medicis von 1492 ein Holzmodell für die Domfassade – es ist möglich, dass es sich hierbei um einen eigenhändigen Entwurf Lorenzos handelte: FESER 2009, S. 98 Anm. 114. Die Nennung eines solchen erfolgt erst in der Vita Francesco Granaccis. Hier wird Iacopo Nardi als Ideator des trionfo di Camillo angegeben und als „uomo dottisimo e di bellissimo ingegno“ beschrieben: VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. Es scheint sich hier allerdings um eine Verwechslung zu handeln. Nardi war, wie Vasari auch notiert, Ideengeber des karnevalesken Umzuges anlässlich der Papstwahl: VASARI: Vita Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. Dass er außerdem mit dessen Einzug in Florenz zu tun hatte, ist nicht belegt: CISERI 1990, S. 42-43; vgl. auch: SHEARMAN 1975, S. 139; GAREFFI 1991, S. 38. Die implizite ‚Mediceisierung‘ der geschichtlichen Entwicklung in der zweiten Vitenausgabe gegenüber ihrem Vorgänger wurde für die bildenden Künste bereits umfassend erarbeitet bei: RUBIN 1995, S. 201-204.
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für die Einzüge Karls V. in Rom und Florenz bleiben 1550 noch unerwähnt 80. Auch in der Biografie Perino del Vagas werden sowohl der Einschub über dessen Lehrer Andrea de’ Ceri, dessen Beiname auf die Mitarbeit des Künstlers an den ceri des San Giovanni-Festes zurückzuführen sei, als auch eine Bemerkung zu Perinos Triumphbogen für den Einzug Leos X. in Florenz nahezu identisch in die Giuntina übernommen. Nur für den Einzug Leos X. ist 1550 noch die Jahreszahl 1515 angegeben, was in der zweiten Ausgabe – wohl aufgrund der wiederholten Erwähnung desselben Ereignisses – gestrichen wurde81. Der eine Satz, der in der Vita Francia Bigios die Zusammenarbeit des Künstlers mit Ridolfo Ghirlandaio für die apparati und Perspektivbühnen anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten Lorenzo de’ Medicis beschreibt, ist ebenfalls in beiden Ausgaben wortgleich ausgeführt82. Dagegen lassen sich in der Lebensbeschreibung Giulio Romanos abermals Akzentverschiebungen im Wortgebrauch feststellen. Die Arbeiten des Künstlers für den Einzug Karls V. in Mantua werden 1550 mit folgenden Worten beschrieben: „Mostrò ancora il valor suo nella venuta di Carlo V imperatore, quando fece gli apparati in Mantova e l’ordine d’una scena, nella quale egli con nuovi ordini di lumi fece recitare, errando il sole mentre si recitò che faceva lume loro, e finita la comedia si nascose sotto i monti. Nessuno fu mai che meglio di lui disegnasse celate, selle, fornimenti di spade e mascherate strane, e quelle con tanta agevolezza espediva, che il disegnare in lui era come lo scrivere in un continuo pratico scrittore.“83
1568 ist die Passage umfänglich gering aber qualitativ durchaus bedeutsam verändert: „Nella venuta di Carlo Quinto imperatore a Mantova, per ordine del Duca fe’ Giulio molti bellissimi apparati d’archi, prospettive per comedie e molte altre cose; nelle quali invenzioni non aveva Giulio pari, e non fu mai il più capriccioso nelle mascherate e nel fare stravaganti abiti per giostre, feste e torneamenti, come allora si vide, con stupore e maraviglia di Carlo imperadore e di quanti v’intervennero.“84
Zwar beschränkt sich die Torrentiniana im Gegensatz zur in dieser Hinsicht pluralisierenden 1568er-Fassung darauf, nur eine Komödienaufführung zu erwähnen. Diese erfährt allerdings eine weitaus detailliertere Schilderung. Jedoch wird 1568
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VASARI: Vita di Baccio da Montelupo (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 291-296. VASARI: Vita di Perino del Vaga (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 107, S. 116-117. VASARI: Vita di Francia Bigio (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 511. VASARI: Vita di Giulio Romano (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75-77. VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75-76.
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erstmals der Auftraggeber des Apparates, der Herzog von Mantua85, gesondert erwähnt. Die 1550 noch einzeln aufgezählten Kostüme („celate“, „selle“ und „fornimenti di spade“) sind 1568 unter dem Sammelbegriff der „abiti“ zusammengefasst. Stattdessen wird nun besondere Aufmerksamkeit auf eine Differenzierung verschiedener theatraler Formen gelegt, für welche die entsprechenden Ausstattungsstücke geschaffen wurden („giostre“86, „torneamenti“87 sowie „mascherate“). Es entsteht also eine graduelle Akzentverschiebung vom künstlerischen Beitrag und einzelnen Werk hin zur Art des Ereignisses, wofür, so der Tenor der 1568er-Ausgabe, das gesamte Kostümbild von der Hand des Künstlers stamme. Die Giuntina unterstreicht schließlich in besonderem Maße das Erstaunen und die Überwältigung, die Giulios Arbeiten unter anderem beim Kaiser selbst hervorgerufen hätten – ein Zusatz, der den Künstler und in diesem Zuge natürlich auch seinen Auftraggeber in höchste Würden erhebt. Diese Anmerkung ersetzt nun den noch in der Torrentiniana erfolgten Hinweis auf die besondere Begabung Giulio Romanos für die Zeichnung und die Parallelisierung von disegno und scrittura im beigefügten Nebensatz. Das kunstkritische Lob, das sich in dieser Äußerung verbirgt, entfällt jedoch 1568 nicht. Im Gegenteil, es wird nun stattdessen durch den Hinweis auf die „meraviglia“ des Kaisers seiner allerchristlichen Majestät selbst in den Mund gelegt. Der signifikanteste Unterschied zwischen den beiden Ausgaben betrifft jedoch die Erfindung einer künstlichen, während des Spiels über die Bühne wandernden Sonne, welche in der Torrentiniana Giulio Romano zugeschrieben wird88. In der Giuntina ist dieser Passus einem verallgemeinerten Lob der „bellissimi apparati d’archi, prospettive per comedie e molte altre cose“89 gewichen. Vergeblich durchforstet der Leser die Lebensbeschreibung Giulio Romanos nach einem weiteren Hinweis auf diese technische Meisterleistung. Fündig wird er schließlich erst in der 1568 ergänzten Biografie des Aristotile da Sangallo, die abermals die Beschreibung eines lichttechnisch das Spiel begleitenden Mechanismus in Form einer Sonne enthält, welcher nun aber als Erfindung dieses Künstlers ausgewiesen ist 90. Leider lässt sich anhand der Quellenlage nur noch für Aristotile die Verwendung dieser Technik
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Der Einzug Karls V. 1530 fällt in die Regierungszeit von Federico II. Gonzaga (*1500; †1540). Eine giostra bezeichnet den individuellen Schaukampf mit Lanze, Speer und Schwert: RICCIARDI 1992, S. 100-108. Torneamento umschreibt eine Schauschlacht, die von verschiedenen Kämpfertruppen gegeneinander ausgetragen und von Seiten der Kirche zunehmend verurteilt wurde: RICCIARDI 1992, S. 101. VASARI: Vita di Giulio Romano (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75-76. VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75. VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398. Auf diesen Umstand hingewiesen hat bereits Grosso, allerdings ohne nähere Schlüsse über mögliche Gründe für die Verschiebung zu ziehen: GROSSO 2016, S. 101.
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nachweisen, während jegliche Belege für eine diesbezügliche Erfindung Giulio Romanos fehlen91. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Grund für die veränderte Zuschreibung in der Giuntina in einer besseren Quellenkenntnis und historischen Korrektur liegt. In jedem Fall aber wird dadurch Vasaris Argumentation in mehrfacher Hinsicht unterstützt. Die Erfindung der künstlichen Sonne steht nun nicht mehr im Kontext des Mantuaner Hofes, sondern die Fassung von 1568 bringt sie in Zusammenhang mit einer Komödienaufführung anlässlich der Hochzeit Alessandro de’ Medicis mit Margarethe von Parma92 und setzt sie damit direkt ins Umfeld eines mediceischen Großereignisses in der Stadt Florenz. Zusätzlich wird diese Errungenschaft nun einem Künstler zugeschrieben, der durch seinen Beinamen mit dem antiken Philosophen Aristoteles parallelisiert ist, dessen dramentheoretisches Werk zeitgenössisch vielfach übersetzt und rezipiert sowie theoretisch reflektiert wurde 93. Inwieweit die Aristotile-Vita durch diese Verquickung der Umstände gleichsam eine herausragende Stellung im historischen Argumentationsgefüge einnimmt, wird an anderer Stelle zu erörtern sein94. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich in mehreren der genannten Textstellen die Aussage zwischen den beiden Ausgaben durch eine leicht veränderte Wortwahl und Satzstruktur, kurze Einschübe und Ausschmückungen verschiebt. Die 1568 gesetzten Akzente beziehen sich zum einen auf eine Präzisierung der Fachtermini und lassen so ein verstärktes Bemühen um die korrekte Angabe theater- und bühnenbildhistorischer Fakten erkennen. Ergänzungen finden sich des Weiteren im kunstkritischen Lob des Autors und hinsichtlich allgemeiner historischer Informationen, die über das Werk der Künstler hinausreichen. Zum anderen wird in der Ausgabe von 1568 die Rolle der Auftraggeber stärker betont und primär die Medici werden in ihrer Funktion als Förderer und Initiatoren von Kunst und Kultur wirkungsvoll in Szene gesetzt. Dies geschieht teils explizit und beinahe plakativ, wie in der Benennung Lorenzo de’ Medicis als Erfinder der Fassadenverkleidung von Santa Maria del Fiore. Mitunter sind die Bezüge aber auch implizit und hintergründig, wie die Datierung des Endes der Wagenprozession beim San Giovanni-Fest auf das Jahr der Vertreibung der Medici (1527) oder die Gleich-
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Der Nachweis über die Verwendung bei Aristotile da Sangallo ergibt sich aus einer zeitgenössischen anderen Quelle: Giambullari, Pier Francesco: „Apparato et feste nelle nozze dello Illustrissimo Singor Duca di Firenze et della Duchessa sua Consorte“ (1589), zitiert in: PALLEN 1999, S. 30. Für das Fehlen jedweder Quellen zur Theatertätigkeit Giulio Romanos siehe: PALLEN 1999, S. 27. *1522; †1586, uneheliche Tochter Kaiser Karls V., in den „Viten“ als „Margherita d’Austria“ bezeichnet, obwohl Margarethe diesen Titel niemals offiziell geführt hat. VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395. 1536 erschien die von Cosimo Pazzi 1524 übernommene lateinische Übersetzung der „Poetica“ des Aristoteles in Venedig in Druck, vgl. GIOVIO (1567) 2006, S. 379 Anm. 3. Zur Aristotelesrezeption des 16. Jahrhunderts siehe näher: HULFELD 2007, S. 45-50. Vgl. Kap. 4.3, S. 314-315.
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setzung mediceischer und gesamt-florentinischer Interessen beim Einzug Leos X. in Florenz. Sowohl der gesteigerte Umfang zahlreicher Textpassagen als auch die veränderte Wortwahl und Satzstruktur der Giuntina verweisen insgesamt auf ein deutlich verstärktes Interesse an theatral gestalteten festlichen Begebenheiten sowie an ihren kulturellen und gesellschaftlichen Ausprägungen und Voraussetzungen. Am eindrucksvollsten treten die Akzentverschiebungen in den Biografien zu Tage, in denen große Passagen mit theatergeschichtlichen Aussagen ergänzt wurden. Aber auch die leiseren und subtileren Veränderungen in den anderen Biografien fallen ins Gewicht, vor allem wenn man bedenkt, dass der Text ansonsten oft im Wortlaut in die zweite Ausgabe übernommen wurde. Während umfängliche Abweichungen zum Teil möglicherweise aus einer verbesserten Quellenlage resultieren95, sind es vor allem die graduellen Veränderungen bei gleichbleibender Grundinformation, die die These einer erhöhten Wertschätzung bezüglich des Theaters und seiner memoria für die Ausgabe von 1568 stärken. Zunehmende Verweise auf einen Zusammenhang zwischen künstlerischer und kultureller Blüte sowie mediceischer Herrschaft in der zweiten Fassung verdeutlichen darüber hinaus den verstärkten Einfluss Cosimo de’ Medicis und seiner ‚Kultur- wie Wissenschaftspolitik‘.
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Beispielsweise hatte Vasari für die Hochzeit 1565 die ingegni Brunelleschis für eine Wiederaufführung der entsprechenden sacre rappresentazioni genauestens studiert: siehe Kap. 2.1, S. 58-59; vgl. NAGLER 1964, S. 34-35; PETRIOLI TOFANI 1966, S. 9-10. Mitunter kann als Grund für umfängliche Ergänzungen aber auch nicht die Quellenlage verantwortlich gewesen sein. Dies zeigt sich beispielsweise in der Biografie Alfonso Lombardis. Da Vasari selbst am Bologneser Festapparat für den Einzug Karls V. beteiligt war, muss er über Lombardis Mitarbeit daran bereits 1550 informiert gewesen sein. Die Aufnahme eines diesbezüglichen Hinweises erfolgte dennoch erst in der zweiten Ausgabe, was in diesem Fall eindeutig auf eine verstärkte Motivation zur schriftlichen Fixierung theatraler Arbeiten seitens des Autors schließen lässt. Vasaris Mitarbeit in Bologna wird in seiner Autobiografie erwähnt und bestätigt: VASARI: Le opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 370. Zu Vasaris Mitwirkung am Bologneser Kaisereinzug siehe näher: GROSSO 2016, S. 91-100.
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Theater und Ephemeres in der Vitenausgabe von 1568: Dimensionen und Konzepte
39 Biografien1 der Giuntina enthalten teils sehr ausführliche Passagen mit Informationen über theatrale Formen und ihre Ausstattung. Mit Ausnahme von sechs Viten (Buonamico Buffalmacco in der ersten Epoche, Filippo Brunelleschi, Cecca, Donatello, Filippo Lippi, Iacopo detto l’Indaco in der zweiten età), konzentrieren sich die diesbezüglich relevanten Lebensbeschreibungen gänzlich auf die dritte Epochenstufe (Tab. 3). Die in der ersten und zweiten Epoche erwähnten kirchlichen Theaterformen der religiösen Stadtfeste und sogenannten sacre rappresentazioni werden in den Biografien der dritten età durch umfangreiche Schilderungen profaner und politisch motivierter, szenischer und halbszenischer Ausdrucksformen nebst der dafür geschaffenen apparati und scene sowie prospettive ergänzt2.
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Die von Pallen behandelten 21 Biografien konnten durch eine erneute Sichtung des Materials auf die obige Anzahl von 39 ergänzt werden: PALLEN 1999. Die ermittelten „Viten“ basieren auf einer Schlagwortsuche auf: , zuletzt aufgerufen am 16.06.2018. Inbegriffen sind hier sowohl der in der Ausgabe von 1568 abgedruckte Brief Adrianis mit einer Zusammenstellung antiker Künstler als auch diverse Sammelviten und die am Ende der zweiten Fassung veröffentlichte Sammelbiografie der Künstler der Accademia delle Arti del Disegno. Eine Zusammenstellung der relevanten Texte findet sich mit Ausnahme von Cinis Festbericht im Anhang (Appendix). Die Bezeichnung apparato ist auf die gesamte ephemere Ausstattung des Theatersaales inklusive Bühne bezogen. Es ist die begriffliche Entsprechung für den Umstand, dass die ‚Bühnenbildner‘ der damaligen Aufführungen gleichlautend auch die Dekorateure des Zuschauerraumes, der sogenannten sala, und die Architekten der Zuschauerränge sowie die ‚Kostümbildner‘ und teilweise sogar die ‚Regisseure‘ der Vorführungen selbst waren. Scena dagegen bezieht sich ausschließlich auf den Bühnenraum und beinhaltet sowohl die Vorbühne als auch den nicht-praktikablen Teil der Perspektivbühne. Der Begriff kann grundsätzlich auch literarisch gebraucht und auf die textliche Einheit der Szene bezogen sein. Diese Verwendung ist für die „Viten“ nicht nachweisbar. Prospettiva schließlich, als Teil der Bühne, bezeichnet ausschließlich den nicht-bespielbaren, perspektivisch verkürzten Bereich sowie den abschließenden Prospekt. Zu den Begrifflichkeiten des Theaters im 16. Jahrhundert siehe: SERGARDI 1988, S. 98-100, S. 118-121, S. 115-116, S. 27-28. Für einen Überblick über die Theaterformen des italienischen Rinascimento siehe weiter (ungeachtet der Frage nach der Wertung Vasaris als Quelle): VENTRONE 1993; VENTRONE 2016; ANGIOLILLO 1996; B RAUNECK 1993; CASTAGNO 1994;
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Private Festlichkeiten bürgerlicher und künstlerischer Compagnie sowie deren theatral gestaltete Bankette wechseln sich ab mit höfischen Festen und Staatsfeiern im Kontext der Medici. Im Fokus stehen oft die dafür von Künstlerhand geschaffenen Dekorationen. Erwähnung finden aber auch die Titel der Komödien sowie die Anfangszeilen vorgetragener Lieder und Texte, die Namen von Komponisten, Musikern, Schauspielern und Dichtern, ebenso wie die für den Ablauf verantwortlichen Humanisten und deren Auftraggeber. Gezeigt wird so das Bild einer Gesellschaft, in der Freude am Spiel, an der Theatralität und an kreativer Gestaltung in beinahe alle Lebensbereiche diffundieren und in verschiedenen gesellschaftlichen Schichten eine wichtige Rolle spielen.
2.1 ‚Bauanleitungen‘ für den späteren Nachvollzug: Die technischen ingegni von Brunelleschi, Cecca und Tribolo Vor allem in den Biografien der zweiten Vitenepoche aber auch in Tribolos Lebensbeschreibung kommt nur wenig Aufmerksamkeit szenischen oder wirkungsbezogenen Fragestellungen zu. Stattdessen wird die Bühnenmaschinerie in allen Einzelheiten erfasst und einer technischen Anleitung vergleichbar aufbereitet. Mitunter fungieren die Werke der bildenden Künstler in diesem Rahmen als paradigmatische Beispiele, die allgemeine Regeln zum Aufbau einer Werkart sowie technische Anforderungen und die Gefahren eines nachlässigen oder fehlerhaften Vorgehens bei der Anbringung sicherheitsrelevanter Mechanismen verdeutlichen. ‚Zauber‘ und ‚Trick‘: Brunelleschis und Ceccas sacre rappresentazioni in den „Viten“ und im Augenzeugenbericht des Abraham von Susdal
Die ersten ausführlichen Beschreibungen theatraler Formen begegnen dem Leser der „Viten“ in zwei Biografien der zweiten Epochenstufe3. Die Lebensbeschreibungen Brunelleschis und Ceccas enthalten Schilderungen zweier geistlicher Spiele und deren
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GORI (1926) 1989; NAGLER 1964; POVOLEDO 1975; SCHMIDT, S. 2008; THEILE 1997; ZORZI 1977; sowie grundlegend: D’ANCONA 1877. In der ersten Vitenepoche enthält die Biografie Buonamico Buffalmaccos nur einen sehr vagen Hinweis darauf, der Künstler habe sich an einer Festausstattung beteiligt, die jährlich für die Festa di Calendimaggio in Borgo San Friano in Arno auf Booten platziert wurde: VASARI: Vita di Buonamico Buffalmacco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 170. Einzelheiten zur Aufführung und ihrer Ausstattung nennt der Autor nicht, obwohl ihm aus einer ausführlichen Schilderung in Villanis „Nuova Cronica“ weitere Informationen bekannt sein mussten, vgl. Villanis Chronik mit einem Verweis auf das Jahr 1304: VILLANI (14. Jh.) 2002, 9,LXX, S. 429; für einen dezidierten Abgleich siehe: Kap. 3.2, S. 211-213.
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technischer Ausstattung. Es handelt sich um die sogenannten sacre rappresentazioni4 der Annunziazione (der Verkündigung) sowie der Ascensione (der Auferstehung) die etwa ab 1420 in den Kirchen San Marco, San Felice in Piazza sowie in Santa Maria del Carmine aufgeführt wurden5. Zunächst widmet sich Vasari in der BrunelleschiVita den technischen ingegni, die der Künstler für die Aufführung der Annunziazione in San Felice in Piazza entwarf. Bereits zu Beginn weist er auf die immense kunstkritische Bedeutung des Werkes hin und betont die historische Motivation, die ihn dazu bewege, sich derart ausführlich zu äußern: „Dicesi ancora che gl’ingegni del paradiso di S. Filice in Piazza nella detta città furono trovati da Filippo per fare la rappresentazione, overo festa della Nunziata, in quel modo che anticamente a Firenze in quel luogo si costumava di fare. La qual cosa invero era maravigliosa e dimostrava l’ingegno e l’industria di chi ne fu inventore, perciò che si vedeva in alto un cielo pieno di figure vive moversi, et una infinità di lumi quasi in un baleno scoprirsi e ricoprirsi. Ma non voglio che mi paia fatica raccontare come gl’ingegni di quella machina stavano per apunto, attesoché ogni cosa è andata male e sono gl’uomini spenti che ne sapevano ragionare per esperienza, senza speranza che s’abbiano a rifare […].“6
Um den Vergangenheitsbezug der Aufführungstradition anzuzeigen, verwendet der Autor offenbar absichtsvoll das Adverb „anticamente“ anstatt des in seiner Terminologie eigentlich passenderen „vecchiamente“. Als vecchio werden in den „Viten“ grundsätzlich all jene Formen bezeichnet, die nicht aus der Antike stammen, aber dennoch zur eigenen Gegenwart in zeitlicher Distanz stehen7. Der Terminus impliziert
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Sacre rappresentazioni bilden eine weitgehend eigenständige geistlich-kirchliche Aufführungstradition, die wohl spezifisch florentinisch ist: POCHAT 1990, S. 102. Im Gegensatz zu den Passionsspielen und anderen mittelalterlichen Theaterformen religiösen Inhalts, die auf sogenannten Simultanbühnen im Freien stattfanden sowie meist ohne festen Text auskamen, handelt es sich hierbei um dramatisch gestaltete Szenen, deren Dialoge zunehmend festgeschrieben waren, und die einer klaren ‚Regie‘ folgten. Entwickelt hat sich diese Tradition wohl aus einer zunehmend dramatisierten Liturgie der Oster- und Krippenspiele sowie aus den Laudes und Devozioni heraus: POCHAT 1990, S. 73-117; VENTRONE 2016, S. 56-57. Zum Forschungsstand, sowie zur Heterogenität der sacre rappresentazioni und zur Problematik, diese als Frühform des Theaters zu betrachten, publizierte 2016 Paola Ventrone und besprach ausführlich die Unterschiede zwischen mittelalterlichem Spiel und sacra rappresentazione. Mit Hinweisen zu weiterer Literatur und Beschreibungen sowie Quellenanalyse zu Annunziazione, Ascensione und Pentecose: VENTRONE 2016, S. 56-85. Eine sehr detaillierte Übersicht über die sacre rappresentazioni, ihren Ablauf und die entsprechenden Quellen lieferte schon d’Ancona: D’ANCONA 1877, Bd. I. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188-189. Die zeitliche Dimension in der begrifflichen Trennung zwischen antico und vecchio ist im ersten Proömium klar formuliert: „Ma perché più agevolmente s’intenda quello che io chiami vecchio et antico, antiche furono le cose, innanzi a Costantino, di Corinto, d’Atene e di Roma e d’altre famosissime città fatte fino a sotto Nerone, ai Vespasiani,
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allerdings auch eine kunstkritische Abwertung, die hier offenbar nicht intendiert ist. Daher greift Vasari auf den Begriff des antico zurück, der das Geschilderte zwar zeitlich vermeintlich noch weiter von der eigenen Gegenwart entrückt, es jedoch gleichzeitig kunstkritisch aufwertet. Dadurch, dass der Autor die Aufführungen der sacre rappresentazioni als antichi ausweist, hebt er sie von all jenem ‚Schlechten‘ ab, das seiner Ansicht nach in den „maniere vecchie“8 praktiziert wurde. Beide Aspekte, sowohl das kunstkritische Lob als auch der temporär zurückliegende Charakter, werden bereits in den nächsten Sätzen noch eingehender formuliert, wenn Vasari darin sowohl den ingegno als auch die industria des Erfinders in besonderem Maße gegeben sieht und sein Bedauern ausspricht, dass alle Augenzeugen bereits verstorben seien9. Über zweieinhalb Seiten hinweg schildert der Autor zunächst die Aufteilung des Kirchenraumes, die Errichtung der Gesamtapparatur und schließlich den technischen Ablauf des Geschehens. Die Grundtendenzen dieser Deskription lassen sich an folgendem Ausschnitt aufzeigen: „Aveva dunque Filippo per questo effetto, fra due legni di que’ che reggevano il tetto della chiesa, accomodata una mezza palla tonda a uso di scodella vòta overo di bacino da barbiere, rimboc[c]ata all’ingiù; la quale mezza palla era di tavole sottili e leggeri confitte a una stella di ferro che girava il sesto di detta mezza palla, e strignevano [sic!] verso il centro, che era bilicato in mezzo, dove era un grande anello di ferro intorno al quale girava la stella de’ ferri che reggevano la mezza palla di tavole. E tutta questa machina era retta da un legno d’abeto gagliardo e bene armato di ferri, il quale era a traverso ai cavalli del tetto, et in questo legno era confitto l’anello che teneva sospesa a bilicata la mezza palla, la quale da terra pareva veramente un cielo. E perché ella aveva da piè nell’orlo di dentro certe base di legno tanto grandi e non più che uno vi poteva tenere i piedi, et all’altezza d’un braccio, pur di dentro, un altro ferro, si metteva in su ciascuna delle dette basi un fanciullo di circa dodici anni, e col ferro alto un braccio e mezzo si cigneva in guisa che non arebbe potuto, quando anco avesse voluto, cascare. Questi putti, che in tutto erano dodici, essendo accomodati come si è detto sopra le base, e vestiti da Angeli con ali dorate e capegli di mattasse d’oro, si pigliavano, quando era tempo, per mano l’un l’altro, e dimenando le braccia pareva che ballassino, e massimamente girando sempre e movendosi la mezza palla; dentro la quale, sopra il capo degl’ Angioli, erano tre giri over ghirlande di lumi acomodati con certe piccole lucernine che non potevano versare: i quali lumi da terra parevano stelle, e le mensole, essendo coperte di bambagia, parevano nuvole .“10
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Traiano, Adriano et Antonino, perciò che l’altre si chiamano vec[c]hie che da S. Salvestro in qua furono poste in opera da un certo residuo de Greci, i quali più tosto tignere che dipignere sapevano.“: VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 29. VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 29. Näher hierzu siehe: Kap. 2.2, S. 69. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 189.
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Es fällt auf, wie minuziös die technischen Details der Vorrichtung beschrieben werden, die den zuvor genannten „cielo pieno di figure vive“11 darstellte. Kleinschrittig sind die komplizierten Verankerungs- und Sicherungssysteme („retta da un legno d’abeto gagliardo e bene armato di ferri“, „col ferro alto un braccio e mezzo si cigneva in guisa che non arebbe potuto, quando anco avesse voluto cascare“) erklärt. Darüber hinaus finden die Materialien von Maschinerie und Kostüm („base di legno“, „stella de’ ferri, capegli di mattasse d’oro“, „mensole, essendo coperte di bambagia“ etcetera) sowie die genauen Maßverhältnisse (beispielsweise „ferro alto un braccio e mezzo“) Erwähnung. Zudem geht der Text auf die Beleuchtungseffekte und ihren Aufbau ein („tre giri over ghirlande di lumi acomodati con certi piccole lucernine“) und nennt das figürliche Personal. Jeweils am Ende einer Beschreibungssequenz wird kurz die Illusion angesprochen, die durch die entsprechende Vorrichtung erzeugt worden sei („la quale pareva veramente un cielo“, „i lumi da terra parevano stelle e le mensole […] parevano nuvole“)12. Allerdings steht die Wirkung in ihrer Relevanz offenbar hinter einer möglichst akribischen Schilderung technischer Mittel zurück. Auch über den Inhalt der Aufführung, den szenischen Ablauf, die Dramaturgie sowie die Dialoge verliert der Autor an dieser Stelle kein Wort. Zur Regie des Stückes findet sich lediglich die Andeutung, dass sich die Knaben „quando era tempo“13 bei den Händen fassten und tanzten. Eine Spezifizierung dieses Zeitpunktes innerhalb des Handlungsgefüges erfolgt nicht. Der Gesamtablauf und der Inhalt der dramatischen Aktion werden offenbar als bekannt vorausgesetzt oder sind für die intendierte Überlieferung nicht von vordringlichem Interesse. Dies unterscheidet Vasaris Beschreibung von der einzig anderen erhaltenen Quelle zur Vorführung, die in Form eines Reiseberichtes vom russischen Gesandten Abraham von Susdal im Jahre 143914 verfasst wurde und dessen unmittelbare Erinnerungen an eine Vorstellung der Annunziazione enthält. In zwei Fragmenten erhalten, wurde der Bericht in deutscher Übersetzung von Alexander Wesselkofsky im Jahr 1877 erstmals publiziert15. Es ist anzumerken, dass das Manuskript, auf das sich Wesselkofskys Übersetzung stützt, heute verloren und seine Authentizität umstritten
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VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188-189. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 189. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 189. WESSELKOFSKY 1877, S. 431. Abraham von Susdal war anlässlich des Konzils von Florenz zur Beseitigung des Schisma zwischen Ost- und Westkirche in der Stadt. Die sacre rappresentazioni waren Teil des immensen Rahmenprogrammes. Weiterführend zum Florentiner Konzil: VITI 1994. WESSELKOFSKY 1877. Die Relation der Textfragmente zueinander konnte allerdings nach wie vor nicht einwandfrei geklärt werden. Ein drittes Fragment schließlich gibt die sacra rappresentazione der Ascensione in Santa Maria delle Carmine wieder: WESSELKOFSKY 1877, S. 425-427.
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ist. Im Jahr 2016 hat Paola Ventrone auf der Basis weiterer Manuskripte eine neue Edition und italienische Übersetzung vorgelegt, die Wesselkofskys Aussagen teilweise revidiert16. Da die Unterschiede zwischen den beiden Ausgaben bei den hier zitierten Textstellen und für die gegenwärtige Untersuchung großteils von geringerer Bedeutung sind, wird im Folgenden auf die deutsche Übersetzung von 1877 zurückgegriffen. Dort wo sich gravierende Differenzen zwischen den Versionen ergeben, sind Ventrones Korrekturen in Anmerkungen kenntlich gemacht. Zwar wird bei Abraham von Susdal der ausführende Künstler nicht namentlich genannt, doch verweist der Text auf einen „gescheite(n) Mann, Italiener von Geburt“17. Die Ortsangabe, „[…] in einem Kloster jener Stadt ist eine große Kirche, dem Namen der reinen Gottesmutter geweiht […]“18, führte bisher dazu, die mit jener sacra rappresentazione der Annunziazione von 1439 identifizierte Aufführung in der Kirche Santissima Annunziata anzusiedeln19. Ventrone hat jedoch als Aufführungsort zweifelsfrei die Kirche San Marco ermittelt, welche in einigen Exemplaren des Reiseberichtes dezidiert genannt wird20. Der Beginn des Berichtes im ersten Fragment21 liest sich zunächst sehr ähnlich wie Vasaris Angaben, wenn auch in einigen Punkten deutlich ausführlicher beschrieben und erzählt wird: „[…] in dieser Kirche nun ist über der Vorderthür, ganz oben, ein Gerüst aufgestellt, nach allen Seiten 10 ½ Fuss messend22, wohin eine kleine, geschickt angebrachte Leiter hinaufführt. Gerüst und Leiter sind mit Vorhängen umhüllt; ersteres soll das Bild der himmlischen Kreise darstellen, von daher wird von Gott dem Vater der Erzengel Gabriel zur heiligen Jungfrau herabgesandt. Oben auf dem Gerüst ist ein Thron, darauf ein stattlicher Mann sitzt, im Messgewand und mit Krone, wie Gott der Vater dargestellt wird, in der linken Hand das Evangelium. Um ihn her und unter seinen Füssen halten sich sehr künstlich eine Menge Kinder, ein Bild der himmlischen Mächte [worauf der Thron Gottes ruht]. Um den Thron und die Kinder, die den himmlischen Vater umringen, sind […] 1000 mit Oel angefüllte brennende Phiolen23. Auf dem grösseren Kreise, zwischen jenen Lichtern, sitzen einander gegenüber vier kleine
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VENTRONE 2016, S. 369-372, russischer Text und italienische Übersetzung: S. 374-387. Zitiert nach: WESSELKOFSKY 1877, S. 427. Die Zuschreibung der Aufführung an Brunelleschi wird mitunter bestritten, da er nicht in den Büchern der Compagnia dell’Agnese auftaucht. Diese Theorien werden besprochen und revidiert bei: VENTRONE 2016, S. 83. Zitiert nach: WESSELKOFSKY 1877, S. 427. Zum Beispiel: POCHAT 1990, S. 92-95; ZORZI 1977, S. 71-73. Unterschiede zwischen der sacra rappresentazione von 1439 und der Tradition werden auch herausgearbeitet bei: VENTRONE 1994. VENTRONE 2016, S. 372. Entsprechende Exemplare zitiert bei: VENTRONE 2016, S. 377 Anm. 37. Siehe deutsche Übersetzung des ersten Fragmentes durch: WESSELKOFSKY 1877, S. 427-431. Laut Ventrones Edition: 7 Saschen hoch und nach allen Seiten 1 ½ Saschen messend: VENTRONE 2016, S. 377 Anm. 38. Sasche = alte russische Maßeinheit, Armspanne eines Mannes mit ausgebreiteten Armen von Fingerspitze zu Fingerspitze. Nach Ventrones Übersetzung „mehr als 500“: VENTRONE 2016, S. 379. Der Text spricht im russischen Original außerdem wörtlich von „Kerzen“: VENTRONE 2016, S. 379.
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Kinder, in Engelsgewändern und mit Engelskronen, die einen die Cymbel in der Hand, die anderen eine Zither oder eine Handtrommel. Dies Alles ist in Nachahmung der sieben oberen Planetenhimmel, der himmlischen Mächte und des nie vergehenden Engels-Lichtes dargestellt24. Und alles dies ist mit dem obengenannten Vorhange verschlossen. In der Mitte der Kirche, 175 Fuss von der Vorderthür entfernt, geht von einer Seitenwand zur anderen ein steinernes Gerüst, auf 21 Fuss hohen steinernen Säulen ruhend und 17 ½ Fuss breit 25, mit darauf ausgebreiteten rothen Stoffen; darauf, links, ein Bettgestell mit herrlichen Stoffen geschmückt und daneben, an der Seite des Kopfkissens, ein Sessel, wundervoll und reich gepolstert. Ein schöner Jüngling sass daselbst, in reichen jungfräulichen Gewändern, die Krone auf dem Haupt und ein Buch in der Hand, in welchem er in Stille26 las: ganz wie die heilige Jungfrau anzusehen.“27
Auch Abraham spart also nicht an technischen Details und Erklärungen zum Aufbau der Szene28. Allerdings sind die diversen Mechanismen und Sicherheitsvorrichtungen offenbar für den zeitgenössischen Betrachter weniger von Interesse als eine profunde Darlegung der Kostüme, der Requisiten, des figürlichen Aufbaus sowie der Möblierung der Schreibstube Mariens. Diese Details kommen in der Vitenstelle wiederum überhaupt nicht zur Sprache. So gelingt es dem Leser anhand von Vasaris Schilderung zunächst nicht, sich ein Gesamtbild der Bühnenanlage und der verschiedenen Handlungsorte zu machen. Vielmehr führt der Text sogleich in die maschinellen Details einer Bühnensituation ein, die zuvor mit keinem Wort genauer erklärt worden ist. Besonders prägnant erscheinen die Unterschiede der beiden Berichte an der Stelle, an der die Verkündigung als solche beschrieben wird. Hier liest sich der Bericht Abraham von Susdals über weite Strecken hinweg wie eine farbenfrohe Erlebniserzählung: „Nach einiger Zeit fährt von oben der von Gott dem Vater gesendete Engel an den zwei, obenerwähnten Stricken hinunter, um die Empfängniss des Sohnes zu verkünden. Der Engel wird von einem schönen, lockigen Jüngling dargestellt: sein Gewand ist schneeweiss und mit Gold geziert, die Engels-Stola über den Schultern, die Flügel vergoldet: genau so wie die Engel Gottes gemalt werden. Während er an den Stricken herabfährt, singt er mit sanfter Stimme 29, in der Hand einen Zweig […]. Sein Niedersteigen geschieht folgendermaassen [sic!]: er hat hinter sich zwei Räderchen befestigt, die von unten, wegen der grossen Entfernung, unsichtbar sind, und in welche die zwei Stricke passen, während am dritten, feinsten Stricke Leute, die oben
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Dieser Teil ist offenbar in den anderen Manuskripten nicht überliefert: VENTRONE 2016, S. 379. 25 Saschen von der Vordertür; Höhe ca. 3 Saschen und Breite 1½ Saschen: VENTRONE 2016, S. 379. „mit leiser Stimme“: VENTRONE 2016, S. 379. Zitiert nach: WESSELKOFSKY 1877, S. 427-428. Vor allem haben die neuen Untersuchungen ergeben, dass Abraham auf ein technisches Detail rekurriert, das die „Viten“ nicht nennen: Die Propheten seien während ihres einführenden Dialoges durch eine technisch versierte Vorrichtung daran gehindert worden, vom Podest zu fallen, zitiert bei: VENTRONE 2016, S. 379, ausgewertet S. 372. Ergänzt: „wie ein richtiger Engel“: VENTRONE 2016, S. 383.
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aufgestellt und ebenfalls unsichtbar sind, den Engel herablassen und wieder nach oben ziehen30. Kehren wir aber zum Gesagten zurück. Nachdem der Engel an den Stricken herabgefahren und der ruhenden Jungfrau gegenüber angelangt ist, redet er sie sanft an, zu ihr gewandt und die obengenannte schöne Ruthe in der Hand haltend. Folgt die Verkündigung, eine abgekürzte Wiedergabe des Ave Maria31, worauf Maria, sich schnell erhebend, mit scheuer, jungfräulichleiser Stimme antwortet: O Jüngling, wie wagtest du es, meiner Schwelle dich zu nähern und hier einzudringen? Was hältst du für unvernünftige Reden: dass Gott mit mir sei und in meinem Schoosse [sic!] Mensch werden solle! Ich traue nicht deinen Worten, weil ich der Ehe nicht teilhaftig bin und keinen Mann kenne. Darum entferne dich, o Jüngling, damit dich Joseph, während du in meinem Hause mit mir redest, nicht sehe und dir den Kopf mit dem Beile nicht abschlage. Ich flehe dich an, entferne dich, sonst wird er auch mich aus dem Hause jagen. – Er aber, als er sie so von Furcht erfüllt sieht, antwortet: Fürchte dich nicht, Maria, ich bin der Erzengel Gabriel von Gott gesandt, die Empfängniss des Sohnes Gottes anzukündigen, Trau meinen Worten: ohne Samen ist die Empfängniss, der heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten dich überschatten. – Als sie solches gehört, blickt sie nach oben, und als sie Gott den Vater in grosser Kraft und Herrlichkeit thronend und sie von oben her segnend gesehen, faltet sie die Hände auf dem Schooss und sagt demüthig: Siehe, ich bin die Magd, mir geschehe wie du gesagt hast. – Der Engel übergibt ihr die schöne Ruthe und steigt in die Höhe, Maria aber bleibt stehen und sieht seinem Emporsteigen zu. Unterdessen geht von Gott dem Vater ein Feuer aus, unter grossem Geräusch und Donner ohne Unterlass, nach der Richtung jener obengenannten drei Stricke in der Mitte des Gerüstes, wo die Propheten standen32, und wieder lodert es schnell in die Höhe und prallt nach unten zurück, so dass die ganze Kirche voll von Funken war. Der Engel aber schwebt zur Höhe, frohlockend, die Hände hin und her schwingend und die Flügel bewegend, als ob er wirklich im Fluge begriffen wäre; das Feuer kommt vom oberen Gerüste in immer grösserer Fülle und mit furchtbarem Gedonner, die Lichter in der Kirche anzündend, aber ohne die Kleider der Zuschauer zu versengen oder irgend Uebles zuzufügen33. Als der Engel den Ort erreicht, von dem er ausgegangen war, hört die Flamme auf und die Vorhänge werden, wie vordem, geschlossen. Dieses wunderbare und kunstvolle Schauspiel sah ich in der Stadt Florenz, und so viel ich in meinem Unverstande vermocht, habe ich es niedergeschrieben; manches aber ist unmöglich zu beschreiben, weil so wunderbar und unaussprechlich. Amen.“34
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Hier ist Ventrones Übersetzung ausführlicher und präziser und wird daher wörtlich zitiert: „[…] dietro sulle brache del mezzo della spina dorsale, ha due piccole ruotine completamente invisibili per l’altezza, e con quelle ruotine si tiene alle due corde, e per esse degli uomini dall’alto lo fanno discendere e risalire all’insù con una terza corda sottilissima. E questi uomini non sono visibili in nessun modo, ma per tutta la gente è una meraviglia vedere questo artificio miracoloso; fatto tutto antico, dorato e grande.“: VENTRONE 2016, S. 383. In erhaltenen Manuskripten wird das Ave Maria offenbar wörtlich zitiert: VENTRONE 2016, S. 383. Die Angabe des Gerüstes fehlt in Ventrones Übersetzung: VENTRONE 2016, S. 385. Das Feuer kehrt zum Ausgangspunkt zurück: VENTRONE 2016, S. 385. Zitiert nach: WESSELKOFSKY 1877, S. 429-431.
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Technische Erklärungen beschränken sich im Narrativ des Abraham von Susdal auf ein Minimum. Lediglich das Herabschweben des Erzengels Gabriel wird unter Erwähnung von Bühnenvorrichtungen und im Hintergrund arbeitenden ‚Bühnentechnikern‘ expliziert. Im Übrigen betont der Gesandte vordringlich die enorme Wirkung, welche die durch die Maschinerie ermöglichten Effekte auf den Betrachter ausübten. Deutlich beeindruckt zeigt er sich von der Pyrotechnik des von Gottvater ausgehenden Feuersstrahls, der so kontrolliert gebrannt habe, dass er alle Lichter, nicht aber die Kleidung der Besucher entzündete. Wie dies technisch erreicht wird, bleibt, wahrscheinlich aufgrund der Unkenntnis des Berichterstatters, unerwähnt. Das Hauptaugenmerk des Textes liegt auf der Beschreibung der dramatischen Aktion sowie des dialogischen und szenischen Handlungsablaufes. Inszenatorische Details wie Blickbezüge und Gesten werden dabei ebenso erwähnt wie wörtliche Rede und die die Worte begleitenden Emotionen. Maria redet mal „mit scheuer, jungfräulich-leiser Stimme“ mal „demüthig“, der Engel spricht sie zunächst „sanft“ an und steigt schließlich „frohlockend“ in die Höhe35. Sehr klar spricht aus dem Geschilderten die Begeisterung des Zuschauers und die unmittelbare meraviglia, aus der heraus der Bericht verfasst wurde. Ganz anders gestaltet sich der Abriss des gleichen Ablaufs in Vasaris Brunelleschi-Vita: „Questa mandorla, la quale era apiccata a quel canapetto, come il mazzo era arivato al luogo suo, allentato il picciol canapo da un altro arganetto, si moveva pian piano e veniva sul palco dove si recitava la festa; sopra il qual palco, dove la mandorla aveva da posarsi apunto, era un luogo alto a uso di residenza, con quattro gradi, nel mezzo del quale era una buca, dove il ferro apuntato di quella mandorla veniva a diritto; et essendo sotto la detta residenza un uomo, arivata la mandorla al luogo suo, metteva in quella senza esser veduto una chiavarda, et ella restava in piedi e ferma. Dentro la mandorla era a uso d’angelo un giovinetto di quindici anni in circa cinto nel mezzo da un ferro, e nella mandorla da piè chiavardato in modo che non poteva cascare: e perché potesse ingenoc[c]hiarsi era il detto ferro di tre pezzi, onde ingenoc[c]hiandosi entrava l’un nell’altro agevolmente. E così quando era il mazzo venuto giù e la mandorla posata in sulla residenza, chi metteva la chiavarda alla mandola schiavava anco il ferro che reggeva l’Angelo, onde egli uscito caminava per lo palco e giunto dove era la Vergine la salutava et annunziava. Poi tornato nella mandorla e racesi i lumi che al suo uscirne s’erano spenti, era di nuovo chiavardato il ferro che lo reggeva da colui che sotto non era veduto; e poi allentato quello che la teneva, ell’era ritirata su, mentre cantando gl’Angeli del mazzo e quelli del cielo che giravano, facevano che quello pareva propriamente un paradiso […].“36
Besondere Aufmerksamkeit widmet der Text der Apparatur aus konzentrischen Himmelssphären sowie der Halterung, mit der die Mandorla, in der sich der Engel befand, auf dem Lettner arretiert wurde. Es ist dies einer der entscheidenden Unterschiede zur Annunziazione in San Marco, auf die der Bericht Abraham von Susdals rekurriert. Brunelleschi nutzte offenbar die Höhe des Altarbereiches von San Felice,
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WESSELKOFSKY 1877, S. 429-431. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 190.
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um den Himmel wahrhaftig in der Höhe anzusiedeln und den Engel von dort aus in einer Mandorla herabfahren zu lassen37.
Abbildung 1: Buonaccorso Ghiberti: Nachzeichnung von Brunelleschis Mandorla für die sacra rappresentazione der Annunziazione, ca. 1472-1483, BNCF, MS.B.R.228, fol. 115r.
Bei der Rekonstruktion stützt sich Vasari auf Recherchen, die für eine Wiederaufführung des ingegno anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten von Francesco de’ Medici und Johanna von Österreich vorgenommen wurden 38. Diese wiederum beruhen vornehmlich auf Nachzeichnungen einiger Apparaturen im sogenannten „Zibaldone“
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FABBRI & GARBERO ZORZI & PETRIOLI TOFANI 1975, S. 62-64. Umfangreiche Recherchen finden sich in den Notizen Borghinis: BCNF, MS II.X.100, fol. 8v-10r; vgl. BURIONI 2012, S. 106 Anm. 118.
Theater und Ephemeres in der Vitenausgabe von 1568 | 59
Bonaccorso Ghibertis39. Ghibertis Zeichnungssammlung war Vasari nachweislich zugänglich40 und enthält die Zeichnung einer der beschriebenen Mandorla sehr ähnlichen Vorrichtung (Abb. 1). Es ist nicht anzunehmen, dass den für die „Viten“ infrage kommenden Redakteuren der russische Reisebericht bekannt war. Daher bezieht sich der Text auf den ingegno in San Felice, dessen Rekonstruktion am besten möglich war41. Ungeachtet dessen stimmen die beiden Berichte jedoch in vielen Details überein, so dass von einem ähnlichen Handlungsablauf sowie von ähnlich konzipierten Illuminations- und Toneffekten ausgegangen werden kann. An beiden Stellen wird das Herabschweben des Engels von einem als Paradies gekennzeichneten Ort aus betont, beide erwähnen für die Zuschauer unsichtbare Bühnenhelfer, und in beiden Texten wird ein kompliziertes Beleuchtungssystem angesprochen, das besonders eindrucksvolle Effekte erzielte. Unterschiedlich ist jedoch die Hauptaussage und Ausrichtung. So wird in den „Viten“ der szenische Ablauf lediglich summarisch geschildert. „Salutava et annunziava“42 fasst die wörtliche Rede zusammen, die bei Abraham von Susdal in allen Einzelheiten wiedergegeben ist. Es erscheint unwichtig, wann und ob der Engel sich tatsächlich niederkniete – entscheidend ist nur, dass ihm die spezielle Verankerung eine solche Bewegung prinzipiell ermöglichte. Während Abraham von Susdal ein theatrales Ereignis in seinem szenisch-dramatischen Ablauf schildert und dabei den ‚Zauber‘ der Aufführung betont, enthüllt Vasari an dieser Stelle vornehmlich den ‚Trick‘, der dahinter steckt. Es ist davon auszugehen, dass dem Vitenautor der szenische Ablauf geläufig war, da er die erneute Aufführung des Stückes im Jahr 1565 selbst betreute und außerdem der Text schriftlich überliefert war43. Konnte er auch aufgrund der mangelnden Augenzeugenberichte auf manche Bestandteile der originalen Ausstattung, Wirkung und Spielweise sicherlich nicht en détail rekurrieren, so hätten zumindest Handlung und Dialoge ohne Weiteres wiedergegeben werden können44.
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*1451; †1516, Neffe von Lorenzo Ghiberti. Ein Exemplar des illustrierten Manuskripts ist in der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze in Florenz erhalten: BNCF, MS B.R.228. Vasari hatte als Freund Vittorio II Ghibertis Zugang zum scriptorium von dessen Vater. Außerdem kaufte er einige Teile des „Zibaldone“ und integrierte sie in sein „Libro de’ disegni“: POCHAT 1990, S. 86-87; PRAGER & SCAGLIA 1970, S. 80-81. Mit Transkript der Anleitung bei: VENTRONE 2016, S. 74. Eine knappe Beschreibung hat sich zudem in einem handschriftlichen „Ragionamento“ von Niccolò Fabrini aus dem Jahr 1533 erhalten, zitiert und besprochen bei: VENTRONE 2016, S. 75-76. Siehe Zitat oben; VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 190. NAGLER 1964, S. 34-35. Der Text ist in zahlreichen zeitgenössischen Editionen überliefert worden: FABBRI & GARBERO ZORZI & PETRIOLI TOFANI 1975, S. 65-66. Der Rekurs auf szenische Details, musikalische Feinheiten, Intonation und schauspielerische Leistung ist in diversen Viten der dritten Epoche durchaus enthalten, was möglicherweise auf eine unmittelbarere Präsenz der Aufführungen durch eigene Anschauung respektive über Augenzeugenberichte zurückzuführen ist: siehe beispielsweise der Carro
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Dennoch liegt Vasaris Hauptaugenmerk klar auf den technischen Details und damit auf dem Aspekt, der maßgeblich der Verantwortung des bildenden Künstlers Filippo Brunelleschi unterlag. Dessen Beitrag zum Geschehen sowie die Einzelheiten dessen ephemeren Werkes, dem sein kunstkritisches Lob zuteilwird, sind im Sinne des Autors für die Nachwelt und zum Ruhm des Künstlers festzuhalten. Hiermit entspricht die Ausrichtung der Textstelle der Intention des Gesamtwerkes der „Viten“, die sich zum Ziel gesetzt haben, Künstlerpersönlichkeiten und deren res gestae zu rühmen und zu verewigen45. Dementsprechend hebt Vasari am Ende der Passage noch einmal ausdrücklich hervor, dass die erwähnten rappresentazioni bereits in seiner eigenen Gegenwart nicht mehr aufgeführt würden, und dass dies der Hauptgrund sei, warum die Schilderungen in die Lebensbeschreibung aufgenommen wurden: „Comunche sia, è stato ben ragionarne, poiché in tutto se n’è dismesso l’uso.“46 Verweise auf die Gefahr eines baldigen Vergessens stehen am Anfang wie am Ende der Beschreibung und rahmen das Geschilderte regelrecht ein. Um die memoria zu sichern, versteht es der Autor also offenbar gerade bei einem ephemeren Werk als seine vordringliche Aufgabe, möglichst alle Details schriftlich festzuhalten. Für die Überlieferung der Dialoge war bereits an anderer Stelle gesorgt 47, die Grundzüge der Handlung waren aufgrund des biblischen Ursprungs ebenfalls bekannt. Erst die „Viten“ aber kommen dem Desiderat einer Erinnerung des technischen Aufbaus nach. Ähnlich wird bei der Schilderung der sacra rappresentazione der Himmelfahrt in Santa Maria del Carmine verfahren, die in der Lebensbeschreibung Ceccas zu finden ist48. Zwar sei die Maschinerie der Ascensione laut Autor ursprünglich ebenfalls von Filippo Brunelleschi erdacht worden. Beschrieben wird sie aber in der Biografie Ceccas, da dieser dem Apparat weitere Details hinzugefügt und ihn so noch weiter
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della morte Piero di Cosimos, für den der Autor selbst angibt, auf den Bericht Andrea del Sartos und anderer zu rekurrieren: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64-65; zum Carro della morte siehe weiter: Kap. 2.2, S. 69-75; Kap. 2.4, S. 127-128. Zum Konzept der uomini illustri in seinem Übertrag auf die „Viten“, siehe Kap. 2.3, S. 95-97. VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 191. Unter anderem existiert eine gedruckte Ausgabe von 1533: VENTRONE 2016, S. 75-76 Anm. 143. VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 450-452. Wenn die Beschreibung hier auch deutlich knapper ausfällt als der ausführliche Bericht über die Annunziazione in der Biografie Brunelleschis, so sind Aufbau, Akzentsetzung, Genauigkeit technischer Angaben und Hauptaussage in beiden Textstellen doch nahezu identisch, weswegen hier auf eine ausführliche Analyse des zweiten Berichtes verzichtet werden kann. Eine nähere Beschreibung der Ascensione, der Veränderungen ihres Apparates und ihrer Quellen siehe: VENTRONE 2016, S. 60-65, S. 66-70. Textstelle komplett siehe Appendix.
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verbessert habe49. Auch dieses zweite religiöse Spiel wird gleichfalls im Reisebericht des Abraham von Susdal erwähnt, im Rahmen des zweiten Fragmentes 50. Offensichtlich sind die beiden Aufführungen bereits zur Zeit ihrer Entstehung auch überregional als besonders eindrucksvoll und prestigeträchtig empfunden worden. Womöglich ist der durchgehend hohe Bekanntheitsgrad ein Grund, weshalb in den „Viten“ nur diese beiden Stücke und ihre Ausstattung aus dem weiten Feld zahlreicher weiterer religiöser Spiele exemplarisch herausgegriffen und derart ausführlich verewigt wurden. Der Text stellt den wertenden Charakter dieser Auswahl mit folgenden Worten klar: „La quale festa dell’Ascensione, perché dell’altre d’importanza si è ragionato o si ragionerà, era bellissima.“51 Damit werden die in den „Viten“ unerwähnt gebliebenen Feste gleichsam qualitativ herabgesetzt, während die geschilderten auf einen Rang erster Güte erhoben sind52. Vasari legitimiert die exponierte Stellung der beschriebenen sacre rappresentazioni auch dadurch, dass er beide in ihrem Ursprung einem Künstler als Bühnenbildner zuschreibt, der innerhalb der zweiten Vitenepoche als überragender Fixstern unter den Architekten hervortritt. Dieser Umstand lässt diese Stücke paradigmatisch für eine Gesellschaft stehen, deren zivilisatorisches Niveau auf einem Stand angelangt ist, bei dem die besten Künstler für die Gestaltung theatraler Vorführungen herangezogen und ausgeklügelte technische Erfindungen als Schaueffekt eingesetzt werden. Die ingegni Brunelleschis und Ceccas dienen nun nicht mehr ausschließlich einem rein nützlichen Ziel, wie der Erleichterung von Bauarbeiten oder dem militärischen Einsatz53. Sie stehen vielmehr mitten im gesellschaftlich-religiösen Leben der Stadtgesellschaft und sind Zier einer auf religiöse Überwältigung und profanen Lustgewinn gleichermaßen ausgerichteten kirchlichen Spielform.
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VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 452. WESSELKOFSKY 1877, S. 436-441. Als weitere Quelle für die Ascensione hat Ventrone Francesco Sacchettis „Trecentonovelle“ Nov. LXXII ermittelt: VENTRONE 2016, S. 60. Außerdem: Beschreibung durch Prior Paolo di Pietroboni: VENTRONE 2016, S. 61. Auch hier ergeben sich durch die erstmalige Sichtung erhaltener Manuskripte Neuerungen – eine ausführliche Besprechung und Übersetzung bei: VENTRONE 2016, S. 369-375, S. 387-397. VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 451. In Wahrheit wurden diese beiden rappresentazioni vermutlich auch deshalb in die „Viten“ mit aufgenommen, da die Quellenlage für frühere Aufführungen vornehmlich aus Inventarlisten und Textfassungen, jedoch nicht aus umfassenden Beschreibungen besteht und da für sie erstmals überhaupt konkrete Künstlerpersönlichkeiten als Bühnenarchitekten überliefert sind: POCHAT 1990, S. 21-70, S. 86-97. Dieser Einsatz technischer Maschinerie in Form von Kränen, Gerüsten, Absicherungen und Seilzügen wird wenige Seiten zuvor ebenfalls in der Brunelleschi-Vita angesprochen, wenn betont wird, dass der Künstler für den Kuppelbau bei Santa Maria Novella zahlreiche technische Neuerungen ersonnen habe: VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 171-173. Cecca wiederum ist ingegnere und vornehmlich für den Bau von militärischer Maschinerie zuständig.
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Anleitungen zum Bau von nuvole und pyrotechnische Hinweise: Ceccas Erfindungen für San Giovanni und Tribolos girandole
Darüber hinaus werden in der Biografie Ceccas jedoch auch Aussehen und technischer Aufbau der sogenannten nuvole beschrieben, die Cecca für die religiöse Prozession zur Festa di San Giovanni anfertigte54. Dabei konzentriert sich die Schilderung vornehmlich auf ihre figürliche Ausstattung und ihre Tragemechanismen: „Si faceva un telaio quadro di tavole, alto braccia 2 incirca, che in su le teste aveva quattro gagliardi piedi fatti a uso di trespoli da tavola et incatenati a guisa di travaglio; sopra questo telaio erano in croce due tavole larghe braccia uno, che in mez[z]o avevano una buca di mezzo braccio, nella quale era uno stile alto sopra cui si accomodava una mandorla, dentro la quale, che era tutta coperta die bambagia, di cherubini e di lumi et altri ornamenti, era in un ferro al traverso posta a sedere o ritta, secondo che altri voleva, una persona che rappresentava quel Santo, il quale principalmente da quella Compagnia come proprio avvocato e protettore si onorava, overo un Cristo, una Madonna, un S. Giovanni o altro […]. E dento erano facchini o villani che la portavano sopra le spalle […].“55
Entscheidende Angaben zu Gestalt und Technik der nuvole sind zum Einen deren genaue Maße und Form und zum Anderen die Verankerungsmechanismen, mit denen die einzelnen Komponenten miteinander verbunden wurden, sowie szenische und figürliche Details. Beispielsweise wird die sitzende oder stehende Gestalt des jeweiligen Heiligen in der Mandorla ebenso erwähnt, wie die Handwerker oder Bauern, die unter das sänftenartige Gebilde schlüpften und es auf ihren Schultern trugen. Wenn es allerdings um den Inhalt des Dargestellten geht, bleibt die Textstelle wieder eher vage und nennt nur vier Beispiele: „quel Santo […] avvocato e protettore, overo un Cristo, una Madonna, un S. Giovanni o altro […]“56. Dafür präzisieren abermals exakte Angaben die Beschreibung der Zeltbespannung auf der Piazza di San Giovanni für den Festumzug – eine Vorrichtung, die die Besucher des Festes vor der Sonne schützte und die so gut gearbeitet gewesen sei, „[…] che ancora che molto fussero dal vento, che in quel luogo può assai d’ogni tempo come sa ognuno, gonfiate e mosse le vele, non però potevano essere sollevate né sconce in modo nessuno.“57
Die Überdachung habe weitgehend aus blauen Stoffen bestanden, die mit gelben Stofflilien geschmückt waren. In der Mitte des Platzes seien einige tondi mit den
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VASARI: Vita del Cecca (1568), S. 453-454. VASARI: Vita del Cecca (1568), S. 453. Siehe obiges Zitat: VASARI: Vita 1966-69, Bd. III, S. 453. VASARI: Vita del Cecca (1568), S. 452.
BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III,
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Wappen der Stadt Florenz und der Guelfenpartei angebracht gewesen, umgeben von weiteren imprese der Magistrate und Künste, ebenso wie von Löwenfiguren als Zeichen der Stadt. Noch in Vasaris Zeit könne man die Verankerungen bemerken, die zur Befestigung des Zeltdaches am Baptisterium und an Santa Maria del Fiore sowie an den umgebenden Häusern angebracht waren 58. Der Text geht an dieser Stelle über eine rein technische Beschreibung hinaus und bezieht auch die Farbe und Stofflichkeit diverser Ausstattungsdetails mit ein. Offenbar kommt es Vasari gerade beim Stadtfest von San Giovanni verstärkt auch darauf an, die prächtige Ausstattung in den Farben und Wappen von Florenz in ihren Einzelheiten zu übermitteln und damit aufzuzeigen, wie sich die Stadt bereits zu alter Zeit bildhaft und durch gezielte Verwendung von Dekorationselementen ‚in Szene‘ zu setzen verstanden habe. Ein weiteres Beispiel für die umfassende Überlieferung technischer Details findet sich in der Biografie Tribolos. Hier wird der Aufbau von girandole bis hin zu den Vorrichtungen des Zündmechanismus überliefert. Abermals steht diese Form nächtlicher Feuerspiele im Zusammenhang mit der Festa di San Giovanni. Allerdings liegt die hier beschriebene Feier zu Ehren des Stadtheiligen bereits in der Zeit Cosimo de’ Medicis. Eine girandola, die Tribolo in dessen Auftrag geschaffen hatte, dient als Ausgangspunkt für eine zunächst sehr allgemein gehaltene Beschreibung: „E perché era costume della città di Fiorenza fare quasi ogni anno per la festa di San Giovanni Battista in sulla piazza principale, la sera di notte, una girandola, cioè una machina piena di trombe di fuoco e di razzi et altri fuochi lavorati, la quale girandola aveva ora forma di tempio, ora di nave, ora di scogli e talora d’una città o d’uno inferno, come più piaceva all’inventore, fu dato cura un anno di farne una al Tribolo, il quale la fece, come di sotto si dirà, bellissima. E perché delle varie maniere di tutti questi così fatti fuochi, e particolarmente de’ lavorati, tratta Vannoccio Sanese et altri, non mi distenderò in questo; dirò bene alcune cose delle qualità delle girandole. Il tutto adunque si fa di legname con spazii larghi che spuntino in fuori da piè, acciò che i raggi, quando hanno avuto fuoco, non accendano gl’altri, ma s’alzino mediante le distanze a poco a poco del pari, e secondando l’un l’altro, empiano il cielo del fuoco che è nelle grillande da sommo e da piè; si vanno, dico, spartendo larghi, acciò non abrucino a un tratto e facciano bella vista. Il medesimo fanno gli scoppi, i quali, stando legati a quelle parti ferme della girandola, fanno bellissime gazzarre. Le trombe similmente [si] vanno accomodando negli ornamenti e si fanno uscire le più volte per bocca di maschere o d’altre cose simili. Ma l’importanza sta nell’accomodarla in modo che i lumi, che ardono in certi vasi, durino tutta la notte e faccino la piazza luminosa: onde tutta l’opera è guidata da un semplice stoppino, che bagnato in polvere piena di solfo et acqua vita, a poco a poco camina ai luoghi dove egli ha di mano in mano a dar fuoco, tanto che abbia fatto tutto. E perché si figurano, come ho detto, varie cose, ma che abbino che fare alcuna cosa col fuoco e sieno sotto poste agli incendii – et era stata fatta molto inanzi la città di Soddoma e Lotto con le figliuole che di quella uscivano, et altra volta Gerione
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VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 452.
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con Virgilio e Dante addosso, sì come da esso Dante si dice nell’Inferno, e molto prima Orfeo che traeva seco da esso inferno Euridice, et altre molte invenzioni […].“59
Trotz des Hinweises, wegen bereits existierender Abhandlungen zum Thema 60 nicht näher auf die Gestaltung der girandole eingehen zu wollen, sondern lediglich deren Qualität in wenigen Worten zu beurteilen, liefert der Text hier eine recht detaillierte Beschreibung dieser Pyrotechnik. Ausführlich werden die verschiedenen Formen geschildert, die eine solche girandola haben konnte, vom Schiff über einen Tempel bis hin zu ganzen Städten oder einem dantesken Inferno. Richtig angebracht, entfalteten sich die einzelnen Effekte des Feuerwerkes über eine längere Zeit hinweg und erhellten den Himmel mit immer neuen Formen und Farben. So entstehe eine Inszenierung aus Feuer, die ganze Geschichten erzähle, wie Orpheus in der Unterwelt oder die Episode von Sodom und Gomorra61. Der Zündeffekt wird als „semplice stoppino […] bagnato di polvere pieno di solfo et acqua vita“62 beschrieben. Mehrmals wird das Augenmerk auf die richtige Anbringung des Zünders gelenkt, um den gewünscht langsamen zeitlichen Ablauf der Feuereffekte zu bewirken. Werde dieser Mechanismus allerdings falsch angebracht, so bestehe die Gefahr, dass das gesamte Konstrukt in einem Schlag abbrenne. Dies veranschaulicht das Beispiel jenes Exemplars, das Tribolo selbst geschaffen habe, und bei dem die Vorrichtung leider misslungen sei: „Ben è vero che essendo stati acconci dentro i fuochi troppo spessi e le guide degli stopini troppo vicine l’una all’altra, che datole fuoco, fu tanta la veemenza dell’incendio, e grande e sùbita vampa, che ella si accese tutta a un tratto et abbruciò in un baleno dove aveva a durare ad ardere un’ora almeno; e, che fu peggio, attaccatosi fuoco al legname et a quello che dovea conservarsi, si abbruciarono i canapi et ogni altra cosa a un tratto, con danno non piccolo e poco piacere de’ popoli.“63
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VASARI: Vita di Niccolò detto del Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223. Mit Vannoccio Sanese ist Vannoccio Biringuccio gemeint, dessen Traktat „De la Pirotechnia“ 1540 postum veröffentlicht wurde. Die Abhandlung erfuhr bereits im ersten Jahrzehnt nach ihrer Erstpublikation zahlreiche weitere Ausgaben und Übersetzungen in andere europäische Sprachen: BRUNELLO 1985, S. 29-31. Der Traktat ist konsultierbar in einer Ausgabe von 1977: BIRINGUCCIO (1540) 1977, S. XI-XXXI. Entscheidend für die girandole sind die Ausführungen des zehnten und letzten Buches der „Pyrotechnia“: BIRINGUCCIO (1540) 1977, Libro ultimo, fol. 165r-166v. Interessant ist, dass Vasari hier sogar den Verfasser seiner Quelle namentlich nennt. Weiterführend: BERNARDONI 2011; TOGNARINI 2000. VASARI: Vita di Niccolò detto del Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223. VASARI: Vita di Niccolò detto del Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 222. VASARI: Vita di Niccolò detto del Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223.
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Tribolos fehlgeschlagenes Spektakel fungiert an dieser Stelle also als Negativbeispiel und zeigt die Folgen einer nachlässigen und fehlerhaften Konstruktion der Zündmechanismen, die im schlimmsten Fall nicht nur die Wirkung beeinflussen, sondern auch Schäden an den nicht ephemeren Bestandteilen der Dekoration hinterlassen. Damit weist die Textstelle in der Tribolo-Biografie ein Merkmal auf, das allen hier besprochenen Passagen eigen ist: Keineswegs haben die ausschweifenden technischen Erklärungen nur eine eindimensionale, ausschließlich auf das Leben und Werk des Künstlers bezogene Funktion. Sie lesen sich darüber hinaus vielmehr wie eine Art ‚Bauanleitung‘, die alle Mechanismen der Apparatur berücksichtigt und einen potentiellen Nachbau problemlos ermöglichen würde. Die Vermutung liegt nahe, dass genau dies die Absicht ist, die hinter den literarisch etwas holprigen und oftmals ungelenk formulierten Beschreibungen liegt: kommenden Generationen die Option zu erhalten, die komplizierten Vorrichtungen abermals nachzubauen und das Werk so auch in künftigen Zeiten zu einer möglichen Wiederaufführung zu bringen. Da sie sich nicht, wie noch die Beschreibung der ingegni Brunelleschis, auf ein Einzelwerk beziehen, sondern vielmehr das Aussehen und die Technik einer gesamten ephemeren Werkart vorstellen, stehen vor allem die Erläuterungen der Tribolound der Cecca-Vita in Form und Zweck den Ausführungen der technischen Einleitung des Gesamtwerkes nahe. Wie dort minuziös auf Material, Voraussetzungen und Arbeitsweisen einer bestimmten Technik eingegangen wird, beispielsweise bei der Freskomalerei64 oder bei der Bearbeitung von Porphyr für eine Skulptur 65, so sind hier die ephemeren Kunstformen ebenso anschaulich technisch vermittelt und erfasst. Gleichlautend ausführlich sind die materiellen und physikalischen Bedingungen der Arbeiten dargelegt, ebenso wie die nötigen Vorkenntnisse des Künstlers. Damit verfolgen die Ausführungen analog zur technischen Einleitung sowohl den Zweck der theoretischen Belehrung als auch die Absicht einer detaillierten Überlieferung von Techniken und Werkgattungen, um sie gegen das Vergessen zu schützen und ihre dauerhafte memoria zu gewährleisten. Diese Intention scheint bei den ephemeren Kunstformen umso wichtiger zu sein, als jene bereits per se auf eine kurze Lebensdauer angelegt sind und daher zu späteren Zeiten selbst keine Informationen über ihre Machart mehr preisgeben können. Das theoretische Wissen um ihre Konstruktion ist daher besonders anfällig für ein baldiges Vergessen. Ebenso kann der Ruhm der verantwortlichen Künstler in diesem Falle nicht über ihre Werke tradiert werden und bedarf deshalb umso vordringlicher einer schriftlichen Vermittlung und Erhaltung im Sinne der memoria. Hatten sich die Schilderungen in der Brunelleschi-Vita ausschließlich auf den künstlerischen Anteil alleine beschränkt und weder Jahresangaben noch historische Umstände der Aufführungen genannt, so werden die Berichte in den Biografien Ceccas und Tribolos weitaus umfassender im Umfeld des Florentiner Festwesens
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VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 128-130. VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 32-36.
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kontextualisiert. In diesem Zuge fließen Details in die Erwähnung ein, die mit den bildenden Künstlern und ihren Werken keine oder nur marginale Berührungspunkte aufweisen. Ausführungen dieser Art beginnen in der Biografie Ceccas, ziehen sich dann aber versatzstückhaft durch zahlreiche weitere Viten des Gesamtwerkes.
2.2 Festliche Bräuche, szenische Abläufe und deren memoria Der Gedanke der memoria66 ist ein Hauptpfeiler in der historischen Ausrichtung des Gesamtwerkes der „Viten“. Er speist sich aus der Erkenntnis, dass alles Werden und Sein letztlich wieder der Dekadenz unterworfen ist – eine Einsicht, die nicht zuletzt aus dem zyklischen Geschichtsmodell folgert, dem die Struktur des Textes folgt67. Über den Tod hinaus soll die schriftliche Überlieferung den Ruhm der Künstler erhalten und ihnen so ein Nachleben jenseits des Verfalls sichern68. Diese Intention ist bereits in den Holzschnitten erkennbar, die in beiden Ausgaben auf der letzten Seite positioniert sind und die Personifikationen der drei Künste zeigen, welche im Abbildung 2: Künsteallegorie am Ende der Sinne eines Jüngsten Gerichtes Vitenfassung von 1550. das finale Urteil über die toten Künstler fällen.
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Zur memoria in den „Viten“ vgl. BURIONI & FESER 2004, S. 218-223. Ausführlich siehe Kap. 4.1, S. 240-244. Die Vorstellung eines naturhaft zyklischen Verlaufs der Geschichte geht auf Vorbilder in der römischen Dichtung zurück und folgt außerdem dem Bild vom ‚Schicksalsrad‘, wie es Boethius in „De consolatione philosophiae“ entwirft; vgl. Kap. 4.1, S. 265. Zum zyklischen Geschichtsverständnis siehe allgemein: SETTIS 2005, S. 52-72; speziell Vasari: BELTING 1978, S. 102-105; grundlegend: GOMBRICH 1960. Zum Renaissancebegriff bei Vasari auch mitunter kontrovers: WARNKE 1977; BURIONI, Rinascita dell’arte 2010; BURIONI, Vasari’s „rinascita“ 2010; WAŹBIŃSKI 1976; KLIEMANN 1991; GARIN 1976; RUFFINI, M. 2011. BURIONI, Vasari’s „rinascita“ 2010, S. 120-121; WARNKE 1977, S. 8-11; MICHELSEN 2002, S. 299.
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In der Torrentiniana thronen die Künstepersonifikationen nebeneinander im oberen Bilddrittel, während die Künstler buchstäblich von einer Schicht Erde bedeckt in ihren Gräbern schlummern (Abb. 2)69. Dagegen ist im Holzschnitt der Giuntina der Gedanke einer ‚Wiederauferstehung‘ in den Focus gerückt (Abb. 3)70. Durch die in Gestalt eines Auferstehungsengels heranfliegende Fama und ihren Posaunenruf werden die Künstler hier bildhaft vom Tode erweckt; sie erheben sich aus der Erde und erstehen zu neuem Leben auf.
Abbildung 3: Künsteallegorie, Frontispiz des ersten Bandes der Vitenfassung von 1568.
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Für den Vergleich der beiden Allegorien und Rückschlüsse hinsichtlich der Position der Künste siehe: BURIONI 2008, S. 51-57. KEMP 1977, S. 99-109; klingt außerdem an bei: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 150-151; BLUM 2012, S. 145.
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In der Ausgabe von 1568 steht also die wiederbelebende Kraft der memoria im Vordergrund. Beide Vitenfassungen drücken den Gedanken, durch die Erinnerung das Vergangene auch über den Tod hinaus lebendig zu erhalten, explizit im „Proemio di tutta l’opera“ aus: „Et ancora che di così laudabile studio e desiderio fussero in vita altamente premiati dalla liberalità de’ principi e dalla virtuosa ambizione delle republiche, e dopo morte ancora perpetuate nel cospetto del mondo con le testimonanze delle statue, delle sepulture, delle medaglie et altre memorie simili, la voracità del tempo nondimeno si vede manifestamente che non solo ha scemate le opere proprie e le altrui onorate testimonanze di una gran parte, ma cancellato e spento i nomi di tutti quelli che ci sono stati serbati da qualunque altra cosa che dalle sole vivacissime e pietosissime penne delli scrittori. La qual cosa più volte meco stesso considerando, e conoscendo non solo con l’esempio degli antichi ma de’ moderni ancora che i nomi di moltissimi vecchi e moderni architetti, scultori e pittori, insieme con infinite bellissime opere loro in diverse parti d’Italia, si vanno dimenticando e consumando a poco a poco e di una maniera, per il vero, che ei non se ne può giudicare altro che una certa morte molto vicina, per difenderli il più che io posso da questa seconda morte a mantenergli più lungamente che sia possibile nelle memorie de’ vivi, […] ho giudicato conveniente, anzi debito mio, farne quella memoria che il mio debole ingegno et il poco giudizio potrà fare.“71
Nicht nur die antiken Künstler und ihre Werke, so der Autor, seien vom Vergessen betroffen, sondern auch die „moderni“, die zeitgenössischen und jüngst gestorbenen, deren schwindende memoria er als „zweiten Tod“ bezeichnet. Davor will er sie bewahren, ihnen ein schriftliches Denkmal setzen, das anders als ihre Werke und ihre Grabmonumente die Zeiten möglichst überdauern soll72. Ausschlaggebend hierfür ist die Erfahrung, dass nur die schriftliche Überlieferung in der Lage sei, wahrhaft beständige memoria zu garantieren, eine Erkenntnis, die, wie der Text anspricht, auch aus Ereignissen der jüngsten Vergangenheit gespeist ist73. Jenseits aller kunsttheoretischen und kunstkritischen Komponenten und Ansätze ist dies der Kern des Werkes, das in seiner Ausrichtung und Zielsetzung genuin historiografisch ist.
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VASARI: Proemio di tutta l’opera (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 10-11. Vgl. auch: NOLL 2016, S. 294. Es ist möglich, dass die erwähnten Erkenntnisse auch aus den Erlebnissen des Sacco di Roma resultieren, die jedem Zeitgenossen vor Augen führten, wie schnell eine erneute Zerstörung der eigenen Kultur durch das Fremde hereinbrechen kann. Zu den Erfahrungen des Sacco di Roma siehe: ARNALDI 2005, S. 115-136. Gespeist ist die hier geschilderte Einsicht sicherlich auch aus dem Wissen, dass der zeitgenössische Kenntnisstand über die Antike zuvorderst auf Texten basierte, während ‚archäologische‘ Funde, sofern vorhanden, oftmals nur fragmentarisch erhalten waren. Zu den antiquarischen Bemühungen und zur Sammelleidenschaft am Medici-Hof Cosimos I. siehe weiterführend: GÀLDY 2009, S. 34-59, S. 111-191.
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Des Künstlers Werk als paradigmatisches Beispiel für eine ganze Aufführungstradition
Was im Proömium zunächst für die tre arti del disegno theoretisch formuliert ist, findet seine Anwendung in den einzelnen Biografien, wenn Leben und Werk der Künstler im Sinne des Nachruhms und der memoria festgehalten werden. Im Zuge der Erwähnungen ephemerer Arbeiten erhält dieses Prinzip zusätzliche Brisanz. So werden bereits die Beschreibungen von Brunelleschis ingegni eingeleitet durch einen Satz, der die ephemeren Werke in Bezug zum memoria-Gedanken setzt: „[…] attesoché ogni cosa è andata male e sono gl’uomini spenti che ne sapevano ragionare per esperienza, senza speranza che s’abbiano a rifare […].“74
Diese Feststellung ist verzerrend, da Vasari die von Brunelleschi ausgestatteten Spiele 1565 anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich selbst rekonstruiert hatte75. Außerdem war die sacra rappresentazione bereits im Jahre 1525 in San Felice erneut vorgeführt worden, worauf in der Vita von Aristotile da Sangallo sogar explizit Bezug genommen wird. Der Aristotile-Schüler Iacone habe für dieses Fest die Dekorationen auf der Piazza außerhalb der Kirche gestaltet76. Der Autor musste also davon ausgehen, dass dem zeitgenössischen Leser diese erneuten Vorführungen durchaus bekannt waren. Gerade dadurch jedoch erhält die gewählte Formulierung besondere Signifikanz: Geprägt von einem starken Bewusstsein um die Vergänglichkeit mündlicher Überlieferung und um den ephemeren Charakter theatralen Spiels, spiegelt sie die Schwierigkeiten, die sich offenbar bei der Rekonstruktion der Erfindungen im 16. Jahrhundert ergaben. Außerdem war sich Vasari erkennbar darüber im Klaren, dass selbst eine Wiederaufnahme das Vergessen der ursprünglichen Aufführungssituation nicht verhindern kann. Die Erinnerung daran ist unwiederbringlich verloren, sofern sie nicht unmittelbar sprachlich bewahrt wird. Waren die Beschreibungen der Brunelleschi-Vita noch vornehmlich auf den künstlerischen Anteil am theatralen Geschehen beschränkt, so überliefert Vasari bereits bei Cecca und Tribolo zusätzliche Details zu festlichen Bräuchen und religiöstheatralen Formen77. Ebenso steht in der Biografie des Piero di Cosimo ein Werk beispielhaft für die kunstvolle Ausgestaltung der Florentiner Karnevalsumzüge im Allgemeinen. Der Text beschreibt zunächst deren generell übliches Erscheinungsbild und ihre Wirkung im sozialen Kontext:
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VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 189. Ausführliche Besprechung der Beschreibungen siehe: Kap. 2.1. NAGLER 1964, S. 34-35. Allerdings sind die Aufführungen nachweislich 1533 letztmalig in ihrer Originaldekoration gegeben worden und möglicherweise ist die Textstelle auch in diesem Kontext zu sehen. Zur Aufführungstradition siehe: POCHAT 1990, Appendix VII, S. 376. VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 404. Siehe Kap. 2.1.
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„E certo era cosa molto bella a vedere, di notte, venticinque o trenta coppie di cavalli ric[c]hissimamente abigliati co’ loro signori travestiti secondo il suggetto della invenzione, sei o otto staffieri per uno vestiti d’una livrea medesima, con le torce in mano, che talvolta passavano il numero di 400, e il carro poi, o trionfo, pieno di ornamenti o di spoglie e bizzar[r]issime fantasie: cosa che fa assotigliare gli ingegni e dà gran piacere e satisfazione a’ popoli.“78
Die Schilderung operiert mittels klarer Anzahlangaben für Reiter, Fackelträger und Fußvolk und betont neben der reichen Ausstattung außerdem die dem Sujet des Zuges angepasste Kostümierung. Bei der Beschreibung des Wagens werden zwei Termini, „carro […] o trionfo“, genannt, was erneut das Bemühen des Autors um präzise Benennungen unterstreicht. Der Ausdruck „trionfo“ erweitert die Bedeutungsebene des Gesagten außerdem auf die lebenden Bilder und performativen Aspekte des Umzugs. So lenkt die Korrektur die Aufmerksamkeit des Lesers auf die gesamtszenische Gestaltung. Zudem stellt die Bezeichnung ‚Triumphzug‘ einen klaren Antikenbezug her, wodurch die hier geschilderten Formen zu den bereits seit Cecca bekannten nuvole, carri und ceri abgegrenzt sind. Bezeichnend ist auch die beschriebene Wirkung auf den Zuschauer: Nicht nur diene ein solcher Aufzug dem Vergnügen und der Befriedigung des Volkes, sondern er schärfe auch den Verstand. Die Betonung dieses erhebenden Effektes hebt die beschriebenen Lustbarkeiten über den Bereich der reinen Zerstreuung hinaus und schreibt ihnen eine bildende, die ratio ansprechende Funktion zu79. Piero di Cosimo habe zahlreiche dieser Karnevalsumzüge maßgeblich mitgestaltet, unter anderem den sogenannten Carro della morte, der beispielhaft näher beschrieben wird80. Die Ekphrasis bleibt aber nicht auf die Dekoration des Wagens beschränkt, sondern dehnt sich auf den gesamten szenischen Ablauf inklusive der tableaux vivants aus und bezieht sogar die vorgetragenen Texte und Lieder mit ein: „Era il trionfo un carro grandissimo tirato da bufoli, tutto nero e dipinto di ossa di morti e di croce bianche, e sopra il carro era una Morte grandissima in cima con la falce in mano; et aveva in giro al carro molti sepolcri col coperchio, et in tutti que’ luoghi che il trionfo si fermava a cantare s’aprivano e uscivano alcuni vestiti di tela nera, sopra la quale erano dipinte tutte le
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VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63. Die Aufwertung dieser Form des karnevalesken Festwesens erfolgt sicherlich in Anlehnung an Anton Francesco Grazzini, genannt Il Lasca. Dieser veröffentlichte 1559 in Florenz eine umfangreiche Textsammlung der sogenannten Canti Carnascialeschi, in deren Widmung an Francesco de’ Medici er ausdrücklich ebenfalls von deren geistreicher Ausrichtung spricht: „Tra i vari giuochi [sic!], e diversi spettacoli e le molte feste, che secondo i tempi, e le stagioni si fanno pubblicamente in Firenze, le Mascherate, o Canti Carnascialeschi, che dir vogliamo, sono per ogni rispetto, Magnanimo e gentilissimo Principe, festa meravigliosa, e bellissima; ancorché il Calcio sia stupendo, e l’Armeggeria miracolosa, nondimeno non sono tanto universali, e non hanno né tanto spirito, né tanta vita […].“: GRAZZINI (1559) 1750, S. XXXIX. Zu Piero di Cosimos Carro della morte und dem sich hierin möglicherweise offenbarenden savonarolesken Geist weiterführend: LAZZERINI 2013.
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ossature di morto nelle braccia, petto, rene e gambe, che il bianco sopra quel nero, et aparendo di lontano alcune di quelle torce con maschere che pigliavano col teschio di morto il dinanzi e ’l dirieto [sic!] e parimente la gola, oltra al parere cosa naturalissima, era orribile e spaventosa a vedere; e questi morti, al suono di certe trombe sorde e con suon roco e morto, uscivano mezzi di que’ sepolcri, e sedendovi sopra cantavano in musica piena di malenconia quella oggi nobilissima canzone: Dolor, pianto e penitenza, etc. Era inanzi e adrieto [sic!] al carro gran numero di morti a cavallo, sopra certi cavagli con somma diligenzia scelti de’ più secchi e più strutti che si potessino trovare, con covertine nere piene di croci bianche; e ciascuno aveva 4 staffieri vestiti da morti con torce nere et uno stendardo grande nero con croci et ossa e teste di morto. Apresso al trionfo si strassinava 10 stendardi neri; e mentre caminavano, con voce tremanti et unite diceva quella compagnia il Miserere, psalmo di Davit. Questo duro spettacolo per la novità, come ho detto, e terribilità sua, misse terrore e maraviglia insieme in tutta quella città; e se bene non parve nella prima giunta cosa da carnovale, nondimeno per una certa novità e per essere accomodato tutto benissimo satisfece gli animi di tutti, e Piero, autore et inventore di tal cosa, ne fu sommamente lodato e comendato […].“81
Zu den referierten Details des szenischen Ablaufs gehören sowohl die mit Bedacht unter den klapprigsten aller Pferde ausgesuchten Reit- und Zugtiere, als auch die Masken und Kostüme sowie die gestische Ausdruckskraft der Darsteller. Hinsichtlich der visuellen Aspekte des Umzuges entspricht die Beschreibung des Vitentextes ziemlich genau einer Holzschnittillustration, die sich in einer um 1510 gedruckten Flugschrift mit vier weiteren Canti, unter dem Titel „La canzona de’ morti“ in der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze erhalten hat (Abb. 4)82. Die gesamte Breite des Bildraumes einnehmend, ist dort das Hauptstück des Spektakels, der carro selbst mit seinen tableaux vivants, abgebildet. Von links nach rechts ziehen zwei ausgemergelte, mit schwarzen Schabracken bedeckte Ochsen einen Wagen, dessen Seiten mit Totenschädeln, gekreuzten Knochen und weißen Kreuzen auf schwarzem Grund bemalt sind. Auf dem Wagen befinden sich mehrere geöffnete Särge, aus denen sich – wie in der Vitenstelle beschrieben – einige Darsteller bis zur Brust erheben. Manche von ihnen sind schwarz gewandet, andere zeigen ihre ausgezehrten, nackten Oberkörper. Als Requisiten halten sie Schädel und Knochen in die Luft. Ebenso präsent ist eines der in den „Viten“ beschriebenen Banner mit den „ossa e teste di morto“, das von einem auf einem der Ochsen reitenden Knochengerippe vorweggetragen wird. Nicht auf der Graphik zu sehen ist lediglich der Sensenmann, der laut der Vitenschilderung an der Spitze des Wagens gestanden habe, und der außerdem frequenter Bestandteil bildhafter Darstellungen des „Trionfo della morte“ aus Petrarcas „Trionfi“ war (Abb. 5)83. Stattdessen trägt der als Kutscher fungierende ‚Gevatter Tod‘ in
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VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568) BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. PRIZER 2004, S. 185-186. Text und Holzschnitt finden sich unter: BNCF, Pal.E.6.6.154.I.15, fol. 1r-2v. Verschiedene Beispiele besprochen bei: PRIZER 2004, S. 229-230. Petrarcas Lehrepos „Trionfi“ (1350-1360) stellt dem Leser eine Traumvision von antikisierend gedachten, prunkvollen allegorischen Triumphzügen vor, deren Quintessenz der Triumph von Tod
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der Illustration eine Posaune. Bis auf diese Abweichung stimmen die Details zwischen der Abbildung und Vasaris schriftlicher memoria dennoch in geradezu frappierender Weise überein, so dass man beinahe geneigt wäre davon auszugehen, der Holzschnitt hätte dem Vitenautor als Vorlage für seinen Text gedient.
Abbildung 4: „La canzona de’ morti“, Holzschnitt, ca. 1510, BNCF, Pal.E.6.6.154.I.15, fol. 1r.
Während die kleine Druckgrafik aber lediglich den Wagen selbst abbildet, geht die Beschreibung der „Viten“ noch weiter und schildert die gesamte Entourage sowie zahlreiche Details zur szenischen und musikalischen Präsentation bis hin zur Stimmfärbung, welche in der Fantasie des Lesers weit mehr als nur den optischen Eindruck ansprechen. Vielmehr vermeint dieser die sich darbietende Szene mit allen Sinnen
und Vergänglichkeit über alles Irdische ist. Dieser Sieg kann letztgültig nur von der Ewigkeit überwunden werden, die am Ende des Epos ihren festlichen Einzug hält. Dies bildet sicherlich auch den Erfahrungshorizont, der sowohl in die canzone als auch in die szenische Gestaltung des karnevalesken Carro della morte eingeflossen ist: für diesen freundlichen Hinweis danke ich Martina Neumeyer. Zu den „Trionfi“ Petrarcas siehe weiterführend: SEUNG 1976, S. 136-141; zu ihrer Verarbeitung in bildender Kunst und Fest außerdem: ORTNER 1998, v.a. S. 237-245.
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erfassen zu können und erhält, vermittelt durch die Schilderung des Textes, einen beinahe synästhetischen Eindruck des Spektakels84.
Abbildung 5: Lo Scheggia: Trionfo della morte, 2. Hälfte 15. Jh., Pinacoteca Nazionale, Siena.
All dies wird schließlich im letzten Satz ausdrücklich Piero di Cosimo als „autore e inventore di tal cosa“85 zugeschrieben. Der Künstler wird hier also nicht ausschließlich als Ausstatter aufgeführt, sondern gleichermaßen als Regisseur, Autor und musikalischer Leiter des Gesamtgeschehens. Dieser Vermerk könnte in einigen Punkten durchaus den Tatsachen entsprechen, da eine klare Trennung einzelner an einer Aufführung beteiligter Tätigkeitsfelder für das 16. Jahrhundert noch nicht anzunehmen ist und der ausführende Künstler häufig sowohl für die Ausstattung als auch für die Inszenierung zuständig war. „Autore“ der beim trionfo vorgetragenen Lieder war Piero aber sicherlich nicht. Aufgrund der wörtlich zitierten Anfangszeilen „Dolor, pianto e penitenza“86, sowie 84 85 86
Vgl. IRLENBUSCH 2008, S. 13. VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Theater nicht der einzige Bereich ist, in welchem Vasari literarische Texte zitiert. Zu den Zitaten aus u.a. Ariost, Petrarca und Dante in den „Viten“ siehe näher: BOLZONI 2013.
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einer textlichen Wiedergabe der ersten Strophe wenige Zeilen später, lässt sich der erwähnte Canto eindeutig identifizieren und zuschreiben. Die canzone ist in der umfangreichen Textsammlung karnevalesker Canti und trionfi enthalten, die Antonfrancesco Grazzini, genannt Il Lasca, im Jahre 1559 unter dem Titel „Tutti i Trionfi, Carri, Mascherate o Canti Carnascialeschi da i tempi del Magnifico Lorenzo de’ Medici fino al anno 1559“ in Florenz publizierte87. Lasca nennt als Autor eindeutig Antonio Alamanni88. Diese Zuschreibung fehlt in der Vita Piero di Cosimos, obschon davon auszugehen ist, dass dem die „Viten“ redigierenden Personenkreis Lascas Sammlung durchaus bekannt war89. Allerdings wird das wiedergegebene Lied in der Textstelle als „oggi nobilissima canzone“90 bezeichnet. Der Autor kann also davon ausgehen, dass der Inhalt und vermutlich auch der Poet seinen Lesern bekannt sind91. Da jedoch in anderen Lebensbeschreibungen durchaus Verfasserangaben gemacht werden, dient die Auslassung hier in Verbindung mit der Bezeichnung „autore“ für Piero di Cosimo offenbar dazu, das Zusammenspiel aller Komponenten unter der Regie eines Einzelnen besonders zu betonen. Der Totenwagen veranschaulicht in dieser Hinsicht eine Errungenschaft in der Entwicklung des Theaters, die zuvor bereits theoretisch als Erfindung Piero di Cosimos ausgewiesen wurde: die Abstimmung von Text, Bild und Musik zu einem einheitlichen Gesamteindruck92. Das ausführlich beschriebene Exempel des Carro della morte verdeutlicht so modellhaft die Leistungen des Künstlers auf theatralem Gebiet. Wie bereits bei Tribolos girandola, so ist auch der Carro della morte Piero di Cosimos als paradigmatisches Beispiel für eine theatrale Form und ephemere Werkart in ihrer Gesamtheit gewählt und ausführlich beschrieben. An diesen Exempeln, die in Verbindung mit den Leistungen eines der bildenden Künstler gebracht sind, werden gleichzeitig minuziös die wesentlichen Merkmale einer ganzen Aufführungs-
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GRAZZINI (1559) 1750, Bd. I, S. 146. *1464; †1528, Mitglied einer angesehenen Florentiner Familie; Dichter, der auch weitere Karnevalslieder verfasst hat: vgl. PRIZER 2004, S. 195-196, hier auch weitere bibliografische Angaben zu Alamanni. In der Forschung seit 1902 wird die Autorschaft Alamannis allerdings angezweifelt. Auf der Basis literarischer Vergleiche gilt inzwischen Castellano Castellani (*1461; †1519/20) als Autor der canzone. Für einen knappen Forschungsüberblick siehe: PRIZER 2004, S. 196. Obgleich der Text für die Beschreibung des Carro della morte ausdrücklich auf mündliche Überlieferungen durch die Mitarbeiter und Zeitgenossen Piero di Cosimos, Andrea di Piero und Andrea del Sarto, rekurriert: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. Bis heute sind Text und Lied gut dokumentiert. Auch die Notation hat sich, wenn auch wohl in einer späteren Version, in Razzis „Libro delle laudi spirituali“ von 1563 erhalten: PRIZER 2004, S. 199; das Manuskript findet sich unter: BNCF MS B.R.337; PRIZER 2004, S. 245. VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63. Näheres zum Gesamteindruck in den theoretischen Traktaten des 16. Jahrhunderts siehe Kap. 4.2, S. 287-292.
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tradition aufgezeigt und für die Nachwelt überliefert. Die beispielhafte Funktion wird im Text deutlich, indem der Autor jeweils eingangs bewusst allgemein in die beschriebene Form einführt und erst anschließend modellhaft das Werk des Künstlers erläutert. Begründet wird dieses Vorgehen in der Biografie Piero di Cosimos außerdem mit folgenden Worten: „Fra questi, che assai furono et ingegnosi, mi piace toccare brevemente d’uno che fu principale invenzione di Piero già maturo di anni, e non come molti piacevole per la sua vaghezza, ma per il contrario per una strana e orribile et inaspettata invenzione […].“93
Angesprochen ist sowohl der paradigmatische als auch der exklusive Charakter des ausgewählten Beispiels, das nicht, wie viele andere seiner Art, hübsch anzusehen gewesen sei, sondern im Gegenteil schrecklich und beängstigend in seiner Wirkung. In der Betonung der Neuartigkeit und Einmaligkeit des Sujets liegt die Begründung für dessen Auswahl aus der Gesamtheit der Karnevalsumzüge. Gleichzeitig aber hebt die Schilderung die Nähe zum Absurden und die fantasievolle Gestaltung hervor, die den karnevalesken Vergnügungen im Allgemeinen anhaftete. Vom Wirken des biografierten Künstlers ausgehend, wird die memoria in diesen Textstellen so bereits auf allgemeinere theatrale Erscheinungsformen ausgeweitet, deren Charakteristika im konkreten Werkbezug beispielhaft erfasst und anschaulich aufbereitet sind, um ihre Überlieferung für die Nachwelt zu sichern. Die Beteiligung des Künstlers als ‚Alibi‘: Exkurse zu theatralem und festlichem Brauchtum
Während in den Viten Tribolos und Piero di Cosimos die Verbindung zwischen allgemeinen Erläuterungen und Künstlerbiografie noch sehr eng war, bilden in vielen anderen Lebensbeschreibungen Schilderungen zu Theater und Fest Exkurse, die mit dem Leben und Werk des Künstlers mitunter nur noch marginale Berührungspunkte aufweisen. Auch der Konnex zum Kanon der tre arti ist oft nicht mehr gegeben. Es erscheint, als übe die Beteiligung des Künstlers hier lediglich eine gewisse ‚Alibifunktion‘ aus, um weitschweifende Erläuterungen allgemeiner Art einzuleiten und zu rechtfertigen. Dies fällt bereits in der Cecca-Biografie auf, welche, eingebettet in die Beschreibung der von Cecca geschaffenen nuvole, außerdem einen fünfseitigen Abriss über diverse Stadtfeste, ihre Szenerie, ihre Darsteller und ihre Ausstattung im Allgemeinen enthält. Eingeleitet wird der Bericht mit folgenden Worten: „Dicesi che le nuvole che andavano in Fiorenza per la festa di S. Giovanni a processione – cosa certo ingegnosissima e bella – furono invenzione del Cecca, il quale, allora che la città usava di fare assai feste, era molto in simili cose adoperato. E nel vero, comeché oggi si siano cotali feste e rappresentazioni quasi del tutto dismesse, erano spettacoli molto belli, e se ne faceva non
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VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63.
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pure nelle Compagnie overo Fraternite, ma ancora nelle case private de’ gentiluomini, i quali usavano di far certe brigate e compagnie, et a certi tempi trovarsi allegramente insieme; e fra essi sempre erano molti artefici galantuomini, che servivano, oltre all’essere capricciosi e piacevoli, a far gl’apparati di cotali feste. Ma fra l’altre, quattro solennissime e publiche si facevano quasi ogni anno, cioè una per ciascun quartiere (eccetto S. Giovanni, per la festa del quale si faceva una solennissima processione, come si dirà): Santa Maria Novella quella di Santo Ignazio, Santa Croce quella di S. Bartolomeo detto S. Baccio, S. Spirito quella dello Spirito Santo, et il Carmine quella dell’Ascensione del Signore e quella dell’Assunzione di Nostra Donna.“94
Ausdrücklich geht die Textstelle auf die gesellschaftlichen Konventionen des religiösen Festwesens in Florenz ein. Neben diversen Privathaushalten angesehener Bürger werden sogenannte „Compagnie overo Fraternite“ als Ausrichter der Festivitäten genannt95. Diese Korrektur der Bezeichnung weist auf eine Unterscheidung zweier Arten bürgerlicher Vereine hin, nur um im nächsten Satz zu betonen, dass beide gleichermaßen an der Ausrichtung beteiligt waren. Als wichtiges Merkmal der Verbände wird die Gewohnheit regelmäßiger Treffen herausgestellt. Zu ihren Mitgliedern zählten unter anderem viele Künstler, die sich außer durch ihr fantasievolles und angenehmes Wesen vor allem durch die Gestaltung der Festapparate verdient machten. Auch die verschiedenen ‚öffentlichen‘, religiösen Feste der Stadtviertel zählt Vasari namentlich auf und ordnet sie dem jeweiligen Bezirk zu. Außerdem scheint die alljährliche Wiederkehr der Festivitäten erwähnenswert. All dies sind Informationen, die über den eigentlichen Inhalt der Cecca-Vita hinausgehen. Im Zuge der nachfolgenden Beschreibung von Ceccas nuvole überschreitet Vasari den Rahmen der Biografie noch umfassender, indem er, kleinteilig und stellvertretend für weitere Stadtfeste, den San Giovanni-Festumzug in seinen szenischen und technischen Einzelheiten schildert96. Dieser Bericht weist mit Cecca nur noch inso-
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VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 451. Beide Termini beschreiben ähnliche gesellschaftliche Assoziationsformen, die jedoch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Ausrichtung geringfügig differieren: Die Compagnie waren Vereinigungen von Bürgern, oft auch Künstlern, die sich mit den Ausrichtungen von Festen im öffentlichen Rahmen beschäftigten, aber auch Auftragsarbeiten erledigten. So wurden sie beispielsweise von hochstehenden Privatleuten mit der Ideation diverser Festivitäten betraut. Bei den Fraternite handelt es sich dagegen dezidiert um laienbrüderliche Vereinigungen, die weitaus stärker religiös motiviert und organisiert waren: MOZZATI 2008, S. 200-213. Eine dritte Verbundart, die Brigade, wiederum war in ihren Ursprüngen und in ihrer Ausrichtung deutlich stärker militärisch geprägt. Gleichzeitig gestaltete sie auch ihre privaten Zusammenkünfte theatral, wie später noch näher zu erläutern sein wird. Mozzati bezieht sich in seiner terminologischen Trennung unter anderem auch auf die „Istoria Fiorentina“ Benedetto Varchis, der differenzierte Unterscheidungen zwischen den zeitgenössisch existierenden Vereinigungen zieht, vgl. Kap. 3.2, S. 217-218. Zur Bezeichnung Compagnie siehe außerdem: SERGARDI 1988, S. 51-53. Zu Aufbau, Entwicklung und Struktur der Brigaden in Florenz: RICCIARDI 1992, S. 71-83. Vgl. Kap. 2.1, S. 62-63.
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fern eine Verbindung auf, als der Autor angibt, für die Beschreibungen der Kostüme auf Entwürfe des Künstlers aus seinem „Libro de’ disegni“97 zurückgreifen zu können. In einem Nebensatz verpackt er die zusätzliche Information, es sei gängige Praxis der Kompanien gewesen, sich Heilige als Namenspatrone zu wählen 98 und spricht in der Folge von speziell angebrachten Marterrequisiten, die den Anschein erweckten, die Kehle des Betreffenden sei von einem Dolch durchstoßen oder er selbst von einer Lanze oder einem Speer durchbohrt. Diese Illusion sei erzeugt worden, indem man die Waffen zerbrochen und mit einem Eisenstäbchen so wieder verbunden habe, dass sie festsaßen – eine Methode, die ebenfalls Ceccas Erfindungsgabe zugeschrieben wird. Im weiteren Gefolge seien außerdem Riesen, ihre gigantesken Gefährtinnen mit künstlich verlängerten Extremitäten auf Stelzen sowie spiritelli (Kobolde) zu sehen gewesen. Während sich die giganti auf Stöcke stützen konnten, die als ihre Waffen getarnt waren, seien die spiritelli entweder von Fußgängern gestützt worden oder sie vollführten ihre Kunststücke frei im Raum99. Zur Veranschaulichung verweist Vasari auf zwei zeitgenössische Artisten, Montughi und Ruvidino100, von deren akrobatischen Leistungen er ein eindrucksvolles Bild entwirft: „E chi ha pratica de’ cervelli fiorentini, so che di questo non si farà alcuna maraviglia, perché – lasciamo stare quello da Montughi di Firenze, che ha trapassati nel salir e giocolare sul canapo quanti insino a ora ne sono stati – chi ha conosciuto uno che si chiamava Ruvidino, il quale morì non sono anco dieci anni, sa che il salire ogni altezza sopra un canapo o fune, il saltar dalle mura di Firenze in terra e andare in su trampoli molto più alti che quelli detti di sopra, gli era così agevole come a ciascuno caminare per lo piano. Laonde non è maraviglia se gl’uomini di que’ tempi, che in cotali cose o per prez[z]o o per altro si esercitavano, facevano quelle che si sono dette di sopra o maggiori cose.“101
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Der „Libro de’ disegni“, Vasaris Zeichnungssammlung, umfasste am Ende vermutlich acht Bände und war nach Künstlern geordnet. Scheinarchitektonische Rahmungen von der Hand Vasaris gliederten die Zeichnungen zudem historisch nach Epochen. Die Bände sind nicht mehr erhalten. Größere Bestände einzelner Blätter befinden sich unter anderem in den Uffizien in Florenz, im Nationalmuseum Stockholm und im Pariser Louvre. Umfassende Forschungen zum „Libro“ führte seit den 1970er-Jahren vor allem CollobiRaghianti durch: COLLOBI-RAGHIANTI 1974; COLLOBI-RAGHIANTI 1976; COLLOBI-RAGHIANTI 1977; COLLOBI-RAGHIANTI 1979. Neuere Forschung u.a.: FORLANI TEMPESTI 2014; SCHENCK 2013. 98 Siehe Zitat Kap. 2.1, S. 62. 99 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454. 100 Montughi und Ruvidino sind in Garzonis „Piazza universale di tutte le professioni del mondo“ von 1586 nicht verzeichnet, die unter anderem eine Liste mit bekannten saltatori (= Springer/Artisten) enthält: GARZONI (1586) 1665, S. 337. Allein die Tatsache, dass der saltatione bei Garzoni ein eigenes ‚Berufsfeld‘ gewidmet ist, dass er diverse Ursprünge auszumachen versucht und zeitgenössische saltatori namentlich erwähnt, zeigt, ungeachtet der mitunter unverhohlen angesprochenen moralischen Verachtung, gleichzeitig auch die Beliebtheit der Artistenkunst im 16. Jahrhundert: GARZONI (1586) 1665, S. 334-338. 101 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454.
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Durch den Vergleich mit Artisten aus der eigenen Gegenwart und den Rekurs auf die Lebensrealität des zeitgenössischen Lesers wird dessen Vorstellungskraft beflügelt und die Beschreibung des Vergangenen für ihn in nachvollziehbare Nähe gerückt. Gleichzeitig dient der Einschub jedoch auch dazu, die Namen und Leistungen zweier aktuell herausragender Akrobatikkünstler wie nebenbei in den Text mit aufzunehmen und ihre memoria der Nachwelt zu erhalten102. Eine weitere wichtige Information verbirgt der Autor in einem Nebensatz: Akrobatische Künste werden nicht nur zum Vergnügen praktiziert, sondern ihre Beherrschung dient durchaus dem Broterwerb und die Artisten werden von der Stadt für ihre Dienste bezahlt. Letztlich nennt Vasari die sogenannten „ceri“103 als Vorläufer für die von Cecca erfundenen Triumphwagen. Ihnen kommt kunstkritisch kein allzu großes Lob zu, da sie „goffi tanto che hanno dato il nome ai dipintori plebei“104 gewesen seien, „onde si dice alle cattive pitture ‚fantocci da ceri‘“105.
102 Über die Bedeutung der Springer und ihrer ‚Kunst‘ in der Frühen Neuzeit siehe weiter: SCHMIDT, S. 2008. Schmidt stellt ins Zentrum ihrer Abhandlung die 1599 veröffentlichten sogenannten „Trois dialogues de l’exercise de sauter, et voltiger en l’air“ des italienischen ‚Springers‘, Arcangelo Tucarro, der sich ab etwa 1588 am französischen Königshof aufhielt. Der im Dialog-Stil gehaltene Traktat zeigt die wachsende höfische Bedeutung und das in diesem Kontext, jenseits aller nach wie vor existierenden moralischen Verurteilung, gestiegene Renommee der Akrobatik im 16. Jahrhundert an. Durch Tucarros Traktat wird das Springen gleichsam zur erlernbaren Kunst erhoben, skizziert bei: SCHMIDT, S. 2008, S. 31-87. Tucarro bildet allerdings nur die Spitze einer langen italienischen Traktat-Tradition, die über Tanz, Pantomime und ‚Springen‘ theoretisierte, siehe z.B. Giuglielmo Ebreo da Pesaros „De pratica seu arte tripudii“, zitiert bei: PONTREMOLI 2010, v.a. S. 236. Zu Theoretisierungstendenzen im Tanz vgl. auch Kap. 4.2, S. 292-293. 103 Wörtlich übersetzt: „Kerzen“. Offenbar handelte es sich hierbei um Wachsmodelle in Form der jeweiligen Stadt: VENTRONE 2016, S. 53 Anm. 59; POCHAT 1990, S. 184-185. Pochat spricht in diesem Zusammenhang von „turmähnlichen Gebilden“, deren Erfinder laut Vasari Cecca gewesen sei, und welche die alten Wachsfiguren ersetzt hätten. Dem kann hier nicht zugestimmt werden. In der Tat ist die Textstelle terminologisch insofern undurchsichtig, als Vasari kurz nach der kunstkritischen Abwertung der ceri und der Einführung des Terminus „carro“ für Ceccas neue Erfindung antikisierender Triumphwagen einen dieser Wagen wiederum explizit als „cero della Moneta“ bezeichnet: VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454-455. Bereits Milanesi hat an dieser Stelle einen redaktionellen Fehler vermutet und demnach eine Korrektur des „cero“ in „carro“ vorgeschlagen: MILANESI (1906) 1981, Bd. III, S. 203. Klarer wird der ausschließlich pejorative Gebrauch der Bezeichnung „cero“ in der Biografie Andrea del Sartos: VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. 104 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 455. 105 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 455. Ähnlich werden die ceri in der Biografie Perino del Vagas verurteilt, wenn dessen Lehrer als „non molto buon pittore, anzi ordinario, e di questi che stanno a bottega aperta pub-
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Damit beinhaltet die Cecca-Biografie ebenso technische Angaben zu einzelnen Apparaturen, Vorrichtungen und Kostümen, wie sie ein schillerndes Bild der fantasievollen Festgestaltung des 15. Jahrhunderts entwirft, dieses durch Vergleiche mit zeitgenössisch bekannten Geschehnissen und Personen belebt und dessen Komponenten nach historischen Gesichtspunkten ordnet. Gerechtfertigt wird dieses exkurshafte Ausgreifen durch einen expliziten Verweis auf den ephemeren Charakter des Beschriebenen und die intendierte Tradierung im Sinne einer möglichst umfassenden memoria: „[…] ora, dunque, non sarà se non bene con questa occasione dire alcune cose che in detta festa e processione si facevano, acciò ne passi ai posteriori memoria, essendosi oggi per la maggior parte dismesse.“106
Vasari verlässt also durchaus willentlich seinen eigentlichen Gegenstandsbereich. Die möglichst umfassende Erinnerung an Vergangenes motiviert den Einbezug sozialer, szenischer und ausstatterischer Details jenseits von Ceccas Wirken und jenseits der bildenden Künste. Ähnliche Exkurse lassen sich in verschiedenen Lebensbeschreibungen der dritten Epoche feststellen. Wenn sie auch zuweilen nicht derart detailliert ausfallen, so zeichnen sie doch in ihrer Gesamtheit ein umfassendes Panorama festlichen Brauchtums und theatraler Präsentation und überliefern verschiedenste mit dem Theater verbundene Künste und Tätigkeitsbereiche. Die miteinander korrespondierenden Komponenten einzelner Aufführungen werden ebenso genannt und zueinander in Bezug gesetzt wie verschiedene Interpreten, Ideatoren und Auftraggeber. So erfährt der Leser in der Biografie Francesco Granaccis, nach einer knappen Aufzählung der ephemeren Arbeiten des Künstlers für den Einzug Leos X. in Florenz, dass Iacopo Nardi107 vom „Magistrato degl’Otto di Pratica“ aus gleichem Anlass mit der Konzeption einer Maskerade zum Triumph des Camillo beauftragt worden sei108. Das von Nardi komponierte Lied habe mit folgenden Anfangszeilen begonnen:
licamente a lavorare ogni cosa meccanica“ bezeichnet und gleichzeitig die Anfertigung von „certi ceri […] per la festa di San Giovanni“ als dessen Hauptbetätigung ausgewiesen wird: VASARI: Vita di Perino del Vaga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 107. 106 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 452. Zumindest für das San Giovanni-Fest handelt es sich hierbei um eine Verzerrung: Die Prozessionen, Feuerwerke und historisierenden Turniere auf der Piazza Santa Croce wurden zu Ehren des Stadtheiligen zwar in veränderter Form aber doch generell bis mindestens ins 19. Jahrhundert fortgeführt: MILANESI (1906) 1981, S. 203. 107 *1476; †1563, italienischer Historiker, Schriftsteller und Humanist. 108 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602.
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„Contempla in quanta gloria sei salita, Felice, alma Fiorenza, Poi che dal ciel discesa,“109
Eingegangen wird auch auf die üblichen Modalitäten für die Bezahlung der Dekoration bei derartigen staatlichen Anlässen. Wie es bis vor Kurzem noch üblich gewesen sei, habe die Parte Guelfa die Kosten übernommen110. Des Weiteren bildet Granaccis Mitwirkung an den Kostümen und der Ausstattung von Schaukämpfen und Turnieren den Ausgangspunkt für eine Erläuterung zu dieser Art von Pläsir im Allgemeinen111: „La quale maniera di feste, che è propria de’ Fiorentini et è piacevole molto – vedendosi uomini quasi ritti del tutto a cavallo, in sulle staffe cortissime, rompere la lancia con quella facilità che fanno i guerrieri ben serrati nell’arcione –, si fecero tutte per la detta venuta di Leone a Firenze.“112
Lokalpatriotisch unterstreicht Vasari, die „Potenze“ und „Armeg[g]erie“ seien eine typische Florentiner Gepflogenheit113 und erläutert, bei dieser Art von Turnier säßen die Kämpfer gerade und in kurzen Steigbügeln auf ihren Pferden und würden mit der gleichen Leichtigkeit ihre Lanzen brechen wie sonst nur gut im Sattel befestigte Krieger. Erst der letzte Nebensatz setzt die Armeggerie in Bezug zum Einzug Leos X. und bringt das Geschilderte so wieder in eine lose Verbindung zur Granacci-Biografie.
109 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. Die Textzeilen stimmen diesmal exakt mit der Lasca-Sammlung überein. Auch Lasca schreibt den Canto Iacopo Nardi zu: GRAZZINI (1559) 1750, Bd. I, S. 163. Es ist also davon auszugehen, dass hier Lascas Textsammlung als Quelle gedient hat. 110 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603. Es hat sich im Archivio di Stato in Florenz eine Abrechnung der Otto di Pratica vom 8. September 1515 erhalten, in der die Zahlungsmodalitäten ebenso wie die Namen der ausführenden Künstler enthalten sind: MILANESI (1906) 1981, Bd. V, S. 25; SHEARMAN 1965, Bd. II, S. 317-318. Im 15. Jahrhundert war es üblich, dass die Parte Guelfa für die Ausrichtung solcher Zerstreuungen aufkam: RICCIARDI 1992, S. 99. 111 Interessanterweise nennt der Autor hier keine Einzelheiten zu den tatsächlich stattgefundenen Turnieren sowie zum Triumphzug des Camillo oder dem Schaukampf um ein auf der Piazza della Signoria errichtetes Kastell. Durch die Lektüre des „Diario Fiorentino“ Luca Landuccis waren zumindest Borghini diese Einzelheiten sicher bekannt: DEL BADIA 1969, S. VII; Quelle siehe: LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 340-345. 112 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603. 113 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603. Die Armeggeria hatte in der italienischen Stadtgesellschaft eine besondere Funktion: Hauptakteure der Zeremonien waren die Brigaden, die zunächst in vollem Ornat auf ihren Pferden durch die Stadt ritten und schließlich nur noch spärlich bekleidet ihre Lanzen an Mauern oder anderen Gegenständen brachen. Hierauf rekurriert die obige Textstelle. Der Begriff findet sich vor allem im Florentiner Jargon: vgl. RICCIARDI 1992, S. 108-110.
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Die Papstwahl Leos X.114 bildet auch in der Vita Iacopo da Pontormos eine Folie für Exkurse zu den im entsprechenden Jahr stattfindenden Karnevalsfeierlichkeiten. Zur Sprache kommen nun zwei miteinander konkurrierende Compagnie „di signori e gentiluomini della città“115, die Compagnia del Diamante unter Leitung Giuliano de’ Medicis116 und die Compagnia del Broncone unter Leitung von Lorenzo, Sohn des Piero de’ Medici117. Die Compagnia del Diamante habe ihren Namen aus einer impresa des Lorenzo il Vecchio118 erhalten, während der Broncone, ein abgestorbener Lorbeerzweig, der neue Triebe erhält, die Erneuerung der mediceischen Herrschaft symbolisiere119. Andrea Dazzi sei von der Compagnia del Diamante damit beauftragt worden, einen allegorischen Festumzug zu Ehren der Papstwahl zu ersinnen. Dieser die drei Lebensalter versinnbildlichende Zyklus aus lebenden, oder besser ‚fahrenden‘ Bildern wird im Folgenden in seiner Entstehung und Ausführung ausführlich geschildert: „Onde egli ne ordinò uno, simile a quelli che facevano i Romani trionfando, di tre carri bellissimi e lavorati di legname, dipinti con bello e ricco artificio. Nel primo era la Puerizia con un ordine bellissimo di fanciulli; nel secondo era la Virilità con molte persone che nell’età loro virile avevano fatto gran cose; e nel terzo era la Senettù con molti chiari uomini che nella loro vecchiezza avevano gran cose operato: i quali tutti personaggi erano ricchissimamente adobati, intantoché non si pensava potersi far meglio. […] Portava scritto il primo carro in note chiarissime:
114 Kardinal Giovanni de’ Medici (*1475; †1521) wurde am 11. März 1513 zum Papst gewählt und war fortan Leo X., siehe näher: POCHAT 1990, S. 171. 115 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. 116 Giuliano di Lorenzo de’ Medici (*1479; †1516); Bruder von Leo X. und Sohn des Lorenzo il Magnifico. 117 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. Piero di Lorenzo de’ Medici (*1472; †1503); ältester Sohn Lorenzo il Magnificos. Als Schirmherr der Compagnia del Broncone wird hier sein Sohn, Lorenzo di Piero de’ Medici, genannt (*1492; †1519). Lorenzo wurde 1516 Herzog von Urbino und war Vater der französischen Königin, Caterina de’ Medici. 118 Lorenzo di Giovanni de’ Medici (*ca. 1395; †1440). 119 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. Es handelt sich hierbei um ein Zeichen, dessen sich übrigens auch Cosimo de’ Medici häufig bediente, um die eigene Regentschaft als Erneuerung des MediciZweiges zu versinnbildlichen. Damit ist die genannte impresa dem zeitgenössischen Leser in ihrer Bedeutung sicherlich sofort geläufig gewesen – ebenso wie die durch sie erfolgte Parallelisierung zur età d’oro unter Cosimo. Siehe beispielsweise: WATT 2004, S. 34-35; WARNKE 1977, S. 7. Zur impresa des Lorbeers und zum Topos der Goldenen Zeit unter Lorenzo il Magnifico siehe näher: MUND 2015, S. 49-50; für die Zeit nach der Rückkehr der Medici im Jahr 1512, zu den Compagnie und weiteren Quellen außerdem: MUND 2015, S. 62-72. Zur Symbolik der Vegetation für das Konzept von ‚Wiedergeburt‘: LADNER 1961.
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ERIMUS, il secondo SUMUS et il terzo FUIMUS, cioè ‚Saremo‘, ‚Siamo‘, ‚Fummo‘. La canzone cominciava ‚Volano gl’anni‘, etc.“120
Beschrieben und erläutert wird die Gestaltung und allegorische Bedeutung aller Bestandteile des trionfo. Des Weiteren zitiert Vasari sowohl die Anfangszeilen des vorgetragenen Liedes121 als auch die Beschriftungen der Wagen wörtlich und übersetzt letztere zudem ins volgare. Kunstkritisches Lob erfährt vor allem die künstlerische Ausführung der Bemalungen, die „dipinti con bello e ricco artificio“ gewesen seien. Die Triumphwagen und deren szenische Abfolge seien den Triumphzügen der antiken Römer bewusst nachempfunden worden. Diesen Wunsch einer Angleichung an das antike Ideal zu betonen, war dem Autor der Textstelle offenkundig ein Anliegen, hatte er doch zuvor den Ideengeber des Zuges ausdrücklich als einen in griechischen und lateinischen Schriften gelehrten Mann hervorgehoben 122. Im Zuge einer längeren Aufzählung verschiedener, an unterschiedlichen Bereichen der Ausstattung beteiligter Künstler und Handwerker („Gl’architetti di questi carri furono Raffaello delle Vivuole, il Carota intagliatore, Andrea di Cosimo pittore et Andrea del Sarto.“123) wird Pontormo lediglich als derjenige ausgewiesen, der für die Malereien zuständig war: „[…] et a Iacopo Puntormo solo toccò a dipignere tutti e tre i carri, nei quali fece in diverse storie di chiaro scuro molte trasformazioni degli Dii in varie forme, le quali oggi sono in mano di Pietro Paulo Galeotti, orefice ec[cellente].“124
Im Vergleich zum ausführlichen Bericht über den Inhalt und die Gestaltung des in den Wagen befindlichen Personals wirkt die vage Bezeichnung der Arbeiten Pontormos als „diverse Geschichten in chiaro scuro“ und „einige Göttermetamorphosen“ eher dürftig. In erster Linie scheint es weniger um den Verdienst des Künstlers zu gehen, als mehr darum, den szenischen Aufwand zweier karnevalesker Umzüge anlässlich der Papstwahl Leos X. und den Wettstreit der damit betrauten Kompanien zu memorieren. So erfährt auch der zweite Triumphzug der Compagnia del Broncone im Anschluss eine sorgfältige Beschreibung, in deren Zuge wiederum nur jeweils ein Nebensatz auf Pontormos (geringen) Anteil am Gesamtwerk verweist. Vasari führt an, Lorenzo, Schirmherr der Vereinigung, habe den Triumphzug der Konkurrenz verfolgt und daraufhin Iacopo Nardi mit der Erfindung eines doppelt so großen allegori-
120 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310-311. 121 „Volano gli anni…“ ist ebenfalls bei Lasca enthalten und wird dort Iacopo Nardi zugeschrieben: GRAZZINI (1559) 1750, Bd. I, S. 48-50. 122 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. 123 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. 124 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311.
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schen Festzuges beauftragt, um den vorangegangenen an Pracht zu überbieten 125. Facettenreich beschreibt der Autor alle carri dieser Prozession, nach einem wiederkehrenden Schema, so dass eine exemplarische Analyse zur Schilderung des ersten, das Goldene Zeitalter versinnbildlichenden Wagens hier genügen kann: „Il primo, tirato da un par [sic!] di buoi vestiti d’erba, rappresentava l’età di Saturno e di Iano, chiamata dell’oro, et aveva in cima del carro Saturno con la falce et Iano con le due teste e con la chiave del tempio della Pace in mano, e sotto i piedi legato il Furore, con infinite cose attorno pertinenti a Saturno, fatte bellissime e di diversi colori dall’ingegno del Puntormo. Accompagnavano questo trionfo sei coppie di pastori ignudi, ricoperti in alcune parti con pelle di martore e zibellini, con stivaletti all’antica di varie sorte e con i loro zaini e ghirlande in capo di molte sorti frondi. I cavalli sopra i quali erano questi pastori erano senza selle, ma coperti di pelle di leoni, di tigri e di lupi cervieri, le zampe de’ quali, messe d’oro, pendevano dagli lati con bella grazia. Gl’ornamenti delle groppe e staffieri erano di corde d’oro; le staffe, teste di montoni, di cane e d’altri simili animali; et i freni e redine fatti di diverse verzure e di corde d’argento. Aveva ciascun pastore quattro staffieri in abito di pastorelli, vestiti più semplicemente d’altre pelli, e con torce fatte a guisa di bronconi secchi e di rami di pino, che facevano bellissimo vedere.“126
Ausgehend von den Zugtieren, wird zunächst das allegorische Thema jedes Wagens benannt, das sich aus dem Zusammenspiel aller Komponenten ergibt. Sodann lenkt der Text die Aufmerksamkeit des Lesers auf das Gefolge des Gefährtes, dessen (in diesem Fall offenbar spärliche) Kostümierung sowie schließlich die Montur seiner Pferde eingehend beschrieben sind. Die Schilderung ist bis in die Holzart der von den Hirten getragenen Fackeln hinein konkret. In gleicher Weise wird mit den folgenden fünf carri verfahren. Als Triumphwagen verschiedener römischer Staatsmänner versinnbildlichen sie über Zugtiere, Begleitpersonal und Attribute eine Chronologie stetiger kultureller Verfeinerung im antiken Rom. Krönender Abschluss der Prozession ist schließlich ein letzter Wagen „overo trionfo dell’Età e Secol d’oro“127 mit Reliefschmuck von Baccio Bandinelli und Malereien von Pontormo, wobei nur für Bandinellis Arbeiten ein Beispiel genannt und kunstkritisch gelobt wird128: Auf dem Wagen habe ein ausgemergelter Mann gestanden, wie tot und in rostigem Waffenornat. Aus einer offenen Wunde des Mannes sei ein nackter und reich geschmückter Knabe entstiegen, als Symbol für das wiedererstandene Goldene Zeitalter. Die Personengruppe interpretiert Vasari – ent-
125 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. Augenzeugenberichte und Quellen zum Umzug: Bartolomeo Ceretani und Giovanni Cambi siehe: MUND 2015, S. 62-63. 126 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. 127 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 312. 128 Besonders schön seien die Darstellungen der vier Kardinaltugenden gewesen: VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 312.
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sprechend dem Kompanienamen Broncone – durch einen Vergleich mit einem trockenen Lorbeerzweig, aus dem neue Triebe entspringen 129. Anfang und Ende des Zuges symbolisieren also jeweils ein Goldenes Zeitalter. Zwischen der saturnischen und der aktuellen aurea aetas jedoch liegt eine lange Zeitspanne, die durch die Chronologie der regierenden uomini illustri und in der schieren Sukzession der szenischen Abfolge zum Ausdruck kommt. Durch das chronologische Narrativ Vasaris wird auch der Leser nachträglich noch einmal mit auf die Reise genommen und vollzieht das Schauspiel in all seinen einzelnen Schritten memorierend nach – bis zur Konklusion des gedanklichen Spiels in der Quintessenz von Erneuerung durch Wiedergeburt. Präzisiert wird dieser Zirkelschluss durch die am Ende der Textstelle wörtlich zitierte erste Strophe des vermeintlich von Iacopo Nardi komponierten Liedes: „Colui che dà leggi alla natura, E i varii stati e secoli dispone, D’ogni bene è cagione, E il mal, quanto permette, al mondo dura: Onde, questa figura Contemplando, si vede Come con certo piede L’un secol dopo l’altro al mondo viene, E muta il bene in male, e il male in bene.“130
Vasari geht schließlich sogar so weit über sein eigentliches Thema hinaus, dass er auf den Tod des die Wiedergeburt symbolisierenden nackten Knaben nur wenige Tage nach der Prozession verweist: „Non tacerò che il putto dorato, il quale era ragazzo d’un fornaio, per lo disagio che patì per guadagnare dieci scudi, poco appresso si morì.“131
Die Anmerkung, der Bäckerjunge sei aufgrund der Mühsal gestorben, die er durchlitten habe, um sich bei seinem Auftritt zehn scudi zu verdienen, verwirrt, da sie vollkommen unvermittelt aus dem fantasievollen Bericht herausbricht und den Leser so abrupt in eine im wahrsten Sinne des Wortes ‚nackte‘ Wirklichkeit zurückführt.
129 Siehe S. 81. 130 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 312. Zu finden ist der Text mit in einigen Punkten abweichendem Satzbau und geringfügig veränderter Wortwahl ebenfalls bei Lasca: GRAZZINI (1559) 1750, Bd. I, S. 134. Die Nennung von Iacopo Nardi als Ideator des trionfo der Compagnia del Broncone scheint auf einer Verwechslung mit dem Karneval 1514 zu beruhen. Aus den Quellen geht dagegen vornehmlich Marcello Vigilio Adriani (*1464; †1521), Humanist, Schüler Polizianos, als Ideengeber hervor, näher: CISERI 1990, S. 42-43. 131 VASARI: Vita di Iacopo Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 313.
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Beinahe ist man geneigt, dem Autor hier eine absichtsvolle, kontrastierende Gegenüberstellung zwischen der heiteren Maskerade und deren traurigen Konsequenzen für einen armen Bäckerjungen zu unterstellen. Dies würde eine scharfe Kritik an den Verantwortlichen implizieren. In der wirklichen Welt stirbt der im Theaterspiel als neuer Trieb erwachsende Junge, das Symbol der Wiedergeburt, nur wenige Tage später an den Folgen einer für untere Schichten nur allzu traurigen Realität. Eine solch gesellschaftskritische Komponente ist im Kontext der „Viten“ nicht gänzlich einzigartig. Vor allem, wenn es um die finanzielle und gesellschaftliche Stellung der Künstler geht, lässt sich Vasari wiederholt zu mahnenden Äußerungen hinreißen und zeigt die verheerenden Konsequenzen auf, die eine zu geringe Wertschätzung der künstlerischen Arbeiten für deren Lebensrealität zeitigen kann 132. Es ist durchaus möglich, dass auch die hier besprochene Textstelle vor einem solchen Hintergrund zu sehen ist, dass sie den lesenden Mäzen und potentiellen künftigen Auftraggeber theatraler Präsentationen an die Verantwortung gemahnen soll, die er gegenüber den ausführenden Personen seiner Wünsche wahrzunehmen habe. Denkwürdig bleibt der Einschub dennoch, da der tragische Vorfall immerhin im Kontext eines mediceischen Großereignisses erfolgt sei und damit direkt auf jene Familie zurückgeführt wird, deren Herrscherlob der Text an vielen Stellen geradezu
132 Beispielsweise wird in der „Vita di Cronaca“ darauf verwiesen, dass allein die Wertschätzung des Auftraggebers über die Reputation des jeweiligen Künstlers entscheide, ungeachtet seines tatsächlichen Talentes. Mangelnde Anerkennung kann also nach Vasaris Ansicht auch die besten Künstler in den Ruin stürzen: „Molti ingegni si perdono, i quali farebbono opere rare e degne, se nel venire al mondo percotessero in persone che sapessino e volessino mettergli in opera a quelle cose dove e’ son buoni: dove egli avviene bene spesso che, chi può, non fa e non vuole; e se pure chi che sia vuole fare una qualche eccellente fabbrica, non si cura altrimenti cercare d’uno architetto rarissimo e d’uno spirito molto elevato; anzi mette lo onore e la gloria sua in mano a certi ingegni ladri che vituperano spesso il nome e la fama delle memorie. E per tirare in grandezza chi depende tutto da lui (tanto puote la ambizione) dà spesso bando a’ disegni buoni che si gli danno e mette in opera il più cattivo […].“: VASARI: Vita del Cronaca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 233; vgl. auch MATTIODA 2012, S. 235. Sehr deutlich tritt die Kritik auch am Ende des dritten Proömiums zutage, wenn Vasari die Möglichkeit, in der Kunst große Dinge zu leisten, mit der beklagenswerten finanziellen Situation der Künstler seiner Zeit kontrastiert und explizit die Mäzene dafür verantwortlich macht: „[…] quanto doviamo noi maggiormente celebrare a mettere in cielo questi rarissimi ingegni, che non solo senza premii, ma in una povertà miserabile fanno frutti sì preziosi? Credasi et affermisi adunque che, se in questo nostro secolo fusse la giusta remunerazione, si farebbono senza dubbio cose più grandi e molto migliori che non fecero mai gli antichi. Ma lo avere a combatter più con la fame che con la fama tien sotterrati i miseri ingegni, né gli lascia (colpa e vergogna di chi sollevare gli potrebbe e non se ne cura) farsi conoscere.“: VASARI: Proemio della terza parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 12. Mitunter finden sich auch in den einzelnen Viten bedauernde Äußerungen über die mangelnde finanzielle Wertschätzung und eine desolate materielle Lage der Künstler, siehe: MICHELSEN 2002, S. 310.
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besingt133, und deren Zensur die „Viten“ durchliefen. Nicht nur steht die Papstwahl Leos X. im Zusammenhang mit der Familie Medici, auch den beiden Compagnie saß jeweils ein Medici vor. Der programmatische und formgebende Einfluss der beiden Brüder war offenbar so groß, dass sie als Auftraggeber der allegorischen Umzüge den Verbund der jeweils eigenen Vereinigung für einen familieninternen Wettstreit nutzen konnten. Geschildert wird so ein Fest, das nicht nur durch die Anzahl und den Pomp der Wagenfolgen definiert ist, sondern sowohl in den verwendeten imprese als auch in seiner einprägsamen Bildersprache eindeutig mediceisch-repräsentative Ziele verfolgt. Die Verbindung zum Hause Medici lässt beide Compagnie aus dem Feld all jener anderen ‚theaterschaffenden‘ Vereinigungen heraustreten, die über zahlreiche Biografien hinweg von Vasari erwähnt und beschrieben werden, und die allesamt keine derart direkten Bezüge zum mediceischen Patron der „Viten“ aufweisen. Vereinigungen ohne respektive mit nur geringer Verbindung zum Hause Medici werden beispielsweise in der Biografie Giovanfrancesco Rusticis genannt und ihre Aktivitäten im festiven und theatralen Bereich sind dort ausführlich geschildert. Es handelt sich um die sogenannte Compagnia del Paiolo und die Compagnia della Cazzuola, städtisch-bürgerliche Intellektuellenzirkel, deren erklärtes Ziel offenbar die Ausrichtung privater und semiprivater Bankette sowie Komödienaufführungen war134. Allerdings wird der Brauch, bürgerliche Compagnie zu gründen, vom Autor in absichtlich ahistorischer Verzerrung mehrmals als bereits überholt angegeben: „[…] il che racconto volentieri, perché è quasi del tutto dismesso l’uso di queste Compagnie“135. In den Erzählungen über die Compagnia della Cazzuola findet sich eine ähnliche Formulierung: „[…] ma ne dirò solo alcune poche per chi non sa l’uso di queste Compagnie, che oggi sono, come si è detto, quasi del tutto dismesse.“136 Diese Äußerungen spiegeln nicht die historischen Tatsachen, da zumindest die Compagnia della Cazzuola nachweislich auch die zweite Hälfte des Cinquecento hindurch noch lebhaften Bestand hatte137. Der vermeintlich bedauernde Hinweis muss also eine andere Funktion haben. So handelt es sich bei den hier geschilderten Kompanien um eine assoziative Form, die sich in republikanischen Zeiten entwickelt hatte 138. Bereits in ihrer Vielzahl und in ihren unterschiedlichen Strukturen garantierten diese Vereinigungen eine ebenso vielgestaltige Ausstattung und Anlage der Festivitäten. Des Weiteren war die Compagnia del Paiuolo, wie von Vasari eingehend beschrieben, nach demokratischem Verständnis strukturiert und aufgebaut.
133 Zum Herrscherlob in der zweiten Vitenausgabe: RUBIN 1995, S. 197-203. 134 Für eine ausführliche Besprechung der vasarianischen Erzählungen zu den beiden Compagnie siehe: Kap. 2.5. 135 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481. 136 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 137 MOZZATI 2008, S. 204-205. 138 MOZZATI 2008, S. 200-202.
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Für jedes ihrer Treffen in der „Sapienza“139 hätten die Mitglieder, allesamt Künstler, aus ihren Reihen einen neuen Vorsteher gewählt. Ihm überreichten die übrigen Teilnehmer zu Beginn jeweils ein selbstgemachtes Gericht. Beim Essen selbst habe dann jeder von allem erhalten und man beurteilte anschließend gemeinsam die Qualität der künstlerischen invenzione140. Auch in der Compagnia della Cazzuola nimmt die Familie Medici nicht den Raum ein, den sie zum Beispiel in den Compagnie del Diamante und del Broncone innehatte. Vielmehr hätten der hierarchisch gegliederten Gruppierung wechselnde gentiluomini jeweils für eine bestimmte Zeit vorgestanden und die beschriebenen Lustbarkeiten haben dezidiert privaten, vereinshaften Charakter141. Dies passt nicht zu der unter Cosimo zentralisierten und generalisierten ‚Kulturpolitik‘ der 60er-Jahre des 16. Jahrhunderts, die gänzlich von den ureigenen Ideengebern des Fürsten erdacht und auf seine Person hin propagandistisch ausgelegt war. Das offizielle Festwesen war nun ein vom Fürsten gestaltetes und überwachtes geworden, das lediglich die Interessen seiner Person im Blick hatte und ausschließlich zu fürstlichen Anlässen agierte142. In diesem Zusammenhang verweist der Einschub, die Kompanien und ihre Feste gehörten bereits der Vergangenheit an, auf eine inzwischen überkommene Form, die letztlich von der durch staatliche Hand organisierten Festgestaltung obsolet gemacht worden sei143.
139 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481. Die Sapienza war im Bereich zwischen Santissima Annunziata, San Marco und der heutigen Via dei Servi angesiedelt. Zur zeitgenössischen Struktur des Bezirks siehe auch: MOZZATI 2008, S. 222-224. 140 Für Zitat vgl. S. 135 Anm. 366. 141 MOZZATI 2008, S. 236-253. Mozzati stellt fest, dass die Compagnia della Cazzuola traditionellere Strukturen aufwies als die Compagnia del Paiuolo. Sie sei ständeübergreifend und stärker hierarchisch aufgebaut gewesen. Die Unterteilung in maggiore und minore zeige des Weiteren eine klare Trennung zwischen Auftraggebern und ausführenden Künstlern innerhalb der Vereinigung an. 142 Ersichtlich beispielsweise in: VAN VEEN 2006; FENECH KROKE 2012; FEHL 1976; klar auf die nicht unter mediceischer Führung stehenden Compagnie der Rustici-Vita bezogen auch bei: MOZZATI 2008, S. 260-261. Auch Vertone merkt an, dass die privaten Compagnie aus mediceischer Sicht lediglich die Lücke füllen sollten, die deren Exil im Festwesen bedeutet habe: VENTRONE 1993, S. 10. 143 Mozzati deutet außerdem einen möglichen persönlichen Grund an. Die Äußerung spiegle den Ärger des Akademiekünstlers über die nach wie vor parallel existierenden nicht akademischen Assoziationen und Vereine: MOZZATI 2008, S. 205. Der Hinweis auf Vasaris Unmut wird durch weitere Textstellen gestützt bei: WELLEN 2009, S. 230. Da die Akademie das Zentralorgan der festiv und künstlerisch agitierten Medici-Politik unter fürstlichem Protektorat und mit offiziellem Auftrag darstellt, ergänzen sich in Wahrheit beide Schlussfolgerungen: Durch das Verschweigen der in der Realität parallel zur Akademie noch existierenden Klein-Vereinigungen wird in den „Viten“ ein von allem Widersprüchlichen bereinigter Gesamteindruck zugunsten des mediceisch-akademischen Festwesens geschaffen.
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Dennoch sind die Details der ‚alten Ordnung‘ in Vasaris „Viten“ im Sinne der memoria festgehalten und für die Nachwelt lebendig in allen Details konserviert. Der eingehende Verweis auf den Erinnerungswert des Berichteten rechtfertigt, ebenso wie Rusticis Zugehörigkeit zu den beiden Vereinigungen, einen siebenseitigen Exkurs, der sowohl die jeweiligen Strukturen der Compagnie berücksichtigt und ihre Mitglieder einzeln nennt, als auch verschiedene Bankette in allen szenischen Einzelheiten und Ausstattungsdetails beschreibt144. Diverse in der Stadtgesellschaft verankerte Compagnie und ihre Komödienaufführungen werden auch in der Vita Giovann’ Antonio Lappolis erwähnt. Der Schauplatz wechselt hierzu von Florenz nach Arezzo. Im Jahre 1534 habe die Stadt anlässlich eines Besuches von Alessandro de’ Medici zwei städtische Compagnie als „festaioli“145 mit der Inszenierung zweier Komödien beauftragt: die Compagnia degl’Umidi sowie die Compagnia degl’Infiammati146. Genannt werden Titel und Autoren der beiden Dramen, deren Rezitation von besonders hoher Qualität gewesen sei. Der nun folgende Exkurs vermittelt in Form einer Anekdote zusätzliche historische Informationen zum Theaterwesen des 16. Jahrhunderts. So verweist der Autor zunächst darauf, dass Konkurrenzsituationen zwischen einzelnen Compagnie häufig zu Streitereien und regelrechten Blutfehden unter ihnen führten. Dies sei im Vorfeld der Aufführungen auch bei den beiden oben genannten Vereinigungen der Fall gewesen. Daher sei der Poet der zweiten Komödie, Giovanni Polastra, auf die Idee verfallen, die Vorführung mit einer burla zu beginnen: Sobald das Publikum am Aufführungsort versammelt war, stürmten vier Jugendliche mit gezückten Schwertern und kampfbereit die Bühne und begannen eine fingierte Rauferei. Bühnenblut sei in dieser gespielten Auseinandersetzung ebenso wirkungsvoll eingesetzt worden, wie laute Schreie und Aufforderungen zum Kampf. Erst als das Publikum und die Verwandten der jungen Leute entsetzt und ebenfalls kampfbereit aufgesprungen waren, habe man die burla aufgelöst und mit dem Prolog begonnen. Vasari schildert die Szene in lebhaften Worten und spart nicht mit wörtlicher Rede, um seine Erzählung auszuschmücken147. Unter genauer Datierung gibt er an, Polastras Stück sei aufgrund der hohen Qualität seiner Uraufführung unter Cosimo de’ Medici mehrmals wiederaufgenommen worden, wobei erneut derselbe Künstler für das Bühnenbild verpflichtet wurde. Außerdem habe die Vorstellung sozusagen ein ‚Gastspiel‘ in Florenz erlebt.
144 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481-487. Aufgrund ihrer Komplexität ist den Beschreibungen der Rustici-Vita ein eigenes Kapitel der Arbeit gewidmet: siehe Kap. 2.5. 145 Der Begriff „festaiolo“ wird an dieser Stelle in den „Viten“ erstmals genannt: VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183. 146 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183-184. 147 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568) BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 184.
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Lappoli selbst wird in der gesamten Episode nur zwei Mal in einem Nebensatz erwähnt und zeichnet ausschließlich für das Bühnenbild der zweiten Komödie verantwortlich, während als Ausstatter der ersten Vorführung Niccolò Soggi gepriesen wird148. Eine vollkommen andere Variante von Compagnie und theatralen Gepflogenheiten behandelt schließlich die Vita Battista Francos. Zur Sprache kommt der relativ junge Typus des professionellen Theaters für ein zahlendes Publikum in einem eigens dafür eingerichteten, festen Theatersaal149. Dieses sei von einem gewissen Giovann’ Andrea Anguillara150 in Rom ins Leben gerufen worden. Zunächst habe man in der „maggior sala di Santo Apostolo“151 einen Theatersaal mit Bühne und perspektivischem Prospekt errichten lassen, „per recitare comedie di diversi autori a gentiluomini, signori e gran personaggi“152. Die etwas vage Betonung, es handle sich beim adressierten Publikum um hochrangige Persönlichkeiten, rührt vermutlich daher, dass das öffentliche Theater zu Teilen im Verruf stand, schwankhafte und sittenlose Zerstreuung für den zahlenden Pöbel zu bieten 153. Diesem Vorurteil wollte man hier augenscheinlich entgegentreten. Die Skepsis gegenüber dem teatro a vendita hinderte in der Praxis allerdings weder das Patriziat noch die Geistlichkeit daran, den Präsentationen beizuwohnen – jedoch vorzugsweise in privaten und vor den Augen des zahlenden Publikums verborgenen Logen, die ihnen inkognito den Genuss verbotener Lustbarkeiten erlaubten 154. Auch dieser Umstand wird im Text eingestanden:
148 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183. 149 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. Zur Biografie Battista Francos ist 2018 ein Aufsatz von Marsel Grosso erschienen, der kurz auch auf die zahlreichen ephemeren Arbeiten des Künstlers und ihre Erwähnung in den „Viten“ von 1568 eingeht, allerdings ohne speziell das Theater Giovann’ Andrea dell’Anguillaras zu nennen: GROSSO 2018, S. 31. 150 Giovann’ Andrea dell’Anguillara (*1517; †1572), italienischer Poet und Literat, Mitglied der römischen Accademia dello Sdegno: vgl. MERISALO 2015, S. 63-64; PREMOLI, B. 2005. Vasari und dell’Anguillara verkehrten in den gleichen Kreisen unter Kardinal Farnese und Cosimo I. de’ Medici: MERISALO 2015, S. 63-64. Nähere Informationen zur Theatertruppe dell’Anguillaras und zu den Aufführungen in Rom außerdem bei: PREMOLI, B. 2005, S. 20-34. 151 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. Gemeint ist wohl der Saal der Apostel im Palazzo della Colonna, siehe: PALLEN 1999, S. 34; PREMOLI, B. 2005, S. 25-29. 152 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. 153 Vor allem nachtridentinisch gibt es mitunter gegen das bezahlte Theater massive Hetzreden von Seiten der Kirche, siehe beispielsweise Kardinal Borromeo 1583, in: PETRINI 1996, S. 26. Klingt außerdem an bei: ZORZI 1977, S. 127. 154 ZORZI 1977, S. 226-228.
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„[…] et avea fatti fare gradi per diverse sorti di spettatori, e per i cardinali et altri gran prelati accommodate alcune stanze, donde per gelosie potevano, senza esser veduti, vedere et udire.“155
Hier sind es sogar Kardinäle und hochrangige Geistliche, die den Vergnügungen beiwohnen. Die Bestuhlung des Theaters in Santo Apostolo wird als in antikisierendem Stil durch gradinate156 beschrieben, die, ähnlich der Verteilung im antiken Theater, eine Einteilung des Publikums in verschiedene Klassen ermöglichten. Abermals verweist der Text auf die Mitgliedschaft zahlreicher Künstler in dell’Anguillaras Kompanie. Sie treten hier allerdings neben verschiedenen anderen „uomini che avevano a recitare e fare alti ufficii“157 auf. Diese Formulierung verweist auf eine klare Trennung von diversen ‚Theatertätigkeiten‘, was im Kontrast zu den hauptsächlich von Laien betriebenen höfischen Aufführungen als Spezifikum des bezahlten, professionellen Theaterbetriebs anzusehen ist158. Die Errichtung und Dekoration der scena sei in Rom unter die Zuständigkeit der bildenden Künstler, Battista Franco und Bartolomeo Ammanati, gefallen159. Deren Leistung wird allerdings nur in einem halben Satz vermerkt, woraufhin sich der Text sogleich wieder auf die historischen Begebenheiten im Zusammenhang mit dieser ersten Form des ‚bezahlten Theaters‘ konzentriert: „Ma perché la molta spesa in quel luogo superava l’entrata, furono forzati messer Giovan Andrea e gli altri levare la prospettiva e gl’altri ornamenti di Santo Apostolo e condurgli in strada Giulia nel tempio nuovo di S. Biagio; dove avendo Battista di nuovo accommodato ogni cosa, si recitarono molte comedie con incredibile sodisfazione del popolo e cortigiani di Roma. E di qui poi ebbono origine i comedianti che vanno attorno, chiamati i Zanni.“160
155 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. 156 Der Begriff wird im Italienischen auch verwendet um die Stufenreihen in der cavea des antiken Theaters zu bezeichnen. 157 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. 158 Für das höfische Theater ist im 16. Jahrhundert noch keine klare Trennung diverser Theaterberufe anzunehmen. So wird davon ausgegangen, dass die Autoren der Stücke ebenso als Akteure auf der Bühne zu sehen waren wie Teile des Publikums, die mitunter anschließend wieder zu ihren Plätzen im Saal zurückkehrten. Jedoch ist ab Anfang des Cinquecento auch das professionelle Schauspielergewerbe für Italien nachzuweisen. Es existiert parallel zu den Laienspielen des Gelehrtentheaters und den semiprofessionellen Gruppen der Schäferspiele. Der bekannteste Schauspieler des 16. Jahrhunderts ist Angelo Beolco, genannt Ruzzante, der, aus Padua stammend, vor allem in Venedig aber auch in Ferrara mit seiner Truppe auftrat: ANGIOLILLO 1996, S. 62; BRAUNECK 1993, S. 427-428. 159 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. 160 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. Die Erwähnung des „Tempio nuovo di S. Biagio“ lässt darauf schließen, dass die Komödienaufführungen im von Bramante geplanten, aber nur bis zum ersten Stockwerk
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Der Hinweis auf die hohe Miete, die die Kompanie in Santo Apostolo bezahlen musste, deutet erneut auf deren professionellen Charakter hin. Auch der Begriff „entrata“ steht als klares Indiz dafür, dass es sich hierbei um ein Theatervergnügen handelte, für das man bezahlen musste. Mit dem Vermerk, aus diesen ersten Anfängen habe sich schließlich eine Gruppe umherziehender Komödianten entwickelt, die man die „Zanni“ nenne161, spielt Vasari wohl auf die Commedia dell’arte an, die ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im nördlichen Italien bereits erfolgreich war. Als volksnahes Improvisationstheater entwickelte die Commedia dell’arte ihre Stücke auf der Basis eines stereotypen Figurenprogramms, unter anderem bestehend aus Pantaleone, Columbina, Dottore und den hier genannten Zanni162. Offenkundig vermischt der Autor an dieser Stelle verschiedene Formen des teatro venduto miteinander, denn was er beschreibt, entfaltet sich entlang geschriebener Komödientexte und ist kein improvisiertes Schwanktheater unter Zuhilfenahme von Masken wie die Commedia dell’arte163. Sein Versuch, die Zanni von Anguillaras römischer Theaterkompanie abzuleiten, ist dennoch eindeutig historisch motiviert und dient dazu, die Herkunft eines zu Vasaris Zeit bereits in Florenz und andernorts eingeführten Phänomens entwicklungsgeschichtlich zurückzuführen und zu begründen164. Abermals handelt es sich jedoch nicht etwa um eine Erscheinung, die dem Sujet der „Viten“ immanent oder auch nur kunstintern wäre und das Beschriebene liegt eindeutig außerhalb deren theoretisch bestimmten Gegenstandsbereiches. Einziger Beweggrund für die, wie gezeigt durchaus umfangreichen Exkurse in diversen Biografien ist wohl der Gedanke der memoria, die der Autor unterschiedlichen Aspekten theatraler und festlicher Gestaltung ebenso angedeihen lassen möchte, wie den Werken seiner bildenden Künstler. In besonderem Maße erinnerungswürdig sind theatrale Formen offenbar aufgrund ihres spezifisch performativen und damit höchst
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zur Ausführung gekommenen tempietto innerhalb des Palazzo dei Tribunali stattfanden: TEMPLE 2011, S. 292 Anm. 20. VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. Zu den Stereotypen der Commedia dell’arte siehe: WEIHE 2004, S. 220-222. Zur Entwicklung und Tradition u.a.: CASTAGNO 1994; THEILE 1997. Die Bezeichnung Zanni wurde im zeitgenössischen Wortgebrauch häufig von der Figur auf den Komödianten übertragen. Rolle und Person greifen hier ineinander – ähnlich wie beim Zirkusclown, bei dem der Rollentyp gleichsam zur Berufsbezeichnung wird. WEIHE 2004, S. 218. PALLEN 1999, S. 34. Die Commedia dell’arte hat sich im Anschluss zunehmend zur höfischen Mode entwickelt. „I Gelosi“ werden in den 1570er-Jahren an den Höfen ‚herumgereicht‘ und am Landshuter Prinzenhof wurden Madrigale im Paduaner Dialekt gesungen: herzlichen Dank an Peter Diemer für diesen Hinweis. Zur weiteren Geschichte der Commedia dell’arte siehe auch: TAVIANI 1987; TAVIANI 1969, v.a. S. LXXXIII-CXXXIV. Möglicherweise spielt der Autor hier auch nur darauf an, dass dell’Anguillaras bezahltes Theater in Rom die Türen für den Einzug der Commedia dell’arte geöffnet hatte: PREMOLI, B. 2005, S. 33-34.
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vergänglichen Charakters. Vor dem unmittelbaren Verlust kann sie deshalb ausschließlich die schriftliche Erinnerung bewahren – ein Vorhaben, das Vasari im Rahmen seiner Künstlerbiografien erfüllt – auch auf die Gefahr hin, seinen Gegenstandsbereich vermeintlich zu überschreiten165. Die Zielsetzung der Erinnerung führt hier zu einer beinahe enzyklopädischen Erweiterung des Sujets auf verschiedenste im Zusammenhang mit dem Theater- und Festwesen stehende Lebensbereiche, die zum Zweck ihrer schriftlichen Bewahrung in die Künstlerbiografien integriert werden. Mit diesen Bemühungen greift der Text Historisierungsbestrebungen zu theatralen Bestandteilen auf, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts in den Florentiner Intellektuellenkreisen und im höfischen Umfeld diffundiert wurden. Unter Cosimo de’ Medici häuften sich gedruckte Festberichte, die den Ablauf, die Kostüme und Szenen sowie die Besonderheiten der Präsentationen für die Nachwelt bewahren und das Erlebte einem überregionalen Publikum zugänglich machen sollten166. In der Vorbereitung auf die Hochzeitsfeierlichkeiten des Jahres 1565 füllte Vincenzo Borghini ein ganzes Notizbuch mit Zeichnungen, Beschreibungen und genauen Datierungen sowie chronologischen Auflistungen diverser in den vergangenen 35 Jahren an Europas Fürstenhöfen gegebener Festlichkeiten, wobei er auch auf ihren szenischen Ablauf und ihre Ausstattung einging167. Da die schematische Chronologie der geschilderten Ereignisse für die Vorarbeit bezüglich der geplanten Hochzeit keine Relevanz besaß, muss sie rein dem historischen Interesse des Humanisten geschuldet gewesen sein. Mit einer klar formulierten bewahrenden Intention veröffentlichte auch Antonfrancesco Grazzini, genannt Il Lasca, 1559 seine Sammlung karnevalesker Lieder aus der Zeit von Lorenzo de’ Medici bis in die eigene Gegenwart168. In der Einleitung des Werkes beteuert er seine ursprüngliche Absicht, das Material nicht nur zusammenzustellen, sondern außerdem chronologisch zu ordnen. Aufgrund von dürftiger mündlicher Überlieferung und lücken- wie fehlerhaft erhaltenen Mitschriften mit ungenauen Zuschreibungen sei ihm dieser Wunsch aber leider verwehrt geblieben: „Aveva pensato bene nello scrivere, osservare i tempi, mettendo i Canti per ordine d’anno in anno; ma non è stato possibile, per avergli trovati messi tutti alla rinfusa, e scritti senza cura, o
165 Inwieweit der Gegenstandsbereich gerade durch diverse Kunstgriffe auf diese Begebenheiten historiografisch erweitert ist und wie die Hegemonie der tre arti kunsttheoretisch auch auf dieses Feld ausgedehnt wird, ist später noch ausführlich zu klären: Kap. 4.2-4.3. 166 WATT 2004, S. 21. Ab 1475 sind gedruckte Festberichte vereinzelt im Gebrauch, aber erst um 1550 häuft sich ihre Zahl europaweit. Vor allem Karl V. etablierte diese Art der Panegyrik am kaiserlichen Hof: WATANABE-O’KELLY 2004, S. 6-8. Weiter siehe: SCHIMMELPFENNIG 2002. Um bildhafte Komponenten werden die Festberichte der Medici allerdings erst anlässlich der Hochzeit Francesco I. de’ Medicis mit Bianca Capello 1579 ergänzt, wie der Festbericht Gualterottis beweist. Daraufhin wurde Florenz führend im Bereich illustrierter Festberichte: ZERNER 2004, S. 84. Zur Illustration von Festberichten europaweit siehe weiter: ZERNER 2004. 167 BNCF, MS II.X.100; vgl. auch: SCORZA 1981, v.a. S. 58-61. 168 GRAZZINI (1559) 1750; vgl. auch S. 74.
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diligenza alcuna. […] e nel domandare questi più vecchi, che vivono, ho trovato pochi, che si ricordino di nulla.“169
Die ernüchternde Erkenntnis von der Vergänglichkeit mündlich überlieferter Volksdichtung mündet bei Lasca schließlich in das Unterfangen, die Zeugnisse zumindest im Rahmen einer schriftlichen Sammlung für die Nachwelt zu bewahren. Erst Vasari scheint Lascas Vorhaben zumindest in Teilen zu erfüllen. Indem er im Rahmen seiner Lebensbeschreibungen einige Liedtexte in Auszügen mit abdruckt, werden diese erstmals einem historischen Ereignis exakt zugeordnet, wodurch eine chronologische Ordnung des Materials erreicht wird. Sowohl in zeitlicher, wie auch in inhaltlicher Dimension geht der Vitentext aber über Lascas Sammlung hinaus. Während Lasca sich auf die Zeit ab der Herrschaft Lorenzo il Magnificos konzentriert, gehen Vasaris Schilderungen mit der Biografie Brunelleschis bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück. Inhaltlich bleibt Lascas Traktat auf eine reine Textsammlung beschränkt, während die „Viten“ sowohl die Ausstattung, als auch den szenischen Ablauf, die Musik und soweit bekannt, die Schauspieler, Sänger, Ideatoren und Auftraggeber überliefern. Außerdem gliedern sie auch die Beschreibungen einzelner Aufführungen in die chronologische Struktur der Künstlerbiografien ein und weisen ihnen so einen festen Ort im geschichtlichen Verlauf zu. Vor dem Hintergrund eines Verständnisses von Geschichte als magistra vitae170 ist der Gedanke der memoria niemals nur retrospektiv zu verstehen. Vielmehr soll dadurch stets auch nachfolgenden Generationen eine Plattform geboten werden, auf der sie die eigene Zukunft aufbauen können und aus deren Ideenfundus sie zu schöpfen eingeladen sind. Ausgehend von Pico della Mirandola verstanden die frühen Humanisten demnach die historiografische Aufbereitung der Antike immer auch als zukunftsweisendes Projekt, sei es auf sprachlichem, künstlerischem, politischem oder gesellschaftlichem Gebiet171. Für den Bereich des Theaters und des Festes finden sich solche Auffassungen etwa hundert Jahre später in den Überlegungen Lascas und Borghinis für die „Viten“
169 GRAZZINI (1559) 1750, Bd. 1, S. XIi-Xlii. 170 Für die „Viten“ formuliert beispielsweise bei: BURIONI & FESER 2004, S. 18. Vasari verweist auf diese Absicht konkret im „Proemio di tutta l’opera“: „[…] la storia, vera guida e maestra delle nostre azzioni“: VASARI: Proemio di tutta l’opera (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 29; vgl. auch MICHELSEN 2002, S. 298. Zum geschichtlichen Denken der Renaissance außerdem nach wie vor grundlegend: BUCK 1957. Zur historia magistra vitae grundlegend auch: KOSELLECK 1984, S. 38-66; LANDFESTER 1972. 171 Die Bemühungen der humanistischen Staatstheoretiker werden erklärt bei: GARIN 1976, S. 259-261. Garin stellt ihnen allerdings Vasaris vermeintlich ausschließlich rückblickende Wahrnehmung antithetisch gegenüber. Auf sprachlichem Gebiet wird die Orientierung an der Antike unter anderem im Zuge der Questione della lingua kontrovers diskutiert, vgl. Kap. 4.1, S. 255-258. Für die am Vorbild der Antike orientierte Kunsttheorie stehen Albertis Traktate „De statua“, „De pictura“ und „De re aedificatoria“: ALBERTI, L. B. (1435) 2000; ALBERTI, L. B. (1485) 1975.
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bereits vorgebildet. So fordert Lasca in seiner „Dedica a Francesco de’ Medici“, den Prinzen auf: „[…] potete, volendo ne’ tempi carnascialeschi rallegrare i popoli con questo modo di festeggiare, veggendo tutte le Mascherate, e trionfi andati; potrete dico, non solo non dar nel fatto, ch’è cosa debole e da biasimare; ma passargli ancora, e sopravanzargli in tutte quante l’appartenenze, che si richieggono o a Trionfi, o a Mascherate […].“172
Mit seiner Aussage, die schriftlich bewahrten Texte und Lieder sollen als Ausgangspunkt für eine weitere Verbesserung und künftige Vervollkommnung dienen, bezeichnet Lasca seine Anlage einer historischen Sammlung dezidiert als ‚Investition in die Zukunft‘. Auch Vincenzo Borghini verleiht in einer seiner handschriftlichen Notizen zur Linguistik der Hoffnung Ausdruck, die Wiederentdeckung der griechischen Komödie möge dazu führen, dass im Folgenden die eigene Sprache, das Toskanische, im Bereich der dramatischen Dichtung ähnliche Erfolge verzeichnen könne: „Possiamo bene sperare, che havendo havuto il med.o successo de la com[edia] greca i [la comedia toscana] possa col tempo venire al medesimo colmo di perfezione.“173
Diese Konzepte für ein ‚Lernen aus der Geschichte‘ stehen im Hinblick auf das Theater in einer Zeit, in der sich in mancherlei Hinsicht bereits der Gedanke eines überwundenen Höhepunkts und nahenden erneuten Niedergangs manifestiert 174. Auch in der Giuntina ist jedoch das Geschichtsverständnis nachhaltig von der Vorstellung geprägt, aus den Beispielen der Vergangenheit Lehren für die Zukunft ziehen zu können: „Et a cagione ancora che se mai (il che non acconsenta Dio) accadesse per alcun tempo, per la trascuraggine degli uomini o per la malignità de’ secoli o pure per ordine de’ cieli, i quali non pare che voglino le cose di quaggiù mantenersi molto in uno essere, ella incorresse di nuovo nel medesimo disordine di rovina, possino queste fatiche mie qualunche elle si siano, […] mantenerla in vita o almeno dare animo ai più elevati ingegni di provederle migliori aiuti […].“175
Im ersten Proömium der Lebensbeschreibungen werden somit dezidiert verschiedene Optionen für den Fortgang der Geschichte formuliert. Während sich die Forschung häufig auf den ersten und sicherlich ausführlicher gehaltenen Teil des Satzes konzentriert und ihn als eindeutiges Zeichen für die Epigonenhaltung der zweiten Ausgabe interpretiert hat176, sei an dieser Stelle verstärktes Augenmerk auf den zweiten
172 GRAZZINI (1559) 1750, Bd. 1, S. Xliii. 173 Handschriftliche Notiz Vincenzo Borghinis zur Entwicklung der Komödie: BNCF, MS II.X.116, fol. 44r. Für eine nähere Analyse und ausführliche Wiedergabe der Textstelle siehe auch Kap. 4.3, S. 324-326. 174 RUFFINI, M. 2011, S. 58-62, S. 180 Anm. 51. 175 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 31-32. 176 BELTING 1978, S. 113-115; WARNKE 1977, S. 8-13; GARIN 1976.
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Abschnitt gelegt. Hier wird als Ziel der historiografischen Unternehmung klar formuliert: „di mantenerla in vita“. Indem sie künstlerische und kulturelle Errungenschaften der Geschichte schriftlich aufbereiten, bieten die „Viten“ gleichzeitig konkrete exempla für die künftige Entwicklung177. Die Einstellung des Gesamtwerkes zum geschichtlichen Verlauf und die Motivation des hier gezeigten memoria-Konzeptes sind vielschichtig und komplex. Weder kann man dem Autor vorwerfen, gegenüber den Zeichen der Zeit ignorant zu sein, noch ist sein Werk als rein nostalgischer Rückblick misszuverstehen. Vielmehr schwankt die darin enthaltene Einstellung stetig zwischen Rückschau und Zukunftshoffnung, Warnung und Ermutigung, Angst vor dem Verfall, Gegenwartslob und vorsichtiger Zuversicht auf eine andauernde Blüte. Wenn in dieses komplexe Beziehungsgeflecht in der Ausgabe von 1568 verstärkt auch ephemere Werke und theatrale Formen integriert sind, dann ist ihre memoria ebenfalls unter diesem ganzheitlichen und projektorientierten Ansatz zu verstehen, als ‚zukunftserhaltende‘ Maßnahme für die Florentiner Gesellschaft und ihre kulturelle Prägung178.
2.3 Theatrale Begebenheiten und das Modell der uomini illustri: Ephemere Arbeiten als besondere Verdienste zum Wohle des Staates und die Ausdehnung des Modells auf weitere, am Theater beteiligte Personenkreise Ebenfalls auf Theater und Fest erweitert wird das Modell der uomini illustri, dessen Duktus die Lebensbeschreibungen im Allgemeinen bestimmt179. Bereits seit Plutarchs Biografien berühmter Männer180 ein Leitmotiv der Geschichtsschreibung, speist sich das Konzept abermals aus der Vorstellung von Geschichte als magistra vitae. Hiernach sollen die Beispiele ‚berühmter Männer‘, ihre
177 Das Geschichtsverständnis der „Viten“ zwischen den beiden Ausgaben und im Hinblick auf das Theater wird noch einmal ausführlich behandelt in Kap. 4.1; über das Verhältnis der Künste zum Schicksal und die mögliche Überwindung des zyklischen Geschichtsverlaufs siehe: Kap. 4.1. 178 Diese neue Ausrichtung der zweiten Ausgabe und die Problematik, die sich für das Geschichtsmodell der „Viten“ nach dem Tode Michelangelos ergab, werden auch besprochen bei: KLIEMANN 1991, S. 34-47, S. 61-64; einer zukunftsperspektivischen Ausrichtung der Giuntina widmet sich auch: RUFFINI, M. 2011; Zur Bedeutung von Michelangelos Tod für das Geschichtsmodell der zweiten Vitenausgabe, siehe hier näher Kap. 4.1. Im Hinblick auf den Einbezug ephemerer und theatraler Formen: Kap. 4.2-4.3. 179 Für Vasaris Modell der uomini illustri und seine Vorbilder siehe auch: RUBIN 1995, S. 155-158. 180 Plutarch übersetzt in: PLUTARCHUS (1. Jh. n. Chr.) 1855-1914.
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Biografien und ihre res gestae der Nachwelt als Vorbilder und Orientierung für künftiges Leben und Handeln dienen181. Die „Viten“ übertragen dieses Modell auf den Bereich der bildenden Künste 182. Nicht mehr Herrscher, berühmte Literaten oder Philosophen, sondern primär Künstler und deren Werke sind nun Gegenstand einer Geschichtserzählung, die die Entwicklung der Künste vom Beginn ihrer vermeintlichen Wiedergeburt nach dem Mittelalter bis in Vasaris eigene Zeit beschreibt. Zu „Helden“183 werden die Künstler innerhalb der Biografien in mannigfacher Hinsicht. Zum einen tragen sie durch ihre Werke zum Fortschritt der Künste bei und erzielen durch ihr Schaffen zahlreiche Errungenschaften für die Wiederbelebung des antiken Ideals. Zum anderen sind sie auch durch ihr Wesen und ihr vielfältiges Wirken für die Gesellschaft zusammen mit anderen Künstlern, Mäzenen und Auftraggebern als ‚Helden‘ der Geschichte gekennzeichnet184. Nicht selten wird der Status der Künstler als uomini illustri durch die Anerkennung und Zuneigung der jeweiligen Fürsten zu ihnen indiziert. Ihre vollendeten Umgangsformen, die sich häufig im Sinne von Castigliones „Cortegiano“ entfalten, und ihre Tugenden sind es, die sie bei Hofe beliebt machen und ihnen gesellschaftliche Wertschätzung eintragen185. Beispielsweise stirbt Leonardo da Vinci nach Vasaris Erzählung in den Armen des Königs von Frankreich 186. Um die Gunst eines Michelangelo werben sogar mehrere Mächtige, treten zueinander in Konkurrenz und behandeln ihn wie ihresgleichen187. Die Zuneigung der Mäzene wird von den Künstlern erwidert. Genga liebt seinen Fürsten, Francesco Maria della Rovere188, so sehr, dass er ihm ins Exil folgt:
181 RUBIN 1995, S. 152-153; BAZIN 1986, S. 38-39; MICHELSEN 2002; zum Verständnis von Geschichte als magistra vitae in der humanistischen Geschichtstheorie siehe auch grundlegend: LANDFESTER 1972; BUCK 1957; KOSELLECK 1984; vgl. auch S. 93 Anm. 170. 182 BURIONI & FESER 2004, S. 15. 183 Begriff übernommen aus Titel von: MICHELSEN 2002. 184 MICHELSEN 2002, S. 305-312. 185 Die Parallelisierung der künstlerischen Tätigkeit mit höfisch-ritterlichen Betätigungen und des Künstlers mit Castigliones „Cortegiano“ dient gleichermaßen einer Nobilitierung der Künste, ihrer Erhöhung auf den Stand ‚quasi-adeliger‘ artes: WARNKE 1996, S. 212-216. Zur engen Beziehung zwischen Künstler und Mäzen in Vasaris „Viten“ siehe weiter: QUONDAM 2013, S. 119. 186 VASARI: Vita di Lionardo da Vinci (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 36. Zu den Implikationen und Narrativen der Leonardo-Vita allgemein siehe auch: BAROLSKY 1999, hier v.a. S. 288-289. 187 Siehe beispielsweise das Werben der Medici um seine Rückkehr: VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 102-103; für die Gunst der Künstler bei den Mächtigen im Sinne der uomini illustri, siehe auch: MICHELSEN 2002, S. 309. 188 *1490; †1538, erster Herzog von Urbino aus dem Geschlecht der della Rovere, 1516 von Papst Leo X. exkommuniziert und aus Urbino vertrieben, versuchte mehrmals die Herrschaft zurückzuerlangen, kehrte aber erst nach dem Tod Leos X. endgültig zurück.
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„Essendo poi col tempo il Duca cacciato di Stato, da l’ultima volta che se ne andò a Mantova, Girolamo lo seguitò, sì come prima avea fatto nelli altri esilii […].“189
Mit aussagekräftigen Worten wird dieser wechselseitigen Verbundenheit auch in der Biografie Giulio Romanos Ausdruck verliehen: „Amò qual Duca di maniera la virtù di Giulio che non sapea vivere senza lui; et all’incontro Giulio ebbe a quel signore tanta reverenza, che più non è possibile imaginarsi […].“190
Nicht nur dienen diese Äußerungen dazu, den sozialen Status der Künstler über den Handwerkerstand hinaus zu erhöhen191. Sie zeichnen vor allem auch das Bild echter uomini illustri, im Sinne von Männern mit großer politischer Bedeutung. Ihre ‚Taten‘ für den Staat sind gleichsam ihre Werke und Leistungen im Bereich der bildenden Künste, die das Ansehen der jeweiligen Gesellschaft und des jeweiligen Fürsten stärken. Das hebt sie auf eine Ebene, auf der ihnen ein Platz in der Biografik zukommt, und auf der sie in einem Atemzug mit Staatsmännern, Feldherren und Philosophen genannt werden dürfen192. In der Summe dient die umfangreiche Biografiensammlung aber umgekehrt auch dazu, zu verdeutlichen, wie reich das Zeitalter der rinascita und insbesondere das zeitgenössische Florenz an heldenhaften und ruhmreichen Künstlerpersönlichkeiten sind. Nicht zufällig umfasst die dritte und letzte Epoche in der Ausgabe von 1568 insgesamt 80 Biografien, während die beiden vorangegangenen mit 51 Lebensbeschreibungen in der zweiten und nur 30 in der ersten Vitenepoche deutlich dahinter zurückbleiben. Ungeachtet einer sicherlich besseren und umfassenderen Quellenlage und der eigenen Augenzeugenschaft des Autors für die letzte Zeitspanne, entspricht diese Staffelung dem Konzept eines dreischrittigen Anstiegs an künstlerischer Qualität und Produktion bis zum Höhepunkt in der eigenen Gegenwart. Im eigenen Zeitalter schließlich sind nahezu alle Künstler auch wahre uomini illustri, die sowohl für die Kunst als auch für das zeitgenössische Florenz täglich neue ‚Heldentaten‘ vollbringen193.
189 VASARI: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 348; BAROLSKY 1999, S. 288-289. 190 VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 76. 191 KRISTELLER 1977, S. 12-13; STIMATO 2007, S. 87. 192 Dies ist in den humanistischen Kreisen im Florenz des 16. Jahrhundert durchaus nicht unumstritten, wie eine Kritik Borghinis zeigt, die dieser in einem Brief an Vasari äußert: „Il fine di questa vostra fatica non è di scrivere la vita de pittori, ne di chi furono figlioli, ne quelle che è feciono dationj ordinarie; ma solo delle OPERE loro […]. E lo scriver le vite, è solo di principi et huomini che habbin esercitato cose da principi e non di persone basse, ma solo qui havete per fine l’arte e l’opere di lor mano.“, zitiert nach: BURIONI, Rinascita dell’arte 2010, S. 155. 193 Näher zur virtus der bildenden Künstler im Sinne der uomini illustri bei Vasari siehe: QUONDAM 2013.
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Ephemere Werke als res gestae: Bildende Künstler, theaterschaffende Mäzene und das Wohl des Staates
Unter diese Kategorie verdienstvoller res gestae fallen auch theatrale Formen und ephemere Werke. So gereichen laut Vasari den Künstlern, die sich im Umfeld theatraler Festgestaltung betätigen, vor allem jene Aufgaben zu Ruhm und Anerkennung, die sie in diesem Rahmen erfüllen. Die entsprechenden Textstellen sind gespickt mit Hinweisen auf die große Begeisterung und das Lob, welche die jeweiligen apparati bei Auftraggebern, fürstlichen Mäzenen und Zuschauern hervorrufen. Donatello habe durch seinen Festapparat für die Krönungsfeier Kaiser Sigismunds „fama et onore grandissimo“194 erlangt. Das Bühnenbild, das Baldassare Peruzzi auf dem Campidoglio entwarf, wird als „onoratissimo apparato“ bezeichnet, „che fece stupire ognuno“195. Auch die Bemalungen der San-Giovanni-Festwagen durch Andrea del Sarto „furono molto lodate“196, so dass der Künstler mit ihnen nicht nur seine Stadt verschönert, sondern sich darüber hinaus auch selbst wachsende Bekanntheit erarbeitet habe: „Mentre dunque che con queste et altre opere Andrea adornava la sua città et il suo nome ogni giorno maggiormente cresceva […].“197
Anlässlich des festlichen Einzuges von Papst Leo X. habe del Sartos Fassadengestaltung von Santa Maria del Fiore dem gesamten Festapparat große Ehre und ein besonderes Lob des Papstes eingebracht198. Das Ansehen des Künstlers ist schließlich so groß, dass sein Tod als „grandissimo danno alla sua città et all’arte“199 gewertet wird. Sowohl die Kunst als Abstraktum als auch die Stadt und damit die Florentiner Gesellschaft insgesamt verlieren nach dieser Formulierung einen bedeutenden Mann. Die Interpretation dieses Gedankens gewinnt an Brisanz, wenn man ein Spezifikum der Malerei mitbedenkt: Bei einem Maler, wie Andrea del Sarto, zierten die bleibenden Werke vornehmlich Kirchenwände, Grabkapellen und Kreuzgänge, waren also
194 VASARI: Vita di Donato (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 220. 195 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 319-320. 196 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. 197 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. 198 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 362. Es bleibt allerdings anzumerken, dass der Künstler sich in diesem Fall den Ruhm mit Lorenzo de’ Medici teilen muss, der angeblich die Fassade entworfen hatte. Zitat und Auswertung vgl. Kap. 1, S. 42-44. 199 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 393.
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oftmals nur bedingt für die ganze Bevölkerung zugänglich 200. Seine Arbeiten im Fest- und Theaterwesen dagegen wirkten groß angelegt auf öffentlichem, das Gemeinwohl betreffendem Feld. Vor allem der Bereich des Theaters ist also dazu angetan, seine Verdienste für die Stadt und ihre Bewohner hervorzuheben, und der entsprechende Hinweis am Ende der Lebensbeschreibung spielt vermutlich genau auf diesen Tätigkeitsbereich an. Durch seine ephemeren Arbeiten dient der Künstler letztlich sowohl der Stadtgemeinschaft im Gesamten als auch in besonderer Weise seinem Auftraggeber, dessen Prestige er durch das Ausdrucksmittel ‚Kunst‘ im öffentlichen Raum präsent werden lässt. Entsprechend wird an verschiedenen Stellen hervorgehoben, dass sich Künstler durch ihre Werke rund um das Theater- und Festwesen für Folgeaufträge bei ihren Fürsten empfehlen. So wird Tribolo aufgrund der hervorragend ausgeführten Kostüme für die intermezzi bei der Komödienaufführung anlässlich der Hochzeit Cosimo I. de’ Medicis von diesem prompt mit weiteren Projekten betraut: „[…] et esso Tribolo fece per gl’abiti degl’intermedii, che furono opera di Giovambatista Strozzi, il quale ebbe carico di tutta la comedia, le più vaghe e belle invenzioni di vestiti, di calzari, d’acconciature di capo e d’altri abbigliamenti che sia possibile imaginarsi. Le quali cose furono cagione che il Duca si servì poi in molte capricciose mascherate dell’ingegno del Tribolo, come in quella degl’Orsi, per un palio di Bufole, in quella de’ Corbi, et in altre.“201
Ähnlich verhält es sich bei Pontormo und seinen Arbeiten für den trionfo der Compagnia del Broncone: „Riportò dell’opere che fece in questa festa il Puntormo, oltre l’utile, tanta lode, che forse pochi giovani della sua età n’ebbero mai altretanta in quella città; onde venendo poi esso Papa Leone a Fiorenza, fu negl’apparati che si fecero molto adoperato […].“202
Aufgrund seiner lobenswerten Mitwirkung am Karneval, wird Pontormo beim Einzug Leos X. erneut als Apparateur eingesetzt. Sein Renommee auf diesem Gebiet verhilft ihm nicht nur zu Ruhm und Ehre, sondern sichert auch sein Auskommen.
200 So beispielsweise Andrea del Sartos Arbeiten für die Kirche San Gallo des Augustinerordens: VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 346. Im Gegensatz zum Architekten, dessen Bauten gleichsam ‚öffentliche‘ Wahrnehmung finden und der Verschönerung des Stadtbildes dienen, sind gerade die prestigeträchtigsten Arbeiten der Maler häufig im Chorbereich zu finden und durch eine Chorschranke oder einen Lettner vor dem freien Blick des gemeinen Volkes eher verborgen. 201 VASARI: Vita di Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 219. 202 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 313. Natürlich enthält die Formulierung „oltre l’utile“ auch eine kaum verhohlene Kritik des Autors, dem es sichtlich schwerfällt, dem Konkurrenten die Anerkennung neidlos zu gönnen. Bestehen bleibt aber die Aussage, dass man mit dieser Art von Werken große Reputation erlangen könne.
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Deutlich wird der hohe Stellenwert theatraler Aufgaben für die Reputation der Künstler auch in der Vita Francia Bigios. Dieser empfiehlt sich durch die Ausstattung der Hochzeitsfeierlichkeiten Lorenzo de’ Medicis in besonderem Maße, woraufhin sich dieser für die Fertigung weiterer prestigeträchtiger, ‚bleibender‘ Werke seiner Dienste versichert: „[…] per le quali acquistò nome e favore appresso a quel principe. La qual servitù fu cagione ch’egli ebbe l’opera della volta della sala del Poggio a Caiano a mettersi d’oro […].“203
Bei Francesco Granacci sind es sowohl sein gewinnendes Wesen als auch seine anerkannten Fähigkeiten in der Ausstattung von Karnevalsfeierlichkeiten, die ihm zusätzliche Aufträge durch Lorenzo de’ Medici einbringen: „E perché era molto gentile e valeva assai in certe galanterie che per le feste di carnovale si facevano nella città, fu sempre in molte cose simili dal magnifico Lorenzo de’ Medici adoperato […].“204
Vasari verweist hier auf die Perspektive einer steilen Karriere, die durch ephemere Werke im festlichen Rahmen gefördert und initiiert werden könne. Engagierte und erfolgreiche Mitwirkung an den Festen der republikanisch-städtischen Gesellschaft führen für Granacci schließlich zur Übernahme in höfisch-mediceische Dienste. Girolamo Gengas Geschick bei theatralen Arbeiten ist derart angesehen beim Fürsten (Guidobaldo I. da Montefeltro205), dass dieser ihn nicht nur immer wieder mit neuen Festdekorationen beauftragt, sondern dass schließlich auch sein Sohn (Francesco Maria della Rovere) den Künstler extra dafür aus Rom zurückbeordert: „[…] fu da lui [Francesco Maria della Rovere] richiamato da Roma e costretto a ritornare a Urbino in quel tempo […] e da Sua Eccellenza fu adoperato in far archi trionfali, apparati e scene di commedie […] onde ne riportò fama et onore grandissimo.“ 206
Durch seine Arbeiten für den Einzug Karls V. in Mantua erlangt Giulio Romano sogar die Wertschätzung und Bewunderung des Kaisers, „con stupore e maraviglia di Carlo imperadore e di quanti v’intervennero“207, und so gereicht sein Wirken letztlich
203 VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 510-511. 204 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. 205 *1472; †1508, Herzog von Urbino, kinderlos gestorben, adoptierte 1504 seinen Neffen Francesco Maria della Rovere. 206 VASARI: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 348. 207 VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75.
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auch seiner Heimat Rom zu großer Ehre: „così ornasse et onorasse la sua patria Roma“208. Hervorgehoben wird das Prestige ephemerer Arbeiten auch durch Anekdoten über den Neid, den die Künstler damit bei Kollegen und Konkurrenten erzeugen. Im Begriff der invidia spiegelt sich einerseits die starke Konkurrenz der Hofkünstler untereinander, die nicht mehr egalitär in Zünften organisiert waren209. Gleichzeitig wird der Terminus in Vasaris „Viten“ aber auch als kunstkritische Kategorie eingesetzt: Der Neid, den ein Künstler mit seinem Werk bei den Konkurrenten hervorruft, indiziert die Qualität seiner Arbeit210. Äußerungen über den Neid der Kollegen charakterisieren die entsprechende Leistung als ‚gefährlich gut‘ und heben den persönlichen Rang über den der anderen. ‚Neid‘ wird des Weiteren vornehmlich im Zusammenhang mit prestigeträchtigen Projekten erwähnt, die dem jeweiligen Künstler hohes gesellschaftliches Ansehen eintragen. Brunelleschi habe mit seinen hervorragenden Entwürfen für den Kuppelbau von Santa Maria del Fiore besonders große Missgunst unter den Kollegen erregt211. Michelangelos Tätigkeit für den Bau von Sankt Peter sei durch die Eifersucht und die Intrigen Pirro Ligorios erheblich erschwert worden212. Wenn die invidia von Konkurrenten im Zusammenhang mit ephemeren Festdekorationen erwähnt wird, ist dies also ebenfalls als Zeichen für das künstlerische und gesellschaftliche Ansehen dieser Werkart zu verstehen. Ein Beispiel für einen solchen Übertrag findet sich in der Biografie Aristotile da Sangallos. Hier ruft eine Perspektivbühne des Künstlers für Kardinal Farnese in Rom die Missgunst seines Kollegen Perino del Vaga auf den Plan, der versucht, den Lohn des Konkurrenten durch eine schlechte Bewertung beim Fürsten zu drücken: „[…] perché portando odio ad Aristotile et avendo per male che avesse fatto quella prospettiva, la quale gli pareva dovere che avesse dovuto toccare a lui, come a servitore del cardinale, stava tutto pieno di timore e gelosia […]. Disegnava dunque Perino per queste cagioni di stimare tanto poco la detta prospettiva d’Aristotile, ch’e’ s’avesse a pentire d’averla fatta.“213
208 VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 81. Zu Giulio Romanos Arbeiten für den Einzug Karls V. und zu einigen erhaltenen vorbereitenden Zeichnungen: GROSSO 2016, S. 105-108. 209 Zur sozialen Realität der Hofkünstler und zum Wandel der wirtschaftlichen Bedingungen mit dem Aufkommen dieses neuen ‚Berufsstandes‘ siehe grundlegend: WARNKE 1996. 210 Der Gedanke der invidia unter Künstlern und seine Bedeutung in den „Viten“ sind ausführlich untersucht bei: MATTIODA 2012. 211 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 158. 212 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 105-107. 213 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 401.
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Nur eine Ermahnung durch Giorgio Vasari, der del Vaga an seine Künstlerehre und an die Notwendigkeit des wahrhaftigen giudizio erinnert, bewegt den Neider zum Umdenken und verhilft Aristotile zu seinem Recht214: „Ma considerate che alle fine non si fa danno, giudicando male e non dirittamente, ad Aristotile, ma all’arte, alla virtù e molto più all’anima, e se vi partirete dall’onesto per alcun vostro sdegno particolare […].“215
Ein missgünstiges, unehrliches Urteil, so Vasari, schade nicht nur dem Konkurrenten, sondern letztendlich der Kunst selbst, – ein interessanter Gedanke im Zusammenhang mit einem ephemeren Werk, der den künstlerischen Wert solcher Arbeiten mit dem bleibender Monumente gleichsetzt. Auch Vasari selbst ruft nicht nur in seinen Fresken und Architekturprojekten, sondern genauso durch seine Festdekorationen für den Einzug Karls V. in Florenz zahlreiche Neider auf den Plan: „[…] avendomi questi favori tirato addosso mille invidie, circa venti uomini, che m’aiutavano far le bandiere e gl’altri lavori, mi piantarono in sul buono, a persuasione di questo e di quello, acciò io non potessi condurre tante opere e di tanta importanza. Ma io, che aveva preveduto la malignità di que’ tali ai quali avea sempre cercato di giovare, parte lavorando di mia mano giorno e notte, e parte aiutato da pittori avuti di fuora che m’aiutavano di nascoso, attendeva al fatto mio et a cercare di superare cotali difficultà e malivoglienze con l’opere stesse.“216
Auffallend ist hier neben der erweckten invidia auch die Formulierung „opere e di tanta importanza“, die das Prestige der ephemeren Arbeiten zusätzlich unterstreicht. Zugunsten des Künstlers, der sich durch die üble Nachrede seiner Gegner in eine missliche Lage gebracht sieht, wirkt schließlich das weise Urteil des Fürsten selbst. Alessandro de’ Medici erkennt die Fallstricke der Kollegen, beobachtet im Verborgenen die Mühen Vasaris und, nachdem der Einzug zu seiner Zufriedenheit verlaufen ist, belohnt er ihn mit zusätzlichen dreihundert scudi, die er den Neidern vom Lohn abzieht217. Die genannten Beispiele zeigen, dass in besonderem Maße auch ephemere Arbeiten für und um die höfische Festgestaltung dazu angetan sind, die Künstler im Sinne der „Viten“ als uomini illustri zu kennzeichnen. Besonders stark ist die politische und letztlich staatstragende Bedeutung, die diesen Werken nach Vasaris Auffassung zukommen kann, in einer weiteren Anekdote der Aristotile-Vita hervorgehoben. Sie er-
214 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 402-403. 215 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 402. 216 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 374. 217 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 374-375.
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zählt von einem nur knapp vereitelten Attentat, bei dem der Theaterapparat selbst als ‚Mordinstrument‘ benutzt werden sollte218. Nach dem perfiden Plan Lorenzino de’ Medicis219 sollte der regierende Alessandro de’ Medici bei einer Theateraufführung den Tod finden, die anlässlich seiner Hochzeit mit Margarethe von Parma (1536) im Palazzo Otaviano de’ Medicis gegeben wurde: „[…] avendo egli [Lorenzino] composta la comedia che si aveva da recitare, avea cura di tutto l’apparato e delle musiche, come quegli che andava sempre pensando in che modo potesse uccidere il Duca […] pensò di farlo capitar male nell’apparato di quella comedia.“220
Lorenzino habe die Bühne so manipulieren wollen, dass das Dach der Konstruktion bei der Aufführung einstürzen und den Fürsten ebenso wie zahlreiche Zuschauer unter sich begraben musste. Aristotile und Vasari jedoch hätten den Mordplan durchschaut und durch ihr geistreiches Eingreifen den Anschlag verhindert: „Ma conoscendo Aristotile che quella era una trappola da rovinare addosso a una infinità di persone, non si voleva in questo accordare in modo veruno con Lorenzo, il quale in verità non aveva altro animo che d’uccidere in quella rovina il Duca […]. Per che veduto Giorgio [Vasari] che disordine grandissimo poteva di ciò seguire, e che questo non era altro che un volere amazzare 300 persone, disse che volea per ogni modo dirlo al Duca, acciò mandasse a vedere e provedere al tutto. La qual cosa sentendo Lorenzo e dubitando di non scoprirsi, dopo molte parole diede licenzia ad Aristotile che seguisse il parere di Giorgio; e così fu fatto.“221
Die beiden Bühnenbildner der Aufführung, Aristotile da Sangallo und Giorgio Vasari, werden in dieser Erzählung im wahrsten Sinne des Wortes zu ‚Helden‘ der Florentiner Geschichte. Ihre Umsicht und ihr Kunstverstand lässt sie die Falle durchschauen und ihr ebenso entschlossenes wie geistreiches Eingreifen verhindert schlussendlich einen Staatsstreich. Sich den perfiden Mordplänen des Auftraggebers entschieden verweigernd, retten sie Alessandro de’ Medici ebenso wie zahlreiche Florentiner und sorgen für das Fortbestehen der gegenwärtigen Regierung. Die Theaterdekoration, so Vasari weiter, sei von den beiden Künstlern schließlich nicht nur gesichert worden – sie hätten sie darüber hinaus zu höchster sachgemäßer Perfektion und Schönheit geführt: „Questa scena dunque fu la più bella che non solo insino avesse fatto Aristotile, che fusse stata fatta da altri già mai […].“222
218 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo 1568; BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396-397. 219 Lorenzo di Pier Francesco de’ Medici (*1513; †1548), genannt auch Lorenzaccio, ermordete 1537 Alessandro de’ Medici. 220 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 221 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 397. 222 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 397.
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In der Sammlung Oenslager, New York, hat sich eine Zeichnung von der Hand Aristotile da Sangallos erhalten, die vermutlich für die angegebene Vorführung der „Aridosia“ gefertigt wurde (Abb. 6).
Abbildung 6: Aristotile da Sangallo: Bühnenbildentwurf, ca. 1534/1535, Sammlung Oenslager, New York.
Die dort zu sehenden, sternförmig auf die Vorbühne zulaufenden Straßen hätten – sofern sie tatsächlich zur Ausführung kamen – im Hinblick auf die frühe Entstehungszeit des Entwurfes tatsächlich eine Neuerung dargestellt und würden somit den Superlativ von Vasaris Lob durchaus rechtfertigen 223. Da sich etwaige Attentatspläne Lorenzinos anlässlich der genannten Theateraufführung anhand der Quellen nicht nachweisen lassen, ist davon auszugehen, dass die übrige Anekdote frei erfunden ist224. Der Zweck dieser fiktionalen Zutat dürfte genau in der Betonung künstlerischer ‚Heldentaten‘ liegen: Künstlerisches Wirken im Umfeld theatraler Ausstattung erhält in diesem Fall den Rang einer wahren res gesta, einer historischen Tat von weitreichender politischer Konsequenz. Den bildenden Künstlern wird die Macht zugesprochen, mittels ihres Könnens und ihres hervorragenden giudizio auf dem Feld der Theaterdekoration den Lauf der Geschichte zu verändern. Um eine echte impresa handelt es sich auch, wenn, wie bei der Beschreibung der Maskerade der sogenannten Geneologia degli Dei, Erfindung, Organisation und Ausführung eines theatralen Spektakels nicht mehr einem bildenden Künstler, sondern dem Fürsten und Auftraggeber persönlich zugeschrieben sind:
223 MÄDLER & BURIONI 2010, S. 204 Anm. 59. 224 MÄDLER & BURIONI 2010, S. 204 Anm. 58.
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„[…] se tacere non arò voluto, che egli [Cosimo de’ Medici] ne fusse al tutto inventore et ordinatore et in un certo modo diligente essecutore, trattando tutte le cose e rappresentandole poi con tanto ordine e tranquillità e prudenza e tanto magnificamente, che ben può fra le molte sue gloriose azzioni ancor questa con somma lode annoverarsi.“225
Die Textstelle beinhaltet eine massive Aufwertung sowohl des Entwurfes als auch der Ausführung theatraler Formen. Offenbar empfindet es der Fürst nicht unter seiner Würde, seine „prudenza“ für die Ideation einer Maskerade aufzuwenden und daran mitzuwirken – und mehr noch: Die entsprechende Maskerade wird sogar wortwörtlich unter seine glorreichen ‚Taten‘ eingereiht. Dies rechtfertigt der Autor im Rückgriff auf die auctoritas der Antike: „[…] non minor ordine né minor prudenza ricercarsi, e quasi non meno di buon capitano esser ufizio il sapere nella pace ben preparare un convito che nella guerra il saper bene uno esercito per un fatto d’arme rappresentare.“226
Theatrale Formen und ihre Durchführung erhalten hier eindeutig staatstragende Priorität. Für den Ruhm des Fürsten haben sie nach dieser Aussage den gleichen Stellenwert wie eine erfolgreiche und kluge Kriegsführung und ein Gastmahl sagt ebenso viel über seine fürstlichen Qualitäten im Frieden aus, wie eine gute Heerführung im Krieg. Eine ähnliche Haltung zeigt sich auch in einer Textstelle der Biografie Francesco Granaccis, wenn die Erfindung thematisch einheitlicher trionfi als Verdienst Lorenzo il Magnificos ausgewiesen ist: „Ne tacerò qui che il detto Lorenzo de’ Medici fu primo inventore, come altra volta è stato detto, di quelle mascherate che rappresentano alcuna cosa – sono detti a Firenze Canti […].“227
Lorenzo il Magnifico selbst habe sich im festlichen und theatralen Feld betätigt und tritt hier gar als Schöpfer neuer Formen hervor. Auch durch seinen Entwurf der ephemeren Fassadengestaltung von Santa Maria del Fiore erweist er sich nach Vasaris Darlegung als ein vielseitig begabter und engagierter Fürst, der sich um die Entwicklung des Theatergeschehens verdient macht228. Damit werden in den „Viten“ auch die traditionellen uomini illustri – neben ihren anderen Eigenschaften – zu Männern des Theaters und der Künste erklärt. Zum Wohle des Volkes liegt ihnen nach dieser Argumentation die Entwicklung des Festwesens offenbar so am Herzen, dass sie sich selbst aktiv daran beteiligen und maßgeblich seine Gestaltung mitbestimmen.
225 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 332. 226 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 332. 227 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. 228 Siehe näher: Kap. 1, S. 43-44.
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Uomini illustri des Theaters: Erweiterungen des Modells über die Hauptfiguren der Biografien hinaus
Im Zuge der Schilderungen zu Theater und Fest werden schließlich auch Personen namentlich erwähnt, die außerhalb der bildenden Künste tätig sind. Dazu zählen unter anderem Autoren, Darsteller, Artisten229, Musiker und Komponisten sowie Mitglieder und Gründer einzelner Compagnie. Häufig enthalten die Textstellen neben der Zuschreibung diverser Werke, Rollen und Funktionen weitere Angaben zur Person, zum Charakter oder zum gesellschaftlichen Rang der Genannten. So werden in der Vita Iacopo da Pontormos die beiden Autoren der konkurrierenden trionfi der Compagnia del Diamante und der Compagnia del Broncone nicht nur namentlich aufgeführt, sondern Vasari macht außerdem Angaben zu ihrem intellektuellen Niveau, ihrem Beruf und ihrer sozialen Stellung. Andrea Dazzi, der Ideengeber des trionfo der Compagnia del Diamante wird als Lehrer für Griechisch und Latein näher ausgewiesen: „[…] che allora leggeva lettere greche e latine nello Studio di Fiorenza […]“230 und Iacopo Nardi, der Autor des trionfo der konkurrierenden Kompanie des Broncone, ist beschrieben als „[…] gentiluomo nobile e literatissimo, al quale, per quello che fu poi, è molto obligata la sua patria Fiorenza“ 231. Mit diesem Hinweis deutet Vasari möglicherweise auf Iacopo Nardis Alterswerk hin, die „Istorie della città di Fiorenza“, das zwar erst 1582 publiziert wurde, aber bereits kurz nach Nardis Tod (1563) als Manuskript in mediceischen Besitz gelangte und in zahlreichen Abschriften in Florenz kursierte 232. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass hier in Anlehnung an eine ähnliche Formulierung in Benedetto Varchis „Istoria Fiorentina“ auf Nardis mutige und erfolgreiche Mitwirkung bei der Verteidigung des Palazzo Vecchio während des Tumulto di venderdì am 26. April 1527 angespielt wird233. Der spezifisch antimediceisch-republikanische Zusammenhang der Tat würde erklären, weshalb der Vermerk derart obskur bleibt. Nardi war überzeugter Savonarola-Anhänger und musste nach dem Wiedereintritt der Medici aufgrund seiner republikanischen Einstellung nach Venedig exilieren234.
229 Die beiden saltatori Montughi und Ruvidino, siehe Kap. 2.2, S. 77. 230 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. Andrea Dazzi (*1473; †1548), Florentiner Humanist, Griechisch- und Lateindozent in Florenz und Pisa: GRENDLER 2004, S. 233-234 Anm. 132. 231 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. Iacopo Nardi (*1476; †1563). 232 Beispielsweise besaß Benedetto Varchi eine komplette Abschrift aller zehn Bücher Nardis: vgl. BRAMANTI 1997, S. 321-340, speziell S. 328-329. 233 Bei Varchi findet sich im Zusammenhang mit Nardis Verteidigung folgender Hinweis: „Grande è dunque l’obbligo anzi infinito, il quale a Iacopo Nardi debbe la città di Firenze […].“: VARCHI (um 1560) 1858, II,24, S. 113. Unter der Bezeichnung Tumulto di venerdì firmiert ein Aufstand gegen den mediceischen Stadthalter Silvio Passerini am 16. April 1527, in dessen Zuge der Palazzo della Signoria besetzt wurde, um Florenz gegen die nahenden kaiserlichen Truppen zu verteidigen. Im Zuge dieses Aufstandes wurden die Medici zu Rebellen erklärt und aus der Stadt vertrieben. 234 BRAMANTI 1997, S. 321-340.
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Allerdings dient die Anführung an dieser Stelle dazu, ihn als wahrhaften uomo illustro, als verdienten Staatsmann, zu kennzeichnen und zu verdeutlichen, weshalb sein Name würdig ist, in die Schilderungen der „Viten“ einzugehen235. Außerdem stellt die Betonung des hohen Bildungsstandes beider Ideengeber eine implizite Nobilitierung der beschriebenen Festumzüge dar. Sie seien von den gebildetsten Männern der Stadt konzipiert worden. Dadurch ist ihr geist- und lehrreicher Charakter sowie ihr hoher intellektueller Anspruch bereits von vorneherein attestiert. Ebenfalls ausdrücklich als ‚berühmter Mann‘ gekennzeichnet ist der Dichter Pietro Aretino, den die „Viten“ im Zuge einer ausführlichen Beschreibung des von Vasari konzipierten Festapparates für eine Aufführung von dessen „Talanta“ durch die Compagnia della Calza in Venedig nennen236. In seiner Autobiografie bezeichnet Vasari Aretino außerdem als „poeta allora di chiarissimo nome e mio amicissimo“237, und reiht ihn so unter die zeitgenössischen famosi der Dichtkunst ein. Die Biografie Battista Francos enthält nähere Angaben zum Gründer des ‚bezahlten Theaters‘ in Rom und betont dabei dessen Qualifikation und Stellung: „[…] messer Giovan Andrea dall’Anguillara, uomo in alcuna sorte di poesie veramente raro“238. Besonders viele namentliche Nennungen finden sich in der Lebensbeschreibung Aristotile da Sangallos. Angegeben sind sowohl die Kompanien, für die die jeweiligen Festapparate geschaffen wurden239, als auch die konkreten Aufführungsorte, die Titel der Komödien sowie die Autoren240, Komponisten und Auftraggeber241 der Spektakel. Beispielsweise seien für die Dramenvorführungen anlässlich der Hoch-
235 Iacopo Nardi wird in der Vita Francesco Granaccis noch einmal genannt und auch hier näher als „uomo dottisimo e di bellissimo ingegno“ bezeichnet: VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. 236 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291. Pietro Aretino (*1492; †1556), italienischer Satiriker und Komödiendichter, zeitgenössisch berühmte Komödienwerke u.a. „La Cortigiana“ (1525), „La Talanta“ (1542). 237 VASARI: Le opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 382. 238 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466; vgl. Kap. 2.2, S. 89-91. 239 Beispielsweise Compagnia della Cazzuola, Compagnia de’ Fanciulli della Purificazione, Compagnia de’ Tessitori, Compagnia dell’Orciuolo: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395-396, S. 404. 240 Beispielsweise: „La Mandragola“: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395; „[…] la violazione di Tamar la quale aveva composta Giovan Maria Primerani.“; „[…] Lorenzo di Pier Francesco de’ Medici, avendo egli composta la commedia che si aveva da recitare […].“: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 241 Beispielsweise Bernardino di Giordano, Iacopo Fornaciaio, Ruberto Strozzi, Alessandro de’ Medici: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396, S. 401.
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zeitsfeierlichkeiten Cosimo de’ Medicis von literarischer und musikalischer Seite vor allem zwei Männer verantwortlich gewesen: „Compositore della comedia fu Anton Landi, gentiluomo fiorentino; e sopra gli intermedii e la musica fu Giovan Batista Strozzi, allora giovane e di bellissimo ingegno.“ 242
Abermals begnügt sich Vasari nicht mit einer namentlichen Erwähnung, sondern sieht sich offenbar zu Ergänzungen genötigt, die bei Landi den sozialen Stand und die Fiorentinità betonen und bei Strozzi Talent und Jugend hervorheben. Nur unter Verweis auf bereits existierende ausführliche Beschreibungen der übrigen Komponenten, verkneift sich der Text weitere Exkurse zu Qualität und Gestaltung der Werke der beiden uomini illustri aus dem Kreis der ‚nicht-bildenden Künstler‘: „Ma perché dell’altre cose che adornarono questa comedia, gl’intermedii e le musiche fu scritto allora a bastanza, non dirò altro […].“243
In Giovann’ Antonio Lappolis Lebensbeschreibung sind zwei Autoren namentlich erwähnt. Während der Poet der ersten Komödie, „Niccolò Soggi“244 nur aufgeführt ist, wird der Autor der zweiten Komödie als „Giovanni Polastra, poeta aretino“ näher bezeichnet und außerdem als ein Dichter ausgewiesen, „che fu veramente uomo di bellissimo ingegno“245. Nicht nur den Text, sondern die gesamte szenische Um-
242 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398. Antonio Landi (*1506; †1569), Mitglied der Accademia Fiorentina; Giovanni Battista Strozzi (*1505; †1571), italienischer Dichter. 243 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 39. Vasari verweist hier wohl auf eine 1539 bereits offiziell publizierte Festberichterstattung und den darin enthaltenen Brief Francesco Giambullaris an Giovanni Bandini: „M. Pier Francesco Giambullari, al molto/ Magnifico M. Giovanni Bandini / Oratore dello Ilustriss. Signor / Duca di Firenze appresso / la maesta Cesarea, in: APPARATO ET FESTE / NELLE NOZE DELLO ILLV-/strissimo Signor Duca di Firenze, & del-/la Duchessa sua Consorte, con le sue / Stanze, Madiali, Comedia, / & Intermedij, in / quelle reci-/tati. / M.D.XXXIX Impressa in Fiorenza per Benedetto Giunta. / nell’anno, M.D. XXXIX. / di XXIX d’Agosto./“: ZORZI 1977, S. 193 Anm. 98. Der Vitenautor gibt selbst an, den Festbericht Giambullaris gelesen zu haben. Ein philologischer Abgleich der beiden Texte und der darauf beruhende Nachweis für den direkten Einfluss Giambullaris erfolgt in Ansätzen bei: GROSSO 2016, S. 101-102. 244 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183. Niccolò Soggi (*1480; †1552), italienischer Maler, gebürtig in Arezzo. 245 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183-184. Beim Poeten der Komödie handelt es sich ebenfalls um einen Lappoli: Giovanni Lappoli, gen. Pollastra (*1465; †1540), der unter anderem für die Intronati in Siena eine comedia elegantissima, „Parthenio“ geschrieben hatte, die 1516 uraufgeführt wurde: vgl. PIERI 2010, S. 271. Vasari selbst war Schüler von Pollastra an
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setzung schreibt Vasari seiner Regie zu246. Auch die anschließende burla einer fingierten Fehde unter den verfeindeten Compagnie der Stadt sei Pollastras Einfall gewesen und wird wörtlich als „un bel capriccio di questo poeta“247 bezeichnet. Beide Aufführungen weist der Vitenautor schließlich als Auftragsarbeiten für die Stadt und ihren „commessario“, Luigi Giucciardini, aus248. Auch das farbenprächtige Bild von diversen Festivitäten der beiden Compagnie in der Rustici-Vita wird durch namentliche Erwähnungen zahlreicher historischer Persönlichkeiten der Florentiner Gesellschaft ausgeschmückt, wodurch zugleich die Authentizität des Geschilderten pointiert werden soll. Für die Compagnia del Paiuolo werden neben der Hauptfigur der Biografie, Giovanfrancesco Rustici, und dem Maler Andrea del Sarto folgende Mitglieder genannt: „Spillo pittore, Domenico Puligo, il Robetta orafo, Aristotile da San Gallo, Francesco di Pellegrino, Niccolò Boni, Domenico Baccelli, che sonava e cantava ottimamente, il Solosmeo scultore, Lorenzo detto Guazzetto e Ruberto di Filippo Lippi pittore, il quale era loro proveditore.“249
Auch bei der Compagnia della Cazzuola nennt der Autor alle 24 Gründungsmitglieder. Zwölf davon hätten der compagnia maggiore angehört und zwölf seien zur compagnia minore zu zählen: „Iacopo Bottegai, Francesco Rucellai, Domenico suo fratello, Giovambatista Ginori, Girolamo del Giocondo, Giovanni Miniati, Niccolò del Barbigia, Mezzabotte suo fratello, Cosimo da Panzano, Matteo suo fratello, Marco Iacopi, Pieraccino Bartoli250; e per la minore, Ser Bastiano Sagginotti, ser Raffaello del Beccaio, ser Cecchino de’ Profumi, Giuliano Bugiardini pittore,
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der Grammatikschule. Giovann’ Antonio Lappoli, der Maler, war Pollastras Neffe: vgl. CECCHI, G. 2004. VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 184. VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 184. Für eine ausführliche Beschreibung des Inhalts der burla siehe Kap. 2.2, S. 88. VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183. Luigi Guicciardini (*1478; †1551), 1534-1535 comissario in Arezzo. VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481. Für weiterführende Informationen zu den jeweiligen Künstlern siehe: MILANESI (1906) 1981, Bd. VI, S. 609. Für eine umfassende Identifikation der historischen Persönlichkeiten, die sich hinter den Nennungen im Text verbergen: vgl. MOZZATI 2008, S. 335-356. VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Die Mitglieder der Compagnia maggiore sind grundsätzlich zur Florentiner Oberschicht zu zählen: MOZZATI 2008, S. 357-394.
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Francesco Granacci pittore, Giovanfrancesco Rustici, Feo gobbo, il Talina sonatore suo compagno, Pierino piffero, Giovanni trombone, e il Baia bombardiere.“ 251
Beigetreten waren außerdem „Bernardino di Giordano, il Talano, il Caiano, maestro Iacopo da Bientina e messer Giovambatista di Cristofano ottonaio“252. Als Herolde fungierten zwei professionelle araldi der Signoria: „Buon Pocci e Domenico Barlacchi“253. Bemerkenswert ist, dass im Umfeld der beiden Compagnie offenbar nicht nur zahlreiche bildende Künstler sondern vor allem auch diverse Persönlichkeiten angesiedelt sind, die sich auf unterschiedlichen Ebenen um das Fest- und Theaterwesen der Stadt verdient machen. Mit dem Komödienautor Iacopo da Bientina, dem Flöter Pierino, dem bombardiere Talina, dem Posaunisten Giovanni und dem Trompetenspieler Giovambatista di Cristofano sind vielfältigste am zeitgenössischen Theater beteiligte Tätigkeitsbereiche unter den Mitgliedern der Compagnia della Cazzuola vertreten254. Buon Pocci wird als „araldo“ der Signoria verzeichnet und dadurch ‚beruflich‘ ebenfalls dem städtischen Festwesen zugeordnet255. Bei Domenico Barlacchia dagegen handelt es sich um einen zeitgenössisch berühmten Schauspieler von internationalem Ruf, dessen Person in Vasaris Zeit sicher keiner näheren Beschreibung bedurfte 256.
251 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 252 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 253 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 254 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Eine später ausführlich zu zitierende Notiz Vincenzo Borghinis nennt Bientina zusammen mit dem als araldo bekannten Giovan’ Battista del Ottonaio als einen der Autoren, die einen Wechsel von gesungener zu gesprochener Rezitation eingeleitet hätten: vgl. PETRINI 1996, S. 26-28; zur Quelle: BNCF, MS II.X.116, fol. 44v. Zu Giovambattista Ottonaio näher: TREXLER 1978, S. 14, S. 52. 255 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Seit Francesco Filarete fungieren die Herolde der Signoria als Zeremonienmeister und damit auf offiziell theatralem und festlichem Terrain. Zur Funktion des Herolds in der Florentiner Republik sowie zu Filaretes Zeremonienbuch von 1476 siehe ausführlich: TREXLER 1978, S. 13-68. 256 ZORZI 1977, S. 187 Anm. 77: Der unter dem Berufsfeld des „banditore“ verzeichnete Domenico Barlacchia lebte von 1483 bis 1554 in Florenz. Auftritte Barlacchias sind für die Festa di San Giovanni des Jahres 1514 sowie 1545 bei den Karnevalsfeierlichkeiten und zugehörigen Komödienrezitationen und vor allem 1548 in Lyon für den Einzug des Henri II dokumentiert, als er für die Regie der „Calandria“-Aufführung durch die Florentiner Abordnung verantwortlich war: PETRINI 1996, S. 21-23. Sein Bekanntheitsgrad ist über zahlreiche zeitgenössische Quellen belegt. Beispielsweise beschreibt ihn Francesco Doni in einem Brief aus dem Jahr 1543 als „dicitor famoso“ und „strione perfetto“, zitiert nach: PETRINI 1996, S. 21. Über Barlacchias Biografie und Aktivitäten siehe
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Die restlichen Figuren erhalten vom Autor klare ‚Berufsbezeichnungen‘, die ihre Zugehörigkeit zum Assoziationsfeld des ‚Theatralen‘ für den Leser auf einen Blick kenntlich machen, sowie mitunter lobende Hinweise auf die hohe Qualität ihrer jeweiligen Leistungen auf dem entsprechenden Gebiet. Auch der gesonderte Hinweis auf die ‚Buckeligkeit‘ eines Mitgliedes ist in diesem Sinne zu verstehen, da hierdurch dessen Nähe zu Lustbarkeiten aller Art und speziell zum theatralen Umfeld unterstrichen wird. Menschen mit körperlichen Gebrechen oder Kleinwüchsige fanden zeitgenössisch häufig ihr Auskommen als buffoni bei Hofe oder als Mitglieder professioneller Theatergruppen 257. Ähnliche Zusätze finden sich bei den Persönlichkeiten, die laut Vasari der Vereinigung wenig später zusätzlich beigetreten seien: „Giuliano de’ Medici, Ottangolo Benvenuti, Giovanni Cangiani, Giovanni Serristori, Giovanni Gaddi, Giovanni Bandini, Luigi Martelli, Paulo da Romena e Filippo Pandolfini gobbo; e con questi in una medesima mano, come aderenti, Andrea del Sarto dipintore, Bartolomeo trombone musico, ser Bernardo Pisanello, Piero cimatore, il Gemma merciaio, et ultimamente, maestro Manente da San Giovanni, medico.“258
Nicht nur werden die Namen der einzelnen Personen aufgezählt und ihre Zuteilung in der hierarchischen Struktur der Gruppe deutlich gemacht. Ergänzend werden wieder auch die Berufe der aderenti und der Mitglieder der compagnia minore genannt. Dies dient einerseits dazu, die zahlreichen Künstlermitgliedschaften zu verdeutlichen und so abermals Gewicht auf die gesellschaftliche Stellung und das Engagement des eigenen Berufsstandes zu legen. Andererseits werden nun neben den Künstlern und Musikern (Trompeter, Flöter, Blechbläser und Sänger) vermehrt auch Stoffschneider, Kaufleute und Ärzte aufgelistet259. Bei den Musikern und Sängern verfährt Vasari analog zu seiner über das gesamte Werk hinweg vertretenen Vorgehensweise hinsichtlich der bildenden Künstler: Er bezeichnet sie nicht nur allgemein als ‚Musiker‘, sondern weist sie mittels der genauen Nennung ihrer Instrumente einer bestimmten Sparte zu.
außerdem: PETRINI 1996, S. 21-87. Interessant ist, dass auch Vincenzo Borghini diverse Notizen zu Barlacchia anfertigte und hierbei unter anderem notierte, dieser habe die Rezitation in „parlato“ ‚erfunden‘: vgl. PETRINI 2010, S. 282. Zu den genannten Persönlichkeiten auch kurz: VENTRONE 1993, S. 164; außerdem: MOZZATI 2008, S. 361-363. Für weitere Zuweisungen und biografische Angaben: MOZZATI 2008, S. 357-397. 257 Zum Dasein der buffoni siehe näher: SAFFIOTI 2009. 258 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Abermals wurden beinahe alle im Text erwähnten Mitglieder von Mozzati identifiziert. Er arbeitet außerdem treffend heraus, dass die meisten von ihnen im Zusammenhang mit von der Signoria vergebenen Aufträgen für die Gestaltung offizieller Festapparate in den Quellen erwähnt werden, und dass viele von ihnen dem mediceischen Umfeld nahestanden: MOZZATI 2008, S. 213-221, S. 248-253, S. 357-397. 259 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483.
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Auch die Auftraggeber einzelner Feste sowie die wechselnden Vorsitzenden der Kompanien sind genau bezeichnet. Gastgeber des ersten Bankettes der Compagnia della Cazzuola ist beispielsweise Giuliano Bugiardini260. Ein anderes Mal steht Matteo da Panzano der Kompanie vor261. Des Weiteren werden Francesco und Domenico Rucellai sowie Luigi Martelli und Giuliano Scali als Gastgeber und Vorstände genannt262. Die rege Aufführungstradition der Cazzuola wird unter anderem durch folgende Komödien geprägt: „[…] la Calandra di messer Bernardo, cardinale di Bibbiena, i Suppositi e la Cassaria dell’Ariosto, e la Clizia e Mandragola del Machiavello“263. Offenbar ist es selbst bei so bekannten Autoren wie Machiavelli und Ariost wichtig, sie zu nennen und die entsprechenden Werke mit ihnen in Verbindung zu bringen, auch wenn aufgrund der vorauszusetzenden Kenntnis des Lesers auf weitere spezifizierende Äußerungen zu den beiden Personen hier verzichtet wurde. Auch der Autor der „Calandria“ ist als „cardinale di Bibbiena“ näher gekennzeichnet, obwohl Vasari davon ausgehen kann, dass das Werk und dessen Dichter seinem Leser ein Begriff sind264. Eine besondere Ergänzung erfährt die Nennung von Giovan Maria Primerani, der in der Lebensbeschreibung Aristotile da Sangallos als Verfasser der Tragikomödie über die „violazione di Tamar“265 angegeben ist. Sein Schicksal wird vom Autor mit folgendem Satz näher geschildert: „E perché oltre al bell’apparato, la tragicomedia fu bella per sé e ben recitata, e molto piacque al duca Alessandro et alla sorella che l’udirono, fecero loro Eccell[enze] liberare l’autore di essa, che era in carcere, con questo che dovesse fare un’altra comedia a sua fantasia.“ 266
Der Topos von der ‚Errettung‘ eines Künstlers wegen der Qualität seiner Werke respektive aufgrund seiner Reputation besitzt in der Kunstliteratur eine lange Tradition267.
260 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 261 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 484. 262 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 486-487. Gastgeber und Vorstand zu sein, bedeutete nicht nur die Funktion eines Auftraggebers innezuhaben, sondern häufig auch die Konzeption der szenischen Bankette und Aufführungen zu verantworten. 263 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 486. 264 Immerhin war Bibbiena so bekannt, dass er in den „Elogia“ Paolo Giovios mit einer eigenen Vita geehrt wurde, worin auch die „Calandria“ ausführlich besprochen und gepriesen ist: vgl. Kap. 3.2, S. 231-232. 265 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 266 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396.
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Im Kontext der „Viten“ enthalten diesbezügliche Hinweise häufig kunstkritische Implikationen. So sei beispielsweise Baldassare Peruzzi beim Sacco di Roma verschont worden, da man ihn als guten und berühmten Künstler erkannt habe und ihn das Portrait eines deutschen Anführers anfertigen lassen wollte. Im Bildnis habe er sich jedoch kunstvoll an den Besatzern gerächt, indem er alle Schlechtigkeit des ‚Barbaren‘ malerisch eingefangen und verewigt habe268. In der Aristotile-Vita steht nun eine ähnliche Anekdote im Zusammenhang mit dem Autor eines Komödientextes. Wie Peruzzi in seinem Gemälde die Schlechtigkeit seines Auftraggebers wiedergibt und damit implizit das eigene Schicksal kommentiert, so verweist auch Primerani im nun neu angefertigten Werk metaphorisch auf seine Situation, allerdings mit deutlich zurückgenommener Kritik an seinem Befreier. Das Stück erzählt die Geschichte von „Ioseffo accusato falsamente d’avere voluto violare la sua padrona, e per ciò incarcerato e poi liberato per l’interpretazione del sogno del re“269. Primerani, der Literat, teilt in dieser Anekdote also ein ähnliches Schicksal wie Peruzzi, der bildende Künstler. Analoge erzählerische Mittel werden angewandt, um sein Talent hervorzuheben und ihn als bemerkenswerte Persönlichkeit zu kennzeichnen. Die Information wird ohne Notwendigkeit gegeben, lediglich fußend auf dem schlichten Bedürfnis auch diejenigen zu ehren, die für den nichtbildend-künstlerischen Anteil an theatralen Aufführungen verantwortlich waren. Des Weiteren wird in dieser Anmerkung abermals deutlich, welch hohes Einflusspotential den Darbietungen auf die Entscheidungen der Mächtigen zugesprochen wird und welche, im wahrsten Sinne des Wortes, lebenswichtige Funktion ihrem Gelingen anhaftet. Sie nehmen im Leben von Autoren, Auftraggebern und Öffentlichkeit eine zentrale Rolle ein. Exemplarisch ausgewählt, stehen diese wegen ihrer musischen, literarischen, mäzenatischen, akrobatischen und schauspielerischen Leistungen als uomini illustri in die „Viten“ integrierten Persönlichkeiten für eine in ihrer Gesamtheit besonders reiche und hochwertige Florentiner Theaterlandschaft270.
267 Die Verschonung eines Künstlers bei der Belagerung einer Stadt wird bereits in der „Naturalis Historia“ von Plinius d. Ä. geschildert: PLINIUS (um 77 n. Chr.) 2000, VII, S. 126; XXXV, S. 104-106. Vasari greift diese Anekdote in seinen „Viten“ ebenfalls auf und vermischt sie mit der von Livius geschilderten Belagerung der Stadt Syrakus durch Claudius Marcellus: BURIONI & FESER 2004, S. 127 Anm. 106. 268 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323-324. Eine ähnliche Anekdote findet sich in der Vita Parmigianos, der von den ‚deutschen‘ Besatzern verschont wird, da sie seine Unverdrossenheit und Hingabe an die Kunst anerkennen: BLAKE MCHAM 2011, S. 18-19. 269 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 270 Vorbilder für das umfassende Bild einer an bedeutenden kreativen Persönlichkeiten reichen Stadt finden sich in den zahlreichen Landes- und Stadtbeschreibungen des 15. und 16. Jahrhunderts, bei denen zunehmend neben Literaten, Philosophen und bildenden Künstlern auch Musiker und Komponisten Erwähnung fanden. So beispielsweise in Filippo Villanis „Liber de civitatis Florentiae famosis civibus“ (um 1400), das neben den
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Dies gilt, wie Sara Mamone nachgewiesen hat271, nicht nur für jene Textstellen, die einen expliziten Bezug zum Theater der Zeit eröffnen. Vielmehr ziehen sich namentliche Nennungen und biografische Verbindungen der Künstler mit Poeten, Literaten und Sängern unabhängig von konkreten ephemeren Arbeiten oder festlichen Anlässen durch zahlreiche Biografien272. So portraitiert beispielsweise Domenico Puligo die Sängerin Barbara Fiorentina „buonissima musica che canta divinamente“273. Unzählige Künstler haben selbst musizierende oder schauspielerische Neigungen, die sie in mehr oder minder geringem Maße neben ihrem ‚Beruf‘ ausüben274. Dies gilt vornehmlich auch für Künstler, die sich um das Theater der Zeit verdient machen. So wird Girolamo Genga als ein Mann mit vielen Talenten gekennzeichnet: „Fu non solo pittore, scultore et architettore, ma ancora buon musico.“275 Sein Sohn Bartolomeo wird mit folgenden Worten beschrieben: „[…] bellissimo inventore di mascherate e rarissimo in fare apparati di commedie e scene. Dilettosi di fare sonetti et altri componimenti di rime e di prose […].“276
Rosso Fiorentino, der sowohl für den Einzug Papst Leos X., als auch für den Besuch Karls V. in Fontainebleau ephemere Ausstattungen schuf, wird bereits in den ersten Zeilen seiner Vita unter anderem als „bonissimo musico“277 ausgewiesen.
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274 275 276 277
29 Biografien von Dichtern, Malern, Gelehrten, Politikern und Feldherrn auch einen Abschnitt über die Musik mit einer Kurzbiografie Landinos und dreier weiterer Musiker enthält. Zeitgenössische Beispiele sind unter anderem Bernardino Scarderones 1560 erschienenes Paduaner Städtelob „Historiae de urbis Patavii antiquitate, et claris civibus Patavinis libri tres“, das ebenfalls einen eigenen Abschnitt über Paduaner Musiker und Musiktheoretiker enthält. Außerdem war den Vitenredakteuren Lodovico Giucciardinis Projekt der „Descrizione di tutti i paesi bassi“ bekannt, das 1567 in Antwerpen publiziert wurde und mehr als 24 Musiker von der Mitte des 15. Jahrhundert bis in die eigene Gegenwart auflistete: KÜMMEL 1967, S. 29-32. Auch Cosimo Bartolis „Ragionamenti accademici“ von 1567 nennen die Namen zahlreicher Komponisten, Sänger und Instrumentalisten seiner Zeit, mit dem Vermerk, nur die „eccelenti“ zu erwähnen, und mit einem Lob deren musikalischer Qualitäten: LOWINSKY 1989, S. 92; BARTOLI, C. 1567, S. 36v-38v. Zu weiteren möglichen Anleihen bei Städtelob und Stadtbeschreibung hinsichtlich einer Enkomiastik durch die Erwähnung von Theater, Tanz, Fest, Musik und Spiel und zu Guicciardini näher vgl. Kap. 3.1. MAMONE 2013. MAMONE 2013, S. 75-79. VASARI: Vita di Domenico Puligo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 25, vgl. MAMONE 2013, S. 83. Vasaris Faszination für die Schauspieler- und Sängerzunft lässt sich auch in seinen Sonetten auf die Schauspielerin Flaminia erkennen, die von Enrico Mattioda identifiziert und besprochen werden: MATTIODA 2013. MAMONE 2013, S. 79-84. VASARI: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 351. VASARI: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 355. VASARI: Vita di Rosso Fiorentino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 473.
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Zwar sind musikalische Talente in den „Viten“ nicht immer nur positiv konnotiert. Eine zu starke Hinwendung an die Musik kann ein gleichzeitiges Vernachlässigen der bildend-künstlerischen Tätigkeit bedeuten, was kunstkritisch und für die Reputation des Künstlers in seinem Metier natürlich zu verurteilen ist278. Doch zeigt allein die Tatsache, dass diese Merkmale zu deren weiterer Charakterisierung herangezogen werden, den Stellenwert einer vielseitigen Begabung. Gerade auch bei Theaterschaffenden, so der Tenor, sind musische und literarische Veranlagungen ausgeprägt und werden als förderlich für deren Werk begriffen. Vasaris Künstler-Helden werden dadurch zu ‚Allroundern‘, die durch ihre diversen Talente und ihre Werke die eigene Stadt und ihre Gesellschaft erfreuen und verschönern. Rang und Namen verdienen sich durch ephemere Arbeiten nach Vasaris Angaben auch Künstler, denen im Gesamtwerk keine eigene Vita zukommt. Sie werden mitunter einzeln und unter Hinweis auf ihren spezifischen Anteil am Gesamtwerk gewürdigt. Die Aristotile-Vita nennt im Zusammenhang mit der Gestaltung eines Festapparates für Cosimo de’ Medici beispielsweise Francesco Ubertini detto il Bachiacca, Pierfrancesco di Iacopo di Sandro, Domenico Conti279, Francesco Salviati sowie Carlo Portelli da Loro und Antonio di Donnino280. Letzterer wird in seiner Leistung sogar noch einmal besonders hervorgehoben und als „pittore fiero di movenze“281 bezeichnet. Obwohl von einem bis dato unbekannten Künstler geschaffen, sei sein Werk „migliore che l’opere d’alcuni altri che erano valentuomini solamente in opinione“282 gewesen. Auch die Biografie Francesco Salviatis erwähnt im Zusammenhang mit einer ephemeren Festdekoration in Castro verschiedene Künstlerpersönlichkeiten und ihre Verdienste, die im Gesamtwerk nicht mit einer eigenen Vita geehrt werden. So sei die skulpturale Dekoration eines ephemeren Triumphbogens von einem Bildhauer namens „Alessandro detto Scherano“283 geschaffen worden. Der Autor schließt an
278 MAMONE 2013, S. 83; GRAUL 2012; NOLL 2016, S. 309. Stimato betont aber treffend, dass sich die Künstler durch ihre musischen Fähigkeiten besonders auch als Höflinge hervortun. Sie reüssieren in höfischem Betragen und in höfischen Tugenden und sind somit in besonderem Maße den traditionellen uomini illustri gleichgesetzt: STIMATO 2007, S. 93. 279 Genauer als Schüler Andrea del Sartos ausgewiesen: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 399. 280 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. 281 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. 282 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. 283 VASARI: Vita di Francesco Salviati (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 517.
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dessen Namen die nähere Spezifizierung „scultore da Settignano“284 an. Eine weitere ephemere Fassadengestaltung sei von „Batista Botticegli“285 gestaltet worden. In der Lebensbeschreibung Ridolfo, Davit und Benedetto Ghirlandaios wird ganz beiläufig der Künstler „Nunziata“ genannt, der sich, wie zusätzlich erklärt wird, vor allem in der Herstellung schöner girandole auszeichne: „[…] era in alcune cose persona rara, e massimamente nel far fuoghi lavorati e le girandole che si facevano ogni anno per San Giovanni.“286
Natürlich handelt es sich bei den meisten hier genannten Künstlern um die ‚zweite Riege‘ (nur einer von ihnen, Francesco Salviati, erhält eine eigene Biografie) und natürlich ist Vasaris Lob gegenüber dem für seine Hauptfiguren zurückgenommen287. Dennoch werden sie und ihre Arbeiten für die ephemere Ausstattung diverser Feste extra erwähnt. Dasselbe gilt für engagierte Dilettanten, die keiner Künstler- oder Literatengruppe zuzuordnen sind und auch nicht zu den politischen Größen und Mäzenen gehören. Neben anderen, die an der Ausstattung der beiden trionfi der Diamante und Broncone beteiligt sind, werden in der Pontormo-Biografie so auch Piero da Vinci, „padre di Lionardo“288 und Bernardino di Giordano289 genannt, die sich um die
284 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. Alessandro Fancelli, detto Scherano (*1. Jahrzehnt 16. Jahrhundert; †unbekannt). 285 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. Battista Boticelli (*1507; †unbekannt), Zimmermann, der außerdem im Medici-Kontext vermehrt mit Vasari zusammenarbeitete. Näheres siehe: CECCHI, A. 2017. Die Tatsache, dass es sich bei Battista um einen Zimmermann handelt, beweist auch eine kunsthandwerkliche Ausdehnung der Erwähnungen im Zusammenhang mit dem Theater. 286 VASARI: Vita di Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 439. Toto del Nunziata (*1498; †1556). 287 Zwei der Künstler: Iacone und Francesco da Umbertino werden in der Biografie Aristotile da Sangallos noch einmal extra gewürdigt: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 403-407. Antonio di Donnino tritt als Schüler Francia Bigios mit wenigen Sätzen in dessen Biografie erneut in Erscheinung: VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 514. Bei Domenico Conti beschränkt sich der Autor auf einen Hinweis, dass dieser der Erbe Andrea del Sartos gewesen sei, vermerkt jedoch ganz unverblümt: „che fece poco profitto nella pittura“: VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 396. Francesco Salviatis Biografie siehe: VASARI: Vita di Francesco Salviati (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 511-536. 288 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. Laut Milanesi handelt es sich hierbei nicht um Piero, sondern um Giuliano da Vinci, der 1515 Kostüme für den Papsteinzug geordert haben soll: MILANESI (1906) 1981, Bd. VI, S. 251.
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Kostüme kümmerten und als „bellissimi ingegni“290 näher ausgewiesen sind. Ebenso wie die mit einer eigenen Biografie gewürdigten Künstler, haben auch diese Helfer ihren Anteil an der Aufführung und tragen zum Gelingen aller appartenenze bei, und ebenso wie diese kennzeichnen sie als herausragende ingegni die Florentiner Gesellschaft auf ihrem absoluten Höhepunkt und wirken an der Erhaltung und Prägung dieses idealen Zustandes mit. Die Argumentation der „Viten“ arbeitet demzufolge auf mehreren Ebenen: Zum einen erweisen sich die bildenden Künstler durch ihre Verdienste um das Festwesen und das Theater der Zeit als wahre uomini illustri. Zum anderen werden auch Vertreter anderer artes, Künstler niedereren Ranges und Dilettanten gerade wegen ihrer Leistungen in diesem Bereich in den Biografien gesondert gewürdigt. Staatsmännern, Fürsten und Auftraggebern bietet das theatrale Betätigungsfeld eine Plattform, um nicht nur ihre Großzügigkeit und ihren kunstkritischen giudizio zu beweisen, sondern auch eigenen kreativen Ambitionen Raum zu geben und durch ihren Einsatz für die Entwicklung neuer Formen ihren Status als uomini illustri im Sinne des Gemeinwohls weiter zu festigen. So entsteht ein wechselseitiges Verhältnis, in dem einerseits Kunst, Theater und Fest das Dasein der Mächtigen bereichern und diese im Gegenzug ihr Leben in den Dienst kultureller Bereiche stellen. Der Helden-Status wird im Zusammenhang mit dem Theater gattungsübergreifend vergeben und zieht sich durch mehrere Ebenen des sozialen Standes, vom Fürsten bis zum Bäckerjungen291, vom Künstler oder Literaten bis zum Werkstattarbeiter. Uomini illustri im vasarianischen Sinne sind letztlich all diejenigen, die sich in irgendeiner Form um die kunstvolle Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens verdient machen, sei es durch Aufträge, Ausstattung, Texte, Musik, Gesang oder szenisch-dramaturgische Gestaltung.
289 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. Bernardino di Giordano wird in Texten zur Dramengeschichte wiederholt als Freund Machiavellis genannt: DUNLOP 1827, Bd. II, S. 112. In den „Viten“ wird noch zwei weitere Male auf ihn hingewiesen: Als Mitglied der Compagnia della Cazzuola war er Gastgeber diverser Komödienaufführungen: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Unter anderem wurde Machiavellis „Mandragola“ in seinem Haus gegeben: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395. Er war von Beruf Tuchhändler, wie Mozzati nachweist: MOZZATI 2008, S. 366. 290 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 311. 291 Der seinen Einsatz mit dem Tode bezahlte: VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.), 1966-69, Bd. V, S. 313; siehe auch Kap. 2.2, S. 84-86.
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2.4 Politische Anlässe und mediceisches Primat festlicher wie theatraler (Re-)Präsentation Die enorme Bandbreite behandelter theatraler Formen wird in den „Viten“ anhand einer relativ geringen Anzahl konkreter Anlässe erläutert (Tab. 4)292. Dem Prinzip der uomini illustri entsprechend sind einige Großereignisse in diversen Lebensbeschreibungen wiederholt erwähnt, wobei jeweils schwerpunktmäßig die Beiträge des biografierten Künstlers behandelt werden. Vor allem beim politischen Festwesen fällt diese Vorgehensweise ins Gewicht, da hier ein spezieller Anlass eine Vielzahl an Veranstaltungen und Ausstattungsprogrammen umfasste, für die jeweils unterschiedliche Künstler verantwortlich waren. In diesen Fällen bedingt die Systematik der Biografik, dass der einheitliche Gesamteindruck der Festivitäten aufgegeben werden muss, da die Schilderungen einzelner Dekorationselemente oft über zahlreiche Viten verstreut sind. So führt Vasari die Papstwahl Leos X. und dessen Einzug in Florenz in zwölf verschiedenen Lebensbeschreibungen an: bei Ridolfo Ghirlandaio, Giovanfrancesco Rustici, Aristotile da Sangallo, Francesco Granacci, Andrea del Sarto, Baccio da Montelupo, Perino del Vaga, Iacopo Sansovino, Rosso Fiorentino, Baccio Bandinelli, Morto da Feltro et di Andrea di Cosimo Feltrini sowie bei Iacopo Pontormo. Letzterer sei Vasari zufolge an den beiden trionfi zu Ehren der Papstkrönung beteiligt gewesen293. Ridolfo Ghirlandaio und seine Werkstatt hätten für den Papsteinzug die Ausstattung des Palazzo Medici übernommen294 und Aristotile da Sangallo habe zusammen mit Francesco Granacci einen ephemeren Triumphbogen an der Porta di Badia gestaltet295. Im Widerspruch dazu wird derselbe Triumphbogen in Baccio da Montelupos Biografie als gemeinsames Projekt zwischen Baccio und Pontormo ausgewiesen296. Eine weitere Ehrenpforte sei von Rosso Fiorentino nahe des Canto de’ Bischeri geschaffen worden297. Giovanfrancesco Rustici sei für einige ephemere Statuen zuständig gewesen298, wohingegen Andrea del Sarto einen dritten Triumphbogen an der Porta di San Pier Gattolini errichtet habe, ebenso wie weitere Skulpturen
292 Tabelle 4 basiert auf den entsprechenden Textstellen in der Barocchi-Ausgabe: BAROCCHI & BETTARINI 1966-69. 293 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310-313; vgl. Kap. 2.2, S. 81-86. 294 VASARI: Vita di Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 442. 295 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 394; VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602-603. 296 VASARI: Vita di Baccio da Montelupo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 293; vgl. auch: CISERI 1990, S. 102. 297 VASARI: Vita di Rosso Fiorentino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 476. 298 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 476.
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und eine Nachbildung der Trajanssäule auf dem Mercato Nuovo299. Iacopo Sansovino gestaltete laut Vasari unter anderem die Scheinfassade von Santa Maria del Fiore 300, unterstützt von Andrea di Cosimo Feltrini. Dieser habe außerdem den päpstlichen Baldachin sowie diverse Banner und Standarten für den Einzug angefertigt301. Perino del Vaga sei für eine Statue auf dem Triumphbogen bei Santa Trinità verantwortlich gewesen302, und Baccio Bandinelli habe eine kolossale Herkulesstatue auf der Piazza della Signoria geschaffen303. Auch die Hochzeitsfeierlichkeiten Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo (1539) werden in sieben verschiedenen Biografien genannt, jeweils mit Augenmerk auf das Aufgabengebiet des entsprechenden Künstlers (Tab. 4) 304. Weitere Hauptereignisse, auf die mehrmals unter verschiedenen Gesichtspunkten rekurriert wird, sind diverse Einzüge Karls V. sowie die Hochzeiten von Alessandro de’ Medici mit Margarethe von Parma (1536) und Francesco de’ Medici mit Johanna von Österreich (1565). Kunstvoll ausgestattete Staatsakte: Der politisch repräsentative Wert ephemerer Dekoration in den „Viten“
Betrachtet man die Anzahl der relevanten Biografien im Kontext des Gesamtwerkes, so bestimmen politische Ereignisse das Bild. Religiöse oder nicht näher spezifizierte profane Anlässe kommen in einer weit geringeren Anzahl an Lebensbeschreibungen zur Sprache. Nur die Viten Brunelleschis, Ceccas, Tribolos, Andrea del Sartos, Aristotile da Sangallos, Ghirlandaios, Iacopo da Pontormos, Perino del Vagas, Iacopo da Puntormos, Giorgio Vasari sowie die Sammelvita der Akademiemitglieder nehmen Schilderungen religiöser Fest- und Theaterformen auf. Nicht näher mit einem bestimmten
299 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 362. 300 VASARI: Vita di Iacopo Sansavino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 182. 301 VASARI: Vita di Motro da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 522. 302 VASARI: Vita di Perino del Vaga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 117. 303 VASARI: Vita di Baccio Bandinelli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 243-244. 304 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398-399; VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 462-463; VASARI: Vita del Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 218-221; VASARI: Vita di Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 443; VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481-482. Obwohl Vasari selbst an diesen Dekorationen nicht beteiligt war, lagen ihm umfangreiche Informationen aus einem Festbericht Francesco Giambullaris vor; vgl. auch S. 108 Anm. 243, S. 123.
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Ereignis verknüpfte Komödienaufführungen, Bankette, Karnevalsumzüge sowie die zugehörigen Kompanien werden in 16 verschiedenen Biografien angeführt. Erwähnungen politischer Anlässe dagegen erstrecken sich im mehrmaligen Rekurs auf insgesamt 31 verschiedene Lebensbeschreibungen (Tab. 4). Ungeachtet ihrer mannigfachen Erwähnungen werden politische Ereignisse allerdings (mit Ausnahme der Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565305) häufig auffallend spärlich beschrieben. Mitunter geht Vasari weder auf die Stationen der triumphalen Einzüge ein, noch schildert er die ephemeren Werke mit der ansonsten üblichen Präzision. Stattdessen begnügt er sich oft mit einer Erwähnung des Anlasses unter bloßer Nennung und kurzer kunstkritischer Würdigung der vom jeweiligen Künstler geschaffenen Dekorationselemente. Dies ist in der Biografie Ridolfo Ghirlandaios besonders augenfällig, dessen Arbeiten für den Besuch Leos X. in Florenz sowie für die Hochzeiten Giuliano und Lorenzo de’ Medicis allenfalls summarische Aufzählung erfahren: „Nella venuta di papa Leone a Firenze fece, in compagnia d’i suoi uomini e garzoni, quasi tutto l’apparato di casa Medici; acconciò la sala del Papa e l’altre stanze, facendo dipignere al Puntormo, come si è detto, la capella. Similmente nelle nozze del duca Giuliano e del duca Lorenzo fece gl’apparati delle nozze et alcune prospettive di comedie.“306
Angaben darüber, aus welchen Elementen die jeweiligen apparati bestanden, welche Komödien aufgeführt wurden, oder wie die Form der Arbeiten im Einzelnen beschaffen war, finden sich hier nicht. Es scheint, als werde des Lesers Kenntnis über weitere Details zum Festablauf vorausgesetzt, weswegen ausschließlich die Mitarbeit des Künstlers zu betonen ist. Auch der memoria ist eine solche Auslassung nicht abträglich, da der zeremonielle Ablauf politischer Anlässe häufig bereits über andere Geschichtswerke überliefert ist307. Hinsichtlich des Einzuges Leos X. ist die Schweigsamkeit des Autors wohl außerdem einer intendierten Vermeidung von Doppelungen geschuldet, da das Ereignis, seine Stationen und verschiedene Werke bereits in der Biografie Andrea del Sartos ausführlicher zur Sprache kamen (Tab. 4)308. Diese Begründung kann jedoch nicht für die Hochzeiten Lorenzo und Giuliano de’ Medicis gelten. Auf Lorenzos nozze wird in den Viten Francia Bigios, Aristotile da Sangallos und Morto da Feltros erneut
305 Diesen ist am Ende der 1568er-Ausgabe ein langer Festbericht gewidmet: vgl. Kap. 2.6. 306 VASARI: Vita di Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 442. 307 Tatsächlich wird vom Einzug Leos X. in mehreren Geschichtswerken ausführlich berichtet, beispielsweise bei Luca Landucci, Giovanni Cambi und Bartolomeo Masi: CISERI 1990, S. 13. Landuccis Beschreibung besprochen in Kap. 3.2, S. 222-223. Zum Konzept der memoria in seinem Übertrag auf theatrale Formen bei Vasari, siehe Kap. 2.2. 308 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 361-362. In der Aristotile-Vita wird außerdem ein zweites Mal auf das Ereignis eingegangen, aber ebenfalls unter bloßer Nennung von Aristotiles ephemeren Arbeiten: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 394.
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eingegangen – allerdings mit kaum erweiterter Detailfreude309. Zwar ist in die Biografie Francia Bigios immerhin ein Lob über die künstlerische Qualität der Perspektivbühnen eingeflochten: „Fece con Ridolfo Grilandai [sic!] uno apparato bellissimo per le nozze del duca Lorenzo, con due prospettive per le comedie che si fecero, lavorate molto con ordine e maestrevole giudicio e grazia […].“310
Nähere Angaben über den Inhalt der Stücke, über die Form der Bühnenbilder oder über technische Belange sucht der Leser aber vergebens. Die Hochzeit Giuliano de’ Medicis wird im Kontext der „Viten“ nur noch in einer weiteren Biografie, der Lebensbeschreibung Morto da Feltros, in einem Nebensatz erwähnt, jedoch ebenfalls nicht ausführlicher beschrieben311. Auch die Dekorationen für diverse Einzüge Karl V. werden oft lediglich als wichtige res gesta des ausführenden Künstlers genannt und allenfalls lobend hervorgehoben, nicht jedoch ekphrasiert 312. Ausnahmen bilden die Viten Antonio da Sangallos und Battista Francos, in denen die ephemeren Werke für den kaiserlichen Einzug in Rom ausführlicher beschrieben sind. So geht Vasari in der Lebensbeschreibung Antonio da Sangallos in einiger Breite auf das Ereignis ein: „L’anno poi che Carlo Quinto imperadore tornò vittorioso da Tunizi, essendogli stati fatti in Messina, in Puglia et in Napoli onoratissimi archi pel trionfo di tanta vettoria [sic!], e dovendo venire a Roma, fece Antonio al palazzo di San Marco, di comessione del Papa, un arco trionfale di legname in sotto squadra, acciò che potesse servire a due strade, tanto bello […]. Era questo arco, posto in sull’ultimo canto che volge alla piazza principale, d’opera corinta, con quattro colonne tonde per banda messe d’argento, et i capitegli intagliati con bellissime foglie, tutti messi d’oro da ogni banda. Erano bellissimi architravi, fregii e cornicioni posati con risalti sopra ciascuna colonna, fra le quali erano due storie dipinte per ciascuna, talché faceva uno spartimento di quattro storie per banda, che erano, fra tutt’e due le bande, otto storie, dentrovi, come si dirà altrove da chi le dipinse, i fatti dello imperadore. Eravi ancora, per più ric[c]hezza, per finimento del frontespizio, da ogni banda sopra detto arco due figure di rilievo di braccia quattro e mezzo l’una, fatte per una Roma; e le mettevano in mezzo due imperatori di casa d’Austria, che dinanzi era Alberto e Massimiliano, e da l’altra parte Federigo e Ridolfo: e così
309 VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 510-511; VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 394; VASARI: Vita di Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 255. 310 VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 510-511. 311 VASARI: Vita di Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 255. 312 Sowohl die Hochzeiten Giuliano und Lorenzo de’ Medicis als auch die Einzüge Karls V. sind hinsichtlich ihres Zeremoniells und Ablaufes anderweitig historisch aufbereitet: beispielsweise bei: MACHIAVELLI (1532) 1905, VII,21, S. 359; VARCHI (um 1560) 1858, 9,X, Bd. II, S. 17-18; XIV,73, Bd. III, S. 169-176; vgl. auch Kap. 3.2.
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da ogni parte in su’ cantori erano quattro prigioni, due per banda, con gran numero di trofei pur di rilievo, e l’arme di Sua Santità e di Sua Maestà, tutte fatte condurre con l’ordine di Antonio da scultori ec[cellenti] e dai miglior’ pittori che fussino allora a Roma.“313
Angesprochen werden der Auslöser (der Sieg Karls V. in Tunesien) und diverse Siegesfeiern in anderen Städten. Daraufhin nennt Vasari den genauen Aufstellungsort und den Auftraggeber für Antonios Beitrag zum römischen Festapparat. Das ausführliche kunstkritische Lob der Arbeit leitet zu einer extensiven Ekphrasis über, die sowohl den architektonischen Aufbau als auch die skulpturalen und malerischen Ausstattungsdetails einbezieht. Zwar wird auf die Mitarbeit der besten in Rom tätigen Spezialisten verwiesen, jedoch ist keiner von ihnen namentlich genannt. Allerdings macht ein Querverweis auf eine weitere Vita aufmerksam, die den Anteil des entsprechenden Künstlers berücksichtige. Offenbar ist hiermit die Biografie Battista Francos gemeint, die – diesmal unter Nennung weiterer Mitwirkender – folgerichtig exakt jene Details beschreibt, welche in Antonios Lebensbeschreibung ausgespart wurden: „[…] alcuni di coloro che fecero le storie dell’arco di San Marco, nel quale furono otto storie, cioè quattro per banda, che le migliori di tutte furono parte fatte da Francesco Salviati e parte da un Martino et altri giovani tedeschi, che pur allora erano venuti a Roma per imparare.“314
Zwar lässt Vasaris kunstkritisches Urteil keinen Zweifel daran, dass er die Arbeiten der „tedeschi“ negativ bewertet, doch muss er immerhin anerkennen, dass die Chiaroscuro-Malereien jenes „Martino“ von hervorragender Qualität gewesen seien, „che non si può far meglio“315. Darüber hinaus enthält Battista Francos Biografie weiterführende Deskriptionen zum Festapparat. Beschrieben ist die Ausstattung des Ponte di Sant’Angelo und der Porta San Bastiano. Namentlich verwiesen wird auf Antonio da Sangallo sowie auf Raffaello da Montelupo, welcher mit der skulpturalen Ausstattung der Brücke betraut gewesen sei. Bei der Schilderung der Porta San Bastiano findet sich auch das einzige Detail zum Prozessionsablauf: „per la quale aveva ad entrare l’imperatore“316. Ansonsten wird das Zeremoniell in keiner der beiden Biografien näher dargelegt. Offenbar ist das Interesse des Autors an den performativen Details bei Staatsbesuchen und Hochzeiten gegenüber jenem zurückgenommen, das er bei karnevaleskem oder religiösem Brauchtum erkennen lässt. Einen Grund für diesen ungewöhnlich verengten Blickwinkel nennt Vasari in der Biografie Battista Francos, wenn es um die Hochzeitsfeierlichkeiten Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo geht:
313 VASARI: Vita di Antonio da Sangallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 45. 314 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 460. 315 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 460. 316 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 459.
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„[…] perciò che, bastandovi dire al presente quello che appartiene a Battista Franco, non è mio ufficio quello raccontare che da altri nell’apparato di quelle nozze fu scritto lungamente […].“317
Dieser Hinweis auf andere, ausführlichere Quellen zu den entsprechenden Feierlichkeiten gilt offenbar einem Festbericht Francesco Giambullaris, der gedruckt im Umlauf war und sowohl den allegorischen Inhalt der ephemeren apparati, als auch den zeremoniellen Ablauf berücksichtigte318. Die „Viten“ ergänzen die vorhandene panegyrische Berichterstattung – entsprechend ihres Sujets – primär um kunstkritische Wertungen und um Zuschreibungen zu den für die Ausstattung verantwortlichen Künstlern. Analog verfährt auch die Biografie Tribolos, die, abermals ohne auf den Festablauf einzugehen, alle wichtigen Dekorationen für Cosimos Hochzeitsfeier unter Erwähnung der beteiligten Künstler nennt und teils ausführlich beschreibt319. Die skizzierte Auswahl schilderungswürdiger Details impliziert, dass es offenbar primär die kunstvolle Dekoration ist, die nach Vasaris Ansicht dem Prestige des Fürsten Geltung verleiht. Erwähnens- und erinnernswert sind für ihn neben den Auftraggebern vor allem diejenigen, die die entsprechenden Werke ersonnen und gestaltet haben320. Diese nennt der Autor mitunter einzeln und weist ihnen die entsprechenden Ausstattungsdetails zu. Sofern Beschreibungen vorhanden sind, beziehen sie sich ausschließlich auf ephemere Werke und nicht auf performative Aspekte, wie beispielsweise das Zeremoniell der Festakte und triumphalen Einzüge. Florenz als Zentrum für Theater und Fest – mediceische Herrschaft als Voraussetzung für kulturelle Blüte
Als Veranstaltungsort theatraler Formen wird Florenz mit Abstand am häufigsten in den „Viten“ erwähnt, gefolgt von Rom, Venedig, Bologna, Arezzo, Urbino und Paris/Fontainebleau. Mantua, Castro, Perugia und Neapel, Messina sowie Apulien werden jeweils nur einmal als Schauplätze von Festen und Aufführungen genannt (Tab. 4). Vor allem bei politischen Anlässen wird das Florentiner Primat festlichen Geschehens deutlich, da außer den diversen Einzügen Karls V.321 die am häufigsten erwähn-
317 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 462. 318 GIAMBULLARI 1539. Weiterführend zur Hochzeit siehe z.B.: WATT 2004. Außerdem gibt Vasari selbst in der Biografie Aristotile da Sangallos eine ausführlichere Beschreibung der ephemeren Apparate und der imprese: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398-400. 319 VASARI: Vita di Niccolò detto del Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 218-219. Angesprochen werden hier auch Tribolos herausragende Fähigkeiten als Kostümbildner. 320 Hierzu im Abgleich mit anderen Quellen: Kap. 3.2. 321 Zu Vasaris Erwähnungen der Einzüge Karls V. in Mantua, Genua und Bologna, die der Kaiser auf seiner Italienreise anlässlich seiner Krönung in San Petrionio, Bologna zwischen 1529 und 1530 hielt, siehe weiterführend: GROSSO 2016.
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ten Festivitäten dort ausgetragen wurden. Besonders oft begegnen dem Leser theatrale Aufführungen zudem im mediceischen Kontext. Dagegen findet Ferrara mit seiner nachweislich regen Theatertradition keinerlei Erwähnung322. Selbst Leonardo da Vincis bühnentechnische Erfindungen für den Mailänder Hof (zum Beispiel die erste Drehbühnenkonstruktion323) bleiben gänzlich unerwähnt. Ausschlaggebend hierfür war wohl kaum die Quellenlage. Selbstverständlich lagen Vasari vor allem zu den Großereignissen der eigenen Stadt detaillierte mündliche Berichte vor und er konnte sich bei einigen Schilderungen, zum Beispiel bezüglich der Hochzeiten von Francesco de’ Medici mit Johanna von Österreich und von Alessandro de’ Medici mit Margarethe von Parma, auf eigene Augenzeugenschaft respektive Mitwirkung stützen324. Doch beweist das bereits erwähnte Notizbuch Vincenzo Borghinis, dass im Zuge der Vorbereitungen für die Medici-Hochzeit des Jahres 1565 auch umfangreiche Recherchen zu den Festen an anderen europäischen und italienischen Fürstenhäusern erfolgten325. Die verschiedenen Anlässe sind dort auf Fol. 12r tabellarisch aufgelistet (Abb. 7) und grob in „nozze“ sowie andere politische Festveranstaltungen untergliedert, welche sowohl Krönungsfeiern, als auch festliche Einzüge und Begräbnisse umfassen. Innerhalb des jeweiligen Bereiches sind die Begebenheiten nach Jahreszahlen gereiht. Im zweiten Themenkomplex beginnt die Liste bereits mit der Königskrönung Maximilians im Jahre 1486.
322 Zu Ferraras Theatertradition, siehe: ZORZI 1977, S. 3-61; ANGIOLILLO 1996, S. 93; POCHAT 1990, S. 221-226; ALBRECHT 2001, S. 29. Nur wenig ist über die ‚Bühnenbildner‘ der Ferrareser Aufführungen bekannt, auch wenn die Vermutung naheliegt, dass Anfang des 16. Jahrhunderts Ferraras führender Humanist Pellegrino Prisciani für die Ausstattung der Stücke verantwortlich zeichnete. Dieser veröffentlichte 1501 auch ein theoretisches Traktat zur Aufführungskunst mit dem Titel „Spectacula“: POCHAT 1990, S. 222-226. Prisciani war jedoch kein bildender Künstler und daher auch nicht in den „Viten“ mit einer eigenen Biografie zu würdigen, wodurch sich wiederum für eine Erwähnung der von ihm ausgestatteten Aufführungen kein geeigneter ‚Aufhänger‘ bot. Allerdings müssen an der Ausführung angesehene Künstler beteiligt gewesen sein und es ist unwahrscheinlich, dass dem Vitenautor hierzu keine weiteren Informationen zugänglich gewesen sein sollen. Zur festlichen Tradition der Renaissance siehe außerdem weiterführend: CHASTEL 1956. 323 ANGIOLILLO 1996, S. 67-70. 324 Siehe auch Vasaris Autobiografie: VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 369-408. 325 BNCF, MS II.X.100. Recherchen und Quellen Borghinis bei: SCORZA 1981, v.a. S. 58-61.
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Abbildung 7: Vincenzo Borghini: Listung theatraler Ereignisse von 1486 bis 1561, um 1564, BCNF, MS II.X.100, Fol. 12r.
An die zusammenfassende Aufstellung schließen umfangreiche Beschreibungen einzelner Anlässe an. Sie behandeln nicht nur die verwendeten imprese (für die Borghini allerdings besonders großes Interesse zeigt), sondern verweisen immer wieder auch
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auf die szenische und künstlerische Gestaltung der apparati326. Unter anderem beschreibt Borghini in diesem Rahmen die Hochzeitsfeiern von Francesco Sforza von Mailand aus dem Jahre 1534 327 und von Ottaviano Farnese mit Margarethe von Parma 1538328. Seine Untersuchungen erstreckten sich also auch auf konkurrierende Fürstenhöfe und die Ergebnisse hätten in die „Viten“ einfließen können. Allerdings ist in den Notizen nirgends von ausführenden Künstlern die Rede. Möglicherweise wurden die Begebenheiten deshalb nicht in in Vasaris Künstlerbiografien aufgenommen, denn ohne einen Berührungspunkt mit einer der beschriebenen Persönlichkeiten sind sie nicht in das Gesamtkonzept integrierbar. Dennoch scheint es schwer vorstellbar, dass es bei den offensichtlich umfangreichen Forschungen zum Thema nicht möglich gewesen wäre, auch die beteiligten Künstler ausfindig zu machen 329. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Aussparungen in den „Viten“ planvoll erfolgten, um das mediceische Florenz noch intensiver als Zentrum theatraler Blüte hervorzuheben330. Auswahl, Häufigkeit und Intensität der Beschreibungen dienen im Gesamtkontext des Werkes also letztlich dazu, die Herrschaft der Medici als singulär herausragenden Nährboden für kulturelle Blüte zu propagieren. Politische Aussagen treffen die „Viten“ im Zusammenhang mit Theater und Fest nicht nur in Verbindung mit staatlich-offiziellen Anlässen. Wie bereits erwähnt, treten darüber hinaus verschiedene Mitglieder der Familie Medici auch als Mäzene und Vorstände diverser Compagnie sowie als ‚Erfinder‘ theatraler Formen und ephemerer Dekorationen in Erscheinung. Außerdem sind sie als Veranstalter von Karnevalsumzügen und allegorischen trionfi ausgewiesen331, und dies nicht nur bei Festivitäten, die einen direkten Konnex zur Familie erkennen lassen. Stattdessen wird auf den mediceischen Einfluss mitunter auch bei traditionellen Stadtfesten verwiesen, die ursprünglich im republikanischen Kontext standen. So sei Tribolos girandola für das San Giovanni-Fest von Cosimo de’ Medici selbst in Auftrag gegeben worden. Cosimo wollte, so Vasari, endlich einen fähigen
326 BNCF, MS II.X.100 ab fol. 19r; vgl. Kap. 2.2, S. 92. 327 BNCF, MS II.X.100, fol. 21v-24r. 328 BNCF, MS II.X.100, fol. 24r. Margarethe war nur ein Jahr nach ihrer Hochzeit mit Alessandro de’ Medici Witwe geworden und wurde nun im Jahr darauf erneut verheiratet. 329 Zumal, wenn man bedenkt, wie umfangreich die Gesandten mit der ‚Entdeckung‘ neuer Künstlerpersönlichkeiten und mit der Beobachtung des allgemeinen Kunstgeschehens betraut waren. Für eine umfassendere Analyse der höfischen Gesandtenpolitik im Bereich der Künste, siehe: WARNKE 1996, S. 133-140. 330 Im Zusammenhang mit den Bildenden Künsten wird der Toskozentrismus und das Florentiner Städtelob sowie die mediceische Panegyrik der „Viten“ kontinuierlich in der Forschung pointiert: MURATOVA 1994, S. 23-56; THIERY 1976, S. 351-381. Die Übertragung auf das Festwesen und Theater zeigt, dass der Rahmen dieser Argumentation inhaltlich weiter ist als bisher dargestellt und damit eine noch stärkere politische Aussagekraft erhält. 331 Siehe Kap. 2.3.
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Künstler mit der Gestaltung der Pyrotechnik betrauen, um Form und Aussehen der girandole zu verbessern (und auf diese Weise die Feier zu Ehren des Stadtheiligen zu verschönern): „[…] ordinò Sua Eccellenza che non certi fantocciai, che avevano già molt’ anni fatto nelle girandole mille gofferie, ma un maestro eccellente facesse alcuna cosa che avesse del buono.“332
Nach den „mille gofferie“ der Vergangenheit habe Tribolo schließlich einen achteckigen, antikisierenden Friedenstempel errichtet, der, ungeachtet des technischen Missgeschicks beim Zündeffekt, an Form und Schönheit alles bisher Dagewesene übertroffen habe333. Indem Vasari den Fürsten als Auftraggeber der girandola angibt, akzentuiert er die fürstliche Machtposition, sogar über die ästhetische Gestaltung jener Stadtfeste zu bestimmen, die eigentlich aus uralter republikanischer Tradition erwachsen und somit genuin bürgerliche Veranstaltungen waren334. Mit dem kunstkritischen Lob und dem Hinweis auf bislang unerreichte Perfektion in der Ausführung des ‚Feuerrads‘ durch Tribolo rechtfertigt der Autor nachträglich die Entscheidungsgewalt des Prinzeps, dessen herausragendem giudizio der ästhetische Erfolg zu verdanken sei. Dadurch stützt er die Machtposition Cosimos gleichsam auf objektive Kriterien und begründet sie rational damit, dass dessen Beschlüsse dem Gemeinwohl grundsätzlich förderlich seien. Sogar dann, wenn Feste und Bräuche nicht mit einem konkreten Medici-Auftrag in Verbindung gebracht werden können, werden sie vom Autor oft implizit mit der politischen und gesellschaftlichen Ordnung unter der Medici-Herrschaft verwoben. So wird Piero di Cosimos Carro della morte als Allegorie auf die zum Zeitpunkt des genannten Umzuges vertriebenen Medici interpretiert: „Sentì’ dire io a Andrea di Cosimo, che fu con lui a fare questa opera, et Andrea del Sarto […], che e’ fu opinione in quel tempo che questa invenzione fussi fatta per significare la tornata della casa de’ Medici del’ 12 in Firenze, perché alora che questo trionfo si fece erano esuli, e come dire morti che dovessino in breve resuscitare; et a questo fine interpretavano quelle parole che sono nella canzone: Morti siam, come vedete; Così morti vedren voi: Fummo già come voi siete, Vo’ sarete come noi, etc.,
332 VASARI: Vita del Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223. 333 VASARI: Vita del Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223. Zitat und Anekdote über die folgenschwere Fehlzündung bei Tribolos girandola siehe: Kap. 2.1, S. 64-65. 334 Zum San Giovanni-Fest und seinen republikanischen Wurzeln siehe weiterführend: VENTRONE 2016.
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volendo accennare la ritornata loro in casa, e quasi come una ressurrezzione da morte a vita, e la cacciata et abassamento de’ contrarii loro […].“335
Der Text des Canto sei als Drohung an die Konkurrenten der Medici verstanden worden, die nach deren Wiederkehr im selben Ruin enden würden, den sie den Vorgängern beschert hatten. Das Lied, das zunächst als schlichtes memento mori auf das szenische Geschehen bezogen scheint, erhält erst durch die deutenden Worte des Autors einen politischen Hintersinn. Auch wenn Vasari darauf hinweist, dass die politische Interpretation möglicherweise nachträglich auf den Canto übertragen worden sei336, so bleibt die Aussage dennoch forciert: Selbst aus dem Exil sei die Macht der Medici in der Stadt spürbar gewesen und es wird prinzipiell für möglich gehalten, dass sie auch zu Zeiten der Vertreibung das städtische Festwesen infiltrierten sowie ihre politischen Aussagen an ihre Gegner übermittelten. Dies unterstreicht abermals die behauptete mediceische Omnipräsenz. Unabhängig von der im konkreten Fall wohl zu verneinenden Frage nach dem historischen Wahrheitsgehalt der Aussage337, bringt der Autor in diesen Zeilen zudem das propagandistische Potential und die Deutungsvielfalt theatraler Aufführungen im Allgemeinen zur Sprache, die sich spätere Generationen der Medici, beispielsweise Cosimo I., in hohem Maße für ihre Zwecke nutzbar machten 338. Indirektes Herrscherlob findet sich auch, wenn Weiterentwicklungen im theatralen Festwesen oder sogar dessen schiere Existenz auf Perioden begrenzt werden, welche durch eine mediceische Vorherrschaft in der Stadt geprägt waren. So endet beispielsweise die Beschreibung der von Andrea del Sarto für das San Giovanni-Fest gestalteten Wagen mit der Aussage, der Brauch sei im Jahr 1527 aufgegeben worden, was, wie bereits erwähnt, als klarer Hinweis auf die Vertreibung der Medici im sel-
335 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64-65. Der Text unterscheidet sich hier in der Reihenfolge der Verse vom Gedichtbüchlein „La canzona de’ morti“ von ca. 1510 und von dessen Abdruck in Lascas Sammlung. In den beiden anderen Quellen lautet die Anfangsstrophe wie folgt: „Fummo già come voi sete [sic!] / Voi sarete come noi; / Morti siam come vedete, / Così morti vedrem voi […]“: GRAZZINI (1559) 1750, Bd. I, S. 146; BNCF, Pal. E.6.6.154.I.15, fol. 1r-2v, zitiert in: PRIZER 2004, S. 186. 336 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 65. 337 Prizer weist nach, dass die Phrase im Gegenteil bereits in verschiedenen Versionen der französischen Legende „Drei Lebende und drei Tote“ aus dem 13. Jahrhundert vorkommt, die wortgetreu in die italienische Dichtung eingegangen ist und auf die auch Castellani in einigen seiner Lieder rekurrierte: PRIZER 2004, S. 214. Auch die Datierung der Aufführung auf das Jahr 1512 ist umstritten. In anderen Quellen finden sich divergierende Aussagen. In ihrer Zusammenschau und unter Heranziehung eines Tagebucheintrages von Filippo di Filippo di Matteo Strozzi hat Prizer das Jahr 1507 (neue Zeitrechnung) als wahrscheinlichstes Datum für die Erstaufführung ermittelt: PRIZER 2004, S. 202; eine Abschrift ist unter Appendix 5 bei Prizer integriert: PRIZER 2004, S. 250. 338 Siehe beispielsweise: MOREL 1993.
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ben Jahr und auf eine in der Folge vorgeblich verkümmernde theatrale Aktivität der Stadt gedeutet werden muss339. In der Biografie Giovanfrancesco Rusticis wird die Geburtsstunde der Compagnia della Cazzuola auf das Jahr 1512 datiert und so mit der Wiederkehr der Medici in Verbindung gebracht340. Ein sehr deutlicher Vermerk auf den Zusammenhang von mediceischer Politik und florierendem theatralem Festwesen findet sich schließlich in der Lebensbeschreibung Aristotile da Sangallos. Des Künstlers Arbeiten für die Compagnia della Cazzuola seien in einer Zeit entstanden, in der Friede und Ruhe als Garanten künstlerisch-theatraler Blüte herrschten: „[…] onde poi fu adoperato in molte feste che si fecero da alcune Compagnie di gentiluomini, che in quella tranquillità di vivere erano allora in Firenze.“341
Wenige Sätze später bezeichnet Vasari die kurz darauf erfolgte Vertreibung der Medici im Jahre 1527 als verheerend für jede Form von Kunst, Kultur und gesellschaftlichem Amüsement: „Ma come spesso adiviene, che da una somma pace e tranquillità si viene alle guerre e discordie, venuto l’anno 1527, si mutò in Fiorenza ogni letizia e pace in dispiacere e travagli; perché essendo allora cacciati i Medici, e dopo venuta la peste e l’assedio, si visse molti anni poco lietamente; onde non si facendo allora dagl’artefici alcun bene, si stette Aristotile in que’ tempi sempre a casa, attendendo a’ suoi studii e capricci. Ma venuto poi al governo di Fiorenza il duca Alessandro, e cominciando alquanto a rischiarare ogni cosa, i giovani della Compagnia de’ Fanciulli della Purificazione, dirimpetto a San Marco, ordinarono di fare una tragicomedia […].“342
Das Jahr 1527, in dem Rom durch den Sacco di Roma schwer zerstört und die Bevölkerung bis ins Mark erschüttert worden war, wird hier gleichfalls zum Katastrophenjahr für Florenz und sein kulturelles Leben erklärt 343. Die Formulierung legt nahe, Pestausbruch und Belagerung wie eine himmlische Strafe für die Exilierung der Medici zu verstehen.
339 Vgl. Kap. 1, S. 38-40. 340 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482; vgl. MOZZATI 2008, S. 242. Zum Gründungsmythos ausführlicher: Kap. 2.5, S. 140. 341 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395. 342 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395-396. 343 Die Gräuel der deutschen Söldnerheere im Sacco di Roma ließen Erinnerungen an die ‚Barbareneinfälle‘ der Völkerwanderungszeit wieder aufleben. Der Einschnitt wurde als so groß empfunden, dass in der Folge häufig von einem epochalen Ende der rinascita und von einer nun angebrochenen neuen Zeitrechnung gesprochen wurde: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 70-73; ARNALDI 2005, S. 115-136.
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Im Anschluss an dieses Interim des Mangels, der Trübsal und erzwungenen künstlerischen Untätigkeit sei kultureller Aufstieg erst wieder mit der erneuten Machtübernahme durch Alessandro de’ Medici möglich geworden. Als erstes Zeichen hierfür wird bezeichnenderweise eine Theatervorstellung angeführt344. Auffallend ist die argumentative Gleichsetzung der Medici-Herrschaft mit Frieden, aber vor allem mit tranquillità. Offensichtlich bildet nach Darlegung der Textstelle nur das mediceische Protektorat die Voraussetzung für ‚ruhige‘ Verhältnisse, die künstlerisch-kulturelle Betätigung ihrerseits erst ermöglichen. Verbalisiert ist dieses Beziehungsgeflecht durch eine präzise Gegenüberstellung kontrastierender Begrifflichkeiten. Während als Gegensatz zu „pace“ „guerra“ und „discordia“ verwendet werden, erscheinen in Opposition zur „tranquillità“ und „letizia“ im Text die Worte „travaglio“ und „dispiacere“. Statt durch Ruhe und Muße und folglich durch Frohsinn, die nur auf Basis einer guten und geordneten politischen Ausgangslage einkehren können, seien schlechte, politisch wirre (und damit republikanische) Zeiten von Mühsal und Leid geprägt. Der politisch argumentierte Gegensatz von otium und negotium stammt in seinen Ursprüngen bereits aus der Antike 345. So verbindet die kaiserzeitlich-augusteische Literatur otium mit der Idee eines erst in der pax augusta wiedererlangten, neuen Goldenen Zeitalters346. Horaz setzt das kontemplative otium als Ideal und sieht es in einer (nur im Prinzipat möglichen) Abkehr des Einzelnen von der Politik gegeben 347. Ovid spricht die Muße als direkte Voraussetzung für literarische Betätigung an, wenn er im ersten Buch seiner „Tristia“ das Schicksal seiner Verbannung ans Schwarze Meer beklagt: „carmina proveniunt animo deducta sereno; nubila sunt subitis pectora nostra malis. carmina secessum scribentis et otia quaerunt; me mare, me venti, me fera iactat hiems.“348
344 Hinweise wie dieser treten in der zweiten Vitenausgabe auch in Verbindung mit einer Tätigkeit in den bildenden Künsten vermehrt auf. So kehrt beispielsweise Masaccio erst nach Florenz zurück, als er vom Wiedereinzug der Medici in die Stadt hört (in der Fassung von 1550 war die Rückkehr auf Bitten Brunelleschis erfolgt): RUBIN 1995, S. 201. 345 ANDRÉ 1966; speziell in gesellschaftlicher Hinsicht und als Voraussetzung für intellektuelle Betätigung: ANDRÉ 1966, S. 180-201. 346 „Hic vir hic est tibi quem promitti saepius audis, Augustus Caesar, divi genus, aurea condet saecula qui rursus Latio regnata per arva Saturno quondam […].“: VERGIL (um 29-19 v. Chr.) 2009, IV,791-794, S. 191. Zu quies und otium in der pax augusta bei Vergil siehe auch: VEIT 1961, S. 57-59. Otium in seiner weitgehenden Entpolitisierung unter Augustus siehe auch: ANDRÉ 1966, S. 385-403. Zum Mythos des Goldenen Zeitalters siehe näher: Kap. 4.1, S. 242-244. 347 Damit ist er typisch für die intellektuelle Oberschicht unter dem Prinzipat des Augustus: ANDRÉ 1966, S. 398-399. 348 OVID (ca. 9-12 n. Chr.) 1967, I,39-42, S. 30. Zum otium urbanum für Ovid siehe auch: ANDRÉ 1966, S. 409-413.
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In seinen „Epistulae ex Ponto“ verbindet der Dichter otium direkt mit den „urbanae commoda vitae“349, die zu gepflegtem Austausch und gesellschaftlichem Leben anregten, wie er am Beispiel Roms näher ausführt. Unter den Vorzügen der Stadt nennt er schließlich neben Märkten, Portiken und Tempeln dezidiert auch Theater 350. Auch Martial führt als Grund für die eigene Untätigkeit die Verbannung an, während er die Annehmlichkeiten, die das Stadtleben bereithält, als Anregung begreift: „[…] si quid est enim, quod libellis meis placeat, dictavit auditor: illam iudiciorum subtilitatem, illud materiarum ingenium, bibliothecas, theatra, convictus, in quibus studere se voluptates non sentiunt, ad summam omnia illa, quae delicati reliquimus desideramus quasi destituti.“351
Abermals werden neben Bibliotheken auch Theater und sogar Tischgesellschaften als wichtige Impulse für die eigene Kreativität genannt. Gerade das städtische, geordnete Leben mit seinen vielseitigen kulturellen und geselligen Reizen dient in diesen Texten als Antrieb für die literarische Betätigung, während ländliche Abgeschiedenheit mit Unzivilisiertheit, Stumpfheit und Trägheit verknüpft ist. Eine ähnliche Konnotation ist auch den Texten der italienischen Renaissance eigen. Bei Marsilio Ficino liegt das zu erreichende Ideal gänzlich nicht im ‚Naturmenschen‘ begründet, sondern er sieht es vielmehr im zivilisierten und gelehrten ‚Kulturmenschen‘ verankert352. Vollends dem Ovid’schen Gedanken verpflichtet ist der Zusammenhang von otium und urbanitas in einer Notiz Vincenzo Borghinis: „Questa piacevolezza [urbanitas] è cosa che particularmente va fa[tta] per le città, dove è otio et passatempi: et persone che attendono a studij […] et che va ne contadi, ove Vita est sine opus […] et glie è poco di cose grave et materiali […]. anchorché la contraria: che è VILLANIA […], non sol per cosa rozza et grossa ma per incivile et sconfussata.“353
Auch für Borghini drückt sich otium in der urbanitas aus, während das Gegenteil, villanìa, mit den Adjektiven „incivile et sconfussata“ verbunden wird. Nur in der Stadt sei das Leben seiner Ansicht nach „sine opus“. Hier gebe es Zerstreuungen, Gelegenheit zu ausgeprägten Studien und ein verfeinertes Leben – kurz Möglichkeiten zur
349 OVID: Epistulae ex Ponto, I,8-29, in: OVID (ca. 12-16 n. Chr.) 1990, S. 340. 350 OVID: Epistulae ex Ponto, I,33-38, in: OVID (ca. 12-16 n. Chr.) 1990, S. 342; vgl. ANDRÉ 1966, S. 410-411. Zum otium-Begriff im Zusammenhang mit Stadt und Annehmlichkeit sowie zur Zusammenfassung einiger hier angeführter Quellen, vgl. auch: CLASSEN 1980, S. 13. In seiner Favorisierung der Stadt gegenüber dem Landleben als Voraussetzung für otium und geistige Tätigkeit steht Ovid philosophischen Strömungen gegenüber, die das Ideal eher in der Kontemplation des ruhigen Landlebens sehen, wie beispielsweise SENECA: De brevitate vitae, X,IV,3-4, in: SENECA (um 49 v. Chr.) 2003, S. 57. 351 MARTIALIS (1. Jh. n. Chr.) 1990, Praefatio 12,9-13, S. 495. 352 Dargelegt vor allem in der Theologia Platonica, XIII,3; vgl. WOLF 2009, S. 61-65. 353 BNCF, MS II.X.86, S. 235.
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künstlerischen und intellektuellen Entfaltung, die unter weniger geordneten und unbeugsameren Verhältnissen nicht möglich seien354. Verglichen mit der Äußerung der Aristotile-Vita zeigt sich, dass Borghinis Interpretation der urbanitas mit all jenem übereinstimmt, was in den „Viten“ für die mediceische Regierung beansprucht wird: tranquillità und laetizia sowie die dadurch ermöglichten gepflegten Formen des Amüsements und des gelehrten Zeitvertreibs 355. Seine Charakterisierung der villanìa entspricht dagegen dem Szenario, das in den „Viten“ für die Zeit des mediceischen Exils entworfen wird: Mühsal, Unruhe und um sich greifende Unzivilisiertheit. Was sich in den antiken Texten und bei Borghini im Gegensatz von Stadt und Land, von negotium und otium zeigt, wird in der Vitenstelle prägnant, und sicherlich in Anlehnung an die augusteische Panegyrik, um die Opposition von Republik und Prinzipat – genauer um den Kontrast zwischen nicht-mediceischer und mediceischer Herrschaft – erweitert. Nur eine Dominanz der Medici ermögliche, so Vasaris Argumentation, einen kollektiven Rückzug der Stadtgesellschaft aus dem ‚Überlebenskampf‘ und schaffe das nötige otium für ein Florieren von Kunst, Fest und Theater 356. Häufig wird im Verlauf der „Viten“ das Wirken der Künstler für die rinascita in Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und sozialen Begebenheiten gestellt, denen sie ausgesetzt sind. Fürsten, die die Künstler unterstützen und ihnen materielle wie ideelle Wertschätzung zuteilwerden lassen, fördern nach Vasaris Darlegung implizit auch den Aufstieg der Künste, indem sie die Voraussetzungen für das Entstehen guter
354 Für eine Definition des Begriffes urbanitas (= in der Renaissance immer stärker mit facezia verknüpft – im Sinne von Weltgewandtheit verwendet) im Kontrast zum Ländlichen und in seinen vielschichtigen Bedeutungsebenen hinsichtlich der Kulturtechniken und Ausdrucksmöglichkeiten, aber auch in seiner Ambivalenz zwischen positiver und negativer Bedeutung, vgl. „urbanitas“ in: UEDING 2012, Sp. 1344-1364. Für den Zusammenhang von Stadt, Staatsordnung und Fest respektive Theater grundlegend: ZORZI 1977. Zur Verbindung von Stadt, Theater und bene comune in staatstheoretischen und stadtbeschreibenden Texten: vgl. Kap. 3.1. 355 Auch die Verbindung von Festen und Spielen mit otium ist bereits in der Antike präsent: Feste und Feiertage erlauben kollektives otium und regeln die Zeiten der Arbeit und der Ruhe für alle gleichermaßen: ANDRÉ 1966, S. 23-28. 356 Diese Konnotation wird auch in den „Ragionamenti“ deutlich, wenn Vasari ein Gemälde im Palazzo Vecchio, das Ianus und Saturn schlafend zwischen zwei Frauen darstellt, als Versinnbildlichung der Herrschaft Leos X. deutet: „[…] queste sono la Libertà e la Quiete, che fanno dolce il sonno nell’età dell’oro, condotta da Saturno in quel luogo, per il buon governo che v’introdusse […] vivendo con letizia e pace […]. L’altra, dove Iano e Saturno dormono è l’età dell’oro, stata in diversi tempi in Toscana nel governo di Cosimo e Lorenzo Vecchio et il pontificato di Lione X, perché ognuno che lo conobbe cavò da lui […] e questa città da quel pontificato cavò tante ricchezze ed entrate, che passarono più di cento cinquanta mille scudi: e così fu il viver tanto lieto, che a ogni povero pareva esser ricco, ed ogni animo ripieno di allegrezza.“: VASARI (1567) 2007, S. 33-37; vgl. auch: MUND 2015, S. 89.
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Werke schaffen357. Der viel beschworene mediceische Friede fungiert gleich der pax augusta358 als Katalysator und Motor für die endgültige Vollendung der Formen in der „bella maniera moderna“359. Dies wird in der Widmung an Cosimo de’ Medici klar formuliert: „E perciò che questi tali sono stati quasi tutti toscani, e la più parte Suoi fiorentini, e molti d’essi dagli illustrissimi antichi Suoi con ogni sorte di premii e di onori incitati et aiutati a mettere in opera, si può dire che nel Suo stato, anzi nella Sua felicissima casa, siano rinate, e per benefizio de’ Suoi medesimi abbia il mondo queste bellissime arti ricuperate e che per esse nobilitato e rimbellito si sia.“ 360
Da jedoch, wie gezeigt, auch im Zusammenhang mit dem Theater das buon governo der Medici als entscheidender Faktor betont ist, erstreckt sich das Konzept einer ‚modernen Manier‘ im argumentativen Konstrukt der „Viten“ offenbar nicht auf die bildenden Künste allein, sondern auf eine ganze Lebensart, in der die kunstvolle Gestaltung und kreative Überformung des gesellschaftlichen Miteinanders eine zentrale Rolle spielt.
357 Herrscher und Auftraggeber prägen laut Vasari durch ihre Förderung ganze Zeitalter, wie sich beispielsweise in der Vita Polidoros zeigt: „Nell’ultima età dell’oro, che così si poté chiamare per gl’uomini virtuosi et artefici nobili la felice età di Leone Decimo […].“: VASARI: Vita di Polidoro da Caravaggio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 455; vgl. STIMATO 2007, S. 93. Gleichzeitig seien sie, sofern sie Kunstverstand besitzen, in der Lage, einzelne Karrieren von Künstlern und damit implizit den Gesamtprozess der künstlerischen Entwicklung zu unterstützen: VASARI: Vita di Lionardo da Vinci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 20-22; vgl. auch: BAROLSKY 1999, S. 286. Eine zusammenfassende Darstellung verschiedener Textstellen der „Viten“ unter diesem Gesichtspunkt: RUBIN 1995, S. 197-201. 358 Das Postulat des augusteischen Friedens diente, wie die durch Kaiser Augustus 27 v. Chr. errichtete Staatsform des Prinzipats, als Vorbild für Cosimo. Ganz offen wurde die eigene Person repräsentativ mit dem antiken Kaiser in Bezug gesetzt und die eigene Regierungszeit als ähnlich friedensbringend wie die pax augusta propagiert: siehe auch: FENECH KROKE 2012, S. 23. Zu den Leitthemen der augusteischen Bildpropaganda und Kulturpolitik: ZANKER 1987, v.a. S. 46-52, S. 103-106, S. 132-140. Zu Aufbau und Gestaltung der ephemeren Festdekorationen und ihrer Funktion im Sinne eines théatre de mémoire siehe weiter: MOREL 1993. Die Gleichsetzung Cosimos mit Augustus anhand des Capricorn-Sternzeichens findet sich auch in der Vita Cosimos von Girolamo Borri (um 1567), abgedruckt bei: MENCHINI 2005, S. 91-135, speziell S. 97. 359 „[…] quella terza maniera che noi vogliamo chiamare la moderna […].“: VASARI: Proemio della terza parte (1568) BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 8. 360 VASARI: ALLO ILLUSTRISSIMO ET ECCELLENTISSIMO SIGNORE IL SIGNOR COSIMO DE’ MEDICI (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 1-2.
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2.5 Kunstvolle Schaugerichte und szenisch gestaltete Bankette: Die Vita Giovanfrancesco Rusticis, italienische Novellistik und die Spieltradition des 16. Jahrhunderts Außerhalb des politischen Kontextes wird das Spektrum kunstvoll gestalteter Geselligkeit vor allem im Rahmen der Biografie Giovanfrancesco Rusticis entfaltet. Beschreibungen von Banketten und Festen städtisch-bürgerlicher Compagnie, namentlich der Compagnia del Paiuolo und der Compagnia della Cazzuola, nehmen rund 60 Prozent dieser Lebensbeschreibung ein. Die Schilderungen sind als eine Serie kleiner Anekdoten episodenhaft aneinandergereiht, die in ihrer Summe ein komplexes und schillerndes Bild vom gesellschaftlichen Amüsement der beiden Intellektuellen- und Künstlerzirkel entwerfen. Gerahmt sind die einzelnen Beschreibungen, wie bereits erwähnt, von allgemeinen Ausführungen zu Struktur, Entstehung und Reglement der jeweiligen Vereinigung sowie von einer namentlichen Aufzählung ihrer Mitglieder361. Die Rustici-Vita und ihre literarischen Vorbilder: Petronius’ „Satyrica“ und die Tradition der italienischen Novellistik
Die erste der kleinen Geschichten betrifft die Compagnia del Paiuolo. Erzählt wird eine spezielle cena, deren Festapparat analog zum Namen der Vereinigung als Kochtopf gestaltet war362. Die Textstelle gliedert sich in zwei Teile. Beschrieben wird zunächst ausführlich der apparato der cena, die Dekoration, bei der es sich in diesem Falle wohl wortwörtlich um einen ‚Apparat‘ handelte. In dem Kochtopf, der die Tafel bildete, saßen reihum die Mitglieder, als würden sie im heißen Kochwasser garen. Die Tischbeleuchtung sei im Henkel des Kessels untergebracht gewesen, die Sitzplätze zentriert um eine Maschinerie in Form eines Baumes, die, ähnlich einem ‚Tischleindeckdich‘, bei jedem Gang mit frischen Speisen beladen und unter musikalischer Untermalung nach oben gefahren sei, um anschließend wieder vom Erdboden verschluckt zu werden. Einzelheiten zum technischen Aufbau nennt Vasari diesmal allerdings nicht. Stattdessen erstreckt sich das kunstkritische Lob des Autors auf die gesamte Dekoration einschließlich der schmückenden Bilder und Stoffe. Alles sei „benissimo accomodato“363 gewesen und von den Anwesenden sehr gelobt worden. Der zweite und deutlich längere Teil der Erzählung wird bestimmt durch die einzelnen Speisen, die von jedem Mitglied entsprechend den Statuten der Compagnia bei den Banketten in großer Vielfalt erdacht, konzipiert und bereitgestellt worden
361 Hierzu wurde bereits hinlänglich berichtet. Daher wird an dieser Stelle auf die entsprechenden Ausführungen nicht mehr eingegangen: siehe. Kap. 2.3, S. 109-112. 362 Paiuolo = Kessel/Kochtopf. Die folgende Paraphrase beruht auf: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481-482. Textstelle siehe: Appendix. 363 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481.
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seien. Hier ergeht sich der Text in fantasievollen Schilderungen vierer Schaugerichte, um sodann nur noch summarisch auf weitere Beiträge zu verweisen, die ebenso „molto bello e buono“364 gewesen seien. Ausschlaggebend für die Bewertung sind jeweils zwei Kriterien: die kreative und originelle Idee des Themas sowie der fantasiereiche Umgang mit dem ephemeren Material der Speisen, aus denen die Miniatur täuschend echt geformt wurde. Die Beschreibung der Beiträge von Giovanfrancesco Rustici und Andrea del Sarto zeigt, dass offenbar ganze Szenen aus essbaren Zutaten gestaltet waren. So habe Rustici eine Episode aus der Argonautensage aus erlesenen Kapaunen nachgestellt, während Andrea del Sarto aus verschiedenen Würsten, Marzipan, Gelatine, Zuckerpaste und Parmesan einen achteckigen Tempel nach dem Vorbild des Florentiner Baptisteriums kreierte. Nicht nur wird die Architektur des Tempels beschrieben, sondern der Leser erhält darüber hinaus Einblick in dessen Innenleben, in dem eine Choraufführung stattfindet. Als Sänger fungieren gebratene Drosseln, die aufrecht hinter aus kaltem Kalbfleisch gestalteten Notenpulten stehen. Die Chorhemden der Sänger bestehen aus dünnen Scheiben von Schweinefleisch. Dahinter stehen zwei gebratene Täubchen für den Bass, während der Sopran in der Szene von sechs Rohrspatzen ‚vertont‘ wird. Notenhefte aus Lasagne mit Noten und Wörtern in Pfefferschrift komplettieren das Bild. Die offen stehenden Schnäbel der Vögel verbildlichen den Vorgang des Singens365. Vor allem bei diesem Beispiel evoziert die Ekphrasis ein farbenfrohes und humorvolles Ensemble, dessen spielerische Leichtigkeit dem Leser ein amüsiertes Schmunzeln entlockt. Die detailfreudige Beschreibung attestiert der Compagnia und ihren Mitgliedern ein hohes Maß an Kreativität, Ironie sowie den Luxus des Spiels mit dem Essen. In lustvoller Hedonie frönen die Teilnehmer den selbst erdachten Banketten, die vom Ambiente bis in die einzelnen Gänge hinein geistreich, mit Witz und Fantasie erdacht und opulent wie abwechslungsreich arrangiert sind. Noch deutlicher tritt die Spiel- und Verkleidungsfreudigkeit der gehobenen Florentiner Intellektuellenzirkel in den Festen der Compagnia della Cazzuola zu Tage. Im Unterschied zur Compagnia del Paiuolo, deren Statuten lediglich die varietà der bereitgestellten Speisen festlegten366, seien bei den cene der Compagnia della Cazzuola auch Ablauf und Ausstattung diesem Prinzip unterstellt gewesen. So bestimmten
364 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482. 365 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482. 366 „E l’ordine delle cene era questo […], che ciascuno si portasse alcuna cosa da cena, fatta con qualche bella invenzione, la quale, giunto al luogo, presentava al signore, che sempre era un di loro, il quale la dava a chi più gli piaceva, scambiando la cena d’uno con quella dell’altro. Quando erano poi a tavola, presentandosi l’un l’altro, ciascuno avea d’ogni cosa, e chi si fusse riscontrato nell’invenzione della sua cena con un altro, e fatto una cosa medesima, era condennato.“: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481.
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die Regeln unter anderem die Verkleidung der Beteiligten bei den verschiedenen Banketten: „[…] avendo il signor della Compagnia comandato che ognuno dovesse trovarsi vestito in che abito gli piaceva, con questo, che coloro che si scontrassero nella maniera del vestire et avessero una medesima foggia, fussero condennati […].“367
Der Satz erinnert in Struktur und Wortwahl stark an die Beschreibung der Statuten der Compagnia del Paiuolo. In beiden Fällen sind Absprachen im Vorfeld strengstens verboten und die einzelnen Beitrage dürfen sich nicht ähneln. Bei der Compagnia della Cazzuola betrifft dieser Grundsatz offenbar das gesamte Erscheinungsbild, das sich zudem von Treffen zu Treffen, je nach Motto des Abends, ändert. So werden die Mitglieder beispielsweise einmal dazu angehalten, sich alle als Maurer und Handwerker zu kostümieren368. In diesem Fall findet die Zubereitung der Schaugerichte von den Teilnehmern selbst und vor Ort statt. Die Gäste erhalten vom Hausherrn einen Plan über ein zu bauendes Gebäude und müssen dieses schließlich aus verschiedenen essbaren Zutaten errichten. Ein Bauteil, das letztlich nicht die Zustimmung aller erfährt, wird ‚niedergerissen‘ und anschließend mit Genuss verspeist: „[…] se le goderono […] si mangiarono la basa di cacio parmigiano et il capitello acconcio maravigliosamente con intagli di caponi arrosto, fette di vitella e con la cimasa di lingue.“369
Wie bereits bei den Beschreibungen zu den Festen der Compagnia del Paiuolo, so werden auch hier fingierte und tatsächliche Materialität kontrastierend gegenübergestellt. Die Tatsache, dass die kunstvolle Architektur im Anschluss in den Mägen der Teilnehmer landet, verschärft diesen Kontrast und lässt den ephemeren Charakter der Ausstattung eindrucksvoll hervortreten. Einige Bankette der Compagnia della Cazzuola seien in ihrem gesamten Ablauf szenisch gestaltet gewesen. Dies zeigt Vasari unter anderem am Beispiel einer cena, die als szenisch-dramatischer Nachvollzug der Hochzeit Proserpinas mit Pluto in einem illusorisch die Unterwelt darstellenden Ambiente konzipiert ist370: Bereits am Eingang werden die Mitglieder mit dem Thema des Abends konfrontiert. Sie haben sich gerade wie üblich versammelt, da erscheint inmitten der Gruppe unvermittelt
367 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 368 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 484. 369 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 484. 370 Für die folgende Paraphrase siehe: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 484-486. Mozzati verweist darauf, dass vor allem durch die Schilderung einer cena infernale die Erzählung einen klaren Fokus auf die spezifische fiorentinità der Compagnia legt. Cene infernali sind für Florenz seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar und eine typische Florentiner Eigenheit im Festwesen: MOZZATI 2008, S. 258-260.
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eine Figur aus dem Reich der Mythen. Ceres bittet die Gäste, ihr bei der Suche nach ihrer Tochter Proserpina zu helfen, die Pluto in die Unterwelt entführt habe, und zu diesem Zwecke mit ihr in den Hades hinabzusteigen. Ihr folgend, finden sich die Männer vor einer Eingangstüre wieder, die wie ein Schlangenrachen gestaltet ist. Während Cerberus bellt, verfolgen sie einen Disput zwischen Ceres und dem nun erschienenen Pluto, an dessen Ende alle zur höllischen Hochzeitsfeier eingeladen werden. Durch das Schlangenmaul voller Zähne, das kleine Gruppen regelrecht verschluckt, gelangen die Mitglieder in einen großen, runden Saal, der nur durch ein kleines Licht spärlich beleuchtet ist. Sie werden von einem hässlichen Teufel empfangen, der sie mit seiner Mistgabel an die jeweiligen Plätze beordert. Sowohl dekorativ als auch lautmalerisch wird eine täuschend echte Illusion des Infernos geschaffen. Die aufgetragenen Speisen letztlich wirken wie widerliche und hässliche Tiere, sind aber in Wahrheit schmackhaft und variantenreich zusammengestellt: „[…] dentro, sotto la forma del pasticcio e coperta abominevole, erano cibi delicatissimi e di più sorti.“371
Auch die dargebotenen Weine entsprechen diesem Prinzip. Sie werden in einem äußerlich widerwärtigen Gefäß vom Teufel persönlich gemischt, sind aber deliziös und gut ausgewählt. Das Bankett endet mit einer burlesken Szene: „Baia bombardiere“372, einer der Gäste, wird von Pluto für seine Anmaßung, bei girandole und Feuerwerken häufig die Hölle spielerisch dargestellt zu haben, in die Unterwelt verdammt. Sein Bild erscheint, als die Qualen der Hölle nach dem Bankett wieder beginnen, inmitten einer mit Wind-, Klang- und Lichteffekten unterlegten Illusion der Martern. Währenddessen wandelt sich der Saal, das Inferno verschwindet und ein reich gedeckter Tisch erscheint, an dem die Mitglieder nun den Rest des Mahles einnehmen, bevor sie von den Händlern eines Schiffes voller Köstlichkeiten zur Komödienaufführung der „Filogenia“ in die oberen Räume geleitet werden373. Als mögliches Vorbild für die beschriebenen Szenen könnte, wie Mozzati und Löhr anführen, das Gastmahl des Trimalchio in den „Satyrica“ von Gaius Petronius Arbiter374 fungiert haben375. Tatsächlich sind die Koinzidenzen in der Gestaltung der aufgetragenen Speisen sowie im szenisch und technisch verfeinerten Ablauf des Festmahles zwischen der cena des Trimalchio und den in den „Viten“ geschilderten Ban-
371 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 485. 372 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 485. 373 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 485-486. 374 Gaius Petronius Arbiter (*um 14 n. Chr.; †66 n. Chr.). 375 MOZZATI 2008, S. 327-331; LÖHR 2007, S. 154. Weiterführend zur Petronrezeption: BERGER 1981.
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ketten nicht zu übersehen. Mozzati folgert aus diesen Übereinstimmungen den tatsächlichen Vorbildcharakter der Schilderungen des Petronius für die cene zeitgenössischer Intellektuellenzirkel376. Darüber hinaus aber weist Trimalchios Gastmahl in den „Satyrica“ hinsichtlich des Aufbaus und der Erzählstruktur einige Gemeinsamkeiten mit Vasaris Ausführungen auf, was dessen beispielgebende Funktion für die einzelnen Anekdoten der RusticiVita auch auf formaler Ebene plausibel macht. Zentrale Merkmale der cene der Compagnia del Paiuolo und vor allem der Bankette der Compagnia della Cazzuola sind ebenso kennzeichnend für verschiedene Episoden im Gastmahl des Trimalchio. Beispielhaft anzuführen sind hier die unvorhersehbaren Wendungen der Szenen und der damit bei den Gästen erzielte Überraschungseffekt sowie der irritierende Gegensatz von Schein und Sein, von vermeintlicher und tatsächlicher Konsistenz. Wie die scheinbar widerwärtigen aber letztlich delikaten Speisen beim Höllenmahl des Pluto, so wird auch ein Gang bei Trimalchio auf äußerst unorthodoxe Weise serviert. Ein ganzes Schwein mitsamt seiner Gedärme landet vor den Augen der Gäste. Nachdem dieses aufgebrochen wird, kommen statt der unappetitlichen Innereien allerdings schmackhafte Blut- und Bratwürste zum Vorschein377. Eine vermeintliche Mastgans serviert mit Vögeln und Fischen entpuppt sich als gänzlich aus Schweinefleisch hergestellt. Zwei Weinamphoren enthalten in Wahrheit Muscheln und Austern378. Trimalchios Koch wird dafür gepriesen, dass er „de vulva […] piscem, de lardo palumbum, de perna turturem, de colepio gallinam“379 erschaffen habe. Dies alles erinnert an Andrea del Sartos Tempelkonstruktion und ihr Innenleben380 oder an den Kochtopf, in dem die Mitglieder der Compagnia del Paiuolo mutmaßlich selbst gegart werden sollen und der ihnen stattdessen als Tischleindeckdich dient. Zur Unterstützung der Illusion werden sowohl bei den Banketten der Rustici-Vita als auch bei Petronius mechanische Apparaturen und lautmalerische Effekte eingesetzt. Ähnlich wie der Kochtopf der Compagnia del Paiuolo oder das Schlangenmaul bei der cena infernale der Compagnia della Cazzuola mutet in den „Satyrica“ eine Sequenz an, bei der sich plötzlich und unter Getöse die Decke des Saales auftut. Durch die Öffnung wird schließlich wie von Zauberhand ein Reifen herabgelassen, der mit Salbölfläschchen behängt ist381. Ebenso makaber wie die cena infernale der Rustici-Vita gestaltet sich außerdem eine Szene, in der Trimalchio sein eigenes Begräbnis inszeniert und mit den Teilnehmenden probt382. Um den Überraschungseffekt ihrer Geschichten zu unterstreichen, arbeiten beide Erzählungen mit klaren Spannungsbögen, die zunächst den oberflächlichen Eindruck schildern, um sodann die Auflösung kontrastierend und für den Leser unerwartet ge-
376 377 378 379 380 381 382
MOZZATI 2008, S. 327-331. PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 49, S. 94-97. Bereits angeführt bei: LÖHR 2007, S. 154. PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 68,4-7, S. 140-142. PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 69,2, S. 140. Der Bezug wurde bereits hergestellt von: LÖHR 2007, S. 154. PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 60,1-3, S. 118. PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 77,7-78,8, S. 160-162.
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genüberzustellen. Allerdings entwirft Petronius dabei deutlich längere Bögen und kostet die Reaktionen der Gäste in wörtlicher Rede und epischer Breite aus, während die „Viten“ sich auf eine knappe Dialektik beschränken. Dies ist nur einer der Punkte, an denen sich die beiden Werke deutlich voneinander unterscheiden. So ist Trimalchios Festmahl an Frivolität nicht zu überbieten, während dieser Aspekt in Vasaris Schilderungen gänzlich ausgenommen bleibt. Auch machen diverse Tischgespräche bei Petronius einen wesentlichen Bestandteil der Handlung aus. Einzelne Reden reihen sich hier während des Gastmahles episodenhaft aneinander383 und werden im Wechsel mit Anekdoten, Streitereien und Diskussionen sowie einem einführenden und abschließenden Gang ins Bad erzählt384. Im Gegensatz dazu wird der Handlungsablauf in der Rustici-Vita gänzlich durch das Bankett selbst und seine Speisen bestimmt, worüber hinaus keine weiteren Erzählungen oder Dispute jenseits der szenischen Dialoge eingeflochten sind. Die Gäste sind bei Petronius primär Sklaven und zu Geld gekommene Freigelassene, also eine eher im unteren Milieu anzusiedelnde Bevölkerungsschicht385. Dies ist weder bei der Compagnia del Paiuolo der Fall, deren Mitglieder allesamt Künstler sind, noch bei der Compagnia della Cazzuola, an deren Banketten neben Künstlern, Handwerkern und Kaufleuten auch zahlreiche gentiluomini teilnehmen.386 Während die cena des Trimalchio also letztlich eine Satire auf die Nachahmung elitärer Esskultur durch einen neureichen Parvenü darstellt387, verherrlicht Vasari im Gegenteil die gelungene Angleichung der Künstlerbankette an die höfische Festkultur388 sowie die Übersteigerung der Kunstfertigkeit in der Zusammenstellung ausgefallener Schaugerichte. Dies stellt die beiden Werke zumindest in der Aussage diametral gegeneinander und macht einen alleinigen Vorbildcharakter des Petronius für die Rustici-Vita eher unwahrscheinlich. Vasaris Ausführungen über die beiden Kompanien weisen allerdings auch diverse Schnittstellen mit der Tradition der Novellistik nach dem Vorbild von Boccaccios
383 Beispielsweise die Reden der Freigelassenen: PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 41,9-46,8, S. 76-90. 384 Zum Badevergnügen: PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, 27, 72,1-73,5, S. 48, S. 146-150. 385 Weiterführend siehe: Holzberg: Einführung, in: PETRONIUS (1. Jh. n. Chr.) 2013, S. 407-424. 386 MOZZATI 2008, S. 357-394. 387 Ich danke Peter Diemer für den freundlichen Hinweis auf den parodistischen Charakter des Werkes. 388 So stecken in Vasaris Beschreibungen ephemerer und szenischer Schaugerichte der Compagnie Bezüge, die über die Antike hinaus und ins Feld höfischer Bankettkultur nach dem Vorbild Burgunds hinein reichen. Mittels Schau- und speziellen Scherzgerichten nach Art der in Vasaris cena infernale aufgetragenen Speisen sollten die Gäste verblüfft und erstaunt werden, um so die Fähigkeit zur Prachtentfaltung und den Ideenreichtum des Gastgebers zu demonstrieren. Ich danke Martina Neumeyer für den freundlichen Hinweis. Hierzu weiterführend: ZISCHKA 1994.
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„Decameron“ auf, die ebenfalls Bankette, intellektuelles Spiel und fantasievolle wie geistreiche Einfälle unterschiedlicher Art zum Thema hat 389. Bereits Mozzati hat den Namensfindungsmythos der Compagnia della Cazzuola, wie er in den „Viten“ referiert wird, als beffa im Sinne der italienischen Novellistik identifiziert390. Sechs Gründungsmitglieder hätten sich, so die Textstelle, bei „Feo gobbo“391 getroffen, um gemeinsam zu dinieren. Dabei sei einem von ihnen ein Mörtelhaufen mit einer Kelle (= Cazzuola) aufgefallen, den ein Maurer am Tag zuvor in einer Ecke habe liegen lassen. Diesen habe der Betreffende dem genannten Feo anstelle eines Stückes Ricotta in den Mund gestopft, das jener gerade im Begriff gewesen sei zu verspeisen. Spontan habe die Gruppe „Cazzuola, Cazzuola!“ ausgerufen und so sei es zur Namensgebung der Kompanie gekommen 392. Die Gemeinsamkeiten mit der klassischen beffa393 sind mannigfach. So sind auch bei Vasari die Protagonisten der Handlung allesamt im künstlerischen Milieu anzusiedeln. Der beffatore nutzt eine Schwäche oder Untugend des beffato (hier die Gefräßigkeit Feos, der mit offenem Mund Ricotta in sich hineinstopft) aus, um diesem mittels Witz und Fantasie einen Streich zu spielen. Wie die beffa, so dient die Episode auch hier der sozialen und intellektuellen Aufwertung des Künstlermetiers 394. Die vorgestellte Kreativität und der gesellschaftliche Witz sind Kategorien elitärer Zerstreuung395, die auf künstlerisches Umfeld übertragen werden und dieses damit gleichsam nobilitieren. Mit Mozzati ist zu unterstreichen, dass die genannte Erzählung die einzig echte beffa der Rustici-Vita darstellt396. Sucht man die Gemeinsamkeiten jedoch nicht ausschließlich in der Binnenhandlung, sondern fasst auch strukturelle und inhaltliche Charakteristika von Novellen-
389 Zur Weiterentwicklung der Novellistik des 16. Jahrhunderts weg vom Muster Boccaccios siehe näher: COTTINO-JONES 1989. Allerdings hat Flasch richtig bemerkt, dass Entwicklungsgedanken in Bezug auf literarische Genres insofern problematisch sind, als sie letztlich immer dazu tendieren, Einzelaspekte auf vergleichender Basis zu verallgemeinern: FLASCH 1992, S. 163. Die folgenden Schlüsse seien daher nicht allgemeingültig gesetzt, sondern lediglich als Beobachtungen zu verstehen, die auf der Basis der behandelten Texte gemacht wurden und deren gattungsumfassende Valenz nicht konstatiert werden kann. 390 MOZZATI 2008, S. 196-205. Verkürzt dargelegt, handelt es sich bei einer beffa um einen gut vorbereiteten, derben, manchmal bösen Streich. Beffe werden in zahlreichen favole der Novellensammlungen überliefert und weisen hier meist sehr spezifische Charakteristika auf, siehe weiterführend: MAURIELLO 2005. 391 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482. 392 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482. 393 MOZZATI 2008, S. 198. 394 Zu Künstlern als faceti im Sinne der beffe und zu den sozialen Implikationen des Themas siehe weiterführend: MAURIELLO 2005. Vgl. auch: MOZZATI 2008, S. 198. 395 Wie sie beispielsweise auch in Baldassare Castigliones „Il Cortegiano“ gepriesen werden: CASTIGLIONE (1528) 1998, II,XLV-C, S. 183-254. Zur Nähe des „Cortegiano“ mit der italienischen burla vgl. auch: GUIDI 1975. Vgl. ebenfalls: MOZZATI 2008, S. 198-199. 396 MOZZATI 2008, S. 198.
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sammlungen ins Auge, wie sie in Boccaccios „Decameron“397 und in Lascas „Cene“398 manifest werden, so lassen sich auf formaler wie inhaltlicher Ebene weitere Schnittstellen mit Vasaris Anekdoten über die beiden Compagnie ausmachen399. So existieren zwischen den Figuren in Lascas „Cene“ und den Mitgliedern der Compagnia della Cazzuola diverse personelle Übereinstimmungen. Zwei Hauptpersonen in den novelle Lascas, „Feo gobbo“ und „maestro Manente, medico“, finden sich auch unter den Mitgliedern der Compagnia della Cazzuola400. Durch sie sind die Geschichten der Rustici-Vita im selben Milieu angesiedelt wie die von Lasca erzählten Begebenheiten401. Zu Boccaccio wird der Bezug in der Rustici-Vita durch mehrere direkte Anleihen kenntlich gemacht. Der Verweis auf die bereits nicht mehr gepflegte Tradition der Compagnie („il che racconto volentieri, perché è quasi del tutto dismesso l’uso di queste Compagnie“402) und die Statuten der Compagnia del Paiuolo lassen Analogien zur neunten Novelle des sechsten Tages im „Decameron“ erkennen, welche just im Umfeld städtischer Brigaden, der sogenannten brigata spendereccia403, angesiedelt ist. Eingeleitet wird die Erzählung hier mit folgenden Worten:
397 Eine kritisch kommentierte Ausgabe siehe: BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976. Für den Einfluss der novellistischen Literatur und Boccaccios auf die literarische Struktur der „Viten“ im Allgemeinen siehe: RUBIN 1995, S. 159-160. 398 GRAZZINI (1549-1584) 1857. 399 Einzelne Bezüge der Rustici-Vita auf die Tradition der italienischen Novellistik, hat Mozzati bereits in Ansätzen aufgezeigt: MOZZATI 2008, S. 196-199; MOZZATI 2012. Löhr ermittelt darüber hinaus diverse Gemeinsamkeiten mit der burlesken Dichtung: LÖHR 2007, S. 155-156. Ihre Ausführungen sind im Folgenden zusammengefasst und durch eigene Beobachtungen ergänzt. Die Texte Boccaccios und Antonfrancesco Grazzinis, genannt Il Lasca, wurden für diesen Vergleich exemplarisch ausgewählt, da sie meist für das Genre der italienischen Novelle paradigmatisch gesetzt werden. Lascas „Cene“ (2. Hälfte 16. Jahrhundert verfasst) haben mit den Vitenstellen zudem die Szenerie eines kollektiven Gastmahls gemein: GRAZZINI (1549-1584) 1857. 400 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. Vgl. MOZZATI 2012, S. 210; siehe Kap. 2.3, S. 109-112. Für Bezüge der „Viten“ zu Künstlerpersönlichkeiten bei Lasca siehe weiterführend: RICCÒ 1985, S. 102-103. 401 MOZZATI 2012, S. 210. Mit Boccaccios „Decameron“ verbinden die „Viten“ vor allem die Persönlichkeiten Buonamico Buffalmacco, Bruno di Giovanni und Giotto, die jedoch nicht Mitglieder der hier beschriebenen Compagnie und daher für den hier angestrebten Vergleich letztlich irrelevant sind: zu den Künstlern bei Boccaccio und Vasari siehe weiter: RICCÒ 1985, S. 95-102, für die Giuntina: S. 107-108. Für literarische Anleihen bei Boccaccio außerdem: BOLZONI 2013, S. 154-155. 402 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481; zum Wahrheitsgehalt der Aussage: vgl. auch Kap. 2.2, S. 86-88. 403 Vereinigung von vergnügungsfreudigen jungen Leuten ab der Mitte des 13. Jahrhunderts: THOMPSON HILL 1915, S. 59; erwähnt auch in Dantes „Divina Commedia“, Inferno, XXIX,121-132. Vielen Dank an Peter Diemer für den Hinweis auf eine mögliche Ver-
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„Dovete adunque sapere che né tempi passati furono nella nostra città assai belle e laudevoli usanze, delle quali oggi niuna ve n’è rimasa, mercé dell’avarizia che in quella con le ricchezze è cresciuta, la quale tutte l’ha discacciate. Tralle quali n’era una cotale, che in diversi luoghi per Firenze si ragunavano insieme i gentili uomini delle contrade e facevano lor brigate di certo numero, guardando di mettervi tali che comportare potessono acconciamente le spese, e oggi l’uno, doman l’altro, e così per ordine tutti mettevan tavola, ciascuno il suo dì, a tutta la brigata […].“404
Sowohl die egalitäre Ordnung, als auch die im Regelwerk verankerte Zubereitung von Speisen für die gesamte Kompanie stimmen in beiden Werken überein. Interessant ist außerdem die Zwölfzahl der Paiuolo-Mitglieder, die mit der für die brigata spendereccia angenommenen Anzahl identisch ist405. Zwar sagen die „Viten“ nichts über die Ursache für den vermeintlichen Niedergang der Compagnie aus und ist deren Autor die unverhohlene Gegenwartskritik Boccaccios fremd, doch verleiht das entliehene Stilmittel der Erzählung einen nostalgisch verklärenden Charakter und führt die hier beschriebenen Vereinigungen auf den Brauch der bei Boccaccio beschriebenen Brigaden zurück. Ebenso werden durch diese Zitate Bezüge zwischen den Texten auf literarischer Ebene hergestellt, die sich dem zeitgenössischen Leser klar erschlossen haben dürften und die Vasaris Äußerungen der Rustici-Vita in die Tradition der italienischen Novellistik stellen. Diese Abhängigkeit wird durch verschiedene formale und stilistische Gemeinsamkeiten noch weiter unterstrichen. Charakteristisch für die italienische Novellensammlung nach Art Boccaccios und Lascas ist eine Rahmenhandlung, welche sich aus mehreren aufeinanderfolgenden Treffen der immer gleichen Personengruppe konstituiert406. Im „Decameron“ bildet diesen Rahmen die Schilderung einer verheerenden Pestepidemie in Florenz, die eine Gruppe von sieben jungen Frauen und drei Männern zur Flucht auf ein nahegelegenes Landgut zwingt. Dort der Langeweile ausgesetzt, beschließen sie, sich die Zeit durch Geschichtenerzählen zu vertreiben. Sie legen genau fest, wie der Ablauf der novellierend verbrachten Stunden gestaltet sein soll, und ernennen für jeden Tag einen König/eine Königin, die ein Oberthema für die zu erfindenden Geschichten vorzugeben hat407. Nachdem sich die jungen Leute an zehn aufeinanderfolgenden Tagen jeweils zehn favole erzählt haben, kehren sie nach Florenz zurück408. Lascas „Cene“ dagegen spielen in einem Florentiner Stadtpalast zur Zeit des Karnevals. Hier veranstalten fünf junge Frauen und Männer zunächst eine Schneeballschlacht und spielen sich gegenseitig Streiche, bevor sie aufgrund des schlechten
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wandtschaft der gesellschaftlichen Formen untereinander. Zur brigata spendereccia: ERRICO 1895, S. 31-35. BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, VI,9, S. 426. ERRICO 1895, S. 31-35. Zum Novellenrahmen vgl. auch: WETZEL 1981; bei Boccaccio: SÖFFNER 2005; SÖFFNER 2006. BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, S. 22-23, S. 68-70. Struktur aufgezeigt bei: DE RIENZO 1997, S. 45-48.
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Wetters gezwungen sind, auch den Abend gemeinsam zu verbringen. Sie beschließen, gemeinsam zu speisen sowie einander Geschichten zu erzählen409. Daraus ergibt sich der Wunsch nach Wiederholung und man vereinbart, sich an zwei weiteren Abenden in gleicher Runde zu treffen und den Beitrag eines jeden verpflichtend zu gestalten410. Dies wiederum führt zur Reglementierung einzelner novelle hinsichtlich ihrer Länge, die sich von Treffen zu Treffen von kurz über mittel zu lang zu steigern habe411. Auch die Binnengliederung der Erzählungen wird vorgegeben: „principio, mezzo e fine“412. Das Los entscheidet über die Reihenfolge der Vorträge; dies wird als Regiment „a guisa di repubblica“413 beschrieben, was der Gemeinschaft ironisch und humorvoll politische Dimensionen verleiht414. Auch die Anekdoten zu den beiden Compagnie der Rustici-Vita weisen eine Rahmenhandlung auf, die sowohl im Falle der Compagnia del Paiuolo als auch bei der Compagnia della Cazzuola Beschreibungen der Organisationsstruktur und der Statuten sowie eine Aufzählung einzelner Mitglieder enthält415. Die einzelnen Beiträge bewegen sich sodann im zuvor festgelegten Schema. Ebenso findet sich das feste, konstituierende Motto einzelner Treffen in allen drei Texten gleichermaßen. Während das Schema in Lascas „Cene“ durch ein Steigerungsprinzip konstituiert ist, wird es bei Boccaccio von einem allabendlich wechselnden ‚König‘ und bei Vasari durch den „signor della Compagnia“416 inhaltlich vorgegeben. Ein wesentlicher Bestandteil ist auch bei Vasari die Regelmäßigkeit der abendlichen Treffen. Allerdings ist die Ausgangssituation in der Rustici-Vita um ein entscheidendes Element der Novelle reduziert: die Isolation und Herausgehobenheit der Gruppe aus ihrem alltäglichen Umfeld. Im „Decameron“ zwingt die Pestepidemie von Florenz die jungen Leute zur Flucht und Klausur und reißt sie damit aus ihren alltäglichen Tätigkeiten. In dieser Abgeschiedenheit von den Zerstreuungen der Stadt und um das erlebte Unglück zu
409 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 1-7, v.a. S. 5. 410 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 6. 411 „[…] che questi altri due giovedì sera vegnenti vi degniate di venire a cenare similmente con mio fratello e meco: percioché stasera, non avendo tempo a pensare, le nostre favole saranno piccole; ma quest’altre due sere, avendo una settimana di tempo, mi parrebbe che nell’una si dovessero dir mezzane, e nell’altra […], grandi.“: GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 6. 412 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 6. 413 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 6. 414 Die Parodie auf offizielle gesellschaftliche Strukturen als Teil des Karnevalesken in Lascas „Cene“ wird ausführlich behandelt bei: COTTINO-JONES 1989, S. 856-858. Cottino-Jones verweist in diesem Zusammenhang allerdings nicht auf die Losentscheidung als pseudo-republikanische Ordnung. 415 Vgl. Kap. 2.3, S. 109-112. 416 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483.
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kompensieren, müssen sie zwangsläufig auf einen anderen Zeitvertreib verfallen 417. Besonders eklatant wird in der Rahmenhandlung die anfängliche drastische Schilderung der Pestepidemie in Kontrast zur späteren „dolcezza“ und „allegrezza“ gesetzt418. Bei Lasca tritt an die Stelle der außergewöhnlichen Situation bereits eine gewisse Regelmäßigkeit und auch der auslösende Schrecken unterbleibt. Ermöglicht wird die piacevolezza nun vielmehr durch eine positive Begebenheit, nämlich durch den Karneval, bei dem Spaß, Freude und Spiel ausdrücklich erlaubt sind419. Dieser Hinweis verortet die beschriebenen Lustbarkeiten klar im Feld des Festes, des Theaters und des Spiels – des karnevalesken Treibens420, zu dem auch die Tätigkeiten der in den „Viten“ beschriebenen Compagnie gehören421. Ebenso finden die Treffen anschließend im Turnus und aus intrinsischer Motivation heraus weiter statt. Dennoch bleibt der Auslöser auch bei Lasca zunächst spontan und ist einer gewissen Isolation aufgrund des schlechten Wetters geschuldet. Diesen von außen aufgezwungenen, schicksalhaften Impuls gibt es in der RusticiVita nicht. Vielmehr führt hier ausschließlich der Wunsch nach gemeinsamen, fantasievoll gestalteten Abenden zur Gründung der jeweiligen Vereinigung und zur Festsetzung genauer Statuten, die schriftlich fixiert sind und den Zusammenkünften einen institutionellen Charakter verleihen422. Betont wird nun gerade nicht mehr die Außergewöhnlichkeit der Situation, sondern vielmehr genau ihre Alltäglichkeit. Zwar kann wohl davon ausgegangen werden, dass Compagnie, wie die von Vasari beschriebenen, ihre Aktivitäten ebenfalls primär auf die Zeit des Karnevals konzentrierten, doch
417 BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, S. 17-22, S. 25. Zur Schilderung der Pestepidemie und ihrer Bedeutung weiterführend: FLASCH 1992, S. 69-93; außerdem: TENENTI 1993; WEHLE 1993. Im Zusammenhang mit dem in Kapitel 2.4, S. 130-132 beschriebenen Gegensätzen von Stadt und Land, favorisiert die von Boccaccio formulierte Position offenbar das Landleben gegenüber der buchstäblich als krank und verderbt charakterisierten Stadt. Allerdings votiert er auch für den kultivierten, höfisch gebildeten Menschentyp: vgl. HASTINGS 1975, S. 80-90. 418 Dies geschieht bereits sehr explizit in den einleitenden Sätzen: „E sì come l’estremità della allegrezza il dolore occupa, così le miserie da sopravegnente letizia sono terminate. A presta brieve noia […] seguita prestamente la dolcezza e il piacere […].“: BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, S. 9; siehe: FLASCH 1992, S. 95-114; WEHLE 1993, S. 225-243; die beiden gegensätzlichen Welten werden gegenübergestellt außerdem bei: SÖFFNER 2005, S. 129-133. 419 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 6. 420 COTTINO-JONES 1989, S. 857-858. 421 Vgl. MOZZATI 2012, S. 213. 422 Dass es üblich war, dass Compagnie ihre Treffen klaren Regeln unterwarfen, deren Verstoß mit Bestrafungen unterschiedlicher Art geahndet wurde, zeigen auch Machiavelllis „Capitoli per una compagnia di piacere“. Allerdings sind sie ihrerseits selbst in die Tradition der Wortspiele und sentenzie zu stellen, da sie humorvoll eine karnevalesk ‚verkehrte Welt‘ beschwören und über den Anschein von Ernst sowie über maßlose Übertreibungen den Brauch der Compagnie gleichsam wieder auf die Schippe nehmen: MACHIAVELLI (nach 1514) 1965.
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findet sich in seinen Ausführungen keine konkrete Jahreszeitangabe. Stattdessen wird bei der Compagnia della Cazzuola dezidiert darauf hingewiesen, die Festivitäten seien „in diversi tempi“423 ausgerichtet worden. Die Treffen integrieren sich also in das tägliche gesellschaftliche Leben der Teilnehmer, prägen es und entfalten sich mitten aus der Normalität des Alltags heraus. Im Unterschied zu Boccaccio und Lasca, sind die Intellektuellenzirkel der Rustici-Vita außerdem auf männliches Personal beschränkt, während der Impuls des novellare in beiden anderen Texten explizit von den Frauen ausgeht 424. Eine auffallende Gemeinsamkeit aller drei Werke stellt jedoch die Verpflichtung eines jeden Teilnehmers zum eigenen kreativen Beitrag dar. Diese Leistungen bestechen vor allem durch ihre fantasievolle Gestaltung sowie ihren innovativen Charakter oder ihre varietà. Im „Decameron“ entspricht der stofflichen Vielfalt der größtenteils aus der mittelalterlichen Schwankdichtung und aus mündlichen Erzählungen entnommenen Geschichten ein gleichlautend variantenreiches Spektrum der Erzählstile425. Zwar wird die inhaltliche varietà dort nicht statutenhaft gefordert, doch scheint sie sich von selbst zu verstehen, wie sich in einer Äußerung der Figur der Emilia zeigt: „Quantunque, leggiadre donne, oggi mi sieno da voi state tolte da due in sù delle novelle quali io m’aveva pensato di doverne una dire, non dimeno me ne pure è una rimasa da raccontare, che forse non ci se n’è alcuno di tanto sentimento contato.“ 426
Während die Erzählenden des „Decameron“ also offenbar auf mündlich tradierte Geschichten zurückgreifen, die sie aber nach dem Prinzip der Abwechslung und der neuen Quintessenzen erzählen, stellen die Teilnehmer der „Cene“ Lascas ausdrücklich die Regel auf, dass nicht altbekannte Geschichten (namentlich Boccaccios favole) erzählt werden sollen. Stattdessen soll sich jeder eine neue, aus eigener Fantasie geschöpfte Anekdote ausdenken: „[…] e questo sarà, non leggendo le favole scritte del Boccaccio […] ma, trovandone e dicendone da noi, séguiti ognuno la sua; le quali, se non saranno né tanto belle né tanto buone, non saranno né anche né tanto viste né tanto udite, e per la novità e varietà ne doveranno porgere […] con qualche utilità non poco piacere e contento […].“427
423 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 483. 424 BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, S. 25; GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 5. Der Unterschied ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass die „Viten“ auf einen historisch tatsächlich existenten Zirkel verweisen, dessen Mitglieder ausnahmslos männlich waren. An den strukturellen Gemeinsamkeiten ändert dieser Umstand nur wenig. 425 Abermals danke ich Martina Neumeyer für den freundlichen Hinweis. 426 BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, VI,9, S. 426. 427 GRAZZINI (1549-1584) 1857, S. 5. Dadurch stellt Lasca letztlich Boccaccios auctoritas und Vorbildfunktion für das novellare in Frage: COTTINO-JONES 1989, S. 857; BRUSCAGLI 1979, S. XVII.
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Auch bei beiden Zirkeln der Rustici-Vita spielt die varietà der Beiträge eine wichtige Rolle und ist bei der Compagnia del Paiuolo statutenhaft verankert, während bei der Cazzuola die Verkleidungen bei einzelnen Treffen durch ihre varietà bestechen, die ebenfalls im Vorfeld bereits festgelegt wird428. Gleichermaßen besteht in allen drei Werken außerdem der vergnügliche Charakter der Beiträge, der zudem sehr ähnlich konnotiert ist429. Während diese Beiträge allerdings bei Boccaccio und Lasca literarischer Natur sind, wird an den Festivitäten der Compagnie in der Rustici-Vita auf künstlerisch-bildende respektive auf dramatisch-darstellende Weise mitgewirkt. Skulpturen, Scheinarchitekturen und ganze szenische Zusammensetzungen nehmen den Platz ein, der in den „Cene“ und im „Decameron“ von mündlich erzählten novelle besetzt ist. Mehr noch, während bei Boccaccio und Lasca stets auch andere Formen der Zerstreuung erwähnt werden und die Erzählungen so nur eine von vielen piaceri darstellen430, ist es in der Rustici-Vita gerade der kreative Eigenanteil, der für sich alleine im Zentrum des Geschehens steht. Bildet das Bankett selbst in Lascas „Cene“ nur die Rahmenhandlung für die anschließenden Erzählungen, so rückt es in der Rustici-Vita in den Mittelpunkt. Vor allem der von Petronius inspirierte Bericht über die diversen fantasievoll verfremdeten Speisen der Compagnia del Paiuolo liest sich gleichzeitig wie ein ausdrückliches ut pictura poesis431, das künstlerisch-ephemere Erfindungen in den Paragone mit den poetischen Geschichten der Novelle treten lässt. Die Speisen und das Mahl selbst werden zum Stoff, aus dem die Szenen entstehen. Wie sich bei Lasca die Kreativität der Erzähler in der Erfindung der Geschichte und im Lob der Zuhörer zeigt, so wird in der Rustici-Vita die ganze cena, mitsamt ihrer Dekoration und Gestaltung sowie ihrer Gerichte zur ‚Spielwiese‘ für die Fantasie der Teilnehmenden. Das Gesamtereignis ist Produkt der kreativen Auseinandersetzung sowie gleichzeitig einzig artikuliertes Ziel und Zweck der regelmäßigen Treffen. Wie einzelne novelle bei Boccaccio und Lasca muten in ihren Grundzügen auch die inhaltlichen Kreationen der Künstler bei den Banketten in Vasaris Rustici-Vita an – ein wenig paradox und verzerrt und letztlich in vielen Elementen lächerlich und humorvoll. Gemeinsam haben Boccaccios und Lascas novelle mit den invenzioni der von Vasari beschriebenen Tischgesellschaften zum einen die wechselvolle Durchdringung verschiedener Realitätsebenen432. Im Spannungsfeld von scheinbarer und tatsächlicher Konsistenz, von Traumwelt, szenisch-dramatischer Fiktion und umgebender Realität sowie von Trugbild und dessen Auflösung entfalten sich sowohl die Hand-
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Siehe S. 134-136. Zum Spielcharakter der Erzählungen in der Novelle siehe: PICONE 2008, S. 57-58. PICONE 2008, S. 58; beispielsweise Würfelspiel oder gemeinsames Musizieren. Hier ist der Ausspruch allgemein auf die Künste des disegno bezogen, da es sich nicht eigentlich um Malerei handelt. In jedem Fall wird eine klare Position im Paragone zwischen bildenden Künsten und Literatur bezogen. Zum so angestrebten Vergleich mit der Poesie siehe ausführlich: LÖHR 2007, S. 155-156, S. 158-162. 432 MARIETTI 1975, S. 23-26.
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lungsstränge verschiedener favole bei Boccaccio und Lasca als auch die Aktivitäten der beiden Kompanien der Rustici-Vita433. Vor allem die theatralen Szenen der Compagnia della Cazzuola weisen zudem narrative Handlungsstrukturen auf, was sie den Erzählungen der novelle noch einmal mehr vergleichbar macht. Allerdings sind die Beteiligten bei Vasaris Spektakeln jeweils sowohl Erzähler als auch Figuren der Geschichte. Als Teil des Geschehens sind sie gleichermaßen beffatori und beffati des vom Regisseur erdachten Streiches. Sie haben nur bedingt Einfluss darauf, was mit ihnen geschieht, und geben sich ganz in die Hände des jeweiligen „signor della Compagnia“434. So sind sie gleichzeitig Mitwirkende und Opfer der vorgestellten Scherze. Thematische wie strukturelle Übereinstimmungen von Lascas Geschichte um den Arzt Maestro Manente mit der Cena infernale der Compagnia della Cazzuola wurden bereits durch Mozzati aufgezeigt435. In seinem Aufsatz „Le Cene del Lasca, il party più esclusivo. La tradizione festiva a Firenze nel Cinquecento, tra allestimento d’artista e memorie letterarie“ führt er die beiden Erzählungen auf eine gemeinsame mündliche oder möglicherweise heute verlorene schriftliche Quelle zurück 436. Mindestens rekurrierten beide Texte auf das gleiche kulturelle Milieu, das im Spiel mit dem Makabren, dem Unerwarteten und dem Vertauschen von Schein und Realität seine spezifische virtù diabolica zur Schau stelle437. Tatsächlich lässt der „Decameron“ Boccaccios in seinen novelle ähnlich morbide Tendenzen vermissen. Das Spiel mit der Illusion, die überraschende Wendung und der gewitzte Streich sind jedoch auch hier mannigfach vertreten 438. Weitere Gemeinsamkeiten zwischen den erzählten favole bei Boccaccio und Lasca und den gespielten Szenen bei Vasari bilden die moralische Sentenz, die ausgenutzte Schwäche des beffato sowie dessen schlussendliche Läuterung439.
433 Zum Kontrast von Schein und Sein in der Rustici-Vita siehe ebenfalls: LÖHR 2007, S. 147. 434 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 182. 435 MOZZATI 2012, S. 211-214. 436 MOZZATI 2012, S. 213. 437 MOZZATI 2012, S. 213-219. Die Kategorie der virtù diabolica sei kennzeichnend für das Florentiner Cinquecento und zeige sich auch im carro della morte Piero di Cosimos: MOZZATI 2012, S. 215-219. Begrifflich gefasst wird die virtù diabolica laut Mozzati erstmals im 17. Jahrhundert im italienischen Original des Traktates „Del senso delle cose e della magia“ von Tommaso Campanella: MOZZATI 2012, S. 215 Anm. 64. Übrigens ist die cena infernale nicht die einzige makabre Erfindung der Compagnia della Cazzuola. Erwähnt werden bei Vasari auch Bankette zum Thema ‚Tantalus im Inferno‘ oder eine szenische Umsetzung der Thematik um den Kriegsgott Mars, der von den blutigen Kämpfen müde geworden sei, dargestellt in einem Ambiente voller abgetrennter menschlicher Glieder: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 487. 438 Beispielsweise in: BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, III,7, S. 219-233; III,8, S. 234-242; II,1, S. 74-78; VI,4, S. 414-416. Zur überraschenden Wendung bei Boccaccio siehe: FLASCH 1992, S. 165-169; mit Verweis auf: PÖTTERS 1991.
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Alle drei Merkmale finden sich zumindest in einer weiteren cena der Compagnia della Cazzuola440: Nachdem die Feierlichkeiten der Vereinigung zu ausschweifend geworden sind und zu viel Geld in diverse Feste gesteckt wurde, bringt ein bestimmtes Bankett, konzipiert vom Vorstand der Kompanie, Matteo da Panzano, schließlich die Kehrtwende. Jener lässt den Raum wie ein Kranken- und Armenhaus einrichten und die Gäste ein Gespräch mehrerer Mitglieder belauschen, die nun wie arme Leute gekleidet sind und sich über sich selbst und all diejenigen auslassen, die ihr gesamtes Geld für Feste und Bankette verschwendet hätten. Durch den Schutzpatron der Compagnia, den heiligen Andreas, werden die Kameraden schließlich aus dieser kläglichen Zukunftsvision erlöst und zum wirklichen Bankett geführt. An dessen Ende steht jedoch, vom Heiligen selbst gesprochen, die Ermahnung, sich nicht zu sehr ins Feiern zu stürzen, um nicht am Ende doch im Armenhaus zu landen. Die Läuterung der beffati folgt auf dem Fuß: Man einigt sich darauf, jährlich nur noch eine größere Feier zu geben und sich damit zu bescheiden. Ähnlich wie in Lascas Novelle um den Arzt Maestro Manente441, wird auch hier den Beteiligten eine Realität gespiegelt, die eher einem Albtraum des eigenen Daseins gleicht und ihnen die eigene, wenig erstrebenswerte Zukunft vor Augen führt, für den Fall, dass sie ihre Lebensweise nicht ändern442. Die Erlösung erfolgt bei Lasca wie bei Vasari durch einen deus ex machina, der im einen Fall der beffatore selbst ist, während im anderen Fall ein Schutzpatron auf den Plan tritt. Am Ende steht die Katharsis und eine mehr oder minder radikale Änderung respektive Mäßigung der bisherigen Lebensweise. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen den Streichen in Lascas novelle und jenen der Rustici-Vita: Tendieren die beffe, vor allem bei Lasca, häufig zur kaum verhohlenen Grausamkeit und bleiben nicht selten schwere Schäden beim beffato zurück443, so sind die inszenierten Geschichten der Compagnia della Cazzuola stets für alle transparent illusorisch und absolut harmlosen Ausgangs 444.
439 Beispielsweise: BOCCACCIO (ca. 1349-1353) 1976, II,1, S. 77-78; VIII,4, S. 524-525. Auch in der beffa um Maestro Manente bei Lasca, siehe: PERIFANO 2006, S. 222-223. 440 Textgrundlage der folgenden Paraphrase: VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 486. 441 Dem Trunkenbold Maestro Manente wird von Lorenzo il Magnifico ein Streich gespielt, der ihn beinahe den Verstand kostet. Lorenzo lässt ihn entführen und in absoluter Isolation einsperren. Den Bürgern von Florenz gaukelt er den Tod des Arztes vor. Freigelassen, kehrt Maestro Manente nach Florenz zurück, nur um festzustellen, dass ihn jeder für ein Gespenst hält, und dass seine Frau einen anderen geheiratet hat. Geläutert erhält er Hilfe von Lorenzo de’ Medici selbst, der die Mitbürger davon überzeugt, dass alle Verwirrungen auf Zauberei beruhen und so dem Arzt seinen Besitz und die Gattin wiederbeschafft: GRAZZINI (1549-1584) 1988, III,10, Bd. II, S.117-160. 442 Das makabre Element ist, obwohl etwas schwächer, auch in Vasaris Schilderung des Armenhauses vorhanden und der leichte Schauer, der die Gäste überkommen haben dürfte, war wohl durchaus intendiert. 443 Beispielsweise die Geschichte des bedauernswerten Guasparri, der von den Kumpanen derart geängstigt wird, dass er im Anschluss ernsthaft krank wird: GRAZZINI (1549-1584) 1988, II,6, Bd. II, S. 9-21; vgl. PORCELLI 1973, S. 60-66 oder die Entmannung eines
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Die Beiträge der Compagnia del Paiuolo weisen bereits durch ihre Beschaffenheit eine noch größere Distanz zu den favole der Novellenerzählungen auf. Obschon die essbaren Skulpturen zuweilen bildhaft komplexe Szenen nachstellen, weisen sie keinerlei narrative Zusammenhänge auf. Vielmehr handelt es sich um Einzelstücke, deren Witz (beispielsweise beim ‚Wursttempel‘ Andrea del Sartos) in kurzen, spontanen Assoziationen liegt und die mit einem Satz zu umschreiben sind. Kreative Spielformen nach höfischem Vorbild: Die Schaugerichte der Compagnie und die Spieltradition des 16. Jahrhunderts
Ein gemeinsamer Nenner, der sowohl die Essskulpturen der Compagnia del Paiuolo als auch die szenischen Bankette der Compagnia della Cazzuola mit den einzelnen novelle der Novellistik vereint, ist die bereits seit dem Mittelalter an den Höfen gepflegte und im 16. Jahrhundert zunehmend theoretisch reflektierte sowie erweiterte Spieltradition445. Deren Komponenten werden bereits in Baldassare Castigliones „Cortegiano“ beschrieben, aber erst zum Ende des Jahrhunderts in Girolamo Bargaglis „Dialogo dei giuochi“ (1572) theoretisch fundiert: „Una festevol attione d’una lieta, & amorosa brigata, dove sopra una piacevole, o d’ingegnosa proposta fatta da uno come autore, & guida di tale attione, tutti gli altri facciano, o dicano alcuna cosa l’un dall’altro diversamente, & questo a fine di diletto, & intertenimento. […] che ’l diletto del giuoco, consiste in quella varietà, che si ritruova nel udire sopra uno steßo soggetto diverse, & dissimili inventioni. Onde punito è colui, che a quel che havesser detto gli altri si rimetteße, o che proponesse cosa, che prima da altri foße stata detta.“446
Lehrers durch einen reichen jungen Mann: GRAZZINI (1549-1584) 1988, I,2, Bd. I, S. 31-36; vgl. und siehe weitere Beispiele: PORCELLI 1973, S. 66-67. 444 Mozzati spricht hier, in Anlehnung an die Novellistik-Forscherin Fontes-Baratto davon, dass das Cinquecento hinsichtlich der beffa, des beffatore und der Radikalität des Streiches eine gewisse Normalisierung erfahren habe: MOZZATI 2008, S. 199. In der klassischen Novelle hat nur einer, der beffatore, eine klare Vorstellung davon, dass es sich um eine beffa handelt, während alle anderen in Unwissenheit sind: MARIETTI 1975, S. 25. 445 So hat auch das novellare seit Boccaccio seine Wurzeln im bereits seit dem Hochmittelalter gepflegten höfischen Gesellschaftsspiel ioc-partit, dem Reihum-Erzählen oder -Erörtern von Themen anhand exemplarisch angeführter historisch oder literarisch verbürgter Episoden: Ich danke Martina Neumeyer für diesen freundlichen Hinweis. Außerdem fußen Boccaccios novelle auf der städtischen und höfischen Gesprächskultur des Mittelalters, siehe weiterführend: SCHULZE-WITZENRATH 2012. Den Spielcharakter der Compagnia del Paiuolo hat bereits Löhr implizit erkannt, wenn er in seinem Aufsatz von „Spielformen der Kunst“ spricht: LÖHR 2007, v.a. S. 149-150. Auf eine mögliche Vorbildhaftigkeit castiglionesk-höfischer Zerstreuungen für die beiden Compagnie wird bereits hingewiesen bei: MOZZATI 2008, S. 198-199. Die am Text erarbeiteten Übereinstimmungen mit Castiglione und Bargagli sollen diese Annahmen erstmals konkret ausführen und erhärten. 446 BARGAGLI (1572) 1612, S. 30-31.
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Im Grunde sind also die novelle, die ephemeren Skulpturen der Compagnia del Paiuolo und auch die szenischen Festgestaltungen der Compagnia della Cazzuola nichts anderes als Spielbeiträge – sie werden zum Zeitvertreib erdacht und vorgetragen und folgen zuvor bestimmten, klaren Spielregeln 447. Wichtigstes Kriterium ist sowohl bei Bargagli als auch bei Castiglione die bei Vasari ebenfalls stark betonte varietà. Einzelne Beiträge dürfen sich weder ähneln noch auf Absprachen beruhen, sondern müssen stattdessen zwingend durch Originalität glänzen. Wie von Bargagli für das Spiel gefordert, so gibt es auch bei den Compagnie der Rustici-Vita einen Richtspruch, der diejenigen bestraft, die diese Regel nicht befolgen, und der, zumindest implizit, die besten Ergebnisse prämiert. Hinsichtlich der Spielweisen unterscheidet Castigliones „Cortegiano“ im Groben drei Arten: die Erzählung von novelle, das Vorbringen kurzer sentenzie oder Wortspiele und ausgeführte burle: „[…] delle facezie […] dico che, secondo me, di tre maniere se ne trovano […] cioè di quella urbana e piacevole narrazion continuata, che consiste nell’effetto d’una cosa; e della súbita ed arguta prontezza, che consiste in un detto solo. Però ve ne giungeremo la terza sorte, che chiamiamon ‚burle‘; nelle quali intervengon le narrazioni lunghe e i detti brevi ed ancor qualche operazione.“448
Während die mündlich wiedergegebenen favole oder novelle also lediglich eine von drei verschiedenen Spielformen darstellen, scheinen Vasaris Anekdoten eher den beiden anderen Bereichen zuweisbar. Verfolgt man die in Castigliones Text enthaltenen erklärenden Äußerungen und Beispiele zu sentenzie, so fallen einige Gemeinsamkeiten mit den Schaugerichten der Compagnia del Paiuolo auf. Wie die castiglionesken sentenzie glänzen auch die essbaren Skulpturen vor allem durch Ironie, Uneindeutigkeiten, paradoxale Verbindungen und dissimulatione, wodurch die Erwartungshaltung des Zuhörers respektive des Betrachters gestört wird: „È ancor bello quando si dechiara una cosa o si interpreta giocosamente […]. Spesso si dice ancor una parola, nella quale è una nascosta significazione lontana da quello che par che dir si voglia […] la principal cosa è lo ingannar la opinione e rispondere altramente che quello che aspetta l’auditore […] o dissimulare o beffare o riprendere o comparare […].“449
Bereits Löhr hat in seinem Aufsatz „Spielformen der Kunst. Andrea del Sarto als Architekt und der Triumph der Würste“ von 2007 für die Schaugerichte der PaiuoloMitglieder auf den Aspekt der Dissimulation hingewiesen sowie in den Skulpturen neuartige, von der reinen Form ausgehende Analogiebildungen erkannt, wie sie auch in Arcimboldos Portraits zu finden sind450. Die Komik entsteht durch das Spannungsverhältnis von Widerspruch und Analogie. Paradoxa ergeben sich durch die
447 448 449 450
Die Nähe der novelle zum Spiel klingt an bei: ORDINE 1996, S. 59-91. CASTIGLIONE (1528) 1998, II,XLVIII, S. 155. CASTIGLIONE (1528) 1998, II,LXXVIII,LXXXI,LXXXIII, S. 225, S. 229, S. 231-232. LÖHR 2007, S. 147.
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materielle Banalität und die Schönheit der Form ebenso wie durch ausschließlich formale Ähnlichkeiten bei gänzlich differentem Inhalt451. Darüber hinaus verdeutlichen die erdachten Szenen und Skulpturen, gleich dem Wortwitz der giochi bei Castiglione, die ingegnosità ihres Schöpfers. Dabei bleiben die Resultate jeweils auf den Bereich des Ephemeren und Flüchtigen beschränkt. Der Mündlichkeit der castiglionesken narrazioni und sentenzie entspricht bei Vasari das verderbliche Material der Speisen. Während jedoch im „Cortegiano“ ausschließlich verbale Sentenzen behandelt werden und das Spielfeld ein genuin literarisches ist, schaffen die Teilnehmer der bei Vasari beschriebenen cene stattdessen Kunstwerke. Außerdem handelt es sich in der Rustici-Vita nicht um eine Hofgesellschaft sondern um eine Künstlerkompanie. Erneut werden somit Wort und Kunst parallelisiert und nehmen Künstler und Hofmann eine vergleichbare Position ein. So wie Castigliones frottole spezifische ehrwürdig-höfische Themen, beispielsweise die tragisch-unerwiderte Liebe, aufs Korn nehmen452, werden bei der Compagnia del Paiuolo die ‚heiligen‘ Themen der Kunst durch die Verbindung mit ephemeren Materialien spielerisch banalisiert und hintersinnig verulkt: Das Florentiner Baptisterium als kunstkritisches ‚Heiligtum‘ wird aus Würsten nachgebaut und die ernsthaften Sänger des Chores zeigen sich als Drosseln mit aufgesperrten Schnäbeln453. Für die bildenden Künstler der Rustici-Vita und ihre haptisch-visuellen sentenzie/frottole gelten also dieselben Regeln und Prinzipien wie für die verbalen Spiele der Hofgesellschaft Castigliones, und sie fordern die gleichen Voraussetzungen: ingegno, fantasia und geistreichen Witz454. Eine dritte Art der Spielformen, die bei Castiglione erwähnte burla, zeigt sich in den szenischen Beiträgen der Compagnia della Cazzuola: „E’ parmi che la burla non sia altro che un inganno amichevole di cose che non offendano, o almen poco; e sì come nelle facezie il dir contra l’aspettazione, così nelle burle il far contra l’aspettazione induce il riso. E queste tanto più piacciono e sono laudate quanto più hanno dello
451 LÖHR 2007, S. 150-155. 452 Hierzu eingehend: MEINE 2016, S. 148-155; außerdem: MEINE 2013, S. 306-328. 453 Auch dies ist ein Charakteristikum des Karnevalesken – der Bruch mit klassischen Codices, die Banalisierung hehrer Vorbilder: COTTINO-JONES 1989, S. 855-856; im Rückgriff auf: BACHTIN 1979. Zur kunstkritischen Bedeutung des Baptisteriums siehe weiterführend: MOROLLI 1994. 454 Über die Nähe der frottola zu den von Castiglione vorgestellten Bedingungen höfischer Vergnügen und zu Castigliones ‚Theorie des Lachens‘ als Unterscheidungsmerkmal des Menschen vom Tier: MEINE 2013, S. 106-108. Allerdings führt Meine an, der Hofmann sei nach Castiglione an die Rolle des passiv Zuhörenden gebunden, der den Witz anderen, niederen Schichten zu überlassen habe: MEINE 2013, S. 107. Dieser Aussage kann hier nicht zugestimmt werden, da sich der gesamte Dialog des „Cortegiano“ explizit an den Hofmann direkt wendet, für den er Regeln und Möglichkeiten zum aktiven Spiel bereithält – innerhalb der aufgezeigten Grenzen.
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ingenioso e modesto; perché chi vol burlar senza rispetto spesso offende e poi ne nascono disordini e gravi inimicizie.“455
Eine der wichtigsten Maximen höfischer burle ist nach Castiglione also eine gegenüber der gemeinen beffa herabgemilderte Bosheit. Niemand darf ernsthaft zu Schaden kommen. Die Späße sind eher freundschaftlich-neckend und dürfen sich nur im Rahmen fester moralischer, dem decorum entsprechender Grenzen bewegen. Hierin verhält sich die burla parallel zu den aufgeführten Szenen der Compagnia della Cazzuola, die ebenfalls geistreich und mit leichtem Spott die Mitspieler zu ‚Opfern‘ diverser inszenierter Herausforderungen machen, sie jedoch letztlich nie wirklich gefährden oder verletzen. Vor allem die cena infernale entspricht diesem Prinzip, wenn sie die Teilnehmer im Ungewissen über die tatsächliche Beschaffenheit der dargereichten Speisen lässt und Ekel hervorruft, nur um den Mutigen letztlich durch deliziöse Geschmacksnoten zu überraschen und zu erquicken. Damit folgt sie einer Spielart, die auch Castiglione für besonders ‚köstlich‘ erachtet: „[…] ma tra l’altre quelle son piacevoli, che al principio spaventano e poi riescono in cosa sicura, perché il medesimo burlato si ride di se stesso, vedendosi aver avuto paura di niente.“456
Castigliones Beobachtung, dass das erleichterte Lachen bei erwartetem Unheil und letztlich gutem Ausgang zu den freudvollsten Emotionen beim Spiel gehöre, ist bei einigen Schilderungen Vasaris beinahe greifbar mitzuverfolgen. So vermeint der Leser die Speisenden geradezu beim erlösten Auflachen zu beobachten, wenn sich die angebotenen Widerwärtigkeiten letztlich als harmlos erweisen, und wenn sich vor ihren Augen statt des bedrückenden Armenhauses oder statt den Qualen der Hölle, unvermittelt ein reich gedeckter Tisch offenbart. Allerdings gibt es auch zwischen den burle Castigliones und den Szenen der Rustici-Vita einen entscheidenden Unterschied: Während die burlati nämlich auch beim höfischen Spiel in Unkenntnis der Situation gelassen werden, wissen die Kompaniemitglieder der Cazzuola sehr genau um den illusorischen Charakter der Szenen und entscheiden sich aktiv, sich dieser Scheinrealität gleich einem ‚Improvisationstheater‘ für eine bestimmte Zeit hinzugeben, mit der Gewissheit, dass sie nie einer wirklichen Bedrohung ausgesetzt sind. Damit zieht der Autor eine weitere Abstraktionsebene ein, die das Geschehen eindeutig und für alle klar ersichtlich im Bereich der Theatralität verortet. Insofern gehen die Schilderungen der Rustici-Vita letztlich – durchaus mit einer intendierten superatio457 – über alle verfügbaren Vorbilder hinaus. Zum einen wird die sinnliche Erfahrung gegenüber der bloßen Erzählung des novellare verfeinert. Was in Lascas „Cene“ noch mehr oder minder fiktive und erzählte Geschichten waren, sind jetzt sensuell erfahrbare und erlebbare Rollenspiele, die die Beteiligten in das Geschehen einbeziehen, anstatt sie im bloßen Status der Zuhörer zu belassen.
455 CASTIGLIONE (1528) 1998, II,LXXXV, S. 234. 456 CASTIGLIONE (1528) 1998, II,LXXXVI, S. 236. 457 Ich danke Martina Neumeyer für diesen freundlichen Hinweis. Zum Begriff für die bildenden Künste des 16. Jahrhunderts siehe: POCHAT, Imitatio 2009.
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Zum anderen wird die burla durch den aktiven und wissentlichen Einbezug der Adressaten weiter von der realen Lebenssituation entfremdet, ihr illusorischer Charakter für alle Beteiligten von Anfang an sichtbar herausgestellt. Bei Castiglione findet sich diese rein spielerische Komponente noch nicht. Sie wird erst durch Bargagli, und auch dort nur am Rande, in die Überlegungen mit einbezogen, wenn jener jegliche Arten von beffe ablehnt und stattdessen mehrere Beispiele szenisch aufgeführter Spielkontexte erwähnt458. Die vorangehenden Untersuchungen haben zahlreiche Gemeinsamkeiten aufgezeigt, die die Schilderungen zu den Festen der Compagnia del Paiuolo und der Compagnia della Cazzuola auf struktureller und inhaltlicher Ebene mit der italienischen Novellistik und der (höfischen) Spieltradition des 16. Jahrhunderts aufweisen. Zugleich scheinen die Anekdoten der Rustici-Vita an einen vorläufigen Schlusspunkt in der Entwicklung novellistischen Schreibens gesetzt, ebenso wie sie Spielarten zeigen und beispielhaft manifestieren, die zumindest theoretisch zuvor noch nicht erfasst wurden. Durch den Anspruch, tatsächlich Geschehenes historiografisch wiederzugeben, löst Vasari seine Anekdoten wirkmächtig aus der literarischen Fiktion heraus 459. Dadurch betont er in besonderem Maße die Fähigkeit zeitgenössischer Intellektueller und Künstler, sich selbst eine in jeder Hinsicht auf die Spitze getriebene, kunstvolle und künstliche Parallelwelt zu erschaffen, deren Gestalt sie nach Gusto vielfältig variieren und gestalten. Hierin können sie nach Belieben eintauchen, unter stetiger Möglichkeit zur nahtlosen Rückkehr in ihr alltägliches Leben. Diese Welt ist nicht mehr nur vorstell- und erzählbar, sie ist mit ephemeren Materialien und höchster technischer Finesse sogar täuschend echt nachgestellt. Die Metaphern und Analogiebildungen der Wortspiele nehmen in den ephemeren Werken der Künstler tatsächlich Form an. Sie machen den Witz mit einem Blick visuell erfahrbar, erweitern die Grenzen des Humors auf eine haptisch-visuelle Ebene und eröffnen auf diese Weise Spielfelder, die über sprachliche Ausdrucksmittel und ihre Möglichkeiten hinausgreifen. Damit stehen die Treffen der beiden Compagnie in Vasaris „Viten“ paradigmatisch für den Entwurf einer Gesellschaft, in der jede Form des Zusammenlebens bis hin zum gemeinsamen Abendessen kreativ überformt und künstlerisch virtuos gestaltet ist. Diese Gesellschaft greift zum einen auf das Vorbild schillernder antiker Gast-
458 BARGAGLI (1572) 1612, S. 48-56. Zwar verurteilt Bargagli auch die infernalen und mythologischen szenischen giochi dezidiert aus religiösen Gründen (man merkt bereits deutlich das Gedankengut der Gegenreformation), doch verweist er durch seine Beispiele immerhin auf ihre Existenz. 459 Zwar wird auch bei den favole der Novellensammlungen meist mit historischen Persönlichkeiten operiert und daher sind auch hier Historizität und Fiktion des Erzählten nicht einwandfrei voneinander zu scheiden, siehe auch: MOZZATI 2012, S. 213-219. Doch ist das Genre, in welchem sich die Geschichten bewegen, ein ganz und gar literarisches und die Rahmenhandlung definitiv literarische Erfindung. Der behauptete Anspruch ist somit durchaus ein anderer bei Vasari, der das Leben und die tatsächlichen res gestae der bildenden Künstler festzuhalten vorgibt.
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mähler zurück, wie sie bei aller Parodie in den „Satyrica“ des Petronius beschrieben sind, und erweist sich so nach Darlegung des Autors bis in die Esskultur hinein als ‚wiedergeborenes Rom‘. Zum anderen bleibt sie nicht in der Antike verhaftet, sondern entwickelt deren Modell im Sinne eigener Traditionen weiter, deren Fiorentinità im Rückgriff auf die typisch florentinische Literaturgattung der Novelle mit ihren facezie und beffe betont ist460. In der Orientierung an den bei Castiglione beschriebenen Spielformen werden die Vergnügungen städtischer Künstler- und Intellektuellenzirkel nobilitiert und ihre Sitten denen der Hofgesellschaft angenähert. Entworfen wird so das Bild einer Stadt, in welcher höfische Manier, Muße und piacevolezza sogar von Künstlern, Kaufleuten und Handwerkern übernommen werden, unter Wahrung derselben Eleganz sowie in klarer Abgrenzung zur Derbheit der bürgerlichen beffa. Die Tatsache, dass schließlich auch dieses Muster weiter abstrahiert und verfeinert ist, unterstreicht die modernità der bei Vasari geschilderten Compagnie. Angesiedelt sind ihre Spielarten auf höchstem künstlerischen Niveau und in einem Kreis, der sich öffentlich vor allem durch seine Komödien- und Theateraufführungen verdient macht – ein Kreis, dem auch die führenden bühnenbildenden und theaterschaffenden Persönlichkeiten der Stadt angehören, und in dessen semiprivates Innenleben Vasari seinem Leser in Rusticis Biografie einen Einblick gewährt.
2.6 Aus der Warte eines Anderen: Vasaris eigene Theaterarbeiten und die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 Seit seiner Jugend war Giorgio Vasari wiederholt als Festdekorateur und Bühnenbildner tätig. Er war beteiligt an den Einzügen Karls V. in Bologna und Florenz und arbeitete zusammen mit Aristotile da Sangallo an der Festdekoration für die Hochzeit Alessandro de’ Medicis. Außerdem gestaltete Vasari 1542 sala und scena für eine Aufführung von Pietro Aretinos „La Talanta“ in Venedig und wirkte im gleichen Jahr am Festapparat für die Taufe Francesco de’ Medicis mit. 1565 war er schließlich in Zusammenarbeit mit Vincenzo Borghini hauptverantwortlich für die Ausstattung der zahlreichen theatralen Umzüge und Vorführungen anlässlich der Hochzeit von Francesco de’ Medici mit Johanna von Österreich461.
460 MOZZATI 2008, S. 198-199. Außerdem durch die Betonung der virtù diabolica als typisch florentinische Eigenschaft: MOZZATI 2012, S. 214. 461 VASARI: Le opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 370; VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396-397. Zu Vasaris Mitarbeit für die Einzüge Karls V. in Florenz und Bologna vgl. auch: GROSSO 2016, S. 102; für die Aufführung der „Talanta“ weiterführend: FENECH KROKE 2010, v.a. S. 57-58; SCHULZ 1961; CECCHI, A. 1978, S. 51-54; DE GIROLAMI CHENEY 2002; PIERGUIDI 2005; TESTAVERDE 2004; CAIRNS 1992. Zur Medici-Hochzeit beispielsweise: PETRIOLI TOFANI 1966; PETRIOLI TOFANI 2015; BARONI VANNUCCI 2013; PIERGUIDI 2013; LIETZMANN 2003.
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Bemerkenswert ist allerdings, dass die Erwähnungen von Vasaris Theaterarbeiten in den „Viten“ in zweierlei Hinsicht vom bislang gängigen Schema abweichen. So schildert der Autor eigene ephemere Werke in der Autobiografie nur verhältnismäßig knapp und verlegt ausführlichere Beschreibungen stattdessen auf die Lebensbeschreibungen seiner Mitarbeiter462. Dies bewirkt einerseits, dass junge Talente stärker zur Geltung kommen, wohingegen die Vasari-Vita primär auf ‚bleibende‘ Werke fokussiert ist, denen im Leben und für den Nachruhm des Künstlers offenbar ein höherer Stellenwert beigemessen wird. Andererseits führen die wiederholten Rekurse in anderen Biografien aber auch dazu, dass der Name ‚Giorgio Vasari‘ an zahlreichen Stellen des Gesamtwerkes immer wieder zur Erwähnung kommt. Diese Vorgehensweise gestattet es dem Autor, aus der Warte eines Anderen und unter dem Bescheidenheitstopos des hinter seinen Mitarbeitern zurücktretenden Meisters die eigenen Leistungen unverblümt zu preisen. Besonders häufig im Zusammenhang mit der Ehrung anderer Künstlerkollegen vertreten ist das Hauptwerk des ‚Impresarios‘ Vasari, die Fürstenhochzeit des Jahres 1565. Nach kurzer Anführung in der Autobiografie kommt dieses Fest in fünf weiteren Lebensbeschreibungen zur Sprache, wobei vor allem die Akademiker-Vita verschiedentlich darauf verweist. Außerdem ist den Hochzeitsfeierlichkeiten ein eigener 110-seitiger Festbericht gewidmet, der, am Ende des Werkes stehend, gänzlich aus dem biografischen Schema ausbricht. Neben Adrianis Brief am Anfang ist diese Festbeschreibung der einzige Teil der „Viten“, der dezidiert als literarisches Opus eines Anderen ausgewiesen wird: „[…] essendomi nondimeno data nelle mani la seguente operetta scritta per via d’esercitazione da persona oziosa, e che della nostra professione non poco si diletta, ad amico stretto e caro che queste feste veder non potette, come più breve e che tutte le cose in un comprendeva, mi è parso per sodisfazione degl’Artefici miei dovere in questo volume, poche parole aggiungendovi, inserirla […].“463
Verfasst vom Humanisten Giovambatista Cini gehört der Festbericht einer eigenen Gattung an, die es erlaubt, die Ereignisse des Jahres 1565 in aller Breite, zusammenhängend und aus einem vollkommen anderen Blickwinkel heraus zu schildern464. Im Mittelpunkt steht nun nicht mehr die Zuschreibung einzelner Werkdetails an die ausführenden Künstler, sondern es können alle theatralen Bestandteile ausführlich be-
462 Beispielsweise: VASARI: Vita di Taddeo Zucchero (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567; VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291-293. 463 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 255. Ungeachtet dessen hat die Forschung erst im 20. Jahrhundert erkannt, dass der Text nicht von Vasaris Hand stammt. Simonetti weist anhand einer umfangreichen Aufstellung der entsprechenden Korrespondenzen nach, dass die in den „Viten“ enthaltene Version von Cini persönlich für die Veröffentlichung überarbeitet und gestaltet wurde. Mit der Druckerei Giunti entstanden bezüglich der Aufnahme des Textes in die „Viten“ Auseinandersetzungen: SIMONETTI 2005, S. 111-117, S. 123-12. 464 Zur Gattung des Festberichtes weiterführend: HEM 2017.
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handelt werden, ohne den Vorwurf mangelnder Stringenz zu provozieren. Gleichzeitig kann das Lob für Pomp und Kunstfertigkeit – entsprechend der Panegyrik und durch die Augen eines Unbeteiligten betrachtet – deutlich unverblümter ausfallen, als dies in den Grenzen des decorum in einer Künstlervita oder gar in der eigenen Biografie des als Autor firmierenden Giorgio Vasari möglich gewesen wäre. So generiert die Festbeschreibung am Ende der Ausgabe von 1568 ein schillerndes und farbenprächtiges Bild gegenwärtiger Blüte unter der Herrschaft eines ‚idealen‘ Fürsten und unter der künstlerischen Ägide seines ‚fähigsten‘ Hofkünstlers Giorgio Vasari. Vasaris ephemere Arbeiten für Theater und Fest: Autobiografische Angaben und ihre Verteilung auf andere Biografien im Gesamtwerk
Nichtsdestotrotz finden sich über die Autobiografie verteilt an mehreren Stellen kurze Verweise auf eigene ephemere Werke für das Fest- und Theaterwesen. Am ausführlichsten wird, nach knapper Erwähnung von Vasaris Mitwirkung an der Krönungsfeier Karls V. in Bologna, auf des Künstlers Arbeiten anlässlich des kaiserlichen Einzuges in Florenz im Jahr 1536 eingegangen 465. Dem noch jugendlichen Giorgio Vasari sei die Ehre zuteil geworden, unter anderem zwei ephemere Triumphbögen hauptverantwortlich ausführen zu dürfen. Allerdings wird keiner der entsprechenden Aufbauten näher beschrieben. Stattdessen dient das Ereignis mehr dazu, die invidia der Kollegen zu tadeln, die den Konkurrenten beim Fürsten (Alessandro de’ Medici) angeschwärzt hätten466. In einem Nebensatz geht der Autor sodann auf seine Mitwirkung für den Festapparat anlässlich der Taufe Francesco de’ Medicis im Jahr 1542 ein467, wogegen er seine Rolle bei den Hochzeitsvorbereitungen für Alessandro de’ Medici in der eigenen Biografie überhaupt nicht zur Sprache bringt. Hierauf rekurriert er stattdessen in den Viten von Aristotile da Sangallo und Morto da Feltro. Während er in Aristotiles Lebensbeschreibung den eigenen Ratschluss als ausschlaggebend für den Umbau der Bühne und damit für die Rettung des Duca ausweist468, gilt sein Hauptaugenmerk in der Vita des Morto da Feltro abermals dem Hinweis darauf, er selbst, Giorgio Vasari, habe trotz seiner Jugend ganze Ausstattungsprogramme allein verantwortet469. Auch über die Aufführung der „Talanta“ enthält die Autobiografie nur einen kurzen Nebensatz, der die Namen des Komödiendichters Pietro Aretino sowie verschiedener Mitarbeiter Vasaris beinhaltet: „Né molto dimorai a Vinezia che, pregato dall’Aretino, feci ai Signori della Calza l’apparato d’una loro festa, dove ebbi in mia compagnia Batista Cungii e Cristofano Gherardi dal Borgo
465 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 370, S. 374-375. 466 Siehe Kap. 2.3, S. 101-102. 467 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 381. 468 Siehe Kap. 2.3, S. 103. 469 VASARI: Vita di Morto da Feltro et Andrea di Cosimo Feltrini (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 523.
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S. Sipolcro e Bastiano Flori aretino, molto valenti e pratichi, di che si è in altro luogo ragionato a bastanza […].“470
Zunächst tritt der Künstler in seiner eigenen Vita also vermeintlich bescheiden hinter seinen Helfern zurück, deren wertvollen Beitrag er hervorhebt. Umfassender behandelt Vasari das Werk dementsprechend in der Vita eines seiner Mitarbeiter, Cristofano Gherardi, wobei er auch genauer auf die Auftragslage hinweist: „Essendo poi, per mezzo di messer Pietro Aretino, chiamato Giorgio Vasari a Vinezia a ordinare e fare per i gentiluomini e signori della Compagnia della Calza l’apparato d’una sontuosissima e molto magnifica festa, e la scena d’una commedia fatta dal detto messer Pietro Aretino per i detti signori, egli, come quello che non potea da sé solo condurre una tanta opera, mandò per Cristofano e Battista Cungii sopradetti; i quali arrivati finalmente a Vinezia dopo essere stati trasportati dalla fortuna del mare in Schiavonia, trovarono che il Vasari non solo era là innanzi a loro arrivato, ma avea già disegnato ogni cosa e non ci aveva se non a por mano a dipignere.“471
Wird in Lebensbeschreibung Giorgio Vasaris lediglich allgemein von einer „festa“ gesprochen, die die „Signori della Calza“ 1542 in Venedig veranstalteten, so werden die Auftraggeber in Gherardis Biografie genauer als Compagnia ausgewiesen und auch das Ereignis ist differenzierter als Komödienaufführung aus festlichem Anlass bezeichnet. Zwar ist für das entsprechende Drama kein Titel angegeben, doch wird es erneut als Werk Pietro Aretinos kenntlich gemacht. Den Beitrag der Kollegen allerdings setzt Vasari an dieser Stelle deutlich gegenüber seinem eigenen herab. So spricht er davon, dass die beiden Mitarbeiter (von Bastiano Flori ist nun nicht mehr die Rede) erst mit einiger Verspätung in Venedig ankamen, woraufhin sie nur noch an der Ausführung seiner bereits vollständig angefertigten Entwürfe mitwirken konnten. Im Gegensatz zur Autobiografie scheut sich der Autor in der Lebensbeschreibung Gherardis also nicht, seinen eigenen Anteil am Werk hervorzuheben und sich selbst die gesamte intellektuelle Vorarbeit anzurechnen. Allerdings tritt ‚Giorgio Vasari‘ hier, anders als in seiner eigenen Vita, nicht als Ich-Erzähler sondern vielmehr in der dritten Person auf, wodurch sich die Aussage dem Leser letztlich nicht als unverhohlenes Eigenlob darstellt. Gründlich erfasst die Gherardi-Vita außerdem Standort und Maße des Theatersaales und die Einzelheiten der ephemeren Raumdekoration: In einem noch unfertigen Haus am Ende des „Canareio“ (Canal Regio) habe die Compagnia eine längs-
470 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 382. 471 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291.
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rechteckige „stanza“ von 70 braccia472 Länge und 16 braccia Breite erworben, die sie zum Zweck der Aufführung ephemer neu ausgestalten ließ473. Über zwei Textseiten hinweg zieht sich die detaillierte Beschreibung der Deckenund Wandmalereien474. Der Leser erfährt von einer Wandaufteilung in vier großformatige Felder, die durch Figurennischen unterbrochen waren. Auf allegorischen Gemälden seien die Adria und verschiedene Flüsse Italiens, wie Tiber, Po, Drau, Brenta und Tagliamento, dargestellt gewesen. In scheinarchitektonischen Wandnischen hätten die Personifikationen folgender Tugenden gestanden: „[…] Liberalità, Concordia, Pietà, Pace e Religione. Dirimpetto, nell’altra faccia […] la Fortezza, la Prudenza Civile, la Iustizia, una Vettoria con la Guerra sotto, et in ultimo una Carità.“475
Auch auf eine schimmernde Saalbeleuchtung mittels hinterleuchteter und mit Wasser gefüllter Glaskugeln wird hingewiesen. Sodann kommt der Autor auf die Deckenbemalung zu sprechen, die in vier großformatigen und 24 kleineren Feldern das System der Tageszeiten und Stunden darstellte. Über der Bühne schließlich habe sich ein weiteres großes Deckenfeld angeschlossen, das eine Personifikation der Zeit selbst zeigte, die die Stunden an ihren Platz wies und zu der sie auch wieder zurückkehrten. Erst im Anschluss an diese Beschreibung wird Gherardis Verdienst noch einmal in einem kurzen Satz hervorgehoben: „Insomma, in tutta quest’opera si portò oltre ogni credenza da valente e molto pratico dipintore, e massimamente nelle grottesche e fogliami.“476
Ähnlich der bereits besprochenen Textstellen in anderen Biografien, scheint der Verweis auf Gherardis Mitwirkung auch hier eine gewisse Alibi-Funktion für die detaillierte Beschreibung weiterer Details eines ephemeren Festes auszuüben477. Im Unterschied dazu bleibt der Hauptverantwortliche für die im Exkurs geschilderten Einzelheiten an dieser Stelle aber nicht anonym. Stattdessen wird der Entwurf dem als Autor der „Viten“ ausgewiesenen Giorgio Vasari selbst zugesprochen. Dieser vermittelt die schriftliche Erinnerung und das kunstkritische Lob seiner eigenen ephemeren
472 Frühes, der Elle entsprechendes italienisches Längenmaß, 1 braccio = 54-75 cm (je nach Stadt verschieden). 473 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291. In der Forschung wurde als Veranstaltungsort der Palazzo Gonella-Valier am Canal Regio identifiziert, der vor 1540 von Antonio Scarpagnino entworfen und 1795 abgerissen wurde: DE GIROLAMI CHENEY 2002, S. 242-243. 474 Grundlage der folgenden Paraphrase: VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291-292. 475 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 292. 476 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 292. 477 Vgl. Kap. 2.2.
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Werke somit primär in der Biografie eines Anderen. Wertungen und Beschreibungen werden durch diesen Wechsel der Perspektive gleichsam vermeintlich objektiviert. Anders als bei vielen anderen Schilderungen in den „Viten“, ergänzt Vasari seine Beschreibungen in der Gherardi-Biografie nicht um allgemeine Informationen zu Venedigs Theater- und Festwesen. Weder Titel und Inhalt der Komödie sind angegeben, noch werden Textpassagen abgedruckt 478. Auch über das Bühnenbild verliert keine der beiden Biografien ein Wort. Dies regt zu Überlegungen an, zumal die Szenografie in einem anderen schriftlichen Zeugnis des Vitenautors genauestens überliefert ist. Noch im selben Jahr der Aufführung, 1542, verfasste dieser einen Brief an Ottaviano de’ Medici, worin er die Einzelheiten des Apparates sorgfältig beschrieb479. Diese Schilderung berichtet unter anderem von der begeisterten Aufnahme des Stückes durch ein zahlreich erschienenes Publikum und schildert die varietà seines perspektivisch die Stadt Rom darstellenden Bühnenbildes: „Dico, che la stanza, dove l’apparato si è fatto, era grandissima; così la scena, cioè la prospettiva, figurata per Roma: dove era l’arco di Settimio, templum Pacis, la Ritonda, il Culiseo, la Pace, Santa Maria Nuova, il tempio della Fortuna, la colonna Traiana, palazzo Maiore, le Sette Sale, la torre de’ Conti, quella della Milizia e in ultimo maestro Pasquino, più bello che fussi mai. Nella quale vi erano bellissimi palazzi, case, chiese e infinità di cose varie d’architettura dorica, ionica, corinzia, toscana, salvatica e composita, et un sole, che camminando, mentre si recitava, faceva un grandissimo lume, per avere avuto comodità di fare palle di vetro grandissime. La commedia fu recitata da questi magnifici signori giovani de’ più nobili; e vi fu gran-
478 Da Pietro Aretinos Werk in gedruckter Form vorlag, bedurfte der Text, im Gegensatz zu den mündlichen Canti, wohl keiner gesonderten memoria durch die „Viten“. 479 BRF, 2354, cc. 26-66. Auch im Brief an Ottaviano de’ Medici unterlässt es Vasari, nähere Informationen zu Inhalt und Text der Komödie zu geben, mit dem Hinweis, dass diese durch Pietro Aretino selbst an den Gönner überliefert würden. Hinsichtlich der sala und ihrer Ausstattung allerdings findet sich ein klarer Verweis auf die Enttäuschung Vasaris über deren baldige Zerstörung: „[…] che questo apparato è stato tale, che ogni persona, che lo guarda, viene in compassione e stima grandissimo errore che ciò si guasti […].“: BRF, 2354, cc. 26-66. Über die Ausstattung der sala für die Compagnia della Calza ist die Forschung außerdem durch Vasaris „Ricordanze“ und einige erhaltene Entwurfszeichnungen unterrichtet. Primär die Wanddekoration ist über Vorzeichnungen zu den vier großen Gemälden sowie zu einigen Nischenfiguren gut dokumentiert. Auch das Wandschema ist in einem Entwurf überliefert. Inschriften mit den Namen der jeweiligen Flussgötter und Personifika-tionen erlauben, allerdings nur im Abgleich mit Vasaris hier von der Gherardi-Vita abweichendem Bericht an Ottaviano de’ Medici, eine Zuordnung des Sujets zur ephemeren Festdekoration für die Sempiterni (= Compagnia della Calza) in Venedig. Für eine Identifikation der Zeichnungen und eine Rekonstruktion der Saaldekoration siehe weiterführend: FENECH KROKE 2010, S. 57-58; SCHULZ 1961; CECCHI, A. 1978, S. 51-54; DE GIROLAMI CHENEY 2002; PIERGUIDI 2005; TESTAVERDE 2004, S. 63-67.
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dissimo concorso di popolo, talmente che non si poteva stare per il gran caldo fra i lumi e la strettezza del soffocarsi l’un l’altro.“480
Die genannten Gebäude erlauben die erstmals von Cairns aufgestellte Hypothese, dass es sich beim Bühnenbild der „Talanta“ weniger um eine idealisierte Stadtansicht, sondern eher um eine aus konkreter Anschauung übernommene Vedute des Forum Romanum handelte, wie sie sich zeitgenössisch durch den Titusbogen vom Palatin aus betrachtet bot und in Zeichnungen von Maarten Van Heemskerck überliefert ist (Abb. 8-9)481. Nahezu alle erwähnten Bauten waren, wie Cairns nachweist, von diesem Punkt aus direkt zu sehen. Durch den laut Vasaris Brief in Form eines Triumphbogens gestalteten Saaleingang seien Bühne und cavea letztlich zu einem einheitlichen Raumgefüge verschmolzen482. Vom Titusbogen aus liegt nur das Kolosseum in einer anderen Blickachse. Zusammen mit der Trajansäule und dem Pantheon gehört es aber zu jenen Monumenten, die aufgrund ihres Prestiges und ihres Wiedererkennungswertes sicherlich in keiner zeitgenössischen Romvedute fehlen durften, so beispielsweise auch nicht in einem szenografischen Entwurf Baldassare Peruzzis aus dem Jahr 1514 (Abb. 10). Vasaris ‚Blick auf Rom‘ muss also die Perspektive mindestens zum Zweck der Aufnahme des Kolosseums leicht verschoben haben. Weiterhin erwähnt der Brief an Ottaviano, auch hierin über den Text der GherardiVita hinausgehend, eine künstliche Sonne, die während der Aufführung über die Bühne wanderte. Offenbar war die Konstruktion jener Apparatur nachempfunden, welche Aristotile da Sangallo 1536 für die Aufführung der „Aridosia“ zu Ehren Alessandro de’ Medicis geschaffen hatte483. Dies mag der Grund sein, weshalb die Beleuchtung in Gherardis Biografie nur sehr vage angesprochen und lediglich als „un fregio pieno di lumi e di palle di vetro piene d’acque stillate“484 bezeichnet ist. Der Autor hatte bereits in der Aristotile-Vita ausführlich über die besondere Erfindung seines Vorgängers berichtet 485 und wollte nun offenbar keine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass er diese Technik in Venedig nachgeahmt hatte.
480 BRF, 2354, cc. 26-66. 481 CAIRNS 1992, S. 110-111. Ihm folgt Fenech Kroke, welche die Hypothese wagt, Vasari hätte in seinem Bühnenbild vielleicht sogar direkt auf van Heemskercks Zeichnung rekurriert, dessen Werk ihm nachweislich bekannt war: FENECH KROKE 2010, S. 54-56. 482 CAIRNS 1992, S. 111; FENECH KROKE 2010, S. 55. 483 CAIRNS 1992, S. 106. Vgl. Kap. 1, S. 45-47. 484 VASARI: Vita di Cristofano Gherardi detto Doceno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 292. 485 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395.
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Abbildung 8: Maarten van Heemskerck: Der Titusbogen, 1534, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin.
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Abbildung 9: Maarten van Heemskerck, Blick auf das Forum Romanum vom Palatinhügel, um 1534, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin.
Ähnliche Gründe mögen dazu geführt haben, die gesamte Szenografie in den „Viten“ nicht gesondert zu erwähnen. Auch auf dem Feld tiefenräumlicher Perspektivbühnen waren große Errungenschaften bereits zuvor einem anderen Künstler zugesprochen worden: Baldassare Peruzzi486. Deshalb hatte die eigene Dekoration wohl auch auf diesem Gebiet nichts wirklich Neues zu bieten487, das eine ausführliche Aufnahme in die „Viten“ sinnvoll erscheinen ließe. Stattdessen legt der Autor in der Lebensbeschreibung des Cristofano Gherardi den Schwerpunkt auf die Saaldekoration, die ein kompliziertes raum-zeitliches Bezugssystem aufbaute. Hierin schuf Vasari seinerseits tatsächlich eine originelle bildhafte Entsprechung zur aristotelischen Dramentheorie, ohne bereits bekannte ingegni zu zitieren. In diesem Sinne ist sie seinem Ansehen eher förderlich und lässt seinen Beitrag für die Entwicklung ephemerer Dekorationen besser zur Geltung kommen.
486 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 319-323. Vgl. Kap. 1, S. 37-38. 487 Es ist wohl nicht anzunehmen, dass der Wechsel von idealisierter zu (halbwegs) konkreter Stadtansicht als signifikante Neuerung empfunden wurde.
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Abbildung 10: Baldassare Peruzzi: Bühnenprospekt, um 1514, Gabinetto di disegni e stampe, Uffizien, Florenz.
Allerdings referiert der Vitentext auch die Saalausstattung deutlich knapper als Vasaris Brief und verzichtet weitgehend auf Ekphrasen. Mitunter unterscheiden sich die beiden Texte auch in ihren Zuordnungen einzelner Elemente und in der Exaktheit der Schilderungen, was möglicherweise einer bereits lückenhaften Erinnerung nach über 20 Jahren Distanz geschuldet ist488. Denkbar ist aber auch, dass das Interesse des Autors an dem weit zurückliegenden Projekt für eine andere Stadt mittlerweile gesunken war, während er nun die umfangreichen zeitgenössisch-höfischen Dekorationsaufgaben als Höhepunkte seines Lebenswerkes auffasste. Hierzu sind in jedem Fall die Hochzeitsfeierlichkeiten des Jahres 1565 zu rechnen. Trotzdem nimmt Vasari die von ihm entworfenen ephemeren Ausstattungsprogramme abermals nur am Rande in seine Autobiografie auf. Stattdessen konzentriert er sich schwerpunktmäßig auf die ‚bleibenden‘ Werke des Jahres 1565 und damit auf Projekte, die dem Künstler nachhaltiges Prestige sichern, und deren Qualität dauerhaft durch den giudizio dell’occhio belegbar sein wird: die Ausstattung und Umgestaltung des Palazzo Vecchio, der Bau des VasariKorridors und die Deckengemälde der sala grande. Die Hochzeitsvorbereitungen werden in diesem Zuge nur in folgender knapper Passage summarisch besprochen:
488 FENECH KROKE 2010, S. 54.
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„Aggiugnerò anco che, quasi nel medesimo tempo, ebbi carico di disegnare tutti gl’archi da mostrarsi a Sua E[ccellenza] per determinare l’ordine tutto e poi mettere gran parte in opera, e far finire il già detto grandissimo apparato, fatto in Fiorenza per le nozze del signor Principe illustrissimo; di far fare con miei disegni in dieci quadri […] tutte le piazze delle città principali del dominio, tirate in prospettiva, con i loro primi edificatori et insegne, oltre di far finire la testa di detta Sala […]; di far fare nell’altra una scena, la maggiore e più ricca che fusse da altri fatta mai […]. Oltre che anco fu mia cura il far rifare, per le medesime nozze, et accrescere nella tribuna maggiore di Santo Spirito i nuovi ingegni della festa che già si faceva in San Felice in Piazza: il che tutto fu ridotto a quella perfezzione che si poteva maggiore, onde non si corrono più di que’ pericoli che già si facevano in detta festa.“489
Die Textstelle hat den Charakter einer schnellen Aufzählung und nennt nacheinander verschiedene Aufgaben rund um die geplanten Festlichkeiten: die ephemere Wandgestaltung mit den Veduten der wichtigsten toskanischen Städte in der sala grande des Palazzo Vecchio, die Zeichnungen des Künstlers für die Triumphbögen zum festlichen Brauteinzug und die Rekonstruktion von Brunelleschis ingegni für eine Wiederaufführung der Annunziazione in Santo Spirito490. Wirkungsvoll spiegelt der rasche Wortfluss das enorme Pensum der Arbeiten sowie die durch die knappe Zeitplanung bedingte Eile. Für eingehendere Schilderungen bleibt, so entsteht der Eindruck, nicht einmal in der nachträglichen Verschriftlichung Zeit. Dennoch äußert der Autor ein kunstkritisches Lob im Superlativ: Die Bühne in der sala grande sei die größte und schönste aller Zeiten gewesen und die ingegni Brunelleschis seien durch Vasaris Ausarbeitung auch sicherheitstechnisch zu höchster Perfektion gelangt 491. Ausführlicher sind einzelne Ausstattungsdetails der Hochzeitsfeierlichkeiten abermals an anderen Stellen des Werkes erwähnt und beschrieben: in den Lebensbeschreibungen von Taddeo Zuccari, Simone Mosca, Baccio Bandinelli und Francesco Primaticcio. Während die Biografien Moscas und Bandinellis jeweils nur einen kurzen Verweis auf das Ereignis enthalten492, liegt das Hauptaugenmerk in den Viten Zuccaris und Primaticcios abermals verstärkt auf den Leistungen der jeweils biografisch geehrten Künstler. So findet sich in der Lebensbeschreibung Taddeo Zuccaris
489 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 402. 490 Zu Vasaris Arbeiten für die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 weiterführend auch: TESTAVERDE 2004, S. 67-72; NAGLER 1964, S. 13-35; BENINI 1982. Zu Borghinis Anteil: SCORZA 1981. Die Wiederaufführung der Annunziazione ist auch durch einen Brief Vincenzo Borghinis mit Anweisungen an Vasari näher bekannt, abgedruckt bei: MATTIODA 2013, S. 11. 491 Die Äußerung spielt vielleicht auch auf einen Brand an, der während einer Aufführung des Pfingstwunders in Santo Spirito ausbrach und der den vielen pyrotechnischen Effekten geschuldet war, berichtet bei: MACHIAVELLI (1532) 1905, VII,28, S. 367; vgl. Kap. 3.2, S. 215-216. 492 VASARI: Vita di Simone Mosca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 345; VASARI: Vita di Baccio Bandinelli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 244.
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die Erwähnung des von Federico Zuccari mit einer Jagdszene bemalten Bühnenvorhangs: „[…] se ne venne finalmente a Firenze, quando a punto si facevano ricchissimi apparati e maravigliosi per la venuta della reina Giovanna d’Austria. Dove arrivato, fece, come volle il signore Duca, in una grandissima tela che copriva la scena in testa della sala, una bellissima e capricciosa Caccia di colori et alcune storie di chiaro scuro per un arco, che piacquero infinitamente.“493
Im Gegensatz zu Gherardi erhält Zuccari für seine Eigenleistung an dieser Stelle ein gesondertes Lob. Wenige Zeilen später jedoch wird der Künstler abermals zum Stichwortgeber für eine Würdigung der durch Vasari allein gestalteten Saaldekoration: „Avendo dunque veduto l’apparecchio del Vasari per la detta sala, cioè quaranta quattro quadri grandi […], con l’aiuto solo di Giovanni Strada fiamingo et Iacopo Zucchi, suoi creati, e Battista Naldini, e tutto essere stato condotto in meno d’un anno, n’ebbe grandissimo piacere e prese grand’ animo.“494
Der Autor hebt hier die enorme Menge an Gemälden (44 großformatige Bilder) hervor, die er selbst mit der Hilfe nur dreier seiner Schüler in der Kürze eines Jahres fertiggestellt habe. Wieder wird also die Schnelligkeit der Ausführung akzentuiert, die bereits an anderer Stelle als Zeichen besonderer Kunstfertigkeit gewertet wurde: „Ma quello che importa il tutto di questa arte è che l’hanno ridotta oggi talmente perfetta e facile per chi possiede il disegno, l’invenzione et il colorito, che dove prima da que’ nostri maestri si faceva una tavola in sei anni, oggi in un anno questi maestri fanno sei […].“495
Während jeder halbwegs begabte Mann, so der Tenor, in der Lage sei, ein gutes Gemälde in langer Zeit und mit mannigfachen Korrekturmöglichkeiten zu vollbringen, sei die wahre Kunst dessen schnelle, fehlerfreie Anfertigung mit der facilità des in disegno, invenzione und colorito versierten Meisters. So dient der mehrfache Hinweis auf Vasaris hohes Arbeitspensum in kurzer Zeit letztlich dazu, das eigene Können in eine Reihe mit den besten Meistern der zeitgenössischen Generation zu stellen und als auf den kunsttheoretisch höchsten Maximen fußend darzulegen. Gerade die ephemeren Arbeiten und die in rasanter Geschwindigkeit zu vollführenden Festvorbereitungen eignen sich, diesen Aspekt zu betonen, der durch die knappe, gehetzt wirkende Aufzählung in Vasaris Autobiografie stärker unterstrichen wird, als es eine langatmige Ekphrasis vermocht hätte.
493 VASARI: Vita di Taddeo Zucchero (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567. 494 VASARI: Vita di Taddeo Zucchero (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567. Es handelt sich hier aber wohl unter anderem um die ‚bleibende‘ Deckenbemalung. 495 VASARI: Proemio della terza parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 10.
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Auch die Primaticcio-Vita hebt, neben dem Lob für Primaticcio, vornehmlich darauf ab, den Namen Giorgio Vasaris, des Hauptverantwortlichen, erneut zu nennen: „E l’anno 1566 se ne servì il Vasari nell’apparato che si fece in Fiorenza per le dette nozze del Principe e della serenissima reina Giovanna d’Austria, facendogli fare nel ricetto, che è fra la sala dei Dugento e la grande, sei figure a fresco, che sono molto belle e degne veramente di essere lodate.“496
Der Vitenautor zeigt sich also durch die lobende Erwähnung seiner Mitarbeiter einerseits im Sinne der modestas als guter Kollege und generöser Meister, wogegen er ihnen andererseits aber nur die Ausführung und somit den handwerklichen Teil zuschreibt, während das intellektuelle und künstlerische concetto ihm allein obliegt. Eine ähnliche Gewichtung liegt auch in den Schilderungen zum Begräbnis Michelangelos vor, die in der 1568er-Ausgabe an das Ende dessen umfangreicher Biografie gestellt sind. Wie nebenbei kommt der Text im Zuge diverser Auszeichnungen für die mitwirkenden Kollegen darauf zu sprechen, von zahlreichen Gemälden sei eine Bilderfindung Giorgio Vasaris besonders gelobt worden, die den Sieg der Ewigkeit über den Tod dargestellt habe497. Gesondert hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang auch die Arbeit eines Vasari-Schülers. So habe Iacopo Zucchi für die Trauerfeier eine Bildtafel geschaffen, die durch ihre auffallend lebendige Darstellung zu bestechen vermochte: „Questo fatto, dico, si vedeva con tanto buona composizione e con tanto rilievo essere stato dipinto, e con tanta vivacità e prontezza di figure, che per aventura non sarebbe migliore uscito delle mani d’uno eccellente, vecchio e molto esercitato maestro. Onde Iacopo Zucchi, giovane et allievo di Giorgio Vasari, che lo fece con bella maniera, mostrò che di lui si poteva onoratissima riuscita sperare.“498
Erwähnenswert ist abermals nicht nur der Name des Schülers, sondern auch der des Meisters, auf den der Ruhm seines Gesellen gleichermaßen zurückfällt. Ähnliches ist in der Akademiker-Vita zu beobachten, in welcher der Autor seine Eleven für ihre wertvolle Mithilfe bei den diversen Festvorbereitungen für die Totenfeier Michelangelos und die Hochzeit des Jahres 1565 auszeichnet: „Alessandro del Barbiere fiorentino, giovane di 25 anni, oltre a molte altre cose, dipinse in Palazzo per le dette nozze, con disegni et ordine del Vasari, le tele delle facciate della Sala gran-
496 VASARI: Vita del Primaticcio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 148. 497 Siehe hierzu näher: Kap. 4.1, S. 262-263. Insgesamt wird das Michelangelo-Begräbnis an einigen Stellen des Kap. 4.1 erneut ausführlicher besprochen. 498 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 136.
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de, dove sono ritratte le piazze di tutte le città del dominio del signor Duca, nelle quali si portò certo molto bene e mostrossi giovane giudizioso e da sperare ogni riuscita.“499
Wird auch hier erneut über das Lob seiner Mitarbeiter die eigene kreative Rolle Vasaris im gesamten Unterfangen hervorgehoben, so zeigt sich dieser doch bemüht, gerade den jungen Talenten über ihre namentliche Erwähnung Anerkennung zukommen zu lassen500. Indem er sie für ihre hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet des Ephemeren preist, empfiehlt er sie gleichzeitig für weitere Aufträge und sichert ihnen dadurch in einer zunehmend auf kunstvolle Festgestaltung ausgerichteten zeitgenössischen Hofkultur auch ganz reell ein weiteres Auskommen. Jenseits allen (wohl berechtigten) Stolzes auf die eigene Leistung bleibt der Autor der „Viten“ stets beflissen, jeden noch so geringfügigen Beitrag wertzuschätzen und auszuweisen. Dies bewirkt, dass die Ausstattung des Festapparates auch in der AkademikerVita zunächst nicht ekphrasiert wird. Vielmehr beschränken sich die Angaben hier auf eine kurze Nennung der beteiligten Künstler und ein kunstkritisches Lob ihrer Arbeiten. Eine extensive Beschreibung spart Vasari für den an die AkademikerBiografie nahtlos anschließenden Festbericht aus der Feder Giovambattista Cinis auf, der in bislang unbekannter Breite und in enkomiastischer Weise alle Details der mehrmonatigen Feierlichkeiten schildert und interpretiert501. Wird auch hierin keiner der ausführenden Künstler mehr namentlich erwähnt, so hat Vasari im Vorfeld bereits dafür gesorgt, dass der Leser die nun ekphrasierten Höchstleistungen mit ihren Namen in Verbindung bringt und als Umsetzungen des vom Vitenautor selbst ersonnenen concetto begreift. Kulmination künstlerisch und theatral gestalteten Festwesens: Cinis Festbericht über die Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich am Ende der Giuntina
Die Aufnahme von Cinis Festbericht wurde erst ganz am Ende eines langen und von kontroversen Diskussionen begleiteten Werkprozesses endgültig beschlossen. Zuvor hatte sich vor allem Vincenzo Borghini in mehreren Briefen intensiv dafür eingesetzt, die Ereignisse von 1565 in das Gesamtwerk zu integrieren. Er beauftragte schließlich den Historiker und Literaten Giovambattista Cini damit, den Bericht speziell für die „Viten“ in verständlicher, dem Gesamttext angepasster Sprache zu verfassen502. Das Hauptaugenmerk der Festbeschreibung liegt nun, im Gegensatz zu den
499 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 244. Erneut wird auch Iacopo Zucchi für seine Mitwirkung gelobt: VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 243. 500 Genannt werden in diesem Zusammenhang auch die Schüler anderer Meister. 501 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256-367. 502 Einige Details zur Aufnahme des Cini-Festberichtes und zum entsprechenden Briefwechsel: RUFFINI, M. 2011, S. 88-89, S. 147-149. Der Briefwechsel zwischen Borghini und Cini wurde 1912 von Lorenzoni erstmals publiziert: BORGHINI (1515-1580) 1912, S. 62-66;
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diversen Erwähnungen in einzelnen Biografien, auf den Werken selbst sowie auf dem kunstvoll inszenierten Ablauf der Medici-Habsburg-Hochzeit. In diesem Rahmen können die verschiedenen Programmpunkte zusammenfassend geschildert werden, ohne auf die Aufgabenteilung unter den Künstlern Rücksicht nehmen zu müssen. In chronologischer Reihenfolge werden die einzelnen Festivitäten behandelt: von der Dekoration in Stadt und Palast, über die technisch-szenische Gestaltung der Komödien-Intermezzi bis zu den beiden Maskeraden Trionfo de’ Sogni und Geneologia degli Dei und zur Wiederaufführung von Brunelleschis sacra rappresentazione. Die Berichterstattung beginnt mit den ephemeren Triumphbögen, Fassadengestaltungen und Standbildern für den Einzug der Braut503. Vollkommen ausgespart bleiben dagegen die Reihenfolge der einziehenden Gäste sowie ihre prachtvollen Roben und auch die Reaktionen der Braut nebst ihres Gefolges. Stattdessen wird jedes Monument bis in die jeweiligen Figurenprogramme hinein beschrieben, die in ihrer allegorischen Bedeutung im Sinne des Stadt- und Herrscherlobes interpretiert werden. So ist bereits zu Beginn des Abschnitts die Gleichsetzung von Florenz mit dem antiken Rom, die in den verschiedenen Biografien zeitweise zwar anklang aber nie explizit hervorgehoben wurde, ausdrücklich formuliert. Sie sei durch die Figuren des ersten Monuments, des ephemeren Triumphbogens an der Porta al Prato, versinnbildlicht gewesen. Eine Ansammlung diverser uomini illustri und verschiedener Personifikationen „ben dimostrava l’antica Roma nell’amata sua figliuola Fiorenza risurgere.“504 Die Theologie sei durch Frate Antonino, „arcivescovo di Fiorenza“505, Kardinal Giovanni Domenici, Ruberto de’ Bardi, Luigi Marsili und Leonardo Dati repräsentiert gewesen. Als Philosophen habe man Marsilio Ficino, Francesco Cattani da Diacceto, Francesco Verini den Älteren sowie Donato Acciaiuoli abgebildet506. Neben Vertretern der Medizin und der Mathematik (darunter Leon Battista Alberti und Antonio Manetti) wird auch der Bereich der Seefahrt aufgegriffen, mit seinem
503
504 505 506
weiterführend hierzu: RUFFINI, M. 2011, S. 148-149; Auseinandersetzungen mit der Druckerei: SIMONETTI 2005, S. 111-117, S. 123-124. Die Festdekoration für den Brauteinzug einschließlich der Gestaltung des Palazzo Vecchio und seines Cortile siehe: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256-313. VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256. VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 258. VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256-258. Giovanni Dominici (*1356; †1419), Dominikaner, Theologe, katholischer Seliger. „Leonardo Dati“ kann sich auf zwei verschiedene Florentiner Geistliche des 14. und 15. Jahrhunderts beziehen: Leonardo Dati (*1360; †1425), Meister des Ordine dei Frati Predicatori oder Leonardo Dati (*1408; †1472), Humanist, Bischof. Marsilio Ficino (*1433; †1499); Francesco Cattani da Diacceto (*1466; †1522), Platoniker und Schüler Marsilio Ficinos; Donato Acciaioli (*1429; †1478), Gonfaloniere von Florenz und Gelehrter.
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berühmtesten Vertreter Amerigo Vespucci507. Unter „varia“ subsummiert der Text sodann Poliziano als ‚Wiederentdecker‘ der lateinischen und der toskanischen favella nebst diversen Grammatikern, ebenso wie verschiedene Historiker, beispielsweise Francesco Guicciardini, Niccolò Machiavelli, Matteo Palmieri sowie Giovanni und Matteo Villani508. Eine Statue der antiken Göttin Ceres habe für den vegetativen Reichtum und Überfluss der Stadt Florenz gestanden, der von der Natur und durch die fürsorgliche Liebe seiner Bewohner so gepflegt werde, „talché meritamente può attribuirsele il titolo di giardino dell’Europa.“509 Eine weitere allegorische Figur, die industria, habe, so der Autor, auf „una certa particolare eccellenza et ingegnosa vertù che hanno i fiorentini uomini alle cose ove metter si vogliono“ verwiesen510. Deutend fügt er an, der Reichtum an künstlerischen und tugendhaften ingegni sei in dieser Stadt so groß, dass man den Eindruck gewinne, sie habe „[…] aver voluto che non potesse esser fatto di lei cittadino chi sotto il titolo di qualche arte non fusse ridotto“511. Entsprechend werden zusammen mit der industria der Gott Apoll sowie Vertreter diverser artes abgebildet. Unter den Poeten befinden sich die ‚Wegbereiter‘ Dante, Petrarca und Boccaccio ebenso wie Luigi Alamanni, Lodovico Martelli, Giovanni Rucellai und Franco Sacchetti512. Begleitet sei industria des Weiteren von einer Personifikation des disegno gewesen: „[…] il quale se non nato, sì come ne’ passati scritti si può vedere, possiàn dire che in Fiorenza al tutto rinato e come in proprio nido nutrito e cresciuto sia.“513
Wenn der disegno auch ursprünglich nicht in Florenz ‚geboren‘ sei, so sei die Stadt doch Zentrum seiner ‚Wiedergeburt‘ und habe ihn anschließend genährt und ‚großgezogen‘. In seinem Gefolge seien dementsprechend zahlreiche der biografierten Künstlerpersönlichkeiten abgebildet gewesen, unter ihnen die bedeutendsten: Cimabue,
507 Leon Battista Alberti (*1404; †1472); Antonio Manetti (*1423; †1497); Amerigo Vespucci (*um 1451; †1512). 508 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 258-259. Angelo Poliziano (*1454; †1494); Francesco Guicciardini (*1483; †1540); Niccolò Machiavelli (*1469; †1527); Matteo Palmieri (*1406; †1475); Giovanni Villani (*1280; †1348); Matteo Villani (*1285; †1363). 509 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 260. 510 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 261. 511 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 261. 512 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 263. Dante Alighieri (*1265; †1321); Francesco Petrarca (*1304; †1374); Giovanni Boccaccio (*1313; †1375); Luigi Alamanni (*1495; †1556); Lodovico Martelli (*1500; †1527/28); Giovanni Rucellai (*1475; †1525); Franco Sacchetti (*1330; †1400). 513 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 263.
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Giotto, Brunelleschi, Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarroti. Außerdem habe die Basis des Bogens in einer langen Reihe verschiedene junge Männer dargestellt, die sich in den Künsten übten und so perspektivisch eine blühende Zukunft für die Stadt verhießen514. Die Beschreibung der Porta al Prato liest sich wie eine prägnante, allegorisch überhöhte und durch Portraits historischer Persönlichkeiten belegte Zusammenfassung dessen, was die „Viten“ innerhalb der einzelnen Biografien sukzessive programmatisch entfalten: die herausragende Bedeutung von Florenz für die historisch sich entwickelnde rinascita und seine Vorherrschaft auf allen kulturellen wie gesellschaftlichen Ebenen. Die politische Dimension und mediceisch-fürstliche Auslegung dieser Behauptung ist in Cinis Festbericht unmissverständlich auf den Punkt gebracht 515. So beschreibt der Autor im Anschluss an eine ausführliche Schilderung zahlreicher weiterer ephemerer Festarchitekturen und ihrer künstlerischen Finessen ein Reiterstandbild, das einen Heroen auf einem mit den Hinterbeinen aufsteigenden Pferd zeige, welches unter sich ein schreckliches Monster zertrete. Die Bedeutung dieses Monuments wird folgendermaßen erklärt: „Era questo figurato per quella vera erculea Virtù, che discacciando, come ben disse Dante, per ogni villa e rimettendo nell’inferno la dissipatrice de’ regni e delle rep[ubliche], la madre delle discordie, delle ingiurie, delle rapine e delle ingiustizie, e finalmente quella che comunemente il Vizio o la Fraude si chiama, sotto forma d’onesta e giovane donna, ma con una gran coda di scorpione ridotta, sembrava d’avere, uccidendola, messo la città in quella tranquillità e quiete in cui, mercé degl’ottimi suoi Signori, riposare e felicemente oggi fiorire si vede .“516
Verwoben mit seiner Interpretation des Standbildes hält Cini hier ein Plädoyer für die Alleinherrschaft Cosimo de’ Medicis. Sein herkulischer Kraftaufwand habe das Laster endlich besiegt und die Stadt zu „tranquillità“ und „quiete“ geführt, in deren Folge erst wahre Blüte entstehen konnte517. Noch einmal kommt der Autor auf die idealen Bedingungen zu sprechen, die Cosimos Regentschaft für die gegenwärtige Florentiner ‚Hochkultur‘ geschaffen habe. Anschließend an einen kleinen Triumphbogen im Borgo de’ Greci, dessen Figurenprogramm der „publica allegrez[z]a“518 gewidmet gewesen sei, wird der Arco della Dogana beschrieben, der die „prudenza civile“ als höchste Tugend dargestellt habe,
514 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 264. Zur weiteren Bedeutung der Künstlerszene auf dem Bogen siehe: Kap. 4.3, S. 306-307. 515 Zum mediceischen Primat siehe: Kap. 2.4. Durch Auswahl, Gewichtung und historische Ordnung innerhalb der „Viten“ dargelegt. 516 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 300. 517 Zum Konzept der tranquillità als Voraussetzung kultureller Entwicklung im Gesamtwerk: vgl. Kap. 2.4, S. 130-133. 518 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 300.
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die „fra tante prerogative et eccellenzie e grazie con cui l’alma Fiorenza adornandosi […] maestra di ben reggere e governare le popolazioni“ sei519. Erst zu gegenwärtiger Zeit sei diese Eigenschaft voll entwickelt: „[…] la quale, quantunque con molta laude e gloria di lei si potesse in molti suoi figliuoli de’ trapassati tempi largamente dimostrare, avendone nondimeno de’ presenti il più fresco e più verace e senza dubbio il più splendido essempio [sic!] degl’eccellentissimi suoi Signori che mai fino a qui in lei veduto si sia, parve che i lor magnanimi gesti a dovere ottimamente esprimerla e dimostrarla attissimi fussero. Il che con quanta ragione e quanto senza alcun liscio d’adulazione, ma ben con grato animo degl’ottimi cittadini fatto lor fusse, ciascuno che dalla cieca invidia occupato non sia […] può agevolmente giudicarlo mirando non pure al diritto e santo governo del bene avventuroso Stato loro et alla difficile conservazione di esso, ma al memorabile et amplo e glorioso suo accrescimento, non meno certo per l’infinita fortez[z]a e costanza e pazienzia e vigilanza del suo prudentissimo Duca, che per benignità di prospera fortuna successo.“520
Cini setzt in seiner Deutung der Personifikation einen klaren Schwerpunkt darauf, Cosimos Regentschaft als Folge aus der nunmehr verwirklichten prudenza civile darzulegen: Seine Macht sei ihm von den Bürgern nach freiem Willen übertragen worden und er habe sie zum Wohle, zur Vergrößerung und zum Erhalt des städtischen Glücks genutzt. Wenige Seiten später wird das Engagement des Fürsten für und um seine Stadt, quasi das Argument abschließend, mit der Kulturpolitik des Kaisers Augustus verknüpft. Habe Augustus eine Stadt aus Ziegeln übernommen und sie aus Marmor hinterlassen, so könne Ähnliches und noch mehr auch von Cosimo für Florenz behauptet werden: „[…] e questi non men veridicamente potrà dire di aver Fiorenza ben di pietre e vaga e bella ricevuta, ma di gran lunga lasciarla a’ successori e più vaga e più bella e di qualsivoglia leggiadro e magnifico e comodo ornamento accresciuta e colmata.“ 521
Die vorhandene Schönheit des schon zu Cosimos Machtantritt aus Stein errichteten Florenz sei also unter dem Fürsten noch einmal für die Nachwelt perfektioniert worden und erst jetzt in allen Bereichen an ihre Klimax angelangt. Die einzelnen Parameter dieses höchsten Blütezustandes zeigten sich in der Summe und inhaltlichen Fülle an theatralen Formen, die im Anschluss an den Einzug der Braut in zahlreichen weiteren Festivitäten eingesetzt und auf ihre Spitze getrieben worden seien. Zunächst widmet sich der Autor dem Theatersaal, der ephemer umgestalteten Sala dei Cinquecento, und beschreibt detailliert den Festapparat, die Zu-
519 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 301. 520 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 301. 521 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 311.
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schauerränge, die Wanddekoration und Beleuchtung, ebenso wie den bereits in der Zuccari-Biografie genannten Bühnenvorhang mit Jagdszenen522. Das Bühnenbild der Komödie sei derart herrlich anzusehen gewesen: „[…] che senza dubbio, accese le capricciosissime lumiere al cascar della prescritta tela, scuoprendosi la luminosa prospettiva, ben parve che il paradiso con tutti i cori degl’Angeli si fusse in quello instante aperto; la qual credenza fu meravigliosamente accresciuta da un soavissimo e molto maestrevole e molto pieno concento d’instrumenti e di voci che da quella parte si sentì poco dopo prorompere.“523
Ein auffallender Perspektivwechsel besteht zwischen dem Lob des Autors an dieser Stelle und dem Gesamtkontext der „Viten“. Hatten Vasaris kunstkritische Äußerungen stets die Position eines ‚Insiders‘ bezogen und dementsprechend das Werk nach seinen technischen und formbezogenen Qualitäten beurteilt, so nimmt Cini hier klar die Position des Zuschauers ein und beschreibt den subjektiv-unmittelbaren Sinneseindruck in der Form eines Erlebnisberichtes. Dies erlaubt es ihm, den lobenden Ton seiner Rede massiv zu steigern. Alsdann schildert er in bislang unerreichter Genauigkeit jedes der fünf Intermezzi, die die Geschichte von Amor und Psyche erzählten. Dabei geht er auf die Kostüme und Gesten der Darsteller ebenso ein wie auf die musikalische Qualität und den Einsatz verschiedener Instrumente auf und hinter der Bühne. Alle Liedtexte sind nun vollständig wörtlich wiedergegeben524. Darüber hinaus erwähnt Cini verschiedene Tanzformen einzeln. Beispielsweise hätten im vierten Intermezzo die „Laster“ ein Ballett mit „bellicosa movenzia“525 vorgeführt und im selben Interakt seien die „Furien“ in einer „molto stravagante moresca“526 aufgetreten. Die Komödie selbst, ihre Handlung sowie die Art und Weise der szenischen Umsetzung finden allerdings keine größere Aufmerksamkeit. Lediglich die bühnentechnische Finesse der Übergänge zwischen den einzelnen Akten und den Intermezzi wird thematisiert, wobei unter dem Ausdruck höchster meraviglia die geradezu wundersamen Verwandlungseffekte wiedergegeben sind. Wolken schweben an unsichtbaren Apparaturen zur Erde, der Bühnenboden wölbt sich zu einer unterweltartigen Kraterlandschaft. Synästhetische wie pyrotechnische Effekte gewährleisten einen
522 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 314. 523 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 314. 524 Die Intermezzi werden beschrieben bei: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 315-323. 525 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 319. 526 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 320.
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offenbar nahtlosen Übergang zwischen den illusorischen Welten und stellen alles bisher Dagewesene in den Schatten527. Weitere Unterkapitel widmen sich schließlich den verschiedenen öffentlichen Festen, Turnieren und Tierhetzen, fingierten Jagden („rinovando l’antica pompa delle romane cacce“528), dem calcio der Jugend („proprio peculiare di questa nazione“529) sowie dem kriegerischen Schauspiel einer Burgbelagerung auf der Piazza Santa Maria del Fiore530. Besonders hervorgehoben werden auch zwei Maskeraden, der Trionfo de’ Sogni sowie schlussendlich die Geneologia degli Dei, deren einzelne Ausstattungsdetails wortreich erklärt sind. Die Beschreibungen folgen in ihrer Struktur dem bereits aus der Pontormo-Vita bekannten Schema531. Zunächst wird die Hauptfigur jedes Wagens bis in Kostüm und Maske hinein geschildert. Dann folgt eine extensive Beschreibung der verschiedenen Zugtiere, die bei den 21 Wagen der Geneologia degli Dei, im Gegensatz zu den zuvor in der Pontormo-Biografie genannten532, offenbar jeweils passend zum Thema gewählt wurden: Unter anderem seien sie in Form von Drachen, Tauben, Bären, Wölfen, Störchen, Eulen, Hunden, Löwen und Pfauen gestaltet gewesen533. Anschließend ekphrasiert der Autor die Bemalungen jedes carro und nennt das umfangreiche Gefolge, bestehend aus fantasievoll kostümierten und gestenreich agierenden mythologischen Figuren, die aufgrund ihres Habitus einwandfrei zu identifizieren seien.
527 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 315-323. Besonders eindrucksvoll im dritten Intermezzo: „[…] perciò a poco a poco sembrando che il pavimento della scena gonfiasse […].“: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 318. Pyroeffekte zeigen sich vornehmlich in den Intermezzi vier und fünf: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 319-321. Ein synästhetischer Einsatz von Düften wird erwähnt für Intermezzo eins: „[…] e per la lor venuta la scena e la sala tutta di mille preziosissimi e soavi odori riempirsi.“: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 315-316. 528 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 324. Beschreibung der Veranstaltungen: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 323-324. 529 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 324. 530 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 331-332. 531 Vgl. Kap. 2.2, S. 81-86. 532 Bei Pontormo sind nur Stiere, Ochsen und Pferde aufgeführt, die im besten Fall geflügelt sein konnten: VASARI: Vita di Iacopo Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310-313. 533 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 332-363. Zu den Wagen der Geneologia degli Dei haben sich Zeichnungen im Gabinetto di disegni e stampe der Uffizien von Florenz erhalten, die deren fantasievolle Ausstattung zeigen, siehe näher: PETRIOLI TOFANI 1966; BARONI VANNUCCI 2013; TESTAVERDE 2013.
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Sowohl für den Trionfo de’ Sogni als auch für die Geneologia zeichneten, so Cini, die Fürsten selbst verantwortlich – ihr Konzept sei jeweils gänzlich dem ingegno Francesco de’ Medicis (Trionfo de’ Sogni)534 und Cosimo de’ Medicis (Geneologia)535 zuzuschreiben. Beide Maskeraden seien auf einem Niveau angelangt gewesen, das alles bisher Dagewesene übertroffen und auch für die Zukunft beinahe unerreichbare neue Maßstäbe gesetzt habe536. An der Geneologia hätten darüber hinaus der gesamte Hofstaat und alle Edelleute selbst mitgewirkt537. Abermals sind die Texte der „madrigali“ zur Gänze wiedergegeben und auch auf die musikalische Qualität wird eingegangen538. Beim Trionfo de’ Sogni sei durch die Weichheit musikalischer Harmonien der Eindruck entstanden, als wolle das Personal die ganze Stadt in den Schlaf singen: „[…] cantando a’ principali Canti della città la seguente canzone, pareva, con la soavissima e mirabile loro armonia, che veramente un graziosissimo e dolce sonno negl’ascoltanti di indurre si sforzassero […].“539
Unter Bezugnahme auf die geradezu wundersamen Wirkungsmöglichkeiten der Musik betont der Text die Qualität von Harmonie und Gesang. Es folgt ein halbseitiges Liedzitat in Strophenform540. Am Ende seines Berichtes geht der Verfasser schließlich auf eine „Bufolata“ ein541, sowie schließlich auf die Wiederaufführung von Brunelleschis sacra rappresentazione der Verkündigung, deren Effekte nun ebenfalls aus der Zuschauerperspektive heraus erwähnt werden:
534 „[…] che da principio fusse parto del suo [di Francesco] nobilissimo ingegno, capace di qualsivoglia sottile ed arguta cosa […].“: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 324. 535 Zitat der Textstelle siehe Kap. 2.3, S. 104-105; VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 332. 536 Beispielsweise Geneologia degli Dei: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 334; Trionfo de’ Sogni: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 327. Ausführlich zu den Superlativen des Festberichtes siehe: Kap. 4.3, S. 315-316. 537 „[…] machina da potersi solo condurre per mano di prudente e pratico e valoroso e gran Principe, et in cui quasi tutti signori e gentiluomini della città e forestieri intervennero.“: VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 334. 538 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 333. 539 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 330. 540 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 330-331. Zur Musiktheorie des 16. Jahrhunderts, näher Kap. 4.2., S. 293-297. Die Auslegung des Orpheus-Mythos im Sinne einer Wundertätigkeit von Musik auch bei: AUGUSTYN 2006, S. 12-16, S. 31-32, S. 37. 541 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 364.
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„[…] in cui, oltre a molti Profeti e Sibille, che con quel semplice et antico modo cantando, predicevano l’avvenimento di Nostro Signore Jesù Cristo […] meraviglioso e stupendo et incomparabile fu il Paradiso, che in un momento aprendosi, pieno di tutte le gerarchie degl’Angeli e de’ Santi e delle Sante, e co’ varii moti le diverse sue sfere accennando, si vide quasi in terra mandare il divino Gabbriello pieno d’infiniti splendori in mez[z]o ad otto altri Angeletti ad annunziare la Vergine gloriosa, che tutta umile e devota sembrava nella sua camera dimorarsi, calandosi tutti e risalendo poi con singolar meraviglia di ciascuno dalla più alta parte della cupola di quella chiesa, ove il prescritto Paradiso era figurato, fino al palco della camera della Vergine, che non però molto spazio sopra il terreno si alzava, con tanta sicurtà e con sì belli e sì facili e sì ingegnosi modi, che a pena parse che umano ingegno potesse tant’oltre trapassare.“ 542
An dieser Stelle hält der Festbericht also Informationen zur Wirkung des Spektakels bereit, welche in der Vita Filippo Brunelleschis nicht enthalten waren543. Zwar wird auch hier in einem Nebensatz auf den Sicherheitsaspekt der Vorrichtungen verwiesen, doch konzentriert sich die Darlegung davon abgesehen vollkommen auf die szenischen Aspekte des Geschehens. Beschrieben werden die Einfachheit und die historisierende Art des Gesanges ebenso wie ein knapper Handlungsablauf und vor allem die beeindruckende Gesamtwirkung der Aufführung544. So schließt sich der Kreis aus mannigfachen Erwähnungen theatraler Formen in den „Viten“, an dessen Beginn und Ende Brunelleschis ingegni stehen. Allerdings sei das Spektakel eben gerade nicht nur nach altem Modus wiederholt, sondern für den neuen Spielort adaptiert sowie im Hinblick auf Technik und Sicherheit verbessert worden: „Ma questa volta, oltre a quella che i proprii eccellentissimi Signori aver ne volsero, con cura e spesa di quattro principali e molto ingegnosi gentiluomini della città, in quella di Santo Spirito, come luogo più capace e più bello, rappresentata, con ordine et apparato grandissimo e con tutti i vecchi instrumenti e con non pochi di nuovo aggiunti […].“545
Die Wiederaufführung von Brunelleschis „Annunziazione“ sei demnach ebenso von Traditionsbewusstsein wie von Innovation und eigener Kreativität der zeitgenössischen Künstler geprägt gewesen. Den Abschluss der Hochzeitsfeierlichkeiten bildet ein Ereignis, das einerseits durch seine Altehrwürdigkeit besticht und dessen Präsentation somit der memoria verpflichtet ist, das jedoch andererseits auch den stetigen Entwicklungs- und Perfektionswillen der eigenen Zeit spiegelt und an den neuesten technischen Standards ausgerichtet wurde. Damit wird die ‚modernisierte‘ sacra rappresentazione gleichsam zum Sinnbild der Herrschaft Cosimos, die für sich eben-
542 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366. 543 Vgl. Kap. 2.1. 544 Hierin verfährt Cini in ähnlicher Weise, wie es bereits zu Beginn des zweiten Kapitels und im Unterschied zu Vasaris Brunelleschi-Biografie für den Reisebericht des Abraham von Susdal erarbeitet werden konnte, vgl. Kap. 2.1. 545 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366.
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falls beansprucht, einerseits auf den politischen Traditionen der Stadt zu fußen und diese andererseits erst zu ihrer logischen Vollendung zu führen. Allein durch die Fülle an Details stellt der Festbericht Giovambattista Cinis einen Höhepunkt innerhalb des Gesamtkontextes der „Viten“ dar. Von seinen rund 100 Seiten sind mehr als 50 der ephemeren Ausstattung des festlichen Brauteinzuges gewidmet546. Die Beschreibung der Geneologia erstreckt sich auf weitere rund 30 Seiten, auf denen ausschließlich theatrale Formen und ihre Ausstattung beschrieben werden547. Zudem sind in den Schilderungen der Hochzeitsfeierlichkeiten noch einmal beinahe alle Ausprägungen des Theater- und Festwesens präsent, die in den Biografien einzeln erwähnt wurden. Ephemere Triumphbögen, Fassadenverkleidungen und Standbilder werden in bislang unerreichter Breite behandelt. Festdekorationen, Theaterapparate, Bühnentechnik, Gesang und Musik, Tanz und Bewegungsausdruck, triumphale Einzüge, szenisch-allegorische Intermezzi und Komödienaufführungen, fantasievolle Maskeraden, Spektakel zur Volksbelustigung sowie geistliche Spiele vereinigen sich unter einem Anlass, der mediceisch-kaiserlichen Hochzeit, zu einem großen Ganzen. Anlässlich des prestigeträchtigen Festes präsentiert sich die Stadt Florenz, so Cini, als triumphales und auf höchstem Niveau stehendes ‚neues Rom‘. Als wahrhafte Idealstadt feiert sie sich selbst, ihre Fürstenfamilie und alle Vorzüge ihrer geografischen Lage, ihrer Gesellschaft, Kunst, Wissenschaft und Kultur. Diese Reize setzt sie wirkungsvoll ‚in Szene‘, um einen Anlass zu begehen, der auch für die Zukunft Hoffnung auf ein Fortdauern und Weiterschreiben der gegenwärtigen Blüte verspricht. Dabei fungiert die Berichterstattung als Katalysator des im tatsächlichen Festapparat symbolisierten Gehalts, indem sie die einzelnen kryptisch-vagen Bild- und Präsentationsinhalte interpretiert und in ihrer politischen Aussage erklärt, respektive panegyrisch überhöht. In seiner Funktion als Festbericht darf der vorliegende Textabschnitt das enthaltene Herrscherlob demaskiert äußern 548. Von den Konventionen der Biografik befreit und damit dem Zwang enthoben, sich primär auf die Einzelleistungen der beteiligten bildenden Künstler zu beschränken 549, kann sich Cini ganz der Auslegung und Ekphrasis der theatralen Inhalte widmen.
546 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 256-309. 547 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 332-363. 548 Zu den Funktionen und Konventionen der Panegyrik unter Cosimo I. siehe weiterführend: MENCHINI 2005; zur panegyrischen Dimension von Festberichten insgesamt: WATANABE-O’KELLY 2004, S. 8-12. Watanabe-O’Kelly spricht eine Problematik an, die Festberichte grundsätzlich als historische Quelle aufweisen, da sie mitunter Fakten durch Fiktion ergänzen oder durch ihrem Ziel entsprechende Bilder ersetzen: WATANABEO’KELLY 2004, S. 9. Die gleiche Vorsicht im Umgang muss auch für die „Viten“ angewandt werden. Zur Gattung weiterführend: HEM 2017. 549 Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Biografik und Panegyrik siehe ebenfalls: MENCHINI 2005, S. VI-VII, S. 7.
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Im Gesamtkontext des historiografischen Werkes und am Ende der Abhandlung über die rinascita der Künste hingegen, erscheinen seine Schilderungen als Endpunkt einer über mehrere Jahrhunderte hinweg sukzessive perfektionierten kulturellen und künstlerischen Entwicklung. Diese hat nun eine ganze Stadtgesellschaft erfasst und durchdrungen und gereicht ihr auf höchstem Niveau und in enormer Bandbreite zu Ruhm und Ehre. Die Fülle an Theatralem ist nun, so die Implikation, von der Marginalität in diversen Vereinigungen, Gruppen und Personenkreisen gelöst550. Sie wird vielmehr zur höchsten Staatsangelegenheit deklariert und ihre Aussagen sind zentriert auf die Person des Fürsten, unter dessen Ägide, Planung sowie Mitwirkung und zu dessen Wohlgefallen alle Inszenierungen zusammenlaufen. Der Festbericht Cinis verdeutlicht diese Assimilation von Stadtgesellschaft und Fürstenhaus in eindrucksvoller Art und Weise und stellt sie – über die Einbindung in die „Viten“ – gleichsam als Kulmination einer zivilisatorischen wie politischen Entwicklung dar. Dass dies erst als Anfang einer fortdauernden Blüte und weiterer Glanzwerke anzusehen ist, veranschaulicht zudem der einführende Brief, der der zweiten Vitenausgabe vorangestellt ist. Hierin gibt Vasari an, wie er sich eine Fortsetzung seines Werkes in künftigen Zeiten vorstellt: „[…] potrà forse essere questo uno sprone che ciascun séguiti d’operare eccellentemente e d’avanzarsi sempre di bene in meglio, di sorte che chi scriverà il rimanente di questa istoria potrà farlo con più grandezza e maestà, avendo occasione di contare quelle più rare e più perfette opere che di mano in mano, dal desiderio di eternità incominciate e dallo studio di sì divini ingegni finite, vedrà per inanzi il mondo uscire dalle vostre mani; et i giovani che vengono dietro studiando, incitati dalla gloria – quanto l’utile non avessi tanta forza –, s’accenderanno per aventura dall’esempio a divenire eccellenti. […] E ci potrà forse anche questa considerazione generalmente accrescer l’animo a virtuosamente operare e, vedendo la nobiltà e grandezza dell’arte nostra e quanto sia stata sempre da tutte le nazioni e particolarmente dai più nobili ingegni e signori più potenti e pregiata e premiata, spingerci et infiammarci tutti a lasciare il mondo adorno d’opere spessissime per numero e per eccellenzia rarissime; onde abbellito da noi, ci tenga in quel grado che egli ha tenuto quei sempre maravigliosi e celebratissimi spiriti.“551
Wie alle folgenden Künstlergenerationen die geschilderten Errungenschaften zum Ansporn für ihre ganz persönlichen Bestleistungen und Entwicklungen rezipieren sollen, so möge es in Konsequenz auch dem späteren Biografen ermöglicht sein, die perfekten Werke weiter aufzulisten, die täglich neu entstehen. Übertragen auf die Gesellschaft würde dies eine andauernde Glanzzeit bedeuten, in welcher die kunstvolle Überhöhung stetig neue Lebensbereiche durchdringt und so weithin selbst kleinste Felder zu immer stärker ausdifferenzierter Perfektion führt.
550 Hierauf ist wohl auch die historisch verzerrende Äußerung des Autors in der Rustici-Vita bezogen, der Brauch der Compagnie werde in seiner Zeit nicht mehr gepflegt: vgl. Kap. 2.2, S. 86-88. 551 VASARI: Agli Artefici del Disegno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 176; vgl.: RUBIN 1995, S. 190.
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Der Einbezug von Theater und Fest in die „Viten“ im Kontext: Staatstheorie, Utopie, Städtelob und Historiografie
Indem Vasari theatrale Begebenheiten und ephemere Werke in seine Lebensbeschreibungen der Vitenausgabe von 1568 integriert, operiert er vornehmlich auf zwei Ebenen. Einerseits erfasst er die im 15. und 16. Jahrhundert verbreiteten Formen nahezu enzyklopädisch und stellt auf diesem Weg das zeitgenössische Florenz als ideale, in allen Bereichen kunstvoll überhöhte civitas dar; andererseits gliedert er seine Ausführungen in die chronologische Reihung der Biografien ein und weist ihnen so einen festen Platz im historischen Gefüge seiner Geschichtserzählung zu. Damit verschränken sich in seiner Darlegung enkomiastische Argumentationsebenen mit historiografischen. Um die Spezifika von Vasaris Zugriff auf Theater und Ephemeres zu erfassen, empfiehlt sich also ein Abgleich sowohl mit der Tradition von Staatstheorie, Städtelob und Stadtbeschreibung als auch mit Beispielen aus der Geschichtsschreibung des 14. bis 16. Jahrhunderts.
3.1 Vita amoena und bene comune: Tanz, Musik, Theater und Fest in der Tradition von Staatstheorie, Städtelob und Stadtbeschreibung Die ausführlichen Schilderungen von festlichen Umzügen, Theateraufführungen, Banketten, Musik und Akrobatik in der Giuntina evozieren Assoziationen mit der Vorstellungswelt des locus amoenus1, die bereits seit der griechischen Antike unter anderem durch die Motivik von Tanz und Musik, geselligem Spiel und gemeinsamem Mahl geprägt ist. So besticht der ‚liebliche Ort‘ in der Natur, häufig als umzäunter Garten geschildert, ebenso durch eine Präsenz von Pan, Dionysos, Nymphen und Bacchanten wie durch Instrumentalspiel, Gesang und Tanz als Zeichen von Eintracht und Harmonie2. Neben üppiger Vegetation, friedvoller Fauna und dem Topos
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Der Terminus locus amoenus wurde als Teil der Renaissanceforschung erstmals durch Ernst Curtius eingeführt: CURTIUS 1954, S. 202-206; zum Begriff siehe außerdem: „locus amoenus“ in: REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM 2010, Sp. 231-244; zum locus amoenus siehe außerdem: AGGHÁZY 1978. Zu den Aspekten Gemeinschaft, Dialog und Interaktion als essentiellen Bestandteilen des heidnischen locus amoenus im Gegensatz zu Einsamkeit und Kontemplation in christlichem Denken und spätantiker Tradition siehe weiterführend: SCHLAPBACH 2007.
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des „natürlichen Theaters“3 sind es diese Tätigkeiten, die unter anderem die Liebesinsel Kythera, das mythische Arkadien und Apolls Musenhain als ‚irdische Paradiese‘ ausweisen. Als Sinnbild für Eintracht und Harmonie treten Tanz, Gesang und Spiel zudem in den Beschreibungen auf, die Homer, Longos von Lesbos, Theokrit und Vergil vom Goldenen Zeitalter geben4.
Abbildung 11: Oberrheinischer Meister: Das Paradiesgärtlein, um 1410, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main.
Auch in christlichen Paradiesvorstellungen bleibt diese Metaphorik im Reigen und Chor der Engel erhalten und wird in Hortus conclusus-Darstellungen häufig durch die Präsenz von Musikinstrumenten symbolisiert5. Das „Paradiesgärtlein“ (Abb. 11) von 1410 rekurriert mit seinem im Zentrum sitzenden Jesuskind, das auf einem Psalterium spielt, auf die Vorstellung vom himmlischen Spielmann aus der Mystik des 14. und 15. Jahrhunderts. Hierin ist Christus als Musiker imaginiert, der den Tanz der
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Begriff und Erklärung siehe: BLUM, Naturtheater 2011. Auch Schlapbach verweist auf eine gewisse Theatralität, die dem locus amoenus bereits in der klassischen Antike eigen ist, und insbesondere auf den Aspekt des ‚Spektakels‘ der Natur, dessen Betrachtung als Alternative zu den im frühen Christentum verurteilten Spielen in Theater oder Arena favorisiert wurde. Bei Cicero sei das Vergnügen der Naturbetrachtung zwischen die bildenden Künste und die Spiele eingeordnet worden: SCHLAPBACH 2007, S. 46-47. SALMEN 2006, S. 5-11. SALMEN 2006, S. 14-15.
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Heiligen mit seinem Saitenspiel begleitet und die Gläubigen dadurch in Ekstase versetzt6. In Mittelalter und Renaissance werden zum einen höfische Gartenanlagen bewusst in Anlehnung an die Vorstellung vom locus amoenus konzipiert7; zum anderen entwerfen literarische Werke ‚irdische Paradiese‘ gedanklich unter Verwendung des Topos von Tanz und Spiel. Beispielhaft ist der sogenannte „Roman de la Rose“ des Giulliaume de Lorris8. Dessen Hauptfigur findet sich bei einem Streifzug vor den Toren der Stadt plötzlich in einem ummauerten Garten wieder, in dem Höflinge mit Musik, Tanz und unbeschwerter körperlicher Liebe unter der Führung des Apoll harmonisch zusammenleben9. Auch bildhafte Darstellungen des locus amoenus rekurrieren auf den Topos. So zeigt Lukas Cranach der Ältere im Zentrum seines Werkes „Das Goldene Zeitalter“ von 1530 eine Gruppe von drei nackten Männern und drei Frauen, die, sich an den Händen fassend, einen Reigen um den in ihrer Mitte befindlichen Apfelbaum vollführen (Abb. 12).
Abbildung 12: Lucas Cranach d. Ä.: Das Goldene Zeitalter, um 1530, Alte Pinakothek, München.
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SALMEN 2006, S. 15. SALMEN 2006, S. 32-33. *um 1230; †1270. SALMEN 2006, S. 32-33.
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Im 16. Jahrhundert verbildlichen zahlreiche Gemälde Bukolik durch die Darstellung von Banketten und Festveranstaltungen im Freien mit Musik, Gesang und Tanz 10. Beispielsweise zeigt Tizians „Pastorale“ eine Gruppe von zwei Männern in Gegenwart zweier nackten Frauenfiguren beim Musizieren in arkadischer Landschaft (Abb. 13). Der locus amoenus ist hier wohl gleichsam als Zustand zu verstehen, in den sich der im Zentrum befindliche, elegant gekleidete und damit als Städter ausgewiesene Lautenspieler durch seine Musik zu versetzen vermag11.
Abbildung 13: Tizian/Giorgione: Pastorale, um 1510, Musée du Louvre, Paris.
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Für die Renaissance und vornehmlich für das 16. Jahrhundert umfangreich bebildert und besprochen bei: SALMEN 2006, S. 39-60. Spiel und Vergnügen als Zeichen des otium und essentieller Bestandteil visueller locus amoenus-Darstellungen im 16. Jahrhundert werden, ebenso wie deren moralische, emotionale und sinnliche Komponenten, außerdem exemplarisch aufgezeigt bei: KILIAN 1998. Zur Pastorale näher siehe beispielsweise: PEDROCCO 2000, S. 82-83; FACCHINETTI & GALANSINO & RUMBERG 2016, S. 72-75; HUMFREY 2007, S. 16-30. Die Zuschreibung an Tizian ist nach wie vor umstritten und die Forschung in zwei Lager gespalten. Mitunter wird noch immer daran festgehalten, dass das Gemälde nicht ein Frühwerk Tizians sondern vielmehr ein Spätwerk Giorgiones sei, beispielsweise: BUCHER 2013, S. 153-164.
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Allerdings zeigen die „Viten“ als Schauplatz der dargelegten Vergnügungen sicherlich weder einen Garten Eden noch ein unbestimmtes arkadisch-ländliches Idyll. Vielmehr ist als ‚Kulisse‘ klar die städtische Umgebung ausgewiesen, in seltenen Fällen Rom, Venedig oder andere Städte, meistens jedoch das zeitgenössische Florenz. Die Gesellschaft, die sich hier im theatralen Spiel, bei Prozessionen, Pomp und Bankett zusammenfindet, ist weder eine mythologische noch eine himmlische oder allegorische. Stattdessen sind es die Stadtbevölkerung und die adelige Oberschicht, die sich selbst in den Aufzügen und Festen repräsentieren, und es sind konkret benannte Intellektuelle, Musiker, Darsteller und Künstler, die die Feierlichkeiten konzipieren und ausgestalten. Die Lücke zwischen den tradierten Vorstellungen vom locus amoenus als ländlich-paradiesischem Ort und den konkreten Festbeschreibungen der „Viten“ schließen seit der Antike Staatstheorie, Gesellschaftsutopie und Stadtbeschreibung in Texten unterschiedlichen Formats, in denen Festlichkeit, Tanz und Musik topische Verwendung finden. Ritus, Musik, Tanz und Fest als Metapher für gesellschaftliche Harmonie, das bene comune und eine gute Staatsordnung
In einer bis auf die Antike zurückgehenden Tradition verweisen Staatstheorien und Städtelob durch Erwähnungen von Musik, Reigen, Fest und theatralem Spiel auf gesellschaftliche Harmonie und sittliche Vollkommenheit, um so die positiven Auswirkungen einer gerechten und guten Herrschaft zu unterstreichen. Zwar standen die Philosophen in Antike und frühem Christentum dem Theater an sich oft kritisch gegenüber und attestierten dem dort angesprochenen reinen ‚Vergnügen‘ eine verwerfliche Wirkung12. Die musische Bildung aber, zu der neben der Poesie auch das Musizieren, die bildenden Künste und der Gesang gehören, wird in Platons „Politeia“ ausdrücklich begrüßt. So fordert die Figur des Sokrates, die im fingierten Dialog bekanntlich Platons eigene Meinung vertritt13, dass die ‚Wächter‘ der idealen Gesellschaft, parallel zur Gymnastik für die körperliche Ertüchtigung, auch in Tanz, Gesang und Dichtung auszubilden seien. Zweck dieser Erziehung sei die moralische Vervollkommnung der Persönlichkeit im Sinne der paideia14, die vor allem über das Erlernen und Erfahren musikalischer Harmonien erreicht werden könne15.
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Moralische Vorbehalte gegen das Theater und die Sorge um eine sittliche Verweichlichung durch Tanz, Musik und Spiel sind bereits für die griechische Antike nachweisbar, und auch Sueton und Varro stehen den spectacula negativ gegenüber: PUK 2014, S. 30-32. Zu Handlung, Figuren und Struktur der „Politeia“ siehe weiter: SZLEZÁK 2000, S. 916-940. Erläuterungen und Kommentar zum Paideia-Begriff der „Nomoi“ im Hinblick auf die musische Erziehung siehe: Schöpsdau: Kommentar, in: PLATON (4 Jh. v. Chr.) 1994, Bd. I, S. 255. PLATON (4. Jh. v. Chr.) 2000, III,398c-404c, S. 227-247. Es sei darauf hingewiesen, dass im griechischen Kult sowohl Reigen und Tanz als auch theatrale Aufführungen und deren fester Bestandteil, der Chor, zusammenzudenken sind und aus ein- und demselben Anlass zur Ausführung kommen: SEIDENSTICKER 2010, S. 11-81.
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In seinem Spätwerk, den sogenannten „Nomoi“, erklärt Platon, Dionysos, Apoll und die Musen selbst hätten den Menschen das Gefühl für Rhythmus und Harmonie zugeführt. Durch Tanz und Musik seien die Emotionen in Ordnung zu bringen. Dies nenne man Choros als Synonym für Freude16. Fest, Ritual und Chorreigen werden befürwortet, weil sie durch Vergnügen und Bewegung die Tugendlehre einem jungen Publikum zugänglich machten17. Einen wechselseitigen Einfluss zwischen Staat, Gesellschaft und der Art der dort stattfindenden Spiele konstituiert Platon schließlich im vierten Buch der „Nomoi“. Hier bringt er die Musen und ihren Tanz mit gemeinschaftlichem Glück in Verbindung18 und votiert dafür, Ritus, Prozessionen und Feste zu Ehren der Götter zu fördern, ja gesetzgeberisch zu strukturieren 19. Auch Cicero wertet eine Herrschaft der Musen (und damit auch der Künste, für die sie stehen20) als Zeichen kultureller und menschlicher Verfeinerung: „[…] cum Musis, id est, cum humanitate et cum doctrina […].“21 Für Lukian22 schließlich ist der Tanz eine Kunst, die durch harmonisches Gleichmaß über das Chaos triumphiere. Hierin sei sie den Planetenbewegungen des Kosmos vergleichbar und gleichsam ein Spiegel des göttlichen Weltplans23. Auf das Städtelob übertragen findet sich die Metaphorik von Tanz, Reigen, Prozession und Theatralität als Zeichen für Harmonie und eine gute Gesellschaftsordnung beispielsweise im „Panathenaikos“ des Aristides. Der erste Eindruck, den ein Besucher bei seiner Einfahrt in den Haften von Athen erhält, wird hier mit einem Spektakel verglichen, bei dem verschiedene topografische Schönheiten das Schiff wie im Tanz umspielen. Die Inseln vor der Küste bilden eine fröhliche „Prozession“, der Hafenzirkel wirkt als „Choros“ des aufzuführenden Stückes24. Aus der land-
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PLATON (4. Jh. v. Chr.) 1994, II,654a, 672d, Bd. I, S. 39, S. 59; vgl. EÖRSI 1978, S. 85. PLATON (4. Jh. v. Chr.) 1994, II,659a-660, Bd. I, S. 45. PLATON (4. Jh. v. Chr.) 1994, VII,796e-799d, Bd. II, S. 100-102; vgl. EÖRSI 1978, S. 86. PLATON (4. Jh. v. Chr.) 1994, VII,796c-800b, Bd. II, S. 97-102. Im Folgenden entwirft Platon hierfür einen Plan und legt diesen als vorbildhaft fest, wobei er sich auch musikund tanztheoretisch äußert. In der griechischen Mythologie sind die durch die Musen vertretenen Künste nicht kanonisiert, aber immerhin streng von handwerklichen Tätigkeiten getrennt. Die klare Zuordnung erfolgt erst in der römischen Kaiserzeit und basiert auf hellenistischen Quellen. Hiernach: Erato = Liebeslyrik; Euterpe = Aulosspiel; Kalliope = Epik, Philosophie und Rhetorik; Kleio = Geschichtsschreibung; Melpomene = Tragödie; Urania = Astronomie; Terpsichore = Lyrik; Thaleia = Komödie; Polyhymnia = Pantomime, Gesang. Bereits im neu-pythagoräischen Kontext gelten die Musen als „Patroninnen der Harmonie“, vgl. „Musen“, in: REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM 2013, Bd. 25, Sp. 184-220, Zitat: Sp. 188. CICERO (um 45 v. Chr.) 1965, 5,66, S. 434; vgl. auch: EÖRSI 1978, S. 86. Für eine Verbindung von ‚Harmonie‘ und den gesellschaftlichen Implikationen des otium siehe: ANDRÉ 1966, S. 181-184. Lukian von Samosata, *120; †ca. 180 n. Chr. Vgl. EÖRSI 1978, S. 85. Aristides: „Panathenaikos“ I,155-157, in: ARISTIDES (155 n. Chr.) 1973, S. 14-18; vgl. LAPRAIK GUEST 2008, S. 137.
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schaftlichen und baulichen Kulisse wird bei Aristides eine regelrechte ‚Performance‘ sich in sukzessiver Ordnung manifestierender städtischer Vorzüge. Alle Plätze, der Hafen, Gebäude und Straßen fungieren dabei als Mitwirkende, um nicht ein statisches, sondern vielmehr ein tanzendes, sich bewegendes und kreisendes Bild derselben zu entwerfen25. Die literarische Metaphorik des Aristides wurde schließlich im Humanismus zu einem beliebten Topos im Städtelob26. Gleichzeitig versuchten die festlichen Einzüge des 15. und 16. Jahrhunderts, den ‚Reigen‘ von Stadtkulisse und wichtigen Tugenden konkret szenisch umzusetzen. Über Tugendpersonifikationen, die in der Form von tableaux vivants auf Schaufassaden und Ehrenpforten platziert wurden, vermittelten sich dem Ankommenden die Vorzüge der jeweiligen Stadt buchstäblich prozessionsartig und theatral. Städtische Harmonie wurde auch versinnbildlicht durch für den jeweiligen Anlass ephemer vereinheitlichte, antikisierte Architektur und Platzgestaltung als Kulisse des Spektakels27. Wurde die Metapher vom Tanz bei Aristides und im Städtelob sinnbildlich dazu genutzt, die Harmonie und Schönheit der Stadt zu beschreiben, so ‚tanzte‘ die Stadt nun buchstäblich um den eintretenden Besucher herum. Auch der mittelalterlichen Literatur ist die Verknüpfung von Musik, Fest und Reigen mit dem Begriff des bene comune nicht fremd. So vergleicht ein Schüler Thomas von Aquins, vermutlich Ptolomäus von Lucca28, im Rückgriff auf Augustinus gesellschaftliche Eintracht mit musikalischen Harmonien und den Bewegungsformationen beim Tanz: „Unde Augustinus dicit in tertio de civitate dei, quod respublica sive civitas bene disposita melodiae vocibus comparatur, in qua diversis sonis proportionatis ad invicem fit cantus suavis […]. Et hinc pythagorici moti fuerunt in caelestibus corporibus ponere melodiam, ut philosophus [Aristotele] dicit in secundo de caelo, propter ordinatos motus quos habent […], unde insurgit summa suavitas […] ergo sic politice vivere perfectam et felicem vitam facit.“29
Wenn das Allgemeinwohl vor den Wünschen des Einzelnen überwiegt, wenn wie in der Musik alle Töne und Bewegungsabläufe in einer Gesellschaft exakt ineinandergreifen, wenn concordia unter allen herrscht, so die Implikation dieser Aussage, dann ist das bene comune erreicht.
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LAPRAIK GUEST 2008, S. 137. LAPRAIK GUEST 2008, S. 142. Zum ‚Hügeltheater‘ als Topos zur Beschreibung von Natur in Renaissance und Humanismus, vgl. auch: BLUM, Naturtheater 2011, S. 183-188. Zum Verhältnis von Stadt und (Re-)Präsentation in den politischen Festumzügen des 16. Jahrhunderts siehe weiterführend beispielsweise: ZORZI 1977; TREXLER 1978. Zum burgundischen Vorbild: KNECHT 2004. Speziell unter Cosimo I. de’ Medici: VAN VEEN 2006, S. 9-16, S. 93-102; MOREL 1993. Musikalische Begleitung bei Festeinzügen siehe: FENLON 2004. Zur Frage der Autorschaft und weiterführend zum Fürstenspiegel: BLYTHE 2009, S. 157-190. Ptolomaeus Lucensis: „De regimine principum continuation“, lib. 4, cap. 23 (um 1300), zitiert nach: SEIDEL, „Dolce vita“ 2005, S. 245.
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Gleichlautend erhalten Verweise auf Fest, Ritus und Vergnügen eine gegenüber der reinen Metapher erweiterte, konkrete Bedeutungsebene. Thomas von Aquin wertet in seinem „De regimine principum“ ein Verbot von Hochzeiten und Gastmahlen als Zeichen der Tyrannis: „Propter quod inter ipsos discordias seminant, exortas nutriunt, ea qu[a]e ad foederationem hominum pertinent, ut connubia & convivia, prohibent, & caetera hujusmodi […].“30
Mag auch bei der Erwähnung der „connubia“ an dieser Stelle weniger der Aspekt des Feierns als vielmehr die Eheschließung im Zentrum stehen, so sind Gastmahle eindeutig dem festlichen und geselligen Kontext zuzurechnen. Somit ist das bene comune nach Thomas von Aquins Darlegung nicht mehr nur im übertragenen Sinne mit Musik oder Tanz vergleichbar. Vielmehr werden Feste, Rituale und Vergnügungen als realer Ausdruck desselben angesehen. Ihr Zelebrieren signalisiert bereits eine gute Gesellschaftsordnung und gleichzeitig wirken sie positiv darauf zurück, indem sie die Menschen verbinden und harmonisches Zusammenleben garantieren. In der Staatstheorie und Kosmologie der Renaissance wird einerseits die abstrakte Bedeutungsebene weitergeführt, wenn beispielsweise bei Marsilio Ficino musikalisch-harmonische Gesetzmäßigkeiten den Kosmos und das Staatswesen bestimmen31. Andererseits ist in Utopien und Fürstenspiegel des 16. Jahrhunderts schließlich auch die Vorstellung von festlichen und theatralen Vergnügungen als konkrete Anzeichen guter und gerechter Herrschaft eingegangen 32. So ist die Ausrichtung öffentlicher Feste und Spektakel in Machiavellis „Principe“ (1513, gedruckt 1532) als eines der entscheidenden Mittel aufgeführt, um sich als Herrscher beim Volk Ansehen zu erwerben33. Mit konträrer politischer Grundausrichtung, jedoch letztlich unter Verwendung derselben Topoi ergänzt auch Thomas Morus in seinem Roman „Utopia“ (1516) seinen Entwurf einer idealen Gesellschaft, indem er den Bewohnern der fiktiven Insel musische Neigungen und Sinn für ‚kultiviertes Vergnügen‘ bescheinigt:
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AQUIN (1265-1273) 1630, I,3, S. 18-19, vgl. auch: SEIDEL, Vanagloria 2005, S. 308. Für die Bedeutung musikalischer Harmonien bei Ficino siehe beispielsweise: PIZZANI 2000; PRINS 2015, S. 25-118. Zu widersprechen ist hier Andreas Kotte, der in seiner 2013 erschienenen „Theatergeschichte“ die vermeintliche Abwesenheit des ‚Theaters‘ in den Sozialutopien der Renaissance betont: KOTTE 2013, S. 184-188. Kotte geht offenbar von einem sehr engen Theaterbegriff aus und beleuchtet nur wenige Quellen. Die hier ergänzten Texte und Werke sollen dazu beitragen, diese Sicht weiter zu differenzieren und teilweise zu revidieren. „Debbe, oltre a questo, ne’ tempi convenienti dell’anno, tenere occupati e populi con le feste e spettacoli.“: MACHIAVELLI (1513) 1961, XXI, S. 58. Es ist anzumerken, dass Machiavellis Forderung sicherlich von politischem Kalkül geprägt ist und darauf abzielt, das Volk durch Feste und Pomp zu beschäftigen sowie von politischer Einflussnahme fern zu halten, siehe näher: Kap. 3.2, S. 224.
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„De virtute disserunt ac voluptate, sed omnium prima est ac princeps controversia, quanam [sic!] in re, una pluribusve [sic!], sitam hominis felicitatem putent. At hac in re propensiores aequo videntur in factionem, voluptatis assertricem, ut qua vel totam vel potissimam felicitatis humanae partem definiant.“34
Da sie also den Genuss als wesentlichen Bestandteil menschlichen Glückes betrachten, verzichten die Utopier zwar auf jegliche Art von schädlicher Lust, wie sie in Bordellen, Schenken, Bierhäusern und beim Würfelspiel feilgeboten sei 35. Ihre Tischgesellschaften aber sind von Musik, Delikatessen, angenehmen Düften und Heiterkeit erfüllt36 und die Musik bezeichnen sie als besonders geheimnisvolles, mächtiges und erbauliches Leibesvergnügen: „[…] ceterum quae sensus nostros tamen vi quadam occulta, sed illustri motu titillet afficiatque & in se convertat, qualis ex musica nascitur.“37
Auch den gepflegten Müßiggang bei Feierabend scheinen die Utopier durchaus zu genießen38, ebenso wie sie Festtage am Anfang und Ende jedes Monats begehen 39 und für Possenreißer eine besondere Vorliebe hegen 40. Kontrastierend setzt Morus also zwei Arten des Vergnügens gegeneinander: Während die spontane, zügellose und unzivilisierte Wollust verurteilt und folglich abgelehnt wird, gelten organisierte, geregelte und kultivierte Annehmlichkeiten in Fest, Gastmahl, Ritus und Musik als Ausdruck kultureller Verfeinerung und idealer Gesellschaftsverhältnisse41. Unabhängig davon, ob die gute Staatsordnung, wie bei Machiavelli, in der Alleinherrschaft oder, wie bei Morus, in der Republik besteht, sie manifestiert sich im Fest und in der Zerstreuung, die gleichzeitig für herrschenden Frieden und für eine auf hohem zivilisatorischem Niveau angesiedelte Lebensform stehen.
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MORUS: De peregrinatione Utopiensium, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 98-99. Das orthografische System der Ausgabe wurde hier teils durch eine moderne Schreibweise ersetzt. MORUS: De peregrinatione Utopiensium, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 87. „Nulla coena sine musica transigitur: nec ullis caret secunda mensa bellariis, odores incendunt & unguenta spargunt: nihilque non faciunt, quod exhilarare convivas possit […].“: MORUS: De commerciis mututis, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 85. MORUS: De peregrinatione Utopiensium, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 108. Sie verbringen die Stunden nach dem Abendbrot mit Musizieren, nützlichen Spielen, Sport oder guten Gesprächen: MORUS: De artificiis, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 72. MORUS: De religionibus Utopiensium, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 159. MORUS: De servis, in: MORUS (1516) 1752, Lib. II, S. 125. Zu „Utopia“ und zum ‚Theater‘ siehe auch: KOTTE 2013, S. 184-186. Kotte setzt allerdings das ‚Theater‘ bei Morus unter den Aspekt des zügellosen Vergnügens, ohne hierfür plausible Gründe zu nennen. ‚Theater‘ als Institution wird in „Utopia“ selbstverständlich nicht genannt, aber performative Tätigkeiten, Zerstreuungen und Feste werden ebenso wie die Possenreißer ausdrücklich begrüßt.
188 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari
Eine Synthese von symbolischer und konkreter Bedeutungsebene für die Motivik des Reigens zum Klang von Musik und des Festes findet sich auch in verschiedenen bildlichen Darstellungen von ‚guter Herrschaft‘ und in Tugendallegorien ab dem 14. Jahrhundert.
Abbildung 14: Giotto: Iustitia, um 1303-1307, Arenakapelle Padua.
Die „Viten“ im Kontext | 189
Beispielsweise zeigt die Sockelzone von Giottos in Grisaille gehaltener, scheinplastischer iustitia-Personifikation in der Arena-Kapelle von Padua (1303-1307)42 eine zentrale Gruppe von drei musizierenden und tanzenden Personen in angedeutet paradiesischer Vegetation, die von zwei sich auf die Mitte zubewegenden Reitergruppen flankiert wird (Abb. 14). Darunter befindet sich folgende Inschrift: „EQUA LANCE CUNCTA LIBRAT PERFECTA IUSTICIA […] CUNCTA GAUDENT LIBERTATE IPSA SI REGNAVERIT AGIT CUM IOCUNDITATE QUISQUE QUIDQUID VOLUERIT MILES PROPTER HANC VENATUR COMITATUS TRUDITUR […].“43
Die Szene verdeutlicht als exemplum die Wirkung von Gerechtigkeit auf das menschliche Zusammenleben44. Versinnbildlicht werden Freiheit und Frohsinn, otium und Vergnügen schließlich durch die zentrale Szene von Tanz und Musik, während die beiden seitlichen Reitergruppen für die Jagd als höfisch-friedliche Form der Zerstreuung stehen. Auch die der iustitia gegenüber gestellte iniustitia (Abb. 15) verfügt über eine Sockelzone, die dem harmonischen Zusammenleben Krieg und Vergewaltigung als exakte Gegenbilder gegenüberstellt45.
Abbildung 15: Giotto: Iniustitia, um 1303-1307, Arenakapelle Padua.
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Datierung nach: SCHWARZ 2008, S. 19. Weiterführend zur Arenakapelle: JACOBUS 2008. Zitiert nach: SCHWARZ 2008, S. 142. SCHWARZ 2008, S. 142. SCHWARZ 2008, S. 151.
190 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari
Abbildung 16: Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo, 1338-1339, Palazzo Pubblico, Siena.
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Ebenfalls sowohl allegorisch als auch konkret zu verstehen ist das Motiv von Reigen, Musik und Fest in Ambrogio Lorenzettis Fresko „Effetti del buon governo“46 (13381339) (Abb. 16). Als Teil eines gegenüberstellenden Zyklus von guter und schlechter Herrschaft ziert das Fresko die Ostwand der Sala grande/Sala della pace des Palazzo Pubblico von Siena. Es zeigt auf 14 x 8 Metern die Auswirkungen, welche das auf der Nordwand allegorisch dargestellte buon governo für die Gesellschaft in Stadt und Land zeitigt47. Mit seinem komplexen und staatstheoretisch wie ethisch enorm elaborierten Bildprogramm ist Lorenzettis Fresko für das 14. Jahrhundert sicherlich als singulär anzusehen. Es greift damit auf Bildkonzeptionen voraus, die erst ab dem 16. Jahrhundert vermehrt in Ausstattungsprogrammen städtischer Rathäuser nachweisbar sind48. Eingebettet in die Kulisse der Stadt Siena links, sowie ihres Umlandes rechts49, offenbart eine Fülle an Details das florierende Leben einer idealen civitas. Jagd, Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Bildung, Bautätigkeit und die sprichwörtliche ‚Blüte‘ in Form von blühenden Pflanzkübeln auf Balkonen und Fensterbänken gruppieren sich um zwei Szenen des Bildvordergrundes, die an prominenter Stelle abermals die Motive Tanz, Musik und Festlichkeit aufgreifen. So wird das Zentrum der linken Bildhälfte dominiert durch eine Gruppe von neun Frauen, die, sich an den Händen haltend, zu den Klängen einer Tamburinspielerin in ihrer Mitte einen Reigen vollführen (Abb. 17). Größer als die umgebenden Figuren, im Gegensatz zu ihnen in antikisierender Tracht gekleidet und ohne jedweden Blickkontakt zu ihrer Umgebung, sind sie mit den Musen des Apollon identifizierbar 50 und verweisen allegorisch auf eine unter gerechter Herrschaft mögliche vita amoena51. Zu ihrer Rechten bahnt sich eine Prozession ihren Weg aus dem linken Bildrand hinaus (Abb. 18). Aufrecht auf einem Schimmel reitend führt eine rotgewandete junge Frau den Zug an, deren komplizierte Flechtfrisur durch ein Diadem bekrönt wird.
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Bis etwa 1700 wurde das Fresko schlicht als „La pace“ bezeichnet, während die gegenüberliegende Seite „La guerra“ genannt wurde: vgl. CARLOTTI 2010, S. 47. Gerade unter dem alten Titel erscheint die Verbindung von konkreter und übertragener Bedeutung des Reigens, die im Folgenden argumentiert wird, besonders sinnfällig. CARLOTTI 2010, S. 45. Weitere Forschungen zum Freskenprogramm Lorenzettis: u.a. RUBINSTEIN 1959; CARTER-SOUTHARD 1979; BAXANDALL 1985; BELTING & BLUME 1989; SCHMIDT, D. 2003. Vgl. TIPTON 1996, S. 20-21. Zu den Programmen des 16. Jahrhunderts und ihren Themen (mit einem Schwerpunkt auf Gebieten nördlich der Alpen) siehe weiterhin: TIPTON 1996. Dass es sich bei der Kulisse um die Stadt Siena handelt, ist klar erkennbar anhand des am linken hinteren Bildrand dargestellten schwarz-weißen Campanile: u.a. SCHMIDT, D. 2003, S. 65. Identifikation unter Einbezug weiterer Bauten und des Umlands erstmals durch: FELDGES 1980; vgl. SCHMIDT, D. 2003, S. 89. EÖRSI 1978, S. 85. Die allegorische Bedeutung der Tanzenden kann inzwischen weitgehend als Konsens in einer insgesamt kontroversen Forschungsdiskussion gelten: CARLOTTI 2010, S. 71-73; SCHMIDT, D. 2003, S. 93, S. 95, S. 120; SEIDEL, Vanagloria 2005, S. 299-308.
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Abbildung 17: Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo, Detail: Tanzende/Musen, 1338-1339, Palazzo Pubblico, Siena.
Umgeben ist die Gruppe von drei Bediensteten. Während einer das Pferd der jungen Dame führt, folgen die anderen beiden den Reitern zu Fuß. Die Szene ist wohl als Hochzeitszug zu deuten, der festlich geschmückt durch die Stadt zieht52. Auch das Publikum ist vertreten, in Gestalt zweier blonder, aufwändig frisierter Frauen im Hintergrund, die bewundernde Blicke auf die vorüberreitende Braut werfen. Im Gegensatz zur Gruppe der Tanzenden sind die Figuren der Hochzeitsprozession weder in Bedeutungsgröße gehalten, noch tragen sie antikisierende Kleidung – vielmehr spiegeln Frisur und Gewandung relativ konkret die zeitgenössische Sieneser Mode wider53. Über die beiden Zuschauerinnen entsteht ein direkter Blickkontakt und damit eine klare Verbindung zur umgebenden städtischen Szenerie.
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Von „Hochzeitszug“ sprechen beispielsweise: SCHMIDT, D. 2003, S. 66; SEIDEL, „Dolce vita“ 2005, S. 252; CARLOTTI 2010, S. 71; über Text- und Bildvergleiche nachgewiesen bei: SEIDEL, Studies 2005, S. 427. SEIDEL, Studies 2005, S. 424-427.
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Abbildung 18: Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo, Detail: Hochzeitszug, 1338-1339, Palazzo Pubblico, Siena.
Hier ist der Hinweis auf das Florieren festlicher Traditionen offenbar wörtlich zu verstehen, was ergänzend auch für die zentrale Gruppe der Tanzenden eine konkrete Bedeutungsebene eröffnet, die über eine rein allegorische Verweiskraft hinausgeht54.
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Die konkrete Bedeutungsebene wird von Carlotti bestritten. Da öffentliche Tänze zu Lorenzettis Zeit in Siena verboten gewesen seien, könne die Figurengruppe nicht auf deren reale Existenz verweisen: CARLOTTI 2010, S. 71. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Szene keineswegs im Sinne eines Genrebildes oder als Abbild einer alltäglichen Straßensituation gesehen werden soll. Der Verweischarakter bezieht sich jedoch nicht nur auf das Abstraktum von Harmonie und Einigkeit, sondern auch auf die Pflege gesellschaftlicher Vergnügungen im Allgemeinen: TÖNNESMANN 2010, S. 317; LAPRAIK GUEST 2008,
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Zusammen betrachtet und durch ihre Position im Vordergrund als zentral im dargelegten concetto ausgewiesen, zeigen die beiden Szenen sinnfällig auf, dass in einem funktionierenden, harmonischen Gesellschaftsgefüge und unter guter Herrschaft die Annehmlichkeiten des Lebens in Form von Tanz, Musik, Fest und Ritus florieren.
Abbildung 19: Ambrogio Lorenzetti: Mal governo, Detail, 1338-1339, Palazzo Pubblico, Siena.
Dadurch unterscheidet sich das bene comune von den Rohheiten der Barbarei, die auf der Westwand gegenüber abermals als exakte Gegenstücke dargestellt sind (Abb. 19)55. Zwar ist das Fresko an dieser Stelle stark beschädigt, doch lässt sich ohne Weiteres erkennen, dass dem Tanz der Ostseite hier der Mord gegenübersteht, und dass die Verbindung zwischen Mann und Frau, die im Fresko der Ostwand zivil und gesittet mittels einer festlichen Hochzeit begangen wird, nun über Zwang und Vergewaltigung erreicht wird (Abb. 20)56. Über das Ritual, das Fest und die Zeremonie, so die Aussage dieser Details, regelt die gute Gesellschaft ihr Zusammenleben harmonisch, friedlich und elegant, während der Barbarei hierfür nur Willkür und rohe Gewalt zur Verfügung stehen. Der Tanz ist
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S. 142. Auch der Brautzug rekurriert wohl nicht auf ein konkretes Ereignis, sondern allgemein auf den Brauch solcher Feierlichkeiten. Übrigens wurde das Bild auch im 15. Jahrhundert bereits in diesem Sinne interpretiert. In einer Predigt in Siena 1425 beschreibt der Hl. Bernhard das Fresko wie folgt: „Voltandomi alla pace, vego le mercanzie andare atorno, vego balli […].“: San Bernardino di Siena: „Le prediche volgari“, ed. C. Cannarozzi, Predicazione del 1425 in Siena, 11, Florenz 1958, zitiert nach: SEIDEL, Studies 2005, S. 424, S. 439 Anm. 54. Ausführliche Beschreibung siehe auch: SCHMIDT, D. 2003, S. 76-79. SCHMIDT, D. 2003, S. 77. Sinnfälligerweise trägt das Vergewaltigungsopfer hier dieselbe auffällig rote Kleidung wie die junge Braut auf der gegenüberliegenden Wand. Es handelt sich also um eine direkte Gegenüberstellung der beiden Szenen. Vor der öffentlichen Zuführung eine Braut in das Haus des Bräutigams zu holen, wurde zeitgenössisch als Vergewaltigung angesehen und bestraft: SEIDEL, Studies 2005, S. 427.
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in diesem Sinne auch als ‚geregelte‘, da geordnete und maßvolle sowie einträchtige Art von Vergnügen gewertet, im Kontrast zur Zügellosigkeit von Wollust, Raub und Gewalt. Was in den Bildwerken Lorenzettis und Giottos noch über die Motivik des Reigens und des Musizierens zum Ausdruck kam, wird in Theorien und Entwürfen zur Idealstadt im späten 15. und im Laufe des 16. Jahrhunderts zunehmend durch die Einrichtung fester und damit gewissermaßen institutionalisierter Orte für Theatralität und Vergnügen zu verwirklichen versucht. Beispielsweise ist in der bei Filarete entworfenen Idealstadt Sforzinda ein fester Theaterbau vorgesehen, der, neben diversen Gebäuden zur Erziehung und Wohltätigkeit vom Fürsten gestiftet, einer Zerstreuung des Hofstaates dienen soll57. Auch eine der drei erhaltenen Veduten, die ideale Stadtansichten Abbildung 20: entwerfen und um 1480 im Um- Ambrogio Lorenzetti: Mal governo, Detail: Frauenraub, feld Federico da Montefeltros 1338-1339, Palazzo Pubblico, Siena. gemalt wurden58, zeigt neben Triumphbogen und oktogonalem, dem Florentiner Baptisterium nachempfundenem Tempel an prominenter Stelle im linken Bildhintergrund ein Amphitheater nach Vorbild des römischen Kolosseums (Abb. 21). Städtebaulich umgesetzt ist ein solcher Gedanke erstmals in Vespasiano Gonzagas zwischen 1554 und 1571 errichteter ‚Idealstadt‘ Sabbioneta. In der Nachfolge von Palladios „Teatro Olimpico“ wurde dort um 1588 nach den Plänen Vincenzo Scamozzis erstmals ein freistehendes Gebäude nur für den Zweck theatraler Aufführungen geschaffen, das neben Bibliothek und Antikengalerie eindem fürstlich-humanistischen Bildungsideal entsprechendes Ensemble komplettiert 59.
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Filarete: „Trattato d’architettura“, um 1460, vgl. TÖNNESMANN 2010, S. 321. TÖNNESMANN 2010, S. 318. Der Theaterbau vervollständigt hier außerdem den intendierten Entwurf eines ‚neuen Rom‘: SANVITO & WEINZIERL 2016, S. 55-60. Weiterführend zu Sabbioneta siehe beispielsweise: SARTORI & VENTURA 2013. Zu gebauten ‚Idealstädten‘ siehe grundlegend: KRUFT 1989.
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In das Stadtbild integriert, stehen Theaterbauten in diesen Entwürfen immer auch für ein verwirklichtes bene comune, indem sie einer gewissen „repräsentativen Öffentlichkeit“60 von fürstlicher Seite organisierte und konzipierte delectatio ermöglichen und dies gleichzeitig nach außen sichtbar verkörpern 61.
Abbildung 21: Mittelitalienischer anonymer Künstler: Ideale Stadt, um 1490-1500, Walters Art Gallery, Baltimore.
In die Tradition dieses Topos von Fest, Ritus, Tanz, Theater und Musik als Ausdrucksformen idealer gesellschaftlicher Zustände reihen sich auch die „Viten“ von 1568 ein, wenn sie auf Komödienaufführungen, Hochzeitsfeierlichkeiten, Bankette, religiöse Prozessionen und Vorführungen geistlicher Inhalte, aufwändig gestaltete Staatsbesuche und gesellschaftliche Feierkultur im Allgemeinen verweisen sowie mittels Auswahl und Ordnung deren Florieren als besonderes Kennzeichen der letzten Vitenepoche akzentuieren. Die Verhältnisse im Florenz der eigenen Zeit werden so unter Bezugnahme auf staatstheoretisch etablierte Topoi als ideale Gesellschaftsordnung dargestellt und die Herrschaft der Medici wird als wahrhaftes buon governo dargelegt, das sich nicht nur durch die Förderung von Kunst und Wissenschaft auszeichne, sondern vielmehr das gesamte vivere comune durch Festlichkeit, Ritualisierung und kunstvolle Ausgestaltung perfektioniere und nobilitiere. Diverse bürgerliche Gruppierungen, verschiedene gesellschaftliche Schichten und die Kirche ebenso wie unterschiedliche artes wirken in dem von Vasari entworfenen Bild im ‚harmonischen Reigen‘ zusammen und gestalten das städtische Leben zu einem einzigen opulenten Fest. Dies geschieht unter der Ägide eines idealen Fürsten, 60
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Begriff nach: HABERMAS 1969, S. 11; Anwendung mit Einschränkungen für die frühe Neuzeit nach: TÖNNESMANN 2010, S. 320. Zu ‚Öffentlichkeit‘ vor der Sattelzeit siehe weiter: HABERMAS 1969, S. 11-37. Gerade die höfischen Theater sind sicherlich neben ihrer humanistischen und repräsentativen Ausrichtung immer auch als Orte des gelehrten und geselligen Vergnügens zu sehen, wenn man bedenkt, dass die Komödienaufführungen von technisch stetig aufwändigeren Intermezzi begleitet wurden, und dass der Platz zwischen cavea und Bühne (ehem. Orchestra) grundsätzlich auch für Bälle und andere Spektakel nutzbar war (allerdings erst im Barock nachgewiesen). Zum Begriff der delectatio im Sinne der Rhetorik, vgl. „delectare“, in: UEDING 1998, Bd. 2, Sp. 521-523.
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der umsichtig und gerecht für das bene comune seiner Untertanen sorgt und ihre kreativen Neigungen zum Wohle aller fördert und einsetzt. Städtische Annehmlichkeiten: Theater, Fest, Brauchtum und ludi in enkomiastischen Stadtbeschreibungen aus Antike, Mittelalter und Humanismus
Im Gegensatz zu staatstheoretischen Entwürfen rekurrieren die „Viten“ jedoch auf konkrete historische Anlässe sowie spezifische theatrale Bräuche in Florenz und anderen italienischen Städten. Hierfür finden sich Vorbilder in der Tradition der Stadtbeschreibung, die seit der Antike sowohl als eigenständige Gattung als auch als Bestandteil epischer, biografischer und historiografischer Werke verbreitet war 62. Sofern sie sich auf real existierende Orte beziehen, preisen diese Texte deren Vorzüge – analog zu den „Viten“ – unter Bezugnahme auf tatsächlich fassbare Spezifika und führen dabei häufig auch Theater, Feste, Rituale sowie regelmäßig stattfindende ludi an63. Derartige Hinweise finden sich beispielsweise 431 v. Chr. bei Thukydides, in der Rede des Perikles auf die Gefallenen. Dort ist das städtische Zusammenleben in Athen in seinen politischen und moralischen Bedingungen verklärt, unter Verweis auf Spiele, Feste, Bildung und die Freude am Schönen als integrale Bestandteile der Athener Gesellschaft64. Auch in der Lobrede des Isokrates auf Athen (380 v. Chr.) wird der Hegemonieanspruch der Stadt durch die Erwähnung von Wettkämpfen und Spielen legitimiert. Mit ihren kulturellen und sportlichen Großereignissen ziehe sie viele Besucher an und erweise sich so als geistiger Mittelpunkt des Landes 65. Menander, der im 4. Jahrhundert v. Chr. ‚Richtlinien‘ für das Stadtlob verfasste, sprach den immateriellen Werten einer Gemeinschaft, wie Wissenschaften, Künsten und Tugenden, neben der Beschreibung von Mauern, Türmen, Lage, Geschichte und Bauten eine entscheidende Rolle zu66. Für den Fall, dass die enkomiastische Rede anlässlich eines Festes gehalten werde, empfahl er, außerdem einen ausführlichen Exkurs über das Festwesen der Stadt anzuschließen und seine förderliche Wirkung auf die Bevölkerung zu betonen, oder den speziellen Anlass zu beschreiben, für den das Städtelob verfasst sei67. In der Folge kam Festen, Sportveranstaltungen und Theatern in zahlreichen Stadtbeschreibungen von Pausanias über Properz bis hin zu Reise- und Pilgerführern sowie den graphia aureae urbis des frühen Mittelalters eine feste Rolle zu68. Vergnü-
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CLASSEN 1980, S. 4. ARNOLD 2000, S. 250-251. THUKYDIDES (5. Jh. v. Chr.) 1969, II,38, S. 324; vgl. weiter: CLASSEN 1980, S. 5-7. Vgl. CLASSEN 1980, S. 7. MENANDER (4. Jh. v. Chr.) 1981, I,III,359-367, S. 58-74; siehe auch: CLASSEN 1980, S. 16-17. MENANDER (4. Jh. v. Chr.) 1981, I,III,365-367, S. 72-74. Für eine Zusammenfassung und Analyse verschiedener Texte von der Antike bis zum frühen Mittelalter siehe: CLASSEN 1980, S. 8-33. Theater, Zeremonien, Triumphzüge und Feste in den Graphia aureae urbis, 18-19, 34, 42-43, 45, abgedruckt bei VALENTINI &
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gungsmöglichkeiten, Geselligkeit und Muße wurden für den Gegensatz von Stadt und Land im Sinne der urbanitas fruchtbar gemacht und zu diesem Zweck als unverkennbar städtische Vorzüge ausgewiesen69. Allerdings standen dabei selten individuelle Aufführungen oder bestimmte Bräuche im Fokus. Daher stehen die Stadtbeschreibungen der Antike meist in direkter Abhängigkeit zur Staatstheorie, deren Argumentationsmodi sie – ähnlich den Fresken Lorenzettis – lediglich auf die Kulisse einer bestimmten Stadt übertragen, ohne einzelne Anlässe zu spezifizieren 70. Erst die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts brachte eine allmähliche Bedeutungsverschiebung hinsichtlich der Schilderungen von theatralen und festlichen Begebenheiten im Städtelob mit sich: Die Nennungen wurden nun konkret und das Interesse der Autoren lag auf individuelleren Charakterisierungen des lokaltypischen Brauchtums, der jeweils originellen Sitten und stadtfestlichen Gewohnheiten71. So besteht die Lobrede auf London, die William Fitzstephen 1173 an den Anfang seiner Vita des Thomas Becket, Erzbischof zu Canterbury, stellte, zu rund einem Drittel aus farbenfrohen Berichten über typische Londoner ludi und ihre Bedeutung für die angenehme Atmosphäre in der Stadt72. Im Einzelnen beschreibt der Text die verschiedenen Lustbarkeiten im London des 12. Jahrhunderts, von Mysterienspielen und theatralen Aufführungen über Karnevalsfeiern und Hahnenkämpfe bis zu Eissportarten, Pferderennen und Bootswettfahrten auf der Themse 73. Fitzstephens Beispiel folgten zahlreiche weitere Stadtbeschreibungen des Hoch- und Spätmittelalters, die ihren genrestückartigen Aufriss bürgerlicher Geselligkeit und spezifisch-urbaner Lustbarkeiten durch mannigfache Verweise auf Spiele, Ringkämpfe, Picknicks, Bankette und musikalische Tugenden sowie durch Erwähnungen von Schenken, Weinund Bierstuben als Orte bürgerlicher Zerstreuung ausschmückten74. Demgegenüber zurückgenommen ist das Städtelob des Mailänder Paters und Grammatikers Bonvesin della Riva in seinem „De magnalibus Mediolani“ von 128875. Auch hier dient aber die schiere Anzahl an verfügbaren Kramerläden und botteghe sowie Herbergen dazu, den Reichtum und die Größe der Stadt zu verdeutlichen, allerdings ohne spezifischere Erläuterungen 76. Märkte und Feste gereichen der Bevölkerung zum Vergnügen und ihre Erwähnung bietet dem Autor Gelegenheit den Wohlstand der Bürgerschaft zu betonen77. Gleichzeitig preist Bonvesin aber auch die Schönheit seiner Heimat unter Hinweis auf die Kunstfertigkeit und das hohe gesellschaftliche Ansehen ihrer Stadtmusiker:
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ZUCCHETTI 1946, S. 82-83, S. 91, S. 97-100, S. 103-105; siehe außerdem: VALENTINI & ZUCCHETTI 1946, v.a. S. 68-73. Der Gegensatz tritt vornehmlich in der augusteischen Dichtung auf, vgl. Kap. 2.4, S. 130-132. CLASSEN 1980, S. 14-37. SCHMIDT, P. G. 1981, S. 121. CLASSEN 1980, S. 3. FITZSTEPHEN (1173) 1772, S. 46-78. Im Einzelnen siehe: ARNOLD 2000, S. 254-267. DELLA RIVA (1288) 1974. Bonvesin della Riva (*um 1250; †nach 1313). DELLA RIVA (1288) 1974, 3,XXVIII-XXXI, S. 68. DELLA RIVA (1288) 1974, 4,XVII-XVIII, S. 102-104.
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„Sex autem sunt comunis tubicines principalles [sic!], viri honorabilles et egregii, in sue tante civitatis honore non solum equos tenentes, at quoque more nobilium decentem vitam ducentes, diverso a ceteris mondi tubicinibus ac mirabilli modo tubantes.“78
Damit macht der Text – im Unterschied zu seinen Vorgängern – die Kunstfertigkeit und den Sachverstand musikalisch-zeremonieller Tätigkeiten zum Kriterium für das Lob der Stadt. Nicht mehr nur die schiere Existenz der Zerstreuungen, sondern vielmehr auch der Grat ihrer kunstvollen Verfeinerung zeigen ihre Vorzüge an. Zwar kehrte das humanistische Städtelob, im Rekurs auf antike Vorbilder, allmählich wieder von der Vielfalt mittelalterlicher Genrebeschreibungen zugunsten einer einheitlicheren Struktur der Texte ab79. Weder in Leonardo Brunis „Laudatio Urbis Florentinae“ (1403-04)80, noch in Leandro Albertis „Descrittione di tutta Italia“ (1550)81 finden sich Beschreibungen gegenwärtiger theatraler oder festlicher Vergnügungen82. Doch beweist Lodovico Guicciardinis 1567 in Antwerpen gedruckte „Descrittione di tutti i Paesi Bassi“83, dass die Nennung konkreter festlicher Anlässe und Bräuche nach wie vor eine relevante Komponente von Landes- und Stadtbeschreibungen sein konnte. Aufgrund des persönlichen Kontaktes der Autoren ist ein direkter Einfluss Guicciardinis auf die „Viten“ von 1568 belegt. Von ihm bezog Vasari für die Giuntina Informationen über Künstlerpersönlichkeiten aus Gegenden nördlich der Alpen 84. Guicciardini widmet seine Beschreibung aller Staaten, Regionen und Städte der Paesi Bassi Karl V., hat aber vermutlich vor allem italienische Kaufleute als Adressaten im Blick85. Daher geht es ihm im Unterschied zu Bruni und Alberti weniger um eine an antiker Rhetorik orientierte Enkomiastik. Stattdessen soll sein Werk – in die-
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DELLA RIVA (1288) 1974, 3,XX, S. 64-66. ARNOLD 2000, S. 248-249; SCHMIDT, P. G. 1981, S. 123-124. BRUNI (1404) 2000. ALBERTI, L. (1550) 1551. Stattdessen schildert Bruni im Rückgriff auf Aristides die Stadt Florenz umgeben von konzentrisch vorgelagerten Hügeln, Vorstädten, Mauern und Türmen, allerdings ohne die spezifische ‚Theatermetapher‘ des Aristides zu verwenden. Wenn es um die immateriellen Vorzüge und Tugenden von Florenz geht, konzentriert sich Bruni auf die Gerechtigkeit, Mildtätigkeit und Freiheit sowie Sicherheit der Bewohner und gründet deren Nobilität auf ihre vermeintlich römisch-antike Abstammung, vgl. LAPRAIK GUEST 2008, S. 142. Zur Struktur und Vorgehensweise in Brunis Lob auf Florenz siehe näher: BURANELLO 1995. GUICCIARDINI 1567. Zum wechselseitigen Einfluss der beiden Werke aufeinander, siehe beispielsweise: BROWN 1960, S. 228; SCHEEWE 1933, S. 67. Lodovico Guicciardini als Informant für die zweite Vitenausgabe: ELSIG 2013, S. 239. Im Unterschied zur Torrentiniana ermittelt bei: FRATINI, Vasari, Guicciardini 2016, S. 249-253. Abhängigkeiten der beiden Texte und eine mögliche gemeinsame mündliche Quelle, siehe auch: SOSEF 1991. Wie stark Guicciardini italienische Adressaten ansprach, zeigt sich schon darin, dass das Werk in italienischer Sprache verfasst ist. Außerdem ging bereits im gleichen Jahr ein Exemplar als Geschenk an Cosimo de’ Medici, vgl. FRATINI, Vasari, Guicciardini 2016, S. 251.
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ser Hinsicht der Topo- und Kosmographie nahestehend86 – möglichst allumfassend landestypische Spezifika übermitteln und so den Ruhm der Niederlande 87 über die Landesgrenzen hinaustragen. Dementsprechend legt er sowohl in seiner allgemeinen Schilderung zu den Paesi Bassi als auch in einzelnen Stadtbeschreibungen Wert auf die Wiedergabe bürgerlicher Sitten und Bräuche und geht wiederholt ausführlich auf städtische Feste, Märkte, apparati für Staatsbesuche und musikalische wie künstlerische Errungenschaften ein. Gleich im Anschluss an die Beschreibung von Physiognomie und Sprache der Niederländer sowie an einen Hinweis auf ihr kaufmännisches Geschick 88 kommt Guicciardini auf deren künstlerische und musikalische Fähigkeiten zu sprechen. Dabei verzeichnet er einen entscheidenden Entwicklungsschritt in der Musikgeschichte, der seiner Aussage nach in den Paesi Bassi errungen worden sei. Nichts Geringeres als die ‚Wiedergeburt‘ der Musik und ihre Rückführung zur Perfektion sei hier geleistet worden: „Questi sono i veri maestri della Musica & quelli che l’hanno restaurata, & ridotta a perfettione, perché l’hanno tanto propria & naturale, che huomini, & donne cantan’ naturalmente a misura, con grandissima gratia, & melodia, onde havendo poi congiunta l’arte alla natura, fanno & di voce, & di tutti gli strumenti quella pruova & harmonia, che si vede & ode, talche se ne truova sempre per tutte le Corti de Principi Christiani.“89
Im Anschluss an diese allgemeine Wertung führt der Autor 17 Musiker namentlich auf, unter anderem Johannes Tinctoris, Josquin und Ockeghem, die maßgeblich den Erfolg niederländischer Musikgeschichte bestimmten. In dieser Textstelle treten also Elemente auf, die auch den „Viten“ eigen sind: Der Gedanke von Wiedergeburt und prozessualer Perfektionierung für eine bestimmte ars, ebenso wie die Nennung diverser uomini illustri, die durch ihre Leistungen zum Fortschritt beigetragen haben90. Auch die Kriterien, die Guicciardini verwendet, um die gegenwärtige musikalische Vollkommenheit in den Paesi Bassi terminologisch zu fassen, sind aus dem Vokabular der „Viten“ bekannt: Nicht nur singen die Niederländer mit „gratia“ und „harmonia“, die musikalische Fertigkeit hat bei ihnen inzwischen auch das von der Natur vorgegebene Ideal erreicht.
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Die Nähe der „Descrittione“ zu Topographie und Kosmographie ist erklärt bei: VAN DIX2014, S. 77-78; HALLYN 1991. Van Dixhoorn stellt gleichzeitig fest, dass das Werk deshalb nicht minder philosophisch und utopisch aufgeladen ist: VAN DIXHOORN 2014. Vor allem die Beschreibung Antwerpens sei als Bild der ‚idealen Stadt‘ geprägt: VAN DIXHOORN 2014, S. 77; HALLYN 1991, S. 153-156. Zum Verhältnis von „Descrittione“ und Städtelob siehe auch: CLASSEN 1991. Weiterführend: DESAN 1991. Nicht zu verwechseln mit den heutigen Niederlanden, da auch Teile des heutigen Deutschland und Flanderns mit einbezogen werden. GUICCIARDINI 1567, S. 26-28. GUICCIARDINI 1567, S. 28. Schreibweise zum Teil der aktuellen Typografie angeglichen. Für die Listung von Musikern unter den uomini illustri gibt es allerdings im Städtelob bereits eine rege Tradition, auf die Guicciardini rekurrieren konnte, vgl. Kap. 2.3, S. 113-114 Anm. 270. HOORN
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In der terminologischen Prägnanz seiner Wertungen und im Bemühen, Anfang und Ende einer Entwicklung zu identifizieren, unterscheidet sich der Text sowohl von den Aufzählungen antiker Lobreden als auch von den Ausschweifungen mittelalterlicher descriptiones. Dafür kann sich Guicciardini einerseits an zeitgenössischen musiktheoretischen Traktaten orientiert haben, die mitunter ebenfalls historische Reflexionen in ihre Überlegungen mit aufnehmen91. Zum anderen standen ihm für den Einbezug diachroner Entwicklungsprozesse aber womöglich auch Vasaris erste Vitenfassung sowie deren Vorgehen in Bezug auf die bildenden Künste Pate 92. Entsprechend verzeichnen Guicciardinis wiederholte Aufzählungen berühmter Stadtsöhne neben Staatsmännern, Literaten und Gelehrten häufig auch bildende Künstler, Musiker und Sänger93. Eine Charakterisierung der Niederländer und ihrer Manieren leitet abermals über zu allgemeinen Äußerungen über ihre Fest- und Feierkultur: „Ma usano poi di quando in quando, come dire a certe feste solenni, & ne di de Santi de lor’ nomi, per Carnovale, & altre loro occasioni, uscir’ dell’ordinario, far’ conviti, chiamar’ i parenti, gli amici, & far’ gran’ cera [sic!] abbondantemente; perche sono naturalmente dediti a piaceri, alle feste, & alla gioia, in tanto che non recusano talhora, d’andar’ venticinque, trenta, & quaranta miglia lontani, & molto piu per trovarsi a qualche festa, come sono di State le processioni piu solenni, che si fanno per il paese, chiamate da loro Caramesse, a nozze di parenti, & d’amici, & a simili cose […]. Sono splendidi nella natività, & nel battesimo de’ lor figliuoli, splendidi nelle nozze, & ne mortorij: & finalmente in tutte le feste, & in tutte le cose publiche, & che in publico appariscono, tendono di natura al grande, & al magnanimo.“94
Allerdings lässt Guicciardinis rein summarische Aufzählung von festlich begangenen Namenstagen, Karnevalsfeierlichkeiten, Kirmessen, Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen jedwede systematische Beschreibung vermissen. Sie zielt ausschließlich darauf ab, die Lebenslust und Feierfreude des Volkes im Allgemeinen zu umschreiben, respektive als besonders „splendido“ lobend zu erwähnen. Auch auf etwaige kunstvolle ephemere Dekorationen wird nicht eingegangen. Präziser werden die Angaben zu theatralen und festlichen Formen erst im Zusammenhang mit der Hauptstadt Antwerpen. In langen Passagen werden nun das
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Ich danke Peter Diemer für den freundlichen Hinweis; siehe hierzu auch: LOWINSKY 1989, S. 88-92. Dies erklärt aber für sich allein genommen nicht die Motivation, mit der Guicciardini die Inhalte und Ergebnisse dieser Diskurse in sein Lob der Niederlande integriert. Die „Viten“ waren Guicciardini nachweislich bekannt. So verweist er in einer Passage über die niederländische Glasmalerei ausdrücklich auf Giorgio Vasari und seine Biografien: GUICCIARDINI 1567, S. 100. Beispielsweise Johannes Tinctoris für die Stadt Nivelles, der als „Arcicapellano & cantore di Ferdinando Re di Napoli“ näher ausgewiesen wird, und Cornelius Scribon Grapheus „poeta degnatissimo & grande humanista, cantore e professore di molte lingue“ für Antwerpen: GUICCIARDINI 1567, S. 114, S. 128. GUICCIARDINI 1567, S. 30-31.
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städtische Festwesen und pompös gestaltete Staatsbesuche geschildert, wie zum Beispiel der Einzug Prinz Philipps95 im Jahr 1549: „Quella fu veramente un’entrata reale, & tanto trionfante, che per esprimerla bene, & ordinatamente non bisognava manco che uno intero volume, fattone il gia piu volte mentionato Cornelio Scribonio Grapheo […] il quale fu inventore di molte cose degne del trionfo, & autore di quasi tutti i versi, imprese, & divise, poste idoneamente su per li archi, & super altre machine, & strumenti trionfali, onde n’ hebbe grandissimo honore, si come hebbe ancora (per non defraudare persona) il molto dotto Stefano Ambrosio Schiappalare del mirabilissimo arco de Genovesi condotto da lui con varie historie, & degne poesie molto egregiamente. Intitulò Grapheo il suo volume Spectacula in susceptione PHILIPPI HISPA. Principis […].“96
Neben den imprese und den ephemeren Triumphbögen verweist der Autor summarisch auf „altre machine & strumenti“, die bei dem triumphalen Einzug Phillipps zum Einsatz kamen, und nennt namentlich zwei Verantwortliche für die inhaltliche und künstlerische Ausrichtung des ephemeren Ausstattungsprogramms. Der angefügte Hinweis auf eine weitere ausführliche Beschreibung des Festumzuges durch Cornelius Scribonius Grapheus97 ermöglicht es dem Leser, die Lektüre durch die Nutzung weiterer Quellen eigenständig zu vertiefen. Grapheus wird außerdem als „inventore“ zahlreicher nicht näher bestimmter Details des Einzuges und als Autor der imprese, Verse und Begleittexte ausgewiesen. Abermals stehen an dieser Stelle Aufbau und Gewichtung des Materials den „Viten“ nahe. Im Folgenden aber beschreibt Guicciardini vornehmlich den zeremoniellen Ablauf des Einzuges sowie den damit verbundenen Organisations- und Kostenaufwand. Das ‚Theatrale‘ betreffende Details beschränken sich auf die regionale Praxis, auch bei hellem Tageslicht hunderte von Fackeln entlang des Weges zu entzünden, „che nel vero a vederla ha del grãde“98, und auf die Erwähnung von Trompetenklängen sowie anderer beteiligter Instrumente99. Ungeachtet dessen wird die Bedeutung, die dem festlichen Anlass für das Prestige Antwerpens in Guicciardinis Beschreibung zukommt, an der herausragenden Position der Schilderungen im Gesamtwerk ersichtlich. So erstreckt sich die Erzählung über vier Textseiten und bildet eine von lediglich drei ausführlicher beschriebenen, besonderen Begebenheiten in der Stadtgeschichte100.
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Philipp II. von Spanien (*1527; †1598). GUICCIARDINI 1567, S. 85-86. Humanist (*1482; †1558). GUICCIARDINI 1567, S. 88. GUICCIARDINI 1567, S. 84-88. „A tempo nostro tre cose notabili, & l’una diversa dall’altra, ci sono accadute, delle quali tre motti toccheremo brievemente […].“: GUICCIARDINI 1567, S. 85. Zur Bedeutung des Einzuges für die Schilderung im Gesamten siehe auch (allerdings auf den Aspekt der Herrschaft eines Einzelnen im Gegensatz zum italienischen System der Stadtstaaten reduziert): VAN DIXHOORN 2014, S. 90.
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Auch die auf die zeitgenössische Gegenwart bezogenen Teile der Stadtbeschreibung weisen wiederholt auf Antwerpens theatrale und festliche Bräuche und auf die damit verbundenen gesellschaftlichen Strukturen hin. So nennt Guicciardini unter anderem zwei religiöse Prozessionen, bei denen nach altem Brauch eine Statue des Riesen Druon durch die Stadt getragen werde 101. Außerdem werden verschiedene Rituale anlässlich von Hochzeiten, Taufen, der Einführung von Frauen in die Gesellschaft sowie Beerdigungen geschildert102. Des Weiteren geht der Autor auf drei „confrerie“103, die „delle Violiere“, „del Goublóme“ und „d’Oliftack“ näher ein: „[…] le quali servono per intrattenere, & festeggiare di quando in quando alle loro stanze publiche, il popolo con cõmedie, con tragedie, & con altre historie & piaceri civili & morali, ad imitatione de Greci & de Romani, onde si vede & impara molte cose degne & utili. La principale, & piu antica d’esse tre Confrerie, è quella delle Violiere, nella quale quasi tutti sono Pittori, che in tutte le attioni rendono conto & chiara testimonianza dell’acutezza, & dell’ingegno loro.“104
Wie diverse Compagnie in den „Viten“, so zeichnen auch die hier erwähnten Vereinigungen vor allem für die Ausrichtung öffentlicher Dramenvorführungen verantwortlich. Genannt sind Komödien, Tragödien sowie andere „historie“ und „piaceri“ nach griechischem und römischem Vorbild. Unter wirkungsästhetischen Gesichtspunkten betont der Autor deren lehrhaften, würdigen und nützlichen Charakter. Wie bei der Compagnia del Paiuolo in Vasaris Rustici-Vita105, so sind laut Guicciardini auch die Mitglieder der ältesten Vereinigung Antwerpens allesamt Künstler. Folglich mündet die Beschreibung der confrerie in eine vierseitige Aufzählung berühmter niederländischer Künstlerpersönlichkeiten, ihrer wichtigsten Errungenschaften und einzelner Hauptwerke, die im expliziten Rekurs auf Vasari in lebende und verstorbene Künstler, nach Gattungen und nach Geschlecht geordnet ist 106. Diese direkte Überleitung beweist die besondere Nähe zwischen Theater und bildender Kunst in Guicciardinis Künsteverständnis und nimmt in Teilen deren Verhältnis in der 1568er-Vitenausgabe bereits vorweg. Am Ende einer weiteren fünfseitigen Passage über diverse uomini illustri sowie das Handwerk und den Handel der Stadt nimmt der Text noch ein weiteres Mal auf theatrale und festliche Formen Bezug:
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GUICCIARDINI 1567, S. 63. GUICCIARDINI 1567, S. 109-110. Bruderschaften, gesellschaftliche Vereinigungen. GUICCIARDINI 1567, S. 97. GUICCIARDINI 1567, S. 97. Siehe Kap. 2.3, S. 109-110. GUICCIARDINI 1567, S. 97-101. Guicciardini verzeichnet auch weibliche Künstler in seiner Aufzählung.
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„Vedesi poi a ogn’hora nozze, conviti, danze: sentesi per tutto suoni, canti, & strepiti giocondi: & in somma per tutti i versi, & per tutte le vie apparisce la ricchzzea [sic!], la potenza, la pompa, & splendidezza della terra.“107
Dieser kurze Satz fasst die Kernaussage der vorangehenden Ausführungen prägnant zusammen: Antwerpen zeige sich als eine Stadt verfeinerten und kunstvoll überhöhten gesellschaftlichen Zusammenlebens, eine Stadt der Feste und des Amüsements, der Freude und des Spieles, der vielseitigen Talente und ihres Ausdrucks. Menanders Forderungen zum Städtelob folgend, unterstreicht der Autor die Herrlichkeit und den Reichtum Antwerpens abschließend noch einmal durch den topischen Hinweis auf florierende Verhältnisse, Leichtigkeit, Frohsinn und auf die Vielfalt festlicher Formen. Zwar finden sich in Guicciardinis „Descrittione“ nur selten gesonderte Schilderungen zu spezifisch kunstvoll gestalteten ephemeren oder szenischen Details, doch ist er offenbar bemüht, zu Ehren des von ihm beschriebenen Landes und seiner wichtigsten Stadt die Ausprägungen niederländischer sowie vornehmlich der Antwerpener Fest- und Theaterkultur möglichst enzyklopädisch zu erfassen. Nur partiell enthält seine Zustandsbeschreibung auch historische Angaben und Bemühungen, für einzelne Komponenten einen Progress aufzuzeigen 108. Diese Passagen bilden die Parallele zu Vasaris „Viten“, die allerdings genau umgekehrt die enzyklopädische Breite der Erwähnungen aus gesamtkulturellem Feld in ihre diachrone Ordnung einer prozessualen Entwicklung der Künste eingliedern. Zwar dienen die Beschreibungen auch in den „Viten“ vornehmlich der Enkomiastik auf Florenz und sein Fürstenhaus und stehen damit in der Tradition von Städtelob und Stadt- respektive Landesbeschreibung. Jedoch sind sie nicht nur im Raum, sondern vielmehr auch in der Zeit sehr genau verortet: Die gesamte letzte Vitenepoche wird durch die Kumulation in ihr sich entfaltender theatraler und festlicher Formen epideiktisch beschrieben und als Ergebnis eines historischen Prozesses dargelegt.
3.2 Theater, Fest und Spektakel in der Geschichtsschreibung: Florentiner Chroniken, Annalen und Diarii vom 14. bis 16. Jahrhundert sowie Paolo Giovios „Elogia“ Es liegt daher nahe, mögliche Vorläufer für den systematischen und historisierenden Einbezug von Theater, Fest und deren Dekoration in historiografischen Texten zu vermuten, wie sie in Form von Chroniken, Diarii und Stadtgeschichten seit dem Mittelalter vielfältig überliefert sind. Auch diese Schriften dienen, sofern sie für eine breite Leserschaft bestimmt sind, auf ihre Weise dem Lob der jeweiligen Stadt und
107 GUICCIARDINI 1567, S. 115. 108 Zum Vorrang der Deskription vor der Historie bei Guicciardini vgl. VAN DIXHOORN 2014, S. 78.
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civitas, das sie allerdings geschichtlich herzuleiten und anhand historischer Begebenheiten zu begründen suchen109. Feste, Staatsbesuche und religiöse Bräuche werden in zahlreichen Geschichtswerken ab dem 14. Jahrhundert unter verschiedenen Gesichtspunkten erwähnt und mehr oder weniger ausführlich beschrieben. Je nach Verfasser, politischer Ausrichtung und Auftragslage ändert sich deren Fokus in der Nennung theatraler Details. Daher beschränkt sich die vorliegende Untersuchung auf eine Auswahl an Texten und konzentriert sich zunächst auf Beispiele aus dem Florentiner Umfeld. Lediglich Paolo Giovios „Elogia“110, die als Biografiensammlung direkten Vorbildcharakter für die „Viten“ aufweisen, sind von dieser räumlichen Eingrenzung ausgenommen. Inwieweit die übrigen hier behandelten Werke den für die „Viten“ als Redakteure in Frage kommenden Persönlichkeiten bekannt waren, ist nicht immer eindeutig 111. Zumindest für Villanis „Nuova Cronica“112 sind direkte Übernahmen belegt 113. Der „Diario Fiorentino“ Luca Landuccis114 lag nachweislich Vincenzo Borghini als Quelle vor115. Als mediceische Auftragswerke unter Alessandro und Cosimo I. de’ Medici116 lassen auch Machiavellis und Varchis „Istorie Fiorentine“117 den Schluss zu, dass ihr Inhalt dem die „Viten“ redigierenden Personenkreis bekannt war. Für die „Istoria di Firenze“ des Gregorio Dati118 ist zumindest auf Umwegen von einer Kenntnis des Vitenautors auszugehen, da eine Kompilation des Werkes von
109 Das Verhältnis von Politik und Stadtchronistik ist, allerdings im Vergleich von Basel, Luzern, Freiburg und Bern und damit nur mit Vorsicht auf Florenz übertragbar, dargelegt bei: SCHMID KEELING 2009. Es erscheint jedoch zumindest einleuchtend, dass städtische Geschichtsschreibung auch und gerade in Florenz das Prestige der Stadt festigen sollte. 110 GIOVIO 1577; GIOVIO 1575. Paolo Giovio (*1483/86; †1552), Historiker, Biograf, Bischof und Arzt. 111 Letzten Endes bleibt die Frage nach der Kenntnis, die der Vitenautor von den Vergleichstexten hatte, für die folgende Analyse aber marginal, da es hier hauptsächlich um eine allgemeine Kontextualisierung und, darauf aufbauend, um eine nähere Charakterisierung des vasarianischen Zugriffes gehen soll – unabhängig von Vasaris konkreter Quellennutzung. 112 VILLANI (14. Jh.) 2002. Im Blick ist hier das Gesamtwerk, bestehend aus der „Nuova Cronica“ Giovanni Villanis von der Stadtgründung und den mythischen Vorfahren bis zum Tode Giovannis im Jahre 1348 und deren Fortsetzung durch den Bruder Matteo sowie den Neffen Filippo Villani bis 1364: SANSONE 2002, S. 3. Giovanni Villani (*um 1280; †1348), Florentiner Geschichtsschreiber, Kaufmann und Politiker; Matteo Villani (*um 1285; †1363), Florentiner Kaufmann; Filippo Villani (*1325; †1405), Sohn von Matteo Villani. 113 Zum Beispiel im Falle des Einsturzes der Carraiabrücke in der Buffalmacco-Biografie: vgl. LÖHR 2015, S. 234-235 Anm. 27. 114 LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969. Luca Landucci (*1436; †1516), Florentiner Gewürzhändler. 115 Dies geht aus handschriftlichen Notizen Borghinis hervor: DEL BADIA 1969, S. VII-XIII. 116 PICQUET 2011, S. 226-227. 117 VARCHI (um 1560) 1858; MACHIAVELLI (1532) 1905. Benedetto Varchi (*1502; †1565). 118 DATI (1380-1405) 1902. Gregorio (Goro) Dati (*1362; †1435).
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Giovanni lo Stradino119 aus dem 16. Jahrhundert existiert. Diese wurde im Auftrag Bindo d’Antonio Altovitis120 erstellt, der zeitgleich mit Vasari am Hofe Alessandro de’ Medicis und im Kreise des Kardinal Farnese 121 verkehrte. Als Gründer der Accademia degli Umidi und Mitglied der Accademia Fiorentina gehörte Stradino zum direkten Umfeld der Humanisten, die die zweite Vitenfassung beratend und redaktionell begleiteten122. Lediglich für die „Annales“ Matteo di Marco Palmieris123 ist eine Kenntnis Vasaris nicht plausibel nachzuweisen, da sie, anders als der „Liber de Temporibus“ desselben Autors, nur wenig Verbreitung fanden. Definitiv besaß Carlo Strozzi ein Exemplar, das heute Teil des Fondo Magliabecchiano in der Biblioteca Centrale Nazionale di Firenze ist124. Soziale Bedingungen und spezielle Anlässe: Städtisches Brauchtum und religiöses Festwesen in Florentiner Geschichtswerken
Vasari beschreibt das städtische Brauchtum und religiöse Festwesen von Florenz vor allem anhand der Festa di San Giovanni, der kirchlichen sacre rappresentazioni sowie der städtischen Compagnie. Besonders umfangreiche Schilderungen enthalten die Biografien von Cecca, Brunelleschi und Rustici. Außerdem ist in der Vita des Buonamico Buffalmacco die sogenannte Festa di Calendimaggio (Maifest) erwähnt, für die auf Booten im Arno das Inferno nachgestellt worden sei. Wie bereits festgestellt, konzentriert sich der Vitenautor in seinen Schilderungen häufig auf technische und theatrale Details und beschreibt mitunter minuziös den szenischen Ablauf sowie die ephemeren Dekorationselemente der Festivitäten, nennt Musiker und Akrobaten und bringt die Ausstattung in Verbindung mit den biografierten bildenden Künstlern125. Damit unterscheiden sich die „Viten“ in einigen Punkten grundlegend von der historiografischen Tradition der Stadt. Unterschiede lassen sich vor allem anhand der Festa di San Giovanni aufzeigen, die in Florentiner Stadtgeschichten ab dem 14. Jahrhundert mehrfach zu Sprache kommt, wo sie mitunter eingehend beschrieben wird. So tritt die farbenfrohe Schilderung des jährlich stattfindenden San GiovanniFestes bereits aus der vornehmlich als Kriegsbericht verfassten „Istoria di Firenze“126 des Gregorio Dati exkurshaft hervor. Im Unterschied zum übrigen Text ist sie nicht im passato remoto, sondern stattdessen im Präsens verfasst. Großen Wert legt Dati darauf, die reiche Ausstattung und die zahlreichen mit dem Fest verbundenen Vergnügungen kleinschrittig zu schildern, offenbar um seinen Leser von den trüben Gedanken abzulenken, die der vorausgehende Kriegsbericht möglicherweise hinterlas-
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Giovanni Mazzuoli, genannt lo Stradino (*um 1480; †1549). *1491; †1557, päpstlicher Bankier. Kardinal Alessandro Farnese (*1520; †1589). Pratesi: Einleitung, in: DATI (1380-1405) 1902, S. XXII-XXXII. PALMIERI (1454) 1906. Matteo di Marco Palmieri (*1406; †1475). Scaramella: Einleitung, in: PALMIERI (1454) 1906, S. XXVI. Vgl. Kap. 2.1-2.3, Kap. 2.5. DATI (1380-1405) 1902.
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sen hat127. Mannigfache Hinweise auf das wertvolle Material von Dekorationen und Gewändern sowie auf den edlen Schmuck der Florentinerinnen zieren den Bericht: „[…] coperte e piene di donne, di giovani e di fanciulle riccamente vestite di seta e ornate di gioie e di pietre preziose e perle […].“128
Geschildert wird der gesamte Ablauf des dreitägigen Festes mit all seinen über jeden Tag verteilten Stationen. Der Autor berichtet sowohl von den mehrmonatigen Vorbereitungen und vorangehenden kleineren Festivitäten, als auch von der mostra, über die Reliquienprozession am Morgen des San Giovanni-Tages sowie über die große Festprozession mit den Opfergaben am Abend und vom abschließenden Palio und Tanzvergnügen129. In diesem Zusammenhang bildet die Zeltbespannung des Platzes vor der Kirche San Giovanni nur einen Punkt innerhalb eines bunten Bildes festlich geschmückter Straßen. Die ceri betreffend, listet Dati primär ihre Reihenfolge beim Umzug, unter Verweis auf die jeweiligen Organisationen, von denen sie dargebracht wurden: „La prima offerta che si fa la mattina sono i Capitani di parte guelfa con tutti i cavalieri notabili e savi signori, ambasciatori e cavalieri forestieri: vanno con loro a detta offerta in compagnia di grande numero di cittadini col gonfalone e segno della detta parte, innanzi portato da uno servidore in su uno grosso corsiere tutto coperto di seta. […] Poi vanno i sopradetti pali l’uno di drieto [sic!] all’altro per ordine come per uno Notaio della Camera sono chiamati i nomi […]. Doppo questi vanno a offerire una moltitudine di cerotti quale è libbre cinquanta, […]. Poi vanno a offerire i Signori Priori e i loro Collegi con loro Rettori, Podestà e Capitano Esecutore […]. Tornati che sono, vanno a offerire i corsieri barbareschi […].“130
Nur separat zu dieser Aufzählung wird ihr äußeres Erscheinungsbild knapp beschrieben: „Sono intorno alla gran piazza cento torri che paiono d’oro, portate quale con carretta e quale con portatori, i quali si chiamano ceri, fatti di legname e di carta e di cera e d’oro, colorati con figure rilevate e vòti dentro; entro vi stanno uomini che fanno volgere di continuo e girare quelle figure […].“131
Es ist dies die einzige Stelle im gesamten Text, an der sich Dati eingehender für die künstlerische und technische Beschaffenheit eines ephemeren Details interessiert,
127 Pratesi: Einleitung, in: DATI (1380-1405) 1902, S. IX-XXII. 128 DATI (1380-1405) 1902, S. 92. 129 DATI (1380-1405) 1902, S. 90-96. Es ist allerdings anzuführen, dass es sich bei dem von Dati erfassten zeremoniellen Ablauf noch um eine relativ ‚neue‘ Erscheinung handelte: Die festen Bestandteile des Festes wurden in den Statuten der Podestà erst 1325 genau festgelegt und in ihrem Ablauf 1343 noch einmal verändert: VENTRONE 2016, S. 29. Anfang des 15. Jahrhunderts hatte die Festa di San Giovanni sich zu einer extrem reichen und ausgefeilten Form entwickelt: VENTRONE 2016, S. 49-51. 130 DATI (1380-1405) 1902, S. 93-94. 131 DATI (1380-1405) 1902, S. 92.
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wobei er Einzelheiten zu Form, Material, Dekoration und Technik wiedergibt. Ansonsten gilt sein Augenmerk vor allem dem zeremoniellen Ablauf der Festlichkeiten, ihrem Programm und ihrer festgelegten Ordnung. Damit unterscheidet sich die „Istoria Fiorentina“ von den Beschreibungen, die die „Viten“ im Rahmen der Cecca-Biografie vom San Giovanni-Fest geben. Die unterschiedliche Gewichtung tritt entscheidend in den Passagen zutage, in welchen beide Texte auf die spiritelli und Riesen verweisen, die den Zug begleiten. Dati zeigt hier abermals wenig Aufmerksamkeit für die Ausstattung des Zuges. Die Nennung des Geister- und Riesentrupps ist bei ihm Teil einer allgemein summarischen Aufzählung: „[…] avendo i detti gonfaloni ispesse volte e la maggior parte d’essi innanzi a sè uomini con giuochi d’onesti sollazzi e belle rappresentazioni con spiritelli con forme di giganti e simili cose.“132
Wohl verweist der Begriff „rappresentazioni“ auf den theatralen Charakter der Darbietungen, jedoch sind hier die spiritelli und giganti neben den voranziehenden Spielmännern und Gauklern nur eine Form von vielen weiteren, unspezifisch als „simili cose“ bezeichneten. Im Gegensatz dazu schildert Vasari den Festablauf kaum, geht jedoch ausführlich auf die Stelzen, Requisiten und Marterwerkzeugattrappen ein, welche die Darsteller benutzten oder mit sich führten. Außerdem hebt er die akrobatischen Leistungen der Beteiligten hervor 133. Für den Verfasser der „Istoria Fiorentina“ scheinen stattdessen primär die sozialkonstitutiven und damit performativen Aspekte des städtischen Festwesens bedeutsam und erinnerungswürdig. So verweist er im Zuge seiner ausführlichen Beschreibung der Florentiner Stadtverwaltung wiederholt auf die Prozessionen, welche die Amtseinführung neuer Ratsmitglieder und den Wechsel der Signoria begleiten, wobei er weder die geschmückte Stadt noch die Kleidung der Beteiligten näher beachtet134. Stattdessen erwähnt Dati die Rede der Rektoren und die Bannerübergabe, die Zeremonie beim Heimwärtszug ausgeschiedener Ratsherren und die begleitenden Bannerträger. Einzig theatrales Detail ist der Hinweis auf die „suoni da festa“, was auf den Einsatz von Trommeln und Blasinstrumenten schließen lässt 135. Zwar werden
132 DATI (1380-1405) 1902, S. 92. 133 Vgl. Kap. 2.2, S. 77. 134 DATI (1380-1405) 1902, S. 149. Zwar ist für die von Dati beschriebene Zeit nicht von ephemeren Festdekorationen all’antica auszugehen und wurden burgundische Formen der ephemeren Dekoration erst ab etwa 1420 in Florenz eingesetzt, doch gehören zumindest der Schmuckbehang an Häusern und Straßenecken sowie das Streuen von Blumen entlang des Weges zu den bereits seit den Anfängen der Republik belegten Ritualen. Ab den 1380er-Jahren kann außerdem von einem verstärkten Zeremoniell ausgegangen werden: vgl. TREXLER 1978, S. 10. 135 „[…] e la mattina che entrano si fa festa a botteghe serrate, e scendono i Signori in sulla ringhiera fuori del Palagio e simile i Rettori, e per loro si fa una bella diceria e a ciascuno è dato il suo gonfalone in mano e incontanente lo piglia uno famiglio in mano e con molti suoni da festa vanno a casa loro accompagnati e onorati da tutto il popolo di Firenze,
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in der weiterführenden Unterrichtung über diverse Ämter der Stadtverwaltung auch die städtischen „araldi“136, sowie die offiziellen „trombetti“, „tromboni“, „pifferi“, „nacchere“137 und „cennamelle“138 genannt, welche, unter genauer Angabe ihres Salärs und ihrer spezifischen Aufgaben, für ihre Leistung zum Ruhme der Stadt gelobt werden. Allerdings fehlen jegliche biografische Angaben zu den jeweiligen Personen139. Datis Aufmerksamkeit gilt somit in erster Linie der städtischen Verwaltungsstruktur sowie dem Aufwand, den die Signoria für die zeremoniellen Teile ihrer Repräsentation aufzubringen bereit ist, und weniger den an der Ausführung theatraler Feste beteiligten Personen. Die „Viten“ wiederum gehen nur in wenigen Randnotizen auf Zahlungs- oder Auftragsmodalitäten ein140. Selbst wenn von den Auftraggebern karnevalesker Maskeraden oder girandole die Rede ist, vermittelt der Text nur en passant ein Bild des städtischen Auftragsgefüges141. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen für Vasari jene künstlerisch-musischen Bestandteile des Festes, die bei Dati nur einen geringen Teil der Erzählung einnehmen oder ganz ausgelassen werden. Derlei Unterschiede in der Behandlung städtischen Brauchtums sind auch im Vergleich zu anderen Geschichtswerken fassbar. So verweist eine Textstelle in Villanis „Nuova Cronica“142 anlässlich des Friedensschlusses im Jahre 1283 auf das Florentiner Johannesfest und die damit betrauten Compagnie: „Nell’anno appresso MCCLXXXIII, del mese di giugno, per la festa di santo Giovanni, essendo la città di Firenze in felice e buono stato di riposo, e tranquillo e pacifico stato, e utile per li
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che tutti gli uomini del gonfalone vanno in compagnia col suo e dietro al suo gonfaloniere, e ciascuno gonfalone ha sotto di sè tre pennoni di quello medesimo segno i quali si danno similmente al Palagio […].“: DATI (1380-1405) 1902, S. 149. Die araldi waren mit der Ausrichtung staatstragender Zeremonien befasst, aber auch für die Unterhaltung des Rates bei offiziellen und inoffiziellen Banketten und Festen zuständig. Nähere Ausführungen zu Stand und Entwicklung dieses ‚Berufszweiges‘ siehe: TREXLER 1978, S. 10-40. Kastagnettenspieler. Zimbelspieler. DATI (1380-1405) 1902, S. 146-147. Beispielsweise wenn sie darauf hindeuten, dass die Ausrichtung städtischer Feste zu den Aufgaben der Parte Guelfa gehörte: VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603; vgl. Kap. 2.2, S. 80. Siehe näher: Kap. 2.2. VILLANI (14. Jh.) 2002. Die Editio princeps von Villanis Chronik erfolgte unvollständig 1537 in Venedig. Die erste komplette Ausgabe datiert auf das Jahr 1559 und wurde in Florenz gedruckt. Es ist generell darauf hinzuweisen, dass die drei Verfasser des Werkes Gio-vanni, Matteo und Filippo Villani, in Stil und Gewichtung wie Auswahl des Materials nicht identisch zu setzen sind: SANSONE 2002, S. 3-5. Etwaige Veränderungen im Umgang mit dem Theater und dem Fest sind daher möglicherweise auf die unter Matteo und Filippo Villani veränderte Zielsetzung und Vorgehensweise zurückzuführen. Dem kann hier allerdings nicht näher nachgegangen werden.
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mercatanti e artefici, e massimamente per gli Guelfi […] si fece nella contrada di Santa Felicita Oltrarno […] una compagnia e brigata di M uomini o più, tutti vestiti di robe bianche, con uno signore detto dell’Amore. Per la qual brigata non s’intendea se non in giuochi, e in sollazzi, e in balli di donne e di cavalieri e d’altri popolani, andando per la terra con trombe e diversi stormenti in gioia e allegrezza, e stando in conviti insieme, in desinari e in cene. La qual corte durò presso a due mesi, e fu la più nobile e nominata che mai fosse nella città di Firenze o in Toscana; alla quale vennero di diverse parti molti gentili uomini di corte e giocolari, e tutti furono ricevuti e proveduti onorevolemente. E nota che ne’ detti tempi la città di Firenze e’ suoi cittadini fu nel più felice stato che mai fosse […].“143
Farbenfroh schildert Villani einen städtischen Corteo d’amore mit all seinen gesellschaftlichen Vergnügungen, bestehend aus Bällen, Spielen, Turnieren und gemeinsamen Mahlzeiten. Dabei rückt er jedoch vor allem die politische Funktion der Cortei d’amore in den Vordergrund und informiert über die entsprechende Kompanie, ihre Aufgaben, ihren Vorstand, die Anzahl ihrer Mitglieder und deren Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Schichten144. Als Stadtchronik ist Villanis Geschichtserzählung im Gegensatz zu Datis Bericht chronologisch nach Jahren gegliedert145. Dies beeinflusst auch das Paradigma, unter
143 VILLANI (14. Jh.) 2002, 8,LXXXIX, S. 326. 144 Zu den Cortei d’amore siehe weiterführend: VENTRONE 2016, S. 4-5. Den „Viten“ nahestehend ist die Textstelle aufgrund der Korrelation, die sie zwischen dem Anlass und einer Periode des Friedens sowie der gesellschaftlichen Harmonie herstellt. Durch die Adjektive „tranquillo“, „pacifico“ und „felice“ ist dieser Zustand als Goldene Zeit gekennzeichnet, die das Florieren festlichen Brauchtums und gesellschaftlichen Vergnügens ermöglichte. Damit steht Villanis Äußerung durchaus in der Tradition des literarischen Städtelobs. Wie Vasari so verknüpft aber auch er die ‚goldenen Zustände‘ mit einer zeitlichen Komponente: Eine klar umrissene Periode des Jahres 1283 ist für Villani ausschlaggebend für die fruchtbare Verbindung von städtischer Fröhlichkeit und theatraler Gestaltung. Friedvolle Verhältnisse sind in der „Nuova Cronica“ mehrfach als Voraussetzungen für Festlichkeiten angegeben, so beispielsweise auch für die regelmäßig stattfindenden Festa di Calendimaggio, wobei die ephemere Ausstattung der cortei abermals nur am Rande Erwähnung findet: „Della sopradetta vittoria la città di Firenze esaltò molto, e venne in felice e buono stato, il migliore ch’ella avesse avuto infino a quelli tempi; e crebbe molto di genti e di ricchezze […]. E per allegrezza e buono stato ogni anno per calen di maggio si faceano le brigate e compagnie di genti giovani vestiti di nuovo, e facendo corti coperte di zendadi e di drappi, e chiuse di legname in più parti della città; e simile di donne e di pulcelle, andando per la terra ballando con ordine, e signore accoppiati, cogli stormenti e colle ghirlande di fiori in capo, stando in giuochi e in allegrezze, e in desinari e cene.“: VILLANI (14. Jh.) 2002, 8,CXXXII, S. 355. 145 Zur Stadtchronik im ausgehenden Mittelalter siehe weiter: JOHANEK 1987; spezifisch Italien: BRATU (2006) 2016. Des Weiteren: „Chronik“, in: LEXIKON DES MITTELALTERS 1983, Bd. II, Sp. 1955-2026. Zwar beginnt die „Nuova Cronica“ mit dem Turmbau zu Babel und hat daher zunächst universalhistorische Züge, später verlegt sie den Fokus
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dem der Verfasser theatrale und festliche Anlässe in seine historiografische Schilderung einbezieht. Erwähnt werden religiöse Feste und gesellschaftliche Bräuche vor allem dann, wenn der Einbezug durch ein besonderes Ereignis oder eine Veränderung im Festablauf einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Historie klar zuzuordnen ist. So findet das San Giovanni-Fest mehrfach im Zusammenhang mit einem besonderen Vorfall Erwähnung, der sich jeweils im entsprechenden Jahr ereignet habe: „E poi apresso agiunsono di mali segni, che.lla mattina di san Giovanni essendo uno grande e ricco cero in su uno carroccio fatto per li signori della moneta per offerere a san Giovanni, si stravolse sprovedutamente con tutto il carro, e cadde in su’ gradi della porta de’ priori, e tutto si spezzò; e bene fu segno dovea cadere la moneta de’ Fiorentini e rompere quelli che .lla guidavano, come seguì apresso poco tempo con gran danno de’ Fiorentini. Quella mattina in San Giovanni cadde uno palchetto, che v’era fatto di costa dal coro, dov’erano su tutti i cantori cherici ch’uficiavano e molti se ne magagnaro delle persone.“146
Der normale Festverlauf wird hier offensichtlich als bekannt und damit unerheblich im Sinne einer Chronik vorausgesetzt. Alles, was diesen Ritus jedoch beeinträchtigt, stört oder verändert, verdient die Aufmerksamkeit des Chronisten. Demnach werden für das Jahr 1340 nur der Umsturz des Cero della Moneta147 und der Zusammenbruch der Sängerempore, bei dem viele Menschen verletzt worden seien, memoriert. Als ‚unheilvolle Vorzeichen‘ hätten sie bereits auf die folgende Finanzkrise in der Stadt verwiesen. Da Villanis Chronik – wie auch die „Viten“ – am Prinzip von Geschichte als magistra vitae ausgerichtet ist148, dient der Einbezug unglücklicher Zwischenfälle und das Herausstellen ihres vorausweisenden Charakters nicht zuletzt dazu, historische Kausalzusammenhänge zu konstruieren und sie als Lehren für die Zukunft aufzubereiten. Ebenso verhält es sich bei einer Schilderung der Festa di Calendimaggio, deren Überschrift bereits den Konnex zum Themenfeld der Stadtchronik betont: „Come cadde il ponte alla Carraia, e morivvi molta gente“149. Villani rekurriert hier auf den katastrophalen Einsturz der Carraiabrücke im Jahr 1304, ein Unglück, das auch in die Buffalmacco-Biografie der „Viten“ Eingang gefunden hat150.
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jedoch klar auf Florenz als Mittelpunkt des Geschehens. Zu den Adressaten der Chronik siehe weiterführend auch: RAGONE 1998, S. 177-211. VILLANI (14. Jh.) 2002, 12,CXIV, S. 878. Wagen der sogenannten Zecca (Münzprägestelle) und das prestigeträchtigste Gefährt beim San Giovanni-Fest, näher siehe: PIROLO 1997, v.a. S. 85-86. BARBERO 2005, S. 18. Zur magistra vitae in den „Viten“ mit weiteren Anmerkungen siehe: Kap. 2.2, S. 93-96. VILLANI (14. Jh.) 2002, 9,LXX, S. 429. VASARI: Vita di Buonamico Buffalmacco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 170. Außer den „Viten“ und Villani erwähnen diesen besonderen Vorfall mitunter ausführlicher auch Paolino Piero, Marchionne di Coppo Stefani, Antonio Pucci und Cino Rinuccini, zitiert und besprochen bei: VENTRONE 2016, S. 14-18. Für die Übernahme des Datums aus Villani vgl. LÖHR 2015, S. 234-235 Anm. 27.
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Aufgrund dieser Übereinstimmung eignet sich die Textstelle in besonderem Maße für einen Vergleich der beiden Werke. So ist die anschließende Schilderung in der „Nuova Cronica“ besonders ausführlich und bezieht in diesem Fall ausnahmsweise zahlreiche Details der szenischen Präsentation mit ein: „[…] per lo calen di maggio MCCCIIII, come al buono tempo passato del tranquillo e buono stato di Firenze, s’usavano le compagnie e brigate di sollazzi per la cittade, per fare allegrezza e festa, si rinnovarono e fecionsene in più parti de la città […] e ordinarono in Arno sopra barche e navicelle palchi, e fecionvi la somiglianza e figura dello ’nferno con fuochi e altre pene e martori, e uomini contrafatti a demonia, orriboli a vedere, e altri i quali aveano figure d’anime ignude, che pareano persone, e mettevangli in quegli diversi tormenti con grandissime grida, e strida, e tempesta, la quale parea idiosa e spaventevole a udire e a vedere; e per lo nuovo giuoco vi trassono a vedere molti cittadini; e ’l ponte alla Carraia, il quale era allora di legname da pila a pila, si caricò sì di gente che rovinò in più parti, e cadde colla gente che v’era suso; onde molte genti vi morirono e annegarono, e molti se ne guastarono le persone, sì che il giuoco da beffe avenne col vero, e com’era ito il bando, molti n’andarono per morte a sapere novelle dell’altro mondo, con grande pianto e dolore a tutta la cittade […] e fu questo segno del futuro danno che in corto tempo dovea venire a la nostra cittade per lo soperchio delle peccata de’ cittadini […].“151
Es ist auffallend, wie weit der Bericht über den im Titel angekündigten Vorfall hinausgeht, wie eindringlich und lautmalerisch er zunächst die dargebotene rappresentazione des Inferno, die Kostüme der Darsteller sowie die pyrotechnischen und akustischen Effekte und die beängstigende Wirkung des Schauspiels beschreibt. Einige Figuren stellen mit grässlichen Masken verschiedene Dämonen dar, welche die nackten ‚armen Sünder‘ unter großem Getöse und begleitet von lautem Wehklagen schlimmsten Foltern unterziehen. Der Einsturz der Carraiabrücke bietet hier also gleichsam den Anlass zu umfassenderen Schilderungen des Festes und seiner theatralen Formen. Dabei findet Buffalmacco als ausführender Künstler bei Villani keine Erwähnung. Dessen Chronik kümmert sich nicht um Einzelschicksale, sondern stärker um die Folgen des Unfalls für die gesamte Stadt. Erneut bringt sie den Vorfall in einen größeren kosmischen Zusammenhang, als prophetisches Zeichen eines nahenden größeren Unheils. Freilich ist die Schilderung der Inferno-Vorführung mit ihrer eindringlichen Vermittlung der vorgestellten Höllenqualen auch als Stilmittel eingesetzt. Schein und Realität werden dadurch in ein Spannungsverhältnis zueinander gestellt, und der Spielcharakter des theatralen Spektakels wird mit dem tatsächlich infernalen Unglück wirkungsvoll kontrastiert. Hauptsächlich deswegen und nicht um ihrer selbst willen werden die zusätzlichen Informationen inkludiert. Eigenartigerweise spart Vasaris Buffalmacco-Vita allerdings die bei Villani erwähnten szenischen und ausstatterischen Details vollständig aus. Sie streift die Darstellung nur in einem Nebensatz als „macchina che in Arno sopra le barche rappre-
151 VILLANI (14. Jh.) 2002, 9,LXX, S. 429.
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sentava l’inferno“152 und konzentriert sich ansonsten ausschließlich auf den Künstler, der zum Zeitpunkt des Unglückes nicht auf der Brücke war und daher unverletzt blieb153. Augenscheinlich liegt an dieser Stelle Vasaris Hauptaugenmerk weniger auf dem Wirken des Künstlers als vielmehr auf seiner glücklichen Errettung. Darin, dass sie das theatrale Ereignis nur im Konnex einer konkreten Begebenheit beleuchtet, ähnelt die Vita der üblichen Geschichtsschreibung. Die Gründe für diese ungewöhnliche Vorgehensweise sind allenfalls spekulativ, zumal Villanis Ausführungen dem Vitenautor nachweislich bekannt waren. Möglicherweise sollte durch diese Auslassung der ‚Beginn‘ aufwändiger und kunstvoller Theaterdekoration und szenischer Präsentation bewusst gerade nicht in der ersten sondern in der zweiten Vitenepoche, in Filippo Brunelleschis Biografie verortet werden – eine Entscheidung, deren Bedeutung für die Ausrichtung des Gesamtwerkes an anderer Stelle zu erörtern sein wird154. Abgesehen von dieser signifikanten Ausnahme jedoch gilt auch im Vergleich mit der „Nuova Cronica“, was bereits im Unterschied zu Gregorio Dati festgestellt werden konnte: Während sich Villanis Geschichtswerk primär auf die zeremoniellen und performativen Aspekte städtischen Festwesens konzentriert, heben die „Viten“ deren theatrale Bestandteile hervor und legen den Fokus auf den ‚artifiziellen‘ Anteil in Form von Dekoration, szenischer Umsetzung, Musik und Akrobatik. Gleiches gilt für den Vergleich mit Matteo di Marco Palmieris „Annales“. Diese unterscheiden sich als privates Tagebuch zwar insofern von der ‚offiziellen‘155 Geschichtsschreibung, als sie eine persönliche Sicht auf die erzählten Begebenheiten vertreten, doch orientieren sie sich in Form und Struktur an gängigen historiografischen Vorbildern156. So begründet auch Palmieri seinen Bericht über das San Gio-
152 VASARI: Vita di Buonamico Buffalmacco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 170. 153 VASARI: Vita di Buonamico Buffalmacco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 170. Wie Ventrone nachgewiesen hat, ist die Zuschreibung der Ausstattung an Buffalmacco zwar singulär in den Quellen, würde aber, falls zutreffend, einige Koinzidenzen zwischen Pulcis Beschreibung der Ausstattung und den ikonografischen Neuerungen erklären, die in Buffalmaccos Fresko des „Inferno“ im Baptisterium von Pisa (1336-1340) erstmals auftreten: VENTRONE 2016, S. 20-22. Es ist allerdings genauso gut möglich, dass Vasari gerade umgekehrt durch das dramatische Fresko Buffalmaccos dazu angeregt wurde, dem Künstler auch die szenische Ausstattung der Festa di Calendimaggio des Jahres 1304 zuzuschreiben, was den Einbezug des Vorfalls in seine Künstlerbiografien erst ermöglichte. 154 Siehe Kap. 4.3, S. 302-304. 155 Die Bezeichnung ‚offiziell‘ sei hier nicht im Sinne eines klaren staatlichen Auftrages missverstanden, der auch für Villanis „Cronica“ nie existiert hat. Inwiefern dem Werk aber dennoch ein ‚öffentlicherer‘ Charakter anhaftet als den privaten Diarii, siehe näher: BARBERO 2005, S. 13-17, S. 18-22; GEBHARD 2009, S. 78. 156 Für Palmieris „Annales“ gilt dies in besonderem Maße, da das Werk eine Ergänzung zu dessen berühmter Stadtchronik „Liber de Temporibus“ darstellt und ihr in Form, Stil und Gewichtung durchaus nahesteht. Ab circa 1432 begonnen, referieren die „Annales“, über
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vanni-Fest des Jahres 1454 zunächst mit einer signifikanten Veränderung im Ablauf: „Per San Giovanni 1454 si mutò forma di festa […].“157 Im Folgenden beschreibt er kleinschrittig sowohl die bis dato gültige Reihenfolge der Festivitäten als auch den neuen Ablauf, inklusive Inhalt und Wagenfolge bei der wichtigsten Prozession am Morgen des Johannestages158. Die Details werden größtenteils nüchtern wiedergegeben. Lediglich die Kostüme der die Wagen begleitenden Knaben werden als „vestiti di bianco e agnoletti“159 spezifiziert. Weitere Verweise auf die Dekoration und den Aufbau der einzelnen „edifizi“160 oder nuvole fehlen. Aus der nüchternen Aufzählung Palmieris herausgehoben ist lediglich ein tumultartiger Zwischenfall, der in aller Breite und sogar unter Verwendung wörtlicher Rede erzählt wird: Als der Wagen Oktavians auf der Piazza Signoria ankam und gerade mit der rappresentazione begonnen werden sollte, sei ein Deutscher vorgesprungen und habe nach dem Kaiser gefragt. Die Zuschauer, die dachten, der Einwurf gehöre zum Programm, hätten pflichtgemäß geantwortet, woraufhin der Fremde auf den Wagen gesprungen sei, dessen Dekoration zerstört sowie den Darsteller Oktavians in die Menge geworfen habe. Nur mit Mühe habe man den Störenfried schließlich überwältigen und Schlimmeres verhindern können. Im Anschluss an diesen Einwurf wird die Auflistung der Wagenfolge ungerührt fortgeführt161. Die Anekdote führt abermals vor Augen, unter welchen Gesichtspunkten das Fest in Palmieris Annalen einbezogen wird: Wieder ist nicht der Brauch an sich erin-
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den „Liber de Temporibus“ hinausgehend, die Begebenheiten der Jahre 1429 bis 1474. Dabei wechselt der Text zwischen lateinischer und italienischer Sprache: Scaramella: Einleitung, in: PALMIERI (1454) 1906, S. XXVI-XXXVII. PALMIERI (1454) 1906, S. 172-173. Als festaiolo des San Giovanni-Festes von 1454 konnte Palmieri über die vorgenommenen Änderungen natürlich aus erster Hand berichten und hat sie sicherlich auch zur memoria der eigenen Taten in seine „Annales“ integriert: zu Palmieri als festaiolo siehe: VENTRONE 2016, S. 192. PALMIERI (1454) 1906, S. 172-173. Aus seinen Schilderungen geht hervor, dass die nuvole 1454 über lebende Bilder eine simultan-sukzessive Erzählung der Universalgeschichte nach heilsgeschichtlichem Muster vor den Zuschauern entfalteten: vom Sturz Luzifers über die Erschaffung des Adam, die Vertreibung aus dem Paradies und die Offenbarung der zehn Gebote an Moses, bis hin zur Verkündigung an Maria, zum Wagen Oktavians und der tiburtinischen Sibylle, sowie zu den Stationen des Lebens Christi von der Geburt bis zur Auferstehung. Kreuztod und Grablegung werden ausgelassen, da sie sich, wie Palmieri anmerkt, nicht für ‚festliche‘ Darstellungen eigneten. „In piazza“ angekommen, führen die einzelnen Wagen ihre jeweilige „rappresentazione“ vor: PALMIERI (1454) 1906, S. 172-173. PALMIERI (1454) 1906, S. 172. Der Begriff wird bei Palmieri stellvertretend für carro oder cero verwendet: „L’edificio di san Michele Agnolo, al quale soprastava Iddio padre in una nugola […].“: PALMIERI (1454) 1906, S. 172. Interessant ist die Unterscheidung zwischen „edifizio“ und nuvola. PALMIERI (1454) 1906, S. 173.
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nerungswürdig, sondern gerade die besonderen Vorkommnisse im rituell festgelegten Ablauf verdienen einen Platz in der Geschichtserzählung162. Diese Maßgaben für den Einbezug theatralen Brauchtums in die Florentiner Stadtgeschichte – Konzentration auf soziale Bedingungen und Implikationen sowie Konnex mit bedeutenden, die Regel durchbrechenden Ereignissen – ändern sich auch in den Geschichtserzählungen des 16. Jahrhunderts nur marginal. So nimmt Luca Landuccis „Diario Fiorentino“ auf die Festa di San Giovanni ausschließlich Bezug, um besondere Vorfälle zu memorieren oder amtlich bestimmte Veränderungen anzuzeigen, wie den Wegfall der regulären Vergnügungen unter der Herrschaft Savonarolas: „E a dì 24 detto, non si fece festa veruna se none la procissione e l’oferta di San Giovanni.“163 Auch die „Istorie Fiorentine“ Niccolò Machiavellis setzten in Auswahl und Gewichtung theatraler Bräuche ähnliche Prämissen wie ihre Vorgängertexte. Zwar kommt Machiavelli auf das Florentiner Konzil von 1439 zu sprechen, er erwähnt dabei jedoch die brunelleschianischen ingegni mit keinem Wort164. Offenbar ist es ihm lediglich ein Anliegen, auf die erzielte Einigung der Kirchen hinzuweisen, während die in diesem Zuge stattfindenden Feierlichkeiten letztendlich ohne Belang sind. Eine sacra rappresentazione findet nur im Zusammenhang mit einem Brand in Santo Spirito Beachtung, der dort im Jahre 1471 im Anschluss an eine Aufführung des Pfingstwunders ausgebrochen war. Im Zuge dessen überliefert Machiavelli auch ein theaterhistorisches Detail: „[…] che sendo il tempo quadragesimale, nel quale la Chiesa comanda che sanza mangiar carne si digiuni, quella sua corte [duca di Milano], sanza rispetto della Chiesa o di Dio, tutta di carne si cibava. E perché si fecero molti spettacoli per onorarlo, intra i quali nel tempio di San Spirito si rappresentò la concessione dello Spirito Santo agli Apostoli, e perché, per molti fuochi che in simile solennità si fanno quel tempio tutto arse, fu creduto da molti, Dio indegnato contra di noi avere voluto della sua ira dimostrare quel segno.“165
Beiläufig nennt der Autor hier den Titel einer kirchlichen Aufführung und die damit regulär in Verbindung stehenden pyrotechnischen Effekte. Allerding ist das Ereignis nicht für sich allein genommen Gegenstand der Erzählung. Der Ausdruck „che in simile sollenità si fanno“ könnte nicht allgemeiner gehalten sein und steht in keinem Verhältnis zu den detaillierten Schilderungen pyrotechnischer Mechanik in Vasaris
162 Vor diesem Hintergrund ist indes der Schlusssatz der Textstelle bemerkenswert, der die San Giovanni-Prozession dieses bestimmten Jahres im Kontext weiterer und alljährlich gebräuchlicher religiöser Feste verortet und hierbei jeweils wie beiläufig genaue Angaben zu Anlass und Datum hinterlässt: „E fu questo anno messa in mezo questa festa dalle solennità del corpo di Xristo, che furono, a dì 20 le festa di detto corpo di Xristo, e a dì 25 el dì di sancto Lo la festa del miracolo di sancto Ambruogio, la quale si celebra per l’Università dell’Arte de notai.“: PALMIERI (1454) 1906, S. 174. 163 LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 133. 164 MACHIAVELLI (1532) 1905, V,16, S. 244-245. 165 MACHIAVELLI (1532) 1905, VII,28, S. 367.
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Tribolo-Vita, zu der umfassenden Nennung diverser religiöser Stadtfeste in Ceccas Biografie oder zur ausführlichen Beschreibung kirchlicher Vorführungen in Brunelleschis Lebensbeschreibung. Grund für die Aufnahme der Vorführung in Machiavellis stadtgeschichtliche Erzählung ist vielmehr ausschließlich die Feuersbrunst, die, ganz im Zeichen chronikaler Berichterstattung, als Strafe Gottes für die versäumte Einhaltung der Fastenzeit durch das Gefolge des Mailänder Herzogs und die Ausschweifungen der Florentiner Jugend gewertet wird 166. Obschon Benedetto Varchis „Istoria Fiorentina“, die ab etwa 1546 im Auftrag Cosimos I. entstand167, einen vom Autor direkt ausgewiesenen breiteren kulturellen Ansatz verfolgt168, bleibt auch dieses Werk hinsichtlich des religiösen Brauchtums der bereits etablierten Vorgehensweise verhaftet. So wird auf die Festa di San Giovanni wieder nur deshalb Bezug genommen, weil das Fest unter dem Reformprediger Savonarola von vormals hedonistischem Vergnügen zur wahrhaft frommen Zeremonie verändert worden sei: „La mattina di San Giovanni, giorno solenne e solennità principale della città […] in vece di ceri e di paliotti e degli spiritelli, e d’altre feste e badalucchi che in tal giorno a’buon tempi, parte per devozione, e parte per ispasso de’ popoli, si solevano fare, si fece una bella e molto divota processione; conciossiacosachè tutti i Signori vestiti di bruno, con tutti i magistrati e le capitudini si comunicarono insieme, e ciascuno era scalzo, e portava una falcola accesa in mano: dinanzi era il crocefisso di San Pier del Murrone, la tavola di Santa Maria Impruneta e quella di Santa Maria Premerana, la testa di San Zanobi, il braccio di San Filippo e altre reliquie; e per bando espresso pubblico fu proibito, che nessuna donna di qualunque stato, grado o condizione si fosse, potesse andare, quella mattina, in Santa Maria del Fiore, nè in San Giovanni, nè
166 Auf das gleiche Ereignis hatte unter ähnlichen Vorzeichen übrigens auch Palmieri rekurriert, der allerdings – unter Auslassung der pyrotechnischen Details und ohne himmlische Mächte zu bemühen – detaillierter auf die Brandursache eingegangen war und umfassender die Schäden beschrieb. „Die XXJa martii, […] ecclesia Sancti Spiritus trans Arnum penitus combusta est, exustis solum menibus relictis. Causa fuit, quia ad honorem Ducis representationem Christi emittentis Spiritum Sanctum in discipulos simulantes, multos ignitos radios proiecerunt et lucernas insuper multas incederunt, que, neglegentia curatorum non penitus extincte, sequenti nocte tale incendium emiserunt, adeo ut lignorum nihil penitus remaneret.“: PALMIERI (1454) 1906, S. 191. 167 PICQUET 2011, S. 226-227. Die „Istoria Fiorentina“ wurde zwar erst 1721 erstmals gedruckt, hat sich aber in insgesamt 64 Abschriften erhalten, davon neun Autografen: PICQUET 2011, S. 228. 168 So gibt Varchi an, möglichst umfassend auch auf Kleidung, Bräuche und Sitten eingehen zu wollen, die alltäglich und ephemer und daher am Ehesten vom baldigen Vergessen bedroht seien: „[…] ricordisi l’intendimento nostro non essere di voler scrivere solamente a’ Fiorentini, nè per quegli soli che al presente vivono; per non dir nulla che le cose notissime, mentre che nessuno, pensando che debbiano essere notissime sempre, e perchè non arrecano gloria a chi le descrive, non ne fa menzione alcuna, divengono col tempo più incognite di tutte l’altre, come si vede nell’erbe, nelle monete e negli abiti così de’ Greci, come de’ Romani […].“: VARCHI (um 1560) 1858, IX,28, Bd. II, S. 38.
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dietro alla processione; sopra la quale erano suti deputati alla Pratica nel consiglio degli Ottanta, questi sei cittadini, a’ ventuno di giugno […].“169
Wie bereits Palmieri, so beschreibt auch Varchi im Zuge der Änderungsvermerke zunächst die bisherigen Gepflogenheiten und nennt dabei ceri, paliotti und spiritelli sowie den üblicherweise vergnüglichen Charakter des Festes. Anschließend werden die Veränderungen zu diesem ‚normalen‘ Verlauf bis in die Details der in der Prozession getragenen Reliquien und Kleidervorschriften hinein aufgelistet. Abermals verzichtet der Autor jedoch, sowohl hinsichtlich des bisher Gebräuchlichen als auch in Bezug auf das neue Prozedere, auf jegliche Angaben zur ephemeren Ausstattung oder kritische Wertungen für deren Kunstfertigkeit. Nur im Hinblick auf städtische Compagnie und ihre Aufgaben für profane Karnevalsfeierlichkeiten zeigt Varchis Geschichtswerk ein etwas anderes Bild. In einer langen Passage referiert der Verfasser ausführlich über städtisch-bürgerliche Vereinigungen und Laienbruderschaften. Dabei unterscheidet er verschiedene Arten von Gruppierungen und gewährt jeweils Einblick in Aufgaben und Organisation der Bruderschaften. Eingebettet in eine Beschreibung der Stadt Florenz steht der Passus nun nicht in Verbindung mit einem bestimmten Vorfall, sondern erscheint für sich allein genommen als erinnerungswürdig: „Sono in Firenze settantatrè ragunanze chiamate compagnie, le quali si dividono principalmente in due parti, perciocchè alcune sono di fanciulli e alcune d’uomini fatti; quelle de’ fanciulli, che si ragunano ogni domenica e tutti i giorni delle feste comandate a cantare il vespro e altri divini offizi sotto il lor guardiano e correttore, sono nove, le quali per San Giovanni e per altre solennità vanno tutte quante insieme col chericato a processione. Quelle degli uomini sono di quattro maniere, perciò che alcune si chiamano compagnie di stendardo, e queste attendono più tosto a rallegrare sè ad altrui, che al culto divino, le quali sono quattordici; alcune altre perchè dopo i sacri uffizi si dánno la disciplina, si chiamano compagnie di disciplina, le quali vanno anch’esse per le solennità alle processioni, accompagnano i loro fratelli morti alla sepoltura, e fanno altre opere pie e caritativi uffizi; e queste sono trentotto, le quali si chiamano ancora fraternite, ed in elle sono uomini nobili e ignobili d’ogni ragione. Le quarte più segrete e più devote dell’altre, perchè ordinariamente non si ragunano se non il sabato e di notte, si chiamano compagnie di notte, e sono quattro. Le quinte ed ultime, le quali sono ancora più segrete e più divote dell’altre, perchè ordinariamente non si ragunano, e nelle quali per lo più non sono se non uomini nobili, si chiamano Buche; e queste sono otto. Evvi eziandio la memorabile compagnia del Tempio chiamata de’ Neri: gli uomini della quale, dato che s’è il comandamento dell’anima ad alcuno che deve esser giustiziato, vanno a confortarlo tutta la notte, e il dì l’accompagnano a uso di battuti, colla tavoluccia in mano, sempre confortandolo e raccomandandogli l’anima infino a l’estremo punto.“170
Varchis Bericht ist an dieser Stelle deutlich detailreicher und systematischer als Vasaris Äußerungen zu bürgerlichen Vereinigungen in den Biografien von Pontormo, Lappoli, Battista Franco oder Giovanfrancesco Rustici. Er vermittelt, neben einem
169 VARCHI (um 1560) 1858, XI,67, Bd. II, S. 273-274. 170 VARCHI (um 1560) 1858, IX,36, Bd. II, S. 73-74.
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Hinweis auf Vereinigungen der Florentiner Knaben, eine generelle Klassifizierung vierer verschiedener Arten von Compagnie für Erwachsene sowie deren Nomenklatur und ihre Unterschiede. Außerdem hierarchisiert er die Bruderschaften in einer Rangfolge, die von öffentlich, frei zugänglich und primär dem Vergnügen zugewandt bis zu geheim, nobel und karitativ reicht. Dagegen sind die Verweise der „Viten“ vereinzelt und auf spezielle, namentlich genannte Compagnie beschränkt. Diese dürften zudem allesamt der ersten und zweiten Gattung in Varchis Auflistung angehört haben. Während aber bei Vasari die verschiedenen Hinweise auf Compagnie und ihre Mitglieder weitere Beschreibungen theatraler Festivitäten und Aufführungen einleiten, sind bei Varchi die Organisationen selbst und ihre Unterscheidungsmerkmale Hauptgegenstand der Erzählung. Auf konkrete intratenimenti geht er nicht ein. Zwar wollen somit beide Autoren, im Sinne der memoria, der Nachwelt auch vergängliche Dinge überliefern, die über große Ereignisse und Taten hinaus ins breite Feld des gesellschaftlichen Lebens hineinführen, doch setzen sie dabei abermals unterschiedliche Schwerpunkte. In den „Viten“ geht es darum, ein Bild kunstvoll überhöhter und theatral gestalteter Festlichkeit zu vermitteln, bei Varchi letztlich wieder nur um administrative und organisatorische Aspekte sowie um das dem Festwesen zugrunde liegende soziale Gefüge, seine Merkmale und seine Aufgaben. Dass Varchis Geschichtserzählung, was theatrales Brauchtum angeht, stark an die etablierten Schemata historiografischer Berichterstattung rückgebunden ist, zeigt sich außerdem an einer Stelle, an welcher karnevaleske Bräuche an sich Gegenstand der „Istoria Fiorentina“ sind. Behandelt wird der Brauch des sogenannten Pallone, den Jugendliche von alters her zur Karnevalszeit betrieben, und der nicht allen Passanten Vergnügen bereite: „Era anticamente usanza in Firenze […], che l’anno nei giorni del carnevale, per interrompere i continui ragionamenti delle faccende mercantili, e l’asiduo lavorar degli artefici, e dare agli uomini qualche riposo, acciocchè in quei giorni e’ potessero rallegrarsi insieme alquanto e festeggiare un poco, che i giovani, e massimamente nobili, uscissero fuori travestiti con un gran Pallone gonfiato innanzi, e venissero in Mercato Vecchio, ed in tutti que’ luoghi dove sono le botteghe e traffichi de’ mercatanti e degli artefici, e quivi dando a quel pallone, e mescolandosi con gli altri cittadini, e traendo loro addosso il pallone e cercando di metterlo per le botteghe, le facessero serrare, e finire in quella maniera le faccende per que’ pochi giorni. Questa usanza de’ Fiorentini, la quale se non era da lodare, non era perciò del tutto anche da biasimare, cominciò […] a peggiorare; e dove questi travestiti non facevano altro che dare col Pallone a chiunche eglino trovavano per le vie e per le piazze, e mescolarsi cogli altri senza fare oltraggio alcuno a persona; ed in Mercato Nuovo far talora un cerchio di loro, e spartirsi, e far quivi una partita al calcio; cominciarono di poi a uscir fuori quando pioveva e che i rigagnoli correvano, e le vie erano piene di fango e di mota, gittandosi per l’aqua e per la broda, non solamente dar col Pallone a cui eglino trovavano, ma ancora con istracci e panni tuffati nell’ acqua, nel fango e in ogn’altra bruttura, dar nel viso, o in quella parte della persona ch’eglino potevano […]. Onde ancor oggi dura questa usanza, che l’anno del carnovale, e massimamente il giorno dopo desinare, perciocchè il più delle volte il Pallone esce fuori intorno alle ventidue ore, le botteghe non s’aprono se non a sportello, e acciocchè gli uomini siano a tempo a serrarle del tutto […] vanno i trombetti sonando le trombe per piazza […]; e in tanto crebbe questa veramente barbara e sporca usanza, che non solamente questi travestiti imbrattavano qualunche eglino trovavano per
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le vie e per le piazze, ma cominciarono ancora a perseguitare e imbrattare infin per le chiese e appresso gli altari coloro che gli erano fuggiti per iscampare da quel bestial furore del Pallone.“171
Zunächst beschreibt Varchi den ursprünglichen Brauch und betont, dass die nach altem Ritual nicht zu verurteilende Sitte, während des Karnevals mit einem großen Ball zum Spaß auf Passanten zu werfen, vor allem von den nobili gepflegt worden sei, um das tägliche Geschäftetreiben zu unterbrechen. Dann jedoch beklagt der Autor die Verrohung der gegenwärtigen Sitten: Die Jugendlichen suhlten sich im Schmutz und trieben den Unsinn so weit, dass sie brave Bürger bis in die Kirchen verfolgten und Geschäfte geschlossen werden müssten, um Schaden an Kunden und Inventar zu vermeiden. Die hier aufgezeigte Entwicklung ist also gegenläufig zur Argumentation der „Viten“. Während jene die eigene Gegenwart verherrlichen und zu einem Zeitalter verfeinerter und künstlerisch überhöhter Lebensart stilisieren, weist Varchi vielmehr auf gegenwärtige ‚Barbarisierungen‘ hin172. Er beschreibt auch kein festlich-theatrales Ereignis, sondern eine (Un-)Sitte karnevalesk-volkstümlichen Treibens. So gleicht seine Erzählung eher einem Genrebild in der Tradition mittelalterlicher Stadtbeschreibungen denn einem Lob auf künstlerische Höchstleistungen. Ausschlaggebend für den Einbezug ist übrigens abermals eine konkrete Begebenheit: die verheerenden Ausschreitungen des Jahres 1532, die zahlreiche noble junge Männer und ihre Familien in Schmach und Schande stürzten173. Die Vergleiche hinsichtlich des religiösen und rituell-festlichen Brauchtums verdeutlichen, wie sich die „Viten“ auch von zeitgenössischen Geschichtswerken durch ihre Konzentration auf das Künstlerische und Technische am Fest- und Theaterwesen abheben. Allgemeine Informationen zum Brauchtum, amtliche Voraussetzungen und Strukturen sowie Anekdoten, die in den ausführlichen Beschreibungen Datis, Palmieris, Villanis, Varchis und Machiavellis das Hauptaugenmerk erhalten, werden in die „Viten“ zunächst nur vereinzelt und mit dem apologetischen Verweis auf ihre memoria aufgenommen. Diese Begrenzung verliert sich, wie gezeigt 174, in der dritten Vitenepoche zunehmend und gibt Exkursen Raum, die immer tiefer auch in die gesellschaftlich-politische Dimension der Formen eindringen und weitere historische Einzelheiten rund um die beschriebenen Festlichkeiten erwähnen. Im Zuge dessen schweifen die „Viten“ häufig vom Werk und Leben des behandelten Künstlers ab und überschreiten mitunter auch den Gegenstandsbereich der arti del disegno. Der Abgleich führt jedoch vor Augen, dass sie dabei dennoch weitestgehend auf den kreativen Teil des Festwesens fokussiert bleiben. Wo die Geschichtswerke des 14. bis 16. Jahrhunderts soziale Strukturen, Sitten oder Unsitten, den Reichtum an Roben und Schmuck sowie besondere Vorkommnisse und performative Aspekte in den
171 VARCHI (um 1560) 1858, XIII,14, Bd. III, S. 13-14. 172 Im Gegensatz zu den „Viten“ ist der „Istoria Fiorentina“ Varchis generell eine gegenwartspessimistische Sicht inhärent. Er fasst die eigene Zeit als im Niedergang befindlich auf: PICQUET 2011, S. 227. 173 VARCHI (um 1560) 1858, XIII,14, Bd. III, S. 15. 174 Vgl. Kap. 2.2.
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Vordergrund stellen, betonen die „Viten“ die Kunstfertigkeit der ephemeren Ausstattung, den synästhetischen Eindruck der gesamtszenischen Präsentation, die Qualität von Musik, Text und Thema sowie die Theatralität der Vorführungen. So zeichnen sie das Bild einer nach kunstvollen Maßstäben gestalteten Festlichkeit, gegenüber welcher der organisatorische und administrative Aufwand nur geringe Beachtung erfährt. Von sekundärem Interesse sind für Vasari, durchaus im Gegensatz zu seinen Vorgängern175, außerdem populäre Lustbarkeiten. Auf Turniere, Schaukämpfe und Fußballspiele wird nur vereinzelt hingewiesen, und auch dann nur um die ‚Kunstfertigkeit‘ der Akteure zu loben oder eine herausragende Form als Florentiner Eigenschöpfung zu kennzeichnen176. Zwischen Zeremoniell und ephemerer Ausstattung: Staatsbesuche, Hochzeiten und Krönungsfeiern bei Villani, Palmieri, Landucci, Machiavelli und Varchi
Während bezüglich der Berichterstattung über religiöses und profanes städtisches Brauchtum in der Stadtgeschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts noch keine nennenswerten Veränderungen gegenüber ihren Vorläufern aus dem 14. und 15. Jahrhundert erkennbar sind, ist in Bezug auf politische Festanlässe und Staatsbesuche eine gewisse Entwicklung auszumachen. Noch Villanis „Nuova Cronica“ verzeichnet politische Feste häufig nur sehr allgemein. Oft genügt ein Nebensatz, der betreffende Staatsgast sei mit dem ‚erforderlichen‘ Aufwand empfangen worden: „[…] e da’ Fiorentini gli fu fatto grande onore, e armeggiata, e presenti grandi di moneta […].“177 Auch wo ausführlicher auf die Festlichkeiten verwiesen wird, steht vornehmlich das Zeremoniell im Vordergrund, und nur allgemein werden solennità und „allegrezza“ des Festes gewürdigt178, so auch bei der Kaiserkrönung Ludwigs des Bayern 1327/28 in Rom: „Nel detto anno MCCCXXVII […] Lodovico duca di Baviera eletto re de’ Romani fu coronato a Santo Pietro di Roma con grandissimo onore e trionfo […] armeggiandogli innanzi IIII Romani per rione con bandiere, coverti di zendado i loro cavagli, e molta altra gente forestiera, essendo le vie tutte spazzate e piene di mortella e d’alloro, e di sopra a ciascuna casa tese e parate
175 So bilden Turniere, Schaukämpfe und vor allem der calcio fiorentino ein häufig wiederkehrendes Element der Florentiner Stadthistoriografie, beispielsweise bei: PALMIERI (1454) 1906, S. 189; VARCHI (um 1560) 1858, XII,14, Bd. III, S. 15; LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 347. 176 Beispiel der armeggeria siehe Kap. 2.2, S. 80; VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603. 177 VILLANI (14. Jh.) 2002, 10,VIII, S. 471. Verwiesen wird auf den Empfang des Robert von Anjou (*1278; †1343), König von Neapel, der nach seiner Krönung 1310 in Florenz zu Gast war. 178 Beispielsweise der Empfang der Florentiner durch die soeben eroberte Stadt Arezzo: VILLANI (14. Jh.) 2002, 12,LX, S. 834.
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le più belle gioie e drappi e ornamenti che avessono in casa. Il modo come fu coronato, e chi il coronò, furono gl’infrascritti […].“179
Wenig weist über das gängige Prozedere des Staatsempfanges hinaus. Vielmehr scheint das Hauptaugenmerk des Chronisten auf der Niederschrift des perfekt eingehaltenen Protokolls180 zu liegen. Dies verdeutlicht vor allem der Schlusssatz der Erwähnung, der die für die Krönung ‚vorgeschriebenen‘ Modalitäten anführt, ohne sie näher zu benennen. Freude und Ausgelassenheit zeigen sich ausschließlich im Schmuck der Straßen und Häuser sowie im Verweis auf den dafür betriebenen Aufwand, wodurch der würdige Charakter der Krönungsfeier betont wird. Pointiert ist nicht die Kunstfertigkeit, sondern der Reichtum der Ausstattung in quantitativer wie materieller Hinsicht. Auch Palmieris „Annales“ sind noch diesem Schema verpflichtet. Beim Einzug Friedrichs III.181 in Florenz erfasst er alle zeremoniell erforderlichen Stationen im Einzelnen, unter Verzicht auf dekorative Details 182. Die Einzelheiten des Zeremoniells sind politisch von höchster Bedeutung. An ihrer Ausprägung und Reihenfolge wird die Rangordnung von Gästen und Gastgebern, Signoria und Kaiser oder Papst ablesbar. Die Staffelung von Verbeugungen, Stationen des Weges, sitzendem oder stehendem Empfang, Entourage und Begleitung dient als Index für politische und militärische Kräfteverhältnisse und plausibilisiert vorwegnehmend künftige Entwicklungen183. Aufgrund ihrer symbolischen Aussagekraft sind diese zeremoniellen Bestandteile für die Historiografie zunächst besonders tradierungswürdig. Dabei spielen ephemere Ausstattung und theatrale Inszenierung (noch) keine herausragende Rolle. Sie werden erst dann entscheidend, wenn der kunstvolle Pomp zunehmend prestigeträchtig wird und Dekorationsprogramm wie auch ‚lebende Bilder‘ panegyrische Aufladung erfahren184. Dann kommt die Gattung des Festberichtes zu ihrer höchsten Blüte, dann erst erhält die Festausstattung neben dem Zeremoniell ihren eigenen exponierten Platz in den enkomiastischen Schilderungen der Festbücher und Geschichtswerke.
179 VILLANI (14. Jh.) 2002, 11,LVI, S. 663-664. 180 Zum tradierten Zeremoniell von Staatsbesuchen, exemplarisch anhand des Konzils von 1439 aufgezeigt bei: CISERI 1994, S. 439-452. 181 Friedrich III. (*1415; †1483) war ab 1452 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Seine erste Italienreise war anlässlich der Krönungsfeier 1452. Palmieri war also in jedem Fall Zeit- und wohl auch Augenzeuge des Einzuges. 182 PALMIERI (1454) 1906, S. 162-163. 183 Daher fehlt das Zeremoniell in den Festberichten nie, vgl. WATANABE-O’KELLY 2004, S. 7. 184 Dies geschieht vor allem am Kaiserhof und am Medicihof ab der Mitte des 16. Jahrhunderts: ZERNER 2004, S. 84; WATT 2004, S. 21. Für die Festberichte am Kaiserhof vgl. SCHIMMELPFENNIG 2002, S. 142-151; HEM 2017; vgl. außerdem S. 92 Anm. 166, S. 176 Anm. 548.
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Dies wird bereits im „Diario“ Luca Landuccis spürbar, der die kunstvolle Ausstattung feierlicher Einzüge zum festen Bestandteil seiner Beschreibungen macht, beispielsweise beim Einzug des französischen Königs Karl VIII. in Florenz 185: „E a dì 16 detto [1494] si fece grande apparato pe’ Re, in casa Piero de’ Medici, e massime alla porta del palagio de’ Medici. Feciono due grande colonne di fuori, che mettevano in mezzo la porta, con tanti adornamenti, e arme del Re di Francia, che non si potrebbe dire. Era veramente una cosa trionfale, tante erano grandi e ben fatte ogni cosa. Non ti dico nulla drento com’era apparato. E fecesi spiritegli e giganti, e triunfi andare per la terra, e feciono el dificio della Nunziata, con tante gale e arme di Francia per tutto Firenze. E feciono sopra la porta del Palagio de’ Signori la detta arme del Re, grande e magna con tanti ornamenti.“186
Besonderes Augenmerk richtet Landucci auf die ephemere Dekoration des Palazzo Medici und des Palazzo della Signoria sowie auf die theatralen Präsentationen zum Einzug des Gastes. Er nennt spiritelli, Riesen und allegorische trionfi in den Straßen. Auch wenn die Ausstattungsstücke nicht im Einzelnen beschrieben werden, die ausführenden Künstler, Schauspieler und Musiker unerwähnt bleiben und im Anschluss erneut über eineinhalb Seiten hinweg die zeremoniell festgelegten Stationen des Staatsbesuches geschildert sind187, enthält Landuccis Auswahl erwähnenswerter Details auf diese Weise doch Informationen zum künstlerischen Programm der Vorführungen. Dies lässt auf ein bereits verändertes Prestige der ephemeren Dekoration respektive auf eine tatsächliche Steigerung ihrer Qualität schließen. Umfassend wird das Bild eines Festanlasses, seiner theatralen Formen und seiner Ausstattung erst anlässlich der Papstwahl Leos X. in Landuccis Erzählung integriert. So geht er nach einer allgemeinen Schilderung verschiedener Jagden, giostre und weiterer Schaukämpfe sowie einer Erfassung des festlichen Zeremoniells schließlich umfassend auf die ephemere Dekoration des Papsteinzuges ein188. Hier wandelt sich die Chronik unvermittelt zum farbenfrohen Festbericht und beschreibt gründlich jeden einzelnen Triumphbogen und alle Dekorationselemente entlang des Weges. Bis in die Aufmaße der Säulen und deren Kapitelle hinein wird die Ausstattung erfasst sowie als Werk „di mano tutte di principali maestri“189 ausgewiesen. Auch den formgebenden Details wird an verschiedenen Stellen des Berichtes ein differenziertes kunstkritisches Lob des Autors zuteil: „Ogni cosa pareva marmo, con tanto ordine che mai si potrebbe pensare.“190 Außerdem bedauert Landucci den ephe-
185 186 187 188
Wenngleich der Besuch selbst bei Landucci negativ konnotiert ist. LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 79. LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 80-81. Die trionfi der Compagnia del Diamante und der Compagnia del Broncone werden interessanterweise bei Landucci nicht beschrieben. Sein Hauptaugenmerk liegt an dieser Stelle noch auf einer summarischen Aufzählung verschiedener pompe und Lustbarkeiten, mit Schwerpunkt auf einer Jagd mit wilden Löwen und Bären, die unter zahlreichen Verlusten auf der Piazza Santa Croce abgehalten worden sei: LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 338-345. 189 LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 354. 190 LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 355.
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meren Charakter der Dekorationen, „che doleva disfare, co’ maravigliose figure di buoni maestri.“191 Damit nähert sich seine Beschreibung bereits den Prinzipien an, unter denen die „Viten“ das ‚Theatrale‘ in ihre Biografien einbeziehen. Ähnliche Tendenzen lassen sich auch bei Machiavelli und Varchi erkennen, die dem Ephemeren in ihren Beschreibungen politischer Festanlässe eine zunehmend höhere Bedeutung beimessen. So steigern sich die Erwähnungen festlicher Begebenheiten in Machiavellis „Istorie Fiorentine“ in Anzahl und Ausführlichkeit von Buch zu Buch. Je näher der Bericht an die eigene Gegenwart heranrückt, desto ausführlicher geht er auf das Prozedere und die Dekoration von Staatsfeiern ein192. Die ersten drei Bücher enthalten noch keinerlei detailreiche Schilderungen festlicher Einzüge oder Hochzeiten. Erst die triumphale Rückkehr Cosimo il Vecchios nach Florenz 1434 ist umfänglicher beschrieben: „[…] e rade volte occorse che un cittadino, tornando trionfante da una vittoria, fosse ricevuto dalla sua patria con tanto concorso di popolo e con tanta dimostrazione di benivolenza, con quanta fu ricevuto egli tornando dallo esilio; e da ciascuno volontariamente fu salutato benefattore del popolo, e padre della patria.“193
Während Machiavelli hier noch allgemeine Hinweise auf den Jubel und die MediciErgebenheit des Volkes genügen, werden für das Jahr 1438 erstmals theatrale Details erwähnt. Der Autor vermerkt in seinem Bericht über die Einweihung der Kirche Santa Reparata (später Santa Maria del Fiore) durch den Papst die Umgestaltung der Stadt zur ‚Bühne‘: „[…] e per maggiore magnificenza della città e del tempio, e per più onore del pontefice, si fece un palco da Santa Maria Novella, dove il papa abitava, insino al tempio che si doveva consecrare, di larghezza di quattro e di altezza di due braccia, coperto tutto di sopra e d’attorno di drappi ricchissimi, per il quale solo il pontefice con la sua corte venne insieme con quelli magistrati della città e cittadini, i quali ad accompagnarlo furono diputati; tutta l’altra cittadinanza e popolo per la via, per le case e nel tempio a vedere tanto spettacolo si ridussono.“194
Für das Spektakel der Festprozession sei eigens ein Laufsteg errichtet worden, der von Santa Maria Novella aus mitten durch die Stadt bis zu Santa Reparata verlief und den Papst samt Entourage buchstäblich über die Köpfe der zu reinen Zuschauern degradierten Stadtbevölkerung erhob. Damit wird der theatrale Charakter derartiger Veranstaltungen wirkungsvoll betont, dessen performative Aspekte die ‚Inszenierung“ gleichermaßen hervorhebt.
191 LANDUCCI (2. Hälfte 15. Jh.) 1969, S. 355. 192 Dies ist wohl auch dem Umstand mitgeschuldet, dass Machiavelli zur unmittelbaren Gegenwart und jüngeren Vergangenheit vermehrt Informationen aus erster Hand sowie aus eigener Anschauung zur Verfügung standen. 193 MACHIAVELLI (1532) 1905, IV,33, S. 220. 194 MACHIAVELLI (1532) 1905, V,15, S. 244.
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Freilich steht Machiavelli diesen Vergnügungen an sich nicht etwa gefühlsbetont gegenüber. Vielmehr sieht er in ihnen rein rational ein Mittel zur Beruhigung des Volkes, um es so von politischer Einflussnahme abzuhalten. Aus diesem Grund habe man auch nach dem Tode Cosimo il Vecchios Feste und Turniere gegeben: „Per tôr via adunque questo ozio, e dare che pensare agli uomini qualche cosa, che levassero i pensieri dello stato, sendo già passato l’anno che Cosimo era morto, presero occasione da che fusse bene rallegrare la città, e ordinarono due feste, secondo l’altre che in quella città si fanno, solennissime. Una che rappresentava, quando i tre Re Magi vennero d’Oriente dietro alla stella che dimostrava la natività di Cristo; la quale era di tanta pompa e sì magnifica, che in ordinarla e farla teneva più mesi occupata tutta la città. L’altra fu uno torniamento (che così chiamano uno spettacolo, che rappresenta una zuffa di uomini a cavallo), dove i primi giovani della città si esercitarono insieme con i più nominati cavalieri d’Italia; e intra i giovani fiorentini il più riputato fu Lorenzo primogenito di Piero, il quale non per grazia, ma per proprio suo valore ne riportò il primo onore.“195
Jenseits seines zynischen Kommentars zu Festen als ‚Beschäftigung für das Volk‘ nimmt Machiavelli hier allerdings auch Titel und Besonderheiten der stattgefundenen rappresentazioni und torniamenti auf und preist vor allem den Auftritt der Tre Magi196. Außerdem verweist er auf weitere Stadtfeste, allerdings ohne diese näher zu spezifizieren. Bei der Beschreibung der Hochzeit Lorenzo il Magnificos mit Clarice d’Orsini geht er schließlich auch auf den Festapparat ein: „[…] le quali nozze furono fatte con quella pompa d’apparati e d’ogni altra magnificenza che a tanto uomo si richiedeva. Dove più giorni in nuovi ordini di balli, di conviti e d’antiche rappresentazioni si consumarono. Alle quali cose s’aggiunse, per mostrare più la grandezza della casa de’ Medici e dello stato, duoi spettacoli militarii; l’uno fatto dagli uomini a cavallo, dove una campale zuffa si rappresentò; l’altro una espugnazione d’una terra dimostrò. Le quali cose con quello ordine furono fatte e con quella virtù eseguite che si potette maggiore.“197
Als Elemente der Feierlichkeiten nennt Machiavelli neue Formen von Bällen, Banketten, militärische Spiele und Turniere ebenso wie „antiche rappresentazioni“, also die Aufführung antiker Komödien. Interessant ist die Verwendung der Termini „ordine“ und „virtù“ in Verbindung mit der Ausrichtung und Durchführung der Festivitäten. Offenbar zeigt sich in ihnen, nach Meinung des Autors, eine gewisse moralische und künstlerische Größe der Veranstalter, wodurch auch die Formen selbst wiederum als qualitativ hochwertig ausgewiesen sind. Machiavellis Beschreibung der Hochzeitsfeierlichkeiten Lorenzos eignet sich insofern besonders für den Vergleich mit Vasaris „Viten“, als dasselbe Ereignis auch dort an zwei verschiedenen Stellen erwähnt wird. So enthält die Biografie Ridolfo
195 MACHIAVELLI (1532) 1905, VII,12, S. 346. Siehe hierzu auch seine Forderung im „Principe“, vgl. Kap. 3.1, S. 186. 196 Zum Fest der Tre Magi siehe weiter: VENTRONE 2016, S. 85-89, speziell unter den Medici: S. 205-220. 197 MACHIAVELLI (1532) 1905, VII,21, S. 359.
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Ghirlandaios einen knappen Hinweis auf die Beteiligung des Künstlers am Festapparat und dem Anlass ist in Francia Bigios Lebensbeschreibung ein kurzer Abriss gewidmet: „Fece con Ridolfo Grilandai [sic!] uno apparato bellissimo per le nozze del duca Lorenzo, con due prospettive per le comedie che si fecero, lavorate molto con ordine e maestrevole giudicio e grazia […].“198
Während Machiavelli vornehmlich die Novitäten gesellschaftlicher Vergnügungen und die Schaukämpfe im Freien anführt, nennen die „Viten“ die spezifisch theatralen Bestandteile, deren hochwertige künstlerische Ausstattung sie gesondert hervorheben. Hatte Machiavelli „virtù“ und „ordine“ des Festes insgesamt gelobt, so überhöht Vasari ausschließlich die ephemere Fest- und Theaterdekoration kunstkritisch als „con ordine“ und „maestrevole giudicio e grazia“. Ordnungs- und Tugendbegriff werden also in den „Viten“ auf die Kunst der Perspektivbühne und des Festapparates übertragen. Zudem ist dank dem Einbezug der Festlichkeit in die Künstlerbiografie auch der ausführende Künstler namentlich bekanntgegeben. Ungeachtet der unterschiedlichen Gewichtung theatraler Details in den beiden Historien zeigt vor allem dieses letzte Textbeispiel, dass sich Machiavellis Geschichtserzählung im Hinblick auf das politische Festwesen bereits vom etablierten Schema löst, zugunsten einer weitreichenderen Schilderung festlicher und theatraler Bestandteile. Hinsichtlich ihrer Zielsetzung und ihres thematischen Schwerpunktes steht Benedetto Varchis „Istoria Fiorentina“ Vasaris „Viten“ besonders nahe. Mit ihrem begrenzten Zeitrahmen, von der Herrschaft Lorenzo Magnificos bis zur Schlacht von Montemurlo199, beginnt Varchis Geschichtserzählung dort wo Machiavelli endet, und von wo an die „Viten“ vermehrt auf theatrale Ereignisse und ihre Ausstattung eingehen. Umso beachtenswerter sind die durchaus unterschiedlichen Akzente beider Werke bei der Behandlung offizieller theatraler und festlicher Anlässe. Bis zum neunten Buch finden sich in Varchis Historie nur marginale Äußerungen zu festlichen Einzügen, Krönungsfeiern und Hochzeiten, die abermals allenfalls auf zeremonielle Bestandteile rekurrieren, diese dann aber nach etabliertem Schema bis in die verschiedenen Verbeugungen, Kniefälle und in die wörtliche Rede der gehaltenen Orationen hinein wiedergeben200. Erst dann wird der Einzug Kaiser Karls V. in Genua eingehender beschrieben, wobei auch dem Festapparat einige Beachtung zukommt:
198 VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 510-511. 199 Vgl. Milanesi: Einleitung zu: VARCHI (um 1560) 1857/1858, Bd. I, S. II-IV. Ursprünglich sollten lediglich die Jahre 1527-1530 erfasst werden. Schließlich wurde das Vorhaben aber auf die Zeitspanne bis 1538 ausgeweitet. Ebenso: PICQUET 2011, S. 228. 200 Wie beispielsweise beim Empfang der königlichen Gesandten Frankreichs, Englands und Spaniens durch Kaiser Karl V.: VARCHI (um 1560) 1858, V,25-26, Bd. I, S. 271-277.
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„[…] e l’entrata sua (per raccontare d’un si gran personaggio ancora questo particolare) fu di cotale maniera. Avevano fatto nel porto un ponte di legname con una scala tutta coperta di panni con liste rosse, gialle e bianche, ed in capo della scala era un arco trionfale pieno di varie e vaghe storie dimostranti per lo più il buon animo de’ Genovesi […] in una delle quali storie era figurato Andrea d’Oria, il quale colla sinistra mano reggeva la città di Genova, e nella destra teneva una spada ignuda arrancata, e l’imperadore con ambe le mani incoronava Genova. Quando l’armata arrivò sopra il molo, le galee si misero in ordinanza, facendo di sè tre schiere ovvero squadroni, l’antiguardia, nella quale era la persona di Cesare, la battaglia e la retroguardia. Il primo a sparare l’artiglierie fu il Castellaccio […] appresso il molo cominciò una nave grossa, cioè una caracca, la più grande e la meglio fatta che, gran pezzo ha, entrasse in mare, fabbricata nuovamente da messer Ansaldo Grimaldi, la quale fu poi comperata dal comune di Genova e donata all’imperadore […]. Cessato il romore così dell’artiglierie come delle campane, delle trombe e di mille altri strumenti, i quali sonavano tutti distesamente a gloria […] trapassato l’arco, fu dalla Signoria di Genova accompagnata da dugento gentiluomini genovesi, tutti con roboni di drappo in dosso e ricchissime collane al collo, lietamente e con grandissimo onore ricevuto; e allora l’artiglieria di nuovo sparata, cominciò a fare una lieta e spaventosissima gazzarra […], la quale fornita, Cesare montò a cavallo sopra una bellissima mula […] guernita in molto ricca maniera d’oro e d’argento, con una covertina di broccato che le dava insino ai piedi […] ’lo staffiere il quale gli le presentò fu messer Pagolbatista de Iudicibus, giovane bello e grazioso a maraviglia, ed il ragazzo suo messer Giovambatista Fornari, vestito tutto di raso bianco in un abito leggiadrissimo e vago molto. Salito che fu Cesare a cavallo, fu coperto d’un ricco e adorno baldacchino […]. […] avendo deputato quattro gentiluomini fermi, la cura de’ quali era di dover provvedere a tutte le bisogne, ornamenti e piaceri di Cesare […].“ 201
Beschrieben wird die Dekoration nun in bislang unbekannter Detailgenauigkeit. Auch auf einen der ephemeren Triumphbögen am Hafen geht der Autor ein und lobt dessen figürliche und malerische Ausgestaltung, von der er ein Detail exemplarisch erläutert, während der Rest lediglich als „varie e vaghe storie dimostranti per lo più il buon animo de’ Genovesi“ zusammengefasst ist. Nachdem er zunächst die Reihenfolge der einlaufenden Schiffe, die Salutschüsse und das Glockengeläut sowie den Klang der Trompeten und anderen Instrumente geschildert hat, referiert er einen Schaukampf auf dem Wasser und berichtet schließlich vom kaiserlichen Einzug in einer Prozession. Das Maultier, das Seine Hoheit auf dem Rücken tragen durfte, sei deshalb gewählt worden, da die Stadt zu Pferd nur schwer zugänglich war. Varchi beeilt sich, den besonderen Schmuck und das hervorragende Zaumzeug des Tieres zu vermerken, das dem Kaiser von zwei jungen Männern zugeführt worden sei. Der zeremonielle Baldachin fehlt in der Beschreibung ebenso wenig wie die Staffage des Zuges. Die durch Varchi übermittelte Kostenaufstellung verzeichnet unter anderem auch vier Männer, welche im Auftrag der Stadt dem Kaiser jeden Wunsch von den Augen abzulesen und für sein Amüsement zu sorgen hatten. Hier werden außerdem drei an der Durchführung und Vorbereitung des Festzuges beteiligte Personen genannt. Einer davon ist der Schiffskonstrukteur Analmo Grimaldi, der ein besonders schönes und großes Schiff für den Empfang auf dem Wasser erbaut habe, das anschließend dem
201 VARCHI (um 1560) 1858, IX,10, Bd. II, S. 17-18.
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Kaiser als Geschenk übergeben wurde. Bei den anderen beiden handelt es sich um den Ausstatter des kaiserlichen Maultieres und seinen Burschen, wobei die Vorzüge des ersten speziell gelobt werden und letzterer als „giovane bello e grazioso a maraviglia“ beschrieben ist. Damit nennt Varchi erstmals explizit mit Dekoration und Festausstattung betraute Personen beim Namen. Offenbar waren ihm aber die Sattler, Stoffschneider und Schiffbauer erwähnenswerter als die an der ‚Inszenierung‘ des Einzuges beteiligten Humanisten, Darsteller, Musiker und Künstler – eine Gewichtung, die in den „Viten“ umgedreht wird, wenn sie vor allem diese Personenkreise zu den ‚Helden‘ ihrer Geschichtserzählung erklären202. Zunächst bleibt diese ausführliche Schilderung eines festlichen Einzuges bei Varchi isoliert. So wird auf die Ankunft Karls V. in Bologna und auf seine Krönung nur mit wenigen kurzen Sätzen hingewiesen, die abermals ausschließlich das Zeremoniell berücksichtigen203. Ausstattungsdetails finden erst wieder beim Empfang des Kaisers in Florenz die Aufmerksamkeit des Autors. Nun allerdings folgt ein sechsseitiger Bericht über den Festapparat und eine Beschreibung aller ephemeren Schaufassaden, Triumphbögen und Statuen sowie eine Erklärung ihrer Ikonografie und eine Wiedergabe aller Inschriften. Dadurch entsteht ein veritabler Festbericht, der neben Zeremoniell, Ablauf und Aussehen, Kleidung sowie Schmuck der Florentinerinnen auch die ephemer künstlerischen Beiträge zur Herrscherpanegyrik beschreibt und erklärt 204. Als bildhafte ‚Aussagen‘ und im Sinne des Herrscherlobes gewinnen die ephemeren Werke offenbar nun auch bei Varchi an Gewicht, wenn auch nach wie vor die gestaltenden Künstler oder die künstlerische Qualität keine Beachtung erfahren. Bei Vasari hingegen sind auch im Hinblick auf das politische Festwesen vor allem Form und künstlerische Ausführung von Bedeutung. Sie werden in den „Viten“ offenbar als etwas begriffen, über das sich die Macht und Magnifizenz des Staatsgastes mindestens ebenso transportieren lässt wie mittels aller anderen Bestandteile von Zeremoniell und Pomp. Weniger die emblematische Aussage als vielmehr gerade die Kunstfertigkeit der ephemeren Dekoration sowie der musikalischen, darstellerischen und theatralen Gestaltung im Gesamten scheinen nach Vasari dazu angetan, den illustren Gast zu erheben, den Ruhm der Stadt zu erhöhen oder einer fürstlichen Hochzeit zusätzlichen Glanz zu verleihen. Diesen Schluss erlaubt zumindest die Gewichtung der erwähnten Details, die sich von nahezu allen Vorläufern auf historiografischem Gebiet absetzt und einen neuen thematischen Schwerpunkt in der Erfassung theatral-festlicher Repräsentationsformen setzt. Sind auch im politischen Bereich meist die Werke nicht im Einzelnen beschrieben, so unterstützt diese Engführung geradezu die intendierte Botschaft: Nicht zuvorderst der Inhalt der von Humanisten erdachten imprese wird in seiner historischen Bedeutung hervorgehoben, sondern die Form sowie die Tatsache, dass die namhaften Künstler der Stadt die Ausstattung gestaltet haben.
202 Siehe Kap. 2.3. 203 VARCHI (um 1560) 1858, XI,23, Bd. II, S. 226; XIII,13, Bd. III, S. 11. 204 VARCHI (um 1560) 1858, XIV,73, Bd. III, S. 169-176.
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Auffällig ist diese Gewichtung vor allem an der Stelle, an dem Vasari singulär gängige Details von Zeremoniell, Besucherzahl und Aufwand in die Erzählung mit einbezieht: bei der Schilderung der Begräbnisfeierlichkeiten Michelangelos. Hier ist das Prozedere der Aufbahrung und Huldigung durch die in großer Zahl erschienene Bevölkerung ebenso festgehalten, wie der Ablauf der Trauerfeier, die Abfolge der Gäste und die Tatsache, dass Benedetto Varchi die Laudatio funebris gehalten habe205. Gleichzeitig ist aber vor allem das ephemere Ausstattungsprogramm unter Zuschreibung an die ausführenden Künstler und mit kunstkritischer Wertung ausführlich beschrieben und gedeutet. Dies geschieht unter dem dezidierten Verweis, man habe sich ohne finanzielle Not dennoch entschlossen, den Dahingeschiedenen lieber durch die Kunstfertigkeit der Dekoration als durch den Pomp der Ausstattung zu ehren: „Perciò che, se bene dall’Eccellenza del signor Duca possiamo sperare ogni quantità di danari che fusse di bisogno, avendone già avuta quella quantità che abbiamo domandata, noi nondimeno avemo a tenere per fermo che da noi si aspetta più presto cosa ingegnosa e vaga per invenzione e per arte che ricca per molta spesa o grandezza di superbo apparato.“ 206
Insbesondere bei den Trauerfeierlichkeiten zu Michelangelos Tod, der unumstrittenen Hauptfigur der „Viten“ und ‚uomo illustrissimo‘ der Künste, dem nach Vasaris Aussage geradezu ein Staatsbegräbnis gegeben wurde, kommt die Vorherrschaft künstlerischer Aspekte zum Tragen und werden ihre spezifischen Möglichkeiten zur Würdigung des Adressaten besonders betont. Dadurch wird implizit auch die Abkehr vom gängigen Prozedere der Festberichterstattung, wie sie sich in den einzelnen Biografien zeigt, noch einmal legitimiert und als absichtsvoller Vorgang akzentuiert. Im Unterschied zu den „Viten“ fällt bei allen hier angeführten Texten zudem eine thematische Konzentration auf traditionelle Formen der Festgestaltung auf. So sind in den Stadtgeschichten Komödienaufführungen beinahe gänzlich aus der Betrachtung ausgeklammert. Auch Varchis vereinzelter Verweis, dass neben Bällen und anderen Vergnügungen bei der Hochzeit Alessandro de’ Medicis mit Margarethe von Parma „si recitò una commedia“207, ist nicht vergleichbar mit der Präzision und Ergiebigkeit der vasarianischen Ausführungen zu Komödienaufführungen im Allgemeinen und zu dieser bestimmten Vorstellung mit ihrem Bühnenbild von Aristotile da Sangallo im Besonderen208. Über die strikte Eingliederung festlicher Anlässe, ihrer Bestandteile und ihrer Formen in das Korsett politisch-historischer Berichterstattung und durch die Konzentration auf das Besondere bleibt Theater und Fest in den stadtgeschichtlichen Texten des 14. bis 16. Jahrhunderts eine eigene Geschichtlichkeit und memoria um ihrer
205 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 126-141. 206 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 129. 207 VARCHI (um 1560) 1858, XIV,75, Bd. III, S. 178. 208 Vgl. Kap. 2.3, S. 102-104, Abb. 6.
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selbst willen häufig versagt. Nur vereinzelt wird der Beginn oder die Fortentwicklung eines bestimmten Brauches angezeigt, die jedoch jeweils nicht einer intrinsisch evolutiven Kraft oder gar der Leistung beteiligter Künstler und Intellektueller zugeschrieben wird, sondern durch äußere Ereignisse und Ratsbeschlüsse bedingt ist209. Darin liegt eine weitere entscheidende Diskrepanz der „Viten“ zu ihren Vorläufern. Im Gegensatz dazu binden sie verschiedene theatrale Formen und ihre Ausstattung systematisch in die Chronologie ihrer Künstlerbiografien und damit in ein kongruentes historisches Entwicklungsmodell ein210. Paolo Giovios „Elogia“: Ein möglicher Vorläufer für die historiografische Aufbereitung des Theaters in den „Viten“?
Eine viel zitierte Anekdote in Giorgio Vasaris Autobiografie gibt an, es sei der Historiker und Humanist Paolo Giovio211 gewesen, der ihn bei einem Abendessen im Hause des Kardinal Farnese dazu angeregt habe, seine Künstlerbiografien zu verfassen 212. Wenn auch der konkrete Wahrheitsgehalt der beschriebenen Begegnung wohl zu bezweifeln ist, so ist Giovios Einfluss auf Vasaris „Viten“ aufgrund der Bekanntschaft der beiden Persönlichkeiten dennoch gewiss213. Bemerkenswert ist, dass es nach Vasaris Angaben just Giovios „Museo“ und seine „Elogia“214 sind, über die am bezeichneten Abend gesprochen worden sei. In diesem Zusammenhang sei der Humanist auf das Desiderat ergänzender Künstlerbiografien zu sprechen gekommen: „[…] si venne a ragionare, una sera fra l’altre, del Museo del Giovio e de’ ritratti degl’uomini illustri che in quello ha posti con ordine et inscrizioni bellissime; e passando d’una cosa in altra, come si fa ragionando, disse monsignor Giovio avere avuto sempre gran voglia, et averla ancora, d’aggiugnere al Museo et al suo libro degli Elogii un trattato, nel quale si ragionasse degl’uomini illustri nell’arte del disegno, stati da Cimabue insino a’ tempi nostri.“ 215
209 Beispielsweise ist der Neubau der Kirche Orsanmichele der Anlass für vom Rat festgelegte, neue regelmäßige Feierlichkeiten: VILLANI (14. Jh.) 2002, 12,LXVII, S. 841. Auch der Beginn des San Giovanni-Festes ist auf einen Ratsbeschluss zurückzuführen: „[…] e ordinarono che si celebrasse la festa il dì della sua nativitade con solenni oblazioni e che si corresse uno palio di sciamito; e sempre per usanza s’è fatto in quello giorno per gli Fiorentini.“: VILLANI (14. Jh.) 2002, 2,XXIII, S. 91. 210 Die historische Entwicklung, in welche theatrale Formen in den „Viten“ eingebunden sind, wird in Kap. 4.3 noch weiter ausgeführt. 211 *1483/86; †1552. 212 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 389-390. 213 Zum Einfluss Giovios auf die „Viten“ vgl. KLIEMANN 1985, S. 80-82; KLIEMANN 1991, S. 31-33; BURIONI, Rinascita dell’arte 2010, S. 154. Hierzu auch: PATRIZI 2017, S. 61-62. Zu Künstlerbiografien vor Vasari siehe außerdem: TANTURLI 1976. 214 GIOVIO 1575; GIOVIO 1577. 215 VASARI: Descrizione dell’opere di Giorgio Vasari (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 389.
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Der Aussagewert der Anekdote bemisst sich in diesem Falle sicherlich nicht daran, ob die erwähnte Begegnung im genannten Rahmen tatsächlich stattgefunden hat. ‚Wahr‘ erscheint viel eher der übertragene Sinn der Erzählung, der den eigenen Text an Giovios „Elogia“ sowie an das „Museo“ rückbindet und als dessen Ergänzung kennzeichnet. Vasari weist dadurch auf den konkreten Vorbildcharakter der giovianischen Sammlung und Biografik für das historiografische Modell der „Viten“ hin. Bereits vor 1522 hatte Paolo Giovio begonnen, Bildnisse berühmter Literaten und Philosophen, Feldherren, Staatsmänner und Fürsten systematisch zu sammeln, die er ab 1537 in einem eigens dafür errichteten ‚Museum‘ in Como ausstellte216. Um die spezifischen res gestae jeder Persönlichkeit mitzuteilen, fertigte der Historiker außerdem kurze Inschriften an, die er später nach dem Vorbild Suetons, Plutarchs und entsprechend der Richtlinien Quintilians erweiterte. Unter dem Titel „Elogia“ erschien seine Biografiensammlung 1546 und 1551 erstmals im Druck 217. Eine Ergänzung um berühmte Maler, Bildhauer sowie „facetissimi“ blieb unvollendet218. Hätte Giovio dieses Vorhaben zu Ende geführt, so wäre bildenden Künstlern und jenen Persönlichkeiten, die sich im Bereich des geselligen Vergnügens, der Spiele und spettacoli bewegten, ein eigener biografischer Teil zugekommen. Erhalten geblieben, weil separat veröffentlicht, sind hiervon jedoch lediglich die Lebensbeschreibungen Raffaels, Leonardos und Michelangelos, die nachweislich Einfluss auf Vasaris „Viten“ hatten219. Ähnlich der Vorgehensweise Vasaris in Bezug auf die bildenden Künste, behandeln Giovios Literatenbiografien wichtige Entwicklungsschritte in der Literatur und schreiben die entsprechenden Errungenschaften den jeweils biografierten Persönlichkeiten zu. Dem Gegenstand entsprechend ist dies selbstverständlich auch bei der Komödiendichtung der Fall. In diesem Zusammenhang kommt der Verfasser in den Lebensbeschreibungen von Kardinal Bibbiena, Ariost, Machiavelli, Cosimo Pazzi und Iacopo di Pavia stellenweise ebenfalls auf das Theater zu sprechen.
216 Das ‚Museum‘ wurde in einer antikisierenden Villa eingerichtet, an einem Ort, an dem vorgeblich bereits Plinius der Jüngere sein Haus habe errichten lassen: ZIMMERMANN 1995, S. 160-161. Wie Zimmermann nachweist, war sich Giovio sehr wohl im Klaren, dass die antiken Überreste nicht von Plinius’ Villa stammten, und erwähnte in vorangehenden Briefen auch explizit andere Erbauer. In der endgültigen Fassung der „Elogia“ spricht er dann aber direkt vom Haus des Plinius: vgl. ZIMMERMANN 1995, S. 161. 217 Zwischen 1546 und 1548 wurden zunächst nur die Literatenbiografien mit einer Widmung an Ottaviano Farnese (*1524; †1586) veröffentlicht, während die ab 1551 gedruckten Feldherren-Elogia Cosimo de’ Medici gewidmet sind. Aus Briefen, unter anderem an Daniele Barbaro (*1513; †1570) geht hervor, dass Giovio zunächst die Publikation eines Kompendiums aus Elogium und Bildnis plante – ein Vorhaben, das leider unerfüllt blieb: ZIMMERMANN 1995, S. 206-208, S. 221-243; BARTALINI (1998) 1999, S. 186. Zu Paolo Giovio siehe weiterführend: ATTI DEL CONVEGNO PAOLO GIOVIO 1985; CANNATA 2014; ZIMMERMANN 1995; zum Einfluss seines ‚Museums‘ auf die „Viten“: MINONZIO 2012. 218 ZIMMERMANN 1995, S. 207-208, S. 349 Anm. 48. Zu den faceti als Persönlichkeiten des Theaters in Vasaris „Viten“, siehe näher: Mamone 2013. 219 ZIMMERMANN 1995, S. 207-208, S. 349 Anm. 48.
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Solange die Argumentation literaturimmanent verläuft, ist Giovios historischer Zugriff auf das Theater nicht weiter ungewöhnlich. Für einen Vergleich mit Vasaris Vorgehen interessant ist jedoch mitunter die Art und Weise der Argumentationsführung. So findet sich beispielsweise in der Lebensbeschreibung des Kardinals Bibbiena folgende Äußerung zur römischen Erstaufführung der „Calandria“: „Scripsit admirabili lepôre comoediam Calandram, quae acta est in Vaticano ludis Lupercalibus, per nobiles comoedos Romanae iuventutis, in gratiam Isabellae Mantuani principis uxoris, usque adeò decenti apparatu, ut nihil ad elegantiam theatralem, ab eximio poeta comico, doctius atque facetius compositum, aut magnificentius in scena editum confiteri liceat […].“ 220
Angeführt wird hier weniger der ‚Werkprozess‘ des literarischen Opus als vielmehr dessen erste szenische Umsetzung vor Publikum. Hierüber informiert der Autor, über das Werk Bibbienas hinausgehend, näher: Isabella Gonzaga gewidmet, sei das Stück während des Karnevals von einer Compagnia jugendlicher Komödianten in Rom aufgeführt worden. Giovio zeigt an dieser Stelle eine sehr ähnliche Vorgehensweise wie Vasari. In der Biografie eines Literaten und im Zusammenhang mit dessen Komödiendichtung nennt er weitere historische Details der Darbietung und würdigt zusätzlich den Beitrag anderer Beteiligter zum Gesamtergebnis. Diese nimmt er mitunter namentlich in die Erzählung mit auf. Die geschichtliche Einordnung erfolgt sodann jedoch zunächst wieder weitgehend literaturspezifisch. So wertet Giovio die „Calandria“ als besondere Errungenschaft Bibbienas für die Entwicklung der volkssprachlichen Komödie: „Abdicavit in ea numeros primus, ut vernaculos sales dulcius, atque liquidius soeminarum [feminarum] auribus infunderet: quo multi risus hilarior voluptas excitaretur. Id enim unum peti, quaerique debere à non insulso poeta differebat, quòd in Terentiana scena, verecundi salis prudentiam admirari quidem non satis possint spectatores, ridere certè nequeant, quod nullam, vel eruditae fabulae inesse gratiam putaret, nisi ab excitato populo, mistus cachinno plausus redderetur.“221
Die Textstelle legt den Verdacht nahe, dass die Bemerkung in Vasaris Peruzzi-Biografie, die „Calandria“ sei eine der ersten volkssprachlichen Komödien gewesen 222, direkt aus Giovio übernommen sein könnte. Wie Vasari an der entsprechenden Stelle Peruzzi als denjenigen Künstler ausweist, der die tiefenräumliche Perspektivbühne ‚wiederentdeckt‘ habe, so konstatiert Giovio für seine Hauptfigur dezidierte Erstheitsansprüche auf literarischem Gebiet: Kardinal Bibbiena wird wörtlich als der „Erste“ bezeichnet, der die lateinisch metrischen Formen durch eingängiges volgare ablöste. Der Text akzentuiert den Kardinal somit als ‚Vorreiter‘ auf dramaturgischem
220 GIOVIO 1577, S. 79. Schreibweise hier und im Folgenden zum Teil modernisiert. Zur „Caldandria“ weiterführend: ALONGE 2016. 221 GIOVIO 1577, S. 79. 222 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323; vgl. Kap. 1, S. 38.
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Gebiet, der sich erstmals vom antiken Vorbild emanzipiert und eigene, angemessene dramatische Ausdrucksformen gefunden habe. Eine Verbindung zum künstlerischen Anteil ist in den „Elogia“ implizit vorhanden, wenn Giovio gleichlautend mit der singulären Qualität der literarischen Erfindung das hervorragend „angepasste“ Bühnenbild besonders hervorhebt223. Den Namen des für die Ausstattung zuständigen Künstlers nennt er allerdings nicht. Offenbar spielen für den Historiker die ausführende Kompanie sowie die Auftraggeberin des Werkes eine größere Rolle, als derjenige, dem die szenografische Entsprechung zum Text zu verdanken ist. Auch werden zu Gestalt und Form der Szene keine weiteren Einzelheiten angeführt. Der künstlerische Anteil ist für Giovio – analog zu Vasaris Vorgehensweise bezüglich der Dichtung – wohl nennens- aber nicht beschreibenswert. Außerdem bleibt der Erstheitsanspruch in den „Elogia“, hierin im Unterschied zu den „Viten“224, ausdrücklich dem Poeten vorbehalten. Entsprechend führt der Autor Bibbienas Leistungen noch weiter aus und begründet dessen Wahl des volgare mit einer leichteren Verständlichkeit auch und vor allem für weibliches Publikum. Während die Terenzkomödien in ihrer Gelehrsamkeit und wegen der fremden Sprache nicht von jedermann zu begreifen seien, habe Bibbiena neben der literarischen Qualität auch das Lachen und den Applaus seines Publikums im Blick gehabt, ohne welche eine Komödie nicht reüssieren könne. Als literaturkritisches Argument für die Leistung des Dichters gilt hier bezeichnenderweise also die Rezitierbarkeit des Dramas. Der Text ist nicht primär als Lesedrama, sondern als szenisch umgesetztes und umsetzbares Werk rezipiert. Zwar verlässt Giovio damit nicht dezidiert den Rahmen seines Sujets, da er prinzipiell auf die Dichtung konzentriert bleibt, aber er erkennt deren spezifischen Charakter als Theaterstück an225. Ähnliche Begründungsmuster verfolgen die „Elogia“ an verschiedenen weiteren Stellen, um Fortschritte in der dramatischen Dichtung zu kennzeichnen. So werden Cosimo Pazzis Versuche, ein volkssprachiges Drama in der Metrik der griechischen Tragödien zu verfassen, vom Autor aus aufführungspraktischen Gründen abgelehnt: „Ob id tanquam ex concepta artis ratione tragoedijs incumbebat, verùm adeò intemperanter, ut Graecas & ex his praesertim Iphigeniam in Latinum pariter, & Etruscum carmen vertendo, propriaeque inventionis alias effundendo, quae in theatris agerentur intentae libidini vix modum imponeret: quanquam ab Etruscis histrionibus repudiarentur: qui exibilantis populi iudicium maximi instar periculi omnino fugiendum existimabant, quòd ea poemata versibus constarent pede uno longioribus: ex nova scilicet, ac ob id insolenti nostris auribus Graecorum imitatione,
223 GIOVIO 1577, S. 79. 224 Vasari konstatiert gleichlautend für Kardinal Bibbiena eine Errungenschaft auf dem Gebiet der Dichtung, wodurch er seine historischen Äußerungen letztlich über das Sujet der bildenden Künste hinaus ausweitet: VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 225 Damit reihen sich die „Elogia“ Giovios in theoretische Tendenzen des 16. Jahrhunderts ein, die der theatralen Praxis zunehmend neben dem Text Gewicht zumessen; hierzu näher siehe: Kap. 4.2, S. 289-292.
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quae numero & modo prorsus infaceto tanquam enormis, nusquam nisi Graecissantibus arrideret.“226
Die direkte Übernahme griechischer Metrik muss laut Giovio als sprachwidrig scheitern, da sie vor allem in der Rezitation misstönend wahrgenommen werde. Aus diesem Grund seien Pazzis Übersetzungen von den Schauspielern selbst entschieden zurückgewiesen und vom Publikum ausgepfiffen worden. Es wird deutlich, welch emanzipierte Rolle der Autor dem Schauspieler beimisst und welch ausgefeilten giudizio er Theaterpraktikern und Publikum gleichermaßen zuerkennt. Die Qualität eines dramatischen Textes ist also für ihn abermals nicht losgelöst von dessen Vortrag zu beurteilen. Auch wenn Pazzis Verse in der Lage seien, gelehrten Humanisten beim Lesen Vergnügen zu bereiten, so verfehlten sie doch ihren eigentlichen Zweck: die sinnvolle und ansprechende Aufführbarkeit vor einem zuhörenden Publikum. Im Gegensatz zu Pazzi gelingt es nach Giovios Darlegung Machiavelli insbesondere mit der Komödie „Nicia“227 erstmals, dem Vergleich mit dem griechischen Ideal standzuhalten: „Sed comiter aestimemus Etruscos sales, ad exemplar comoediae veteris Aristophanis, in Nicia praesertim comoedia: in qua adeò iucundè vel in tristibus risum excitavit, ut illi ipsi ex persona scitè expressa, in scena inducti cives, quanquam praealtè commorderentur, totam inustae notae iniuriam, civili lenitate pertulerint: actamque Florentiae, ex ea miri lepôris fama Leo Pontifex, instaurato ludo, ut Urbi ea voluptas communicaretur, cum toto scenae cultu, ipsisque histrionibus Romam acciverit.“228
Wieder ist die Begründung für Machiavellis Erfolg letztlich aufführungspraktischer Natur. Durch die gute Abstimmung ernster und komischer Aspekte habe er seine Zuschauer zum Lachen gebracht und sei darin dem griechischen Dichter Aristophanes vergleichbar. Auch seine geschickt in das Stück integrierten Persiflagen auf bestimmte Zeitgenossen hätten dafür gesorgt, dass die Angesprochenen den Spott mit einem Lachen ertragen konnten. Diese Angleichung an die griechisch-antike Qualität stellt bei Giovio den (bislang) letzten Entwicklungsschritt in der Perfektionierung der dramatischen Dichtung dar. Es ist allerdings bezeichnend, dass abermals keiner der bühnenbildnerisch tätigen Künstler erwähnt wird. Zwar geht der Autor ausführlich auf den großen Erfolg der Aufführung ein und spricht deren exakte Wiederaufnahme mit identischem Bühnenbild und mit den gleichen Darstellern an, jedoch findet der visuelle Rahmen der Szene keine Beschreibung oder kritische Würdigung. Auch Auftraggeber und Darsteller werden nicht namentlich genannt.
226 GIOVIO 1577, S. 142. 227 Gemeint ist die „Mandragola“, die 1518 in Florenz uraufgeführt wurde und zwei Jahre später unter Leo X. in Rom zur Wiederaufführung gelangte: vgl. Minonzio & Guasparri: Kommentar, in: GIOVIO (1567) 2006, S. 258. 228 GIOVIO 1577, S. 104.
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Über das Drama hinausgehende Details sind in den Literatenbiografien nur an wenigen Stellen erwähnt. So spricht der Autor in der Lebensbeschreibung Polizianos davon, der junge Dichter habe seinen Kollegen Pulci im Sängerwettbewerb geschlagen, als beide die Reiterspiele Giuliano de’ Medicis in ihren Preisgedichten gerühmt hätten: „Polizianus à prima statim iuventa admirabilis ingenij nomen adeptus est: quum novo, illustrique poemate Iuliani Medicis equestres ludos celebrasset, Luca Pulcio nobili poeta omnium confessione superato, qui Laurentij fratris ludicrum equestris pugnae spectaculum, ijsdem modis & numeris decantarat [sic!].“229
Wie die „Viten“, so weist auch Giovio in dieser Äußerung auf den Ruhm hin, den sich seine uomini illustri durch die Beteiligung am höfischen Festwesen, hier in Form eines Panegyrikon, erwerben konnten. Einzelheiten zu den beschriebenen Wettkämpfen oder zum Inhalt der Lyrik werden aber nicht genannt. Des Weiteren enthält die Lebensbeschreibung Ercole Strozzis den knappen Hinweis, dieser sei ein hervorragender Kritiker „theatralium etiam ludorum“230 gewesen – eine Eigenschaft, die für Giovio offenbar im Sinne des Nachruhms erwähnenswert ist. Mitunter bezieht der Autor außerdem – ähnlich wie Vasari231 – die gesellschaftlich-vergnügliche Lebenswirklichkeit mit ein, indem er die von ihm geehrten Literaten als faceti und piacevoli ausweist und sie mit buffonesken Charaktereigenschaften versieht. Beispielsweise wird Camillo Querno Arcipoeta als buffo im Wortsinn gekennzeichnet. Nach Giovio scheint seine Position am päpstlichen Hof Leos X. der Rolle eines Hofnarren vergleichbar gewesen zu sein. Gleichzeitig weist er ihm herausragende musische Talente zu, die mit seiner facezia und seinem literarischen Geschick Hand in Hand gehen: „[…] infinita carmina in torrentis morem, rotundo ore decantavit, fuitque diu inter instrumenta eruditae voluptatis longè gratissimus, quum coenante Leone porrectis de manu semesis obsonijs, stans in fenestra vesceretur, & de principis lagena perpotando, subitaria carmina factitaret [sic!], ea demum lege, ut praescripto argumento bina saltem carmina ad mensam tributi nomine solverentur, & in poenam sterili vel inepto longè dilutissimè foret perbibendum.“232
Von einfachem Gemüt und zu jedem Spaß bereit, erscheint der Archipoet bei Giovio als der geeignete Spaßmacher am päpstlichen Hof, der dem Papst wie ein treuer Hund nicht von der Seite weicht, Speisen von seiner Hand empfängt und auch die noch so drakonischsten Strafen für misslungene Verse mit Selbstironie und Witz hinnimmt. Im Zuge dieser Schilderungen sticht die Wendung „instrumenta eruditae voluptatis“, „Mittel des gelehrten Vergnügens“, heraus. Dieser Kategorie werden die Dichtungen und Lieder des Archipoeten zugeschrieben, der seine eigenen Verse
229 GIOVIO 1577, S. 48. Zur Literatur des Humanismus, u.a. Pulci und Poliziano siehe weiterführend: BEC 1976. 230 GIOVIO 1577, S. 66. 231 Siehe näher Kap. 2.5. Zu den faceti bei Vasari näher auch: MAMONE 2013, S. 74-79. 232 GIOVIO 1577, S. 99.
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gleich selbst vertont. Die so hervorgehobene Doppelfunktion von Poet und Sänger sowie Komödiant reflektiert mit klarem Blick die zeitgenössische Hofkultur und unterstreicht erneut die rezitative Komponente rinascimentaler Lyrik, den Stellenwert des Vortrags gegenüber dem Text. Letztlich bleiben die beiden hier angeführten Hinweise im Gesamtkontext von Giovios Literatenviten aber singulär. Indem sie auf piacevolezza als Eigenschaft der Poeten und die Prestigeträchtigkeit panegyrischer Dichtung verweisen, bleiben sie außerdem dicht mit dem Gegenstand der jeweiligen Biografie verbunden. Selbst innerhalb des Sujets begrenzt Giovio seine Äußerungen zu theatralen Anlässen also auf einen eng abgesteckten Bereich. So werden zum Beispiel auch die Canti allegorischer Karnevalsumzüge, immerhin ein ausgewiesenes literarisches Genre, in den „Elogia“ weder zitiert noch genannt233. Vereinzelte Erwähnungen theatraler und festlicher Anlässe abseits der Komödienaufführungen finden sich nahezu ausschließlich in Giovios Lebensbeschreibungen berühmter Herrscher und Feldherren. Dabei folgt der Autor meist dem gängigen historiografischen Schema und setzt in seinen Schilderungen Akzente, die bereits aus der chronikalen Berichterstattung bekannt sind. Wie schon Machiavelli, so kommt auch Giovio in seiner Biografie Kardinal Giuliano Cesarinis zwar auf das Konzil von 1439 zu sprechen, verliert hierbei aber kein Wort über die brunelleschianischen ingegni und die entsprechenden sacre rappresentazioni234. Des Verfassers Orientierung am etablierten Vorgehen zeigt sich außerdem in der Lebensbeschreibung Castruccio Castracanis, wenn dessen triumphaler Einzug nach dem Sieg über die Guelfen unter Verwendung der gängigen Topoi beschrieben wird235. Jedoch wird für den trionfo immerhin konstatiert, er habe alles bisher Dagewesene übertroffen, so dass er dem antiken Vorbild vergleichbar sei: „Inusitati enim spectaculi celeberrimum ab ea victoria triumphum Castruccius duxit, tanto rerum omnium ordine apparatuque, ut priscorum temporum, & Romae superbiae felicitatem aemulatus, è tota Italia splendidissimi quique ad tantae famae spectaculum liberaliter invitati Lucam confluerent.“236
An dieser Stelle findet sich also eine Übereinstimmung mit Vasaris „Viten“. Einerseits weist Giovio hier tatsächlich unter anderem auf den aufwändigen Festapparat als Qualitätsmerkmal des Festes hin und andererseits führt er, wie die „Viten“, als
233 Da die Canti häufig anonym verfasst waren, dürfte eine Zuschreibung an konkrete Autoren vielleicht auch schwierig gewesen sein. Grazzinis Sammlung, die beispielsweise Machiavelli als Autor einiger Canti nennt, erschien erst 1559: GRAZZINI (1559) 1750. 234 GIOVIO (1567) 2006, S. 568-569. Zu Machiavellis Rekurs auf das Konzil, siehe Kap. 3.2, S. 215-216. 235 GIOVIO 1575, S. 60-61. Castruccio Castracani (*1281(?); †1328), Condottiere. 236 GIOVIO 1575, S. 60.
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höchste Auszeichnung für den beschriebenen trionfo die Vergleichbarkeit mit der Antike an237. Was jedoch bei Vasari über das Gesamtwerk hinweg an zahlreichen Stellen aufscheint, ist in den „Elogia“ auf diesen einen kurzen Hinweis beschränkt. Als Beleg für sein Urteil nennt Giovio außerdem, entsprechend dem üblichen Prozedere, ausschließlich den betriebenen Aufwand, die Anzahl der Besucher und den Reichtum der Ausstattung, nicht jedoch deren kunstvolle Gestaltung238. Erwähnenswert sind für Giovio, wie für Vasari, unter anderem auch die musischen Eigenschaften der uomini illustri. Beispielsweise wird Ippolito de’ Medici dafür gepriesen, dass er mit Unterweisung der besten Musiker seiner Zeit selbst zu einem „omnis symphoniacae modulationis, organis usqueadeo eruditè pertractatis, ut praedulcis Cytharoedus, Lyristes numerosus, fistulator eximius, & incomparabilis Tibicen“239 geworden sei. Der Tod Ippolitos sei besonders von zahlreichen Intellektuellen beklagt worden, die der Kardinal zu Lebzeiten unterstützt und gefördert habe240. Wie in den „Viten“, so tritt also auch in den „Elogia“ der Staatsmann als Mäzen von Literatur, Künsten und Theater auf, um deren Entwicklung er sich durch eigene Beiträge, Interesse und Förderung verdient macht241. Jedoch kritisiert Giovio gleichzeitig Ippolitos allzu große Begeisterung für die Ausrichtung von Festen und theatralen Ereignissen, wenn er angibt, jener habe sich zu sehr den angenehmen Dingen des Lebens und zu wenig der Tagespolitik zugewandt: „Nam ad theatrales ludos, equestresque decursiones, edendaque simulacra praeliorum sumptuosi & varietate gaudentis ingenij libidinem detorserat […]. Quae omnia Clementem è tanta clade Urbis carcerisque miseria nuper emersum, egentemque pecunia, & quod augendo moerori plurimum intererat, natura parcissimum, mirabiliter vulnerabant.“242
Die Begünstigung von Theater, Musik und Kunst durch die Herrschenden ist somit in den „Elogia“ nicht immer derart gut besetzt, wie dies in den „Viten“ der Fall ist. Vielmehr ist Giovios Kritik an Ippolito derjenigen vergleichbar, die Vasari an jenen Künstlern übt, die sich zu sehr ihren musischen Neigungen hingeben und darum ihre künstlerische Berufung außer Acht lassen243. Auch in der Biografie Ippolitos wird der Rahmen der Staatsmann-Vita letztlich nicht für einen breiteren Einbezug weiterer Persönlichkeiten oder ihrer Tätigkeiten auf theatralem Gebiet verlassen. Damit stellen auch Giovios „Elogia“ kein direktes Vorbild für die Art und Weise dar, wie Vasari Theater und Fest in seine Künstlerbiografien aufnimmt. Zwar ziehen
237 Zur Vergleichbarkeit mit der Antike als Kennzeichen guter Festkultur bei Vasari siehe näher: Kap. 4.3. 238 Möglicherweise ist der fehlende Hinweis auf eine kunstvolle Ausstattung aber auch dem frühen Datum des Einzuges sowie einer dürftigen Quellenlage geschuldet. 239 GIOVIO 1575, S. 307. 240 GIOVIO 1575, S. 309. 241 Vgl. Kap. 2.3. 242 GIOVIO 1575, S. 308-309. 243 MAMONE 2013, S. 83; NOLL 2016, S. 309; weiterführend: GRAUL 2012. Siehe auch: Kap. 2.3, S. 115.
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sie bei ihren Wertungen dramatischer Dichtung aufführungspraktische Aspekte mit heran und würdigen ihre Hauptfiguren an einigen Stellen durch eine Erwähnung derer musischer Neigungen, mäzenatischer Funktionen und piacevolezza. Letztendlich bleiben ihre Ausführungen aber immer auf einen engen Konnex zur biografierten Persönlichkeit sowie auf die nähere Charakterisierung deren spezifischer Tätigkeit oder Rolle beschränkt. Zu bemerken ist außerdem, dass Giovio sich ausschließlich im Bereich der Dramendichtung historisch und kritisch äußert, das heißt in einem Feld, das genuin und traditionell zur Literaturgeschichte gehörig aufzufassen ist. Er verfährt dabei stets analog zu Vasaris Beschreibungen ‚bleibender‘ Werke. Ephemere, da mündliche Dichtung kommt in den „Elogia“ nicht zur Sprache244, wohingegen die „Viten“ gerade in ihrer Fassung von 1568 den Gegenstandsbereich in weiten Teilen auf das Feld des Vergänglichen, des Performativen und Theatralen ausweiten. Auch bleiben bei Vasari die hierfür konstatierten Errungenschaften nicht auf die soziale Rolle oder auf die Werke des biografierten Künstlers (in seinem Fall also die ephemere Dekoration) beschränkt. Vielmehr bezieht er außerdem Erfolge in Literatur, Akrobatik, Musik und szenischer Darstellung sowie in der Erfindung festlicher und theatraler Genres in sein historiografisches Konzept mit ein. Hierfür finden die „Viten“ letzten Endes weder in der Stadtgeschichtsschreibung noch in Giovios „Elogia“ konkrete Orientierungsmuster vorgebildet.
244 Bis zu Grazzinis Sammlung blieben die meisten Canti primär mündlich und wurden allenfalls in Form von Flugblättern gedruckt. Flugblatt siehe, „La canzona de’ morti“ (um 1510), Kap. 2.1, S. 72, Abb. 4.
4
Theater und Fest in der Geschichtserzählung der „Viten“: Das Goldene Zeitalter und seine rinascita
Vor dem Hintergrund vergangener und zeitgenössischer Historiografie betrachtet, stellt sich die Frage, warum Vasari in der zweiten Vitenfassung so dezidiert vom gängigen Schema abweicht. Warum unterminiert er sein stringentes und an etablierten Vorläufern orientiertes Biografikmodell zugunsten eines Einbezuges von Gegenstandsbereichen, die mitunter weder auf den jeweiligen Künstler noch auf dessen Werk direkt beziehbar sind? Weshalb ergänzt der Autor seine Künstlerviten in der Giuntina derart umfangreich um Schilderungen zu ephemeren Werken und theatralen Festivitäten? Aus welchen Gründen belässt er bereits bestehende Lebensbeschreibungen nicht auf ihrem ursprünglichen Stand, sondern fügt dort mitunter gerade die Informationen zum Theater- und Festwesen nachträglich ein oder präzisiert vorhandene Äußerungen in Wortwahl und Gewichtung? Für all diese Aspekte muss es einen konkreten Grund geben, der am wahrscheinlichsten in einer veränderten historiografischen Zielsetzung der Giuntina-Ausgabe zu suchen ist. Es ist zu vermuten, dass theatrale Formen und ephemere Werke für dieses gewandelte Geschichtskonzept eine bestimmte Funktion ausüben, die deren verstärkte Aufnahme rechtfertigt oder sogar notwendig macht.
4.1 Die dritte Epoche innerhalb des Geschichtsmodells der „Viten“ von 1568: Überwundene Klimax innerhalb des Zyklus oder potentiell ewiges ‚Endzeitalter‘? Im Hinblick auf eigene Gegenwart und letzte Vitenepoche machen sich die profundesten Veränderungen im Geschichtsverständnis der Giuntina bemerkbar. Räumlich führt die Erfassung nun über Florenz und Italien hinaus und chronologisch wird das Konzept durch den Einbezug aktuell tätiger Künstler in Akademiker-Vita und Festbericht sowie durch Vasaris Autobiografie auf die eigene Gegenwart ausgedehnt 1. Auch die Erwähnungen theatraler und ephemerer Werke erstrecken sich vor allem auf die dritte età und reichen bis in zeitgenössisch aktuelle Geschehnisse hinein (Tab. 3)2.
1 2
Vgl. Kap. 1, S. 33-34. Vgl. Kap. 2.
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Auslöser für die Veränderungen war wohl der Tod Michelangelos im Jahr 1564, der eine Neuorientierung des in der Torrentiniana propagierten Geschichtsmodells erforderte. Diese neue Ausrichtung wird im Werk auf kunsttheoretischer Ebene fundiert, jedoch primär historiografisch argumentiert. Dabei bleiben die Grundmuster und Ausgangsmodelle gleich, erfahren aber in ihrer Gewichtung und Auslegung entscheidende Modifizierungen. Die Geschichtsvorstellung der „Viten“: Zyklus versus Heilsgeschichte
Bereits der Torrentiniana lag ein in seiner Grundstruktur zyklisches Geschichtsverständnis zugrunde3. Dieses wird in beiden Ausgaben mitunter leicht verändert im „Proemio delle Vite“ verdeutlicht und bestimmt den Ablauf, den der Autor dort für die Geschichte der Künste entwirft4. Nach ersten Anfängen bei den Äthiopiern und Ägyptern hätten sich die tre arti über die verschiedenen Völker des Altertums hinweg, allen voran die Etrusker, stetig verbessert. Eine gewisse Blüte sieht Vasari bereits in homerischer Zeit gegeben, wohingegen er die Klimax des Prozesses erst für den Beginn der römischen Kaiserzeit markiert. Mehrmals wird als besonderes Verdienst der Antike die hohe Wertschätzung betont, die Griechen und vor allem Römer den Künsten entgegenbrachten. Bereits während der fortschreitenden Kaiserzeit habe sich das Kunstschaffen der Antike jedoch zunehmend verschlechtert, „ogni giorno […] declinando“5, woraufhin mit der Spätantike endgültig ein innerer Niedergang einsetzte 6. Das hier vorgestellte Modell gleicht in seinem Verlauf mit Aufstieg, Wendepunkt und Dekadenz also der Form einer Parabel. Zum ‚Tod der Kunst‘ kommt es nach Darlegung des Autors jedoch erst durch den Ikonoklasmus des frühen Christentums sowie durch die ‚Barbareneinfälle‘ der Völkerwanderungszeit, durch die alle Zeugnisse der ehemaligen Blüte vernichtet worden seien: „[…] che, sollevatesi in diversi luoghi del mondo quasi tutte le nazioni barbare contra i Romani, ne seguì fra non molto tempo non solamente lo abbassamento di così grande imperio, ma la rovina del tutto e massimamente di Roma stessa, con la quale rovinarono del tutto parimente gli eccellentissimi artefici, scultori, pittori et architetti, lasciando l’arti – e loro medesimi – sotterrate e sommerse fra le miserabili stragi e rovine di quella famosissima città.“7
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Zum Zyklus bei Vasari siehe grundlegend: GOMBRICH 1960. Weiter und teils mit Schwerpunkt auf der 1568er-Ausgabe: GARIN 1976; BELTING 1978; KLIEMANN 1991; BURIONI, Vasari’s „rinascita“ 2010; BURIONI, Rinascita dell’arte 2010; WARNKE 1977. Grundlage der folgenden Paraphrase ist folgender Textabschnitt: VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 3-32. VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 14. In der 1550er-Fassung fehlt die spätantike Dekadenz noch gänzlich. VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 17.
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Den Zerstörungen der Völkerwanderung geschuldet, seien in der Folge alle antiken Vorbilder und Orientierungspunkte für gutes Kunstschaffen verloren gewesen. Gleichlautend importierten, so die Darlegung, die anschließend Italien 8 besetzenden Langobarden ihre eigenen Kunstformen und prägten dadurch die künstlerische Identität einer gesamten Epoche alteritär. Das mittelalterliche Kunstschaffen sei nun sowohl in der Architektur als auch in Malerei und Skulptur durch fremdartige und kunstkritisch abzuwertende Formen verschiedener ‚barbarischer‘ Herkunft geprägt gewesen9. Erst ab dem Jahr 1250 wird für die Architektur eine allmähliche Verbesserung konstatiert. Das erste Proömium leitet schließlich über zum Beginn der Lebensbeschreibungen, die mit den Viten Cimabues und Giottos die ‚Wiedergeburt‘ der Künste einläuten. Nach der den „Viten“ eigenen Vorstellung beginnen die Künste nun einen neuen Zyklus, dessen zunächst beständiger Aufstieg durch die Reihung der Lebensbeschreibungen dargelegt wird. Der Fortschritt ist vorläufig durch eine immer stärkere Angleichung an das antike Ideal gekennzeichnet10, bis dieses in einer letzten Stufe durch das Wirken des ‚göttlichen‘ Michelangelo sogar noch übertroffen wird: „Ma quello che fra i morti e’ vivi porta la palma, e trascende e ricuopre tutti, è il divino Michelagnolo Buonarroti […]. Costui supera e vince non solamente tutti costoro c’hanno quasi che vinto già la natura, ma quelli stessi famosissimi antichi che sì lodatamente fuor d’ogni dubbio la superarono […].“11
Diese klassische Form des zyklischen Geschichtsaufbaus verknüpft die Vorstellung eines parabelartigen Verlaufs der Geschichte mit der in Vergils vierter Ekloge über-
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Gemeint ist hier selbstverständlich nicht der Staat Italien, der erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts besteht. Gebraucht wird der Name vielmehr in Anlehnung an eine Formulierung Vasaris selbst: „[…] assalirono l’Italia e Roma e la saccheg[g]iorno due volte […].“: VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 18. BICKENDORF 2002, S. 116-119. Zu Vasaris Mittelalterverständnis weiter: CONCINA 2002; MURATOVA 1994; THIERY 1976; grundlegend: PANOFSKY (1930) 1998. Die Beschreibungen, welche Vasari in der technischen Einleitung von der maniera tedesca gibt, lassen darauf schließen, dass es vor allem der ‚gotische‘ Baustil ist, den er ablehnt. Im ersten Proömium nennt er dagegen explizit Bauten, deren Gründung langobardisch ist und die in ihren Formen romanische Prägung aufweisen. Näher hierzu siehe: KREUTZER 2008 vorgel., S. 43-52. Für eine Aufstellung aller Fortschritte und den wiederholten Vergleich mit der Antike siehe: VASARI: Proemio della seconda parte (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 14-19. VASARI: Proemio della terza parte (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 10-11.
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lieferten Hoffnung auf die zyklische Wiederkehr eines verlorenen Goldenen Zeitalters12. Das Modell eines zunächst aszendenten Verlaufs, der schließlich an seinem Höhepunkt umbricht und in konstanten Niedergang mündet, wurde erstmals in der Schule des Aristoteles entworfen und zunächst für die Geschichte der Rhetorik, der Musik, der Medizin und der Geometrie angewandt. Theophrast13 transferierte dieses Schema auf das Gebiet der Zivilisation14. Eine abschließende Katastrophe voraussehend, folgen auch die „Vita populi romani“ des Marcus Terentius Varro 15 sowie die „Naturalis historia“ Plinius’ des Älteren16 dem griechischen Vorbild. Die antiken Autoren sehen die eigene Gegenwart stets auf der absteigenden Linie der Parabel. Ihren Texten ist eine nostalgische Sicht auf vergangene Blütezeiten eigen. Diese retrospektive Grundhaltung bildet den einzigen Schnittpunkt des Parabelmodells mit dem Mythos der vier Weltzeitalter, wie er in den Schriften Hesiods, Homers, Pindars und Aischylos’ sowie des Dichters Aratos überliefert wird17. Am Anfang stand nach dieser Vorstellung das sogenannte Goldene Zeitalter, der Idealzustand der Welt unter der Herrschaft des Gottes Chronos, im völligen Einklang von Mensch und Natur. Die Erde habe ihre Gaben gerecht an alle Lebewesen nach ihrem jeweiligen Bedarf verteilt; die Menschen lebten harmonisch, ohne Handel und ohne Kriege. Mit dem Sturz der Titanen und dem Sieg des Zeus über Chronos findet diese ideale Epoche ihr Ende und es beginnt das silberne Zeitalter, in dem noch eher schlecht als recht die göttliche Ordnung eingehalten ist. Die zunehmende Entfremdung des Menschen von der Natur führt im bronzenen Zeitalter zu einer stetigen Verschlechterung. Mit der Einführung von Ackerbau, Viehzucht und Handel entstehen gleichzeitig Zwietracht, Neid und Streit. Im ehernen Zeitalter schließlich beherrschen die Laster die Welt, und es ist durch größte Götterferne gekennzeichnet18. Während also das Weltzeitaltermodell prinzipiell kulturfeindlich ausgerichtet ist und den geschichtlichen Verlauf als fortschreitende Dekadenz begreift, ist das Parabelmodell vom Gedanken eines positiv bewerteten zivilisatorischen Fortschritts geprägt, der erst an seinem Höhepunkt in den Niedergang umbricht.
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Über das Goldene Zeitalter siehe unter anderem: PÖSCHL 1981; VEIT 1961; KUBUSCH 1986. Zum Topos der Goldenen Zeit grundlegend: GOMBRICH 1961; im mediceischen Florenz: HOUGHTON 2014. Theophrastos von Eresos (*371 v. Chr.; †287 v. Chr.), griechischer Philosoph und Naturforscher. KUBUSCH 1986, S. 53-54. *116 v. Chr.; †27 v. Chr. KUBUSCH 1986, S. 100-103; SETTIS 2005, S. 70-71. Plinius der Ältere (*23/24 n. Chr.; †79 n. Chr.). Eine differenzierte Aufstellung der antiken Weltzeitalter-Vorstellungen und des Topos vom Goldenen Zeitalter siehe: MUND 2015, S. 21-30. Zu den Weltzeitaltern grundlegend: GATZ 1967. Hesiod (*um 700 v. Chr.); Homer (*8. Jh. v. Chr.); Pindar (*um 520 v. Chr.; †nach 466 v. Chr.); Aischylos (*535 v. Chr.; †456 v. Chr.); Aratos von Soloi (*um 310 v. Chr.; †245 v. Chr.). Vgl. MUND 2015, S. 22-26.
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Eine erste Verbindung gehen die beiden Vorstellungen ein, wenn im römischen Geschichtsdenken die Goldene Zeit mit gesellschaftlicher Blüte unter der Herrschaft des Saturn verbunden wird. Auf der Flucht vor Zeus in Latium gelandet, habe Saturn die Italiker in Ackerbau und Viehzucht unterrichtet und ihnen Gesetze gebracht – somit kurz gesagt ‚Kultur‘. Damit gründet sich der paradiesische Zustand nun nicht mehr auf Kulturferne, sondern ist im Gegensatz dazu als Weiterentwicklung eines rohen Urzustandes zu verstehen19. Auch diesem Modell bleibt jedoch der am Ende abwärts gerichtete Verlauf der Geschichte zunächst eigen. Erst in der augusteisch kaiserzeitlichen Dichtung und unter dem Eindruck einer scheinbar erfolgten ‚Wiederbelebung‘ gesellschaftlicher Blüte mit der Friedenspolitik des Augustus war eine zyklische Wiederkehr des Goldenen Zeitalters denk- und formulierbar20. In der prophetischen Äußerung, mit der Vergil seine vierte Ekloge beschließt, „[…] Augustus Caesar, divi genus, aurea condet saecula qui rursus Latio regnata per arva Saturno quondam […]“21, wird das Ideal erstmals nicht mehr nur in der Vergangenheit verortet. Durch die Herrschaft des Augustus sei dessen Wiederkehr in naher Zukunft zu erwarten und werde sich in der Geburt eines ganz besonderen Knaben offenbaren22. Eine ähnliche Vorstellung prägt auch die Gedankenwelt 16. Jahrhunderts23. Beispielsweise ist im letzten Buch von Baldassare Castigliones 24 „Cortegiano“ die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr der „età d’oro“ formuliert25, die durch eine gute Regentschaft, zu der der Fürst von seinem Hofmann angeleitet werde, erreichbar sei: „[…] quella virtù che forse tra tutte le cose umane è la maggiore e la più rara, cioè la manera [sic!] e ’l modo di governar e di regnare come si dee; il che solo basteria per far gli omini felici e ridur un’altra volta al mondo quella età d’oro, che si scrive esser stata quando già Saturno regnava.“26
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MUND 2015, S. 25. Für die ‚mythische Überhöhung‘ des Staates unter Augustus und seine diesbezügliche Politik siehe: ZANKER 1987, S. 171-196. VERGIL (um 29-19 v. Chr.) 2009, VI,792-794, S. 191; die panegyrische Komponente der Vergil’schen Goldenen Zeit und Zitat vgl. auch: MUND 2015, S. 26-31. Vgl. MUND 2015, S. 26-31. Selbstverständlich ist die Vorstellung von einer Wiederkehr Goldener Zeiten auch im 15. Jahrhundert präsent. Die humanistischen Bestrebungen nach kultureller und literarischer Erneuerung sind von diesem Gedankengut geradezu durchzogen, und nicht selten wird auf die Metapher rekurriert, beispielsweise bei Marsilio Ficino, der im Antikenstudium allein bereits ein Anzeichen für die Wiederbelebung saturnischer Zeiten sieht, vgl. PONTE 2003, S. 175. Zur Wiederkehr der Goldenen Zeit als Topos in der höfischen Kultur der Renaissance vgl. weiter: HOUGHTON 2015. *1478; †1529, Diplomat. CASTIGLIONE (1528) 1998, IV,XVIII, S. 373-375; vgl. auch: HOUGHTON 2015, S. 77-79; COSTA 2003, S. 109. CASTIGLIONE (1528) 1998, IV,XVIII, S. 375.
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Castiglione hatte die Goldene Zeit in der zweiten Redaktion seines „Libro“ noch in Anlehnung an Vergil in der Hoffnung gebenden Gestalt eines Knaben, in diesem Fall Federico Gonzagas27, gesucht und mit den gegenwärtigen desolaten politischen Zuständen kontrastiert. In der definitiven Fassung von 1528 sieht er sie dagegen konkret auf europäischem Feld, am Hofe Kaiser Karls V.28. Der Mythos wird damit in die Aktualität erhoben. Weder werden die paradiesischen Zustände in einer vergangenen Ur-Zeit angesiedelt, noch zeigen sie sich prophetisch in der Gestalt eines Kindes am Horizont. Vielmehr sind sie nun in greifbare Nähe zur eigenen Gegenwart gerückt 29. Auch die mediceische Panegyrik hatte bereits seit dem 15. Jahrhundert mehrfach darauf verwiesen, dass unter der Führung des jeweiligen Staatsoberhauptes das Goldene Zeitalter nach Florenz zurückgekehrt sei30. Den letzten Schritt dieser Annäherung vollziehen Vasaris „Viten“. Anders als Vergil und Castiglione beschränkt sich die Vitenerzählung nicht darauf, eine anbrechende neue Blüte zu verkünden. Stattdessen schildern die Biografien rückblickend vom Standpunkt des bereits erreichten Idealzustandes aus den Verlauf seiner Wiedererstehung31, wobei letzten Endes sogar die ursprüngliche Goldene Zeit, die römische Antike, übertroffen worden sei. Folglich weist das vasarianische Geschichtsmodell zwei ungleiche Parabeln auf. Der Höhepunkt der ersten Parabel bildet zunächst die Messlatte, anhand derer die Entwicklungen des zweiten Graphen ablesbar sind. Dadurch werden die beiden Höhepunkte miteinander parallelisiert und vergleichbar. Indem jedoch die zweite die erste Klimax letztendlich übersteigt, handelt es sich nicht mehr nur um die zyklische Wiederkehr eines immer gleich verstandenen Ideals32. Vielmehr entsteht in der letzten Epoche der zweiten Entwicklungsreihe etwas vollkommen Neues, das alles bisher Dagewesene hinter sich zurücklässt. Die Geschichte wiederholt sich nicht nur – sie schreitet in den Windungen des Zyklus merklich voran und ist so in letzter Konsequenz einem linearen Modell unterworfen. Für die Ungleichheit der beiden Parabeln scheint jenseits der antiken Vorbilder ein anderes Geschichtsverständnis Pate gestanden zu haben, das in seinem Ursprung nicht heidnisch-antik, sondern vielmehr christlich-eschatologisch ist33. Die christliche
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Gemeint ist Federico II. Gonzaga (*1500; †1540), Herzog von Mantua. COSTA 2003, S.111-113. Karl V. (*1500; †1558). Vgl. und für eine nähere Analyse der politischen Implikationen der Metapher bei Castiglione: COSTA 2003, S. 109-113; HOUGHTON 2015, S. 78-79. Verschiedene Quellen und Strömungen des literarischen Topos unter den Medici im 15. Jahrhundert und weitere Literatur siehe: MUND 2015, S. 43-49. Zur rückblickenden Perspektive auf den Prozess vom Standpunkt des erreichten Idealzustandes aus vgl. BELTING 1978, S. 113-117. Für das Verhältnis der Renaissance zur Antike zwischen ‚Identität‘ und ‚Alterität‘: SETTIS 2005, S. 58-60. Vgl. BLUM 2010, v.a. S. 274-277; BLUM 2012. Heilsgeschichte außerdem: LÖWITH 1953; „Heilsgeschichte“, in: LEXIKON DES MITTELALTERS 1983, Bd. IV, Sp. 2031-2032. Zu christlichen Weltalterlehren und der darauf aufbauenden Zeitrechnung grundlegend: BODMANN 1992. Zur Heilsgeschichte aus theologischer Perspektive grundlegend:
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Geschichtstheologie stellt dem antiken Zyklus ein lineares Modell gegenüber 34. Am Anfang der biblischen Erzählung steht ebenfalls der Verlust eines gottgeschaffenen Idealzustandes. Die Vertreibung aus dem Paradies entfernt die Menschen von Gott und bringt ihnen Mühsal, Leid und Zwietracht. Ab diesem Zeitpunkt aber beginnt ein vorherbestimmter Prozess der immer stärkeren Wiederannäherung im Verhältnis zwischen Gott und Mensch, die schließlich mit der Erlösung durch Christi Opfertod vollendet ist. Dies ist gleichzeitig bereits der Beginn der ‚Endzeit‘. Alles Wirken und jede Entwicklung sind fortan auf ein verheißenes Ziel hin ausgerichtet: die Wiederkunft Christi am jüngsten Tag, die Apokalypse 35. Im christlich-eschatologischen Denken ist dieses Ziel aber nicht als zyklische Wiederkehr des verlorenen Paradieses zu verstehen. Vielmehr prophezeit die Apokalypse des Johannes 21.1 eine „neue Erde“ und einen „neuen Himmel“36. Um das ‚Neue‘ der endzeitlichen Schöpfung zu bekunden, arbeitet die Bibel mit sogenannten Adynata, mit Unmöglichkeitsformeln37. Die Ewigkeit bricht an, wenn das bisher Unmögliche Wirklichkeit wird, wenn wilde Tiere zahm werden und Tote wieder zum Leben erwachen38. In diesem Sinne ist auch die Klimax der zweiten Entwicklung im vasarianischen Modell von 1550 zu verstehen. Mit dem Wirken des ‚göttlichen‘ Michelangelo sei in den Künsten etwas völlig ‚Neues‘ entstanden. Diese Neuartigkeit am Ende der Geschichte wird im spannungsgeladenen zyklisch-linearen Modell der „Viten“ ebenfalls durch Adynata verdeutlicht. Als Grundpfeiler manieristischer Kunsttheorie und wichtiges Kriterium in Vasaris Kunstkritik kennzeichnet das Prinzip des quello che non è sia39 zahlreiche Errungenschaften der letzten Vitenepoche. Mit ihm verwandte Begriffe, wie fantasia, imaginazione und vivezza, werden ebenfalls dazu verwendet, die Qualität künstlerischer maniere in der dritten età gegenüber den vorangegangenen Entwicklungsstufen hervorzuheben. Allesamt deuten sie auf die eigenständige schöpferische Energie des Künstlers hin, auf die Fähigkeit, Neuartiges zu ersinnen und zu verwirklichen und darin die Natur zu
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FREY, J. 2009. Siehe weiterhin: KOSELLECK 1984. Koselleck erläutert, durch Zitate gestützt, außerdem, wie real und nah das Weltenende je nach ‚Zeichen‘ und ‚Epoche‘ empfunden wurde. Allerdings interpretiert er die Endzeiterwartung im Sinne einer Untergangsfurcht: KOSELLECK 1984, S. 19-21. BLUM 2012, S. 135. VEIT 1961, S. 88-94; „Heilsgeschichte“, in: LEXIKON DES MITTELALTERS 1983, Bd. IV, Sp. 2031-2032. Joh. Apok. 21.1. VEIT 1961, S. 50-52. VEIT 1961, S. 50-52. Zum quello che non è sia und zu den damit verknüpften Schlüsselbegriffen vgl. SUMMERS 1981, S. 41-55; KEMP 1977, S. 348-350; POCHAT, Imitatio 2009, S. 388-392. Im Zusammenhang mit der Idea wurde die Bedeutung der eigenständigen Schöpfungskraft des Künstlers im Verhältnis von disegno, natura und imaginazione bei Vasari und im Manierismus außerdem grundlegend behandelt bei: PANOFSKY 1960, S. 33-56.
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übertreffen40. Erstrebenswert sind die Täuschung des Auges, die Illusion von Lebendigkeit sowie die Kreation bisher unmöglich scheinender Effekte, neuartiger Kombinationen und Erfindungen. Hierdurch überwindet die dritte Epoche die Natur und das antike Ideal gleichermaßen41. In der Vollendung dieses zunächst unmöglich scheinenden letzten Schrittes ist die Analogie der dritten Epochenstufe zu end- und heilszeitlichen Vorstellungen angelegt. Eine solche Argumentation gliedert sich außerdem in zeitgenössische chiliastische Strömungen und Gedankenspiele ein, die ein baldiges Weltende voraussagten42. Bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurden bei Prophezeiungen der nahen Apokalypse häufig Florenz und Rom parallelisiert und sowohl positiv als auch negativ wurde den beiden Städten ein ähnliches Schicksal weisgesagt. So spricht die „Seconda Profezia di Carlomagno“ 1380 von einem gemeinsamen göttlichen Urteil, das den beiden Städten am Ende der Zeiten zuteilwerde. In der Buchmalerei ab dem 15. Jahrhundert wird Florenz mitunter als himmlisches Jerusalem figuriert. Auch Savonarola hatte der Stadt eine zentrale Rolle als Gerusalemme superna unter besonderem göttlichem Schutz zugesprochen43. Beim Einzug Leos X. in Florenz ist der Prozessionsweg quadratisch angelegt, wodurch in Anlehnung an die Johannesapokalypse die Stadt als „civitas in quadro posita“44 erscheint45. Die „Viten“ können also mit ihrem Modell sowohl auf historiografische Muster als auch auf zeitgenössische Analogien zurückgreifen, deren Wendungen sie nun auf die Argumentation einer linearen Entwicklung der bildenden Künste übertragen. Nach der eschatologischen Vorstellung folgt nach dem Jüngsten Tag die Auflösung der Zeit, die Ewigkeit46. Es liegt nahe, dass eine analoge Hoffnung letztendlich auch Vasaris Schilderung inhärent ist – die Hoffnung den Kreislauf des Werdens und Vergehens zu durchbrechen und in einen Zustand ewiger Blüte überzugehen 47.
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Zum Verhältnis der Begrifflichkeiten untereinander und zu ihren Bedeutungsebenen wie Bedeutungsverschiebungen siehe: KEMP 1977; SUMMERS 1981, S. 33-285; POCHAT, Phantasia 2009; PANOFSKY 1960. Einzelne Begriffsklärungen siehe: BURIONI & FESER 2004, S. 226-229, S. 232-234, S. 252-255, S. 272-274; für den Bezug der fantasia zum aristotelischen Konzept der Adynata vgl. OY-MARRA 2008, S. 102. Siehe weiter: Kap. 4.1, S. 245. Vgl. POCHAT, Imitatio 2009, S. 389; zur manieristischen Aufwertung der fantasia und aller mit ihr verknüpften Prinzipien siehe auch: SUMMERS 1981, S. 33-285. Entwicklung dieses Konzeptes im 15. Jahrhundert: KEMP 1977. Nähere Auseinandersetzung mit der Überhöhung der Künste durch Vasaris Kunsttheorie in heilsgeschichtlicher Argumentationsfunktion siehe Kap. 4.1. CISERI 1990, S. 48-49. CISERI 1990, S. 47-50. Joh. Apok. 21,16. CISERI, 1990, S. 47-50. VEIT, 1961, S. 87-102. Die kontrastierende Zusammenschau von Zyklus und heilsgeschichtlicher Erwartung der Ewigkeit ist bereits in Petrarcas „Trionfi“ enthalten, wenn der Triumph der Ewigkeit am Ende die zeitliche Abfolge diverser uomini illustri durchbricht, die Hierarchie der Tu-
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Ihr wird in der Fassung von 1550, wie Gerd Blum nachgewiesen hat, mit dem giudizio universale48 Michelangelos ebenso Ausdruck verliehen, wie durch die Schilderung des „Jüngsten Gerichtes“, das derselbe in der Sixtinischen Kapelle geschaffen hatte. Die heilsgeschichtliche Erwartung hat nach dieser Darlegung im vollendeten Wirken des artista divino ihre Erfüllung gefunden49. Michelangelos Tod und seine Folgen für die Fassung von 1568
Anders stellte sich die Situation dar, als die „Viten“ 18 Jahre später nochmals aufgelegt wurden. Am 18. Februar 1564 starb der ‚gottgleiche‘ Künstler fern von Florenz, nachdem er sich in den letzten Lebensjahren beharrlich geweigert hatte, in die Heimatstadt zurückzukehren50. Sein Leichnam wurde von Rom nach Florenz transportiert und dort unter großem zeremoniellem Aufwand beerdigt51. Der Tod desjenigen, der die heilsgeschichtlichen Erwartungen der Torrentiniana erfüllt hatte, führt das vasarianische Modell für die Giuntina in eine prekäre Lage. Nach naturhaft-zyklischem Verlauf müsste die Entwicklung der Künste nun, nachdem die zweite Klimax endgültig als überschritten angesehen werden muss, erneut in die Dekadenz umbrechen52. Die diesbezüglich bereits in der ersten Vitenfassung formulierte Befürchtung des Autors ist nun vermeintlich in greifbare Nähe gerückt: „[…] che ella [die Kunst] sia salita tanto alto, che più presto si abbia a temere del calare abasso che sperare oggimai più augumento.“53
Michelangelos Ableben befeuerte diese Zukunftsängste, die bereits im Jahrzehnt zuvor in Florenz verbreitet wurden. Sehr genau hatten die Zeitgenossen – und auch der Vitenautor – bemerkt, dass sich unter den Künstlern zahlreiche Michelangelo-Nachahmer befanden, die versuchten, dessen maniera direkt zu kopieren. Dieser Umstand wurde mitunter als erstes Anzeichen eines beginnenden Niedergangs gewertet 54. Kritische Stimmen, wie beispielsweise jene des römischen Kunsttheoretikers und Antiquars Pirro Ligorio55, betrachteten die eigene Gegenwart bereits als in hohem
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genden und Laster beherrscht und die Zeit unterwirft, wodurch eine ‚neue Welt‘ anbricht, vgl. HOLDE 2008, S. 79-80. Zum giudizio siehe unter anderem: WILLIAMS 1997, S. 46-48; SUMMERS 1981, S. 332-379; PFISTERER 2002, S. 194-195. Begriffsklärung bei: BURIONI & FESER 2004, S. 275-278. BLUM 2010, S. 277; BLUM 2012, S. 145. RUFFINI, M. 2011, S. 13-14. RUFFINI, M. 2011, S. 15-20. Für die Probleme, die Michelangelos Tod im Geschichtsmodell der „Viten“ verursacht, siehe: KLIEMANN 1991, S. 58-61. VASARI: Proemio della seconda parte (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 7. Vgl. RUFFINI, M. 2011, S. 58-62, S. 180 Anm. 51. *1514; †1583.
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Maße dekadent56. Anstatt die Entfremdung vom antiken Ideal weiter voranzutreiben, die Michelangelo begonnen habe, forderte Ligorio eine sofortige Rückorientierung an den römischen Originalen und ihren Gestaltungsprinzipien57. Zwar steht Ligorios gegenwartspessimistische Sicht Vasaris Auffassung vom aktuell erreichten Höchststand diametral gegenüber. Dennoch – Vasari kannte den Antiquar und konnte dessen Haltung, ungeachtet seiner Feindschaft und Konkurrenz zu ihm, bei einer Neufassung der „Viten“ nicht gänzlich ignorieren58. Auch der Autor der Lebensbeschreibungen steht somit dem ‚Michelangeloismus‘ seiner Zeitgenossen kritisch gegenüber. So wird Pontormo in den „Viten“ dafür kritisiert, dass er in seinen Fresken in San Lorenzo versucht habe, sich mit Michelangelo zu messen und jenen zu übertreffen. Dies habe notgedrungen zum Misserfolg führen müssen59. Bei der Publikation der zweiten Ausgabe und nachdem der Meister verstorben war, hatte das Problem der Michelangelo-Nachfolge noch einmal exponentiell an Brisanz zugenommen60. Welche Entwicklungen waren nun überhaupt noch möglich? Welche Perspektiven konnte es geben, die nicht in den folgerichtigen Niedergang führten? Eine mögliche Lösung wäre der bereits in der Erstfassung propagierte heilsgeschichtliche Verlauf der Künste. Doch auch hierfür ergaben sich durch den physischen Tod des artista divino profunde Schwierigkeiten. Ähnlich der biblischen Christus-Nachfolger mussten die gegenwärtig tätigen Künstlergenerationen mit der Tatsache umzugehen lernen, dass die erwartete ewige Glückseligkeit, das Verharren im Idealzustand, noch auf sich warten ließ. Stattdessen zeigten sich am Horizont bereits neue Künstlerpersönlichkeiten, Eleven der 1563 gegründeten Accademia delle Arti del Disegno61, die für Vasari auch im Sinne seines klar umrissenen kulturpolitischen Auftrages nicht zu ignorieren waren. Die Accademia war eine mediceische Einrichtung; Cosimo I. de’ Medici persönlich fungierte als Schirmherr. Die Mitglieder der Akademie sollten die offizielle Staats-
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Ligorio bezeichnet die eigene Zeit als „Jahrhundert der verlorenen Hoffnung“: SCHREURS 2000, S. 49. Ligorios theoretischer Traktat, der die schärfste MichelangeloKritik enthält, wurde zwar erst in den 1570er-Jahren veröffentlicht, doch beweisen zahlreiche Manuskripte, dass der Antiquar diese Meinung bereits in den vorangegangenen Jahrzehnten vertrat: SCHREURS 2000, S. 11-49. Zum theoretischen Traktat Ligorios siehe weiterführend: SCHREURS 2000, S. 147-182. SCHREURS 2000, S. 49-50, S. 166-170. Diese Aussage gilt unabhängig davon, wer die entsprechenden Textpassagen in den „Viten“ tatsächlich geschrieben hat: Die Bekanntschaft der beiden Künstler stellt sicher, dass Ligorios Auffassungen Einfluss auf die Sichtweise und Argumentationsstruktur des Textes genommen haben können. Zur Feindschaft zwischen Vasari und Ligorio, die bereits seit Vasaris Romaufenthalt in den 1540er-Jahren bestand vgl. SCHREURS 2000, S. 147-158. RUFFINI, M. 2011, S. 46; VASARI: Vita di Iacopo Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 332-333. Herausgearbeitet bei: KLIEMANN 1991, S. 61-63; RUFFINI, M. 2011, S. 2-8. ZANGHERI 2015, S. VII.
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kunst tragen und verwirklichen, ihr Renommee dem Fürstenhaus überregional Glanz und Ansehen verleihen62. Nicht auszuklammern war des Weiteren der Umstand, dass die politische Entwicklung des Hauses Medici erst in den beiden Jahren nach Michelangelos Tod auf ihren Höhepunkt zulief. Die Verbindung mit dem Habsburger Kaiserhaus war erst 1565 durch die Hochzeit Francescos mit Johanna von Österreich endgültig gelungen63. Ein Fortschreiben der Geschichtserzählung über den End- und Höhepunkt der Torrentiniana hinaus war also notwendig, wollte man diesem Umstand Rechnung tragen. Zudem stellten die Hochzeitsfeierlichkeiten auch für Borghini und Vasari jeweils einen biografischen Höhepunkt dar. Beide konnten sich als Hauptverantwortliche für die allegorische Vermittlung der politischen Inhalte sowie für die künstlerische Ausstattung der mehrmonatigen Feierlichkeiten hervortun und dadurch einen Platz in der ersten Reihe der Günstlinge Cosimos erlangen 64. Das hat die Aufnahme einer ausführlichen Schilderung der Feste am Ende der zweiten Vitenausgabe sicherlich ebenfalls motiviert65. Wie aber ist die Erkenntnis andauernden kulturellen und gesellschaftlichen Fortgangs mit dem Modell einer eschatologischen Erfüllung vereinbar, die letztlich den statisch-ewigen Glückszustand einläuten müsste? Eine potentielle Ergänzung der „Viten“ um eine „quarta età“ war – um die Ambivalenz des Werkes komplett zu machen – durchaus bereits in der 1550er-Fassung angedacht. In der Widmung an Cosimo de’ Medici äußert der Autor dort folgende Hoffnung: „[…] spero che chi verrà dopo noi arà da scrivere la quarta età del mio volume, dotato d’altri maestri, d’altri magisterii che non sono i descritti da me […].“66
Der Widerspruch zwischen möglicher Fortsetzung und heilsgeschichtlicher Ewigkeitserwartung wird in der Torrentiniana nicht theoretisch geklärt, sondern bleibt unreflektiert über das gesamte Werk hinweg bestehen. Für die historiografische Argumentation der Fassung von 1568 liefert die Option eines ‚Fortschreibens‘ der Geschichte letztlich die entscheidende Chance: In der biblischen Darlegung ist die Endzeit in zwei Phasen unterteilt. Die erste Spanne reicht von Christi Geburt bis zur Apokalypse, während erst durch das Jüngste Gericht der
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So wurden die Künstler der Akademie zu zahlreichen Großprojekten herangezogen. Zu den Statuten, der Gründung und Ausrichtung der Akademie siehe weiterführend: MEIJER & ZANGHERI 2015; hierin insbesonders: SARTONI 2015; ZANGHERI 2013. Die Instrumentalisierung der Accademia delle Arti del Disegno für propagandistische Zwecke unter Cosimo wird außerdem beschrieben in: BARTOLI, R. 2011, S. 48-49. Zur politischen Dimension der Hochzeit und ihres Aufwandes siehe unter anderem: WILLIAMS 1998; SCORZA 1981; MOREL 1993, S. 287-304; VAN VEEN 2006, S. 93-99. Zum Zusammenwirken zwischen Cosimo, Borghini und Vasari und zum Prestige der festlichen Projekte für die Ideatoren siehe: BENINI 1982; außerdem: PIERGUIDI 2013. KLIEMANN 1991, S. 53-54. VASARI: ALLO ILLUSTRISSIMO ET ECCELLENTISSIMO SIGNORE IL SIGNOR COSIMO DE’ MEDICI (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 5.
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letzte und ewige Glückszustand anbricht67. Hatte die 1550er-Fassung ihren Schwerpunkt auf den giudizio Michelangelos und damit auf die Analogie zur Vorstellung vom Jüngsten Gericht gelegt, so wird der Fokus 1568 verstärkt auf jene Zweiteilung der dritten Heilszeit gesetzt68. Das intensive Bemühen Borghinis und Vasaris, Michelangelos Tod für einen heilsgeschichtlich-linearen Fortgang der Kunstentwicklung fruchtbar zu machen, zeigen bereits die durch die Accademia delle Arti del Disegno organisierte Florentiner Begräbniszeremonie und ihre Berichterstattung69. Unter der Federführung von Vasari und Borghini wurde für den Meister eine nahezu biblisch anmutende Abschiedsszene inszeniert. Sie bahrten den Leichnam nach seiner Ankunft in Florenz zunächst in Santa Croce auf – entgegen des ausdrücklichen Wunsches der Familie im offenen Sarg. Die Mitglieder der Akademie defilierten einzeln vor ihrem verstorbenen Idol und berührten in einer der Reliquienverehrung gleichkommenden Zeremonie den Kopf des Toten 70. Noch im gleichen Jahr erschienene Festberichte, zum Beispiel das bei Giunti veröffentlichte Buch „Esequie del divino Michelagnolo Buonarroti“71, beschreiben ein ‚unvergleichliches Wunder‘, das sich bei der Öffnung des Sarges offenbart habe, wodurch – nach dem Vorbild mittelalterlicher Hagiografie – ein geradezu ‚messianischer‘ Anspruch für den gottgleichen Künstler erhoben wird: 22 Tage nach seinem Tod sei der Körper Michelangelos noch immer unversehrt gewesen, seine Züge wie schlafend, seine Haut bei der Berührung nach wie vor weich und glatt. Vom Leichnam sei ein frischer und süßer Duft ausgegangen. Überliefert wird ein Ausruf Borghinis, der das ‚Wunder‘ öffentlich verkündete72. Die Anekdote ist auch Teil der Vitenfassung von 156873. Durch die Berührung des Toten, die Teilhabe am Wunder der fleischlichen Unversehrtheit, werden in diesen Berichten die Akademiemitglieder gleichsam zu
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Zur Aufteilung der Endzeit in der Bibel siehe: VEIT 1961, S. 95-102; BLUM 2012, S. 135. Interessant ist, dass die Vitenargumentation in dieser Hinsicht kongruent zu einer sich verändernden Allegorik in der mediceischen Bildrepräsentation verläuft: Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wird in der impresa Cosimos der Lorbeer durch die Palme ersetzt, die ihrerseits auf das ewige Fortbestehen paradiesisch-goldener Zustände unter den Medici verweist. Auch hier wird also das Modell des Zyklus zugunsten einer heilsgeschichtlichen Komponente aufgelöst: MUND 2015, S. 76. Unter anderem wird das Begräbnis minuziös in Vasaris Michelangelo-Vita von 1568 geschildert: VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 126-141. Zu Veränderungen der Michelangelo-Vita zwischen den beiden Ausgaben siehe weiterführend: BAROCCHI 1984, S. 35-52. Für die kunsttheoretische Bedeutung der ephemeren Dekorationen bei Michelangelos Begräbnis siehe weiterführend: GRABACH 2007. Für eine detaillierte Schilderung des diplomatischen wie zeremoniellen Aufwandes bei Transport und Aufbahrung Michelangelos sowie für weitere Implikationen siehe: RUFFINI, M. 2011, S. 12-25. GIUNTA 1564. Vgl. RUFFINI, M. 2011, S. 14-21. VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 128.
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Michelangelos ‚Jüngern‘ erhoben, die seine Nachfolge antreten, seine Prinzipien verbreiten und letztlich den Anbruch der eschatologischen Endzeit vorbereiten. In den „Viten“ leitet die Sequenz eine abschließende, ausführliche Beschreibung der ephemeren Begräbnisdekoration sowie eine Kurzzusammenfassung deren zeremoniellen Ablaufes ein, worin der Autor nicht müde wird, die Leistungen der jüngeren Akademiemitglieder für diesen Anlass zu preisen74. Die Nachwuchskünstler werden namentlich erwähnt, sowie als Schüler der zeitgenössisch herausragenden Meister ausgewiesen. Kennzeichnungen wie „pittore giovane e di molto valore“75, „giovane molto diligente e studioso“76 und „giovane di bellissimo giudizio e molto esercitato nella pittura in Firenze et in Roma“77 dienen dazu, die Erwartungen kenntlich zu machen, die nach Vasaris Meinung zu Recht an diese jungen Talente gestellt werden, und letztere als würdige Nachfolger Michelangelos zu präsentieren. Der ‚messianische Charakter‘ Michelangelos spiegelt sich auch in der Beschreibung eines Ausstattungsteils des Festapparates. Als Pendants hätten einander zwei gemalte Szenen gegenübergestanden. Eines der beiden Gemälde habe Michelangelos Apotheose dargestellt und ihn im Zentrum zahlreicher antiker wie moderner Künstler präsentiert, die ihn freudig im Jenseits willkommen hießen78. Das zweite Bild habe den ‚Göttlichen‘ umringt von jungen Künstlern gezeigt, die er belehre und deren erste Werke er gleich einer Opfergabe dankbar annehme: „[…] i quali, come a cosa sacra e divina, offerivano le primizie delle fatiche loro, cioè pitture, sculture e modelli, a lui che gli riceveva cortesemente e gl’ammae-strava nelle cose dell’arti, mentre eglino attentissimamente l’ascoltavano e guardavano con attitudini e volti veramente belli e graziatissimi.“79
Die spezifische Wortwahl der Beschreibung weckt beim Leser Assoziationen mit Szenen, die die Aussendung der Apostel durch Jesus zeigen, wie beispielsweise Duccio di Buoninsegnas „Maestà“ (Abb. 22). Aus der Warte dieser Metaphorik heraus fungiert die zweite Vitenfassung in toto quasi als ‚Bibel‘ der Künste. Wie diese teilt sie die letzte Heilszeit in zwei Phasen auf. Formuliert und historisch erfasst wird die ‚künstlerische Heilsgeschichte‘ bis zum Tod des ‚Messias‘. Darüber hinaus reicht die historiografische Darstellung einige erste Schritte hinein in die Geschichte der Nach-
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VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 126-141. VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 138. VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 138. VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 137. VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 135. VASARI: Vita di Michelagnolo 1966-69, Bd. VI, S. 136.
Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.)
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folger, um so kommenden Generationen Anhaltspunkte für deren Leben in der zweiten Hälfte des Zeitalters sub gratia zu eröffnen. Da der historisch bestimmte Weg jedoch nach Erreichen des Höchststandes nicht weiter nach oben gehen kann, muss er stattdessen andere Richtungen finden 80. Dies geschieht, wie Marco Ruffini dargelegt hat, in der Argumentation der „Viten“ zum einen dadurch, dass für die Zeit nach Michelangelos Tod ein grundlegend anderes Kunstverständnis propagiert wird.
Abbildung 22: Duccio di Buoninsegna: Maestà Rückseite; Abschiedsrede Jesu an die Apostel, 1308-1311, Museo dell’opera del Duomo, Siena.
Die Einzelleistungen der uomini illustri werden in der direkten MichelangeloNachfolge abgelöst durch das Ideal kollektiv-akademischer Kunstproduktion, welches sich in den zahlreichen Sammelviten der dritten Epoche ebenso offenbart, wie in
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Klingt bereits an bei: KLIEMANN 1991, S. 52-63; POZZI 2017, S. 52-59.
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den Titeln „le opere di […]“, die die Biografien zeitgenössisch tätiger Künstler einleiten81. Den Schlüssel zur heilsgeschichtlich weiterführenden Perspektive liefern aber vor allem diverse Äußerungen, die der Autor in die Raffael-Biografie der Giuntina integriert82. Jener wird nun auf eine Stufe mit Michelangelo gesetzt, wie dieser als „divino“ bezeichnet und zum Vorbild erhoben: „[…] coloro che sono possessori di tante rare doti quante si videro in Raffaello da Urbino, sian non uomini semplicemente, ma se è così lecito dire, dei mortali […].“83
Dieser Rang sei für den Künstler allerdings nur erreichbar, da er den Meister zwar studierte, jedoch seine Grenzen kannte und sich nicht mit ihm auf gleichem Felde, der Zeichnung nackter Körper, messen wollte. Stattdessen habe Raffael die historia und die perfekte Abstimmung all ihrer Komponenten zu seinem Spezialgebiet erklärt: „Queste cose, dico, considerando Raffaello, si risolvé, non potendo aggiugnere Michelagnolo in quella parte dove egli aveva messo mano, di volerlo in queste altre pareggiare e forse superarlo; e così si diede non ad imitare la maniera di colui, per non perdervi vanamente il tempo, ma a farsi un ottimo universale in queste altre parti che si sono raccontate.“84
Um das erklärte Ziel der Universalität zu erreichen, habe sich Raffael eklektizistisch bei dem Formenrepertoire anderer Künstler bedient, das er zu einer einzigartigen und unverwechselbar eigenen maniera verdichtete:
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RUFFINI, M. 2011, S. 64-70. Zwar widerspricht van Veen vehement dieser These, mit dem Hinweis, dass Vasari ebenso häufig das Studium von Michelangelos Werken und damit seine Nachahmung gefordert habe: VAN VEEN 2015, S. 19-26. Dies beruht aber vermutlich auf einem Missverständnis: Ruffini behauptet an keiner Stelle, das Studieren von Michelangelos Werken werde in den „Viten“ abgelehnt. Natürlich ist Michelangelo nach wie vor das entscheidende und unumstößliche Vorbild für kommende Generationen. Aus der Betrachtung seiner Kunst sollen sie die Lehren ziehen, die sie schließlich jedoch auf andere Gebiete zu übertragen angehalten sind. Michelangelos Vorbild ist also nicht als ‚Kopiervorlage‘ misszuverstehen. Das direkte Zitat ist in den „Viten“ dezidiert abgelehnt: VASARI: Vita di Iacopo Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 332-333; vgl. Kap. 4.1, S. 247-248. Problematisch ist auch, dass van Veens Argumentation den möglichen Einfluss anderer Redakteure auf die „Viten“ negiert: Während Borghini vielleicht ein kollektives Kunstideal verfolgt habe, sei dies bei Vasari nicht zu sehen. Die Frage stellt sich jedoch, wer von beiden die entsprechenden Passagen redaktionell zu verantworten hat. Vgl. KLIEMANN 1991, S. 61-63; siehe auch: PATRIZZI 2017, S. 77-78. VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 156. VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 206.
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„[…] mescolando col detto modo alcuni altri scelti delle cose migliori d’altri maestri, fece di molte maniere una sola, che fu poi sempre tenuta sua propria, la quale fu e sarà sempre stimata dagl’artefici infinitamente.“ 85
Raffaels Vorgehen eröffnet so gleichsam einen Leitfaden für künftiges Kunstschaffen: Gesucht ist fortan der universelle Künstler, der weder im reinen Michelangelozitat noch im Übertreffen desselben auf gleichem Gebiet sein Glück versucht, sondern vielmehr die eigene Kunst thematisch und inhaltlich in verschiedene Dimensionen erweitert. Die kontinuierliche Fortführung der Geschichte ist nur durch diese Erschließung neuer künstlerischer Betätigungsfelder gewährleistet 86. Eine Möglichkeit dazu bietet schließlich das weite Feld von Theater und Fest sowie Ephemerem, innerhalb dessen die Künste auf ihrem Höhepunkt noch weiter verdichtet und entfaltet werden können. Durch ihre künstlerische Mitwirkung an theatralen Umzügen, Aufführungen und Banketten tragen die Akademiemitglieder als direkte Nachfolger Michelangelos und ähnlich den Jüngern Jesu dessen Maximen buchstäblich ‚in die Welt hinein‘. Der natürliche Verlauf und seine Überwindung durch ars in den „Viten“
Ungeachtet ihrer Analogien zur Geschichtstheologie vertritt jedoch auch die zweite Vitenausgabe weiterhin die Auffassung vom naturhaft zyklischen Verlauf der Kunstentwicklung. Auch 1568 spricht der Autor im ersten Proömium dezidiert davon, dass die Kunst ähnlich dem menschlichen Körper geboren werde, wachse, altere und sterbe: „[…] la natura di questa arte, simile a quella dell’altre che, come i corpi umani, hanno il nascere, il crescere, lo invecchiare et il morire.“87
Aus diesem zwangsläufigen Prinzip des Werdens und Vergehens scheint es zunächst kein Entrinnen zu geben. Das Paradox zwischen linear-heilsgeschichtlichem Modell und naturgegebenem Zyklus prägt also auch 1568 die historiografische Struktur der „Viten“, wird jedoch abermals nie ausdrücklich thematisiert88. Für die Argumentation einer fortdauernden Blüte nach dem Tod Michelangelos ergibt sich daraus eine entscheidende Konsequenz: Soll dieses Bild stimmig entworfen werden, so muss es sich logisch in beide Geschichtsmodelle gleichermaßen einfügen. Der Zyklus muss überwindbar, der natürliche Prozess durchbrechbar werden,
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VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 207. Für vorangehende Interpretation der vorgestellten Textstellen vgl. KLIEMANN 1991, S. 61-62; bei Kliemann außerdem ausgeweitet auf die arti minori, die in der 1568erFassung verstärkt Würdigung und Erwähnung finden. Für neue Wege nach dem Vorbild Raffaels in der zweiten Vitenfassung siehe auch: POZZI 2017, S. 54-57. VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 31. BLUM 2012, S. 147.
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um das Fortbestehen der neuen Goldenen Zeit plausibel erscheinen zu lassen. Ein argumentativer Kunstgriff ist nötig, um dies zu bewerkstelligen. Möglich wird eine Überwindung naturhaft-zwangsläufiger Entwicklungsprozesse, wenn das Gegensatzpaar von ars und natura89 für die Geschichte der Künste fruchtbar gemacht wird, das in der Sprachtheorie ab dem 14. Jahrhundert etabliert ist. Dort wird in der sogenannten Questione della lingua, der Diskussion um die Vorherrschaft von toskanischer oder lateinischer Sprache als lingua franca in Literatur und Wissenschaft, bereits die Außerkraftsetzung natürlicher Gesetzmäßigkeiten durch das Prinzip ars argumentiert90. So konstatiert Dante in seinem „De vulgari eloquentia“91, alle natürlichen Sprachen, wie das volgare, entwickelten sich nach einem prozessualen, naturhaften Verlauf, während das Latein „artificialis“ und daher „inalterabilis locutionis ydemptitas diversis temporibus atque locis“92 sei. Das angestrebte künftige volgare soll sich Dantes Ansicht nach eklektizistisch bei den besten Dialekten bedienen und auf diese Weise selbst zur Kunstsprache werden. Erst dann könne es den gleichen Rang wie das Latein erlangen93. Durch ihre Werke trugen die sogenannten tre corone – Dante, Petrarca und Boccaccio – dazu bei, die Debatte, zumindest in der Praxis, zugunsten der Volkssprache zu entscheiden94. Allerdings brachten die humanistischen Studien
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Zum Gegensatz von ars und natura im 16. Jahrhundert siehe auch: WILLIAMS 1997, S. 56-94. WILLIAMS 1997, S. 56-94. Zur Questione della lingua und zum Toskanischen als ‚Ausgleichssprache‘ siehe grundlegend: KLEIN 1957; außerdem: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 79-126. Obwohl das Latein zunächst höher bewertet ist, verfasste Dante seinen „Convivio“ (1304-1308) im volgare, um für lateinunkundige illiterati einen unverstellten Zugang zum dort enzyklopädisch vorgestellten zeitgenössischen Wissen zu gewährleisten: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 82-83. Allgemein siehe: KATTENBUSCH 1999. Ruffini hat bereits die Übereinstimmungen zwischen bildenden Künsten und Sprache in einer von konkreten Vorbildern unabhängigen Entwicklung erkannt, wie sie in der zweiten Vitenfassung propagiert wird: RUFFINI, M. 2011, S. 137-160. ALIGHIERI (1303-1305) 2007. Auf Latein für die gebildete Oberschicht verfasstes Plädoyer für eine qualitativ dem Latein angenäherte Verwendung der Volkssprache. ALIGHIERI (1303-1305) 2007, I,9, S. 60. Zur Unterscheidung zwischen einer lingua artificialis und einer lingua naturalis bei Dante siehe weiter: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 83-84. Ich danke Martina Neumeyer für diesen freundlichen Hinweis. Für das künftige volgare fordert Dante vier entscheidende Merkmale: Es soll illustre sein (durch die eklektizistische Auswahl der besten Eigenschaften verschiedener Dialekte) sowie cardinale (maßgebend für die weitere volkssprachliche Entwicklung), aulicum (hoffähig) und curiale (stilistisch ausgewogen und erhaben): vgl. SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 86-87. Dante, Petrarca und Boccaccio stellten durch ihre volkssprachlich verfassten Dichtungen und wissenschaftlichen Traktate die koiné-Qualitäten des volgare als lingua franca unter Beweis, also sein Potential als Verkehrssprache, welche auf unterschiedlichen literarischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Gebieten die Kommunikation in gesprochenen
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des 15. Jahrhunderts die Questione della lingua erneut auf, da sie der antiken Sprache wieder erhöhte Bedeutung zukommen ließen und die Frage nach konkreten Vorbildern aufwarfen95. Auch für das Latein wurde nun eine zunächst natürliche Entwicklung angenommen, die schließlich im ciceronisch-klassischen Sprachgebrauch ihren Höhepunkt gefunden habe96. Dies führte dazu, dass sich die Kontroversen im 16. Jahrhundert, unabhängig davon, welche Sprache bevorzugt war, auf die kanonische Vorbildhaftigkeit konkreter Stile und Werke für die künftige Poesie verlagerten, wobei ebenfalls auf den Gegensatz von ars und natura rekurriert wurde97. Beispielsweise plädierte der Venezianer Pietro Bembo vehement für die Setzung bestimmter Modelle: Boccaccio für die Prosa und Petrarca für die Verssprache. Nur durch die Orientierung an festen Mustern könne man dem naturgesetzmäßigen Verfall entgehen, dem jede Mundart zwangsläufig unterliege98. In diese Diskurse waren unter anderem diverse Vitenredakteure, wie Pierfrancesco Giambullari und Cosimo Bartoli, maßgeblich involviert 99. Vergleichsweise spät, dafür aber umso intensiver beteiligte sich auch Vincenzo Borghini an der Debatte100. Aus seinen handschriftlichen Notizen, die als Vorbereitungen eines unvollendet gebliebenen sprachtheoretischen Traktates überliefert sind 101, geht hervor, dass Borghini zwei Arten von Sprache unterscheidet, für die er jeweils verschiedene historische Entwicklungsmodelle konstatiert: die natürliche Mundart („lingua“) und die
wie geschriebenen Texten erleichtern sollte. Siehe weiterführend: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 87-98. 95 Ausführlicher und differenzierter dargestellt bei: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 101-106. 96 CELENZA 2014, S. 113-128. Beispielsweise geht Leonardo Bruni in seiner „Vita di Petrarca“ von einem entsprechenden Verlauf aus. Gleichzeitig definiert er in seiner „Vita di Dante“ das Latein als „stile litterato“ und setzt es in einen Gegensatz zum „stile vulgare“: BRUNI (1436) 1928, S. 61, S. 64-65. 97 Aufstellung und Diskussion miteinander in Konkurrenz stehender Sprachmodelle im 16. Jahrhundert bei: SCHWARZE & REUTNER 2011, S. 117-142. 98 RUFFINI, M. 2011, S. 137. Grundlegend und weiterführend zur Questione della lingua im 16. Jahrhundert und zu ihren Auswirkungen auf den Literaturdiskurs: HARDT 2003; KAPP & FELTEN 1994, zu Bembo v.a. S. 130-135; PETRONIO 1992, S. 223-226. Siehe außerdem: WILLIAMS 1997, S. 56-94. Ich danke Martina Neumeyer für ihren Rat bei Fragen zur Questione della lingua. 99 Bembos Äußerungen stehen im Kontext der Diskussionen an der Accademia Fiorentina: BLUM, Giorgio Vasari 2011, S. 184. Siehe hierzu näher: DAVIS 2011, S. 262; VASOLI 1980, S. 47-48; vgl. auch Kap. 1, S. 30-31. 100 Für Borghini, der erst in den 1560er- bis 1570er-Jahren voll in diese Diskussion mit einstieg, ist insofern eine Sonderrolle zu konstatieren, als er für die Regelhaftigkeit der Mundart einen Mittelweg zwischen Norm und Gebrauch vorschlägt und sich klar von Puristen wie beispielsweise Salviati absetzt. Für eine Diskussion der verschiedenen Positionen der Florentiner Gelehrten in der discussione della lingua und ihren Einfluss auf die Sprache der „Viten“ siehe ausführlicher: RUFFINI, M. 2011, S. 137-160. 101 RUFFINI, M. 2011, S. 150.
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artifizielle poetische Sprache („poetica“). Durch ihren Ursprung aus der Natur sei die lingua dem Prozess des Werdens und Vergehens unterworfen: „Natura è delle lingue tutte di mutarsi, crescere, abbellirsi et peggiorare anchora, perdere et pigliare voci di nuovo et simili altri accidenti che tutti sono nella natura.“ 102
Dagegen beruhe die poetica auf abstrakten Regeln, Erfahrung und dem giudizio herausragender Autoren und sei so in der Lage, sich dem Verfall zu widersetzen103: „La poetica non è cosa di natura, che habbia il suo processo ordinato et necessario, come i tempi, il cielo, gl’alberi, etc., che muovono, tornano, etc., secondo l’ordine prescritto dalla natura, ma è cosa d’arte, la quale nascie dal giuditio et uso ottimo di valent’ huomini, il quale osservato et ridotto a forma di regola, è come dire la natura di quella cotal cosa.“104
Die dauerhafte Stabilität der poetica wird nach dieser Argumentation durch ihre Erhebung zur ars garantiert105. Sprachliche Ideale sind für Borghini generell außerhalb konkreter literarischer Vorbilder zu suchen, deren Disposition er immer als historisch bedingt und daher nicht als absolut begreift. Vielmehr gehe es darum, allgemeine Regeln und Prinzipien aus den einzelnen Werken zu extrahieren und diese als maßgebend für eigenes Wirken zu setzen106. Beispielhaft für seine Forderung dient Borghini bezeichnenderweise ein Exempel aus dem Bereich der bildenden Künste: Michelangelo. Ebenso wenig, wie der Künstler sich im reinen Michelangelo-Zitat ergehen dürfe, so solle auch der zeitgenössische Literat keinesfalls einzelne Idiome Dantes, Petracas oder Boccaccios blind nachahmen. Stattdessen gelte es, aus einzelnen Werken die ‚Natur‘ der Dinge zu extrahieren und sich damit direkt auf das Muster zu beziehen, dem das Vorbild selbst gefolgt war107. Borghini begreift also das Verhältnis zwischen ars und natura in der Sprache analog zu den bildenden Künsten. Es ist evident, dass der Begriff natura in diesem
102 BNCF, MS II.X.96, fol.14v, zitiert nach: WILLIAMS 1997, S. 72 Anm. 103. Bereits für die eigene Zeit nimmt Borghini einen allmählichen Niedergang des gesprochenen toscano an, das sich seit dem Trecento in dem Maße verschlechtert habe, wie die Künste ihren Aufstieg bestritten. Als Grund dafür gibt er die Verwässerung durch fremde Idiome an. 103 Dieser Aspekt wird auch im Hinblick auf seine kunsttheoretische Übernahme hinlänglich besprochen bei: WILLIAMS 1997, S. 56. 104 BNCF, MS II.X.125, S. 36, zitiert nach: WILLIAMS 1997, S. 72 Anm. 104. 105 Damit steht hinter den Bemühungen der Accademia Fiorentina um ein grammatikalisches Regelwerk des Fiorentino durchaus nicht nur der Ansatz, es dem Latein nach normativen Maßstäben gleichzusetzen. Zugleich soll die Sprache durch die Vermittlung dieser Regeln auch gegen den Verfall geschützt und möglichst auf dem Höchststand erhalten werden. Zur Accademia Fiorentina siehe auch: Kap. 1, S. 30-31, näher zur Vergleichbarkeit der Konzepte für Kunst und Sprache: DAVIS 2011. 106 RUFFINI, M. 2011, S. 151-153. 107 RUFFINI, M. 2011, S. 152.
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Kontext nicht das reine Naturzitat bedeutet, sondern vielmehr im aristotelischen Sinne als Essenz und universelles Prinzip zu verstehen ist108. Ars wiederum entsteht durch das Herauslösen universeller Kriterien aus dem einzelnen Werkdetail und deren Theoretisierung. Erst dann sind für Borghini Sprache und bildende Künste gleichermaßen in der Lage, erlernbar, wiederholbar und letztlich ‚ewig‘ zu sein. Dieses Konzept findet sich, obschon weniger konzise, da nicht in einzelnen Aussagen verdichtet, sondern in einem vielschichtigen und von mehreren Redakteuren beeinflussten Werk diffundierend, auch in der Kunsttheorie der „Viten“. Wie die poetische Sprache bei Borghini, werden die Künste, Malerei, Bildhauerei und Architektur, dort nicht auf einen natürlichen, sondern auf einen rationalen Ursprung zurückgeführt: auf den disegno, der im Proömium zum Gesamtwerk als ‚Vater‘ der tre arti bezeichnet wird109. Das Konzept des disegno wird erst in der Giuntina umfassend in seinen intellektuellen Implikationen definiert: „[…] una apparente espressione e dichiarazione del concetto che si ha nell’animo, e di quello che altri si è nella mente imaginato e fabricato nell’idea.“ 110
Als materielle Manifestation der geistigen Idee vollzieht die Zeichnung den Übergang von der aristotelischen forma potentialis in eine forma realis111. Mit seinem Bezug zur Linie und zum Umriss ist der disegno zudem dem lateinischen Begriff der circumscriptio verwandt, der ursprünglich aus dem Bereich der Rhetorik stammt. Da
108 Diese Schlussfolgerung ergibt sich schon aus dem Kontext der oben zitierten Äußerungen Borghinis. Für ihn existieren – analog zum Verständnis der „Viten“ – zwei unterschiedliche Bedeutungsebenen des Begriffes natura: Zum einen ist der Begriff im Sinne des Gegensatzes von Natur und Kunst zu sehen, zum anderen bestimmt er das ‚Wesen‘ der Dinge, ihre Essenz und Regelhaftigkeit. Für Zitat und nähere Ausführungen vgl. RUFFINI, M. 2011, S. 152. Gemeint ist demnach eher imitatio denn eine mimetische Wirklichkeitskopie, siehe: „imitatio“, in: UEDING 1998, Bd. 4, Sp. 235-236, Sp. 257-268; siehe auch: „mimesis“, in: UEDING, 1998, Bd 4, Sp. 236. Weiterführend zur mimesis in der Literatur: AUERBACH 1982; GEBAUER & WULF 1998, v.a. S. 41-127. Imitatio in Bildenden Künsten und Kunstliteratur, siehe weiter: POCHAT, Imitatio 2009; PFISTERER 2002, S. 195-206; WILLIAMS 1997, S. 41-45. 109 Dadurch werden die drei Künste gleichsam zu Schwestern, ihr Verhältnis zueinander ist als verwandtschaftlich gekennzeichnet: „Dico adunque che la scultura e la pittura per il vero sono sorelle, nate di un padre, che è il disegno, in uno sol parto et ad un tempo […].“: VASARI: Proemio di tutta l’opera (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 26. Rückschluss bereits angeführt bei: WILLIAMS 1997, S. 29-72; ROGGENKAMP 1996, S. 12-15. 110 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 111. 111 ROGGENKAMP 1996, S. 58.
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die Redekunst bereits seit der Antike zu den artes gehörte und auch im System der sieben artes liberales des Martianus Capella112 vertreten ist, dient die Erhebung des disegno zur gemeinsamen Grundlage der tre arti deren Annäherung an die freien Künste113. Allen drei Gattungen gemeinsame Prinzipien werden dadurch extrahiert und zu einem Konzept zusammengefasst, das theoretisch vermittelt und erlernt werden kann. Durch die Erlernbarkeit des disegno ist der Schritt zur ars vollzogen. Die drei Künste fußen somit auf einem von der Natur weitgehend unabhängigen intelligiblen Prinzip114, das zudem in seinem Ursprung bereits auf die göttliche Schöpfung zurückgeht: „[…] ma io dirò bene che dell’una e dell’altra arte il disegno – che è il fondamento di quelle, anzi l’istessa anima che concèpe e nutrisce in se medesima tutti i parti degli intelletti – fusse perfettissimo in su l’origine di tutte l’altre cose, quando l’altissimo Dio, fatto il gran corpo del mondo et ornato il cielo de’ suoi chiarissimi lumi, discese con l’intelletto più giù nella limpidezza dell’aere e nella solidità della terra e, formando l’uomo, scoperse con la vaga invenzione delle cose la prima forma della scoltura e della pittura.“115
In seinem Kern ist disegno somit letztlich eine göttliche Eigenschaft. Indem die Künstler diese Maxime im Laufe der historischen Entwicklung zunehmend verwirklichen, folgen sie weniger evolutiven Gesetzmäßigkeiten als vielmehr dem Heilsplan Gottes. Die Perfektionierung des disegno in der dritten Vitenepoche führt zur endgültigen Emanzipation der Künste von der Natur nach göttlicher Vorsehung. So unterstützt die begriffliche Definition des disegno auf kunsttheoretischer Ebene das heilsgeschichtliche Modell der „Viten“. Gleichzeitig verweist der Terminus in seiner Auslegung durch Vasari auf Gebiete außerhalb der bildenden Künste, wenn betont ist, er vereinige in sich alle Teile des
112 *5. oder frühes 6. Jh. n. Chr., römischer Enzyklopädist. 113 ROGGENKAMP 1996, S. 7-9, S. 59-60; KRISTELLER 1977, S. 1-13. Zu den Emanzipationsbestrebungen der Künste vom Handwerk, die unter anderem mittels der Begriffssetzung des disegno operierten, siehe auch: SCHLOSSER 1924, S. 80; B LUNT 1940, S. 10-11; BURIONI & FESER 2004, S. 196. Der disegno in seinen kulturellen Ausprägungen und seinem Bezug zum Feld rationalen Wissens ist untersucht bei: WILLIAMS 1997, S. 49-52. Da die artes liberales im 16. Jahrhundert im Sinne einer scienza civile gesellschaftsbildend wirkten, ist diese Annäherung gleichsam in sozialer Dimension zu begreifen. Nicht nur steigert sich das ‚Prestige‘ der Künste, sie werden dadurch auf einen Rang erhoben, der ihnen das bildende und kultivierende Einwirken auf die Gesellschaft ermöglicht. Zu den artes liberales im 16. Jahrhundert vgl. BACHER, „artes liberales“ 2000, v.a. S. 28. 114 WILLIAMS 1997, S. 51; bereits Francisco de Hollanda hatte die Universalität des disegno behauptet und gleichsam jedwede menschliche Tätigkeit unter seine Ägide gestellt. Wer den disegno beherrsche, sei in jeder Tätigkeit besser, als der auf sie spezialisierte Meister: WILLIAMS 1997, S. 49. 115 VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 3.
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Intellekts. Dadurch eröffnet der Autor bereits eine mögliche Ausweitung des Konzeptes auf weitere Gegenstandsbereiche. Ebenso verhält es sich beim zweiten Grundpfeiler der Kunsttheorie Vasaris, der sogenannten invenzione, oder „Mutter“ aller Künste116: „Sempre fu tenuta e sarà la invenzione madre verissima dell’architettura, della pittura e della poesia, anzi pure di tutte le migliori arti e di tutte le cose maravigliose che dagl’uomini si fanno, perciò che ella gradisce gl’artefici molto e di loro mostra i ghiribizzi e i capricci de’ fantastichi cervelli che truovano la varietà delle cose […].“117
Auch die invenzione verbindet die bildenden Künste sowohl mit der Poesie als auch mit allen anderen etwas kryptisch als „cose maravigliose che dagl’uomini si fanno“ beschriebenen Tätigkeitsfeldern. Der Weg ist offen für Interpretationen und Auslegungen dieses Konzeptes in variable Richtungen. Gleich eines ‚göttlichen Funkens‘ entzündet sich die invenzione im Genius des Künstlers und befähigt diesen zu eigenständig schöpferischem Tun. Dadurch begründet sie die superatio der Natur im kreativen Wirken und in der künstlerischen Modifikation aus der Anschauung gewonnener Phänomene. Im Gegensatz zum disegno wird die invenzione letztlich als grenzenlos erachtet, da sie unzählige Variations- und Ausprägungsmöglichkeiten erlaubt118. Vor allem die Fassung von 1568 akzentuiert diesen Aspekt und erklärt die invenzione zum zukunftsträchtigen, da potentiell stetig erweiterbaren Grundsatz. Dem deus artifex der göttlichen Schöpfung steht der artista divino, der gottgleiche Künstler, gegenüber, der durch seine Kunst selbstständig kreativ tätig wird und die Natur in einem letzten Schritt zu übertreffen befähigt ist119. Ihrer herausragenden kunsttheoretischen Bedeutung entsprechend, werden disegno und invenzione in den einzelnen Biografien häufig als kunstkritische Wertungskategorien eingesetzt. So ist die Leistung eines Künstlers nach Vasaris Auffassung jeweils stark davon abhängig, wie versiert er im disegno ist, wie intensiv er sich darin übt und welchen Stellenwert er der Zeichnung beimisst: „[…] chiunque intende e maneggia bene queste linee, sarà in ciascuna di queste arti, mediante la pratica et il giudizio, eccellentissimo.“120
Dagegen dient die Aussage, jemand hätte nur wenig Fertigkeit im disegno, als kunstkritische Abwertung121.
116 BURIONI & FESER 2004, S. 207-209. 117 Vasari: Vita di Lippo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 297. 118 Zum invenzione-Konzept im Manierismus siehe grundlegend: PANOFSKY 1960, S. 47-56. Den Weg dorthin in der Renaissance zeichnet auf: KEMP 1977, S. 384-391; ebenfalls: BURIONI & FESER 2004, S. 207-209. 119 Vgl. BURIONI & FESER 2004, S. 208-209. 120 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 112.
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Ebenso verhält es sich mit der invenzione und den mit ihr verbundenen Prinzipien, unter anderem varietà, quello che non è sia und vivezza122. Beispielsweise wird Raffael vor allem dafür gelobt, dass er seinen Figuren wahrhaft ‚Lebendigkeit‘ verliehen habe: „E nel vero che l’altre pitture, pitture nominare si possono, ma quelle di Raffaello cose vive, perché trema la carne, vedesi lo spirito, battono i sensi alle figure sue e vivacità viva vi si scorge […].“123
Auch seine historie hätten laut Vasari durch die in ihnen manifeste invenzione und lebhafte Gestaltung bestochen, was den Künstler in die Riege der „perfetti dipintori“ erhebe: „[…] esprimere bene e con facilità l’invenzioni delle storie et i loro capricci con bel giudizio, e che nel fare i componimenti delle storie chi sa non confonderle col troppo et anco farle non povere col poco, ma con bella invenzione et ordine accomodarle, si può chiamare valente e giudizioso artefice.“124
Jene Kollegen, die sich zu sehr in das Michelangelozitat geflüchtet hatten, seien dagegen zu verurteilen, da ihre Arbeiten eine Manier aufwiesen, die „molto dura, tutta piena di difficultà, senza vaghezza, senza colorito“ und vor allem „povera d’invenzione“125 gewesen sei. Wie die invenzione ist für Vasari auch der giudizio126 als selbstständige Urteilskraft des Künstlers erst in der letzten Epoche voll entwi-
121 Beispielsweise seien die Venezianer, die laut Autor in diesem Feld nicht genug Aufwand betrieben hätten, gegenüber den Meistern der Zeichnung herabzusetzen. Deutlich wird dies in der Vita Iacopo Palmas, dessen Fähigkeiten im disegno Vasari negiert: „Fu il Palma molto più nei colori unito, sfumato e paziente che gagliardo nel disegno […].“: VASARI: Vita di Iacopo Palma e Lorenzo Lotto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 549. Auch Tizian tadelt der Autor dafür, dass er „[…] tenendo per fermo che il dipignere solo con i colori stessi, senz’altro studio di disegnare in carta, fusse il vero e miglior modo di fare […] non s’accorgeva che egli [il disegno] è necessario […].“: VASARI: Descrizione dell’opere di Tiziano da Cador (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 155; vgl. auch MICHELSEN 2002, S. 303. 122 Zu den Termini und ihrer Verbindung siehe weiterführend: SUMMERS 1981, S. 41-55, S. 71-96, S. 103-143, S. 406-417. Dass dies just die Prinzipien sind, die den Adynata der letzten Heilszeit nahestehen, ist in diesem Zusammenhang durchaus bemerkenswert, vgl. Kap. 4.1, S. 245-246. Zur vivezza in dieser Hinsicht siehe auch: PFISTERER 2002, S. 209-210. 123 VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 186. 124 VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 206. 125 VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 206. 126 WILLIAMS 1997, S. 46-48; SUMMERS 1981, S. 332-379; BURIONI & FESER 2004, S. 275-278.
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ckelt127. Hatte man sich während der zweiten età noch darauf beschränkt, entsprechend der regole und des ordine der Natur zu arbeiten und diese Prinzipien möglichst ‚ähnlich‘ zu verwirklichen, so bewirkt der giudizio im dritten Abschnitt eine gewisse licenzia des Künstlers, die ihn frei für neue Erfindungen macht und eine divina grazia in seinen Werken entstehen lässt, wodurch das Ideal der Antike letztgültig überwunden wird128. Erst über invenzione und giudizio als ureigene Kräfte des letzten Zeitalters werden also die Natur und das antike Vorbild gleichermaßen übertroffen. Als ‚Eltern der Künste‘ sind disegno und invenzione erst in der zweiten Vitenfassung theoretisch vollständig etabliert129. Der Kunstgriff, die tre arti auf zwei Prinzipien zu gründen, die zum einen auf die wissenschaftliche Erlernbarkeit und den rationalen Charakter derselben und zum anderen auf die Gottgleichheit des Künstlers abzielen, schafft für die Künste erst die Grundlage, auf der sie zur veritablen Kraft im Gegensatzpaar von ars und natura avancieren. Die Verwirklichung dieser beiden Prinzipien ist es, die nach Vasaris Argumentation die Möglichkeit zur Überwindung naturhafter Gesetzmäßigkeiten eröffnet und somit einen Weg für die bildenden Künste freigibt, um als ars auch in geschichtlicher Hinsicht dem zwangsläufigen Kreislauf von Werden und Vergehen zu entrinnen. Michelangelo als Offenbarer dieser letzten Geheimnisse künstlerischer Vervollkommnung wird letztlich nach Darlegung der „Viten“ nur durch Gottes Gnade auf diese Welt gesandt. Sein Wirken und sein Vorbild geben den Anstoß für die Verwirklichung der höchsten Prinzipien in den artes und vollenden auf diese Weise den göttlichen Heilsplan für deren weiteren Verlauf: „[…] il benignissimo Rettore del cielo volse clemente gli occhi alla terra, e veduta la vana infinità di tante fatiche, gli ardentissimi studii senza alcun frutto e la opinione prosuntuosa degli uomini, assai più lontana dal vero che le tenebre dalla luce, per cavarci di tanti errori si dispose mandare in terra uno spirito che universalmente in ciascheduna arte et in ogni professione fusse abile […] a mostrare che cosa sia la perfezzione dell’arte del disegno […].“ 130
Wie ars und damit die Möglichkeit zum ‚ewigen‘ Fortbestand der bildenden Künste im Wirken Michelangelos verwirklicht ist, verdeutlicht abermals der mehr als zwanzig Seiten umfassende Bericht über das Begräbnis des Künstlers am Ende seiner Biografie. Im Rahmen der Beschreibungen zu den Skulpturen und Inschriften des Katafalkes wird dort zunächst die grundlegende Rolle des Prinzipes ars für die Künste Malerei, Bildhauerei, Architektur und Poesie explizit formuliert. Unterhalb einer Darstellung der Fama/Onore als Siegerin über den Tod habe sich laut Vasari folgende
127 Erst in Michelangelo zeige sich der wahre giudizio universale, siehe z.B.: SUMMERS 1981, S. 370-371. 128 SUMMERS 1981, S. 371. Begriffsdefinitionen für die manieristische Kunsttheorie vgl. SUMMERS 1941, S. 352-379. 129 BURIONI & FESER 2004, S. 195. 130 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 3.
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Inschrift befunden: „SIC ARS EXTOLLITUR ARTE“131. Unter Anwendung der im allegorischen Figurenprogramm des Katafalks dargelegten Tugenden könne also die abstrakte ars aus einzelnen Kunstwerken gleichsam ‚extrahiert‘ werden, wodurch – so lässt sich folgern – wie durch die Fama, der Tod letztgültig zu besiegen sei. Folgerichtig wird kurz darauf ein Gemälde des Apparates beschrieben, das, von Giorgio Vasari selbst geschaffen, den Triumph der Ewigkeit über den Tod dargestellt habe: „[…] l’Eternità, con una palma in mano aveva un de’ piedi posto in sul collo [della morte], e guardandola con un atto sdegnoso parea che le dicesse la sua necessità, o volontà che sia, non avere fatto nulla, però che ‚mal tuo grado, viverà Michelagnolo in ogni modo. Il motto diceva così: VICIT INCLYTA VIRTUS.“ 132
Michelangelos virtus, seine ars, überdauert, so die Aussage, auch dann, wenn der Künstler selbst gestorben ist. Dieses Erbe, die nunmehr perfektionierten Maximen der bella maniera moderna, über den Tod des Meisters hinaus zu tradieren und beizubehalten, ist Aufgabe der kommenden Generationen. Dies geschieht mit einem klar vor Augen stehenden Ziel: die Erhaltung künstlerischer Qualität jenseits aller naturhaften Prozesse, ihre Bewahrung gegen den Verfall und über den Tod hinaus, der ihre Meister im Laufe der Zeit nach dem Gesetz der Natur zwangsläufig einholt und dahinrafft. Dementsprechend ist auch der Name der neu gegründeten Accademia delle Arti del Disegno offenbar dezidiertes Programm. Nicht die Techniken der einzelnen Künste werden dort als oberstes Vermittlungsziel propagiert, sondern die kunsttheoretischen Prinzipien selbst, als Grundlage jedweder künstlerischer Betätigung133. Als ‚Lehrbuch‘ dieser Schule fungieren gleichsam Vasaris „Viten“, die den Weg der Vervollkommnung niederschreiben und tradieren. Zusammen mit der Akademie sollen sie dazu beitragen, den göttlichen Plan weiterhin zu erfüllen, die Künste auf ihrem Höchststand zu erhalten und bis in die Ewigkeit fortzuführen. Bereits Platon hatte als Hauptgrund für die Verschlechterung der Weltalter nach dem Untergang der Goldenen Zeit das allmähliche Vergessen göttlicher Maßgaben
131 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 134. 132 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 139. 133 BURIONI 2008, S. 131-132. Dass dieses Ziel in der Realität keine Entsprechung fand, lässt sich am Unterricht erkennen, der doch recht handwerklich-technisch gewesen zu sein scheint, vgl. SARTONI 2015. Der These einer geplant intellektuellen Ausrichtung widerspricht: VAN VEEN 2015. Ungeachtet dessen weist der Name der Akademie, und nur das soll hier abschließend festgestellt werden, dezidiert in eine intellektuelle und nicht in eine handwerkliche Richtung. Die Umsetzung und Vasaris Hauptinteressen am Projekt im Einzelnen können durchaus verschieden von dem Konzept sein, das die Mitgründer und Humanisten – in Übereinstimmung mit der Argumentation der „Viten“ von 1568 – zumindest nach außen vermittelt wissen wollten.
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genannt, dem die Menschen anheimfielen134. Dies zu verhindern, dagegen anzuschreiben und so dauerhafte Blüte zu gewährleisten, ist erklärtes Hauptziel der „Viten“ von 1568. Die Missgunst des Schicksals und ‚Barbareneinfälle‘ als externe Auslöser des Verfalls: Möglichkeit zum Widerstand durch eine vita activa
Allerdings ist nach Vasaris Darlegung die Gefahr eines erneuten Niedergangs auch durch eine Überwindung naturhafter Gesetzmäßigkeiten noch nicht vollkommen gebannt. Dies wird in der katastrophentheoretischen Begründung ersichtlich, die der Autor für den ersten Ruin der Künste im Mittelalter anführt. Nach der schleichenden spätantiken Dekadenz sei es zu deren finalem Verfall erst durch äußere Einflüsse gekommen: durch den Ikonoklasmus des frühen Christentums einerseits und andererseits durch die mutwillige Zerstörungswut der fremden Eindringlinge aus dem Norden135. Als Auslöser dieser Katastrophe fungiert darüber hinaus eine höhere Macht. Nach Vasaris Schilderung ist es das unbarmherzige und launenhafte Schicksal, personifiziert in der neidischen Göttin fortuna, die sich letztlich der ‚Barbaren‘ bedient, um den Untergang der Antike herbeizuführen: „Ma perché la fortuna, quando ella ha condotto altri al sommo della ruota, o per ischerzo o per pentimento il più delle volte lo torna in fondo […].“136
Die Verortung der Ursachen endgültigen Niedergangs im ‚Außen‘ birgt für Vasaris Behauptung eines Fortbestandes künstlerischer Blüte über Michelangelos Tod hinaus eine gefährliche Implikation. Selbst wenn nach göttlicher Vorsehung die Natur und ihre Gesetze überwunden werden konnten, so ist es nach dieser Logik dennoch immer noch möglich, dass der Umsturz durch den bösen Willen des Schicksals oder weitere äußere Faktoren mit Gewalt herbeigeführt wird. Besonders hoch ist die Gefahr, der obigen Metapher vom ‚Schicksalsrad‘ zufolge137, dann, wenn die eigene Position auf dem Rad an ihrem höchsten Stand angelangt und daher der Neid der fortuna in besonderem Maße erregt ist. Für die zweite Vitenfassung wäre dieser Zeitpunkt in der aktuellen Gegenwart erreicht und die Furcht vor einem bevorstehenden Schicksalsschlag durchzieht das Gesamtwerk an verschiedenen Stellen. Vor allem die Biografien der letzten Epoche vermerken wiederholt Anzeichen einer zunehmend unruhiger werdenden schicksalhaften Bestimmung. Zahlreiche Künstlerpersönlichkeiten werden, nach Darlegung
134 VEIT 1961, S. 67. 135 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 17-22. Siehe hierzu auch näher: BICKENDORF 2002, S. 116-117. 136 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 17. Die treibende Kraft der fortuna hinter den Barbareneinfällen wird aus dem Zusammenhang der Textstelle bei Vasari deutlich. 137 Übernommen ist dieses Bild aus Boethius „De consolatione philosophiae“, siehe S. 265.
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des Autors, von neidischen Kollegen und vom Unheil gleichermaßen regelrecht verfolgt138. Beispielsweise ruft die Tatsache, dass Rosso Fiorentino höchsten Ruhm erlangt hat, schließlich fortuna auf den Plan, die ihn durch zahlreiche Verstrickungen und Verleumdungen am Ende in den Selbstmord treibt: „[…] quando la fortuna, che non lascia mai, o rarissime volte, lungo tempo in alto grado chi troppo si fida di lei, lo fece nel più strano modo del mondo capitar male. […] lo strinse di tal maniera, che il Rosso, non se ne potendo aiutare, né difendere, si vide a mal partito […]. Per che deliberato d’uccidersi da se stesso […].“139
Die Antwort, mit der die „Viten“ dieser drohenden Gefahr entgegentreten, klingt hier bereits an. So ist an dieser Stelle die Schuld am eigenen Verderben in letzter Konsequenz dem Künstler selbst zugesprochen. Er habe sich zu sehr auf das Schicksal verlassen, sich dessen Macht zu unbedingt ausgeliefert. Das verweist auf eine greifbare Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Lauf der fortuna. Gelänge es, ihre Launen zu besänftigen, so die Implikation, so wäre es möglich, das Rad auf dem Höchststand anzuhalten140. Wie das Bild vom ‚Schicksalsrad‘, so ist auch die potentielle Beeinflussbarkeit von fortuna aus Boethius’ „De consolatione philosophiae“ entnommen141. Auch bei Boethius ist es letztlich menschliches Versagen, das den Umbruch in die Dekadenz begünstigt. Nur derjenige könne den vollkommenen Sturz erleiden, der sein Glück auf unsicherem Grund errichte142. Entsprechend fungiert im ersten Proömium der „Viten“ als retardierendes Element die Nachlässigkeit der Spätantike. Erst das Aufweichen der buona maniera antica und deren innerer Verfall schaffen den wackeligen Untergrund, der es dem Schicksal ermöglicht, in seiner vollen Kraft zuzuschlagen und die exogene Zerstörung hervorzurufen143.
138 Für eine ausführliche Behandlung verschiedener Bedeutungsebenen der invidia in den „Viten“ und weitere Beispiele vgl. MATTIODA 2012, S. 236-241. Zum Neid der Kollegen und zur daraus resultierenden Unbill für die Künstler siehe außerdem näher: Kap. 2.3, S. 101-102. 139 VASARI: Vita di Rosso Fiorentino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 489-490. 140 Für die virtus des Künstlers als aktive Kraft gegen die invidia della fortuna siehe auch: MATTIODA 2012, S. 234-236. 141 „Haec nostra vis est, hunc continuum ludum ludimus: rotam volubili orbe versamus, infima summis summa infimis mutare gaudemus.“: BOETHIUS (um 523/524) 2000, S. 32. Das Werk wurde Mitte des 16. Jahrhunderts in drei volgare-Übersetzungen in Florenz gedruckt, unter anderem auch von Cosimo Bartoli (1551), dessen enge Korrespondenz mit Vasari und Mitarbeit an den „Viten“ durch zahlreiche Briefe belegt ist: BURIONI & FESER 2004, S. 132. Boethius (*um 480 n. Chr.; †524-526), neuplatonischer Philosoph und Theologe. 142 Gigon: Einleitung, in: BOETHIUS (um 523/524) 1969, S. 19. 143 Der spätantike Niedergang wurde ebenfalls erst in der zweiten Fassung ausführlich formuliert und an konkreten Beispielen belegt: VASARI: Proemio delle Vite (1568),
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Soll ein erneuter Umsturz vermieden werden, muss also im Angesicht der inzwischen überschrittenen Klimax das primäre Ziel der Vitenfassung von 1568 sein, eine sichere Basis für den weiteren Fortgang der Geschichte zu errichten. Nachdem zunächst Perspektiven eines linear-heilsgeschichtlichen Verlaufs und Möglichkeiten zur Überwindung der Natur aufgezeigt wurden, knüpft der Vitenautor zur Abwehr der fortuna an ein Gedankenkonstrukt an, das bereits in antiken virtusVorstellungen bestand144. Schon Cicero hatte in seinem „De officiis“ gefordert, jeder Einzelne müsse sich durch eine vita activa und die damit verbundene virtus den Launen des Schicksals entgegenstellen145. Die Vorstellung, mithilfe der virtus selbst ‚seines Glückes Schmied‘ sein zu können, nimmt auch in Petrarcas „De remediis utriusque fortunae“ von 1360 eine zentrale Rolle ein. Eine Gegenüberstellung von Tugenden und Lastern, von richtigen und falschen Verhaltensweisen dient hier als Wegweiser zu persönlichem Glück146. Seit Cicero ist das Konzept der vita activa auch staatstheoretisch zu verstehen. Eine richtige und tugendhafte Lebensweise sowie moralische und ehrenhafte Taten fördern das eigene Wohlbefinden wie das Gemeinwohl und bieten einen wirkungsvollen Schutz gegen die Missgunst der fortuna. Zu diesem Zweck habe der Einzelne sein Leben und Werk in den Dienst der civitas zu stellen, sie zu pflegen und zu schützen147. Diesen Ansatz greifen die Vitenautoren auf, wenn sie die Werke der bildenden Künstler als res gestae behandeln und dadurch dem Schicksal aktiv gestaltende Kräfte gegenüberstellen148. Wie bereits disegno und invenzione über die reine Kunsttheorie hinausweisen, so wird den Künsten auch durch die Behandlung von Werken als ‚Taten‘ ein gesamtgesellschaftlicher Wirkungsbereich eröffnet149. Das Konzept einer
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BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 13-17; vgl. auch BICKENDORF 2002, S. 116. Weiterführend zur Gegnerschaft von virtù und fortuna und ihren Ausprägungen in den „Viten“ siehe: QUONDAM 2013, S. 130-138; MATTIODA 2012, S. 239-241. Zu Vasaris virtus-Begriff und seinen Bezügen zur Geschichte sowie zur Kunsttheorie vgl. WILLIAMS 2010. CICERO (44 v. Chr.) 2008, I,66-73, S. 58-64; vgl. VICKERS 1999, S. 28-33. PETRARCA (1360) 1492; vgl. HOLDE 2008, S. 77; QUONDAM 2013, S. 130. Zum Einsatz der virtus im Sinne des negotium und der vita activa für die Gesellschaft: CICERO (44 v. Chr.) 2008, I,153-160, S. 128-132. Zur Kontextualisierung der vasarianischen virtus-Vorstellung: NOLL 2016, S. 299-300. Das in den „Viten“ transportierte Konzept der vita activa steht nur scheinbar im Kontrast zum propagierten otium unter mediceischer Herrschaft als Voraussetzung für künstlerische Tätigkeit. Stattdessen gehen Politik, Gesellschaft und Kunst hier ein reziprokes Verhältnis ein; hierfür näher siehe Kap. 2.4, S. 129-133. Zu disegno und invenzione siehe Kap. 4.1; zur Behandlung von Werken als res gestae und zum Konzept der uomini illustri siehe Kap. 2.3.
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vita activa verweist in seinem Übertrag auf künstlerische Tätigkeiten auf eine enge Beziehung zwischen Kunst und Gemeinwesen150. Die den „Viten“ immanente Sichtweise dieser gegenseitigen Abhängigkeit wird bereits im Abriss des ersten Entwicklungszyklus im Proömium der Lebensbeschreibungen ausgeführt151. So ist in Vasaris Beschreibung des Mittelalters stets der Grad zivilisatorischer Verfeinerung an der Qualität künstlerischer maniere ablesbar152. Zeichnete in der Fassung von 1550 noch primär der frühchristliche Ikonoklasmus für die Zerstörung antiker Werke verantwortlich, so wird dessen Rolle in der Giuntina durch eine ausführlichere Beschreibung der ‚Barbareneinfälle‘ relativiert153. Eine Abgrenzung der verschiedenen Völker untereinander und ihre Ansiedlung auf unterschiedlichen Zivilisationsebenen erfolgen schließlich mittels des Niveaus, auf welchem, nach Vasaris Angabe, Kunstschaffen unter ihnen möglich sei. Goten und Vandalen treten, ebenso wie die Sarazenen, im ersten Proömium ausschließlich als Vernichter auf, die alle Zeugnisse der ehemals römischen Hochkultur zerstören. Der Autor beschreibt diese Völker als „gente barbara et efferata, che altro non avevano d’uomo che l’effigie e ’l nome.“ 154 Offenbar sieht er sie als derart verroht an, dass sie nur zerstören, nicht aber selbstständig erschaffen können. Erst die Langobarden, die zwar immer noch als unzivilisiert bezeichnet werden, aber dennoch immerhin als zeitweilige Befrieder des Landes fungierten155, ermöglichen wieder künstlerische Betätigung in Italien. Allerdings bringen sie, so der Autor, aus ihren Herkunftsländern, ihren „barbare nazioni“, ihre eigenen Architektur-
150 Auf diesen Umstand hat bereits Kliemann hingewiesen, der für Vasaris Geschichtserzählung eine Abhängigkeit der Kunstentwicklung von „menschliche[r], gesellschaftliche[r] Interaktion“ konstatiert hat: KLIEMANN 1991, S. 46. 151 VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 3-32. 152 Der folgenden Paraphrase liegt folgende Textstelle zugrunde: VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 17-25. 153 VASARI: Proemio delle Vite (1550/1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 18-25; ausführlicher in: KREUTZER 2008 vorgel., S. 31-33. 154 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 18. Gleich einer Seuche habe die fremde und rohe Manier ganz Italien überzogen. 155 Für die Zwischenstellung der Langobarden in der Wahrnehmung ihrer Fremdherrschaft durch die Zeitgenossen vgl. ARNALDI 2005, S. 34-54. Für die Fremdwahrnehmung und den Begriff des "Barbarentums" im Italienischen siehe außerdem: HAY 1960. Die „Viten“ übernehmen die historische Abfolge verschiedener Invasoren fast gänzlich aus einem Transkript der frühmittelalterlichen Langobardengeschichte „Historia Longobardorum“ des Paulus Diaconus (*725-730; †797-799), das Vincenzo Borghini verfasst hatte. Somit ist das ambivalente Verhältnis zwischen Römern und Langobarden für den Vitenautor durchaus als bekannt vorauszusetzen: BURIONI & FESER 2004, S. 134, S. 136.
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formen mit, die als „maniera tedesca“156 bezeichnet, in ihrem Ursprung den Goten zugeschrieben und kunstkritisch aufs Schärfste verurteilt werden157. Gute Kunst ist also auch von diesem Volksstamm nach Vasaris Ansicht nicht zu erwarten. Vielmehr sind die von ihnen ‚importierten‘ Formen als ebenso roh charakterisiert wie ihre Erfinder158. Erst die Griechen, ein in seinem Ursprung zumindest zivilisiertes, obschon fremdes Volk159, sind laut Vasaris Darlegung zu einer besseren Bauweise ebenso fähig wie zum, wenn auch ungeschickten, Ausführen von Malerei und Skulptur160. Dies zeige sich an der von ihnen eingeführten „maniera greca“161. Ein wahrhafter Beginn der rinascita wird aber erst ab dem Jahr 1250 konstatiert, nachdem der letzte Stauferkaiser, Friedrich II., gestorben ist. Nur durch die Rückbesinnung auf die römisch-eigene Antike sowie durch die gezielte Abkehr von fremden, schlechten Vorbildern ist, nach Meinung des Autors, eine allmähliche ‚Wiedergeburt‘ der künstlerischen Ideale denkbar162. Die Fähigkeit zum Kunstschaffen und die Qualität künstlerischer Formen fungieren bei Vasari also gleichsam als „Kulturindikator“163: Sie zeigen das Niveau einer Gesellschaft an. In dieser Hinsicht stehen die „Viten“ in der Tradition der „Naturalis historia“ Plinius’ des Älteren, der im Buch XXXV, Kapitel 2-6 seines Werkes einen gemeinsamen Verfall von Künsten und allgemeinen Sitten für die eigene Zeit konstatiert 164. Diese Sichtweise wurde im Humanismus für verschiedene andere artes und ihren Bezug zur Gesellschaft aufgegriffen165. So verknüpft Leonardo Bruni in seinen „Vite di Dante e di Petrarca“ (1436) den für das Latein konstatierten zyklischen Geschichtsverlauf eng mit den jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Begebenheiten im
156 „[…] che delle loro barbare nazioni fecero il modo di quella maniera d’edifizi ch’oggi da noi son chiamati tedeschi […].“ : VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 22. 157 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 68. 158 Beschreibung der maniera tedesca siehe: „[…] ma son fuggiti da loro come mostruosi e barbari, dimenticando ogni lor cosa di ordine – che più tosto confusione o disordine si può chiamare […].“: VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 67. Näher hierzu: KREUTZER 2008 vorgel., S. 43-49. 159 BICKENDORF 2002, S. 116. 160 Zur maniera greca siehe ausführlicher: BICKENDORF 2002; CONCINA 2002. 161 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 24; BICKENDORF 2002, S. 13-17. 162 THIERY 1976, S. 364. 163 Begriff übernommen von: LOCHER 1999, S. 89. 164 LOCHER 1999, S. 86-89. 165 LOCHER 1999, S. 86-89. Zur Sichtweise der maniera tedesca in weiteren Texten der italienischen Renaissance siehe weiterführend: BRANDIS 2002.
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antiken Rom166. Analog zu den „Viten“ enthält auch Brunis Argumentation eine ethnographisch-abgrenzende Komponente: Zunächst hätten die römischen Imperatoren ihre eigenen Gelehrten umgebracht und so ihr Volk vernichtet, woraufhin sich unter den Kaisern ausländischer Herkunft die Zustände stetig weiter verschlechterten, bis durch die ‚Barbareneinfälle‘ auch noch der letzte Rest an gutem Latein getilgt worden sei: „Solo per dimostrare, che, come la città di Roma fu annichilata dagl’imperadori perversi tiranni, così gli studi e le lettere latine riceverono simile ruina e diminuzione, intanto che all’estremo quasi non si trovava chi lettere latine con alcuna gentilezza sapesse. E sopravvennero in Italia i Goti e i Longobardi, nazioni barbare e strane, i quali affatto quasi spensero ogni cognizione di lettere […].“167
Wie in den „Viten“, so ist auch hier bereits eine Rückorientierung am antiken Vorbild erst möglich, nachdem die fremden Besetzer aus Italien vertrieben worden sind 168. Sowohl Bruni als auch Plinius fassen eine funktionierende politische Ordnung und moralische Werte als Voraussetzungen guter maniere auf, wohingegen schlechte maniere und Dekadenz als Anzeichen eines gesellschaftlichen Ungleichgewichtes gewertet werden. Mit Alberti verkehrt die Kunsttheorie dieses wechselseitige Verhältnis zum zukunftsorientierten Projekt169. Während Alberti die Malerei im zweiten Buch seines „De pictura“ zunächst noch gleich Plinius und Bruni als Indikator für kulturelle Reife interpretiert170, wird sie als „omnium artium vel magistra vel sane praecipuum pictura ornamento“171 schließlich zur aktiv fördernden Kraft kultureller und gesellschaftlicher Entwicklung. In seinem Traktat „De re aedificatoria“ überträgt der Theoretiker diesen Gedanken letztlich auf die Architektur und denkt ihn an diesem Beispiel konsequent zu Ende. In der Ausübung der Baukunst zeige sich die virtus des Architekten, der sich durch seine Werke gleichsam um den Staat und die Allgemeinheit verdient mache172. Ferner argumentiert Alberti im Proömium, die Künste führten zu einem glücklichen Leben:
166 BRUNI (1436) 1928, S. 64-65. Als überzeugter Republikaner sieht Bruni die Blütezeit des Latein in Ciceros Sprachstil als verwirklicht an, siehe näher: Questione della lingua in Kap. 4.1, S. 255-258. 167 BRUNI (1436) 1928, S. 65. 168 BRUNI (1436) 1928, S. 65; LOCHER 1999, S. 86-89. 169 LOCHER 1999, S. 89. 170 ALBERTI, L. B. (1435) 2000, S. 235-247. 171 ALBERTI, L. B. (1435) 2000, S. 237. 172 ALBERTI, L. B. (1485) 1975, S. 2r-3v. In „Della famiglia“ (ca. 1432-1440) betont Alberti außerdem im Rückgriff auf Cicero die Bedeutung von virtus und ratio als Kräfte gegen die Launen des Schicksals: VICKERS 1999, S. 33. Zum Einfluss des ciceronischen Konzeptes der vita activa auf Alberti siehe ebenfalls weiter: VICKERS 1999, S. 28-49.
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„Multas et varias artes que ad vitam bene beateque agendam faciant summa industria et diligentia conquisitas nobis maiores nostri tradidere.“ 173
Diese Aussagen bringen die aktive Funktion auf den Punkt, die Alberti den Künsten im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben zuerkennt. So lässt sich für seine Sichtweise des Verhältnisses zwischen Kunst und Kultur mit Hubert Locher folgende Neuerung konstatieren: „Das Neue in Albertis Schrift liegt denn auch nicht zuletzt in seinem Anspruch, nicht nur anhand der Geschichte der Kunst den Stand der Kultur zu diagnostizieren wie Plinius, sondern, überzeugt von der Wechselwirkung zwischen Kunst und Gesellschaft, durch Verförderung der Malerei zum Aufschwung der gesamten Kultur beizutragen.“174
Vasaris „Viten“ folgen Albertis Konzept künstlerischer vita activa, wenn sie in ihrer Darlegung zur rinascita die schiere Existenz von Kunst in maniera barbara und maniera greca als Entwicklungsschritt voraussetzen, um die letztendliche Rückbesinnung auf die ‚eigenen‘, idealen Werte überhaupt zu ermöglichen. Je mehr ‚Geschmack‘ und giudizio in den Künsten entwickelt werden, umso mehr kehrt die Gesellschaft nach Vasaris Meinung offenbar auch politisch zum ‚Eigenen‘ zurück, wendet sich vom fremden Kaisertum ab und der guelfischen Partei zu 175. Die Möglichkeit, ‚Kunst‘ aktiv gegen die Missgunst des Schicksals einzusetzen wird erneut in den Beschreibungen des ephemeren Programms zum Begräbnis Michelangelos auf den Punkt gebracht. Dort seien in zwei Figurenpaaren der Sieg des „Studio“ über die Faulheit oder „Ociosità“ sowie der Triumph der „Minerva/Arte“ über die „Invidia“ einander gegenübergestellt gewesen176. Zwar beschränkt sich die in der Lebensbeschreibung formulierte Deutung auf den Künstler selbst, der durch seine Vollkommenheit den Neid der Kollegen besiegt habe und von allen gleichermaßen als herausragend anerkannt werde. Da sich aber, wie gezeigt, die invidia der fortuna und jene der Zeitgenossen in der Vitenerzählung durchaus verzahnen177, lässt die Textstelle eine weiter gefasste Interpretation durchaus zu. So spielt der Triumph des Fleißes über das otium gleichsam auf ciceronisches Gedankengut im Sinne einer vita activa der Künstler an. Durch Fleiß machen sie ihre Künste zur ars, die sie be-
173 ALBERTI, L. B. (1485) 1975, S. 2r; vgl. auch OECHSLIN 2008, S. 70. 174 LOCHER 1999, S. 89. 175 Dieser Gegensatz zwischen dem ‚Eigenen‘ und dem ‚Anderen‘, respektive zwischen Einigkeit und der Zwietracht, die nur durch den ausländischen Kaiser und seine Machtansprüche geschaffen worden sei, ist bereits in Machiavellis „Istorie Fiorentine“ ausgedrückt: MACHIAVELLI (1532) 1905, II,4, S. 70. Indem die „Viten“ das Ende der Fremdherrschaft 1250 mit dem Beginn der rinascita verbinden, gründen sie diese einerseits auf die wiedererlangte politische ‚Identität‘. Gleichzeitig ist der umgekehrte Weg eröffnet, nämlich dass der Erneuerungswille nach Friedrichs Tod gleichsam zur politischen wie kulturellen Rückbesinnung auf das ‚Eigene‘ geführt habe. 176 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 132. 177 Siehe Kap. 2.3, S. 101-102.
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wusst und aktiv dafür einsetzen, die invidia della fortuna zu überwinden. An der Schwelle zwischen Gedenken und Zukunft stehend, ist das Figurenprogramm des Michelangelo-Begräbnisses zugleich als Aufforderung an die Nachfolger zu verstehen, denen verschiedene Möglichkeiten zur aktiven Betätigung am Gemeinwohl bereits in den Biografien der dritten età (vornehmlich bei Raffael) aufgezeigt wurden. Daher überrascht es nicht, dass auch das reziproke Verhältnis von Künsten und Gesellschaft für die eigene Gegenwart wegweisend in der Raffael-Vita formuliert ist178. Hatte Michelangelo die Natur lediglich durch seine arte überwunden, so wird sie mit Raffael zusätzlich auch durch seine verfeinerten „costumi“, seine maniera di vivere, und damit durch sein gesellschaftliches Verhalten, besiegt 179: „Di costui fece dono al mondo la natura quando, vinta dall’arte per mano di Michelagnolo Buonarroti, volle in Raffaello esser vinta dall’arte a dai costumi insieme.“ 180
Dadurch wird im Sinne einer Verbreitung artifizieller Prinzipien in weitere Lebensbereiche mit der Raffael-Biografie ein Gegensatzpaar natura – costumi eröffnet181. Durch ein an kunstvollen Maximen ausgerichtetes gesellschaftliches Leben ist es folglich ebenfalls möglich, die Natur als Ausgangsprinzip menschlicher Existenz zu übertreffen. Letzten Endes gelten so auch für die Zivilisation keine natürlichen Gesetze mehr und der Kreislauf des Werdens und Vergehens ist auch in diesem Feld prinzipiell durchbrechbar geworden. Nicht zufällig haben in den „Viten“ verwendete kunsttheoretische Begrifflichkeiten wie licenzia, facilità und grazia ihren Ursprung im höfischen Jargon182. Nachdem sie zunächst für die bildenden Künste adaptiert und theoretisch als deren Grundprinzipien festgelegt wurden, werden sie nun über die Forderung einer kunstvollen Verfeinerung des costume wieder auf den gesellschaftlichen Bereich zurück übertragen. Der Künstler, der sich in seiner Kunst die höfischen Prinzipien zu eigen gemacht hat,
178 Zur Bedeutung der Raffael-Vita für mögliche weitere Zukunftsperspektiven nach Kliemann und Ruffini vgl. auch Kap. 4.1, S. 253-254. Bemerkenswert ist allerdings, dass Raffaels Theaterprojekte in dessen Biografie bei Vasari nicht angesprochen werden. Dies weist, wie schon die Autobiografie, wohl darauf hin, dass ihnen für das Prestige des Künstlers selbst in Vasaris Augen kein allzu großer Wert zugemessen wurde, und dass die Arbeiten in dieser Hinsicht gegenüber den ‚bleibenden‘ Werken durchaus in der Hierarchie zurückstehen. Für Raffaels Theaterdekorationen siehe: POCHAT 1990, S. 288-289. 179 Für weitere Implikationen dieser Aussage und die sittliche Komponente bezogen auf eine ‚ideale‘ Künstlerpersönlichkeit nach Vasari siehe: NOLL 2016, S. 329-331. Bei Sergardi ist festgehalten, dass der Begriff im 16. Jahrhundert auch auf ‚theatrales‘ Verhalten und darstellerische Präsentation übertragen wurde: SERGARDI 1988, S. 57-58. 180 VASARI: Vita di Raffaello (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 157. 181 QUONDAM 2013, S. 120-126. 182 RUBIN 1995, S. 271-272; WILLIAMS 1997, S. 82.
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perfektioniert durch sie schließlich auch seine Umgangsformen 183 – wird in Charakter und Habitus zum uomo illustro – und wirkt so wieder in die Gesellschaft hinein. Über ihr Verhalten und ihre Werke verfestigen die Künstler somit das Prinzip ars im gemeinschaftlichen Raum und tragen so ihrerseits dazu bei, die gesellschaftlichen Voraussetzungen für künstlerische Blüte zu erhalten und zu pflegen, internen Dekadenzerscheinungen vorzubeugen und das Eindringen schlechter Einflüsse tatkräftig zu verhindern. Auf diese Weise gewährleisten sie im Sinne einer vita activa zum Wohle des Staates den Fortbestand der Kultur gegenüber dem launenhaften Schicksal. Zwar waren eine gute Gesellschaftsordnung und das damit einhergehende otium zunächst Voraussetzung für das Entstehen von Kunst und Kultur 184. Einmal entwickelt und auf ihrem Höchststand angelangt, werden die Künste und ihre Meister aber nach Vasaris Darlegung selbst zu gestaltenden Akteuren im ‚öffentlichen Raum‘.
4.2 Theater als ‚Kunst‘: Gesellschaftliche Idealzustände erreicht durch künstlerische und theatrale Überhöhung Ausdruck des kultivierten costume ist nach Darlegung der „Viten“ dezidiert die Existenz theatraler Formen. Dies wird in der „Lettera“ Adrianis deutlich, die am Anfang der zweiten Vitenausgabe mit abgedruckt wurde und eine Zusammenstellung antiker Künstler enthält185. Hierin gibt Adriani an, Roms gesellschaftlicher Aufstieg, gefasst mit dem Begriff „costume“, habe sich primär darin geäußert, dass öffentliche Feste stattfanden und Theateraufführungen in einem eigens dafür errichteten Gebäude abgehalten wurden: „Ma poi quella semplicità e povertà romana, così nelle publiche come nelle private cose, divenne ricca e pomposa e si mutò in tutto il costume, e fu cosa da non lo creder agevolmente in quanto poco di tempo ella crebbe, che al tempo che M. Scauro fu edile e che egli fece per le feste publiche lo apparato della piazza (che era ufizio di quel magistrato) si videro, in uno teatro solo fatto per quella festa et in una scena, tremila statue di bronzo provedutevi et accattatevi, come allora era usanza di fare, di più luoghi.“186
183 Für den Einfluss von Castigliones „Cortegiano“ auf den in den „Viten“ beschriebenen ‚idealen‘ Künstlertypus siehe näher: NOLL 2016, S. 340-342. 184 Vgl. Kap. 2.4, S. 129-133. Es ist durchaus bezeichnend, dass Vasari an dieser Stelle widerstreitende antike Haltungen zu otium und negotium miteinander verwebt, um ein komplexes Beziehungsgeflecht von gesellschaftlichen Voraussetzungen einerseits und Bedingungen für den Erhalt andererseits zu erstellen. Für seine politisch-soziale Favorisierung des otium greift er auf augusteisches Gedankengut zurück, während er für den Einsatz der virtus im Sinne der vita acitva letztlich Ciceros spätrepublikanische Ansichten reflektiert. Weiterführend hierzu: ANDRÉ 1966. 185 „Lettera di Messer Giovambatista di Messer Marcello Adriani a Messer Giorgio Vasari“, in: VASARI: Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 179-227. 186 „Lettera di Messer Giovambatista di Messer Marcello Adriani a Messer Giorgio Vasari“, in: VASARI: Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 214-215.
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Adrianis Quelle für diese Behauptung war vermutlich Plinius. Gleich an mehreren Stellen seiner „Naturalis historia“ weist jener auf den Bau und die Ausstattung besagten ephemeren Theaters hin, um den seiner Meinung nach zu verurteilenden Luxus dieser Zeit herauszustellen187. Adriani wendet diese Aussage jedoch ins Positive und wertet den theatralen Pomp als Zeichen verfeinerter Lebensumstände. Entsprechungen hierzu sind in den „Viten“ auch für das Zeitalter der rinascita formuliert, wenn das Gegensatzpaar aus maniera barbara und bella maniera moderna in gesellschaftlicher Hinsicht durch die Gegenüberstellung von „rozzi secoli“188 und „secolo nel colmo della perfezzione“189 ausgedrückt wird. Dieses letzte Zeitalter ist wiederum abschließend durch die höchste Blüte theatraler Formen geprägt. Mithilfe ihrer ephemeren Werke wirken die Künstler bei festlichen und theatralen Anlässen aktiv in die Gesellschaft hinein und überformen durch ihre vollendeten artifiziellen Prinzipien weite Teile des bene comune. Damit fungieren theatrale Formen und Ephemeres in der zweiten Vitenausgabe als Schnittstellen zwischen Kunst und Gesellschaft. Sie sind bestens dazu angetan, als ‚Taten‘ dazu beizutragen, die gesellschaftliche Entwicklung auf ihrem Höchststand zu erhalten. Um ihre Wirkmächtigkeit auch im Hinblick auf den naturhaften Verlauf zu gewährleisten, müssen sie jedoch gleichsam selbst als artes etabliert und als Träger kunsttheoretischer Maximen ausgewiesen werden. Ephemere Werke und kunsttheoretische Maximen
Bereits in den ‚Bauanleitungen‘ der Tribolo-Biografie sowie der Cecca-Vita waren Akzente auf einer technischen Vermittlung des Ephemeren zu bemerken, wodurch es gleichsam als potentiell erlernbar ausgewiesen ist. Die entsprechenden Gattungen werden dort über analoge Verfahrensweisen theoretisch erfasst, wie sie in der technischen Einleitung für die drei Künste des disegno angewendet sind190. Darüber hinaus verknüpft der Autor an zahlreichen Stellen das Wirken der Künstler um das zeitgenössische Theater- und Festwesen begrifflich mit den Grundpfeilern seiner Kunsttheorie191. Als auffallende Gemeinsamkeit treten in vielen Biografien theaterschaffender Künstler deren ausgeprägte Fähigkeiten im disegno, ihre herausragenden intellektuellen Begabungen sowie ihre Qualitäten als inventori hervor. Baldassare Peruzzi habe sich in seinen Antikenvermessungen vor allem dadurch aus-
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Marcus Aemilius Scaurus, d. J. (*1. Jh. v. Chr.), römischer Ädil im Jahr 58 v. Chr., später Prätor. PLINIUS (um 77 n. Chr.) 2000, XXXIV,36(17), S. 87; außerdem: PLINIUS (um 77 n. Chr.) 2000, XXXVI,5, S. 268; Appendix XXXVI,50, S. 300; Appendix XXXVI,114-116, S. 322-324. Im Zusammenhang mit der zweiten Vitenepoche und Brunelleschis ingegni formuliert bei: VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366. Siehe näher Kap. 4.3, S. 312-313. Vasari: Agli Artefici del Disegno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 410. Vgl. Kap. 2.1. Zur näheren Ausführung der kunsttheoretischen Prinzipien siehe Kap. 4.1.
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gezeichnet, dass er „si diede del tutto al disegno“192. Den jungen Genga habe man oft „di nascoso con carboni e con penne da scrivere […] disegnando“ 193 aufgefunden, und auch Aristotile da Sangallo „si stette un tempo a quel modo […] senza far altro che disegnare nella cappella di Michelagnolo.“194 Zu Andrea del Sarto schreibt der Autor: „[…] all’eccellentissimo Andrea del Sarto, nel quale uno mostrarono la natura e l’arte tutto quello che può far la pittura mediante il disegno, il colorire e l’invenzione […].“195
Kunst und Natur vereinigen sich nach diesen Worten im Wirken Andrea del Sartos, dessen Fähigkeiten neben dem disegno auch auf dem zweiten Grundprinzip der vasarianischen Kunsttheorie, der invenzione, beruhen. Häufig sind es gerade die theatralen Arbeiten, die das zeichnerische und erfinderische Talent der Künstler in hohem Maße zum Ausdruck bringen. Ihre intellektuellen Fähigkeiten verschaffen ihnen Aufträge für die Ausstattung festlicher und theatraler Anlässe und werden als Grund angegeben, weshalb Dekorationen besonders gut gelungen seien. Beispielsweise habe der Apparat, den Francesco Salviati für eine Komödienaufführung anlässlich des Karnevals in Florenz entworfen hatte, aufgrund seiner neuartigen Formen und seiner Schönheit alle bisherigen übertroffen, „[…] essendo verissimo che Francesco in tutte le sue cose fu sempre di gran giudizio, vario e copioso d’invenzione, e, ch’è più, possedeva le cose del disegno et aveva più bella maniera che qualunche altro fusse allora a Fiorenza […].“196
Battista Franco wird vor allem deshalb mit der Dekoration für den Einzug Karls V. in Rom beauftragt, „avendolo visto fino disegnatore e giovane di bell’ingegno“.197 Seine Mitwirkung an den Vorbereitungen für die Hochzeit von Alessandro de’ Medici mit Margarethe von Parma gründet sich auf ähnliche Eigenschaften: „Per che conosciuto fra gl’artefici per giovane ingegnoso e valente“.198 Auch Genga wird von seinem Fürsten wiederholt mit ephemeren Festdekorationen betraut:
192 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 316. 193 VASARI: Vita di Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 347. 194 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 394. 195 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 341. 196 VASARI: Vita di Francesco Salviati (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 524. 197 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 459. 198 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 460.
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„[…] le quali, perché aveva bonissima intelligenza di prospettiva e gran principio di architettura, faceva molto mirabili e belli.“199
Gengas ‚Intelligenz‘ in der Architektur sowie in der Perspektive, als nobelste Ausprägung des disegno200, befähigen ihn nach Vasaris Darlegung offenbar dazu, besonders schöne ephemere Werke zu ersinnen. Die Vita Baldassare Peruzzis beweist schließlich, dass sich die Fähigkeiten eines Künstlers im perspektivischen Entwurf konkret in dessen bühnenbildnerischen Tätigkeiten niederschlagen, vor allem in der Errichtung tiefenräumlicher Perspektivbühnen201. Nur wenige Sätze nach der Feststellung Peruzzi sei in der „scienza“ der „prospettiva“202 derart gut gewesen, dass ihm nur wenige gleichkamen, lobt Vasari dessen „prospettiva overo scena“203 für eine Komödienaufführung auf dem Kapitol in mehreren Superlativen. Damit erscheinen die Fertigkeiten der Künstler im disegno und in der Perspektivzeichnung in diversen Lebensbeschreibungen als Voraussetzungen guter Theaterdekorationen. Auch die invenzione liegt zahlreichen ephemeren Werken der Künstler zugrunde. So werden die für das San Giovanni-Fest ausgeführten nuvole ausdrücklich als „invenzione di Cecca“204 bezeichnet. Zu Filippo Lippi gibt der Autor an, dass die Stadtbevölkerung „[…] nelle feste publiche, mascherate et altri spettacoli si servì sempre con molta sodisfazione dell’ingegno et invenzione di Filippo.“205 Piero di Cosimo habe die Karnevalsumzüge seiner Zeit „molto migliorato e d’invenzione e d’ornamento e di grandezze e pompa.“206 Peruzzis Perspektivbühnen werden aufgrund ihrer varietà als „di così straordinaria invenzione“207 gepriesen und
199 VASARI: Vita di Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 348. 200 Über die Schwierigkeit und Bedeutung der prospettive äußert sich der Autor in der technischen Einleitung dezidiert: VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 119-120. 201 Begriffsklärung bei: PALLEN 1999, S. 5-6; SERGARDI 1988, S. 98-100; IRLENBUSCH 2008. Zeitgenössisch ebenfalls als „prospettiva“ bezeichnet: vgl. SERGARDI 1988, S. 98-100. 202 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 317. Als ‚Wissenschaft‘ wurde die Perspektive bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert gesehen und zusammen mit den artes liberales verbildlicht, beispielsweise von Pollaiuolo am Grabmahl Sixtus’ IV. Für Alt Sankt Peter, vgl. BACHER, „artes liberales“ 2000, S. 24. 203 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. IV, S. 320. 204 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 451. 205 VASARI: Vita di Filippo Lippi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 568. 206 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 63. 207 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 320.
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Genga wird als „bellissimo inventore di mascherate e d’abiti“208 bezeichnet. Auch Giulio Romano sei geradezu herausragend im Erschaffen theatraler Dekoration gewesen: „[…] bellissimi apparati d’archi, prospettive per comedie e molte altre cose; nelle quali invenzioni non aveva Giulio pari […].“209
Die mitgebrachten Speisen der Compagnia del Paiuolo sind als „qualche bella invenzione“210 beschrieben, und auch die gesamte festa, die sich Luigi Martelli für die Compagnia della Cazzuola ausgedacht hatte, wird als „bellissima invenzione“211 gelobt. Ebenso wie die similitudine al vero212 ist die vivezza213 bereits per se in den ‚lebenden Bildern‘, den sich bewegenden Bühnenapparaturen und der szenisch-dramatischen Aktion der festlichen Aufführungen des 16. Jahrhunderts verwirklicht. Obwohl die Wirkung dieser Effekte auf den zeitgenössischen Betrachter aus heutiger Sicht sicherlich nicht einmal mehr ansatzweise nachzuvollziehen ist, erscheint es evident, dass die technischen Finessen der Verwandlungen, die Licht- und Toneffekte sowie die fantasievoll kostümierten Darsteller einen Grad der Illusion hervorriefen, der bis dato tatsächlich unerreicht war214. Lebendiger als eine Theateraufführung konnte Kunst nicht geschaffen werden. Diesem Umstand huldigen die „Viten“ an zahlreichen Stellen. Brunelleschis mittels sich bewegender, konzentrischer Ringe geschaffene Himmelskuppel wird beschrieben als „un cielo pieno di figure vive“ 215. Durch den Gesang der Engel und die Rotation der Himmelskreise habe dieser wie das echte Paradies gewirkt: „pareva propriamente un paradiso“216, „rappresentavano il paradiso veramente“217.
208 VASARI: Vita di Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 350. 209 VASARI: Vita di Giulio Romano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75. 210 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 481. 211 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 487. 212 BURIONI & FESER 2004, S. 242-246: Hier wird das Konzept mit den Begriffen „Natur“ und „Naturtreue“ übersetzt, was den Aussagegehalt des italienischen Terminus nicht ganz trifft. Es geht wohl weniger um Naturtreue, sondern um eine ‚Ähnlichkeit‘ mit der umgebenden Wirklichkeit, die erzeugt werden soll: SUMMERS 1981, S. 279-285. 213 Vgl. Kap. 4.1. 214 Zu den Verwandlungen, Illuminations- und Toneffekten der zeitgenössischen Bühnenkunst vgl. POVOLEDO 1975, S. 423-431; TRAUMANN STEINITZ 1949; BUCCHERI 2014; ALBRECHT 2001; speziell unter den Medici in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: TREADWELL 2008, S. 11-58. 215 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. III, S. 188. 216 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 190. 217 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 190.
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Auch in der Vita Ceccas weist Vasari gesondert darauf hin, dass die Heiligen des San Giovanni-Umzuges von echten Menschen dargestellt wurden: „rappresentati da persone vive“218. Die Stelzengänger „parevano veramente giganti“ und die spiritelli „parevano proprio spiriti“219. Piero di Cosimos Carro della morte habe wie eine „cosa naturalissima“220 gewirkt und die künstliche Sonne Aristotile da Sangallos „pareva veramente il sole vivo e naturale“221. Peruzzi schließlich habe die Details seiner tiefenräumlichen Perspektivbühne so gut aufeinander abgestimmt, „che parevano non finte, ma verissime, e la piazza non una cosa dipinta e picciola, ma vera e grandissima“ 222. In enger Verbindung mit der invenzione stehend, spielt der Begriff der fantasia223 auf die Fähigkeit des Künstlers an, die Phänomene der sinnlichen Wahrnehmung im Geist ungewohnt zu kombinieren und damit neue ‚fantasie‘ zu entwickeln. Der Terminus enthält also zwei voneinander grundsätzlich zu unterscheidende Bedeutungsebenen. Zum einen meint fantasia eine Eigenschaft des Künstlers, seine Befähigung, Neues zu erdenken224. Zum anderen wird eine bestimmte Werkgattung aufgrund der Originalität ihres Sujets als „fantasie“ ausgewiesen225. In diesem Fall steht der Begriff in Beziehung zu den Prinzipien des quello che non è sia und der varietà226. Je nach Kontext ist die fantasia unterschiedlich gewertet. Einerseits wird diese Eigenschaft in der aristotelischen und neuplatonischen Tradition mit Skepsis betrachtet, ins Feld der rein sensorischen und damit niedrigen Bewusstseinsbereiche eingeordnet und mit den Zuständen des Traumes und der Halluzination verbunden227. Andererseits gibt es vor allem im Bereich der Literatur und Poesie 228, aber auch innerhalb der kunsttheoretischen Schriften ab dem 15. Jahrhundert durchaus Bestrebungen, fantasia und immaginazione aufzuwerten und teilweise zu rationalisieren. Positiv gewendet steht der Begriff im Bezug zur licenzia und reiht sich, zusammen mit
218 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 455. 219 Beide Zitate: VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454. 220 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. 221 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398. 222 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 223 Zum Begriff der fantasia vgl. SUMMERS 1981, S. 103-144; B URIONI & FESER 2004, S. 251-255; KEMP 1977, S. 376-380; OY-MARRA 2008; POCHAT, Phantasia 2009. 224 Hier auch Anspielung auf die kreativ eigene Schöpfungskraft des Künstlers und die Parallelisierung von Gott und Künstler, vgl. OY-MARRA 2008, S. 107. 225 SUMMERS 1981, S. 126. 226 Zur varietà in Bezug auf invenzione und fantasia beispielsweise bei Francesco di Giorgio siehe: KEMP 1977, S. 354-355. 227 KEMP 1977, S. 366-369. 228 Vgl. OY-MARRA 2008, S. 102-103 und Anm. 17.
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den ihm verwandten Prinzipien, in die Bemühungen um eine Emanzipation der bildenden Künste vom Handwerk ein229. Ähnlich ambivalent ist die Wertung des Terminus innerhalb der „Viten“. Einerseits ist die fantasia bei Vasari eine Eigenschaft der herausragendsten Künstler. So ist beispielsweise Leonardo da Vinci als in höchstem Maße fantasievoller Künstler charakterisiert. Sein Medusenhaupt besteht aus einer Ansammlung von makabren Insekten, Würmern und Kadavern und verweist durch die Neukombination bekannter Objekte und in der terribilità230 seiner Wirkung äußerst positiv auf die fantasia des Künstlers231. Auf der anderen Seite zeigt der Begriff aber auch das Absonderliche, die Melancholie und im äußersten Fall die pazzia der Künstlerpersönlichkeiten an und lässt sie als undisziplinierte, konfuse Charaktere erscheinen 232. So bedingt Leonardos übermäßige fantasia gleichlautend, dass er viele seiner Projekte nicht vollendet, da er immer bereits vorher auf neue Ideen verfällt 233. Auch Piero di Cosimo erscheint in den „Viten“ als Eigenbrötler, der – quasi ein Inbegriff des ‚wilden Mannes‘, mehr Tier als Mensch – ein zurückgezogenes, naturverbundenes Einsiedlerleben geführt habe234. Michelangelo wird im Gegensatz dafür gelobt, dass er sich von den „capricci“, und „bizzarie“ sowie „fantasie“ seiner Zeitgenossen geflissentlich abgewandt
229 Beispielsweise bei Filarete und Leonardo: KEMP 1977, S. 370-380. Vorangehend findet bei Marsilio Ficino und Pico della Mirandola eine positive Neubewertung der fantasia statt, vgl. OY-MARRA 2008, S. 103. Für die positive Bewertung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist Gianfrancesco Donis disegno-Traktat von 1549 zu nennen, ausführlich diskutiert sowie mit kritischen Stimmen kontrastiert bei: OY-MARRA 2008, S. 104-106. 230 Zum Begriff der terribilità siehe: SUMMERS 1981, S. 234-241. 231 VASARI: Vita di Lionardo da Vinci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 20-22; vgl. SUMMERS 1981, S. 136-138; BURIONI & FESER 2004, S. 254. 232 Ähnlich ambivalent sind die Begriffe der bizzarie, der pazzia und der capriciosità, die einerseits als kunstkritisches Lob verwendet sind, andererseits aber je nach Kontext auch eine versteckte Kritik enthalten können. Höchstes Lob bedeuten sie bei Künstlern wie Michelangelo, dessen Werke den Geschmack des Autors treffen – negativ konnotiert sind sie dort, wo die persönliche maniera des Künstlers nicht Vasaris Ideal entspricht: BURIONI & FESER 2004, S. 254. 233 „Ècci chi ha avuto opinione (come son varii e molte volte per invidia maligni i giudizii umani) che Lionardo, come dell’altre sue cose, lo cominciasse perché non si finisse, perché essendo di tanta grandezza, in volerlo gettar d’un pezzo vi si vedeva difficultà incredibile; e si potrebbe anco credere che dall’effetto molti abbin [sic!] fatto questo giudizio, poiché delle cose sue ne son molte rimase imperfette. Ma per il vero si può credere che l’animo suo grandissimo et eccellentissimo per esser troppo volontaroso fusse impedito […].“: VASARI: Vita di Lionardo da Vinci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 27; vgl. BURIONI & FESER 2004, S. 254. 234 „[…] che egli del continuo stava rinchiuso e non si lasciava veder lavorare, e teneva una vita da uomo più tosto bestiale che umano.“: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 61; vgl. auch: IRLENBUSCH 2008, S. 9-14. Weiter siehe auch: NOLL 2016, S. 320; STIMATO 2007, S. 91.
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habe235. Während also in Bezug auf die Werke ein durchaus positives Verständnis des Konzeptes existiert236, wirkt sich Fantasie auf die Persönlichkeit und Arbeitsmoral des Künstlers häufig negativ aus. Im Zusammenhang mit theatralen Projekten erscheint der Terminus vornehmlich werkbezogen und in seiner positiven Ausprägung. Eine Beziehung der fantasia zu ephemeren Arbeiten für Festumzüge liegt nahe, da sich die künstlerische Praxis in diesem Feld der Kostüme, Bühnenbilder und Festwagen primär im Themenbereich fantastischer Mischwesen, Monstren und Götterfiguren bewegte237. So wird die Beschreibung von Piero di Cosimos Carro della morte terminologisch eng mit dem Prinzip der fantasia verbunden: „[…] e il carro poi, o trionfo, pieno di ornamenti o di spoglie e bizzar[r]issime fantasie. […] per una strana e orribile et inaspettata invenzione di non piccola satisfazione a’ popoli […].“238
Wie bei Leonardos Medusenhaupt sind die „bizzar[r]issime fantasie“ hier eine Ansammlung seltsamer und schauriger Details, deren Kombination etwas Neuartiges, Erschreckendes, dafür aber umso Wirkungsvolleres erzeugt. Es sind diese Wirkmächtigkeit, der „Verblüffungseffekt“239 und die Fähigkeit, meraviglia zu evozieren, die in der Poetik des Aristoteles als positive Aspekte der imaginatio erscheinen240. Obwohl das Konzept der meraviglia erst in der letzten Dekade des 16. Jahrhunderts in Giovan Paolo Lomazzos „Idea del Tempio della pittura“ theoretisch gefasst wird241, dürfte es in die Kunsttheorie der „Viten“ bereits implizit eingeflossen sein. Erneut zeigen sich die ‚guten Seiten‘ der fantasia innerhalb der „Viten“ im Zusammenhang mit den invenzioni der Künstler für die Treffen der Compagnia del Paiuolo und der Compagnia della Cazzuola in der Lebensbeschreibung des Giovanfrancesco Rustici242. Die varietà dieser Arbeiten steht in engem Bezug zum Konzept
235 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 69. Vgl. und weiter hierzu siehe auch: NOLL 2016. 236 Zur positiven Konnotation der fantasia und zu ihrem Bezug zu invenzione wie disegno in den „Viten“ vgl. auch: FRATINI, Alcune osservazioni 2016, S. 171-172. Fratini weist sinnfällig auf die Abhängigkeit des vasarianischen fantasia-Konzeptes von Cennino Cenninis „Libro dell’arte“ hin. 237 Siehe beispielsweise die Zeichnungen zur Geneologia degli Dei bei: PETRIOLI TOFANI 1966; weiter hierzu: BARONI VANNUCCI 2013; TESTAVERDE 2013. 238 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63. 239 Begriff nach: OY-MARRA 2008, S. 103. 240 In der „Poetik“ des Aristoteles wird vor allem die überraschende Wirkung des Unmöglichen/der Adynata positiv gewertet, aufgezeigt erstmals in: LACHMANN 2002; vgl. OYMARRA 2008, S. 102-103 Anm. 17. 241 Zu Lomazzos Traktat vgl. OY-MARRA 2008, S. 106. Zur meraviglia in den Künsten weiter: OY-MARRA 2008, S. 109. 242 Vgl. Kap. 2.5.
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der fantasia243. So sind in Andrea del Sartos Tempel aus Würsten verschiedene Zutaten nach dem Prinzip formaler Ähnlichkeit kombiniert, wodurch etwas völlig Neuartiges, Unerwartetes geschaffen wird. Fantasia zeigt sich in Rusticis Biografie außerdem im Kontrast zwischen Schein und Wirklichkeit sowie zwischen hehrer Form und der Banalität des verwendeten Materials 244. Die kunstvollen Transformationen aus einer Ansammlung eigentlich toter Tiere zu lebendig wirkenden Szenen entsprechen zudem der vivezza in besonderer Weise245. Der spielerische und im Grunde leichtfertige Umgang mit den erdachten capricci unterstreicht eine Atmosphäre von Vergnügen und Überfluss, in der die Kreativität offenbar bereits derart essentieller Bestandteil der Künstlerpersönlichkeit geworden ist, dass sie wie selbstverständlich alles durchdringt und selbst die profansten Materialien in ‚Kunst‘ verwandelt. Unter künstlerischer Hand geformt und in ihrer fantasievollen Ausgestaltung bestechen die Schaugerichte durch jene Prinzipien, die die bildenden Künste den artes liberales annähern. Indem die Künstler ihre perfektionierten Fähigkeiten der invenzione und fantasia in der Zubereitung von Speisen einsetzen, machen sie die seit Hugo de St. Victoire246 zu den sieben artes mechanicae gehörige Kochkunst selbst zur veritablen ars247. Ihre Vorgehensweise kann als Paradebeispiel für das horizontale Diffundieren kunsttheoretischer Maximen in der letzten Vitenepoche gelten. Offenbar bietet also gerade der festliche, ephemere Rahmen nach Ansicht des Vitenautors eine Plattform, auf der bizzarrie und fantasie gefahrlos erdacht und erprobt werden können, ohne dass die ratio dabei Schaden nähme. So können auch Peruzzis Perspektivbühnen für ihre „tante bizzarrie di tempii, di logge e d’andari di cornici“248 sowie für die „varietà e bella maniera de’ casamenti, le diverse logge [e] la bizzarria delle porte e finestre“249 gelobt werden. Francesco Granacci habe seinen ephemeren Triumphbogen für den Einzug Leos X. „con bellissime fantasie“250 geschmückt und
243 Bereits vor den „Viten“ hatte die Kunsttheorie häufig eng die Fähigkeit zur varietà mit der fantasia als besondere Eigenschaften des Künstlers zur Neuschöpfung durch Kombination verbunden: KEMP 1977, S. 354-355. 244 Näher hierzu Kap. 2.5; vgl. LÖHR 2007, S. 147-155. 245 Dieser und weitere Bezüge zur Metamorphose sowie zur Nekromantie und zur Metapher siehe: LÖHR 2007, S. 151. 246 *um 1097; †1141, Theologe und Philosoph. 247 In der ersten Nennung der sieben artes mechanicae durch Johannes Scotus Eriugenas (859) sind außer der Architektur keine weiteren Einzelkünste aufgeführt. Unter ventatio subsummiert Hugo sowohl die Jäger, als auch Bäcker, Köche, Wirte und Fleischer, vgl. BACHER, artes mechanicae 2000, v.a. S. 36-37. 248 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 249 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 320. 250 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 603.
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Federigo Zuccheros Bühnenvorhang stellte eine „bellissima e capricciosa Caccia“251 vor. Auch Aristotile da Sangallos scene werden als „piena di colonnati, di nicchie, di tabernacoli, statue e molte altre cose capricciose“252 beschrieben. Seine Qualität als Bühnenbildner zeige sich in der schier unglaublichen Vielfalt seiner Kombinationen und in deren detailreicher Ausgestaltung: „[…] onde non è possibile mettere insieme mai né la più variata sorte di finestre e porte, né facciate di palazzi più bizzarre e capricciose […].“253
Durch ihre mannigfachen Berührungspunkte mit kunsttheoretischen Maximen und kunstkritischen Wertungskriterien sind die theatralen und ephemeren Arbeiten der Künstler in Vasaris System der arti integriert und unter dieselben intellektuellen Voraussetzungen gestellt. Sie setzen herausragende Fähigkeiten im disegno voraus, in ihnen manifestiert sich die Erfindungskraft des Künstlers und sie bieten sich als Paradebeispiele für die Verwirklichung von vivezza, parere vero, fantasia, bizzarria und quello che non è sia an. Alles, was in der Kunsttheorie des 16. Jahrhunderts gefordert ist, zeigt sich, so die Darlegung der „Viten“, auch in diesen theatralen und ephemeren Werken, die so wiederum auf eine von Kreativität durchzogene Lebenswelt verweisen. Allerdings existieren auch Brüche in dieser Argumentation. So wird paradoxerweise in der Biografie des Aristotile da Sangallo gerade das Fehlen jeglicher Fähigkeiten in disegno und invenzione als Grund dafür angegeben, weshalb sich der Künstler schließlich ganz der Arbeit als Bühnenbildner gewidmet habe: „Ma conoscendo Aristotile di non avere invenzione, e quanto la pittura richieggia studio e buon fondamento di disegno, e che per mancar di queste parti non poteva gran fatto divenire eccellente, si risolvé di volere che il suo esercizio fusse l’architettura e la prospettiva, facendo scene da comedie a tutte l’occasioni che se gli porgessero […].“254
Diese Textstelle wirft mehrere Fragen auf. Zum einen wird hier deutlich gesagt, Aristotile habe sein Hauptaugenmerk aus nur einem Grund ganz auf die Theaterarbeit und die Architektur gerichtet: weil er nichts anderes besonders gut konnte. Seine Erfahrung in der Zeichnung wird hier als mangelhaft eingestuft. Wenige Seiten zuvor war dagegen explizit darauf hingewiesen worden, wieviel Mühe sich der Künstler beim Abzeichnen in der Sixtinischen Kapelle gegeben habe255. Der Un-
251 VASARI: Vita di Taddeo Zucchero (1568) BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567. 252 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 253 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398. 254 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395. 255 Vgl. S. 274.
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terschied in den beiden Aussagen lässt sich wohl aus dem Wort „studio“ erklären. Bei der Erwähnung, Aristotile habe in der Sixtinischen Kapelle gezeichnet, ist der rein manuelle Aspekt des Nachzeichnens angesprochen. Im obigen Zitat dagegen scheint vielmehr die intellektuelle Komponente des disegno gemeint zu sein, an der es Aristotile nach Vasaris Ansicht offenbar, trotz seines ‚handwerklichen‘ Fleißes, mangelte. Gleichlautend mit der theatralen Tätigkeit des Künstlers wird an dieser Stelle jedoch auch die Gattung der Architektur in ihrer Gesamtheit herabgewertet, denn die Formulierung impliziert, hierfür sei keine besondere Begabung im disegno nötig. Gerade für die Baukunst ist der disegno in den theoretischen Teilen der „Viten“ aber als besonders maßgeblich akzentuiert und sie wird als ‚nützlichste‘ der tre arti vom Autor mitunter sogar an deren Spitze gesetzt 256. Damit widerspricht die obige Textstelle gleich zwei entscheidenden theoretischen Grundsätzen des Gesamtwerkes. Eine mögliche, wenn auch nicht vollkommen befriedigende Erklärung hierfür wäre die Tatsache, dass Aristotile ein Vorgänger Vasaris auf dem Posten als mediceischer Hofkünstler war, dem er zunächst nur assistierte. Vielleicht werden die Fähigkeiten des Meisters aus diesem Grund hier relativiert – ganz nach dem Prinzip der Herabsetzung direkter Konkurrenten und Vorgänger, das sich auch in verschiedenen anderen Biografien zeigt 257. Andererseits wiederum wird nur wenige Zeilen später der Beiname „Aristotile“ für den Künstler, dessen Taufname eigentlich Bastiano da Sangallo ist, direkt auf den antiken Philosophen Aristoteles zurückgeführt: „Nelle quali prospettive e scene, che molto piacquero all’universale […], acquistò di maniera nome Aristotile, che quella fu poi sempre la sua principale professione, anzi, come vogliono alcuni, gli fu posto quel sopranome, parendo che veramente nella prospettiva fusse quello che Aristotile nella filosofia.“258
Aristotiles Fähigkeiten im Bereich ephemerer Bühnendekoration werden also an dieser Stelle dezidiert mit den intellektuellen Kenntnissen des Philosophen Aristoteles parallelisiert, was wiederum den nur einige Sätze zuvor erfolgten Richtspruch Lügen straft. Gleichzeitig findet sich in derselben Lebensbeschreibung für diesen Spitznamen aber auch noch eine andere Erklärung: Der Künstler habe dem antiken Philo-
256 „[…] dall’architettura come da la più universale e più necessaria et utile agli uomini et al servizio et ornamento della quale sono l’altre due […].“: VASARI: Proemio di tutta l’opera (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 28; siehe näher: Kap. 4.3, S. 300. 257 Beispielsweise erfährt Vasaris Konkurrent und Vorgänger Baccio Bandinelli charakterlich und kunstkritisch schärfste Verurteilungen durch den Autor, vgl. BARTOLI, R. 2011, S. 50-54. Des Weiteren wird Benvenuto Cellini, sein erbittertster Konkurrent am Medicihof, nur als einer von vielen Künstlern der Accademia delle Arti del Disegno genannt und erhält in den „Viten“ keine eigene Biografie: BURIONI & FESER 2004, S. 20-21. 258 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 395.
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sophen Aristoteles ähnlich gesehen und ebenfalls in gewichtigem Ton zu sprechen gepflegt259. Offenbar ist das Verhältnis des Autors zu Aristotile und seinen theatralen Arbeiten ambivalent. Kunstkritisches Lob und eine dezidierte Einbindung in das kunsttheoretische Grundgerüst – ja sogar die Hervorhebung Aristotiles als in seiner bühnenbildnerischen Tätigkeit beinahe ‚philosophisch‘ begabt – wechseln sich ab mit schärfsten Verurteilungen, die wiederum genau diese Eigenschaften als Voraussetzungen guter Theaterausstattung negieren. Als Abwertung könnte außerdem die vermehrte Behauptung gelten, alle Künstler, „tutti i buoni e’ cattivi“260, seien an der Ausführung ephemerer Festapparate beteiligt worden. Neben den herausragenden Fähigkeiten, die theatrale Ausstattung von den Hauptdekorateuren und Verantwortlichen verlangt, bietet diese Kunst also nach Aussage des Autors gleichermaßen auch ein Auffangbecken für alle jene, die nicht über genügend Fertigkeit für andere Aufträge verfügten. Diverse Künstler, die in den „Viten“ für ihre Theatertätigkeiten ausgezeichnet sind, wie beispielsweise Piero di Cosimo, Pontormo, Andrea del Sarto, der schon besprochene Aristotile da Sangallo oder Baccio Bandinelli261, werden hinsichtlich ihrer Lebensführung und ihrer maniere durchaus als Negativbeispiele geführt. So kritisiert Vasari den Künstler Pontormo für seine sklavische Michelangelonachahmung und den damit verbundenen Mangel an Eigenständigkeit 262. Piero di Cosimo wird als menschenscheu und wunderlich beschrieben263 und Andrea del Sartos Lebens- und Arbeitsweise sind als gesellschaftlich überholt dargestellt264. Verschiedentlich wird angedeutet, Künstler, die sich vornehmlich dem Fest- und Theaterwesen verschrieben hätten, seien sich auch für niedrigste Arbeiten nicht zu schade gewesen. Ridolfo
259 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 393. 260 Dies ist beispielsweise in den Viten Aristotiles und Battista Francos der Fall: VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 399; VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 459. 261 Für die Verurteilung Bandinellis und anderer Konkurrenten, siehe weiterführend: BARTOLI, R. 2011, S. 50-54. 262 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 332-333; vgl. Kap. 4.1, S. 248. 263 „Costui era qualche volta tanto intento a quello che faceva, che ragionando di qualche cosa, come suole avenire, nel fine del ragionamento bisognava rifarsi da capo a ricontargnene, essendo ito col cervello ad un’altra sua fantasia. Et era similmente tanto amico della solitudine, che non aveva piacere se non quando pensoso da sé solo poteva andarsene fantasticando e fare i suoi castelli in aria.“: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI, 1966-69 (Hrsg.) Bd. IV, S. 60. Zur Charakterisierung Piero di Cosimos durch Vasari, siehe auch: IRLENBUSCH 2008, S. 9-10; NOLL 2016, S. 320. 264 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 341-342; vgl. WELLEN 2009, S. 231-232.
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Ghirlandaio betätigt sich beispielsweise auf Handwerkerniveau, wenn er Stoffe, Standarten und Fahnen bearbeitet: „Non si sdegnò anco Ridolfo di far drapelloni, stendardi et altre cose simili assai […].“ 265
Auch Francia Bigio wird als Künstler bezeichnet, der selbst niederste Arbeiten verrichtete, ohne sich dafür zu schämen: „E perché lavorò universalmente d’ogni cosa senza vergognarsi di far l’arte sua, mise mano a qualunche lavoro gli fu dato da fare; onde oltre a molti lavori di cose bassissime, fece […].“ 266
Diese handwerklichen Tätigkeiten, an deren Ausführung die theaterschaffenden Künstler ohne Schmach zu empfinden beteiligt waren, könnten jeweils als kunstkritische Abwertung der gesamten Persönlichkeit und ihres künstlerischen Schaffens verstanden werden267. Allerdings lassen die Erweiterung des künstlerischen Horizontes und die Ausbreitung des Prinzips ars auf weitere Lebensbereiche, wie sie als dezidiertes Anliegen der zweiten Vitenausgabe identifiziert werden konnten268, die vorliegenden Äußerungen in einem differenzierteren Licht erscheinen. Vor diesem Hintergrund ist der umgekehrte Schluss möglich, es werde als lobenswert angesehen, dass sich so hervorragende und anerkannte Meister wie die genannten Künstler dazu herabließen, ihre Fähigkeiten auch auf einfache Materialien und Handwerke zu übertragen, die ihrer eigentlich unwürdig seien. Durch die Beschäftigung mit den arti minori prägen sie auch jene kulturellen Sparten, die jenseits der Hochkunst und im Bereich des Alltags liegen. Nach dieser Auslegung wäre der disegno nicht nur erlern- und tradierbar, sondern auch übertragbar auf andere, weniger kunstvolle Felder täglichen Lebens. Während Donatello noch dazu gezwungen werden musste, beim Festapparat für die Krönungsfeier Sigismunds mitzuwirken 269, leisten die oben genannten Künstler diesen Beitrag offenbar freiwillig und eingedenk ihres ‚kulturpolitischen‘ Auftrags. Naheliegend ist eine solche Schlussfolgerung vor allem unter Beachtung der kunstkritischen Termini, mittels derer die textilen Ausstattungsstücke gelobt werden, die Andrea di Cosimo Feltrini für diverse Hochzeitsfeiern geschaffen habe:
265 VASARI: Vita di Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 442. 266 VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 513. 267 Mindestens bei Francia Bigio scheint diese Abwertung insofern gestützt zu werden, als der Künstler zusätzlich als jemand beschrieben wird, „[…] che valse molto più nelle [cose] piccole.“: VASARI: Vita di Francia Bigio (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 513. Da die „Viten“ vor allem monumentale Werke als hochwertig anerkennen, ist dies definitiv negativ zu sehen. 268 Vgl. Kap. 4.1., v.a. S. 271-272. 269 VASARI: Vita di Donato (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 220.
Theater und Fest in Vasaris Geschichtserzählung | 285
„[…] ché non si faceva nozze che non avessi or di questo or di quello cittadino la bottega piena; né si fece mai opere di fogliature di broccati varî e di tele e drappi d’oro tessuti, che lui non ne facessi disegno, e con tanta grazia, varietà e bellezza che diede spirito e vita a tutte queste cose […].“270
Nicht nur disegno sondern gleichermaßen grazia, bellezza, varietà sowie vivezza – und damit nahezu alle kunsttheoretischen Maximen – verzeichnet Vasari als Qualitätsmerkmale der vom Künstler erdachten dekorativen Details. Der Annahme einer Übertragbarkeit künstlerischer Perfektion auf alltägliche Bereiche entspricht weiterhin der Umstand, dass, wie diverse arti minori271, so auch ephemere Werkgattungen in der technischen Einleitung Erwähnung finden. Dort wird in Kapitel XXV die Technik des Chiaroscuro gleichfalls in ihrer Funktion für Festapparate theoretisch behandelt und bereits in der Kapitelüberschrift weist Vasari auf diesen Umstand hin: „Del dipignere nelle mura di chiaro e scuro, di varie terrette, e come si contrafanno le cose di bronzo; e delle storie di terretta per archi o per feste a colla, che è chiamato a guazzo, et a tempera.“272
Der Text schließlich bespricht die Anforderungen des Chiaroscuro auf Leinwand für theatrale Aufführungen und Umzüge in einem eigenen Unterpunkt und führt dafür, abermals unter explizitem Rekurs auf das Prinzip ars sowie auf die hiermit verwandten Konzepte des disegno und der vivezza, folgende Begründung an: „Queste pitture si lavorano in due modi: prima in fresco, che è la vera, o in tele per archi che si fanno nell’entrate de’ principi nelle città e ne’ trionfi o negli apparati delle feste e delle comedie, perché in simili cose fanno bellissimo vedere. […] Vogliono avere tali specie fierezza, disegno, forza, vivacità e bella maniera, et essere espresse con una gagliardezza che mostri arte e non stento […].“273
Der Einbezug ephemerer theatraler Dekorationsmodi in die technische Einleitung weist deutlich darauf hin, dass diese Werkart generell als Teil der bildenden Künste verstanden wird, als ein Ausdrucksmittel künstlerischer Fähigkeiten, das mitunter spezifische Techniken und Arbeitsformen erfordert, die ebenso wie alle anderen technischen Details vermittelt werden müssen. Theatrale und bühnenbildnerische Kunstformen werden also als erlernbare Disziplin gewertet.
270 VASARI: Vita di Morto da Feltro e Andrea di Cosimo Feltrini (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 523. 271 Beispielsweise die Intarsien-Schnitzerei oder die Goldschmiede. Für die Rolle der Goldschmiedekunst siehe: COLLARETA 2006. 272 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 139. Das Kapitel existiert übrigens in gleicher Form bereits in der Fassung von 1550. 273 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 140, Beschreibung der ephemeren Chiaroscuro-Malerei: S. 141.
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Dies zeigt sich erneut in der Biografie Aristotiles, von dem Vasari erzählt, er habe einen Traktat über die Perspektivbühne beabsichtigt: „E dopo, quasi ogni anno, fece qualche scena e prospettiva per le comedie che si facevano per carnovale, avendo in quella maniera di pitture tanta pratica e aiuto dalla natura, che aveva disegnato volere scriverne et insegnare […].“274
Zwar sei das geplante Projekt aus Mangel an Muße und schriftstellerischem Geschick laut Vasari nie ausgeführt worden, doch belegt die Anmerkung, wie hoch der Autor den Stellenwert der hier als eigene „maniera di pitture“275 beschriebenen Bühnenkunst im Gesamtgefüge künstlerischer Betätigung ansiedelt. Das von der Natur und aus der Praxis gewonnene Wissen ist es auch in diesem Bereich wert, zum Zwecke der Ausbildung theoretisiert und verschriftlicht zu werden. Dies allein macht die erwähnten ephemeren Werke letztlich selbst zur ars. Die bühnenbildnerische prospettiva wird in diesem Sinne nicht nur als mindere Werkgattung der Malerei verstanden, sondern als eigenständige Technik mit offensichtlich separat vermittelbaren Normen und theoretischer Fundierung. Der oben als Projekt Aristotiles angesprochene Traktat zur Perspektivbühne war bereits 1545 innerhalb des zweiten Buches von Sebastiano Serlios „Sette libri dell’architettura“ im Kapitel „Di Prospettiva“ verwirklicht worden276. Ausführlich hatte Serlio die Errichtung eines tiefenräumlich gebauten Theaterbühnenbildes anhand von Holzschnittillustrationen erklärt 277. In seinem „Trattato sopra le scene“ ging er des Weiteren auf die drei vitruvianischen Bühnentypen „scena tragica“, „scena comica“ und „scena satyrica“ ein278. Dabei fand er für die beiden rhetorischen Termini des decorum und des modus eine direkte bildhafte Entsprechung279. Im Zusammenhang mit den drei Bühnentypen wird bei Serlio der kunsttheoretische Begriff „maniera“280 zur Kennzeichnung ephemerer Ausstattungsformen gebraucht, wodurch sie mit den anderen bildenden Künsten bereits auf eine Stufe der Regelhaftigkeit und formbezogenen Erfassbarkeit gestellt sind. Auf kunstkritischer Ebene führt der Autor
274 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. 275 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 400. An anderer Stelle der gleichen Vita schreibt der Autor präziser von der Perspektivbühne als „genere di pittura“: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 402. 276 Serlios erstes und zweites Buch wurden 1545 in Paris und 1560 in Venedig publiziert, das „Extraordinario Libro di architettura“ wurde 1566 in Venedig herausgegeben, siehe Aufstellung der Veröffentlichungen bei: POCHAT 1990, S. 399. Auszüge der entsprechenden Textstellen aus der Originalausgabe finden sich abgedruckt bei: POCHAT 1990, Appendix XI, S. 385-390. 277 SERLIO (1545) 1990, S. 385-386. 278 SERLIO (1545) 1990, S. 387-390. 279 SERLIO (1545) 1990, S. 387-390; siehe auch: POCHAT 1990, S. 313-320; Zu modus und decorum vgl. POCHAT 1990, S. 316. 280 SERLIO (1545) 1990, S. 385.
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unter anderem die Prinzipien des giudizio, der liberalità und der licentia281 für die Szenografie ein und erwähnt, dass die künstlerisch erzeugten Bühnenbilder „ancora più lodate che le naturali“282 seien. Damit nimmt sein Architekturtraktat einige Vorgehensweisen der „Viten“ im Hinblick auf eine kunsttheoretische und kunstkritische Behandlung des Ephemeren vorweg. Diesem Umstand trägt Vasari allerdings keine Rechnung. Weder erhält Serlio bei ihm eine eigene Biografie, noch verweist der Vitenautor auf die Existenz seiner bühnentheoretischen Überlegungen. Zwar kommt der Traktat in der Peruzzi-Vita kurz zur Erwähnung, er steht dort jedoch nur im Zusammenhang mit Serlios vermeintlicher ‚Wiederverwendung‘ einiger Architekturzeichnungen aus Peruzzis Nachlass. Indem Vasari Serlios Illustrationen auf Peruzzi zurückführt, spricht er dessen theoretischem Unterfangen einiges an Originalität ab283. Das Kapitel zur Perspektivbühne bleibt auch in diesem Zusammenhang gänzlich unerwähnt. Theater und Fest als ars: Die „Viten“ innerhalb der zeitgenössischen Theoretisierungstendenzen theatraler Formen
Von den ephemeren Werken ausgehend, werden in den „Viten“ auch theatrale Formen in Ansätzen theoretisiert. Stellenweise sind kunstspezifische Termini und Maximen auch auf die szenische Aufführung in ihrer Gesamtheit übertragen. Nicht nur die Dekoration sondern die gesamte Inszenierung von Piero di Cosimos „Carro della morte“ habe aufgrund ihrer durch fantasia erzeugten neuartigen und schaurigen Qualitäten zu überzeugen vermocht: „Questo duro spettacolo per la novità […] e terribilità sua, misse [sic!] terrore e maraviglia insieme in tutta quella città […].“284
Vasari vergleicht gar den Effekt des Spektakels mit der Katharsis einer Tragödienaufführung: „[…] così in quelli passatempi le cose orribili, purché sieno fatte con giudizio et arte, dilettano maravigliosamente il gusto umano: cosa che aparisce nel recitare le tragedie.“ 285
281 SERLIO (1545) 1990, S. 389. 282 SERLIO (1545) 1990, S. 389. 283 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 327. Vasari kannte also Serlios Traktat. Gründe für die wohl vorsätzliche Zuschreibung der Traktatsabsicht an Aristotile mögen abermals in einer Betonung des Florentiner Umfeldes liegen, die durch die Verbindung mit einem für Cosimo de’ Medici tätigen Florentiner Künstler erreicht werden sollte. 284 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. 285 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63; angesprochen wird die Katharsis im 6. Kapitel von Aristoteles’ „Poetik“: ARISTOTELES (um 335 v. Chr.) 1982, VI, S. 19.
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Der Autor beweist hier – wie auch in der Biografie Aristotile da Sangallos – seine Kenntnis der „Poetica“ des Aristoteles und ihrer zeitgenössischen Rezeption286. In der Parallelisierung mit dem dort beschriebenen höchsten dramatischen Ausdrucksmittel hebt er gleichsam das gesamte Genre gruselig-theatraler Vorführungen vom Trionfo della morte bis zur Cena infernale aus dem Bereich des bloßen Vergnügens heraus und erhöht es gegenüber dem reinen Schaueffekt. Wie bereits erwähnt, wird die gesamte Szenerie des Carro della morte als Piero di Cosimos Erfindung ausgewiesen287. Paradigmatisch steht sie für die Verbesserungen, die der Künstler im gesamten Genre der Karnevalsumzüge bewirkt habe, indem er als erster alle Komponenten des Spektakels aufeinander abstimmte. Sowohl die Musik, als auch der Text, die Entourage und die Kostüme seien zueinander passend und mit Bezug auf ein übergeordnetes Thema gestaltet worden, eine Leistung, die von Vasari besonderes Lob erhält: „[…] con accomodare l’invenzione della storia non solo con musiche e parole a proposito del subietto, ma con incredibil pompa d’accompagnatura di uomini a piè et a cavallo, di abiti et abigliamenti accomodati alla storia: cosa che riusciva molto ricca e bella, et aveva insieme del grande e dello ingegnoso.“288
Bereits Antonfrancesco Grazzini, genannt il Lasca, hatte in der Widmung seines Werkes „Tutti i trionfi, carri, mascherate, o canti carnascialeschi“ an Francesco de’ Medici die Korrelation aller „appartenenze“ eines Spektakels gefordert und genau spezifiziert, welche Komponenten darunter zu verstehen seien: „[…] perciocchè quando s’abbattono ad esser belli, ben fatti, e bene ordinati, e con tutte quante l’appartenenze debite; cioè, che l’invenzione primieramente sia nobile, e conoscibile; le parole aperte, e trattose; la musica allegra, e larga; le voci sonore, e unite; i Vestiti ricchi, e lieti, e secondo l’invenzione appropriati, e lavorati senza rispiarmo [sic!]; le masserizie, o gli strumenti che vi accaggiono, fatti con maestrìa, i depinti leggiadramente; i Cavalli, bisognandovene, bellissimi, e ben forniti; e la notte poi con accompagnatura, e concorso grandissimo di torce; non si può nè vedere, nè udire cosa, nè più gioconda, nè più dilettevole.“289
Als Bestandteile der gelungenen Aufführung erscheinen bei Lasca sowohl eine erkennbare „invenzione“ (in diesem Falle wohl der Handlung), als auch das Zusammenspiel von Text, Musik, Stimme, Kostümen, Requisiten, malerischer Ausstattung, Pferden sowie Beleuchtung mittels Fackeln und Entourage. Alle Bereiche werden durch Adjektive näher bestimmt. Für die Musik fordert Lasca einen Klang, den er als „allegro“ und „largo“ charakterisiert; die Stimmen sollen „sonore, e unite“ sein und
286 Rezeption in der Poetologie vgl. HULFELD 2007, S. 45-46, siehe Kap. 1, S. 47. 287 Vgl. Kap. 2.2, S. 70-75. 288 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63. 289 GRAZZINI (1559) 1750, S. XXXIX-XXXX. Zu Grazzinis Sammlung karnevalesker Lieder vgl. Kap. 2.2, S. 74.
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die Pferde von schöner Gestalt sowie bestens geschmückt. Auch die Anpassung der Kostüme an das Sujet und eine meisterhafte Ausführung werden gefordert. Die gleichen Aspekte nennt Vasari in der Vita Piero di Cosimos. Ist der Gleichklang aller „appartenenze“ erreicht, so der Autor außerdem in der Biografie Baldassare Peruzzis, ist auch eine Komödienaufführung kunstkritisch hervorzuheben: „[…] la quale maniera di spettacolo avanza, per mio creder[e], quando ha tutte le sue appartenenze, qualunche altro quanto si voglia magnifico e sontuoso.“ 290
Vasari hat also bei der Komödie ebenfalls nicht nur das Bühnenbild sondern alle szenischen und dramatischen Aspekte im Blick. In mehreren Lebensbeschreibungen verweist er auf die Qualität des Vortrags, um den Erfolg eines Bühnenstückes beim Publikum zu beschreiben. So betont er in der Biografie Giovann’ Antonio Lappolis, dass „la comedia fu recitata benissimo e con infinita sodisfazione di chiunque la vidde [sic!]“291. Auch bei einer weiteren Komödienaufführung sei die gute schauspielerische Leistung Hauptgrund für die Wiederaufnahme des Dramas in Florenz gewesen und die Darsteller hätten sich dadurch für ein Folgeengagement am Hof empfohlen: „[…] e tanto bene recitata, che l’anno poi 1540, quando il signor duca Cosimo e la signora duchessa Leonora furono in Arezzo, bisognò che Giovann’ Antonio, di nuovo facendo la prospettiva in sulla piazza del Vescovado, la facesse recitare a Loro Eccellen[ze]; e sì come altra volta erano i recitatori di quella piaciuti, così tanto piacquero allora al signor Duca, che furono poi, il carnovale vegnente, chiamati a Fiorenza a recitare.“292
In der Lebensbeschreibung Aristotile da Sangallos führt Primeranis fantasievoll erdachte und hochwertige Komödie erst in Verbindung mit einem gelungen Bühnenbild und einer hervorragenden Rezitation dazu, dass der Dichter vom Fürsten begnadigt und aus dem Gefängnis entlassen wird293. Der Erfolg des literarischen Werkes wird demzufolge als abhängig vom Vortrag und seiner szenischen Präsentation definiert. Vasari greift hier, wie bereits mit seiner Forderung nach einer themenbezogenen Abstimmung verschiedener Bestandteile, auf zeitgenössische Theoretisierungstendenzen zurück, die das Bühnengeschehen in seiner Gesamtheit zu erfassen versuchen.
290 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 291 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183. 292 VASARI: Vita di Giovann’ Antonio Lappoli (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 184. 293 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. Für Zitat vgl. Kap. 2.3, S. 112-113.
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Wurde die Theatrica im „Didascalion“ des Hugo de Saint Victoire (1127) zu den artes mechanicae gezählt294, so stellen verschiedene um die Mitte des 16. Jahrhunderts veröffentlichte Traktate zur Bühnenkunst einen ersten Schritt zu deren Annäherung an die artes liberales dar295. 1543 verfasste Gian Battista Giraldi Cinzio296 im Umkreis des theaterbegeisterten Alfonso d’Este in Ferrara seinen „Discorso over lettera di Giovambattista Giraldi Cinzio intorno al comporre delle tragedie e delle commedie“297, der elf Jahre später auch im Druck erschien298. In einer allgemeinen, an die „Poetik“ des Aristoteles angelehnten Abhandlung über die verschiedenen Dramentypen, legt der „Discorso“ sein Augenmerk immer wieder auf den Vortrag299, dem schließlich sogar Vorrang vor dem Text gewährt wird. Bei einer Aufführung komme es nicht so sehr auf die literarische Qualität des Dramas als Lesetext an, als vielmehr auf seinen Bezug zur szenischen Aktion, seine ‚Spielbarkeit‘: „[…] è meglio che compaia nella scena favola di non molto pregio che sia ben rappresentata, ch’averne una lodevolissima ch’abbia gli istrioni freddi ed inetti all’azione; perché la forza della viva voce è maravigliosissima, qualunque volta ella, accompagnata con l’azione, si acconcia alla qualità delle cose delle quali ella ragiona.“300
Im Mittelpunkt der Aufführung steht für Cinzio also die szenische Darstellung, wobei Bühnenbild, Text und Kostüm lediglich unterstützende Funktion zukommt 301. All diese Komponenten fasst er unter dem Begriff des „apparato“ zusammen:
294 Vgl. SCHMIDT, D. 2003, S. 120; BACHER, artes mechanicae 2000, S. 36-37. Allerdings wurde die Theatrica bereits von Gottfried von Saint Victoire wieder als moralisch verwerflich gestrichen: BACHER, artes mechanicae 2000, S. 37. 295 Zu einer stärkeren Perfektionierung und Theoretisierung der theatralen Präsentation im 16. Jahrhundert siehe: BOSSIER 2016. Bereits 1501 hatte Pellegrino Prisciani sein Traktat „Spectacula“ am Ferrareser Hof verfasst, vgl. POCHAT 1990, S. 222-226; siehe auch: S. 124 Anm. 322 des vorliegenden Bandes. 296 *1504; †1573. 297 CINZIO (1543) 1864. 298 ANGIOLILLO 1996, S. 151. Gedruckt wurde der Traktat zusammen mit dem „Discorso intorno al comporre dei romanzi“ im Jahr 1554. Cinzio war als Sekretär Alfonsos mit dem Abfassen zahlreicher Theaterstücke für den Ferrareser Hof betraut, die ebenfalls dort veröffentlicht wurden: ANGIOLILLO 1996, S. 151. 299 Beispielsweise: CINZIO (1543) 1864, S. 113-117. 300 CINZIO (1543) 1864, S. 111. In der Folge spricht er die maraviglia und die terribilità einer guten szenischen Darstellung an und nennt den Schauspieler „Montefalco“ als lobendes Beispiel: „Mi pare di sentirmi ancora tremare la terra sotto i piedi come mi pare di sentirla allora che egli rappresentò quel messo con tanto orrore di ognuno […].“: CINZIO (1543) 1864, S. 111. 301 An dieser Stelle ist Petrini zu widersprechen, der in Cinzios Eingehen auf Text und Schauspieler eine Tendenz zur Subordination der schauspielerischen unter die literarischen Qualitäten sieht, vgl. PETRINI 2010, S. 286. Das obige Zitat und die Tatsache, dass
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„[…] l’apparato è necessario alla scena. Peròcche con lo apparato s’imita la vera azione […]. Neppure si dee porre molto studio nella scena, ma intorno agli istrioni, perché debbono anch’ essi aver movimenti, parole e vesti convenevoli alla azione che si rappresenta.“302
Da nur das Zusammenspiel aller Komponenten zur gelungenen Aufführung führe, erteilt der Autor zu jedem Einzelaspekt klare Anweisungen und erklärt dessen Aufgabe für den Gesamteindruck. So sollen beispielsweise die Kostüme einerseits im Sinne des decorum auf den Dramentyp bezogen sein und andererseits durch fantasievolle Gestaltung das Publikum faszinieren: „[…] perché se fossero vestiti gli istrioni comici d’abiti grandi e magnifici, non altrimenti sarebbono sconvenevoli che se si vestissero quelli della tragedia da privati citadini. Non sarà nondimeno se non bene che nell’una e nell’altra scena siano gli abiti degli istrioni di lontano paese. Perchè la novità degli abiti genera admirazione, e fa lo spettatore più intento allo spettacolo.“303
Cinzios Traktat kann also als erster Versuch gewertet werden, verschiedene Teilbereiche einer theatralen Inszenierung gemeinsam theoretisch zu fundieren, ein Unterfangen, das weniger als zwanzig Jahre später eine Fortsetzung im Mantuaner Umfeld erfuhr. Leone Ebreo de Somi304 verfasste dort 1556 oder 1561 die „Dialoghi in materia di rappresentazioni“305, worin er in dramatisch-dialogischer Form seine Auffassung von den Grundelementen einer Theateraufführung zum Ausdruck brachte. Neben einer Definition der verschiedenen Textgattungen enthält das Werk abermals diverse Abhandlungen über schauspielerische Leistung, Anforderungen an Kostümund Bühnenbild sowie Beleuchtung306. Als Maßgabe für die Qualität der Darbietung, der auch in diesem Traktat eine entscheidende Rolle für das Bühnengeschehen zukommt, verwendet der Autor einen Begriff, der eigentlich aus dem Bereich der Kunstkritik stammt: den giudizio dell’occhio307. Szenerie und Darstellung müssen auf
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es in einem Umfeld steht, in dem der Vortrag und das Spiel selbst erst langsam Gegenstand traktathaft-theoretischer Erfassung werden, weisen in eine andere Richtung. CINZIO (1543) 1864, S. 109; vgl. auch: ANGIOLILLO 1996, S. 151. CINZIO (1543) 1864, S. 110. *um 1525; †um 1590. De Somis „Dialoghi in materia di rappresentazioni“ waren lange Zeit in Gänze lediglich als Manuskript aus dem 18. Jahrhundert in der Biblioteca Palatina di Parma erhalten. Gesamt publiziert wurden sie erst 1968 durch Marotta: DE SOMI (1556/1561) 1968; vgl. ANGIOLILLO 1996, S. 155-156. Es ist davon auszugehen, dass de Somi und Cinzio sich gekannt haben, da sie ab 1530 bis etwa 1550 beide in Ferrara lebten und tätig waren. Petrini nimmt darüber hinaus an, die „Dialoghi“ de Somis seien gar eine Antwort auf Cinzios Text, vgl. PETRINI 2010, S. 284. Zu de Somis Bemühungen um eine ‚Professionalisierung‘ theatraler Präsentation und ihrer Rezeption, siehe auch: BOSSIER 2016, S. 294296, S. 300, S. 303. NAGLER 1952, S. 102-103; ANGIOLILLO 1996, S. 155-156. Der giudizio dell’occhio spricht dem Auge als visuellem Sinnesorgan ein eigenständiges Urteilsvermögen zu und erachtet dessen Empfindung als ebenso relevant für die qualitative
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die Befriedigung des Auges angelegt sein, „[…] che empiano gl’occhi et comparano leggia-drissimamente“308. De Somis visuelle Wertungskriterien rücken die Dramenvorführung bezeichnenderweise näher an die bildenden Künste denn an die Literatur. Dem entspricht auch die ausführliche Behandlung der Beleuchtung als essentielles Bühnenelement, dem der Autor eine handlungsunterstützende und affektgenerierende Funktion zuschreibt309. Die „Viten“ wiederholen diese Sichtweise auf kunstkritischer Ebene, wenn sie, direkt im Anschluss an ihr Urteil über die besondere vivezza von Peruzzis Perspektivbühne, deren Szenenbeleuchtung gesondert hervorheben und die geschickte Anbringung der „lumi“ als Ausdruck des künstlerischen giudizio werten: „Ordinò egli similmente le lumiere, i lumi di dentro che servono alla prospettiva, e tutte l’altre cose che facevano bisogno, con molto giudizio […].“310
Als kritische Maximen gelten für de Somi wie für Vasari primär das parere vero und die vivezza des Präsentierten311. Die Perfektion dieser Prinzipien führt also nach zeitgenössischer Ansicht in Kunst wie Theater zur Blüte und zur vollen Befriedigung des Betrachterauges. Sowohl diese Kriterien als auch die Betonung des Vortrags gegenüber dem Text sind theatertheoretisch erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts konkret greifbar. Indem sie diese Tendenzen reflektieren und für die eigene Wertung verwenden, präsentieren sich die „Viten“ als am Puls ihrer Zeit stehend und greifen letztlich sehr neues, ‚modernes‘312 Gedankengut auf. Für den Bereich des Tanzes lassen sich bereits im 15. Jahrhundert Bemühungen einer theoretischen Erfassung ausmachen, die mit dessen zunehmender sozialer Akzeptanz einhergehen313. So wurden zu Beginn des 15. Jahrhunderts erstmals Regeln für den Tanz aufgestellt. Zeitgleich kamen Tendenzen auf, diese Art der Bewegung
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Bewertung des Gegenstandes wie die rationale Durchdringung: SUMMERS 1981, S. 352-363, S. 368-379; BURIONI & FESER 2004, S. 275-278; PFISTERER 2002, S. 194-195. DE SOMI (1556/1561) 1968, 3, S. 52. DE SOMI (1556/1561) 1968, 4, S. 63-66. VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. Drückt sich beispielsweise in de Somis Forderung nach ‚lebensechten‘ antikisierenden Kostümen und nach einer ‚natürlichen‘ emotionalen Glaubwürdigkeit der Darstellung aus: DE SOMI (1556/1561) 1968, 3, S. 38-51, vgl. auch: BOSSIER 2016, S. 303. Es versteht sich, dass das Adjektiv „modern“ hier nicht mit der Brille des 21. Jahrhunderts verwendet wird, sondern vielmehr auf die im 15. Jahrhundert gebräuchliche Verwendung des „moderno“ anspielt und auch so verstanden werden soll. Siehe weiterführend und mit zusätzlichen Quellenangaben: SCHMIDT, S. 2008; PONTREMOLI 2010; vgl. außerdem: Kap. 2.2, S. 77 Anm. 100, S. 78 Anm. 102.
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explizit als „scienza o arte“314 einzustufen und 1496 erschien Lukians Traktat „De saltatione“315 in Florenz im Druck. Als unmittelbar davon beeinflusst gilt der 1555 in Venedig publizierte „Dialogo del Ballo“316 des Rinaldo Corso317, der den Tanz, in Abgrenzung zur Komödienaufführung und zum Turnier, als eigenständige ars definiert und ihn unter die wichtigsten Wissenschaften einordnet: „Conciosia cosa chè tutto quello, che si puo con la voce, ò conla penna imitare, è possibile ancor, che se imiti coi movimenti del corpo fatti secondo la proportion del tempo. Et questa è l’arte del ballare, nella qual vedete, che col muovere, & col fermare hor presti, hor tardi i piedi, & talhor le mani, & alle volte tutta la persona, egli si viene à partire, & à misurare il tempo con grandissimo diletto, di chi sta â vedere.“318
Auch gab es vereinzelt Bestrebungen, das Tanzen „senza suono“319, den pantomimisch-tänzerischen Vortrag, als Kunstform zu werten. Daraus entspann sich eine kontrovers geführte Debatte über die Abhängigkeit von Musik und Tanz 320, die das Ringen der Zeitgenossen um eine theoretische Fundierung des ‚ballare‘ sowie um das Bilden von Korrespondenzen und Analogien beweist. Wenn die „Viten“ von 1568 die akrobatischen Leistungen Montughis und Ruvidinos betonen321, können sie vor dem Hintergrund dieser Diskurse argumentieren und es ist für den zeitgenössischen Leser evident, inwieweit er deren Tätigkeiten als ‚Kunst‘ zu bewerten hat. Indem Vasari in der Biografie Piero di Cosimos die Qualität der Stimmen („voci tremanti et unite“), den zum Sujet passenden Klang der Instrumente („suon roco e morto“) sowie die emotionale Qualität der Musik („musica piena di malenconia“)322
314 PONTREMOLI 2010, S. 236. 315 Lukian: „De saltatione“, griechischer Originaltext konsultierbar in: LUCIANUS (2. Jh. n. Chr.) 1980, S. 26-54. 316 CORSO 1555. 317 Eigentlich Rinaldo Mancone (*1525; †um 1582). 318 CORSO 1555, S. 8r. Schreibweise zum Teil der aktuellen Typografie angepasst. Zur Tanztheorie Corsos siehe auch: PONTREMOLI 2010, S. 248-249. 319 PONTREMOLI 2010, S. 249. 320 PONTREMOLI 2010, S. 249-251. Interessant ist, dass hier einige Bestrebungen nicht auf eine Verbindung verschiedener Kunstformen abzielen, sondern sich vielmehr Tendenzen einer Emanzipation des Tänzerischen von den bisherigen Bedingtheiten und damit um eine Abgrenzung zu anderen artes zeigen. Insofern kommt dem Tanz in gewisser Weise eine Sonderrolle zu, auch wenn sich die Mehrzahl der Zeitgenossen gegen eine selbstständige Form der Pantomime ausgesprochen zu haben scheint, siehe näher: PONTREMOLI 2010, S. 249-251. 321 Vgl. Kap. 2.2, S. 77. 322 Die drei in Klammern stehenden Zitate: VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 64. Für Zitat und ausführliche Analyse der Textstelle vgl. Kap. 2.2, S. 70-75.
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jeweils gesondert hervorhebt, rekurriert er auf Traktatliteratur zur musikalischen Praxis, die erst ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert überhaupt im Umlauf war 323. Zwar wurde der Musiktheorie als einer der sieben artes liberales des Martianus Capella bereits im Mittelalter eine hohe Bedeutung zugemessen. Demgegenüber aber kam der Ausübung von Musik lediglich dienende Funktion zu. Ihre Vertreter waren ebenso ‚Handwerker‘ wie die bildenden Künstler. Erst mit Johannes Tinctoris’324 1487 veröffentlichtem „De usu et inventione musicae“ rückten Spiel und Gesang in den Vordergrund. Tinctoris lieferte erstmals eine „Theorie des Singens“ und führte hierfür die Kategorien von Rhythmus, Stil, vokaler Gestaltung und Stimme ein325. Fortan wurde in der Musikkritik die sensuelle Komponente betont, die durch den sogenannten ‚Richtspruch des Ohrs‘ letztlich das Urteil der Ratio übersteige326. Vasari selbst definiert sein Konzept des giudizio dell’occhio in der technischen Einleitung analog zum giudzio dell’orecchio: „Ché sì come gli orecchi restano offesi da una musica che fa strepito o dissonanza o durezze […], così restano offesi gli occhi da’ colori troppo carichi o troppo crudi. […] ma lo unito che tenga in fra lo acceso e lo abbagliato è perfettissimo e diletta l’occhio, come una musica unita et arguta diletta lo orecchio.“327
Die Textstelle beweist, dass der Vitenautor die musiktheoretischen Überlegungen seiner Zeit kannte. Über Analogien konstatiert er gleichsam einen engen Zusammen-
323 Zwar ist der Verweis auf die spezifische Qualität des musikalischen Vortrags bei zeitgenössischen Beschreibungen des Carro della morte durchaus als gängiger Topos festzustellen, der auch in Francesco d’Antonio Zeffis Schilderung nicht fehlt, doch gehen die „Viten“ in den Details ihrer Wertung über eine bloße Nennung der „trombe sordi ed ululanti“ hinaus. Zeffis Traktat ist unter anderem abgedruckt bei: PRIZER 2004, Appendix 2, S. 247-248. Außer Zeffi und den „Viten“ rekurriert nach 1588 auch Fra Serafino Razzi in seinen „Libri quattro di laudi scritti e composti da Fra Serafino Razzi dell’ordine de Predicatori e Privincia Romana“ auf den „canto della musica che atterriva“: BNCF, MS Pal. 173, fol. 156v, abgedruckt bei: PRIZER 2004, Appendix 3, S. 248. Razzi scheint in seiner Beschreibung allerdings auf die „Viten“ Bezug zu nehmen, da er außerdem auf die szenische Aktion des Aussteigens aus den Särgen verweist. Zur Bedeutung von Musik unter den Medici siehe weiterführend: CUMMINGS 1992. 324 *1435; †1511, flämischer Komponist und Musiktheoretiker. 325 LOWINSKY 1989, S. 91-92. Die Musiktheorie des Mittelalters baute auf Boethius auf. Die Bezeichnung „musicus“ war in diesem Kontext ausschließlich auf den Theoretiker bezogen, während der „cantor“ als rein mechanisch ausführendes Organ verstanden und daher auf den Bereich der artes mechanicae herabgesetzt wurde: LOWINSKY 1989, S. 91-92. 326 „Aurium mearum judicio“, Tinctoris zitiert nach: LOWINSKY 1989, S. 90. Das iudicium aurium geht in seinem Ursprung auf Cicero und damit auf die antike Rhetorik zurück, wurde dann aber auf die Musiktheorie und schließlich als ‚Richtspruch des Auges‘ auf die Kunsttheorie übertragen, vgl. SUMMERS 1981, S. 356-360. 327 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 126-127.
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hang von Musik und bildender Kunst, den er im biografischen Teil durch die Wertung musikalischer Qualitäten beim Carro della morte noch weiter verfestigt. In seinen Äußerungen über den melancholischen Klang der Melodie betont Vasari zudem die emotionale Komponente der Musik und fordert deren Anpassung an den Inhalt des trionfo – auch dies Aspekte aus der musiktheoretischen Traktatliteratur des 16. Jahrhunderts. So gibt Glarean328, der 1547 sein „Dodekarchordon“ publizierte, als höchste Stufe emotionaler Qualität die Anpassung der Musik an das Thema an 329. 1552 fordert Adrian Petit Coclico330 in seinem „Compendium musices“ eine stärkere Konzentration auf den musikalischen Vortrag sowie eine Korrelation von Text und Musik: „Verum omnes animi vires adhibeant, ut ornate canant, & textum suo loco applicent, quia Musica à Deo condita est ad suaviter modulandum, non ad rixandum, ac vere Musicus est et habetur, non qui de numeris, prolationibus, signis ac valoribus multa novit garrire & scribere, sed qui doctè & dulciter canit, cuilibet notae debitam syllabam applicans, ac ita componit ut laetis verbis laetos addat numeros & econtra […].“331
Je nach Kontext sei die Musik also mit entsprechender emotionaler Färbung vorzutragen und die Klänge seien der Stimmung des Textes anzupassen. Indem sie die Ausdruckskraft von Stimme und Klang betonen, heben diese Texte gleichsam die ‚theatralen‘ Aspekte der Musik gegenüber rein technischer Virtuosität hervor. Beschrieben wird in der Traktatliteratur oft auch die mirakulöse Wirkung, die der musikalische Vortrag laut antiker Autoritäten bei den Griechen gehabt habe: Orpheus habe durch sein Saitenspiel wilde Tiere zu besänftigen vermocht, und Tote seien durch die Musik vom Grabe auferweckt worden332. Somit klingt auch hier das Prinzip der vivezza an, wie es die manieristische Kunsttheorie und Vasari für die bildenden Künste fordern. Direkt in die „Viten“ einfließen konnten diese Konzepte über Cosimo Bartoli, der sich als informierter Laie im „Dialogo della musica“333 seiner „Ragionamenti“ kritisch und deskriptiv über die Wirkung von Musik äußert. In der fiktiven Debatte lässt auch er seinen Redner die herausragenden Fähigkeiten von Apoll und Orpheus anführen, die durch die verfeinerten Klänge der Musik nicht nur wilde Tiere und die Naturgewalten bezähmt, sondern gar ein ganzes Zeitalter ‚kultiviert‘ hätten:
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Eigentlich Heinrich Loris (*1488; †1563), Schweizer Musiker und Musiktheoretiker. LOWINSKY 1989, S. 98-99. *1499/1500; †nach 1562, Flämischer Komponist und Musiktheoretiker. COCLICO (1552) 1954, fol.2 r-v; vgl. auch LOWINSKY 1989, S. 98 Anm. 78. LOWINSKY 1989, S. 97; über die Verbindung des Orpheus und seiner ‚Wundertaten‘ mit Weisheit, Intelligenz und kultureller Verfeinerung seit der Antike siehe näher: AUGUSTYN 2006, S. 12-16, S. 31-37. 333 BARTOLI, C. 1567, III, S. 34r-39r. Parallel zur Konzentration auf den musikalischen Klang in der Musiktheorie beschäftigen sich vermehrt auch humanistische Traktate mit der Wirkung von Musik; siehe näher mit einer Zusammenstellung römisch-humanistischer Musiktraktate mit Fokus auf den höfischen Unterhaltungswert des musikalischen Vortrags: MEINE 2013, S. 115-119.
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„[…] perché l’uno e l’altro di loro insegnarono con quel loro sonare & cantare, a quel secolo rozzo, aspro, & duro, come avesse a diventare piacevole, civile, & benigno.“334
Dem musikalischen Klang wird hier die Macht zugesprochen, ganze Epochen zu prägen und ihre Umgangsformen zu verfeinern, die civitas von allem Rohen und Wilden zu befreien und ihr zu Harmonie und Ordnung zu verhelfen. Der Musik kommt bei Bartoli demnach eine ähnlich aktivierende Rolle zu, wie sie für Vasaris Giuntina bereits im Hinblick auf die bildenden Künste ermittelt werden konnte. Entsprechend schließen die „Ragionamenti“ eine lange Liste von circa fünfzig Komponisten, Sängern und Instrumentalisten ein, zu denen Bartoli kurze biografische und werkbezogene Angaben macht. Hierbei spricht er mehrfach davon, die entsprechenden Musikstücke seien „gehört“ worden oder „hörenswert“ 335 und betont so abermals die Vorherrschaft der Ausführung vor der Theorie. Erst im konkreten Musikerlebnis entfaltet sich seiner Meinung nach die wahre Kunst der Komposition. Bartoli exemplifiziert seine Meinung durch konkrete Erlebnisse, die die Wirkung musikalischer Virtuosität hervorheben. Wie Orpheus, so vermögen seiner Ansicht nach auch gute Musiker mittels ihres Spiels die Zuhörer unvermittelt sogar von den wichtigsten Staatsgeschäften abzulenken336. Deswegen entwirft der Autor gleichlautend eine Theorie der ‚musikalischen Rezeption‘ und hält den Zuhörer dazu an, Musik im rechten Maße zu genießen, sie zur Regeneration zu nutzen, ohne ihrem süßen Klang zu sehr anheim zu fallen. Letzteres wird als gefährlich eingestuft, da es die Sinne einschläfere und zu Verweichlichung führe337. Jene aber, die die Musik in der richtigen Manier zu rezipieren vermochten, seien ebenso zu loben, wie diejenigen, die sie praktisch beherrschten: „[…] perché senza questi la Musica o si smarebbe o perderebbe della sua bontà, o si andrebbe spegnendo dell tutto.“338
Das Mäzenatentum und die Rezipienten erhalten demzufolge in Bartolis Musiktraktat eine ähnlich wichtige Rolle, wie sie für die Auftraggeber von Kunstwerken und theatralen Formen in den „Viten“ konstatiert wird. Besonders rühmlich erscheint in den „Ragionamenti“ erneut die Abstimmung der Musik auf den Text „secondo la proprietà delle parole“339 und als kritische Adjektive für Komposition und Vortrag werden unter anderem folgende Begriffe verwendet: „facile“340, „grazia“ und „leggiadria“341. Über einen Vergleich von Josquin342 und Michelangelo343 parallelisiert Bar-
334 BARTOLI, C. 1567, III, S. 35r. 335 Beispielsweise: „L. Havete voi sentite cantare o sonare le Musiche di un Christiano Olanda, il quale in Anversa è molto riputato? P. Poche, ma quelle poche mi sono piaciute assai.“: BARTOLI, C. 1567, S. 36v. 336 BARTOLI, C. 1567, III, S. 38v; vgl. FEND 2011, S. 133, S. 137-138. 337 BARTOLI, C. 1567, III, S. 38v. 338 BARTOLI, C. 1567, III, S. 35v. 339 BARTOLI, C. 1567, III, S. 36r. 340 BARTOLI, C. 1567, III, S. 36r. 341 BARTOLI, C. 1567, III, S. 39r.
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toli die musikalische Komposition schließlich dezidiert mit den bildenden Künsten und im Lob seiner Instrumentalisten verwendet er ähnliche Superlative, wie sie aus Vasaris Michelangelo-Vita bekannt sind: Siciliano di Viola und Francesco da Milano seien „divini sonatori“344 gewesen und Alfonso della Viola wird gar als „sopranaturale“345 bezeichnet346. Dies beweist, dass das kritische Instrumentarium für eine Angleichung zwischen bildenden Künsten und Musik, ebenso wie zwischen bildenden Künsten und theatralen Vorführungen, mitunter bereits gegeben war. Vasari musste für sein übergreifendes Verständnis von ars lediglich auf dieses bereits vorhandene Gedankengut zurückgreifen, es geschickt verdichten und subtil zur Charakterisierung all jener Gegenstandsbereiche anwenden, die er unter diesem erweiterten Kunstbegriff subsumiert wissen wollte. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, verdeutlicht die obige Reihung, welch hoher Stellenwert in der Mitte des 16. Jahrhunderts einer theoretischen Fundierung unterschiedlicher Bestandteile des zeitgenössischen Theaterwesens offenbar zukam. Verschiedene Komponenten aus dem Bereich der bildenden Künste, der Literatur, der Musik und der szenischen sowie tänzerischen Umsetzung wurden vermehrt zusammengedacht oder in Abhängigkeit sowie Hierarchie zueinander gesehen. Ihren vorläufigen Höhepunkt fanden diese Theoretisierungstendenzen erst am Ende des 16. Jahrhunderts in Angelo Ingegneris 347 1598 erschienenem „Della Poesia Rappresentativa e del modo di rappresentar le favole sceniche“, der erstmals verschiedene Künste unter einem ‚Theaterbegriff‘ subsumierte und gemeinsam theoretisierte348. Erste Tendenzen hierzu lassen sich aber auch in Vasaris „Viten“ erkennen. Anders als Serlios Architekturtraktat behandeln sie nicht nur jene Aspekte des Theaters, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirken der bildenden Künstler stehen, sondern beziehen auch die durch Cinzio und de Somi sowie in Lascas Textsammlung verlangte Gesamtheit der appartenenze in ihre Geschichtsdarstellung und in ihr theoretisches Konstrukt mit ein. Dies wird ihnen insofern erleichtert, als die traktathafte Erfassung diverser ‚theatraler‘ Einzelkünste bereits von Beginn an mit Begrifflichkeiten operierte, die das Behandelte stärker in den Bereich des Visuellen und damit in die Nähe der bildenden Künste rückten. Umgekehrt überträgt Vasari jedoch auch Grundlagen aus der Musikpraxis auf die Kunsttheorie und verdeutlicht so die Gemeinsamkeiten der beiden Künste. So kreieren die „Viten“ im impliziten Rekurs auf die zeitgenössische Traktatliteratur und durch die Verbindung mit dort verwendeten Maximen einen Gegenstands-
342 343 344 345 346 347 348
Josquin des Préz (*um 1440; †1521), Flämischer Komponist und Sänger. BARTOLI, C. 1567, III, S. 35v. BARTOLI, C. 1567, III, S. 37r. BARTOLI, C. 1567, III, S. 37v. Vgl. FEND 2011, S. 136. *um 1550; †1613, Literat und Mitglied der Accademia degli Innominati in Parma. Musik, Szenenapparat und schauspielerische Leistung werden dort als die drei Hauptsäulen einer favola rappresentativa bezeichnet, vgl. BOSSIER 2016, S. 298-299. Weitere theoretische Traktate siehe: BOSSIER 2016, S. 297-303.
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bereich des ‚Theatralen‘, bestehend aus verschiedenen Einzeldisziplinen und angesiedelt innerhalb des Einzugsgebietes der bildenden Künste. Unter der Führung von disegno und invenzione349 verbinden sich im Kunstverständnis der zweiten Ausgabe verschiedene artes zu einem abstrakten Konglomerat, das dem später gebrauchten Kollektivsingular der ‚Kunst‘ bereits nahesteht350. Unter der Ägide dieses Prinzips wird das Theater gleichsam selbst zur ars. Als Kunstform, die weit in das gesellschaftliche und alltägliche Leben hineinreicht, zeigt die Blüte der civitas in der letzten età an und gewährleistet gleichzeitig durch stetige kunstvolle Überhöhung und Gestaltung deren Fortbestehen für die Zukunft.
4.3 Die rinascita von Theater und Fest in den „Viten“ Ausgehend vom Höhepunkt in eigener Zeit entwerfen die „Viten“ für das ‚Theatrale‘ ein dreistufiges Entwicklungsmodell sowie eine eigene Chronologie der ‚Erfindungen‘. Hierin besteht das Novum des Werkes gegenüber vorangehenden Erfassungsversuchen von Theater und Fest in Theorie, Historiografie und Stadtbeschreibung. Während sich die Traktatliteratur des 16. Jahrhunderts der Thematik systematisch nähert351, dienen Erwähnungen festlicher Formen in der Stadtbeschreibung dazu, synchron den (guten) Ist-Zustand einer Gesellschaft anzuzeigen352. Chroniken und Stadtgeschichte beschränken ihren historiografischen Zugriff auf einzelne Ereignisse, sehen das ‚Theatrale‘ jedoch weder als Kunstform noch erkennen sie ihm eine eigene Geschichtlichkeit zu353. Paolo Giovios „Elogia“ lassen zwar ein prozessionales Entwicklungsmodell erahnen, beziehen dieses aber ausschließlich auf die Dramendichtung, wohingegen andere Aspekte zeitgenössischer Spektakel fast zur Gänze ausgespart sind354. Vasaris Ausführungen bleiben dagegen weder auf eine Beschreibung der reichen eigenen kulturellen Gegenwart noch auf die Behandlung einzelner Teilaspekte beschränkt. Vielmehr werden verschiedene Ausprägungen mit den bildenden Künsten theoretisch wie historisch zusammengedacht und in Korrelation zueinander innerhalb eines gemeinsamen geschichtlichen Verlaufsmodells behandelt. Konsequenterweise erstrecken sich Entwicklungsschritte, die analog zu den tre arti auch für das Theater konstatiert werden, auf alle Formen gleichermaßen. Zeitversetzt und an letzter Stelle im gesamtzivilisatorischen Prozess vollziehen Theater und
349 Vgl. Kap. 4.1 und 4.2. 350 Der moderne Kunstbegriff ist normativ wertend gebraucht und entstand in dieser Prägung erst Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, interessanterweise dann unter Ausschluss jener festlichen und theatralen Formen, die in den „Viten“ eben erst – und wie hier argumentiert wird – zielgerichtet mit dem Konzept einer ‚kunstvollen‘ Durchdringung verbunden wurden. Zur Entwicklung und Ausprägung des modernen Kunstbegriffes siehe: PFISTERER 2003, S. 192-195. 351 Vgl. Kap. 4.2. 352 Vgl. Kap. 3.1. 353 Vgl. Kap. 3.2. 354 Ausgeführt in Kap. 3.2.
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Ephemeres schließlich ihre eigene rinascita, die sich ebenfalls grob in drei Schritte gliedern lässt und in verschiedene kleine Errungenschaften diverser Einzelbereiche unterteilt ist. Die Stellung von Theater, Fest und Ephemerem am Ende der Kunstentwicklung
Sind die drei Künste in den „Viten“ auch unter der Führung von disegno und invenzione in ‚geschwisterlichem‘ Verhältnis zueinander gleichgestellt355, so verläuft ihre historische Entwicklung doch zeitlich leicht versetzt. Als Künste, die eher dem Vergnügen und als Zierde dienen, seien Malerei und Bildhauerei in der Spätantike früher und schneller vom Niedergang betroffen gewesen als die Architektur356. Letztere sei bereits im Mittelalter von den Langobarden, wenn auch in schlechter Weise, wieder gepflegt worden. Malerei und Bildhauerei konnten dagegen erst in der maniera greca überhaupt neu erstehen357, und damit zu einer Zeit, als die Baukunst schon eine erste Stufe der Verbesserung erfahren habe. Während die Malerei der maniera greca noch mit ähnlichen kunstkritischen Abwertungen beschrieben ist wie zuvor die ‚barbarischen Formen‘ der mittelalterlichen Architektur, konstatiert Vasari für die Baukunst bereits vor der ersten Vitenepoche eine Rückorientierung am Ideal der Antike358. Als erste ‚Lichtgestalt‘ in dunkler Zeit tritt durch den Bau des Pisaner Doms um das Jahr 1016 der Grieche Busketus als Wegbereiter der rinascita auf: „Da cotal principio adunque cominciò a crescere a poco a poco in Toscana il disegno et il miglioramento di queste arti, come si vide l’anno mille e sedici nel dare principio i Pisani alla fabbrica del Duomo loro […]. Questo tempio, il quale fu fatto con ordine e disegno di Buschetto, greco da Dulicchio, architettore in quell’età rarissimo […].“ 359
355 ROGGENKAMP 1996, S. 9-15. 356 „E prima andarono in mala parte la pittura e la scoltura, come arti che più per diletto che per altro servivano; e l’altra, cioè l’architettura, come necessaria e utile alla salute del corpo, andò continuando, ma non già nella sua perfezzione e bontà.“: VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 17. Hierfür siehe auch: QUONDAM 2013, S. 136-137; CAST 2012, S. 134-135; weiterführend zum Kunstbegriff Vasaris: PUTTFARKEN 2008; ROGGENKAMP 1996. 357 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 28. ‚Anthropologisch‘ gedeutet stellt die maniera greca insofern eine Verbesserung gegenüber der maniera barbara dar, als im ‚Griechischen‘ nach Vasaris Auslegungen ein letzter Rest antiken Erbes enthalten ist und die griechische Kultur entgegen des ‚Barbarentums‘ als zivilisiert betrachtet werden muss, vgl. BICKENDORF 2002, S. 116. 358 Bezeichnenderweise werden gerade die Mosaiken im architektonisch gelobten Dom von Pisa als ein Beispiel für die absurde Hässlichkeit der maniera greca in der Malerei angeführt: VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 29. 359 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 25.
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Seinem Beispiel, das primär aufgrund der Wiederverwendung und guten Kombination von Spolien lobenswert gewesen sei, seien schließlich weitere Städte mit ihren Kirchenbauten gefolgt, welche erste ‚Lichtblicke‘ in der Architektur einläuteten360. Für Malerei und Bildhauerei setzt der Autor die beginnende Wiedergeburt dagegen erst 200 Jahre nach den ersten architektonischen Verbesserungen an: „Pur gli spirti [sic!] di coloro che nascevano, aitati [sic!] in qualche luogo dalla sottilità dell’aria, si purgarono tanto che nel MCCL il cielo, a pietà mossosi dei belli ingegni che ’l terren toscano produceva ogni giorno, gli ridusse alla forma primiera.“ 361
Primi lumi werden für die Malkunst nicht vor der ersten Vitenepoche verzeichnet. Erst Giovanni Cimabue führt als ‚leuchtendes Beispiel‘ die Biografien auf ihrem Weg der rinascita an: „[…] quando, come Dio volle, nacque nella città di Fiorenza l’anno MCCXL, per dar e’ primi lumi all’arte della pittura, Giovanni cognominato Cimabue […].“362
Sowohl in Anbetracht ihrer schieren Existenz als auch in Bezug auf das Wiedererlangen qualitativer Vorzüge geht die Architektur also ihren beiden Schwestern voran. Über diesen versetzt zueinander verlaufenden Beginn argumentiert Vasari gleichzeitig eine Hierarchie der tre arti, wobei er zunächst die Baukunst nach dem Kriterium der Nützlichkeit an deren Spitze setzt: „Comincerommi dunque dall’architettura come da la più universale e più necessaria et utile agli uomini et al servizio et ornamento della quale sono l’altre due […].“ 363
Malerei und Bildhauerei sind an dieser Stelle vermeintlich zur bloßen Zier und zum Dienst an der Architektur degradiert364. Der Begriff „ornamento“ öffnet allerdings auch den Weg zu einer anderen Sichtweise dieser Rangfolge. So setzen pittura und scultura aufgrund ihrer schmückenden und veredelnden Eigenschaften ein höheres zivilisatorisches Niveau voraus, um überhaupt entstehen zu können. In diesem Sinne impliziert die historische Ordnung der tre arti, dass sich eine Gesellschaft erst dann, wenn sich ihr zivilisatorischer Standard verbessert hat und ihre Grundbedürfnisse befriedigt sind, zu denen auch das sprichwörtliche ‚Dach über dem Kopf‘ gehört, mit dem Luxus schmückender Bilder und Skulpturen umgibt. Die Pflege und Vervollkommnung der ‚schönen‘ Künste setzt – so betrachtet – gleichsam
360 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 26-27. 361 VASARI: Proemio delle Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 28. 362 VASARI: Vita di Cimabue (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 35. Siehe auch: RUBIN 1995, S. 287-319. 363 VASARI: Proemio di tutta l’opera (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 28. 364 CAST 2012, S. 133-134. Siehe auch: KRISTELLER 1977, S. 13-16.
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ein bereits höher entwickeltes Maß an Kunstverstand und künstlerischen Fertigkeiten voraus365. Diesem Prinzip entspricht die Anordnung der drei Künste im Rahmen der technischen Einleitung, die an erster Stelle die Architektur und erst dann zunächst die Bildhauerei und schließlich die Malerei bespricht. Dadurch wird letzterer nach dem Steigerungsprinzip der Rhetorik der höchste Stellenwert beigemessen366. Zusätzliches Gewicht verleiht Vasari dieser Gattung, indem er auch das Kapitel über den disegno in seine Abhandlung zur Malkunst einfügt und so die intellektuelle Grundlage aller Künste implizit als malerische Qualität wertet367. Auch in den kunsthistorischen Äußerungen der Biografien wird dieser Argumentationsstrang weiter verfolgt. So ist von einer konkreten ‚Wiedergeburt‘ des disegno und der invenzione bei den frühen positiv beurteilten Bauten noch keine Rede. Buschetus werden lediglich graduelle Verbesserungen im disegno zugesprochen368. Erst durch die beiden Maler Cimabue und Giotto erstehen auch die künstlerischen Grundprinzipien wieder zu neuem Leben. Während Cimabue die invenzione in die Kunst eingebracht habe369, sei mit Giotto der disegno endgültig wiedererwacht: „[…] che il disegno, del quale poca o niuna cognizione avevano gl’uomini di que’ tempi, mediante lui ritornasse del tutto in vita.“370
Welches der beiden Hierarchisierungsmodelle Vasari in der Ausgabe von 1568 favorisiert, zeigt sich bereits im Titel des Werkes, der die Künste in neuer Reihenfolge präsentiert. War die Erstausgabe noch mit „Le Vite dei più eccelenti architetti, pittori e scultori […]“ überschrieben worden, so lautet die Überschrift nun „Le Vite de’ più eccelenti pittori, scultori et architetti […]“, und nennt hierdurch klar die Malerei an erster und somit im Sinne der Titelei an wichtigster Stelle371. Entscheidend ist für Vasaris Wertung jetzt also weniger der Nutzen der jeweiligen Kunst als mehr der Grad an kultureller Verfeinerung, den sie voraussetzt und der an ihr abzulesen ist. Allerdings entsteht dadurch gegenüber der historischen Abfolge der Künste, wie sie in den einzelnen Biografien gezeigt wird, eine Diskrepanz, die nur wertend erklärbar ist. Historisch ist der Beginn für die Bildhauerei später gesetzt als für die Malerei. Cimabue ist ausschließlich Maler. Erst Giotto wird als „pittore, scultore et architettore“372 bezeichnet. Wird jedoch eine hierarchische Wertung zwischen Malerei und Skulptur vorgenommen, so ist erstere in jedem Fall höher angesiedelt als die
365 CAST 2012, S. 133-135. Weiter: PUTTFARKEN 2008; ROGGENKAMP 1996. 366 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 31-172. 367 VASARI: Introduzione tecnica (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 111-113. 368 Siehe obiges Zitat, S. 299. 369 VASARI: Vita di Cimabue (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 41. 370 VASARI: Vita di Giotto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 95. 371 Analysiert im Einzelnen bei: CONFORTI 2013. 372 VASARI: Vita di Giotto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 95.
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Bildhauerei, wie sich bereits im einleitenden Proömium und in der Gegenüberstellung verschiedener Argumente des Paragone zeigt373. Dies lässt darauf schließen, dass die historische Abfolge nicht zwangsläufig als qualitative Wertung in Bezug auf die jeweilige Gattung zu verstehen ist, sondern dass Vasari ein komplexeres Beziehungsgeflecht entfaltet, in dem künstlerische Qualität, Nützlichkeit und gesellschaftliche Voraussetzungen gleichermaßen eine Rolle spielen. An letzter Stelle im historischen Entwicklungsprozess der „Viten“ ist schließlich das ‚Theatrale‘374 angesiedelt. Hierfür wird ein direkter Kausalzusammenhang zu kultureller und gesellschaftlicher Verfeinerung fassbar, wenn Vasari in der Biografie Andrea del Sartos folgende Begründung für sein Lob des Festapparates zu Ehren Leos X. anführt: „[…] che insino allora non era mai stato fatto né il più sontuoso né il più ricco e bello, perché allora fioriva in quella città maggior copia di begli et elevati ingegni che in altri tempi fusse avvenuto già mai.“375
Nach dieser Darlegung bedingt der zeitgenössische Florentiner Reichtum an hervorragenden, geist- und ideenreichen Bürgern erst die Schönheit und bislang unerreichte Raffinesse der Festausstattung, wodurch ein entscheidender Meilenstein in der Entwicklung ephemerer Dekoration verzeichnet werden kann. Dementsprechend beginnen ausführliche Schilderungen theatraler Ereignisse und dafür geschaffener Werke erst in der zweiten Vitenepoche, mit den technischen ingegni Filippo Brunelleschis und Ceccas376. Vermehrt treten sie gar erst in der dritten und letzten Stufe zutage (Tab. 3). Dass der Autor seine Geschichtserzählung in Bezug auf Theater, Fest und Ephemeres mit den detaillierten Beschreibungen von Brunelleschis sacre rappresentazioni einleitet, ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die Vorführungen im 16. Jahr-
373 VASARI: Proemio di tutta l’opera (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 9-30. 374 Begriff für den von Vasari erkannten Gegenstandsbereich gesetzt in: Kap. 4.2, S. 297-298. 375 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 361-362. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass sich die ephemere Festarchitektur und die Triumphwagen, die beim Einzug Leos X. in Florenz zum Einsatz kamen, nur marginal auf Vorbilder stützen konnten: SHEARMAN 1975, S. 142-143; kaiserliche Einzüge folgten dagegen noch lange der französisch-spätmittelalterlichen Tradition, im Rückgriff auf burg- oder torartige Ehrenpforten: Näheres siehe: SCHAUERTE 2015. 376 Siehe einführend auch Kap. 2 und Kap. 2.1. Der Hinweis auf Buffalmaccos Mitwirkung bei der Festa di Calendimaggio in der ersten Epochenstufe ist hier nicht zu werten, da weder ephemere Werke noch der Festablauf beschrieben werden: siehe Kap. 3.2, S. 211-213.
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hundert unverminderte Beliebtheit genossen sowie vergleichsweise gut dokumentiert waren377. Zudem reiht sich der Vitentext mit seiner Festlegung für den Beginn theatraler Formen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in zeitgenössische Historisierungstendenzen ein, wie sie für einige theatrale Teilbereiche bereits theoretisch versucht wurden. So wird in der Musiktheorie für die gleiche Periode ein ‚Epochenbruch‘ konstatiert. Tinctoris verortet den Beginn der „ars nova“ in den 1430er-Jahren378. Zuvor seien die „alte[n] Gesänge von unbekannter Autorschaft […] nicht hörbar“379 gewesen. Cosimo Bartoli stellt in seinen „Ragionamenti accademici“ einen Beginn der ‚Wiedergeburt‘ in der Musik mit Johannes Ockeghem fest, der von 1410 bis 1497 lebte und wirkte380. Die Leistungen des Musikers parallelisiert Bartoli schließlich direkt mit einer durch Donatello eingeleiteten rinascita in der Bildhauerei: „[…] io so bene che Ocghem fu quasi il primo che in questi tempi, ritrovasse la Musica quasi che spenta del tutto: non altrimenti che Donatello ne suoi ritrovò la scultura […].“ 381
Auch der Beginn zeitgenössischer Tanzkunst wurde in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts historisch verortet. Domenico da Piacenza382, der um 1455 den ersten umfassenden tanztheoretischen Traktat verfasste, war bei seinen Zeitgenossen
377 Für die sacra rappresentazione Filippo Brunelleschis lagen, wie erwähnt, die Zeichnungen in Buonaccorso Ghibertis „Zibaldone“ vor (Kap. 2.1, S. 58-59, Abb. 1) und es kam zur Wiederaufführung 1565: Kap. 2.6, S. 174-176. 378 Johannes Tinctoris „Proportionale“ (1477) verzeichnet die beginnende Erneuerung der Musik mit Dunstable und Dufay um 1430/40: vgl. ZANONCELLI 2010, S. 227-229. 379 Zitiert nach: KÜMMEL 1967, S. 17. Außerdem hat Zanoncelli die Beobachtung gemacht, dass für Tinctoris – entsprechend der Tendenzen der Zeitgenossen in anderen Künsten – nur das Gegensatzpaar antiquus – modernus existiert, dass er aber im Unterschied zu diesen, die moderne Kunst bereits höher bewertet und nicht von einer Wiedergeburt ausgeht, sondern das Alte in seiner Gänze überwinden und übertreffen will: ZANONCELLI 2010, S. 227. 380 Vor ihm hatten bereits Lorenzo Valla, Erasmus von Rotterdam und Marsilio Ficino die Musik in ihre Betrachtungen zur ‚Wiedergeburt‘ der freien Künste miteinbezogen – allerdings hier wohl eher in der Konzentration auf ihre Theorie: KÜMMEL 1967, S. 14. 381 BARTOLI, C. 1567, S. 35v; vgl. auch: LOWINSKY 1989, S. 92 Anm. 36. Da Bartoli nachweislich einer der Hauptredakteure der „Viten“ war, ist ein Einfluss seiner Auffassung auf deren Geschichtsverständnis hinsichtlich des Theaters wahrscheinlich. Die philologische Überprüfung einer eventuellen Autorschaft Bartolis für diese Passagen wäre also eventuell lohnenswert. In der Nachfolge der „Viten“ hat sich wohl eine Verschiebung der Anfänge ergeben, da der Beginn der ars nova für die Musik von da an mitunter zeitgleich mit den bildenden Künsten im ausgehenden 13. Jahrhundert verortet wird. So beispielsweise Seth Calvisius in seinen „Exercitationes Musicae Duae“ von 1600: KÜMMEL 1967, S. 20. 382 *um 1420; †1475; Tanzmeister am Hof der Este in Ferrara.
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und Nachfolgern als iniziatore eines evolutiven Entwicklungsprozesses angesehen und mystifiziert383. Die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde also gängigerweise als ‚Aufbruch‘ in jenen Künsten gewertet, die Teil theatraler Darbietungen waren. Daher ist es nur folgerichtig, dass auch Vasaris historischer Entwicklungsprozess des ‚Theatralen‘ in dieser Zeit beginnt. Gleichzeitig unterstreicht der Autor damit aber auch die Stellung dieser Kunstform am Ende und an der Spitze der historisch argumentierten Rangfolge. Hiernach muss die gesellschaftliche Entwicklung schon fortgeschritten und das antike Ideal muss in den tre arti bereits erreichbar sein384, bevor man sich darstellenden und ephemeren Ausdrucksweisen zuwenden kann. Die technischen Neuerungen Brunelleschis fallen gleichsam mit dessen vermeintlicher ‚Erfindung‘ der Zentralperspektive zusammen, einer zeichnerisch hochkomplexen Konstruktion, die fortgeschrittene mathematische Fähigkeiten voraussetzt385. Dadurch wird zum einen die Relevanz intellektueller Begabungen für gute ephemere Werke zusätzlich unterstrichen. Zum anderen schafft Brunelleschis zeichnerisch-malerische ‚Entdeckung‘ erst die Basis für die spätere Entwicklung des tiefenräumlich-perspektivischen Bühnenbildes. Seine Vita bildet also in doppeltem Sinne den Startschuss für die rinascita eines neuen kunstvollen Betätigungsfeldes. Von primi lumi, ersten Erneuerern antiker Formen, ist für den Bereich des ‚Theatralen‘ und des Ephemeren erst in der dritten Vitenepoche die Rede. So wird Baldassare Peruzzi zu Beginn seiner Lebensbeschreibung als „quasi fra le tenebre un lume“386 bezeichnet. Die Metaphorik ist im Wortlaut nahezu identisch mit den Phrasen, die zur Hervorhebung der Leistungen Cimabues und Giottos als Begründer malerischer rinascita benutzt wurden. Auch Cimabue war dafür gelobt worden, dass er „[…] in tante tenebre potesse veder […] tanto lume.“387 Giotto habe die Malerei zu neuem Leben erweckt, „senza alcun lume della buona maniera“ 388. Durch den Gegensatz von Licht und Schatten wird in diesen Lebensbeschreibungen der Epochenbruch zwischen ‚finsterem‘ Mittelalter und der nur langsam anbrechenden ‚hellen Wiedergeburt‘ metaphorisch untermauert389.
383 PONTREMOLI 2010, S. 235. 384 Vgl. Vasaris Äußerungen zur Wiederbelebung antiker Ideale durch Brunelleschi in der Architektur: VASARI: Proemio della seconda parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 15. 385 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 142-143. 386 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 315. 387 VASARI: Vita di Cimabue (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 39. 388 VASARI: Vita di Giotto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. II, S. 99. 389 Zur Bedeutung der ursprünglich aus dem christlichen Kontext stammenden Metapher in den „Viten“ siehe weiter: LE MOLLÉ 1976. Für die Verwendung in der ersten Vitenepoche siehe auch: RUBIN 1995, S. 287-319.
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Der ungewöhnliche Übertrag dieser Bildsprache auf eine Vita der dritten Epoche erklärt sich, wenn Vasari im weiteren Biografieverlauf Peruzzi als ‚Wiederentdecker‘ von Bühnenbildern nach antiker Qualität ausweist und die rinascita der Komödie mit seinem Wirken zusammenbringt390. Gleichlautend werden die Perspektivbühnen des Künstlers als wegweisend für folgende Entwicklungen auf szenografischem Terrain akzentuiert: „[…] apersono la via a coloro che ne hanno poi fatto a’ tempi nostri. […] essendosi, come ho detto, quasi perduto del tutto l’uso delle comedie.“391
Auch diese Formulierung findet eine direkte Entsprechung in der Cimabue-Vita für die Malerei: „Nel che è da considerare che Cimabue cominciò a dar lume et aprire la via all’invenzione […].“392
Mit Peruzzi parallelisiert Vasari hier also einen Künstler der dritten Epoche metaphorisch und durch gezielt wortgleiche Formulierungen mit jenen Meistern ‚der ersten Stunde‘, deren Verdienst für die bildenden Künste nach Darlegung der „Viten“ im ‚Erwecken‘ verloren geglaubter maniere und in der Wegbereitung für weitere Verbesserungen liegt. Indem der Autor die rinascita des Theaters erst zu einem derart späten Zeitpunkt ansetzt, weist er die erreichte Perfektion in den tre arti del disegno gleichsam als Grundvoraussetzung hierfür aus. Erst wenn die anderen Künste auf ihrem jeweiligen Höhepunkt angelangt und disegno und invenzione bereits vervollkommnet sind, so die Botschaft, kann ihre ‚Meisterschaft‘ auf ephemere und performative Lebensbereiche übertragen werden. Dann jedoch beschleunigt sich der von Vasari für das ‚Theatrale‘ eröffnete Entwicklungsprozess und gelangt innerhalb einer einzigen Vitenepoche schließlich zu seiner Klimax, die in Cinis Festbericht bei der Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich als erreicht ausgewiesen wird. Noch im Jahr 1565 hatte sich Vincenzo Borghini maßgeblich für die Aufnahme der Akademiker-Vita sowie der Festberichterstattung über die Medici-Hochzeit ans Ende der zweiten Vitenfassung eingesetzt. Seinem Insistieren und seiner Vehemenz ist es zu verdanken, dass das Ende der Ausgabe von 1568 sowohl Projekte aktuell tätiger Künstler enthält, als auch in der Beschreibung der theatral gestalteten Hochzeitsfeierlichkeiten prophetisch auf eine blühende kulturelle Zukunft verweist 393. Der Festbericht zeigt nun eine Gesellschaft auf dem höchsten Stand ihrer zivilisatorischen
390 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 391 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. IV, S. 323. 392 VASARI: Vita di Cimabue (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 41. 393 RUFFINI, M. 2011, S. 88-97. Siehe Kap. 2.6, S. 167.
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Entwicklung, deren Erhaltung und Fortsetzung die in der Akademiker-Vita geehrten Jungtalente durch Erfolge auf ihrem primär theatralen Aufgabengebiet gewährleisten. Es ist gleichsam diese Festdekoration, die nach Cinis Schilderung in einem ihrer Details Vasaris Sichtweise zum Verhältnis von Künsten und Ephemerem im hierarchisch-historischen Entwicklungsprozess besonders eindrücklich vor Augen führt. So habe eine Szene der Ehrenpforte an der Porta al Prato drei Künstlergruppen gezeigt, die – offenbar nach den drei Zeitaltern der rinascita gruppiert – den Festaufzug betrachteten und auf die einziehende Braut hinabblickten. Zur ersten età gehörig werden Cimabue, Giotto, Gaddi, Buffalmacco und Benozzo genannt. Die zweite Gruppe sei unter anderem durch Donatello, Filippo Brunelleschi, Lorenzo Ghiberti, Filippo Lippi, Masaccio, Desiderio und Verrocchio gebildet worden394. Stellvertretend für die dritte età (allerdings an erster Stelle erwähnt) habe schließlich eine durchaus eigenwillige Künstlergruppe unter der Führung Michelangelos gestanden, der seine Kollegen mit ausladender Geste auf den Festapparat und den Pomp des Einzuges hinwies: „[…] accennando ad Andrea del Sarto, a Lionardo da Vinci, al Puntormo, al Rosso, a Pierin del Vaga et a Francesco Salviati et ad Antonio da San Gallo et al Rustico, che gl’eron con gran reverenza intorno, mostrava con somma letizia la pomposa entrata della nobil Signora.“ 395
Die Auswahl der repräsentierten Künstler ist ungewöhnlich. Hatte man offenbar bei den beiden ersten Gruppen darauf geachtet, alle herausragenden Neuerer und Vertreter der jeweiligen Stufe zu vergegenwärtigen, so mag der Leser zumindest bemerken, dass auch unter ihnen vier der sechs theaterschaffenden Künstler aus den ersten beiden Vitenepochen vertreten sind. Für das letzte Zeitalter schließlich sind aber weder Raffael noch Bramante Teil der Darstellung. Vielmehr treten bis auf Leonardo da Vinci alle hier genannten Künstler in ihren Biografien durch ihre Theaterarbeiten hervor. Sie sind es, die Michelangelo auf das sich zu ihren Füßen abspielende festliche Treiben des Brauteinzuges hinweist, ganz so als handle es sich hierbei um die Frucht ihrer Mühen, den Höhepunkt der durch ihre Mitwirkung vollendeten theatralen und kulturellen Entwicklung. Durch die Einfassung der drei Künstlergruppen mit Cimabue und Giotto am Anfang sowie Michelangelo am Ende wirkt dieser Höhepunkt gleichsam wie die Klimax des Werdegangs der tre arti in ihrem Zusammenspiel. Alles künstlerische Streben, jede Errungenschaft scheint auf diesen einen Punkt theatraler und festlicher Prachtentfaltung zugelaufen zu sein, der das Wirken aller zuvor agierenden Künstler krönt und vollendet. Hierzu passt, dass auf dem Sockel junge Leute dargestellt gewesen seien,
394 VASARI (Cini): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 264. 395 VASARI (Cini): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 264.
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„[…] che, ciascuno nella sua professione alla sopraposta tela accomodata essercitandosi, pareva […] che molto accuratamente mostrassero con quali principii alla perfezione de’ sopra dipinti uomini si pervenisse […].“396
Offenbar lassen die Theaterkünstler der dritten Vitenepoche und ihre Schüler nach Vasaris Ansicht in besonderem Maße auf ein Andauern zivilisatorischer wie künstlerischer Blüte hoffen – durch ihre Errungenschaften in einem Bereich, der über den Kanon der ‚bildenden Künste‘ hinausgeht, sie in sich vereint und durch ihre zur Perfektion geführten Prinzipien geprägt ist. Erstheitsansprüche, Chronologie und ein dreischrittiges Entwicklungsmodell für Theater und Ephemeres
Schon hinsichtlich der arti del disegno war es dem Autor stets ein Anliegen, ‚Erstheitsansprüche‘ für eine bestimmte maniera geltend zu machen und diese im Wirken eines speziellen Künstlers anzusiedeln397. Cimabue habe sich als Erster von der maniera greca gelöst398; Giottos verfeinertes colore und Inkarnat habe seinen Figuren erstmals eine dreidimensionale Körperlichkeit 399 verliehen; die Zentralperspektive sei von Brunelleschi ‚entdeckt‘ worden400; Jan van Eyck wird als Erfinder der Ölmalerei bezeichnet401. Die Reihe wäre endlos fortzusetzen und gilt in gleicher Weise für die Gattungen von Bildhauerei und Architektur402. Auch für den Bereich des ‚Theatralen‘ lassen sich Bemühungen erkennen, jeweils den oder die Ersten zu identifizieren, die eine neue Art begründet haben. Neuheiten verzeichnet Vasari sowohl bei Bühnenbild und Technik, als auch bezüglich Inhalt, Dramaturgie und Aufführungskonventionen. So seien die technischen Apparaturen
396 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 264. 397 KLIEMANN 1991, S. 42. 398 VASARI: Vita di Giovanni Cimabue (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 37. 399 VASARI: Proemio della seconda parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 11-12; vgl. auch: RUBIN 1995, S. 287-320. 400 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 142-143. 401 VASARI: Di Diversi artefici italiani e fiamminghi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 224; siehe auch: KLIEMANN 1991, S. 42. 402 Beispielsweise ist Donatello der erste, der das Relief wieder zu echter Größe führt: „[…] onde a gran ragione se gli dà grado del primo che mettesse in buono uso l’invenzione delle storie ne’ bassi rilievi […].“: VASARI: Vita di Donato (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg) 1966-69, Bd. III, S. 206. Andrea Pisano läutet in der Bildhauerei die rinascita ein: „[…] assottigliò gran parte della grossezza di sì sciaurata maniera col suo giudizio, che cominciò a operar meglio et a dare molto maggior bellezza alle cose che non aveva fatto ancora nessun altro in quell’arte insino ai tempi suoi.“: VASARI: Vita di Andrea Pisano (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 151.
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für die sacra rappresentazione der Verkündigung, entgegen landläufiger anderer Meinungen, auf den schöpferischen Geist Filippo Brunelleschis zurückzuführen: „Questi dunque così fatti ingegni e molti altri furono trovati da Filippo, se bene alcuni altri affermano che egli erano stati trovati molto prima.“403
Signifikant verbessert habe sie schließlich Cecca, der die ingegni technisch derart veränderte, dass man quasi von einer Neuerfindung sprechen könne: „Questi ingegni dunque e queste invenzioni si dice che furono del Cecca, perché se bene molto prima Filippo Bruneleschi [sic!] n’aveva fatto de’ così fatti, vi furono nondimeno con molto giudizio molte cose aggiunte dal Cecca.“404
Tribolo tritt als Erneuerer der girandole auf, der die „gofferie“405 seiner Vorgänger beseitigt und endlich andere Formen erdacht habe: „Ma quanto apartiene all’opera, ella fu la più bella che altra girandola la quale insino a quel tempo fusse stata fatta già mai.“406
Eine „nuova maniera“407 der drappeloni408 wird durch Pontormo begründet, der: „[…] fece parere meschini e poveri tutti gl’altri stati fatti insino allora, e fu cagione che si cominciarono a fare della grandezza che si fanno oggi, leggiadra molto e di manco spesa d’oro.“409
Montughi, ein zeitgenössischer Akrobat, wird dafür gelobt, alle anderen in seiner Kunst übertroffen zu haben, „[…] Montughi di Firenze, che ha trapassati nel salir e giocolare sul canapo quanti insino a ora ne sono stati.“ 410, und sein Kollege Ruvidino sei höher gesprungen als alle vor ihm, mit einer Leichtigkeit, als handle es sich um einen Spaziergang:
403 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 191. 404 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 452. 405 VASARI: Vita del Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 223. 406 VASARI: Vita del Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 196669, Bd. V, S. 223. Zitat ausführlich: Kap. 2.l, S. 63-64; weiter auch Kap. 2.4, S. 126-127. 407 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 316. 408 Gemeint sind textile Ausstattungselemente, wie zum Beispiel Wandbehänge und Banner. 409 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 316. 410 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454. Zitat ausführlich besprochen: Kap. 2.2, S. 77.
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„[…] andare in su trampoli molto più alti che quelli detti di sopra, gli era così agevole come a ciascuno caminare per lo piano.“411
Im Theater Giovann’Andrea Anguillaras in Rom haben die Zanni ihren Ursprung412. Kardinal Bibbiena wird als der erste volkssprachliche Komödiendichter ausgewiesen und Peruzzi begründet die rinascita der tiefenräumlichen Perspektivbühne413. Neben Erstheitsansprüchen verzeichnet Vasari auch kleinschrittige Entwicklungsprozesse in einzelnen ‚Genres‘, so beispielsweise für die bei religiösen Prozessionen und Karnevalsumzügen verwendeten trag- oder fahrbaren Bühnen und ihre tableaux vivants. Seien beim San Giovanni-Umzug anfänglich die kunstkritisch vom Autor verurteilten ceri eingesetzt worden, so hätten diese schließlich Ceccas Weiterentwicklung, den nuvole und carri, weichen müssen414. In der Biografie Andrea del Sartos spricht der Autor erneut von „carri trionfali“415, welche die vormaligen ceri ersetzt hätten, versieht diesen Vermerk jedoch mit dem Zusatz „a guisa degl’antichi romani“416, wodurch er für diesen Bereich erstmals einen weiteren Fortschritt, die Orientierung am Ideal der römischen Antike, verzeichnet. Etwa zeitgleich liegen Piero di Cosimos inhaltliche Abstimmung textlicher, musikalischer und dekorativer Details bei Karnevalsumzügen417 und Lorenzo de’ Medicis ‚Erfindung‘ thematisch zusammenhängender Maskeraden, genannt Canti: „Né tacerò qui che il detto Lorenzo de’ Medici fu primo inventore, come altra volta è stato detto, di quelle mascherate che rappresentano alcuna cosa – e sono detti a Firenze Canti –, non si trovando che prima ne fussero state fatte in altri tempi.“418
Von ephemerer Architektur in Form von Schaufassaden und Triumphbögen wird erstmals ab der Vita Andrea del Sartos gesprochen, im Zusammenhang mit den De-
411 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 454. Bei beiden saltatori handelt es sich um Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts, wenngleich die Biografie, in der sie zum Vergleich herangezogen werden, aus der zweiten Vitenepoche stammt. 412 VASARI: Vita di Battista Franco (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 466. 413 Vgl. S. 305. 414 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 455. 415 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. 416 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358. 417 VASARI: Vita di Piero di Cosimo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63. 418 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602.
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korationen für den Einzug Leos X. in Florenz419. Anschließend folgen weitere Errungenschaften und Verbesserungen für diesen Gegenstandsbereich in diversen Lebensbeschreibungen, von denen hier nur einige angeführt seien. Weiterentwicklungen zeigen sich zum Beispiel verschiedentlich bei den Einzügen Kaiser Karls V.. So seien Rosso Fiorentinos Arbeiten im Zusammenhang mit Karls Ankunft in Frankreich 1540 von den Zeitgenossen als hervorragend gewertet worden: „Ma le cose che fece il Rosso, d’archi, di colossi [e] altre cose simili, furono, per quanto si disse allora, le più stupende che da altri insino allora fussero state fatte mai.“ 420
Enthält diese Formulierung durch den Zusatz „si disse“ noch eine gewisse Relativierung, so erfährt Antonio da Sangallos ephemere Stadtdekoration anlässlich des kaiserlichen Einzugs in Rom das uneingeschränkte Lob des Autors. Das Werk brauche den Vergleich mit den sieben Weltwundern nicht zu scheuen: „[…] che per opera di legname non s’è mai veduto il più superbo né il più proporzionato: e se in cotale opera fusse stata la superbia e la spesa de’ marmi come vi fu studio, artifizio e diligenza nell’ordine e nel condurlo, si sarebbe potuto meritamente, per le statue e storie dipinte et altri ornamenti, fra le sette moli del mondo annoverare.“421
Mit Sangallo ist nun nach Vasaris Darlegung in der ephemeren Stadtdekoration eine Stufe erreicht, auf der eine aus Holz errichtete Schaufront hinsichtlich ihrer künstlerischen Qualität mit den besten Kunstwerken der antiken Welt zu vergleichen sei. Abgeschlossen ist der Prozess schließlich bei den Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565. Die Triumphbögen und dekorativen Fassadenverkleidungen werden in Cinis Festbericht unter Verwendung der größten Superlative gelobt und brechen nach Schilderung des Autors abermals alle bisherigen Maßstäbe: „[…] oltre all’essersi di gran lunga lasciato con essi a dietro quante mai di sì fatte cose in questa città e forse altrove si sien fatte, che elle furono tali e con tanta grandez[z]a e magnificenza e liberalità da’ magnanimi Signori ordinate e dagl’artefici condotte, che elle avanzavano di molto ogni credenza e tolgono a quali si voglia scrittore ogni forza et ogni possanza di potere con la penna all’eccellenza del fatto arrivare.“422
419 VASARI: Vita di Andrea del Sarto (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 361-362. 420 VASARI: Vita di Rosso Fiorentino (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 488. 421 VASARI: Vita di Antonio da Sangallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 45. In dem herausragenden kunstkritischen Lob rekurriert Vasari wohl auf die „Diarii“ Marin Sanudos, der im Gegensatz zu seinen Florentiner Kollegen, dem Ereignis eine besondere Stellung zukommen lässt, vgl. GROSSO 2016, S. 92. 422 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 290.
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Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit von Künstlern und Mäzenen sei für den Brauteinzug etwas bisher Unerreichtes geschaffen worden, dessen Großartigkeit mit Worten wiederzugeben, selbst dem erfahrenen Schriftsteller Mühe bereite. Auf diese Weise bildet die Hochzeit Francesco de’ Medicis gleichzeitig den Horizont eines weiteren chronologischen Entwicklungsstranges. Dieser liegt im Bereich der Auftraggeberschaft und verzeichnet den politischen Wandel in der Organisation der Festivitäten sowie den wachsenden kreativen Einsatz der Mäzene. Es ist erneut die Biografie Andrea del Sartos, die erstmals einen Auftraggeber für ephemere Ausstattungen nennt: Die „arte degli Mercatanti“ habe angeordnet, die „ceri“ durch „carri“ zu ersetzen423. Zunächst sind Fest- und Theaterereignisse also zünftisch organisiert und ihre Ausrichtung ist in der republikanischen Stadtverwaltung verankert. Auch in der Granacci-Biografie und beim Einzug Leos X. sind es noch die „Magistrati degli Otto di pratica“, die den Auftrag geben, während die „Parte Guelfa“ die Kosten übernimmt424. Parallel dazu sind nebeneinander diverse gemeinnützige ‚Privatinitiativen‘ an der Ausrichtung von Feierlichkeiten und Theaterproduktionen beteiligt, die sogenannten Compagnie, mit intellektuell-humanistischer (Compagnia della Cazzuola) oder künstlerischer Prägung (Compagnia del Paiuolo), als erste professionelle Gruppierungen (Giovann’ Andrea dell’Anguillara) oder unter mediceischer Führung (Compagnie del Broncone, Compagnia del Diamante)425. Diese prägen das Festwesen zwar hochkreativ aber letzten Endes doch, so lässt sich bereits aus ihrer Vielzahl schließen, uneinheitlich. Den Höhepunkt des Fortschritts auf gesellschaftlich-politischem Feld markieren in Vasaris Narrativ schließlich unter der Ägide des Fürsten zentralisierte Staatsakte mit ihrer von Humanisten erdachten sowie von den besten Künstlern ausgeführten Szenerie und Ausstattung. Ab 1563 sind die Ausführungsmodi ephemerer Stadtarchitektur zudem, wie die Akademiker-Vita und das Ende der Michelangelo-Biografie exemplarisch ausführen, akademisch institutionalisiert, theoretisch fundiert und werden, zusammen mit den Techniken der tre arti, über die Accademia delle Arti del Disegno lehrmeisterlich von Generation zu Generation weitergegeben 426. Jenseits der hier skizzierten Erstheitsansprüche und ‚Mikroentwicklungen‘ innerhalb einzelner theatraler Formen und Ausstattungsarten unterwirft Vasari das ‚Theatrale‘ darüber hinaus in seiner Gesamtheit einem dreischrittigen Prozess. Dieser verläuft – analog zu den bildenden Künsten – in einer stufenweisen Annäherung bis zur Verwirklichung und letztlich zur Überwindung des antiken Ideals. Während jedoch der Werdegang der tre arti in den drei Proömien erörtert wird, wobei jede Stufe durch klare kunsttheoretische Merkmale gekennzeichnet ist, trifft der Autor hinsichtlich des
423 Siehe Kap. 1, S. 38-39. 424 VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602-603. 425 Siehe im Einzelnen ausgeführt: Kap. 2.2. 426 Vielleicht lässt sich hierbei mit Philiep Bossier von einer intendierten „Professionalisierung“ sprechen, wie sie auch in de Somis theatertheoretischem Traktat vorhanden ist: BOSSIER 2016, S. 294-296.
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Theaters keine derart klare Aussage. In die einzelnen Biografien eingeschrieben, ist in diesem Fall das Modell mehr implizit zu erschließen denn explizit ausgewiesen. So schwankt bereits die kunstkritisch argumentierte historische Einordnung der sacre rappresentazioni und der nuvole des San Giovanni-Umzuges zwischen der Zuschreibung zur ersten Entwicklungsstufe und einer Herabsetzung als beinahe mittelalterlichen Gepräges. In den jeweiligen Lebensbeschreibungen werden die ingegni Brunelleschis und Ceccas aufgrund ihrer technischen Finessen als herausragend gelobt: „La qual cosa invero era maravigliosa e dimostrava l’ingegno e l’industria di chi ne fu inventore […].“427
Außerdem verweist die dortige Verwendung des Adverbs „anticamente“428 im Zusammenhang mit dem Brauch des Verkündigungsfestes, wie bereits besprochen, daauf dass die Formen bei gleichzeitigem deutlichem Vergangenheitsbezug kunsthistorisch aufgewertet werden sollen429. Allerdings fügt der Autor, wie bei den bildenden Künsten der ersten Vitenepoche430, auch bei den ersten theatralen ingegni deutliche Relativierungen ein, die deren Stand am Anfang einer prozessualen Entwicklung kenntlich machen. Vermehrt betont er, der Brauch der religiösen Vorführungen sei inzwischen längst aufgegeben worden431. Auch das kunstkritische Urteil ist zuweilen durch vorsichtige Formulierungen und einschränkende Adjektivierungen herabgesetzt. So werden die nuvole Ceccas und diverse „simili cose“, als „cosa, certo ingegnosissima e bella“432 bezeichnet, wobei das kleine Adjektiv „certo“ den folgenden Superlativ gleichsam abschwächt. Wenn Cini die Annunziazione-Vorführung in seiner Festberichterstattung nochmals erwähnt, spricht er schließlich gar von quasi-mittelalterlichen Verhältnissen, in denen die genannte Aufführungsform ursprünglich entstanden sei: „[…] notabile anzi pure, per essere in quei roz[z]i secoli ordinato, meraviglioso e stupendo et incomparabile fu il Paradiso […].“433
427 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188. 428 VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188. 429 Vgl. Kap. 2.1, S. 51-52. 430 Die vorsichtigen Formulierungen hinsichtlich der Errungenschaften der ersten età siehe beispielsweise „qualche forma migliore“, „tentare il buono“: VASARI: Proemio della seconda parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 10-12; vgl. SOHM 2002, S. 43-45. 431 Beispielsweise: VASARI: Vita di Filippo Brunelleschi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188; VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 451. 432 VASARI: Vita del Cecca (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 451. 433 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366.
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Neben dieser Rückführung der ingegni auf das „rohe Mittelalter“ ersetzt nun außerdem die Bezeichnung „vecchi tempi“ 434 die ursprüngliche, in der BrunelleschiBiografie gebrauchte Charakterisierung des festlichen Brauchtums als „anticamente“. Offenbar wurde also das Urteil innerhalb der Werkgenese der Vitenfassung von 1568 dem neuen historiografischen Argumentationszusammenhang angeglichen. Rückblickend und vor dem Hintergrund der nun argumentierten Blüte in eigener Zeit, müssen die Anfänge kunstkritisch relativiert werden, um einen Entwicklungsprozess aufzuzeigen. Ähnlich wie die Werke der bildenden Künste sind aber auch theatrale Formen und ihre Ausstattung offenbar immer unter Berücksichtigung ihrer Entstehungszeit zu werten435. In Anbetracht der Rohheit der damaligen Umstände seien daher die brunelleschianischen Aufführungen zu loben, auch wenn sie vom gegenwärtigen Höchststand aus betrachtet und gemessen am Ideal als defizitär und rückständig anzusehen seien. Eine wahrhaftige rinascita der Antike beginnt erst mit Peruzzis Perspektivbühnen und wird hier klar von den entsprechend benannten Vorformen abgegrenzt: „[…] l’uso delle comedie, e conseguentemente delle scene e prospettive, era stato dismesso, facendosi in quella vece feste e rappresentazioni […] la detta Calandra […] fu delle prime comedie volgari che si vedesse o recitasse […].“436
Von den zunächst stattfindenden „feste e rappresentazioni“ führt der Weg also hin zur Wiederentdeckung komödiantischer Aufführungsformen und schließlich zu ersten volkssprachlichen Komödiendichtungen, als deren Initiator, in Anlehnung an Paolo Giovios Äußerungen in der „Elogia“-Biografie des Literaten, Kardinal Bibbiena fungiert437. Dass Vasari gerade in der Loslösung vom direkten Antikenzitat durch die Wahl des volgare die ‚Wiedergeburt‘ der Komödie erkennen will, zeigt besonders auffällig, welchen Ansatz die „Viten“ hinsichtlich des antiken Vorbildes verfolgen: Nicht die Wiederentdeckung altehrwürdiger Zeugnisse, ihre Rekapitulation und ‚Wiederaufführung‘, sondern vielmehr die Entwicklung adäquater Entsprechungen im Eigenen, im Zeitgenössischen ist für den Vitenautor das ausschlaggebende Kriterium gelungener rinascita. Dementsprechend verortet er auch die ‚Wiedergeburt‘ der Szenografie
434 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366. 435 Diese Forderung für die bildenden Künste: „[…] che nella prima e più antica si sia veduto queste tre arti essere state molto lontane da la loro perfezzione, e come che elle abbiano avuto qualcosa di buono, essere stato acompagnato [sic!] da tanta imperfezzione, che e’ non merita per certo troppa gran lode; ancora che, per aver dato principio e via e modo al meglio che seguitò poi, se non fusse altro, non si può se non dirne bene e darle un po’ più gloria che, se si avesse a giudicare con la perfetta regola dell’arte, non hanno meritato l’opere stesse.“: VASARI: Proemio della seconda parte (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 6. 436 VASARI: Vita di Baldassarre Peruzzi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 323. Zitat ausführlich auch auch: Kap. 1, S. 37-38. 437 Siehe: Kap. 3.2, S. 231-232.
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nicht in den Rekonstruktionsversuchen der antiken scaenae frons, wie sie seit Fra Giocondos erster illustrierter Vitruvausgabe von 1511 in zahlreichen Kommentaren des lateinischen Architekturtraktats enthalten sind438, sondern sieht sie in einer genuin zeitgenössischen Bühnenbilderfindung, der tiefenräumlichen Perspektivbühne, repräsentiert. Peruzzi und Bibbiena sind für Vasari das ‚Duo‘, das diese Neuerung auf literarischer wie künstlerischer Ebene einleitet439. Die zweite età, und damit die Verwirklichung des antiken Ideals, erreichen Theater und Ephemeres schließlich vornehmlich in den Lebensbeschreibungen Pontormos, Gengas und Aristotile da Sangallos. Hier häufen sich zunächst die Verweise auf eine Vergleichbarkeit von Antike und Gegenwart. Der von Andrea Dazzi anlässlich der Papstwahl Leos X. angeordnete trionfo wird in der Biografie Pontormos als „[…] simile a quelli che facevano i Romani trionfando […]“440 ausgewiesen. Gengas Festausstattung für die Hochzeit des Herzogs von Urbino mit Leonora Gonzaga sei „[…] tanto ben ordinato e messo in opera, che Urbino si poteva assimigliare a una Roma trionfante […]“441 gewesen. Auf die Spitze getrieben wird die qualitative Annäherung von Gegenwart und antikem Leitbild schließlich in der Vita Aristotile da Sangallos. Hatten die zuvor betonten Vergleiche sich ausschließlich auf den Bereich der öffentlichen Feste und deren ephemerer Dekoration beschränkt, so wird nun, zeitlich dazu leicht versetzt, auch auf dem Gebiet der Komödie und ihres Bühnenbildes das Vorbild der Antike erreicht – im Detail der während des Spiels auf- und untergehenden künstlichen Sonne: „[…] era di mano in mano per via d’un arganetto che era tirato con sì fatt’ ordine, che a principio della comedia pareva che si levasse il sole, e che, salito infino al mezzo dell’arco, scendesse in guisa che al fine della comedia entrasse sotto e tramontasse.“442
Der antik-aristotelischen Forderung einer Einheit der Zeit für den Dramentext wird nun durch den erklärten ‚Namensvetter‘ 443 auch künstlerisch entsprochen, da dessen bühnentechnische Erfindung die dramatische Handlung und ihre Konventionen visuell wirkmächtig unterstützt444. Es konnte bereits aufgezeigt werden, dass die Sonnenkonstruktion in der Giuntina von der noch 1550 erfolgten Zuschreibung an Giulio
438 POCHAT 1990, S. 248-277. 439 Zu Peruzzi als ‚primo lume‘ für den Bereich des ‚Theatralen‘ siehe außerdem: Kap. 4.2, S. 304-305. 440 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. 441 Vasari: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 348. Auf die Vergleichbarkeit einer Schaufassade Antonio da Sangallos mit den sieben antiken Weltwundern wurde bereits hingewiesen auf S. 306. 442 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V. S. 398. 443 Vgl. Kap. 4.2, S. 282-283. 444 Zur Aristotelesrezeption in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts: HULFELD 2007, S. 45-46; vgl. außerdem Kap. 1, S. 47.
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Romano gelöst und auf Aristotile übertragen wurde445. Dieser Kunstgriff akzentuiert die nun erreichte zweite Epochenstufe in besonderem Maße und verbindet sie wirkmächtig mit dem ‚Dreigestirn‘: Pontormo – Genga – Aristotile446. Nicht zuletzt ändert sich in der Folge dieser drei Lebensbeschreibungen auch die kunstkritische Terminologie. Die Künstler sind jetzt nicht mehr ‚die Ersten‘, die eine neue Art begründen. Stattdessen werden ihre Arbeiten vermehrt als Errungenschaften herausgestellt, die alles bisher Dagewesene übertreffen. Der Wettbewerb und die darüber erreichten mannigfachen neuen Höchstleistungen kennzeichnen die Fortschritte der seconda età teatrale in besonderem Maße. So seien die in der Pontormo-Biografie beschriebenen Kostüme und allegorischen Figuren des trionfo der Compagnia del Diamante derart reich gestaltet gewesen, „[…] intantoché non si pensava potersi far meglio.“447 Ein Triumphbogen Gengas wird beschrieben als „[…] tanto bello e ben fatto che non si può vedere né il più bello né il maggiore […].“448 Aristotiles Biografie schließlich beinhaltet nicht weniger als vier aufeinander folgende ‚Weltrekorde‘ in der Bühnenbildgestaltung. Der Künstler übertrifft dabei alles bisher Dagewesene und sich selbst: „[…] egli fece una scena la più bella (per quanto capeva il luogo) che fusse stata fatta già mai.“449 „[…] una bellissima scena e prospettiva, piena di colonnati, di nicchie, di tabernacoli, statue e molte altre cose capricciose, che insin allora in simili apparati non erano state usate […].“ 450 „Questa scena dunque fu la più bella che non solo insino allora avesse fatto Aristotile, ma che fusse stata fatta da altri già mai […].“451 „[…] un’altra scena che rappresentò Pisa, nella quale vinse sé stesso, sempre migliorando e variando […].“452
445 Vgl. Kap. 1, S. 46-47. 446 Die Biografien folgen relativ dicht aufeinander. Zwischen der ersten Seite der PontormoVita und der letzten der Aristotile-Biografie liegen in der Barocchi-Ausgabe exakt 100 Seiten: BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 307-407. 447 VASARI: Vita di Iacopo da Puntormo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310. 448 VASARI: Vita dei Genga (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 353. 449 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 450 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 396. 451 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 397. 452 VASARI: Vita di Bastiano detto Aristotile da San Gallo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 398.
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Für den Bereich des Theaters setzt sich die zweite Stufe über die gesamte restliche terza età bis in die Biografie Michelangelos hinein fort und zeigt sich in weiteren Antikenvergleichen und kunstkritischen Superlativen. Beispielsweise wird in der Biografie Taddeo Zuccheros ein ephemeres Theater Palladios für die Compagnia della Calza in Venedig erwähnt, das „a uso di colosseo“453 gewesen sei. Die in der Vita des Giovanfrancesco Rustici beschriebene ephemere Architekturminiatur aus Speisen ähnelt dem vermeintlich antiken Marstempel von Florenz 454. Für das Begräbnis Michelangelos wird ein antikisierender Katafalk geschaffen, der „[…] era quasi a similitudine del Mausoleo d’Augusto in Roma […].“455 Tribolos ephemerer Apparat für die Taufe Francesco de’ Medicis habe das antike Gebäude gar ‚modern‘ überformt, wodurch er es noch schöner wirken ließ: „[…] fece che quel tempio, che per sé è antico e bellissimo, pareva un nuovo tempio alla moderna, ottimamente inteso […].“456
Ein Übertreffen des antiken Vorbilds durch ephemere Vorblendungen ist in dieser Äußerung bereits angelegt. Gleichzeitig verdeutlicht die Reihung zahlreicher zeitgenössischer Komödientitel und ihrer Autoren, dass nun auch das volgare in der Lage ist, frequent und auf hohem Niveau dramatische Texte zu produzieren 457. Damit wird in den „Viten“ auch für Fest und Theater letztlich ein prozessuales Geschichtsmodell mit Mittelalter, rinascita und schließlich einem Erreichen des antiken Ideals entworfen. Zum Zyklus ergänzt wird der Verlauf, wenn Adriani in seiner „Lettera“ für die antike Gesellschaft ebenfalls eine Progression von „semplicità“ und „povertà“ zu „ricca“ und „pomposa“ konstatiert und diese mit einem theatralen Beispiel belegt458. Wie der Progress der bildenden Künste, so weist auch die Entwicklung des ‚Theatralen‘ in Vasaris Erzählung eine dritte und letzte Stufe auf, die aber erst in der Festberichterstattung Giovambattista Cinis als erreicht betrachtet wird. Entsprechend des
453 VASARI: Vita di Taddeo Zucchero (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567. 454 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 482. Der Mythos, das Baptisterium sei antiken Ursprungs, wird in seiner Entwicklung durch unterschiedliche historiografische und fiktionale Texte aufgearbeitet bei: STRAEHLE 2001. Die Funktion des Baptisteriums in den „Viten“ speziell: STRAEHLE 2001, S. 115-175. 455 VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 134. 456 VASARI: Vita di Niccolò detto il Tribolo (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 220. 457 VASARI: Vita di Giovan Francesco Rustichi (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 486; für Zitat vgl. Kap. 2.3, S. 112. 458 „Lettera di Messer Giovambatista di Messer Marcello Adriani a Messer Giorgio Vasari“, in: VASARI: Vite (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 214-215; vgl. Kap. 4.2, S. 272.
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nun markierten Höhepunktes theatraler und gesellschaftlicher Entwicklung überschlagen sich in der Beschreibung der Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 die Superlative im kunstkritischen Lob. Die ephemere Stadtgestaltung für den Einzug der Braut wird in folgenden höchsten Tönen gepriesen: „[…] potendosi chi di sì fatte cose di [sic!] diletta immaginare, che nessuna parte rimanesse che con somma maestria e con sommo giudizio e con infinita leggiadria condotta non fusse, dando vaghissimo e piacevolissimo fine all’altez[z]a sua […].“459 „[…] ciò che tutti o la maggior parte di questi ornamenti in supremo grado di bellez[z]a e d’eccellenza d’artifizio e di pompa e di ricchez[z]a sono stati da noi celebrati […] oltre all’essersi di gran lunga lasciato con essi a dietro quante mai di sì fatte cose in questa città e forse altrove si sien fatte […].“460
Einen Höhepunkt markieren hier sowohl das vermehrt gebrauchte Adjektiv „sommo“ als auch die Formulierung, man habe mit der Ausgestaltung des Festapparates all jene Dekorationen weit hinter sich gelassen, die jemals zuvor in Florenz gefertigt worden seien. Ähnlich verhält es sich laut Autor mit der Gestaltung von Festsaal und Komödienapparat, wofür die Auszeichnung noch deutlicher formuliert ist: „[…] dico che veramente non credo che in queste nostre parti si abbia notizia di veruna altra sala maggiore o più sfogata di questa, ma senza dubbio né più bella né più ricca né più adorna né con maggiore agiatez[z]a accomodata di quel che ella si vide quel giorno che la Commedia fu recitata, credo che impossibile a ritrovare al tutto sarebbe.“ 461
Die Komparative in der kunstkritischen Wertung sind mannigfach: Weder schöner, noch geschmückter, noch reicher, noch größer, noch besser angepasst an die Festlichkeit sei bisher je ein Festsaal an irgendeinem anderen Ort jemals gewesen. Diese Begeisterung des Autors setzt sich auch hinsichtlich der beiden Maskeraden Geneologia degli Dei und Trionfo de’ Sogni fort. So habe die Geneologia degli Dei in Anzahl der Wagen, Pracht und Glanz alles übertroffen, woran man sich auf Jahrhunderte zurückgerechnet jemals erinnern könne: „Credo di potere sicuramente affermare che questa mascherata […] fusse senza dubbio la più numerosa, la più magnifica e la più splendida che da molti secoli in qua ci sia memoria che in verun luogo stata rappresentata sia […].“462
459 VASARI (CINI): Bd. VI, S. 288. 460 VASARI (CINI): Bd. VI, S. 290. 461 VASARI (CINI): Bd. VI, S. 314. 462 VASARI (CINI): Bd. VI, S. 334.
Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69,
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Für den Trionfo de’ Sogni ist dieses höchste Lob sogar nochmals gesteigert. In den ephemeren Kostümen der Maskerade seien die kunsttheoretischen Prinzipien der diligenza, des disegno und der grazia verwirklicht, die diese Arbeiten – neben den wertvollen Materialien, welche Dauerhaftigkeit im Angesicht des Ephemeren vorgeben – auf den qualitativen Höchststand künstlerischer Produktion erheben. Gleichzeitig wird der Komparativ nun erstmals in die Zukunft hineinprojiziert: „[…] bellissime e graziosissime oltre a modo, lasciando negl’animi de’ riguardanti una ferma credenza che in Fiorenza e forse fuori mai più veduto non si fusse spettacolo né sì ricco né sì grazioso né sì bello, essendo, oltre all’oro e le perle e l’altre preziosissime gemme di che i ricami (che finissimi furono) fatti erano, condotto tutte le cose con tanta diligenzia e disegno e grazia, che non abiti per maschere, ma come se perpetui e durevoli, e come se solo a grandissimi principi servir dovessero, pareva che formati fussero.“ 463
Die Zeitform des Futur verleiht Cinis Feststellung, man werde wohl weder in Florenz noch anderswo jemals wieder etwas Vergleichbares erleben, eine für den Theaterbereich bislang ungekannte Dimension: Auch für dieses Feld ist hiermit ein unumstößlicher Höhepunkt markiert, vergleichbar mit der absoluten Klimax der Kunstentwicklung im Wirken Michelangelos. Fügt der Autor an dieser Stelle immerhin noch die Formulierung der „ferma credenza“ einschränkend hinzu, wodurch der Höchststand für alle Zeit letztlich in den Bereich bloßer Vermutung gesetzt ist, so formuliert er bereits wenige Zeilen später seine Prognose völlig unmissverständlich: „Ora in questi carri, che belli e capricciosi e bizarri oltre a modo e d’oro e d’argento splendidissimi si dimostravano, e nel figurare i prescritti animali che gli tiravano proprii e naturali fu senza dubbio tanta la prontez[z]a et eccellenzia degl’ingegnosi artefici, che non pure furon vinte tutte le cose fino allora fatte fuori e dentro alla città, reputatane in tutti i tempi maestra singolarissima, ma con infinita meraviglia si tolse del tutto la speranza a ciascuno che mai più cosa né sì eroica né sì propria veder si potesse.“464
Die als „capricciosi e bizarri olte a modo“ beschriebenen Wagen und ihre Zugtiere seien von einer derartigen vivezza, naturalità und similitudine al vero geprägt gewesen, dass sie jegliche Hoffnung getilgt hätten, etwas gleichartig ‚Hehres‘ könne jemals wieder aufgeführt werden465. Alle verschiedenen Einzelprozesse in den Bereichen ephemerer Schaufassaden, Komödienaufführungen und Bühnenbilder sowie allegorischer Umzüge, abgestimmt in Thema, Kostüm und szenischer Präsentation, gelangen – so die Quintessenz aus
463 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 327. 464 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 334. 465 Man beachte die kunsttheoretischen Prinzipien, die Cini zur Kennzeichnung der Klimax im Bereich des Ephemeren hier verwendet. Hierzu siehe näher: Kap. 4.2.
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Cinis Lobpreisung – anlässlich dieses einen Festanlasses an ihren unumstößlichen Höhepunkt. Der Kreis zum Beginn der Entwicklung schließt sich, wenn von der ‚Wiederaufführung‘ der brunelleschianischen ingegni unter der Ägide Giorgio Vasaris die Rede ist: „[…] con ordine et apparato grandissimo e con tutti i vecchi instrumenti e con non pochi di nuovo aggiunti […] con tanta sicurtà e con sì belli e sì facili e sì ingegnosi modi, che a pena parse che umano ingegno potesse tant’oltre trapassare.“466
Selbst die religiösen Spiele und ihre technischen Finessen, von denen am Beginn der ‚Theaterentwicklung‘ die Rede war, werden nach Darlegung des Autors in diesem letzten Schritt zu ihrer Vollendung geführt, über den es „menschenmöglich“ kein Hinausschreiten mehr zu geben scheint. In Cinis exorbitantem Lob für die Hochzeit von 1565 schwingt – wie zuvor bereits für die bildenden Künste konstatiert – die Furcht vor einem nach zyklischem Modell zwangsläufig folgenden erneuten Niedergang mit. Es scheint, als seien auch Theater und Fest mit den Feierlichkeiten des Jahres 1565 auf einem Stand angelangt, an dem alles bisher Dagewesene – einschließlich der Antike – übertroffen und daher keine weitere Entwicklung nach oben mehr möglich ist. Auch in diesem Feld besteht nun die Gefahr, das Schicksalsrad könne sich nach unten drehen. Hat sich die historische Argumentation der „Viten“ nun abermals in ihrem eigenen Schema gefangen? Ist der Lösungsweg, den die Giuntina über das Vehikel des Ephemeren einzuschlagen versuchte, letztlich doch gescheitert und erneut ein Punkt erreicht, von dem aus es nur noch ein Zurück gibt? Die oben genannten Formulierungen suggerieren diesen Rückschluss zumindest. Oder bleiben angesichts der absoluten Klimax in Cinis Festbericht vielleicht zumindest heilsgeschichtliche Perspektiven für die Zukunft bestehen? Die Antwort, die zu geben auf Basis des Textes möglich ist, mag unbefriedigend sein: ja und nein. Die „Viten“ argumentieren auch in diesem Punkt – wiederum analog zur Vorgehensweise hinsichtlich der bildenden Künste – ambivalent. Die Diskrepanz zwischen Zyklus, Heilsgeschichte und möglicher Fortsetzung der Geschichtserzählung durch eine „quarta età“467 wird letztlich auch in der zweiten Vitenfassung und auch hinsichtlich des Theater- und Festwesens nicht aufgelöst. Allerdings sprechen einige Indizien dafür, dass der Autor für den weiteren Verlauf der Geschichte dennoch eine positive Lösung propagiert. So findet sich eine derart entschiedene Festlegung des Endpunktes kultureller Entwicklung ausschließlich in Cinis Festbericht, der einer eigenen literarischen Gattung angehört. Die verwendeten Superlative stehen also durchaus auch im Kontext der gattungsspezifischen Konventionen 468.
466 VASARI (CINI): Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 366. 467 Vgl. Kap. 4.1, S. 249; VASARI: ALLO ILLUSTRISSIMO ET ECCELLENTISSIMO SIGNORE IL SIGNOR COSIMO DE’ MEDICI (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 5. 468 Zur Gattung des Festberichtes siehe weiterführend: WATANABE-O’KELLY 2004; HEM 2017.
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Dagegen ist die gleichlautend am Ende der zweiten Vitenfassung stehende Sammelvita der Akademiker in ihrer Wertung der Ereignisse deutlich zurückhaltender. Hier werden, ebenso wie in der Schilderung des Michelangelo-Begräbnisses469, die jeweiligen ephemeren Arbeiten vielmehr an verschiedenen Stellen als ‚Meisterstücke‘ vielversprechender Jungtalente ausgewiesen. So gebe beispielsweise Bernardo Buontalenti, wenn auch das Lob für sein bisheriges Werk nicht ohne Einschränkungen ausfällt, doch einigen Anlass zu großen Erwartungen, wie sich nicht zuletzt anhand seiner Arbeiten für die Hochzeit von 1565 gezeigt habe: „Fu anco adoperato Bernardo, con suo molto onore, nelle nozze del suo e nostro Prencipe, in alcune mascherate, nel Trionfo de’ Sogni, come si dirà, negl’Intermedii della Commedia che fu recitata in Palazzo, come da altri è stato raccontato distesamente. E se avesse costui quando era giovinetto (se bene non passa anco trenta anni) atteso agli studii dell’arte sì come attese al modo di fortificare, in che spese assai tempo, egli sarebbe oggi per aventura a tal grado d’eccellenza che altri ne stupirebbe: tuttavia si crede abbia a conseguire per ogni modo il medesimo fine, se bene alquanto più tardi, perciò che è tutto ingegno e virtù; a che si aggiunge l’essere sempre esercitato et adoperato dal suo Signore, et in cose onoratissime.“470
Auch Batista Naldini471 und Francesco de Poppi472 hätten sich durch ihre Beteiligung an den Hochzeitsfeierlichkeiten als Hoffnungsträger erwiesen, „[…] giovane di grande speranza e nostro Accademico, che s’è portato bene nelle nozze di sua Altezza […]“473, und Girolamo di Francesco Crucifissaio sowie Mirabello di Salincorno hätten gezeigt, „[…] che si può di loro sperare onoratissima riuscita. […] e nell’esequie di Michelagnolo e nozze sopradette si fecero anch’essi molto onore.“474 Sogar der Niederländer Friedrich Sustris475, der sich ebenfalls um das Michelangelo-Begräbnis und die Fürstenhochzeit verdient gemacht habe, wecke damit einige Zuversicht bei seinen Zeitgenossen: „E se ha meritato lode insin qui, più ne meriterà per l’avenire […].“476
469 Beispielsweise: „[…] Lazzaro Calamech da Carrara, il quale ancor fanciullo ha dato infino a oggi in alcune cose di pittura e scultura gran saggio di bello e vivacissimo ingegno.“: VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 132; „Onde Iacopo Zucchi, giovane et allievo di Giorgio Vasari, […] mostrò che di lui si poteva onoratissima riuscita sperare.“: VASARI: Vita di Michelagnolo Buonarruoti (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 136. 470 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 242. 471 *1535; †1591, Florentiner Künstler und Pontormo-Schüler. 472 Francesco Morandini (*um 1544; †1597). 473 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 240. 474 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 241. 475 Bei Vasari bezeichnet als: „Federigo Lamberto“; niederländischer Maler und Zeichner (*um 1540; †1600): VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 241. 476 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 241.
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Besonders deutlich wird der Zusammenhang zwischen den Leistungen der jungen Nachwuchskünstler um theatrale wie festliche Begebenheiten und den an sie gestellten Zukunftserwartungen, bei „Iacopo di Maestro Piero Zucca“477: „[…] che si può oggi annoverare fra i primi giovani pittori della nostra Accademia. E l’opere che ha fatto da sé solo nell’essequie di Michelagnolo, nelle nozze dell’illustrissimo signor Principe et altre a diversi amici suoi, nelle quali ha mostro intelligenza, fierezza, diligenza, grazia e buon giudizio, l’hanno fatto conoscere per giovane virtuoso e valente dipintore: ma più lo faranno quelle che da lui si possono sperare nell’avenire, con tanto onore della sua patria quanto gli abbia fatto in alcun tempo altro pittore.“478
Die herausragenden Fähigkeiten, die der junge Künstler bei den jüngst vergangenen Großereignissen gezeigt habe, geben laut Vasari Anlass, von ihm künftig noch viel mehr erwarten und ihn letztlich unter den vergangenen Meistern mit aufzählen zu dürfen. Diese zahlreichen in der Akademiker-Vita explizit formulierten Zukunftshoffnungen relativieren gleichsam die Superlative in Giovambattista Cinis Festbericht. Wo bei Cini ein unumkehrbares und unüberwindliches Ende steht, argumentieren sie dennoch eine Perspektive für das weitere Vorgehen, und sie begründen diese über die hervorragenden Leistungen im Bereich von Theater und Fest, ebenso wie durch eine Öffnung gegenüber diversen arti minori. Auffallend oft wird auf das Kunsthandwerk angespielt, in dem die Akademiker herausragende Leistungen erbrächten. Die Rede ist unter anderem von Miniaturen, Bodeneinlegearbeiten, Teppichen und Möbeln, Vasen und anderen Einrichtungsgegenständen, bei deren Konstruktion die Künstler ihr Können ebenso bewiesen, wie sie neue Techniken entwickelten479. Hauptaufgabe Stradanos (Giovanni della Strada) sei es beispielsweise, Wandteppiche für den Palazzo Vecchio zu entwerfen: „Ma oggi la principal cura di costui si è fare cartoni per diversi panni d’arazzo, che fa fare pur con l’ordine del Vasari il Duca et il Principe di diverse sorti, secondo le storie che hanno in alto di pittura le camere e stanze dipinte dal Vasari in Palazzo, per ornamento delle quali si fanno, acciò corrisponda il parato da basso d’arazzi con le pitture di sopra.“480
Seine Gobelins sind dezidiert als (untergeordnete) Pendants zu Giorgio Vasaris Malereien im herzoglichen Palast ausgewiesen, wobei der Freskenkunst „in alto“ die Kunstfertigkeit der textilen Werke „da basso“ entspreche. Bernardo Buontalenti wiederum habe ein neues kristallverarbeitendes Verfahren entwickelt, das er für die Gestaltung schöner Vasen aus Porzellan und Kristall einsetze:
477 Iacopo Zucchi (*um 1541; †um 1596), Schüler Giorgio Vasaris. 478 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 243. 479 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, z.B. S. 242, S. 250-251. Zur Verbreitung auf die arti minori siehe auch: KLIEMANN 1991, S. 52-63. Zu den arti minori in der zweiten Vitenfassung siehe auch: AGOSTI 2013, v.a. S. 98. 480 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 243.
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„[…] oltra che à con facilità trovato il modo di fondere il cristallo di montagna e purificarlo e fattone istorie e vasi di più colori, che a tutto Bernardi si intermette, come ancora si vedrà nel condurre in poco tempo vasi di porcellana, che hanno tutta la perfezzione ch’e’ antichi e perfetti […].“481
Mit Leichtigkeit sei es Bernardo gelungen, aus Bergkristall vielfarbige Vasen und „istorie“ zu fertigen, wodurch die Qualität seiner Manufaktur dem Vorbild der römischen Antike vergleichbar sei. Bemerkenswerterweise übertreffen Buontalentis Vasen die antiken Vorläufer aber (noch) nicht – sie erreichen lediglich dieselbe Stufe der Perfektion. Ganz im Sinne einer Expansion künstlerischer Prinzipien auf diverse Bereiche täglichen Lebens liefern also die arti minori buchstäblich weitere Ebenen, die die Künstler des disegno mit ihrem Können überformen und in die sie die Früchte der nun erlangten Perfektion hineintragen können. Erneut und wiederholt entsteht in der Akademiker-Vita eine Perspektive, die nicht zwangsläufig nach oben sondern vielmehr in die Breite führt 482. Sie lässt es zu, dass Vasaris Widmung an Cosimo I. auch in der Giuntina noch einmal der Hoffnung Ausdruck verleihen kann, das Werk sei nach wie vor unvollendet: „[…] non pure del tutto finite, ma tanto da quello che ell’erano immutate et in guisa più adorne e ricche d’infinite opere, delle quali insino allora io non aveva potuto avere altra cognizione, che per mio aiuto non si può in loro, quanto a me, alcuna cosa desiderare.“ 483
Zusammen mit der nun ebenfalls abgeschlossenen Theaterentwicklung dienen die arti minori in ihrer zunehmend kunstvollen Fertigung schließlich gleichsam dazu, das gegenwärtige Florenz als Ort vollkommener Blüte in allen kulturellen und praktischen Lebensbereichen – als neues Rom – zu akzentuieren. Dementsprechend kann der Autor in seiner Lettera agli Artefici del Disegno davon sprechen, dass nicht nur die bildenden Künste, sondern vielmehr das ganze gegenwärtige Jahrhundert, und nicht nur die Künstler, sondern alle Menschen zu höchster Perfektion gelangt seien: „[…] oltre che gl’uomini di questo secolo, il quale è nel colmo della perfezzione, non sarebbono nel grado che sono, se quelli non fussero prima stati tali e quel che furono innanzi a noi.“484
Den nun erreichten Höchststand verdanke man jedoch den Generationen, die zuvor gelebt hätten. Dies sei die Motivation, in Dankbarkeit und Achtung deren Errungenschaften in künftiger memoria zu erhalten.
481 VASARI: Degli Accademici (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 242. 482 Siehe näher: KLIEMANN 1991, S. 52-63; POZZI 2017, S. 54-57. 483 VASARI: ALLO ILLUSTRISSIMO ET ECCELLENTISSIMO SIGNORE IL SIGNOR COSIMO DE’ MEDICI (1550), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 6. 484 VASARI: Agli Artefici del Disegno (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 410.
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Der historiografische Argumentationsverlauf der „Viten“ hinsichtlich Theater, Fest und Ephemerem legt den Schluss auf ein planvolles Vorgehen der Redakteure nahe, welche die Giuntina von ihrem Ende ausgehend konzipierten und die zurückliegende Entwicklung vom Standpunkt des erreichten Höchststandes sowie der daraus sich ergebenden Konsequenzen für die Zukunft heraus schilderten485. Diese Feststellung lässt sich auch dann halten, wenn man den Entstehungsprozess der zweiten Vitenedition berücksichtigt. So gingen die beiden ersten Teile bereits im Sommer 1564 an Giunti und wurden 1565 veröffentlicht. Das bedeutet, dass die Epochen I und II schon in den Jahren vor Francescos Hochzeit fertiggestellt worden sein müssen, während die endgültige Version des Festberichtes erst kurz vor dem Imprimatur des letzten Vitenteiles (August 1567) vollendet war486. Allerdings ist für die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1565 mindestens ein Jahr Vorbereitungszeit zu rechnen, innerhalb derer Vasari und Borghini bereits mit der Überzeugung lebten, einen Höhepunkt theatraler Festlichkeiten in naher Zukunft erwarten (und selbst gestalten) zu können487. Hier dürfte spätestens auch der Plan gereift sein, die Feierlichkeiten als End- und Höhepunkt in die zweite Ausgabe aufzunehmen488. Davon ausgehend wird die Suche nach Anfängen und deren historischer Erfassung plausibel, die sich schon in fünf Biografien der zweiten Vitenepoche zeigt und in der Lebensbeschreibung Buffalmaccos sogar die erste Epochenstufe berücksichtigt. Gleichzeitig liefert der Werkprozess der Giuntina jedoch auch einen möglichen weiteren Grund für die letztlich eher vereinzelte Aufnahme theatraler Begebenheiten in den zuerst veröffentlichten Band der zweiten Ausgabe. Erst Michelangelos Tod und die Hochzeitsvorbereitungen motivierten das historische Interesse der Redakteure an Theater, Fest und ihrer Dekoration vollends. Die in diesem Zuge stattfindenden
485 Hierzu siehe bereits: RUFFINI, M. 2011, S. 8. 486 Der Teil, der die letzte Vitenepoche erfasste, wurde noch einmal aufgeteilt: Der erste Abschnitt ging im Mai 1566 in Druck, während das endgültige Imprimatur für die letzten Lebensbeschreibungen und die Anfügungen nach Michelangelos Tod erst im August 1567 erfolgte: RUFFINI, M. 2011, S. 88-89. 487 Im Juli 1564 wurde der Heiratsvertrag geschlossen; dem gingen mehrmonatige Verhandlungen voraus: WILLIAMS 1998, S. 164-166. Die von Dezember bis Februar 1565 stattfindenden Feierlichkeiten sind rund eineinhalb Jahre nach Schließung des Ehevertrages anzusetzen, wenn man berücksichtigt, dass Florenz im 16. Jahrhundert den Jahreswechsel am 25. März feierte: vgl. PETRIOLI TOFANI 1966, S. 3. Auch beweist ein Brief Borghinis an Cosimo de’ Medici vom 5. April 1565 (am Jahresanfang), dass zu diesem frühen Zeitpunkt das ikonografische Programm weitgehend feststand. Also müssen bereits im Vorfeld umfangreiche Studien und Vorbereitungen stattgefunden haben: vgl. MUND 2015, S. 82. Im Sommer 1565 stand für Borghini die Aufnahme aktueller Projekte und zeitgenössischer Künstler an das Ende des dritten Teiles endgültig fest: RUFFINI, M. 2011, S. 89. 488 Wie bereits gezeigt, sind die ephemeren Arbeiten und einzelne theatrale Formen der Hochzeitsfeierlichkeiten nicht nur im Festbericht überliefert, sondern auch Teil der Akademiker-Vita, der Biografie Zuccaris sowie von Vasaris Autobiografie: vgl. Kap. 2.6, S. 163-167. Die Entscheidung über die Aufnahme eines eigenen Festberichtes ist also für die intendierte historiografische Argumentation letztlich nicht allein ausschlaggebend.
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geschichtlichen Untersuchungen489 förderten Erkenntnisse, die in den dritten Teil mit einfließen sollten. Vor allem die Giuntina ist als redaktionelles Werk eines weiten und in sich durchaus heterogenen Kollektivs anzunehmen 490. Dies mag mitunter auch hinsichtlich des Einbezuges von Theater und Fest einzelne Brüche in der Argumentation und diverse Wiederholungen erklären491. Zu konzentrieren ist das historiografische Gesamtkonstrukt aber letztlich bei aller Heterogenität auf eine einheitliche Grundidee und konzeptionelle Ausrichtung. Zumindest bezüglich des erweiterten kulturellen Horizontes lässt sich hinter diesem Konzept ein Ideator klar vermuten. Es ist Vincenzo Borghini, der 1567 Cini mit dem Verfassen eines Festberichtes für das Ende der Giuntina beauftragt492. Borghini wird auch als Autor der bei Giunti im gleichen Jahr veröffentlichten Beschreibung des Michelangelo-Begräbnisses angenommen 493. Für Borghini sind die profundesten Kenntnisse historischer theatraler Ereignisse in Europa und Italien urkundlich belegt494. Seinem historischen Grobkonzept folgt vermutlich auch deren Anordnung im Gesamtkontext der „Viten“, sowohl kleinteilig als auch im Rahmen eines übergeordneten Modells gesellschaftlicher und politischer Entwicklung. So formuliert der Historiker und Humanist in seinen linguistischen Notizen bereits einen dreischrittigen Prozess für die ‚Wiedergeburt‘ von Komödiendichtung, Aufführungspraxis und Dramaturgie: „[…] nel principio la m[edesim]a nostra cominciò molto semplicemente, et senza arte, et senza le sue parti, anzi, era come un semplice ragionare et contare un caso, una novella o storia non solo di più dì, ma di più tempi, et questo facevono in canto che per un pezzo parve una bella cosa, ma questa dal haver interlocutori in fuora, non haveva parte alcuna di comedia. Cominciossi dipoi a svegliare gli ingegni, et cerchare l’inventione, et qualche forma, o di un bel successo, o di qualche invenzione ingegnosa, et dettono nov[o] principio nella vecchia comedia, che loro chiamarono farsa […]; benché la festa come la chiamavano fu pure recitata in canto, ma quel principio solo fu recitato a parole, che parve nel principio cosa strana pur fu gustata, appoco appoco e messa in uso. Et è cosa mirabile a pensare, quanto quel modo del cantare si lasciassi in un tratto, che sene vedesse ne tempi mai alcuno […] ecetto che una o due che più per l’artificio et apparato che per la materia, alla venuta di qualche gran principe si sono recitate, come quella della Compagnia del Orciolo o della Agnesa. A tempi nostri poi sono stati belli
489 BNCF, MS II.X.100; für Recherchen und Quellen Borghinis vgl. SCORZA 1981, v.a. S. 58-61. 490 RUFFINI, M. 2011, S. 74-75. Siehe hierzu auch die Hypothesen bezüglich einer kollektiven Autorschaft: FRANGENBERG (2002) 2003; HOPE 2005; HOPE 1995. 491 Wie beispielsweise die zu verschiedenen Zeiten mehrfach verortete Einführung von Wagen anstatt der Ceri in der Festa di San Giovanni, mit relativ uneindeutiger Abgrenzung in den Viten Ceccas (zweite Epoche) und Andrea del Sartos (dritte Epoche), vgl. S. 309. 492 RUFFINI, M. 2011, S. 147-150. 493 RUFFINI, M. 2011, S. 93; WITTKOWER 1964, S. 31-35. 494 BNCF, MS II.X.100.
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ingegni, i quali parte imitando da Latini, come havevan fatto loro da Greci, parte trovando di proprio ingegno, hanno ridotto la Commedia in tutte le sue parti a buona perfetione.“495
Die Etappen der rinascita bestehen hier ebenfalls aus drei größeren Epochenstufen. Auf einen äußerst einfachen und weit von der Perfektion entfernten ersten Beginn folgt eine zweite Stufe der Verbesserung, die Borghini vor allem im Beseitigen schlechter Wesenszüge gegeben sieht496. Ein letzter Schritt endgültiger „perfetione“ resultiert seiner Meinung nach aus der direkten Orientierung am antiken Vorbild und aus eigener Erneuerungsleistung zeitgenössischer „ingegni“497 gleichermaßen. Bis in den Wortlaut hinein stimmen Borghinis Notizen und der Vitentext in ihrer Kennzeichnung der einzelnen Entwicklungsstufen signifikant überein. Wenn Borghini für die antike Komödie zunächst eine Vorform konstatiert, die eigentlich nichts mit ihr gemein hatte, da sie gesungen war und verschiedene Aufführungsorte aufwies, so ist die Ähnlichkeit zu den Maskeraden mit bestimmtem Thema, die in den „Viten“ als Canti bezeichnet werden498, frappierend. Sehr genau diagnostiziert Borghini die vermeintlichen ‚Schwächen‘ der Canti und bemerkt, diese seien schließlich eher aus Pomp denn aufgrund ihres Inhalts zu diversen Staatsbesuchen aufgeführt worden. Als eine weitere Vorstufe gelte die „farsa“ mit einer Mischung aus Gesang und gesprochenem Text. Beide Arten sind mit dem Ausdruck „feste e rappresentazioni“499 in Vasaris Peruzzi-Vita vergleichbar, eine Bezeichnung, die auch für die ingegni Brunelleschis und Ceccas zu gelten hat. Erst „a tempi nostri“, so erneut Borghini, sei durch die Orientierung an den römischen Texten und damit mittelbar auch am griechischen Archetypus eine Rückführung des Genres zu alter Perfektion und Größe möglich geworden. Als konstitutiv für eine Komödie nennt er „tutte le sue parti“500, was für ihn primär auf den Text bezogen sein dürfte, im Ausdruck aber in etwa dem Begriff der „appartenenze“ in Vasaris Forderung entspricht. Bis in die Metaphorik hinein gleichen sich mitunter die Äußerungen in den handschriftlichen Notizen des Humanisten und die Kennzeichnung erster Erneuerungsmerkmale in den „Viten“: „Svegliare gli ingegni“, „dare principio“, „apoco apoco“, das Unterlassen alter, unterentwickelter maniere „in un tratto“ und schließlich das
495 BNCF, MS II.X.116, fol. 44r-45v. Eigene Transkription an einigen Stellen geringfügig abweichend von und erweitert gegenüber: VENTRONE 1993, S. 127-128. 496 Es ist dies ein Wesensmerkmal, das in den „Viten“ der ersten Epoche zugesprochen wird. 497 BNCF, MS II.X.116, fol. 44r-45v. Dadurch zeigt sich, dass der Entwicklungsprozess im Bereich der dramatischen Dichtung für Borghini noch nicht abgeschlossen ist. Erreicht ist ein Zustand, der mit der zweiten Epochenstufe im vasarianischen Modell gleichzusetzen wäre, während das ‚vollkommen Neue‘ der dritten età in Borghinis Modell für die Komödie noch aussteht. 498 Vgl. VASARI: Vita di Francesco Granacci (1568), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602. 499 Zitat siehe S. 313; ganze Textstelle siehe: Kap. 1, S. 37-38. 500 BNCF, MS II.X.116, fol. 44r-45v.
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„ridurre a buona perfetione“ sind beinahe wortgetreu die Formulierungen, mittels derer auch Vasari künstlerischen und zum Teil auch theatralen 501 Fortschritt beschreibt. Übernommen sind in den „Viten“ also exakt die Stationen, die Borghini in der obigen Notiz für den Entwicklungsprozess der Komödiendichtung festlegt. Dies macht eine führende Hand des Historikers im Werkprozess der Giuntina wahrscheinlich und lässt vor allem hinsichtlich der dort formulierten Geschichte von Theater und Ephemerem sowie für die damit verbundene Argumentation einer Zukunftsperspektive auf einen starken Einfluss seinerseits schließen. Wie Julian Kliemann festgestellt hat, beginnt die zweite Vitenfassung in ihrer technischen Einleitung damit, die künstlerischen Techniken der tre arti auf ihrem Höchststand zu erfassen und theoretisch zu beschreiben, woraufhin die Biografien den Weg zu dieser gegenwärtig erreichten Klimax nachzeichnen502. Ergänzend kann nun erklärt werden, dass der historische Prozess, den die Lebensbeschreibungen und ihre Proömien umreißen, offenbar auch an seinem Ende von Schilderungen eines erreichten Idealzustandes abgeschlossen wird. Akademiker-Vita und Festbericht zeigen wirkungsvoll auf, wie die Künste, an ihrem Höhepunkt angelangt, weitere Bereiche für sich erschließen und bis in ephemere und kunsthandwerkliche sowie szenisch-theatrale Felder vordringen. Konzentriert sich die technische Einleitung auf eine theoretische Beschreibung des enggeführten Kanons der tre arti und der ihnen untergeordneten techné, so fasst das Ende des Werkes die Florentiner Kultur in ihrer Gesamtheit ins Auge und akzentuiert sie im wahrsten Sinne des Wortes als ‚Bühne‘, auf der sich die perfektionierten Künste konkret manifestieren können.
501 Zum Teil werden diese Äußerungen auch in der Peruzzi-Vita auf das Theatrale übertragen, wenn davon die Rede ist, Peruzzis Bühnenbilder hätten den Weg für künftige Generationen vorgezeichnet, vgl. S. 305. 502 KLIEMANN 1991, S. 37-39. Bereits Kliemann hatte außerdem angesprochen, dass das Ephemere ein Bereich ist, der die Perfektion künstlerischer Prinzipien verlangt und der möglicherweise gerade deshalb das gesonderte Interesse des Autors in den letzten Sequenzen der zweiten Vitenfassung fand: KLIEMANN 1991, S. 53-54.
Fazit Die vorangegangenen Untersuchungen haben ergeben, dass der Einbezug umfangreicher Ausführungen zu Theater, Fest und Ephemerem in die Vitenfassung von 1568 primär historiografisch motiviert ist. Er gliedert sich ein und unterstützt eine Beweisführung, die sich dezidiert gegen einen zu erwartenden neuen Niedergang von Kunst und Kultur nach erreichtem Höhepunkt wendet. Gegen diese Gefahr, die sich aus dem zyklischen Grundmodell und der in der ersten Vitenfassung formulierten Behauptung vom unübertreffbaren Höhepunkt im Wirken Michelangelos ergibt, versucht Vasari in der Giuntina die eigene Gegenwart nach allen Seiten abzusichern. Hierzu verstärkt und variiert er zunächst die Analogiebildungen der Torrentiniana zu heilsgeschichtlich-linearen Geschichtsmodellen. Wo die Vitenausgabe von 1550 mit Michelangelos giudizio universale den Endpunkt der Entwicklung und eine potentiell anbrechende Ewigkeit angedeutet hatte, akzentuiert die Giuntina stattdessen den messianischen Charakter des ‚gottgleichen‘ Künstlers. Vasari votiert nun für eine Zweiteilung des Zeitalters sub gratia, wonach folgende Generationen, Akademie und die „Viten“ gemeinsam zu einer Ausdehnung und Tradierung der künstlerischen Maximen beitragen. Von einer vertikalen Entwicklungslinie wechselt das Modell nach überschrittener Klimax zu einem horizontal in die Breite angelegten Verlauf, der bestimmt wird durch das Eindringen künstlerischer Blüte in weitere Lebens-, Gesellschafts- und Handwerksbereiche. Theater, Fest und Ephemeres sind eines dieser Felder, auf denen die Künstler in Michelangelos Nachfolge zu einer Verbreitung der nunmehr perfektionierten Künste beitragen können. Die Akademiker-Vita und die Schilderung der Begräbnisfeierlichkeiten in der Michelangelo-Biografie erklären, am Ende der Ausgabe von 1568 stehend, diesen Weg zum primären Betätigungsfeld der nachfolgenden Generationen und geben in ihren Wertungen die Hoffnungen und hohen Zukunftserwartungen vor, die die neuen Talente durch ihre ephemeren Werke erwecken. Hierin spiegelt der Text gleichsam die wachsende Bedeutung politisch-spektakulärer Festanlässe für das Wirken der Künstler im höfischen Dienst. Vasari legitimiert diese Relevanz, indem er das Ephemere kunsttheoretisch und kunstkritisch mit den bleibenden Werken auf eine vergleichbare Stufe setzt und ihm eine gesellschaftlich wertvolle Rolle zuerkennt. Der Festbericht Giovambattista Cinis schließlich führt die aktuell höchste gesellschaftliche Blüte und die Ablösung des bislang vorbildhaften antiken Rom durch das zeitgenössische Florenz noch einmal abschließend vor Augen, markiert aber, zumindest für das ‚Theatrale‘, abermals einen unumstößlichen neuen Höhepunkt. Dadurch gerät die Argumentation stetig wachsender Blüte erneut ins Wanken und es stellt sich die Frage nach weiteren Feldern, auf welchen die Künste überformend wirksam wer-
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den können. Wenn auch die Akademiker-Vita ein Diffundieren der künstlerischen Perfektion in diverse arti minori sowie die von Ruffini erkannte kollektive Kunstproduktion1 als zusätzliche Lösungsansätze anbietet, so bleibt das Ende doch auch in der Fassung von 1568 letztlich ungewiss. Diese Unsicherheit resultiert vor allem aus der unaufgelösten Ambivalenz im Geschichtsmodell der zweiten Vitenausgabe zwischen Heilsgeschichte einerseits und nach wie vor propagiertem Zyklus andererseits, nach dessen Klimax im natürlichen Prozess ein erneuter Untergang bevorstünde. Dementsprechend entwickelt Vasari in der Giuntina eine Begründungsstrategie, die gleichzeitig an mehreren Fronten vorsorgt, um das Fortdauern künstlerischer und gesellschaftlicher Blüte zu plausibilisieren. Um die Gefahr einer wiederkehrenden internen Dekadenz zu bannen, greift der Autor auf das Gegensatzpaar von ars und natura zurück und verfestigt seine kunsttheoretischen Prinzipien in einer Weise, die die Erlernbarkeit, Rationalität und letztlich ‚Gottgewolltheit‘ der Künste konstatiert, wodurch sie artifiziell und daher dem natürlichen Prozess nicht mehr unterworfen sind. Übertragen wird dieses Modell schließlich auf die ephemeren Arbeiten der Künstler und, im Rekurs auf zeitgenössische Theoretisierungstendenzen für verschiedene Einzelbereiche, letztlich auch auf theatrale Formen an sich. In der Verbindung verschiedener artes auf dem Höchststand ihrer Entwicklung und unter der Führung von disegno und invenzione wird das ‚Theatrale‘ schließlich wie eine eigene Kunstform behandelt, durch deren gesellschaftliches Wirken die Florentiner Kultur in ihrer Gesamtheit dem natürlichzwanghaften Verlauf entzogen werden kann. Wie weit die kunsttheoretischen Prinzipien in das Leben eindringen, zeigt neben den Schilderungen politischer Festanlässe und theatraler Aufführungen sowie Karnevalsfeierlichkeiten vor allem auch die Biografie Giovanfrancesco Rusticis. Die dort beschriebenen kunstvoll gestalteten Schaugerichte und szenisch umgesetzten Festessen stehen für eine Gesellschaft, die ihre Lebenswelt bis in das gemeinsame Mahl und in die Zubereitung der Speisen hinein artifiziell verfeinert und überhöht, eine Gesellschaft, die sogar in ihren Compagnie höfische Eleganz walten lässt, die ihre intellektuellen Spielformen aus Adelskreisen übernimmt und noch weiter kultiviert. Notwendig ist dieses aktive, breit angelegte Wirken der Künste auch, um einer dritten Bedrohung der aktuellen Blüte entgegenzuwirken: dem Neid der fortuna und der Gefahr einer Zerstörung von ‚außen‘. Im Sinne einer vita activa wirken Künste und Künstler auf weitem Feld für die civitas und das bene comune, erhöhen sie, gestalten sie und überformen sie mit dem Ziel, dem Schicksal positiv wirkende Kräfte entgegenzustellen und eine möglichst breite wie sichere Basis für den Fortgang der Geschichte zu legen. Wenn die eigene Kultur auf ihrem höchsten Stand stetig weiter gefördert und bereichert wird, so die Hoffnung, die hinter diesem Ansatz zu stehen scheint, wird es höheren Mächten und schlechten äußeren Einflüssen deutlich schwerer gemacht, ihre zerstörerischen Kräfte freizusetzen. Dementsprechend wirken im theatralen Bereich verschiedene Künstler mit den Vertretern anderer artes als wahre uomini illustri zusammen und setzen ihre Werke als res gestae für das Gemeinwohl ein. Deshalb ist es in diesem Feld besonders entscheidend, sich auch an die Beiträge,
1
RUFFINI, M. 2011, S. 64-70.
Fazit | 329
Namen und charakteristischen Fähigkeiten der bildenden Künstler zu erinnern, die keine eigene Biografie erhalten. Für diese Leistung werden auch Literaten, Musiker, Komponisten, Darsteller und Bewegungskünstler gewürdigt, ebenso wie an der Ausrichtung beteiligte Auftraggeber und Mäzene. In Anlehnung an die topische Verwendung von Tanz, Musik und Fest in Staatstheorie, Städtelob und Stadtbeschreibung entwirft der Autor so das Bild einer Gesellschaft, die sich durch den Einsatz aller verfügbaren Kräfte um eine festliche, triumphale und kunstvolle Gestaltung der eigenen Lebenswelt bemüht. So lange der Fürst selbst, Künstler, Literaten, Musiker, Gelehrte und Bürger unterschiedlicher sozialer Schichten Künste und Kultur wertschätzen, unterstützen und durch eigene kreative Beteiligung fördern, so die Aussage hinter diesen Erwähnungen, ist weder eine innere Dekadenz noch ein Eindringen ‚schlechter‘ Formen von außen zu befürchten. Das Netz, das in den gemeinsamen Anstrengungen aller gewoben wurde, ist viel zu dicht, die Förderung weitaus zu aktiv, um schleichende ‚Erosion‘ als Nährboden für die Missgunst der fortuna zu begünstigen. Doch selbst für den Fall, dass wieder eine Katastrophe die Welt und auch die Künste in den Abgrund stürzt, hat der Autor vorgesorgt. Seine Biografiensammlung erhält nicht nur die memoria an die herausragenden Meister der rinascita und ihre Werke, sie erklärt auch den Weg, wie der aktuelle Höchststand zustande gekommen ist. Indem Vasari die einzelnen Stationen der Entwicklung festhält und in ihrer sukzessiven Abfolge vergegenwärtigt, gibt er kommenden Generationen gleichzeitig eine Anleitung für einen möglichst schnellen ‚Wiederaufbau‘ im Falle eines katastrophenbedingten Untergangs. In dieses Narrativ bezieht er gleichermaßen die stufenweise rinascita des Theaters mit ein, zeigt sowohl Einzelentwicklungen in diversen Genres auf, als auch die großen Errungenschaften eines epochalen Fortschritts, den er gleichsam am Ende und an der Spitze der Kunstentwicklung positioniert. Aus diesem Grund geht der Vitenautor über traditionelle Schemata in der historischen Erfassung von Theater und Fest hinaus. Deshalb orientiert er sich für die Fassung von 1568 nicht mehr an einem eng geführten Kanon und verbleibt nicht, wie Giovio für die Literatur, bei einer Konzentration auf die bleibenden Werke und genuinen Betätigungsfelder seiner Hauptfiguren. Stattdessen wird der Gedanke der memoria in der Giuntina auf verschiedenste Bereiche theatraler und festlicher Formen übertragen, angefangen bei religiösen Stadtfesten, ihrer städtischen Organisation und ihren lebenden Bildern über die exemplarische Wiedergabe antikisierender wie allegorischer trionfi und Karnevalsumzüge bis hin zum wörtlichen Zitat vorgetragener Lieder und Texte. Komplexe technische Apparaturen und Zündmechanismen überliefert der Autor vor allem für frühe Aufführungen en detail, um für den Fall, dass die Errungenschaften in Vergessenheit geraten, einen erneuten Nachbau zu ermöglichen und so Orientierungspunkte für die nächste rinascita des Theaters bieten zu können. Eingebunden in ein komplexes kunsttheoretisch-historiografisches Argumentationsgeflecht beschreibt die zweite Vitenausgabe im Rahmen ihrer Geschichte der drei bildenden Künste, Architektur, Malerei und Bildhauerei, auch die Geschichte des Prinzips ars, das zwar nach Darlegung des Autors in seinem Ursprung für die tre arti reklamiert wird, aber in der Folge und durch ihre Meister befördert, den Weg antritt, um schließlich ein ganzes Zeitalter zu überformen und zu überhöhen. Diese Entwicklung zu erfassen und für kommende Generationen in produktiv verstandener memoria zu erhalten, erscheint als Ziel und Endzweck der Vitenfassung von 1568.
330 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari
Die vorliegende Untersuchung leistet erstmals eine umfassende Behandlung und historiografiegeschichtliche Erschließung von Vasaris Umgang mit den Gegenstandsbereichen Theater, Fest und Ephemeres für die Giuntina. Dabei konnten sowohl die von Pallen bereits ermittelte Anzahl von 21 relevanten Biografien 2 auf 39 ergänzt als auch der Bezug entsprechender Schilderungen zu den kunsttheoretischen wie geschichtlichen Parametern der Vitenerzählung aufgezeigt werden. Um die historiografische Intention hinter dem Einbezug theatraler Feste und ihrer Dekoration zu profilieren, überträgt diese Studie die von Gerd Blum für die Torrentiniana ermittelten geschichtstheologischen Argumentationsstrukturen 3 auf die Giuntina und denkt sie mit den Ansätzen zusammen, die Kliemann und Ruffini für ein Fortschreiben künstlerischer Entwicklung nach Michelangelos Ableben erarbeitet haben4. Auf diese Weise wird es möglich, die veränderte Geschichtserzählung der zweiten Vitenausgabe in ihrer Komplexität zu erfassen sowie die unterschiedlichen im Text angelegten Zukunftsoptionen zu identifizieren und gegeneinander abzugleichen. In deren Zusammenschau sowie anhand des paradigmatisch den Weg zu andauernder Blüte aufzeigenden Beispiels von Theater, Fest und Ephemerem tritt schließlich die Begründungsstrategie klar zutage, die die „Viten“ zur Absicherung des erreichten Höchststandes nach allen Seiten hin und für jedes nach ihrer Darlegung denkbare Szenario im geschichtlichen Fortgang entwerfen. So werden, in der thematischen Engführung auf einen bestimmten und für Vasaris veränderte Zweitfassung, wie gezeigt, besonders prägenden Gegenstandsbereich, dem Forschungsstand zum Geschichtsverständnis der Giuntina neue Erkenntnisse hinzugefügt und weiterführende gedankliche Ansätze in die Diskussion eingebracht. Die Konzentration auf das Ephemere liefert darüber hinaus einen bislang ungenutzten Zugang zu Vasaris Kunstverständnis und regt dazu an, dessen Positionen zu einer Kanonisierung und Nobilitierung der tre arti del disegno gegenüber dem ‚Handwerk‘ neu zu überdenken. Vor dem Hintergrund betrachtet, dass die „Viten“ in umfassender Weise ihr kunsttheoretisches und kunstkritisches Vokabular auf diverse Wirkungs- und Einflussbereiche jenseits der in der Moderne mit den Begriffen ‚bildende Kunst‘ und ‚Hochkunst‘ gefassten Felder übertragen, ist erneut zu hinterfragen und zu überprüfen, welcher Vorstellung von ars und Werk Vasaris Kunsttheorie in der Giuntina tatsächlich folgt. So könnte der Zugang zu Theater, Fest und Ephemerem als Schlüssel für eine Auseinandersetzung fungieren, die historiografische wie theoretische Aussagen der „Viten“ verstärkt in Korrelation zueinander untersucht und auswertet. Indes ist die vorliegende Studie nicht dazu angelegt, alle möglichen Fragestellungen rund um die Thematik letztgültig zu beantworten. In der Fokussierung auf eine zentrale These und ihre Belegung müssen manche Problemfelder unbearbeitet verbleiben, die eine fundierte Betrachtung lohnend erscheinen lassen. So konnten die behandelten Textstellen beispielsweise nur in Ansätzen im Kontext der einzelnen Lebensbeschreibungen beleuchtet werden. Es könnte aber durchaus fruchtbar sein, jeweils hermeneutisch die Rolle zu untersuchen, die den ephemeren Arbeiten in der
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PALLEN 1999. BLUM 2010; BLUM 2012. KLIEMANN 1991; RUFFINI, M. 2011.
Fazit | 331
Biografie sowie im Gesamtwerk des Künstlers zukommt, oder die Funktion zu profilieren, die sie für eine Schilderung der Künstlerpersönlichkeit einnehmen. Als Desiderat verbleibt auch eine diesbezügliche Untersuchung und Auswertung von Vasaris „Libro de’ disegni“, die Aufschluss darüber geben würde, ob und mit welcher Systematik respektive Absicht der Künstler Bühnenbild- und Kostümentwürfe seiner Kollegen gesammelt hat und welchen Stellenwert er demzufolge Zeichnung und Skizze in Bezug auf das Ephemere zuerkennt. Mögliche weitere Forschungsfragen für den Bereich der Wissens- und Theatergeschichte wurden eröffnet, indem im Zuge der Kontextualisierung des Werkes sowohl Guicciardinis „Descrittione“ als auch die „Nuova Cronica“ Giovanni Villanis und Landuccis „Annales“, die Stadtgeschichten Macchiavellis und Varchis sowie Giovios „Elogia“ erstmals mit Hauptaugenmerk auf ihren Einbezug theatraler und festlicher Formen beleuchtet wurden. Da diese Untersuchung jedoch Vasaris „Viten“ zum Gegenstand hat, konnte das so erarbeitete Material nur in Auszügen und als Vergleichsobjekt präsentiert werden. Weiterführend erscheint eine umfassendere Sichtung und Auswertung von Geschichtswerken des 14. bis 16. Jahrhunderts hinsichtlich ihres Zugangs und ihrer narrativen Strukturen in Bezug auf Theater und Fest erstrebenswert. Ein nächster Schritt könnte in die Gegenüberstellung mit möglichen antiken vorbildgebenden Texten führen, beispielsweise mit der „Naturalis historia“ Plinius des Älteren, die in ihrem Abriss zur Geschichte der bildenden Künste an zahlreichen Stellen ebenfalls auf theatrale Spiele sowie siegreiche trionfi und deren Dekoration rekurriert5. Überprüfenswert wäre ergänzend auch, wie Plutarchs Biografien6 in dieser Hinsicht verfahren und ob die Antike zusätzliche Muster für Vasaris Vorgehensweise bereithält. Auf dieser Basis ließen sich Historisierungstendenzen für den Umgang mit theatralen Formen wissensgeschichtlich vielleicht noch weiter zurückverfolgen und umfassender in der italienischen Geschichtsschreibung verorten, als dies bereits durch Hulfeld angelegt wurde7. Für diese und etwaige weitere Forschungsansätze aus kunsthistorischer, theaterwissenschaftlicher oder geschichtswissenschaftlicher Perspektive eröffnet diese Untersuchung einen ersten Zugang anhand des Themenfelds von Theater, Fest und Ephemerem in Giorgio Vasaris „Viten“.
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Abbildungsverzeichnis
Abb.
Künstler/Titel
Datierung
Technik
Standort
Abbildungsnachweis
Cover
Vincenzo Borghini: Listung theatraler Ereignisse von 1486 bis ca. 1560
um 1564
Tinte auf Papier
BNCF, MS II.X.100, fol. 12r
Su concessione del Ministero per i Beni e le Attività culturali/Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze/Mit freundlicher Genehmigung des Ministero per i Beni e le Attività culturali/Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze; Reproduktion außerhalb dieses Bandes untersagt.
1
Buonarccorso Ghiberti: Nachzeichnung von Brunelleschis Mandorla für die sacra rappresentazione der Annunziatione
ca.
Federzeichnung
BNCF, MS B.R.228, fol. 115r.
ZORZI 1977, Abb. 42.
2
Künsteallegorie am Ende der Vitenfassung von 1550
1550
Holzschnitt
RUBIN 1995, S. 113, Abb. 49.
3
Künsteallegorie, Frontispiz des ersten Bandes der Vitenfassung von 1568
1568
Holzschnitt
RUBIN 1995, S. 222, Abb. 81.
4
„La canzona de’ morti“
ca. 1510
Holzschnitt
BNCF, Pal.E.6.6.154.I.15, fol. 1r.
PRIZER 2004, S. 186, Abb. 1.
5
Lo Scheggia: Trionfo della morte
2. Hälfte
Tempera auf Holz; 55,5 x 65 cm; Teil einer Serie mit Petrarcas „Trionfi“
Pinacoteca Nazionale, Siena
CAVAZZINI 1999, S. 86, Abb. 23c.
Aristotile da Sangallo: Bühnenbildentwurf
ca. 1535
Tinte auf braunem Papier; 1,96 x 3,33 cm
Sammlung Oenslager, New York
ZORZI 1977, Abb. 56.
6
1472-1483
19,7 x 14,3 cm
15. Jh.
376 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari
Abb.
Künstler/Titel
Datierung
Technik
Standort
Abbildungsnachweis
7
Vincenzo Borghini: Listung theatraler Ereignisse von 1486 bis ca. 1560
um 1564
Tinte auf Papier
BNCF, MS II.X.100, fol. 12r
Su concessione del Ministero per i Beni e le Attività culturali/Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze/Mit freundlicher Genehmigung des Ministero per i Beni e le Attività culturali/Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze; Reproduktion außerhalb dieses Bandes untersagt.
8
Maarten van Heemskerck: Der Titusbogen
1534
Zeichnung, Feder in Braun, laviert
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
CAIRNS 1992, Tav. 22.
9
Maarten van Heemskerck: Blick auf das Forum Romanum vom Palatinhügel
1534
Zeichnung, Feder in Braun, laviert
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
GRAMACCINI 1996, S. 170, Abb. 80.
10
Baldassare Peruzzi: Bühnenprospekt
um 1514
Zeichnung
Gabinetto di disegni e stampe, Uffizien, Florenz
ZORZI 1977, Abb. 53.
11
Oberrheinischer Meister: Das Paradiesgärtlein
um 1410
Öl auf Holz;
Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main
TOMAN 1998, S. 435.
Lucas Cranach d. Ä.: Das Goldene Zeitalter
um 1530
Alte Pinakothek, München
ECO 2013, S. 147.
Tizian/Giorgione: Pastorale
um 1510
Musée du Louvre, Paris
FACCHINETTI & GALANSINO & RUMBERG 2016, S. 74, Abb. 15.
12
13
26 x 33 cm
Öl auf Holz; 73,5 x 105,5 cm Öl auf Leinwand 118 x 138 cm
14
Giotto: Iustitia
um 13031307
Fresko
Capella degli Scrovegni (Arenakapelle), Südwand, Padua
POESCHKE 2003, Tav. 122.
15
Giotto: Iniustitia
um 13031307
Fresko
Capella degli Scrovegni (Arenakapelle), Nordwand, Padua
POESCHKE 2003, Tav.121.
16
Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo
1338-1339
Fresko
Sala grande / Sala della Pace, Palazzo Pubblico, Ostwand, Siena
CASTELNUOVO 1995, S. 146147.
Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo, (Detail: Tanzende/Musen)
1338-1339
Sala grande / Sala della Pace, Palazzo Pubblico, Ostwand, Siena
SEIDEL, Italian Art 2005, Taf. XXXII.
17
14 x 8 m
Fresko
Abbildungsverzeichnis | 377
Abb.
Künstler/Titel
Datierung
Technik
Standort
Abbildungsnachweis
18
Ambrogio Lorenzetti: Effetti del buon governo, (Detail: Hochzeitszug)
1338-1339
Fresko
Sala grande / sala della pace, Palazzo Pubblico, Ostwand, Siena
ZALUM 2011, S. 132.
19
Ambrogio Lorenzetti: Mal governo (Detail)
1338-1339
Fresko
Sala grande / sala della pace, Palazzo Pubblico, Westwand, Siena
FRUGONI 1988, S. 66, Abb. 78.
20
Ambrogio Lorenzetti: Mal governo (Detail: Frauenraub)
1338-1339
Fresko
Sala grande / sala della pace, Palazzo Pubblico, Westwand, Siena
SEIDEL, Italian Art 2005, Taf. LVI.
21
Mittelitalienischer anonymer Künstler: Ideale Stadt
um 14901500
Öl auf Holz; 80,3 x 219,8 cm
Walters Art Gallery, Baltimore
EATON 2003, S. 15.
25
Duccio di Buoninsegna: Maestà, Rückseite: Abschiedsrede Jesu an die Apostel
1308-1311
Tempera auf Holz
Museo dell’opera del Duomo, Siena
WEBER 1997, S. 75.
Tabellen Tabelle 1: Vergleichende Aufstellung der theaterrelevanten Biografien in den beiden Ausgaben der „Viten“ von 1550 und 1568 Die Erhebung basiert auf einer Schlagwortsuche bei , zuletzt aufgerufen am 16.06.2018; sowie auf einem Abgleich der beiden Fassungen in der Vitenausgabe durch BAROCCHI & BETTARINI 1966-69. 1550
1568 Lettera di Giovambatista Adriani a Giorgio Vasari
Buonamico Buffalmacco
Buonamico Buffalmacco
Filippo Brunelleschi
Filippo Brunelleschi
Donato
Donato
Filippo Lippi (Filippino Lippi)
Filippo Lippi (Filippino Lippi)
Cecca
Cecca
Iacopo detto l’Indaco
Iacopo detto l’Indaco
Piero di Cosimo
Piero di Cosimo
Baccio da Montelupo
Baccio da Montelupo
Baldassarre Peruzzi
Baldassarre Peruzzi
Andrea del Sarto
Andrea del Sarto
Alfonso Lombardi
Alfonso Lombardi
Rosso Fiorentino
Rosso Fiorentino
Bartolomeo da Bagnacavallo e altri pittori Romagnuoli
Bartolomeo da Bagnacavallo e altri pittori Romagnuoli
Francia Bigio
Francia Bigio
Morto da Feltro, Andrea di Cosimo Feltrini
Morto da Feltro, Andrea di Cosimo Feltrini
Francesco Granacci
Francesco Granacci
Antonio da Sangallo
Antonio da Sangallo
Giulio Romano
Giulio Romano
380 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari 1550
1568
Perino del Vaga
Perino del Vaga Giovann’Antonio Lappoli Niccolò detto il Tribolo Baccio Bandinelli Cristofano Gherardi Iacopo da Puntormo Simone Mosca Girolamo e Bartolomeo Genga, e Giovanbatista San Marino genero di Girolamo Bastiano detto Aristotile da San Gallo Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai Battista Franco Giovan Francesco Rustichi Francesco detto de’ Salviati Taddeo Zucchero
Michelagnolo Buonarruoti
1
Michelagnolo Buonarruoti Descrizione dell’opere di Francesco Primaticcio Descrizione dell’opere Iacopo Sansavino Lione Aretino e d’altri scultori et architetti Degli Accademici (und Cinis Festbericht) Descrizione dell’opere: Giorgio Vasari
1
Ephemere Werke im Zusammenhang mit Michelangelos Begräbnis 1550 natürlich noch nicht enthalten, da der Künstler zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch lebte.
Tabellen | 381
Tabelle 2: Umfängliche Unterschiede in den das Theater betreffenden Textstellen zwischen den Ausgaben von 1550 und 1568 Die Erhebung basiert auf der Vitenausgabe in beiden Fassungen durch BAROCCHI & BETTARINI 1966-69. Biografie
1550
1568
Buffalmacco
-
1 Satz Festa di Calendimaggio
Brunelleschi
1 Satz über den ingegno für die sacra rappresentazione der „Annunziazione“ in San Felice in Piazza
4 Seiten ausführliche Beschreibung des ingegno für die sacra rappresentazione der „Annunziazione“ in San Felice in Piazza
Donato
-
1 Satz Apparat für die Krönungsfeier Kaiser Sigismunds
Filippo Lippi (Filippino Lippi)
-
1 Satz allgemein Feste, Maskeraden
Iacopo detto l’Indaco
-
Kurze Passage Einzug Alessandro de’ Medici in Arezzo
Cecca
1 Satz nuvole für San GiovanniFest
5 Seiten Genaue Beschreibung des Brauches der Festa di San Giovanni und Nennung anderer Stadtfeste, Beschreibung des ingegno der „Ascensione“ in Santa Maria del Carmine
Baccio da Montelupo
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz
Bartolomeo da Bagnacavallo et altri pittori Romagnuoli
-
2 Sätze Amico Bolognese: Einzug Karls V. in Bologna
Antonio da Sangallo
½ Seite Einzug Karls V. in Rom (kurze Erwähnung)
1 Seite Einzug Karls V. in Rom (ausführliche Beschreibung und Wertung ephemerer Ausstattung)
Piero di Cosimo
-
3 Seiten Carro della morte und Karnevalsumzüge
Francesco Granacci
-
2 Seiten Maskeraden (v.a. Triumph des Paulus Emilius); Einzug Leos X. (tionfo di Camillo); Perspektivbühnen für Komödienaufführungen; Armeggerie
Baldassarre Peruzzi
¼ Seite Komödienaufführung auf dem Kapitol
2 Seiten Komödienaufführung anlässlich des bastone di Santa Chiesa Giuliano de’ Medicis und Apparat für „La Calandria“ des Kardinal Bibbiena
Francia Bigio
1 Satz Perspektivbühne für Komödienaufführung anlässlich der Hochzeit Lorenzo de’ Medicis
1 Satz Perspektivbühne für Komödienaufführung anlässlich der Hochzeit Lorenzo de’ Medicis
Zusätzlich Arbeiten des Raffaello di Baccio da Montelupo für AntinoriHochzeit und Einzug Karls V. in Rom und Florenz
382 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari Biografie
1550
1568
Morto da Feltro e -di Andrea di Cosimo Feltrini
-
3 Sätze Einzug Leos X. in Florenz und Hochzeit Lorenzo und Giuliano de’ Medicis ½ Seite Einzug Karls V. in Florenz in Zusammenarbeit mit Giorgio Vasari; Hochzeit und Begräbnis Alessandro de’ Medicis
Alfonso Lombardi
-
1 Satz Krönung Karls V. in Bologna: Ornamente an der Porta San Petronio
Perino del Vaga
1 Satz Andrea de’ Ceri (ceri für San Giovanni-Fest)
1 Satz Andrea de’ Ceri (ceri für San Giovanni-Fest)
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz: Triumphbogen und ephemere Statue
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz: Triumphbogen und ephemere Statue
Giulio Romano
2 Sätze Einzug Karls V. in Mantua: Bühne für Komödienaufführung; Erfindung einer künstlichen Sonne als Beleuchtung, Maskeraden
2 Sätze Einzug Karls V. in Mantua: Bühne für Komödienaufführung, Maskeraden
Andrea del Sarto
2 Sätze Wagen für San GiovanniFest
2 Sätze Wagen für San GiovanniFest
1 ½ Seiten Apparat für Einzug Leos X.
1 ½ Seiten Apparat für Einzug Leos X.
-
3 Sätze Einzug Karls V. Maskeraden und trionfi in Fontainebleau
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz
1 Satz Einzug Leos X. in Florenz
Rosso Fiorentino
Tabellen | 383
Tabelle 3: Aufteilung der theaterrelevanten Biografien auf die Vitenepochen der Vitenausgabe von 1568 Die Erhebung basiert auf der Vitenausgabe in beiden Fassungen durch BAROCCHI & BETTARINI 1966-69. 1. Epoche
2. Epoche
3. Epoche
Buonamico Buffalmacco
Filippo Brunelleschi
Piero di Cosimo
Cecca
Baccio da Montelupo
Donato
Baldassarre Peruzzi
Filippo Lippi (Filippino Lippo)
Andrea del Sarto
Francesco detto l’Indaco
Alfonso Lombardi Rosso Fiorentino Bartolomeo da Bagnacavallo e altri pittori Romagnuoli Francia Bigio Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini Francesco Granacci Antonio da Sangallo Giulio Romano Perino del Vaga Giovann’Antonio Lappoli Niccolò detto il Tribolo Baccio Bandinelli Cristofano Gherardi Iacopo da Puntormo Simone Mosca Girolamo e Bartolomeo Genga, e Giovanbatista San Marino genero di Girolamo Bastiano detto Aristotile da San Gallo Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai Battista Franco Giovan Francesco Rustichi Francesco detto de’ Salviati Taddeo Zucchero Michelagnolo Buonarruoti Descrizione dell’opere di Francesco Primaticcio Descrizione dell’opere Iacopo Sansavino
384 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari 1. Epoche
2. Epoche
3. Epoche Lione Aretino a d’altri scultori et architetti Degli Accademici (und Cinis Festbericht) Descrizione dell’opere: Giorgio Vasari Lettera di Giovambattista Adriani a Giorgio Vasari
Tabellen | 385
Tabelle 4: Anlässe, Orte und Verteilung auf einzelne Biografien in der Vitenausgabe von 1568 Die Erhebung basiert auf einer Schlagwortsuche auf: http://www.memofonte.it/home/files/pdf/vasari_vite_giuntina.pdf, zuletzt aufgerufen am: 06.08.2018. Anlass
Biografien
Ort
Theater des M. Scaurus
-
Lettera di Adriani
Rom
Festa di Calendimaggio
-
Buonamico Buffalmacco
Florenz
Filippo Brunelleschi
Florenz
Sacra rappresentazione der „Annunziazione“
Bastiano detto Aristotile da San Gallo (Iacone) Giorgio Vasari Degli Accademici (Cinis Festbericht)
Sacra rappresentazione der „Ascensione“ und weitere Stadtfeste
Cecca
Florenz
San Giovanni-Fest
Cecca
Florenz
Andrea del Sarto Perino del Vaga Niccolò detto il Tribolo Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (Nunziata) Iacopo da Puntormo Festa del Testaccio
-
Dramenvorführungen (teils unter Angabe von Stücktiteln und ausführenden Compagnie)
Festliche Bankette
-
Lione Aretino
Rom
Baldassarre Peruzzi („La Calandria“)
Rom
Cristofano Gherardi („La Talanta“ Compagnia della Calza)
Venedig
Genga
Urbino
Giovan Francesco Rustichi („La Calandria“, „I Suppositi“, „La Cassaria“, „La Clizia“, „La Mandragola“)
Florenz
Battista Franco (Giovann’Andrea dell’Anguillara)
Rom
Bastiano detto Aristotile da San Gallo (Compagnia della Cazzuola)
Florenz
Taddeo Zucchero (Compagnia della Calza)
Venedig
Giorgio Vasari (Compagnia della Calza)
Venedig
Degli Accademici (und Cinis Festbericht)
Florenz
Francesco Salviati
Florenz
Giovan Francesco Rustichi (Compagnia del Paiuolo, Compagnia della Cazzuola)
Florenz
386 | Spettacolo. Geschichte(n) von Theater, Fest und Ephemerem bei Vasari Anlass
Biografien
Ort
Unspezifische Maskeraden
Filippo Lippi (Filippino Lippi)
Florenz
Piero di Cosimo
Florenz
Rosso Fiorentino
Florenz
Francesco Granacci
Florenz
Genga (Girolamo Genga; Baldassare Lancia)
Urbino
Francesco Primaticcio
Paris
Lione Aretino
Rom
Baccio da Montelupo
Florenz
Krönung Kaiser Sigismunds-
Donato
Rom
Einzug/Besuch Alessandro de’ Medicis -
Iacopo detto l’Indaco
Arezzo
Besuch Cosimo de’ Medicis-
Giovann’Antonio Lappoli
Arezzo
Einzug Karls V.
Iacopo detto l’Indaco, Francesco Salviati, Baccio da Montelupo
Rom
Rosso Fiorentino
Fontainebleau
Bartolomeo da Bagnacavallo
Bologna
Antonio da Sangallo
(Messina, Puglia, Neapel), Rom
Giulio Romano
Mantua
Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai
Florenz
Battista Franco
Rom, Florenz
Giorgio Vasari
Florenz
Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini
Florenz
-
Giorgio Vasari
Bologna
-
Alfonso Lombardi
Antinori-Hochzeit
Krönung Karls V.
-
Einzug Leos X.
Giovann’Antonio Lappoli
Baccio da Montelupo
Florenz
Andrea del Sarto Rosso Fiorentino Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini Francesco Granacci Perino del Vaga Baccio Bandinelli Bastiano detto Aristotile da San Gallo Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai Iacopo Sansavino Giovan Francesco Rustichi Einzug Signor di Nepis in Castro
Francesco Salviati
Castro
Feierlichkeiten anlässlich derPapstkrönung Leos X.
Iacopo da Puntormo (Compagnia del Broncone, Compagnia del Diamante)
Florenz
Tabellen | 387 Anlass
Biografien
Ort
Ernennung von Giuliano de’Medici zum Capitano della Chiesa
Baldassarre Peruzzi
Rom
Papstkrönung Clemens’ VII.-
Baldassarre Peruzzi
Rom
Papstkrönung Julius’ III.
Francesco Salviati
Rom
Francia Bigio
Florenz
-
Hochzeit Lorenzo de’ Medicis
Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini (mit Giuliano de’ Medici) Bastiano detto Aristotile da San Gallo Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai (mit Giuliano de’ Medici) Hochzeit Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo
Niccolò detto il Tribolo
Florenz
Bastiano detto Aristotile da San Gallo Battista Franco Francesco Salviati Degli Accademici Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini
Geburt Francesco de’ Medicis
Niccolò detto il Tribolo
Florenz
Giorgio Vasari Einzug Pauls III.
-
Hochzeit Francesco de’ Medici mit Johanna von Österreich
Cristofano Gherardi
Perugia
Simone Mosca
Florenz
Taddeo Zucchero Degli Accademici (und Cinis Festbericht) Giorgio Vasari Baccio Bandinelli Francesco Primaticcio
Hochzeit von Francesco Maria della Rovere mit Eleonora Gonzaga
-
Genga
Urbino
Hochzeit von Guidobaldo II. della Rovere mit Vittoria Farnese
Genga
Urbino
Hochzeit Alessandro de’ Medicis mit Margarethe von Parma
Bastiano detto Aristotile da San Gallo
Battista Franco Florenz
Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini Battista Franco
Begräbnis Alessandro de’ Medicis
Morto da Feltro e di Andrea di Cosimo Feltrini
Florenz
Begräbnis Michelangelos
Michelagnolo Buonarruoti
Florenz
Degli Accademici
Appendix: Textstellen aus den „Viten“ von 1568 1. Lettera di Giovambatista Adriani a Giorgio Vasari, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. I, S. 214-215: [Theater des M. Scaurus, Rom:] „Ma poi quella semplicità e povertà romana, così nelle publiche come nelle private cose, divenne ricca e pomposa e si mutò in tutto il costume, e fu cosa da non lo creder agevolmente in quanto poco di tempo ella crebbe, che al tempo che M. Scauro fu edile e che egli fece per le feste publiche lo apparato della piazza (che era ufizio di quel magistrato) si videro, in uno teatro solo fatto per quella festa et in una scena, tremila statue di bronzo provedutevi et accattatevi, come allora era usanza di fare, di più luoghi.“ 2. Buonamico Buffalmacco, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. II, S. 170: [Festa di Calendimaggio, Florenz:] „Scrivono alcuni che essendo Buonamico in Firenze e trovandosi spesso con gl’amici e compagni suoi in bottega di Maso del Sagg[i]o, egli si truovò con molti altri a ordinare la festa che, in dì di calendimaggio, feciono gl’uomini di Borgo San Friano in Arno sopra certe barche; e che quando il ponte alla Carraia, che allora era di legno, rovinò per essere troppo carico di persone che erano corse a quello spettacolo, egli non vi morì come molti altri feciono, perché quando apunto rovinò il ponte in sulla machina che in Arno sopra le barche rappresentava l’inferno, egli era andato a procacciare alcune cose che per la festa mancavano.“ 3. Filippo Brunelleschi, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 188-191: [Sacra rappresentazione „Annunziazione“, San Felice in Piazza, Florenz:] „Dicesi ancora che gl’ingegni del paradiso di S. Filice in Piazza nella detta città furono trovati da Filippo per fare la rappresentazione, overo festa della Nunziata, in quel modo che anticamente a Firenze in quel luogo si costumava di fare. La qual cosa invero era maravigliosa e dimostrava l’ingegno e l’industria di chi ne fu inventore, perciò che si vedeva in alto un cielo pieno di figure vive moversi, et una infinità di lumi quasi in un baleno scoprirsi e ricoprirsi. Ma non voglio che mi paia fatica raccontare come gl’ingegni di quella machina stavano per apunto, attesoché ogni cosa è andata male e sono gl’uomini spenti che ne sapevano ragionare per esperienza, senza speranza che s’abbiano a rifare, abitando oggi quel luogo non più monaci di Camaldoni, come
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facevano, ma le monache di S. Pier Martire; e massimamente ancora essendo stato guasto quello del Carmine, perché tirava giù i cavagli che reggono il tetto. Aveva dunque Filippo per questo effetto, fra due legni di que’ che reggevano il tetto della chiesa, accomodata una mezza palla tonda a uso di scodella vòta overo di bacino da barbiere, rimboc[c]ata all’ingiù; la quale mezza palla era di tavole sottili e leggeri confitte a una stella di ferro che girava il sesto di detta mezza palla, e strignevano verso il centro, che era bilicato in mezzo, dove era un grande anello di ferro intorno al quale girava la stella de’ ferri che reggevano la mezza palla di tavole. E tutta questa machina era retta da un legno d’abeto gagliardo e bene armato di ferri, il quale era a traverso ai cavalli del tetto; et in questo legno era confitto l’anello che teneva sospesa e bilicata la mezza palla, la quale da terra pareva veramente un cielo. E perché ella aveva da piè nell’orlo di dentro certe base di legno tanto grandi e non più che uno vi poteva tenere i piedi, et all’altezza d’un braccio, pur di dentro, un altro ferro, si metteva in su ciascuna delle dette basi un fanciullo di circa dodici anni, e col ferro alto un braccio e mezzo si cigneva in guisa che non arebbe potuto, quando anco avesse voluto, cascare. Questi putti, che in tutto erano dodici, essendo accomodati come si è detto sopra le base, e vestiti da Angeli con ali dorate e capegli di mattasse d’oro, si pigliavano, quando era tempo, per mano l’un l’altro, e dimenando le braccia pareva che ballassino, e massimamente girando sempre e movendosi la mezza palla; dentro la quale, sopra il capo degl’Angioli, erano tre giri over ghirlande di lumi acomodati con certe piccole lucernine che non potevano versare: i quali lumi da terra parevano stelle, e le mensole, essendo coperte di bambagia, parevano nuvole. Del sopradetto anello usciva un ferro grossissimo, il quale aveva a canto un altro anello, dove stava apiccato un canapetto sottile che, come si dirà, veniva in terra. E perché il detto ferro grosso aveva otto rami che giravano in arco quanto bastava a riempiere il vano della mezza palla vòta, e il fine di ciascun ramo un piano grande quanto un tagliere, posava sopra ogni piano un putto di nove anni in circa, ben legato con un ferro saldato nelle altezza del ramo, ma però in modo lento, che poteva voltarsi per ogni verso. Questi otto Angioli retti del detto ferro, mediante un arganetto che si allentava a poco a poco, calavano dal vano della mezza palla fino sotto al piano de’ legni piani che reggono il tetto otto braccia, di maniera che erano essi veduti e non toglievano la veduta degl’Angioli ch’erano intorno al didentro della mezza palla. Dentro a questo mazzo degl’otto Angeli (che così era propriamente chiamato) era una mandorla di rame, vòta dentro, nella quale erano in molti buchi certe lucernine messe in sur [sic!] un ferro a guisa di cannoni, le quali, quando una molla che si abbassava era tócca, tutte si nascondevano nel vòto della mandorla di rame, e, come non si aggravava la detta molla, tutti i lumi per alcuni buchi di quella si vedevano accesi. Questa mandorla, la quale era apiccata a quel canapetto, come il mazzo era arivato al luogo suo, allentato il picciol canapo da un altro arganetto, si moveva pian piano e veniva sul palco dove si recitava la festa; sopra il qual palco, dove la mandorla aveva da posarsi apunto, era un luogo alto a uso di residenza, con quattro gradi, nel mezzo del quale era una buca, dove il ferro apuntato di quella mandorla veniva a diritto; et essendo sotto la detta residenza un uomo, arivata la mandorla al luogo suo, metteva in quella senza esser veduto una chiavarda, et ella restava in piedi e ferma. Dentro la mandorla era a uso d’angelo un giovinetto di quindici anni in circa cinto nel mezzo da un ferro, e nella mandorla da piè chiavardato in modo che non poteva cascare: e perché potesse ingenoc[c]hiarsi era il detto ferro di tre pezzi, onde ingenoc[c]hiandosi en-
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trava l’un nell’altro agevolmente. E così quando era il mazzo venuto giù e la mandorla posata in sulla residenza, chi metteva la chiavarda alla mandorla schiavava anco il ferro che reggeva l’Angelo, onde egli uscito caminava per lo palco e giunto dove era la Vergine la salutava et annunziava. Poi tornato nella mandorla e racesi i lumi che al suo uscirne s’erano spenti, era di nuovo chiavardato il ferro che lo reggeva da colui che sotto non era veduto; e poi, allentato quello che la teneva, ell’era ritirata su, mentre cantando gl’Angeli del mazzo e quelli del cielo che giravano, facevano che quello pareva propriamente un paradiso, e massimamente che oltre al detto coro d’Angeli et al mazzo, era a canto al guscio della palla un Dio Padre circondato d’Angeli simili a quelli detti di sopra, e con ferri accomodati: di maniera che il cielo, il mazzo, il Dio Padre, la mandorla con infiniti lumi e dolcissime musiche rappresentavano il paradiso veramente. A che si aggiugneva che, per potere quel cielo aprire e serrare, aveva fatto fare Filippo due gran porte di braccia cinque l’una per ogni verso, le quali per piano avevano in certi canali curri di ferro overo di rame, et i canali erano unti [sic!] talmente, che quando si tirava con un arganetto un sottile canapo che era da ogni banda, s’apriva o riserrava secondo che altri voleva, ristrignendosi le due parti delle porte insieme o allargandosi per piano mediante i canali. E queste così fatte porte facevano duoi effetti: l’uno, che quando erano tirate, per esser gravi facevano rumore a guisa di tuono; l’altro, perché servivano, stando chiuse, come palco per aconciare gl’Angeli et accomodar l’altre cose che dentro facevano di bisogno. Questi dunque così fatti ingegni e molti altri furono trovati da Filippo, se bene alcuni altri affermano che egli erano stati trovati molto prima. Comunche sia, è stato bene ragionarne, poiché in tutto se n’è dismesso l’uso.“ 4. Donato, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 219-220: [Krönung Kaiser Sigismunds, Rom]: „Onde andando Donato a Roma, vi si trovò appunto quando vi era Gismondo imperatore per ricevere la corona da papa Eugenio Quarto; per che fu forzato, in compagnia di Simone, adoperarsi in fare l’onoratissimo apparato di quella festa, nel che si acquistò fama et onore grandissimo.“ 5. Il Cecca, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 450-455: [Sacra rappresentazione „Ascensione“, Santa Maria del Carmine, weitere Stadtfeste, Florenz:] „Dicesi che le nuvole che andavano in Fiorenza per la festa di S. Giovanni a processione – cosa certo ingegnosissima e bella – furono invenzione del Cecca, il quale, allora che la città usava di fare assai feste, era molto in simili cose adoperato. E nel vero, comeché oggi si siano cotali feste e rappresentazioni quasi del tutto dismesse, erano spettacoli molto belli, e se ne faceva non pure nelle Compagnie overo Fraternite, ma ancora nelle case private de’ gentiluomini, i quali usavano di far certe brigate e compagnie, et a certi tempi trovarsi allegramente insieme; e fra essi sempre erano molti artefici galantuomini, che servivano, oltre all’essere capricciosi e piacevoli, a far gl’apparati di cotali feste. Ma fra l’altre, quattro solennissime e publiche si facevano quasi ogni anno, cioè una per ciascun quartiere (eccetto S. Giovanni, per la festa del quale si faceva una solennissima processione, come si dirà): Santa Maria Novella quella di Santo Ignazio, Santa Croce quella di S. Bartolomeo detto S. Baccio, S. Spirito quella dello Spirito Santo, et il Carmine quella dell’Ascensione
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del Signore e quella dell’Assunzione di Nostra Donna. La quale festa dell’Ascensione, perché dell’altre d’importanza si è ragionato o si ragionerà, era bellissima; con ciò fusse che Cristo era levato di sopra un monte, benissimo fatto dilegname [sic!], da una nuvola piena d’Angeli e portato in un cielo, lasciando gl’Apostoli in sul monte, tanto ben fatto che era una maraviglia, e massimamente essendo alquanto maggiore il detto cielo che quello di S. Felice in Piazza, ma quasi con i medesimi ingegni. E perché la detta chiesa del Carmine, dove questa rapresentazione si faceva, è più larga assai e più alta che quella di S. Felice, oltre quella parte che riceveva il Cristo si accommodava alcuna volta, secondo che pareva, un altro cielo sopra la tribuna maggiore, nel quale alcune ruote grandi fatte a guisa d’arcolai – che dal centro alla superficie movevano con bellissimo ordine diece giri per i dieci cieli – erano tutti pieni di lumicini rapresentanti le stelle, accommodati in lucernine di rame, con una schiodatura che, sempreché la ruota girava, retavano in piombo nella maniera che certe lanterne fanno che oggi si usano comunemente da ognuno. Di questo cielo, che era veramente cosa bellissima, uscivano due canapi grossi tirati dal ponte overo tramezzo che è in detta chiesa, sopra il quale si faceva la festa; ai quali erano infunate per ciascun capo d’una braca, come si dice, due piccole taglie di bronzo che reggevano un ferro ritto nella base d’un piano, sopra il quale stavano due Angeli legati nella cintola, che ritti venivano contrapesati da un piombo che avevano sotto i piedi, e un altro che era nella basa del piano di sotto dove posavano, il quale anco gli faceva venire parimente uniti. Et il tutto era coperto da molta e ben acconcia bambagia che faceva nuvola, piena di Cherubini, Serafini et altri Angeli così fatti, di diversi colori e molto bene accommodati. Questi allentandosi un canapetto di sopra nel cielo, venivano giù per i due maggiori in sul detto tramez[z]o dove si recitava la festa; et annunziato a Cristo il suo dover salir in cielo, o fatto altro uffizio, perché il ferro dov’erano legati in cintola era fermo nel piano dove posavan i piedi, e si giravan intorno intorno, quando erano usciti e quando ritornavano potevan far reverenza e voltarsi secondo che bisognava, onde nel tornar in su si voltava verso il cielo, e dopo erano per simile modo ritirati in alto. Questi ingegni dunque e queste invenzioni si dice che furono del Cecca, perché se bene molto prima Filippo Bruneleschi n’aveva fatto de’ così fatti, vi furono nondimeno con molto giudizio molte cose aggiunte dal Cecca. E da queste poi venne in pensiero al medesimo di fare le nuvole che andavano per la città a processione ogni anno la vigilia di S. Giovanni, e l’altre cose che bellissime si facevano. E ciò era cura di costui, per essere, come si è detto, persona che serviva il publico. [San Giovanni-Umzug, Florenz:] Ora, dunque, non sarà se non bene con questa occasione dire alcune cose che in detta festa e processione si facevano, acciò ne passi ai posteri memoria, essendosi oggi per la maggior parte dismesse. Primieramente adunque la piazza di S. Giovanni si copriva tutta di tele az[z]urre, piene di gigli grandi fatti di tela gialla e cucitivi sopra; e nel mezzo erano, in alcuni tondi pur di tela e grandi braccia dieci, l’arme del Popolo e Comune di Firenze, quella de’ Capitani di Parte Guelfa et altre; et intorno intorno negl’estremi del detto cielo, che tutta la piazza, comeché grandissima sia, ricopriva, pendevano drappelloni pur di tela dipinti di varie imprese, d’armi di Magistrati e d’Arti, e di molti leoni, che sono una dell’insegne della città. Questo cielo, overo coperta così fatta, era alto da terra circa venti braccia; posava sopra gagliardissimi canapi attaccati a molti ferri che ancor si veggiono intorno al tempio di S. Giovanni, nella facciata di S. Maria del Fiore e nelle case che sono per tutto intorno intorno alla detta piazza, e fra l’un canapo e l’altro erano funi che
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similmente sostenevano quel cielo, che per tutto era in modo armato, e particolarmente in sugl’estremi, di canapi, di funi e di soppanni e fortezze di tele doppie e canevacci, che non è possibile imaginarsi meglio; e che è più, era in modo e con tanta diligenza accomodata ogni cosa, che ancora che molto fussero dal vento, che in quel luogo può assai d’ogni tempo come sa ognuno, gonfiate e mosse le vele, non però potevano essere sollevate né sconce in modo nessuno. Erano queste tende di cinque pezzi perché meglio si potessino maneggiare; ma poste su, tutte si univano insieme e legavano e cuscivano di maniera che pareva un pezzo solo. Tre pezzi coprivano la piazza e lo spazio che è fra S. Giovanni e S. Maria del Fiore, e quello del mezzo aveva, a dirittura delle porte principali, detti tondi con l’arme del Comune; e gl’altri due pezzi coprivano dalle bande, uno di verso la Misericordia e l’altro di verso la canonica et Opera di S. Giovanni. Le nuvole poi, che di varie sorti si facevano dalle Compagnie con diverse invenzioni, si facevano generalmente a questo modo. Si faceva un telaio quadro di tavole, alto braccia 2 incirca, che in su le teste aveva quattro gagliardi piedi fatti a uso di trespoli da tavola et incatenati a guisa di travaglio; sopra questo telaio erano in croce due tavole larghe braccia uno, che in mez[z]o avevano una buca di mezzo braccio, nella quale era uno stile alto sopra cui si accomodava una mandorla, dentro la quale, che era tutta coperta di bambagia, di cherubini e di lumi et altri ornamenti, era in un ferro al traverso posta a sedere o ritta, secondo che altri voleva, una persona che rappresentava quel Santo, il quale principalmente da quella Compagnia come proprio avvocato e protettore si onorava, overo un Cristo, una Madonna, un S. Giovanni o altro; i panni della quale figura coprivano il ferro in modo che non si vedeva. A questo medesimo stile erano accommodati ferri che, girando più bassi e sotto la mandorla, facevano quattro o più o meno rami simili a quelli d’un albero, che negl’estremi con simili ferri aveva per ciascuno un piccolo fanciullo vestito da angiolo; e questi, secondo che volevano, giravano in sul ferro dove posavano i piedi, che era gangherato. E di così fatti rami si facevano talvolta due o tre ordini d’Angeli o di Santi, secondo che quello era che si aveva a rappresentare. E tutta questa machina e lo stile et i ferri, che talora faceva un giglio, talora un albero e spesso una nuvola o altra cosa simile, si copriva di bambagia e, come si è detto, di cherubini, serafini, stelle d’oro et altri cotali ornamenti. E dentro erano facchini o villani che la portavano sopra le spalle, i quali si mettevano intorno intorno a quella tavola che noi abbiam chiamato telaio, nella quale erano confitti sotto, dove il peso posava sopra le spalle loro, guanciali di cuoio pieni o di piuma o di bambagia o d’altra cosa simile che acconsentisse e fusse morbida. E tutti gl’ingegni e le salite et altre cose erano coperte, come si è detto di sopra, con bambagia, che faceva bel vedere, e si chiamavano tutte queste machine ‚nuvole‘. Dietro venivano loro cavalcate d’uomini e di sergenti a piedi in varie sorti, secondo la storia che si rappresentava, nella maniera che oggi vanno dietro a’ carri o altro che si faccia in cambio delle dette nuvole: della maniera delle quali ne ho, nel nostro libro de’ disegni, alcune di mano del Cecca molto ben fatte e ingegnose veramente e piene di belle considerazioni. Con l’invenzione del medesimo si facevano alcuni Santi che andavano o erano portati a processione, o morti o in varii modi tormentati: alcuni parevano passati da una lancia o da una spada, altri aveva un pugnale nella gola et altri altre cose simili per la persona. Del qual modo di fare, perché oggi è notissimo che si fa con spada, lancia o pugnale rotto che con un cerchietto di ferro sia[n] da ciascuna parte tenuti stretti e di
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riscontro, levatone a misura quella parte che ha da parere fitta nella persona del ferito, non ne dirò altro: basta che per lo più si truova che furono invenzione del Cecca. I giganti similmente, che in detta festa andavano attorno, si facevano a questo modo. Alcuni molto pratichi nell’andar in sui trampoli, o come si dice altrove in sulle zanche, ne facevano fare di quelli che erano alti cinque e sei braccia da terra, e fasciategli et acconcigli in modo con maschere grandi et altri abbigliamenti di panni o d’arme finte che avevano membra e capo di gigante, vi montavano sopra, e destramente caminando parevano veramente giganti, avendo nondimeno inanzi uno che sosteneva una picca, sopra la quale con una mano si appoggiava esso gigante, ma per sì fatta guisa però che pareva che quella picca fusse una sua arme, cioè o mazza o lancia o un gran battaglio, come quello che Morgante usava, secondo i poeti romanzi, di portare. E sì come i giganti, così si facevano anche delle gigantesse, che certamente facevano un bello e maraviglioso vedere. I spiritelli poi da questi erano differenti, perché senza avere altra che la propria forma, andavano in sui detti trampoli alti cinque e sei braccia, in modo che parevano proprio spiriti; e questi anco avevano inanzi uno che con una picca gl’aiutava. Si racconta nondimeno che alcuni eziandio senza punto appoggiarsi a cosa veruna, in tanta altezza caminavano benissimo. E chi ha pratica de’ cervelli fiorentini, so che di questo non si farà alcuna maraviglia, perché – lasciamo stare quello da Montughi di Firenze, che ha trapassati nel salir e giocolare sul canapo quanti insino a ora ne sono stati – chi ha conosciuto uno che si chiamava Ruvidino, il quale morì non sono anco dieci anni, sa che il salire ogni altezza sopra un canapo o fune, il saltar dalle mura di Firenze in terra e andare in su trampoli molto più alti che quelli detti di sopra, gli era così agevole come a ciascuno caminare per lo piano. Laonde non è maraviglia se gl’uomini di que’ tempi, che in cotali cose o per prez[z]o o per altro si esercitavano, facevano quelle che si sono dette di sopra o maggiori cose. Non parlerò d’alcuni ceri che si dipignevano in varie fantasie, ma goffi tanto che hanno dato il nome ai dipintori plebei (onde si dice alle cattive pitture ‚fantocci da ceri‘), perché non mette conto; dirò bene che al tempo del Cecca questi furono in gran parte dismessi et in vece loro fatti i carri che simili ai triomfali sono oggi in uso. Il primo de’ quali fu il cero della Moneta, il quale fu condotto a quella perfezzione che oggi si vede, quando ogni anno per detta festa è mandato fuori dai maestri e signori di Zecca con un S. Giovanni in cima e molti altri Santi et Angeli da basso e intorno, rappresentati da persone vive. Fu deliberato, non è molto, che se ne facesse, per ciascun castello che offerisce cero, uno, e ne furono fatti insino in dieci per onorare detta festa magnificamente, ma non si seguitò per gl’accidenti che poco poi sopravennero. Quel primo dunque della Zecca fu per ordine del Cecca fatto da Domenico, Marco e Giuliano del Tasso, che allora erano de’ primi maestri di legname che in Fiorenza lavorasseno di quadro e d’intaglio; et in esso sono da esser lodate assai, oltre all’altre cose, le ruote da basso, che si schiodano per potere alle svolte de’ canti girare quello edifizio et accommodarlo di maniera che scrolli meno che sia possibile, e massimamente per rispetto di coloro che di sopra vi stanno legati. Fece il medesimo un edifizio per nettare e racconciare il musaico della tribuna di S. Giovanni, che si girava, alzava, abbassava et accostava secondo che altri voleva, e con tanta agevolezza che due persone lo potevano maneggiare; la qual cosa diede al Cecca reputazione grandissima.“
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6. Filippo Lippi (Filippino Lippi), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 568: [Maskeraden, öffentliche Feste, unspezifisch, Florenz:] „Onde essendo sempre stato cortese, affabile e gentile fu pianto da tutti coloro che l’avevano conosciuto, e particolarmente dalla gioventù di questa sua nobile città, che nelle feste publiche, mascherate et altri spettacoli si servì sempre con molta sodisfazione dell’ingegno et invenzione di Filippo, che in così fatte cose non ha avuto pari.“ 7. Francesco detto l’Indaco (Vita di Iacopo detto l’Indaco), BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. III, S. 631: [Einzug Alessandro de’ Medicis, Arezzo:] „E nella medesima città fece, la prima volta che vi andò il duca Alessandro, alla porta del palazzo de’ Signori un arco trionfale bellissimo con molte figure di rilievo; e parimente a concorrenza d’altri pittori che assai altre cose per la detta entrata del Duca lavorarono, la prospettiva d’una comedia che fu tenuta molto bella. [Einzug Karls V., Rom:] Dopo andato a Roma quando vi si aspettava l’imperatore Carlo Quinto, vi fece alcune figure di terra, e per il popolo romano un’arme a fresco in Campidoglio che fu molto lodata.“ 8. Piero di Cosimo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 63-65: [Karnevalsmaskeraden, Carro della morte, Florenz:] „Né lasciarò di dire che Piero nella sua gioventù, per essere capriccioso e di stravagante invenzione, fu molto adoperato nelle mascherate che si fanno per carnovale, e fu a que’ nobili giovani fiorentini molto grato, avendogli lui molto migliorato e d’invenzione e d’ornamento e di grandezze e pompa quella sorte di passatempi; e si dice che fu de’ primi che trovasse di mandargli fuora a guisa di trionfi, o almeno gli migliorò assai con accomodare l’invenzione della storia non solo con musiche e parole a proposito del subietto, ma con incredibil pompa d’accompagnatura di uomini a piè et a cavallo, di abiti et abigliamenti accomodati alla storia: cosa che riusciva molto ricca e bella, et aveva insieme del grande e dello ingegnoso. E certo era cosa molto bella a vedere, di notte, venticinque o trenta coppie di cavalli ric[c]hissimamente abigliati co’ loro signori travestiti secondo il suggetto della invenzione, sei o otto staffieri per uno vestiti d’una livrea medesima, con le torce in mano, che talvolta passavano il numero di 400, e il carro poi, o trionfo, pieno di ornamenti o di spoglie e bizzar[r]issime fantasie: cosa che fa assotigliare gli ingegni e dà gran piacere e satisfazione a’ popoli. Fra questi, che assai furono et ingegnosi, mi piace toccare brevemente d’uno che fu principale invenzione di Piero già maturo di anni, e non come molti piacevole per la sua vaghezza, ma per il contrario per una strana e orribile et inaspettata invenzione di non piccola satisfazione a’ popoli; ché come ne’ cibi talvolta le cose agre, così in quelli passatempi le cose orribili, purché sieno fatte con giudizio e arte, dilettano maravigliosamente il gusto umano: cosa che aparisce nel recitare le tragedie. Questo fu il carro della Morte, da lui segretissimamente lavorato alla sala del Papa, che mai se ne potette spiare cosa alcuna, ma fu veduto e saputo in un medesimo punto. Era il trionfo un carro grandissimo tirato da bufoli, tutto nero e dipinto di ossa di morti e di
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croce bianche, e sopra il carro era una Morte grandissima in cima con la falce in mano; et aveva in giro al carro molti sepolcri col coperchio, et in tutti que’ luoghi che il trionfo si fermava a cantare s’aprivano e uscivano alcuni vestiti di tela nera, sopra la quale erano dipinte tutte le ossature di morto nelle braccia, petto, rene e gambe, che il bianco sopra quel nero, et aparendo di lontano alcune di quelle torce con maschere che pigliavano col teschio di morto il dinanzi e ’l dirieto [sic!] e parimente la gola, oltra al parere cosa naturalissima, era orribile e spaventosa a vedere; e questi morti, al suono di certe trombe sorde e con suon roco e morto, uscivano mezzi di que’ sepolcri, e sedendovi sopra cantavano in musica piena di malenconia quella oggi nobilissima canzone: Dolor, pianto e penitenzia, etc.. Era inanzi e adrieto [sic!] al carro gran numero di morti a cavallo, sopra certi cavagli con somma diligenzia scelti de’ più secchi e più strutti che si potessino trovare, con covertine nere piene di croci bianche; e ciascuno aveva 4 staffieri vestiti da morti con torce nere et uno stendardo grande nero con croci et ossa e teste di morto. Apresso al trionfo si strassinava 10 stendardi neri; e mentre caminavano, con voce tremanti et unite diceva quella compagnia il Miserere, psalmo di Davit. Questo duro spettacolo per la novità, come ho detto, e terribilità sua, misse terrore e maraviglia insieme in tutta quella città; e se bene non parve nella prima giunta cosa da carnovale, nondimeno per una certa novità e per essere accomodato tutto benissimo satisfece agli animi di tutti, e Piero, autore et inventore di tal cosa, ne fu sommamente lodato e comendato, e fu cagione che poi di mano in mano si seguitassi di fare cose spiritose e d’ingegnosa invenzione: che invero per tali suggetti e per condurre simil’ feste non ha avuto questa città mai paragone, et ancora in que’ vecchi che lo videro ne rimane viva memoria, né si saziano di celebrar questa capricciosa invenzione. Sentì’ dire io a Andrea di Cosimo, che fu con lui a fare questa opera, et Andrea del Sarto, che fu suo discepolo e vi si trovò anche egli, che e’ fu opinione in quel tempo che questa invenzione fussi fatta per significare la tornata della casa de’ Medici del ’12 in Firenze, perché alora che questo trionfo si fece erano esuli, e come dire morti che dovessino in breve resuscitare; et a questo fine interpretavano quelle parole che sono nella canzone: Morti siam, come vedete; Così morti vedren voi: Fummo già come voi siete, Vo’ sarete come noi, etc., volendo accennare la ritornata loro in casa, e quasi come una ressurrezzione da morte a vita, e la cacciata et abassamento de’ contrarii loro: o pure che fusse che molti dallo effetto che seguì della tornata in Firenze di quella ill[ustrissima] Casa, come son vaghi gli ingegni umani di aplicare le parole e ogni atto che nasce prima agli effetti che seguon poi, che gli fu dato questa interpretazione. Certo è che questa fu alora oppinione di molti e se ne parlò assai.“
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9. Baccio da Montelupo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 293-295: [S. 293:] [Einzug Leos X., Florenz:] „Nella venuta di papa Leone Decimo in Fiorenza fece Baccio, fra il palagio del Podestà e Badia, un arco trionfale bellissimo di legname e di terra, e molte cose piccole che si sono smarrite e sono per le case de’ cittadini.“ [S. 295:] [Raffaelo di Baccio da Montelupo, Hochzeit einer Tochter von Alessandro Antinori, Florenz:] „[…] e per Alessandro Antinori, allora nobilissimo e ricchissimo mercante fiorentino, [fece] nelle nozze d’una sua figliuola, un apparato ricchissimo con statue, storie e molti altri ornamenti bellissimi. […] [Einzug Karls V., Rom:] Nella venuta di Carlo Quinto imperatore a Roma, facendo fare papa Paulo Terzo un apparato degno di quell’invittissimo principe, fece Raffaello in sul Ponte Santo Agnolo, di terra e stucchi, quattordici statue tanto belle ch’elle furono giudicate le migliori che fussero state fatte in quell’apparato; e che è più, le fece con tanta prestezza, che fu a tempo a venir a Firenze, dove si aspettava similmente l’imperatore, a fare nello spazio di cinque giorni e non più, in sulla coscia del Ponte a Santa Trinita, due Fiumi di terra di nove braccia l’uno, cioè il Reno per la Germania et il Danubio per l’Ungheria.“ 10. Baldassarre Peruzzi, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 319-323: [S. 319:] [Ernennung Giuliano de’ Medicis zum Capitano della Chiesa, Rom:] „E ne l’onoratissimo apparato che fece il popolo romano in Campidoglio quando fu dato il bastone di Santa Chiesa al duca Giuliano de’ Medici, di sei storie di pittura che furono fatte da sei diversi eccellenti pittori, quella che fu di mano di Baldassarri, alta sette canne e larga tre e mezzo, nella quale era quando Giulia Tarpea fa tradimento ai Romani, fu senza alcun dubbio di tutte l’altre giudicata la migliore. Ma quello che fece stupire ognuno fu la prospettiva overo scena d’una comedia, tanto bella che non è possibile immaginarsi più, perciò che la varietà e bella maniera de’ casamenti, le diverse logge, la bizzarria delle porte e finestre, e l’altre cose che vi si videro d’architettura, furono tanto bene intese e di così straordinaria invenzione, che non si può dirne la millesima parte.“ [S. 322-323:] [Komödienaufführung „La Calandria“, Rom:] „E quando si recitò al detto papa Leone la Calandra, comedia del cardinale di Bibbiena, fece Baldassarre l’apparato e la prospettiva, che non fu manco bella, anzi più assai che quella che aveva altra volta fatto, come si è detto di sopra: et in queste sì fatte opere meritò tanto più lode quanto per un gran pezzo adietro l’uso delle comedie, e conseguentemente delle scene e prospettive, era stato dismesso, facendosi in quella vece feste e rappresentazioni; et o prima o poi che si recitasse la detta Calandra, la quale fu delle prime comedie volgari
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che si vedesse o recitasse, basta che Baldassarre fece al tempo di Leone X due scene che furono maravigliose, et apersono la via a coloro che ne hanno poi fatto a’ tempi nostri. Né si può immaginare come egli in tanta strettezza di sito accomodasse tante strade, tanti palazzi e tante bizzarrie di tempii, di logge e d’andari di cornici, così ben fatte che parevano non finte, ma verissime, e la piazza non una cosa dipinta e picciola, ma vera e grandissima. Ordinò egli similmente le lumiere, i lumi di dentro che servono alla prospettiva, e tutte l’altre cose che facevano di bisogno, con molto giudizio, essendosi, come ho detto, quasi perduto del tutto l’uso delle comedie; la quale maniera di spettacolo avanza, per mio creder[e], quando ha tutte le sue appartenenze, qualunche altro quanto si voglia magnifico e sontuoso. [Papstkrönung Clemens’ VII., Rom:] Nella creazione poi di papa Clemente Settimo, l’anno 1524, fece l’apparato della coronazione […].“ 11. Andrea del Sarto, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 358-363: [S. 358:] [San Giovanni-Umzug, Florenz:] „Deliberando poi l’Arte de’ Mercatanti che si facessero alcuni carri trionfali di legname a guisa degl’antichi romani, perché andassero la mattina di San Giovanni a processione in cambio di certi paliotti di drappo e ceri che le città e castella portano in segno di tributo, passando dinanzi al Duca e magistrati principali, di dieci che se ne fecero allora, ne dipinse Andrea alcuni a olio e di chiaro scuro, con alcune storie che furono molto lodate; e se bene si doveva seguitare di farne ogni anno qualcuno per insino a che ogni città e terra avesse il suo – il che sarebbe stato magnificenza e pompa grandissima –, fu nondimeno dismesso il ciò fare l’anno 1527.“ [S. 361-363]: [Einzug Leos X., Florenz:] „Ma intanto intendendo i Fiorentini, il che fu l’anno 1515, che papa Leone Decimo voleva fare grazia alla patria di farsi in quella vedere, ordinarono per riceverlo feste grandissime et un magnifico e sontuoso apparato con tanti archi, facciate, tempii, colossi et altre statue et ornamenti che insino allora non era mai stato fatto né il più sontuoso né il più ricco e bello, perché allora fioriva in quella città maggior copia di begli et elevati ingegni che in altri tempi fusse avvenuto già mai. All’entrata della Porta di San Pier Gattolini fece Iacopo di Sandro un arco tutto istoriato, et insieme con esso lui Baccio da Montelupo; a San Felice in Piazza ne fece un altro Giuliano del Tasso; et a Santa Trinita alcune statue e la Meta di Romolo; et in Mercato Nuovo la Colonna Traiana; in piazza de’ Signori fece un tempio a otto facce Antonio, fratello di Giuliano a San Gallo, e Baccio Bandinelli fece un gigante in sulla loggia; fra la Badia et il Palazzo del Podestà fecero un arco il Granaccio et Aristotile da San Gallo; et al Canto de’ Bischeri ne fece un altro il Rosso, con molto bello ordine e varietà di figure. Ma quello che fu più di tutto stimato fu la facciata di Santa Maria del Fiore fatta di legname e lavorata in diverse storie di chiaro scuro dal nostro Andrea, tanto bene che più non si sarebbe potuto disiderare; e perché l’architettura di questa opera fu di Iacopo Sansovino, e similmente alcune storie di basso rilievo, e di scultura molte figure tonde, fu giudicato dal Papa che non sarebbe potuto essere quell’edifizio più bello quando fusse stato di marmo: e ciò fu inven-
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zione di Lorenzo de’ Medici, padre di quel Papa, quando viveva. Fece il medesimo Iacopo in sulla piazza di Santa Maria Novella un cavallo simile a quello di Roma, che fu tenuto bello affatto. Furono anco fatti infiniti ornamenti alla sala del Papa nella via della Scala, e la metà di quella strada piena di bellissime storie di mano di molti artefici, ma per la maggior parte disegnate da Baccio Bandinelli. Entrando dunque Leone in Fiorenza del medesimo anno il terzo dì di settembre, fu giudicato questo aparato il maggiore che fusse stato fatto già mai et il più bello.“ 12. Alfonso Lombardi, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 407-408: [Krönung Karls V., Bologna:] „Costui trovandosi in Bologna per la incoronazione di Carlo Quinto, dove aveva fatto per quello apparato gl’ornamenti della porta di S. Petronio, fu in tanta considerazione, per essere il primo che introducesse il buon modo di fare ritratti di naturale in forma di medaglie, come si è detto, che non fu alcun grande uomo in quelle corti per lo quale egli non lavorasse alcuna cosa con suo molto utile et onore.“ 13. Rosso Fiorentino, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 476-489: [S. 476:] [Einzug Leos X., Florenz:] „Fece per la venuta di papa Leone a Fiorenza, sul Canto de’ Bischeri, un arco bellissimo.“ [S. 488-489:] [unspezifische Maskeraden und Umzüge:] „E però basti dire che fece disegni per tutti i vasi d’una credenza de∙re, e per tutte quelle cose che per abigliamenti di cavalli, di mascherate, di trionfi e di tutte l’altre cose che si possono immaginare, e con sì strane e bizzarre fantasie che non è possibile far meglio. [Einzug Karls V. in Frankreich, Fontainebleau:] Fece, quando Carlo Quinto imperadore andò l’anno 1540 sotto la fede del re Francesco in Francia, avendo seco non più che dodici uomini, a Fontanableò la metà di tutti gl’ornamenti che fece il re fare per onorare un tanto imperadore, e l’altra metà fece Francesco Primaticcio bolognese. Ma le cose che fece il Rosso, d’archi, di colossi [e] altre cose simili, furono, per quanto si disse allora, le più stupende che da altri insino allora fussero state fatte mai. […] Lavorarono con il Rosso le cose sopradette di stucco e di rilievo, e furono da lui sopra tutti gl’altri amati, Lorenzo Naldino fiorentino, maestro Francesco d’Orliens, maestro Simone da Parigi e maestro Claudio similmente parigino, maestro Lorenzo Piccardo, et altri molti. Ma il migliore di tutti fu Domenico del Barbieri, che è pittore e maestro di stucchi eccellentissimo e disegnatore straordinario, come ne dimostrano le sue opere stampate, che si possono annoverare fra le migliori che vadano a torno. I pittori parimenti che egli adoperò nelle dette opere di Fontanableò furono Luca Penni fratello di Giovan Francesco detto il Fattore, il quale fu discepolo di Raffaello da Urbino; Lionardo Fiamingo, pittore molto valente, il quale conduceva bene affatto con i colori i disegni del Rosso; Bartolomeo Miniati fiorentino, Francesco Caccianimici e
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Giovambatista da Bagnacavallo: i quali ultimi lo servirono mentre Francesco Primaticcio andò per ordine del re a Roma a formare il Laoconte, l’Apollo e molte altre anticaglie rare, per gettarle di bronzo. Tacerò gl’intagliatori, i maestri di legname et altri infiniti, d’i quali si servì il Rosso in queste opere, perché non fa bisogno ragionare di tutti, comeché molti di loro facessero opere degne di molta lode.“ 14. Bartolomeo da Bagnacavallo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 497-498: [Amico Bolognese, Einzug Karls V., Bologna:] „Quando Carlo Quinto imperador[e] andò a Bologna, fece Amico alla porta del palazzo un arco trionfale, nel quale fece Alfonso Lombardi le statue di rilievo. Né è maraviglia che quella d’Amico fusse più pratica che altro, perché si dice che, come persona astratta che egli era e fuor di squadra dall’altre, andò per tutta Italia disegnando e ritraendo ogni cosa di pittura e di rilievo, e così le buone come le cattive: il che fu cagione che egli diventò un praticaccio inventore; e quando poteva aver cose da servirsene, vi metteva su volentieri le mani, e poi, perché altri non se ne servissi, le guastava: le quali fatiche furono cagione che egli fece quella maniera così pazza e strana.“ 15. Francia Bigio, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 510-511: [Hochzeit Lorenzo de’ Medicis, Florenz:] „Fece con Ridolfo Grilandai uno apparato bellissimo per le nozze del duca Lorenzo, con due prospettive per le comedie che si fecero, lavorate molto con ordine e maestrevole giudicio e grazia; per le quali acquistò nome e favore appresso a quel principe. La qual servitù fu cagione ch’egli ebbe l’opera della volta della sala del Poggio a Caiano a mettersi d’oro […].“ 16. Morto da Feltro e Andrea di Cosimo Feltrini, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 522-523: [S. 522:] [Einzug Leos X., Florenz:] „[…] e per la venuta di quel Pontefice in Fiorenza fece alla facciata di Santa Maria del Fiore molti begli ornamenti di grottesche per Iacopo Sansovino, che gli diede per donna una sua sorella. Fece il baldachino dove andò sotto il Papa, con un cielo pien di grottesche, bellissimo, e drapelloni a torno con arme di quel Papa et altre imprese della Chiesa, che fu poi donato alla chiesa di San Lorenzo di Fiorenza, dove ancora oggi si vede; e così molti stendardi e bandiere per quella entrata, e nella onoranza di molti cavalieri fatti da quel Pontefice e da altri principi, che ne sono in diverse chiese appiccate in quella città. [Hochzeit von Lorenzo und Giuliano de’ Medici, Begräbnis beider Prinzen, Florenz:] Servì Andrea del continuo la casa de’ Medici nelle nozze del duca Giuliano et in quelle del duca Lorenzo per gli aparati [sic!] di quelle, empiendole di varî ornamenti di grottesche; così nelle essequie di que’ principi, dove fu adoperato grandemente e dal Francia Bigio e da Andrea del Sarto, dal Puntormo e Ridolfo Grillandaio, e ne’ trionfi et altri aparati dal Granaccio, ché non si poteva far cosa di buono senza lui.“
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[S. 523:] [Andrea di Cosimo Feltrini, Nozze allgemein, Einzug Karls V., Hochzeit und Begräbnis Alessandro de’ Medicis und Hochzeit Cosimo de’ Medicis, Florenz:] „Né anche tacerò i tondi delle arme di diverse sorte fatte da lui, ché non si faceva nozze che non avessi or di questo or di quello cittadino la bottega piena; né si fece mai opere di fogliature di broccati varî e di tele e drappi d’oro tessuti, che lui non ne facessi disegno, e con tanta grazia, varietà e bellezza che diede spirito e vita a tutte queste cose […]. Né tacerò che nella gioventù mia, servendo il duca Alessandro de’ Medici, quando venne Carlo Quinto a Fiorenza mi fu dato a fare le bandiere del castello, overo cittadella che si chiami oggi, dove ci fu uno stendardo che era diciotto braccia in aste e quaranta lungo, di drappo chermisi, dove andò a torno fregiature d’oro con l’imprese di Carlo V imperadore e di casa Medici, e nel mezzo l’arme di Sua Maestà, nel quale andò dentro quarantacinque migliaia d’oro in fogli; dove io chiamai per aiuto Andrea per le fregiature e Mariotto per metter d’oro, che molte cose imparai da quello uomo pien di amore e di bontà verso coloro che studiano l’arte. Dove fu tale la pratica di Andrea, che oltre che me ne servì’ in molte cose per gli archi che si feciono nella entrata di Sua Maestà, ma lo volsi in compagnia insieme col Tribolo, venendo madama Margherita figliuola di Carlo V a marito al duca Alessandro, per l’apparato che io feci nella casa del magnifico Ottaviano de’ Medici da San Marco, che si ornò di grottesche per man sua, di statue per le mani del Tribolo, e per figure e storie di mia mano. Ultimamente nelle essequie del duca Alessandro si adoperò assai, e molto più nelle nozze del duca Cosimo, ché tutte le imprese del cortile scritte da messer Francesco Giambullari, che scrisse l’apparato di quelle nozze, furono dipinte da Andrea con varii e diversi ornamenti.“ 17. Francesco Granacci, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. IV, S. 602-603: [Karnevalsumzüge, Florenz:] „E perché era molto gentile e valeva assai in certe galanterie che per le feste di carnovale si facevano nella città, fu sempre in molte cose simili dal magnifico Lorenzo de’ Medici adoperato, ma particolarmente nella mascherata che rappresentò il trionfo di Paulo Emilio della vittoria che egli ebbe di certe nazzioni straniere; nella quale mascherata, piena di bellissime invenzioni, si adoperò talmente il Granacci, ancorché fusse giovinetto, che ne fu sommamente lodato. Né tacerò qui che il detto Lorenzo de’ Medici fu primo inventore, come altra volta è stato detto, di quelle mascherate che rappresentano alcuna cosa – e sono detti a Firenze Canti –, non si trovando che prima ne fussero state fatte in altri tempi. [Einzug Leos X., Armeggerie, Florenz:] Fu similmente adoperato il Granacci l’anno 1513, negl’apparati che si fecero magnifici e sontuosissimi per la venuta di papa Leone Decimo de’ Medici, da Iacopo Nardi, uomo dottissimo e di bellissimo ingegno; il quale avendogli ordinato il magistrato degl’Otto di Pratica che facesse una bellissima mascherata, fece rapresentare il trionfo di Camillo: la quale mascherata, per quanto apparteneva al pittore, fu dal Granacci tanto bene ordinata a•bbellezza [sic!] et adorna che meglio non può alcuno immaginarsi; e le parole della canzona che fece Iacopo cominciavano:
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Contempla in quanta gloria sei salita, Felice, alma Fiorenza, Poi che dal ciel discesa,… e quello che segue. Fece il Granacci pel medesimo apparato, e prima e poi, molte prospettive da comedia; e stando col Grillandaio lavorò stendardi da galea, bandiere et insegne d’alcuni cavalieri a sproni d’oro nell’entrare publicamente in Firenze, e tutto a spese de’ capitani di Parte Guelfa, come allora si costumava, e si è fatto anco, non ha molto, a’ tempi nostri. Similmente, quando si facevano le Potenze e l’armeg[g]erie, fece molte belle invenzioni d’abbigliamenti et acconcimi. La quale maniera di feste, che è propria de’ Fiorentini et è piacevole molto – vedendosi uomini quasi ritti del tutto a cavallo, in sulle staffe cortissime, rompere la lancia con quella facilità che fanno i guerrieri ben serrati nell’arcione –, si fecero tutte per la detta venuta di Leone a Firenze. Fece anco, oltre all’altre cose, il Granacci un bellissimo arco trionfale dirimpetto alla porta di Badia, pieno di storie di chiaro scuro con bellissime fantasie; il quale arco fu molto lodato, e particolarmente per l’invenzione dell’architettura e per aver finto per l’entrata della via del Palagio il ritratto della medesima porta di Badia, con le scalee [sic!] et ogni altra cosa, che, tirata in prospettiva, non era dissimile la dipinta e posticcia dalla vera e propria; et per ornamento del medesimo arco fece di terra alcune figure di rilievo di sua mano bellissime, et in cima all’arco in una grande inscrizione queste parole: LEONI X PONT. MAX. FIDEI CVLTORI.“ 18. Antonio da Sangallo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 44-46: [Einzug Karls V., (Messina, Puglia, Neapel), Rom:] „L’anno poi che Carlo Quinto imperadore tornò vittorioso da Tunizi, essendogli stati fatti in Messina, i Puglia et in Napoli onoratissimi archi pel trionfo di tanta vettoria, e dovendo venire a Roma, fece Antonio al palazzo di San Marco, di comessione del Papa, un arco trionfale di legname in sotto squadra, acciò che potesse servire a due strade, tanto bello, che per opera di legname non s’è mai veduto il più superbo né il più proporzionato: e se in cotale opera fusse stata la superbia e la spesa de’ marmi come vi fu studio, artifizio e diligenza nell’ordine e nel condurlo, si sarebbe potuto meritamente, per le statue e storie dipinte et altri ornamenti, fra le sette moli del mondo annoverare. Era questo arco, posto in sull’ultimo canto che volge alla piazza principale, d’opera corinta, con quattro colonne tonde per banda messe d’argento, et i capitegli intagliati con bellissime foglie, tutto messi d’oro da ogni banda. Erano bellissimi architravi, fregii e cornicioni posati con risalti sopra ciascuna colonna, fra le quali erano due storie dipinte per ciascuna, talché faceva uno spartimento di quattro storie per banda, che erano, fra tutt’e due le bande, otto storie, dentrovi, come si dirà altrove da chi le dipinse, i fatti dello imperadore. Eravi ancora, per più ric[c]hezza, per finimento del frontespizio, da ogni banda sopra detto arco due figure di rilievo di braccia quattro e mezzo l’una, fatte per una Roma; e le mettevano in mezzo due imperatori di casa d’Austria, che dinanzi era Alberto e Massimiliano, e da l’altra parte Federigo e Ridolfo: e così da ogni parte in su’ cantoni erano quattro prigioni, due per banda, con gran numero di trofei pur di rilievo, e l’arme di Sua Santità e di Sua Maestà, tutte fatte condurre con l’ordine di Antonio da scultori ec[cellenti] e dai miglior’ pittori che fussino allora a
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Roma. E non solo questo arco fu da Antonio ordinato, ma tutto l’apparato della festa che si fece per ricevere un sì grande et invittissimo imperadore.“ 19. Giulio Romano, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 75: [Einzug Karls V., Mantua:] „Nella venuta di Carlo Quinto imperatore a Mantova, per ordine del Duca fe’ Giulio molti bellissimi apparati d’archi, prospettive per comedie e molte altre cose; nelle quali invenzioni non aveva Giulio pari, e non fu mai il più capriccioso nelle mascherate e nel fare stravaganti abiti per giostre, feste e torneamenti, come allora si vide, con stupore e maraviglia di Carlo imperadore e di quanti v’intervennero.“ 20. Perino del Vaga, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 107-117: [S. 107:] [Ceri, San Giovanni-Umzug, Florenz:] „Ma non piacendogli quell’arte, fu preso per fattorino da Andrea de’ Ceri pittore, piacendogli e l’aria et i modi di Perino, e parendoli vedere in esso un non so che d’ingegno e di vivacità da sperare che qualche buon frutto dovesse col tempo uscir di lui. Era Andrea non molto buon pittore, anzi ordinario, e di questi che stanno a bottega aperta publicamente a lavorare ogni cosa meccanica; et era consueto dipignere ogni anno per la festa di San Giovanni certi ceri che andavano e vanno ad offerirsi insieme con gli altri tributi della città, e per questo si chiamava Andrea de’ Ceri, dal cognome del quale fu poi detto un pezzo Perino de’ Ceri.“ [S. 116-117]: [Einzug Leos X., Florenz:] „Venendo poi, il terzo anno del suo pontificato, papa Leone a Fiorenza, perché in quella città si feciono molti trionfi, Perino, parte per vedere la pompa di quella città e parte per rivedere la patria, venne inanzi alla corte; e fece in un arco trionfale, a S. Trinita, una figura grande di sette braccia bellissima, avendone un’altra a sua concorrenza fatta Toto del Nunziata, già nella età puerile suo concorrente.“ 21. Giovann’ Antonio Lappoli, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 183-184: [Komödienaufführungen, Besuch Alessandro de’ Medicis, Compagnia degli Umidi, Intronati (Siena), Compagnia degl’Infiammati, Arezzo:] „L’anno 1534, aspettandosi il duca Alessandro de’ Medici in Arezzo, ordinarono gl’Aretini e Luigi Guicciardini, commessario in quella città, per onorare il Duca, due comedie. D’una erano festaiuoli e n’avevano cura una compagnia de’ più nobili giovani della città che si facevano chiamare gl’Umidi, e l’apparato e scena di questa, che fu una comedia degli Intronati da Siena, fece Niccolò Soggi, che ne fu molto lodato; e la comedia fu recitata benissimo e con infinita sodifazione di chiunque la vidde. Dell’altra erano festaiuoli a concorrenza un’altra compagnia di giovani similmente nobili, che si chiamava la Compagnia degl’Infiammati. Questi dunque, per non esser meno lodati che si fussino stati gl’Umidi, recitando una comedia di messer Giovanni Polastra, poeta aretino,
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guidata da lui medesimo, fecero far la prospettiva a Giovan Antonio, che si portò sommamente bene; e così la comedia fu con molto onore di quella Compagnia e di tutta la città recitata. Né tacerò un bel capriccio di questo poeta, che fu veramente uomo di bellissimo ingegno. Mentre che si durò a fare l’apparato di queste et altre feste, più volte si era fra i giovani dell’una e l’altra Compagnia, per diverse cagioni e per la concorrenza, venuto alle mani e fattosi alcuna quistione; per che il Polastra, avendo menato la cosa secretamente affatto, ragunati che furono i popoli e i gentiluomini e le gentildonne dove si aveva la comedia a recitare, quattro di que’ giovani, che altre volte si erano per la città affrontati, usciti con le spade nude e le cappe imbracciate, cominciarono in sulla scena a gridare e fingere d’ammazzarsi, et il primo che si vidde di loro uscì con una tempia fintamente insanguinata gridando: ‚Venite fuora, traditori‘. Al quale rumore levatosi tutto il popolo in piedi e cominciandosi a cacciar mano all’armi, i parenti de’ giovani, che mostravano di tirarsi coltellate terribili, correvano alla volta della scena, quando il primo che era uscito, voltosi agl’altri giovani, disse: ‚Fermate, signori; rimettete dentro le spade, che non ho male: et ancora che siamo in discordia e crediate che la comedia non si faccia, ella si farà, e cosi ferito come sono, vo’ cominciare il prologo‘. [Besuch Cosimo I. de’ Medicis, Arezzo, Wiederaufführung, Florenz:] E così dopo questa burla, alla quale rimasono còlti tutti i spettatori e gli strioni medesimi, eccetto i quattro sopradetti, fu cominciata la comedia, e tanto bene recitata, che l’anno poi 1540, quando il signor duca Cosimo e la signora duchessa Leonora furono in Arezzo, bisognò che Giovann’ Antonio, di nuovo facendo la prospettiva in sulla piazza del Vescovado, la facesse recitare a Loro Eccellen[ze]; e sì come altra volta erano i recitatori di quella piaciuti, così tanto piacquero allora al signor Duca, che furono poi, il carnovale vegnente, chiamati a Fiorenza a recitare. In queste due prospettive adunque si portò il Lappoli molto bene e ne fu sommamente lodato.“ 22. Niccolò detto il Tribolo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 218-223: [S. 218-221:] [Hochzeit Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz:] „L’anno che si fece parentado fra il signor duca Cosimo et il signor don Petro di Tolledo marchese di Villafranca, allora veceré di Napoli, pigliando il signor Duca per moglie la signora Leonora sua figliuola, nel farsi in Fiorenza l’apparato delle nozze, fu dato cura al Tribolo di fare alla Porta al Prato, per la quale doveva la sposa entrare venendo dal Poggio, un arco trionfale; il quale egli fece bellissimo e molto ornato di colonne, pilastri, architravi, cornicioni e frontespizii. E perché il detto arco andava tutto pieno di storie e di figure, oltre alle statue, che furono di man del Tribolo, fecero tutte le dette pitture Battista Franco Viniziano, Ridolfo Ghirlandaio e Michele suo discepolo. La principal figura dunque che fece il Tribolo in quest’opera, la quale fu posta sopra il frontespizio nella punta del mezzo sopra un dado fatto di rilievo, fu una femina di cinque braccia, fatta per la Fecondità, con cinque putti, tre avolti alle gambe, uno in grembo e l’altro al collo; e questa, dove cala il frontespizio, era messa in mezzo da due figure della medesima grandezza, una da ogni banda; delle quali figure, che stavano a giacere, una era la Sicurtà, che s’appoggiava sopra una colonna, con una verga sottile in mano, e l’altra era l’Eternità con una palla nelle braccia, e sotto ai piedi
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un vecchio canuto figurato per lo Tempo, col Sole e Luna in collo. Non dirò quali fussero l’opere di pittura che furono in questo arco, perché può vedersi ciascuno nella discrizione dell’apparato di quelle nozze. E perché il Tribolo ebbe particolar cura degl’ornamenti del palazzo de’ Medici, egli fece fare nelle lunette delle volte del cortile molte imprese, con motti a proposito a quelle nozze e tutte quelle de’ più illustri di casa Medici. Oltre ciò, nel cortile grande scoperto fece un suntuosissimo apparato pieno di storie, cioè da una parte di Romani e Greci, e dall’altre di cose state fatte da uomini illustri di detta casa Medici, che tutte furono condotte dai più eccellenti giovani pittori che allora fussero in Fiorenza, di ordine del Tribolo, Bronzino, Pierfrancesco di Sandro, Francesco Bacchiacca, Domenico Conti, Antonio di Domenico e Battista Franco Viniziano. Fece anco il Tribolo in sulla piazza di San Marco, sopra un grandissimo basamento alto braccia dieci (nel quale il Bronzino aveva dipinte di color di bronzo due bellissime storie nel zoccolo che era sopra le cornici), un cavallo di braccia dodici, con le gambe dinanzi in alto, e sopra quello una figura armata e grande a proporzione; la quale figura avea sotto genti ferite e morte: rappresentava il valorosissimo signor Giovanni de’ Medici padre di Sua Eccellenza. Fu quest’opera con tanto giudizio e arte condotta dal Tribolo, ch’ella fu ammirata da chiunche la vide; e quello che più fece maravigliare, fu la prestezza nella quale egli la fece, aiutato fra gl’altri da Santi Buglioni scultore, il quale cadendo rimase storpiato d’una gamba, e poco mancò che non si morì. Di ordine similmente del Tribolo fece, per la comedia che si recitò, Aristotele da San Gallo (in queste veramente eccellentissimo, come si dirà nella Vita sua) una maravigliosa prospettiva; et esso Tribolo fece per gl’abiti degl’intermedii, che furono opera di Giovambatista Strozzi, il quale ebbe carico di tutta la comedia, le più vaghe e belle invenzioni di vestiti, di calzari, d’acconciature di capo e d’altri abbigliamenti che sia possibile imaginarsi. Le quali cose furono cagione che il Duca si servì poi in molte capricciose mascherate dell’ingegno del Tribolo, come in quella degl’Orsi, per un palio di Bufole, in quella de’ Corbi, et in altre. [Geburt/Taufe Francesco de’ Medicis, Florenz:] Similmente l’anno che al detto signor Duca nacque il signor don Francesco suo primogenito, avendosi a fare nel tempio di San Giovanni di Firenze un suntuoso apparato, il quale fusse onoratissimo e capace di cento nobilissime giovani, le quali l’avevano ad accompagnare dal palazzo insino al detto tempio dove aveva a ricevere il battesimo, ne fu dato carico al Tribolo, il quale insieme col Tasso, accomodandosi al luogo, fece che quel tempio, che per sé è antico e bellissimo, pareva un nuovo tempio alla moderna, ottimamente inteso, insieme con i sederi intorno riccamente adorni di pitture e d’oro. Nel mezzo sotto la lanterna fece un vaso grande di legname intagliato in otto facce, il quale posava il suo piede sopra quattro scaglioni; et in su i canti dell’otto facce erano certi viticcioni, i quali movendosi da terra, dove erano alcune zampe di leone, avevano in cima certi putti grandi, i quali facendo varie attitudini tenevano con le mani la bocca del vaso e colle spalle alcuni festoni che giravano e facevano pendere nel vano del mezzo una ghirlanda attorno attorno. Oltre ciò avea fatto il Tribolo nel mezzo di questo vaso un basamento di legname con belle fantasie attorno, in sul quale mise per finimento il San Giovan Battista di marmo alto braccia tre, di mano di Donatello, che fu lasciato da lui nelle case di Gismondo Martelli, come si è detto nella Vita di esso Donatello. Insomma, essendo questo tempio dentro e fuori stato ornato quanto meglio si può imaginare, era solamente stata lasciata indietro la cappella principale, dove in un tabernacolo vecchio sono quelle figure di rilievo che già fece Andrea Pisano. Onde pa-
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reva, essendo rinovato ogni cosa, che quella capella così vecchia togliesse tutta la grazia che l’altre cose tutte insieme avevano. Andando dunque un giorno il Duca a vedere questo apparato, come persona di giudizio lodò ogni cosa e conobbe quanto si fusse bene accomodato il Tribolo al sito e luogo et ad ogni altra cosa. Solo biasimò sconciamente che a quella capella principale non si fusse avuto cura; onde a un tratto, come persona risoluta, con bel giudizio ordinò che tutta quella parte fusse coperta con una tela grandissima dipinta di chiaroscuro, dentro la quale San Giovanni Battista battezzasse Cristo, et intorno fussero popoli che stessono a vedere e si battezzassino, altri spogliandosi et altri rivestendosi in varie attitudini; e sopra fusse un Dio Padre che mandasse lo Spirito Santo, e due fonti in guisa di fiumi, per IOR. e DAN., i quali versando acqua facessero il Giordano. Essendo adunque ricerco di far questa opera da messer Pierfrancesco Riccio, maiordomo allora del Duca, e dal Tribolo, Iacopo da Puntormo non la volle fare, perciò che il tempo che vi era solamente di sei giorni non pensava che gli potesse bastare: il simile fece Ridolfo Ghirlandaio, Bronzino e molti altri. […] quando gli [Vasari] fu dato ordine dal signor Duca che facesse la detta tela con la già detta invenzione; la quale opera egli condusse in sei giorni di chiaroscuro, e la diede finita in quel modo che sanno coloro che videro quanta grazia et ornamento ella diede a tutto quello apparato, e quanto ella rallegrasse quella parte che più n’aveva bisogno di quel tempio e nelle magnificenza di quella festa. Si portò dunque tanto bene il Tribolo, per tornare oggimai onde mi sono, non so come, partito, che ne meritò somma lode; et una gran parte degl’ornamenti che fece fra le colonne, volse il Duca che vi fussero lasciati, e vi sono ancora e meritamente.“ [S. 222-223:] [Girandole, San Giovanni-Fest, Florenz:] „E perché era costume della città di Fiorenza fare quasi ogni anno per la festa di San Giovanni Battista in sulla piazza principale, la sera di notte, una girandola, cioè una machina piena di trombe di fuoco e di razzi et altri fuochi lavorati, la quale girandola aveva ora forma di tempio, ora di nave, ora di scogli e talora d’una città o d’uno inferno, come più piaceva all’inventore, fu dato cura un anno di farne una al Tribolo, il quale la fece, come di sotto si dirà, bellissima. E perché delle varie maniere di tutti questi così fatti fuochi, e particolarmente de’ lavorati, tratta Vannoccio Sanese et altri, non mi distenderò in questo; dirò bene alcune cose delle qualità delle girandole. Il tutto adunque si fa di legname con spazii larghi che spuntino in fuori da piè, acciò che i raggi, quando hanno avuto fuoco, non accendano gl’altri, ma s’alzino mediante le distanze a poco a poco del pari, e secondando l’un l’altro, empiano il cielo del fuoco che è nelle grillande da sommo e da piè; si vanno, dico, spartendo larghi, acciò non abrucino a un tratto e facciano bella vista. Il medesimo fanno gli scoppi, i quali, stando legati a quelle parti ferme della girandola, fanno bellissime gazzarre. Le trombe similmente [si] vanno accomodando negli ornamenti e si fanno uscire le più volte per bocca di maschere o d’altre cose simili. Ma l’importanza sta nell’accomodarla in modo che i lumi, che ardono in certi vasi, durino tutta la notte e faccino la piazza luminosa: onde tutta l’opera è guidata da un semplice stoppino, che bagnato in polvere piena di solfo et acqua vita, a poco a poco camina ai luoghi dove egli ha di mano in mano a dar fuoco, tanto che abbia fatto tutto. E perché si figurano, come ho detto, varie cose, ma che
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abbino che fare alcuna cosa col fuoco e sieno sottoposte agli incendii ˗ et era stata fatta molto inanzi la città di Soddoma e Lotto con le figliuole che di quella uscivano, et altra volta Gerione con Virgilio e Dante addosso, sì come da esso Dante si dice nell’Inferno, e molto prima Orfeo che traeva seco da esso inferno Euridice, et altre molte invenzioni ˗, ordinò Sua Eccellenza che non certi fantocciai, che avevano già molt’anni fatto nelle girandole mille gofferie, ma un maestro eccellente facesse alcuna cosa che avesse del buono. Per che datene cura al Tribolo, egli con quella virtù et ingegno che avea l’altre cose fatto, ne fece una in forma di tempio a otto facce bellissimo, alta tutta con gl’ornamenti venti braccia; il qual tempio egli finse che fusse quello della Pace, facendo in cima il simulacro della Pace che metta fuoco in un gran monte d’arme che aveva a’ piedi; le quali armi, statua della Pace, e tutte altre figure che facevano essere quella machina bellissima, erano di cartoni, terra e panni incollati, acconci con arte grandissima: erano, dico, di cotali materie, acciò l’opera tutta fusse leggèri, dovendo essere da un canapo doppio, che traversava la piazza in alto, sostenuta per molto spazio alta da terra. Ben è vero che essendo stati acconci dentro i fuochi troppo spessi e le guide degli stopini troppo vicine l’una all’altra, che datole fuoco, fu tanta la veemenza dell’incendio, e grande e sùbita vampa, che ella si accese tutta a un tratto et abbruciò in un baleno dove aveva a durare ad ardere un’ora almeno; e, che fu peggio, attaccatosi fuoco al legname et a quello che dovea conservarsi, si abbruciarono i canapi et ogni altra cosa a un tratto, con danno non piccolo e poco piacere de’ popoli. Ma quanto apartiene all’opera, ella fu la più bella che altra girandola la quale insino a quel tempo fusse stata fatta già mai.“ 23. Baccio Bandinelli, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 243-275: [S. 243-244:] [Einzug Leos X., Florenz:] „Ma l’anno 1515, nell’andare a Bologna passando per Firenze papa Leone X, la città per onorarlo, tra gli altri molti ornamenti et apparati, fece fare sotto un arco della loggia di piazza, vicino al palazzo, un colosso di braccia nove e mezzo, e lo dette a Baccio. Era il colosso un Ercole, il quale per le parole anticipate di Baccio s’aspettava che superassi il Davitte del Buonarroto, quivi vicino; ma non corrispondendo al dire il fare né l’opera al vanto, scemò assai Baccio nel concetto degli artefici e di tutta la città, il quale prima s’aveva di lui.“ [S. 274-275:] [Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] „Il duca Cosimo poi nelle nozze della reina Giovanna d’Austria sua nuora, dopo la morte di Baccio sette anni, ha fatto nella sala grande finire l’Udienza, della quale abbiamo ragionato di sopra, cominciata da Baccio; e di tal finimento ha voluto che sia capo Giorgio Vasari, il quale ha cerco con ogni diligenza di rimediare a molti difetti che sarebbero stati in lei, se ella si seguitava e si finiva secondo il principio e primo ordine suo. […] E fu certamente grande animo quello del duca Cosimo a risolversi di fare finire per le nozze sopradette tutta questa opera in tempo di cinque mesi, alla quale mancava più del terzo, volendola condurre a perfezzione, et insino a quel termine, dove ella era allora, era arrivata in più di quindici anni. Ma non solo Sua Eccellenza fece finire del tutto l’opera del Baccio, ma il resto ancora di quel che aveva ordinato Giorgio Vasari,
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ripigliando dal basamento che ricorre sopra tutta quell’opera, con un ricinto di balaustri ne’ vani, che fa un corridore che passa sopra questo lavoro della sala, e vede di fuori la piazza e di dentro tutta la sala. Così potranno i principi e’ signori stare a vedere, senza essere veduti, tutte le feste che vi si faranno, con molto commodo loro e piacere, e ritirarsi poi nelle camere a camminare per le scale segrete e pubbliche per tutte le stanze del palazzo.“ 24. Cristofano Gherardi detto Doceno, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 291-293. [„La Talanta“, Venedig:] „Essendo poi, per mezzo di messer Pietro Aretino, chiamato Giorgio Vasari a Vinezia a ordinare e fare per i gentiluomini e signori della Compagnia della Calza l’apparato d’una sontuosissima e molto magnifica festa, e la scena d’una commedia fatta dal detto messer Pietro Aretino per i detti signori, egli, come quello che non potea da sé solo condurre una tanta opera, mandò per Cristofano e Battista Cungii sopradetti; i quali arrivati finalmente a Vinezia dopo essere stati trasportati dalla fortuna del mare in Schiavonia, trovarono che il Vasari non solo era là innanzi a loro arrivato, ma avea già disegnato ogni cosa e non ci aveva se non a por mano a dipignere. Avendo dunque i detti signori della Calza presa nel fine di Canareio una casa grande che non era finita, anzi non aveva se non le mura principali et il tetto, nello spazio d’una stanza lunga settanta braccia e larga sedici fece fare Giorgio due ordini di gradi di legname, alti braccia quattro da terra, sopra i quali avevano a stare le gentildonne a sedere; e le facciate delle bande divise ciascuna in quattro quadri di braccia dieci l’uno, distinti con nicchie di quattro braccia l’una per larghezza, dentro le quali erano figure; le quali nicchie erano in mezzo ciascuna a due termini di rilievo alti braccia nove, di maniera che le nicchie erano per ciascuna banda cinque, et i termini dieci, che in tutta la stanza venivano a essere dieci nicchie, venti termini e otto quadri di storie. Nel primo de’ quali quadri a man ritta a canto alla scena, che tutti erano di chiaro scuro, era, figurata per Vinezia, Adria finta bellissima, in mezzo al mare e sedente sopra uno scoglio con un ramo di corallo in mano; et intorno a essa stavano Nettunno, Teti, Proteo, Nereo, Glauco, Palemone et altri Dii e Ninfe marine, che le presentavano gioie, perle et oro, et altre ricchezze del mare; et oltre ciò vi erano alcuni Amori che tiravano saette, et altri che in aria volando spargevano fiori; et il resto del campo del quadro era tutto di bellissime palme. Nel secondo quadro era il fiume della Drava e della Sava ignudi, con i loro vasi. Nel terzo era il Po, finto grosso e curpulento, con sette figliuoli, fatti per i sette rami che di lui uscendo mettono, come fusse ciascuno di loro fiume regio, in mare. Nel [quarto] quadro era la Brenta, con altri fiumi del Friuli. Nell’altra faccia, dirimpetto all’Adria, era l’isola di Candia, dove si vedeva Giove essere allattato dalla capra, con molte Ninfe intorno. A canto a questo, cioè dirimpetto alla Drava, era il fiume del Tagliamento et i monti di Cadoro. E sotto a questo, dirimpetto al Po, era il lago Benaco et il Mincio che entravano in Po. Allato a questo, e dirimpetto alla Brenta, era l’Adice et il Tesino entranti in mare. I quadri dalla banda ritta erano tramezzati da queste Virtù, collocate nelle nicchie: Liberalità, Concordia, Pietà, Pace e Religione. Dirimpetto, nell’altra faccia, erano la Fortezza, la Prudenza Civile, la Iustizia, una Vettoria con la Guerra sotto, et in ultimo una Carità. Sopra poi erano cornicione, architrave et un fregio pieno di lumi e di palle di vetro piene d’acque stillate, acciò, avendo dietro lumi, rendes-
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sono tutta la stanza luminosa. Il cielo poi era partito in quattro quadri, larghi ciascuno dieci braccia per un verso e per l’altro otto; e, tanto quanto teneva la larghezza delle nicchie di quattro braccia, era un fregio che rigirava intorno intorno alle cornice, et alla dirittura delle nicchie veniva nel mezzo di tutti vani un quadro di braccia tre per ogni verso; i quali quadri erano in tutto XXIII, senza uno che n’era doppio, sopra la scena, che faceva il numero di ventiquattro: et in quest’erano l’Ore, cioè dodici della notte e dodici del giorno. Nel primo de’ quadri grandi dieci braccia, il quale era sopra la scena era il Tempo che dispensava l’Ore ai luoghi loro, accompagnato da Eolo dio de’ Venti, da Giunone e da Iride. In un altro quadro era, all’entrare della porta, il carro dell’Aurora, che uscendo delle braccia a Titone andava spargendo rose, mentre esso carro era da alcuni galli tirato. Nell’altro era il carro del Sole; e nel quarto era il carro della Notte, tirato da barbagianni: la qual Notte aveva la luna in testa, alcune nottole innanzi, e d’ogni intorno tenebre. De’ quali quadri fece la maggior parte Cristofano, e si portò tanto bene, che ne restò ognuno maravigliato: e massimamente nel carro della Notte, dove fece di bozze a olio quello che in un certo modo non era possibile. Similmente nel quadro d’Adria fece que’ mostri marini con tanta varietà e bellezza, che chi gli mirava rimanea stupito come un par suo avesse saputo tanto. Insomma, in tutta quest’opera si portò oltre ogni credenza da valente e molto pratico dipintore, e massimamente nelle grottesche e fogliami. […] [Einzug Pauls III., Perugia:] Ma perché Cristofano, essendo ribello dello Stato di Firenze, non poteva seguitare Giorgio, se ne tornò a San Giustino; dove non fu stato molto, facendo sempre qualcosa per lo già detto abbate, che andò a Perugia la prima volta che vi andò papa Paulo Terzo, dopo le guerre fatte con i Perugini: dove, nell’apparato che si fece per ricevere Sua Santità, si portò in alcune cose molto bene, e particolarmente al portone detto di frate Rinieri, dove fece Cristofano, come volle monsignor della Barba, allora quivi governatore, un Giove grande irato et un altro placato, che sono due bellissime figure; e dall’altra banda fece un Atlante col mondo addosso et in mezzo a due femine, che avevano una la spada e l’altra le bilance in mano. Le quali opere, con molte altre che fece in quelle feste Cristofano, furono cagione che, fatta poi murare dal medesimo Pontefice in Perugia la cittadella, messer Tiberio Crispo, che allora era governatore e castellano, nel fare dipignere molte stanze volle che Cristofano, oltre quello che vi avea lavorato Lattanzio pittore marchigiano insin allora, vi lavorasse anch’egli.“ 25. Iacopo da Puntormo, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 310-314: [S. 313-314:] [Karnevalsumzüge anlässlich der Papstkrönung Leos X., Florenz:] „Il carnovale del medesimo anno, essendo tutta Fiorenza in festa et in allegrezza per la creazione del detto Leone Decimo, furono ordinate molte feste, e fra l’altre due bellissime e di grandissima spesa da due Compagnie di signori e gentiluomini della città; d’una delle quali, che era chiamata il Diamante, era capo il signor Giuliano de’ Medici fratello del Papa, il quale l’aveva intitolata così per essere stato il diamante impresa di Lorenzo il Vecchio suo padre; e dell’altra, che aveva per nome e per insegna il Broncone, era capo il signor Lorenzo figliuolo di Piero de’ Medici, il quale, dico, aveva
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per impresa un broncone, cioè un tronco di lauro secco che rinverdiva le foglie, quasi per mostrare che rinfrescava e risurgeva il nome dell’avolo. Dalla Compagnia dunque del Diamante fu dato carico a messer Andrea Dazzi, che allora leggeva lettere greche e latine nello Studio di Fiorenza, di pensare all’invenzione d’un trionfo. Onde egli ne ordinò uno, simile a quelli che facevano i Romani trionfando, di tre carri bellissimi e lavorati di legname, dipinti con bello e ricco artificio. Nel primo era la Puerizia con un ordine bellissimo di fanciulli; nel secondo era la Virilità con molte persone che nell’età loro virile avevano fatto gran cose; e nel terzo era la Senettù con molti chiari uomini che nella loro vecchiezza avevano gran cose operato: i quali tutti personaggi erano ricchissimamente adobati, intantoché non si pensava potersi far meglio. Gl’architetti di questi carri furono Raffaello delle Vivuole, il Carota intagliatore, Andrea di Cosimo pittore et Andrea del Sarto; e quelli che feciono et ordinarono gl’abiti delle figure furono ser Piero da Vinci, padre di Lionardo, e Bernardino di Giordano, bellissimi ingegni; et a Iacopo Puntormo solo toccò a dipignere tutti e tre i carri, nei quali fece in diverse storie di chiaro scuro molte transformazioni degli Dii in varie forme, le quali oggi sono in mano di Pietro Paulo Galeotti orefice ec[cellente]. Portava scritto il primo carro in note chiarissime: ERIMUS, il secondo SUMUS, et il terzo FUIMUS, cioè ‚Saremo‘, ‚Siamo‘, ‚Fummo‘. La canzone cominciava: ‚Volano gl’anni‘, etc. Avendo questi trionfi veduto il signor Lorenzo, capo della Compagnia del Broncone, e disiderando che fussero superati, dato del tutto carico a Iacopo Nardi, gentiluomo nobile e literatissimo, al quale, per quello che fu poi, è molto obligata la sua patria Fiorenza, esso Iacopo ordinò sei trionfi per radoppiare quelli stati fatti dal Diamante. Il primo, tirato da un par di buoi vestiti d’erba, rappresentava l’età di Saturno e di Iano, chiamata dell’oro, et aveva in cima del carro Saturno con la falce et Iano con le due teste e con la chiave del tempio della Pace in mano, e sotto i piedi legato il Furore, con infinite cose attorno pertinenti a Saturno, fatte bellissime e di diversi colori dall’ingegno del Puntormo. Accompagnavano questo trionfo sei coppie di pastori ignudi, ricoperti in alcune parti con pelle di martore e zibellini, con stivaletti all’antica di varie sorte e con i loro zaini e ghirlande in capo di molte sorti frondi. I cavalli sopra i quali erano questi pastori erano senza selle, ma coperti di pelle di leoni, di tigri e di lupi cervieri, le zampe de’ quali, messe d’oro, pendevano dagli lati con bella grazia. Gl’ornamenti delle groppe e staffieri erano di corde d’oro; le staffe, teste di montoni, di cane e d’altri simili animali; et i freni e redine fatti di diverse verzure e di corde d’argento. Aveva ciascun pastore quattro staffieri in abito di pastorelli, vestiti più semplicemente d’altre pelli, e con torce fatte a guisa di bronconi secchi e di rami di pino, che facevano bellissimo vedere. Sopra il secondo carro, tirato da due paia di buoi vestiti di drappo ricchissimo, con ghirlande in capo e con paternostri grossi che loro pendevano dalle dorate corna, era Numa Pompilio secondo re de’ Romani, con i libri della religione e con tutti gl’ordini sacerdotali e cose appartenenti a’ sacrifici, perciò che egli fu appresso i Romani autore e primo ordinatore della relligione [sic!] e de’ sacrifizii. Era questo carro accompagnato da sei sacerdoti sopra bellissime mule, coperti il capo con manti di tela ricamati d’oro e d’argento a foglie d’ellera maestrevolmente lavorati; in dosso avevano vesti sacerdotali all’antica, con balzane e fregi d’oro attorno ricchissimi, et in mano chi un turibolo e chi un vaso d’oro e chi altra cosa somigliante. Alle staffe avevano ministri a uso di Leviti, e le torce che questi avevano in mano erano a uso di candellieri antichi e fatti con bello artifizio. Il terzo carro rappresentava il consolato di Tito Manlio Torquato, il quale fu
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consolo dopo il fine della prima guerra cartaginese e governò di maniera che al tempo suo fiorirono in Roma tutte le virtù e prosperità. Il detto carro, sopra il quale era esso Tito con molti ornamenti fatti dal Puntormo, era tirato da otto bellissimi cavalli, et innanzi gl’andavano sei coppie di senatori togati sopra cavalli coperti di teletta d’oro, accompagnati da gran numero di staffieri rappresentanti littori con fasci, securi et altre cose pertinenti al ministerio della iustizia. Il quarto carro, tirato da quattro bufali acconci a guisa d’elefanti, rappresentava Giulio Cesare trionfante per la vittoria avuta di Cleopatra, sopra il carro tutto dipinto dal Puntormo dei fatti di quello più famosi; il quale carro accompagnavano sei coppie d’uomini d’arme vestiti di lucentissime armi e ricche, tutte fregiate d’oro, con le lance in sulla coscia; e le torce che portavano li staffieri mezzi armati, avevano forma di trofei in varii modi accomodati. Il quinto carro, tirato da cavalli alati che avevano forma di grifii, aveva sopra Cesare Augusto dominatore dell’universo, accompagnato da sei coppie di poeti a cavallo, tutti coronati, sì come anco Cesare, di lauro, e vestiti in varii abiti, secondo le loro province: e questi, perciò che furono i poeti sempre molto favoriti da Cesare Augusto, il quale essi posero con le loro opere in cielo; et acciò fussero conosciuti, aveva ciascun di loro una scritta a traverso a uso di banda, nella quale erano i loro nomi. Sopra il sesto carro, tirato da quattro paia di giovenchi vestiti riccamente, era Traiano imperatore giustissimo, dinanzi al quale, sedente sopra il carro, molto bene dipinto dal Puntormo, andavano, sopra belli e ben guerniti cavalli, sei coppie di dottori legisti, con toghe infino ai piedi e con mozzette di vai, secondo che anticamente costumavano i dottori di vestire; i staffieri, che portavano le torce in gran numero, erano scrivani, copisti e notai con libri e scritture in mano. Dopo questi sei veniva il carro overo trionfo dell’Età e Secol d’oro, fatto con bellissimo e ricchissimo artifizio, con molte figure di rilievo fatte da Baccio Bandinelli, e con bellissime pitture di mano del Puntormo, fra le quali di rilievo furono molto lodate le quattro Virtù cardinali. Nel mezzo del carro surgeva una gran palla in forma d’apamondo, sopra la quale stava prostrato bocconi un uomo come morto, armato d’arme tutte ruginose, il quale avendo le schiene aperte e fesse, della fessura usciva un fanciullo tutto nudo e dorato, il quale rappresentava l’Età dell’oro resurgente e la fine di quella del ferro, della quale egli usciva e rinasceva per la creazione di quel Pontefice: e questo medesimo significava il broncone secco, rimettente le nuove foglie, comeché alcuni dicessero che la cosa del broncone alludeva a Lorenzo de’ Medici, che fu duca d’Urbino. Non tacerò che il putto dorato, il quale era ragazzo d’un fornaio, per lo disagio che patì per guadagnare dieci scudi, poco appresso si morì. La canzone che si cantava da quella mascherata, secondo che si costuma, fu composizione del detto Iacopo Nardi; e la prima stanza diceva così: Colui che dà leggi alla natura, E i varii stati e secoli dispone, D’ogni bene è cagione, E il mal, quanto permette, al mondo dura: Onde, questa figura Contemplando, si vede Come con certo piede L’un secol dopo l’altro al mondo viene, E muta il bene in male, e il male in bene.
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[Einzug Leos X., Florenz:] Riportò dell’opere che fece in questa festa il Puntormo, oltre l’utile, tanta lode, che forse pochi giovani della sua età n’ebbero mai altretanta in quella città; onde, venendo poi esso papa Leone a Fiorenza, fu negl’apparati che si fecero molto adoperato: perciò che accompagnatosi con Baccio da Montelupo, scultore d’età, il quale fece un arco di legname in testa della via del Palagio, dalle scalee di Badia, lo dipinse tutto di bellissime storie, le quali poi, per la poca diligenza di chi n’ebbe cura, andarono male; solo ne rimase una, nella qual Pallade accorda uno strumento in sulla lira d’Apollo con bellissima grazia: dalla quale storia si può giudicare di quanta bontà e perfezzione fussero l’altre opere e figure. Avendo nel medesimo apparato avuto cura Ridolfo Ghirlandaio di acconciare e d’abbellire la sala del Papa, che è congiunta al convento di Santa Maria Novella ed è antica residenza de’ Pontefici in quella città, stretto dal tempo, fu forzato a servirsi in alcune cose dell’altrui opera.“ [S. 314:] [Festa di San Giovanni, Florenz:] „In questo medesimo tempo dipinse alcuni quadri e storiette a olio per i maestri di Zecca nel carro della Moneta, che va ogni anno per S. Giovanni a processione: l’opera del qual carro fu di mano di Marco del Tasso […].“ 26. Simone Mosca, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 345: [Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] „Il medesimo Moschino, nell’apparato della serenissima reina Giovanna e dell’illustrissimo prencipe di Firenze, si è portato molto bene in quell’opere che gli furono date a fare.“ 27. I Genga e il San Marino, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 348-355: [S. 348:] [Komödienaufführungen unspezifisch, Urbino:] „Fu anco particolarmente trattenuto il Genga dal detto Duca per far scene et apparati di commedie, le quali, perché aveva bonissima intelligenza di prospettiva e gran principio di architettura, faceva molto mirabili e belli. […] [Hochzeit von Francesco Maria della Rovere mit Eleonora Gonzaga, Urbino:] In questo tempo, morto il duca Guido e successo Francesco Maria duca Terzo d’Urbino, fu da lui richiamato da Roma e constretto a ritornare a Urbino in quel tempo che ’l predetto Duca tolse per moglie e menò nel Stato Leonora Gonzaga figliuola del marchese di Mantova, e da Sua Eccellenza fu adoperato in far archi trionfali, apparati e scene di commedie, che tutto fu da lui tanto ben ordinato e messo in opera, che Urbino si poteva assimigliare a una Roma trionfante; onde ne riportò fama et onore grandissimo.“ [S. 350:] [Maskeraden unspezifisch, Urbino:] „Fu bellissimo inventore di mascherate e d’abiti,
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come si vidde al tempo del detto Duca, dal quale meritò per le sue rare virtù e buone qualità essere assai remunerato.“ [S. 353:] [Baldassari Lancia da Urbino, Hochzeit von Guidobaldo II. della Rovere mit Vittoria Farnese, Urbino:] „[…] ma tornato a Urbino, fu da quel Duca ricevuto al suo servizio e poi sempre avuto molto caro. Né molto dopo, avendo quel Duca presa per donna la signora Vettoria Farnese, Bartolomeo ebbe carico dal Duca di fare gl’apparati di quelle nozze, i quali egli fece veramente magnifici et onorati. E fra l’altre cose fece un arco trionfale nel borgo di Valbuona, tanto bello e ben fatto che non si può vedere né il più bello né il maggiore; onde fu conosciuto quanto nelle cose d’architettura avesse acquistato in Roma.“ [S. 355:] [Bartolomeo Genga, Maskeraden und Komödienaufführungen unspezifisch:] „Fu Bartolomeo bellissimo inventore di mascherate e rarissimo in fare apparati di commedie e scene. Dilettossi di fare sonetti et altri componimenti di rime e di prose, ma niuno meglio gli riusciva che l’ottava rima, nella qual maniera di scrivere fu assai lodato componitore.“ 28. Bastiano detto Aristotile, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 394-404: [Einzug Leos X., Florenz:] „Ma all’incontro gli fu ben lodato tutto quello che fece in Fiorenza nella venuta di papa Leone, facendo in compagnia di Francesco Granacci un arco trionfale dirimpetto alla porta di Badia, con molte storie, che fu bellissimo. [Hochzeit Lorenzo de’ Medicis, Florenz:] Parimente nelle nozze del duca Lorenzo de’ Medici fu di grande aiuto in tutti gl’apparati, e massimamente in alcune prospettive per comedie al Francia Bigio e Ridolfo Grillandaio, che avevan cura d’ogni cosa. […] Ma conoscendo Aristotile di non avere invenzione, e quanto la pittura richieggia studio e buon fondamento di disegno, e che per mancar di queste parti non poteva gran fatto divenire eccellente, si risolvé di volere che il suo esercizio fusse l’architettura e la prospettiva, facendo scene da comedie a tutte l’occasioni che se gli porgessero, alle quali aveva molta inclinazione. […] [Komödienaufführungen Compagnia della Cazzuola, Florenz:] Intanto avendo fatto Aristotile grande amicizia con Andrea del Sarto suo vicino, dal quale imparò a fare molte cose perfettamente, attendendo con molto studio alla prospettiva, onde poi fu adoperato in molte feste che si fecero da alcune Compagnie di gentiluomini, che in quella tranquillità di vivere erano allora in Firenze. Onde avendosi a fare recitare dalla Compagnia della Cazzuola in casa di Bernardino di Giordano, al canto a Monteloro, la Mandragola, piacevolissima comedia, fecero la prospettiva, che fu bellissima, Andrea del Sarto et Aristotile; e non molto dopo, alla Porta San Friano, fece Aristotile un’altra prospettiva in casa Iacopo Fornaciaio, per un’altra comedia del medesimo autore. Nelle quali prospettive e scene, che molto piacquero all’universale, et in particolare al signor Alessandro et Ipolito de’ Medici, che allora erano in Fiorenza
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sotto la cura di Silvio Passerini cardinale di Cortona, acquistò di maniera nome Aristotile, che quella fu poi sempre la sua principale professione; anzi, come vogliono alcuni, gli fu posto quel sopranome, parendo che veramente nella prospettiva fusse quello che Aristotile nella filosofia. Ma come spesso adiviene, che da una somma pace e tranquillità si viene alle guerre e discordie, venuto l’anno 1527, si mutò in Fiorenza ogni letizia e pace in dispiacere e travagli; perché essendo allora cacciati i Medici, e dopo venuta la peste e l’assedio, si visse molti anni poco lietamente; onde non si facendo allora dagl’artefici alcun bene, si stette Aristotile in que’ tempi sempre a casa, attendendo a’ suoi studii e capricci. [Tragikomödie, Florenz, Giovan Maria Primerani:] Ma venuto poi al governo di Fiorenza il duca Alessandro, e cominciando alquanto a rischiarare ogni cosa, i giovani della Compagnia de’ Fanciulli della Purificazione, dirimpetto a San Marco, ordinarono di fare una tragicomedia, cavata dei Libri de’ Re, delle tribolazioni che furono per la violazione di Tamar, la quale avea composta Giovan Maria Primerani. Per che dato cura della scena e prospettiva ad Aristotile, egli fece una scena la più bella (per quanto capeva il luogo) che fusse stata fatta già mai. E perché, oltre al bell’apparato, la tragicomedia fu bella per sé e ben recitata, e molto piacque al duca Alessandro et alla sorella che l’udirono, fecero Loro Eccell[enze] liberare l’autore di essa, che era in carcere, con questo che dovesse fare un’altra comedia a sua fantasia. Il che avendo fatto, Aristotile fece nella loggia del giardino de’ Medici in sulla piazza di San Marco una bellissima scena e prospettiva, piena di colonnati, di nicchie, di tabernacoli, statue e molte altre cose capricciose, che insin allora in simili apparati non erano state usate; le quali tutte piacquero infinitamente et hanno molto arric[c]hito quella maniera di pitture. Il soggetto della comedia fu Ioseffo accusato falsamente d’avere voluto violare la sua padrona, e per ciò incarcerato e poi liberato per l’interpretazione del sogno del re. [Hochzeit Alessandro de’ Medicis mit Margarethe von Parma, Florenz, Mordversuch durch Lorenzino de’ Medici:] Essendo dunque anco questa scena molto piaciuta al Duca, ordinò, quando fu el tempo, che nelle sue nozze e di madama Margherita d’Austria si facesse una comedia, e la scena da Aristotile in via di San Gallo, nella Compagnia de’ Tessitori congiunta alle case del magnifico Ottaviano de’ Medici: al che avendo messo mano Aristotile con quanto studio, diligenza e fatica gli fu mai possibile, condusse tutto quell’apparato a perfezione. E perché Lorenzo di Pier Francesco de’ Medici, avendo egli composta la comedia che si aveva da recitare, avea cura di tutto l’apparato e delle musiche, come quegli che andava sempre pensando in che modo potesse uccidere il Duca, dal quale era cotanto amato e favorito, pensò di farlo capitar male nell’apparato di quella comedia. Costui dunque, là dove terminavano le scale della prospettiva et il palco della scena, fece da ogni banda delle cortine delle mura gettare in terra diciotto braccia di muro per altezza, per rimurare dentro una stanza a uso di scarsella che fusse assai capace, e un palco alto quanto quello della scena, il quale servisse per la musica di voci; e sopra il primo volea fare un altro palco per gravicemboli, organi et altri simili instrumenti, che non si possono così facilmente muovere né mutare; et il vano dove avea rovinato le mura dinanzi voleva che fusse coperto di tele dipinte in prospettiva e di casamenti. Il che tutto piaceva ad Aristotile, perché arric[c]hiva la scena e lasciava libero il palco di quella dagl’uomini della musica. Ma non piaceva già ad esso Aristotile che il cavallo che sosteneva il tetto, il quale era rimaso senza le mura di sotto che il reggevano, si ac-
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comodasse altrimenti che con un arco grande e doppio, che fusse gagliardissimo: là dove voleva Lorenzo che fusse retto da certi puntelli e non da altro, che potesse in niun modo impedire la musica. Ma conoscendo Aristotile che quella era una trappola da rovinare addosso a una infinità di persone, non si voleva in questo accordare in modo veruno con Lorenzo, il quale in verità non aveva altro animo che d’uccidere in quella rovina il Duca. Per che vedendo Aristotile di non poter mettere nel capo a Lorenzo le sue buone ragioni, avea deliberato di volere andarsi con Dio, quando Giorgio Vasari, il quale allora, benché giovanetto, stava al servizio del duca Alessandro et era creatura d’Ottaviano de’ Medici, sentendo, mentre dipigneva in quella scena, le dispute e’ dispareri che erano fra Lorenzo et Aristotile, si mise destramente di mezzo: et udito l’uno e l’altro, et il pericolo che seco portava il modo di Lorenzo, mostrò che senza fare l’arco o impedire in altra guisa il palco delle musiche, si poteva il detto cavallo del tetto assai facilmente accomodare, mettendo due legni doppii di 15 braccia l’uno per la lunghezza del muro, e quelli bene allacciati con spranghe di ferro allato agl’altri cavalli, sopra essi posare sicuramente il cavallo di mezzo, perciò che vi stava sicurissimo come sopra l’arco arebbe fatto, né più né meno. Ma non volendo Lorenzo credere né ad Aristotile, che l’approvava, né a Giorgio, che il proponeva, non faceva altro che contraporsi con sue cavillazione, che facevano conoscere il suo cattivo animo ad ognuno. Per che veduto Giorgio che disordine grandissimo poteva di ciò seguire, e che questo non era altro che un volere amazzare 300 persone, disse che volea per ogni modo dirlo al Duca, acciò mandasse a vedere e provedere al tutto. La qual cosa sentendo Lorenzo e dubitando di non scoprirsi, dopo molte parole diede licenzia ad Aristotile che seguisse il parere di Giorgio; e così fu fatto. Questa scena dunque fu la più bella che non solo insino allora avesse fatto Aristotile, ma che fusse stata fatta da altri già mai, avendo in essa fatto molte cantonate di rilievo e contrafatto nel mezzo del foro un bellissimo arco trionfale, finto di marmo, pieno di storie e di statue; senza le strade che sfuggivano, e molte altre cose fatte con bellissime invenzioni et incredibile studio e diligenza. [Hochzeit Cosimo I. de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz, Erfindung der ‚künstlichen Sonne‘:] Essendo poi stato morto dal detto Lorenzo il duca Alessandro e creato il duca Cosimo l’anno 1536, quando venne a marito la signora donna Leonora di Tolledo – donna nel vero rarissima e di così grande et incomparabile valore che può a qual sia più celebre e famosa nell’antiche storie senza contrasto aguagliarsi e per aventura preporsi –, nelle nozze che si fecero a dì 27 di giugno l’anno 1539, fece Aristotile nel cortile grande del palazzo de’ Medici, dove è la fonte, un’altra scena che rappresentò Pisa, nella quale vinse sé stesso, sempre migliorando e variando: onde non è possibile mettere insieme mai né la più variata sorte di finestre e porte né facciate di palazzi più bizzarre e capricciose, né strade o lontani che meglio sfuggano e facciano tutto quello che l’ordine vuole della prospettiva. Vi fece oltra di questo il campanile torto del Duomo, la cupola et il tempio tondo di S. Giovanni, con altre cose di quella città. Delle scale che fece in questa non dirò altro, né quanto rimanessero ingannati, per non parere di dire il medesimo che s’è detto altre volte: dirò bene che questa, la quale mostrava salire da terra in su quel piano, era nel mezzo a otto facce e dalle bande quadra, con artifizio nella sua semplicità grandissimo, perché diede tanta grazia alla prospettiva di sopra, che non è possibile in quel genere veder meglio. Appresso ordinò con molto ingegno una lanterna di legname a uso d’arco dietro a tutti i casamenti, con un sole alto un braccio fatto con una palla di
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cristallo piena d’acqua stillata, dietro la quale erano due torchî accesi, che la facevano in modo risplendere che ella rendeva luminoso il cielo della scena e la prospettiva, in guisa che pareva veramente il sole vivo e naturale; e questo sole, dico, avendo intorno un ornamento di razzi d’oro che coprivano la cortina, era di mano in mano per via d’un arganetto che era tirato con sì fatt’ordine, che a principio della comedia pareva che si levasse il sole, e che, salito infino al mezzo dell’arco, scendesse in guisa che al fine della comedia entrasse sotto e tramontasse. Compositore della comedia fu Anton Landi, gentiluomo fiorentino; e sopra gl’intermedii e la musica fu Giovan Batista Strozzi, allora giovane e di bellissimo ingegno. Ma perché dell’altre cose che adornarono questa comedia, gl’intermedii e le musiche, fu scritto allora a bastanza, non dirò altro se non chi furono coloro che fecero alcune pitture, bastando per ora sapere che l’altre cose condussero il detto Giovan Batista Strozzi, il Tribolo et Aristotile. Erano sotto la scena della comedia le facciate dalle bande spartite in sei quadri dipinti, e grandi braccia otto l’uno e larghi 5, ciascuno de’ quali aveva intorno un ornamento largo un braccio e due terzi, il quale faceva fregiatura intorno et era scorniciato verso le pitture, facendo 4 tondi in croce con due motti latini per ciascuna storia, e nel resto erano imprese a proposito. Sopra girava un fregio di rovesci azurri a torno a torno, salvo che dove era la prospettiva; e sopra questo era un cielo pur di rovesci, che copriva tutto il cortile; nel quale fregio di rovesci, sopra ogni quadro di storia, era l’arme d’alcuna delle famiglie più illustri con le quali avevano avuto parentado la casa de’ Medici. Cominciandomi dunque dalle parte di levante a canto alla scena, nella prima storia, la quale era di mano di Francesco Ubertini detto il Bachiacca, era la tornata d’esilio del magnifico Cosimo de’ Medici: l’impresa erano due colombe sopra un ramo d’oro, e l’arme che era nel fregio era quella del duca Cosimo. Nell’altro, il quale era di mano del medesimo, era l’andata a Napoli del magnifico Lorenzo: l’impresa un pellicano, e l’arme quella del duca Lorenzo, cioè Medici e Savoia. Nel terzo quadro, stato dipinto da Pierfrancesco di Iacopo di Sandro, era la venuta di papa Leone X a Fiorenza, portato dai suoi cittadini sotto il baldacchino: l’impresa era un braccio ritto, e l’arme quella del duca Giuliano, cioè Medici e Savoia. Nel quarto quadro, di mano del medesimo, era Biegrassa presa dal signor Giovanni, che di quella si vedeva uscire vettorioso: l’impresa era il fulmine di Giove, e l’arme del fregio era quella del duca Alessandro, cioè Austria e Medici. Nel quinto, papa Clemente coronava in Bologna Carlo V: l’impresa era un serpe che si mordeva la coda, e l’arme era di Francia e Medici; e questa era di mano di Domenico Conti, discepolo d’Andrea del Sarto, il quale mostrò non valere molto, mancatogli l’aiuto d’alcuni giovani de’ quali pensava servirsi, perché tutti, i buoni e’ cattivi, erano in opera: onde fu riso di lui, che molto presumendosi, si era altre volte con poco giudizio riso d’altri. Nella sesta storia et ultima da quella banda era di mano del Bronzino la disputa che ebbono tra loro in Napoli e innanzi all’imperatore il duca Alessandro et i fuoriusciti fiorentini, col fiume Sebeto e molte figure; e questo fu bellissimo quadro e migliore di tutti gl’altri: l’impresa era una palma, e l’arme quella di Spagna. Dirimpetto alla tornata del magnifico Cosimo, cioè dall’altra banda, era il felicissimo natale del duca Cosimo: l’impresa era una fenice, e l’arme quella della città di Fiorenza, cioè un giglio rosso. A canto a questo era la creazione overo elezzione del medesimo alla degnità del ducato: l’impresa il caduceo di Mercurio, e nel fregio l’arme del castellano della fortezza; e questa storia, essendo stata disegnata da Francesco Salviati, perché ebbe a partirsi in que’ giorni di Fiorenza, fu finita eccellente-
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mente da Carlo Portelli da Loro. Nella terza erano i tre superbi oratori Campani cacciati del Senato romano per la loro temeraria dimanda, secondo che racconta Tito Livio nel ventesimo libro della sua Storia, i quali in questo luogo significavano tre cardinali venuti invano al duca Cosimo con animo di levarlo del governo: l’impresa era un cavallo alato, e l’arme quella de’ Salviati e Medici. Nell’altro era la presa di Monte Murlo: l’impresa un assiuolo egizzio sopra la testa di Pirro, e l’arme quella di casa Sforza e Medici; nella quale storia, che fu dipinta da Antonio di Donnino, pittore fiero nelle movenze, si vedeva nel lontano una scaramuccia di cavalli tanto bella, che quel quadro, di mano di persona riputata debole, riuscì molto migliore che l’opere d’alcuni altri che erano valentuomini solamente in openione. Nell’altro si vedeva il duca Cosimo essere investito dalla Maestà Cesarea di tutte l’insegne et imprese ducali: l’impresa era una pica con foglie d’alloro in bocca, e nel fregio era l’arme de’ Medici e di Tolledo; e questa era di mano di Battista Franco viniziano. Nell’ultimo di tutti questi quadri erano le nozze del medesimo duca Cosimo fatte in Napoli: l’impresa erano due cornici, simbolo antico delle nozze, e nel fregio era l’arme di don Petro di Tolledo viceré di Napoli; e questa, che era di mano del Bronzino, era fatta con tanta grazia, che superò, come la prima, tutte l’altre storie. Fu similmente ordinato dal medesimo Aristotile, sopra la loggia, un fregio con altre storiette et arme, che fu molto lodato e piacque a Sua Eccell[enza], che di tutto il remunerò largamente. [unspezifisch, Komödienaufführungen:] E dopo, quasi ogni anno, fece qualche scena e prospettiva per le comedie che si facevano per carnovale, avendo in quella maniera di pitture tanta pratica e aiuto dalla natura, che aveva disegnato volere scriverne et insegnare; ma perché la cosa gli riuscì più difficile che non s’aveva pensato, se ne tolse giù, e massimamente essendo poi stato da altri che governarono il palazzo fatto fare prospettive dal Bronzino e Francesco Salviati, come si dirà a suo luogo. […] [S. 401:] [Komödienaufführung, Bankett des Ruberto Strozzi, Rom:] Un anno di carnovale, facendo in Roma Ruberto Strozzi banchetto a certi signori suoi amici, et avendosi a recitare una comedia nelle sue case, gli fece Aristotile nella sala maggiore una prospettiva (per quanto si poteva in stretto luogo) bellissima, e tanto vaga e graziosa, che fra gl’altri il cardinal Farnese non pure ne restò maravigliato, ma gliene fece fare una nel suo palazzo di San Giorgio, dove è la Cancelleria, in una di quelle sale mezzane che rispondono in sul giardino, ma in modo che vi stesse ferma, per poter ad ogni sua voglia e bisogno servirsene. Questa dunque fu da Aristotile condotta con quello studio che seppe e poté maggiore, di maniera che sodisfece al cardinale e gl’uomini dell’arte infinitamente; il quale cardinale avendo commesso a messer Curzio Frangipane che sodisfacesse Aristotile, e colui volendo, come discreto, fagli il dovere, et anco non soprapagare, disse a Perino del Vaga et a Giorgio Vasari che stimassero quell’opera. La qual cosa fu molto cara a Perino, perché portando odio ad Aristotile et avendo per male che avesse fatto quella prospettiva, la quale gli pareva dovere che avesse dovuto toccare a lui, come a servitore del cardinale, stava tutto pieno di timore e gelosia, e massimamente essendosi non pure d’Aristotile, ma anco del Vasari, servito in que’ giorni il cardinale e donatogli mille scudi per avere dipinto a fresco in cento giorni la sala di Parco Maiori nella Cancelleria. Disegnava dunque
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Perino per queste cagioni di stimare tanto poco la detta prospettiva d’Aristotile, ch’e’ s’avesse a pentire d’averla fatta. Ma Aristotile avendo inteso chi erano coloro che avevano a stimare la sua prospettiva, andato a trovare Perino, alla bella prima gli cominciò, secondo il suo costume, a dare per lo capo del tu, per essergli colui stato amico in giovanezza; laonde Perino, che già era di malanimo, venne in collera, e quasi scoperse, non se n’aveggendo, quello che in animo aveva malignamente di fare. Per che avendo il tutto raccontato Aristotile al Vasari, gli disse Giorgio che non dubitasse, ma stesse di buona voglia, che non gli sarebbe fatto torto. Dopo, trovandosi insieme per terminare quel negozio Perino e Giorgio, cominciando Perino, come più vecchio, a dire, si diede a biasimare quella prospettiva et a dire ch’ell’era un lavoro di pochi baiocchi, e che avendo Aristotile avuto danari a buon conto, e statogli pagati coloro che l’avevano aiutato, egli era più che soprapagato, aggiugnendo: ‚S’io l’avessi avuta a far io, l’arei fatta d’altra maniera e con altre storie et ornamenti che non ha fatto costui; ma il cardinal toglie sempre a favorire qualcuno che gli fa poco onore‘. Delle quali parole e altre conoscendo Giorgio che Perino voleva più tosto vendicarsi, dello sdegno che avea col cardinale, con Aristotile, che con amorevole pietà far riconoscere le fatiche e la virtù d’un buono artefice, con dolci parole disse a Perino: ‚Ancor ch’io non m’intenda di sì fatte opere più che tanto, avendone nondimeno vista alcuna di mano di chi sa farle, mi pare che questa sia molto ben condotta e degna d’essere stimata molti scudi, e non pochi, come voi dite, baiocchi; e non mi pare onesto che chi sta per gli scrittoi a tirare in su le carte, per poi ridurre in grand’opere, tante cose variate in prospettiva, debba esser pagato delle fatiche della notte, e da vantaggio del lavoro di molte settimane, nella maniera che si pagano le giornate di coloro che non vi hanno fatica d’animo e di mane, e poca di corpo, bastando imitare, senza stillarsi altrimenti il cervello come ha fatto Aristotile; e quando l’aveste fatta voi, Perino, con più storie e ornamenti, come dite, non l’areste forse tirata con quella grazia che ha fatto Aristotile, il quale in questo genere di pittura è con molto giudizio stato giudicato dal cardinale miglior maestro di voi. Ma considerate che alla fine non si fa danno, giudicando male e non dirittamente, ad Aristotile, ma all’arte, alla virtù e molto più all’anima, e se vi partirete dall’onesto per alcun vostro sdegno particolare: senzaché, chi la conosce per buona, non biasimerà l’opera, ma il nostro debole giudizio, e forse la malignità e nostra cattiva natura. E chi cerca di gratuirsi ad alcuno, d’aggrandire le sue cose, o vendicarsi d’alcuna ingiuria col biasimare o meno stimare di quel che sono le buone opere altrui, è finalmente da Dio e dagl’uomini conosciuto per quello che egli è, cioè per maligno, ignorante, cattivo. Considerate voi, che fate tutti i lavori di Roma, quello che vi parrebbe se altri stimasse le cose vostre quanto voi fate l’altrui; mettetevi di grazia ne’ piè di questo povero vecchio, e vedrete quanto lontano siete dall’onesto e ragionevole‘. Furono di tanta forza queste et altre parole che disse Giorgio amorevolmente a Perino, che si venne a una stima onesta, e fu sodisfatto Aristotile; il quale con que’ danari, con quelli del quadro mandato, come a principio si disse, in Franzia, e con gl’avanzi delle sue provisioni, se ne tornò lieto a Firenze, non ostante che Michelagnolo, il quale gl’era amico, avesse disegnato servirsene nella fabrica che i Romani disegnavano di fare in Campidoglio. […] Nel nostro Libro sono alcuni disegni di mano d’Aristotile, et alcuni ne sono appresso Antonio Particini, fra i quali sono alcune carte tirate in prospettiva, bellissime.“
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[S. 404:] [Iacone, Sacra rappresentazione, „Annunziazione“, San Felice in Piazza, Florenz:] „Nella festa di San Felice in Piazza (cioè rappresentazione della Madonna quando fu anunziata, della quale si è ragionato in altro luogo), la quale fece la Compagnia dell’Orciuolo l’anno 1525, fece Iacone nell’apparato di fuori, secondo che allora si costumava, un bellissimo arco trionfale, tutto isolato, grande e doppio, con otto colonne, e pilastri, frontespizî, molto alto, il quale fece condurre a perfezzione da Piero da Sesto, maestro di legname molto pratico; e dopo vi fece nove storie, parte delle quali dipinse egli, che furono le migliori, e l’altre Francesco Ubertini Bacchiacca; le quali storie furono tutte del Testamento Vecchio e per la maggior parte de’ fatti di Moisè.“ 29. Ridolfo, Davit e Benedetto Grillandai, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 439-443: [S. 439:] [Nunziata, girandole, San Giovanni-Fest, Florenz:] „Vi è ritratto suo padre et alcuni garzoni che stavano seco, e de’ suoi amici il Poggino, lo Scheggia et il Nunziata, che è una testa vivissima: il quale Nunziata, se bene era dipintore di fantocci, era in alcune cose persona rara, e massimamente nel fare fuochi lavorati e le girandole che si facevano ogni anno per San Giovanni; e perché era costui persona burlevole e faceta, aveva ognuno gran piacere in conversando con esso lui.“ [S. 442:] [Ridolfo Ghirlandaio, Einzug Leos X, Hochzeit Giuliano und Lorenzo de’ Medicis:] „Nella venuta di papa Leone a Firenze fece, in compagnia d’i suoi uomini e garzoni, quasi tutto l’apparato di casa Medici; acconciò la sala del Papa e l’altre stanze, facendo dipignere al Puntormo, come si è detto, la capella. Similmente nelle nozze del duca Giuliano e del duca Lorenzo fece gl’apparati delle nozze et alcune prospettive di comedie. E perché fu da que’ signori per la sua bontà molto amato, ebbe molti ufficii per mezzo loro, e fu fatto di collegio, come cittadino onorato. Non si sdegnò anco Ridolfo di far drapelloni, stendardi et altre cose simili assai; e mi ricorda avergli sentito dire che tre volte fece le bandiere delle Potenze, che solevano ogni anno armeggiare e tenere in festa la città. Et insomma si lavorava in bottega sua di tutte le cose. […] [S. 443:] [Einzug Karls V. in Florenz, Hochzeit Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz:]: Fu Ridolfo spedito e presto dipintore in certe cose e particolarmente in apparati di feste; onde fece nella venuta di Carlo V imperadore a Fiorenza, in dieci giorni, un arco al canto alla Cuculia, et un altro arco in brevissimo tempo alla Porta al Prato nella venuta dell’illustrissima signora duchessa Leonora, come si dirà nella Vita di Battista Franco.“
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30. Battista Franco, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 459-466: [S. 459-360:] [Einzug Karls V., Rom:] „Ma venuto l’anno 1536, mettendosi a ordine un grandissimo e sontuoso apparato da Antonio da San Gallo per la venuta di Carlo Quinto imperatore, nel quale furono adoperati tutti gl’artefici buoni e cattivi, come in altro luogo s’è detto, Raffaello da Montelupo, che avea fare l’ornamento di ponte Sant’Agnolo e le dieci statue che sopra vi furono poste, disegnò di far sì che Battista fusse adoperato anch’egli, avendolo visto fino disegnatore e giovane di bell’ingegno, e di fargli dare da lavorare ad ogni modo. E così parlatone col San Gallo, fece tanto, che a Battista furono date a fare quattro storie grandi a fresco di chiaro scuro nella facciata della Porta Capena, oggi detta di San Bastiano, per la quale aveva ad entrare l’imperatore. Nelle quali Battista, senz’avere mai più tocco colori, fece sopra la porta l’arme di papa Paulo Terzo e quella di esso Carlo imperatore, et un Romulo che metteva sopra quella del Pontefice un regno papale e sopra quella di Cesare una corona imperiale; il quale Romulo, che era una figura di cinque braccia, vestita all’antica e con la corona in testa, aveva dalla destra Numa Pompilio e dalla sinistra Tullo Ostilio, e sopra queste parole: QVIRINUS PATER. In una delle storie che erano nelle facciate de’ torrioni che mettono in mezzo la porta, era il maggior Scipione che trionfava di Cartagine, la quale avea fatta tributaria del popolo romano; e nell’altra a man ritta era il trionfo di Scipione minore, che la medesima avea rovinata e disfatta. In uno di due quadri, che erano fuori de’ torrioni nella faccia dinanzi, si vedeva Annibale sotto le mura di Roma essere ributtato dalla tempesta; e nell’altro a sinistra Flacco entrare per quella porta al soccorso di Roma contra il detto Annibale. Le quali tutte storie e pitture, essendo le prime di Battista, e rispetto a quelle degl’altri, furono assai buone e molto lodate. E se Battista avesse prima cominciato a dipignere et andare praticando talvolta i colori e maneggiare i pennegli, non ha dubbio che averebbe passato molti; ma lo stare ostinato in una certa openione che hanno molti, i quali si fanno a credere che il disegno basti a chi vuol dipignere, gli fece non piccolo danno. Ma con tutto ciò egli si portò molto meglio che non fecero alcuni di coloro che fecero le storie dell’arco di San Marco, nel quale furono otto storie, cioè quattro per banda, che le migliori di tutte furono parte fatte da Francesco Salviati e parte da un Martino et altri giovani tedeschi, che pur allora erano venuti a Roma per imparare. Né lascerò di dire a questo proposito che il detto Martino, il quale molto valse nelle cose di chiaro scuro, fece alcune battaglie con tanta fierezza e sì belle invenzioni in certi affronti e fatti d’arme fra Cristiani e Turchi, che non si può far meglio. E quello che fu cosa maravigliosa, fece il detto Martino e’ suoi uomini quelle tele con tanta sollecitudine e prestezza, perché l’opera fusse finita a tempo, che non si partivano mai dal lavoro; e perché era portato loro continuamente da bere, e di buon greco, fra lo stare sempre ubriachi e riscaldati dal furor del vino e la pratica del fare, feciono cose stupende. Quando dunque videro l’opera di costoro il Salviati e Battista et il Calavrese, confessarono esser necessario che, chi vuole esser pittore, cominci ad adoperare i pennegli a buon’ora: la qual cosa avendo poi meglio discorsa da sé, Battista cominciò a non mettere tanto studio in finire i disegni, ma a colorire alcuna volta. [Einzug Karls V. in Florenz; Hochzeit Alessandro de’ Medicis mit Margarethe von Parma, Florenz:] Venendo poi il Montelupo a Fiorenza, dove si faceva similmente grandissimo apparato per ricevere il detto imperatore, Battista venne seco; et arrivati,
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trovarono il detto apparato condotto a buon termine: pure essendo Battista messo in opera, fece un basamento tutto pieno di figure e trofei sotto la statua che al canto de’ Carnesecchi avea fatta fra’ Giovann’ Agnolo Montorsoli. Per che conosciuto fra gl’artefici per giovane ingegnoso e valente, fu poi molto adoperato nella venuta di madama Margherita d’Austria, moglie del duca Alessandro, e particolarmente nell’apparato che fece Giorgio Vasari nel palazzo di messer Ottaviano de’ Medici, dove avea la detta signora ad abitare.“ [S. 462-463]: [Hochzeit Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz:] „Essendosi dunque Battista con queste et alcun’altre opere trattenuto al servizio del Duca [Cosimo] insino a che egli ebbe presa per donna la signora donna Leonora di Tolledo, fu poi nell’apparato di quelle nozze adoperato all’arco trionfale della Porta al Prato, dove gli fece fare Ridolfo Ghirlandaio alcune storie de’ fatti del signor Giovanni padre del duca Cosimo; in una delle quali si vedeva quel signore passare i fiumi del Po e dell’Adda, presente il cardinale Giulio de’ Medici, che fu papa Clemente Settimo, il signor Prospero Colonna et altri signori; e nell’altro la storia del riscatto di San Secondo. Dall’altra banda fece Battista, in un’altra storia, la città di Milano, et intorno a quella il campo della Lega, che partendosi vi lascia il detto signor Giovanni. Nel destro fianco dell’arco fece, in un’altra, da un lato l’Occasione, che avendo i capegli sciolti, con una mano gli porge al signor Giovanni, e dall’altro Marte che similmente gli porgeva la spada. In un’altra storia sotto l’arco era di mano di Battista il signor Giovanni che combatteva fra il Tesino e Biegrassa, sopra ponte Rozzo, difendendolo, quasi un altro Orazio, con incredibile bravura. Dirimpetto a questa era la presa di Caravaggio, et in mezzo alla battaglia il signor Giovanni che passava fra ferro e fuoco per mezzo l’esercito nimico senza timore. Fra le colonne a man ritta era in un ovato Garlasso, preso dal medesimo con una sola compagnia di soldati; et a man manca, fra l’altre due colonne, il bastione di Milano tolto a’ nemici. Nel frontone che rimaneva alle spalle di chi entrava, era il detto signore Giovanni a cavallo sotto le mura di Milano, che giostrando a singolar battaglia con un cavaliere, lo passava da banda a banda con la lancia. Sopra la cornice maggiore, che va a trovare il fine dell’altra cornice, dove posa il frontespizio, in un’altra storia grande fatta da Battista con molta diligenza, era nel mezzo Carlo Quinto imperadore, che coronato di lauro sedeva sopra uno scoglio con lo scetro in mano, et a’ piedi gli giaceva il fiume Betis con un vaso che versava da due bocche, et a canto a questo era il fiume Danubio, che con sette bocche versava le sue acque nel mare. Io non farò qui menzione d’un infinito numero di statue che in questo arco accompagnavano le dette et altre pitture; perciò che, bastandovi dire al presente quello che appartiene a Battista Franco, non è mio ufficio quello raccontare che da altri nell’apparato di quelle nozze fu scritto lungamente: senzaché, essendosi parlato dove facea bisogno de’ maestri delle dette statue, superfluo sarebbe qualunche cosa qui se ne dicessi, e massimamente non essendo le dette statue in piedi, onde possano esser vedute e considerate. Ma tornando a Battista, la migliore cosa che facesse in quelle nozze fu uno dei dieci sopradetti quadri che erano nell’apparato del maggior cortile del palazzo de’ Medici, nel quale fece di chiaro scuro il duca Cosimo investito di tutte le ducali insegne. Ma con tutto che vi usasse diligenza, fu superato dal Bronzino, e da altri che avevano manco disegno di lui, nell’invenzione, nella fierezza e nel
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maneggiare il chiaro scuro, atteso (come s’è detto altra colta) che le pitture vogliono essere condotte facili, e poste le cose a’ luoghi loro con giudizio e senza uno certo stento e fatica che fa le cose parere dure e crude; oltra che il troppo ricercarle le fa molte volte venir tinte e le guasta, perciò che lo star loro tanto a torno toglie tutto quel buono che suole fare la facilità e la grazia e la fierezza: le quali cose, ancorché in gran parte vengano e s’abbiano da natura, si possono anco in parte acquistare dallo studio e dall’arte.“ [S. 466]: [Hochzeit von Guidobaldo II della Rovere mit Vittoria Farnese, Urbino:] „Ma tornando a Battista, nelle nozze che poi si fecero in Urbino del detto signor Duca e signora Vettoria Farnese, egli, aiutato da’ suoi giovani, fece negl’archi ordinati dal Genga, il quale fu capo di quell’apparato, tutte le storie di pitture che vi andarono. Ma perché il Duca dubitava che Battista non avesse finito a tempo, essendo l’impresa grande, mandò per Giorgio Vasari, che allora faceva in Arimini ai Monaci Bianchi di Scolca, Olivetani, una capella grande a fresco e la tavola dell’altare maggiore a olio, acciò che andasse ad aiutare in quell’apparato il Genga e Battista. Ma sentendosi il Vasari indisposto, fece sua scusa con Sua Ecc[ellenza] e le scrisse che non dubitasse, perciò che era la virtù e sapere di Battista tale, che arebbe, come poi fu vero, a tempo finito ogni cosa. […] [Compagnia von Giovan’ Andrea dall’Anguillara, Zanni, Rom:] Mentre adunque che attendeva Battista a disegnare in Roma, messer Giovan Andrea dall’Anguillara, uomo in alcuna sorte di poesie veramente raro, avea fatto una Compagnia di diversi begl’ingegni, e facea fare nella maggior sala di Santo Apostolo una ricchissima scena et apparato per recitare comedie di diversi autori a gentiluomini, signori e gran personaggi; et avea fatti fare gradi per diverse sorti di spettatori, e per i cardinali et altri gran prelati accommodate alcune stanze, donde per gelosie potevano, senza esser veduti, vedere et udire. E perché nella detta Compagnia erano pittori, architetti, scultori e uomini che avevano a recitare e fare altri ufficii, a Battista et all’Amannato fu dato cura, essendo fatti di quella brigata, di far la scena et alcune storie e ornamenti di pitture, le quali condusse Battista, con alcune statue che fece l’Amannato, tanto bene, che ne fu sommamente lodato. Ma perché la molta spesa in quel luogo superava l’entrata, furono forzati messer Giovan Andrea e gl’altri levare la prospettiva e gl’altri ornamenti di Santo Apostolo e condurgli in strada Giulia nel tempio nuovo di S. Biagio; dove avendo Battista di nuovo accommodato ogni cosa, si recitarono molte comedie con incredibile sodisfazione del popolo e cortigiani di Roma. E di qui poi ebbono origine i comedianti che vanno attorno, chiamati i Zanni.“ 31. Giovan Francesco Rustichi, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 476-487: [S. 476:] [Einzug Leos X., Florenz:] „Onde nella venuta, l’anno mille cinquecento e quindici, di papa Leone a Fiorenza, a richiesta d’Andrea del Sarto suo amicissimo fece alcune statue, che furono tenute bellissime; la quali perché piacquero a Giulio cardinale de’ Medici, furono cagione ch’e’ gli fece fare, sopra il finimento della fontana che è nel
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cortile grande del palazzo de’ Medici, il Mercurio di bronzo alto circa un braccio, che è nudo sopra una palla in atto di volare, al quale mise fra le mani un instrumento che è fatto, dall’acqua che egli versa in alto, girare […].“ [S. 481-487:] [Compagnia del Paiuolo, Florenz:] „Si ragunava nelle sue stanze della Sapienza una brigata di galantuomini che si chiamavano la compagnia del Paiuolo, e non potevano essere più che dodici: e questi erano esso Giovanfrancesco, Andrea del Sarto, Spillo pittore, Domenico Puligo, il Robetta orafo, Aristotile da San Gallo, Francesco di Pellegrino, Niccolò Boni, Domenico Baccelli, che sonava e cantava ottimamente, il Solosmeo scultore, Lorenzo detto Guazzetto e Ruberto di Filippo Lippi pittore, il quale era loro proveditore; ciascuno de’ quali dodici a certe loro cene e passatempi poteva menare quattro e non più. E l’ordine delle cene era questo (il che racconto volentieri, perché è quasi del tutto dismesso l’uso di queste Compagnie), che ciascuno si portasse alcuna cosa da cena, fatta con qualche bella invenzione, la quale, giunto al luogo, presentava al signore, che sempre era un di loro, il quale la dava a chi più gli piaceva, scambiando la cena d’uno con quella dell’altro. Quando erano poi a tavola, presentandosi l’un l’altro, ciascuno avea d’ogni cosa, e chi si fusse riscontrato nell’ invenzione della sua cena con un altro, e fatto una cosa medesima, era condennato. Una sera dunque che Giovanfrancesco diede da cena a questa sua Compagnia del Paiuolo, ordinò che servisse per tavola un grandissimo paiuolo fatto d’un tino, dentro al quale stavano tutti, e parea che fussino nell’acqua della caldaia: di mezzo alla quale venivono le vivande intorno intorno, et il manico del paiuolo, che era alla volta, faceva bellissima lumiera nel mezzo, onde si vedevono tutti in viso guardando intorno. Quando furono adunque posti a tavola dentro al paiuolo benissimo accomodato, uscì del mezzo un albero con molti rami che mettevono innanzi la cena, cioè le vivande a due per piatto; e ciò fatto, tornando a basso dove erano persone che sonavano, di lì a poco risurgeva di sopra e porgeva le seconde vivande, e dopo le terze, e così di mano in mano, mentre attorno erano serventi che mescevano preziosissimi vini. La quale invenzione del paiuolo, che con tele e pitture era accomodato benissimo, fu molto lodata da quegl’uomini della Compagnia. In questa tornata, il presente del Rustico fu una caldaia fatta di pasticcio, dentro alla quale Ulisse tuffava il padre per farlo ringiovanire: le quali due figure erano capponi lessi che avevano forma d’uomini, sì bene erano acconci le membra et il tutto con diverse cose tutte buone a mangiare. Andrea del Sarto presentò un tempio a otto facce, simile a quello di San Giovanni, ma posto sopra colonne; il pavimento era un grandissimo piatto di gelatina con spartimenti di varii colori di musaico; le colonne, che parevano di porfido, erano grandi e grossi salsicciotti; le base e i capitegli erano di cacio parmigiano, i cornicioni di paste di zuccheri, e la tribuna era di quarti di marzapane; nel mezzo era posto un leggìo da coro fatto di vitella fredda, con un libro di lasagne che aveva le lettere e le note da cantare di granella di pepe, e quelli che cantavano al leggìo erano tordi cotti col becco aperto e ritti, con certe camiciuole a uso di cotte, fatte di rete di porco sottile; e dietro a questi, per contrabasso, erano due pippioni grossi, con sei ortolani che facevano il sovrano. Spillo presentò per la sua cena un magnano, il quale avea fatto d’una grande oca, o altro uccello simile, con tutti gl’instrumenti da potere racconciare, bisognando, il paiuolo. Domenico Puligo d’una porchetta cotta fece una fante con la rocca da filare allato, la quale guardava una covata di pulcini, et aveva a
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servire per rigovernare il paiuolo. Il Robetta per conservare il paiuolo fece d’una testa di vitella, con acconcime d’altri untumi, un’incudine, che fu molto bello e buono; come anche furono gl’altri presenti, per non dire di tutti a uno a uno di quella cena e di molte altre che ne feciono. [Compagnia della Cazzuola, Florenz:] La Compagnia poi della Cazzuola, che fu simile a questa e della quale fu Giovanfrancesco, ebbe principio in questo modo. Essendo l’anno 1512 una sera a cena, nell’orto che aveva nel Campaccio Feo d’Agnolo gobbo, sonatore di pifferi e persona molto piacevole, esso Feo, ser Bastiano Sagginati, ser Raffaello del Beccaio, ser Cecchino de’ Profumi, Girolamo del Giocondo et il Baia, venne veduto, mentre che si mangiavano le ricotte, al Baia in un canto dell’orto appresso alla tavola un monticello di calcina, dentrovi la cazzuola, secondo che il giorno inanzi l’aveva quivi lasciata un muratore. Per che preso con quella mestola overo cazzuola alquanto di quella calcina, la cacciò tutta in bocca a Feo, che da un altro aspettava a bocca aperta un gran boccone di ricotta; il che vedendo la brigata, si cominciò a gridare: ‚Cazzuola, cazzuola!‘. Creandosi dunque per questo accidente la detta Compagnia, fu ordinato che in tutto gl’uomini di quella fussero ventiquattro: dodici di quelli che andavano, come in que’ tempi si diceva, per la maggiore, e dodici per la minore; e che l’insegna di quella fusse una cazzuola, alla quale aggiunsero poi quelle botticine nere che hanno il capo grosso e la coda, le quali si chiamano in Toscana cazzuole. Il loro avvocato era Santo Andrea, il giorno della cui festa celebravano solennemente, facendo una cena e convito, secondo i loro capitoli, bellissimo. I primi di questa Compagnia, che andavano per la maggiore, furono Iacopo Bottegai, Francesco Rucellai, Domenico suo fratello, Giovambatista Ginori, Girolamo del Giocondo, Giovanni Miniati, Niccolò del Barbigia, Mezzabotte suo fratello, Cosimo da Panzano, Matteo suo fratello, Marco Iacopi, Pieraccino Bartoli; e per la minore, ser Bastiano Sagginotti, ser Raffaello del Beccaio, ser Cecchino de’ Profumi, Giuliano Bugiardini pittore, Francesco Granacci pittore, Giovanfrancesco Rustici, Feo gobbo, il Talina sonatore suo compagno, Pierino piffero, Giovanni trombone, e il Baia bombardiere. Gl’aderenti furono Bernardino di Giordano, il Talano, il Caiano, maestro Iacopo del Bientina e messer Giovambatista di Cristofano ottonaio; araldi, ambidue della Signoria, Buon Pocci e Domenico Barlacchi. E non passarono molti anni (tanto andò crescendo in nome), facendo feste e buon tempi, che furono fatti di essa Compagnia della Cazzuola il signor Giuliano de’ Medici, Ottangolo Benvenuti, Giovanni Canigiani, Giovanni Serristori, Giovanni Gaddi, Giovanni Bandini, Luigi Martelli, Paulo da Romena e Filippo Pandolfini gobbo; e con questi in una medesima mano, come aderenti, Andrea del Sarto dipintore, Bartolomeo trombone musico, ser Bernardo Pisanello, Piero cimatore, il Gemma merciaio, et ultimamente maestro Manente da San Giovanni, medico. Le feste che costoro feciono in diversi tempi furono infinite; ma ne dirò solo alcune poche per chi non sa l’uso di queste Compagnie, che oggi sono, come si è detto, quasi del tutto dismesse. La prima della Cazzuola, la quale fu ordinata da Giuliano Bugiardini, si fece in un luogo detto l’Aia da Santa Maria Nuova, dove dicemo di sopra che furono gettate di bronzo le porte di San Giovanni. Quivi, dico, avendo il signor della Compagnia comandato che ognuno dovesse trovarsi vestito in che abito gli piaceva, con questo, che coloro che si scontrassero nella maniera del vestire et avessero una medesima foggia, fussero condennati, comparsero all’ora deputata le più belle e più bizzarre stravaganze d’abiti che si possano imaginare. Venuta poi l’ora di cena, furon posti a tavola secondo le qualità de’ vesti-
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menti: chi aveva abiti da principi ne’ primi luoghi, i ricchi e gentiluomini appresso, et i vestiti da poveri negl’ultimi e più bassi gradi. Ma se dopo cena si fecero delle feste e de’ giuochi, meglio è lasciare che altri se lo pensi, che dirne alcuna cosa. A un altro pasto, che fu ordinato dal detto Bugiardino e da Giovanfranceso Rustici, comparsero gl’uomini della Compagnia, sì come avea il signor ordinato, tutti in abito di muratori e manovali: cioè, quelli che andavano per la maggiore, con la cazzuola che tagliasse et il martello a cintola, e quegli che per la minore vestiti da manovali col vassoio e manovelle da far lieva, e la cazzuola sola a cintola. Et arrivati tutti nella prima stanza, avendo loro mostrato il signore la pianta d’uno edifizio che si aveva da murare per la Compagnia, e dintorno a quello messo a tavola i maestri, i manovali cominciarono a portare le materie per fare il fondamento: cioè vassoi pieni di lasagne cotte, per calcina, e ricotte acconce col zucchero; rena fatta di cacio, spezie e pepe mescolati; e per ghiaia confetti grossi e spicchi di berlingozzi; i quadrucci, mezzane e pianelle, che erano portate ne’ corbelli e con le barelle, erano pane e stiacciate. Venuto poi uno imbasamento, perché non pareva dagli scarpellini stato così ben condotto e lavorato, fu giudicato che fusse ben fatto spezzarlo e romperlo; per che datovi dentro e trovatolo tutto composto di torte, fegategli et altre cose simili, se le goderono, essendo loro poste innanzi dai manovali. Dopo, venuti i medesimi in campo con una gran colonna fasciata di trippe di vitella cotte, e quella disfatta, e dato il lesso di vitella e caponi et altro di che era composta, si mangiarono la basa di cacio parmigiano et il capitello acconcio maravigliosamente con intagli di caponi arrosto, fette di vitella e con la cimasa di lingue. Ma perché sto io a contare tutti i particolari? Dopo la colonna fu portato sopra un carro un pezzo di molto artifizioso architrave con fregio e cornicione, in simile maniera tanto bene e di tante diverse vivande composto, che troppo lunga storia sarebbe voler dirne l’intero; basta che quando fu tempo di svegliare, venendo una pioggia finta dopo molti tuoni, tutti lasciarono il lavoro e si fuggirono, et andò ciascuno a casa sua. Un’altra volta, essendo nella medesima Compagnia signore Matteo da Panzano, il convito fu ordinato in questa maniera. Cerere, cercando Proserpina sua figliuola, la quale avea rapita Plutone, entrata dove erano ragunati gli uomini della Cazzuola dinanzi al loro signore, gli pregò che volessino accompagnarla all’inferno; alla quale dimanda dopo molte dispute essi acconsentendo, le andarono dietro. E così entrati in una stanza alquanto oscura, videro in cambio d’una porta una grandissima bocca di serpente, la cui testa teneva tutta la facciata; alla quale porta d’intorno accostandosi tutti, mentre Cerbero abaiava, dimandò Cerere se là entro fusse la perduta figliuola; et essendole risposto di sì, ella soggiunse che disiderava di riaverla. Ma avendo risposto Plutone non voler renderla, et invitatale con tutta la compagnia alle nozze che s’apparecchiavano, fu accettato l’invito. Per che entrati tutti per quella bocca piena di denti, che, essendo gangherata, s’apriva a ciascuna coppia d’uomini che entrava e poi si chiudeva, si trovarono in ultimo in una gran stanza di forma tonda, la quale non aveva altro che un assai piccolo lumicino nel mezzo, il quale sì poco risplendeva, che a fatica si scorgevano. Quivi essendo da un bruttissimo diavolo, che era nel mezzo con un forcone, messi a sedere dove erano le tavole apparecchiate di nero, comandò Plutone che per onore di quelle sue nozze cessassero, per insino a che quivi dimoravano, le pene dell’inferno; e così fu fatto. E perché erano in quella stanza tutte dipinte le bolge del regno de’ dannati e le loro pene e tormenti, dato fuoco a uno stopino, in un baleno fu acceso a ciascuna bolgia un lume, che mostrava nella sua pittura in che modo e con quali pene fussero quelli che erano
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in essa tormentati. Le vivande di quella infernal cena furono tutti animali schifi e bruttissimi in apparenza, ma però dentro, sotto la forma del pasticcio e coperta abominevole, erano cibi delicatissimi e di più sorti. La scorza, dico, et il difuori mostrava che fussero serpenti, bisce, ramarri, lucertole, tarantole, botte, ranocchi, scorpioni, pipistrelli et altri simili animali, et il didentro era composizione d’ottime vivande. E queste furono poste in tavola con una pala, e dinanzi a ciascuno e con ordine, dal diavolo che era nel mezzo; un compagno del quale mesceva con un corno di vetro, ma di fuori brutto e spiacevole, preziosi vini in coreggiuoli da fondere invetriati, che servivano per bicchieri. Finite queste prime vivande, che furono quasi un antipasto, furono messe per frutte, fingendo che la cena, a•ffatica non cominciata, fusse finita, in cambio di frutte e confezzioni, ossa di morti giù giù per tutta la tavola: la quali frutte e reliquie erano di zucchero. Ciò fatto, comandando Plutone, che disse voler andare a riposarsi con Proserpina sua, che le pene tornassero a tormentare i dannati, furono da certi venti in un attimo spenti tutti i già detti lumi; e uditi infiniti romori, grida e voci orribili e spaventose, e’ fu veduta nel mezzo di quelle tenebre, con un lumicino, l’imagine del Baia bombardiere, che era uno de’ circostanti, come s’è detto, condannato da Plutone all’inferno, per avere nelle sue girandole e macchine di fuoco avuto sempre per suggetto et invenzione i sette peccati mortali e cose d’inferno. Mentre che a vedere ciò et a udire diverse lamentevoli voci s’attendeva, fu levato via il doloroso e funesto apparato, e venendo i lumi, veduto in cambio di quello un apparecchio reale e ricchissimo, e con orrevoli serventi che portarono il rimanente della cena, che fu magnifica et onorata. Al fine della quale venendo una nave piena di varie confezioni, i padroni di quella, mostrando di levar mercanzie, condussero a poco a poco gl’uomini della Compagnia nelle stanze di sopra, dove essendo una scena et apparato ricchissimo, fu recitata una comedia intitolata Filogenia, che fu molto lodata; e quella finita, all’alba ognuno si tornò lietissimo a casa. In capo a due anni toccando, dopo molte feste e comedie, al medesimo a essere un’altra volta signore, per tassare alcuni della Compagnia che troppo avevano speso in certe feste e conviti (per essere mangiati, come si dice, vivi), fece ordinare il convito suo in questa maniera. All’Aia, dove erano soliti ragunarsi, furono primieramente fuori della porta, nella facciata, dipinte alcune figure di quelle che ordinariamente si fanno nelle facciate e ne’ portici degli spedali, cioè lo spedalingo che in atti tutti pieni di carità invita e riceve i poveri e’ peregrini. La quale pittura scopertasi la sera della festa al tardi, cominciarono a comparire gl’uomini della Compagnia, i quali bussando, poi che all’entrare erano dallo spedalingo stati ricevuti, pervenivano a una gran stanza acconcia a uso di spedale, con le sue letta dagli lati et altre cose simiglianti; nel mezzo della quale, dintorno a un gran fuoco, erano vestiti a uso di poltronieri, furfanti e poveracci, il Bientina, Battista dell’Ottonaio, il Barlacchi, il Baia et altri così fatti uomini piacevoli, i quali fingendo di non esser veduti da coloro che di mano in mano entravano e facevano cerchio, e discorrendo sopra gl’uomini della Compagnia e sopra loro stessi, dicevano le più ladre cose del mondo di coloro che avevano gettato via il loro e speso in cene e in feste troppo più che non conviene. Il quale discorso finito, poi che si videro esser giunti tutti quelli che vi avevono a essere, venne Santo Andrea loro avvocato, il quale, cavandogli dello spedale, gli condusse in un’altra stanza magnificamente apparecchiata, dove, messi a tavola, cenarono allegramente; e dopo il Santo comandò loro piacevolmente che per non soprabondare in spese superflue et avere a stare lontano dagli spedali, si contentassero
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d’una festa l’anno, principale e solenne, e si partì: et essi l’ubidirono, facendo per ispazio di molti anni ogni anno una bellissima cena e comedia; onde recitarono in diversi tempi, come si disse nella Vita d’Aristotile da San Gallo, la Calandra di messer Bernardo cardinale di Bibbiena, i Suppositi e la Cassaria dell’Ariosto, e la Clizia e Mandragola del Machiavello, con altre molte. Francesco e Domenico Rucellai, nella festa che toccò a far loro quando furono signori, fecero una volta l’Arpie di Fineo, e l’altra, dopo una disputa di filosofi sopra la Trinità, fecero mostrare da Santo Andrea un cielo aperto con tutti i cori degl’Angeli, che fu cosa veramente rarissima; e Giovanni Gaddi, con l’aiuto di Iacopo Sansovino, d’Andrea del Sarto e di Giovanfrancesco Rustici, rappresentò un Tantalo nell’inferno, che diede mangiare a tutti gl’uomini della Compagnia, vestiti in abiti di diversi Dii, con tutto il rimanente della favola e con molte capricciose invenzioni di giardini, paradisi, fuochi lavorati, et altre cose che troppo, raccontandole, farebbono lunga la nostra storia. Fu anche bellissima invenzione quella di Luigi Martelli, quando, essendo signor della Compagnia, le diede cena in casa di Giuliano Scali alla Porta Pinti: perciò che rappresentò Marte per la crudeltà tutto di sangue imbrattato, in una stanza piena di membra umane sanguinose; in un’altra stanza mostrò Marte e Venere nudi in un letto, e poco appresso Vulcano che, avendogli coperti sotto la rete, chiama tutti gli Dii a vedere l’oltraggio fattogli da Marte e dalla trista moglie. Ma è tempo oggimai dopo questa, che parrà forse ad alcuno troppo lunga disgressione, che non del tutto a me pare fuor di proposito per molte cagioni stata raccontata, che io torni alla Vita del Rustico.“ 32. Francesco Salviati, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 516-526: [S. 516-517:] [Dekorationen für Einzug Karls V., Rom, Einzug von Signor di Nepi, Castro:] „Nell’andata di Carlo Quinto a Roma l’anno 1535 fece per Antonio da San Gallo alcune storie di chiaro scuro, che furono poste nell’arco che fu fatto a San Marco; le quali pitture, come s’è detto in altro luogo, furono le migliori che fussero in tutto quell’apparato. […] Dopo, essendo il medesimo [Signor di Nepi] fatto duca di Castro, nel fare la prima entrata fu fatto con ordine di Francesco un bellissimo e ricco apparato in quella città, et un arco alla porta tutto pieno di storie e di figure e statue fatte con molto giudizio da valentuomini, et in particolare da Alessandro detto Scherano, scultore da Settignano. Un altro arco a uso di facciata fu fatto al Petrone, et un altro alla piazza, che quanto al legname furono condotti da Batista Botticegli; et oltre all’altre cose, fece in questo apparato Francesco una bella scena e prospettiva per una comedia che si recitò.“ [S. 518:] [Hochzeit Cosimo de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz:] „Venendo dunque a Firenze, dove fu con molta festa ricevuto dai parenti e dagl’amici, s’abbatté apunto a esservi quando si faceva l’apparato per le nozze del duca Cosimo e della signora donna Leonora di Tolledo. Per che essendogli data a fare una delle già dette storie che si feciono nel cortile, l’accettò molto volentieri: che fu quella dove l’imperatore mette la corona ducale in capo al duca Cosimo. Ma venendo voglia a Francesco, pri-
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ma che l’avesse finita, d’andare a Vinezia, la lasciò a Carlo Portegli da Loro, che la finì secondo il disegno di Francesco; il quale disegno, con molti altri del medesimo, è nel nostro Libro.“ [S. 524:] [Komödienaufführung im Karneval, Florenz:] „[…] et un anno per carnovale fece nella sala grande la scena e prospettiva d’una comedia che si recitò, con tanta bellezza e diversa maniera da quelle che erano state fatte in Fiorenza insino allora, che ella fu giudicata superiore a tutte. Né di questo è da maravigliarsi, essendo verissimo che Francesco in tutte le sue cose fu sempre di gran giudizio, vario e copioso d’invenzione, e, ch’è più, possedeva le cose del disegno et aveva più bella maniera che qualunche altro fusse allora a Fiorenza, et i colori maneggiava con molta pratica e vaghezza.“ [S. 526:] [Krönung Papst Julius’ III, Rom:] „L’anno 1550 essendo stato eletto sommo pontefice Giulio Terzo, nell’apparato della coronazione, per l’arco che si fece sopra la scala di San Piero, fece Francesco alcune storie di chiaro scuro molto belle.“ 33. Taddeo Zucchero, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. V, S. 567: [Compagnia della Calza, Venedig:] „Ora Federigo, se bene era sollecitato a tornarsene da Vinezia, non poté non compiacere e non starsi quel carnovale in quella città in compagnia d’Andrea Palladio architetto; il quale avendo fatto alli signori della Compagnia della Calza un mezzo teatro di legname, a uso di colosseo, nel quale si aveva da recitare una tragedia, fece fare nell’apparato a Federigo dodici storie grandi, di sette piedi e mez[z]o l’una per ogni verso, con altre infinite cose de’ fatti d’Ircano, re di Ierusalem, secondo il soggetto della tragedia. Nella quale opera acquistò Federigo onore assai per la bontà di quella e prestezza con la quale la condusse. […] [Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] Poi, avendo veduto molte cose in Verona et in molte altre città di Lombardia, se ne venne finalmente a Firenze, quando a punto si facevano ricchissimi apparati e maravigliosi per la venuta della reina Giovanna d’Austria. Dove arrivato, fece, come volle il signore Duca, in una grandissima tela che copriva la scena in testa della sala, una bellissima e capricciosa Caccia di colori et alcune storie di chiaro scuro per un arco, che piacquero infinitamente.“ 34. Michelagnolo Buonarruoti, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 126-141: [Michelangelos Begräbnis, Florenz:] „Poi che, dunque, per così sùbita e quasi improvisa venuta non si poteva far per allora quello che fecero poi, arrivato il corpo di Michelagnolo in Firenze fu messa, come vollono i Deputati, la cassa il dì medesimo ch’ella arrivò in Fiorenza, cioè il dì undici di marzo, che fu in sabato, nella Compagnia dell’Assunta, che è sotto l’altar maggiore e sotto le scale di dietro di San Piero Maggiore, senza che fusse tocca di cosa alcuna. Il dì seguente, che fu la domenica
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della seconda settimana di Quaresima, tutti i pittori, scultori et architetti si ragunarono così dissimulatamente intorno a San Piero, dove non avevano condotto altro che una coperta di velluto, fornita tutta e trapuntata d’oro, che copriva la cassa e tutto il feretro, sopra la quale cassa era una imagine di Crucifisso. Intorno poi a mezza ora di notte, ristretti tutti intorno al corpo, in un sùbito i più vecchi et eccellenti artefici diedero di mano a una gran quantità di torchi che lì erano stati condotti, et i giovani a pigliare il feretro con tanta prontezza, che beato colui che vi si poteva accostare e sotto mettervi le spalle, quasi credendo d’avere nel tempo a venire a poter gloriarsi d’aver portato l’ossa del maggior uomo che mai fusse nell’arti loro. L’essere stato veduto intorno a San Piero un certo che di ragunata aveva fatto, come in simili casi adiviene, fermarvi molte persone, e tanto più essendosi bucinato che il corpo di Michelagnolo era venuto e che si aveva a portare in Santa Croce. E se bene, come ho detto, si fece ogni opera che la cosa non si sapesse, acciò che, spargendosi la fama per la città, non vi concorresse tanta moltitudine che non si potesse fuggire un certo che di tumulto e confusione, e ancora perché desideravano che quel poco che volean fare per allora venisse fatto con più quiete che pompa, riserbando il resto a più agio e più comodo tempo, l’una cosa e l’altra andò per lo contrario: perciò che, quanto alla moltitudine, andando, come s’è detto, la nuova di voce in voce, si empié in modo la chiesa in un batter d’occhio, che in ultimo con grandissima difficultà si condusse quel corpo di chiesa in sagrestia per sballarlo e metterlo nel suo deposito. E quanto all’essere cosa onorevole, se bene non può negarsi che il vedere nelle pompe funerali grande apparecchio di religiosi, gran quantità di cera, e gran numero d’imbastiti e vestiti a nero, non sia cosa di magnifica e grande apparenza, non è però che anco non fusse gran cosa vedere così all’improviso ristretti in un drappello quelli uomini eccellenti, che oggi sono in tanto pregio e saranno molto più per l’avvenire, intorno a quel corpo con tanti amorevoli uffizii et affezione. E di vero il numero di cotanti artefici in Firenze (che tutti vi erano) è grandissimo sempre stato, conciosiaché queste arti sono sempre per sì fatto modo fiorite in Firenze, che io credo che si possa dire, senza ingiuria dell’altre città, che il proprio e principal nido e domicilio di quelle sia Fiorenza, non altrimenti che già fusse delle scienzie Atene. Oltre al quale numero d’artefici erano tanti cittadini loro dietro, e tanti dalle bande delle strade dove si passava, che più non ve ne capivano; e, che è maggior cosa, non si sentiva altro che celebrare da ognuno i meriti di Michelagnolo e dire la vera virtù avere tanta forza che, poi che è mancata ogni speranza d’utile o onore che si possa da un virtuoso avere, ell’è nondimeno di sua natura e per proprio merito amata et onorata. Per le quali cose apparì questa dimostrazione più viva e più preziosa che ogni pompa d’oro e di drappi che fare si fusse potuta. Con questa bella frequenza essendo stato quel corpo condotto in Santa Croce, poi che ebbono i frati fornite le cerimonie che si costumano d’intorno ai defunti, fu portato, non senza grandissima difficultà, come s’è detto, per lo concorso de’ popoli, in sagrestia; dove il detto Luogotenente, che per l’uffizio suo vi era intervenuto, pensando di far cosa grata a molti, et anco (come poi confessò) disiderando di vedere morto quello che e’ non aveva veduto vivo o l’aveva veduto in età che n’aveva perduta ogni memoria, si risolvé allora di fare aprire la cassa. E così fatto, dove egli e tutti noi presenti credevamo trovare quel corpo già putrefatto e guasto, perché era stato morto giorni venticinque, e ventidue nella cassa, lo vedemo così in tutte le sue parti intero e senza alcuno odore cattivo, che stemo [sic!] per credere che più tosto si
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riposasse in un dolce e quietissimo sonno. Et oltre che le fattezze del viso erano come apunto quando era vivo (fuori che un poco il colore era come di morto), non aveva niun membro che guasto fusse o mostrasse alcuna schifezza; e la testa e le gote a toccarle erano non altrimenti che se di poche ore innanzi fusse passato. Passata poi la furia del popolo, si diede ordine di metterlo in un deposito in chiesa a canto all’altare de’ Cavalcanti per me’ la porta che va nel chiostro del Capitolo. In quel mezzo, sparsasi la voce per la città, vi concorse tanta moltitudine di giovani per vederlo, che fu gran fatica il potere chiudere il deposito. E se era di giorno, come fu di notte, sarebbe stato forza lasciarlo stare aperto molte ore per sodisfare all’universale. La mattina seguente, mentre si cominciava dai pittori e scultori a dare ordine all’onoranza, cominciarono molti belli ingegni, di che è sempre Fiorenza abondantissima, ad appiccare sopra detto deposito versi latini e volgari, e così per buona pezza fu continuato, in tanto che quelli componimenti che allora furono stampati furono piccola parte a rispetto de’ molti che furono fatti. Ora, per venire all’essequie, le quali non si fecero il dì dopo San Giovanni, come si era pensato, ma furono insino al quattordicesimo giorno di luglio prolungate, i tre Deputati (perché Benvenuto Cellini, essendosi da principio sentito alquanto indisposto, non era mai fra loro interven[u]to), fatto che ebbe[ro] proveditore Zanobi Lastricati scultore, si risolverono a far cosa più tosto ingegnosa e degna dell’arti loro che pomposa e di spesa. ‚E nel vero, avendosi a onorare – dissero que’ Deputati et il loro proveditore – un uomo come Michelagnolo, e da uomini della professione che egli ha fatto, e più tosto ricchi di virtù che d’amplissime facultà, si dee ciò fare non con pompa regia o soperchie vanità, ma con invenzioni et opere piene di spirito e di vaghezza, che escano dal saper e dalla prontezza delle nostre mani e de’ nostri artefici, onorando l’arte con l’arte. Perciò che, se bene dall’Eccellenza del signor Duca possiamo sperare ogni quantità di danari che fusse di bisogno, avendone già avuta quella quantità che abbiamo domandata, noi nondimeno avemo a tenere per fermo che da noi si aspetta più presto cosa ingegnosa e vaga per invenzione e per arte che ricca per molta spesa o grandezza di superbo apparato‘. Ma ciò nonostante si vide finalmente che la magnificenza fu uguale all’opere che uscirono delle mani dei detti Accademici, e che quella onoranza fu non meno veramente magnifica che ingegnosa e piena di capricciose e lodevoli invenzioni. Fu dunque in ultimo dato questo ordine, che nella navata di mezzo di San Lorenzo, dirimpetto alle due porte de’ fianchi, della quali una va fuori e l’altra nel chiostro, fusse ritto, come si fece, il catafalco, di forma quadro, alto braccia ventotto, con una Fama in cima, lungo undici e largo nove. In sul basamento dunque di esso catafalco, alto da terra braccia due, erano nella parte che guarda verso la porta principale della chiesa posti due bellissimi Fiumi a giacere, figurati l’uno per l’Arno e l’altro per lo Tevere. Arno aveva un corno di dovizia pieno di fiori e frutti, significando per ciò i frutti che dalla città di Firenze sono nati in queste professioni, i quali sono stati tanti e così fatti che hanno ripieno il mondo, e particolarmente Roma, di straordinaria bellezza. Il che dimostrava ottimamente l’altro Fiume figurato, come si è detto, per lo Tevere; perciò che, stendendo un braccio, si aveva piene le mani de’ fiori e frutti avuti dal corno di dovizia dell’Arno, che gli giaceva a canto e dirimpetto. Veniva a dimostrare ancora, godendo de’ frutti d’Arno, che Michelagnolo è vivuto gran parte degl’anni suoi a Roma e vi ha fatto quelle maraviglie che fanno stupire il mondo. Arno aveva per segno il Leone et il Tevere la Lupa con i piccioli Romulo e Remo; et
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erano ambidue colossi di straordinaria grandezza e bellezza, e simili al marmo. L’uno, cioè il Tevere, fu di mano di Giovanni di Benedetto da Castello, allievo del Bandinello, e l’altro di Battista di Benedetto, allievo dell’Ammannato, ambi giovani eccellenti e di somma aspettazione. Da questo piano si alzava una faccia di cinque braccia e mezzo con le sue cornici di sotto e sopra e in su’ canti, lasciando nel mezzo lo spazio di quattro quadri, nel primo de’ quali, che veniva a essere nella faccia dove erano i due Fiumi, era dipinto di chiaro scuro, sì come erano anche tutte l’altre pitture di questo apparato, il Magnifico Lorenzo Vecchio de’ Medici che riceveva nel suo giardino, del quale si è in altro luogo favellato, Michelagnolo fanciullo, avendo veduti certi saggi di lui che accennavano, in que’ primi fiori, i frutti che poi largamente sono usciti della vivacità e grandezza del suo ingegno. Cotale istoria dunque si conteneva nel detto quadro, il quale fu dipinto da Mirabello e da Girolamo del Crucifissaio, così chiamati, i quali, come amicissimi e compagni, presono a fare quell’opera insieme, nella quale con vivezza e pronte attitudini si vedeva il detto Magnifico Lorenzo, ritratto di naturale, ricevere graziosamente Michelagnolo fanciulletto e tutto reverente nel suo giardino, et essaminatolo consegnarlo ad alcuni maestri che gl’insegnassero. Nella seconda storia, che veniva a essere, continuando il medesimo ordine, vòlta verso la porta del fianco che va fuori, era figurato papa Clemente che, contra l’openione del volgo, il quale pensava che Sua Santità avesse sdegno con Michelagnolo per conto delle cose dell’assedio di Firenze, non solo lo assicura e se gli mostra amorevole, ma lo mette in opera alla Sagrestia nuova et alla Libreria di San Lorenzo; ne’ quali luoghi quanto divinamente operasse si è già detto. In questo quadro adunque era di mano di Federigo Fiamingo, detto del Padoano, dipinto con molta destrezza e dolcissima maniera Michelagnolo che mostra al Papa la pianta della detta Sagrestia; e dietro lui, parte da alcuni Angioletti e parte da altre figure erano portati i modelli della Libreria, della Sagrestia e delle statue che vi sono oggi finite: il che tutto era molto bene accomodato e lavorato con diligenza. Nel terzo quadro che, posando come gl’altri detti sul primo piano, guardava l’altare maggiore, era un grande epitaffio latino composto dal dottissimo messer Pier Vettori, il sentimento del quale era tale in lingua fiorentina: L’Accademia de’ Pittori, Scultori et Architettori, col favore et aiuto del duca Cosimo de’ Medici, loro capo e sommo protettore di queste arti, ammirando l’eccellente virtù di Michelagnolo Buonarruoti e riconoscendo in parte il beneficio ricevuto dalle divine opere sue, ha dedicato questa memoria, uscita dalle proprie mani e da tutta l’affezzione del cuore, all’eccellenza e virtù del maggior pittore, scultore et architettore che sia mai stato. Le parole latine furono queste: COLLEGIUM PICTORUM, STATUARIORUM, ARCHITECTORUM, AUSPICIO OPEQUE SIBI PROMPTA COSMI DUCIS AUCTORIS SUORUM COMMODORUM, SUSPICIENS SINGULAREM VIRTUTEM MICHAELIS ANGELI BONARROTAE INTELLIGINSQUE QUANTO SIBI AUXILIO SEMPER FUERINT PRAECLARA IPSIUS OPERA, STUDUIT SE GRATUM ERGA ILLUM OSTENDERE, SUMMUM OMNIUM QUI UNQUAM FUERINT
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P.S.A., IDEOQUE MONUMENTUM HOC SUIS MANIBUS EXTRUCTUM MAGNO ANIMI ARDORE IPSIUS MEMORIAE DEDICAVIT. Era questo epitaffio retto da due Angioletti, i quali, con volto piangente e spegnendo ciascuno una face, quasi si lamentavano essere spenta tanta e così rara virtù. Nel quadro poi che veniva a essere vòlto verso la porta che va nel chiostro, era quando per l’assedio di Firenze Michelagnolo fece la fortificazione del poggio a San Miniato, che fu tenuta inespugnabile e cosa maravigliosa; e questo fu di mano di Lorenzo Sciorini, allievo del Bronzino, giovane di bonissima speranza. Questa parte più bassa, e come dire la base di tutta la machina, aveva in ciascun canto un piedestallo che risaltava, e sopra ciascun piedestallo era una statua grande più che il naturale, che sotto n’aveva un’altra come soggetta e vinta, di simile grandezza, ma raccolta in diverse attitudini e stravaganti. La prima, a man ritta andando verso l’altare maggiore, era un giovane svelto e nel sembiante tutto spirito e di bellissima vivacità, figurato per l’Ingegno, con due aliette sopra le tempie, nella guisa che si dipigne alcuna volta Mercurio. E sotto a questo giovane, fatto con incredibile diligenza, era con orecchi asinini una bellissima figura fatta per l’Ignoranza, mortal nimica dell’Ingegno; le quali ambedue statue furono di mano di Vincenzio Danti perugino, del quale e dell’opere sue, che sono rare fra i moderni giovani scultori, si parlerà in altro luogo più lungamente. Sopra l’altro piedestallo, il quale, essendo a man ritta verso l’altare maggiore, guardava verso la Sagrestia nuova, era una donna fatta per la Pietà cristiana, la quale, essendo d’ogni bontà e religione ripiena, non è altro che un aggregato di tutte quelle virtù che i nostri hanno chiamate teologiche e di quelle che furono dai Gentili dette morali; onde meritamente celebrandosi da’ Cristiani la virtù d’un cristiano ornata di santissimi costumi, fu dato conveniente et onorevole luogo a questa, che risguarda la legge di Dio e la salute dell’anime, essendo che tutti gl’altri ornamenti del corpo e dell’animo, dove questa manchi, sono da essere poco, anzi nulla stimati. Questa figura, la quale avea sotto sé prostrato e da sé calpestato il Vizio, overo l’Impietà, era di mano di Valerio Cioli, il quale è valente giovane, di bellissimo spirito, e merita lode di molto giudizioso e diligente scultore. Dirimpetto a questa, dalla banda della Sagrestia vecchia, era un’altra simile figura, stata fatta giudiziosamente per la dea Minerva, overo l’Arte; perciò che si può dire con verità che, dopo la bontà de’ costumi e della vita, la quale dee tener sempre appresso i migliori il primo luogo, l’arte poi sia stata quella che ha dato a quest’uomo non solo onore e facultà, ma anco tanta gloria, che si può dire lui aver in vita goduto que’ frutti che a pena dopo morte sogliono dalla fama trarne, mediante l’egregie opere loro, gli uomini illustri e valorosi, e, quello che è più, aver in tanto superata l’invidia, che senza alcuna contradizione, per consenso comune, ha il grado e nome della principale e maggiore eccellenza ottenuto. E per questa cagione aveva sotto i piedi questa figura l’Invidia, la quale era una vecchia secca e distrutta, con occhi viperini, et insomma con viso e fattezze che tutte spiravano tossico e veleno, et oltre ciò era cinta di serpi et aveva una vipera in mano. Queste due statue erano di mano d’un giovinetto di pochissima età, chiamato Lazzaro Calamech da Carrara, il quale ancor fanciullo ha dato infino a oggi in alcune cose di pittura e scultura gran saggio di bello e vivacissimo ingegno.
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Di mano d’Andrea Calame[c]h, zio del sopradetto et allievo dell’Amannato, erano le due statue poste sopra il quarto piedestallo, che era dirimpetto all’organo e risguardava verso le porte principali della chiesa. La prima delle quali era figurata per lo Studio, perciò che quegli che poco e lentamente s’adoprano non possono venir in pregio già mai come venne Michelagnolo; con ciò sia che dalla sua prima fanciullezza di quindici insino a novanta anni non restò mai, come di sopra si è veduto, di lavorare. Questa statua dello Studio, che ben si convenne a tant’uomo, il quale era un giovane fiero e gagliardo, il quale alla fine del braccio, poco sopra la giuntura della mano, aveva due aliette significanti la velocità e spessezza dell’operare, si avea sotto, come prigione, cacciata la Pigrizia, overo Ociosità, la quale era una donna lenta e stanca et in tutti i suoi atti grave e dormigliosa. Queste quattro figure, disposte nella maniera che s’è detto, facevano un molto vago e magnifico componimento e parevano tutte di marmo, perché sopra la terra fu dato un bianco che tornò bellissimo. In su questo piano, dove le dette figure posavano, nasceva un altro imbasamento, pur quadro et alto braccia quattro incirca, ma di larghezza e lunghezza tanto minore di quel di sotto quanto era l’aggetto e scorniciamento dove posavano le dette figure, et aveva in ogni faccia un quadro di pittura di braccia sei e mezzo per lunghezza e tre d’altezza; e di sopra nasceva un piano nel medesimo modo che quel di sotto, ma minore; e sopra ogni canto sedeva in sul risalto d’un zoccolo una figura quanto il naturale o più: e queste erano quattro donne, le quali per gli stromenti che avevano erano facilmente conosciute per la Pittura, Scultura, Architettura e Poesia, per le cagioni che di sopra, nella narrazione della sua Vita, si sono vedute. Andandosi dunque dalla principale porta della chiesa verso l’altare maggiore, nel primo quadro del secondo ordine del catafalco, cioè sopra la storia nella quale Lorenzo de’ Medici riceve, come si è detto, Michelagnolo nel suo giardino, era con bellissima maniera dipinto, per l’Architettura, Michelagnolo innanzi a papa Pio Quarto, col modello in mano della stupenda machina della cupola di San Piero di Roma; la quale storia, che fu molto lodata, era stata dipinta da Piero Francia, pittore fiorentino, con bella maniera e invenzione; e la statua, overo simulacro dell’Architettura, che era alla man manca di questa storia, era di mano di Giovanni di Benedetto da Castello, che con tanta sua lode fece anco, come si è detto, il Tevere, uno de’ due Fiumi che erano dalla parte dinanzi del catafalco. Nel secondo quadro, seguitando d’andare a man ritta verso la porta del fianco che va fuori, per la Pittura, si vedeva Michelagnolo dipignere quel tanto ma non mai a bastanza lodato Giudizio, quello, dico, che è l’esempio degli scorci e di tutte l’altre difficultà dell’arte. Questo quadro, il quale lavorarono i giovani di Michele di Ridolfo con molta grazia e diligenza, aveva la sua imagine e statua della Pittura, similmente a man manca, cioè in sul canto che guarda la Sagrestia nuova, fatta da Batista del Cavaliere, giovane non meno eccellente nella scultura che per bontà, modestia e costumi rarissimo. Nel terzo quadro, vòlto verso l’altare maggiore, cio[è] in quello che era sopra il già detto epitaffio, per la Scultura, si vedeva Michelagnolo ragionare con una donna, la quale per molti segni si conosceva essere la Scultura, e parea che si consigliasse con esso lei. Aveva Michelagnolo intorno alcune di quelle opere che eccellentissime ha fatto nella scultura, e la donna in una tavoletta queste parole di Boezio: SIMILI SUB IMAGINE FORMANS. Allato al qual quadro, che fu opera d’Andrea del
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Minga e da lui lavorato con bella invenzione e maniera, era in sulla man manca la statua di essa Scultura, stata molto ben fatta da Antonio di Gino Lorenzi scultore. Nella quarta di queste quattro storie, che era volta verso l’organo, si vedeva, per la Poesia, Michelagnolo tutto intento a scrivere alcuna composizione, et intorno a lui, con bellissima grazia e con abiti divisati secondo che dai poeti sono descritte, le nove Muse et innanzi a esse Appollo con la lira in mano e con la sua corona d’alloro in capo e con un’altra corona in mano, la quale mostrava di volere porre in capo a Michelagnolo. Al vago e bello componimento di questa storia, stata dipinta con bellissima maniera e con attitudini e vivacità prontissime da Giovanmaria Butteri, era vicina e sulla man manca la statua della Poesia, opera di Domenico Poggini, uomo non solo nella scultura e nel fare impronte di monete e medaglie bellissime, ma ancora nel fare di bronzo, e nella poesia parimente molto esercitato. Così fatto dunque era l’ornamento del catafalco, il quale, perché andava digradando ne’ suoi piani tanto che vi si poteva andare attorno, era quasi a similitudine del Mausoleo d’Augusto in Roma; e forse, per essere quadro, più si assomigliava al Settizonio di Severo, non a quello presso al Campidoglio, che comunemente così è chiamato per errore, ma al vero, che nelle Nuove Rome si vede stampato appresso l’Antoniane. Infin qui dunque aveva il detto catafalco tre gradi: dove giacevano i Fiumi era il primo, il secondo dove le figure doppie posavano, et il terzo dove avevano il piede le scempie. Et in su questo piano ultimo nasceva una base overo zoccolo, alta un braccio e molto minore, per larghezza e lunghezza, del detto ultimo piano; sopra i risalti della quale sedevano le dette figure scempie et intorno alla quale si leggevano queste parole: SIC ARS EXTOLLITUR ARTE. Sopra questa base poi posava una piramide alta braccia nove, in due parti della quale, cioè in quella che guardava la porta principale et in quella che volgea verso l’altare maggiore, giù da basso, era in due ovati la testa di Michelagnolo di rilievo, ritratta dal naturale, e stata molto ben fatta da Santi Buglioni. In testa della piramide era una palla a essa piramide proporzionata, come se in essa fussero state le ceneri di quegli che si onorava; e sopra la palla era, maggiore del naturale, una Fama finta di marmo, in atto che pareva volasse et insieme facesse per tutto il mondo risonare le lodi et il pregio di tanto artefice con una tromba, la quale finiva in tre bocche. La quale Fama fu di mano di Zanobi Last[r]icati, il quale, oltre alle fatiche che ebbe come proveditore di tutta l’opera, non volle anco mancare di mostrare, con suo molto onore, la virtù della mano e dell’ingegno. In modo che dal piano di terra alla testa della Fama era, come si è detto, l’altezza di braccia ventotto. Oltre al detto catafalco, essendo tutta la chiesa parata di rovesci e rasce nere – appiccate non, come si suole, alle colonne del mezzo, ma alle cappelle che sono intorno intorno –, non era alcun vano fra i pilastri, che mettono in mezzo le dette cappelle e corrispondono alle colonne, che non avesse qualche ornamento di pittura, et il quale, facendo bella e vaga et ingegnosa mostra, non porgesse in un medesimo tempo maraviglia e diletto grandissimo. E per cominciarmi da un capo, nel vano della prima cappella, che è a canto all’altare maggiore andando verso la Sagrestia vecchia, era un quadro alto braccia sei e lungo otto, nel quale con nuova e quasi poetica invenzione era Michelagnolo in mezzo, come giunto ne’ Campi Elisi, dove gl’erano da man destra, assai maggiori che il naturale, i più famosi e que’ tanto celebrati pittori e scultori antichi, ciascuno de’ quali si conosceva a qualche notabile segno: Praxitele al Satiro che è nella Vigna
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di papa Giulio Terzo, Apelle al ritratto d’Alessandro Magno, Zeusi a una tavoletta dove era figurata l’uva che ingannò gli uccelli, e Parrasio con la finta coperta del quadro di pittura. E così come [questi] a questi, così gl’altri ad altri segni erano conosciuti. A man manca erano quegli che in questi nostri secoli, da Cimabue in qua, sono stati in queste arti illustri: onde vi si conosceva Giotto a una tavoletta in cui si vedeva il ritratto di Dante giovanetto, nella maniera che in Santa Croce si vede essere stato da esso Giotto dipinto; Masaccio al ritratto di naturale; Donatello similmente al suo ritratto et al suo Zuccone del Campanile, che gl’era a canto; e Filippo Brunelleschi al ritratto della sua cupola di Santa Maria del Fiore. Ritratti poi di naturale, senz’altri segni, vi erano fra’ Filippo, Taddeo Gaddi, Paulo Uccello, fra’ Giovann’Agnolo, Iacopo Puntormo, Francesco Salviati et altri. I quali tutti, con le medesime accoglienze che gl’antichi, e pieni di amore e maraviglia, gl’erano intorno, in quel modo stesso che ricevettero Virgilio gli altri poeti nel suo ritorno, secondo la finzione del divino poeta Dante: dal quale essendosi presa l’invenzione, si tolse anco il verso che in un breve si leggeva sopra et in una mano del fiume Arno, che a’ piedi di Michelagnolo con attitudine e fattezze bellissime giaceva: Tutti l’ammiran, tutti onor gli fanno. Il qual quadro, di mano di Alessandro Allori, allievo del Bronzino, pittore eccellente e non indegno discepolo e creato di tanto maestro, fu da tutti coloro che il videro sommamente lodato. Nel vano della cappella del Santissimo Sacramento in testa della crociera era, in un quadro lungo braccia 5 e largo quattro, intorno a Michelagnolo tutta la scuola dell’arti, puttini, fanciulli e giovani di ogni età insino a 24 anni, i quali, come a cosa sacra e divina, offerivano le primizie delle fatiche loro, cioè pitture, sculture e modelli, a lui che gli riceveva cortesemente e gl’ammaestrava nelle cose dell’arti, mentre eglino attentissimamente l’ascoltavano e guardavano con attitudini e volti veramente belli e graziatissimi. E per vero dire, non poteva tutto il componimento di questo quadro essere in un certo modo meglio fatto, né in alcuna delle figure alcuna cosa più bella disiderarsi; onde Batista, allievo del Puntormo, che l’avea fatto, fu infinitamente lodato; et i versi che si leggevano a piè di detta storia dicevano così: Tu pater, tu rerum inventor, tu patria nobis Suppeditas praecepta tuis ex, inclite, chartis. Venendosi poi dal luogo dove era il detto quadro verso le porte principali della chiesa, quasi a canto e prima che si arrivasse all’organo, nel quadro che era nel vano d’una cappella, lungo sei et alto quattro braccia, era dipinto un grandissimo e straordinario favore che alla rara virtù di Michelagnolo fece papa Giulio Terzo, il quale, volendosi servire in certe fabbriche del giudizio di tant’uomo, l’ebbe a sé nella sua Vigna; dove, fattoselo sedere allato, ragionarono buona pezza insieme, mentre cardinali, vescovi et altri personaggi di corte, che avevano intorno, stettono sempre in piedi. Questo fatto, dico, si vedeva con tanto buona composizione e con tanto rilievo essere stato dipinto, e con tanta vivacità e prontezza di figure, che per aventura non sarebbe migliore uscito delle mani d’uno eccellente, vecchio e molto esercitato maes-
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tro. Onde Iacopo Zucchi, giovane et allievo di Giorgio Vasari, che lo fece con bella maniera, mostrò che di lui si poteva onoratissima riuscita sperare. Non molto lontano a questo, in sulla medesima mano, cioè poco di sotto all’organo, aveva Giovanni Strada fiammingo, valente pittore, in un quadro lungo sei braccia et alto quattro, dipinto quando Michelagnolo nel tempo dell’assedio di Firenze andò a Vinezia; dove standosi nell’appartato di quella nobilissima città che si chiama la Giudecca, Andrea Gritti doge e la Signoria mandarono alcuni gentiluomini et altri a visitarlo e fargli offerte grandissime. Nella quale cosa esprimere mostrò il detto pittore, con suo molto onore, gran giudizio e molto sapere, così in tutto il componimento come in ciascuna parte di esso, perché si vedevano nell’attitudini e vivacità de’ volti e ne’ movimenti di ciascuna figura invenzione, disegno e bonissima grazia. Ora, tornando all’altare maggiore e volgendo verso la Sagrestia nuova, nel primo quadro che si trovava, il quale veniva a essere nel vano della prima cappella, era di mano di Santi Tidi, giovane di bellissimo giudizio e molto esercitato nella pittura in Firenze et in Roma, un altro segnalato favore stato fatto alla virtù di Michelagnolo, come credo aver detto di sopra, dall’illustrissimo signor don Francesco Medici, principe di Firenze; il quale, trovandosi in Roma circa tre anni avanti che Michelagnolo morisse et essendo da lui visitato, sùbito che entrò esso Buonarruoto, si levò il principe in piede, et appresso, per onorare un tant’uomo e quella veramente reverenda vecchiezza colla maggior cortesia che mai facesse giovane Principe, volle (comeché Michelagnolo, il quale era modestissimo, il recusasse) che sedesse nella sua propria sedia, onde s’era egli stesso levato, e stando poi in piedi udirlo con quella attenzione e reverenza che sogliono i figliuoli un ottimo padre. A piè del Principe era un putto condotto con molta diligenza, il quale aveva un mazzocchio overo berretta ducale in mano, e d’intorno a loro erano alcuni soldati vestiti all’antica e fatti con molta prontezza e bella maniera. Ma, sopra tutte l’altre, erano benissimo fatti e molto vivi e pronti il Principe e Michelagnolo, intantoché parea veramente che il vecchio proferisse le parole et il giovane attentissimamente l’ascoltasse. In un altro quadro, alto braccia nove e lungo dodici, il quale era dirimpetto alla capella [sic!] del Sacramento, Bernardo Timante Buontalenti, pittore molto amato e favorito dall’illustrissimo Principe, aveva con bellissima invenzione figurati i Fiumi delle tre principali parti del mondo, come venuti tutti mesti e dolenti a dolersi con Arno del comune danno e consolarlo. I detti Fiumi erano il Nilo, il Gange et il Po. Aveva per contrasegno il Nilo un coccodrillo, e per la fertilità del paese una ghirlanda di spighe; il Gange l’uccel grifone et una ghirlanda di gemme, et il Po un cigno et una corona d’ambre nere. Questi fiumi, guidati in Toscana dalla Fama, la quale si vedeva in alto quasi volante, si stavano intorno a Arno, coronato di cipresso e tenente il vaso asciutto et elevato con una mano, e nell’altra un ramo d’arcipresso, e sotto sé un lione; e per dimostrare l’anima di Michelagnolo essere andata in cielo alla somma felicità, avea finto l’accorto pittore uno splendore in aria, significante il celeste lume, al quale in forma d’Angioletto s’indirizzava la benedetta anima, con questo verso lirico: Vivens orbe peto laudibus aethera.
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Dagli lati, sopra due basi erano due figure in atto di tenere aperta una cortina, dentro la quale pareva che fussero i detti Fiumi, l’anima di Michelagnolo e la Fama; e ciascuna delle dette due figure n’aveva sotto un’altra. Quella che era a man ritta de’ Fiumi, figurata per Vulcano, aveva una face in mano; la figura che gli aveva il collo sotto i piedi, figurata per l’Odio in atto disagioso e quasi fatigante per uscirgli di sotto, aveva per contrasegno un avoltoio, con questo verso: Surgere quid properas, Odium crudele? Iaceto. E questo perché le cose sopr’umane e quasi divine non deono [sic!] in alcun modo essere né odiate né invidiate. L’altra, fatta per Aglaia, una delle tre Grazie e moglie di Vulcano, per significare la Proporzione, aveva in mano un giglio, sì perché fi fiori sono dedicati alle Grazie e sì ancora perché si dice il giglio non disconvenirsi ne’ mortorii. La figura che sotto questa giaceva, e la quale era finta per la Sproporzione, aveva per contrassegno una scimia overo bertuccia, e spora questo verso: Vivus et extinctus docuit sic sternere turpe. E sotto i Fiumi erano questi altri due versi: Venimus, Arne, tuo confixa en vulnere moesta Fulmina, ut ereptum mundo ploremus honorem. Questo quadro fu tenuto molto bello per l’invenzione, per la bellezza de’ versi e per lo componimento di tutta la storia e vaghezza delle figure. E perché il pittore non come gl’altri, per commessione, con questa sua fatica onorò Michelagnolo, ma spontaneamente e con quegli aiuti che gli fece la sua virtù avere da’ suoi cortesi et onorati amici, meritò per ciò essere ancora maggiormente comendato. In un altro quadro lungo sei braccia et alto quattro, vicino alla porta del fianco che va fuori, aveva Tommaso da San Friano, pittore giovane e di molto valore, dipinto Michelagnolo come ambasciadore della sua patria innanzi a papa Giulio Secondo, come si è detto che andò, e per quali cagioni, mandato dal Soderino. Non molto lontano dal sopradetto quadro, cioè poco sotto la detta porta del fianco che va fuori, in un altro quadro della medesima grandezza Stefano Pieri, allievo del Bronzino e giovane molto diligente e studioso, aveva (sì come in vero non molto avanti era avenuto più volte in Roma) dipinto Michelagnolo a sedere allato all’illustrissimo signor duca Cosimo in una camera, standosi a ragionare insieme, come di tutto si è detto di sopra a bastanza. Sopra i detti panni neri, di che era parata, come si è detto, tutta la chiesa intorno intorno, dove non erano storie o quadri di pittura era in ciascuno de’ vani delle cappelle imagini di Morte, imprese et altre simili cose, tutte diverse da quelle che sogliono farsi, e belle e capricciose. Alcune, quasi dolendosi d’avere avuto a privare per forza il mondo d’un così fatt’uomo, avevano in un brieve queste parole: COEGIT DURA NECESSITAS, et appresso un mondo, al quale era nato sopra un giglio che aveva tre fiori et era tronco nel mezzo, con bellissima fantasia et invenzione di Alessandro Allori sopradetto. Altre Morti poi erano fatte con altra invenzione, ma quella fu molto lodata, alla quale, essendo prostrata in terra, l’Eternità con una palma in
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mano aveva un de’ piedi posto in sul collo, e guardandola con un atto sdegnoso parea che le dicesse la sua necessità, o volontà che sia, non avere fatto nulla, però che ‚mal tuo grado, viverà Michelagnolo in ogni modo‘. Il motto diceva così: VICIT INCLYTA VIRTUS. E questa fu invenzione del Vasari. Né tacerò che ciascuna di queste Morti era tramezzata dall’impresa di Michelagnolo, che erano tre corone overo tre cerchi intrecciati insieme, in guisa che la circonferenza dell’uno passava per lo centro degl’altri due scambievolmente; il quale segno usò Michelagnolo o perché intendesse che le tre professioni di scultura, pittura et architettura fussero intrecciate et in modo legate insieme che l’una dà e riceve dall’altra comodo et ornamento, e ch’elle non si possono né deono spiccar d’insieme; o pure che, come uomo d’alto ingegno, ci avesse dentro più sottile intendimento. Ma gli Accademici, considerando lui in tutte e tre queste professioni essere stato perfetto e che l’una ha aiutato et abbellito l’altra, gli mutarono i tre cerchi in tre corone intrecciate, insieme col motto: TERGEMINIS TOLLIT HONORIBUS, volendo per ciò dire che meritamente in dette tre professioni se gli deve la corona di somma perfezzione. Nel pergamo, dove il Varchi fece l’orazione funerale, che poi fu stampata, non era ornamento alcuno; perciò che, essendo di bronzo e di storie di mezzo e basso rilievo dall’eccell[entissimo] Donatello stato lavorato, sarebbe stato ogni ornamento che se gli fusse sopra posto di gran lunga men bello. Ma era bene in su quell’altro che gli è dirimpetto, e che non era ancor messo in su le colonne, un quadro alto quattro braccia e largo poco più di due, dove con bella invenzione o bonissimo disegno era dipinto per la Fama, overo Onore, un giovane con bellissima attitudine, con una tromba nella man destra e con i piedi addosso al Tempo et alla Morte, per mostrare che la fama e l’onore, malgrado della morte e del tempo, serbano vivi in eterno coloro che virtuosamente in questa vita hanno operato. Il qual quadro fu di mano di Vincenzio Danti perugino, scultore, del quale si è parlato e si parlerà altra volta. In cotal modo essendo apparata la chiesa, adorna di lumi e piena di populo inumerabile, per essere ognuno, lasciata ogni altra cura, concorso a così onorato spettacolo, entrarono dietro al detto Luogotenente dell’Accademia, accompagnati dal capitano et alabardieri della guardia del Duca, i Consoli e gl’Accademici, et insomma tutti i pittori, scultori et architetti di Firenze; i quali poi che furono a sedere dove fra il catafalco e l’altare maggiore erano stati buona pezza aspettati da un numero infinito di signori e gentiluomini che, secondo i meriti di ciascuno, erano stati a sedere accomodati, si diede principio a una solennissima Messa de’ morti con musiche e cerimonie d’ogni sorte. La quale finita, salì sopra il pergamo già detto il Varchi, che poi non aveva fatto mai cotale ufficio che egli lo fece per la illustrissima signora Duchessa di Ferrara, figliuola del Duca Cosimo; e quivi con quella eleganza, con que’ modi e con quella voce che proprii e particolari furono in orando di tanto uomo, raccontò le lodi, i meriti, la vita e l’opere del divino Michelagnolo Buonarruoti. E nel vero che grandissima fortuna fu quella di Michelagnolo non morire prima che fusse creata la nostra Accademia, da che con tanto onore e con sì magnifica et onorata pompa fu celebrato il suo mortorio. Così a sua gran ventura si dee reputare che avenisse che egli inanzi al Varchi passasse di questa ad eterna e felicissima vita, poi che non poteva da più eloquente e dotto uomo esser lodato. La quale orazione funerale di messer Benedetto Varchi fu poco appresso stampata, sì come fu anco non molto dopo un’altra similmente bellissima orazione, pure delle lodi di Michelagnolo e della pittura, stata fatta dal nobilissimo e dottissimo messer Lionardo Salviati, giovane allora
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di circa ventidue anni, e così raro e felice ingegno in tutte le maniere di componimenti latini e toscani, quanto sa insino a ora e meglio saprà per l’avenire tutto il mondo. Ma che dirò, o che posso dire che non sia poco, della virtù, bontà e prudenza del molto reverendo signor Luogotenente don Vincenzio Borghini sopradetto, se non che, lui capo, lui guida e lui consigliere, celebrarono quell’essequie i virtuosissimi uomini dell’Accademia e Compagnia del Disegno? Perciò che, se bene era bastante ciascuno di loro a fare molto maggior cosa di quello che fecero nell’arti loro, non si conduce nondimeno mai alcuna impresa a perfetto a lodato fine se non quando un solo, a guisa d’esperto nocchiero e capitano, ha il governo di tutti e sopra gl’altri maggioranza. E perché non fu possibile che tutta la città in un sol giorno vedesse il detto apparato, come volle il signor Duca, fu lasciato stare molte settimane in piedi a sodisfazione de’ suoi popoli e de’ forestieri, cha [sic!] da’ luoghi convicini lo vennero a vedere. Non porremo in questo luogo una moltitudine grande di epitaffi e di versi latini e toscani fatti da molti valenti uomini in onore di Michelagnolo, sì perché un’opera da sé stessi vorrebbono, e perché altrove da altri scrittori sono stati scritti e mandati fuora.“ 35. Primaticcio, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 147-148. [S. 147:] [Maskeraden und Feste unspezifisch, Paris:] „E perché vanno in queste opere moltissime statue di marmo e bronzi, e storie assai di basso rilievo, ella riuscirà opera degna di tanti e sì gran re, e dell’eccell[enza] et ingegno di sì raro artefice, come è questo abate di S. Martino, il quale è stato ne’ suoi migliori anni in tutte le cose che appartengono alle nostre arti eccellentissimo et universale, poi che si è adoperato in servigio de’ suoi signori non solo nelle fabriche, pitture e stucchi, ma ancora in molti apparati di feste e mascherate, con bellissime e capricciose invenzioni.“ [S. 148:] [Lorenzo Sabatini, Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] „E l’anno 1566 se ne servì il Vasari nell’apparato che si fece in Fiorenza per le dette nozze del Principe e della serenissima reina Giovanna d’Austria, facendogli fare nel ricetto, che è fra la sala dei Dugento e la grande, sei figure a fresco, che sono molto belle e degne veramente di essere lodate.“ 36. Iacopo Sansavino, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 182: [Einzug Leos X, Florenz:] „Avendosi poi l’anno 1514 a fare un ricchissimo apparato in Fiorenza per la venuta di papa Leone X, fu dato ordine dalla Signoria e da Giuliano de’ Medici che si facessero molti archi trionfali di legno in diversi luoghi della città. Onde il Sansovino non solo fece i disegni di molti, ma tolse in compagnia Andrea del Sarto a fare egli stesso la facciata di Santa Maria del Fiore, tutta di legno, con statue e con istorie et ordine d’architettura, nel modo apunto che sarebbe ben fatto ch’ella stesse, per tòrne via quello che vi è di componimento et ordine tedesco. Per che messovi mano (per non dire ora alcuna cosa della coperta di tela che per San Giovanni et altre feste solennissime soleva coprire la piazza di Santa Maria del Fiore
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e di esso San Giovanni, essendosi di ciò in altro luogo favellato a bastanza), dico che sotto queste tende aveva ordinato il Sansovino la detta facciata di lavoro corinto, e che, fattala a guisa d’arco trionfale, aveva messo sopra un grandissimo imbasamento da ogni banda le colonne doppie, con certi nicchioni fra loro pieni di figure tutte tonde che figuravano gl’Apostoli, e sopra erano alcune storie grandi di mezzo rilievo, finte di bronzo, di cose del Vecchio Testamento: alcune delle quali ancora si veggiono lung’Arno in casa de’ Lanfredini. Sopra seguitavano gl’architravi, fregi e cornicioni che risaltavano, et appresso varii e bellissimi frontespizii. Negl’angoli poi degl’archi, nelle grossezze e sotto, erano storie dipinte di chiaro scuro di mano d’Andrea del Sarto, e bellissime. E insomma questa opera del Sansovino fu tale, che, veggendola papa Leone, disse che era un peccato che così fatta non fusse la vera facciata di quel tempio, che fu cominciata da Arnolfo tedesco. Fece il medesimo Sansovino nel detto apparato per la venuta di Leone X, oltre la detta facciata, un cavallo di tondo rilievo, tutto di terra e cimatura, sopra un basamento murato, in atto di saltare e con una figura sotto di braccia nove. La quale opera fu fatta con tanta bravura e fierezza, che piacque e fu molto lodata da papa Leone: onde esso Sansovino fu da Iacopo Salviati menato a baciare i piedi al Papa, che gli fece molte carezze.“ 37. Lione Aretino, Barocchi & Bettarini (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 207: [Guglielmo, Maskeraden, Festa del Testaccio, Rom:] „Si adoperò anco assai ne’carri della festa di Testaccio et altre mascherate, che già molti anni sono si fecero in Roma.“ 38. Degli Accademici, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 233-255. [S. 233:] [Bronzino, Hochzeit Cosimo I. de’ Medicis mit Eleonora von Toledo, Florenz:] „[…] e nelle nozze dell’illustrissima donna Leonora di Tolledo, moglie già del duca Cosimo, fece due storie di chiaro scuro nel cortile di casa Medici; e nel basamento che reggeva il cavallo del Tribolo, come si disse, alcune storie, finte di bronzo, de’ fatti del signor Giovanni de’ Medici, che tutte furon le migliori pitture che fussero fatte in quell’apparato.“ [S. 234:] [Komödien im Palazzo Vecchio, Florenz:] „Fece anco in Palazzo quasi ne’ medesimi tempi, due anni alla fila, per Carnovale, due scene e prospettive per comedie, che furono tenute bellissime.“ [S. 237:] [Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] „Nelle nozze della reina Giovanna d’Austria, moglie del detto principe, dipinse in tre tele grandi, che furono poste al ponte alla Carraia, come si dirà in fine, alcune storie delle Nozze d’Imeneo, in modo belle che non parvero cose da feste, ma da essere poste in luogo onorato per sempre, così erano finite e condotte con diligenza.“
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[S. 239:] [Alessando Allori:] „[…] e nel vero ha mostro nelle nozze di Sua Altezza, con figure di rilievo e storie dipinte, e dato gran saggio e speranza di sé, e va continuando, d’avere a farsi eccellente pittore […]. […] [Giovanmaria Butteri:] Ha anco mostro buona pratica e molta destrezza un altro giovane, pur creato del Bronzino, nostro Accademico, chiamato Giovanmaria Butteri, per quel che fece, oltre a molti quadri et altre opere minori, nell’essequie di Michelagnolo e nella venuta della detta serenissima reina Giovanna a Fiorenza.“ [S. 239-240:] [Stefano Pieri e Lorenzo dello Sciorina:] „Sono ancora creati del Bronzino Stefano Pieri e Lorenzo dello Sciorina, che l’uno e l’altro hanno nelle esequie di Michelagnolo e nelle nozze di Sua Altezza adoperatosi, che sono stati conumerati fra i nostri Accademici. […] [Batista Naldini e Francesco da Poppi:] […] ha molto acquistato e si è fatto pratico e fiero dipintore, come molte cose ne mostrano che ha fatto al molto reverendo don Vincenzio Borghini, il quale se n’è molto servito et ha aiutatolo, insieme con Francesco da Poppi, giovane di grande speranza e nostro Accademico, che s’è portato bene nelle nozze di Sua Altezza, et altri suoi giovani, i quali don Vincenzio va continuamente esercitandogli et aiutandogli. […] [Maso Mazzuoli, detto Maso da San Friano:] Costui nell’esequie del Buonarruoto, come Accademico et amorevole, e poi nelle nozze della reina Giovanna, in alcune storie si portò bene oltre modo.“ [S. 241:] [Andrea del Minga e Francesco Curcifissaio:] „[…] e nell’esequie di Michelagnolo e nozze sopradette si fecero anch’essi molto onore. […] [Friedrich Sustris:] Ha anco molto onorato la nostra Accademia e se stesso Federigo di Lamberto d’Asterdam fiammingo, genero del Padoano cartaro, nelle dette esequie e nell’apparato delle nozze del Prencipe […].“ [S. 242:] [Bernardo Buontalenti:] „E per tornare a Bernardo, dico che nella pittura il medesimo mostrò altresì, fuori dell’aspettazione di molti, che sa non meno fare le figure grandi che le piccole, quando fece quella gran tela, di cui si è ragionato, nell’essequie di Michelagnolo. Fu anco adoperato Bernardo, con suo molto onore, nelle nozze del suo e nostro Prencipe, in alcune mascherate, nel Trionfo de’ Sogni, come si dirà, negl’Intermedii della Commedia che fu recitata in Palazzo, come da altri è stato raccontato distesamente. E se avesse costui quando era giovinetto (se bene non passa anco trenta anni) atteso agli studii dell’arte sì come attese al modo di fortificare, in che spese assai tempo, egli sarebbe oggi per aventura a tal grado d’eccell[enza] che altri ne stupirebbe: tuttavia si crede abbia a conseguire per ogni modo il medesimo fine, se bene alquanto più tardi, perciò che è tutto ingegno e virtù […].“
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[S. 243-244:] [Iacopo Zucchi:] „E l’opere che ha fatto da sé solo nell’essequie di Michelagnolo, nelle nozze dell’illustrissimo signor Principe et altre a diversi amici suoi, nelle quali ha mostro intelligenza, fierezza, diligenza, grazia e buon giudizio, l’hanno fatto conoscere per giovane virtuoso e valente dipintore: ma più lo faranno quelle che da lui si possono sperare nell’avenire, con tanto onore della sua patria quanto gli abbia fatto in alcun tempo altro pittore. […] [Santi Tidi:] Costui nell’essequie del Buonarruoto e nelle dette nozze della serenissima Principessa si portò certo nelle cose che dipinse bene affatto: ma maggiormente e con molta et incredibile fatica nelle storie ch’e’ dipinse nel teatro che fece per le medesime nozze all’illustrissimo signor Paol Giordano Orsino, duca di Bracciano, in sulla piazza di San Lorenzo, nel quale dipinse di chiaro scuro, in più pezzi di tele grandissime, istorie de’ fatti d’i più uomini illustri di casa Orsina. […] [Altri:] Sono anco della medesima Accademia alcun’ altri giovani pittori che si sono adoperati negl’apparati sopradetti, parte fiorentini e parte dello Stato. Alessandro del Barbiere fiorentino, giovane di 25 anni, oltre a molte altre cose, dipinse in Palazzo per le dette nozze, con disegni et ordine del Vasari, le tele delle facciate della Sala grande, dove sono ritratte le piazze di tutte le città del dominio del signor Duca, nelle quali si portò certo molto bene e mostrossi giovane giudizioso e da sperare ogni riuscita. Hanno similmente aiutato al Vasari in queste et altre opere molti altri suoi creati et amici: Domenico Benci, Alessandro Fortori d’Arezzo, Stefano Veltroni suo cugino, et Orazio Porta, amendue dal Monte San Savino, Tomaso del Verrocchio.“ [S. 248:] [Illarione Ruspoli:] „Né tacerò che sotto la costui disciplina attende con sua molta lode alla scultura Illarione Ruspoli, giovane e cittadin fiorentino, il quale non meno degli altri suoi pari Accademici ha mostro di sapere et aver disegno e buona pratica in fare statue, quando insieme con gl’altri n’ha avuto occasione nell’essequie di Michelagnolo e nell’apparato delle nozze sopradette.“ [S. 253:] [Gino Lorenzi:] „Gli ha poi fatto fare il medesimo Signor[e], per lo suo giardino de’ Pitti, una fontana simile al bellissimo Trionfo di Nettunno che si vide nella superbissima mascherata che fece Sua Eccell[enza] nelle dette nozze del signor Principe illustrissimo. E questo basti quanto a Stoldo Lorenzi, il quale è giovane e va continuamente lavorando et acquistandosi maggiormente, fra’ suoi compagni Accademici, fama et onore.“ [S. 254-255:] [Domenico Poggini:] „Di Domenico Poggini similmente, essendosi detto di sopra che è scultore valent’uomo e che ha fatto una infinità di medaglie molto simili al vero et alcun’opere di marmo e di getto, non dirò qui altro di lui se non che meritamente è de’ nostri Accademici che in dette nozze fece alcune statue molto belle, le quali furono poste sopra l’arco della Religione al canto alla Paglia, e che ultimamente ha fatto
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una nuova medaglia del Duca, similissima al naturale e molto bella, e continuamente va lavorando. […] [Altri:] Finalmente, sono stati accettati nell’Accademia alcuni giovani scultori che nell’apparato detto delle nozze di Sua Altezza hanno fatto opere onorate e lodevoli; e questi sono stati fra’ Giovan Vincenzio de’ Servi, discepolo di fra’ Giovan Agnolo, Ottaviano del Collettaio, creato di Zanobi Last[r]icati, e Pompilio Lancia, figliuolo di Baldassarre da Urbino, architetto e creato di Girolamo Genga; il quale Pompilio, nella mascherata detta della Geneologia degli Dei, ordinata per lo più, e quanto alle machine, dal detto Baldassarre suo padre, si portò in alcune cose ottimamente. [Einleitung zum Festbericht:] Essì ne’ trapassati scritti assai largamente dimostro di quali e quanti uomini, e quanto virtuosi, si sia per così lodevole Accademia fatto raccolta, e sonsi in parte tócche le molte et onorate occasioni avute da liberalissimi Signori di dimostrare la lor sufficienzia e valore; ma nondimeno, acciò che questo meglio s’intenda, quantunque que’ primi dotti scrittori, nelle loro Descrizioni degl’archi e de’ diversi spettacoli nelle splendidissime nozze rappresentati, questo troppo bene noto facessero, essendomi nondimeno data nelle mani la seguente operetta scritta per via d’esercitazione da persona oziosa, e che della nostra professione non poco si diletta, ad amico stretto e caro che queste feste veder non potette, come più breve e che tutte le cose in un comprendeva, mi è parso per sodisfazione degl’Artefici miei dovere in questo volume, poche parole aggiungendovi, inserirla, acciò che, così congiunta, più facilmente che separata si serbi delle lor virtuose fatiche onorata memoria.“ [In der Ausgabe folgt der Festbericht Giovambattista Cinis: siehe zusammenhängend BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Vd. VI, S. 256-367.] 39. Giorgio Vasari, BAROCCHI & BETTARINI (Hrsg.) 1966-69, Bd. VI, S. 370-403: [S. 370:] [Krönung Karls V., Bologna:] „Crescendo poi più ogni giorno la guerra, mi risolvei tornarmene in Arez[z]o; ma non potendo per la diritta via et ordinaria, mi condussi per le montagne di Modena a Bologna; dove trovando che si facevano per la coronazione di Carlo Quinto alcuni archi trionfali di pittura, ebbi così giovinetto da lavorare con mio utile et onore.“ [S. 374-375:] [Einzug Karls V., Florenz:] „Dopo quest’opere, veggendo io che il Duca era tutto dato alle fortificazioni et al fabricare, cominciai, per meglio poterlo servire, a dare opera alle cose d’architettura, e vi spesi molto tempo. Intanto, avendosi a far l’apparato per ricevere, l’anno 1536, in Firenze l’imperatore Carlo Quinto, nel dare a ciò ordine il Duca, comise ai deputati sopra quella onoranza, come s’è detto nella Vita del Tribolo, che m’avessero seco a disegnare tutti gl’archi et altri ornamenti da farsi per quell’entrata. Il che fatto, mi fu anco, per beneficarmi, allogato, oltre le bandiere grandi del castello e fortezza, come si disse, la facciata a uso d’arco trionfale che si fece a San Felice in Piaz[z]a, alta braccia quaranta e larga venti; et appresso, l’ornamento della Porta a San Piero Gattolini; opere tutte grandi e sopra le forze mie:
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e che fu peggio, avendomi questi favori tirato addosso mille invidie, circa venti uomini, che m’aiutavano far le bandiere e gl’altri lavori, mi piantarono in sul buono, a persuasione di questo e di quello, acciò io non potessi condurre tante opere e di tanta importanza. Ma io, che aveva preveduto la malignità di que’ tali ai quali avea sempre cercato di giovare, parte lavorando di mia mano giorno e notte, e parte aiutato da pittori avuti di fuora che m’aiutavano di nascoso, attendeva al fatto mio et a cercare di superare cotali difficultà e malivoglienze con l’opere stesse. In quel mentre Bertoldo Corsini, allora generale proveditore per Sua Eccellenzia, aveva rapportato al Duca che io aveva preso a far tante cose, che non era mai possibile che io l’avessi condotte a tempo, a massimamente non avendo io uomini et essendo l’opere molto adietro. Per che mandato il Duca per me e dettomi quello che avea inteso, gli risposi che le mie opere erano a buon termine, come poteva vedere Sua Eccellenzia a suo piacere, e che il fine loderebbe il tutto; e partitomi da lui, non passò molto che occultamente venne dove io lavorava, e vide il tutto, e conobbe in parte l’invidia e malignità di coloro che sanza [sic!] averne cagione mi pontavano addosso. Venuto il tempo che doveva ogni cosa essere a ordine, ebbi finito di tutto punto e posti a’ luoghi loro i miei lavori, con molta sodisfazione del Duca e dell’universale; là dove quelli di alcuni che più avevano pensato a me che a loro stessi, furono messi su imperfetti. Finita la festa, oltre a’ quattrocento scudi che mi furono pagati per l’opere, me ne donò il Duca trecento, che si levarono a coloro che non avevano condotto a fine le loro opere al tempo determinato, secondo che si era convenuto d’accordo.“ [S. 381-382:] [Taufe/Geburt Francesco de’ Medicis, Florenz:] „Dirò ben questo, però che lo posso dire con verità, d’avere sempre fatto le mie pitture, invenzioni e disegni, comunche sieno, non dico con grandissima prestezza, ma sì bene con incredibile facilità e senza stento. Di che mi sia testimonio, come ho detto in altro luogo, la grandissima tela ch’io dipinsi in San Giovanni di Firenze in sei giorni soli, l’anno 1542, per lo battesimo del signor don Francesco Medici, oggi principe di Firenze e di Siena. [Talanta, Compagnia della Calza, Venedig:] Ora, se bene io voleva dopo quest’opere andare a Roma per satisfare a messer Bindo Altoviti, non mi venne fatto. Perciò che chiamato a Vinezia da messer Pietro Aretino, poeta allora di chiarissimo nome e mio amicissimo, fui forzato, perché molto disiderava vedermi, andar là; il che feci anco volentieri per vedere l’opere di Tiziano e d’altri pittori in quel viaggio. […] Né molto dimorai a Vinezia che, pregato dall’Aretino, feci ai Signori della Calza l’apparato d’una loro festa, dove ebbi in mia compagnia Batista Cungii e Cristofano Gherardi dal Borgo S. Sipolcro e Bastiano Flori aretino, molto valenti a pratichi, di che si è in altro luogo ragionato a bastanza […].“ [S. 402-403:] [Hochzeit Francesco de’ Medicis mit Johanna von Österreich, Florenz:] „Aggiugnerò anco che, quasi nel medesimo tempo, ebbi carico di disegnare tutti gl’archi da mostrarsi a Sua E[ccellenza] per determinare l’ordine tutto e poi mettere gran parte in opera, e far finire il già detto grandissimo apparato, fatto in Fiorenza per le nozze del signor Principe illustrissimo; di far fare con miei disegni in dieci quadri, alti braccia 14 l’uno et undici larghi, tutte le piazze delle città principali del dominio, tirate in prospettiva, con i loro primi edificatori et insegne, oltre di far finire la testa di detta
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Sala, cominciata dal Bandinello; di far fare nell’altra una scena, la maggiore e più ricca che fusse da altri fatta mai; e finalmente di condurre le scale principali di quel Palazzo, i loro ricetti, et il cortile e colonne, in quel modo che sa ognuno e che si è detto di sopra, con quindici città dell’Imperio e del Tiruolo, ritratte di naturale in tanti quadri. […] Oltre che anco fu mia cura il far rifare, per le medesime nozze, et accrescere nella tribuna maggiore di Santo Spirito i nuovi ingegni della festa che già si faceva in San Felice in Piazza: il che tutto fu ridotto a quella perfezzione che si poteva maggiore, onde non si corrono più di que’ pericoli che già si facevano in detta festa.“
Dank Dieser Band wurde im Oktober 2017 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Dissertation angenommen. An der Universität Augsburg unter Prof. Dr. Gabriele Bickendorf (†) begonnen, wurde die Arbeit ab 2015 von Prof. Dr. Wolfgang Augustyn betreut, dem ich für seine Unterstützung in allen Belangen herzlich danke. Prof. Dr. Christopher Balme hat bereitwillig die Zweitkorrektur übernommen und die Arbeit aus theaterwissenschaftlicher Perspektive begleitet. Der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk danke ich für die Gewährung eines Promotionsstipendiums. Diverse Institutionen und Personen aus dem In- und Ausland haben das Entstehen der Arbeit in vielfältiger Weise gefördert. Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München, die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze sowie das Archivio di Stato in Florenz haben mir unbürokratisch Zugang zu ihren Beständen und Archivalien gewährt und das Kunsthistorische Institut in Florenz bot mir darüber hinaus vielfältige Möglichkeiten zum wissenschaftlichen Austausch. Ich danke insbesondere Prof. Dr. Alessandro Nova für die Gelegenheit, meine Arbeit in seinem Forschungskolloquium zu diskutieren, sowie unter anderem Dr. Fabian Jonietz, Hana Gründler und Dr. Mandy Richter für die konstruktiven Gespräche und ihren sachlichen Rat. Prof. Dr. Gerd Blum danke ich für die Gelegenheit zum niederschwelligen Austausch im Rahmen einer Tagung und Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra für die Bereitschaft zum persönlichen Gespräch in Frankfurt. An der Universität Augsburg haben Prof. Dr. Dorothee Diemer und Prof. Dr. Rebecca Müller den Promotionsprozess durch die Eröffnung wissenschaftlicher Kontakte, durch ihre Bereitschaft zum fachlichen Dialog sowie nicht zuletzt durch ihren persönlichen Rat in allen Belangen unterstützt und gefördert. Aus dem Elite-Masterstudiengang „Aisthesis. Historische Kunst- und Literaturdiskurse“ haben unter anderem Prof. Dr. Michael F. Zimmermann, Prof. Dr. Hubertus Kohle, Prof. Dr. Marco Collareta sowie Dr. Thomas Frangenberg (†) die Arbeit durch engagierte Diskussionen bereichert und meinen wissenschaftlichen Werdegang vielfältig begleitet. Dr. Martina Neumeyer danke ich herzlich für ihren Rat und ihre tatkräftige Unterstützung. Dr. Peter Diemer hat diese Schrift durch seine inhaltlichen und redaktionellen Anregungen sehr vorangebracht. Des Weiteren gilt mein Dank Andreas Vogt, Dr. Christian Drude, Dr. Robert Bauernfeind, Dr. Heidrun Lange, Dr. Stefan Hartmann sowie Nathalie Merkle und Christina Sammüller für ihre Unterstützung auf unterschiedlichen Ebenen. Tief verbunden bin ich meinen Eltern sowie Irmgard Schießl, die mir Studium und Promotion ermöglicht haben. Diese Schrift steht im Gedenken an meine Lehrerin, Prof. Dr. Gabriele Bickendorf, der ich meine enge Beziehung zu ‚Freund Vasari‘ ebenso verdanke wie mein Interesse an wissenschaftsgeschichtlichen Fragestellungen und auf deren ‚geistiger Mutterschaft‘ große Teile der Arbeit inhaltlich wie methodisch beruhen.
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