Sämtliche Werke – Historisch-kritische Ausgabe. Abteilung I Lyrik: Teilband I: Blumen 9783110757798, 9783110755831

This is the first historical-critical edition of Lohenstein’s three-part poetry collection "Flowers" (1680). &

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German Pages 584 [588] Year 2022

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Blumen
Vorwort an den Leser
Rosen
Hyacinthen
Himmel-Schlüssel
Druckfehler in Blumen
Anhang
Editionsbericht
Kommentar
Titelkupfer
Vorwort an den Leser
Rosen
Hyacinthen
Himmel-Schlüssel
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungen
Abbildungsnachweise
Verzeichnis der Gedichtüberschriften
Verzeichnis der Gedichtanfänge
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Sämtliche Werke – Historisch-kritische Ausgabe. Abteilung I Lyrik: Teilband I: Blumen
 9783110757798, 9783110755831

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Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke

Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Historisch-kritische Ausgabe Herausgegeben von

Lothar Mundt, Wolfgang Neuber und Thomas Rahn

De Gruyter

Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Abteilung I Lyrik Teilband 1 Blumen Herausgegeben und kommentiert von

Lothar Mundt

De Gruyter

Die Ausgabe wurde erarbeitet mit Unterstützung der New York University Abu Dhabi und des Instituts für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität Berlin.

ISBN 978-3-11-075583-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-075779-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-075788-0 Library of Congress Control Number: 2021944796

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH www.degruyter.com

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Blumen Vorwort an den Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Rosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Hyacinthen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Himmel-Schlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Druckfehler in Blumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Anhang (Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten, die für die Aufnahme in die ‚Blumen‘ stärker bearbeitet wurden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Editionsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Kommentar Titelkupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Vorwort an den Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Rosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Hyacinthen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Himmel-Schlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 Verzeichnis der Gedichtüberschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 Verzeichnis der Gedichtanfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575

Für Felix und Caroline zum 19. Juni 2021

Vorwort Das mit diesem Teilband 1 vorliegende Textcorpus der Abteilung Lyrik umfaßt die von Lohenstein 1680 im Verlag Jesajas Fellgiebel in Breslau herausgegebene Sammlung ‚Blumen‘ mit ihren drei Teilen ‚Rosen‘ (hauptsächlich Hochzeitsgedichte), ‚Hyacinthen‘ (hauptsächlich Gedichte auf Trauerfälle) und ‚Himmel-Schlüssel‘ (geistliche Lyrik). Alle noch greifbaren früheren Einzeldrucke von Hochzeits- und Trauergedichten, die Lohenstein in die ‚Blumen‘ übernommen hat, wurden verglichen und mit ggf. abweichenden Lesarten in den Variantenapparaten erfaßt. Ebenso wurde bei Gedichten verfahren, die Lohenstein aus dem Manuskript seines Arminius-Romans in die ‚Blumen‘ übernommen hat, sowie bei solchen, von denen es Parallelüberlieferungen in Sammelhandschriften des 17. Jahrhunderts oder in der Neukirchschen Sammlung gibt. Vier Gedichte, die von Lohenstein für den Abdruck in den ‚Blumen‘ besonders stark überarbeitet wurden (drei davon nach älteren Gelegenheitsdrucken, eines nach einer älteren handschriftlichen, autographen Fassung), werden in einem Anhang vollständig in ihrer Erstfassung dokumentiert. Da der unserer Edition zugrundeliegende Erstdruck der ‚Blumen‘ nebst allen überlieferten Erstdrucken einzelner Gedichte in der von Gerhard Spellerberg 1992 in der Reihe ‚Rara ex bibliothecis Silesiis‘ des Verlags Max Niemeyer herausgegebenen Reprint-Edition 1 für jedermann leicht zugänglich ist, glaubten wir bei diesem Band auf die Beigabe eines Anhangs mit Abbildungen von Originaldruckseiten verzichten zu dürfen. Zudem sind mehrere Exemplare des Erstdrucks als Digitalisate online verfügbar. Der Teilband 2 der Abteilung Lyrik wird alle zu Lebzeiten Lohensteins außerhalb der Sammlung ‚Blumen‘ erschienenen Gedichte sowie alle nur postum überlieferten lyrischen Werke enthalten. Berlin-Marienfelde, im Oktober 2021 1



Lothar Mundt

Daniel Casper von Lohenstein, Lyrica. Hrsg. u. mit einem Nachwort vers. von Gerhard Spellerberg. Tübingen 1992 (= Rara ex bibliothecis Silesiis 1). Das Werk ist heute, infolge der Übernahme des Verlags Niemeyer, Teil des Programms des Verlags Walter de Gruyter.

Geneigter Leſer.

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DJeſe Gedichte ſind eine wenige Uberbleibung von denen/ welche ich in meinen jngern Jahren theils zu meiner eignen Vergngung/ theils gutten Freinden zuLiebe gefertigt. Der grſſere Theil iſt entweder durch vorwitzige Hnde/ oder durch meine Unachtſamkeit verlohren worden; weil ich ſie niemals fr etwas geſchzt habe/ das aufzuheben/ oder ans Licht zubringen wrdig were. Dieſe wrden auch in ihrem Staube vollends verweſet ſeyn/ wenn ich nicht erfahren hette: daß Fremde unterſchiedene Stcke hiervon nicht nur fr ihre Arbeit ausgegeben/ ſondern auch ſo gar wider ihren Uhrſprung und Eigenſchafft Erlauchten Per!):(3v"ſonen mit Vernderung weniger Worte zugeſchrieben hetten. Jedoch wrde ich dieſe meine ſelbſt wenig geſchzte Federn leichter/ als Maro dem Bazillus/ zwey ſeiner ſo hoch geſchtzten Verſe/ haben gnnen knnen/ wenn nur andere nicht meinen Getichten zwar meines Nahmens Uberſchrifft gelaſſen/ ſelbte aber auf gantz andere Flle und Perſonen/ darauf ich nie gedacht/ mit einer mercklichen Vernderung verkehrt; oder gantz frembde Eyer in mein Neſt geleget hetten. Dieſemnach ich gleichſam zu meiner Vertheidigung dis an den Tag zu legen genthiget worden; was ich fr meinen Brutt erkenne; wormit ich mich der Unterſteckung frembder Kinder befreyete. Ob ich nun zwar von dieſen Getichten ſelbſt wenig Wercks mache; am wenigſten aber unter dieſelben zu rechnen bin/ von welchen Cicero ſagt: daß ieder Tichter der beſte zu ſeyn ihm einbilde; zumal da allezeit meine wichtigere Geſchffte !):(4r" mir hiermit viel Zeit zu verſchwenden

3 6 9 13 16 19 20 22 23

Freinden] Freunden CD  gefertigt] gefertiget CD were] wre CD Erlauchten] Erluchten CD Getichten] Gedichten CD frembde] fremde CD frembder] fremder CD Getichten] Gedichten CD Tichter] Dichter D hiermit] hiemit CD

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Blumen

verbothen/ ſondern mir ſelbte nur als bloſſe Neben-dinge einen erleuchternden Zeit-Vertreib/ nicht aber eine beſchwerliche Bemhung abgegeben/ ſo habe ich mich doch nicht berwinden knnen/ andere ernſthafte Dinge ſo hoch zu achten: daß ich meine Getichte/ wie Plato die ſeinigen/ zuverbrennen hette fr rhmlich geachtet; Beſonders da mir zweifelhaft iſt: ob ich dergleichen Frhaben mehr fr eine beſcheidene Verkleinerung ſeiner ſelbſt/ als fr eine ehrſchtige Erfindung halten ſol/ nur ein viel grſſeres Verlangen zu denen alſo verdrckten Sachen zuerwecken. Sintemal wir nach des Ovidius verlohrner Medea/ nach des Claudians Abgange an ſeinem Raube Proſerpinens mehr lſtern ſind/ als wir an dem behaltenen Reichthume ihrer herrlichen Wercke Vergngung ſchpffen. Maſſen mir denn auch iedesmals glaublicher/ und dem unvergleichlichen Maro anſtn!):(4v"diger geſchienen hat: daß er in ſeinem lezten Willen ſeine gldene Eneis dem Varius und Tocca vollends auszubeſſern/ als durchs Feuer zuvertilgen anbefohlen habe; Beſonders da Virgilius mit ſeinen Augen geſehen/ wie das Rmiſche Volck in dem Schauplatze bey Anhrung ſeiner Getichte eben mit ſo groſſer Ehrerbiettung/ als fr dem Keyſer Auguſt aufgeſtanden; ſein Ertz-Feind Caligula auch nach der Zeit ſich ſo ſehr nicht bemht haben wrde/ durch Zernichtung aller ſeiner Getichte des Maro Willen zuerfllen. Mich machet auch am wenigſten irre: daß Plato die Poeten gar aus ſeiner Stadt auszuſchlſſen gemeinet; und er daher wol vom Gelcke ſagen mag: daß ſie ihm nicht wie ihren zwey andern Feinden/ dem Minos und Tantalus einen Platz in der Hlle eingerumt haben; noch auch: daß in der Tichter-Kunſt das nur erlangte Mittel-Maaß/ welches doch ſonſt der Mßſtab aller Vollkommenhei!):(5r"ten iſt/ iederzeit fr einen groſſen Fehler gehalten worden. Denn des letztern halben iſt es mit denen Getichten/ wie mit den Speiſen beſchaffen. Ein

37 Varius] Varrus ABCD 24–25  erleuchternden] erleichternden BCD 27 Getichte] Gedichte CD 32 zuerwecken.] zu erwecken? D 40 Getichte] Gedichte CD 43 Getichte] Gedichte CD 45 auszuſchlſſen] auszuſchlieſſen CD 46 Gelcke] Glcke D  Feinden] Feindein C 48 Tichter-Kunſt] Dichter-Kunſt D 51 Getichten] Gedichten CD



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Geneigter Leſer5

Mund vergnget ſich mit Zucker/ der andere mit Eßige; und Lyſander fhret mit nicht geringerer Großachtung die gemeinen Getichte des Chrilus/ als Alexander die unſchtzbare Jlias des Gttlichen Homerus mit ſich. Ja zu des Quintilian Zeiten laaßen ſchon etliche den Lucretius lieber/ als den Maro/ und hielten den Lucilius hher als den Horatz; und lange vorher haben ihrer nicht wenig/ ſo wol an Alter als Wrde den Heſiodus ber den Homer zu ſetzen gemeinet. Dem erſteren aber fr einen Weltweiſen allzuſcharffen Urthel haben wenig andere/ am wenigſten aber die beygepflichtet; welche befunden: daß die Poeſie die erſte Wiege der Weißheit geweſt ſey/ und ihr kern ſo wenig in den Schalen der Getichte/ als die Perle in ſchnen Muſcheln etwas von !):(5v" ihrer Gtte verliere. Dieſe haben vielmehr in ihren Zahlen einen ſo durchdringenden Nachdruck: daß Lucian die Redner den FußKnechten vergliechen/ die Poeten aber zu Reitern gemacht/ und ſie auf den flgenden Pegaſus geſetzt; andere aber die Poeſie fr die Sprache der Gtter erklret haben; als welche auch nur vom Himmel und der Natur eingeflßt/ durch keinen Fleiß aber erworben wrde. Frnehmlich aber ſchicket ſie ſich zum Gottes-Dienſte. Die Andacht lſſet ſich in ſelbe ſo wol/ als der hohe Prieſter in Seide kleiden/ oder die Lade des Bundes mit Golde berziehen. Nicht nur die Vter der erſten Chriſtlichen Kirchen haben ſchon hiermit ihre Geiſtreiche Gedancken ausgedrckt/ ſondern der heilige Geiſt hat ſelbſt in gebundener Rede den Mund des groſſen Moſes/ und die Harffe des durch Andacht mehrmals verzckten Davids gereget. !):(6r" Was mhe ich mich aber die Poeſie zuvertheidigen/ welches ſo viel gekrnte Hupter fr mir durch ihr unverwerfliches Urthel gethan? welchem alle die beypflichten/ welche nicht das Jahr ſeines Frlings/ und das Leben ſeiner Jugend berauben wollen. Daher ich auch dieſen Getichten meinen Nahmen an die Stirne zu ſchreiben kein Bedencken gefunden; weil ich noch kein Buch weiß/ deſſen verſchwiegener Fertiger

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Getichte] Gedichte CD laaßen] laſen CD Urthel] Urtheil CD Getichte] Gedichte CD vergliechen] verglichen CD  Reitern] Reutern CD flgenden] flchtigen BCD ſchicket] ſchickte CD Urthel] Urtheil D Getichten] Gedichten CD

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Blumen

nicht in weniger Zeit kund worden were; nach dem die Menſchliche Sorgfalt begieriger iſt das verborgene zuerfahren/ als das nutzbare zugebrauchen. Zudem ſchmte ſich Knig Thibaud in Biſcaja nicht ſeine Getichte ffentlich anzuſchlagen/ umb aller Menſchen Urthel darber einzuholen. Dieſem unterwerffe ich mit ſo viel weniger Bekmmerns nun auch gegenwertige Blumen; als welchen ich albereit ſelbſt dieſes Urthel gefllet: daß ſie ſo wenig Allen/ als mir alle/ gefallen !):(6 v" werden. Sie ſind einander ſelbſt ungleich; Denn ihr Geſpinſte iſt zu gantz unterſchiedenen Jahren/ mit welchen ſich ſo wol unſer Gemthe als Leibes-Geſtalt verwandelt/ und mit unzehlbarer Unterbrechung abgewebt. Befindet ſich doch zwiſchen des unvergleichlichen Homerus Jlias und denen Gedichten vom Uliſſes ein ſo groſſer Unterſcheid: daß Longinus dieſe nur fr einen ſchlechten Anhang der erſtern/ und zwar fr ein Werck des/ aber ſchon der untergehenden Sonne ſich gleichenden Homerus hlt. Gleicher Geſtalt ſind ſo wol die Gemhlde des Apelles/ als die Sulen des Phidias einander ſo unhnlich geweſt/ als wenn ſie von unterſchiedenen Pinſeln und Hnden hergerhrt htten. Uber dis habe ich aus der Tichter-|Kunſt niemals ein Handwerck gemacht/ weniger davon Auffenthalt oder Gewien zu ſuchen von nthen gehabt; bey welchem erſtern alle Fehler leicht Ent!):(7 r"ſchuldigung finden; beym letztern aber der ſtachlichte Boccalin ſo wenig Fleiß und Nachdencken/ als bey allzufetten Khen Milch zu finden vermeinet. Zugeſchweigen: daß die Ernſthafftigkeit der Rechte/ damit ich in meinen Aemptern meiſt beſchfftigt geweſt/ gleichfam eine gewiſſe Sure an ſich hat; welche denen Getichten was von ihrer Liebligkeit zubenehmen ſcheinet. Daher jener Rechtsgelehrte ihm den Feigen-Baum fr ſein Sinne-Bild/ mit der Uberſchrifft: Meine Frchte ſind meine ­Blumen/ erkieſete; gleich als wenn dieſe ſo wenig Anmuth/ als der Feigen-|Baum 96 der] der mit umgedrehtem e A der BCD    85 Getichte] Gedichte CD  umb] nm C um D  Urthel] Urtheil D    87 Bekmmerns] Bekmmerniß D    88–89  Urthel] Urtheil D 100 Tichter-Kunſt] Dichter-Kunſt D 101 Gewien] Gewinn CD 106 Aemptern] Aemtern D 107 denen] den D  Getichten] Gedichten CD  Liebligkeit] Lieblichkeit CD 109 Sinne-Bild] Sinn-Bild D



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Geneigter Leſer7

Blthen trge. Weſtwegen auch Petrarcha vom Donatus zu Padua ur­theilete: daß er ein vortreflicher Poet worden were/ wenn er nicht ſeine Muſen mit denen zwlf Geſtz-Taffeln berladen hette. Meinem Frhaben wird theils mein !):(7v" Vaterland/ theils die Freindſchafft das Wort reden. Sintemahl der Schleſiſche Himmel/ oder/ ich weiß nicht/ was fr ein Geiſt ſeinen Landsleuten fr andern einen Trieb zum tichten einflſſet; und das meiſte/ was aus meiner Feder gefloſſen/ hat die Begierde vornehmen und vertrauten Freinden damit zu dienen/ ſo wol anfangs gebohren/ als itzt ſelbten zuzueignen veranlaſſet. An dieſer gutten Aufnehmung habe ich am wenigſten zu zweifeln; werden andere dieſen beypflichten/ ſo werde ich ihnen hierfr ſo vielmehr verbunden; ber widrige Ausdeutung aber niemals beunruhiget ſeyn; ſondern vielmehr wnſchen daß ieder meiner Jrrthmer ihnen ein Wegweiſer zur Vollkommenheit ſeyn mge. Breßlau/ den 1. May im 1680ſten Jahre.

125 den 1. May] den !Spatium" May A den 1. Mey A(Errata) den 1. May BCD 111 112 115 117 118

Weſtwegen] Weßwegen C Weswegen D were] wre CD Freindſchafft] Freundſchafft CD tichten] dichten D Freinden] Freunden CD

Daniel Caſpers von

Lohenſtein

R o ſ e n. Breßlau/

Auf Unkoſten JEſaiæ Fellgibels Buchh. 1680.

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Blumen

VIRO Magnifico, Nobiliſſimo & Strenuo

D O M I NO

FRIDERICO à R O T H, Equiti, Hæreditario in Rizen,

S. Cæs. Majest. Conſiliario,

Ducatuumque Lignicenſis & Bregenſis CANCELLARIO.

Amico intimo S. P. D.   

Autor. !):(2v"



Roſen11

Dem hochansehnlichen, hochwohlgeborenen und tatkräftigen

M A N N,

HERRN

FRIEDRICH von R O T H, Ritter, Erbherrn in Rützen,

Rat seiner Heiligen Kaiserlichen Majestät, KANZLER der Herzogtümer Liegnitz und Brieg, seinem vertrauten Freund, sagt viele Grüße

der Verfasser.

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Blumen

COlligebam Animum Ærumnis ſaucium & Fragmenta Carminum, quibus olim tempus fefelleram, Amicosque mulſeram, cum Te, Amicorum integerrime, Apprehenſione Feudi nobilis occupatum intelligebam, quo Te SACRATISSIMUS IMP. donaverat. Animorum noſtrorum Conjunctio me Fortunæ tuæ participem faciebat, nec minùs Emolumento Famâque tuâ fruebar, quam tu Liberalitate OPTIMI PRINCIPIS. Votum addebam ſuper tua Vota, & in ſinu gaudebam, quod in hoc Virtutum ſterili Sæculo ab AUGUSTO NOSTRO !hæ" tantis largitionibus provocarentur. Subveniebat autem mihi, quod quamvis Amici Utilitatem nec in Commercio, nec in Conſilio habere, Studiis tamen ſuis Beneficiorum vicem exſolvere deberent. Quibus cum me à Te tam largiter cumulatum meminerim, ut omnem Exſolutionem antevenerint, nolui Oblivionis reus !):(3 r" audiri, ſed, cum Cedris non liceat, Floribus ſempiternam Beneficiorum Amicitiæque Gratiam imprimere. Hos Tibi dedicare & præſens tua Ruſticatio ſuadet, & priſtinum tuum in eos competens Jus exigit; quod jam tum Temporis acquiſiviſti, quô Thalamo tuo præſentium Roſarum Faſciculus adſperſus eſt. Hyacinthos Luctum ejus præferentes, quem Apollo dilexit, jam dudum meritus es, cum te ipſum Patria noſtra tanquam ex Tripode ejus loquentem conſulat. Verùm Ori meo Manum Sigalionis imponit tua Modeſtia, noſtra Amicitia. Illa omnem Panegyrin ſusque deque habet; quia meretur; hæc inter nos hactenus tam ſincera, tam conſtans extitit, ut noſtram auxerit Invidiam. Quin imò Amor in Laudibus maximè continens cuivis Obtrectatori nimius videtur, licet earum fuerit parciſſimus. Attamen vicem meam præſentisque Temporis explebit Poſteritas, quæ cuique Decus ſuum rependit. !):(3v"

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!hæ" tantis] tantis ABC

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Sæculo] Seculo BC



Roſen13

Ich sammelte gerade meinen von Plackereien angegriffenen Geist und die Bruchstücke von Gedichten, mit denen ich einstmals die Zeit totgeschlagen und Freunde vergnügt hatte, als ich erfuhr, daß du, Rechtschaffenster aller Freunde, mit der Entgegennahme eines Adelslehens beschäftigt seist, mit dem DER ALLERHEILIGSTE KAISER dich beschenkt hatte. Die Verknüpfung unserer Herzen hat mich zum Teilhaber deines Glückes gemacht, und ich zog keinen geringeren Nutzen aus deinem erfolgreichen Wirken und deinem Ruhm als du aus der Großzügigkeit DES ALLERBESTEN FÜRSTEN. Deinen eigenen Wünschen habe ich meine guten Wünsche für dich hinzugefügt und mich von Herzen gefreut, daß in diesem an Tugenden leeren Zeitalter durch UNSEREN KAISER Tugenden durch so großzügige Geschenke angereizt wurden. Mir fiel aber ein, daß, obwohl Freunde ihren Nutzen weder mit Geschäften noch mit Ratschlägen erweisen müssen, sie gleichwohl von der Gegenseite erwiesene Wohltaten mit Dienstleistungen ihrerseits vergelten sollten. Wenn ich mir auch wohl bewußt bin, von dir so reichlich mit Wohltaten überhäuft worden zu sein, daß sie jede Vergeltung von Anfang an vereitelt haben, wollte ich mich doch nicht dem Vorwurf der Vergeßlichkeit aussetzen, sondern meinen ewigen Dank für deine Wohltaten und deine Freundschaft, wenn es schon mit Zedern nicht möglich war, so doch wenigstens mit Blumen zum Ausdruck bringen. Diese dir zu widmen, legt deine aktuelle ländliche Lebensform nahe und erfordert auch dein alter Rechtsanspruch auf sie, den du dir zu der Zeit erworben hast, als der Strauß vorliegender ‚Rosen‘ zu deiner Hochzeit hingestreut wurde. Die Hyazinthen, die die Trauer um denjenigen zur Schau tragen, den Apollo geliebt hat, hast du dir schon lange dadurch verdient, daß unser Vaterland eben dich um Rat ersucht als einen Mann, der gleichsam aus dem Dreifuß dieses Gottes spricht. Jedoch legt sowohl deine Bescheidenheit wie meine Freundschaft die Hand des Schweigegottes auf meinen Mund. Jene macht sich nichts aus einer Lobrede, gerade weil sie sie verdient; diese hat zwischen uns bisher mit einer solchen Aufrichtigkeit, einer solchen Unverbrüchlichkeit bestanden, daß sie die Mißgunst gegen uns vergrößert hat. Ja eine sich in Lobreden ausdrückende Liebe von größter Dauerhaftigkeit scheint jedem beliebigen Neider sogar dann übertrieben, wenn deren Redner noch so sparsam verfahren wäre. Doch wird an meine Stelle und die des gegenwärtigen Zeitalters die Nachwelt treten, die einem jeden die ihm zukommende Ehre zumißt.

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Quanquam autem Nomini tuo Floribus hiſce facere Te indignum, mihi inglorium ſit; nihilominus Ingenuitas tua mihi Sponſor exſiſtit, Amicitiæ tuæ Aram non abhorrere ſinceri Animi Oblationes, licet eas Vulgus Pede calcet, malevoli rideant. Roſas Amori Antiquitas jam dudum ſacravit, haud vanô Candoris flagrantisque Affectûs Symbolô; quos regius hic Flos mirandâ Lactis & Purpuræ Mixturâ non magis genuinè, quàm Tu Nomine & re hactenus expreſſiſti; ut utrique Πορϕυρογενω̑ν Familiæ jure adnumeremini. ROSÆ meæ Amicitiæ Fratri vel Parenti, Amori ſcilicet, ſacræ ſunt, quas licet nullum Ingenii Acumen armet, nullæ tamen aſperant Fraudum Spinæ, nec ullum inficit Aſſentationis Venenum, quo præſens Ætas Amicitiarum ſimulacra plerumque illinit; & à Cujus gravi Odore plurimi, non ſaltem, ceu Guiſius à Roſarum Exhalatione, Deliquium patiuntur, ſed & necantur. !):(4r" HYACINTHOS ferrugineos ex Ajacis Tumulô primùm prognatos eſſe Salaminii, Vaccinium uno Flore Hortum exprimens Admirationis Filiam Iridem Pulchritudine provocare, omnique Flore diutiùs durare Hortenſii gloriantur. Meis quidem neque talem Originis Nobilitatem, neque Colorum Acupicturam, neque tantam Perpetuitatem arrogo. Progerminarunt tamen ex Clarorum Virorum Cineribus, qui Viventium Spiritus ſæpè ſuſcitant & fœcundant; proptereaque eos non citiùs, quam illorum Nomina marcore deletum iri nec vanè nec ambitioſè mihi promitto. Cuinam igitur hos digniùs dicaverim, quàm Tibi, qui vivendo Mortem Oblivione jam privaſti, cujus Sepulchrum Sparſione Florum minimè indigum largam Hyacinthorum Gloriæque Segetem ſequentis Ævi Æmulis metendam exhibebit?

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exſiſtit] exiſtit BC patiuntur] patientur BC arrogo] arrago C indigum] indignum BC



Roſen15

Obwohl es aber deiner unwürdig und für mich unrühmlich sein mag, deinem Namen mit diesen Blumen zu opfern, ist mir deine edle Abkunft gleichwohl ein Bürge, daß der Altar deiner Freundschaft den Opfergaben einer aufrichtigen Gesinnung nicht abhold ist, auch wenn die breite Masse sie mit Füßen tritt und die Übelwollenden sie verlachen. Die Rosen hat vor langer Zeit schon das Altertum der Liebe geweiht, im Sinne eines gehaltvollen Wahrzeichens von Reinheit und flammender Leidenschaft – welche Eigenschaften diese königliche Blume mit ihrer wunderbaren Mischung von Milch und Purpur nicht unverfälschter zum Ausdruck bringt, als du es deinem Namen nach und tatsächlich bisher getan hast, so daß ihr beide zu Recht der Familie der Purpur­ gezeugten zugezählt werdet. Meine ROSEN sind dem Bruder oder Vater der Freundschaft, der Liebe nämlich, geweiht, welche, obschon keine Geistesschärfe sie bewehrt, doch keine Dornen des Trugs stachlig machen und kein Gift der Liebedienerei durchtränkt, mit dem das gegenwärtige Zeitalter die Trugbilder von Freundschaften meistens bestreicht und von dessen schwerem Duft die meisten nicht wenigstens, so wie der Herzog von Guise von der Ausdünstung der Rosen, eine Ohnmacht erleiden, sondern auch zu Tode kommen. Die Einwohner von Salamis rühmen sich, daß die stahlblauen Hyazinthen zuerst aus dem Grabe des Aiax entsprossen seien, die Gartenfachleute rühmen sich dafür, daß das Vaccinium [= die Hyazinthe], das mit einer einzigen Blüte den [ganzen] Garten abbildet, der Iris, Tochter der Bewunderung, mit ihrer Schönheit deren Rang streitig mache und sich länger halte als jede andere Blume. Für meine Hyazinthen nehme ich allerdings weder solch ruhmvollen Ursprung noch solche Stickerei der Farben noch eine so große Dauerhaftigkeit in Anspruch. Sie sind aber hervorgesprossen aus der Asche berühmter Männer, welche die Geister der Lebenden oftmals ermuntert und befruchtet, und deshalb verspreche ich mir weder grundlos noch aus Selbstgefälligkeit, daß sie nicht rascher welken und zugrunde gehen werden als der Ruhm jener Männer. Wem also könnte ich sie mit größerer Berechtigung zueignen als dir, der du schon zu Lebzeiten den Tod des Vergessenwerdens beraubt hast, dessen Grabstätte, des Bestreuens mit Blumen keineswegs bedürftig, den Nachstrebenden des folgenden Zeitalters ein üppiges Saatfeld von Hyazinthen und des Ruhmes zum Abernten darbieten wird.

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Dignare igitur, intime Amicorum, hoſce Flores Horarum ſubciſivarum Viſu, !):(4 v" ceu me Amicitiâ; tantillumque illorum Lectioni impende, quantum Contemplatio tua uni præcocis ſenescentisque Naturæ Partui, Roſæ ſcilicet, quam naſcens Dies Infantem oſculatur; moriens Anum ſepelit. At enim nimium exigo, non minùs mihi quam Naturæ arrogando, quæ Floribus artificem, ceu Frugibus liberalem Manum ſummoperè impertit; imò quotidiè ferè novas ſpecies modo è Calyce, modo è Gemmâ, modo e Vaginâ protuberantes Oculis objicit, ut Animos Novitatis Lenociniô potentiùs alliciat animatis Mundi Picturis. Cum verò in his Naturæ Artisque Operibus multos etiam horrida, inculta, opaca, haud raro quoque magis Umbræ quam Lux delectent; forſitan & Genius tuus aliquantiſper Poematibus meis tenebitur, licèt rudibus Florum Imitamentis. Ipſe enim mihi & Horti tui oculati Teſtes ſunt, quô Illiciô Te trahat omnis in Floribus compendi facta For!):(5 r"moſitas. Quod ipſum Candoris tui certiſſimus Character eſt, cum Hortus infantem Humanitatem floreis exceperit Cunis; omnesque niſi Humanitatis expertes Florum Amorem ab Incunabulis imbiberint. Neque innocens hæc Voluptas arduo Muneri tuo Momentisque rerum plus adimit, quam Apes Suctû Florum Melligini. Quin imò Otium hoc Animum publicis Curis fractum, multis Lucubrationibus feſſum, inſtar Pictorum Oculos longâ Intentione hebetatos ad certum Virorem colligentium refocillat. Siquidem ad ardua nati nec in Smindiridis Lecto Roſis ſtratô Deſidiæ Sepulchrum, ſed Otii Seceſſum inveniunt, neque minùs ſoli ſunt, quam in profundiſſimâ Solitudine. Ex hac Sapientes ſerviles Curas relegant, inſanæ Plebis Studia deſpiciunt, & in intimis Receſſibus Naturam Reip!ublicæ" regendæ optimam Informatricem conſulunt. Propterea Cyrus Conſitorem ſe eſſe gloriabatur. Alcinous Regiminis Spinas Roſarum Oblectamen!):(5v"tis

78 Reip!ublicae"] Reip. ABC 71–72  Melligini] Melligeni C 79 Conſitorem] Confitorem C



Roſen17

Würdige also, Vertrautester meiner Freunde, diese Blumen meiner Nebenstunden deines Hinschauens, so wie mich selbst deiner Freundschaft, und widme ihrer Lektüre gerade ein so kleines bißchen [Aufmerksamkeit], wie du aufwendest, wenn du deinen Blick auf die Frucht eines frühreifen und eines alternden Schoßes, die Rose nämlich, richtest, welche der neugeborene Tag als kleines Kind küßt, der sterbende aber als altes Weiblein bestattet. Allerdings aber fordere ich zuviel, indem ich mir selbst nicht weniger zuschreibe als der Natur, die den Blumen ihre kunstvolle wie den Feldfrüchten ihre freigebige Hand mit größter Hingabe widmet, ja sogar fast täglich den Augen neue Arten darbietet, die bald aus einem Kelch, bald aus einer Knospe, bald aus einer Hülse hervorwachsen, so daß sie die Geister mit dem verführerischen Reiz der Neuheit machtvoller anzieht als die beseelten Gemälde der Welt. Da sich aber viele Menschen auch an dem Schmucklosen, Verwilderten und Umdüsterten in diesen Werken der Natur und der Kunst, nicht selten auch mehr am Schatten als am Licht erfreuen, wird vielleicht auch dein Genius ein Weilchen von meinen Gedichten gefesselt sein, wenn sie auch nur rohe Nachahmungen von Blumen sind. Dieser Genius selbst und deine in die Augen fallenden Gärten sind mir nämlich Zeugen dafür, mit welchem Reiz dich jede mit den Blumen gewonnene Schönheit anzieht. Ebendies ist das zuverlässigste Kennzeichen deiner Lauterkeit, da ein Garten das Menschengeschlecht in seiner Kindheit in einer Wiege von Blumen in Empfang genommen hat und alle, die nicht gerade der Menschlichkeit entbehren, die Liebe zu Blumen von der Wiege an in sich aufgenommen haben. Und dieses unschuldige Vergnügen entzieht auch deinem schwierigen Amt und dem Gewicht deiner Geschäfte nicht mehr als die Bienen durch ihr Saugen dem Saft der Blumen. Ja diese Muße erquickt vielmehr den von öffentlichen Obliegenheiten strapazierten und von vielen Nachtarbeiten ermüdeten Geist wieder: so wie die durch lange Anspannung ermüdeten Augen der bei sattem Grün sich sammelnden Maler. Zumal diejenigen, die für schwierige Aufgaben geboren sind, in dem mit Rosen bedeckten Bett eines Smyndirides kein Grab der Faulheit, sondern einen abgeschiedenen Ort der Muße finden und dort nicht weniger allein sind als in der tiefsten Einsamkeit. Aus dieser Einsamkeit verbannen die Weisen knechtische Beschäftigungen, blicken mit Verachtung herab auf die Bestrebungen des vernunftlosen Volkes, und in der tiefsten Zurückgezogenheit ziehen sie die Natur zu Rate als die beste Lehrerin in der Leitung des Staates. Deshalb rühmte Cyrus sich, ein Pflanzer zu sein. Alcinous linderte die Dornen des Regierens

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deliniebat. Tarquinius coccineum Papaver non minus ad Dominationis Cynoſuram, quam ad Oculorum Delicias propagabat. Romam haud pœnituit, quod Curium ex Horto Rapis & agreſtibus herbis conſitô ad Reip!ublicæ" Clavum revocârit. Nec Scipionem puduit Linterni Pulvillos triumphali manu ſubigere, quâ Africam ſubegerat. Cato Cenſorius haud feliciùs Reip!ublicæ" quàm Hortis leges ſcripſit. Nunquam Cicero feliciùs Oratorum Flos audiit, quàm cum geniali ingenuoque Agriculturæ Studio, quod Lesbium Oraculum liberô Homine digniſſimum judicavit, in Tuſculanô ſuô indulſit. Cæterum Extrema ſaltem hujus Svavitatis eos delibare, qui Hortorum Deliciis ſaturi Muſarum Flores nauſeant; amiciſſime Frater, Exemplô meô doces, haud ignarus, quod Natura per odoris Florum Halitus ingenioſam Animis inſpiret Fæcunditatem. Hiſce Naſo debet, quod plures locutus ſit flores, quam Tellus edit. !):(6r" Maronis & Horatii eliquata Poemata vix tanto maderent Nectare, niſi in Mæcenatis Villâ fragrantium Florum Suſpiriis fuiſſent irrorata. Divinus Plato in umbroſis Academiæ Nemoribus, non minore Svavitate, quam qui Virtutem & Voluptatem Gemellos fecit Epicurus, inter florida Hortorum Volumina philoſophatus eſt. Jure igitur Tullio Conſuli ruſtica Vitæ degendæ Ratio in Contemplatione poſita rerum, Deorum Vitæ ſimillima & Sapiente viſa eſt digniſſima, ut hinc Sullam ſpontè Dictaturâ cedentem, Diocletianum, poſitâ Purpurâ, Olera Lactucasque Salonæ ſerentem non niſi ineptiſſimi rideant; illi autem Saxi vel Chimæræ ſpeciem præ ſe ferant, qui non diſcolore Florum riſu, gemmeô Herbarum nitore, trepidô Arborum Luſû, liquidâ Fontium diffluentium Lætitiâ afficiuntur, & in Cogitationes Scintillulis divinæ nobis impreſſæ Imaginis dignas extenuantur. Ego certè extra me & in ruſticæ Vitæ Deſiderium rapior, quoties !):(6v" Plinium in Laurentino ſuo ruſticantem audio, centiesque in Villâ

   84 Reip!ublicae"] Reip. ABC    86 Reip!ublicae"] Reip. ABC    90 delibare] deliberare ABC 103 Chimæræ] Chimaræ AC Chimæræ B    83 ad] ab C    88 liberô] librô C    99 degendæ] tegendæ C 106 impreſſæ] impreſſe C



Roſen19

mit den Annehmlichkeiten der Rosen. Tarquinius erweiterte den Anbau des scharlachfarbenen Mohns nicht nur, um einen Leitstern der Herrschaft zu haben, sondern auch eine Wonne für die Augen. Rom bereute es nicht, Curius aus seinem mit Rüben und Ackerkräutern bepflanzten Garten ans Steuerruder des Staates berufen zu haben. Und Scipio schämte sich nicht, in Liternum mit der Triumphatorenhand, mit der er Afrika bezwungen hatte, Gartenbeete zu bezwingen. Der Censor Cato hat dem Staat nicht mit größerem Erfolg Gesetze als den Gärten vorgeschrieben. Niemals galt Cicero mit größerem Glück als die Zierde der Redner als zu der Zeit, als er sich in seinem Landgut bei Tusculum der heiteren und edlen Beschäftigung mit dem Landbau hingab, die das Orakel zu Lesbos als die eines freien Menschen würdigste beurteilte. Im übrigen lehrst du durch mein Beispiel, freundlichster Bruder, daß diejenigen zumindest das Schlechteste von dieser Lieblichkeit genießen, welche, gesättigt von den Köstlichkeiten der Gärten, bei den Blumen der Musen Ekel empfinden, da dir wohl bewußt ist, daß die Natur mit den Ausdünstungen des Blumenduftes den Seelen Fruchtbarkeit des Geistes einhaucht. Diesen Ausdünstungen hat Naso [= Ovid] es zu verdanken, daß er mit seiner Rede mehr Blumen hervorgebracht hat, als die Erde wachsen läßt. Die klar und fein ausgesponnenen D ­ ichtungen von Vergil und Horaz würden nicht von soviel Nektar überfließen, wenn sie nicht im Landhaus des Maecenas von dem Atem duftender Blumen betaut worden wären. Der göttliche Plato hat in den schattigen Hainen der Akademie mit nicht geringerer Lieblichkeit philosophiert als Epikur, der Tugend und Lust zu Zwillingen gemacht hat, inmitten der blumenreichen Üppigkeit der Gärten. Zu Recht also schien dem Konsul Tullius [= Cicero] eine der Betrachtung der Dinge gewidmete l­ändliche Lebensführung dem Leben der Götter am nächsten zu kommen und einem weisen Mann am angemessensten zu sein, so daß nur die größten Schwachköpfe sich darüber lustig machen können, daß Sulla deshalb freiwillig seine Stellung als Diktator aufgegeben und Diokletian nach Ablegung des Purpurs in Salona Küchengemüse und Lattich angepflanzt hat. Jene aber, die nicht von dem buntfarbigen Lachen der Blumen, dem Juwelenschimmer der Gräser, dem flirrenden Spiel der Bäume, der klaren Heiterkeit der sich fließend ausbreitenden Quellen ergriffen werden und die sich nicht in Gedanken auflösen, die der Fünkchen des uns aufgeprägten göttlichen Bildes würdig sind, jene bieten das Erscheinungsbild eines Steins oder eines Ungeheuers. Ich wenigstens bin ganz außer mir und von Sehnsucht nach dem Landleben ergriffen, so oft ich Plinius auf seinem Gut bei Laurentum als Landmann reden

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meâ Kittelau inter nemoroſos Colles Verbis ejus laxavi Animum: Nihil hîc audio, quod audiviſſe, nihil dico, quod dixiſſe pœniteat: Nemo me apud quempiam ſiniſtris Sermonibus carpit; neminem ipſe reprehendo, niſi unum me, cum parum commodè ſcribo; nullâ ſpe, nullô timore !ſollicitor", nullis rumoribus inquietor. Mecum tantùm & cum Libellis loquor. O rectam ſinceramque Vitam! O dulce Otium honeſtumque, ac penè omni negotiô pulchrius! !O mare, o litus," verum ſecretumque Μουσαι̑ον! quam multa invenitis, quam multa dictatis! Ita mecum fando facundior mihi Orator videor, quam cum in Curiâ Quiritibus loquor, & cum Quintiliano mihi imaginor: eſſe aliquem, neſcio, an maximum ex ſecretis Studiis Fructum, ac tum puram Voluptatem Litterarum, cum ab Actû receſſerunt, & Contemplatione ſui fruuntur. Quam & ſaluberrimam eſſe judicabit, quisquis aureæ Del!):(7r"phici Templi Inſcriptioni fidem habuerit: quod Γνω̑θι σεαυτόν humanæ Sapientiæ Compendium, omniaque extra ſe noſcendi Semita ſit. At enim jucundius adhuc ſvaviſſimæ hujus Solitudinis Condimentum ſuccurrit nempe Amplexus Tui, Dimidium mei, in Villâ meâ; in quâ utrique Sinceritatem primi Ævi & Dulcedinem aurei Sæculi deguſtantes Aularum Vanitates, ſtultitias Hominum, profanum Vulgus, & non rarò nosmet ipſos ridebamus. Non memini, nos unquam alibi, quam hic & in Hortis tuis cum Illuſtri Viro Domino POSADOWSKIO paucisque Amicis amœniore Conſortiô fruitos fuiſſe. Incumbebat nobis Nox, ſed nulla nos poterat capere Satietas Amicitiâ noſtrâ fruendi. O illuſtrem Noctem! O amicam Solitudinem! quâ ad Exemplum Damonis & Pithiæ ipſum etiam Dionyſium exterminaſſemus! O ineffabilem infucatæ Familiaritatis Dulcedinem; quam rariùs bibere !):(7v" contingit, ac ex Poculo Regis Perſarum, vel ipſius Jovis! O indiſſolubile Animorum Fœdus! quo auſpice totus Orbis Legum carere poſſet Vinculis; cum ſimulatque ſibi aliquid quam alteri maluerit, Amicitiæ Nomen ceciderit! Fruamur igitur, dum Vita ſuppetit, tam laudabili & honeſta Necesſitudine & hoc

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!ſollicitor"] felicior ABC inquietor] inquietior ABC !O mare, o litus," verum] Verum ABC tum] tam ABC

109 nemoroſos] nemeroſos C 126 Sæculi] Seculi BC



Roſen21

höre, und hundertmal schon habe ich auf meinem Landgut Kittelau inmitten waldreicher Hügel mit dessen Worten meinen Geist entspannt: „Ich höre hier nichts, was gehört zu haben, sage nichts, was gesagt zu haben, mich reuen könnte. Niemand bekrittelt mich bei irgend jemand mit üblem Gerede; ich selbst tadle niemand außer allein mich selbst, wenn ich nicht gewandt genug schreibe. Von keiner Hoffnung, keiner Furcht werde ich in Aufregung versetzt, von keinen Gerüchten beunruhigt. Nur mit mir und meinen Büchern spreche ich. O welch ein natürliches und unverdorbenes Leben ist das! O süße und ehrenwerte Muße, schöner fast als jede Beschäftigung! O Meer, o Strand, wahrer und verborgener Musensitz, wieviel entdeckt ihr, wieviel vermittelt ihr mir!“ So mit mir selbst redend komme ich mir als ein wortgewandterer Redner vor, als wenn ich in der Kurie zu den Römern spräche, und mit Quintilian stelle ich mir vor, „es gebe einen Gewinn – und vielleicht sogar den größten – aus Studien in der Abgeschiedenheit und sodann eine reine Lust an der Wissenschaft, wenn man sich aus dem Tätigsein zurückgezogen hat und die Betrachtung seiner selbst genießt“. Wie äußerst heilsam diese auch ist, wird derjenige beurteilen können, der der goldenen Inschrift auf dem Tempel zu Delphi Glauben schenkt: daß das ‚Erkenne dich selbst‘ der Inbegriff menschlicher Weisheit und der Pfad zur Erkenntnis von allem außerhalb der eigenen Person Liegenden sei. Allerdings tritt noch eine sehr angenehme Würze dieser süßesten Einsamkeit hinzu: nämlich die Umarmung mit dir, du Hälfte meiner selbst, in meinem Landhaus, in dem wir beide, von der Reinheit der Urzeit und der Wonne des Goldenen Zeitalters kostend, die Eitelkeiten der Höfe, die Torheiten der Menschen, die uneingeweihte breite Masse und nicht selten auch uns selbst verlacht haben. Ich erinnere mich nicht, daß wir jemals anderswo als hier und in deinen Gartenanlagen mit dem erlauchten Herrn POSADOWSKY und einigen wenigen Freunden eine reizendere Gemeinschaft genossen haben. Über uns brach die Nacht herein, doch wir konnten kein Genüge finden am Genuß unserer Freundschaft. O lichtvolle Nacht! O Einsamkeit unter Freunden, mit der wir nach dem Beispiel von Damon und Pythias sogar einen Dionysius ausgeschlossen hätten! O unsagbare Süßigkeit ungeschminkter vertrauter Freundschaft, von der seltener zu trinken vergönnt ist als aus dem Becher des Perserkönigs oder Jupiters selbst! O unauflöslicher Bund der Herzen! Unter dessen Regiment könnte der ganze Erdkreis die Fesseln der Gesetze entbehren, da ja, sobald der eine etwas lieber wollte als der andere, der Name der Freundschaft hinfällig würde. Genießen wir also, solange wir leben, diesen so löblichen und ehrenwer-

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quintô Elementô, ſine quo Vita vitalis non eſt. Præſtemus Fide noſtra Poſteritati Exemplar priſtini Ævi, & integræ Amicitiæ, quam malevoli nobis invidere, ſed nec Inimici calumniari poterunt. Vale feliciter & diutiſſimè ruſticare in tuo Rizenio, Meque amantem reciprocô Amore complectere. Dabam Vratislaviæ pridie Nonas Martii Anno redemti Orbis milleſimo ſexcenteſimo octuageſimô. !1"



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ten Bund und dieses fünfte Element, ohne das das Leben kein wahres Leben ist. Bieten wir mit unserer Treue der Nachwelt ein Beispiel für die alte Zeit und für lautere Freundschaft, die Übelgesinnte uns neiden, doch auch Feinde nicht werden in Verruf bringen können. Lebe wohl und treibe möglichst lange Zeit Landwirtschaft auf deinem Gut Rützen und umarme mich, der ich dich liebe, mit Gegenliebe. – Gegeben zu Breslau am 6. März des 1680. Jahres der Erlösung der Welt.



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Daniel Caſpers von

Lohenſtein

    R o ſ e n.

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1.

!Sonett ohne Überschrift."

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FLiegt hin/ ihr Roſen fliegt zu Hermionens Fſſen/ Fliegt hin/ ob ihr gleich nicht/ wie ſie/ das liebe Kind/ An welcher Wang’ und Mund und Brſte Roſen ſind/ Von euren Blttern laßt Geruch und Balſam flßen. Fliegt hin/ wohin mein Geiſt euch hinzufhrn wird wiſſen/ Zu der/ auff welcher Zung’ ihr eitel Roſen find’t/ Wo der Beredſamkeit beliebter Zucker rinnt. Sprecht: ihr ſolt tauſendmal ſie meinetwegen grſſen. Sprecht: ihr ſtellt euch von mir fr jene Roſen ein/ Die mir von ihrer Hand unlngſt geſchicket ſeyn; Jch hette Roſen ihr fr Roſen ſenden mſſen. Rcht aber ihr ſo wol als ihre Roſen nicht/ So ſagt: ihr einig Hauch knn’ euch ſo ſehr beſſſen: Daß ihr/ wenn ihr ſchon welckt/ als friſche Roſen rcht. !4"

vor 1  Überschrift vom Bearb. erg. 4 flßen] flieſſen C 5 hinzufhrn] hinzufhren B 14 rcht] riecht C

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2.

Das von der Sonne geſungene

Lob der Roſe/

Aus des Autoris neundten Buche ſeines Arminius.

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DJs iſt die Knigin der Blumen und Gewchſe Des Himmels Braut/ ein Schatz der Welt/ der Sternen Kind; Nach der die Liebe ſeufzt/ ich Sonne ſelber lechſe/ Weil ihre Krone Gold/ die Bltter Sammet ſind/ Jhr Stiel und Fuß Schmaragd/ ihr Glantz Rubin beſchmet/ Dem Safte Zucker weicht/ der Farbe Schnecken-Blutt/ Weil ihr Geruch die Luft mit Balſame beſmet/ Wenn der beliebte Weſt ihr tauſend Hold anthut. Fhr’n Hyacinthen gleich des Ajax Helden-Nahmen/ So iſt die Schnheit ſelbſt auf Roſen abgemahlt. Jſt gleich der Juno Milch der Lilgen edler Samen/ So denckt: daß hier das Blut der Liebes-Gttin pralt. Was die Geſchpfe ſonſt nur einzelweis’ empfangen/ Mit allem dem macht die Natur die Roſe ſchn. Sie ſelber ſchmet ſich/ und rthet ihre Wangen/ Weil ſie vor ihr beſchmt ſieht alle Blumen ſtehn. Kurtz! ſie iſt ein Begrieff der ſchnen Welt/ ein Spiegel Der Anmuth und der Lieb’ ihr wahres Eben-Bild. 1 0 So] ſo A So BCArminius1/2 12 So] ſo AB So CArminius1/2 14 Mit] Wit A Mit A(Errata)BCArminius1/2



2 5 11 12 14 15 16 17 18

der Sternen Kind] ein Sternen-Kind Arminius1/2 Schmaragd] Smaragd Arminius2 Lilgen] Liljen C Liebes-Gttin] Leibes-Gttin B macht] mache B  Roſe] Roſen BC ihre] ihr Arminius2 vor] fr Arminius1/2  beſchmt] beſchmet B Begrieff] Begriff Arminius2 Lieb’] Leib’ B



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Der Dorn iſt ihr Geſchoß/ die Bltter ſind die Flgel/ Zur Fackel dient ihr Glantz/ das Laubwerck iſt ihr Schild. !5" Sie muß zwar ſelbten Tag/ da ſie gebohrn/ erblaſſen. Allein ich Sonne ſelbſt verſchwind’ iedweden Tag. So wil der Himmel auch ſie nicht vergrauen laſſen/ Weil er kein altes Weib zur Buhlſchafft haben mag. Der Mohnde trncket ſie mit Thau/ ſie ſugt die Bienen/ Die ihren edlen Saft in ſſſen Honig kehrn. Ja ihres Purpers muß ſich ieder Mund bedienen/ Wenn ein nicht todter Kuß iſt nthig zugewehrn. Der Morgen ſelbſt muß ſich mit eitel Roſen frben/ Wenn er der Herold iſt des Auges dieſer Welt. Auch muß der gldne Tag in ihrem Purpur ſterben/ Wenn mir die Abend-Rth ein falſch Begrbnß hlt. Jch Sonne werde ſelbſt nie angebethet werden/ Wenn ſich mein Antlitz nicht in Roſen hllet ein. Ja wie die Roſe wird die Sonne ſeyn auf Erden; So muß der Sonne Rad des Himmels Roſe ſeyn. Und daß der Erd-Kreiß recht mg unſer Bndns wiſſen/ Wie Sonn’ und Roſe ſind einander zugethan/ Solln Roſen ſolcher Arth in Morgen-Land’ aufſchſſen/ Die/ wie der Tag/ ſchneeweiß den Morgen fangen an. Die/ wie das Mittags-Licht/ ſodenn mit Feuer brennen/ Des Abends/ wie die Nacht/ kohlſchwartz im Trauren gehn. Wer nun die Sonne wil frs Sternen-Haupt erkennen/ Der muß den Knigs-Krantz auch Roſen zugeſtehn. Was aber wird das Lob der Roſe viel geſungen? Kein Ruhm gleicht ihrem Werth/ ſie ſelbſt iſt ſchon ihr Preiß. Die Red’ iſt ihr Geruch/ die Bltter ſind die Zungen; Dadurch ſie ſich allein recht auszuſtreichen weiß. !6" 25 ſugt] ſaugt A ſugt BCArminius1/2 38 Wie] wie AB Wie CArminius1/2

21 31 3 2 3 7 4 5 4 8

ſelbten] ſelben C Purpur] Purper Arminius1/2 Begrbnß] Begrbniß C Bndns] Bndniß C Roſe] Roſen BC Dadurch] Dardurch Arminius1/2

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3.

Lob-Geſang

Der Blumen-Gttin/ Aus dem neundten Buche des Arminius.

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JCh bin die Blumen-Knigin/ Die Welt- und Himmels-Grtnerin/ Denn Berg’ und Thal/ Gebrg’ und Wieſen ſugen Die edle Blumen nicht allein. Sie wachſen in Kriſtall und Stein Sie laſſen ſich in Ertzt und Muſcheln zeugen. Die Flſſe/ Seen und das Meer Sind nicht von Klee und Feilgen leer. Ja Vorwitz hat ſo wol die Pracht Agſteinenen Geblm’s/ und Roſen aus Kriſtallen/ Als die ſich in der Lufft verſteinernden Korallen Aus Thetys Schooß ans Licht gebracht. So iſt’s auch nur ein Alb-Bild im Gehirne: Daß einig Stern ein Br ſey oder Stier. Der Erd-Ball ſtellt ja einen Garten fr/ Durch meiner Blumen irrdiſche Geſtirne. Der Himmel aber iſt ein Garten/ ſeine Sternen Sind Blumen. Der neun hellen Sternen Glantz War fr der Zeit der Ariadne Krantz.

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ſugen] ſaugen A ſugen A(Errata)BCArminius1/2 Seen] Seer A Seen A(Errata)BCArminius1/2 Sternen] Sternen/ AB Sternen C Sind] ſind AB Sind CArminius1/2

3 Gebrg’] Gebirg C 4 edle] edlen Arminius1/2 10 Agſteinenen Geblm’s] Agſteinenen geblm’t Arminius1 Des Agt-Steins eh’ geblm’t Arminius 2 19 fr] vor C Arminius1/2

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So mgt ihr euch fr mir ſchamrthig nun entfernen/ Jhr Gttinnen der andern Jahres-Zeit; Weil Ceres nur allein im Sommer Klee abmeyht/ !7" Pomone nur den Herbſt ausziert mit Obſt-Gerichten/ Der Himmel auch nur prangt mit Blumen/ nicht mit Frchten. Hingegen iſt mein Schmuck des gantzen Jahres Kleid/ Den nicht der Reif des Herbſtes kan entfrben/ Der Sommer nicht verſengen und verderben/ Des Winters Froſt nicht tilgt/ der alles ſonſt verſchneit. Kein Kraut/ kein Baum bringt ſeine Frucht herfr/ Die nicht vorher mit Blth’ und Blumen pralen. Der Pomerantzen Purpurreiche Schalen Sind doch beſchmt durch ihrer Blthe Zier. Die Nuß giebt nach der Blume der Muſkaten/ Und der Geſchmack der Aepfel von Granaten Weicht ihrer Blth’ an Farben und Geruch/ Das fette Feld iſt ein Schmaragden Tuch Eh’ als man kan einerndten !reiffe" Saaten. Mein Blumwerg hegt ſo gar wie Trauben Wein und Moſt/ Dient Menſchen zur Artzney/ und Bienen zu der Koſt. Ja meiner Blumen Purper giebt Der Lieb’ ein Wohnhauß ab/ der Wolluſt eine Wiege Jedweder Stengel iſt ein Merckmal ihrer Siege. Denn alle Blumen ſind verliebt/ Jhr gutt Geruch iſt ihrer Seele ſehnen/ Die Farb’ ihr Brand/ der Thau die Liebes-Thrnen. !8" 21 Gttinnen] Gttinen A Gttinnen BCArminius1/2 32 Sind] ſind AB Sind CArminius1/2 37 !reiffe"] falſche ABC reiffe Arminius1/2

2 0 2 3 2 7 31 3 3 3 4 3 6 3 8 4 0 4 4

fr] vor C  nun] nur Arminius1/2 den] dem C verderben] verterben Arminius1 Purpurreiche] Purper-reiche Arminius1 purper-reiche Arminius2 der Muſkaten] den Muſkaten C Aepfel] Apffel C Schmaragden Tuch] Schmaragden-Tuch Arminius1 Smaragden-Tuch Arminius2 Blumwerg] Blumwerck C Arminius1 Blum-Werck Arminius2 Purper] Purpur C Seele] Seelen C

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Blumen

4.

Zuruff Der frolockenden Oder ber die

Glckſeeligſte Vermhlung

Der beyden Rmiſchen Kayſer-

5

auch

zu Hungarn und Bheimb Kniglichen Majeſtten/ Herrn/ Herrn

Leopolds/

10

und

Fraun/ Fraun

Claudia Felicitas/ Als Selbte

Von dem Durchlauchten-Liegnitz-Brieg-

15

und Wohlauiſchen

Frſtlichen Hauſe An dem 15. Wein-Monats- und Vermhlungs Tage feyerlich begangen ward.

Überschr. Überschr. Überschr. Überschr.

2  7  12  14 

frolockenden] frolockende B Bheimb] Bheim C  Fraun/ Fraun] FRAUEN Fn. C  Selbte] Selbe C



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WElch Glantz beſtrahl’t die rinnenden Kriſtallen? Die nur von Trhnen trb und ſchwer? Hier fleuſt kein Gold/ dem Schilffe fehl’n Korallen/ Die Muſcheln ſind von Perlen leer/ !9" Meines Ufers Schmeltz verfll’t/ Weil dis der Herbſt/ und mich mein Leid verſtell’t. Ja/ was mag mir fr Freude ſeyn verſtattet? Pyaſtens Stamm-Baum und Palaſt/ Der meinen Fuß neunhundert Jahr beſchattet/ Hat ietzt nur einen Printz und Aſt/ Und die Deutſche Kayſerin Rafft halb die Grufft/ und halb der Himmel hin. Zu dem ſeh’ ich die Burg mit Glutt ſich rthen/ Die trchtgen Wolcken Feuer ſpey’n? Gebiert die Luft noch ſchwntzichte Cometen/ Die meiſt nur Frſten Unfal dreu’n? Aber nein! ietzt krieg’ ich Wind/ Daß diß nur Luſt- nicht gifft’ge Fackeln ſind. Jch ſehe ſelbſt die Schutz-Frau meines Strandes Und meinen Frſten frlich ſeyn. Jch ſehe ſelbſt die Vter unſers Landes Jn Freuden-Feuer Weyrauch ſtreu’n. Und das Silber meiner Bruſt Erkieſen ſie zum Spiegel ihrer Luſt. Jhr Sternen ihr/ in die GOtt hat geſchrieben/ Das Heil der Welt/ den Lauf der Zeit/ Was Lnder ſol erfreuen und betrben/ Entziffert mir die Heimligkeit! Sag’t was ihr uns gut’s flß’t ein/ Laß’t/ was hier rinn’t/ nur Freuden-Thrhnen ſeyn.

9 meinen] meinem A meinen A(Errata)BC 1 0 11 15 17

ietzt] itzt C Deutſche] Teutſche C ſchwntzichte] ſchwntzigte C ietzt] itzt C

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Des Lwen und der Jungfrau Himmels-Flammen Schau’ ich fr allen Sternen pral’n. Ja beyder Glantz vermiſchet ſich zuſammen. Was deuten ſo vermeng’te Strahl’n? !10" Daß der Lwe ’s Haupt der Welt Sein Hochzeit-Feſt mit einer Gttin hlt? Ja! alſo iſts. Jch ſelbſt ſeh’ aus Rubinen Den Liebes-Stern abthau’n den Safft/ Wormit er nur pfleg’t Kayſer zu bedienen. Jch ſchmecke ſelbſt des Balſams Krafft; Denn an frommer Frſten Heil Hat iedermann/ wie an der Sonne/ Theil. Doch glub’t: Daß dis von den Vermhlungs-|Frchten Nur ein geringer Vorſchmack ſey. Ein ſchlechter Stern kan groſſes Ding ausrichten; Dem ſich ein ander fget bey. Was ſoll nun nicht itzt geſcheh’n Wenn wir die Sonn im Lwen glhen ſeh’n? Muß Mitternacht doch ſelbſt ſo denn empfinden Des Sommers Glutt/ des Mittag’s Brand/ Wie ſoll ſich nun nicht mein kalt Eiß entznden/ Die Andacht reitzen meinen Strand? Ja/ die Freude die mich reg’t Macht: Daß mein Strom ein Meer voll Feuer heg’t. Die Muhre prang’ ietzt mit der Hochzeit-Kertze/ Es liefer’ Jnn und Jſter Gold; Die Jſer Perl’n; ich opfere mein Hertze/ Durchlauchtigſt-Groſſer LEOPOLD. And’re Flſſe gehen mir An Grß’ und Pracht/ doch nicht an Treue fr.

3 5 47 50 54 76

Lwe ’s] Lwes A Lwe’s A(Errata)B Lwen C nun nicht] nun A nun nicht A(Errata)BC Brand/] Brand. ABC Meer voll] Meer-voll ABC Schlangen-Stich] Slangen-Stich A Schlangen-Stich BC

51 nun] fehlt C  kalt] kaltes BC 55 Die] Du BC  prang’] prag C  ietzt] itzt BC



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Laß’ auch dich/ Po/ in Himmels-Garten heben/ Jch gnne deinen Stern-Krantz dir. Wer unter’n Sonnen Oeſterreichs kan leben/ Hat keinen kleinern Himmel hier. !11" Denn des Hauſes Oeſtereich Gebiette geht dem Sonnen-Zirckel gleich. Wird Schleſien fr Freuden nicht zerſpringen/ Wenn du uns wirſt die gldne Zeit/ Das gldne Fell drey junge Lwen bringen? Durchlauchtigſte Glckſeligkeit/ Eh’ als noch der Sonnen Rad Des Lwen Haus dreymal durchwandert hat. Das treue Land lchſ’t nach der frohen Stunde/ Und ſpeiſ’t mit ſſſer Hoffnung ſich. Doch iſt der Zucker Neidern Gall’ im Munde/ Dis Feſt ein tdlich Schlangen-Stich; Weil Gelck’ und Hyacinth Den Nattern Gifft/ den Bienen Balſam ſind. Die Fruchtbarkeit/ die auf mein Ufer leeret Jhr Horn des Uberfluſſes aus/ Hat dieſes Jahr den Segen uns erklret/ Der fall’n ſol auf dis Kayſer-Haus. Unter deſſen Sonnen-Schein Mein Strom wird reich/ die Auen fruchtbar ſeyn. Laß’ Mohnd und Hahn uns tauſend Ubel druen/ Der Mohnde wird fr Sonnen bleich/ Und Hahn-Geſchrey ſchreckt nur Cyrenens Lwen/ Nicht aber die aus Oeſterreich. Dieſe machen Sklaven frey/ Beſchtzen Schaf’/ und reiſſen Wlf’ entzwey. Die Liebe Schmelzt die Seelen zwar zuſammen Der Hupter/ die ietzt ſind vertrau’t/ 6 1 6 3 6 5 6 8 73 8 6 8 7 9 2

in] im BC Oeſterreichs] Oeſtreichs B Oeſterreich] Oeſtereich B gldne] gldne BC lchſ’t] lchz’t B lchzt C fr] vor C Lwen] Leuen C ietzt] itzt C

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Jedoch geneuſt ihr Volck auch ihrer Flammen/ Denn dis iſt’s Frſten erſte Braut; !12" Beyde theil’n mit mir die Luſt; Er’s Vater-Hertz/ und ſie die Mutter-Bruſt. Was aber bring ich Euch fr Hochzeit-Gaben? Ein Frſt verſchmh’t die Hand-voll Flutt/ Zwar derer nicht/ die nichts als Waſſer haben. Allein’ auch dis iſt euer Gutt. Gleichwol iſt GOtt auch vergng’t Mit Weyrauch/ den man ſelber von ihm krieg’t. Mein Weyrauch ſey ein Wunſch: Der Himmel ſchtte Dis/ was der Groſſen Kayſerin Geburts-Stern und ihr Nahme ſelbſt bringt mitte/ Auf die gekrnten Hupter hin; Beyder Stamm verwelcke nicht Eh’ als mir Sand/ der Dohnau Flutt gebricht!

5.

Liebe

Zwiſchen Knig Petern dem Grauſamen/ in Caſtilien/ und Johanna Caſtria des Diego Haro Wittib.

5

Knig Peter/ welchem Caſtilien kaum ſo zeitlich die Krone aufſtzte/ als die Welt ihm den Zunahmen des Grauſamen zueignete/ ward aus beweglichem Antriebe ſeiner Mutter mit Frulein Blanca/ Hertzog Peters von Borbon Tochter in ſeinen noch ziemlich jungen Jahren ver­mhlet.

4 Borbon] Barbon A Borbon A(Errata)BC 1 welchem] welchen C  aufſtzte] aufſatzte B auffſatzte C 3 beweglichem] beweglichen BC



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Dieſe Frſtin war nicht nur die Schnſte unter !13" ihren Schweſtern/ ſondern in ihrem Vaterlande; alſo ein ſcheinbarer Werckzeug des Knigs lſterne Begierden dem Mtterlichen Abſehen nach/ im Zaume zuhalten; wiewol er ſchon vorher auf eine in den Albukerkiſchen Hauſe erzogene Dirne ein Auge geworffen/ oder ihr vielmehr gar ſein Hertze verpfndet hatte. Das Hochzeit-Feyer/ welches doch auch der angeſchmiedeten Sklaven Feſſel mit Roſen beſtreuet/ ward ſo ſchlecht/ und mit ſo wenig Freuden vollzogen: daß es mehr einem Begrbnſſe/ als einer Hochzeit hnlich; und die allgemeine Traurigkeit eine Wahrſagerin alles knftigen Unheiles war. Knig Peter hatte in zwey Tagen kaum den Vorſchmack ſeiner Heyraths-Sſſigkeiten geſchmecket/ als er nach dem trben Waſſer der Wolluſt durſtig ward; welches ihm bey der unkeuſchen Padilla nur darumb beſſer ſchmeckte/ weil es eine Frucht vom verbothenen Baume war. Sintemal Padilla der Blanca an Geſtalt nicht den Schatten reichte/ und dieſe in Tugenden ein Wunderwerck/ jene ein Ungeheuer voller Laſter war. Seine Mutter und Baſe Elionore/ und die Groſſen des Reichs hatten mit der verſchmeheten Blanca/ welche faſt ehe Wittib als Ehfrau worden/ hertzliches Mitleiden/ brachten es auch durch viel Beſchwerungen und fr Augen Stellung ſeines Unter!14"gangs gleichwol ſo weit: daß er ſich dismal aus den unkeuſchen Armen Padillens entbrach/ und ſeiner Gemahlin beywohnte. Alleine dieſe neue Verbindung war nur ein Weg zu der zweyten Ehſcheidung/ und ein Beweiß: daß ſich Tugend und Laſter ſo wenig vermhlen/ als Ertzt und Thon zuſammen ſchmeltzen laſſen. Denn die zwey Tage ber/ welche der Knig zu Vallidolit bey ſeiner Gemahlin blieb/ ſtellte er ſich gegen ſie ſo ungebehrdig: daß man ſahe/ wie er ihm zwar ſelbſt Gewalt anzuthun geſinnet/ aber ſeiner ſelbſt nicht mchtig war; und Padilla wie der warme Agſtein ihn

7 ſcheinbarer] ſcheibarer A ſcheinbarer BC 21 voller] voll der A voller A(Errata)BC  Groſſen] Groſen A Groſſen BC 13 18 21 2 2 2 3 2 6 3 0 3 2

einem] einen C darumb] darum C Baſe] Baſa C verſchmeheten] verſchmheten C  Wittib] Wittbe BC  Ehfrau] Ehefrau C beywohnte] beywohnete C  Alleine] Allein C ungebehrdig] ungebrdig C Agſtein] Agtſtein C

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als leichtes und zum Zunder geſchicktes Stroh bald wieder an ſich zog. Wordurch viel zu glauben beredet wurden: daß der Knig durch einen ihm von der Blanca geſchenckten Drachen-Grtel von Edelgeſteinen/ welchen ein von der Padilla Brdern beſtochener Jude bezaubert haben ſolte/ Padillen ſo hefftig anzukleben genthigt were. Er ließ zu Olmedo bey der ppigen Padilla ſeine Gemahlin gantz außer acht. Denn die Vergeſſenheit iſt die erſte Staffel der Untreu/ hernach aber wagt ſie ſich gar auff den Stul der Gerechtigkeit zu ſteigen/ und mit ihrem Kleide die ſchndlichſten Laſter zu Tugenden/ durch Verlumbdung aber die reinſte Unſchuld zur Ehbrecherin zu machen. Dieſemnach der Knig nun!15"mehr ſeine Blanca unter der Beſchuldigung: daß ſie mit ſeinem Bruder Friedrich zugehalten/ und von ihm den Printzen Heinrich gebohren hette/ von gefhrlichen Auskundſchaffern bewachen ließ. Ja er hette auf Padillens Anſtifftung ſie gar frs peinliche Recht geſtellet; wenn nicht die gantze Welt ihrer Keuſcheit das Wort geredet/ der Bapſt dem Knige mit dem Banne/ Franckreich und Arragonien mit den Waffen gedreuet hetten. Blanca entkam hierdurch zwar der Folter/ aber ſie erledigte ſich nicht der Dornen; weil inzwiſchen Padilla auf Roſen/ und alle Begnadigungen des Knigs durch ihre Hnde giengen. Weil aber die bſe Luſt denen verterbten Magnet-Nadeln gleicht/ welche keinmal beſtndig auf den Angel-Stern zielen/ ſondern hin und her flattern; ward der Knig nach des Diego Haro Wittib Johanna Caſtria lſtern. Die Beſchwerligkeit ihres Zuſtandes fnete ſeiner Hofnung bey ihm eine Pforte/ ihre unvergleichliche Schnheit bermeiſterte die Zauberey der Eyverſichtigen und nach der Kniglichen Wrde ſtrebenden Padilla/ der Ruhm ihrer Keuſchheit aber leuchtete dem geilen Frſten ſo ſehr unter die Augen: daß er ſeine Liebe ihr nicht anders als unter dem Scheine einer heiligen Eh anzutragen ſich erkhnete. Johanna verſtopfte fr dieſen 60 dieſen] dieſe A dieſen A(Errata)BC 3 4 37 42 44 47 51 52 54 57

Wordurch] Wodurch C genthigt] genthiget BC Ehbrecherin] Ehebrecherin C Friedrich] Friederich C Bapſt] Papſt B Pabſt C Begnadigungen] Begnadigung C verterbten] verderbten BC Johanna] Jahanna B Eyverſichtigen] Eyverſchtigen C



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Verſuchungen nicht we!16"niger ihre Ohren/ als die ſchlauen Schlangen fr dem Beſchwerer/ und Ulyſſes fr den Sirenen. Aber auch dieſes Wachs ward zerſchmeltzt von der Heucheley des Hofes/ welche an dem Frſten nicht nur die Laſter zu loben fr Recht/ ſondern ſie auch nach zu thun fr Klugheit hlt. Des Knigs mit der Blanca vollzogene Eh ward als ungieltig verworffen/ die neue mit der Caſtria eingerathen und gebilligt. Wie war es aber mglich: daß der Zunder eines Jrrwiſches lnger/ als eines Geſtirnes tauren ſolte? Knig Peter ward die erſte Nacht ſeiner zweyten Gemahlin berdrßig/ die andere eckelte ihm ſchon fr ihrem Bette/ und die dritte vergrub er wieder ſeine Ehre und Gelcke in die ſchlammichten Wollſte Padillens. Denn ſolche unkeuſche Blge ſind Grber nicht nur der ſich vergehenden Helden und Frſten/ ſondern auch der gemeinen Wolfarth und groſſer Knigreiche. Ja die Tugend ſelbſt wrde ſich ihrer Vertilgung nicht entbrechen/ wenn ihr Ruhm und die Seelen wie die Leiber ſterblich weren. Denn/ weil Franckreich/ Aragonien und Caſtilien wieder die Grauſamkeit Knig Peters die Waffen ergrieffen/ ließ er ſeine zu Aſſidonia gefangene Gemahlin Blanca/ als eine vermeinte Uhrſache des Krieges im fnff und zwanzigſten Jahre ihres Alters durch einen Artzt mit Gifte hinrichten; !17" Gleich als wenn man mit Aufopfferung der Unſchuld die Menſchen verſhnen/ oder der Gttlichen Rache einen Riegel frſchieben knte; welche ihn vorher auf der Jagt durch ein ihm in Geſtalt eines rauchen Hirten erſchienenen Geſpenſtes/ von ſo ungerechter Bedrngung ſeiner Gemahlin/ aber vergebens/ abgemahnet hatte. Alleine die frſetzliche Boßheit wird durch Warnigungen wie die Amboſſe durch Hammerſchlge mehr verhrtet/ als erweichet; wormit ſie von dem Blitze der ewigen Gerechtigkeit/ wie dem grauſamen Peter endlich geſchehen/ ſo viel empfindlicher zerſchmettert werden/ und ihre Zermalmung in der Welt einen deſto lautbarern Knall zum Beyſpiele vieler andern abgeben mge.

8 3–84  Gemahlin/] Gemahlin A Gemahlin/ BC 84 vergebens/] vergebens ABC 6 3 6 6 7 7 8 2 8 8

dem] den C ungieltig] ungltig C ergrieffen] ergriffen C ihn] ihm C empfindlicher] empfindlichen B

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Dieſe/ wie auch folgende ohne dis durch den Fall des unzeitigen Neben-Buhlers Antonius Peretz in der Welt allzuwol bekante LiebesGeſchichte iſt in ſechs folgenden Helden-Briefen entworffen/ derer Jnhalt und Verfaſſung ſich von Niemanden eines ſtrengen Urthels zu befahren hat; wenn alle ſo leichte Menſchliche Fehler/ als der ſo kluge und ſcharffſichtige Knig Philip den Gebrechen eines Auges in der Frſtin Eboli berſehen knnen. !18"

5.1.

Peter /

Der grauſame Knig in Caſtilien/ An

Johanna Caſtria/ Des Diego Haro Wittib.

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NJcht ſcheue dich/ mein Kind/ dis Siegel aufzumachen/ Die du den Schlſſel ſelbſt zu meiner Seelen haſt; Was hier Geheimns iſt/ ſind dir bekante Sachen/ Mein Antlitz hat dir lngſt verrathen meine Laſt. Die Aſch’ auf Etnens Klufft lehrt/ daß dar Feuer ſtecket/ Und meine Blſſe zeigt/ daß Lieb’ im Hertzen glimmt. Nicht frage: wer in mir ſo ſſſe Glutt erwecket/ Dein eigen Auge fhlt/ wo ſie den Uhrſprung nimmt. Weil heiſſe Sonnen ja nicht leer von Brand ſeyn mſſen/ Aus kalten Adern nicht ein warmer Brunn entſpringt. Doch/ wilſtu deinen Sieg ſelbſt von dem Sklaven wiſſen/ So duld’ es auch dein Ohr/ wenn itzt ſein Feſſel klingt. Jch liebe dich/ mein Kind/ mit unzertheiltem Hertzen/ Nicht laſſe dir dis Wort unglaublich kommen fr.

vor 1  Diego] Diogo BC 3 Geheimns] Geheimniß C 7 erwecket] erweckt C

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Die Flammen unſrer Eh’ ſind ausgeleſchte Kertzen/ Ja unſre erſte Flamm’ entſpringt/ mein Licht/ aus dir. Die Lilgen ſind zu kalt/ die Franckreich uns geſchicket; Fr unſers Himmels Brand und Blanca gar zu weiß. !19" Weil weiſſe Weiber Froſt wie ihren Nord beſtricket; Was Mohren nher kmmt/ gleicht Sonnen/ und iſt heiß. Jch hab’ erſt/ ſeit ich dir geopffert meine Seele/ Lebhafter Liebe Trieb und Thtigkeit erlernt. Ein ewig Feuer brennt nicht in iedweder Hle/ Du weiſt: daß offtmahls Schnee/ wie eine Venus ſternt. Man giebt mir zwar die Schuld/ daß ich mich Jhr entriſſen; Der Eckel habe mich entfernt nach einer Nacht. Allein/ ach! drfft’ ich nur nicht mehr als andre wiſſen/ Mit was fr Unmuth ich die kurtze Zeit vollbracht. Es ſolln ja wol Corall ſeyn der Gemahlin Lippen; Kein Liebreitz/ kein Magnet begeiſtert aber ſie. Lßt ſich nun Stahl nicht ziehn von unbeſeelten Klippen/ Wer ſchilt: daß ich an ihr mich nicht zu kleben mh’? Die Augen ſind zwar ſchwartz/ doch ausgeleſchte Kohlen/ Von denen Schwefel ſich ſelbſt nicht entznden kan. Sie rhmt ſich: ihr Geruch beſchme die Violen. Was aber ntzt Zibeth/ der uns nicht biſamt an? Die Wangen ſind an ihr Granaten ohne Kerne: Geblme/ das nicht reucht; ein Feld von Roſen leer. Die Brſte regt kein Trieb entflammter Liebes-Sterne/ Sie ſind von Zemblas Eiß/ ein zugefroren Meer. Sie ſchleppt das Heyrath-Band wie eines Sklaven Kette; Sie that/ als legten ſich mit mir ihr Schlangen bey/ Als ich zum andern mal beſchriet ihr kaltes Bette; Glaub’s: daß ſie minder warm/ als Salamander ſey. !20" Kein Feuer/ worvon Zevs in flſſend Gold zerronnen/ Kein lodernd Seufzen flſt ihr laulicht Lieben ein; 3 5 Geruch] Geruch/ ABC 3 8 von] ohn A von A(Errata)BC 17 41 4 3 4 5

Lilgen] Liljen C eines] eine BC  Sklaven Kette] Sclaven-| Kette C beſchriet] beſchritt C worvon] wovon C  flſſend] flieſſend C

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Der Nordſtern wrmt den Belt mehr/ als ſie meine Sonnen/ Sie mht ſich ſteinerner als Niobe zu ſeyn. Jch darf zum Opfer ihr nicht meine Seel’ anznden; Jch weiß nicht: ob ſie ſich dnckt frs Altar zu gutt; Wo nicht/ ſo hat an ihr das Fhlen kein Empfinden Und unſer Liebes-Oel braucht ſie fr kalte Flutt. Doch wrde der Geduld noch dieſer Unmuth weichen/ Wr’ er mit Eyverſucht und Hochmuth nicht vergllt. Sie iſt dem Roſenſtrauch im Winter zuvergleichen/ Der keine Roſen trgt/ und doch den Dorn behlt. Sie hat fr mir Verdruß; und eifert mit Padillen/ Die ſich als eine Magd ihr doch legt untern Fuß; Ein Brunn muß Staub und Sand mit ſeiner Flutt anfllen/ Wenn unſer voller Mund fr ihm hat Uberdruß. Urtheile nun/ mein Kind: ob wir verliebt ſeyn mgen; Selbſt Etna leſchet aus/ wenn Zunder ihm gebricht. Der Wahn ehrt Gtzen nur/ die einem ſind entgegen/ Die Lieb’ erkennt den Haß fr keinen Abgott nicht. Die Anmuth aber hat bey dir den Sitz erwehlet/ Der Unhold Wſteney iſt weit von dir verbannt. Mit deinen Sitten hat der Liebreitz ſich vermhlet/ Dein Schnſeyn hat ein Garn der Freyheit aufgeſpannt. Jn dieſem ſiehſtu mich hier deinen Sklaven liegen; Verſtoß nun dieſen nicht/ den du ſelbſt fſſelſt an; !21" Laß mich von deiner Hand kein ſchrffer Urtheil kriegen/ Als dein liebreitzend Aug’ uns Prophezeyen kan. Die Sonne/ welche du zweyfach in Augen trgeſt/ Pflantzt/ wie du mir den Trieb der Sonnen-Wenden ein. Die Hold/ die du ſelbſt feil auf deinen Mund auslegeſt/ Kan meiner Seele nicht verbothne Waare ſeyn.

5 3 weichen/] weichen. ABC 74 der] den ABC der A(Errata) 6 3 einem] einen C 65 erwehlet] erwhlet C 69 ſiehſtu] ſiehſt du C



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Das Kauffgeld/ das ich dir fr deine Lieb’ erlege/ Sol ſeyn mein beſter Schatz; mein Hertz; an dieſem iſt Die Treue Schrott und Korn; du ſelbſt biſt das Geprge; Jch weiß: daß du mit nichts ſonſt zuerkauffen biſt. Dir aber wird ja Mntz’/ auf der dein Bild ſteht/ gelten/ Ob dich/ Unſchtzbare/ kein Schatz gleich zahlen kan. Nicht ſorge: daß ein Menſch wird deine Liebe ſchelten; Man nimmt mit Fug in Dienſt verſtoßne Diener an. Es mag auch alle Welt/ wie ich dich liebe/ wiſſen/ Denn heimlich buhlen iſt zwar ſſſe/ ſelten rein. Mein Vorſatz hat in ſich ein redliches Entſchlſſen/ Das auch der Kirche ſelbſt nicht kan verdammlich ſeyn. Kein heßlich Rabe zeucht an meinem Liebes-Wagen/ Die Schwanen reiner Brunſt ziehn meinen Geiſt zu dir. Von reinen Lilgen ſol dein Haubt den Braut-Krantz tragen/ Mit Hochzeit-Fackeln uns die Tugend leuchten fr. Die Hand des Prieſters ſol dir ſelbſt den Treuring geben/ Weil freylich du zu hoch vor eine Hagar biſt. Kurtz: keine Raupe ſol an unſern Myrten kleben Die deiner Ehr abbricht/ und unſern Nachruhm frißt. !22" Kommt dir dis ſelzam fr/ vermhlten ſich vermhlen/ Weil keine Sara mehr den Mann zu andern weiſt? Wo wehrt der Himmel uns zwey Seelen zu erwehlen/ Voraus: wenn eine ſelbſt das Band in Stcken reißt? Was tglich nicht geſchieht/ iſt nicht bald zuverdammen; Zu dem/ das grſte Theil der Menſchen ſpricht es recht. Die Vorwelt labte ſich bey zwey und mehren Flammen; Auch iſt ein Frſt nicht bald gemeiner Ordnung Knecht.

   78 ſeyn] ſeyn/ AB ſeyn C    79 Treue] Treue/ ABC    8 5 liebe/] liebe AB liebe/ C   78   87   91   94 101

Hertz;] Hertz C Entſchlſſen] Entſchlieſſen C Lilgen] Liljen C vor] fr C geſchieht] geſchicht C

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Zu dem/ ſo hat man mich zu Blanckens Eh gezwungen/ Nichts aber ſol ſo frey als Eh und Liebe ſeyn. Jch war ein Kind/ als man mir Blancken aufgedrungen/ Drumb brech’ ich itzt dis Band als Mann und Knig ein. Der Biſchoff Sanctius wird ſelbſt dich unterrichten: Daß deine Heyrath recht/ und Blankens kraftloß iſt; Padillens Liebe wird ſich von ſich ſelbſt zernichten/ Weil allbereit fr ſie ein ander Aug’ erkieſ’t. So kan auch Blanka dir kein ſchles Auge geben/ Weil/ die ihr Hertz entfernt/ ſich ſelbſt zu trennen ſinnt. Mich wirſtu durch ein Ja ins Paradies erheben/ Darinnen aber auch fr dich was ſſſes rinnt. An meine lincke Hand wird man dich zwar mir treuen/ Solch Kummer aber fllt/ wenn ſie/ mein Schatz/ verſteht: Daß man mit mehrerm Pracht der Rechten pflegt zufreyen; Doch/ daß die Lincke nur von treuem Hertzen geht. !23"

5.2.

Johanna Caſtria/ An

Knig Petern.

5

JCh habe Seyd’ und Brieff/ Durchlauchſter/ aufgeriſſen/ Bekmmert: ob nicht auch den Faden meiner Ruh. Jch habe ſeine Schrifft bewillkommt mit viel Kſſen; Ach! daß der Himmel nicht Gall’ in den Zucker thu’! Er/ und die Hofnung ſpeiſt mich ja mit Himmel-Brodte/ Der Zweifel und die Furcht miſcht aber Myrrhen ein; 107 aufgedrungen/] aufgedrungen A aufgedrungen / B auffgedrungen/ C 1 08 Drumb] Drum C 113 ſchles] ſcheeles C 115 wirſtu] wirſt du C      1 Durchlauchſter] Durchlauchtſter C



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Jch weiß: der Frſten Wortt’ und Bitten ſind Gebothe; Doch Reu und Unluſt folgt oft aufs Gehorſam ſeyn. Der Eckel haßt hernach/ was er erſt angebethet; Ein erſt gekßter Mund wird bald gegeifert an; Was Roſen gleich geblht/ wie Unkraut ausgejthet/ Weil doch die Liebe nicht den Wechſel haſſen kan. Wir Frauen-Zimmer ſind Granaten-Aepffeln gleiche/ Die man von Porcellan wirft endlich auff den Miſt. Die heut’ ein Engel war/ iſt morgen Aaß und Leiche/ Weil Sarch und Braut-Bett oft zwey Zoll entfernt kaum iſt. Jch ſtehe Blanken nach an Schnheit und Gebltte/ Die doch beym Frſten itzt ſo wenig iſt und gilt; Padillens Klugheit hat bemeiſtert ſein Gemthe/ Aus welcher Anmuth nichts als Bienen-Zucker kwillt/ So gnne mir der Frſt doch: daß ich ſey verborgen; Denn Einfalt kommt an Hof mit Furcht und mit Gefahr. !24" Hett’ ich auch gleich von ihm nicht Wechſels zubeſorgen/ Wiewol mein Schwermuth mir ſagt nicht viel Guttes wahr; Muß ſich doch ſchlechtes Wachs nicht nhern ſolchen Sonnen/ Sonſt ſchmeltzt ihr feurig Strahl die khnen Flgel ab. Der Liebes-Zucker iſt in Thrnen-Saltz zerronnen/ So oft ein irrdiſch Mund den Gttern Kſſe gab. Was kan ein Zufall nicht/ ja fremde Mißgunſt ſtifften? Weil gantze Sonnen oft ein Wlcklein rauben kan. Was kan der Speichel nicht der Eiferſucht vergifften? Sie hengt den Tugenden die ſchlimmſten Kletten an. Sie ſchwrtzt mit HttenRauch die Himmel-reinen Flammen/ Sie wirft mit Schmach und Koth der Unſchuld Ebenbild. Drey Wetter ſeh’ ich ſchon ziehn ber mir zuſammen/ Wo Liebe mehr bey mir als kluge Vorſicht gilt. Sein Reich/ die Knigin/ ja auch Padilla dreuen Mein Hochzeit-Bett’ in Sarch/ mein Glck in Staub zu kehrn. Mein keuſches Hertze ſelbſt verwirft mein ander Freyen/ Und meines Ehmanns Geiſt mht ſich mirs zuverwehrn. Behertzige demnach/ zu was man mich verleitet/ Ob mich Verſuchung nicht auf hchſte Zinnen ſtellt?

16 Sarch] Sarg C 3 8 Sarch] Sarg C

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Der Anmuth Paradies wird mir ja zubereitet/ Wo nur mein Untergang nicht hinter’m Berge hlt. Er reicht den Braut-Krantz mir vielleicht zum Schmuck der Baare/ Wo noch ein ſchimpflich Sarch wird werth der Krntze ſeyn. Rubin und Diamant ſolln blmen meine Haare/ Ach! drckten ſie nur nicht mir gar den Scheitel ein! !25" Jedoch/ ich wil mein Heil aufs Frſten Wortte grnden/ Es wird kein Fallbret ſein/ wo er mich anckern heißt. Der Frſten bloſſes Ja ſol mehrern Glauben finden/ Als wenn Betheuerung mit vielen Eyden gleißt. Die ohne dis iſt Magd/ und Fleiſch im Buſem trget/ Kan ſolcher Dienſtbarkeit ſich ſchwerlich machen frey. Doch denck’ er: daß dis nicht/ wenn man ein Reh erleget/ Ein bldes Weib verfhrt/ ein Meiſterſtcke ſey. Daß Reu und Untreu ihn mehr wrd’ als mich beflecken. Denn Finſterns verſtellt nur Sonnen/ keinen Stern. Jch warte/ was er nun/ Durchlauchſter/ wil vollſtrecken; Mein Hertze heißt ihn Schatz; Mein Auge nennt ihn Herrn. Mein Zimmer ſtehet ihm mit meiner Seelen offen/ Jn die die Liebe nichts als reine Perlen legt. Die heißt itzt Caſtrien ſo viel Vergngung hoffen/ Als ſein Gemthe Hold/ der Dornſtrauch Roſen trgt. Jch weiß nicht/ wie ich ſchon vor Freuden ſchwanger werde/ Die Brſte hpffen mir wie ein par Reh empor. Die Hoffnung klimmet hoch/ die Zagheit flt zur Erde/ Der Liebreitz regt mein Aug’/ und Anmuth lockt mein Ohr. Mich dnckt: ich fhle ſchon/ wie er mit hundert Kſſen Die Scharlach-Lippen labt auf meiner Lilgen-Bruſt; Wie ſein- und meine Seel’ als Wachs zuſammen flſſen; Wie er mich berſchwemmt mit einer See voll Luſt. 4 6 ſchimpflich] ſchimpftlich A ſchimpflich B ſchimpfflich C 47 Diamant] Diamand A Diamant BC 53 Buſem] Buſen ABC Buſem A(Errata) 4 6 58 59 65 70

Sarch] Sarg BC Finſterns] Finſterniß C Durchlauchſter] Durchlauchtſter C vor] fr C Lilgen-Bruſt] Liljen-Bruſt C



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Wie ſein Rubinen-Mund nach meinen Aepffeln lchſet/ Und als ein ſaugend Kind an den Granaten zeucht; !26" Weil kein ſolch Honig doch in Paradieſen wchſet/ Als den ein heiſſer Kuß an Seel und Lippen ſtreicht. Urtheile/ groſſer Frſt! wie weit ich mich vergangen: Ob mir die Liebe nicht bezaubert Geiſt und Sinn? Die Furcht dringt in mein Hertz/ die Schamrth auf die Wangen/ Weil ich verliebt/ und ſelbſt nicht mehr mein mchtig bin. Jch kenne mich nicht mehr; ich kan mich ſelbſt nicht mßen; Weil Einſamkeit mein Wunſch und mein Geliebde war. Kan ich/ mein Haro/ dein’ und deiner Eh vergeſſen? Dem ich noch heute baut’ im Hertzen ein Altar. Hett’ ihm mein freyer Geiſt wol geſtern trumen laſſen: Jch ſolt’ ins Knigs Garn falln als ein mdes Wild? Jedoch ich ſelber will des Jgers Knie umbfaſſen/ Weil er freywillig ſich auch ſelbſt ins Netze hll’t. Die Hand/ die mich verletzt/ verbindet meine Wunden/ Der Pfeil/ der in mir ſteckt/ geht ſelber ihm durchs Hertz. Jch habe die Artzney ſelbſt in der Kranckheit funden; Die eingeflßte Pein iſt ein verzuckert Schmertz. Empfinde nicht/ mein Frſt/ mein offenhertzig Schreiben; Kaltſinnig Lieben kan die Flammen nur verhln; Mein Feuer aber wird/ wenn ich verleſche/ bleiben/ Und meine Todten-Aſch’ auch in der Grufft beſeeln. Es mag die Knigin mir Laub und Graß verſagen/ Padillens Eyverſucht Verlumbdung auff mich ſpeyn. Weil Hertz und Puls mir wird in Bruſt und Gliedern ſchlagen/ Werd ich ein Brand-Altar/ der Frſt mein Abgott ſeyn. !27" Rhrt ſchon mein Stamm nicht her aus Frſtlichem Gebltte; Ein Dorn und heßlich Stock trgt Roſen und den Wein.

9 7 Knigin] Knigiu A Knigin BC 8 2 8 7 9 3 9 4 9 5 9 8

Geliebde] Gelbde C umbfaſſen] umfaſſen C Empfinde] Enpfinde C verhln] verhehln C verleſche] verlſche C Verlumbdung] Verleumdung C  ſpeyn] ſpeyen B

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Blumen

Mein unverflſchtes Hertz und Schwanenrein Gemtte/ Sol dieſen Mangel ihm mit Wucher bringen ein. Mein niedrig Auge ſieht auch nicht nach hohen Dingen; Jch buhl’ umb Spaniens beperlte Kronen nicht. Jch werde meinen Ruhm in Sonnen-Zirckel ſchwingen/ Wenn meine Treu und Hold Padillens Lieb’ abſticht. Jedoch dis Bndns kan kein ander Siegel ſchlſſen/ Als Blankens Scheide-Brief/ und eines Priſters Band. Die Einfalt folget hir; er wird/ obs recht ſey wiſſen: Daß ein Vermhlter mir giebt Ehbrief/ Ring und Hand. Jch ſelbſt bin lſtern nun nach der Vermhlungs-Kette/ Und folge/ wenn er winckt/ ihm zu dem Priſter nach. Denn vom Altare gehn nur Stuffen in mein Bette/ Und durch die Kirche kmmt man in mein Schlaf-|Gemach.

5.3.

Knig Peter/ an ſeine Gemahlin

Blanca von Borbon.

5

JCh ſchicke Blanka/ dir kein eingebiſamt Schreiben/ Nachdem du Eckel ſelbſt fr Lieb’ und Biſam haſt. Jch kan in unſrer Eh’ nicht lnger eh-loß bleiben. Dis iſt es/ was in ſich mein gantzes Schreiben faß’t. !28" Wie ſchwer kommt michs nicht an ſo ſchwartze Tinte brauchen? Ach! mchte dieſe Schrifft durchaus Zinober ſeyn! Allein mein Hertz und Wunſch muß wie der Berg verrauchen/ Der in Jßlndiſch Eyß hllt ſeine Flammen ein.

     7 verrauchen/] verrauchen. ABC 1 04 ihm mit] mit ihm mit B 109 Bndns] Bndniß C  ſchlſſen] ſchlieſſen C 115 nur] nun C



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Die Winde die in uns ſolln Lieb’ und Luſt auffachen/ Fhr’n eitel Unmuths-Schnee in beider Bruſt empor. Jch weiß nicht/ was ich ſol aus unſer Heyrath machen/ Du zeuchſt die Einſamkeit ſo Thron’ als Bette vor. Wie kalt du mich umbarmſt/ wird dir dein Hertze ſagen/ Wie dir ein Lffel Luſt umb nichts nicht feil geweſt; Wie du mir Lieb und Luſt als Braut haſt abgeſchlagen/ Und meinen Mund geflohn/ mehr als ein Weſpen-Neſt; Wie du mein Athem-hohl’n als ſtinckend Gift verſchmehet/ Und keinen holden Blick mir ungezwungen bracht/ Den Spinnen das Geſicht/ den Rcken mir gedrehet/ Ja Bett’ und Zimmer mir verſperrt die dritte Nacht. Erwege deinen Grimm nur ſelbſt und meine Schmertzen/ Dein Antlitz locket mich/ dein Unmuth ſtßt mich hin. Magnet beſeelt dein Aug’/ und Demant ſteckt im Hertzen/ Wordurch der Liebreitz todt/ ich unvermhlet bin. Jch muß es/ Blanca/ zwar geſtehen und bekennen: Daß mir anfnglich bald an dir was mißgefiel/ Was weder ich verſteh/ noch weiſen kan und nennen. Denn wer ergrndet leicht des Himmels Trieb und Ziel? An deiner Freundligkeit war ſelbſt mir was zu wieder; Und was dein Schnſtes war/ kam mir verdrßlich fr. !29" Jedoch ſchlug die Vernunft ſo ſchlimmen Vorſchlag nieder/ Jch berwand mich ſelbſt; und unterwarf mich dir. Jch ließ nur Milch und Thau von meinen Lippen flſſen/ Mein Auge ließ von ihm nur holden Sonnen-Schein. Allein/ es miſchte ſich nur Wermuth in dein Kſſen/ Und in der Liebe Koſt vergllter Eckel ein.

1 0 Fhr’n] Fhrn’ AB Fhrn C 19 gedrehet/] gedrehet. ABC 9 13 14 17 2 4 2 9 3 0

in] fehlt BC  und] und auch C umbarmſt] umarmſt C umb] um C verſchmehet] verſchmhet C Wordurch] Wodurch C Freundligkeit] Freundlichkeit C vedrßlich] verdrießlich C

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Jch ſahe: daß ich dir abweſend mehr beliebte/ Mein Bruder mich bey dir vergnglicher vertrat; Daß mein Liebkoſen mich ſchwer ankam/ dich betrbte; Jch ſuchte doch umbſonſt auch in Entfernung Rath. Was mh’ ich mich denn mehr? den Marmel zwinget Regen/ Mein Seuffzen aber legt dir nur mehr Hrte zu. Ein Amboß hrtet ſich nur von den Hammer-ſchlgen; Je mehr mein Hertze klopft/ je eiſerner wirſtu. So muß ich mich denn nun mit Gallen-Aepfeln ſpeiſen/ Weil Lieb’ und Honigſeim dir giftig Eſſen iſt; Und nun ich mehr verdaut/ als Strauſſe Stahl und Eiſen/ Hat mir der Himmel itzt gelindre Koſt erkieſt. Jch bin zeither/ wie Hartz vom Waſſer brennend blieben; Jtzt heiſcht ſelbſt die Natur mir wrmern Zunder ab. Jch hab’ ein neues Band der Heyrath unterſchrieben/ Mit einer die der Welt ein Keuſchheits-Beyſpiel gab. Die werd’ ich morgen mir den Prieſter trauen laſſen; Willſtu nun/ wie du kanſt/ Gemahlin noch beruhn/ Sol ſie mein lincker Arm/ der Rechte dich umbfaſſen/ Padilla dir und ihr mehr keinen Eintrag thun. Dir wird auch Caſtria den Vorzug gerne gnnen/ Du wirſt die Sonne ſeyn; ſie nur das Mohnden-Licht; !30" So werd ich dich und ſie ja wol vergngen knnen/ Du weiſt ja: daß mir Krafft und Jugend nicht gebricht. Ein Strom/ der berlufft/ und fremde Wieſen wſſert/ Lſt eigne Bthe nicht in Durſt und unbenetzt. Von vielem Schpfen wird der Brunnen-Kwell verbeſſert: Durch Wechſel und Gebrauch/ ſo Lieb’ als Stahl gewetzt. Jſt’s aber auch ihr Ernſt: daß ſie vor Liebe Grauen/ Und kein’ Empfindligkeit von ihrer Regung fhlt: 41 denn] den A denn BC 4 0 44 49 52 54 55 66

umbſonſt] umſonſt C wirſtu] wirſt du C brennend] brennen C Keuſchheits-Beyſpiel] Keuſches-Beyſpiel B keuſches Beyſpiel C Willſtu] Wilſt du C umbfaſſen] umfaſſen C Empfindligkeit] Empfindlichkeit C



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Kan ſie umb ſo viel mehr vergngt der Luſt zuſchauen/ Die ihr nichts ſſſes raubt/ und unſern Durſt abkhlt. Die Sonne ſieht nicht ſchl auf zwey/ drey Neben-Sonnen; Wie/ daß Sie/ Sonne/ denn mit einer eifern wil? An der ich Keuſchheit mehr als Schnheit lieb gewonnen; Es wird ertrglicher dir eine ſeyn/ als viel. Es iſt der hchſte Witz/ dem Himmel Beyfall geben/ Der durchs Verhngns uns ſelbſt leitet mit der Hand. Es kan ein Knig auch nicht wie der Pfel leben; Es iſt auch in der Lieb’ ihr Vorrecht dir bekand. Was mh ich aber mich erſt gegen dir vergebens: Daß du zu frieden mgſt mit unſerm Schluſſe ſeyn? Die Klugheit/ die du heiſt den Zirckel dieſes Lebens/ Des Glckes Mittel-Punckt/ die redet dir ſelbſt ein. Zwar iedes Ding ſieht aus/ nach dem es wird gedrehet; Sieht Demant doch wie Glaß/ Gold oft wie Meßing aus. !31" Die Tugend ſelber wird als Laſter oft geſchmhet; Verlumbdung wirft vielmal auf Roſen Gift und Grauß. Dein Urtheil aber fhlt den Pulß in allen Sachen/ Diß wird auch laſſen dir nicht mißfalln unſern Schluß. Der fhrt mit Krocodiln/ und reitet auf den Drachen/ Der den Begierden ſtets den Ziegel laſſen muß. Auf ſolchen Fall ſol dir nichts an Vergngung fehlen/ Jch und der Anas wird dich als ſein Haupt verehrn/ So lange du nur die/ der wir uns itzt vermhlen/ Wirſt laſſen Mohnde ſeyn/ und ſie in nichts verſehrn. Wer aber ſich auff ſie wird was gelſten laſſen/ Greifft biß zum Hertzen uns/ den Augen-Apfel an.

9 0 verehrn/] verehrn. ABC 6 7 6 9 74 81 8 4 8 5 8 8 9 2

umb] um C ſchl] ſcheel C Verhngns] Verhngniß C nach dem] nachdem C Verlumbdung] Verlumdung C Pulß] Puß B Ziegel] Zgel C Mohnde] Monden C

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Blumen

Der ſol mit Schimpf und Ach von unſrer Fauſt erblaſſen; Du weiſt wol/ was die Rach’ erzrnter Liebe kan. Du magſt auch/ wenn du wilſt/ wie vormals einſam leben; Mein Tiſch und Bette ſteht dir offen/ und auch zu. Ja wir wolln Zeug und Farth dir nach Verlangen geben/ Wenn du in Franckreich meinſt zu finden Glck und Ruh. Du haſt hieraus die Wahl/ auch Witz dich zubeſtreiten/ Nicht lege meinem Thun mehr Fluch/ als Vorſicht bey; Und dencke; da wir ja auf dieſem Eyſe gleiten: Daß mancher Salomon hir gar gefallen ſey. !32"

5.4.

Die Blanca An

ihren Gemahl Knig Petern/

5

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DJe ſolte wol nicht mehr erſchrecken fr Gewittern/ Der ſtets in Spanien der Blitz umbs Haupt geſpielt. Was fr ein Felſen-Hertz ſolt’ aber nicht erzittern Wenn es der Erden Grund ſelbſt mit ſich brechen fhlt. Der Grundſtein unſers Heils und Hoffens geht zu Grunde; Denn es zerreißt der Eh’ ihr unzertrennlich Band. Die Ohnmacht hengt mir zu/ das Wort verbricht im Munde/ Es fllt die Feder mir ſchon neunmal aus der Hand. Was lſt vor Antwort ſich auf ſcheide-Briefe ſchreiben/ Wordurch mein Eh-Herr mir mehr als den Hals abſpricht?

     4 Erden Grund] ErdenGrund AC Erden Grund B 1 04 Salomon] Salomo C      2 umbs] ums C      7 hengt] hegt BC      9 vor] fr C    10 Wordurch] Wodurch C



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Ach mcht’ er einen Dolch mir eh durchs Hertze treiben! Eh er das Bindns trennt/ das ſonſt der Tod nur bricht. Was mag ich aber itzt erſt von der Trennung ſagen? Jſt nicht mein Witwen-Stand ſo alt als unſer Eh? Jch hab’ in Trauer-Tracht den Braut-Krantz ſchon getragen/ Mein Hochzeit-Tag fieng an mit Eyverſucht und Weh. Ja kein Begrbns wird ſo ſtill und ſchlecht begangen; Mich ſchien iedwedes Licht wie Todten-Fackeln an. Die Thrnen ſtunden mir fr Perlen auf den Wangen/ Mit denen ich darumb mich billich gleichen kan; !33" Weil ſie/ wie ich in Angſt/ im bittern Meere ſchwimmen/ Der Ungewitter Spiel/ der Wellen Opffer ſind. Jm Bette fand ich zwar mit Balſam Ampeln glimmen/ Allein kein Liebes-Oel/ das aus dem Hertzen rinnt. Jch fand den Brutigam; ach! aber nicht ſein Hertze; Denn dis war anvertraut Padillens geiler Hand. Jch armte mich mit Schnee/ und halß’te mich mit Schmertze. Doch leider! nun gerath’ ich noch in rgern Stand. Denn Himmel! wer wil ſich ihn doch bereden laſſen: Zwey Frauen hetten wol in einem Bette raum? Zertheiltes Lieben iſt nur ein verblmmtes Haſſen; Ein berzuckert Gift/ und ein bezaubert Traum. GOtt ſchuf nur eine Ev’ aus ſeines Adams Riebe; Die groſſe Sonne giebt zwey Mohnden nicht ihr Licht. Ein Geiſt beſeelt den Leib; Ein Weib des Ehmanns Liebe; Und unſer Treu-Ring hat zwey Mittel-Puncte nicht. Wie manchen Heyrath-Schluß zerreißt itzt Brunſt und Reue/ Nun man ſie auf’s Papier/ nicht mehr ins Hertze ſchreibt; Jhr Siegel iſt itzt Wachs; vor war’s ertzt-feſte Treue;

2 3 glimmen/] glimmen. ABC 1 2 17 2 0 31 3 4 3 9

Bindns] Bndniß C Begrbns] Begrbniß C darumb] darum C verblmmtes] verblmtes B Licht] Liecht B ertzt-feſte] ertz-feſte C

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Weil keiner lnger nicht als Wachs beſtndig bleibt. Einflt’ge/ die ihr traut auf euer Mnner Eyde; Sie haben euch nicht mehr als Kfer Blumen lieb; Sie ſind ein Seidenwurm/ der anfangs zwar ſpinnt Seide/ Jn kurtzem aber wird ein heßlich Molcken-Dieb. Der glatten Worte Koſt/ mit welchen ſie euch ſpeiſen/ Jſt Mithridatens Tiſch/ der nie von Gift iſt leer. !34" Jhr treuſeyn bricht wie Eys/ das ihr erkauft fr Eiſen. Denn Heucheley weiß Wind zu machen Zentner-ſchwer. Doch were dieſes Leid noch endlich zuverſchmertzen: Daß aber ſie die Schuld uns leider! mſſen bey/ Mit ihrem Laſter-Maal’ uns unſer Antlitz ſchwrtzen/ Jſt unertrglich Leid/ zweyfache Tiranney. Daß ich der Liebe Glutt mit Keuſchheits-Schnee gekhlet Heißt itzt: ich hette gar ihr Feuer ausgeleſcht. Da man mehr Anmuth doch bey ſanfter Wrmbde fhlet; Bedacht erreicht den Zweck/ das Mittel krnt Beſtand. Allein ein lodernd licht muß bald in Staub verfallen/ Man milckt ſtatt ſſſer Milch aus ſchlaffen Eitern Blutt. Die Ubermaaſſe preßt aus Pomerantzen Gallen/ So iſt im Lieben auch die Heftigkeit nicht gutt. Mein Sohn/ Frſt Henrich ſey ein Zeugns meiner Liebe/ Dein Eckel aber iſt Padillens Mißgeburth. Getrnckten Lippen ſind die klrſten Brunnen trbe; Fr frembdes Waſſer ſtßt man eigen Necktar fort. Die Uppigkeit verſchmht des Ehweibs Zucker-Kße; Nicht/ daß ſie heßlich ſey/ nur daß ſie’s Ehweib iſt. Dem Adam ſchmeckt die Frucht verboth’ner Aepfel ſſſe; Oft wird ein Wechſel-Balg vors ſchnſte Kind erkieſt.

4 6 Jſt] Jhr A Jſt BC 63 trbe;] trbe A trbe; BC 67 ſſſe;] ſſſe A ſſſe; BC 4 9 61 64 68

were] wre C Zeugns] Zeigns B Zeugniß C frembdes] fremdes C vors] frs C



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Doch ſchelt’ ich die nicht ſo/ die er ihm wil vermhlen; Jch weiß: daß Witz ihr Haupt/ ihr Hertze Keuſchheit hegt. Sie wird ſo viel als ich nicht Ehſtands-Tage zehlen/ Die Glck und Ruhm hiermit ſelbſt auf die Bahre legt. !35" Der ſſſe Hochzeit-Wein wird Jhr und dir verſauren/ Weil doch die Zauberin Padilla nicht wird ruhn; Sie wirds den dritten Tag beweinen/ er betrauren/ Jn dem er wieder wird Padillen ſchner thun. Padillen/ die der Frſt wird nimmermehr nicht laſſen/ Jhr Zauber-Grtel hat dich allzuſehr beſtrickt; Daß du nur ſie muſt ehrn/ und alle Frauen haſſen/ Wo anders Geilheit nicht iſt fr ſie ſelbſt geſchickt Zu tdten ohne Kraut/ zu Zaubern ohne Zeichen/ Und eines Klugen Kopff durch Wahnwitz zu bethrn. Wiewol/ wenn Kunſt und Brunſt die Hand einander reichen/ Man auch genthigt wird Unholden zu verehrn. Was ſchelt’ ich aber nur die ſchandbare Padille? Es thut mir Caſtria noch mehr und grſſer Leid. Die Tugend muß an ihr nur ſein der Geilheit Hlle/ Der Ehrſucht Mummenwerck/ ein Firns der Uppigkeit. Du prfſt die Wrckung nicht Syreniſcher Geſtalten/ Wie ſich ihr Schlangen-Schwantz ſo zuverhllen weiß. Je heiſſer ihre Lieb’/ ie eh wird ſie erkalten/ Der Froſt kehrt warme Flutt eh als die kalt’ in Eyß. Wie ſeltzam iſt dein Zug? dein eigen Brief kan weiſen: Daß ein Demanten Hertz in meinen Brſten ſchwebt. Nun aber zeucht Magnet beym Demant ja kein Eiſen; Wie? daß dennoch dein Hertz bey ſchlechtem Eiſen klebt. Erfahrung lehrt ja wol: daß Eh und Eyd verſehret:

9 2 kalt’] Klt’ AB Klt C kalt’ A(Errata) 9 7 Erfahrung] Ehrfahrung A Erfahrung BC 71 76 8 4 8 9 9 4

Ehſtands-Tage] Eheſtands-Tage B Jn dem] Jndem C genthigt] genthiget C Wrckung] Wirckung BC meinen] meinem BC

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Das Ehbett oft entweiht mit freyen Dirnen ſey. !36" Dis aber iſt noch nie in Spanien erhret: Daß ihm ein Chriſtlich Frſt legt zwey Gemahlin bey. Ach! mchte dieſe Nacht mir vor zu Grabe leuchten/ Eh’ man ihr morgen ſteckt die Hochzeit-Fackel an! Werd’ ich mit Thrnen wol genung die Wangen feuchten/ Wo ich die Greuel-Eh ja noch erleben kan. Geduld! der Himmel hat dis Urthel mir geſprochen; Und ich beſcheide mich: daß ich die Roſe ſey/ Die erſt in Drner fiel/ als ich ward abgebrochen/ Die Lilge/ welcher man pflantzt Diſt- und Neſſeln bey. Jedoch/ wie gerne wolt’ ich meine Pein verſchmertzen; Wenn dieſe That nicht wr’ ein Greuel aller Welt. Wie ſchndlich wirſtu nicht Caſtiliens Krone ſchwrtzen/ Dein Purpur wird befleckt/ mein Lilgen-Krantz verſtellt. Die Nachwelt wird dich ſchmhn/ dein Volck wird dich verhhnen/ Die Flecken ſchreiben auf vom Mohnden und von dir. Denckſtu gleich auch dein Thun vielfrbicht zu beſchnen/ Zeuch Laſtern Goldſtck an/ ihr Unflatt ſticht herfr; Jch bitte thrnend dich/ leg’ alles auf die Wage/ Was eine Handvoll Luſt fr Unluſt ſchafft herbey. Nicht glaube: daß ein Menſch zu dir mehr Liebe trage/ Ein Kebsweib heckt mehr Brunſt/ ein keuſches Weib mehr Treu. Du machſt zur Wittwe mich zwar/ aber dich zum Knechte; Was redeſt du mir denn noch deine Gunſt viel ein? Mit deiner Affter-Eh zerreiſſeſtu die Rechte; Ja bey zwey Ehen wirſt du erſt recht Eh-loß ſeyn. !37" Doch/ was ſchreib’ ich erſt viel? Es iſt ein Schlag ins Waſſer. Laß uns die Brden nur einpacken zu der Flucht. Wer andre Weiber liebt/ iſt ſeines Weibes Haſſer; Der aber liebt nur recht/ der keuſche Seelen ſucht.

111 Caſtiliens] Caſtillens A Caſtellens A(Errata) Caſtiljens BC 1 03 genung] genug C 108 Lilge] Lilje C 111 wirſtu] wirſt du C 112 Lilgen-Krantz] Liljen-Krantz C 115 gleich auch] auch gleich C  vielfrbicht] vielfrbigt C



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Was trumet aber mir noch ſſſes vom Entfliehen? Solt’ ich der Rache nicht ein kaltes Opffer ſeyn? Jch fhle Spinnen Gifft aus meiner Unſchuld ziehen/ Mit welchem man den Tod ſchenckt der Verjagten ein. Doch werden die/ die ſich an mir ſo ſehr verſndigt/ Padill’ und Caſtria bekommen ihren Lohn. Dir hat ein rauch-Geſpenſt’ bereit den Fall verkndigt. Denn wenn das Laſter reifft/ ſo kumt die Straffe ſchon.

6.1.

Knig Philip an

die Frſtin von Eboly.

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JCh hab’ es/ Eboli/ nun wahr zu ſeyn befunden: Daß groſſe Knige der Liebe Sklaven ſind. Jn andern Regungen hab ich mich berwunden; Jch zwang die Ungeduld/ der Rache Zwirbel-Wind. Bey der Beleidigung kan mich kein Zorn beſtreiten; Mein ſiecher Leib verſchmertzt den allerherbſten Schmertz. Der Mnner Eyverſucht/ der Vter Zrtligkeiten/ Der Frſten Herſchens-ſucht bemeiſtern nie mein Hertz. !38" Der Flotten Scheuterung/ der Lnder ihr Verterben/ Der Heeres-Macht verluſt krnckt mein Gemthe nicht. Sohn und Gemahl ſeh’ ich mit trocknen Augen ſterben/ Wenn ihnen Gift und Tod ihr zartes Hertze bricht. 1 35 den] dem A den BC      9 Verterben/] Verterben. AB Verderben. C 1 31 132 136      7      8      9

Spinnen Gifft] Spinnen-Gifft B welchem] welchen C kumt] keimt C Zrtligkeiten] Zrtlichkeiten C Der] Des C  Frſten] Frſtens BC Scheuterung] Scheiterung C

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Nun aber laß’ ich mich der Liebe Schwachheit fllen: Mein Hertze wallet auf aus Neigung gegen dir. Es ſchumt und ſtrmt das Meer nicht ſo mit toben Wellen/ Als meine Seele fhlt Bewegungen in ihr. Dir zeugets dieſe Schrift: daß Zittern in den Hnden/ Verwirrung im Verſtand’/ in Augen Waſſer ſey; Das Hertze klopffet mir/ ein Brand beſchwert die Lenden/ Mein Geiſt wil ſich der Angſt durch Seufzer machen frey. Jch ſchreib’/ und weiß nicht was/ und mehr als ich wol ſolte/ Doch weniger/ als mich die Liebe ſchreiben heiſt. Ach! daß mir Eboli nur alles gluben wolte; Was reg’ und Geiſtiges mir in die Feder fleußt. So weiß/ als dis Papier/ ſo rein iſt mein Gemthe/ Die Tint’ iſt Kohl und Rauch von meiner Liebes-Glutt. Denck’ ich nur einſt an ſie/ ſo regt ſich mein Gebltte/ Und ſchumt/ wie die von Sturm erregte Meeres-|Flutt. Kriegt denn mein Auge dich nur einen Blick zu ſchauen/ Wird mir/ ich weiß nicht wie; Mir wanckt Verſtand und Sinn. Hingegen regt mich nichts von allen andern Frauen/ Jhr Liebreitz ſtreicht fr mir mit kalter Ohnmacht hin. !39" Ach! aber Eboli ſtellt tauſend Netz’ und Hamen/ Damit ihr Liebreitz mich wie Reh und Fiſch beſtrickt. Von ihrer Zunge rinnt der Liebe Milch und Samen/ Der mich wie Vgel lockt/ und wie ein Kind erkwickt. Jhr Mund/ der mit Rubin der Zhne Perlen decket/ Verhlt die Angel mir/ die mir wird aufgeſtellt; Es iſt nicht Schnecken-Blutt/ das ihre Lippen flecket; Es iſt des Neſſus Gift/ durch das Alcides fllt. Die Liebe weidet ſich auf ihren Roſen Wangen/ Durch welcher Dornen ſie mein bluttend Hertz durchſticht. Der Hals/ den Lilg’ und Schnee beſeelen und mbfangen/

2 5 Gemthe/] Gemthe A Gemthe; BC 42 Durch] Dur A Durch A(Errata)BC 18 23 38 43

in] im C gluben] glauben C Verhlt] Verhehlt C Lilg’] Lilj’ C  mbfangen] umfangen C



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Hegt Brand/ fr welchem mir alsbald der Schweiß ausbricht. Jhr ſchnes Faden-Gold der Haare dient zu Stricken/ Damit ſie mich ins Garn der Dienſtbarkeit ſchlingt ein. Doch ihre grſte Krafft ſteckt in den holden Blicken/ Die mehr als zauberiſch/ mehr als Magnetiſch ſeyn. Es kan kein Sonnen-Strahl ſo ſehr die Augen blnden/ Als mir ein einig Blick verdſtert den Verſtand. Du darfſt ein einig mal den Augen-Apfel wenden/ So iſt das Hertze Flamm’ und meine Seele Brand. Wie klug hat die Natur mit dir und mir gebahret; Daß ſie dir Eboli nur ein ſchn Auge gab! Denn/ wenn ſie hette dir noch eines zugepaaret/ So hetteſtu die Welt gebrennt auf einmal ab. So hetteſtu mich ſchon in Aſch’ und Rauch verkehret/ Und Calpe wrde mir zum Oeta worden ſeyn. !40" Wie aber iſt mein Sinn ſo alber und bethret? Darf Tag und Himmel mehr/ als einer Sonne Schein? Denn hat gleich Eboli den Himmel im Geſichte/ Jſt ſie der Welt Begrieff/ der Schnheit Ebenbild: So hat ſie ſchon genung an eines Auges Lichte/ Aus dem mehr Hold und Glantz/ als aus der Sonne kwillt. Die Sonn’ iſt der Natur weit nicht ſo ſchn gerathen/ Als die/ die Eboli an ihrer Stirne trgt. Der groſſen fluch’t der Mohr/ an welcher er muß braten; Da ihrer Jedermann ſein Hertz zu opffern pflegt. Zwar hette die Natur mir gerne zu zwey Sonnen Jns himmliſche Geſicht’ zwey Augen dir geſetzt. Sie hette gern erſchpft der Sterne Balſam-Brunnen/ Weil ſie dich/ Eboli/ frs Meiſterſtcke ſchtzt/

6 5 ſchn] ſchon A ſchn BC 6 7 fluch’t] Flucht A fluch’t A(Errata)B flucht C 5 6 5 7 5 8 6 2 6 3 6 6

hetteſtu] htteſt du C hetteſtu] htteſt du C Oeta] Octa BC Begrieff] Begriff C genung] genug C Stirne] Htirne B

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Dem keine Schnheit ſich auf Erden ſolte gleichen. Sie aber hat ihr nicht zum andern mal getraut/ Des erſten Auges Glantz und Wunder zu erreichen; Und lieber keines/ als ein greulichers gebaut. Zu dem/ ſo wrde viel des einen Auges Preiße Durch Licht und Gegenwarth der zweyten Sonn’ entgehn. Der Welt ihr Aug’ iſt Frſt im gldnen Sternen-Kreiße/ Weil man nur eines ſieht am gldnen Himmel ſtehn. Der Phnix iſt und bleibt ein Knig aller Vgel/ Weil ihrer niemals zwey ſich finden in die Welt. Es iſt ein Angel-ſtern die Richtſchnur aller Segel/ An den ſich der Magnet/ der Schiffer Nadel hlt. So ſol dein einig Aug’/ O Sonne meines Lebens! Mein Leitſtern/ mein Compaß auch nur im Lieben ſeyn. !41" Jhr andern Augen ihr/ bemhet euch vergebens/ Umb Weyrauch meiner Hand durch euren holden Schein. Mein Geiſt hat Eigenſchafft der edlen Sonnen-Wende/ Die nur der Sonne folgt/ nicht andre Sterne kßt; Trgt jene deinen Ruhm bis an der Erden Ende/ So dencke: daß ihr Licht auch mir mein Reich abmißt. Dis/ und mein Lieben lßt ſich keinen Maaß-Stab mſſen; Dis und der Sonne Brand leſcht mit uns ſelbſt nur aus. Ja unſrer Flammen wird die Nachwelt nicht vergeſſen/ Wenn du gleich Finſterns wirſt ſeyn/ ich Aſch’ und Grauß. Wie gerne wolt’ ich doch in Argos mich verkehren/ Durch ſattſames Beſchaun mein Wolſeyn zuvermehrn. Wird deine Gegen-Gunſt mir nun den Wunſch gewehren/ So ſolln/ Einugichte/ dich tauſend Augen ehrn.

74 getraut/] getraut. ABC 99 gewehren/] gewehren. ABC 7 9 im] in C 88 Umb] Um C 96 Finſterns] Finſterniß C



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6.2.

Eboly An

Knig Philippen.

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DU ander Salomon und Philip unſer Zeiten/ Du Janus unſer alt- und auch der neuen Welt; Wie magſtu laſſen dich zu dem dein Hertz verleiten/ Was das verſchmitzte Volck fr tummen Wahnwitz hlt. !42" Du andrer Hercules/ der du des erſtern Tugend Wie Calp’ und Abila weit hinterm Rcken lßt; Hegſt Schwachheit des Gemth’s und Fehler erſter Jugend/ Die Weiſen ſtets ein Dorn in Augen ſind geweſt. So heißt die Liebe ja. Der Knigen befehlen/ Der mehr als einer Welt Geſtze geben kan/ Der kaum die Lnder weiß in Oſt und Weſt zuzehlen/ Dem ſchnrt ein Weib ein Seil an ſeine Hrner an. Ein Rieſe lſſet ihm den Zwerg zu Kopffe ſteigen? Denn Welt und Vorwelt mahlt die Liebe wie ein Kind. Ein Knig giebet ſich der Eboli leibeigen/ Der an der Herrſchafft ſchier der Sonnen abgewinnt. Doch macht mir dis noch nicht des Knigs Heiſch verdchtig/ Und daß ſein Vortrag mir nur einen Schertz aufgab. Denn Alexander war auch ſeiner ſelbſt nicht mchtig/ Als Thais ihm gewaan ſo Witz als Siegs-Krantz ab. Alcides leckt und ſpinnt mit Omphalen am Rocken/ Der weiſe Salomo lßt Weiber ſich verwirrn. Die Helden laſſen ſich die Schnheit leichtlich locken/ Die Klgſten ſich zu erſt ſo ſſſe Beeren kirrn/

19 mchtig/] mchtig. ABC 2 4 kirrn/] kirrn. ABC 3 magſtu] machſtu B magſt du C 2 0 gewaan] gewann C 21 am] und C

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Weil hohe Geiſter meiſt die zrtſten Seelen hegen/ Jn die die Liebe leicht ihr lebhaft Bild drckt ein. Doch lßt ſich dieſe Perl’ in ſchlechte Muſcheln legen; Sie herbergt unter Stroh und zwiſchen Mooß und Stein. Sie lſt Pallſte leer/ und wohnt in Htt- und Hrden/ Zeucht ein Gewand aus Hanf fr Sammt und Goldſtck an; !43" Sie buhlt der Einſamkeit; ihr eckelt fr den Wrden/ Weil ſie in jener mehr vertrulich leben kan. Weil Ehrſucht auch allein Abgttern Oel anzndet/ Die an Geſtalt und Sinn nur Miß-Geburthen ſind; Weil in der Einfalt man die reinſte Tugend findet; Kein Firnß die Wangen mahlt/ kein Gift im Hertzen rinnt. Dis aber iſt noch nicht erfahren noch geſchehen: Daß ein ſolch Frſt/ wie Er/ hat ein blind Weib geliebt. Er weiß: daß ich nur kan mit einem Auge ſehen; Und daß mein anders Nacht und Finſterns umbgiebt. Da nun die Augen ja die Werckſtatt ſind der Liebe/ Ein Brunn/ aus welchem Oel der Gunſt und Anmuth kwillt/ Da fr dem Himmel uns ſelbſt eckelt/ wenn er trbe; Fr Sonnen; wenn Gewlck’ und Nebel ſie umbhlt/ Was fr Vergngung mag denn Philip an mir finden? Mit was fr Luſt blickt er ein todtes Antlitz an? Das leer von Liebreitz iſt/ nichts laulichtes entznden/ Auch ſelbſt den Zunder nicht der Liebe fangen kan. Denn das Geſicht’ iſt ja der Liebe Thor und Fenſter; Wordurch der ſſſe Brand zur Seele wird gebracht. Jch were fhiger zu kſſen die Geſpenſter/ Mit Fleder-Muſen mich zu gatten in der Nacht. Doch hat mir die Natur in Augen was benommen/

2 6 ihr] ehr A jhr A(Errata) ihr BC 44 umbhlt/] umbhlt. A umbhllt. B umhllt. C 52 Nacht.] Nacht A Nacht. BC 3 2 40 42 43 44

vertrulich] vertraulich C Finſterns] Finſterniß C  umbgiebt] umgiebt C welchem] welchen C Da fr] Dafr C Gewlck’] Gewelck B



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So hat ſie vielfach es mir in der Seel’ erſetzt. Die Liebe kan ins Hertz auch durch ein Auge kommen/ Die zweyfach ihr Geſchooß in engen Schranken wetzt. !44" Wie liebt nicht Poliphem einugicht Galatheen? Der Himmel iſt ſo heiß/ die Welt nicht ſo beglckt/ Wenn tauſend Augen ihm des Nachts im Kopfe ſtehen; Als wenn er Erd und Meer mit einem Aug’ anblickt. Was aber wag’ ich mich der Sonne zu vergleichen/ Die ich mit Noth ein Stern der ſechſten Grſſe bin? Sol meine Liebe denn des Cyclops Glck erreichen; So ſtſſet Philip mich verſchmeht und troſtloß hin. So denn wird mich die Welt als einen Jrrwiſch ſchelten; Der Hof mir rcken fr: daß ich geringes Glaß/ Beym Knig htte wolln fr Diamante gelten. Ja Spanien wird mir verſagen Laub und Graß. Mein ſchnes Auge wrd’ alsdenn von Thrnen ſtarren/ Das ſolche Perlen-Flutt hat andern ausgepreßt. Jch wrde mich fr Leid in Grab’ und Erde ſcharren/ Mein Jrrthum lehrn: daß ich ein Maul-wurf ſey geweſt; Ein Maulwurf/ welcher erſt beym Sterben ſehen lernet; Ein Wurm der ſeinen Tod in ſchner Glutt erkieſt; Ein Jrrwiſch/ deſſen Glanz zwar wie ein Mohnde ſternet/ Doch bald ein Finſterns und Aſche worden iſt. Es hat zwar einen Schein/ man wird fr hchſtes Glcke Mir deuten: daß ich ſol des Knigs Schoos-Kind ſeyn; Doch wer bey Hofe ſteigt/ geht wie ein Krebs zurcke; Wer reich von Gnaden iſt/ der legt am erſten ein. Jn dieſem Himmel iſt kein feſter Stern zufinden; Gelck und Liebe ſpielt mit uns der blinde Kuh/ Pflegt auch zwey-ugichten die Augen zuverbinden; Zeucht der Vernunfft den Staar/ dem Hertzen Unluſt zu. !45" 5 6 6 4 6 5 6 9 76 81

Geſchooß] Geſchoß C verſchmeht] verſchmht C einen] eineu C wrd’] wird C Finſterns] Finſterniß C dieſem] dieſen C

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Dein Peretz bildet mir zwar deiner Liebe Feuer Als Flammen ohne Rauch und unausleſchlich vor. Doch macht das Glck ihn ſelbſt noch wol zum Ungeheuer; Denn groſſer Frſten Hold iſt ein zerbrechlich Rohr. Jedoch ſein hoch Verſtand/ ſein Himmliſches Gemthe/ Muß meiner Liebe Stab/ mein Hofnungs-Ancker ſeyn. Es kan kein falſcher Schein in ſein Erlaucht Gebltte/ Jn ſeinen Purpur ſich nichts heßlichs hllen ein. So reine Tugend hat Gemeinſchafft nicht mit Schwrze Der Untreu/ welche nur geringe Seelen fleckt. So ſchlß’ ich ihm nun auf/ und opfer ihm mein Hertze/ Das von nun an allein’ ihm Oel und Blutt anſteckt. Jch wil/ wies Monden-Licht viel lieber haben Flecken/ Mich als ein Lufft-Geſtirn’ ihm lieber ſchern ein/ Ein Freuden-Feuer ihm in meiner Seel’ anſtecken/ Als ein unſichtbar Stern/ und ohne Flecken ſeyn.

7.

Rede

Der ſich/ umb die bſen Lſte zu fliehen/ mit einem glhenden Brande tdtenden

Maria Coronelia. VErhngns und Natur/ ihr Hencker meines Leibes/ Die ihr mich auf die Banck der herbſten Folter legt; !46" Was ſchpfet ihr fr Luſt aus Marter eines Weibes/ 95 ihm 1] ihn A ihm BC v or 1 Rede] Rede/ ABC 95 Hertze] Hertz C vor 1  umb] um C 1 Verhngns] Verhngniß C



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Die Keuſcheit in der Seel’ und Witz im Kopfe trgt. Begierd’ und Liebe ſind ja zum Genß geſtifftet; Wie/ daß ihr beydes mir vergllet und vergifftet? Es nagt ein heftig Brand an Adern und Gebeinen/ Der Kitzel ſticht mein Fleiſch/ die Geilheit regt mein Hertz. Jch kan die Lſternheit nicht bergen noch verneinen/ Mein Blutt bekmpfet Brunſt/ den Geiſt ein raſend Schmertz/ Jedweder Sinn vermhlt ſich mit den ſchnden Lſten; Es ſchwillt mehr Brunſt als Milch und Athem in den Brſten. Mein Auge ſieht ſich umb nach fleiſchlichem Vergngen; Stellt hundert Mnner mir als ihren Werckzeug fr. Wie Flammen von dem Oel und Weyrauch Zunder kriegen/ So wachſen von Geruch des Ambra/ ſie in mir. So Ohr als Zunge wird zu einer Wolluſt-Rinne/ Mein fhlen iſt vermhlt mit einem ſechſten Sinne. Ja mein Gedchtns ſelbſt verſucht mich zu verleiten/ Und mahlt/ wie da mein Mann mich’s erſte mahl mbfieng/ Mir ſeine Buhlſchafft ab mit tauſend Sßigkeiten/ Und was fr Wolluſt ich aus ſeiner Brunſt empfieng. Sein Bild verfolget mich als wie das Licht der Schatten/ Mein lſtern Leib wil ſich mit ſeinem Geiſte gatten. Wie ſchwerlich ein Gefß’/ in dem Jaſmin zerfloſſen/ Den krftigen Geruch und Nachſchmack fahren lßt: So ſchwer kan auch ein Weib entpehrn/ was ſie genoſſen; So lchſ’ ich auch nach dem/ was Honig mir geweſt. !47" Wenn ich unruhige gleich auch die Augen ſchlſſe/ So trumen mir allein Umbarmungen und Kſſe. Wenn aber ich erwach’/ empfind’ ich unvergnget/ Wie meine Thorheit mich aus leeren Schſſeln ſpeißt; Wie mein Verlangen nur dadurch mehr Hunger krieget/ 4 15 18 2 6

im] in AC im B dem] den AC dem B fhlen] fhln A fhlen A(Errata)BC Den] den A Den BC

13 19 2 2 2 7

fleiſchlichem] fleiſchlichen C Gedchtns] Gedchtniß C Brunſt] Bruſt C  empfieng] emfieng B entpehrn] entbehrn C

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Wenn mir die Phantaſie ſo ſſſe Mahlzeit weiß’t: Wenn in Gedancken ich mich mit viel Zucker labe/ Jn Hofnung Uberfluß/ im Munde nichts nicht habe. Wenn ich die Schnbelung der Tauben ie erblicke/ Der geilen Sperlinge vielfaches Liebes-Spiel; Mißgnn’ aufs euſerſt’ ich den Vgeln ihr Gelcke/ Geb’ auch dem Himmel Schuld: er liebe ſie zuviel; Er binde gar zu ſehr die Menſchen durch Geſtze; Die Liebe ſey ſein Brutt/ doch auch der Buhler Netze. Und das Verhngns zeigt mir’s grauſamſte Geſichte/ Wenn es mir meinen Mann aus meinen Augen nimmt/ Auf ewig mich beraubt der ſſſen Liebes-Frchte/ Weil ihm ein ewig Bann vom Knig’ iſt beſtimmt/ Der mir/ O grimmes Recht! ihm nachzuziehn verwehret; Und ſtrenger wider mich/ als gegen ihn verfhret. Denn was iſt Mnnern nicht verſtattet in der Ferne? Was gleich ein Weib beſchwrtzt/ geht ihnen leichtlich hin. Sie achten Sonnen ſich/ von denen alle Sterne Ohn’ ihre Minderung/ Licht und Vergngung ziehn. Voraus weiß Africa von keiner Liebe Zgel; Die hier zu Fuſſe geht/ hat bey den Mohren Flgel. Die hier kalt Waſſer iſt; zerſchmeltzet dort fr Hitze/ Jch weiß: daß Coronel dort wie die Sonne glht: !48" Daß er ſein Ungelck ihm ſſſe macht und ntze/ Ja fette Liebes-Milch aus hundert Rhren zieht; Wenn ich in Einſamkeit hier drſtende verſchmachte/ Und ieden geilen Blick fr einen Ehbruch achte. Welch Wahnwitz aber hat mir den Verſtand verdſtert/ Zu glauben: Weibern ſey/ was Mnnern/ nicht entrumt? Das Blut der Frauen iſt ja mit mehr Brunſt verſchwiſtert; Wie daß mir Albern denn von ſo viel Froſte trumt? Sol meine Seele Durſt/ die Lippen Hunger leiden/ Wenn unſre Mnner ſich in tauſend Lſten weiden? Jſt Coronell entfernt/ ſo wird es andre geben/ Die ihren Kcher nie von Pfeilen haben leer. 3 7 43 48 62

Wenn] Wann C Verhngns] Verhngniß C ihn] ihm C Mnnern] Mnner C



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Der Knig ſelber wird an meinen Leim ankleben; Was mach’ ich denn die Luſt zu bſſen mir ſo ſchwer? Padillens Schnheit iſt nicht meiner zuvergleichen/ Doch gleichwol muß der Frſt vor ihr die Segel ſtreichen. Wie eifrig wird er doch an unſer Angel beiſſen/ Wenn Liebreitz und Geſtalt ihn einſt wird kirren an. Wol! ſo laß heut’ uns noch der Zauberey befleiſſen/ Die ein gefrornes Hertz auch brennend machen kan! Laß uns das Himmel-Brod von’s Knigs Tiſche ſchmecken; Macht doch des Frſten Blutt den Weibern keine Flecken. Auf! Coronelia! raff’ allen Witz zuſammen; Spann’ alle Seiten auf/ worauf die Liebe ſpielt. Mein Hertze lodert ſchon von tauſend ſſſen Flammen; Das in Gedancken ſich mit Balſame ſchon khlt/ !49" Mit Balſame gekſt- und kſſender Rubinen. Auf/ Coronelia! das Lieben heiſcht Erkhnen. Es iſt kein Aederlein in meinem gantzen Leibe/ Das nicht die Hoffnung reg’/ Einbildung feurig macht. Es wallt ein Mnner-Hertz nunmehr in einem Weibe; Die alles Weibiſche mit Angſt und Furcht verlacht. Vernunft/ laß’ itzt den Zaum nur meinem Fleiſche ſchieſſen; Das ſelbſt den Schlſſel reicht ſein Zucht-hauß aufzuſchlſſen. Jhr Augen/ rſtet euch verliebten Blitz zuwerffen! Jhr Lippen/ rthet euch mit Roſ’ und Purper an! Jhr Brſte/ ſchwellet euch! umb das Geſchoß zu ſchrffen Der Liebe/ welche ſonſt nicht recht verwunden kan. Vergeiſtere dich Leib; werd’ eine Liebes-Kertze! Zerfleuß/ O Seel’/ in Luſt/ und ſcher’ ein mein Hertze. Wie wird mir? ich vergeh! ich loder’/ ich verbrenne! Es berſchwemmet mich ein gantzes Wolluſt-Meer. Jch werde durch die Lieb’ ein Kind der weiſſen Henne; 78 Frſten Blutt] Frſten-Blutt ABC 8 5 8 7 8 9 9 0 9 2 9 3

meinem] meinen C einem] einen C meinem] meinen C aufzuſchlſſen] aufzuſchlieſſen C Purper] Purpur BC umb] um C

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Das Wolthun ſtrmt auf mich von allen Seiten her. Jch fhle mich fr Brunſt verſchmeltzen und zerrinnen/ Jch ſterbe von viel Luſt/ und fhle ſonder Sinnen! Jedoch/ wo rennſtu hin? du raſend-tolle Hure! Sprengſtu dich wttende mit Fleiß in Abgrund ab? Jſt dieſes der Vernunft ihr Weg; der Tugend Schnure; Die einen Leitſtern dir bis auf den Tag abgab? Schwrzt ſo kohlſchwarzes Gift der Keuſchheit reine Lilgen? Sol deines Lebens Ruhm ein Augenblick vertilgen? !50" Hat es dein Coronel/ daß du ihn ſo verglleſt/ Durch ſeine Lieb’ und Treu’ iemals umb dich verkerbt. Dein Mann und Schatz/ den du verlumbderiſch verſtelleſt/ Hat fr dein Heil das Feld oft durch ſein Blut gefrbt; Sein gutter Nahme wird mit Laſtern izt beleget/ Der durch ſein Beyſpiel dir die Tugend eingeprget. Mit was fr Frevelthat befleck’ ich mein Geſchlechte/ Wenn ich den Perlenſchmuck der Keuſchheit ihm entzieh? Wenn ich die Hurerey mich durch den Schein der Rechte Durch Reitzung der Natur zu berfirnſſen mh’? Mit was fr Heßligkeit beſudel und verſehre/ Mein Schatz/ ich ſeinen Ruhm/ das Kleinod meiner Ehre? Jch tilge ſelbſt in mir durch lſterne Gedancken/ Durch ſchnde Ktzelung die Blumen reiner Zucht. Jch ſinck’ in Laſter-Pful aus erſten Tugends-Schrancken/ Mein Adel iſt beſchimpft/ mein bſer Schein verflucht; Mein Hertz iſt ein Altar/ mein Zunder Hlliſch Feuer; Ja tolle Brunſt verkehrt mich in ein Ungeheuer. Ach! ich bin viehiſcher als Vieh/ und Zirzens Schweine/ Und mich beſchmet noch Paſiphaens Geſtalt. Jch breche mit mir ſelbſt die heil’ge Eh alleine; Und thue der Natur/ wie der Vernunfft Gewalt.

119 verſehre/] verſehre ABC 1 03 rennſtu] rennſt du C 104 Sprengſtu] Sprengſt du C 110 umb] um C 119 Heßligkeit] Heßlichkeit BC  beſudel] beſudelt B



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Jch ſtincke ſelbſt mich an. Denn ſolche geile Weiber Sind Aeßer; Ful und Wurm bewohnen ihre Leiber. Jch ſchme mich fr mir/ wenn ich/ wer ich geweſen/ Und was ich worden ſey/ nun leider! nehm in acht. !51" Der Himmel hatte mich zum Beyſpiel auserleſen Der Frauen; Keuſchheit mich beliebt und groß gemacht. Jtzt wird gantz Spanien verdammen meine Thaten/ Mein Hertz mich klagen an/ mein Antlitz mich verrathen. Nun wird iedwedes Kind mit Fingern auf mich weiſen/ Und meine Tugenden als Heucheley ſpeyn an. Mein eigen Bruder wird bereiten Gift und Eiſen/ Weil meinen Ehbruch nicht mein Ehmann rchen kan. Ach! ſo laß lieber uns vorkommen frembder Rache! Wer eigne Schuld ſelbſt ſtrafft/ verbeſſert ſeine Sache. Laß uns den ſchrffſten Stahl durch unſre Brſte treiben/ Laß uns Lucretiens berhmte That thun nach! Jedoch/ was hab’ ich fr? wil ich mich ſelbſt entleiben? Welch Richter iſt/ der ie ſo ſtrenges Urthel ſprach? Lucretie ließ ſich fr ihrem Mord’ entweihen. Jch bin frey ihrer Schuld; wer wil mir nicht verzeihen? Sind den Gedancken auch Geſtze frgeſchrieben? Welch Weib iſt in der Welt von aller Regung frey? Jſt etwas Menſchlicher/ als lſtern ſeyn und lieben? Wie komm’ ich ſelber denn auf ſolche Raſerey? Begierd’ iſt an ſich ſelbſt mehr als genung gebſſet; Wenn ſie nur Wolck und Lufft wie ein Jxion kſſet. Gedancken ſind von Zoll und Straffen zuentbinden; Mein gutter Vorſatz ſol ihr Richt- und Hencker ſeyn. Jch wil mir Zwang anthun/ mich ſelber berwinden/ Ja auch die Phantaſie in Schrancken ſchlſſen ein.

149 ihrem] ihren A ihrem BC 1 32 143 151 155 160

Aeßer] Aeſer C frembder] fremder C frgeſchrieben] vorgeſchrieben C genung] genug C ſchlſſen] ſchlieſſen C

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Jch will nichts ſchndes thun/ nichts fleiſchliches gedencken. Jch will durch Schuld nicht mich/ durch Beyſpiel andre krncken. !52" Ach! aber/ Aberwitz! was meinſtu zu vollziehen? Solln die Gedancken dir auch zu Gebothe ſtehn? Trauſtu den Reitzungen des Fleiſches zu entfliehen; Die/ weil du dieſes denckſt/ ſich ber dich erhhn? Entmenſche dich vorher/ vergeiſtere die Glieder/ So denn ſchlag allererſt Begierd und Reitzung nieder. Entdere den Leib/ zeuch’s Marck aus dem Gebeine; Entmanne/ wo du kanſt/ durch Stahl und Kruter dich/ Schum’ alles Saltz von dir/ und mache dich zum Steine/ So wird dein Fleiſch die Brunſt behalten doch in ſich; Sein Kitzel ohne Ruh dich ngſtigen und plagen; Und dieſer faule Wurm dir ſtets am Hertzen nagen. Wie? ſo ſol ich hinfort zur Werckſtadt toller Brnſte/ Zur Snden-Herberge ſtets meine Seel entweihn? Solln meinen Kopf allzeit umbnebeln ſchnde Dnſte/ Die rechte Blaſe-Blg’ ins Teuffels Eſſe ſeyn? Sol der mißbrauchte Schaum des jhrenden Geblttes Stets ſtrn der Seele Ruh/ den Wolſtand des Gemttes? Jch mchte knftig mich noch ſchndlicher vergehen/ Was itzt Gedancken ſind/ vollbringen in der That. Weil fleiſchlicher Begierd’ und Brunſt zu widerſtehen/ Ein Weib zu wenig Witz/ zu viel Verſuchung hat. Wie glatt und ſchlipfrig iſt das Eiß der Uppigkeiten/ Auf welchem Heilige ſo wol als Helden gleiten! Nein! nein! ich wil den Pfal mir aus dem Fleiſche reiſſen/ Die Seele ſol nicht mehr ſein ’s Wohnhauß ſchnder Luſt/ Nicht mehr des Leibes Magd/ der Unzucht Sklavin heiſſen; Kein Brand den Nabel rhrn/ kein Zunder meine Bruſt. !53" Jch will nun ber mich und meine Luſt gebitten; Hat mancher ſich doch ſelbſt aus Ehrgeitz nur verſchnitten.

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Trauſtu] Trauſt du C Die/ weil] Dieweil C Gebeine] Gebein B zur] zu B jhrenden] ghrenden B grenden C welchem] welchen C Seele] Seel C



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Jch wil durch meinen Tod die Unſchuld rein behalten; Ach! ſchicke/ Coronel/ doch deinen Geiſt zu mir! Daß er dein keuſches Weib ſeh’ unbefleckt erkalten; Und eine Hand voll Blutt zum Opfer bringe dir. Jch ſchlachte dir den Leib/ der Liebe zum Verbrennen; Doch ſol mein dienſtbar Geiſt ſich niemals von dir trennen. Die Seele ſol umb dich wie ein Geſpenſte ſchwermen; Die Leiche meiner Zucht und Keuſchheit Zeuge ſeyn. Wird meiner Adern Kwell gleich mehr kein Blutt erwrmen/ Wird reine Liebe doch die Aſche ſalben ein; Die Aſch’/ in welche wird der Himmel Balſam gſſen; Daß Lilgen mir zu Ruhm aus ihnen wachſen mſſen. So komm/ O edler Dolch! durchbohre meine Brſte/ Worauf der Keuſchheits-Schnee mit Perlen ſich vermhlt; Zpff’ ab das warme Blutt/ den Zunder geiler Lſte; Wormit die Seele ſich hat viel genung gekwlt. Doch nein! das Eiſen iſt zu kalt/ mir zu geringe; Daß durch gemeinen Tod es mich zu Grabe bringe. Komm Gift-Kelch! tdt’ in mir das Gift der Wolluſt-|Schlangen/ Komm/ diene zur Artzney unreiner Uppigkeit! Doch nein! Cleopatra mag Schlang’ und Gift empfangen; Die durch der Geilheit Gift ſich oftmals hat entweiht. !54" Jch muß als Coronels ſein Eh-Weib zwar erbleichen/ Doch wird die Jungfrauſchafft mir ihren Siegs-Krantz reichen. So kommt/ entſeelt mich denn/ ihr glend-heiſſen Kohlen; Mir weiſet Portia die rechte Sterbens-Arth. Laß uns fr geile Brunſt auch Brand zu Hlffe holen; Glutt leſchet/ was aus Glutt vorher gezeuget ward. Die Liebe ſelber wird in meine Kohlen ſchreiben: Dis Weib zwang Flamm und Eiß ſich ſelber zuentleiben. Doch nein! was ſol mein Mund die glimmen Kohlen ſchlingen/ Der zwar ein Kcher iſt der Liebe/ nicht ihr Kwell? Es mß’ ein glend Brand der Geilheit Brunn durchdringen. Wirf einen Blick auf mich/ und ſchaue/ Coronel/ 1 99 umb] um C 2 08 Wormit] Womit C  viel] offt C  genung] genug BC 216 mir] mit B 2 20 leſchet] lſchet C 2 25 mß’] muß’ B muß C

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Blumen

Wie ich durch Brand und Blutt der Wolluſt Siegel frbe/ Mit Glutt die Flamm ausleſch’/ und durch’s Geburths-|Glied ſterbe. Von dieſer Frauen ſchreibet Mariana de Reb. Hiſpan. lib.16. cap.17. alſo: Maria Coronelia, Alfonſi Coronelii uxor, cum Mariti abſentiam non ferret, ne pravis Cupiditatibus cederet, Vitam poſuit, ardentem fortè Libidinem Igne extinguens adacto per Muliebria Titione. Dignam meliori Saeculo Fæminam, inſigne Studium Caſtitatis! !55"

8.

Sieges-Krantz

der auf dem Schau-Platze der Liebe ſtreitenden

Rthe.

Die Farben.

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DJe Mutter ſſſer Luſt/ die Schweſter zarter Hertzen/ Das Kind der heiſſen Brunſt die Liebe miß’t ihr bey: Sie habe vorgeliehn zu Farben ihre Kertzen/ Zum Pinſel ihren Pfeil der ſchnen Mahlerey/ Ja/ was den Glantz uns ſchein’t des Ruhmes gar zuſchwrtzen; Daß Sie Erfinderin der erſten Bildung ſey; Wir Mahlwerck der Natur wir Farben aber ſchlſſen: Die Liebe werde ſelbſt uns Mutter nennen mſſen.

Schwartz. 10

Ja/ Schweſtern/ unſer Glantz fhrt in ſich Anmuths-|Kwllen/ Nehrt Zunder reiner Brunſt/ hat Oele ſſſer Glutt. Doch knnen wir uns nicht in gleichen Reyen ſtellen. Der ſteht der Vorzug zu/ die grſte Wunder thut. Welch Richter ſoll nun nicht fr mich ſein Urtheil fllen? Mein Strahl zermalmet Ertzt/ mach’t brennend Eiß und Flutt.

vor 1  Sieges-Krantz] Sieges-Krantz/ ABC 2 miß’t] mißt’ AB mißt C

15

Rosen73

Wenn kalte Seelen ſoll’n der Liebe Wrckung fhlen/ Muß mein Lieb-ugelnd Blitz aus meinen Wolcken ſpielen. !56"

Weiß.

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Kein dſtrer Schatten gleicht ſich hellen Sonnen-Strahlen. Mein Glantz tilg’t deinen Dunſt/ mein Schimmer deine Nacht. Der ſchne Himmel muß mit meinem Silber pralen. Schau: wie die weiſſe See mit meinen Perlen lacht! Narciß und Lilge muß die Schoos der Erde mahlen. Was ſchn iſt in der Welt/ wird weiß ans Licht gebracht. Auß der verſpritzten Milch der Juno muſten werden Die Milch-Straß im Geſtirn’/ und Lilgen auf der Erden.

Roth. 25

30

Geb’t Schweſtern/ mir den Preiß im holden Liebes-|Kriege. Der Liebe Glutt lßt ſich in Schnee nicht hllen ein. Die Purper-Muſchel war der Venus erſte Wiege. Cupido muß geſugt mit rothen Flammen ſeyn. Selbſt die Natur ſteck’t aus Merckmahle meiner Siege; Des Himmels Garten blm’t der Sternen rother Schein. Mit Roſen prang’t die Welt/ das Waſſer mit Corallen/ Wenn alle drey verlieb’t einander woll’n gefallen.

Schwartz.

35

Recht! wenn der Himmel itzt die holde Schoos der Erden Mit tauſend Augen blickt mehr als ein Argos an; So muß ihr Bild bebrun’t von meinem Schatten werden. Man ſchtzt fr bundtem hoch den ſchwartzen Tulipan. Die Sonne ſelbſt mahl’t ſchwartz durch Schweiß von ihren Pferden; !57" Sag’t: Ob der ſchne Mohnd’ am Tage ſchn ſeyn kan?

3 3 Himmel] Hiimmel A Himmel BC 19 21 2 4 2 7 3 0 3 5

meinem] meinen C Lilge] Lilje C Lilgen] Liljen C Purper-Muſchel] Purpur-Muſchel C Sternen] Sterne BC meinem] meinen C

74

40

Blumen

Ja meine Schwrtze muß zu Glantz und Folgen dienen/ Dem edlen Diamant/ den brennenden Rubinen.

Weiß.

45

Die Augen dieſer Welt des Himmels groſſe Sternen Sind bey verklrter Lufft mit Silber angeleg’t. Man muß/ was ſchner iſt/ aus greulicherm erlernen/ Nebſt Glaſe wird erſt recht der Perlen Preiß erweg’t Der Tag ſtrahlt erſt recht ſchn/ wenn er ſich will entfernen. Der Demant/ wenn man ihn im dſtern Schatten trg’t. So wird/ dafern ſich weiß und ſchwartz zuſammen gattet/ Mein ſchnes Licht erhh’t/ dein Nebel mehr umbſchattet.

Roth. 50

55

Sol blaſſer Sternen Glantz zu eurem Ruhme dienen? Seht ihr der Liebe Stern nicht ſelbſt im Golde ſteh’n! Jch rhme nicht Korall/ Granaten/ Gold/ Rubinen/ Und daß die Sonne roth muß auff und nieder geh’n. Denn als der Roſen Haupt/ das Anfangs weiß geſchienen/ Durch Aphroditens Fuß bepurpert ward und ſchn; Hat ſie das Urtheil uns ſelbſt durch ihr Blutt geſchrieben: Die Rthe ſchicke ſich am beſten zu dem Lieben.

Schwartz.

60

Sag’t wie ihr dort und da geborgte Farben nehmet; Wenn ihr entfrb’t ſeit/ ſcheint mein nie-erbleichend Licht. Der Schnee erblaß’t fr mir/ die Rthe ſteht beſchmet/ Wenn ein verliebter Strahl aus ſchwartzen Augen bricht. !58" Auß dieſen Wolcken wird der Liebes Blitz geſmet. Er fhr’t aus heller Lufft/ aus Regen-Bogen nicht. Der Liebe Zeughauß iſt in dieſe Nacht gebauet/ Wo man mehr Sonnenſchein als nicht am Tage ſchauet. 4 6 dſtern] dſterm ABC 47 gattet/] gattet. AB gattet/ C 49 Sol] So A Sol A(Errata)B Soll C 4 3 greulicherm] greulichern C 54 bepurpert] pepurpert B bepurpurt C 60 Wenn] Wann C



Rosen75

Weiß. 65

70

Die ſſſen Flammen ſind in meinem Schnee vergraben. Der Brſte Schnee-Gebirg’ hat in ſich Etnens Brand. Und gleichwol kwill’t hier Milch mit der ſich Seelen laben. Das Glaß der glatten Schooß iſt Kwllen anverwandt/ Die auch in Mitternacht Krafft anzuznden haben. Der Glieder Eiß iſt nicht dem Schwefel unbekand. Halß/ Wangen/ Kinne/ Bruſt ſind Brunnen des Narciſſen/ Wo ſich die Spiegelnden in Buhler wandeln mſſen.

Roth.

75

80

Die Glieder ohne Glutt ſind Marmel ohne Leben. Der Schnee der Wangen muß vermehlt mit Roſen ſeyn. Wer aber kan die Krafft der Lippen recht erheben/ Wenn ihr Rubin uns flß’t des Kſſens Zucker ein? Schau den benelckten Mund voll Schnecken-Blutte kleben/ Mit welchem er zerbeitz’t der Hertzen Demant-Stein. Die Brſte die auch nicht geſpitzte Flammen rthen/ Sind Aepffel ohne Kern/ nicht-ziehende Magneten.

Schwartz.

85

Geſetzt/ die weiſſe Bruſt ſey unſer Venus-Bogen/ Der Liebe Kcher ſey ein Purpur-rother Mund; So kombt kein Liebes-Pfeil von ihnen doch geflogen; Denn diß Geſchoß iſt nur den ſchwartzen Augen kund. !59" Und wenn Cupido hat die Seenen auffgezogen/ So werden Seelen nur von Liebes-Blicken wund. Die Augen machen uns verlieb’t und auch geliebet: Jhr Tacht fng’t Lieb’ und Glutt/ das andern Zunder giebet.

Weiß. 90

Die Augen drffen nicht ſchwartz-braune Sterne haben/ Wenn ſchon mein Reitz den Geiſt ins Garn der Liebe bring’t. Zu dem/ welch Auge muß mein Blumwerck nicht begaben? Was ſchwartzes/ als ein Aug’/ iſt/ daß uns ſchn ſonſt dnckt? 7 4 vermehlt] vermhlt BC 8 3 kombt] kommt BC 8 5 wenn] weil C

76

95

Blumen

Sol nun ſo groſſer Schatz ſo enge ſeyn vergraben? Nein! alle Welt geſteht: daß/ hat gleich nicht geſchmnck’t Das rothe Meer den Mund/ und Mohren-Land die Augen/ Die Perlen meiner Schoos noch wol zu leſen taugen.

Roth.

100

Jch kmpff’ umb die Geburth/ nicht umb der Liebe Frchte. Mein Lentz ſtreu’t Saamen aus/ dein Herbſt mag erndten ein. Der Himmel kleiner Welt iſt ein ſchn Angeſichte. Was kan nun/ als der Mund/ in ihm die Sonne ſein? Zwar ſcheint manch ander Stern auch mit beliebtem Lichte; Der Brunn der Fruchtbarkeit iſt aber Sonnenſchein. Hiernebſt ſtehn zwey Geſtirn’ auff dem geballten Schnee/ Das ein’ iſt Delia/ das andre Cytheree. !60"

Schwartz. 105

110

Soll’n dieſes Sternen ſeyn/ muß man euch Augen preiſen: Gleich ob ihr Helenens geſtirnte Brder wr’t. Wenn die ihr dſtern Licht den Liebes-Schiffern weiſen/ So weiß man: daß ihr Maſt mit guttem Winde fhr’t. Die ſchne Mitternacht der Augen nehret Eiſen/ Zu dem ſich der Magnet verliebter Hertzen kehr’t. Jhr Nord miß’t keinen Tag/ mein Finſternß bleib’t lichte/ So lang’ es Sommer bleib’t im holden Angeſichte.

Weiß.

115

Wo meiner Liebligkeit verklrter Mittag glntzet/ Behlt Aug’ und Magnet nicht Zug auch Liebreitz nicht. Wo aber deine Nacht gleich meinen Schnee umbgrntzet/ Bekomm’ ich krfft’gern Trieb/ mein Schimmer zweyfach Licht. 105 euch] auch A euch A(Errata)BC    98 ſtreu’t] ſtreu’ B ſtreu C 106 Helenens] Helenes BC 109 nehret] nhret C 111 Finſternß] Finſterniß C 112 im] in BC 113 Liebligkeit] Lieblichkeit C 115 umbgrntzet] umgrntzet C



120

Rosen77

Jhr/ die euch Pafie mit Roſen heute krntzet/ Jhr/ denen Cypripor umbs Bette Myrthen flicht/ Jhr ſſſes Paar/ kommt ſagt’s: daß alle Welt es wiſſe/ Welch reitzend Liebes-Thau auf meinen Lilgen flſſe.

Roth.

125

Wer meine Wirckung weiß/ des Liebens Urſprung kennet/ Kan meinen Purpur nicht die Knigs-Wrd’ entziehn. Jch trſte mich: daß der zum Richter wird benennet/ Dem Themis hat Jhr Recht/ die Tugend Ruhm verlieh’n. Jch weiß es: daß darumb ſein Geiſt von Liebe brennet/ Weil Roſen ſeiner Braut auf Bruſt und Lippen blh’n. Der Freyheit Eiß zerſchmiltz’t fr meinen rothen Flammen/ Jn dem der Liebes-Glutt zwey Hertzen ſchmeltz’t zuſammen. !61"

Schwartz. 130

135

Zu dieſer Flamme dien’t der Zunder meiner Blicke. Ja wer nimmt nicht das Garn beſtrickter Hertzen wahr? Was ſind die Seelen-Netz’ und was die Liebes-Stricke? Der Richter ſelbſt bekenn’t: Jhn binde ſchwartzes Haar. Schau’t wie die holde Braut den freyen Geiſt bercke/ Der durch kein ander Band ſonſt nicht zu fſſeln war. Cupido hat zur Seen’ ihr ſchwartzes Haar genommen/ Als ihr verliebter Pfeil ihm biß ans Hertz iſt kommen.

Weiß.

140

Die weiſſen Schwanen zieh’n der Venus gldnen Wagen: Weil mein beliebter Glantz die Liebe nach ſich zieht. Als ſonſt Dieſpiter nicht Leden wil behagen/ Jſt er in einen Schwan ſich zu verſtell’n bemh’t. Man mag die Edle Schaar rings umb die Taffeln fragen/ 1 18 umbs] ums C 120 Lilgen] Liljen C 123 der] er BC 125 darumb] darum C 126 Bruſt] Brunſt B 128 der] die C 132 Jhn] Jch BC 135 Seen’] See’n B 141 umb] um C

78

Blumen

Ob ohne meinen Reitz ſie irgends Liebreitz ſieht. Es wrde/ rinnte nicht mein ſſſer Schnee darinnen/ Den Hochzeit-Fackeln ſelbſt das Liebes-Oel entrinnen.

Roth. 145

150

Mein Glantz entpehr’t kein Lob/ mein Locken keine Strcke; Mein rothes Feuer ſteck’t die Hochzeit-Fackeln an: Sag’t ob man Lieb’ und Hold bey Danaen vermercke/ Eh’ als Jhr regnend Gold in ihre Schoos ab-raan. Jedoch was rhm’ ich viel die Wunder meiner Wercke! Weil auch mein Nahme nur die Liebe zeugen kan. Jſt nicht das liebe Kind die Braut in den verliebet/ Dem meiner Rthe Preiß des Rothen Nahmen giebet? !62"

Schwartz.

155

160

Wenn dis ein Nahme wrckt’/ erkenn ich mich beſieget. Denn was ſoll’n Wercke thun/ wo Worte thtig ſeyn? Wo eine Seele Licht von bloſſem Schatten krieget: Was ſoll die Sonne denn dem Hertzen flſſen ein? Jedoch mein Finſternß iſt mehr als wohl vergnget/ Krig’t Jhr/ Jhr zwey/ von Jhm nur eingen Anmuths-|Schein. So lang ein holder Blitz aus Aug’ und Wolcken fhret/ Sol von mir eure Glutt des Liebens ſeyn genehret.

Weiß. Wenn meine Lilgen gleich nicht wolln den Roſen weichen/ Da/ wo die Braut von ſich der Liebe Saamen ſtreu’t/ So muß mein Silber doch nur fr der Rth’ erbleichen/ Wo ihren reinen Geiſt der ſſſe Trieb erfreu’t. 1 47 Sag’t] Sagt’ AB Sagt C 153 Wenn] Wen A Wenn BC 1 44 145 147 152 155 157 160 161

Den] Denn C entpehr’t] entbehrt C Danaen] Danen BC Dem] Denn BC bloſſem] bloſſen BC Finſternß] Finſterniß C genehret] genhret C Lilgen] Liljen C

165

Rosen79

Jedoch Jch werde noch des Ruhmes Zweck erreichen/ Wenn/ ſſſes Paar/ mein Trieb euch noch was Luſt verleih’t. Weil ſich mein Schnee nicht wird von euren Gliedern trennen Wird ſſſer Liebes-Reitz in euren Hertzen brennen.

Roth. 170

175

Kombt Schweſtern krntzet mich mit Roſ’ und Myrthen-Zweigen/ Komm Venus opfere den gldnen Apfel mir. Weil meine Flamme muß die Liebes-Fackeln zeugen/ So zieh’t ihr Nymphen mich itzt allen Farben fr. Es kan die keuſche Braut nicht meinen Trieb verſchweigen/ Der Wangen Rthe mah’lt den Liebſten ab in Jhr. Ja morgen wird die Braut durch Scham-rth’ uns entdecken: Daß ſtarcke Liebes-Krafft im Rothen mſſe ſtecken. !63"

9.

Gewalt und Liebes-Streit der

Schnheit und Freindligkeit. Schnheit.

5

DJe gldnen Roſen ſind die Sonnen grner Felder; Die Sonn’ hingegen iſt des Himmels Keyſer-|Blum; Die Lorber-Bume ſind der Knigs-Schmuck der Wlder; Jch Schnheit aber bin der Seelen Heiligthum. Die Gtter opffern mir/ die Welt dient meinem Rechte/ Die Menſchen ſind mein Volck/ die Frſten meine Knechte.

1 69 Kombt] Kommt BC vor 1  Freindligkeit] Freundlichkeit C (so passim) Freundligkeit M216Ms768Ms232     1 gldnen] goldnen Ms768  die Sonnen] der Sommer Ms232  Sonnen grner] Sommer- grnen M216     3 der Knigs-Schmuck der] des Knigs Schmuck und Ms232     4 Jch] Die M216  bin] iſt M216  Heiligthum] heiligthumb Ms768    5 opffern] opffere B

80

Blumen

Freindligkeit.

10

Dem Demant weicht Rubin/ den Perlen die Korallen/ Dem Balſam weichet Oel/ dem Biſame Zibeth; Das Gold ſticht ſilber weg/ Glaß ſchmt ſich fr Kriſtallen/ Man weiß: daß Schnecken-Blutt fr alle Farben geht. Des Monden Silber muß fr Sonn’ und Gold erbleichen/ So muß der Freindligkeit auch ſchnſte Schnheit weichen.

Schnheit.

15

Der Menſch die kleine Welt/ beherrſcht der groſſen Grntze/ Mein Knigs-Stab beherrſcht die klein- und groſſe Welt. Den Helden windet man bepalmte Sieges-Krntze/ Von mir wird ſelbſt der Sieg zum Schauſpiel dargeſtellt. !64" Der Knigs-Purpur weicht der Rthe meiner Hirten/ Der Helm der Frauen-Haut/ der Zepter meinen Myrthen.

Freindligkeit. 20

Fr Feuer ſchmiltzt Metall/ das Glaß muß Demant ſchneiden/ Den Demant aber zwingt kein Stahl nicht/ ſondern Blutt. 13 Menſch] Mench A Menſch BCM216Ms232 menſch Ms768 vor 7  Freindligkeit] Freundlichkeit M216 (so auch in allen weiteren Zwischenüberschriften dieser Hs.) Freundligkeit Ms768Ms232 (so auch in allen weiteren Zwischenüberschriften beider Hss.) 9 fr] vor Ms232  Kriſtallen] Cryſtallen M216Ms232 10 Man weiß … Farben geht] Und Knigs-Cronen ſtehn fr ſchlechte Crntz erhht Ms232  fr] Vor M216 11 Monden] Mondes Ms232  fr] vor M216Ms232 12 So muß … Schnheit weichen] der freundligkeit iſt nicht die Schnheit zuvergleichen Ms232  muß … Schnheit] muſtu Schnheit nur mit deinen Perlen M216  Freindligkeit] freundligkeit Ms768 13 der groſſen] die kleine Ms768 15 Den] Dem M216 16 Von] vor M216Ms232  wird ſelbſt] ſelbſt wird M216 17 Der Knigs-Purpur … meiner Hirten] der Helm, der frauen Haupt, der zepter Meiner Myrthen M216  der Helm der Frauenhaubt, der Scepter meines [darüber alles] prangen Ms232 18 Der Helm … meinen] des Knigs Purpur weicht der Rthe meiner M216Ms232  Myrthen] Hirten M216 wangen Ms232 19 Fr] Von M216 Frm Ms768 Vor Ms232  ſchmiltzt] ſchmeltzt M216  muß] mß B 20 Stahl nicht] demant M216 demand Ms232  ſondern] ſonder Ms232



Rosen81

Die Tyranney muß ſelbſt dich zum Tyrannen leiden/ Das Eiſen und das Eys ſchmiltzt fr der Schnheits-|Glutt. Hlt dir die Wage nichts/ ſo berwg’ ich alles/ Denn meine Perl’ iſt das Gewichte deines Balles.

Schnheit. 25

30

Das Gift dringt bis ins Hertz/ der Blitz durch Marck und Beine Die Sonne blndet nur der Augen bldes Licht; Die Schnheit aber blitzt durch Felſen/ Ertzt und Steine/ Den Augen der Vernunft entzeucht ſie das Geſicht. Die Seele/ die gleich ſonſt noch Strahl noch Blitz empfindet/ Wird durch die Sonne ſtets mit Liebesbrunſt entzndet.

Freindlichkeit.

35

Der Sinnen Reich beruht nicht gar in deinen Hnden/ Denn du lßt ber dich die Augen Urthel flln; Jch aber kan Vernunft und Augen ſo verblnden: Daß ich die Raben auch in Schwanen kan verſtelln. Der Schnheits-Schnee zerſchmilzt fr meiner Anmuths-Hitze/ Jhr Scharlach krieget Fleck/ ihr Alabaſter Ritze.

2 4 Denn] Den A denn A(Errata)M216Ms768Ms232 Denn BC 2 8 Den] Dem A den A(Errata)M216Ms768Ms232 Dem BC  2 1 dich] ſich M216Ms232  zum] bey Ms232 2 2 ſchmiltzt] ſchmeltzt BCM216Ms768  fr] von M216Ms232  Schnheits-Glutt] Schnheit glut M216 ſchnheit gluht Ms232 2 3 nichts] nicht M216  berwg’] berwieg M216 berweg Ms768 2 4 Perl’] perle Ms768 Perle Ms232  iſt das] iſts Ms232  deines] Meines M216 2 5 durch] friſt M216Ms768 2 6 bldes] ſternend M216Ms768 ſtern und Ms232 2 7 blitzt] plitzt Ms768Ms232  Ertzt] ritz Ms232 2 8 Augen] Auge BC  ſie] ſich M216 2 9 gleich] doch Ms232  Blitz] plitz Ms768 3 0 die] mich M216Ms768Ms232 3 2 Denn] den Ms768  Urthel] Urtheil M216 vrtheil Ms768 uhrtheil Ms232 3 4 Schwanen] Schwane Ms232 3 5 zerſchmilzt] zerſchmeltzt M216  fr] von Ms232  Anmuths-Hitze] Anmuths-hitzen M216 3 6 Alabaſter] Marmer krieget M216 marmel krieget Ms768 Marmor krieget Ms232  Ritze] Ritzen M216

82

Blumen

Schnheit.

40

Mein Weſen ohne Maal darf Spiegel ohne Flecken/ Darf Richter ohne Falſch und Augen die nicht blind. !65" Du muſt dein frbicht Nichts in meine Seide ſtecken/ Mein Glantz iſt weſentlich; dein Prangen iſt ein Wind. Schn zu ſeyn ſcheinen iſt dein grſtes Meiſterſtcke/ Und daß ein Nackter ſich mit meinen Federn ſchmcke.

Freindligkeit.

45

Es iſt viel grßre Kunſt/ aus nichts nicht etwas machen/ Als dieſem/ das ſchon iſt/ zuſetzen etwas zu. Schmhſtu die Heßligkeit/ ſo muß ich deiner lachen/ Weil ſie durch mich offt wird ſo ſchn/ als immer du. Solch Schmincken geht wol hin/ wo die gefrbten Strahlen Nur ſchner/ als faſt ſelbſt der Schnheit Pinſel mahlen.

Schnheit. 50

Mein irrdiſch Himmel iſt ein Jrrſal der Gedancken/ Mein lebend Garten iſt ein Paradies der Luſt; Der Geiſt verſchlinget ſich in den umbgarnten Schrancken/ Den Seelen iſt ſo Flucht als Ausflucht unbewuſt; 43 nichts] nichs A nichts BCM216Ms768Ms232 51 umbgarnten] mgarnten AB umbgarnten A(Errata) umgarnten C umgarbten M216 umbgabten Ms768 verwirten Ms232 3 7 38 39 42 43 44 46 47 4 8 49 50 51 52

Maal] fleck M216Ms768Ms232 Richter] nichtes Ms232  ohne] die nicht Ms768  und] nur Ms232 dein frbicht Nichts] itzt deine farb Ms232  Seide] Seyden M216 meinen] Seinem M216 ſeinen Ms232  Federn] Hadern [darüber Federn] M216 grßre] grſſer M216Ms768Ms232  nicht] noch M216 dieſem] dieſen CMs232  das] was Ms232  zuſetzen] nur ſetzen Ms232 Weil … du] fehlt B  ſie … du] deine Schnheit offt vergeht in einem Nu C wo die gefrbten Strahlen] wenn die geſchminckte ſtrahlet Ms232  gefrbten] geferbte M216 Nur] Noch M216Ms232  faſt] wohl M216Ms768Ms232  mahlen] mahlet Ms232 irrdiſch] irdſcher Ms232  ein] der M216Ms768Ms232 lebend Garten] ſchnes weſen Ms232  ein] das M216Ms768 verſchlinget] umſchlinget M216 umbſchlinget Ms768 Den Seelen … unbewuſt] Kein auszuwickeln iſt der Seelen hier bewuſt M216Ms232 kein aus zu wickeln iſt der Seele nicht bewuſt Ms768



Rosen83

Die Sinnen ſind durch mich bezaubert und entſinnet/ Kein Menſch/ kein Adler iſt/ der meinem Garn’ entrinnet.

Freindligkeit. 55

60

Die Schnheit freylich iſt ein Himmel/ ich die Sonne/ Ein Garten; aber ich das Blumwerg/ das ihn ſchmckt/ Der Schnheit Luſthauß iſt ein Kercker; meine Wonne Das Netz’/ in welches Geiſt und Seele wird berckt. Der Schnheit Zauber-Geiſt kan Sinn und Hertz bethren/ Sie aber flſt ihr Gifft durch meine Zucker-Rhren. !66"

Schnheit.

65

Die Glutt ſteigt in die Hh’/ aus der ſie iſt geronnen; Des Eiſens Unarth kehrt ſich immer zum Magnet. Die Sonnen-wende folgt der angenehmen Sonnen/ Jch bin das Flammen-Kwell/ daraus die Lieb’ entſteht. Der Stein/ der nach ſich zeucht die allerhrt’ſten Hertzen/ Das Oel/ von welchem glhn die lichten Himmels-|Kertzen.

Freindligkeit. Das Lieben iſt das Kind der Schnheit/ ich bin Amme/ Sie ſaugt die Mutter-Milch aus meiner Honig Bruſt; 6 6 Himmels-Kertzen.] Himmels-Kertzen A Himmels-Kertzen. BC 5 3 Sinnen] Sinne Ms232 5 4 Adler] Vogel M216Ms768Ms232  meinem] meinen BC  meinem Garn’] durch den fluch M216 durch den flug Ms768Ms232 5 5 ein] der M216Ms232 5 6 das] Ein M216  Blumwerg] Blumwerck C M216Ms768Ms232 5 8 Das] Ein Ms232  in welches] von welchen M216 5 9 Zauber-Geiſt] Zauber-Kunſt M216 zauber kunſt Ms768Ms232 6 0 Sie] Jch Ms232  flſt] fleß Ms232 61 geronnen] entronnen M216Ms232 6 2 Des Eiſens Unarth kehrt] daß Eiſen kehret Ms232  ſich] ſich nur Ms232 6 4 Jch bin das] doch ich bin Ms232  das] der M216 6 5–66 zeucht … Himmels-Kertzen] kan die hrtsten [ſtrckſten Ms232] hertzen ziehen, | die Sonne [Sonnen M216], gegen der vieltauſendt [viel 1000 M216 viel tauſent Ms232] geiſter glhen M216Ms768Ms232 6 7 Das Lieben] die Liebe Ms232  Lieben] leben Ms768  das] ein M216  bin] die Ms768 6 8 ſaugt] ſugt Ms768  aus] an Ms232  Honig] Anmuths M216 anmuhts Ms232

84

70

Blumen

Sie iſt das Feuer-Kwell/ ich aber bin die Flamme/ Aus meiner Wrckung rhrt die Folge ſſſer Luſt. Die Schnheit muß nach mir das Steuer-Ruder lencken; Die Lieb’ ihr Segel-Tuch nach meinem Winde ſchwencken.

Schnheit.

75

Jch bin ein Meiſterſtck des Himmels/ Gottes Spiegel/ Ein SchoosKind der Natur/ des Schpffers Ebenbild. Mein ſchner Pinſel mahlt der Morgen-Rthe Flgel. Jn meinen Purpur iſt ſtets Tugend eingehllt. Kein Phoenix niſtet nicht wie Fleder-Muſ’ in Hlen. Ein wolgebildet Leib bewirthet edle Seelen.

Freindligkeit. 80

Du/ und die Tugend ſelbſt wird ohne mich zum Laſter. Wo euch mein Licht und Geiſt nicht anblickt und beſeelt/ Jſt euer falſcher Schein ein todter Alabaſter/ Den ihm ein Knſtler hat zum Gtzen ausgehlt.

6 9 das] der M216 70 Wrckung] Wirckung M216  Folge ſſſer] folgung meiner Ms768  ſſſer] ſolcher M216Ms232 71 das] die M216Ms768 72 Die Lieb’ … meinem Winde] nach meinem [meinen M216Ms232] winde [Winden M216] mus die lieb ihr Seegel M216Ms768Ms232 73 ein Meiſterſtck des Himmels] daß Ebenbildt deß Schpfers M216Ms768Ms232 74–78  Ein SchoosKind … edle Seelen] Daß Mahlwerck der Natur, daß kunſt Stck aller Welt. | Ja Meine farben ſind der Morgenrthe flgel, | Und zegen, daß den Geiſt die Tugendt-Sonn erhlt. | Denn wie der Tugend licht erlechtet dſtre Hertzen, | So bringt die Schnheit auch den Tag der Augen ſchertzen M216 das mahlwerck der natur, das kunſt !!" aller welt. | Ja meine farben ſind der morgenrthe flgel, | und zeugen, das den geiſt die tugendSonn erhlt. | denn wie der tugendt licht erleuchtet dſtre hertzen, | ſo bringt die ſchnheit auch den tag den augen kertzen Ms768 daß Mahlwerck der Nathur, das kunſtſtck aller welt, | Ja meine farben ſind der morgenrhte flgel | Und zeigen daß den geiſt der Sonnen licht erhlt, | den wie der ſonnen gluht erleuchtet dſtre hertzen | So glntzt die ſchnheit auch mit ihren liebes kertzen Ms232 79 wird] wirſt Ms768Ms232 80 Wo] Wenn M216  euch] dich Ms768 81 euer] eure Ms768Ms232  falſcher Schein] Todte Pracht M216Ms768 totenpracht Ms232  todter] glatter M216Ms768Ms232 82 ihm] ihn C Jhn M216



Rosen85

Ob auch die Schnheit zwar mit Zucker ſpeiſt die Augen/ So pflegt die Seele ſelbſt doch meine Milch zu ſaugen. !67"

Schnheit. 85

90

Jch bin der Wolluſt-Brunn/ die Mutter aller Zierde; Mein Glantz bepurpert ſelbſt der Sonnen Augen-|Bran’. Der Gtter Heiligthum/ ein Abgott der Begierde/ Zum Opffer zndet man mir tauſend Seelen an. Jn meinen Blumen hat Cupido ſeine Wiege/ Den Rennplatz ſeiner Macht/ die Wallſtatt ſeiner Siege.

Freindligkeit.

95

Jch bin ein himmliſch Zweig/ im Paradies erzogen/ Und durch ein Anmuths-Reiß gepfropft dem Menſchen ein. Biſtu der Liebe Kwell und der Begierde Bogen/ So muß mein Saltz dein Kern/ mein Stral die Seene ſeyn. Cupido leidet Durſt/ die Liebe muß verwelcken/ Sambt dir/ wenn nicht mein Thau beperlet deine Nelcken.

8 3 8 4 8 5 8 6 8 7 8 8 8 9 9 0 91 9 2 9 3 9 4 9 6

Ob auch] Und ob M216 ſaugen] ſauchen M216 der Wolluſt-Brunn] des Himmels Kind M216Ms768Ms232  Zierde] zierden Ms232 Mein Glantz … Augen-Bran’] der [Ein Ms232] Springbrunn ſßer Luſt, der Tugend [Jugend Ms232] Tulipan M216Ms768Ms232 Gtter Heiligthum] Venus Jhr Altar [Althar Ms232] M216Ms768Ms232  Begierde] begierden Ms232 tauſend] 1000 M216Ms232 Blumen] Nelcken M216Ms768 Den] Denn M216  Wallſtatt] Wahlſtatt M216 wahlſtadt Ms768 himmliſch] Edler M216  himmliſch Zweig] Engelzweig Ms768 blumenzweig Ms232 gepfropft] gepropft B gepfrofft M216 gepropfft Ms768  dem Menſchen] der Schnheit M216Ms768Ms232 Biſtu] Biſt du C  und der Begierde] der Luſt begierde M216 der luſtbegierde Ms768 der luſtbegierden Ms232 Saltz … Seene] freundlich ſein ein ſtraal der Sonne Ms232  dein Kern] die flut M216 die fluth Ms768  Seene] Sonne M216 wenn] wann M216  beperlet] peperlet B

86

Blumen

Schnheit.

100

Die Schnheit iſt der Grund/ ein angebohrnes Weſen/ Darauf die Freindligkeit nur Salb’ und Schmincke ſtreicht. Ein Buch/ in dem man kan auf tauſend Blttern leſen: Daß die Natur auf mir den Gipfel hat erreicht. Des Himmels Vorſchmack rinnt von meinen Balſam-Stauden/ Kein Necktar aber treufft von Senden/ Schilff und Fauden.

Freindligkeit.

105

Die Schnheit braucht mich zwar an ſtatt Tapezereyen/ Sie ſchmckt ihr Zimmer auch mit meinen Blumen aus/ !68" Jch muß ihr leeres Feld mit Blumen berſchneyen/ Jch thrne meinen Stuhl oft in ihr gldnes Hauß. Jedennoch kan ich auch aus kleinen Augen blitzen/ Auf bleichen Wangen ſpieln/ auf krancken Lippen ſitzen.

Schnheit. 110

So bald ein Hauch vergeht/ wenn man ſich ſchlaffen leget/ Jſt ſtracks der Freindligkeit beliebter Weſtwind hin.

   97 Grund/] Grund ABC grund, M216Ms768Ms232 107 kleinen] keinen A kleinen A(Errata)BC ſchlechten M216Ms768Ms232    98 Freindligkeit] Frendlichkeit M216 freundligkeit Ms768Ms232  nur Salb’ und] geſalbte M216Ms768Ms232    99 in] auß Ms232  dem] den M216  tauſend] 1000 M216Ms232 100 auf] an Ms232  Gipfel hat] Gipffel-Zweck [über Zweck: Zweig] M216 gipffelzweck Ms768 gipffel zweig Ms232 101–102 Des Himmels … und Fauden] Daß Balſam-kraut der Huld iſt mehr als halb Verſiegen, | Wo es nicht Wurtzeln kan aus meinem bette kriegen M216 das balſahm kraut der hold iſt mehr als halb verſiegen, | wo es nicht wurtzeln kan auff meinem Bthe kriegen Ms768 Ein felſenveſtes hertz will faſt halb doch erliegen, | wenn es nicht hlffe kann von meinen ſtraalen kriegen Ms232 102 treufft] triefft C 104 ſchmckt] ſchminckt Ms768  mit] Von M216 106 thrne] trage M216 traue Ms768  Stuhl] Sitz Ms232  gldnes Hauß] Marmol-Hauß M216  gldnes] marmel Ms768 Marmor Ms232 109 ein] dein Ms232  wenn … leget] ſo bald als [Unß M216 uns Ms232] Schlaffſucht bindet M216Ms768Ms232 110 Jſt ſtracks] So iſt M216Ms768Ms232  Freindligkeit] Frendlichkeit M216 freundligkeit Ms768Ms232



Rosen87

Mein Siegel aber bleibt den Augen eingepreget/ Wenn ich im Schlaf verſenckt/ ein Bild des Todes bin. Wie Sonnen nicht vertilgt von Dunſt und Nebel werden/ So wird mein Glantz beſchmt von keinen Ungebehrden.

Freindligkeit. 115

120

Die Roſen tilgt ein Wurm/ den Purpur frißt die Schabe/ Der Reif verſengt die Saat’/ und Hitze fettes Kraut. Ein ſchlechtes Fieber ſchickt die Schnheit leicht zu Grabe/ Auch in halb-todter Bruſt/ bleib’ ich der Liebe Braut. Man ißt mein Himmel-Brodt/ wenn Fleiſch und Athem ſtincken; Und kſtlich Wein lſt ſich aus ſchlechten Scherben trincken.

Schnheit. Kan aus verſieg’nem Kwell ein kſtlich Waſſer fließen? Jm Siech-Bett’ und im Sarch erſterben ich und du. Was ſind wir alle zwey/ wenn ſich die Augen ſchlſſen/

121 fließen?] fließen A fließen. B flieſſen. C fließen? M216Ms768Ms232 111 Siegel] Purpur M216Ms768Ms232  den Augen] dem Antlitz M216  eingepreget] ein gegrndet Ms768 eingegrndet M216Ms232 112 im] in Ms768  ein Bild des Todes] und ohne Rhren M216Ms768Ms232 113–114 Wie Sonnen … keinen Ungebehrden] Wenn Meine Sonne gleich die Un glcksWolck’ umhllet, | So ſtret Sie ſtrahlen doch, die auß der Schnheit quillet M216 wenn meine Sonne gleich die vnholds wolck umbhllet, | ſo ſternt das ſtrah­len doch, das aus der ſchnheit quillet Ms768 Wenn meine Sonne gleich ein un­ glckswolck umbhllet, | So ſtreut ſie ſtrahlen doch, darauß die ſchnheit quillet Ms232 115 Roſen] Roſe M216  tilgt] friſt M216Ms768Ms232 116 Reif] Blitz üb. gestr. Reiff Ms232  verſengt] verſenckt M216Ms768  Saat’] Blht Ms232  und] die M216  fettes] flt daß M216Ms232 117 ſchlechtes] bloßes Ms768 blaſſes M216 blaßes Ms232  leicht] bald M216Ms768Ms232 118 Auch] Doch M216 119 Man ißt mein] Wer ißt dein M216Ms768 waß iſt dein Ms232  Athem] Adern M216 120 Und … Scherben] Wenn Augen nicht mehr ſehn, wer will den Nectar M216 wenn augen nicht mehr ſein [ſehn Ms232], wer wird dein [den Ms232] Nectar Ms768Ms232 121 verſieg’nem] verſiegnen M216Ms232 122 im] in Ms232  Sarch] Sarg C M216Ms768Ms232  erſterben] verterben M216 verderben Ms232 123 ſchlſſen] ſchlieſſen C ſchließen M216Ms768Ms232

88

125

Blumen

Jn derer Schale man uns trinckt die Liebe zu. Wenn die Begierdens-Flamm uns anſteckt mehr kein Hertze? Ein Weyrauch-leer Altar/ ein Abgott ohne Kertze.

Freindligkeit.

130

Gleich wie die Augen nicht nur meine Kraft empfinden; So ſind die Augen auch nicht nur mein Shn-Altar/ !69" Wo Geiſt und Sinnen ſich zu wiedmen mir entznden. Jedweder Sinn und Glied nimmt meiner Wrckung wahr. Ein krfftig Seufzer iſt ein Werckzeug meiner Strcke. Ein Blick/ ein lchelnd Mund thut hundert Wunder-|Wercke.

Schnheit.

135

Wenn Ruh den Leib bezwingt/ und Mattigkeit die Glieder/ Wenn die Vergeſſenheit der Sinnen Uhrwerck ſtillt; Der Schlaf das Ohr verſtopfft/ die Nacht die Augen-|Lieder/ Wenn die Vergeſſenheit umb die Vernunfft ſich hllt/ Bleibt doch der Schnheit Bild im Hertzen unverrcket; Weil es iedweder Traum ihm ins Gedchtns drcket. 136 hllt/] hllt. ABCMs768 hlt, M216Ms232 124 derer Schale] deren Schalen M216 125 Begierdens-Flamm] begierdes-Flamm M216  anſteckt mehr] mehr anſteckt Ms232 126 Weyrauch-leer] Weyrauchs leer Ms232 128 Shn-Altar] Sohn-Altar B Sonn-Altar C 129 Sinnen] ſinne Ms232  entznden] darüber Verbnden M216 verbinden Ms232 130 Glied nimmt meiner] blick nimbt meine Ms232  nimmt] nimbt M216 nimpt Ms768  Wrckung] Wirckung M216 131 Ein krfftig … meiner Strcke] Ein Seffzer lehret Mich, ein Athem vnd ein lcheln [lchlen Ms232] M216Ms768Ms232  krfftig] krfft’ger C 132 Ein Blick …Wunder-Wercke] Auch ohne Liebes-blick der Seele Liebes Rcheln [rcheln Ms768] M216Ms768 Auch ohne Schnheits blick, der Seelen lieb zu fchlen Ms232 134 Sinnen] ſinne Ms232 136 Wenn] Wann M216  die Vergeſſenheit] dſtre Phantaſie M216 dſtre Fantaisie Ms768 dſtre fantaſey Ms232  umb] um CM216 137–138 Bleibt doch … Gedchtns drcket] So mahlt [macht Ms768] ein ſßer Traum mit Pinſeln der gedancken | Der Schnheit Conterfey [Conterfait Ms768 conterfay Ms232] in [im Ms232] Aug in [vnd Ms768Ms232] Hertzens ſchrancken M216Ms768Ms232 138 Gedchtns] Gedchtniß C



Rosen89

Freindligkeit. 140

Du magſt ja deinen Traum mit Trumungs-Farben mahlen/ Bey dſtrer Sinnen Nacht iſt ſchlechter Sonnenſchein. Denn ob mein FreudenStern zwar knte ſeine Strahlen Den Seelen durch das Rhr der Trume gieſſen ein; So ſol ſich doch mein Licht mit Nebel/ Dunſt und Schatten Kein flchtig Jrrlicht ſich nicht mit mir/ Sonne/ gatten.

Schnheit. 145

150

Darff ſich die Sonne nicht der After-Sonne ſchmen Jm Meere/ wenn ſein Glaß ihr muß ein Spiegel ſeyn; Wird Schnheit ſich wol auch mit Trumen nicht berhmen/ Wenn ietzt ihr Schatten ſich den Sinnen drcket ein. Ja meines Feuers Krafft iſt ſchwerlich zuergrnden/ Nach dem ſo gar mein Rauch kan Liebes-Tacht anznden. !70"

Freindligkeit. Die Schwindſucht der Vernunfft/ der Seele Krebs/ die Liebe Nagt an den Runtzeln oft eh/ als an Helffenbein/ Allein’ ihr Oel vertreufft wie Waſſer aus dem Siebe/ Wo bloß ein trumend Sinn muß ihr Behltns ſeyn.

139 140 142 144

Trumungs-Farben] traumungs-farben M216Ms232 dſtrer] trber M216Ms768Ms232 Den] Denn B Der M216Ms232  Seelen] Seele Ms232  Rhr] rohr Ms232 Kein] Noch M216  flchtig Jrrlicht] flchtge Farben M216  flchtig … nicht] falſche farbe nicht ſich Ms232  nicht mit mir] mit meiner Ms768 146 ſein Glaß] ihr glantz Ms232 147 mit] an M216Ms232  nicht berhmen] nichts benehmen M216 148 ietzt ihr] ſich der Ms232  ietzt] itzt C  Schatten] ſchallen Ms768  ſich den Sinnen] itzt dem ſeinen Ms232 149 ſchwerlich] nicht wohl M216Ms768Ms232 150 ſo gar … kan] Mein Rauch auch kan daß M216Ms768Ms232  Liebes-Tacht] Liebesdocht M216 liebes tocht Ms232 151 Seele Krebs] Seelen-krebs M216 Seelen Krebs Ms232  1 52 als an] als ein Ms768 als am Ms232 153 Allein’] Wiewohl M216 wie wol Ms768 Wie wohl Ms232  dem] den M216Ms232 154 trumend] traumend Ms232  muß ihr Behltns] Jhr Ampel-Glaß muß M216 ihr [ein Ms232] ampelglas mus Ms768Ms232  Behltns] Behltniß C

90 155

Blumen

Ja meiſt vergißt man ſie/ eh uns hat ausgetrumet; Dis aber bleibt/ was nur aus meinen Wurtzeln kumet.

Schnheit.

160

Jhr ſchwartzen Sonnen ihr im Himmel des Geſichtes/ Jhr Schnheits-Heerolden ſeyt Zeugen meiner Macht; Jhr Augen ſeyd der Brunn des hellen Seelen-Lichtes; Die Liebe ſchpfft die Glutt aus eurer kalten Nacht. Jn euren Wolcken muß ſie ihren Blitz anznden/ Ja einen Hertzens-Weg durch eure Fenſter finden.

Freindligkeit.

165

Was ſeyt ihr Sternen wol/ wenn nicht die Strahlen ſchſſen? Ein Kcher ohne Pfeil/ ein Uhrwerck ohne Gang; Wenn ſie nicht ihr Metall in meine Formen gieſſen/ Erweckt der Augen-Thron geringen Liebes-Zwang. Jhr Augen mgt ja wol der Liebe Zeughauß bleiben; Doch daß die Waffen ſich aus meiner Schmiede ſchreiben.

1 58 Macht] Nacht ABC Macht M216Ms768Ms232 167 Augen] Augen/ ABC augen M216Ms768Ms232 1 55 vergißt] vergieſt Ms768  ſie] ſich M216Ms232 156 Dis] die Ms768  bleibt] bleibet M216  was nur] ſo M216 ſo ſie Ms768 ſo mir Ms232 157–168 Diese beiden Strophen folgen in Ms232 auf V. 180. 157 ſchwartzen Sonnen ihr im] Schnheits-Heroldin am M216 ſchnheits heroldin, ihr Ms232 158 Schnheits-Heerolden] Schwartzen Sonnen Jhr M216Ms232 159 Seelen-Lichtes] Ahle-Lichtes M216 flammen lichtes Ms232 160 eurer] euer Ms232 161 euren] euern Ms232  ſie ihren Blitz anznden] ſich bloß ihr blitz entznden Ms232  ihren] Euren [darüber Jhren] M216 162 Ja einen] Und ihren Ms232  einen] Eures M216 163 ſchſſen] ſchieſſen C ſchießen M216Ms768Ms232 165 ihr] ein Ms232  meine Formen] ihre forme Ms232 166 Erweckt] Erregt Ms232  geringen] wohl keinen M216Ms768Ms232 167 mgt] mcht M216 mchte Ms232  Zeughauß] Zegnß M216 168 Schmiede] ſcheide Ms232



Rosen91

Schnheit. 170

Es mag der Perlen Mund/ den Nelcken rings umbblmen/ Der Becher aus Rubin/ der voller Zucker ſchwimmt/ Durch eigne Wrckungen der Schnheit Palmen rhmen/ Weil ja die Liebe ſelbſt in ſeinem Purpur glimmt. !71" Cupido muß ſein Garn in ſeine Roſen ſtellen/ Dafern er einen Geiſt wil in ſein Netze fllen.

Freindligkeit. 175

180

Die rth’ſten Lippen muß mein Honigſeym beſſſen/ Und den Zinober-Mund mit Lcheln zuckern ein. Der Kſſe Balſam muß auf die Korallen flſſen/ Sol er der Liebe Burg/ der Seele Garten ſeyn/ Der Mund bleibt unbeſeelt/ die Hertzen ohne Fhlen/ Wenn meine Winde nicht durch ihre Bltter ſpielen.

Schnheit. Jhr Brſte kmpfft fr mich/ ihr ſchnee-gebrgten Brſte/ Aus derer Gipfel Glutt mit rothen Flammen ſchlgt. Sprecht: eure Schnheit ſey der Venus Schau-|Gerſte/ 169 Perlen Mund/] Perlen Mund A Perlen-Mund BM216 Perlen-Mund/ C perlen mund Ms768 Ms232  den] von A den A(Errata)BC die M216Ms768Ms232 178 Burg/] Burg ABC burg Ms768 burg, M216Ms232 1 69 mag … den] muß den perlen mund die Ms232  umbblmen] umblmen CM216 170 aus] von M216Ms232  ſchwimmt] ſcheint Ms232 171 Wrckungen] Wirckungen M216 wrckung ſtets Ms232 172 ſeinem] ſeinen C  glimmt] ſcheint Ms232 173 ſein] daß Ms232  ſeine] ſeinen Ms232 175 Die … Honigſeym] Mein Naſſes Hauchen muß der Lippen Pfad M216Ms768Ms232 176 Lcheln] lchlen Ms232  zuckern] ſßen Ms768 177 Der Kſſe] Deß Kußes M216 des kßens Ms768Ms232  flſſen] fließen M216 Ms768Ms232 178 Seele] Seelen M216Ms232 179–180 Der Mund … Bltter ſpielen] Denn wo Mein [ein Ms768] Weſtwind nicht durch dieſe [ihre Ms232] Bltter ſpielet, | Wird wohl in keiner Bruſt ein [kein Ms232] Liebes-Hauch gefhlet M216Ms768Ms232 181 fr] vor M216Ms232 182 derer] deren Ms232  mit rothen flammen] die [üb. gestr. mit] heiße flamme Ms232  rothen] heißen M216 183 Schau-Gerſte] Blut-gerſte M216 blutgerſte Ms768 Bluhtgerſte Ms232

92

185

Blumen

Worauf ſie in den Sarch der Buhler Freyheit legt. Ein Fels/ an dem die Lieb’ ihr Gold-Geſchoß muß wetzen/ Ein Milch-Brunn/ deſſen Safft auch Geiſter kan ergetzen.

Freindligkeit.

190

Wo dieſe Blge ſolln die Liebes-Brunſt auffachen/ So mſſen ſie von mir vor aufgeblaſen ſeyn. Jch kan nach dieſer Frucht die Seelen hungrig machen/ Hllt gleich die Schnheit ſich der Marmel-Aepfel ein. Auch ohne Sehen lſt die Seel’ ihr ſich gelſten/ Wenn unterm Flore ſich die Schwulſt regt in den Brſten.

Schnheit.

195

Des Kinnes weiche Perl/ der Hals aus Marmel-|Steine/ Der Achſeln blancke Milch/ der Stirne Schnee-|Geſtalt/ !72" Der Adern warmer Trcks/ der Leib aus Helffenbeine Sind Tempel ſſſer Luſt/ der Seelen Auffenthalt/ Die durch der Augen Thor unleſchbar Feuer fangen/ Von Roſen/ welche blhn auf weichen Sammet-|Wangen.

195 Helffenbeine] Helffenbeine. ABC helffenbein, Ms768 helffenbeine Ms232 Elffenbeine, M216 1 84 Sarch] Sarg CM216Ms768Ms232 185 Fels] Feldt M216  dem] den M216 186 auch] die Ms232  ergetzen] ergtzen M216Ms232 187 dieſe] deine Ms232  die] der M216 von Ms232  auffachen] aufwachen Ms232 189 Seelen] finger M216Ms768Ms232 190 ſich] auch Ms 232  der Marmel-Aepfel] den Marmeln-pffeln M216 die Marmor Apffel Ms232 191 ihr ſich] ſich Jhr M216 192 unterm] untern C  unterm Flore ſich] ſich ietzt [itzt Ms232] unterm [untern M216] flor [flohr Ms232] M216Ms768Ms232  regt] rhrt M216Ms768Ms232 193 weiche Perl] Weicher Port M216Ms232  aus] von Ms232  Marmel-Steine] marmel­ ſtein Ms768 Marmor ſteine Ms232 194 Stirne] Stirnen M216 195 der Leib] die Schoß M216Ms768Ms232 196 Seelen] Augen M216Ms768Ms232 197–198 Die durch … Sammet-Wangen] Es iſt daß Roſenfeldt der Rothen SammetWangen | Ein heimlich freuden-neſt der ſchnden [ſchnen Ms232] Liebes-Schlangen M216Ms768Ms232



Rosen93

Freindligkeit. 200

Als jngſt die Liebe ſich ließ ihren Sohn abmahlen/ Macht’ er des Mohnden Horn von weiſſem Silber leer/ Die Sonne gab ihr Gold/ die Venus ihre Strahlen/ Der Morgen ſein Rubin zu ſeinen Farben her. Der Pinſel war ſein Pfeil/ mein’ Anmuth das Gemhlde/ Dich/ Schnheit braucht’ er nur zum Grund und untern Felde.

Schnheit. 205

210

Es muß die gantze Welt der Schnheit ſich bedienen/ Die Sternen borgen Gold/ der Himmel borgt Saphir/ Die Erd’ entlehnt Schmaragd/ das Feuer braucht Rubinen/ Kriſtall und Perlen ſind des Waſſers hchſte Zier. Wenn die Natur die Welt mit Liebe wil beſmen/ Muß ſie das Pfropfungs-Reyß von meinen Aeſten nehmen.

Freindligkeit.

215

Wenn meine Knoſpen gleich noch in der Blthe ſtehen/ Hat doch mein Sommer ſchon die Liebe reif gemacht/ Eh’ als die Pfeile noch von meiner Seene gehen/ Vollfhret Lieb’ und Hertz ſchon ihre SeelenSchlacht. Jch bin die Liebe ſelbſt/ ihr Kern/ ihr fnftes Weſen; Was Schnheit machet kranck/ das muß durch mich geneſen. !73"

1 99 jngſt] nechſt M216Ms768Ms232  ſich] noch Ms768 mich M216Ms232 2 00 Macht’ er des] Ward beydeß M216Ms768Ms232  weiſſem] weiſſen BC 2 02 ſeinen] meinen M216Ms768Ms232 2 03 mein’] die M216Ms768Ms232  das] der M216 ſein Ms232 2 04 Dich] Die M216Ms768Ms232  er] Jch M216  untern Felde] Boden Felde M216Ms768 bodenfelde Ms232 2 06 Sternen] ſterne Ms232  borgt] braucht M216Ms232  Saphir] Sapphir M216 2 07 Schmaragd] Smaragt M216 ſmaragd Ms232  braucht] gleicht Ms232 2 08 Kriſtall] Cryſtall M216 Chryſtall Ms768  hchſte] grſte Ms768 210 Pfropfungs-Reyß] Propfungs Reiß M216Ms768  meinen Aeſten] meiner ſchnheit Ms232 213 Seene] Shnen M216 ſhne Ms232 215–216 die Liebe … mich geneſen] daß Heiligthumb der Venus Luſt gewlber, | Jch Siege, wenn Sie kmpfft Jch bin die Liebe ſelber M216 das heiligthumb, ich bin der luſt gewlber, | ich ſiege, wenn ſie kmpfft, Jch bin die Venus ſelber Ms768 daß heiligthum, in [üb. gestr. der] Venus luſt gewlber | Jch ſiege wenn ich will, ich bin die liebe ſelber Ms232

94

Blumen

10.

Reiches Heyrath-Gutt.

5

10

15

20

25

ES denckt mich/ groſſer Freund: daß als die Welt auff Roſen Die Erd’ in Scharlach gieng/ und Braut des Himmels war! Als man die Sternen ſelbſt der Liebe ſahe koſen/ Der Frhling ihm nur Leid/ der Himmel Schmertz gebahr. Jtzt wchſt ihm Myrth’ und Roſ’ auß traurigen Zipreſſen/ Vergngung krntzt ſein Bett/ Ergetzung fllt ſein Haus. Der Himmel heiſſet ſelbſt deß Traurens ihn vergeſſen/ Und leeret ber ihn des Segens Kcher auß; So geht’s/ der Himmel wrckt ein Braut-Kleid aus der Seide/ Jn die der Seiden-Wurm zum erſten ſich vergrbt. Die Zeit ſtrickt endlich Gold/ und ſpinnt zum Scharlach-Kleide/ Die lange Boy und Flor und Sterbe-Kittel webt. Die gldne Sonne winckt des Leides Finſternſſen/ Und wil: daß ſie mit ihr itzt ſolln den Krebsgang gehn. Wir ſehn fr Majoran ihm bund Geblm’ aufſchiſſen/ Jtzt/ da gleich Erd’ und Luft ſchier in der Aſche ſtehn. Er zckt die Sichel ſchon auff die gantz reiffen Saaten/ Und erndtet auff einmal ſo Blht’ als Krner ein. Der Brand/ in den wir ſehn den Weitzen mißgerathen/ Kan ihm ein fruchtbar Thau/ ein Seelen-Labſal ſeyn. !74" Denn die erhitzte Glutt der brennenden Begierden/ Jſt unverzehrlich Oel/ das die Verliebten nehrt. Es ſteckt kein Unkraut nicht in den Geblhmten Zierden/ Durch keinen Mehlthau wird die Anmuth hier verzehrt. Die Erndte/ die er hlt/ geſchiht im frhen Lentzen; Die Blumen die er bricht/ ſind Morgen-Roſen gleich/

9 geht’s/] geht’s AB gehts C 1 13 16 22 25

denckt] dnckt BC Finſternſſen] Finſterniſſen C Luft] Luſt B nehrt] nhrt C geſchiht] geſchicht C



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Die noch die Knoſpe ſchleuſt/ die Thau und Scham noch krntzen/ Die keines Kefers Biß noch nicht gemacht hat bleich. Die Blume/ die ſchon ſprißt die Bletter weit von ſammen/ Und Schnheit/ die nicht erſt aus friſcher Schale kreucht/ Hegt lange Biſam nicht/ nehrt nicht beſtndig Flammen: Daß ſie der Eckel nicht in kurtzer Zeit verſtreicht. Deß Liebens Kauffmanſchafft iſt nicht verlegne Wahre/ Die Jugend iſt der Kern umb-armter Liebligkeit. Der Nachſchmack frembder Kß’ und Vorſchmack einer Baare Sind Krner/ die man nur gemeinen Seelen ſtreut. Der Brand kan nicht Beſtand/ die Liebe Feuer halten/ Wo Zunder ſich und Tacht ſchon ſelber ſchert ein. Die Liebes-Pfeile ſind nur Bleyern bey den Alten/ Die Jugend fiedert ſie/ wo ſie ſolln glden ſeyn. Hier aber hegt ſein Schatz noch unberhrte Lilgen/ Die erſt ſein Sonnenſchein der Liebe zeitig macht. !75" Ja ihre Bltter kan nicht Wurm und Raupe tilgen/ Granaten-Blth’ erreicht nicht ihres Mundes Pracht. Jhr Athem haucht Geruch erkwickender Jaſminen/ Auff ihren Lippen hrt man die Sirene ſpieln/ Jn Augen den Veſuv/ auff ihren Brſten Binen/ Weil ſich die Liebes-Strahln in dieſen Thlern khln/ Umb dieſe Gegend wallt und weidet ſeine Seele/ Die dort die Glutt beſeelt/ und hier der Schnee erfriſcht. Jn dieſen Felſen iſt verborgen Didons Hle/ Jn der Anchiſens Sohn bey eitel Nectar tiſcht. Die Wangen ſind das Feld/ von Nelcken berdecket/ Wo mit Europen Zevs ſelbſt in die Weide geht. Der Leib beſchmt das Ey/ in welchem Caſtor ſtecket/

3 1 3 3 3 4 3 5 3 6 4 0 41 4 5 4 9

nehrt] nhrt C Liebens] Ciebens BC umb-armter] umarmter C frembder] fremder C gemeinen] meinen B ſolln] ſollu B Lilgen] Liljen C Athem] Athen C Umb] Um C

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Blumen

Der Hals den ſchnen Schwan/ der bey der Leda ſteht; Die Haare regnend Gold/ das Danaen erkwicket. Denn Schnheit iſt der Schatz der Liebens wrdig iſt. Die Stein’ in Borneo/ und die Sumatra ſchicket/ Sind fr den Diamant zu folgen nur erkieſt. Die Lebenden Rubin’ auff Lippen/ Bruſt’ und Wangen Stehn nackt von Perl’ und Stein in hanffen Kitteln ſchn. Schlecht Sand und Waſſer mag mit ſchnen Kieſeln prangen/ Selbſtſtndige Geſtalt darff keine Schminck erhhn. !76" Jedoch ſind Stein’ und Gold den Blttern zuvergleichen Durch die der Apfel ſich der Schnheit ſchner macht? Weiß Reichthumb hier den Preiß deß Schmeltzes zuerreichen/ Der/ ob er Glas gleich iſt/ doch mehrt des Goldes Pracht? So prang’t hier auch ſein Schatz mit dieſen Heyraths Gaben/ Und bringt mit gldner Frucht auch dieſes Laub-|Werg bey. Wie thricht urtheiln/ die den Aberglauben haben: Daß Reichthumb ein todt Aaß/ die Mitgifft giftig ſey! Der Mißbrauch kan ja Gold in HttenRauch verwandeln/ Doch dieſes Ertztes Kern auch ohne Beyſatz ſeyn. Die Tugend weiß hiermit ſo klglich ſchon zu handeln: Daß Geitz und Schlacke nicht kreucht mit in Kaſten ein. Sie leitert Gold vom Bley/ trennt Spiß-Glas von dem Giffte. Nun die ſchtzt auch Herr Wolff frs beſte Heyrath-Gutt/ Dem weder Blitz noch Brand/ noch Sturm erzrnter Lffte/ Nicht Schiffbruch/ nicht der Stahl der Feinde ſchaden thut. Wer ohne die was liebt/ ſchpfft Waſſer mit dem Siebe/ Greifft bey der Schneid und Spitz’ ein ntzlich Meſſer an. !77" Hier dieſer Brautſchatz iſt auch nur werth rechter Liebe Weil ſie die Liebenden ſelbſt wieder lieben kan. 5 6 Hals] Hals/ ABC 72 Aaß/] Aaß AB Aas/ C 78 Heyrath-Gutt/] Heyrath-Gutt. ABC 6 2 64 67 70 72 76 77

Stehn] Stehen B Selbſtſtndige] Selbſtndige C Reichthumb] Reichthum C Laub-Werg] Laubwerck C Reichthumb] Reichthum C Geitz] Geiſt BC  mit] mir BC leitert] leiten BC

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Die nehret in der Seel’ ein unaußleſchbar brennen; Wenn irrdiſch Zunder ſich mit Kohl’ und Hold verzehrt/ Sie macht: daß Seel’ und Seel’ entzckt zuſammen rennen/ Wenn ihr benelckter Mund ihm einen Kuß gewehrt. Die Lippen ſind das Band/ die Kſſe ſind die Knoten/ Jn die die Liebe ſchlingt die zarten Hertzen ein. Ja ſolche reine Glut glimmt auch noch in den Todten/ Und Grab und Holtz-Stos kan nicht ihre Baare ſeyn. So brenne denn die Lieb’ in euren keuſchen Hertzen/ Jn die der Himmel ſelbſt ſo Oel als Segen thaut! Es dringe falſche Luft nicht zu ſo reinen Kertzen! Das Glcke mache ſich zu euer beyder Braut! Mich dnckt: daß ſich die Zeit ſelbſt ins Verhngnß ſchicke; Das ber Bett’ und Haus viel hand-voll Perlen geuſt/ Es wahrſagt ſchon viel gutt’s/ es ziehlt auff groß Gelcke: Das euer Hochzeit-Tag ein Tag der Perlen heiſt.

11.

Braut-Krantz.

5

KOmm Komm und krntze mich du Krone reiner Hertzen/ Beſchatte noch einmal mein un-entweyhtes Haar. !78" Ach! ſol zu guter Nacht Mich der Verluſt nicht ſchmertzen Des Kleinods/ das mein Krantz/ ja auch mein Sigs-|Fahn war! Di Bltter welcken itzt ſchon bey den Libes-Kertzen/ Di Venus wid’met dich ſchon auf ihr Luſt-Altar. Kmm’/ eh di Frauen-Nacht di Keuſchheits-Sonne tdte Du meiner Jungfrauſchafft verſchmte Abends-Rthe!

9 7 Mich] Micht A Mich BC  ſchicke] ſchickt A ſchicke BC 2 Haar.] Haar A Haar. BC 4 Krantz/] Krantz ABC 8 5 nehret] nhret C 8 8 gewehrt] gewhrt C

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Blumen

Verdoppele nun mehr die unbefleckten Strahlen! Wirff deinen Glantz/ mein Krantz/ noch einmahl in di Hh’! Die Sonne pflegt als denn mit Purper recht zu pralen Wenn ſi zu golde geh’t in’s Schlaff-Gemach der See: Nichts minder ſol dein Gold auch meine Scheutel mahlen Eh’ als der Sonnenſchein der Jungfrauſchafft vergeh’/ Eh’ als das Ebenbild der ſchon befleckten Frauen Der Mohnd’/ am Himmel lſt di weiſſen Hrner ſchauen. Biſtu/ mein Braut-Krantz/ nicht der Zihrath meiner Baare? Jſt nicht dein Freuden-Stern ein Jrr-Licht kurtzer Treu’? Der Roſe/ welche mir beblmet Haupt und Haare Propff’t Venus umb und umb di Wolluſt-Drner bei. Wer diſe tumme Pracht der Perlen hlt fr wahre/ Weiß nicht: daß Thrnen-Saltz die Perlen-Mutter ſei. !79" Denn/ was den Himmel hlt des Hauptes rings umbzogen/ Jſt eine Waſſer-Gall’/ ein falſcher Regen-Bogen. Jedoch/ was klag’ ich viel di Larve/ di mich ziehret? Was iſt der ſchnde Krantz? das Zucht-haus beſter Zeit. Ein Jrrlicht/ das den Geiſt in de Wſten fhret/ Der das gewidmete von der Natur/ entweih’t; Ein Zirkel/ deſſen Band di Freiheit ſelbſt umbſchnret/ Jn dem der Mittel-Punkt iſt ſtrenge Dinſtbarkeit/ Umb deſſen Umb-Kreiß zwar beperl’te Blumen ſtehen; Die Frucht iſt aber nichts als Wermuth-bitt’re Schleen. Was iſt di Jungfrauſchafft? ein Spigel aus Kriſtallen Den ein verbuhltes Aug’/ ein Blick oftmals beflekk’t/ Den ein vorwitzig Stooß gar leichtlich lſt zerfallen.

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Waſſer-Gall’/] Waſſer-Gall’ AB Waſſer-Gall C de] ede AB de C beperl’te] beperrl’te AB beperlte C Aug’/] Aug’ AB Aug C

1 1 13 17 20 23 29 31

Purper] Purpur C Scheutel] Scheitel C Biſtu] Biſt du C  Zihrath] Zierrath B Propff’t] Pfropfft C  umb und umb] um und um C umbzogen] umzogen C umbſchnret] umſchnret C Umb] Um C  Umb-Kreiß] Um-Kreiß C



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Und/ da was nutzbar’s auch in ihrem Glaſe ſtekk’t; Wenn man den edlen Safft wil zihen auß Korallen/ Muß der zermalmm’te Staub in Kolben ſein geſtekk’t; Man muß di Jungfrauſchafft mit Propffungs-Meſſern zwingen Wo diſer wilde Stamm ſol Blth’ und Frchte bringen. Wi hat di Jungfrauſchafft ein Ab-Gott meiner Sinnen Der Krantz mein Gtzen-Bild ſo lange knnen ſein? Di groſſe Welt hlt ja den Wechſel ſelber innen: Es flicht der gelde Lentz ſein Haar mit Blumen ein/ !80" Der Sommer hebet an di Blthen zu gewinnen/ Des Herbſtes volles Horn trgt Frchte Korn und Wein. Wi ſol di kleine Welt der Menſch/ bei reiffen Jahren Nicht auch das Tokken-Werk der Blumen laſſen fahren? Es iſt uns di Natur mit Merk-mahln vorgegangen Wenn ſi den Glidern drckt der Zeiten Wechſel ein. Si pflantzt den gld’nen Lentz mit Blumen auf di Wangen/ Der Augen Strahlen ſind des Sommers Sonnenſchein. Man ſih’t auf unſer Bruſt den Herbſt mit Aepffeln prangen; Die Schnee-Gebirgte Schooß des Winters bildung ſein. Ja Frling/ Sommer/ Herbſt und Winter theil’n das Leben. Wi ſol denn Lentz und Krantz ſtets auf den Haaren ſchweben? So bald di Roſen nur der blden Scham verſchwinden/ Und unſre Fruchtbarkeit dem Mohnden gleiche ſchein’t; Wenn Liebes-Sonnen ſich in dem Geſicht’ entznden/ Der Anmuths-blikke Blitz den Augen ſich befreind’t/ Wenn di Granaten ſich in unſern Buſem finden; So wird ſonſt nichts als dis/ von der Natur gemein’t: Der Kindheit Lentz iſt weg/ Geblm’ und Krantz vertriben; Der Jugend Stauden ſind ſchon reiff genung zum Liben. !81" Weg Krantz! weg Jungfrauſchafft! ihr mißbraucht Sinn und Glieder/ Weil eure Bltter nichts als Schminck und Brde ſeyn. 3 6 nutzbar’s] nutzbars’ AB nutzbars C  ihrem] ihrm A ihrem BC 3 9 mit] mt A mit A(Errata)BC 3 6 3 9 4 4 4 5 6 0

da] das C Propffungs-Meſſern] Pfropffungs Meſſern C gelde] gelbe BC hebet] fnget C befreind’t] befreund C

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Blumen

Ein Blick/ ein Augenblick legt euren Ziehrath nieder. Haub’t das entkrntzte Haupt mit Floor und Perlen ein! Komm Liebe/ bringe mir die leere Jugend wieder Den Frhling ohne Frucht/ die Tage ſonder Schein! Jhr Nimfen/ krntzt mich nicht! weg mit dem grnen Laube! Komm’t ſetzt mir fr den Raub des Krantzes auf die Haube! Arachne fng’t ſchon an das Garn darzu zu weben; Kupido reiſſet ſchon der Mutter Netz’ entzwey/ Mit dem Vulkanus ſie in Lemnos hielt mgeben/ Auf daß es morgen ihr und mein Verrther ſey. Jedoch! was kan fr Noth in dieſen Ketten ſchweben? Die Liebe macht allhier den Keuſchheits-Grtel frey. Jhr jag’t mir zwar durch Schertz die Schamrth auf die Wangen/ Seit aber/ oder woll’t/ wie ich bin/ ſeyn gefangen. Wie/ wenn die Morgen-Rth’ am blauen Himmel zndet Die Sonnen-Fackel an/ das Hertze dieſer Welt/ Das Blumwerck des Geſtirn’s in einem Nu verſchwindet/ Wenn Venus Morgenſtern uns unſern Geiſt erhell’t: So muß die Jungfrauſchafft/ der Sternen-Krantz der Erden Jm Himmel ſſſer Luſt zu einem Schatten werden. Jhr Nimfen gute Nacht! Kupido ſpannt den Bogen. Wiß’t daß mein Krantz ſein Ziel/ mein Schatz ſein Kcher ſey. !82" Es kmmt der ſſſe Blitz der Pfeile ſchon geflogen Und ſchlg’t das morſche Glaß der Jungfrauſchaft entzwey. Jhr Frauen/ die ihr ſchon dis Nektar hab’t geſogen/ Stell’t nach vertagter Nacht mich eurem Orden bey. Jhr Nimfen: daß ich itzt aus eurer Blindheit ſtertze/ Dien’t heinte mir zur Luſt/ und morgen euch zum Schertze. 6 7 70 71 83 85 93

Blick/] Blick ABC Frucht/] Frucht ABC dem] den A dem A(Errata)BC einem] einen A einem A(Errata)BC Jungfrauſchafft/] Jungfrauſchafft ABC  der1] den A der A(Errata)BC Nimfen] Mimfen A Nimfen B Nymphen C

6 7 75 86 92 94

Ziehrath] Zierrath B mgeben] umgeben C einem] einen C eurem] euren C heinte] heunte C



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12.

Glckliche

Heyrathswahl.

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LEb’t iemand mehr der dieſe Meinung heg’t? Die Lieb’ iſt der Natur ihr erſtgebohrnes Kind/ Sie hat zur Welt den erſten Stein geleg’t; Sie iſt des Lebens Sonn’/ ein Strom/ da Nectar rinn’t Durch’s Augen-Rhr in die verliebten Hertzen: Weil gleichwol die Erfahrung muß beſchmertzen: Daß keine Wolcke mehr als dieſe Sonne blitz’t/ Ein ſchiff nicht ffter wird das Gauckelſpiel der Wellen; Als dieſer Ancker ſinckt der Erd und Himmel ſttz’t/ Und dieſen Heil-Brunn ſih’t man oft mit Giffte kwllen. Ja! Denn das Garn der Spinnen hlt ſo nicht/ Wie/ was ein Seidenwurm umb ſein Begrbns web’t. Kein Luft-Stern hat der Sonne Strahl und Licht/ Und Mißbrauch macht: daß Gift auch an den Lilgen kleb’t. !83" Wir woll’n den Wahn verliebter Thoren ſchweigen: Daß Xerxes buhlt mit grnen Ahorns-Zweigen/ Das Junius umbarm’t der nackten Muſen Bild/ Daß ein Spartaner ſich verliebt in einen Raben/ Daß des Alchidas Brunſt aus Alabaſter kwill’t/ Und Xenophons ſein Sohn den Wieder lieb kan haben. Die Klugheit ſelbſt verſpiel’t offt Witz und Hold/ Wenn ſie fr Weitzen Spreu/ fr’s Licht den Schatten whl’t. Dem/ der nur ſih’t auf unbeſeeltes Gold Wird ein vermodernd Schatz/ ein gldnes Aaß vermhl’t. Und die/ die nur mit Schnheit Hochzeit machen/ 19 kwill’t] kwillt’ AB quillt C 2 4 Schatz/] Schatz ABC 1 2 14 17 19 2 0

umb] um C  Begrbns] Begrbniß C Lilgen] Liljen C umbarm’t] unbarm’t B umarmt C Alchidas] Achidas C Wieder] Widder C

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Blumen

Vermiſchen ſich offt mit vermummten Drachen. Ja/ wo kein ander Oel in Venus Ampeln rinn’t/ Zerſchmeltz’t/ friſt/ tilg’t/ und raub’t/ Zeit/ Kranckheit/ Kummer/ Baare/ (Woraus die Jugend doch ihr Liebes-Tacht meiſt ſpinn’t) Schnee/ Perlen/ Roſen/ Gold/ an Schooß/ Bruſt/ Mund/ und Haare. So lange brenn’t der Liebe falſche Glutt! Weil irrdiſch Zunder ja nicht ewig Feuer nehr’t. Wenn Schiffbruch/ Brand und Feind raub’t Schatz und Gutt/ So iſt der leere Topff mehr keiner Liebe werth. Ja Grichenland lern’t Helenens vergeſſen/ Wenn Ful’ und Wurm der Brſte Milch-Kwll freſſen. Daß Perianders Wahn ſchlff’t einer Leiche bey/ Und Artimiſie des Eh-Manns Aſche trincket/ Jſt thrchter Aberwitz und blinde Raſerey: Weil in den Grbern auch der Schnheit Biſam ſtincket. !84" Zwar welcher ziel’t auff Ahnen und den Stand/ Muthmaß’t: es ſey ein Zweig auch Stamm und Wurtzeln gleich. Weil Flſſe ja fhr’n Perl- und gldnen Sand/ Die aus Gebrgen kwll’n/ die von Metall ſind reich. Allein’ auch der irr’t offt/ weil das Gemtte Kein Erbtheil iſt/ wie Waffen und Gebltte. Von Strauſſen werden auch nicht Strauſſen ſtets geheck’t. Man ſucht oft Ruh/ wo uns ein Eybenbaum anlachet/ Der Außgang aber lehr’t: Daß Gift und Tod uns deck’t. Kurtz; hoher Stand iſt Firnß der Laſter ſichtbar machet. So muß denn der/ der lieb’t/ behutſam geh’n/ Kein Jrrlicht ſehen an fr wahren Sonnenſchein. Ein Weiſer hlt die Schnheit nicht fr ſchn; Die Juno ſchein’t ihm arm und edel nicht zu ſeyn/ Wo Tugend nicht und des Gemttes Gaben

3 8 41 45 51

Artimiſie des] Artimiſie A Artimiſie des A(Errata)C Artemiſie B ziel’t] zielt’ AB zielt C irr’t] irrt’ A irr’t B irrt C lieb’t/] lieb’t AB liebt C

3 3 Wenn] Wann C 37 Perianders] Pereanders C 50 Stand] Sand B



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Jhr Brautſchatz iſt und ſie geadelt haben. Eh’ auch Parthenopen hat ein Ulyſſes lieb/ Muß die Sirene Stim’ und Witz und Geiſt einbiſſen. Auch fhl’t Xenocrates den minſten Anmuths-Trieb/ Wenn ihn die gantze Nacht gleich Phryne reitz’t mit Kſſen. Wo aber ſich der Tugend Zierath weiſ’t/ Verſchmeh’t Demoſthenes die ſchne Lais nicht. Ja/ wo ihr Oel ins Hertzens Zunder fleuſ’t/ Brenn’t noch in Aſch’ und Sarch der Liebe reines Licht. Denn/ wie ſol nicht das Feuer ewig leben/ Dem Seelen/ die nicht ſterben/ Nahrung geben. !85" Bleibt Bias reich und lieb doch/ wenn ſein Haus gleich brenn’t. Die Magd Epicharis mag unter Edlen gehen. Wenn ſich der Purpur gleich vom Mund und Antlitz trenn’t/ Bleib’t doch der Tugend Glantz in vollem Schimmer ſtehen. Zu dem laß Geld und Schnheit Wahren ſeyn/ Die weder Unglck raub’t/ noch Zeit in Staub verkehret. Was kan fr Luſt die Liebe zuckern ein/ Wo Gegen-Liebe nicht wird Liebenden gewehret? Pfleg’t Blum’ und Klee doch Bienen nicht zu taugen/ Woraus ihr Durſt nicht Honigſeim kan ſaugen: So muß ja ohne Milch verwechſelt-ſſſer Hold Das zarte Kind/ die Lieb’/ in erſter Wieg erblaſſen. Denn keine Gunſt beſeel’t Geſtalt/ Geſchlecht’ und Gold/ Ja auch das Lieben ſelbſt iſt ohne Tugend haſſen. So wehl’n die nun wol/ welche Seelen wehl’n/ Mit denen Tugend man zum Heyrath gutte krieg’t. Jhr Hoffnungs-Schiff kan nicht den Hafen fehl’n/ Wenn ber ander Gutt iedweder Sturmwind ſieg’t. 78 Kind/] Kind AB Kind/ C  Lieb’/] Lieb’ A Lieb B Lieb/ C 5 8 6 2 6 4 6 7 6 9 70 72 74

einbiſſen] einbſſen C Verſchmeh’t] Berſchmeh’t B Verſchmht C Brenn’t] Vrenn’t B  Sarch] Sarg C lieb] liebt C Purpur] Purper B vollem] vollen C in] im C  verkehret] verzehret A(Errata) verkehrt BC gewehret] gewehrt BC

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Blumen

Kein Eckel lß’t hier die Begierde ſincken/ Dem endlich ſelbſt die Schnheits-Roſen ſtincken. Die Seele ſpeiſ’t ſich hier mit keinen Aepffeln nicht/ Die Snden-Raupen nehr’n und Evens Seele ſtehlen. Denn Tugend iſt ein Baum/ den kein ſolch Wurm bekricht. Nun ſo haupt-ſchlich wol weiß auch Herr Haupt zu whlen. Die Tugend iſt ſein Lieb- und Heyraths-Ziel; Und ſeines Schatzes Schatz from/ klug/ und freundlich ſeyn/ !86" Ja/ wo man hier in Rechnung bringen wil/ Was unß der Zufall ſchenck’t und frembde ſammlen ein; (Denn auſſerhalb dem wahren Tugend-Ruhme Zehl’t man ſonſt nichts mit Fug zum Eigenthume.) So leg’t ihr die Natur der Zierde Kleinod bey/ Von Eltern hat ſie Glantz/ und was das Glck verleihet. Wer zweifelt nun: daß die recht Dorothea ſey/ Mit der er Tugend/ Stand/ Geſtalt und Gutt erfreyet? So ſegne nun der Himmel dieſes Band/ Und ſtreu’ auff Bett’ und Haus gewnſchte Luſt und Frucht. Jch ſehe ſchon/ mit was fr voller Hand Der Segen/ werther Freund/ ihn zu beruchern ſuch’t. Jch wnſche: daß aus den zwey Liebes-Bumen Verjngte Stmm’ und friſche Zweige kumen. Denn/ wo die Liebe ſo ihr Haupt-Gutt leget an/ Da pfleg’t’s in Jahr und Tag dergleichen Zinß zu tragen/ An dem die Mutter ſelbſt ſich ſichtbar ſpiegeln kan/ Ja der dem Vater pfleg’t ſelbſtndig nachzuſchlagen.

   95 dem] den A dem BC    88 nehr’n] nhrn C    90 whlen] wehlen C    94 frembde] fremde C    96 Zehl’t] Zhlt C 104 beruchern] bereichern C 106 kumen] keimen C 108 in] im B



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13.

Dreyfache Bildung der Liebe.

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DEr Himmel/ der ſein Oel muß von der Liebe nehmen Damit er bey der Nacht die Sternen-Ampeln fll’t/ Die Erde/ die durch ſie muß ihre Wurtzeln ſmen/ Das Waſſer/ deſſen Saltz aus ihren Adern kwill’t/ Sind mhſam ſmtlich ſich der Liebe zu bekwmen/ Jedwedes mahlet ab in ſich ihr Ebenbild. !87" Jm Himmel muß ihr Glantz zum Angel-Sterne werden/ Zu Perlen auf der See/ zu Roſen auf der Erden. Das Wunder der Natur die zucker-ſſſen Frauen/ Wer zweiffelt/ daß ſie ſind der Himmel dieſer Welt? Die Roſen-Saate ſtern’t auf ihren Wangen-Auen/ Die Morgenrthe ſteht den Haaren beygeſell’t. Die Brder Helenens kan man in Augen ſchauen/ Glaub’t/ daß vom Munde Blitz wie von der Sonne fll’t. Die vollen Mohnden ſind die aufgeſchwll’ten Brſte/ Der Liebe Nord-Stern dreht den Stern-Ball ihrer Lſte. Und ferner. Jſt nicht auch das ſchne Frauen-Zimmer Der Erde Paradiß ein Garten voller Luſt? Hier tilget Brand und Eiß die Schnheits-Blumen nimmer/ Die Raupe friſt hier nicht die weiche Lilgen-Bruſt/ Kein Sud entfrbet nicht der Lippen Roſen-Schimmer/ Die Anmuths-Veilgen ſind hier nicht der Weſpen Koſt/ Nein/ denn hier ſiht man nur die Wolluſt-Bienen ſaugen Den Zucker aus dem Mund’ und Flammen aus den Augen.

9 11 16 21 2 4

Frauen/] Frauen AB Frauen/ C Wangen-Auen] Wangen-Anen A Wangen-Auen BC dreht] treht A dreht A(Errata)BC Roſen-Schimmer] Roſen-Schwimmer A Roſen-Schimmer BC dem] den ABC

15 aufgeſchwll’ten] auffgeſchwell’ten B aufgeſchwellten C 2 0 Lilgen-Bruſt] Liljen-Bruſt C

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Blumen

Da denn die Liebe nun auf dieſen Wieſen weidet Da Balſam linder Hold biß in die Seele rinn’t/ Da ſtets der Wangen Feld mit Roſen ſteht bekleidet/ Da durch den Athem ſpiel’t der Sufzer Roſen-Wind/ Da Geiſt und Kuß ſich nicht vom Mund und Roſen ſcheidet Da auch die Brſte ſelbſt gekrn’t mit Roſen ſind/ Da keine Anmuth kan als auf den Roſen koſen/ So muß die Liebe ja nichts anders ſein als Roſen. !88" Die Perle/ die Scarlat und Jnfel muß bedecken/ Entſpring’t/ wenn Eos ihr die braunen Haare wſcht/ Des Mohnden Silber-Horn flſſ’t ein den Purpur-|Schnecken Den Thau/ dadurch ihr Mund den Durſt der Geilheit leſch’t/ Wenn dieſe nun die Milch der milden Sternen ſchmcken So kugelt ihre Brunſt den ausgeſog’nen Jſcht/ Die Sonne geuſt dazu die Klarheit ihrer Strahlen Und denn ſo glntz’t die Perl’ in ihren Muſchel-Schalen. Wie? deck’t die Liebe nicht auch Purpur und Kriſtallen/ Bemeiſtert nicht ihr Glantz Gold/ Diamant und Stein? Die Roſen-Lippen ſind die Muſcheln von Korallen Jn die ſich geuſt der Thau des Zucker-kſſens ein Der aus den Himmel komm’t der Freindligkeit gefallen; Die geile Zunge ſcheint die Schnecke ſelbſt zu ſeyn. Blitz’t nun ein klarer Strahl noch aus den Augen-Sonnen So iſt die Liebes-Perl im Hertzen ſchon geronnen. Und da die Venus ſelbſt in Perlen iſt geneſen Da eine Muſchel war der Venus ihre Schooß/ Da ihre Muttermilch iſt Schneckenblutt geweſen/ Da ſie mit Perlen zeucht die girren Tauben groß/ Da ſie die Perlen hat zum Antlitz außerleſen Als die Natur ihr Bild aus Helffenbeine gooß. Da Perlen Haupt und Bruſt/ der Liebe Rſthaus/ zieren/ Wie ſoll die Liebe nicht den Perlen-Tittel fhren?

5 5 Bruſt/] Bruſt ABC 56 Liebe] Lieb A Liebe BC 2 8 den] dem BC 33 Jnfel] Jnſel BC 45 komm’t] kmm’t B kmmt C  Freindligkeit] Freundlichkeit C



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Der Spruch Herr Bilizers iſt unſerm beygeleget/ Nun er in Hertz und Haus die ſchne Schmeiſſin nimm’t. Denn/ wo er nur den Brunn der Flammen recht erweget/ !89" So ſih’t er/ daß die Glutt in der ſein Troja ſchwimm’t Durch dieſe Helena/ durch dieſe ſey erreget/ Bey der der Angel-Stern der gldnen Schnheit glimm’t/ Bey der der Freindligkeit beliebte Roſen glntzen Der das bepalmte Haupt die Tugend-Perlen krntzen. Pfleg’t er den Himmel denn der Stirne zu beſehen Wie dar die ſchwartze Nacht der Augen-Sternen blitz’t/ So muß ſich ſein Magnet geneigter Sinnen drehen Jn welche Mitternacht ſie ihre Strahlen ſpritz’t/ Und weil nach ihrem heiſch ihm alle Winde wehen Kupido ſelber auch beym Steuer-Ruder ſitz’t/ Geſteh’t ſein Hertz und Mund uns und der Liebe gerne: Der Liebſten Augen ſind des Brutgams Angel-Sterne. Lſt er die Augen denn hin auf ihr Antliz ſchiſſen/ So weiſ’t ſolch Garten ihm der Schnheit Tulipan’/ Der Liebſten Freindligkeit ergetz’t ihn mit Narziſſen/ Die Keuſcheit ſtrahlet ihn mit Lilgen-Blicken an. Macht er daß Seel’ und Seel’ auf Roſen ſich bekſſen So kommt ſein ſchwacher Geiſt auf den gemeinen Wahn; Der Liebſten ſſſer Kuß vermhle Roſ’ und Flammen Und ziehe Seel’ und Seel’ auf ihren Mund zuſammen. Treib’t denn ein Liebes-Wind die Segel ſeiner Sinnen Auff ihrer Marmel-Bruſt noch unbeſchifftes Meer/ So wird er unvermerckt in dieſen Wellen innen/ Die Venus ſchwimm’ allhier auf zweyen Muſcheln her. Sieht er die Anmuths-Milch nebſt den Rubinen rinnen 7 9 Liebſten] Lieſten A Liebſten BC 81 Treib’t] Teibt’t A Treib’t B Treibt C 8 5 Rubinen] Rubinnen A Rubinen BC 6 3 6 4 6 5 6 6 75 76

Freindligkeit] Freundlichkeit C bepalmte] pepalmte B den Himmel] fehlt B am erſten C dar] da C Freindligkeit] Freundlichkeit C Lilgen-Blicken] Liljen-Blicken C

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Blumen

Und wie der Schnee hier nicht von Flammen ſtehe leer !90" Daß niemand hier voll-auf die Perlen knne leſen/ So iſt die Liebes-Perl’ ihm gleichfalls hier geneſen. Glck zu! verliebtes Paar der Nord-Stern ſſſer Freuden Durchſtrahl’ Euch fort fr fort der Unluſt Mitternacht! Laſt Seele/ Leib’ und Geiſt auf Liebes-Roſen weiden/ Die kein betrbter Dorn des Unglcks ſtachlicht macht/ Kein Eßig wage ſich die Perlen zu zerſchneiden Auf derer Liebligkeit die Wolluſt ſpiel’t und lacht. Die Anmuth laſſe nie nicht ab euch lieb zu koſen So lange ſchein’t und blh’n Perln/ Angelſtern/ und Roſen.

14.

Siegender Cupido.

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ALs nechſt die Zeit zur Braut/ die Erde ſchwanger ward/ Das Ufer Lilgen trug/ der Dornſtrauch Roſen brachte; Fiel Cythereens Kind mit gantz verliebter Arth Der Mutter umb den Hals/ der voller Perlen lachte. Vergnne/ fieng er an/ du ſſſe Mutter/ mir; Weil morgen Titans Schein dir ein Geburths-Licht zeuget/ Auf welches die Natur muß Weyrauch opffern dir: Daß dein hertzliebſtes Kind in deinen Tempel ſteiget. !91" Ja/ ſprach ſie/ ja/ zeuch hin/ iedoch nach Paphos nicht/ Umb nicht zu ſchau’n/ wie man dar mein Altar entweihe. Mein Thron iſt nicht mehr dort/ die Ampeln ohne Licht/

96 Perln/] Perln A Perln/ BC 9 4 2 4 5 6

Liebligkeit] Lieblichkeit C Lilgen] Liljen C umb] um C fieng] fing C zeuget] zeiget BC



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Rosen109

Jch ſme nichts mehr hin als Haß und Pfeil’ aus Bleye. Budorgis ſchne Stadt iſt itzt mein Salamis/ Und meiner Nymphen Bad am gelben Oder-Strande. Dahin fleuch. Denn da wchſ’t der Zucker ſſſer Kß’/ Und tauſend Seelen gl’n von meiner Fackeln Brande. Eh’ als das letzte Wort von Venus Lippen raan/ Durchdrang er als ein Wind das weite Feld der Winde. Das Ruder war ſein Pfeil/ der Kcher war ſein Kahn/ Die Wolcken ſeine See/ das Segel ſeine Binde/ Der Hafen ſeiner Fahrt der Mittelpunct der Stadt; Auß welcher ihm Zibeth und Ambra ſtieg entgegen. Was gilt’s: daß Venus hier Altar und Opffer hat? Wo wir/ ſprach er/ das Kwll der Liebe ſtiften mgen. Des Kindes Meinung wuchſ’/ als umb’s erkieſte Hauß Der Blumen-reiche Marckt voll heilg’er Tauben lebte. Es putzte die Natur nicht nur die Zimmer auß; Die Seiten kleideten/ was Mohr’ und Perſe webte. Jn tauſend Schachteln war von tauſend Krutern Saft/ Muſcaten/ Zimmet/ Oel/ Hartzt/ Balſam von Jdumen/ Und was Cambaja ſchickt/ ja der Metallen Krafft/ Auch des Satyrions Krafft-reiche Liebes-Blumen. Dis/ fieng er lchelnd an/ iſt meiner Mutter Kraut/ Mit dem ſie dem Adon das Lieben eingegeben. Hier muß ihr Myrten-Wald/ ihr Garten ſein gebau’t/ Der Liebreitz meiner Glutt in tauſend Seelen ſchweben. !92" Des Kindes Vorwitz drang durch iegliches Gemach/ Jn keinem aber glam ein Funcken ſſſer Liebe. Leucatens Wunder-Fels/ Silemnus kalte Bach Kan nicht wol leerer ſeyn von ſſſem Liebes-Triebe. Hegt man zu meinem Schimpf hier Zunder ohne Brand? Wrkt hier mein Anmuths-Oel/ was kalte Wolfs-Milch ſtifftet? Rhrt man an meinen Pfeil mit unverletzter Hand? 2 0 Der Vers in A doppelt. 17 2 5 4 0 41 4 2

raan] ran C umb’s] um’s C von] vom B meinem] meinen C Wrkt] Wirckt C

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Blumen

Spielt man mit Schlangen hier/ und bleibt doch unvergiftet? Rief er/ und goß zugleich in Gold und Porcellan Den Balſam/ welcher ſelbſt von Venus Lippen rinnet/ Durch den ſie todte Stein’ und Schnee begeiſtern kan: Daß ein Pigmalion auch Marmel lieb gewinnet. Hierauf ſtellt’ er ſich ſtracks Polychariſten fr/ (Denn deſſen Haus war es) wiewol in frembdem Kleide. Ach! ſprach er/ ach! wer gibt ein heilſam Pflaſter mir? Daß meine Mutter nicht ſo grimme Schmertzen leide. Sie fhlt von einem Dorn im Fuſſe Pein und Brand. Polychariſtus wil mitleidend Rath ertheilen; Sucht Salb und Artzney auf/ und kriegt gleich in die Hand Den Balſam/ ja das Gifft das kein Galen kan heilen. Das Liebes-Oel drang ihm in Marck und Adern ein/ Die Angſt umbfieng den Geiſt/ Begierde ſeine Sinnen. Sein Hertze ward ein Meer/ die Glieder Marmelſtein/ Ja Circe htte nicht ihn mehr verwandeln knnen. Diß iſt die Wunder-Krafft der Liebe/ ſie verkehrt Den Jupiter in Gold/ in Schwan/ in Bock/ in Flammen/ Apollo wird ein Hirt/ und der Neptun ein Pferd/ Alcides lernt/ wie man den Rocken legt zuſammen. !93" Er liebt’ und wuſte nicht: daß es die Liebe war. Des Hertzens Glutt hielt’ er fr rgſte Kranckheits-Zeichen; Wiewol ſolch Feuer ihm anmuth’gen Trieb gebahr. Er ließ ihm Perlen-Trnck’ und krfftig Labſal reichen. Umbſonſt! der Mohnde leert ſein Thau-Horn auf kein Kraut/ Die Sonne wrck’t kein Ertzt in tiefſter Schoos der Erden/ Durch das ein Artzt die Lieb’ ihm zuvertilgen traut/ Er fhlt: daß die Artzney Jhm wil zu Giffte werden. Wo ſucht ein Krancker ſonſt als beym Machaon Rath? Polychariſtus meint Galenens Rath zu pflegen. Als aber er den Fuß auff erſter Schwellen hat/ Fhlt er der Seele Brand mit mehrer Krafft ſich regen. Jndeß lßt Cypripor ihn in ein Zimmer ein/

5 0 53 58 69

frembdem] fremden C einem] einen BC  Fuſſe] Fuß B umbfieng] umfing C Umbſonſt] Umſonſt C



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Rosen111

Wo ſtatt des Artztes ſich ſein liebes Kind befindet; Die/ rief er ber laut/ ſol deine Aertztin ſein. Denn die hat deinen Geiſt liebreitzend angezndet.   Ein einig ſſſer Blick verzuckert’ ihm die Pein. Cupido ſamlete vom Munde die Korallen/ Die Perlen von der Bruſt/ von Wangen Roſen ein. Ja ihre Anmuth ließ darzu ihr Nectar fallen Zu heilen ſeinen Schmertz/ zu leſchen ſeine Glutt. Was/ ſagt’ er/ wunder’ ich mich meiner Flammen halben? Suſannen haben Krafft zu brennen in der Flutt; Alleine dieſe reicht auch fr das Feuer Salben. Wahr iſt’s: die Schnheit iſt Achillens Spieß und Schwerd/ Die einen Telephus verletzt und wieder heilet. !94" Die Schnheit iſt ein Gift das tdtet/ und doch nehrt; Ein Blitz/ der Ruh zerſtrt/ und Unmuth doch zertheilet; Ein Brand/ der Stdte tilg’t/ und Lnder doch erhlt; Ein Pfeil/ der Wunden kerbt/ und gleichwol Luſt erwecket; Durch ſie ward Troja Graus/ doch Rom das Haupt der Welt/ Ein Wein/ der Wermuth iſt/ und doch wie Zucker ſchmecket. Ja! wo nur Anmuths-Thau die Liebes-Pflantze nehrt/ Wo ſſſe Seelen-Milch der Gegen-Liebe kwillet. Denn/ was nicht wieder lieb’t/ iſt keines Liebens werth. Wol denn/ ſprach Cypripor/ nun ſey mein Wunſch erfllet! Hier dieſer gldne Pfeil hat dieſe Kraft und Arth: Daß auch Penelopen brennt meine Liebes-Kertze. Und eh’/ als es dis Bild der Keuſchheit inne ward/ Durchdrang ſein Pfeil die Bruſt/ der Liebes-Reitz ihr Hertze. Glck zu! verliebtes Paar/ nun iſt mein Zweck erzielt. Ja meine Mutter wird mich biß in Himmel heben: Daß itzt der Oder-Strom auch mein neu Feuer fhlt. Das Hochzeit-Bette wird ihr ein Altar abgeben/ Jhr Opffer ſoll dis Paar verliebter Hertzen ſeyn. Was aber wird man mir fr Sieges-Seulen machen? Eh’ als zweymal die Sonn’ in Krebs wird treten ein/ So ſol mein Ebenbild in einer Wiege lachen. !95"

8 5 leſchen] lſchen C 8 6 wunder’] wundre C 91 nehrt] nhrt C

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Blumen

15.

Roſen-Liebe.

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WEm pflantz’t der Liebe Geiſt nicht Lieb’ und Flammen ein? Man ſieht’t das Liebes-Oel in Sternen-Ampeln brennen. Die angenehme Glutt kan nichts als Liebe ſeyn/ Fr der ſich muß der Thau von Phbens Schleyer trennen. Der Himmel lieb’t der Erde ſchnen Ball/ Und blick’t zu Nachte ſie mit tauſend Augen an. Sie auch: daß ſie dem Himmel wolgefall’ Flicht in ihr grnes Haar Klee/ Lilgen/ Tulipan. Die See und Flſſe fhl’n ſelbſt ſſſe Liebes-Flammen; Ja Arethuſens Kwll und Alpheus kreucht zuſammen. Man ſieh’t die Natter-Zucht mit der Murene ſpiel’n; Die Schlangen tdten ſich durch brnſtge Liebes-Biſſe. Das Ertzt muß Brand und Pein in ſeinen Adern fhl’n/ Der Stahl gib’t dem Magnet/ die Muſchel Muſcheln Kſſe. Jſt ferner dis der Liebe Wirckung nicht? Wenn ſich der Rebenſtock umb Ulmen-Bume ſchleuſt/ Wenn Eppich ſich umb Mandel-Bume flicht/ Und/ da man ſie zertheil’t/ gar Thrnen-Salz vergeuſt. Fr-aus ſieh’t man dis Gift ſo ſehr in Blumen brennen: Daß man Rth’ und Geruch mag Brand und Seufzer nennen. !96" Der Veilgen Blſſe ſucht aus Liebes-Kummer Ruhm. Jm Schnee der Lilgen glimm’t und kum’t der Liebe Samen. Die Liebe ſelber mahl’t die frhe Merzen-Blum’ Und ſchreib’t auf ieglich Blatt des Ajax holden Namen. Der Hyacinth und Anemonens Pracht

8 in] ihn A in BC  grnes Haar] grns eHaar/ A grnes Haar/ BC 11 ſieh’t] ſie’ht A ſieh’t B ſieht C 4 5 8 16 19 22

Fr] Vor C  Phbens] Phbus BC ſchnen] ſchne B Lilgen] Liljen C umb] um C  Ulmen-Bume] Ulme Baume B Ulme-Bume C Fr-aus] Voraus C Lilgen] Liljen C  kum’t] keimt C



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Rosen113

Wird von verliebtem Aug’ iedweden Tag bethau’t; Ja Lieben hat zu Blumen ſie gemach’t. Schau’t/ wie die Sonnenwend’ auf ihren Buhlen ſchau’t! Wo nun die Liebes-Glutt die Blumen kan entznden/ Wird man an Roſen leicht die grſten Flammen finden. Denn/ iſt die Roſe nicht der Blumen Knigin? Ein wunder-ſchnes Kind der Sonnen und der Erden? Jhr Purpur ſticht den Glantz des Schnecken-Bluttes hin. Kein Wurm-geſpinſte kan ihr nicht verglichen werden. Sie iſt der Kern und aller Grte Zier; Das Auge des Aprils/ des Frlings Edelſtein. Der Krantz iſt Gold/ der Rock Scarlat an ihr; Der Weſt-wind biſam’t ſich durch ihren Athem ein. Die Sonne mag genenn’t des Himmels Roſe werden; Die Roſe bleib’t und iſt die wahre Sonn’ auff Erden. Ja Roſen ſollen noch ein Liebes-Labſal ſeyn/ Und in den Feldern ſtrahl’n der abgelebten Seelen. Nicht nur Proſerpine flocht’ in ihr Haar ſie ein: Als Orpheus Leyer drang biß zu der Geiſter Hlen/ Und ſeine Brunſt Eurydicen zog nach/ Kroch Cypripor mit ihm bis in den Myrten-Wald/ Wo Dido mit Medeen ſich beſprach. Jhr Eyfer kreutzigte den Buben alſobald; Und peitſcht’ ihm durch und durch die Glieder bis zum blutten. Ein Myrten-Baum war’s Creutz/ die Roſen waren Rutten. !97" Kein Perſ’ hat ie ſein Kleid zu gleichen ihr begehr’t. Der Araber verſchmeh’t fr ihr des Balſams Gaben. Auch Aberglaube glaubt der Roſen hohen Werth/ Wenn Mahumeths ſein Schweiß ſie ſol gezeuget haben. Die Perle giebt nebſt dem Rubin ihr nach. Denn Venus hat ſie ſelbſt bepurpert durch ihr Blut/ Als ſich ihr Fuß in ihre Dornen ſtach; Ja ihren Schnee vermhlt mit ihrer Anmuths-Glutt/ Cupido hat auf ſie durch ſeinen Pfeil geſchrieben:

3 5 4 3 5 2 5 5

der] ein BC  Grte] Grten C Proſerpine] Proſerpin’ C  ihr] ihre C verſchmeh’t] verſchmht C giebt nebſt] giebet nechſt C

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Blumen

Die Roſe ſey beliebt/ und knne ſelber lieben. Der Vorwitz/ der die Welt noch ſchner hat gewolt/ Hat einsmals der Natur den Mangel ausgeſtellet: Daß iede Blum’ und Ertzt nicht wehre Roſ’ und Gold. Jtzt ſcheint’s daß auch mein Freund auf dieſe Meinung fllet. Zwar/ wo die Ohl’ und Oder ſich vermhl’n Jm Garten Schleſiens/ ſtrahlt manch Narciſſen-Kind/ Und man kan dar viel Tulipanen zehl’n/ Wo zwar die Bltter ſchn/ nicht aber riechend ſind; Jhn aber ſehen wir ihm eine Roſ’ erwhlen/ Der Zierden und Geruch der Tugenden nicht fehlen. Sieht er den Außen-Glantz erkieſter Roſe ſtehn; So iſt Mund/ Wang’ und Bruſt mit Roſen rings beblhmet. Wenn auch zu Jericho die Roſen ſchon vergehn/ Und die Semiramis in ihren Grten rhmet/ So ſieht er die doch unverwelckend blhn. Denn ihre Freundligkeit hegt ſteten Frling hier. Geſtzt auch: daß auf Schalen von Rubin Die Roſe Honig-tranck der Biene dort ſtzt fr: !98" So fllt doch dieſe Roſ’ Adraſten mehr die Augen. Ja ſeine Seele kan hier Roſen-Zucker ſaugen. Kein nur-geſchmincktes Gift klebt dieſer Roſen an/ Man ſieht manch ſchdlich Kraut ſonſt oft mit Purper prangen; Ja aus geſundem Klee/ der Bienen ſpeiſen kan/ Zihn Weſpen faulen Schleim/ vergiftet Eyter Schlangen. Hier aber iſt kein ſolch falſch Safft zu ſprn. Die Keuſchheit waffnet ſie mit Dornen fr Gefahr: Daß ſie kein Wurm/ kein Kefer darf berhrn. Jhr Oel erhellt auch nur der Tugenden Altar. Ja in den Roſen ſieht man Laſter-Molch erſticken/ Die reine Seelen ſonſt durch ihre Krafft erkwicken.

6 2 63 64 76 82 83

ausgeſtellet] vorgeſtellet C wehre] wre C Jtzt] Jtzts C Freundligkeit] Freundlichkeit C Purper] Purpur C Bienen ſpeiſen] Bienenſpeiſe B Bienen Speiſe C



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Rosen115

So rhme Chloris nun gemeiner Roſen Brunſt/ Daß ieder Morgen ſie mit Thaue mſſe khlen. Die Stauden nehrn in ſich nicht Hold und wahre Gunſt; Dort ſcheinet die Natur mit Tocken nur zu ſpielen; Und Blumen ſind nicht fhig ſſſer Pein. Denn auſſer der Vernunfft mag einig Schatten zwar; Doch keine Gunſt/ nicht Gegen-Liebe ſein. Uns aber macht die Braut durch Lieb’ und Liebreitz wahr: Die Seele ſugt und ſaugt die Lieb’ als Roſ’ und Bienen. Verliebte Roſen ſind verliebende Roſinen. Jn ſolchen Pflantzen wchſt der Zucker dieſer Welt. Dis ſind die Wrckungen die in den Roſen ſtecken. Wer ſolche kluge Wahl in Blumen leſen hlt/ Kan rechten Honigſeim verliebter Roſen ſchmecken. So blhe denn ſtets dieſe Roſ’ in Ruh! Der Himmel thaue Luſt und Wolfarth ber ſie. !99" Kein Unglcks-Sturm fg’ ihr ein Unheil zu! Daß manche junge Roſ’ aus ihren Knoſpen blh’! Ja wol! ſo bald ſich wird der Lentz mit Roſen ſchmcken/ Wird ein jung Rſichen aus dieſer Roſe blicken.

   91 Roſen Brunſt] Roſen-Brunſt ABC    93 Gunſt;] Gunſt- A Gunſt. BC 108 manche] manch A manche BC    93 nehrn] nhrn C    97 Gunſt/] Gnnſt- B Gunſt C 103 in] im BC 110 Rſichen] Rſchen auch C

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Blumen

16.

Braut-Gedancken Uber

Auffſetzung der Haube.

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MUß nun mein gldner Lentz der Jungfrauſchafft verblhen; Nun Erd und alle Welt in vollem Frhling ſteht? Jch ſehe Blum’ und Krantz fr Aug’ und Haaren fliehen; Da iede Nais doch itzt auff Narciſſen geht. Man ſieht auch Felſen ſich mit Nelcken berziehen/ Mit Purper-Blumen iſt der Diſteln Haupt erhht. Die Roſe krntzt den Dorn/ den Himmel Regen-Bogen/ Und meiner Scheitel wird nun Blum und Krantz entzogen. Was aber hab’ ich denn fr den Verluſt empfangen? Weil man im Wechſel ja meiſt Nutz und Vortheil liebt? Mit was nun werdet ihr/ ihr braunen Haare prangen/ Die ihr der Chloris ſelbſt vor Ziel und Maß vorſchriebt? Jſt etwan wol von mir ein Glaucus-Tauſch begangen? Dem Diomed’ fr Gold gemahltes Kupfer giebt? Nein! weil die Liebe mir ja ſelbſt die Haub’ aufſetzet/ So kan kein Krantz ſo hoch als Hauben ſeyn geſchtzet; !100" Wie aber mag ein Garn bey ihr den Preiß verdienen? Hat ihrer Brſte Milch die Lilgen nicht gezeugt? Jhr Blutt verkehrt den Schnee der Roſen in Rubinen/ Und Blumen-Krntze ſind ſtets umb ihr Haubt gebeugt. Die Veilg’ hat den Geruch vom Hauch der Ericynen; So iſts: die Liebe ſelbſt iſt Blumen zwar geneigt Weil ſie ein Kind noch iſt; kommt aber ſie zu Jahren/ Lßt ſie fr Haub’ und Frucht leicht Krantz und Laubwerck fahren.

20 Blumen-Krntze] Blumen. Krntze A Blumen-Krntze BC 22 geneigt] genei/t A geneigt A(Errata)BC 6 Purper-Blumen] Purpur-Blumen C  Diſteln Haupt] Diſtel Haupt B Diſtel-Haupt C 18 Lilgen] Liljen C 20 umb] um C

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Rosen117

Es mißt des Krantzes Werth der Blumen eignes Leben/ Frh ſcheinet ihr Geburths-/ des Nachts ihr Sterbe-Licht. Die Lilgen/ die auf Hals und Schoos und Brſten ſchweben/ Die Tulipen/ die uns beblhmen das Geſicht’/ Sind Blumen/ die mehr Glantz und Anmuth von ſich geben; Den Lippen gleichet ſich die Zucker-Roſe nicht. Aus dieſen Blttern lßt ſichs ſſſe Krntze winden/ Wenn Tulipanen/ Roſ’ und Lilgen ſchon verſchwinden. Was aber deutet’s an: daß uns verliebte Frauen Die Venus und ihr Kind mit einem Netze ſchmckt? Wenn Stier und Phaſian des Stellers Garne trauen/ Sieht beider Einfalt man in Dienſtbarkeit beſtrickt. Wahr iſt es: daß auch wir uns im Gefngns ſchauen; Der aber liebkoſt uns/ der uns ins Netze rckt; Und durch mehr Fenſter kan man in die Freyheit blicken/ Als Fdeme ſind dar/ die uns den Geiſt beſtricken. Ja in dem Garne ſind ſo Zuckerſſſe Beeren/ Fr welchen Bienen-Safft und Nectar bitter ſchmeckt; !101" Gekirnter Vogel-Leim/ von dem ſich Seelen nhren/ Und mildes Himmel-Brod/ das Venus ſelber bckt. Die Kſſe/ die ihr euch/ ihr Jungfraun/ laſſt gewehren Sind blthen nur der Luſt/ die in den Aepfeln ſteckt. Jhr wrdet/ ſoltet ihr nur einen Vorſchmack haben/ Jn dieſes Garnes Sarch bald euren Krantz vergraben. Wie? aber ſol dis Garn denn einen Sarch abgeben/ Und mgen wir uns ſelbſt die Todten-Grber ſeyn? So iſts: die Spinne ſpinnt ſich todt in Spinnen-weben; Der Seiden-Wurm webt ihm ſelbſt ſeinen Grabeſtein. Der Fiſch und Vogel bleibt an Leim und Angel kleben/

2 6 Geburths-/] Geburths- AC Geburthts- B 2 7 31 3 2 3 7 3 9 4 8 4 9

Lilgen] Liljen C ſichs] ſich C Lilgen] Liljen C Gefngns] Gefngniß C Freyheit] Feyheit B Sarch] Sarg C Sarch] Sarg C

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Blumen

Die Motte grbet ſich in holde Flammen ein. Hier falln der Jungfrauſchafft zwar auch die Leichen-Brette/ Doch iſt der Tod nur Luſt/ der Sarch das Hochzeit-Bette. Wolln aber wir uns ſelbſt in Sarch und Garn verſchlſſen? Das Netze/ welches uns reicht Hymeneus dar/ Jſt ja ein Theil von dem/ das Venus hat zerriſſen/ Als ſie und Mars beſtrickt von dem Vulcanus war; Zum Zeugns ihrer Macht und ihrer Siege mſſen Wir dieſe Sieges-Fahn erhhn auf Haupt und Haar/ Und lehrn; daß/ wenn auch wir ſchon ſelbſt im Netze liegen/ Doch Seelen feſſeln ein/ und ber Gtter ſiegen. An keinem Argos ſtehn die Augen ſo ſehr dicke/ Egyptens Jſis ſtrutzt mit ſo viel Brſten nicht/ Als eine ſchne Frau an ſich hat Liebes-Stricke; Als Seelen-Netze ſtellt ein Himmliſches Geſicht. !102" Der Augen Liebes-Garn ſind die verbuhlten Blicke Kein Haar iſt/ welches nicht ein Mannes Hertz umbflicht. Die wiſſen/ die einmal nur einen Kuß empfangen: Daß Lippen Angeln ſind/ darmit wir Seelen fangen. Kein Drat-Garn fngt den Fiſch/ der in dem Waſſer brennet/ Und gleichwol bindet ihn ein Garn aus Frauen-Haar. Der/ der der Feinde Seil als modernd Tacht zertrennet/ Lernt: daß ein Weib mehr kan/ als der Philiſter Schaar. Der Drach und Rieſen hat den Vortheil abgerennet/ Nimmt bey der Omphale der Mnner Schwachheit wahr; Daß Helden/ wenn wir ſie wolln in das Netze ſchlſſen/ Uns ihrer Seelen Garn ſelbſt ſpinnen helffen mſſen.

6 1 Siege] Siege/ ABC 70 Mannes] mannes A Mannes BC 5 6 57 61 70 73 75 80

Sarch] Sarg C Sarch] Sarg C Zeugns] Zeugniß C umbflicht] umflicht C dem] den BC als] aus BC  Tacht] Tracht BC Uns] Und BC



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Das weiſe Grichen-Land weiß Beyfall uns zu geben/ Wenn es die Venus ſetzt den dreyen Parcen bey. Wir drehn die Fedeme zu aller Mnner Leben/ Und reiſſen wieder ſie/ wenns uns gefllt/ entzwey. Wer weiß nicht: daß wir Glck und Fall auch Vlckern weben/ Daß Trojens Lacheſis ein Weib geweſen ſey. Ja unſers Garnes kan ſich keiner nicht entſchtten/ Als bis ihm Atropos den Faden hat zerſchnitten. Jn dieſem Netze liegt nun auch mein Schatz gefangen/ Der meiner Freyheit hat ein Fallbrett auffgeſtellt. Er mag mit meinem Krantz’ als ſeiner Beute prangen/ Und daß der Haube Garn mein Haubt umbſchrencket hlt. Sein freyer Geiſt hat ſich in ein ſolch Garn vergangen/ Mein Liebreitz ſeinen Witz in Labirinth gefll’t; Wo ieder Theſeus/ der des Rckwegs nicht wil fehlen/ Jhm eine Venus muß zur Ariadne wehlen. !103" Denn in der Liebe giebt’s mehr Retzel auszulegen/ Als ſeine Themis ihm in Rechten ſtellet fr; Als ein Salgado kan von Glubigern erregen; Und der ſonſt nirgends irrt/ verwirret ſich allhier. Jn Augen darff ſich nur ein holder Blick bewegen/ Er bringet ſeinen Geiſt gefangen her zu mir. Hat ſeine Seele denn gar Kuß und Luſt empfunden So iſt Andromede ſo nicht/ wie er gebunden. Dis iſt das holde Garn/ das auch den Simſon bindet/ Das Netze/ welches Reh und Lwen feſſeln kan/ Ein Strick/ der Zwerge fngt/ und Rieſen berwindet/ Die Angel/ welche hlt/ beißt gleich ein Wallfiſch an. Jhr Schweſtern/ die ihr euch noch nicht im Garne findet/ Werfft euren Hamen aus/ und folget meiner Bahn/ Die aber muß zuvor der Haube Netz erlangen/ Die in der Luſt-See wil den gldnen Dreyfuß fangen.

8 3 8 4 8 8 9 2 9 9

Fedeme] Fdeme BC wenns] wenn BC Atropos] Artopos C umbſchrencket] umſchrencket C Salgado] Salgoda C

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Blumen

Ja/ was noch gldner iſt alß Gold/ iſt hier zu fiſchen/ Und unſer Liebes-Garn zeucht kein mal berhin. Die Klugheit ſelber kan dem Hamen nicht entwiſchen. Mein Liebſter ſelbſt geſteht: daß ſein verſchmitzter Sinn Sey ein beſtanden Wild in Venus-Myrthen Pſchen/ Mein ſſſer Anmuths-Trieb ſey ſeine Jgerin/ Mein Liebreitz ſey mein Pfeil/ die Freindligkeit ſein Netze/ Ja daß die Haub’ ich nur zum Sieges-Krantz aufſetze. !104"

17.

Reine Liebe.

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DJe Liebe lag verſteckt/ wie Feuer in dem Stahl’/ Es ließ ſich Menſch und Thier und Welt noch nichts gelſten; Dione wuſte nichts von Bogen/ Pfeil und Strahl/ Sie ſoog die Saltz-Milch noch aus Thetis Perlen-Brſten; Als Kron und Thron der Welt und aller Seelen Schaar Der ſchnden Jungfrauſchafft mißbrauchtes Erbtheil war. Jhr Zepter war aus Eys/ ihr Knigs-Krantz aus Bley/ Die Keuſchheit war ihr Stuhl/ die Feindſchafft ihr Geſetze. Jhr ſchnee-gefrornes Reich die Seelen-Tyranney; Die Anmuth war beſtrickt in ein Vulcanus-Netze; Weil noch kein Thau und Kuß auf Roſ’ und Lippen ſchwam/ Und in der Hertzens-Glutt kein Liebens-Weyrauch glam. Die Welt war ohne Luſt/ gantz Zypern ohn Altar/ Die Ampeln ſonder Oel/ die Fackeln ohne Flamme/ Weil Schertz und Buhlen noch ein nichtig Unding war/

     4 Thetis] Theitis A Thetis A(Errata)BC      5 Seelen Schaar] Seelen-Schaar ABC 1 14 119      1    14

zeucht] zeuch BC Freindligkeit] Freundlichkeit C wie] im C Ampeln] Ampel C



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Der holde Himmel ſelbſt/ der wilden Gramſchafft Amme; Die Sternen fhleten noch keine Liebes-Krafft/ Kurtz: Aller Abgott war die ſchnde Jungferſchafft. Jn deß wuchs unſer Heil und Himmel in der See Die Perle dieſer Welt in einer Muſchel-Schnecke. Der Zucker aus der Flutt/ das Flammen-Kwell aus Schnee; Es fand ſich Blth und Frucht auf die vor leeren Stcke; !105" Nach dem das blaue Saltz neun Monden Schwanger war/ Und mit der Ziprien die ſſſe Brunſt gebahr. Die Mutter ſſſer Pein/ die man die Liebe heißt/ War vor zwey Stunden kaum gekrochen aus der Schalen/ Da fhlten Menſch und Welt ſchon einen frohern Geiſt/ Die Seelen neue Glutt/ die Augen neue Strahlen/ Die Brſte ſchwellten ſich durch einen neuen Trieb/ Ja nichts nicht war ſo todt/ das ohne Regung blieb. Denn Venus pflantzte ſelbſt den Uhrſprung ihrer Pein/ Die Wurtzel bittrer Luſt/ den Saamen ihrer Frchte/ Und der Begierden Kum den zarten Hertzen ein; Jhr Kind Cupido ſchrieb in iedes ſchn Geſichte Der Liebe Satzung auf. Die Tinte war die Glutt/ Die Feder war ſein Pfeil/ und ſein Papier das Blutt. Bey Menſchen ſproſſeten die Anmuths-Roſen aus/ Die vor der Unholds-Froſt in Knoſpen hielt verſchloſſen. Jhr krfftig Biſam roch bis in der Gtter Hauß; Auf ihre Bltter kam nur Sternen-Thau gefloſſen. Der Adern Blutt-Brunn goß den Saft den Wurtzeln ein/ Holdreicher Liebreitz war ihr fruchtbar Sonnenſchein. Jn dem die Liebe nun in reiffer Blthe ſtand/ Ward Staude/ Laub und Frucht der Unholds-Raute drre. Jhr Gift/ das man zuvor fr Nektar hatt’ erkannt/ Verſuerte nicht mehr der Lippen Trinckgeſchirre; Weil itzt der Eckel erſt nam ihre Schleen wahr/ Und ihre Schmincke ward den Augen offenbar. !106"

16 Gramſchafft] Grawſchafft A Gramſchafft BC 4 4 Unholds-Raute] Unholts-Laute A Unholds-Raute A(Errata) Unholds-Laute BC 3 2 den Saamen] der Sammen C 3 4 in] ein BC

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Blumen

Hingegen ſahe man die Nelcken heiſſer Brunſt/ Die Lilgen reiner Treu/ der Freindligkeit Narciſſen/ Der Schnheit Hyacinth/ die Veilgen milder Gunſt/ Die Tulpen gldner Luſt auf iedem Bth’ aufſchieſſen. Der Thau war Thrnen-Saltz/ das aus den Augen ſtßt/ Wenn man die erſte Nacht der Braut den Grtel lſt. Das Schimmern/ das alldar durch Laub und Myrthen ſtach/ War der beliebte Blitz der hellen Augen-Sonnen/ Verliebter Kruter Saft war eine zucker-bach/ Die durch das Honig-Rhr der Zunge kam geronnen. Der Weſtwind/ der damals durch alle Grte ſtriech/ Stieß der Verliebten Bruſt mit Seufzern ber ſich. Das Blumwerg und das Graß fieng ſelbſt zu buhlen an/ Sein blaſſer Silber-Thau war nichts als Liebes-Thrnen. Sein Feuer rthete ſo Roſ’ als Tulipan/ Und ihr Geruch war nichts als Seufzen reiches Sehnen; Der Brunnen kalt Kriſtall fieng dieſes Zunders Gluth; Das Meer gerieth in Brand/ und auch Alpheus Flutt. Ach! aber wenig Zeit genoß man dieſe Frucht/ Das Zucker-Kwell verſieg/ die Wurtzel ward verſchnitten. Man fand nur Wermuth-Kraut/ wenn Honig ward geſucht/ Der Dornenſtrauch beſchloß die Roſen in der mitten. Es ward an ſtatt der See der Abgrunds-Pful beſchifft/ Und kurtz: die Liebe ward verkehrt in Gall und Gifft. Dione ſelber ließ nicht mehr aus ihrer Bruſt Die ſſſe Wolluſt-Milch auf ihre Bltter rinnen. !107" Denn Mißbrauch gattete ſich mit der reinen Luſt Und Wolffs-Milch mhte ſich ſtets Wurtzeln zu gewinnen. Der Keuſchheit bldes Aug’ und Antlitz war beſchmt/ Weil aller Welt-Kreiß ſchier mit Geilheit war beſmt. Was? ſprach die Knigin der Liebe/ ſol mein Wein Das Mchſel ſchwartzen Gifts/ die Wrtze bitrer Speiſen/

65 Zunders Gluth] Zunder Gluth A Zunders-Glut B Zunders Glut C 5 0 59 61 68

Freindligkeit] Freundlichkeit C ſtriech] ſtrich C Blumwerg] Blumwerck BC ward] war C



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Mein Purpur-Kleid ein Neſt der Snden-Molche ſeyn? Auf Zipripor! wirf weg das Gold! nim Bley und Eiſen/ Und gieb der frechen-Schaar der Menſchen zu verſtehn: Es knn’ auch Rach’ und Haß von unſrer Seene gehn. Die ſchon halb de Welt/ wie weit der Mohnd’ auf ſie Sein Silber Tau-Horn leert/ fiel fr Dionens Fſſen/ Den Weyrauch opfernde der Andacht/ auf die Knie/ Die Flammen ihres Zorn’s mit Thrnen zu begieſſen/ Und auf dem Shn-Altar der Demuth durch die Glutt Der Andacht zu verzehrn der Geilheit Schlangen-Brutt. Die Gttin und die Frau der unverflſchten Gunſt Ließ umb ihr Paphos ſtracks die Anmuths-Sonne leuchten; Jhr Blitz der Freindligkeit durchdrang den Unholds-|Dunſt/ Ein neuer Thau fieng an die Myrthen zu befeuchten: Ja ſie gab durch den Mund der Tauben zu verſtehn: Es ſolte Gnad’ und Gunſt fr Recht und Schrffe gehn. Es war ihr albereit des Ubels Uhrſprung kund: Es ſey die Jungfrauſchafft unlngſten ſchlßig worden/ Jn den Wſten ihr zu bauen einen Grund/ Durch traurig Einſam-ſeyn die Liebe zu ermorden. !108" Jn dieſes hette ſie die Kindheit eingeſpannt/ Eh’ ihres Alters Lentz gefhlet ihren Brand. Als aber die Natur ihr Feuer mit der Zeit Das in der Aſche lag/ in ihr recht aufgeblaſen; So hette Lieb und Glutt mit blinder Grauſamkeit Jm Kercker ihrer Bruſt gefangen an zu raſen/ Als ein verriegelt Wind in einer holen Klufft Der Klippen Fels und Berg zerſprenget in die Lufft. Aus dieſen Saamen ſey das Unkraut bſer Luſt/ Das ſchdliche Napell in Liebes-Garten kommen/    8 2 Zipripor] Ziprior AB Zipripor C    9 0 verzehrn der] verzehrnder A verzehrn der BC    92 ihr Paphos] die Paphos A ihr Paphos A(Errata)BC    98 Es] Cs A Es BC 105 Glutt] Gutt A glutt A(Errata) Glutt B Glut C    92 umb] um C    93 Freindligkeit] Freundlichkeit C 108 die] der BC

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Blumen

Und durch ihr Gift befleckt der Jugend reine Bruſt/ Dadurch ihr Tugend-Oel faſt ſey in nichts verſchwommen. Drumb ſolte dis hinfort ihr Schluß-Geſetze ſeyn:

Man ſolte zeitlich ſich zum Lieben ſtellen ein.

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Denn wrde man recht frh den Liebes-Saamen ſee’n/ So wrde neben ihm ſich niemals Unkraut hecken/ Zu dem ſo pfleg es auch am meiſten zugeſchehn: Das/ was man langſam pfropft/ bleib’ in den Knoſpen ſtecken. Hingegen werde dis mit reicher Frucht belegt/ Was/ wenn ein anders kaum erſt kumt/ ſchon Blthen trgt. Wer/ wenn des Alters Schnee beſilbert gldnes Haar Mit Venus-Myrthen erſt ihm wil ſein Haubt bekrntzen/ Baut ſeiner kalten Stirn ein hrnricht Schmach-Altar/ Sucht Feuer in dem Schnee/ und Roſen nach dem Lentzen. Die Blume/ wo die Bien’ herausſaugt ſſſe Frucht/ Verkehrt ſein herbes Maul in Gift und Eyverſucht. !109" Wer aber/ weil ihm noch der Jahre Frling blh’t/ Sein Hertze balſamt ein mit unbefleckter Liebe/ Dem grnt die Tugend auch/ wenn die Begierde glh’t/ Kein unglckſeelig Stern macht ſeinen Himmel trbe. Kein ſcharffer Unmuths-Reif verſengt ihm ſein Geblm’/ Und keine raupe frißt die friſchen Bltter ihm. Sein gantzes Leben iſt ein unvergnglich Mey/ Sein Blumwerg kan kein Wurm/ kein Mehltau nicht vertilgen; Und ſeine Saate ſchlgt kein Hagel nicht entzwey/ Er erndtet von der Bruſt der Liebſten Wolluſt-Lilgen. Er ſieht ſtets ihren Mund mit Nelcken ſchwanger ſtehn/ Und die Narciſſen-Bruſt mit Roſen ſich erhhn. Die Frchte werden ihm ſchon reif zur Lentzen-Zeit Weil ihm bey Tag und Nacht ſtets ſeine Sonne leuchtet/ Sie iſt ein Himmel ihm/ der niemals blitzt noch ſchney’t/ Doch unaufhrlich ihn mit Liebes-Balſam feuchtet. 1 24 in dem] in den A in dem BC  nach dem] in den A nach dem A(Errata)C nachdem B 142 ihn] ihm ABC 1 13 Drumb] Drum C 118 bleib’] bleibt C 129 glh’t] blh’t B blht C 134 Blumwerg] Blumwerck BC



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Die Milch der Freindligkeit trnckt ſeinen durſt’gen Mund/ Und was ihn hat verletzt/ macht wieder ihn geſund. Nun wol! vertraut’ſter Freind/ ich lob’ auch ſeinen Schluß: Daß er ſich unterwirfft der Liebe Grund-Geſtzen. Am beſten nur gedient dem/ dem man dienen muß; Die Freyheit ruht und ſchlfft in reiner Liebe Netzen. Er darf der minſten Furcht fr dſtern Nchten hier/ Die Jugend trget ihm die Hochzeit-Fackeln fr. Die Tugend und die Kunſt/ die er bis itzt geehrt/ Als Schweſtern ſeiner Hand/ und Tchter ſeiner Sinnen/ !110" Die haben ſelber ihn die Wechſelung gelehrt/ Nach keuſcher Einſamkeit die Liebe Lieb gewinnen. Denn beyde knnen wol in einem Tempel ſeyn; Den Tag theilt man der Kunſt/ die Nacht dem Lieben ein. Der Keuſcheit reiner Schnee begeiſtert ſeine Braut/ Und regt in ſeiner Bruſt ſo unbefleckte Flammen; Die Anmuth/ welche ſtets von ihren Lippen thaut/ Flß’t ihre Seel’ und ſein zerſchmoltzen Hertz zuſammen. Und euer Lieben hat kein beſſer Vorbild nicht; Als einen Rebenſtock/ der ſich umb Ulmen flicht. Wr’ aber dieſer nicht viel hrter als ein Stahl/ Den ſolch ein Gunſt-Magnet nicht wolte nach ſich ziehen? Die Sonnen-wende kſſt der Sonne lieben Strahl/ Man ſiehet Klee bey Klee/ bey Veilgen Veilgen blhen. So billich pflantzet er auch ſeiner Jahre Blum’ Auf Blumen/ und ſein Lob auf gleichen Ehren-Ruhm. Mich dnckt: ich ſehe ſelbſt/ wie dieſe/ die er liebt/ Durch ihre Tugenden liebreitzend ihn beſtricket/ Wenn ihre Freindligkeit ihm tauſend Blicke giebt/ Wenn ihre Keuſchheit ſie mit reiner Seide ſchmcket/ 1 55 einem] einen AC einem B 164 ziehen?] ziehen/ ABC 1 43 145 149 154 167 171

Freindligkeit] Freundlichkeit C Freind] Freund C dſtern] dſtren C Lieb] zu C billich] billig C Freindligkeit] Freundlichkeit C

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Blumen

Wenn ihre Demuth ihn mit Ehrerbietung kſſt/ Und ihr beredſam-ſeyn die Reden ihm verſſſt. Denn dieſes iſt ihr Kampf/ damit ſie durch das Thor Der Augen ihm ins Hertz und in die Seele dringet. Wenn ihrer Schnheit Reitz die Waffen ſucht hervor/ Und ihrer Anmuth Geiſt ſie auf die Wallſtatt bringet. !111" Jhr holdes Antlitz iſt der Kcher/ und ihr Mund Die Seene/ das Geſchoß ein Kuß/ der ihn macht wund. Hchſtangenehmer Krieg/ wo der Beſiegte ſiegt! Wo auch die Wunden ſelb’ſt voll ſſſen Nectars ſchwimmen. Wo Beute/ Fahn und Feind in warmen Armen liegt; Wo die Begierden ſtets voll heiſſer Eintracht glimmen. Wo aus dem Zwieſpalt Frucht/ aus Feuer Saate kwillt/ Und der erregte Streit die leeren Lnder fllt. Jch wnſche nun hierauf Euch/ hertzverknpftes Paar/ Des Glckes Sonnenſchein/ der Wolluſt ſteten Lentzen. Und wie itzt Perl’ und Gold bekleidet eure Haar/ So wolle Freud’ und Luſt ſtets euren Ehſtand krntzen. Das Hauß ſey immer voll/ das Glck euch niemals ſchwer/ Die Liebe keinmal ſatt/ die Wiege nimmer leer.

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Unverwehrte

Prieſter-Liebe. JSt Lieben Seuche/ Peſt und Gifft/ Das Nattern tdten kan und Scorpion entgeiſtert/ Das gelbe Molchen bertrifft? Jſt Lieben Raſerey die die Vernunfft bemeiſtert? 1 92 ſatt] ſtatt A ſatt A(Errata)BC      1 Lieben Seuche/] Lieben-Seuche AB Lieben Seuche/ C lieben ſeuche N1 190 Freud’] Freund C vor 1  Unverwehrte Prieſter-Liebe] Auf das Albiniſche und Kamperiſche hochzeit-feſt | D. C. v. L. N1

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Ein nagend Krebs/ der Marck und Bein friſt aus: Ein Wurm/ der aus den Stauden edler Jugend !112" Nicht nur den Kern/ die Wurtzel reißt der Tugend? Ein Feuer/ das in Aſche Staub und Graus Volckreiche Stdte leg’t/ und Lnder ſtrtzt in Grund: Daß itzo wilde Buchen ſtehen Und Segel-volle Maſte gehen Wo weiland Troja war/ und vormals Tyrus ſtund. So iſt’s! diß wrckt der Liebe Brand. Durch ſie flog Sodoma geſchwefelt in die Lffte. Und Loth/ der dort entronnen/ fand Auf ſeiner Tchter Schoos mehr als Gomorrens Klfte. Ja Samſon muß/ den Rom doch und Athen Jm Hercules zu einem Gotte machte/ Als Omphale ihn in ihr Netze brachte Durch Delilen verchtlich untergeh’n. Als GOttes Hertzens-Mann kaum Betſaben erſieh’t/ Und er auch aus der Flutt entglimmet/ Wird Davids Harffe ſo verſtimmet: Daß ſie fr Pſalmen ſpielt ein geiles Buhler Lied. Wer macht ihm nun nicht ſelbſt den Schluß? Daß wer den keuſchen Geiſt Gott rein und keuſch wil ehren/ Der Liebe Gtzen abthun muß/ Und in der Andachts-Glutt diß gldne Kalb zerſtren. Der Weyrauch der in Venus Tempel brennt Reucht Gott nicht wol/ die Engel die uns dienen Entfernen ſich/ wie fr dem Rauche Bienen. Die Opffer die auch Paphos heilig nenn’t/ !113" Sind zu Jeruſalem ein ſtinckend Gottesdienſt. Ja die mit Brunſt ſich unterſtehen

20 Delilen] Delien A Delilen A(Errata)BCN 1  untergeh’n] untergehn’A nntergehn B un­ter­gehn C 25 nicht] nich A nicht BCN1  den] dem AB den CN1 31 Bienen.] Bienen AB Bienen/ C bienen. N1

13 wrckt] wirckt B 2 1 Betsaben] Batſaben C Batſeben N1 28 gldne] gldne N1

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Blumen

Jn Gottes Heiligthumb zu gehen Bekommen Fluch zu Lohn’ und Straffe zu Gewienſt. Wie iſt denn Er/ vertrauter Freund/ Der Gotte dienen muß und beym Altare wachen/ Nicht auch der ſſſen Liebe feind? Schickt ſich’s ein Prieſter ſeyn/ und gleichwol Hochzeit machen? Ja ja! gar wol! was Gottes liebes Kind Was die Natur den Seelen eingeſmet/ Steh’t auch fr Gott in Tempeln unbeſchmet. Es ſchick’t ſich wol: daß Prieſter Vter ſind. Die Lieb’ in keuſcher Eh’ entweih’t kein Opfer nicht/ Das Heiligthumb wird nur beflecket/ Wenn geile Brunſt im Hertzen ſtecket/ Die Gottes Ordnung ſtr’t und Eh’ und Eydſchwur bricht. Der ſchnde Mißbrauch bſer Brunſt Jſt unwerth: daß er ſol der Liebe Nahmen fhren. Der Lufft-Geſtirne falſcher Dunſt Macht nicht: daß Stern und Sonn’ ihr wahres Licht verlieren. Wenn jene fall’n zerſchert in den Grund/ So glntzen die in’s Himmels gldnen Zimmern. Denn Schwefel kan nicht wie die Sternen ſchimmern. Verkehret doch der Schlange geifernd Mund Jn Wermuth-bittres Gifft geſunder Kruter Safft/ Woraus die Bienen Honig ſaugen; !114" So kehrt der Liebe Tauben-Augen Der Boßheit Zauber-Kunſt in Baſilisken-Krafft. Der edlen Roſe Perlen-Haupt Wird/ ob die Rthe ſich ſchon ihrem Schnee vermhlet/ Der reinen Zierde nicht beraubt. Die Jungfrauſchafft hat ſie fr ihren Krantz erwehlet/

62 Wird/] Wird AB Wird/ C Wird, N1

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Heiligthumb] heiligthum N1 Gewienſt] gewinſt N1 Prieſter] Pieſter B Heiligthumb] heiligthum N1 geifernd Mund] geifer-mund N1 Jungfrauſchafft] jungferſchafft N1

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Bepurpert ſie gleich Cythereens Blut. Der Keuſchheit Bild die Lilge/ ſelbſt empfindet Den ſſſen Trieb/ der alle Seelen bindet Den Anmuths-Reitz/ des Liebens reine Glutt. Und welche Blume glntz’t/ die dieſer Geiſt nicht rhr’? Der Thau zeigt ihre Liebes-Thrnen Und ihr Geruch das ſſſe Sehnen/ Die Rthe bildet klar verliebte Flammen fr. So bleibet Abraham auch rein Und Gottes Bunds-Genoß’ auch in der Sara Bette. Die Kirche wrde ſelbſt nicht ſeyn/ Wenn ſie die Liebe nicht zu ihrer Mutter htte. Die Pflantzen/ die aus ihrem Garten blh’n/ Die mſſen Kirch und Paradies erfllen. Aus Liebe ließ ſich Gott in’s Fleiſch verhllen/ Ja ſie vermhl’t die Glubigen und Jhn. Wo reine Liebe glimmt zeucht Gottes Geiſt ſelbſt ein. Des Heylands groſſe Wunder-Wercke Entwerffen ſelbſt des Liebens Strcke/ Jn dem zu Cana kwill’t aus Waſſer-Krgen Wein. !115" Heiß’t diß nun Gottes Weinberg bau’n? Wenn ein paar Seelen ſich in reiner Ehe lieben/ Aus der ſie Stauden wachſen ſchau’n/ Die durch den Glauben ſchon im Himmel ſind beklieben/ Wenn ſie gleich noch der Mutter Schoos umbfaß’t: So kan auch ihm nicht Gottes Segen fehlen/ Nun er ihm eine Seele wil erwehlen/ Die Tugend lieb’t/ und ſchnde Laſter haß’t. Wo zweyer Andacht mehr als einfach Opffer kan; Muß man von den Verlobten ſchlſſen: 65 6 6 69 72 73 77 8 5 8 9 93 94

Cythereens] Cythreens C Lilge] lilje N1 rhr’] rh’r B rht C klar] gar N1 auch] doch N1 ihrem] ihren C diß] das C umbfaß’t] umfaßt CN1 zweyer Andacht] doppel-andacht N1 den] euch N1  ſchlſſen] ſchlieſſen N1

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Blumen

Jhr Suffzen wird mehr wrcken mſſen/ Nun nebſt der Prieſterin der Prieſter Gott ruff’t an. Der Himmel weiſ’t ſich ſelbſt geneigt/ Und regnet Freud’ und Luſt auf die verknpfften Hertzen. Wo ſo ſich Gottes Anblick zeig’t Bekrntzet eitel Heil die frohen Hochzeit-Kertzen/ Und Segen folgt den reiffen Jahren nach. Mich dnck’t/ ich ſehe ſchon in einer Wiegen Die Frucht der Eh’ und Gottes Gabe liegen; Hingegen fleucht verdrßlich Ungemach. Und wo hierinnen nicht mein feſtes Urthel fehlt; Hat/ ob wol Ehen hier auf Erden Vollzogen/ dort geſchloſſen werden/ Doch Martha dieſes mal das beſte Theil erwehlt. !116"

19.

Vereinbarung

der Sterne und der Gemther.

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DEr weiſe Baumeiſter dieſes Allen hat theils eine ergtzende Wieder­wrtigkeit gewiſſen Sachen eingepflantzet/ meiſt aber die groſſen Ge­ſchpffe der Welt mit einer wunderbaren Kette der Eintracht vereinigt/ und ihre an ſich ſelbſt wiederwrtige Eigenſchafften durch eine annehmliche Zuſammenſtimmung mit einander vermhlet. Alſo hegen Diamante und Magnet-|Steine gegen einander beſtndige Zwietracht. Ein 98 verknpfften] verknfften A verknpfften BCN1

   

95 Jhr] Eur N1 99 Wo ſo] Wo ſie BC Denn wo N1 101 Jahren] Jahre C 104 verdrßlich] verdrießlich C 105 Urthel] Urtheil C urtheil N1 106 hier] hie N1 108 Doch] Auch N1     1 ergtzende] ergtzende B ergetzende C    

   



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Mohrenlndiſcher Stein ſtßt das Eiſen mit ſolcher Gewalt von ſich/ mit was fr Begierde es der Magnet an ſich zeucht. Eichen und Oel-Bume ſind unverſhnliche Tod-Feinde. Die Adlers Federn zerreiben andere. Das Blut der Wachtel und der Nacht-Eulen gerinnet nicht zuſammen/ ob es ſchon in einander vermiſchet wird. Der Elephant fleucht fr dem Wieder; das Pferd zittert/ wenn es ein Kamel ſiehet oder reucht. Ja der rachgierige Kfer bemhet ſich die Eyer dem Adler zuverterben/ ſolte er ihm auch bis in die Schoos des Jupiters nachkriechen. Hingegen zeucht Ambra und Agſtein die Spreu; die Gebeine eines Habichts das Gold; das Licht die irrende Fleder-Mauß an ſich. Ja der erwrmete Hanff zeucht !117" das von ſich ſelbſt empor ſteigende Feuer unter ſich/ und wird auch ohne Berhrung der Flamme von einem darber gehaltenen Liechte entzndet: das Gold und Kweck-Silber heget eine hefftige Begierde ſich mit einander zuvermiſchen. Der Weinſtock und die Ulmen umbarmen einander wie zwey Buhlſchafften. Das Meerſchwein verliebet ſich in Menſchen. Frnemlich aber hat die Seele der Welt zwiſchen dem Geſtirnten Himmel und der Unterwelt derogleichen Verſchwiſterung gemacht/ daß man nicht weniger in den unterirdiſchen Grften an denen Metallen die ſieben Jrr-Sternen/ als unter denen Geſtirnen die Tugenden allerhand Ertztes und die Wrckungen krfftiger Kruter findet. Daher dieſe von den Weiſen nicht unrechter Himmliſche Gewchſe; als jene Jrrdiſche Geſtirne genennet werden. Sintemahl/ nach der Lehre des dreymal-groſſen HERMES, welchen die Vorwelt eine Minerva der Welt genennet/ ſo wol alle Geſtirne des Himmels in der Erde verborgen liegen/ als alle Elemente im Himmel/ iedes nach ſeiner leidlichen Arth/ befindlich ſind. Aus dieſem Brunnen haben die ſcharffſinnigen Erforſcher der Natur ihre Wiſſenſchafft gezogen: daß aus den Metallen das Bley; aus den Steinen der Saffier/ aus den Krutern die Nieſewurtz/ aus den Bumen

1 0 zuſammen/] zuſammen ABC 3 5 Krutern] Kutern A Krutern BC 1 2 13 16 19 21 2 7

Wieder] Widder C zuverterben] zuverderben BC erwrmete] erwrmte BC Liechte] Lichte C umbarmen] umarmen C unrechter] unrecht C

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Blumen

der Cypreßbaum/ aus !118" den Thieren das Kamel/ aus den Vogeln die Fleder-Mauß mit dem Geſtirne des gramen Saturnus Verwandſchafft habe. Deſthalben iſt dem gttigen Jupiter der Zien/ der Schmaragd/ die weiſſen Lilgen/ der Oelbaum/ Zucker/ Zimmet/ der Adler und Elephant befreindet. Der brennende Mars hat in Eiſen/ Schwefel/ im Magnet/ in der Neſſel/ in Senff/ im Wolffe/ im Falcken nicht geringere Merckmale ſeiner Hitze/ als in der feurigen Rthe ſeines Geſtirnes. Kein Menſch leugnet/ daß die holdſeelige Sonne im Golde/ in Rubinen/ im Weyrauch/ im Weinſtocke/ im Pomrantz-|Baume/ im Schwane/ im Lwen nicht anders als an dem groſſen Welt-gewlbe auff- und nieder gehe. Der ſchnen Venus verliebte Strahlen laſſen auch in Kupffer/ in den Korallen/ im Kraute des ſo genennten Frauenhaares/ im Klee/ in Roſen/ in Tauben und Pfauen ihre Anmuth blicken. Des geſchfftigen Mercur Wrckungen ſind im Kweckſilber/ im Wacholderſtrauche/ in Affen/ im Papagoyen/ im Froſch und in der Ameiſſe geſchfftig; Der Sonnen Ebenbild der Mohnde hat im Silber/ im Cryſtall/ in Perlen/ in der Brunn-|kreſſe/ im Krebß/ in Schnecken/ in der Spinnen ſeine lebendige Abbildung. Solte alſo die Einfalt an der verwechſelten Freundſchafft und an ihren zuſammen ſtimmenden Wrckungen des Himmels und der Erde zweifeln/ ſo wrden ſie Thiere/ Kruter und Steine durch den Beweiß des Au!119"genſcheines glubig machen. Solte die Wiedehopffe etwan umbſonſt auff ihres Hauptes Feder-|pſchel/ wormit ſie die Natur bekrntzet/ 28. Federn und zwar von ſieben unterſchiedenen Farben/ der Kefer aber eben 30. Fſſe ohne ſonderbare Bedeuttung haben? Jch halte dieſes mit den klugen Egyptiern fr ein nachdenckliches Geheimns der Natur/ daß nemlich bey dieſem ein Sonnen-Monath/ das iſt 30. Tage

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Eiſen/] Eiſen A Eiſen/ BC in Perlen] im Perlen A in Perlen BC ihren] ihrer AB ihren C des] ves A deß B des C

3 6 38 40 44 47 50 57 60

Vogeln] Vgeln BC Deſthalben] Deßhalben C  der Schmaragd] den Schmaragd BC befreindet] befreundet C Pomrantz-Baume] Pomrantz-Bume BC genennten] genannten C Ameiſſe] Ameiſe C umbſonſt] umſonſt C Geheimns] Geheimniß C



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(in welcher Zeit nemlich das groſſe Welt-Auge ein jedes Zeichen des Himmeliſchen Thier-Kreiſſes durchlaufft) bey jenem Vogel aber/ unter denen ſieben Farben die Eigenſchafften der ſieben Jrrſternen/ unter der Zahl der Federn aber/ die Zeit eines Mohnden-Jahres/ da nehmlich der Mohnde in 28. Tagen ſeinen Lauff vollendet/ abgebildet ſey. Hierbey darff ſich niemand wundern/ daß dieſes Geheimns in einem ſo verchtlichen Thiere verborgen lieget. Hat doch das Aberglubiſche Egypten den Kefer unter die Gtter gezehlet/ und die Bewegung des Geiſtes der Welt welcher durch ſeine verborgene Einflſſe alles beſeelet/ mit ihm abgemahlet/ als es geſehen/ daß in ihm ein Uhrwerck beyder groſſen Himmels-Lichter der Sonnen und des Mohnden vergraben ſey. Sintemahl er im Neumonden ein weniges von Khe- oder Pferde-Miſte zunehmen/ daſſelbe von Auffgange gegen Abend zukugeln/ und alſo ſelbtes nicht allein nach dem Muſter der rundten Welt nach zu machen/ ſondern auch den beſondern !120" Lauff der Sonnen (da nehmlich ſonſt der Himmel ſich von Sud-Weſt gegen Morgen beweget/) nach zu ahnen/ endlich ſelbtes in die Erde zuverſcharren pfleget/ daraus in ſo viel Zeit/ als der Mohnde ſeinen Lauff vollendet/ ein ihm gleiches Thier gezeuget wird. Daß der Wieder iedesmahl/ wenn Tag und Nacht gleiche ſind/ ſeine Arth zu ruhen verndert/ daß/ wenn der groſſe Hund-Stern aufgehet/ der Unglcks-Vogel Parrha ſich nicht ſehen laſſe; Daß die wilden Ziegen in AFFRICA den auffſteigenden SIRIUS mit ſtarren Augen anſehen und gleichſam anbethen; daß bey Auffgehung dieſes heiſſen Geſtirnes Thiere und Fiſche erſchrecken/ die Seen ber ihre Geſtade ſchwellen/ die Weine in Fſſern aufſieden/ die Hunde raſend werden/ der Hmpfling ſeinen Geſang in Stillſchweigen verwandele; Ja daß/ wenn der geſtirnte Fuhrmann aufſteiget/ die Lerche/ und wenn des Hundes-|Sterns Vorbothe das ſchne Geſtirne Procyon ſich hervor thut/ die Nachtigal und der

6 3 6 7 71 75 7 7 78 79 81 8 7 8 8

Himmeliſchen] himmlichen C Geheimns] Geheimniß C geſehen] geſchehen C ſelbtes] ſelbes C  rundten] runden C Sud-Weſt] Suſt-Weſt C  nach zu ahnen] nachzuahmen C ſelbtes] ſelbiges C Mohnde] Mohnd B Mond C Wieder] Widder BC Hmpfling] Hmfling BC geſtirnte] geſtirne B

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Guckguck ſtumm werden; kan nicht ohne gefhr/ ſondern muß t­heils aus ſonderbarer Verwandſchafft/ theils aus widriger Eigenſchafft der Geſtirne herrhren. Sollen die Wahrheit dieſer Verknpffung auch die Gewchſe beſtetigen/ ſo betrachte man die Egyptiſche See-Blume/ welche damals/ als Oſiris die Jſis umbarmet/ ſol entſproſſen und aus einer !121" Nimfen/ welche ſich in den Hercules verliebet/ in dieſen dem Apollo gewidmeten Stengel verwandelt worden ſeyn. Dieſe Blume/ ſage Jch/ hat zu der Sonnen ſo groſſe Zuneigung; daß ſie/ wie die groſſe Weltfackel empor ſteiget/ auch mit gleicher Bewegung ihr bey der Nacht zugeſchloſſenes Haubt aus dem Waſſer in die Hhe ſtrecket/ und am Mittage ihre Bltter in einen beliebten Kreiß ausbreitet/ des Abendts aber ſelbte wider zuſchleuſt/ gleich als ob ſie Niemanden/ als ihrem geliebten Abgotte der Sonne ihren ſchnen Buſem zu ffnen gedchte. Die Pappeln drehen ſich allewege mit dem Rade der Sonnen herumb/ und die Sonnenwende muß auch/ nach dem ſie aus der verliebten Clytie zu einem Kraute worden/ ihrem ſtrahlenden Buhlen verlangende nachſehen. Wenn die Sonne zu dem hchſten Gipfel kommen und in dem Geſtirnten Krebſe den Krebsgang gehen ſol/ ſtrecken die Weiden/ die Ulmen/ die Linden/ die weiſſen Pappel- und Oelbume mehr als ſonſt ihre Bltter gegen der Sonnen empor. Das Monden-Kraut iſt ein wahrhafftiger Zeuger der Bewegungen des Monden/ und alle andere Gewchſe nehmen mit dem Mohnden/ als dem Brunnen der Feuchtigkeit/ ab und zu/ auſſer der den Egyptiern deßhalben heiligen und zu eſſen verbothenen Zwiebel/ welche bey zunehmenden Mohnden-Lichte welck wird/ bey abnehmenden aber ihre friſche Feuchtigkeit vermehret. Endlich mſſen auch die Steine beredſame Zeugen dieſer Geheimnſſe ſeyn. Einer/ welchem die Grichen ſo wie der Blume den Nahmen des Son!122"nen-Wrbels gegeben/ iſt ein Chriſtallener Spiegel darinnen man die Sonne abgebildet

   91 ohne gefhr] ohngefehr C    96 umbarmet] umarmet C  Nimfen] Nimpffen C 102 ſelbte] ſelbe C 103 Sonne] Sonnen BC 105 herumb] herum C  Sonnenwende] Sonneuwende B 107 Wenn] Wem C 111 Zeuger] Zeiger C 114 verbothenen] vorbothenen C 117 Geheimnſſe] Geheimniſſe C

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ſihet/ ja welcher nicht nur die von dem zwiſchen eintrettenden Mohnden veruhrſachte Finſterns andeutet/ ſondern auch/ wenn er in Waſſer ligt/ die Strahlen der Sonne blutfrbicht macht. Der Stein/ welcher des Himmels Auge genennet wird/ hat in ſich einen rechten Augen-Stern/ von welchem nicht anders als einem Geſtirne ein Strahl ausgehet. Bapſt Clemens der ſiebende ſol einen Edelſtein gehabt haben/ darinnen ſich ein gldener Flecken gezeuget/ welcher alle Tage mit der Sonnen Auffund Niedergange ſich beweget habe. Bapſt Leo der Zehende aber hatte einen/ welcher nach vernderung des Mohnden bald Weiß/ bald Blaw ward. Htte der Magnetſtein keine Verwandſchafft im Himmel/ wrde er ſich nicht gegen dem Nordſterne bewegen. Da nun derogleichen Verwandſchafft mit den Sternen in geringen Geſchpffen augenſcheinlich zu ſehen iſt/ wer wolte zweiffeln/ daß ſelbige in dem edelſten Geſchpffe dem Menſchen befindlich ſey? Sintemahl ja nach der Lehre des dreymalgroſſen Weltweiſen/ der Menſch das Alle und etwas gantzes in dem Allen/ ja die Kleine/ oder welches ich fr rechter halte/ eine groſſe Welt iſt. Maſſen ja in Jhm alle und jede Stcke des groſſen Welt-Gebues mit einer vollkommenern und annemlichern zuſammenſtimmung begriffen/ welche der allerweiſeſte Feld-Mſſer gleichſam in !123" eine kleine Land-Taffel/ und der Himmliſche Archimedes in eine kleine Welt Kugel auffs knſtlichſte zuſammen verfaſſet hat. Des Menſchen euſerliche Sinnen ſind Abbildungen der Elemente. Das Auge hat Verwandſchafft mit dem Feuer/ das Ohr mit der Lufft/ das Fhlen mit der Erde/ der Geruch und Geſchmack mit dem Waſſer. Empedocles hat die Gebeine des Menſchlichen Leibes ſchon der kleinen Welt Steine genennet. Die beſondern Feuchtigkeiten werden in ſeinem Leibe ſo/ wie das Ertzt in den Eingeweyden der Erde ge-

1 22 ligt/] ligt A ligt/ B liegt/ C 123 Himmels Auge] Himmels-Auge ABC 124 welchem] welchen ABC  ein] eine AB ein C 135 Allen/] Allen A Allen/ BC  ich] ich- A ich BC 147 den] dem A den BC 1 21 Finſterns] Finſterniß C 124 Bapſt] Pabſt C 126 gldener] gldner C  gezeuget] gezeiget C 147 ſeinem] ſeinen C

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zeuget. Das Fleiſch und Blut werden von den Lebendigen Geiſtern als immerwachſende Pflantzen/ die Haare als das Blumwerck der Erde unterhalten/ und vermehret. Knnen auch ſchnere Spring-Brunnen von der Natur/ wenn ihr ſchon die Kunſt die Hand reichet/ gebauet werden/ als die Adern ſind/ da die den Marmel der ſchneeweiſſen Haut durchflechtende und den blaueſten Trckis beſchmenden Rhre allezeit voller Blutes kwellen? Ja der Unterſcheid der Zeit und ihrer Bewegungen ſtimmen beyderſeits zuſammen. Der Blumen-reiche Frhling iſt in der luſtigen Kindheit/ der warme Sommer in der brennenden Jugend/ der Fruchtbahre Herbſt in denen zur Vermehrung dienenden Jahren/ der kalte Winter aber in dem betrbten Alter abgemahlet. Sind nicht ber dis auch die thrnenden Augen den regnenden Wolcken/ der ſeufftzende Athem dem Winde/ !124" das Lachen dem Blitz/ die zornigen Geberden dem dreuenden Donner zuvergleichen? Die allergrſte Gleichfrmigkeit aber hat der Menſch/ als ein ewiges Geſchpffe mit der Eigenſchafft des Himmels. Jn dem ſternichten Thier|Kreiſſe/ welchen die Sonne jhrlich durchreiſet/ findet jedes Menſchliche Glied ein ihm geneigtes Geſtirne. Der Wider iſt dem Haupte; der kalte Ochſe dem trockenen Halſe und der Gurgel; die warmen Zwillinge den Achſeln; der wßrichte Krebs der Bruſt/ der Lungen/ dem Miltze; der feurige Lw dem Hertzen und dem Magen; die kalt-trockene Jungfrau der Leber/ den untern Eingeweiden; die luftige Wage den Nieren und der Blaſe; der naſſe Scorpion den Geburths-Gliedern; der heiſſe Schtze den Lenden und Hfften; der drre Steinbock den Knien und Spann|Adern; der feuchte Waſſermann den Schienbeinen; die naſſen Fiſche den Fſſen zugethan und befreundet. Sollen aber die ſieben Jrrſternen oder Planeten mit genauerm Auge des Gemthes angeblcket werden/ ſo haben die ſcharffſinnigen Egyptier nicht allein dafr gehalten/ Daß ein jeder Menſch unter eines gewiſſen Planeten Schutze lebe; maſſen ſie/ welcher ſelbtes eigendlich

1 54 Blutes kwellen] Blutes-|kwellen AB Blutes quellen C 169 untern Eingeweiden] untermEingeweiden A unterm Eingeweiden BC 1 58 165 174 175

Winter] Winder C Wider] Widder BC  Haupte] Haupt BC genauerm] genauern BC angeblcket] angeblicket BC



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ſey/ durch Krafft der Krauſemntze zuerforſchen vermeinet; ſondern es iſt auch der Sternen-Erfahrnen beſtndige Meinung: daß dieſe nicht nur den Edleſten Gliedern des Menſchlichen Leibes/ ſondern auch den innern Bewegungen der Seele gleiche kommen. Alſo ſoll Saturn mit dem Miltze und !125" mit der Krafft ichtwas anzunehmen; Jupiter mit der Leber und Natrlichen Bewegung; Mars mit der Gallen und dem reitzenden Antriebe; die Sonne mit dem Hertzen/ und der lebhaften Bewegung; Venus mit den Geburths-Gliedern und der verlangenden Begierde; Mercur mit der Lungen und der umbſchweiffenden Einbildung; der Mohnde mit dem Gehirne und dem zu und abnehmenden Wachſen des Menſchen genaue Verwandſchafft haben/ der Uhrſprung aber aller dieſer Bewegungen bey dem herrſchenden Willen ſtehen. Ja ihrer viel wollen ſo gar alle Menſchliche Geſchicklichkeiten dieſen Sternen unterwerffen/ und die Kunſt recht zu reden dem Mohnden/ die Kunſt recht zu ſchlieſſen dem Mercur/ die Beredſamkeit der Venus/ die Rechenkunſt der Sonnen/ die Singe-Kunſt dem Mars/ das Abmeſſen der Erden Jupitern/ die Sterne-Kunſt dem Saturn aus ſcheinbaren Uhrſachen zueignen. Daher ich der beſtndigen Meinung bin/ daß die Tichter durch die mit ſieben Seiten bezogene Leyer des Apollo/ und durch des Hirten-GOttes ſiebenfache Schilf-Pfeiffe/ auf nichts als auf dieſer Geſtirne und der Unterwelt gleiche zuſammenſtimmung gezielet haben. Da nun dieſes auf feſten Grunde beſtehet/ iſt kein zweifel/ daß das Gemthe des Menſchen auch mit Bewegung der Geſtirne zu ein- und andern Entſchlſſung/ iedoch ohne Zwang der freyen Willkhr/ angereitzet werde. Dieſes/ Hochgeehrter Herr Bruder und vertrauter Freund/ waren meine Gedancken/ als ich faſt auf !126" eine Zeit von unterſchiedenen bekandten Freunden und darunter auch dir deine fr lngſt von Mir gewnſchte Verwechſelung der dienſtbaren Freyheit mit der freyen Verbindung/ ſo einer geliebten Seele geſchiehet/ erfreuet vernommen/ und

1 85 den] dem A den BC 193–194  Jupitern] Jupiter A Jupitern A(Errata)BC 197 Schilf-Pfeiffe/ auf] Schilf-Pfeiffe/ A Schilf-Pfeiffe/ auf A(Errata) Schilf-Pfeiffe auf B Schilff-Pfeiffe auf C 1 81 gleiche kommen] gleichkommen C 186 umbſchweiffenden] umſchweiffenden C 2 01 andern] anderer C

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zugleich angemerckt habe/ daß auch dieſes Jahr alle ſieben Jrr-|Sternen ſich in dem geſtirnten Schtzen zuſammen vereinigen. Wie Jch mir nun bald von Anfang eingebildet/ daß dieſe Verſamlung ſo wol vorher als darnach viel Verknpffungen auch bey vorhin kaltgeſinten Gemthern nach ſich ziehen wrde/ beſonders da der VerſamlungsOrth das feurige Zeichen des Schtzen/ wegen der ihm befreundeten Lenden/ mit der auch nicht kltern Venus in naher Freundſchafft ſtehet; Alſo habe Jch von des Herren Brudern angenehmer Verehligung auch nicht ohne Grund geurtheilt/ daß/ wie alle/ alſo auch ſeine Heyrath im Himmel geſchloſſen ſey/ und auff Erden vollzogen werde. Denn es iſt gewiß und unleugbar/ daß/ da ichtwas im Menſchlichen Leben der verborgenen Zuſammenſtimmung der Geſchpffe zuzu­ ſchreiben iſt/ die unzertrennliche Seelen- und Leibes-Verbindung dahin fr allen andern zu rechnen ſey. Der Menſchliche Wille irret wie eine Magnet-Nadel ſo lange herumb/ biß er endlich auß ſo vielen eine Seele/ zu welcher ihn die innere Zuneigung des Gemthes leitet/ wo nicht zwinget/ gleichſam als ſeinen unbeweglichen Angel-Stern erzielet/ welche ihm hernach ein beſtndiger Wegweiſer ſeiner Lebens-Schiffarth verbleiben muß. !127" Rhrete dieſer des Herren Brudern ietziger Trieb nicht von einer verborgenen Regung des gtigen Himmels her/ ſo htte vielleicht ſchon fr einiger Zeit entweder die holdſelige Elbe/ der angenehme Rhein/ oder auch die geliebte Oder in ihrem wßrigen Spiegel den Widerſchein einer ihm beliebenden Sonne gezeuget. Alleine wo des Himmels Schluß nicht ſelbſt die Seelen hinleitet/ iſt weder eine Danae/ welche doch den Jupiter in flſſendes Gold verkehret/ des Hertzens kaltes Eiß zu zerſchmeltzen/ noch eine Omphale/ welche

214 Lenden] Landen A Lenden A(Errata)BC 220 unzertrennliche] unzertrennlichen A unzertrennliche A(Errata)BC 231 Himmels Schluß] HimmelsSchluß A Himmels Schluß BC 2 09 vereinigen] vereiniget C 215 Herren] Herrn C 216 geurtheilt] geurtheilet BC 221 rechnen] rechneu B 222 herumb] herum C 226 Herren] Herrn C  ietziger] itziger C 230 gezeuget] gezeiget C 232 Danae] Denae C  flſſendes] flſſenden C 233 eine] die C



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den unberwindlichen Hercules zum Spindel-drehen gewhnet/ ein Gemthe zubeſiegen mchtig. Ja der Sieben-Geſtirnte Krantz der ſch­nen Ariadne iſt ohne Himmliſche Regung uns zu ſchlecht/ ſelbten nebſt den Myrthen umb die HochzeitFackeln zu flechten. Haben doch die Geſtirnten Blumen/ welche den Garten des Himmels ſchner als ein Apelles mahlen/ ob ſie ſchon dieſes Jahr in einer Wohnung zuſammen kommen/ nicht alle Neigung zu einander. Der Saturn hat allein den Mars zum Freunde: Jupiter aber liebet auſſer dieſem alle andere/ Mars iſt allen unhold/ auſſer mit der holden Venus lſſet er ſich auch in das Netze des Eyferſchtigen Mulcibers verſchlſſen. Die Sonne/ welcher Strahlen doch alle Geſchpffe beſeeligen/ iſt allein dem Jupiter und der liebreichen Venus hold: Dieſe aber kan wegen ihrer Anmuth ſich mit der Sonne/ dem Mars/ dem Mercur und dem Mohnden vertragen. Wer wil ihm nun frembde frkommen laſſen/ daß des Herrn Brudern freyer Geiſt allererſt von dieſen Stricken des Liebreitzes gebunden? daß ſein kaltes Hertze von der Sonne dieſer Schnheit angezndet? !128" daß ſeine auch gegen den Sirenen verſchloſſene Ohren von dieſer Penelope bezaubert worden? Gewißlich der geneigte Himmel iſt der Brunn/ daraus die Strme dieſer zuckerſſſen Flammen Kwllen. Denn deſſen Einflſſe knnen auch Schnee anſtecken/ und die Steine mit dem Triebe der Liebe begeiſtern. Alſo hat die lebendige Venus ihren Adon niemals mit krfftigerm Liebreitz/ als ihr von dem Praxiteles verfertigtes Ebenbild und ſein Marmelner Cupido den Alchidas aus Rodis Liebreitzende gezogen. Junius ward in eine todte Abbildung der nackten Muſen verliebet/ und Pontius hat wegen einer unbeſeelten Atalante und Helene mehr als Meleager und Paris wegen der lebhafften Liebes-Pein empfunden. Pigmalion muſte mit eignen Hnden ihm eine Helffenbeinerne Abgttin ſeiner verliebten Seele verfertigen; ja der Einfluß der Sternen und die auch Alabaſter beſeelende Liebe muſte endlich eine mehr als ſteinerne Niobe zu einer Mutter des Paphus machen.

2 43 Sonne/] Sonne A Sonne/ BC 2 46 Mars/] Mars A Mars/ BC 2 56 Cupido] Cupidon A Cupido A(Errata)BC 2 36 ſelbten] ſelben C 2 37 umb] um C 2 47 frembde] fremde C

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Aber zu was fr einem Wunder irriger Meinungen/ welchem die Mißgeburth der Paſiphaë kaum zuvergleichen/ wrde ich mich verirren/ wenn mich die dir verlobte Ariadne nicht aus dieſem Jrrgarten zu rechte wieſe? Auff was fr gefhrliche Syrten wrde ich gerathen/ wenn nicht die helleuchtende Fackel ihrer Schnheit/ und der unbewegliche Angelſtern ihres tugendhafften Gemthes mir die Fahrt an einen ſichern Hafen zeugeten. Dieſes ſind die warhafftigen Sternen/ derer krfftige Zuſammen­ ſtimmung dir die Wrckungen der !129" Liebe einflſſet. Jhr ſchner Mund iſt die Sonne ihres himmliſchen Antlitzes/ welche die Augen deines Verlangens mehr als eine Sonnenwende nach ſich zeucht? Denn ihre Purpurne Lippen ſind mit Schnecken-Blutte befeuchtet/ welche auch Diamantene Hertzen enthrten knnen. Ja die ſchnen Strahlen ihrer lchlenden Anmuth kan nebſt ihrer holdſeeligen Beredſamkeit auch in der kalten Mitternacht den Saamen der Liebe wrmen und fruchtbar machen. Jhre Augen ſind denen zwey der ſchnſten Helene verſchwiſterten Geſtirnen vorzuziehen/ als welche nicht nur wechſelsweiſe/ ſondern zugleiche dem irrenden Nachen deines verliebten Hertzen den angenehmen Weſtwind ihrer holden Gegenliebe und die Beruhigung deines zeither zweifelhafften Gemthes andeuten. Jhre Wangen bilden einen Himmliſchen Roſen-Garten ab/ welchen die Liebes-Mutter auff einer Seiten mit der Rthe ihrer Purpur-Muſchel (aus welcher ſie durch ihren Auffgang gleichſam auffs neue gebohren wird) als ein Anmuthiger Morgenſtern beblmet/ auff der andern Seiten ihn mit dem Blute/ welches zuvorhin die Perlenen Roſen in Rubinen verwandelt/ als ein Lieb reitzender Abendſtern beſtrahlet und anfrbet. Der fruchtbahre Monde kan aus dem auff die Zungen der Schnecke getropffelten Thaue ſo viel Perlen nicht zeugen/ als deine Vergngung ihrer umb das Schneebergichte Geſtade ihrer !130" Brſte aufzuleſen findet. Ja da der Himmel 2 65 Paſiphaë] Paſiphe ABC 282 deines] ſeines ABC 2 66 dieſem] dieſen C 270 zeugeten] zeigeten C 282 Hertzen] Hertzens C 286 aus] auf C 290 Monde] Mond C 292 umb] um C



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des Nachtes mehr nicht als mit einem Mohnden erhellet wird/ ſieheſtu zwiſchen den dſternen Myrthen des Hochzeit-Bettes/ und zwar allezeit mit vollem Lichte/ ihrer zwey ſich empor heben. Ob auch gleich jenes Nacht-Geſtirne vielmal mit blaſſen Wolcken/ als Vorbothen traurigen Regens/ umbnebelt/ oftmals mit einer Winde-bedeutenden Rthe verſtellet wird/ ſo kan doch weder durch einige Hitze der Schnee ihrer Erkwickung von ihren zwey Mohnden-Bergen/ noch der allezeit mit unverwelckenden Lilgen ihres rgen Liebreitzes blhende Frhling in dieſem Garten der Wolluſt vertilget werden. Aus welcher reinen Farbe deiner Hoffnung die ſtets heutere Klarheit ihrer Freundligkeit geweiſſaget wird. Wie nun aus den Augen-verblendenden Strahlen der Sonne/ und aus der blitzenden Schnheit anderer Geſtirne leicht ihre krfftige Wrckungen zuſchlſſen ſind: Alſo lſt ſich auch aus dieſer verlobten Schnen euſerlichen Bildung die krfftige Zuſammen-ſtimmung der Gaben ihres Gemttes unſchwer urtheilen. Denn/ da man ſonſt in Gold nichts als die kſtlichſten Edelgeſteine einzufaſſen; in koſtbares Wurmgeſpinſte nichts als wolriechenden Ambra einzunehen pfleget/ kan die frſichtige Natur in ſo ſchne Glieder nicht geringere Zierrath eingepflantzet haben. Dahero der weiſe Plato gelehret: Es knne euſerliche Schnheit ſo wenig ohne innerliche Tugend/ als ein Zirckel ohne !131" Mittel-Punct ſeyn. Woraus ich endlich zuvertheidigen genthiget werde: Daß/ weil in ihrem Gemtte/ (welches mehr ein Tempel der Ehre/ als der Schtze ein Hauß des Jupiters zu nennen iſt) ſo viel hellleuchtende Tugendſtrahlen zuſammen kommen/ und nicht nur dieſes Jahr/ ſondern immerfort/ ohne einige Zertrennung vereinigt bleiben/ des Herren Brudern Verbindung mehr von dieſer/ als von der Verſammlung der ſieben Jrrſternen herrhre. Ja weil die Zuſammen-ſtimmung ſo vieler Tugenden einen viel herrlichern Klang/ als die hernach unter die Sternen geſtzte Leyer des Orpheus/ und die Laute des Arion erwecket/ iſt 2 94 ſieheſtu] ſieheſtu die A ſieheſtu A(Errata)B ſieheſt du C 3 01 rgen] Regen A rgen A(Errata) regen BC 2 96 auch] nun C 2 98 umbnebelt] umnebelt C 3 03 heutere] heitere C 3 05 der Sonne] die Sonne C 310 kſtlichſten] kſtlichen BC 3 21 Jrrſternen] Jrrſterne B Jrr-Sterne C

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nicht zuverwundern/ daß ſelbte einen den Muſen befreindeten Geiſt zu ziehen vermocht/ nachdem durch jene Seiten auch Wlder und Klippen gezogen/ Fiſche und Panther beſnfftigt worden. Wie nun Jch/ verliebtes Paar/ hieraus/ erfreuet warnehme/ daß euren Heuraths-Vergleich die Sternen ſelbſt haben unterzeichnen helffen/ daß die Verbindung beyder Gemtter durch die aus der beyderſeits ſich zuſamm-ziehenden Tugend entſpringende Zuneigung/ welche allein den Nahmen eines Seelen-verknpffenden Priſters verdienet/ ſey geſchloſſen worden; So iſt kein Zweifel; daß weder die Zeit/ welche nur die irrdiſchen Lichter/ nicht aber die Flammen verliebter Seelen ausleſchen kan/ noch der Blitz einigen Zufalls/ welcher den ewig grnenden Lorberbaum der Tugend nicht zuverſehren weiß/ dieſe Vermhlung der Tugend und der Liebe nicht werde verſehren knnen. !132" Der gttige Himmel verhelffe/ daß wie die Magnet-Nadel von dem unbeweglichen Angel-Sterne nicht irren kan: Alſo auch der Trieb beyderſeitiger Zuneigung den Zweck vollkommener Vergngung nicht verfehle; daß kein ſchdlicher Orion durch den Sturmwind einigen Unmuths die Segel Jhrer Begierden auß der geraden Straſſe/ welche nach dem Hafen der Glckſeeligkeit gehet/ verſchlage. Genung! Der dem verliebten Paare geneigte Phoebus hat ſich ſchon in die Chriſtallenen Armen der Thetis vergraben/ Cynthie hat ſich ſchon in die Hle zu ihrem Endymion verſtecket; Ja die Keuſcheſte Diane umbfnget ſchon ihren einig geliebten Britomartes/ und der verſchwundene AbendStern hat mit ſeiner Hochzeit-|Fackel denen Verliebten ſchon zu Bette geleuchtet. !133"

326 beſnfftigt] beſnftifgt A beſnfftigt B beſnfftiget C 324 ſelbte] ſelbige C  befreindeten] befreundeten C 330 zuſamm-ziehenden] zuſammen-ziehenden B zuſammenziehenden C 333 irrdiſchen] irrdiſche C 337 dem] den C 345 umbfnget] umfnget C



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Herrn

Matthias Rauchmllers

Knſtlich erhheter Raub der Sabinen in Helffenbein.

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ES rcke Niemand mehr die Raubung der Sabinen Als ein ſie ſchwrtzend Werck den khnen Rmern fr. Denn dient Natur und Noth gleich nicht zur Schutz-|Schrifft Jhnen/ So findet dieſer Raub doch ſeinen Schirm allhier. Dis edle Helffenbein/ worein ſolch Raub geetzet/ Macht: daß er werden muß frs ſchnſte Werck geſchtzet. Der Raub Proſerpinens/ die Trunckenheit bekommen Durch des Praxiteles geſchickte Hand den Glantz/ Daß dieſ’ ins Heiligthum des Bachchus wird genommen/ Fr jene ſchenckt die Kunſt ihm einen Weitzen-Krantz. Sol unſers Knſtlers Hand den Raubern der Sabinen/ Nun nicht auch ſolchen Werth und Ehren-Stand verdienen? Die Pallas Phidiens/ und Polyclets Latone/ Lyſippens Hercules/ und Myrons Hecate/ !134" Piſicratens Mercur/ Praxitelens Dione Sein herrlich Satyrus/ Artemons Danae Der Hirſch des Canachus/ Jphicratens Leene/ Leocrens Ganimed/ Praxitelens Alcmene/ Ja ſelbſt des Phidias unſchtzbar Meiſterſtcke/ Der Jupiter aus Gold und ſchnſten Helffenbein/ Bryaxens Eſculap/ Praxitelens Gelcke/

6 Macht] macht A Macht BC 8 den] der A den A(Errata)BC 18 Ganimed] Gainmeo A Ganimed A(Errata)BC  Alcmene] Alemene A Alcmene A(Errata)BC 21 Eſculap] Eſculax A Eſculap A(Errata)BC 5 worein] worinn C 10 ihm] ihn C

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Solln groſſe Wunder zwar der Kunſt geweſen ſeyn. Weil aber alle die nur eintzle Bilder waren/ Gelſtet ſie kein Kampff mit der Sabinen Schaaren. Wohl viertzig Bilder hat die Kunſt hier ſo vermenget: Daß ſie das Auge kaum von ſammen flechten kan. Kein Rmer/ der ein Weib anfllet und umbfnget/ Steht hier/ dem man nicht ſieht die Brunſt in Augen an/ Alleine Furcht und Angſt verſteinert die Sabinen/ Ja Helffenbein muß hier der Kunſt zur Rthe dienen. Die rege Stellung giebt iedwedem Geiſt und Leben; Die Runtzelung/ das Haar/ Gebehrden/ Adern/ Mauß/ Und was die Aehnligkeit mehr der Natur kan geben/ Jſt zur Verwunderung allhier gedrcket aus. !135" Ja/ was der Knſtler Hand kan ſchmieden/ ſtcken/ nehen/ Jn Gold und Seid’/ iſt hier in Helffenbein zu ſehen. Durch die Vertieffungen wird’s Auge ſelbſt bethret; Und die Erhhung gibt den Bildern ihre Pracht. Frnehmlich wird dardurch des Werckes Preiß vermehret: Daß nur aus einem Stck’ iſt ſo ſehr viel gemacht. So viel als Jndien gleich Elephanten nhret/ Hat keiner ſeinen Zahn noch beſſer angewehret. Es zanckt die Mahlerey ſich mit dem Bilderhauen Zwar/ welche mehrern Ruhm leg’ unſerm Knſtler zu. Wenn aber jene nur diß Meiſterſtck wird ſchauen/ Wird ihre Ehrenſucht ſich geben leicht zur Ruh. Die edle Poeſie/ die Schweſter dieſer beiden Hat die zu preiſen nur/ nicht beyde zu entſcheiden. Wenn Grichenland gleich nicht htt alle Kunſt vergeſſen/ Nicht aller Bilder Schatz unglcklich eingebßt; Wrd’ es ſich nimmer hier zu tadeln was vermſſen/ Weil es was beſſers Uns zu zeigen nicht gewßt.

4 4 unſerm] unſeren A unſerm BC 47 Poeſie/] Poeſie ABC 2 7 umbfnget] umfhet C 39 dardurch] dadurch BC 43 dem] den C



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Rom wiſſe ſich ſehr viel mit Wercken der Berninen. Den Ruhm raubt Deutſchland ihm; wie Quiris die Sabinen. Hat den Silanion kein Meiſter unterwieſen/ So iſt auch die Natur des unſern Lehrerin. Drumb mag er Hammer/ Feil und Pinſel nur erkieſen/ Er ſticht in ieglichem die beſten Knſtler hin. !136" Weil dieſes Helffenbein iſt Perlen gleich zu ſchtzen/ Hat Recht und Kunſt verfgt auff Schnecken es zu ſetzen. Wie glcklich mag man euch nun ihr Sabinen preiſen; Weil ihr zu Cures nie ſo ſchn als hier geweſt. Cupido nimmt nebſt euch dem Mavors Stahl und Eiſen/ Weil Rom den Weibern hier den Sieg in Hnden lßt. Ja ſolte Venus ſich noch einſt gebehren laſſen/ Sie wrd’ in der Geburth diß Helffenbein umbfaſſen. Callimachus verſtellt die tantzenden Lacenen; Weil ſein zu groſſer Fleiß die Anmuth ihnen nimmt. Hier aber giebt die Kunſt noch Liebligkeit den Schnen/ Weil nichts gezwungen iſt/ und doch zuſammen ſtimmt. Macht eine Fliege groß des Theodorus Wagen; Hier kan was grſſers man von kleinen Dingen ſagen. Lyſippus ſey berhmt von ſeinen ſchnen Haaren/ Und daß jedwedes Glied dem andern komme bey. Mit dem Geder mag Leontz auch wohl gebahren/ Diß edle Meiſter-ſtck iſt aller Mngel frey. Der Knſtler hat verdient Lyſippens Recht und Ehre: Daß Unſern Keyſer nur zu bilden ihm gehre. !137"

5 3 Berninen] Berinnen AC Berninen C 5 6 Lehrerin] Lehererin AB Lehrerin C 5 4 5 7 6 5 6 6 6 9

Deutſchland] Teutſchland C  Quiris] Quirus BC Drumb] Drum C gebehren] gebhren C umbfaſſen] umfaſſen C Liebligkeit] Lieblichkeit C

146

Blumen

21.

!Sonnet

Uber die Blumen der Hermione."

5

10

Flieht Blumen/ die ihr mir vor Hertz und Augen ſtahlet Flieht/ Hermione kmmt. Flieht/ weil ihr ja wol wißt: Daß ihr fr ihrer Pracht Geruch und Farb einbßt. Schaut: das ihr Glantz euch ja bey leibe nicht beſtrahlet; Flieht Roſen/ ob ihr gleich mit Venus Blutte prahlet/ Weil ihr Korallen-Mund noch dreymal rther iſt. Jhr Lilgen/ ſchaut: daß ihr wo dſtre Grſer kßt; Denn ihre Brſte ſind mit Lilgen mehr gemahlet. Jhr Tulpen ſchaut/ wie ihr den Purpur-Rock verſteckt/ Weil ihrer Wangen Feld nur Milch und Purper deckt. Narciſſen/ daß ihr euch ja in den Schatten bcket/ Hebt an kein Spiegel-Kwell die Hupter in die Hh; Denn Hermionens Leib/ wie weit ihr ihn beblicket/ Hals/ Hnde/ Stirn und Bruſt ſind Perlen/ Milch und Schnee.

vor 1 8 10

1  !Sonnet Uber die Blumen der Hermione."] fehlt A übernommen aus BC ſtahlet] ſtrahlet AC ſtahlet A(Errata)B Denn] Den A Denn BC Wangen Feld] Wangen-Feld ABC

1 0 Purper] Purpur C 11 daß] die C 12 Spiegel-Kwell] Siegel-Kwell B Siegel-Quell C



Rosen147

22.

Jhre Augen.

5

10

Jhr Sternen darff ich euch wol auch noch Sternen nennen/ Wenn ietzt ein Nebel euch umbwlcket Flamm und Licht/ Da Hermione doch am Himmliſchen Geſicht’ Kein mal nicht minder lſt als zwey Geſtirne brennen. !138" Du gldne Sternen-burg/ du Himmel/ muſt’s bekennen/ Dein blaugewlbtes Dach weiß von zwey Sonnen nicht/ Da/ wenn die Morgen-Rth’ auf ihrem Mund anbricht/ Zwey Sonnen ihr allzeit der Stirne Thron umbrennen. Jedoch du magſt dich noch mit hundert Sonnen ſchmcken/ Die in die grne See keinmal zu Bette gehn/ Jch wrde noch zur Noth wol ſolche Glutt ausſtehn. Mir aber/ mir kan nicht fr Hermiones Blicken Schnee/ Schatten/ Hlen/ Nacht/ Behlff und Aufhalt ſeyn; Denn ihre Liebe dringt durch Eyß und Eiſen ein.

23.

Des Gvarini 4. Madrigal. Dou’ hai tu nido Amore etc.

5

Wo wohnt die Liebe doch? in ihrer Augen Lichte? Wie? oder iſt bey mir im Hertzen wol ihr Sitz? Wenn ich ihr Strahlen ſchau’ und ihrer Augen Blitz/ Dnckt mich: daß ſie bey ihr ſey wohnhaft im Geſichte. Fhl’ aber ich/ wie ſie verwundet/ brennt und hitzt/ So weiß ich: daß ſie mir in meinem Hertzen ſitzt. Wol: Liebe/ wenn du wilſt beweiſen deine Strcke 2 8 12 vor

umbwlcket] umwlcket C umbrennen] umrennen C Hermiones] Hermionens BC 1  Dou’] Don’ C

148

10

Blumen

Und was in unſrer Bruſt vermgen deine Wercke/ So ndre doch einmal die Wohnſtatt und die Pein/ Und zeuch in mein Geſicht/ bey ihr im Hertzen ein. !139"

24.

Aus dem Italiniſchen des Petrarcha im 1. Theile Solo !e" penſoſo i più deſerti campi. &c.

5

10

Hier mißt mein langſam Fuß die ſtille Wſteney/ Darinnen ich mich nur mit den Gedancken ſchlage/ Jch/ der die Augen ich mir nur zu Wchtern trage/ Zuſchau’n/ ob neben mir ein Mutter-Menſch noch ſey. Denn auſer Einſamkeit fllt mir kein Schirm ſonſt bey/ Daß man mir nicht ſchau an/ was mein Gemthe plage/ Jn dem ich weiß/ daß diß mein Trauren iedem ſage: Mein Hertze ſpringe faſt von Liebes-Glutt entzwey. Jch glaub’ auch: daß ob’s zwar niemanden kundbar iſt/ Jhr dennoch Flß’ und Pſch’/ und Klippen alles wißt; Was fr Beſchaffenheit es mit mir Armen habe. Allein ich finde doch kein ſo gar wſtes Feld/ Daß ſich nicht neben mich der kleine Liebes-Knabe Befindet/ und mit mir Geſprch und Reden hlt.

vor 1  !e"] li’ AB l’ C i A(Errata) e ed. Vellutello penſoſo] penſolo A penſoſo BC  deſerti] diſerti A deſerti A(Errata)BC 4 Zuſchau’n] Zuſchaunn’ A Zuſchaun’ B Zu ſchaun C



Rosen149

25.

Geſprche des Buhlers und der Augen/ aus dem Petrarcha.

5

10

B. Weint/ weint ihr Augen weint/ mit dem betrbten Hertzen   Das itzt umb euer Schuld muß Noth und Tod ausſtehn. !140" A. So iſt’s/ wir weinen ja/ wiewol es nicht ſteht ſchn;   Daß frembder Jrrthum uns/ nicht eigner muß beſchmertzen. B. Drang nicht die Liebe ſich zu erſt durch eure Kertzen/   Dahin/ woraus ſie ietzt wird nimmermehr nicht gehn. A. Wir muſten Thr und Thor zum Einzug’ ihr erhhn/   Auf deſſen Heiſch das ietzt muß aus dem Leben ſtertzen. B. Nein diß Entſchuldigen hlt gar hier keinen Stich/   Jhr ſelbſt habt Luſt gehabt durch euer Liebes-Blicken/   Mit euch in dieſes Garn das Hertz auch einzuſtricken. A. Diß iſt es was mich qult/ und diß bekmmert mich;   Daß es ſo wenig ietzt gerechte Richter giebet;   Daß man umb fremde Schuld wird ietzt ſo ſehr betrbet.

4 uns/] uns ABC vor 2 4 6 8 13 14

1  Geſprche] Geſprch BC umb] um C frembder] fremder C ietzt] itzt C ietzt] itzt C ietzt] itzt C umb] um C  ietzt] itzt C

150

Blumen

26.

!Sonett ohne Überſchrift."

5

10

Daß Beliſame mich durchaus nicht lieben wil/ Ja daß mich meine Brunſt noch ſol zu Aſche brennen/ Deſſelben Urſprung muſt’ ein rauſchend Kwell bekennen/ Als ich ſie nechſt daſelbſt ſich ſpiegelnd berfiel. Ach herber Liebes-Zwang/ ja blindes Glckes-Spiel! Jch muß nur wider Wunſch euch eitel Hencker nennen. Jhr mgt ja meinen Geiſt von Leib und Marter trennen/ Sol ich nichts anders ſeyn/ als eurer Pfeile Ziel? !141" Verflucht ihr Brunnen ihr/ hrt immer auff zu flſſen! Jhr Waſſer-Spiegel weg/ wo ihr der Haare Gold Die Perlen des Geſichts ihr nur entdecken wolt/ Und durch diß ſchn-ſeyn ihr den Hoffarts-Geiſt eingieſſen. Da ihr Narciſſens ſie erinnern billich ſolt: Sie werde wegen mein noch ihren Hochmuth bſſen.

27.

Die Augen. Laſt Archimeden viel von ſeinen Spiegeln ſagen Dadurch geſchlieffen Glaß der heiſſen Sonne Rad Der Rmer Schiff’ und Maſt in Brand geſtecket hat/ Die in der Doris Schoos fr Syracuſe lagen.

vor 1  !Sonett ohne Überschrift."] vom Bearb. erg. 8 ſeyn] feyn A ſeyn BC 9 flſſen!] flſſen? ABC 4 13 2 4

ſpiegelnd] ſpielend C Narciſſens] Narciſſen C geſchlieffen] geſchliffen C Syracuſe] Syracuſa BC

5

10

Rosen151

Den Ruhm verdienet mehr der gldnen Sonne Wagen Als Archimedens Kunſt und ſeines Spiegels Blatt. Denn diß ſein Meiſterſtck hat nur an Dingen ſtatt An denen iede Glutt pflegt leichtlich anzuſchlagen. Jn deinen Augen ſteckt mehr Nachdruck/ Schwefel/ Tag/ Als holer Glſer Kunſt/ der Sonnen-Strahl vermag. Ja ihr geſchwinder Blitz hat vielmehr Macht zu brennen; Sie znden bers Meer entfernte Seelen an/ Und Hertzen/ denen ſich kein Eyß vergleichen kan. Sol man die Augen nun nicht Brenne-Spiegel nennen? !142"

28.

!Das Hertze."

5

10

Nicht zrne: daß mein Hertz ſo heiſſen Brand ausbet/ Weil deine Schnheit ſelbſt der Flammen Zunder hegt/ Schuld und Entſchuldigung in ihren Augen trgt. Das Meer kan nicht darfr/ daß ſich der Himmel trbet/ Sich mit den Wolcken armt/ der Erde Dnſte liebet. Die Sonn’ iſts/ die das Saltz in allen Dingen regt/ Der Klffte Glutt beſeelt/ den Geiſt der Welt bewegt/ So Schnee als Eiſe Brand/ den Steinen’s Leben giebet. Sol meine Seele nun entſeelter als ein Stein/ Mein Hertze frſtiger als Eiſe-Zapfen ſeyn? Es brennt/ und iſt von Lieb als ſchmeltzend Ertzt zerronnen/ Denn Lieb’ iſt ja die Glut der Seelen; ſie erfllt Mit Feuer unſer Hertz/ das aus den Augen kwillt; Die ſind der Liebe Brunn/ der Seelen ihre Sonnen. vor 1  !Das Hertze."] fehlt A Das Hertze. BC 14 Die] Die/ ABC 5 10 11 13

Erde] Erden C frſtiger] frſtriger BC Ertzt] Ertz B Augen] Auge C

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Blumen



Hyacinthen153

D. C. v. L.        Hyacinthen. !2/3"

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Blumen



Hyacinthen155

1.

Ehren-Gedchtnß Frauen

Maria Eliſabeth/ Freyin von Bibran/ Gebohrner von Kuhnheim.

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ACh! wre der Natur ihr grimmiges Geſtze/ Das alle Schnheit ſchleuſt gedrangen Schrancken ein/ So weich als Diamant/ ſo mirb’ als Marmelſtein! So wrden itzt die Todes-Netze Wie Wachs zerdreh’t/ wie Glas zermalmet ſein. Man flicht’ itzt nicht der ſchnen Bibranin Den Majoran in’s Haar/ und umb den Sarch Zipreſſen. Es gben die beſchmertzten Seelen Jhr Blutt es zu erweichen hin/ Es wrde ſteter Thau der Thrnen es benſſen Den harten Stein des Grabes außzuhlen. !4" Allein umbſonſt! zwar Stahl und Eiſen weicht den Flammen. Der Eßig beitzet wol die harte Perl’ entzwei: Daß aber dieſer Schluß nicht zu entſteinern ſey/ Bekennet Welt und Menſch zuſammen.

vor 4 7 8 12 14

1 Ehren-Gedchtnß] Ehren-Gedchtniß C  Gebohrner] Gebohrne BC itzt] ietzt B umb] um C  Zipreſſen] Cypreſſen C gben] geben C  beſchmertzten] beſchwertzten B beſchwrtzten C umbſonſt] umſonſt BC Daß aber dieſer] Alleine/ daß der E

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Blumen

Die greul’chen Neſſeln ſtehn fr Hitz’ und Regen frey/ Wenn Lilg’ und Roſ’ in einem Nu vergeh’n; Ein Morgen iſt die Wig’/ ein Mittag iſt die Baare. Der Nord kan kaum die Tannen ſchwchen Die ohne Schmuck und Frchte ſteh’n: Ein Lftlein aber raubt Zitronen Blht’ und Haare/ Man ſieht vom Weſt den Pomerantz-Baum brchen. Jedoch reucht man noch auch auß dem verwelckten Staube/ Der Neſſel brennend Gift/ der Lilge Biſam-Safft. Der Roſen ihr Rubin hat auch verdorr’t noch Krafft. Aus der Muskaten Blth’ und Laube Wird/ wenn der Stamm gleich ligt/ noch Nutz und Heil geſchaft: So auch/ fllt gleich ein edler Baum So eine gldne Blum’ im Morgen ihrer Jugend; So ſtirbet doch ihr Geiſt mit nichte/ Der Leib hat nur im Grabe Raum; Des Nach-Ruhms gutt Geruch/ die Frchte reiffer Tugend Sind dienlich ihr zu Lob/ und uns zum Lichte. Zu dem verwſ’t auch nicht bald aller Schmuck der Leichen. Die Sonnen des Geſicht’s ſchleuſt zwar das Grabmahl ein: Doch kenn’t man in der Nacht diß auch/ was Sternen ſein. !5" Ob ſchon der Adern Trckſ’ erbleichen/ So bleibt der zarte Leib doch glattes Helffenbein/ Der Schwrtz’ und Grufft mit reinem Silber mahl’t. Der Haare kringlicht Gold beſtern’t die Finſternſſe.

34 dem] dem/ ABCE

16 17 18 21 22 26 30 33 3 4 37 3 8 40

greul’chen] greulchen C Lilg’] Lilj’ C Wig’] Wieg C Ein Lftlein … Haare/] Da/ ſo ein linder Weſt nur durch di Gipfel fahre/ E vom Weſt den] den gldnen E Blth’] Blt C ſtirbet] ſtirbt BC Sind dienlich] Di dinen E verwſ’t] verweſ’t BC  Leichen] Leiche E der] die C  Trckſ’ erbleichen] Trk’s erbleiche E glattes] giattes B Finſternſſe] Finſterniſſe C



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Hyacinthen157

Schaut/ wie der Glantz der Mund-Korallen Den Sarch beblm’t/ die Nacht durchſtrahl’t. Die Milch der weichen Bruſt macht Aſch’ und Staub ſo ſſſe; Wie Thau/ der auf die Kruter pflgt zu fallen. Da nun des Leibes Schal’ auch in der Gruft noch leuchtet/ Wie ſol der Seele Kern/ der nicht vermodern kan/ Nicht ihrer Tugend Licht der Nach-Welt znden an? Denn dieſes/ was Schmaragden feuchtet/ Der Safft der in Saffir/ in Agſtein wird gethan/ Muß Zimmet-Oel und kſtlich Ambra ſein/ Man ſiehet Balſam nur in gldnen Ampeln glimmen: So knnen auch ſo Sternen-gleiche Glider Nicht ſchlechte Geiſter ſchlſſen ein. Schaut ihr den Ehren-Rauch nicht biß zun Sternen klimmen: Der ſchier die Todte gibt dem Leben wider. Jedoch iſt diß auch nicht nur unſer Schmertzens-Pflaſter. Denn der/ der/ wenn er lg’t des Krpers Umbhll’ ab/ Jn tauſend Hertzen ihm baut ſein Gedchtnß-Grab/ Der berleb’t zwar Alabaſter Dem Glutt und Sturmwind oft ein ſchnelles Ende gab: Und wenn gleich ſchon Mauſolus theure Grufft Bricht und zu Grabe geht: bleibt doch ſein Ruhm noch blhen. !6" Wenn aber ’s groſſe Nichts wird brchchen/ Wird/ was man ewig hier außrufft/ Sich als ein irrend Licht in trben Dunſt verzihen/ Der Lorber-Krantz oft mehr als Diſteln ſtchchen. Der rechte Lebens-Zweck ruh’t nicht auf Ruhm und Gaben. Man muß/ wil man in Port des Himmels ſegeln ein/ Den Glauben zum Compaß/ das Wort zum Norden-Schein/ Den Hoffnungs-Fels zum Ancker haben. 5 4 zun] zum A zun BCE 63 aber ’s] aber s A aber ’s BE abers C 4 2 4 4 5 3 5 7 5 8 61

Sarch] Sarg C pflgt] pflegt B ſchlſſen] ſchlieſſen C lg’t] legt BC  Umbhll’] Umhll’ B Umhll C Gedchtnß-Grab] Gedchtniß Grab C gleich] fehlt C

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Blumen

Die Andacht muß der Wind/ das Kreutz der Maſt-Baum ſein. Wer nur hiermit zu Schiff’ und Seegel geh’t/ Den kan die Welt Siren’ und keine Wolluſt-Zirtzen Auch an des Todes Mord-Geſtaden/ Wo Hell’ und Ach ſtets offen ſteht/ Jn den verdammten Pful der Finſternß nicht ſtrtzen/ Ja nicht ein Haar ihm durch das Sterben ſchaden. Jn dieſen Hafen nun iſt Sie auch angelendet/ Die zwar die Wehmuth itzt fr halb-verlohren hlt/ Jn dem die Heldin bald ſo frh in’s Grabmal fllt. Alleine/ den das Jrrdiſche nicht blndet/ Der Stand/ Geſtalt und Ruhm nenn’t Fabeln dieſer Welt/ Verſchwndet ſo viel bitt’re Thrnen nicht/ Sucht auch durch weinen ihm nicht Ehre zu erlangen/ Wol wiſſend: Daß die nichts verlohren Die itzt kein Mangel mehr anficht/ Daß Sie den wahren Schmuck itzt erſt fr Schminck empfangen/ Und durch den Todt erſt worden Wolgebohren. !7" Sie ſelbſt die Seelige ruff’t auß des Grabes Hle Dem traurenden Gemahl mit ſolchem Troſte zu: Mein Schatz/ mißgnn’t mir nicht die ſſſe Seelen-Ruh! Frolockt vielmehr: Daß meiner Seele Kein fauler Snden-Wurm mehr keinen Schaden thu’. Diß einige thut mir nur itzt noch weh: Daß euch mein Heil verletzt/ und meine Luſt betrbet; Und daß ihr noch nicht glauben knnet: Daß es mir wol/ euch bel geh. „Der libt/ mein Schatz/ nicht recht/ der ſo ſehr irrdiſch libet/ „Der ſeinen Schatz ihm/ nicht dem Himmel gnnet.

91 Seelen-Ruh!] Seelen-Ruh? ABC Seelen-Ruh! E 7 2 73 75 76 86

hiermit] hiemit C keine] kein B Hell’] Hll’ B Hll C  offen] uffen B den] dem BC  Finſternß] Finſterniß C  itzt] jetzt B



Hyacinthen159

2.

Seele Herren

George Friedrichs/ von Artzat und GroßSchottkau/ auf Born/ Blanckenau/ Zweybrodt und Schtzendorff/ der Stadt Breßlau Raths-Eltiſtens.

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ALs Evens Vorwitz ſie um ihre Schnheit brachte/ Und Adam ſein gros Gutt fr einen Apfel gab/ Ward beyder Leib ein Aas/ der Tag zu Mitternachte/ Das Paradis verkehrt in ein lebendig Grab. !8" Ja auch des Menſchen Kern/ was Gott ſein Bildns nennet Die Seele/ ſo verſtellt: Daß ſie ſich ſelbſt nicht kennet. Sie war ein Jcarus/ die Unſchuld ihre Flgel/ Dardurch ſie ſich zu GOtt und in den Himmel ſchwang. Ach aber! als ihr nicht die Demuth hielt den Zgel/ Warf der zu hohe Flug ſie in den Untergang. Denn/ wie das Wachs zerſchmeltzt an glend-heiſſen Sonnen; So iſt/ was Gttlich ſchien’/ auch ſtets fr Gott zerronnen. Selbſt Plato/ der ſie zwar noch itzt an Flgel hencket/ Viel Formen ihr ſchreibt zu/ ſie Gottes Tochter heißt; Muß zuſtehn: daß ſie ſey in Lethens Flutt getrncket/ Weil Eitelkeit in ihr ihm Tauſend Flecken weißt; Ja keines Kindes Mund kan nach den Mutter-Brſten/ So ſehr/ als unſer Geiſt nach Eitelkeit gelſten. Wir kitzeln mit dem Wahn uns der gelehrten Heyden:

v or 1 5 17

1  Herren] Herrn C  um] umb E Bildns] Bildniß C den] dem B

Raths-Eltiſtens] Raths-Eltiſten C

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Blumen

Daß ſie ſo frembden Talg der Seele meſſen bey; Wenn aber wir ihr Thun vernnfftig unterſcheiden/ So ſehn wir: Daß ihr Wahn nicht voller Wahnes ſey. Weil ſie durch Snden ſich des Himmels gantz entbrechen/ Kan ſie Empedocles recht Elementiſch ſprechen. Des Zepters Gold iſt Glaß/ der Purper Spinnen-|Weben/ Der Krone Perlen Schnee/ der Throne Glantz ein Schein/ Wenn tauſend Seelen nun an dieſer Aſche kleben/ Ja ſolch verklrter Staub ihr Paradiß muß ſein; !9" Scheint des Leucippus Wahn kein ungereimter Glaube: Die Seele ſey gemacht aus rundtem Sonnen-Staube. Ob Wirbel/ Well’ und Sturm gleich tauſend Unluſt geben; Hat doch die Eitelkeit ſo weit die Oberhand: Daß Drackens Seele nur kan auf dem Waſſer leben/ Die Wſten Meere ſind Columbens Vaterland. Aus dem und andrem Wahn iſt Hippons Wahn gefloſſen: Daß unſre Seelen ſolln aus Waſſer ſein entſproſſen. Des Midas Seele klebt an dem verdammten Kothe/ Und unſer Geld-durſt treibt uns bis in’s Abgrunds Schlund; Der Geitz macht: daß ein HErr ſteht Sclaven zu gebothe/ Daß ein ſchon Rechelnder vom Golde wird geſund. Wie ſolln denn die den Wahn Xenophanens verdammen: Die Seele ſey geſtckt von Erd und Flutt zuſammen. Viel machen ihnen ſelbſt zum Abgott ein Geſichte/ Und znden ihre Seel’ ihm als ein Opfer an. Die Brnſte ſind ihr Tranck/ die Flammen ihr Gerichte/ Daß Salamander kaum man ihnen gleichen kan. So lßt Parmenides nicht ohne Grund uns leſen: Daß Erd’ und Feuer ſey der Seele Talg und Weſen. 2 1 wir] wie A wir BCE 4 6 Salamander] Salamandern AE Salamander BC 20 25 30 34 35 42 45

frembden] fremden C Purper] Purpur- B Purpur C rundtem] rundem C Columbens] Columbus E andrem] anderm C geſtckt] geſtickt C Gerichte] Gerchte C



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Hyacinthen161

Jn vielen wird der Geiſt vom Leibe ſo gepreſſet: Das man die minſte Spur nicht einer Seele ſprt/ Und Crates Meinung nicht vergebens gelten lſſet: Daß ohne Seele ſich der faule Leib nur rhrt. So hat das Ebenbild des Hchſten ſich verſtellet/ Als ſich das Himmliſche zum Jrrdiſchen geſellet. !10" Wie Myrrh’ und Ambra fault in ſchon verweſten Kpfen; So bleibt kein reiner Geiſt in irrd’ſchen Leibern rein. Verterbend Balſam mehrt den Stanck in Todten-Tpfen/ Ja Himmels-Thau wird Gift/ wo Kruter giftig ſein/ Die Sonne ſelbſt beſeelt auch ſchdlich Schlangen-Eyter/ Und mit der Seele klimmt das Gift des Leibes weiter. Doch iſt der Saame nicht des Gutten gar erſticket/ Der Sternen-Aſche bleibt/ auch wenn ſie fllt/ ihr Schein. Der Heyden bldes Aug’ hat allbereit erblicket/ Die Seele knne nicht ſchlecht Koth und Waſſer ſein/ Weil beyder Heraclit aus der Natur kan lernen: Die Seele ſey ein Licht/ ein Auszug von den Sternen. Dis reine Feuer glimmt in Kunſt-erfahrnen Geiſtern/ Die ihres Lebens Tacht der Weißheit znden an; Durch dieſe ſuchen wir Natur und Tod zu meiſtern/ Und glntzen/ wo kein Stern des Himmels glntzen kan. Ja unſer Nahme kan und wil nicht irrdiſch bleiben/ Die Ewigkeit muß ihn in Sonnen-Zirckel ſchreiben. Avendakis mht ſich mit Grnden zuerzwingen; Daß Lieben und daß Sieg der Seele Glieder ſind. Die ſich dem Vaterland’ entſchlſſen beyzuſpringen/ Und liefern Rath und That/ wo ſich Gefahr entſpinnt/ Sich fr des Volckes Heil wie Oel und Licht verzehren; Die mſſen Lieb und Sieg ja in der Seele nehren. 5 5 Wie] Wie/ ABCE  6 4 ſein/] ſein. AE ſeyn. BC 5 5 5 7 6 2 6 8 75 7 7

ſchon] den C Verterbend] Verderbend BC Sternen-Aſche] Sternen Aſche BC Lebens Tacht] Lebens-Tacht C entſchlſſen] entſchlieſſen C fr] vor C

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Blumen

Von dieſer reinen Art war auch Herr Artzats Seele/ Als ſie im Kercker gleich noch ihres Crpers war. !11" Zwar der ſtets ſiche Leib war eine Jammer-Hle/ Das Fleiſch ein nagend Wurm/ das tauſend Ach gebahr; Doch der geſunde Geiſt blib in ihm unverrigelt/ Weil er mit Tugenden und Weißheit war geflgelt. Hier war nichts wßriges vernderlicher Schlſſe. Weil er Beſtand und Witz fr ſeinen Ancker hielt. Der Ehrſucht Sonnen-Staub ſchtzt’ er fr Aergernſſe/ Fr gldne Pofiſte mit Aſchen angefllt. Des Reichthumbs Seelen-Leim zerran durch milde Gaben/ Und alle Pvels-Luſt war in ihm lngſt vergraben. Sein klug- und wachſam-ſein hat Stadt und Land gewieſen/ Daß ihm der Brger Heil ſein Augen-Apfel hieß. Sie hetten keinen nicht zum Vater knnen kieſen/ Der ihm ſein Vaterland mehr anbefohln ſein ließ. Weil Guttalus beſtrmt Budorgis Stadt und Grntze/ Bleibt ſie ihm Schuldnerin verdienter Brger-Krntze. Die Seel’ iſt ausgeſpannt vom Pfluge ſeiner Glieder/ Vom Hencker/ welcher ſie mit Fuſten tglich ſchlug. Jtzt drckt ſein ſternend Geiſt den Dampf der Erde nieder/ Es waren Hlſen nur/ die man zu Grabe trug. Jn Brgern lebt ſein Ruhm itzt wie vorhin nichts minder/ Die Wrden erbt der Sohn/ die Tugend alle Kinder. Doch iſt diß nicht genung fr Gott geweihte Seelen: Daß Welt und Nachwelt ſich mit ihrem Nahmen trgt. !12" Viel Seelen ſind ein Brand in den verdammten Hlen/ Ob Calp’ und Thule gleich noch ihr Gedchtns hegt. Ja Seelen/ derer Ziel nur ſteckt in frembden Kpfen/ Macht Anaximenes mit fug zu Luft-geſchpfen. Nein/ Herr von Artzats Seel’ hat hher angezielet; Und dieſe Handvoll Wind fr Himmliſch nicht geſchtzt.

   84 geflgelt] geflget E    87 ſchtzt’] ſchtzt C  Aergernſſe] Aergerniſſe C    89 Des Reichthumbs] Der Reichthums C    90 Pvels-Luſt] Pbels-Luſt C 103 genung] genug BC  geweihte] geweichte B 106 Gedchtns] Gedchtniß C 107 frembden] fremden BC



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Hyacinthen163

Von Chriſten/ derer Geiſt ſchon Gottes Uhrſprung fhlet/ Wird nur ein gutter Ruhm in Mohnden-Kreiß geſtzt; Ja weil die Seelen ſich aus Gottes Geiſte ſchreiben/ Kan Gott auch nur ihr Zweck/ ihr Sonnen-Zirckel bleiben. Wol! ſeine Seele tritt die Sterne mit den Fſſen/ Und ſticht mit erſtem Glantz itzt die Geſtirne weg. Selbſt Galile wird nichts unreines an ihr wiſſen/ Erguckt ſein Schauglaß ſchon an Sonnen manchen Fleck. Und ſein itzt fauler Leib/ den Stanck und Wurm bekrichen/ Wird in dem Paradiß’ als edler Balſam richen.

3.

Wahrer Adel Herrn

Siegmund von Buchers/ und der Puchau/ auf DrrJentſch/ Kurtſch/ und Kaltaſche.

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ES iſt nicht ſchlechter Ruhm viel edler Ahnen zehlen/ Die man in Kupfer ſticht/ in Alabaſter grbt. !13" Die/ wenn ſie lngſt verfault/ in hohen Ehren-Slen/ Die Nachwelt etzt aus Ertzt/ auf Marmel-Bhnen hebt. Alleine/ diß ſind nur der Todten Ehren-Maale/ Die Lebenden kein Schatz/ nein/ nur ein Vorbild ſeyn; 1 14 Zweck/] Zweck ABCE      3 Ehren-Slen] Ehren-Sulen AE Ehren-Slen BC 1 20 richen] rchen B vor 1  Wahrer … Kaltaſche] Wahrer adel in obitum herren Siegmund von Buchers Auffgeſetzet von H. Daniel Caſpar von Lohenſtein. Syndicus W: Ms768  Buchers] Puchers BC      3 ſie] man Ms768  in hohen Ehren-Slen] nicht vnſern glantz verheelen Ms768  ho­ hen] hrhen B      4 etzt aus] jetzt auff Ms768  Marmel-Bhnen] Marmel-Binen E marmel bienen Ms768

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Die Kindern nur theiln mit ein Theil von ihrem Strahle/ Wenn ſie Themiſtoclen nicht laſſen ſchlaffen ein. Denn ohne Tugend iſt der Adel fremde Haabe/ Verlohrnes Eigenthum/ und nur entlehnte Pracht. Ein Balſam/ welcher reucht nach Leichen in dem Grabe/ Ein Firns/ der was ſchon ſchn/ nichts heßlichs ſchner macht. Ein Schmeltz/ der nur bleibt Glaß/ wenn nicht der Grund iſt glden/ Ein Feuerwurm/ der nur beym finſtern Pfel glntzt. Wenn aber Pyrrhus ſich deckt mit Achillens Schilden/ Und eigener Verdienſt der Ahnen Helme krntzt/ So prangt des Adels Wrd’ in unverflſchter Seide/ So geht ein Zwerg mit Fug den Rieſen-Kindern nach/ So ſteht man unbeſchmt ins Vatern Ehren-Kleide/ Und treibt mit Lantzen Pracht/ die einſt der Anherr brach. Zu dieſem Anſehn fhrt die Tugend auf zwey Wegen Schwingt durch zwey Flgel ſich zur grauen Ewigkeit. Den Adel gibt und hlt die Feder und der Degen/ Wenn hoher Witz das Haupt/ der Muth das Hertz einweih’t. Denn wer ſich Adels rhmt/ muß ſich dem Adler gleichen/ Muß Sonnen unverblnd’t ins Antlitz knnen ſehn/ !14" Muß niemals feige ſeyn bey’s Himmels lichten Streichen/ Dem Glcke Klau und Bruſt/ und nicht den Rcken !drehn". Des Vaterlandes Heil hngt zwiſchen den zwey Seulen/ Hier trift iedweder Geiſt der Tugend Grntz-Stein an/ Den/ der Alcidens Ziel will ſiegend bereilen Und neue Welten ſucht/ nicht berſchreiten kan. 26 unverblnd’t] unverblnd t A unverblnd’t B unverblendt C unverblnd E vnver­ blendt Ms768 28 !drehn"] kehrn ABC drehn E Ms768 30 an/] an. ABCMs768 an/ E 7 8 9 1 1 12 13 14 20 25

Kindern] Kinder BC  theiln] theilen B Wenn … ein] vnd in den tugend ſammt niemanden wiekeln ein Ms768 fremde] frembde E in] und E Ms768 Firns] ſchmeltz Ms768  ſchner] ſchne Ms768 glden] golden Ms768 Pfel] Pbel BC die einst] ſo eins Ms768 wer] der Ms768



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Hyacinthen165

Durch dieſe Regung hat des Orfeus gldne Leyer/ Alcidens blutt’ge Keul’ in Sterne ſich verkehrt. Die hegen in der Gruft ein unausleſchlich Feuer Des Nachruhms/ wenn der Leib verfault iſt und verzehrt. Auf die zwey Ancker hat Herr Bucher auch gegrndet Des Adels koſtbar Schif/ der Ahnen reichen Ruhm; Der Nachwelt ſich zum Licht und Pharos angezndet/ Die Ankunft nur geſchtzt fr fremdes Eigenthum; Der Wiſſenſchafft geweiht den Frling ſeiner Jugend/ Der Hfligkeit vermhlt der erſten Jahre Keim/ Weil ja Unwiſſenheit der erſte Feind der Tugend/ Und grobe Sitten ſind der erſte Seelen-Leim. Mit den zwey Schlangen muß ſchon in der Wiege kmpfen Alcides/ wenn er wil mehr Ebentheuer thun; Die muß in der Geburth ein groß Gemtte dmpfen/ Sol nicht ſein Ehren-Ruhm im letzten Zirckel ruhn. Herr Buchers Kindheit iſt ſo ſichtbar fort gefahren/ Daß ieden er nebſt Jhm leicht berwachſen hat. Denn eines Buchs-Baums Stamm wchſt minder in viel Jahren/ Als Cedern eine Nacht/ an Aloe ein Blat. !15" Der erſten Glieder Kraft wahrſagt/ was Rieſen werden/ Was mit dem Alter auch nur Zwerge bleiben ſolln; Die Pfropfer die kaum ſtehn zwey Spannen von der Erden/ Ob ſie zu Hermes Bild’ ins knfftig taugen wolln. 3 7 gegrndet] gegrndet/ ABC gegrndet E gegrndet, Ms768 4 2 Keim/] Keim. ABE Keim/ C Kum Ms768 3 3 3 4 3 7 3 8 4 0 4 4 4 6 4 8 4 9

gldne] goldne Ms768 Keul’] Keil C  Sterne] ſternen Ms768 Bucher] Pucher E BC reichen] reicher C fremdes] frembdes E Ms768 erſte Seelen-Leim] erſten Jahre leim Ms768 Ebentheuer] abendtheuer Ms768 im] in C Herr Buchers Kindheit iſt] Wie er in kurtzer Zeit E Ms768  Buchers] Puchers BC  ſo ſichtbar] nun ſichtbar E vnſichtbar Ms768 5 0 Daß ieden er nebſt Jhm] Und tauſend neben ſich E Ms768 5 4 ſolln] ſollen B 5 5 Pfropfer] Propfer Ms768  ſtehn] ſtehen B

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So hat Herr Bucher auch vernnftig berſchlagen/ Die Pflantze nehme nicht im erſten Bthe zu. Die Sonne ſelber bleibt mit ihrem gldnen Wagen Jn einem Zeichen nicht/ ja ſchpft nicht einmal Ruh. Die Flſſe ziehn an ſich der Adern edle Tugend/ Ein Menſch der Lnder Gutts/ durch die ſie beide gehn. Durch Reiſen findet ſich die Klugheit zu der Jugend; Auch andrer Aberwitz lehrt uns was mehr verſtehn. Ja durch Bewegung wchſt die Schtzbarkeit der Sachen/ Das Marck in Potoſi war dort gemeiner Sand/ Das itzt die alte Welt faſt wil zum Abgott machen. Gereiſten mißt man zu mehr Tugend und Verſtand. Dis/ und was man ſonſt mehr gewinnet/ wenn man reiſet/ Hat ihm Herr Buchers Fleiß hochruhmbar beygelegt; Was Niederland/ der Welt Begrief/ uns unterweiſet/ Was Franckreichs feurig Volck fr Trieb zur Tugend hegt/ Was man in Engelland fr mehr als Engliſch rhmet/ Was Welſchland uns fr Witz und Schnheit mahlet fr/ Wormit dis Paradies der Erden iſt beblmet/ Was noch Sicilien fr Wunder hegt in ihr/ Was Sard und Corſe zeugt/ was Malta/ Corfu ſchmcket/ Und das mit Jnſeln faſt beſeete Mittel-Meer; !16" Dis alles hat nicht nur zu ſehen ihm gelcket/ Er kam mit ſo viel Nutz/ als vor Ulyſſes/ her/ Geprfet durch ihr Thun/ beredt mit ihren Sprachen; Ließ mehrmals ſeinen Muth als Rittermßig ſehn/

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Herr Bucher auch] er ſelbſt bey ſich E Ms768  Bucher] Pucher BC im erſten] in einem Ms768 gldnen] goldnen Ms768 in] im B itzt] ietzt E Buchers] Puchers E BC  hochruhmbar] hochrhmlich Ms768 Begrief] Begriff C zur] vnd Ms768 fr mehr] vielmehr Ms768 Wormit] Womit C womit Ms768  zeugt] zeigt C das mit Jnſeln] was in Jnſuln Ms768  beſeete] beſ’te C beſeelte Ms768 gelcket] geglcket CMs768



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Hyacinthen167

Als die Hetrurier der Trcken Flotte brachen/ Und man ſah durch die Flutt ſo Mſt’ als Leichen wehn. Als ihn ein ruhmbar Trieb auch wieder heim gezogen/ Hat ihn das Vaterland der Dienſte werth geſchtzt. Was er bey Fried und Krieg hier ntzliches gepflogen/ Hat lngſt die Tugend ſelbſt ins Buch der Zeit geetzt. Die Klugheit war allzeit ſein Bleymaaß/ ja ſein Faden/ Der aus Verwirrungen iedweden Theſeus fhrt. Ward er von Ungelck und Zuflln ie beladen/ Hat Geiſt und Antlitz doch nie Enderung geſprt. Der Seele zweyfach Puls/ die Reden und Gebehrden/ Schlug unverrckt/ wie ſtarck das Glcke gleich ſchlug an; Weil ja kein Wermuth wchſt ſo bitter auf der Erden/ Das Tugend und Geduld nicht noch verdeuen kan. Denn ein groß Hertz iſt ja des Unglcks rechter Magen/ Der fr geſunde Koſt braucht Eiſen/ wie ein Strauß. Und Klugheit weiß ſein Gift ſo leichte zuvertragen/ Als Mithridat Napell und Molchen-Jſcht trinckt aus. Gelehrte Bcher ſind die Strckung meiſt geweſen/ Wormit ſich ſein Gemth in Unflln hat gelabt. Er hat/ was Spanien ſinnreiches ſchreibt/ zu leſen/ Als er den einen Fuß ſchon in der Gruft gehabt/ !17" Noch voll Begierd und Luſt/ faſt ſpielende begriffen/ Weil Wiſſenſchafft und Witz veraltert bey der Ruh/ Das Eiſen roſtern wird/ das niemals wird geſchliffen. Schreibt man Veralterung doch ſelbſt dem Himmel zu. So folgt ein edel Geiſt des alten Adlers Sitten/ Der mhſam bey der Sonn’ ihm Krft’ und Augen ſchrfft;

   84 Mſt’] maſt Ms768    85 ein ruhmbar] der innre E Ms768  heim] umb Ms768    93 zweyfach] doppelt E Ms768    96 verdeuen] verdauen Ms768 102 Wormit] womit Ms768  Unflln] vnfall Ms768 106 veraltert] fr alter Ms768 107 roſtern] roſten Ms768 108 dem Himmel] der Sonne E der Sonnen Ms768 109 edel] edler Ms768 110 Krft’] krafft Ms768

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Doch fernern Vorſatz hat nunmehr der Tod verſchnitten/ Der/ was/ ihr Sterblichen/ mit vieler Mh entwerfft/ Durch eines Fingers Streich verrcket und verwiſchet/ Und auf der ſchnellen Poſt rennt Htt’ und Schlſſern zu/ Der edl’ und Pfels-Aſch’ in einen Sand vermiſchet/ Und beyden Knochen ſchafft in einem Grabe Ruh. Elende Sterblichen! der gldenen Granaten Und wilder Aepfel Schal’n flln endlich einen Miſt. Jedoch die Schalen nur. Der Saft und Kern der Thaten Der edlen Seelen hat fr Schmach und Fule Friſt. Scharrt man Herr Buchers Leib als ausgepreßte Schalen Schon in gemeinen Sand als irrdiſch Weſen ein; So wird doch mehr als Gold ſein gutt Gedchtns pralen/ So lange Tugend nur wird gutt von Adel ſeyn. Die Seeligkeit muß hier gantz ungemſſen bleiben/ Weil ſie die Mßkunſt auch der Engel bertrifft; Ja kan ich hier ſein Lob gleich nach Verdienſt nicht ſchreiben; Hat er den Nachruhm doch zur beſten GrabeSchrifft. !18"

1 11 fernern] ferner Ms768 114 auf] mit Ms768 115 Pfels-Aſch’] Pbels-Aſch C 117 Sterblichen] ſterbliche Ms768  gldenen] goldenen Ms768 120 Seelen] Seele Ms768 121 Buchers] Puchers E BC 123 Gedchtns] Gedchtniß C gedchtniß Ms768 124 nur wird gutt von] wird der rechte E Ms768 125 gantz] nur E Ms768



Hyacinthen169

4.

Denckmaal Herren

Andreae von Aßigs und Siegersdorff/ Breßlauiſchen Syndici.

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GOtt/ deſſen Webe-Kunſt die Lydier beſchmet/ Fr der Minervens Hand nur Spinnen-Weben macht. Hat/ als er’s Himmels Tuch mit Sternen berſmet/ Zwar ſolche Bildungen in ſein Gewebe bracht/ Die kein Phnicier hat iemals nachgeſtcket/ Die kein Chaldeer kennt/ kein Zevxes nachmahln kan. Er hat auch das Gewand der Erde ſo geſchmcket: Daß Augen und Vernunft es ſehn erſtarrend an. Allein ſein Meiſterſtck bt unſers Knſtlers Gtte/ Wenn er in Mutter-Leib’ uns Menſchen webet aus. Wenn er in ſchnen Leib wrckt ein verſchmitzt Gemtte/ Und die ſo groſſe Welt bringt in dis kleine Hauß. Der Adern Fdeme/ die Bnder der Gebeine/ Des Fleiſches zartes Garn/ der Umbſchlag unſer Haut/ Sind wie Tapezerey voll Perl und Edelſteine Vereinbart: daß Gott ſelbſt Luſt an dem Wercke ſchaut. An dieſem Teppichte des ſchnen Leibes findet Der Menſch nichts/ was von ihm noch auszumachen ſey. !19" Denn was nach der Geburth den Gliedern noch erwindet/ Das ſetzt Zeit und Natur des Schpfers Dienſt-|Magd bey. Allein dem andern Blatt’ an dieſem Kunſt-Gewebe/ Der Seele/ pflantzet Gott nur das Vermgen ein: Daß ſie durch eigne Mh ihr Werth und Gtte gbe; Und heißt des Menſchen Geiſt ſelbſt ſeinen Schpfer ſeyn. 8 Daß] Das A daß A(Errata) Daß BC vor 1  Herren] Herrn C 5 nachgeſtcket] nachgeſticket C 15 Perl] Perln C

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Damit der Menſch auch weiß/ was er fr Bilder ſtcken Sol in das ihm von Gott ſo ſchn-gewebte Tuch; So lßt er die Vernunft mit ihren Augen blicken Jn Spiegel ſeines Wortt’s/ in der Natur ihr Buch. Jn beiden aber ſteht Gott ſelber abgemahlet; Nach dem ſein Ebenbild der Menſch ſich bilden ſol. Wer mit dem Schatten nun nur dieſes Bildes pralet/ Jſt ein vollkommen Werck/ gefllt dem Hchſten wol. Der groſſe Gott verſchmht Apellens groſſe Knſte/ Des Phidias ſein Thun/ Gold/ Marmel/ Helffenbein/ Und das in Schnecken-Blutt getauchte Wurm-Geſpinnſte/ Weil er in’s Menſchen Geiſt nur wil gepreget ſeyn. Den aber pregt der Menſch/ wenn er die Tugend bet/ Durch Andacht ſich zu Gott zu ſchwingen iſt bemht/ Nach Wiſſenſchafften ſtrebt/ die Weißheit hertzlich liebet; Denn dis macht zwiſchen Menſch und Vieh den Unterſchied. Durch dieſes kan ein Menſch ein Halb-Gott hier auf Erden/ Des Vaterlandes Licht/ ein Pfeiler ſeiner Stadt/ !20" Ein Schutz-Bild eines Volcks/ der Nachwelt Vorbild werden/ Nach deſſen Muſter ſie ſich nachzumahlen hat. Herr Aßig machte ſich zu einem ſolchen Bilde; Was Gott ihm nur ſchrieb fr/ das mahlt’ er embſig nach. Des groſſen Schpfers Hand war gegen ihm ſo milde: Daß ſeiner Seele nichts von allem dem gebrach/ Was man von nthen hat zu herrlichen Gemchten. Denn ieder Zeug taug nicht zu Bildern des Mercur. Viel Menſchen ſind gebohrn zu ungehirnten Knechten/ Manch Kopf iſt wie manch Holtz gantz knrnricht von Natur. Weil aber auch Porphier ſo Bock als Menſch kan werden/ So legt Praxiteles an nichts nicht ſo viel Fleiß/ 32 wol.] wol AB wol. C 46 mahlt’] mahl’t AB mahlt C 2 5 37 39 42 46 52

ſtcken] ſticken C Den] Denn C hertzlich] herlich B herrlich C Des] Das B fr] vor C  embſig] emſig C knrnricht] knrricht C

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Hyacinthen171

Kein Schmeltzer/ wenn er Ertzt abſondert von der Erden; Als unſer Scævola an ſich zu wenden weiß. Jch mag die Wiſſenſchafft der Knſte nicht berhren/ Die nur den Hheren als Werckzeug dienlich ſeyn/ Auch die nicht/ die ſo ſehr nicht nutzen/ als uns zieren. Denn nichts verdient mehr Lob/ als Weißheit ohne Schein. Die Nachwelt wird nach uns in tauſend Schrifften finden/ Wie embſig er geweſt Bedrngten vorzuſtehn/ Wie er das Recht geknt mit Billigkeit verbinden/ Und ſein Gedchtns wird zu Breßlau nicht vergehn. Wie grndlich er erklrt die Rtzel der Geſetze/ Wie er der Unſchuld Recht behertzt vertheidigt hat; !21" Wie weißlich er zertrennt der Wiederſacher Netze; Er hieß der Wayſen Schild/ und armer Wittwen Rath. Hat die Gerechtigkeit zum Prieſter ihn erwehlet/ So nennet Schleſien ihn ſeinen Labeo; Weil Pitho ſich durch ihn der Themis hat vermhlet/ Verehrt Budorgis ihn als ihren Cicero. Solch Ruhm begleitet die/ die fr die Unſchuld ſprechen. Und gleichwol hat ein Wahn das Vaterland beſtrickt/ Der die Beredſamkeit wo nicht als ein Verbrechen/ Doch als verchtlich Thun mit hohem Aug’ anblickt/ Und als nur Niedrigen anſtndiges Beginnen Verſchmehet/ was zu Rom doch war des Adels Ruhm/ Der Rathsherrn grſtes Werck/ der Weg zur Ehren-|Zinnen/ Durch welches Julius erwarb ſein Keyſerthum/ Das Knecht und Pfel nicht berechtigt war zu ben/ Die doch dis/ was man itzt fr’s Adels hchſten Preiß/ Fr’s Thun der Ritter hlt/ gleich als ihr Handwerck trieben. Herr Aßig aber iſt ein herrlicher Beweiß: 8 0 Keyſerthum/] Keyſerthum. AB Kyſerthum. C 8 3 trieben.] trieben/ ABC 5 5 6 2 6 4 6 9 78 81

Ertzt] Ertz B embſig] emſig C Gedchtns] Gedchtniß BC erwehlet] erwhlet C Verſchmehet] Verſchmhet C Pfel] Pbel C

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Aſtree laſſe den nicht in dem Schatten leben/ Der ſich ans Licht der Welt durch ihre Strahlen ſchwingt. Rath/ Brger und das Volck muß ihm das Zeugns geben; Ja auch der Neid/ der doch oft noch mit Todten ringt: Der Himmel hab’ ihn ſelbſt fr das gemeine Weſen Mit ſo viel Fhigkeit in der Geburth begabt; !22" Fr vieler tauſend Heil zum Werckzeug’ auserleſen/ Zum Ancker ſeinen Rath der Stadt erkieß’t gehabt. Er wuſte der Gefahr/ wie Schiffer dem Gewitter Des Vaterlandes Maſt vernnftig zu entziehn; Durch ſeinen Glimpf gewaan er wiedrige Gemtter/ Sein Witz zerlegete/ was unauflslich ſchien. Verzagten macht’ er Muth/ er bndigte die Wilden/ Sein eifrig Reden drang hartneckichten durch’s Hertz/ Die Schwerigkeit wuſt’ er aufs leichtſte frzubilden/ Durch ihn ward Brd’ und Laſt ein unempfindlich Schmertz/ Er wuſte Rath und Volck ſo feſte zuverbinden/ Wie ſelber Hertz und Mund in ihm vereinbar’t war. Der Wahrheit ſprach er’s Wort/ er leitete die Blinden/ Er eiferte fr Gott/ und ſorgte fr’s Altar. Der groſſe Keyſer hat hierfr ihn reden hren/ Dem ſein beſcheiden Mund das Vater-Hertz erweicht/ Daß er der Stadt ihr Recht in minſten ließ verſehren/ Die ihren Zweck durch ihn/ wie er den Ruhm erreicht; Es ruht Herr Aßigs Leib zwar hier in friſchem Sande/ Den Breßlau ſeinen Sohn/ allein’ auch Vater heißt/ Der lebend alles thun gab heim dem Vaterlande/ Doch todt durch alle Welt/ und bis in Himmel reiſ’t. !23"    85 Aſtree] Aſtree/ ABC  den] dem A den A(Errata)BC    99 leichtſte] leichſte ABC 109 ruht] ruh A ruht A(Errata)C ruh’t B 112 reiſ’t] reiſtt A reiſ t A(Errata) reiſ’t B reißt C    87 Zeugns] Zeugniß C    95 gewaan] gewann C  er] fehlt B    96 ſchien] ſchein B    97 macht’] macht C    99 frzubilden] vorzubilden C 105 hierfr] hiefr BC 110 Den] Denn B 111 dem] den C



Hyacinthen173

5.

Die Hhe

des Menſchlichen Geiſtes ber das Abſterben

Hn. Andreæ Gryphii, Des Glogauiſchen Frſtenthums Landes-Syndici.

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WOhin hat ſich der Geiſt der Menſchen nicht geſchwungen? Die kleine Welt reicht hin/ wie weit die groſſe grntzt. Denn iſt der ſpriede Leib gleich nur von Thon’ entſprungen/ So ſieht man doch: daß Gott aus dieſen Schlacken glntzt. Daß ichtwas Himmliſches beſeele das Gehirne/ Der Uhrſprung ſey von Gott/ das Weſen vom Geſtirne. Die Sonne der Vernunft/ das Auge des Gemttes/ Macht uns zu Herrn der Welt/ zu Meiſtern der Natur. Der Panther dmpft fr ihr das Schumen des Geblttes/ Sie nimmt der Schlang’ ihr Gift durch einen krft’gen Schwur/ Sie lehrt uns Drachen kirrn/ und auf den Lwen reiten/ Die Adler bereiln/ den Krocodil beſtreiten. Er mht ſich Gottes Werck und Wunder nachzuaffen/ Es theilt ein Dedalus mit Flgeln Luft und Wind. !24" Bachan kan in der Luft Gewlck’ und Regen ſchaffen/ Albert ein redend Haupt/ Camill ein lechzend Kind/ Archytas lehrt aus Holtz geſchnitzte Tauben flgen/ Und Bertholds Bchſe wil fr Blitz und Donner ſiegen. v or 1 3 4 ‹ 9 11 14 17

1  Hn.] Herrn C der Menſchen] des Menſchen E ſpriede] ſprde C  Thon’] Dohn C ſieht] ſicht E Uhrſprung] Bhrſprung E Panther] Parther E und] uns E Dedalus] Dædalus E flgen] fliegen E

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Demetrius ſein Kleid ſchtzt man fr ſchlechte Sachen/ Ob man die gantze Welt gleich drauf geſtickt ſehn kan; Weil Archimed in Ertzt der Sterne Lauf kan machen/ Und Proclus zndet Schiff’ aus Sonn’ und Spiegeln an. Beym Keyſer Leo hrt man gldne Vgel ſingen/ Jn Zweige kan Boetz der Schlange Ziſchen bringen. Die Elemente ſelbſt ſind Mgde des Verſtandes. Durch Leinwand und ein Brett zwingt man das groſſe Meer; Wir machen aus der See ein fruchtbar Stcke Landes/ Und wo vor Klippe war/ kommt itzt ein Segel her. Sie raubt Korall’ und Perl’ aus Amphitritens Grunde/ Grbt Gold und ander Marck aus der Gebirge Schlunde. Wir ſpielen mit der Glutt/ und kurtzweiln mit den Flammen: Daß ſie uns minder Weh/ als Salamandern thun. Wir theilen Wind und Luft auf tauſend Arth vonſammen/ Und machen: Daß ihr Flug ſich hemmen muß und ruhn. Wir kehrn die Berg’ in Thal; in Abgrund baun wir Klffte/ Und groſſe Stdt’ ins Meer/ Thrm’ ber Wolck und Lfte. Ja eines Menſchen Geiſt kan tauſend Wunder ſtifften/ Wenn Fleis die Sinnen ſchrft/ und Weißheit den Verſtand. Die Welt/ das groſſe Buch/ ſteckt in gelehrten Schrifften/ Daraus uns der Natur Geheimns wird bekant; !25" Ja ein ſcharfſichtig Geiſt iſt fhig diß zu lernen/ Was ber die Natur/ was auſer Welt und Sternen. Jn dem Gehirne ſteckt’s Regiſter der Geſchichte/ Und ſein Gedchtns iſt die Mappe gantzer Welt/ Er zeucht Wald/ Stein und Wild durch Harffen und Getichte; Schafft durch Beredſamkeit: Daß Grimm und Pfel fllt. Zwingt durchs Geſetzes Zaum der rauen Vlcker Sitten; Daß tauſend Lndern kan ein einig Haupt gebitten. Er grndet ohne Bley die Tieffen tieffer Flſſe/ Miſſt ohne Meſſen ab See/ Berge/ Thrme/ Land/

23 Leo] fehlt BC  hrt man gldne] hret man die gldnen C 28 itzt] ietzt E 4 0 Geheimns] Geheimniß CE 41 ſcharfſichtig] ſcharffſichtger C 44 Gedchtns] Gedchtniß C 46 Pfel] Pbel C 47 Zaum] Zaun B  rauen] rauhen C



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Hyacinthen175

Wenn er legt Stdt’ in Grund/ von Feldern machet Riſſe/ Jſt Schatten ſeine Schnur/ der Meßſtab ſeine Hand/ Schafft: Daß ein einig Arm ein Schiff ſtſt vom Geſtade/ Die Obelißken hebt/ Coloſſen ſetzt gerade. Durch ein geſchliffen Glaß/ und durch verflſchte Schatten Macht er aus Nichtsnicht viel/ ſtellt lebhaft an die Hand Die Todten/ welche wir fr lngſt beerdigt hatten. Verwandelt einen Floh in einen Elefant. Macht: Daß man zu Paris kan in dem Monden ſehen/ Und leſen/ was den Tag zu Meyland war geſchehen. Ja er ſchifft hher an/ ſein Meer iſt’s Feld der Sternen/ Das Schau-Glaß iſt ſein Schiff/ die Segel der Verſtand. Durch dieſe Leitung kan itzt Witz und Auge lernen/ Wie Wunderſeltzam es im Himmel ſey bewand; Wie kein Planete nicht kein ander Licht ſonſt habe/ Denn dis/ wormit die Sonn’ ihr halbes Theil begabe. !26" Wie umb den Jupiter vier Stern-Trabanten rennen/ Wie Mars trotz Hecla Glutt und Feuer von ſich ſpeyt. Wie in dem Mohnden Berg’ und Thler ungleich brennen/ Wie auch die Sonne nicht von Mackeln ſey befreyt/ Jhr Licht als Wolck und Rauch und Fackeln von ſich ſme/ Wie Venus/ Mars/ Merkur ſo wie der Mond abnehme. Wie lnglich der Saturn ſey wegen zwey Gefrthen/ Die als zwey halbe Mohnd’ ihm an der Seiten ſtehn/ Wie grauſe Haar-Geſtirn’ und mit entflammten Gerthen/ Durch ihren fremden Lauf ihm keinen Jrrgang gehn. Kurtz: Unſre Nachwelt iſt ſo hoch und weit geſtiegen: Daß Tiphys und ſein Schiff veracht und Maſt-loß liegen/

5 9 dem] den ACE dem A(Errata)B 7 8 liegen/] liegen. ABCE 5 6 6 6 67 72 73 76

Nichtsnicht] Nichts nicht BC Denn] Als E umb] um C abnehme] abnhme C Gefrthen] Gefehrten C fremden] frembden E

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Daß Galile mit Fug des Himmels Tiphys heiſſet/ Ein neu Endymion/ der Phoeben nackend ſah. Und da der Geiſt ſich dort ſo hoch vom Krper reiſſet/ So kommt er der Natur hier auch nichts minder nah. Ja dieſe Gttin ſteigt zu ihm in Hl und Erde: Daß ihr Geheimns ihm vollkommen wiſſend werde. Er preßt aus Ertzte Saltz/ aus edlen Steinen Sfte/ Bereitet trinckbar Gold/ macht Waſſer aus Metall/ Gibt in drey Tropfen ein wol hundert Kruter Krfte/ Macht Lebens-Oel aus Gift/ und Zucker-Trnck’ aus Gall’ Kehrt Spiß-Glaß in Artzney/ bringt Geiſter aus Granaten/ Umb wieder Gift und Tod ſchon Sterbenden zu rathen. Jedoch ſind alles dis ihm noch zu enge Schrancken. Weil er von Gott herkommt/ ſo ſchwingt er ſich zu Gott/ !27" Vergeiſtert Andachts-voll die Himmliſchen Gedancken/ Umbarmt die Ewigkeit umbſchrnckt mit Angſt und Tod/ Durchforſcht die hohe Schrifft/ in der uns Gott heiſt leſen/ Ja Glaub’ und Liebe faſt der Gottheit tieffes Weſen. Herr Gryphens Seele war ein Muſter ſolcher Geiſter/ Ein Bild/ wie hoch der Sinn des Menſchen klimmen kan; Ja da meiſt einer dort nur ſpielt in einem Meiſter/ So grief Herr Gryphens doch ſich faſt in allem an/ Hielt fr gelehrt-ſeyn nicht/ in einem etwas miſſen/ Jn vielem etwas nur/ in einem alles wiſſen. Wer reden ihn gehrt/ der hat ihn donnern hren; Die Honig-Zunge war mit Stacheln ausgerſt/ Der Zentner-Wortte Trieb erfllt mit klugen Lehren/ Der ernſten Sitten Arth mit Anmuth angeſſt.

   80 ſah.] ſah/ ABCE    91 Schrancken.] Schrancken/ ABCE 102 vielem] vielen ABC vielem E

   82 kommt] kmt E    84 Geheimns] Geheimniß CE    85 Ertzte] Ertze B    90 Umb] Um C    94 Umbarmt] Umarmt C  umbſchrnckt] umſchrenckt C  mit Angſt] von Zeit E    98 klimmen] glimmen C 106 Sitten Arth] Sitten-Arth C



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Hyacinthen177

Rom rhmt den Tullius/ Demoſthenen die Griechen/ Er that es beyden gleich/ ſind ſie ihm nicht gewichen. Wer in dem/ was er ſchrieb/ ſich umbſieht/ wird Jhn gleichen Jn Sprchen Senecen/ in Blumen dem Petron; Wer auf ſein Urtheil merckt/ der Klugheit Saltz und Zeichen/ Erkennt des Tacitus beſondre Spure ſchon. Jn ſeinen Trauer-Spieln wird Welt und Nachwelt leſen; Der Deutſchen Sophocles ſey Gryphius geweſen. Er hat den Ruhm vermehrt/ den Opitz hat erworben: Es ſey in Schleſien der Schwanen Vaterland. Man klagt nicht mehr ſo ſehr: Daß der Petron vertorben; Daß des Ovidius Medea ſey verbrand. Weil ſein Papinian/ Stuard mit Catharinen/ Heinrich/ Felicitas/ fr die Verlohrnen dienen. !28" Schwimm’t des Terentius ſein grſtes Theil im Meere/ Durch Gryphens Luſt-Spiel iſt uns der Verluſt erſetzt. Ach! daß die Hand ihm nicht ſo bald erſtarret were! Die Feder nicht verruckt in Pferde-Brunn genetzt/ So wrden wir vielmehr von den Geſpenſten wiſſen/ Was Geiſter ſind/ und wie der Alten Martern hieſſen. Ein Blatt aus ſeiner Schrifft wird weiſen Leſern weiſen: Daß/ was er neues ſchrieb/ doch auf die Alten zielt. Auch Fremde nehmen wahr aus Schrifften ſeine Reiſen/ Und daß ſein Deutſcher Mund mit Franckreichs Zunge ſpielt. Daß Welſchlands Schreibens-Arth/ die Rmiſchen Geſchichte/ Die Weißheit Griechenlands beblmen ſein Getichte.

1 11 merckt/] merckt ABCE   Zeichen/] Zeichen AB Zeichen/ CE 119 Catharinen] Eatharinen A Catharinen BCE 127 Leſern] Lehrern A Leſern A(Errata)BCE 1 09 ſich umbſieht] ſich umſieht C ſucht Blumen E 1 13 ſeinen] ſeinem E 1 14 Deutſchen] Teutſchen CE  ſey] iſt E 117 vertorben] verdorben BCE 121 Schwimm’t] Schwimm’ E 1 29 Fremde] Frembde E 130 Deutſcher] Teutſcher C teutſcher E 1 31 Welſchlands] Welſchslands E 1 32 Getichte] Gedichte C

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Weil oftmals Bavius auch bey den Deutſchen ſchreibet/ Geſchichts: daß Ronſard nicht viel von den Deutſchen hlt/ Daß der Marino Spott mit ihren Schrifften treibet; Doch wird von Weiſen oft ein ſchlimmer Spruch gefllt. Wird aber Orleans und Siena Gryphen leſen; Wird Gryphe beyden ſolln ihr Lands-Mann ſeyn geweſen. Und freylich war er es mit der beredten Zungen/ Die nach der neuen Arth ſo gutt mit beyden ſprach/ Als er die Sprache kont’/ aus der die Zwey entſprungen/ Und ſeinem Grichſchen gab Athen und Sparta nach. Er laß/ ſprach und verſtund die Bcher der Ebreer/ Durchgrbelte die Schrifft und Weißheit der Chaldeer. !29" Ja/ wenn’s die Ziffern kam des Himmels auszulegen/ Der Sternen Eigenſchafft und Lauf zu nehmen wahr/ Jn Hnd und Antlitzen die Striche zu erwegen/ Und ihre Deutungen zu treffen auf ein Haar/ Durch ihre Cabala viel ſelzam Ding zu rechen/ Dorft ihm nicht Melchiar nicht Eßra wieder-ſprechen. Auf hohen Schulen hat er mit viel Ruhm gelehret/ Wie weit Welt und Natur ſich in ſich ſelbſt erſtreckt; Und Leiden hat von ihm von Glied auf Glied gehret/ Wie in der kleinen Welt die gantze Groſſe ſteckt. Und vieler Auge muß ihm noch das Zeugns gnnen: Daß Schatten/ Glaß und Kunſt auch Kluge blnden knnen. Noch grſſre Kunſt iſt es/ und ſchtzbarer als Schtze/ Dem Vaterlande Dienſt/ und andern Rath verleihn/ Vertheidigen das Recht/ beſchirmen die Geſtze/ Und fr des Volckes Heyl in ſteten Sorgen ſeyn; Daß alles dis Herr Gryph in ſeinem Ampt erwieſen/ Wird ihm vom Vaterland’ unſterblich nachgeprieſen.

1 33 1 34 1 37 143 1 48 150 1 55 161

Deutſchen] Teutſchen CE Deutſchen] Teutſchen CE Siena] Sina C verſtund] verſtand E ein] die B Melchiar] Melchior E Zeugns] Zeugniß CE Ampt] Amt C



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Hyacinthen179

Ach! aber ach! wo iſt Herr Gryph uns hin verſchwunden? Haucht denn der faule Todt auch ſolche Geiſter an? Wird unter ſo viel Kunſt nicht eine Kunſt gefunden/ Die den vergiften Dampf des Sterbens dmpfen kan? Muß ſein gelehrtes Haupt voll Geiſt/ voll Glutt/ voll Himmel/ Jtzt Speiß- und Saam-Hauß ſeyn fr Fule/ Wrmer/ Schimmel? Ja leider! Er iſt hin! der Tod hat kein Gehre. Er reißt wie Stammelnde ſo auch die Redner hin. !30" Der Staats-Gelehrten Witz hlt er fr tumme Lehre. Und keines Tichters Lied entſteinert ſeinen Sinn. Ein Sternen-Seher mißt oft fremder Leute Jahre/ Und ſieht nicht: daß er ſchon den Fuß hab’ auf der Bahre. Die Meß-Kunſt hat oft noch den Zirckel in den Hnden/ Wenn ihr des Todes Stab ſchon ihren Sarch mißt ab. Auch lßt der blinde Tod ſich durch kein Schau-Glaß blnden/ Sein Licht iſt Eitelkeit/ ſein Spiegel iſt ein Grab. Und die aus Stein und Ertzt Gedchtns-Seulen hauen/ Die laſſen ihre Gruft von andern ihnen bauen. Selbſt Magellan fand nicht nur einen Fuß-breit Erde/ Auf den der Schatten nicht des bleichen Todtes reicht. Kein Recht hlt hier den Stich/ was vorgeſchtzt gleich werde/ Weil dieſer/ welcher ſetzt die Rechte/ ſelbſt erbleicht. Wenn Artzte fr den Tod aus Krutern Hlffe ſuchen/ So backen ſie uns ſelbſt oft Colokwinten-Kuchen. Denn/ wenn ſchon unſer Geiſt zum hchſten Gipfel klimmet/ Bleibt doch ein Flgel noch der Erden angepflckt. Ja wenn von Engeln er den gldnen Meß-ſtab nimmet/ So ſehn wir: daß ihm doch nur wird ein Rohr gereckt. Wenn auch die Dnſte ſchon zu Regen-Bogen werden/ Wird doch ihr Purper bald zu Waſſer auf der Erden.

172 Tichters] Dichters C 173 fremder] frembder E 176 Sarch] Sarg CE 179 Gedchtns-Seulen] Gedchtniß-Seulen CE 185 Artzte] Aertzte CE 186 Colokwinten] Colochinten E 1 88 angepflckt] angepfleckt C 191 Wenn auch] Vnd wenn E 192 Purper] Purpur BCE

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Blumen

Jedoch muß gleich ein Theil des Menſchen unten bleiben/ So hilft’s doch: daß der Geiſt nur hher ſteigen kan. !31" Wenn man durch Kolben wil Metall und Kruter treiben/ Legt auch ein todter Talg ſich an dem Boden an/ Und wenn ein Triſmegiſt das Ertzt in Gold verklret/ Muß ſchlechtes Kupfer vor in Aſche ſeyn verkehret. Herr Gryphens ſchlechtes Theil der Leib fault und vermodert/ Zwey drittel aber ſind von der Verweſung frey. Die Glutt/ die in der Seel’ als Himmliſch brennt und lodert/ Setzt die Vergngligkeit nicht mit den Hlſen bey. Sein Ruhm und Nahme wird bey Welt und Nachwelt bleiben/ So lange Schleſien wird gutte Reyme ſchreiben. Sein gutt Gedchtns lebt in danckbaren Gemttern/ Und ſeine Schtzbarkeit hat nur der Todt vermehrt. Der Nachruhm iſt der Kern aus allen irrd’ſchen Gttern/ Weil Zeit/ Blitz/ Hagel/ Flamm und Glutt ihn nicht verſehrt. Der bleibt in tauſend Seel’n/ als reinen Tempeln ſtehen/ Wenn Ehren-Pfeiler falln/ Denck-Seulen untergehen. Am hchſten aber iſt die Seele ſelbſt geſtiegen/ Die zwar im Leibe/ doch mehr in dem Himmel war. Wenn Tod und Eitelkeit den Seelen ob wil ſiegen/ Baut ſie der Ewigkeit ein neues Siegs-Altar. Des Geiſtes ew’ge Glutt ſchwingt ſich zu Gotte wieder/ Wenn ihm der Tod macht auf den Grabeſtein der Glieder. !32" Wie ſehr Herr Gryphens Seel’ am Himmel hat geklebet/ Als ſie noch in der Schal’ und an den Feſſeln lag/ Wie ſie die Welt verhhnt/ wie ſie nach Gott geſtrebet/ Giebt die geiſtreiche Schrifft des Oelbergs an den Tag. Wem fromme Seufzer nicht bey ſelbtens Leſung kommen/ Jn dem muß alles Oel der Andacht ſeyn verglommen. Wie er/ was eitel war/ verchtlich ausgelachet/ Den Tand des Jrrdiſchen geſchippt mit Fſſen weg;

206 Schtzbarkeit] Schatzbarkeit ABC Schtzbarkeit E 1 96 dem Boden] den Bodem E 1 98 ſchlechtes] ſchlechter E 2 02 Vergngligkeit] Vergnglichkeit BC 205 Gedchtns] Gedchtniß CE

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Hyacinthen181

Aus Sarch und Grften ihm ein Paradis gemachet/ Die Seele rein gebrennt durch Leichen/ Stanck und Fleck/ Jn Grbern ſich erhht bis ber Wolck und Sternen/ Kan man aus ſeiner Schrifft der Kirch-Hofs-Reymen lernen. Dis und wie viel er ſonſt Andchtiges geſungen/ Kan nicht mein ſchlechter Kiel in Reyme ſchlſſen ein. Sind ſeiner Leyer hier die Seyten abgeſprungen/ So wird ſie doch bey Gott erſt recht geſtimmet ſeyn; Und wir wolln mit der Zeit fr Gottes Stul zu Ehren Dem Lamm ein Siegs-Lied Jhn vergeiſtert ſingen hren. Ja nach dem Eiteln wird die Harffe ſeiner Glieder/ Die Snd und Luſt verſtimmt/ der Tod zerbrochen hat/ Mit neuen Seiten ſpieln dem Hchſten Lobe-Lieder/ Die Haut wird ſein verkehrt in Himmliſchen Scarlat/ Der Sterbe-Kittel wird ein Unſchulds-Kleid abgeben/ Das faul und todte Fleiſch unſterblich blhn und leben. !33"

6.

Trauer- und Troſt-Gedancken ber dem Abſterben

Fr. Anna Aßigin/

gebohrner Jordanin. DJs Leben/ das der Menſch fr ſeinen Abgott hlt/ Dem Hoffnung und Begierd’ unzhlbar Opffer reichen/ Dem er den Himmel nach/ Gott hinter’n Rcken ſtellt/

2 34 Jhn] ihm A Jhn A(Errata) ihn BCE 2 35 Harffe] Harffen AE Harffe A(Errata)BC 2 25 Sarch] Sarg BCE 2 28 Reymen] Reyme E 2 30 ſchlſſen] ſchlieſſen CE      2 unzhlbar] unzehlbar C

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Blumen

Fr dem die Ewigkeit ſelbſt ſol die Segel ſtreichen/ Steckt/ eh’ ers inne wird/ dem Tode Weyrauch an. Wer geſtern meinte noch viel Sternen zu beſchmen/ Sieht heute: daß ſein Glantz nicht lnger thauern kan/ Daß ieder Menſch ſein Grab mit Aſche muß beſmen. Lernt hier/ ihr Blinden doch/ wie bald die Nacht bricht ein! Wie bald des Lebens Wachs/ der Augen Tacht verlodert; Wie bald ſich Fule lg’t an Hals und Helffenbein/ Der Glider zartes Wachs/ der Wangen Scharlach modert/ Die Bruſt mit ihrer Milch die grnen Molche ſug’t/ Der Lippen Himmel-Brodt die gelben Wrmer ſpeiſet/ Die Schoos die Mißgeburth vergiffter Schlangen zeugt/ Und der Ergtzligkeit ihr ſchlpffrig Spilen weiſet. Die Liebe ſelbſt/ der Geiſt und Seele dieſer Welt/ Die Gott und Menſch/ die Erd’ und Himmel hat verbunden/ !34" Die die Natur gezeugt/ und noch in Eintracht hlt/ Empfindet durch den Pfeil des Todes ſelber Wunden; So oft ein Hertze ſtertz’t dem andern Hertzen ab/ Die Himmel/ Gott und Gunſt zuſammen hat vermhlet/ Und der geliebte Leib hinweg muß in das Grab/ Den ihm ein ander hat fr ſeine Helfft’ erwhlet. Der Geiſt/ das beſte Theil/ der etwas Gttlich’s heg’t/ Der auff was beſſerm ſpielt/ als morſchem Wolluſt-Eiſe/ Und weit aus Staub’ und Koth den Sinn nach Tugend trgt/ Betrauret auch noch mehr dergleichen Todten-Reiſe; Wenn er der Keuſchheit Schnee/ der Libe reine Brunſt/ Den Glantz der Gottes-Furcht/ der Demuth bldes Blicken Umbnebelt/ durch den Traum und den Vergeſſungs-Dunſt Mit ſeiner Libſten ſih’t von Tiſch’ und Bett’ entrcken. Dergleichen Trbſals-Wolck’ umbgibt Herr Aßigs Hauß Die durch den Seuffzer-Sud ſich kehrt in Thrnen-Regen/ Nach dem der blaſſe Tod ſchlg’t Recht und Ordnung aus/ Und ſeinen Pfeil ſich wag’t auff ſeine Bruſt zu legen/

22 Himmel/] Himmel AB Himmel/ C 16 Ergtzligkeit] Ergetzlichkeit C 31 Umbnebelt] Umnebelt C 33 umbgibt] umgibt C



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Hyacinthen183

Weil er ſein eigen Fleiſch verſcharret in das Grab/ Und ſeines Hertzens Hertz ihm aus der Seite ſchneidet; Den Reben keuſcher Eh den Wein-ſtock hauet ab/ Und in den Trauer-Flor die Mutter-Weiſen kleidet. Allein’ es muß allhier die Sonne der Vernunfft Die Wolcke dieſes Leids mit Regen-Bogen frben/ !35" Auff welche ſey gemahlt die wahre Wider-Kunfft Jn’s Leben/ ob gleich diß/ was Welt iſt/ hier muß ſtrben. Die krfftige Geduld wird lehren: daß die See Der Thrnen ſey ein Thau die Aſche zubefeuchten/ Daß knfftig aus ihr auff die Unſchulds-Lilge geh/ Mit welcher wird ihr Leib im Paradiſe leuchten. Vor-auß ſoll dieſer Troſt den Traurenden fall’n bey: Daß ſolcher Trauer-Nord/ der dieſen Winter blſet/ Ein Vordrab/ eine Poſt des Himmel-Frhling’s ſey/ Da alles blhen wird/ was lngſten iſt verwſet. Da/ wer auff dieſer Welt hat Thrnen ausgeſtreu’t/ Von bitt’rem Aloe wird Zucker-knoſpen lſen/ Und dieſe werthe Frau/ die itzt der Tod abmeih’t/ Von aller Sterbligkeit im Himmel wird genſen. Es geh’t ihr Augen-Licht itzt unter in die Nacht: Daß es kan aus dem Grab’ als eine Sonn’ auff-gehen. Die Mund-Korallen zwar verlieren ihre Pracht; Sie aber werden dort im hchſten Purpur ſtehen. Der Haare Gold verblaſt/ der Glider Marmel bricht: Daß ſie in Ewigkeit zu Stern- und Perlen werden. Denn den befleckten Leib verklr’t der Hchſte nicht/ Er laſſe denn zuvor die Hlſen in der Erden. Jedoch ſtarb ſie noch eh’/ als ſie kam auf die Welt/ Jhr Leib war ſelbſt ihr Grab/ als ein verwßlich Weſen; Gott aber/ der Jhr nicht die Welt fr dienlich hlt/ 4 8 Paradiſe] Paradiſſe AB Paradieſe C 53 ausgeſtreu’t] ausgeſtreut’ A ausgeſtreu’t B ausgeſtreut C 4 7 5 2 5 4 5 6 6 6

Unſchulds-Lilge] Unſchulds-Lilje C verwſet] verweſet C lſen] leſen BC Sterbligkeit] Sterblichkeit C  genſen] geneſen BC verwßlich] verweßlich B verweſlich C

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Blumen

Hat Jhr den Sternen-Saal zum Tempel auserleſen. Schleuſt dreyer Ellen Raum die Hand-voll Sand gleich ein; So ſteck’t Jhr Nahme doch nicht eben in der Hlen. !36" Es wird/ wenn gleich ihr Grab ſchon wird vergraben ſeyn/ Jhr gutt Gedchtnß blh’n in ihrer Freunde Seelen. Ja man ſih’t ber diß ihr wahres Eben-Bild Jn dem geliebten Paar der holden Kinder leben. Ach! ſeelig hat ein Menſch den Jahres-Lauff erfll’t/ Der rhmlich gutte Nacht der bſen Welt kan geben! Und ob er’s Leben gleich kaum biß an Mittag bring’t/ Hat er doch ſatt gelebt/ und iſt ſo alt zu ſchtzen/ Als einer/ dem der Geiſt zu Mitter-Nacht entſinckt. Denn eine Spanne Ruhm iſt fr viel Jahr zuſtzen. Zu dem/ wer zeitlich hier die Welt geſegnen muß/ Entſegelt vielem Sturm’/ entpehrt viel Ungewitter: Denn dieſes Lebens Milch iſt Angſtſchweiß und Verdruß/ Sein beſter Wein iſt mehr als Koloquinten bitter. Der Leib/ der von Kind-auff ſchon fng’t zu ſterben an/ Muß deſto lnger hier in Kranckheits-Ketten ſchweben. Die Seele/ die das Fleiſch nicht fahren laſſen kan/ Bleib’t ſo viel Jahre mehr im Snden-Peche kleben. Wer wolte dieſem nach die Gott vermhlte Frau Jn’s Zuchthauß dieſer Welt/ in’s Lebens-Grab beghren? Betrbte/ laß’t das Saltz/ der Thrnen Silber-Thau Die Trauer-Pflantze nicht in eurem Hertzen nhren! Viel Weinen balſamet die Leiche ja nur ein/ Damit ſie zeitlicher von Wrmern wird gefrſſen. Die Thrnen ntzen ab des Ruhmes Marmol-ſtein/ Dardurch der Strbenden wird ſo viel eh vergeſſen. !37" 7 1 72 73 82 89 91

Es] Er A Es A(Errata)BC blh’n] blhn’ AB blhn C ſih’t] ſiht’ AB ſieht C Sturm’/] Sturm’ AB Sturm/ C vermhlte] vermahlte A vermhlte A(Errata)BC Saltz/] Saltz ABC

7 2 82 90 94

Gedchtnß] Gedchtniß C entpehrt] entbehrt C beghren] begehren BC Wrmern] Wrmen BC



Hyacinthen185

7.

Mitleidentlich abgebildete Blume des Menſchlichen Lebens/ bey dem Leich-Begngnſſe Frauen Marthae von Wolfburg

gebohrner Baudißin

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FReund/ mein Gemtte fhlt/ was durch ſein Hertze ſchneidet/ Wenn/ nun ſich alle Welt mit Tulipanen ſchmckt/ Er ſich in Boy/ ſein Hauß in Floor und Schleyer kleidet/ Und ſeinen Liebſten Schatz bethrnt zu Grabe ſchickt. Die Welt wird neu gebohrn; und ſie ſteht auff der Baare/ Die Roſen ſproſſen auff/ und ſie verfllt in Staub/ Die Liebligkeit vermhlt ſich mit dem frhen Jahre/ Sie aber ſcheidet ſich/ und wird des Todes Raub. So wechſelt Gott mit uns; und ſo irr’n unſre Sachen/ Ja was uns itzt erkwickt/ ſtellt unſer Leid uns fr. Lſt zwiſchen Tod und Lentz ſich nicht ein Gleichnß machen; Hat iede Frhlings-Zeit doch einen Herbſt in ihr. Die Roſe ſtirbt den Tag offt den ſie wird gebohren/ Die Tulipane wird in wenig Stunden alt/ Ein Wurm kan Jonas Kirbs in einer Nacht durchbohren/ Und eines Kefers Biß nimmt Lilgen die Geſtalt. !38" Was ſind wir Menſchen ſonſt als Blumen zweyer Tage/ Die heute riechen wol und morgen ſtinckend ſein? Wir gehn in Sammet Frh/ des Abends in der Klage/ Und noch fr Mitter-Nacht hllt uns ein Kittel ein.

11 Lentz] Lentz/ ABC vor 1  Leich-Begngnſſe] Leich-Begngniſſe C 11 Gleichnß] Gleichniß C 16 Lilgen] Liljen C

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Blumen

Zwar Roſen ſtechen weg die Perſiſchen Tapeten/ Der Hyacinth beſchmt des Salomons ſein Kleid/ Fr den Granaten muß Zinober ſich entrthen/ Scarlat und Karmeſin weicht Tulipanen weit. Der Florentiner Lack hat bey den Veilgen Flecken/ Narciſſen blnden Schnee/ Opalen der Jaſmin. Ja iede Wieſe frbt ſo ſchn/ als Tyrus-Schnecken/ Die Flammen werden bleich/ wo hohe Nelcken glhn. Alleine/ wenig Zeit wehrt aller ihr Geprnge/ Jn zwey drey Mohnden iſt ihr Purper Rauch und Sand. Schaft’s Hitz’ und Hundſtern nicht: Daß er ihr Haupt verſenge/ So tilgt ſie Raup’ und Reif und eine geile Hand. Nichts anders prangen wir im Garten dieſer Erden/ Die Anmuth ſelbſt beblmt der Kindheit erſten Kum. Die Jugend ſpielt und blitzt mit freundlichen Gebehrden/ Und Liebreitz haucht von ſich den ſſſen Seelen-Leim. Apellens Mahlerey reicht dieſer nicht den Schatten/ Wo die Natur an uns der Schnheit Pinſel ſtreicht. Wir glauben ſelber kaum: Daß wir zum Uhrſprung hatten Schaum/ Erd’ und was zu letzt den Maden Speiſe reicht. Wir wachſen endlich hoch auff unſerm Hochmuths-|Stiele/ Doch beiſt des Alters Krebs zu letzt an unſre Bruſt: !39" Daß Milch und Purper nicht mehr auff den Blttern ſpiele. Ergntz’t Witz und Geruch gleich auch offt den Verluſt/ Muß endlich dieſe Pracht doch auch in Nichts zerrinnen/ Der Biſam werden Rauch/ der Regenbogen Flutt. Und dieſer/ der uns buhlt/ wird ſelbſt am erſten innen; Daß/ wenn ein Proteus ſich verwandelt gleich in Glutt/ Ein glimmer Waſſer-Gott bald wieder Waſſer werde; Das Feuer/ welches ſchon auff Tulipanen glimmt/ Weil es die Zwibel fngt aus ſchlechter Flutt und Erde/ Zu Waſſer wiederumb und Aſche ſey beſtimmt. Ja/ nicht erſt/ wenn uns ab des Todes Sichel ſchneidet/ Und ſchnſter Blumen Gold mit ſchlechtem Heu vermengt/ 2 3 29 30 34 52

Fr] Vor C wehrt] whrt C Sand] Stand BC Kum] Kym B Keim C wiederumb] wiederum C

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Hyacinthen187

Fr Purper und Zibeth uns Sarch und Fule kleidet/ Wird unſer flchtig Glantz von Eitelkeit verſngt; Auch/ wenn wir in der Blht’ auff hchſten Stengeln ſtehen/ Neigt Tulipan’ und Menſch das Haupt der Erden zu; Und meint der Geiſt ſich gleich zum Himmel zu erhhen/ So ſucht das irrdiſche beym irrdiſchen doch Ruh. Die Wolluſt-Diſtell wchſt umb unſre Anmuths-Lilgen/ Und Dorn und Snd’ iſt nie von Roſ’ und Schnheit weit. Die geilen Weſpen mhn ſich den Geruch zu tilgen/ Und unſer Honig iſt ein Oel der ppigkeit. Ja wir erreichen noch nicht einſt der Blumen Wrde; Die Seelen ſind geſpannt ans Klotz der Glieder an/ !40" Des Hertzens Boßheit hufft meiſt auch des Leibes Brde/ So/ daß der minſte Theil zu Gott ſich ſchwingen kan. Man muß uns Sttzen ſtelln/ mit Fadem aufwerts ziehen/ Solln wir wie Eppich nicht am Bodem krichen hin/ Viel auch/ die auſſen ſchn/ wie Anemonen/ blhen/ Fhr’n in der Wurtzel Gifft/ Napell in Seel’ und Sinn. Doch wchſt noch Sonnen-Wend’ hier unter Dorn und Hecken/ Da ihrer Augen Rad ſtets Sonn’ und Gott zielt an/ Und Lilgen/ die ihr Haupt ſchnur-gleiche ſternwerts ſtrecken: Daß ihren Schnee nicht Luſt und Koth beſudeln kan. So eine reine Blum’ iſt nun auch die geweſen/ Die itzt zwar als verwelckt wird in den Sarch geſchickt. Jch ſchweige Farb’ und Glantz/ die Welt und Wolluſt leſen/ Genung: Daß ſie das Gold des Glaubens hat geſchmckt. Daß reinen Wandels Schnee/ ein Schwanen-rein Gewiſſen/ Und Purper reiner Brunſt/ ihr Kleinod iſt geweſt/

6 8 minſte] meiſte A minſte A(Errata)BC 79 Glantz/] Glantz ABC 5 5 61 6 4 6 6 75 78 8 0

Purper] Purpur BC  Sarch] Sarg C umb] um C  Anmuths-Lilgen] Anmuths-Liljen C ppigkeit] Uppigkeit BC ans] aus B Lilgen] Liljen C Sarch] Sarg C Genung] Genug C

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Blumen

Auch iſt ſie durch den Tod nicht gntzlich außgeriſſen/ Weil ſie noch hinter ſich zwey holde Pfropfer lſſt/ Jhr gutt Gedchtns blht in ihres Herren Seele/ Jhr frommes Beyſpiel reucht noch frommen Hertzen wol. Jhr Geiſt iſt ſchon bey Gott; Der Leib zwar in der Hle/ Doch lehrn uns Blumen ſchon: Daß er geneſen ſol. Viel tauſend Blumen falln itzt welck zur Erde nieder/ Jedoch geht nicht hierdurch ihr gantzes Weſen ein/ !41" Wenn uns das Frh-Jahr wird den Meyen bringen wieder/ Wird jede Wurtzel reich von neuen Blumen ſeyn. Ja die geringer’ Arth der Tulipanen leget Meiſt ſchnern Purper an/ als anfangs wird gehofft/ Und wenn der Grtner recht der zarten Zwibel pfleget/ Kommt ein ſchnee-weiſſes Kind von braunen Mohren offt. So wird der Frommen Leib durchaus hier nicht verlohren/ Des groſſen Grtners Hand pfropft in den Sarch ihn ein/ Daß er auff jenen Tag dort werde neu gebohren/ Sie eine Roſe mg’ im Paradiße ſeyn.

8 4 85 93 94 98

Pfropfer] Propfer B Gedchtns] Gedchtniß C geringer’] geringre C Purper] Purpur BC Sarch] Sarg C



Hyacinthen189

8.

Sarch (Tit.)

Herrn

Heinrich Herrmanns/ auf Kwalwitz.

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ES etze Wahn und Witz Ertzt/ Bein/ und Marmel aus/ Man laß’ ein gantz Gemach mit Purper-Muſcheln frben; Man ſchtz’ unſchtzbar hoch des Nero gldnes Hauß/ Wo Perlen waren Sand/ Chryſtall geringe Scherben/ !42" Rubin gemeines Glaß/ die Narden ſchlechtes Ding/ Zibeth unwerther Staub/ Achaten Pflaſter-Steine/ Wo man auff Wurm-Geſpinſt’ und Perlen-Mutter gieng: Glaub’t Blinde! die ihr euch betrieg’t mit falſchem Scheine/ Jhr werdet/ wenn der Staar vergeh’n wird/ mir fall’n bey: Daß Sehenden ein Sarch ein gldner Wohnhaus ſey. Der Blinden Andacht hat ja ſchon den Glantz erblick’t; Wenn Carien nur wil mit einem Grabe pralen; Wenn Memphis den Palaſt des Knig’s nicht ſo ſchmck’t/ Als ſeiner Grber Thrm’ und Wunder-Seulen ſtrahlen; Wenn Sothis ſeinen Witz/ der Weißheit Heimligkeit Meiſt nur auff Mumien und Sterbe-Kittel preget; Der Todten-Grffte Bau wie Tempel ehr’t und weih’t/ Jn Srche Gtzen ſetz’t/ den Leichen Gold anleget. Wie ſoll nicht uns der Sarch bey hellem Sonnenſchein Ein klger Heiligthum und ſchner Zimmer ſein? 15 Witz/] Witz ABC vor 1 10 15 18 19 2 0

1  Sarch] Sarg C Ertzt] Ertz C Sarch] Sarg C Heimligkeit] Heimlichkeit C Srche] Srge C Sarch] Sarg C ſchner] ſchnes C

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Jedoch/ wilſtu den Schatz und dis Geheimns ſchau’n/ So muſtu/ Menſch/ dich ſelbſt zum erſten kennen lernen. Wir dncken Rieſen uns/ wenn wir Palſte bau’n/ Und unſer Hochmuths-Berg reich’t ber Mond und Sternen; Es iſt nicht leicht ein Zwerg ſo klein und ſchwach zu ſeh’n/ Dem nicht ein Babels-Thurm in dem Gehirne ſtecket. Wenn aber wir den Wind Carthago ſeh’n verweh’n/ Und daß in Nerons Hauſ’ itzt Kret’ und Eule hecket/ !43" So lernt man: Daß ein Wurm ja keine Mauß gebahr/ Und unſer Berge Brutt ein Maulwurffs-Hauffen war. Der Babylon gebau’t/ der Rom in Grund geleg’t Der Klippen hat in’s Meer/ das Meer in Land verkhret/ Daß Helleſpont den Fuß/ und Athos Schiffe trgt/ Der einem todten Ertzt’ hat Sprach’ und Geiſt gewehret/ Jſt fr geraumer Zeit Rauch/ Aſche/ Staub und Wind/ Und ſein zerbrechlich Leib hat ihn zu erſt gelehret/ Daß Ertzt und Alabaſt ein Glſern Grundſtein ſind/ Und daß kein Menſch was bau’t/ das nicht die Zeit verſehret. Der Sternen ſchwindend Oel beſtetigt ſelbſt den Schluß: Daß auch des Himmels Burg zum Sarche werden muß. Ja nicht der Hnde Werck iſt nur ein Raub der Zeit. Die Ehren-Tempel ſelbſt die wir auff Tugend grnden/ Sind Gtzen der Vernunfft und tummer Eitelkeit/ Ja Schatten/ welche meiſt in der Geburth verſchwinden. Der Regenbogen Glantz/ der Schnecken-Blutt beſchm’t/ Jſt ein recht Ebenbild der irrdiſchen Geprnge; Sein Purper wird im Nun in trbe Flutt verſm’t. So miß’t ein Augenblick auch unſers Pralens Lnge/ Wenn uns der Wiederſchein des Glckes nicht blick’t nach/ Zerrinn’t die Waſſer-Gall’ in eine Thrnen-Bach.

35 Rauch] Raub A Rauch A(Errata)BC 2 1 22 28 32 40 47

wilſtu] willſt du C  Geheimns] Geheimniß C muſtu] muſt du C Kret’] Krt’ C verkhret] verkehrt B verkehret C Sarche] Sarge C im] ihm B



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Die Welt/ das groſſe Haus gib’t einen Schauplatz ab; Das Leben iſt ein Spiel/ bald luſtig bald voll Leiden. Zwar jener trget Gold/ der einen Schffer-Stab/ Doch muß/ eh’ ausgeſpiel’t/ ſich mancher ſchon verkleiden/ !44" Und der Palaſt verkehr’t ſich oft in’s Hirten-Hauß. Wenn aber endlich iſt das Schertzſpiel abgehandelt/ Zeucht ſein geborgtes Kleid ſo Sclav’ als Knig aus/ Und Hoff und Hrde wird in einen Sarch verwandelt. So Crſ- als Jrus trg’t ein Kleid von Fleiſch und Bein; Ja endlich reiſſ’t ein Tag ſelbſt Welt und Schauplatz ein. Dis iſt das enge Haus/ da alles Fleiſch hat raum/ Wo dieſe/ denen war die groſſe Welt zu enge/ Die Sternen-Burg zu klein/ erfll’n zwlf Spannen kaum/ Und ihr Gerippe mach’t nicht dreyer Ellen Lnge. Diß iſt das rechte Maaß/ das Alexandern miß’t Viel kleiner/ als er nach dem Augen-Maß’ uns dncket/ Das Cæſarn bildet ab/ nicht grſſer als er iſt; Der Stab an dem Achill ſo wie Therſites hincket; Dis ſchwartze Brett hier iſt kein heuchelnd Spiegel nicht; Und Tyndaris hat hier ein heßliches Geſicht. Worinnen ſteck’t denn nun des Sarches Gold und Pracht/ Wenn in ihm groſſe klein/ und ſchne greulich werden? Gewiß/ die Sonne ſchein’t aus dieſer Mitter-Nacht/ Vertreib’t der Snden Dunſt als Wolcken dieſer Erden. Wer in des Lebens See ſtets auf die Baare ſih’t/ Dem wird zur Tugend ſie ſo wie ein Pharos leuchten. Des Lebens wilder Stamm/ der voller Dornen blh’t/ Den Unglcks-Strm’ anweh’n und Thrnen-Regen feuchten/ Wird aus der wſten Welt gehoben durch den Tod/ Und durch den Sarch gepfropft ins Paradiß zu Gott. !45"

5 4 ausgeſpiel’t/] ausgeſpiel’t AB ausgeſpielt/ C 6 5 Alexandern] Alexander A Alexandern A(Errata)BC  5 8 6 3 71 8 0

Sarch] Sarg C zwlf] zwf B Sarches] Sarges C Sarch] Sarg C

miß’t] miß’t/ AB mißt/ C

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Dahin hat/ liebſter Freund/ nun auch des Hchſten Hand Durch einen ſanfften Schlaff des Sterbens dich entzcket. Umb uns/ und nicht umb dich trgt man ſo ſchwartz Gewand/ Nun dich der Unſchuld Kleid/ ein weiſſer Kittel/ ſchmcket. Wir ſeh’n die Wiſſenſchaft und vielmehr Eitelkeit/ Den Schatten/ welchen wir auf hohen Schulen finden/ Umb den auch du verſpielt Schweis/ Arbeit/ Reiſen/ Zeit/ Nun als ein Jrrlicht auf dem Sarche zwar verſchwinden: Du aber weiſt/ daß/ wenn dis Nichts wird fallen ein/ Der Sarch ein gldner Stul/ dein Leib ein Stern wird ſeyn. So herrlich wandelt ſich das Finſternß in Licht/ Des Lebens langer Tod in ein unſterblich Leben/ Der Kercker in ein Haus/ da uns kein Leid anficht/ Wenn wir nur auff den Sarch im Leben achtung geben; Des Glaubens feſten Grund zum Ancker uns erwehl’n Und an des Kreutzes Maſt der Andacht Segel ſpannen. Nun kan der ſiche Leib dich nicht mehr lnger kwl’n/ Fleiſch/ Tod und Snde kan dich nicht mehr bermannen: Kein Schiffbruch hat mehr ſtatt/ das Schiff iſt in den Port. Wer hier ein Herrmann iſt/ der trg’t den Sigs-Krantz dort. Wol dem! der ſo wie du im Grabe ſeelig ſteh’t! Der frommen Chriſten Sarch iſt Noens ander Kaſten/ !46" Jn den zwar alles Fleiſch durch’s Thor des Sterbens geh’t/ Doch werden ewig ſie nicht in den Grbern raſten; Die Glaubens Taube bring’t den Hofnungs Oelzweig ſchon/    84 Kleid/] Kleid ABC  Kittel/] Kittel ABC    85 Eitelkeit/] Eitelkeit AB Eitelkeit/ C    81 hat] hat’ B    83 Umb] um C  umb] um C    87 Umb] Um C    88 Sarche] Sarge C    90 Sarch] Sarg C  Stul] Stuel B    91 Finſternß] Finſterniß C  in] ins BC    94 Sarch] Sarg C    95 erwehl’n] erwhln C    96 Kreutzes Maſt] Creutzes-Maſt C 100 Herrmann] Heermann BC 102 Sarch] Sarg C 103 den] dem BC



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Hyacinthen193

Daß/ wenn die Sndflutt wird des Feuers ſein vergangen/ Und nunmehr Nichts wird ſein der Vorwelt ſprder Thon/ Uns eine neue Welt wird mit viel Luſt empfangen; Kurtz: Lazarus ſein Leib iſt zwar in Sarch verwahr’t/ Doch hlt die Seele ſchon mit Enoch Himmel-farth.

9.

Redender Todten-Kopff Herrn

Matthaeus Machners

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KOmm’t Sterblichen hiher/ im Fall ihr klug woll’t ſein/ Was mag euch Stagirit und Plato kluges lehren? Dort ſchleichet Aberwitz mit ihrer Klugheit ein. Sorbone/ Rom/ Athen mag ſelbſt hier Weißheit hren. Hier ſteh’t ein Lehrer auf/ der ſo nicht irren kan/ Fr welchem Salomon wird endlich ſelbſt zum Thoren. Es hlt Demoſthenes fr mir ſein donnern an/ Der Rmer Mund hat hier die Sprache ſelbſt verlohren. !47" Jch bin ein Todten-Kopf/ ein Kirchhoff iſt die Schul’/ Die Lehr’ iſt Sterbligkeit/ ein Sarch der Predigt-Stul. Wie? Mehr als alber Volk! entſtz’t ihr euch ſo ſehr: Daß ein entſeeltes Haupt kan ohne Zunge ſprechen? Mein’t ihr? Es lebe ja kein groſſer Albert mehr. Jch rede/ ſolte gleich Aquinas mich zerbrechen. Wie? Oder haltet ihr’s fr eine Zauberey? Weil ein gekpftes Haupt auch ſol geweiſſag’t haben. Nein! glaubt: Daß hier kein Werck des Nectanebus ſey/ Und Ammons redend Bild iſt tauſendmal vergraben.

1 07 ſprder] ſprder C 109 Sarch] Sarg C vor 1  Herrn] Herren B    10 Sterbligkeit] Sterblichkeit C 

Sarch] Sarg C

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Mein reden an ſich ſelbſt benimm’t euch den Verdacht: Daß Kunſt/ auch Laſter nicht mich Stummen redend mach’t. Verrckte Sterblichen/ komm’t ſchau’t mein Bildnß an! Die Augen werden euch zu Ohren werden mſſen/ Und hren/ wie ich ſtumm euch unterweiſen kan. Kein Ohr iſt ſo ſehr taub/ das ich nicht auf kan ſchlſſen/ Kein Hertz’ iſt ſolcher Stahl/ das ich nicht wchſern mach’/ Auch Magdalene muß hier Saltz der Thrnen ſchwitzen. Mein fauler Hauch blſt aus die Flamme grimmer Rach’/ Und Fulvie/ die ſich erkhn’t hat zu zerritzen Die Zunge der Stadt Rom/ verzuck’t den Nadel-Stich: Denn ihre Galle khl’t in meinem Moder ſich. Jch irrdiſches Geſchpf’ und Schertz der Sterbligkeit War/ als ich lebend war/ entſeelter als entſeelet: Bey reger Zunge ſtumm/ ein Gaukel-Spil der Zeit/ Ja leerer/ als da ich itzt gantz bin ausgehlet. !48" Jn dem mein Schedel nur mit Winde ſchwanger ging/ Und nur ein Nichts gebahr vergnglicher Begierden. Der Lſte Mißgeburth war ein mehr ſtinkend Ding/ Als das itzt faule Fleiſch der lngſts verweſten Zierden. Jtzt aber wird gezeug’t aus meinem todten Nichts Ein Bild der Eitelkeit/ ein Tacht des knft’gen Lichts. Denn/ mag ein Welt-Kind mich ſo unbedachtſam ſchau’n? Der nicht ihm biß in’s Hertz die Stimme ſchallen hre: Hier iſt dein Ebenbild/ dir ſelbſt muß fr dir grau’n. Nach Mh’ und Schweiß komm’ſt du zum Gipfel dieſer Ehre. Die drren Knochen ſind durchſichtig wie Chryſtall/ Jn dem der ſchnde Menſch kan ſeinen Abriß ſehen. Mein morſcher Schedel lehr’t: Daß ein geringer Fall Den Grund-Stein/ auf den man bau’t Schlſſer/ umb kan drehen. 20 Kunſt/] Kunſt ABCE 42 in’s] m’s A in’s BE ins C 2 1 30 31 38 4 5 48

Bildnß] Bildniß C ihre Galle khl’t] ihre Brnſte khl’n E Sterbligkeit] Sterblichkeit C lngſts] bald E durchſichtig wie] durchſicht’ger als E umb] um C



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Hyacinthen195

Mein finſter Augen-Licht zeig’t euch im Schatten an: Daß keine Sonne nicht hier ewig ſcheinen kan. Jhr Thr’chten! die ihr mein’t: Daß euer Wangen-Feld Ein Roſen-Garten ſey/ wo ſteter Frhling blhet/ Den ein wol-rchend Zaun der Lilgen in ſich hlt/ Kommt ſchaut: Wie man hier umb nur Neſſeln wachſen ſihet; Wie das verfaulte Fleiſch nur gelbe Wrmer ſug’t/ Das tauſend Seelen vor mit Kſſens-Zucker ſpeißte. Umb den benelckten Mund wird grnes Mooß gezeug’t/ Den man vor fr Rubin und Schnecken-Blutte preiſ’te. Manch Jonas hat diß Haupt fr ſeinen Kirbs geacht/ Das itzt ein Wurm-Stich hat des Todes welck gemacht. !49" Jhr Blinden! denen Blitz aus dem Geſichte fhr’t/ Komm’t lern’t: Daß Liebreitz ſey ein Gift-Strahl rgſter Schlangen. Schau’t: Wie die hole Lck’ itzt eitel Nattern nhr’t/ Weil manch verbuhlter Blick hat Gift und Glutt gefangen. Aus dieſer Naſe rinn’t Jſcht/ Eyter/ ſtinckend Schaum/ Die vor nichts als Zibeth und Ambra muſte rchen. Jtzt deck’t die drre Haut die kahlen Schlffe kaum/ Fr derer Haaren iſt die Morgen-Rth’ erblichen. Der Mund/ wo Wolluſt vor ihr Lebens-Kwll gewan/ Hauch’t als ein Baſiliſck’ itzt ſelbſt die Laſter an. Jedoch/ was klag’ ich viel den uſſerlichen Schein Der Schnheit/ und der nur aus Staub’ erſproſſ’nen Glieder? Der Weißheit Gttlich Sitz iſt ſelbſt geſchert ein; Der Himmel-hohe Sinn ſinck’t itzt zur Erde nider. Jn das Gedchtns-Buch (in welches eingepreg’t Durch Gottes Finger war/ und niemals-mdes ben 5 0 nicht] doch E 53 Lilgen] Liljen C 5 4 hier umb] hierum C 5 5 nur] nr B 5 7 Umb] Um C 6 5 Jſcht] Jſch C 6 6 vor] fr C 6 7 Haut] Lufft C 71 Jedoch] Jdoch E 75 Gedchtns-Buch] Gedchtniß-Buch C  76 ben] Uben C

eingepreg’t] eingeprgt C

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Was Gott/ Natur/ und Zeit uns iemals ausgeleg’t) Hat durch des Todes Pfeil die Eitelkeit geſchrieben: Jhr albern klugen komm’t/ fall’t meinem Urtheil bey: Daß Mopſus nach der Gruft ſo klug als Plato ſey. Herr Machner lehr’t es den/ der ſeine Leiche ſchau’t. Das groſſe Wiſſen hat ein Augenblick vergeſſen/ Worber Mh’ und Schweiß faſt ſiebzig Jahr gebau’t. Der Wiſſenſchafften Buch mag itzt die Schabe freſſen. Der/ deſſen Geiſt die Welt zu ſchlſſen nicht gewſt/ Lſſ’t ſich in wenig Sand in einen Kittel hllen. !50" Der Weiſe weiß nicht mehr was eig’ne Willkhr iſt/ Der tauſenden verfaſſ’t hat ihren letzten Willen. Und der/ der vielen viel auf ihr Begrbnß ſchrieb/ Lern’t: Daß die Grabe-Schrift ihm nur noch brig blieb. Alleine/ red’ ich denn von nichts als Eitelkeit? Steck’t nichts nicht Ewiges in meinen Todten-Beinen? Verſtub’t die kleine Welt denn gntzlich mit der Zeit? Die Sonne/ die itzt ſinck’t/ wird ſie nicht morgen ſcheinen? Verzagte Sterblichen! komm’t ſchau’t die Eeren an/ Die durch den holen Kopf mir wachſen aus der Erden! Glaub’t iemand: Daß ein Korn zur Pflantze werden kan; Ja/ daß ein Seiden-Wurm mag wieder lebend werden/ Der glaub’ auch: Wenn der Bau der Erde muß vergeh’n/ Wird auch aus dieſer Aſch’ ein Phnix auff-erſteh’n. Denn/ ſchleuſt den Zeder-Baum ein kleines Saam-Korn ein/ Hlt Dorn und Stock in ſich die Roſen und die Reben: So kan kein Todten-Kopf auch nicht verweslich ſein. Die leeren Knochen wird viel ſchner Fleiſch umbgeben. Gott kan ſein Ebenbild/ das er in Menſchen preg’t/    77 ausgeleg’t)] ausgeleg’t/) AB ausgelegt/) C außgeleg’t/) E    84 Der Wiſſenſchafften Buch] Di Bltter ſeiner Kunſt E    86 in1] ein C    88 verfaſſ’t] verfßt C    89 vielen] ſo gar C  Begrbnß] Begrbniß C    95 Eeren] Ahren C    97 iemand] imand E    99 glaub’] glaub’t E  Bau … vergeh’n] Lentz der Menſchen an wird geh’n E 1 04 umbgeben] umgeben C 105 preg’t] prgt C



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Hyacinthen197

Weil ja kein Unkraut ſtirb’t/ nicht gantz vermodern laſſen. Dis/ was verweslich iſt/ wird in das Grab geleg’t/ Des Todten gutten Ruhm kan Sarch und Sand nicht faſſen; Ja/ wenn der Hchſte wird vom Kirch-Hof’ erndten ein/ So werd’ ich Todten-Kopf ein Engliſch Antlitz ſein. !51"

10.

Uber das herrliche Grab-Maal/ Welches

Herrn Adam Caſpern von Artzat

und Groß-Schottkau/ auf Born/ der Rmiſch. Keyſerl. Mayſt. Rathe/ und des Raths der Keyſerl. Stadt Breßlau

ſeine Eheliebſte durch

Hn. Matthias Rauchmllern/ aus Marmel und Alabaſter koſtbar aufrichten ließ. JHr Frauen/ die ihr weih’t den Mnnern eure Hertzen Durch unverflſchte Treu zu Liebes-Flammen ein/ v or 1  Mayſt.] Meyſt. AB Majeſt. C      1 weih’t] weicht A weih’t A(Errata)B weiht C  Mnnern] Mnner A Mnnern BC 1 08 Sarch] Sarg C 109 wenn] wen B vor 1  aufrichten] anfrichten B

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Die ihr des Lebens Tacht brennt zu Gedchtns-Kertzen/ Und euch ein Heiligthum laßt ihre Leichen ſein/ Kßt dis Gedchtns-Maal Herr Artzats unbeſchwert/ Das nach Pyaſtens Grufft fr tauſend Grab-Maaln pranget. Es iſt verwunderns zwar/ doch mehr verehrens werth/ Denn Liebe hat’s gebaut/ die Kunſt nur Hand gelanget. !52" Jhr Mtter/ derer Leid nicht Maaß und Ziel kan halten/ Wenn ſich der Sterbligkeit gemeiner Lauf verrckt/ So oft ihr fr der Zeit ſeht eure Shn’ erkalten/ Die Augen ihnen zu mit ſtarren Augen drckt. Kommt/ netzet dieſes Grab mit Myrrh- und Balſam wol/ Jhr Augen-Muſcheln zinßt viel Perlen dieſem Steine/ Daß/ weil durch ein Gelbd’ er immer trieffen ſol/ Die Mutter/ die hier weint/ ſich nicht zu Tode weine. Was aber hat dis Grab von nthen frembder Zehren? Die Mutter-Liebe kmpft mit Flammen keuſcher Eh’; Wer hier mehr Rechtes hat/ viel Angſtſchweiß zu gebehren/ Es klaget Hecuba und weinet Niobe. Der kalte Marmel iſt ein Vorbild ihrer Bruſt/ Der Alabaſter mahlt die Blß’ ab ihrer Wangen. Ja iede hat ins Grab ſich zuverwandeln Luſt/ Umb ihn ſo todt/ als vor lebendig zu umbfangen. Jhr Edlen/ die ihr ſucht den Adel in der Tugend/ Fr Zwillinge ſie ehrt/ und fr Geſchwiſter ſchtzt/ Die ihr grau-huptig wollt geſehn ſein in der Jugend/ Hier iſt Herr Artzat euch zum Muſter frgeſetzt; Der ſeines Adels Glantz/ der Tugend Ebenbild/ Des Stammes Sttze war; und ſein Geſchlechte zierte. Der ſeiner Ahnen Ruhm fr ſeinen Leitſtern hielt; Den Schild zum Beyſpiel ihm/ nicht zum Geprnge fhrte. 2 9 Glantz/] Glantz ABC 32 ihm/] ihm ABC 3 5 17 19 24 28

Tacht] Tocht C  Gedchtns-Kertzen] Gedchtniß-Kertzen C Gedchtns-Maal] Gedchtniß-Mahl C frembder] fremder C gebehren] gebhren C Umb] Um C  umbfangen] umpfangen C frgeſetzt] vorgeſetzt C



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Jhr/ die das Vaterland zu Vtern hat erkohren/ Kommt/ nehmt ein Vorbild euch/ verfolgt Herr Artzats Spur/ !53" Der frs gemeine Heil zu ſorgen war gebohren/ Der redlich von Gemth/ arbeitſam von Natur/ Beym Unglck unverzagt/ und hertzhafft in Gefahr/ Vertrglich in der Welt/ klug und verſchmitzt im Rathe/ Jedwedens Freind/ nur nicht des Eigen-Nutzes war/ Und ſich in allem Thun dem Ariſtides nahte. Jn Fhigkeit hat er Niemanden nicht gewiechen/ Jn ſeiner Jugend ward ſchon zeitig ſein Verſtand. Der Rmer Herrſchens-Kunſt/ die Weißheit alter Griechen/ Die neu und alte Welt war ihm durchaus bekand. Der Rechte Wiſſenſchafft/ die ſonſt ſo bitter iſt/ War ſein frnehmſter Kreiß/ die Werckſtatt ſeiner Krffte. Das Ampt ſein Spiel/ zu dem er doch ſo jung erkieſt/ Sein liebſter Zeit-Vertreib die wichtigſten Geſchffte. Er hat zwar ſeinen Lauf/ wie die geſchwinden Flſſe/ Wie krftige Geſtirn’ in kurtzer Zeit vollbracht. Allein er lebet noch ins Grabes Finſternſſe/ Und ſein Gedchtns glntzt/ wie Sterne bey der Nacht. Dis Ehren-Maal ſtellt euch mit Marmel-Bildern vor: Wie ihn der Tugend Hand mit Brger-Krntzen ſchmcke/ Wie ſeines Stammes Schild die Ehre hebt empor/ Und Fama ſeinen Ruhm in Oſt und Weſten ſchicke. Laßt aber/ Sterblichen/ euch nicht den Traum betrgen/ Daß eines Knſtlers Hand durch Alabaſter kan

4 3 alter] aller A alter A(Errata)BC 5 7 betrgen/] betrgen. A betrgen; BC 3 6 3 8 3 9 4 0 41 4 2 4 7 51 5 2 5 4

redlich] Rechtlich C Vertrglich] Vertrchlich C Freind] Freund C dem] den C gewiechen] gewichen BC Jugend] Tugend B Ampt] Amt C  erkieſt] erkieſt’ B Finſternſſe] Finſterniſſe C Gedchtns] Gedchtniß C ſchmcke] ſchcke B

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Gedchtns-Seulen baun/ die Eitelkeit beſiegen; Der Roſt greift Ertzt und Stahl/ die Zeit den Marmel an. !54" Was Phidias geetzt/ iſt lngſt geſchert ein; Die Nachwelt ſelber ſtirbt; die Bcher freſſen Schaben. Wo aber Tugend legt in Grund den erſten Stein/ Da lebt der Todte ſtets/ wird gleich ſein Grab begraben. * *    * ARZATIANI MONUMENTI Inſcriptio AD D. M A R .  M A G D A L E N A M VRATISLAVIÆ

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ADAM CASPAR AB ARZAT. S. CÆS. MAJESTATIS CONSILIA­ RIUS POSTQUAM ADAMI SEBISII CAPITANEI CASPARIS ET GEORGII FRIDERICI ARZATIORUM CONSULARIUM VRA­ TISLAVIENSIUM AVORUM PATRISQUE PULCRA VESTIGIA SECUTUS REMPUB. PATRIAM JUSTE SANCTEQUE CIVIBUS HAUT POENITENDUS SENATOR FACTIS QVAM ANNIS NOTIOR CURASSET AD MELIOREM VITAM VOCATUS VO­ CEM FILII DEI IN HOC DORMITORIO JUXTA MAJORUM CI­ NERES LÆTUS EXPECTAT VIX ANNORUM XL MENS: VIII. DIER. XIX. MORTUUS V. FEBR. ANNO M.D.C LXXVIII. EVA MARIA SEBISIA FILIO PIISSIMO ANNA ROSINA ZANGIA MARITO OPTIMO ACERBUM FUNERIS OFFICIUM HÆC MONUMENTI QVOQVE PRÆSTITIT. !55"

6 CAPITANEI] CAPITANCI A CAPITANEI A(Errata)BC 59 Gedchtns-Seulen] Gedchtniß-Seulen C 60 Ertzt] Ertz C 7 FRIDERICI] FRIDERICII C



Hyacinthen201

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Erlangte Ewigkeit Herrn

Chryſoſtomi Scholtzens JCti

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DJe Flammen ſteigen ſtets dem erſten Kwelle zu; Die Wolcken regnen hin/ wo ſie zu erſt entſpringen; Es ſuchet der Magnet bey’m Angel-ſterne Ruh; Man ſieht des Meeres Saltz zu ſeinen Brunnen dringen; Jedweden Morgen kehrt dahin der Sonne Rad/ Wo Memnons Mutter ſie vorher gebohren hat: So/ weil der morſche Menſch zur Mutter hat die Erden/ Muß/ was die Wiege war/ ihm auch ſein Leichſtein werden. Wie aber? ſchleuſt dis Grab’ ſein gantzes Weſen ein? Sol in des Lebens Kreiß’/ im Zirckel unſrer Jahre Ein Nichts der Mittel-Punckt/ das Ende Sterben ſeyn? Sucht doch die Fleder-Mauß im Lichte Todt und Baare/ Ob ſie des Tages Glantz gleich nicht vertragen kan. Die Glutt nimt hellern Glantz bey dem verleſchen an. Nein! auch der weiſe Menſch pflegt/ muß er ſchon erblaſſen/ Den Zweck der Ewigkeit auch ſterbend zu umbfaſſen. Hat vielen/ die gleich nicht der Seele Schatz gekennt/ Die Kern und Geiſt geſucht ins Krpers Schal’ und Aſchen/ !56" Doch nach der Ewigkeit ihr dumpficht Geiſt gebrennt/ Wenn ſie mit Zeder-Safft die Leichen abgewaſchen/ Mit Oel’ und Aloe geſalbet Leib und Haupt. Weil aber endlich Zeit und Fule beides raubt/ Der Balſam Moder wird/ die Myrrhen Wrmer ſmen/ Muß man zur Ewigkeit was beſſern Zunder nehmen.

6 ſie] ſich C 14 hellern] heller C 16 umbfaſſen] umfaſſen C

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Mauſolens Todten-Aſch’ iſt Rauch/ iſt Staub und Wind/ Hat Artemiſie ſie trinckend gleich beſeelet/ Weil ihre Glieder ſelbſt verbrennte Knochen ſind/ Die Krebs und Molch durchbohrt/ und Schlangen ausgehlet/ Auch die ihr Bild gepregt in Ertzt und Alabaſt/ Die haben fr Beſtand ein ſchatticht Nichts umbfaſt. Ja wenn wir in den Grund Coloſſen fallen ſehen/ Bleibt nichts als koſtbar Staub dem Winde zuverwehen. Des Nahmens Ewigkeit und groſſer Thaten Ruhm/ Beſteht auf feſterm Fuß’ und auf was lngerm Weſen. Doch iſt der Nahme ſelbſt geborgtes Eigenthum. Man kan gelehrtes Lob zwar in den Bchern leſen; Doch/ wie mag’s glaublich ſeyn: daß man unſterblich iſt Auf Leder und Papier/ das ſelbſt die Schabe frißt? Der Teutſchen Helden Preiß/ den Plinius geſchrieben/ Jſt mit den Bchern ſelbſt vom Zufall’ aufgerieben. Schreibt man an Berg und Strand auch noch gleich Titel ein; Lſt der die neue Welt nach ſeinen Nahmen nennen; Glaubt: der und Magellan wird doch nicht ewig ſeyn/ Man wird in kurtzem nicht mehr ihre Spure kennen. Wer weiß: ob Abila ſich berreden lßt: Daß er die Seule ſey des Hercules geweſt? !57" Solt’ auch bey’m Arimaſp und Athos iemand wiſſen; Wer dieſen Berg durchbohrt/ und jenen auf- ließ ſchlſſen? Man ſuchet Rom in Rom/ den Grich’ in Grichenland/ Jn dem die Marmel mehr als Menſchen Grichiſch ſprechen. Jphiſſus hat nicht Flutt/ Pactol nicht gldnen Sand; Das reiche Sardes iſt fr arm und nichts zu rechen. Die Schffer htten Vieh/ wo vor Miletus war/ Ja/ wir vermißten es/ wie ſeine Hirten/ gar/ Wenn nicht ein ſtummer Stein mit ſeiner Schrifft entdeckte: Daß Thalens Vaterland daſelbſt vergraben ſteckte. Man zanckt ſich zu Athen/ da ſolch ein Aaß der Zeit Noch dieſes Nahmens Werth/ wo Plato hat geleſen; 2 9 30 32 34 48

gepregt] geprgt C  Ertzt] Ertz C umbfaſt] umfaßt C Bleibt] Bleib BC feſterm] veſtern C  lngerm] lngern C jenen] jenem C



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Hyacinthen203

Wo man fr Zeiten ſich der Ceres eingeweiht; Wo Thebe/ Salamis und Sparta ſey geweſen? Man kennet Epheſus aus nichts/ als vielem Grauß; Ja Berg’ und Flſſen leſcht die Zeit den Nahmen aus/ Der nur von Megara mit Noth iſt brig blieben/ Nichts aber/ was Corinth gleich hat in Ertzt geſchrieben. Von dieſem Wunder ſtehn zwlf Sulen noch mit Noth/ Von Pergamus kaum fnf; nichts von Halicarnaſſus; Auf Delos wohnt kein Menſch; zu Delphis mehr kein Gott; Ein ausgegraben Stein zeugt das verlohrne Jaſſus. Ein Marmeln Wort lßt nur nicht Thyatir vergehn. Zu Hieropolis bleibt nur ein Schauplatz ſtehn/ !58" Zur Lehre: daß die Zeit mit unſern Wercken ſpiele/ Laodicea iſt itzt nichts/ als eine Mhle. Auguſtus ſucht umbſonſt aus Trojens Baue Ruhm/ Denn ſeinen Grauß bewohnt nur Rebhuhn/ Sperber/ Haſen. Steht Theſeus Tempel gleich/ Minervens Heiligthum/ Jſt alles brige doch von Athen verblaſen. Jn beiden ſiehet man mehr keinen Weyrauch ſtreun/ Zu lehr’n; daß Gtter auch bey uns vergnglich ſeyn. Die Bach Aſopus weiſt; daß Flſſe ſich verkleinern; Der Brunn Callirhoë; daß Kwelle ſich verſteinern. Ob auch die Seelen gleich Gedchtns-Tempel ſind/ Jn denen Tugend uns zum Abgott hat erhoben; Der Sonnenſchein wird nicht zur Wolcke ſo geſchwind’/ Als man verfluchen wird/ dis/ was wir heute loben. Was jener Wolthat heißt/ ſchillt dieſer Miſſethat. 6 8 72 78 79

Stein] Rein AB Stein A(Errata)C Laodicea] Laodicra A Laodicea A(Errata)BC lehr’n] lehren A Lehr’n A(Errata) lehrn BC daß] dß A daß BC

6 6 6 9 73 76 78 8 0 81 8 2

Pergamus] Pargamus C Marmeln Wort] Marmel-Wort C umbſonſt] umſonſt C brige] Ubrige C vergnglich] vergngilch C Callirhoë] Callirohe C Gedchtns-Tempel] Gedchtniß-Tempel C uns] und B

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Man legt zu hchſtem Schimpf’ auf Holtz-Stß’ und aufs Rad Dis/ was fr kurtzer Zeit wir eingebalſamt haben/ Was unter dem Altar noch geſtern lag vergraben. Zu dem ſchtzt Tugenden fr ein unſterblich Ding; Laßt groſſer Thaten Ruhm ſo lange Zeit bekleiben/ Als aller Jahre Lauf umbzircket ihren Ring; Laſt an des Monden Rand gar deſſen Nahmen ſchreiben; Wird von der Ewigkeit ein Schimmer brig ſeyn/ Wenn all’s wird hren auf/ der Himmel ſchrumpfen ein? Wo werden bleiben ſtehn die Gtter dieſer Erden/ Wenn Erd’ und Welt wird Grauß/ die Sternen Aſche werden? !59" Welch ander Pfad weiſ’t denn zur Ewigkeit den Weg/ Die keiner Zeiten Zeit iſt mchtig zu vergraben? Der Brunn der Ewigkeit wil Oel ohn’ allen Fleck Und Ampeln nicht von Thon in ſeinem Tempel haben. Die ihre reine Seel’ anznden ihrem Gott Jm Glauben/ werden nicht vom Sterben haben Noth. Die zur Gerechtigkeit den Weg hier lebend zeigen/ Derſelben Glantz wird ſelbſt die Sternen berſteigen. An dieſen groſſen Port fhrt auch mein Freund itzt an; Es hat ſein Lebens-Schiff der Hofnung Haupt erreichet/ Wo es durch keinen Sturm mehr ſterbend ſcheutern kan/ Wo es fr keiner Noth mehr ſeine Segel ſtreichet. Des Glaubens feſter Maſt lacht Unfall/ Seuchen/ Zeit/ Und hat die Kron erlangt von der Gerechtigkeit; Mit dieſem Golde wird Gott auch ſein Fleiſch bekleiden/ Wenn ungerechter Glantz wird finſtern Schifbruch leiden. Dis iſt das groſſe Recht/ das uns das Heil ſpricht zu/ Das uns die Ewigkeit fr Gottes Stul’ errechtet.

   96 Grauß/] Grauß A Grauß/ BC    88 geſtern] geſtren C    91 umbzircket] umzircket C    97 den] denn B 101 ihrem] ihren C 105 dieſen] dieſer C 107 ſcheutern] ſcheitern C 110 Gerechtigkeit] Gerchtigkeit C 114 fr] vor C

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Hyacinthen205

Wie irrt ihr/ die ihr ſucht in andern Hafen Ruh! Wenn ihr umb Cæſars Schlaff ſchon tauſend Lorbern flechtet/ Und Alexanders Haub’t mit Perl und Gold hllt ein; Dis alles wird verwelckt und todter Schatten ſeyn; Ja ihrer Palmen Krantz wird werden zu Cypreſſen Wenn dieſes Krantzes Strahl nicht wird ſeyn zuermeſſen. Zwar baut die Nachwelt ihm auch ein ſolch Denck-Altar/ Was wrdig auf Papier und Pergement zu pregen; !60" Weil er/ was Javolen zu Rom/ in Breßlau war/ Wenn es die Rtzel kam des Rechtes auszulegen. Sein kluges Schreiben wird noch Redner ſeyn fr ihn/ Wenn es die Nachwelt wird in ihr Gedchtns ziehn; Sein weiſes Reden wird noch auf den Blttern lehren: Daß ſich ein gldner Mund durch ſolchen Klang ließ hren. Alleine/ wenn es kommt zur wahren Ewigkeit/ Drft Ulpianus ſelbſt ſo Sach’ als Recht verſpielen. Denn wo der Glaube nicht Geſetz’ und Rechte weyht/ Kan auch die Themis ſelbſt den Himmel nicht erzielen. Hier aber hat mein Freind ſein Recht ſo ausgefhrt: Daß ein gutt Urtheil ihm Unſterblichen gebhrt. Ja man wird auch noch hier auf ſeinem Grabe leſen: Er habe Gott gedient/ ſey Menſchen Treu geweſen.

118 verwelckt] erwelckt A verwelckt A(Errata)BC 1 16 umb] um C 126 Gedchtns] Gedchtniß C 129 wenn] wann C  kommt] kmmt BC 133 Freind] Freund C

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Blumen

12.

Letzte Beehrung Herrn

Gottfrieds Dobricius/ Der Philoſophi und Artzney Doctoris.

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DJs iſt der Jrr-gang aller Dinge/ Wie weit das braune Sonnen-Licht den dſtren Klumpen mahl’t: !61" Daß unſer eigen Pfeil auf uns zurcke ſpringe; Daß von der Fackel unſer Kunſt/ in dem ſie andern ſtrahl’t/ Der ſchwartze Rauch uns in’s Geſichte ſchlage. Ein Booßmann der das Brett und ſich den Wellen trau’t/ Wenn er ein frembdes Schif im Sturme Maſt-loß ſchau’t/ Und/ daß der Strom es nicht zum Strudel jage/ Jhm beyzuſpringen ſich aus ſichern Hafen macht/ Komm’t ſelber auf die Klipp’ und muß zu Grunde gehen. So wenn ein treuer Artzt und Bruder iſt bedacht Mit Hlff’ und Rath uns an der Hand zu ſtehen; Dem Giffte zubegegnen: Begegnet ihm die Gifft/ und er muß uns geſegnen. Wem wolte nun nicht ſchmertzhaft fallen? Wenn deſſen unſer Freund uns muß ein traurig Beyſpiel ſein. Zwar bring’t ſolch Beiſtand Ruhm/ doch gib’t es Wehmut allen/ Wenn einer ſein Gedchtnß-Bild ſo finſter preget ein. Jſt Zeit und Fleiß ſo nutzbar angewendet? Hat der ſo ſau’re Schweis nichts beſſers zu Gewien’? Lern’t er darumb den Geiſt aus den Metallen zih’n 21 zih’n] zihn’A zihn? B ziehn? C v or 7 18 21

1  Gottfrieds] Gottfriedes BC frembdes] fremdes C Gedchtnß-Bild] Gedchtniß-Bild C  darumb] darum C

preget] prget C



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Hyacinthen207

Aus Steinen/ die Cambai’ und Japan ſendet/ Aus Krutern/ die Sudet und Hiblens Spitze trg’t/ Die Krft’ und Eigenſchafft in wenig Tropffen ſchlſſen? Hat er in der Artzney deshalben Grund gelgt/ Die klugen Araber ſo oft durchblttern mſſen? !62" Umb/ daß er ſelbſt erfahre: Es ſterb’ auch die Artzney/ der Artzt komm’ auf die Baare. Jedoch iſt hier kein fremder Fall geſchhen: Daß des Erblaſten Kunſt nicht iſt ſein Sterbens-Schirm geweſt. Hippocratens Verſtand hat auch den Sarch geſhen. Kein Averroes nicht entgeh’t der allgemeinen Peſt. Zu dem b’t nicht der Sturmwind an den Schiffen/ Die ihm entgegen geh’n/ den Zorn zum erſten aus? Die Klippen lgt der Blitz meiſt in zermalmten Graus Da leicht ſein Keil auf Wachs nicht wird geſchliffen. So wil auch hier der Tod erweiſen ſeine Krafft/ Wenn er auf dieſen Artzt ſo gar frh-zeitig wttet? Weil deſſen kluger Geiſt ihm Sorgen hat verſchaff’t: Daß/ wenn ſein weiſes Thun nicht wrde bald zerrttet/ Peſt/ Fieber/ Schwulſt und Seuchen Wie Schatten fr dem Licht’ in Abgrund wrden weichen. Die Higiæa ſelbſt bethrnet Umbdeck’t mit ſchwartzem Trauer-Floor/ an ihm ihr liebſtes Kind. Weil ihm der Tod hierdurch ein neues Siegs-Feld bhnet/ Nun ihre Hoffnung und ſein Witz nunmehr gantz Fruchtloß ſind/ Gleich wie der Glantz der koſtbarn Porzellanen/ So bald ſie Gifft befleck’t/ in hundert Stcke ſpring’t/ Die hundert-jhricht Fleiß kaum in ihr Weſen bring’t 4 4 ihm] ihm/ ABC 4 7 Gleich wie der] Gleich wieder A Gleich wie der B Gleichwie der C 2 2 2 5 2 7 2 9 31 3 5 3 6 4 2 4 4

Japan] Japen C gelgt] gelegt C Umb] Um C geſchhen] geſchehen B Sarch geſhen] Sarg geſehen BC lgt] legt BC geſchliffen] geſchlieffen C Schatten] Schotten B Umbdeck’t] Umdeckt C

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Durch Witz und Kunſt der klugen Jndianen: Nichts anders iſt der Menſch/ eh’ ihm durch ſau’ren Fleiß Jn den gantz wilden Stamm was tauglich’s wird gepfropffet/ !63" Bedarf es manche Nacht und vieler Tage Schweiß. Da aber wenig Gifft den Lebens-Brunn verſtopffet/ Ein Fieber das Geblt’ entzndet; Sih’t man: daß aller Werth im Augenblicke ſchwindet. Doch darf man auch dis ſchwinden nicht ſo ſchlten. Denn eben/ weil die Porzellan/ wenn ſie in ſtcken bricht/ Das ſchwartze Gift entdck’t/ muß ihr Geſchirre glten. Nichts minder/ tadelt auch den Leib/ der zeitlich hinfll’t/ nicht Der weiſe Gott/ der Artzt befleckter Seelen/ Wenn er des Snden-Gift’s am Menſchen wird gewahr/ Durch das der Seelen Heil ſich ſncket in Gefahr/ Gibt weißlich nach: daß in der Leiber Hlen Jn’s irrdiſche Gefß auch irrdiſch Gift einſinck’t/ Und durch der Glieder Bruch der Seele Tod vermeidet. Hingegen ſchlechter Talg/ den keine Gift bezwing’t/ Ein Leib/ den keine Gift vom Snden-Giffte ſcheidet/ Jſt nicht hoch zu erheben. Denn langes Leben iſt lang’ an der Snde kleben. Wol alſo dem/ der zeitlich ſcheidet! Der daß von Snden krancke Fleiſch/ das eitel Wrmer heck’t/ Von dem geſunden Theil/ der Seele ſterbend ſchneidet! Weil doch der Krper deſto eh den reinen Geiſt befleck’t; Durch geile Luſt ihn in viel Laſter leitet; Je minder Kranckheit ihn in Zaum und Schrancken hlt/ Wenn nun ein frommer Menſch nach Gottes Willen fll’t/ Dem wird der Tod zum Bezoar bereitet Der alles Snden-Gift vom Hertzen treiben kan. Da ſonſt kein frommer Menſch/ wie fromm er immer lebet/ !64" So emſig ſeinen Sinn dem Guten bindet an:

6 5 irrdiſch] irrdich A irrdiſch BC 76 hlt] hl’t AB hlt C 5 3 manche] mancher C 79 treiben] treiden C 80 lebet] leber C



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Hyacinthen209

Daß nicht noch mancher Fleck der Schwachheit an ihm klebet. Fr Peſt und fr die Snden Jſt beſſer Artzney nicht als Flucht und Tod zu finden. Nun wol! wir ſeh’n auch unſren Freund ſo flihen. Und ob ſein frher Abſchied zwar manch thrnend Auge macht; So iſt ſein Zuſtand doch weit unſerm vorzuzihen/ Der bittre Zehren uns gewehr’t/ ie mehr er uns anlach’t. Uns Sterblichen/ die wir zu rcke bleiben/ Wird unſer ſiecher Leib durch tauſend Ach’ geplag’t/ Jn dem der Snden-Krebs auch das Gewiſſen nag’t. Jhn aber/ ihn kan nichts nicht mehr betrben. Des Leibes faulend Staub wird durch die kluge Hand Des dreymal-groſſen Artzt’s in mehr als Gold verkehret; Jn dem der Glieder Schaum/ die nichts nicht ſind als Sand/ Jn Himmliſche Natur der Geiſter wird verklret. Die Seele gleich’t der Sonnen Nun ihre Monden-Arth der Flecken iſt zerronnen.

13.

Umbſchrifft eines Sarches.

5

JRrdiſches und Sterblich Volck/ lebend-todte Erden-Gſte/ Jhr Verwrfflinge des Himmels/ ihr Geſpenſte dieſer Welt/ !65" Denen nichts als falſche Waare/ nichts als Rauch und Wind gefllt/ Nrrſche klettert/ und beſteigt/ die bepalmten Ehren-Aeſte/ Setzt euch Seulen von Porphyr/ mauert euch aus Gold Palſte/ Feſtigt Tempel euch aus Marmel/ der der Zeit die Wage hlt/ Rafft zu euch mit gicht’gen Klauen den verdammten klumpen Geld/ Macht euch euer ſtoltzes Lob durch gelehrte Schrifften feſte. 91 das] fehlt A das A(Errata)BC 5 Porphyr/] Porphyr ABC 8 5 unſren] unſern C 9 0 Ach’] Ach! BC vor 1  Umbſchrifft] Uberſchrifft C 

Sarches] Sarges C

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Aber wiſt: wann das Verhngns euer Lebens-Garn reiſſt ab/ Schwindet Wiſſenſchafft und Kunſt/ Schtze/ Reichthum/ Ehr und Tittel/ Und ihr nehmet nichts mit euch/ als den nackten Sterbe-Kittel: Wo ihr anders aus dem allen noch erſchwitzet Sarch und Grab. Tauſend/ tauſend ſind geweſt/ die mich nicht erlangt noch haben/ Die die Lfte/ die die Glutt/ die der blaue Schaum begraben.

14.

Uberſchrifft des Tempels der Ewigkeit.

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JHr drres Volck/ lebloſe Leute/ todte Stumme/ Jhr Sterblichen/ die ihr euch wnſcht zu leben/ Die ihr den hellen Tag fr Nacht/ Die Krone fr Gefngns/ Freyheit fr die Ketten/ Fr Kercker Ruhm/ fr wenig alles alle/ Die ihr fr Nebel Glantz/ fr Dnſte Sonnenſchein/ !66" Frs Grab den Thron/ den Zepter fr das Grabeſcheit/ Fr nichts nicht viel/ den Himmel fr die Erden/ Fr Aſchen Gold/ Das Leben fr den Tod/ Die Seide fr den Koth/ Verwechſeln wolt. Jhr Menſchen/ die ihr Gtter wollet werden/ Die ihr den Kitzel ſchnder Eitelkeit/ Der Trume nichts/ der Ehrſucht ſſſe Pein Der Wehmuth Wermuth/ der Wollſte Galle Verſchmeht/ und Euch von Dorn’ auf Roſen wollet betten; Kommt/ kommt/ hier ſegelt her/ und macht

12 anders] auch noch AE anders A(Errata)BC 9 12 4 7

Verhngns] Verhngniß C Sarch] Sarg C Gefngns] Gefngniß C Zepter] Scepter C



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Hyacinthen211

Den Lebens-Nachen an/ wolt ihr erheben Den Preiß der Ewigkeit/ das wahre fr das tumme.

15.

O BIOΣ ЕΣΤІ ΚΟΛΟΚΥΝΘΗ

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DJs Leben iſt ein Krbs/ die Schal’ iſt Fleiſch und Knochen; Die Kerne ſind der Geiſt/ der Wurmſtich iſt der Tod; Des Alters Frhling mahlt die Blthe ſchn und roth/ Jm Sommer/ wenn der Saft am beſten erſt ſol kochen/ So wird die gelbe Frucht von Kefern ſchon bekrochen/ Die morſche Staude fault/ der Leib wird Aſch’ und Koth; Doch bleibt des Menſchen Kern/ der Geiſt/ aus aller Noth/ Er wird von Wurm’ und Tod und Kranckheit nicht geſtochen. Er ſelbſt veruhrſacht noch: Daß eine neue Frucht/ Ein unverweßlich Leib aus Moder Aſch’ und Erde/ !67" Auf jenen groſſen Lentz im Himmel wachſen werde. Warumb denn: daß mein Freind mit Thrnen wieder ſucht Die itzt entſeel’te Frau? die Seel’ iſt unvergraben/ So wird Er auch den Leib dort ſchner wieder haben.

vor 1  Ο ΒΙΟΣ] ΟΒΙΟΣ ABC Η ΨΥΧΗ E 7 Kern/] Kern ABCE   Geiſt/] Geiſt ABCE

9 veruhrſacht] verurſachet C 10 unverweßlich] unverwßlich E 12 Warumb … Freind] Wi/ daß Herr Heuſig denn E  Freund C 13 itzt] ietzt B

Warumb] Warum C 

Freind]

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Blumen

16.

!Sonett ohne berschrift."

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Der Hofnungs-Bau iſt Fall/ die Blthe faulend Moſt/ Eis/ Trbſand iſt das Feld/ wo unſer Muth uns blhet. Wenn man den Ehren-Zweck beym Lichten recht beſiehet/ Hat Erde/ Sand und Sarch Uns ſo viel Mh gekoſt. Wir etzen Marmel aus nur fr der Zeiten Roſt/ Der Wurm iſt/ was er ſpinnt/ der Menſch/ was er erziehet/ Ja was er betet an/ ſelbſt zuzerſtrn bemhet/ Und unſer Sonnenſchein hegt morgen Haß und Froſt. So wendet ſich das Blatt. Wol dem der ihm nicht traut! Mein Freind/ der nichts als ſich im Leben wolln beſiegen/ Muß durch den gift’gen Hauch des Todes zwar erliegen. Wol aber ihm! daß er kein Luft-Schloß hat gebaut! Denn ſeiner Seele Bau/ worinnen er itzt wohnet/ Bleibt von der Zeit und Tod/ und Untergang verſchonet!

vor 1 Überschrift vom Bearb. erg. 2 uns blhet] ausblhet A uns blhet A(Errata)BCE 14 verſchonet!] verſchonet? ABC verſchonet. E 1 2 4 9 10

faulend] faulen C Trbſand] Triebſand C Sarch] Sarg C dem] den BC  ihm] ihn C Freind] Freund BC



Hyacinthen213

17.

Eitelkeit

Des Glckes und des Hofes/ Welche Meherdates in dem fnften Buche des Arminius auf dem Caucaſus in einem Felß eingegraben.

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DU Wetterhan der Welt/ du Fallbret unſers Lebens/ Du Gauckel-Spiel der Zeit/ Gelcke/ gute Nacht! !68" Die Menſchen znden dir den Weyrauch an vergebens/ Und dein taub Ohr gibt nie auf Wunſch und Andacht acht. Wenn du einmal dein Rad/ wir eine Hand umbdrehen/ Sehn wir Coloſſen falln/ und ſchweres Ertzt verwehen/ Jch aber ſchtze dich weit ber Gangens Schtze/ Du irrd’ſches Paradiß/ du Hafen ſſſer Ruh/ Weil hier kein Wtterich gibt knechtiſche Geſtze/ Weil die Natur uns hier lſſt allen Willen zu; Wo die Begierde nie aus dem Geſchirre ſchlget/ Vergngung und Vernunft ſich in ein Bette leget. Verdammter Heyrath-Schluß! unſeelige Vermhlung. Wo Geitz ein glden Aas bebrttet Tag und Nacht; Wo der ſonſt todte Schatz nur lebt zu unſer Kwlung/ Wo Uberfluß uns arm und unerſttlich macht; Wo wir/ wie Tantalus/ beym Reichthum Hunger leiden/ Des Nachbars dicke Saat’ und fettes Eyter neiden. Hier herrſchet die Natur/ die wenig nur verlanget/ Die lſſt die Wurtzeln nicht des Bſen wurtzeln ein. Kein Berg-Marck iſt/ daß ſo wie Pomeranzen pranget/ Worauf die Frchte Gold/ die Blthe Perlen ſeyn;

2 0 nicht] nicht/ A nicht BC Armin.1/2 4 5 2 0 22

Wunſch] Wuntſch Armin.2 umbdrehen] umdrehen C Wurtzeln] Wurtzel Armin.1/2 Worauf] Woran Armin.1/2

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Ja eingebalſamt Gold/ das Ambra von ſich hauchet/ Und Perlen/ die man recht zur Hertzens-Strckung brauchet. Die gldnen Berge ſind kein Merckmal gldner Lnder; Wo Gold in Flſſen ſchwimmt/ da rinnt auch Uppigkeit. !69" Dis Ertzt heckt aus den Geitz/ der Geitz gebhrt Verſchwnder; Wo man das Gold nicht kennt/ da iſt die gldne Zeit; Und da die eiſerne/ wo man ſchrfft Stahl zu Degen/ Und nicht das Eiſen ſchmeltzt zu Pflugſchaarn und zu Egen. Wiewol der Acker trgt hier Weitzen und Getreyde Wo gleich kein Pflug ſtreicht hin/ die Ege nicht fhrt ein. Der Baum/ der anderwerts bringt Wolle/ giebt hier Seide/ Die Kiefer kſtlich Oel/ der Schlee-Dorn ſſſen Wein. Der Zucker wchſt auf Schilf/ die Buche trgt Mußkaten/ Die Mandel Dattel-Kern/ der Apfelbaum Granaten. Die Ameiß ſammlet hier zuſammen Weyrauch-|Krner/ Die Holder-Staude treuft von Balſam und Jaſmin/ Die Diſteln ſtehn voll Lilg’ und Roſen ohne Drner. Und auf Wacholdern ſieht man Nelck- und Zimmet blhn. Die Muſe nehrn Zibeth/ der Muſch ſchmiltzt von den Ziegen/ Der Hirſch zeugt Bezoar/ den Honig machen Fliegen. So herrlich lebt man hier/ wenn dort der Tiſch der Frſten Das kaum erſchwitzte Brodt oft halb verſchimmelt giebt/ Wenn oft ſelbſt Knige bey voller Taffel drſten/ Aus Sorge: Daß Jemand wo ihnen Gift einſchiebt. !70" Wenn man fr eigner Wach’ und Sklaven ſich erſchttert/ Und als ein Aſpen-Laub fr Schatten bebt und zittert. Hier aber wohnt die Ruh und ſicheres Vergngen/ Die Einfalt weiß vom Mord und vom vergifften nicht. Die Tiger ſind hier zahm/ der Wolf ſpielt mit den Ziegen/ Und keine Natter kan hier bleiben/ welche ſticht. Betrug und Argliſt heiſſt bey Hof’ ein Meiſterſtcke. Hier weiß man nichts von Liſt/ als wie man’s Wild bercke. 27 gebhrt] gebiehrt Armin.1 gebiert Armin.2 38 treuft] treifft Armin.1/2 40 Nelck-] Nelck C 41 nehrn] nhr’n Armin.2  Muſch] Moſch Armin.1/2  ſchmiltzt] ſchmiltz C 42 Bezoar] Beozar C  Fliegen] Flgen Armin.1 47 Sklaven] Slaven Armin.2 49 Hier] Hie C 50 vom Mord] von Mord Armin.2  vom vergifften] von vergifften C



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Hyacinthen215

Bey Hofe weiß ein Greif zur Taube ſich zu machen. Ein Fuchs iſt mit der Haut der Lmmer angethan. Der Panther ſcheint ein Schpß/ die Geyer und die Drachen Sieht man fr Vgel oft des Paradißes an; Alleine dieſes Fell/ die Federn/ dieſe Sitten Sind Angeln nur/ worfr ſich Niemand weiß zu htten. Oft/ wenn das Auge weint/ da kitzelt ſich das Hertze/ Ein Tod-Feind macht ihm dort die Freundſchaffts-|Larve fr. Der Mord-Dolch wird verſteckt in eine Hochzeit-|Kertze/ Und in Liebkoſenden ſteckt oft ein Tiger-Thier. Uns ſchwimmt das innerſte des Hertzens auf dem Munde/ Dort geuſt man Oel in Glutt/ hier aber in die Wunde. Die Liebe ſelber wird bey Hof’ ein Ungeheuer/ Die Tochter der Natur zur Mißgeburth der Welt. Geitz/ Ehrſucht/ Geilheit macht da nur ein todtes Feuer/ Das nicht zum Hertzen dringt und ſelten Farbe hlt. !71" Denn Niemand frey’t der Braut/ die ihm/ er ihr zugegen/ Der buhlet umb ein Ampt/ ein ander umbs Vermgen. Hier aber weiß man nichts von ſo verflſchten Lieben/ Geſtalt und Tugend iſt hier nur das Heyrath-Gutt. Die Ehberedung wird dort aufs Papier geſchrieben/ Das Hertz iſt hier der Brief/ die Tint’ ihr beider Blutt; Ja man vergrbet hier auf einmal und zuſammen Die Aſche der Gebein’ und auch der Liebes-Flammen. Den ſonſt verhaßten Nord hrn wir mit Anmuth wtten/ Weil er geſunde Lufft/ uns keinen Schifbruch bringt. Wir drffen Haab und Gutt niemals ins Waſſer ſchtten/ Weil uns kein Vorwitz ſticht/ auch kein Gebrechen zwingt;

71 zugegen] zu gegen ABC zugegen Armin.1/2 82 Vorwitz] Vorwitzt AB Vorwitz C Armin.1/2

5 9 60 61 65 72 73 76 81

dieſe] und die Armin.1/2 worfr] wofr C Armin.1/2 kitzelt] ktzelt Armin.1/2 ſchwimmt] ſchwimmet C umb] um C Armin.1  umbs] ums C Armin.1 verflſchten] verflſchtem Armin.2 ihr] iſt Armin.1/2 drffen] drffen Armin.1/2

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Nach zu nichts-ntzem Glaß’ und ungeſunden Speiſen Den Erd-Kreiß zu umbfahrn/ nach Oſt und Weſt zu reiſen. Granaten-Aepfel gehn fr Knigliche Zierden/ Jhr Krantz ſticht Kronen weg/ die Knoſpe den Rubin/ Wenn jener ihr Beſitz ſchafft ngſtige Begierden/ Kan man aus dieſer Saft und krftig Labſal ziehn. Der und die Roſen ſind dem Purper berlegen: An dieſem klebet Blutt/ an jenem Thau und Segen. Der Sorgen-Wurm heckt ſich ins Seyden-|Wurms Geweben/ Die Unſchuld fhlt kein Leid in unſer ſchlechten Tracht. !72" Wo Gold und Schnecken-Blutt die Achſeln rings umbgeben/ Wird oft das Hertze kalt/ das Antlitz blaß gemacht. Wir hlln zwar nur den Leib in weiſſe Lmmer-Felle; Doch fhln wir in der Seel’ auch keine Pein und Helle. Laßt Frſten im Palaſt auf glatten Marmel gleiten/ Von Sammet und Damaſt frh ohne Schlaff aufſtehn; Worzu ſie ihnen doch Mah-Trncke zubereiten/ Wir wolln auf Krutern ruhn/ auf weichen Roſen gehn/ Mit der itzt-mden Sonn’ uns froh zuBette machen/ Und mit der Morgen Rth’ erſt wiederumb erwachen. Bey Hofe trinckt man Gift aus koſtbaren Kriſtallen/ Wir ſſſen Wein aus Thon/ rein Waſſer aus der Hand. Die Mißgunſt ſchenckt dort ein der Tugend rgſte Gallen/ Auf unſern Wieſen iſt auch Wermuth unbekant. Dort ſticht der Scorpion des Neydes/ hier nur Bienen/ Wofr ihr Honig uns doch muß zum Labſal dienen.    90 dieſem] dieſen AB dieſem C Armin.1/2    97 im] in ABC im Armin.1/2

   83 Nach] Noch Armin.1    84 umbfahrn] umfahrn C umfahr’n Armin.1/2    85 Granaten-Aepfel] Granaten-Apffel C    89 Purper] Purpur BC Armin.1    92 unſer] unſerm Armin.2    93 umbgeben] umgeben C Armin.1    95 weiſſe] weiſe C    96 Helle] Hlle BC Armin.1/2    97 glatten] glattem Armin.1/2    99 Worzu] Wozu Armin.1/2 102 wiederumb] wiederum C Armin.1



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Ein Hencker preßt uns dort den Saft aus Marck und Beinen/ Ein Blutt-Hund ſaugt das Blutt aus unſer Adern Kwell; Weiß Knſte/ fettes Oel zu ziehn aus drren Steinen/ Und endlich ber’s Ohr den Nackten auch ihr Fell. !73" Hier milckt man bloß die Milch und lßt die Woll’ abſchren/ Die Kh’ und Schaffe nur durch Uberfluß beſchweren. Ein allgemeiner Brunn/ der eine Stadt vergngen/ Der ein Volckreiches Land zur Nothdurfft trncken kan/ Wird dort vielmal erſchpft/ iſt oft wol gar verſiegen/ Wenn ein verſchnitten Knecht ſetzt ſeine Gurgel an/ Der Stein und Ertzt verdaut das keine Glutt verzehret/ Und wie die Egel ſich mit frembdem Blutte nehret. Man ſieht Verleumbdung dort der Unſchuld Lilgen ſchwrtzen/ Der Heuchler falſcher Firns verwandelt Koth in Gold. Hier flſcht kein Honig nicht den Mund/ kein Gift die Hertzen/ Niemand iſt Tugenden gram/ noch den Laſtern hold. Ein heßlich Antlitz prangt dort gar mit Fleck und Maalen/ Allhier iſt nichts geſchminckt/ auch keine leere Schalen. Der Wind iſt nicht ſo ſehr vernderlich im Mertzen/ Als ſich des Hofes Gunſt/ des Glckes Weſt verkehrt. Wenn er mit Zweigen ſcheint zu ſpielen und zu ſchertzen/ Sieht man: daß er wie Blitz in Stmm’ und Zedern fhrt. Die frh des Pfels Gott/ der Frſten Schoos-Kind waren/ Die ſchleppt ein Henckers-Knecht des Abends mit den Haaren. !74"

111 Knſte/] Knſte ABC Armin.1/2 131 Gott/] Gott ABC Gott/ Armin.1 Gott, Armin.2

110 unſer] unſern BC 112 Nackten] Nacken C 113 abſchren] abſcheren Armin.1/2 119 verdaut] verdeut Armin.1 verdut Armin.2 120 frembdem] fremden C fremdem Armin.1 frembden Armin. 2  min. 2 121 Verleumbdung] Verleumdung C Armin.1 125 prangt] prahlt Armin.1/2 126 geſchminckt] geſchmnckt C 128 Glckes] Gluckes B

nehret] nhret C Ar-

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Der Roſen Purper-Haubt/ der edlen Lorbern Wipfel Entgehn des Hofes Sturm/ des Glckes Wettern nicht. Denn dis ſucht Ruhm daraus/ wenn’s Himmel-hohe Gipfel Zerſchmettert/ Rieſen fllt/ und groſſe Maſte bricht; Wenn’s denen/ die ſich hlln in Gold und Edelſteine/ Gibt Ruder in die Hand/ legt Ketten an die Beine. Ja/ wem gleicht ſich der Hof mehr/ als gemahlten Schiffen? Die Feſſel ſcheinen Gold/ die Ruder Helffen-Bein. Ob dieſe gleich von Schweiß/ auch oft von Blute trieffen/ Meint ieder doch ein Herr/ kein Ruder-Knecht zu ſeyn; Ob deßen Fuß gleich nur von Banden wird gekrncket/ Ein Hfling aber liegt an Seel’ und Geiſt umbſchrncket. Bey uns iſt iedermann ſein Herr/ ſein Frſt/ ſein Knig; Man dringet uns kein Joch/ auch wir niemanden auf. Jedweder iſt vergngt und keiner uns zu wenig/ Der Tugend laſſen wir den Preiß/ der Zeit den Lauf. Wer frs gemeine Heil wil Schweiß und Witz anwenden/ Dem hilft man ſelbſt ans Brett/ und trgt ihn auf den Hnden. Es iſt des Glckes Rad recht eine Tpfer-Scheibe/ Die aus geringem Lett’ oft gldne Gtzen dreht. !75" Und ihre ſchnde Gunſt gleicht einem geilen Weibe/ Die Kripel halßt und kßt/ und Zwerge nicht verſchmht/ Hier iſt die Tugend nur geſehn und hoch erhoben/ Dort ſchwimmet Schein und Spreu/ hier Schwerd’ und Weſen oben. Auch der drey Kronen trgt/ den Stul auf Tugend grndet/ Verfllt in Staub und Koth/ wird aller Pracht beraubt. Dem man itzt Weyrauch ſtreut und Sieges-Krntze windet/ Dem tritt ein Scherge noch fr Morgens auf ſein Haubt. Hier frchtet Niemand nicht Volck/ Richter/ Hencker/ Bttel. Ein einig Wechſel hengt uns zu/ der Sterbe-Kittel. 141 Schweiß/] Schweiß ABCArmin.1 Schweiß, Armin.2

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Purper-Haubt] Purpur-Haupt C Armin.1 Purper-Haupt Armin.2 dis] es Armin.1/2 umbſchrncket] umſchrncket C Armin.1 wil] wird C Kripel] Krippel C Kriepel Armin.1 Krpel Armin.2  halßt] hlß’t Armin.1/2 ſchwimmet] ſchimmert Armin.1/2  Schwerd’] Schwerdt Armin.1 Haubt] Haupt C Armin.1/2



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Hyacinthen219

Von dem ſind aber auch Palſte nicht befreyet/ Und zwar mit herberm Ach und ngſt’grer Furcht umbhllt. Denn ſie ſind zu Altarn der Eitelkeit geweihet; Jhr ſterblich Knig iſt ihr ſchndes Gtzen-Bild. Wir aber ſehn dem Tod’ hertzhaftig ins Geſichte. Denn er verſetzt das Bild der Tugend erſt ins Lichte. Dort tobet Glck und Neid auch auf die Ehren-|Maale; Zermalmt Ertzt und Porphir/ wirft Bilder in den Schach. Der Schutz-Herr geſtern iſt/ der ſteckt heut auff dem Pfale/ Der ihn vor ſegnete/ rufft ihm itzt/ Schelme/ nach. Hier weiß man nichts von Fluch/ der andrer Ruhm verſehre. Die Andacht klimmt zu Gott/ die Tugend ſtrebt nach Ehre. !76"

18. An

Herren

Balthaſar Friedrichen von Logau und Altendorf/ auf Bruckott/ des Frſtenthums Brieg Landes-Deputirten. JCh hre/ Liebſter Freind/ du haſt mit eignen Zgen Dein Vterliches Gutt nun willens zu bepflgen/ Wo dein Herr Vater oft/ der Meiſter unſer Sprach’ 164 ngſt’grer] ngſt’ger AB Armin.1/2 ngſtger C 167 dem] den AC dem A(Errata)B Armin.1/2 173 Fluch/] Fluch ABC Armin.1 Fluch, Armin.2

164 umbhllt] umhllt C 170 Porphir] Porphyr Armin.2 171 iſt] hieß Armin.1/2 vor 1  Herren] Herrn C  Landes-Deputirten] Landes-Diſputirten B      1 Freind] Freund C      2 bepflgen] beflgen BC

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Und Deutſcher Redligkeit/ ſang unſerm Opitz nach. Jch wnſche tauſend Glck und hundertfachen Segen/ Ein unerſitzlich Bth’ und nie zu ſpaten Regen/ Die Seller voller Korn/ die Stlle voller Vieh/ Die Schaffe reich von Woll’ und keine gelde Kh/ Daß kein roth Auge nicht bezauber’ ihre Striche/ Auch daß die Milch keinmal in ihre Hrner kriche/ Kein Mehlthau nicht das Obſt/ kein ſpater Reif und Froſt/ Der Saate Schaden thu/ kein Gift der Bienen Koſt/ Kein drrer Wind und Brand die Huttungen verterbe; Ja Frucht und Hoffnung nie in Knoſp’ und Kumen ſterbe. !77" Mich dnckt; ich ſeh’ es ſchon/ und freue mich bereit Auf den gewnſchten Tag und die beliebte Zeit/ Dein Bruckott und zugleich mein Roſchkowitz zugrſſen/ Allwo auf’s neue wir den Grntzſtein legen mſſen/ Den alten drehen umb/ der wol wird lſtern ſeyn/ Nach ſo gar langer Ruh/ wie jener groſſe Stein Nun umbgeweltzt zu ruhn auf einer andern Seiten. Doch weil wir keinen Schatz der eiſen-harten Zeiten Zuſuchen Willens ſind; ſo ſind wir Sorgen frey: Daß er uns fr die Mh Schandflecke bringe bey. Wir wolln Lyæus Saft ihm auf die Stirne gſſen/ Zum Opfer/ und auf ihm ein ewig Bindns ſchlſſen/ Beym Steine Jupiter ihm heilig ſagen zu: Daß unſer Zwiſt keinmal ſol ſtren ſeine Ruh; Daß unſre Kinder ſolln umb ihn nicht Zanck erregen/ Daß unſre Freindſchafft ſol ihr Beyſpiel ſeyn/ ihr Segen. So denn muſtu mir auch die Bahne zeigen an/ Zur Fichte/ die man hier zu Breßlau ſchauen kan/ 4 unſerm] unſern AC unſerm A(Errata)B 6 unerſitzlich] nuerſitzlich AB unerſitzlich C 4 13 19 20 21 26 29 30

Deutſcher] Teutſcher C verterbe] verderbe C umb] um C ſo gar] gar ſo BC umbgeweltzt] umgeweltz C Bindns] Bildniß C umb] um C Freindſchafft] Freundſchafft C



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Bey welcher Schleſien zur helffte wird geſehen. Da wollen wir den Neid verlachen und ihr Schmehen Den Winden geben Preiß/ auch ihnen bringen bey: Daß dieſe Ficht’ ein Bild wahrhafter Freindſchafft ſey; Die/ wenn der Nordwind gleich in ihren Aeſten wttet/ Der faule Sud auf ſie der Wolcken Krg’ ausſchttet/ Der Blitz ſpielt umb ihr Haupt/ nur des Gewitters lacht/ Nur ihre Wurtzeln ſtrckt/ und ihre grne Pracht !78" Der Bltter nicht verliert/ ja ihr geſpitzter Wipfel Noch immer hher wchſt/ als wenn Olympens Gipfel Jhr Stand und Wohnhauß wer’; auf welchem nicht der Weſt Die nur in Aſch’ und Staub geſcharrte Schrifft verblßt; Jn dieſen heil’gen Baum wolln wir die Nahmen ſchreiben; Jch weiß/ der Himmel lßt darinnen ſie bekleiben; Und ſeine Rinde wird der Nachwelt zeugen an: Daß Liebe nicht verblhn/ Gunſt nicht verwachſen kan; Daß wir zwar Nachbarn ſind geweſen in den Gttern/ Doch mehr in Neigungen/ in Hertzen/ in Gemthern. Jn dieſe Fichte wil ich auch auf ſelbte Zeit Die Leyer hengen auf/ die ich bisher geweiht Der Deutſchen Pieris. Denn knt’ ich mit mehr Ehren Wol irgends in der Welt von dieſem Spiel aufhren? Als wo dein Vater oft ſo ſinnreich hat geſpielt/ Durch deſſen Regung ſich mein Geiſt zu erſt gefhlt/ Der dieſer Fichte Lob ſo wuſte zu erheben/ Daß unſre Thler ihm noch einen Nachklang geben. Weil unſre Freindſchafft ſchon von Vtern rhret her/ So flt kein Zweifel ein/ mir nicht mein Vorſatz ſchwer/ 3 3 Der Vers fehlt A, erg. nach A(Errata), hiernach auch in BC 51 Zeit] Zeit. ABC 3 6 3 9 4 3 4 5 4 7 5 0 51 5 3 5 9

Freindſchafft] Feindſchafft BC umb] um C wer’] wr C heil’gen] heiligen C zeugen] zeigen C in Neigungen] die Neigungen C ſelbte] ſelbe C Deutſchen] Teutſchen C Freindſchafft] Freundſchafft C

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Die Fichte werde mir noch einen Aſt verleihen/ Auch/ wo es ihr thut weh/ das Unrecht mir verzeihen; !79" Wenn ich in ſelbe werd’ einſchneiden: gutte Nacht/ Du edle Poeſie! Du aber ſey bedacht/ Die Leyer/ wehrtſter Freind/ annehmlicher zu rhren. Jch weiß/ du wirſt alhier zweyfache Regung ſpren. Denn iſt die Wandelung der Menſchen gleich ein Traum/ So iſt des Vaters Geiſt doch thtig mb den Baum/ Und ſchwellt die Ader auf/ die er dir eingeflſſet. Denn wird der Fichte Lob erſt nach verdienſt vergrſet/ Und du des Vatern Bild/ des Phœbus Bruder ſeyn; Wenn auch der Sohn wird ſpieln umb dieſen luſt’gen Heyn/ Wo vor der Vater ſang. Ein mehrers wil ich ſagen/ Wenn mich die Fichte wird umb ein Geheimns fragen/ Das ich und du nur weiß. Bereit’ in des die Bahn/ Und ein Empfangungs-Lied. Bin ich kein Jndian/ Der Bume hlt fr Gott; ſo werd’ ich ſie doch ehren. Dich aber wird die Ficht’ und Gegend ſingen lehren Noch beſſer/ als du ſingſt. Denn glaube ſicher mir: Daß wie ein Himmelsfeld den andern gehet fr/ Wie unterſchiedne Krafft beſeelt Gewchſ’ und Sterne/ Uns auch ein ieder Orth nicht ſinnreich tichten lerne. Curetas kan allein zu Delphis ſagen wahr. Botien macht grob/ Athen die Sinnen klar. Und unſerm Schleſien weicht Deutſchland in Getichten. Doch prangt auch dieſes nicht durchaus mit gleichen Frchten. !80" Solt’ ich in dieſem nun gelehrter Einſamkeit/ Den Muſen anzuwehrn den Schatz der edlen Zeit/

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kein] ein A kein BC Botien] Bëotien A Beotien BC Einſamkeit/] Einſamkeit ABC anzuwehrn] anzuwehrn/ ABC

6 5 67 68 72 74 85

wehrtſter] wehrſter B  Freind] Freund C ein] kein A(Errata) mb] umb B um C umb] um C umb] um C  Geheimns] Geheimniß C Deutſchland in Getichten] Teutſchland in Gedichten C



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Und daß ich/ wo ich kan/ noch was gereimtes ſchriebe/ Mir einen Orth erwehl’n/ ſo wrde mich die Liebe Des Vaterlandes ziehn an unſre ſchlancke Loh. Wahr iſt’s; das Hertze lacht/ mein gantzer Geiſt wird froh/ Es regt ein ſſſer Trieb mein trauriges Gemtte/ Jn Beinen wallt das Marck/ in Adern das Gebltte/ Wenn ich von Roſchkowitz und meinem Kittelau Den Uhrſprung der Geburth/ mein Vaterland/ beſchau’. Die Wlder prangen mir mit einem grnern Kleide/ Die Hgel ſchwngern ſich mit reichlicherm Getreide/ Die Flchen ſind von Weitz’ und Krutern mehr geſchmckt/ Als irgends in der Welt. Wenn mich die Sonn’ anblickt/ So ſcheint ſie nichts als Gold auf Feld und Wald zu ſmen; Und Roſen zu gebehrn/ wenn ſie wil Abſchied nehmen. Die Wieſen kleiden ſich nur in Schmaragden ein/ Und aller Bche Flutt ſcheint Silber mir zu ſeyn. Die Lohe/ wo ſie ſich durch hole Klippen zwnget/ Und ber einen Fels mit ſſſem Rauſchen ſprenget/ Wirft nichts/ als lauter Perl’n in meinen Augen aus. Jch dencke noch mit Luſt/ wie/ da gleich Aſch’ und Grauß So wol mein Vaterland/ als hundert Lnder deckte/ Als es bald Feind bald Freind mit den Trompeten ſchreckte/ !81" Nur meiner Unſchuld nichts erſchrecklich/ ſondern Streit Selbſt meiner Kindheit Spiel/ und meine Sicherheit Mein Unverſtndns war. Auch itzt noch mahlt ein Dnckel Mir als glaubhaftig fr; es wohn’ in dieſem Winckel/ Wo Berg’ und flaches Land zuſammen ſich vermhln/ Zobothens Klufft frs Haupt und zum Kompas erwehln/ Mehr Einfalt/ aber auch mehr Unſchuld und Vergngen.    96 Geburth/ mein Vaterland/] Geburth mein Vaterland AB Gebuhrt mein Vaterland C  beſchau’] beſchau AC beſchau’ B 116 erwehln/] erwehln AB erwhln C    89 ſchriebe] ſchreibe B    97 grnern] grnen C 102 gebehrn] gebhrn C 110 Freind] Freund C 113 Unverſtndns] Unverſtndniß C 114 fr] vor C

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Die grſte Klugheit iſt hier Grte baun und pflgen; Mit einem Wortt’/ es ſchlgt Arcadien ſehr zu/ Der Weitzen iſt ſein Gold/ ſein Reichthum ſtille Ruh/ Die Viehzucht ſein Gewerb/ der Zuwachs ſeine Speiſen/ Die Milch ſein Zuckerwerck. Man ſchleiffet hier das Eiſen Zu Pflugſchaarn/ keine Schmied’ iſt zu Gewehren hier. So kommt mir Schleſien in dieſer Gegend fr; Und glaub’ ich/ daß ſo ſehr nicht Jthaca Ulyſſen Gefallen haben kan; weil hier mehr zu genſſen; Und kein unfruchtbar Berg uns in die Augen ſticht/ Kein drrer Sand hier ſtubt/ auch Heyde wchſet nicht/ Noch zaubriſch Farren-Kraut und Aberglub’ſche Bonen. Ja Ceres ſelber macht hier Hochzeit mit Pomonen/ Weil Schleſien ſein Schmaltz/ und des Budorgis Stadt Sein beſtes Kornhauß hier und Weitzen-Scheuer hat. !82" Dis fllt mir ein/ wenn ich das Auge zieh zu Rathe/ Und mein Geſichte ſchrff an der ſtets-fetten Saate; Wenn ich von Roßkowitz in drey Gebrge ſchau/ Und einen Opfer-Tiſch ſchon deiner Fichte bau/ Doch mehr der Redligkeit/ die ſich mit dir vermhlet. Jch ſeufze nach der Zeit/ die ich mir ſchon erwehlet/ Da wir/ du weiſt es/ wen/ wolln umb die Fichte fhrn/ Und ihr Schmaragden Haar mit Morgen-Roſen ziern. Aus dieſen Blumen wirſt du ſchon das Ziel verſtehen. Laß’ allen Kummer auch bey Zeite dich vergehen/ Daß dieſes Jahres Luſt geringer werde ſeyn/ Als die’s verlebte Jahr du haſt geerndtet ein Auf meinem Kittelau. Wir werden ſo viel lachen/ Noch mehr vertrulich ſeyn und wieder Hochzeit machen/ 1 21 ſein] ein A ſein A(Errata)BC 136 bau] Bau A bau BC 139 wen] wenn A wen A(Errata)BC 1 18 Grte] Grten C 127 Und] Unb B 137 Redligkeit] Redlichkeit C 138 erwehlet] erwhlet C 139 umb] um C 144 die’s] dis C



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Mein Damon/ den damals ein Unſtern uns entzoh/ Und deine Daphne wird ſich bey der klaren Loh Und Fichte finden ein. Wer weiß/ wen das Gelcke Mir ſonſt noch gnnen wird? Jch dencke gleich zurcke/ Wenn ich im Geiſte ſchon bey deiner Fichte ſteh/ Und auf den Rieſenberg/ wo allzeit Eiß und Schnee Mehr Wirth- als Gaſtſchafft hegt/ die Augen laſſe ſchſſen/ Was mich fr ſechzehn Jahrn der Himmel ließ genſſen/ !83" Mit Freinden deiner Arth auf ihm fr ſſſe Luſt. Jhr bloß Gedchtns macht noch freudig meine Bruſt; Die/ ob ſie gleich zum Theil ſchon in der Grufft erkalten/ Doch ihren Nachſchmack wird/ bis ſie erfriert/ behalten. Sudetens gantz Gebrg’ und Bheims Flche gab Mit unſerm Schleſien den ſchnſten Schauplatz ab. Der Freinde milde Hand verſorgt’ uns mit viel Speiſen/ Die nicht Vitellius kont’ auf der Taffel weiſen/ Die Muld’ und Donau ſchickt uns das Getrncke zu/ Doch unſre beſte Luſt war die Gemthes-Ruh/ Mit der wir durch’s Gewlck’ uns in den Himmel ſchwungen/ Der Sorg’ und Eitelkeit die Sterbe-Lieder ſungen. Den Kummer warffen wir/ als ein verzehrend Gutt Daſelbſt in Elbe-Brunn/ daß ihn die ſchnelle Flutt Jn’s Weſt-Meer ſolte fhrn. Es bothen uns die Flſſe Die hundertfltig hier den Felſen gaben Kſſe Nichts/ als nur Edelſtein’ und Muſchel-Tchter an; Weil nichts geringeres hier wachſ- und flſſen kan. Die Nymph Hercinia/ die Opitz nur zumahlen Nach ihrer Schnheit weiß/ ſchenckt aus Kriſtallen Schalen Uns aus dem Bober-Kwell’ verzuckert Nectar ein; 1 49 150 153 175

wen] wenn A wen A(Errata)BC zurcke/] zurcke ABC ſchſſen/] ſchſſen. AB ſchieſſen. C dem] den ABC dem A(Errata)

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genſſen] genieſſen C Freinden] Freunden C  deiner] fehlt B mancher C Gedchtns] Gedchtniß C Freinde] Freunde C  Hand verſorgt’] Hand’ verſorgt B Hand verſorgt C flſſen] flieſſen C

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Und ſagte: wo ihr wollt in Deutſchland Tichter ſeyn/ !84" So trinckt/ dis iſt der Brunn der Teutſchen Caſtalinnen/ Fr dem der Attiſche nun muß in Sand verrinnen. Aus dieſem Waſſer tranck mein Opitz ſeinen Geiſt/ Der Deutſchland hat den Weg zur Poeſie geweiſt; Den Schleſien ſtets wird fr ſeinen Orpheus ehren/ Den man in Perſien frlngſt hat rhmen hren/ Wo man der Tichter Grab walfarthend ſuchet heim/ Und man Getichte ſchtzt fr ſſſen Honigſeim. Nun wird im Bober Gold/ nur Blutt im Hebrus flſſen/ Nach dem der Bachchen Grimm den Orpheus hat zerriſſen/ Und ſein beſudelt Haupt geworffen in die Flutt. * Zwar hat an Opitz auch Verlumbdung ihren Muth Zu khlen/ und ſein Grab mit Miſt’ und Fluch zu ſchwrtzen Boßhaftig ſich bemht. Allein die Himmels-Kertzen Und Opitzens ſein Ruhm kriegt nur mehr Glantz und Licht/ Wenn Nacht und Neid ſie drckt. Preßt unſer Opitz nicht Dem Pluto Thrnen aus durch ſeine Todten-Lieder. Er bringt Eurydicen aus Tod’ und Helle wieder/ Wenn ſeine Poeſie die Todten lebend macht; Und ſeine Leyer iſt von Muſen lngſt gebracht Zun Sternen. Denn man wird nach ihr die Seiten ſtimmen/ !85" Weil in dem Bober man wird Fiſche ſehen ſchwimmen. Zog Orpheus durch ſein Lied die Wlder und das Feld/ So ziehet Opitz gar die Tichter und die Welt Durch ſeine Wlder nach. Und da der Venus Rache Den Orpheus/ weil er ſprach Proſerpinen die Sache Und den Adonis zu/ durch Weiber rieß entzwey/ So fiel mein Opitz ſtets der ſſſen Liebe bey; 1 79 Waſſer tranck] Waſſertranck AB Waſſer tranck C 197 Zun] Zum A Zun BC 1 76 Deutſchland] Teutſchland C 177 Teutſchen] Deutſchen B 180 Deutſchland] Teutſchland C 182 frlngſt] vorlngſt C 186 Bachchen] Bacchen C 194 Helle] Hlle BC 203 den] dem BC  rieß] riß C

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Drum ſchrffte ſie ihm ſelbſt die Feder. Wer wil lieben/ Muß lernen mehr/ was er als Naſo hat geſchrieben. Der aber iſt nicht werth ein Schleſier zu ſeyn/ Wer nicht in einen Baum den Opitz ſchneidet ein. Wie wenig ich nun gleich vom Bober-Waſſer ſchmeckte/ So fhlt’ ich doch die Krafft/ die in dem Brunnen ſteckte; Ja als Hercinia die Leyer nam herfr/ Die Opitz hinterließ/ da regte ſich in mir Ein ungemeiner Geiſt von ſolchen ſſſen Seiten; Mein Hertze ſchtzte ſie fr’s Himmels Sßigkeiten; Selbſt Opitz kam mir fr. Der Bober zohe mich Durch ſeine rauſche Flutt/ wie ein Magnet an ſich. Jch fhlte nach der Zeit auch oft die Luſt mich treiben/ Herciniens Befehl in einen Baum zu ſchreiben. Bald aber ſchien mein Kiel zu ſchwach und ſtumpf zu ſeyn/ Bald taugte mir kein Baum. Nun fllt mir deiner ein/ Die Fichte/ die frlngſt dein Vater und Cybele Den Muſen hat geweiht. Mein Geiſt und meine Seele !86" Wird in der Gegenwart ſo vieler Freinde ſich Mehr angefeuert fhln. Vergnge du nun mich/ Und gnne mir ſo denn: daß ich in deine Fichte Zu deines Vaters Preiß mein letztes Lob-Getichte Dem Opitz ſchreiben darf. Wo denck’ ich aber hin? Erinner’ ich mich nicht/ wie viel ich ſchuldig bin Der Oder/ die mich mehr hat als die Loh geſuget? Die mir mehr Wolthat/ als der Bober hat erzeuget? Jſt aber mir allein ſo frembd’ und unbekand Des Haupt-Strom’s hoher Ruhm/ was umb den Oder-Strand Fr Schwanen ſind geweſt/ und daß ſo groſſe Flſſe 2 05 lieben/] lieben ABC 210 fhlt’] fhl’t AB fhlt C  dem] den ABC 218 einen] einem ABC 2 31 unbekand] unbekand/ ABC 2 15 fr] vor C 2 23 Freinde] Freunde C 2 30 erzeuget] erzeiget C 2 31 frembd’] fremd C 2 32 umb] um C

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Ein groſſer Rieſen-Geiſt fr Bchen regen mſſe? Jſt mir ſo bald entfall’n: was ich Herr Gryphen ſchrieb/ Der ber Sophoclen die Trauer-Spiele trieb? Sol der/ und unſer Schwan/ dem Hoff und Wlder gaben Den Nahmen und den Preiß/ nicht ein Gedchtns haben? Sol dieſer groſſe Mann nicht an der Fichte ſtehn? Jch weiß zwar: daß ſein Lob in Ertzt iſt zuerhhn/ Sein Bild in Helffenbein und in Porphyr zuſchneiden; Daß ſeine Reime ſind zu hlln in Gold und Seiden; Ein Sohn Olympiens ſolt’ ihr Verwahrer ſeyn/ Und ſie zur Jlias Homerens ſchlſſen ein Jn des Darius Schraan. Wir ſolten in Zypreſſen Jn Zedern/ die kein Wurm/ auch Fule nicht kan freſſen/ !87" Jn Amianthenſtein/ den keine Glutt verzehrt/ Einpregen ſeinen Ruhm. Denn Opitz iſt zwar werth; Den erſten Lorber-Krantz in Deutſchland zu erlangen. Er hat mit ſolchem Ruhm dis Hauptwerck angefangen: Daß keiner nach der Zeit ihm iſt geflogen fr/ Als Hoffmannswaldaus Geiſt/ der Oder hchſte Zier/ Der Deutſche Pindarus/ dem keiner nach wird kommen; Wer nicht ein Adler iſt: was Opitz frgenommen/ Hat dieſer ausgemacht. Der helle Bober-Fluß Der ohne dis ſein Gold der Oder zinſen muß/ Nimmt ſeinen Lorber-Krantz von dem beperlten Haare/ Und reicht der Frſtin ihn. Spreu/ Moſel/ Elbe/ Saare/ Saal’/ Jſter/ Weſer/ Muld’/ und der bemooſte Rhein/ 2 41 Porphyr] Pophyr ABC 246 Wurm/] Wurm ABC 248 Der Vers fehlt A, erg. nach A(Errata), hiernach auch in BC 252 Geiſt/] Geiſt ABC 257 Lorber-Krantz] Lrber-Krantz A Lorber-Krantz BC 258 ihn] ihm ABC 259 Weſer] Weſter AC Weſer A(Errata)B 2 37 dem] den C 238 Gedchtns] Gedchtniß C 249 Deutſchland] Teutſchland C 250 ſolchem] ſolchen C 253 Deutſche] Teutſche C 254 Dieser Vers fehlt BC 258 Spreu] Spree C

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Lſt unſern Oder-Strom den Sitz der Schwanen ſeyn/ Und hret gantz verzckt Herr Hoffmannswaldaus Leyer; Der Franckreichs Lieblichkeit/ der Welſchen Himmliſch Feuer/ Den Nachdruck Spaniens/ der alten Rmer Pracht/ Der Griechen Weißheit hat in ſeine Reyme bracht. Sol uns was Wrdiges nun aus der Feder flſſen/ So wirſtu/ werther Freind/ wol alle Schwanen mßen/ Die Schleſien noch hegt/ verſchreiben auf dein Gutt. Doch nein! Uns ſteht nur zu/ was unſre Lohe thut/ !88" Zu ſorgen; Und bey ihr ein Denckmaal ihm zu ſetzen. Laß andre Schwanen ſich an ihrer Bach ergetzen; So bald die Roſen-Zeit zu reyſen uns erlaubt; So ſol dein Fichtenbaum vom Fuſſe bis an’s Haupt Vertraute Nahmen fhrn; und oben wird man leſen:

Herr Hoffmanswaldau ſey Apollo ſelbſt geweſen. 275

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Kein Hirte/ welcher treibt die Schaff’ auf unſre Trifft/ Und ſchne Lieder liebt/ wird/ wenn er dieſe Schrifft Nur einmal hat geſehn/ mit ſeinen fetten Heerden Umb unſern Spitzenberg und Wald geduldet werden/ Der ſeine Lieder nicht vollkommen ſingen kan; Der ſeinen Nahmen nicht auf ſeinen Stab kerbt an/ Der dieſe Fichte nicht fr ſeinen Glcks-Baum achtet; Und jhrlich ihr ein Lamm zu einen Opfer ſchlachtet; Der nicht der Liebſten hier zum Zolle Kß’ ablegt/ Und nicht/ wie wir wolln thun/ das Leid zu Grabe trgt. Des Xerxens Ahornbaum wird deiner Fichte weichen; Die Nachwelt wird ſie ehrn ſo wie Dodonens Eichen/ Der Liebe neben ſie aufrichten ein Altar/ Von Aeſten knfftig Ding ihr laſſen ſagen wahr/ Auslegen ihr Gelck und ihrer Liebſten Trume. Du wirſt erleben noch: daß Myrth- und Lorber-Bume Noch werden Eyverſucht ſich laſſen nehmen ein; Ja wnſchen deine Ficht’ und unſre Luſt zu ſeyn. !89"

2 63 Pracht/] Pracht A Pracht/ BC 2 68 thut/] thut ABC 2 66 Freind] Freund C 2 78 Umb] Um C

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18a.

!Brief des Albertus Niclassius vom 23. 12. 1639 über den Tod von Martin Opitz."

*

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Cum MARTI N US OPITI US à BOBERFELD de Germaniâ omnique re litterariâ optimè meritus Vir Fati ſui causâ vulgò malè audierit, ſequentes autem authenticæ litteræ ad manûs meas venerint, Religioni habui, niſi has publici Juris facerem, tantique Viri Famam à Calumnia vindicarem. * N ob i li s s i m e D om i n e , D om i n e P lu ri m um ob s e rvande .

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NOn es fortaſſis neſcius, quàm variis difficultatibus nunc ſit urbs noſtra implicata. Maximum eſt, quod contagio peſtis infecta, non !90" pau­ cos, eosque inſignes viros amiſerit. Inter hos eſt, Gentis ſuæ decus, præſentis ſeculi ornamentum, futuri admiratio, MARTINUS OPI­ TIUS. De cujus obitu, quia ex me circa moribundum verſato, quædam cognoſcere deſideras, hæc habe. Ac initiò quidem vehementer Te oro, Vir Nobiliſſime, ne Te hoc offendat, quod à Te requiſitus, citius iſta ad Te non perſcripſerim: continuis propemodum laboribus, quos mihi cre­ bra diurna, nocturnaque nonnunquam, ægrotorum viſitatio, mihi officii cauſa incumbens, peperit, impeditus. Nunc paululum otii, deſæviente per DEI gratiam peſte, nactus, deſiderio Tuo ſatisfacio. Is ergo XVII. Sextilis, horrore quodam febrili, ex mendici cujusdam, ulceribus obſiti, aſpectu, dum ipſi eleemoſynam porrigeret, primùm correptus, malè ha­ bere incepit: non magnopere tamen id curans, munia vocationis ſuæ obivit. Inde, nocte ſubſequente, calorem præternaturalem perpeſſus, ſequente XIIX. Sextil. die, lectulo affixus, domi ſe continuit. Coram nullo tamen fermè mortalium ultrò conqueſtus: vel quod in melius mu­

vor 1  Überschrift vom Bearb. erg. 15 iſta] iſtâ ABC



Hyacinthen231

18a.

!Brief des Albertus Niclassius vom 23. 12. 1639 über den Tod von Martin Opitz" Da Martin Opitz von Boberfeld, ein um Deutschland und die gesamte Welt der Literatur hochverdienter Mann, wegen seines Todes in üblen Ruf geriet, der hier folgende Brief aber als Original in meine Hände ge­ langte, hielt ich mich für verpflichtet, diesen öffentlich zugänglich zu ma­ chen und den Ruf des großen Mannes vor Verleumdung zu bewahren. * Hochansehnlicher und hochzuverehrender Herr! Du weißt vielleicht, von wie mannigfachen Nöten unsere Stadt zur Zeit betroffen ist. Das schlimmste Unheil besteht darin, daß sie, heimgesucht von der Pest, sehr viele Männer, und zwar besonders herausragende, verloren hat. Unter diesen ist Martin Opitz, die Zierde seines Volkes, der Schmuck des gegenwärtigen, Gegenstand der Bewunderung des künftigen Zeitalters. Weil du von mir, als einem, der bei dem Sterben­ den war, etwas über dessen Hinscheiden zu erfahren verlangst, sei dir Folgendes mitgeteilt. Doch zu Anfang, hochansehnlicher Mann, bitte ich dich inständig, nicht gekränkt zu sein, weil ich dir auf deine Anfrage hin Vorliegendes nicht schneller berichtet habe, verhindert durch nahezu un­ unterbrochene Arbeiten, die mir die von Amts wegen auferlegten häufi­ gen Krankenbesuche tagsüber, zuweilen auch nachts, verursacht haben. Jetzt nun, wo ich, infolge des dank Gottes Gnade abflauenden Wütens der Pest, ein wenig Muße erlangt habe, komme ich deinem Verlangen nach. Die Krankheit jenes Mannes also begann am 17. August; zuerst war er von Schüttelfrost befallen durch den Anblick eines mit Geschwü­ ren übersäten Bettlers, als er diesem ein Almosen reichte. Er kümmerte sich aber nicht groß darum und ging den Pflichten seiner Berufung nach. Als er dann, in der darauffolgenden Nacht, unter unnatürlicher Hitze zu leiden hatte, blieb er am 18. August, ans Bett gefesselt, zu Hause. So gut wie keinem Menschen gegenüber wehklagte er aber von sich aus: entwe­ der weil er hoffte, daß sein Zustand sich bald bessern werde, oder weil

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tatum iri, ſperaret; vel veritus, ne, ſi eo malo affectum aliis innotuiſſet, omnibus formidabilis redderetur; vel, quod mihi ex ſermone cum ipſo habito, !91" veriſimillimum apparet, ſupremo rerum arbitro de ſe ſtatuenti, in ſilentio & ſpe, parere quocunque eventu conſtituiſſet. Hic caſus ipſius, tàm nos omnes, intimos etiam ipſius, latebat; ut fortaſſis, nobis quoque inſciis, hinc exceſſiſſet, niſi eum correptum fuiſſe, fortuito reſciviſſemus. Decima nona Sextil. Dn. Socer in lecto à veteri ſuo morbo detentus, nobis ſacra publicè celebrantibus, reſcit, eum extremè, nulla ſpe evaſionis, laborare. Illicò mihi ex cœtu publico evocato, cum lacrymis (quas amor viri expreſſerat) refert, Opitium de vitâ periclitari, jamque de ſalute ejus conclamatum eſſe. Monet, adirem ipſum quan­ tocyus, & officii cauſa quarundam rerum monerem. Interea, dum ego nullâ interpoſitâ morâ, abitum ad eum paro; ab ipſo vocor, actutùm ad ſe accurrerem. Veni igitur ad ipſum, conſternatumque reperi; tum ob morbi venenati atrocitatem; tum ob inſtantem mortis luctam, pro­ pediem, uti ſentiebat, ineundam. Excepit me, ſi unquam, amantiſſimè; ſibique adventum meum gratulatus eſt. Cumque parum temporis nobis ſuperfuiſſe viderem, veritus, ne æſtuans venenum cerebrum peteret, & noſtrum propoſitum impediret; animæ inprimis rationem habendam eſſe monui. Ille cœlo delapſam vocem exiſti!92"mans, ejusdem curâ ſe maximè tangi, meque ad ſe hâc ſollicitudine occupatum ſublevandum, vocaſſe affirmabat: res jam in eo eſſe, ut ſe ad Chriſtianam Ευθανασίαν componeret, ac verâ ad Deum converſione, ſacratiſſimæque Cœnæ domini uſu, vitæ ſuæ curſum concluderet. Ego menſâ Domini ador­ natâ occaſionem iſtam & facultatem liberè cum ipſo loquendi nactus, invocato ad rem feliciter peragendam Nomine Divino; Monui primò omnium vitæ anteactæ recordaretur, mali cauſam in ſe ipſo ſtatueret; meritas pœnas ardentiſſimè deprecaretur, ſeriamque pœnitentiam om­

26 affectum] effectum C



Hyacinthen233

er fürchtete, daß es, wenn anderen bekannt geworden wäre, daß er von dieser Krankheit befallen sei, allen vor ihm grausen würde, oder aber weil er, was mir aufgrund meines Gesprächs mit ihm am wahrscheinlich­ sten erscheint, beschlossen hatte, dem, was der oberste Weltenrichter über ihn verfügen würde, in stillschweigender Erwartung zu gehorchen, wie auch immer der Ausgang sein mochte. Diese seine Erkrankung blieb uns allen, sogar seinen engsten Vertrauten, dermaßen verborgen, daß er vielleicht auch ohne unser Wissen von hinnen gegangen wäre, wenn wir nicht zufällig erfahren hätten, daß er erkrankt sei. Am 19. August erfuhr der Herr Schwager, der aufgrund seiner alten Krankheit ans Bett gefesselt war, während wir öffentlich den Gottesdienst feierten, daß jener schwer­ stens erkrankt sei, ohne Hoffnung auf Entrinnen. Auf der Stelle rief er mich aus der Gottesdienstgemeinde zu sich und berichtete mir unter Tränen, die die Liebe zu jenem Mann hatte fließen lassen, daß Opitz in Lebensgefahr sei und man ihn schon verloren gegeben habe. Er forderte mich auf, schnellstens zu ihm zu gehen und ihn von Amts wegen an be­ stimmte Dinge zu erinnern. Unterdessen, während ich mich ungesäumt anschickte, loszugehen, wurde ich von ihm selbst gerufen: ich möchte sogleich zu ihm eilen. Ich kam also zu ihm und fand ihn im Zustand der Fassungslosigkeit vor: sowohl wegen der Erbarmungslosigkeit der giftigen Krankheit als auch wegen des bevorstehenden Todeskampfes, dem er sich, wie er spürte, demnächst würde stellen müssen. Er empfing mich ungemein freundlich und beglückwünschte sich zu meinem Kom­ men. Als ich nun sah, daß uns nur wenig Zeit verbleiben würde, und fürchtete, daß das heiß aufwallende Gift sein Gehirn erfassen und un­ ser Vorhaben behindern könnte, ermahnte ich ihn, daß sein Augenmerk vor allem anderen seiner Seele zu gelten habe. In dem Glauben, es sei eine Stimme vom Himmel herabgekommen, versicherte er, daß ihn die Sorge um seine Seele höchlich in Anspruch nehme und er mich zu sich gerufen habe, damit ich ihm die Belastung durch diese Kümmernisse er­ leichtere. Die Sache sei schon zu dem Punkt gelangt, daß er sich auf ein christliches gutes Sterben vorbereiten und nach wahrhaftem Bekenntnis zu Gott und nach Genuß des heiligsten Abendmahls den Lauf seines Lebens beenden müsse. Ich bereitete meinerseits den Tisch des Herrn, und da ich die Gelegenheit und Möglichkeit erlangt hatte, frei mit ihm zu reden, ermahnte ich ihn nach Anrufung des Namens des Herrn zum glücklichen Vollbringen der Aufgabe, sich vor allem anderen auf seine bisherige Lebensführung zu besinnen, zu erkennen, daß die Ursache des Bösen in ihm selbst liege, mit heißem Flehen um Erlaß der verdienten Strafen nachzusuchen und auf jede erdenkliche Art seine ernsthafte Reue

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nibus modis teſtaretur. Hæc prolixa, quam res ipſa requirebat, oratio & verba mea, quæ mihi opportunè Dominus Jeſus, nec non confidentia officii mei, ac ſalutis hujus Viri deſiderium, tunc ſuggerebat; tantoperè eum perſtrinxerunt, ut in copioſas lacrymas ſolutus, nonnullorum, conſcientiæ exonerandæ cauſâ, mentionem ultrò fecerit, acerbiſſimeque illa defleverit, & conſolationem firmam ex verbo DEI à me petierit, atque ſi Domino vitam ipſi prorogare placeret, ſanctè & inculpatè, mente à vanitate hujus mundi ſubtractâ, ſe traducturum ſpoponderit. Hûc ſermone meo redactum, animoque ob peccatorum multitudinem proſtratum, vulnera conſcientiæ !93" inflicta obligaturus, erexi virum Chriſtianâ conſolatione: in miſericordia Domini, & in Jeſu Chriſto cru­ cifixo ſpem omnem reponeret, ejusque merita omnia beneficia ſanguine ac morte ipſius pretioſiſſimâ parta, fide ſalvificâ ſibi applicaret, Sacra­ mentoque corporis & ſanguinis Jeſu Chriſti obſignaret; ad ejus enim dignum uſum à me, quantum calamitas ipſius permittebat, jam præpa­ ratus erat. Hoc igitur devotiſſimè uſus, & in his angoribus ſuis refectus, multo quàm antea hilarior, ſe in gratiam Dei receptum, totum eidem gratiæ divinæ paternæque ejus diſpoſitioni in ſolidum, mori quoque jam paratus, commiſit; Ita conſcientia ejus tranquillatâ, præſentem actum precatione devotâ concluſi, ipſique valedixi; poſtridie DEO dante, red­ iturus. Verùm ſequente die, qui fuit XX. Sextil. me tum Sacra in Temp­­ lo S.S. Trinitatis publicè peragente, ſupremam horam attigit, vitamque cum morte commutavit. Vigeſima ſecunda Sextil. die honorificentiſſimè de more, in primario Urbis Templo S. Mariæ ſepulto, parentavi; Mate­ ria Concionis ex priore ad Corinthios Epiſtolâ, capite ſecundo, verſu ſecundo, petita. Eò quod ille ultimas ſpes ſuas, vota & deſideria, in Jeſu Christo crucifixo repoſuiſſet, & in ejus ulnis !94" beatiſſimè ſe expiratu­ rum, æternumque quieturum credidiſſet. Ingens fuit hominum in eâ pa­ rentatione concurſus. Quisque enim Opitium inopinatâ morte publicæ utilitati ereptum dolebat, &, quæ de ipſo dicerentur, cognoſcere volebat. Hæc ſunt, quæ ad Tuas, Nobiliſſime Domine, reponere debebam. Tu

74 Sextil.] Sectil. AB Sextil. C 6 0 inculpatè] inculparè C 78–79  capite secundo, versu secundo] Cap. II. v. 2. C



Hyacinthen235

zu bezeugen. Diese von der Sache selbst geforderte weitläufige Rede und meine Worte, die mir der Herr Jesus sowie das sichere Vertrauen auf mein Amt und das Verlangen nach dem Selenheil dieses Mannes damals zur rechten Zeit eingaben, beeindruckten ihn so sehr, daß er, in einen rei­ chen Tränenstrom aufgelöst, einige Dinge zur Entlastung seines Gewis­ sens freiwillig vorbrachte, sie bitterlichst beweinte und von mir zuverläs­ sige Tröstung aus dem Wort Gottes verlangte und gelobte, daß er, falls es Gott gefiele, sein Leben zu verlängern, es rein, unsträflich und in ei­ ner der Eitelkeit der Welt entzogenen Geisteshaltung verbringen würde. Den durch meine Predigt so weit gebrachten und ob der Menge seiner Sünden geistig am Boden liegenden Mann richtete ich, in der Absicht, die dem Gewissen geschlagenen Wunden zu verbinden, durch christli­ chen Trost auf: Er solle alle Hoffnung auf die Barmherzigkeit des Herrn und den gekreuzigten Christus setzen und dessen sämtliche Verdienste und Wohltaten, erworben durch sein Blut und seinen überaus kostba­ ren Tod, durch heilbringenden Glauben sich zunutze machen und durch das Sakrament des Leibes und Blutes Jesu Christi besiegeln. Auf dessen würdigen Genuß war er nämlich, soweit sein schlimmer Zustand es er­ laubte, schon von mir vorbereitet worden. Als er dies mit größter An­ dacht genossen hatte und dadurch in seinen Ängsten gestärkt war, ergab er sich, viel heiterer als zuvor, in die Gnade Gottes aufgenommen, gänz­ lich dieser göttlichen Gnade und ihrer väterlichen Verfügung, auf festem Grund, schon bereit, zu sterben. Nachdem so sein Gewissen beruhigt war, beschloß ich die gegenwärtige Handlung mit einem andächtigen Gebet und verabschiedete mich von ihm, in der Absicht, am Tag darauf, so Gott wollte, wiederzukommen. Doch am folgenden Tag, es war der 20. August, und ich hielt damals in der Kirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit öffentlichen Gottesdienst, ereilte ihn seine letzte Stunde und vertauschte er das Leben mit dem Tode. Am 22. August habe ich ihm in St. Ma­rien, der Hauptkirche der Stadt, wo er beigesetzt worden war, unter größten Ehren, dem Brauch entsprechend die Totenfeier gehalten. Das Thema der Predigt entnahm ich dem ersten Brief an die Korinther, Kapitel 2, Vers 2, und zwar deshalb, weil er seine letzten Hoffnungen, Wünsche und Sehnsüchte auf Jesus Christus, den Gekreuzigten, gerichtet und in dessen Armen sein Leben in größter Seligkeit auszuhauchen und in Ewigkeit zu ruhen geglaubt hatte. Riesig war die Menge der Menschen, die zu dieser Totenfeier zusammenkamen. Jedermann nämlich bedau­ erte, daß Opitz durch einen unvermuteten Tod dem öffentlichen Nutzen entrissen war, und wollte wissen, was über ihn gesagt wurde. – Dies nun ist es, womit ich deinen Brief, hochansehnlicher Herr, zu b­ eantworten

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vale cum Tuis, Nobiliſſime, Conſultiſſime & fave. Gedano xxiii. De­ cembr. M DC xxxix.

Nobilisſimæ Dominationis Veſtræ

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obſervantiſſimus



Albertus Niclaſſius



Petro-Paulinus Eccleſiaſtes.



Nobiliſſimo, Conſultiſſimo, Domino, Dn. Bernhardo Guilielmo Nüſslero, Illuſtriſſimo Duci Brigen. à Conſiliis, Domino obſervandiſſimo.

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Δ. Τ. Θ. !- Δόξα τῳ̑ Θεῳ̑. "

93 obſervandiſſimo] obſervantiſſimo ABC 95 !- Δόξα τῳ̑ Θεῳ̑."] vom Bearb. zwecks Erklärung der Abkürzung hinzugefügt



Hyacinthen237

hatte. Lebe du wohl mitsamt den Deinen, hochansehnlicher, rechtskun­ digster Herr, und sei mir gewogen. Danzig, den 23. Dezember 1539.

Eurer hochansehnlichen Herrlichkeit



ergebenster



Albertus Niclassius,



Prediger an Peter und Paul.

An den hochansehnlichen, rechtskundigsten Herrn, Herrn Bernhard Wilhelm Nüßler, Rat des durchlauchtigsten Herzogs von Brieg, seinen hochzuverehrenden Herrn.

Ehre sei Gott!

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Himmel-Schlüssel239

Daniel Caſpers von

Lohenſtein

  Himmel-Schlſſel.

! )o( 2r"

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Perilluſtri & Generoſo DOMINO, DOMINO

JOHANNI ADAMO à POSADOWSKY, & 5

POSTELVIZ,

Hæreditario in Rohrau, Hœnigern, Tuderau & Lampersdorf. 10

SILESIÆ EQVITI. S. Cæs. Majest. Conſiliario, Ducatûsque Bregen ſ is CAPITAN EO:

Mæcenati ſuo S.P.D. D. C. à L. 15

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ERubeſcerem, ſumme Vir, magno Nomini tuo Flo!)o(2v"ribus litare, niſi meminiſſem, quod Flores & Coronæ Antiquitati Honos Deorum fue­ rint. Hiſce ſimulacra, Templorum Poſtes, Ararum Cornua, animataſque adornabant Victimas. Quin imò Populus Romanus Florum honorem Scipionis Funeri tantum habuit. Nullus itaque dubito, quin Tibi religioſo Antiquitatis Cultori Florum Oblatio nullam motura ſit Nauſeam, quamvis totus Fructibus & Beneficiis tumeas, quibus inopem afficis Patriam. Macte igitur hoc fœcundo generoſi Animi Partu, cum quo crediti Tibi ab AUGUSTISSIMO IMP. Populi felicitas editur. Siquidem Regimen tuum non ſaltem integrâ exerces Juſtitiâ, edecumatâ fulcis Prudentiâ; ſed & Humanitatis paternique Affectûs Flore demulces, fælix Naturæ æmu 4 POSADOWSKY] POSADOWSKI BC 25 fælix] felix C



Himmel-Schlüssel241

Dem erlauchten und hochwohlgeborenen HERRN, HERRN

JOHANN ADAM von POSADOWSKY und POSTELWITZ,

Erbherrn in Rohrau, Hœnigern, Tuderau und Lampersdorf,

SCHLESISCHEN RITTER, Seiner Heiligen Kaiserlichen Majestät Rat, Des Herzogtums Brieg LANDESHAUPTMANN,

seinem Maecenas, sagt viele Grüße D. C. von L. Ich würde schamvoll erröten, hochwürdigster Mann, deinem großen Namen mit Blumen zu opfern, wenn mir nicht bewußt wäre, daß Blumen und Kränze dem Altertum als Ehrengabe für die Götter galten. Mit diesen schmückte man Bildwerke, Tempeltore, die Ränder der Altäre und die Opfertiere. Ja das römische Volk ehrte die Beisetzung Scipios sogar nur mit Blumen. Ich zweifle deshalb überhaupt nicht, daß dir, als einem entschiedenen Verehrer des Altertums, die Darbringung von Blumen keinen Überdruß erregen wird, wenn du auch völlig von den Früchten und Wohltaten strotzt, mit denen du das bedürftige Vaterland bedenkst. Heil also dieser reichen Spende eines hochsinnigen Geistes, mit der das glückliche Gedeihen des dir vom ERHABENSTEN KAISER anvertrauten Volkes erreicht wird. Zumal du ja dein Regiment nicht nur mit ungeschmälerter Gerechtigkeit ausübst, mit auserlesener Klugheit aufrecht erhältst, sondern auch mit der Blume der Menschlichkeit

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lus frugiferas Arbores minimè Florum Gaudio deſtituentis, Siquidem Autoritatem & Comitatem tam ſalubri Conjugio miſces, ut hæc Dignitati, illa Morum !)o(3r" Suavitati nil quicquam deroget; cunctique Virtuti tuæ ſe ambitioſè ſubmitterent, etiamſi arduâ Præfecturæ Poteſtate careres. Præſtant enim Potentiae magni Animi Illecebræ; illam Metus gemens ſequitur, has Amor haud inglorio Obſequii Zelo antevertit. Cæterum Flores à Te, FLOS SÆCULI NOSTRI, minimè ſpretum iri facilè perſuaderer, niſi Carminibus meis illuſtre hoc Nomen arrogare ambigerem, haud neſcius, nulli eſſe facilius Flores loqui, quam rerum Naturæ laſcivienti præſertim & in magno Gaudio Fertilitatis tam variè ludenti eosdem pingere. Nemo quidem ibit inficias ſeria ſtudia Frugum, amœna Florum mereri Titulos; hæc Ætatis Veri, illa maturo convenire Autumno; Poetasque non minore jure Florum, quam Statium & Opitium noſtrum ſuorum Ingeniorum Partui Sylvarum Nomina in!)o(3v"ſcripſiſſe. Verùm nec ipſe diffiteor, hæc mea VERBASCULA Odoris Fragrantiâ Colorumque picturâ penitus deſtitui, & Te, Mecænas, vix arridere poſſe, qui ſacram Tibi Themidem non niſi Coronamento Amaranthino & Solarium Florum redimis. Quicquid autem ſit, veniunt ad Te hæ Primulæ Veris eâ Veneratione Comite, quâ ad divinum Numen, cui omnes debentur Primitiæ, repſerunt Devotione. Utraque Simplicitati patrocinatur, viliſſimisque rebus pretium addit. Hinc Illuſtri Nomini tuo hâc meâ Dicatione nihil derogatum iri autumo, cum vel ipſe Naturæ Penicillus Hyacintho Ajacis Nomen, florenti Fabæ lugubres Litteras proptereâ Flamini Diali vetitæ, impreſſerit. Me ſatis obtinuiſſe gloriabor, ſi tam diu hos Flores obtutu dignatus fueris, ac marceſcentia Hortorum Sidera. Quippe & primæva !)o(4r" Dei Filia Flores & Odores ſaltem in diem gignit, reliquis autem,

30 Potentiae] Potentiâ A potentiâ BC 33 perſuaderer] perſuaderet BC



Himmel-Schlüssel243

und des väterlichen Wohlwollens verwöhnst, als glücklicher Nacheiferer der Natur, welche fruchtbringende Bäume nicht der Wonne der Blüten beraubt; zumal du ja Autorität und Leutseligkeit zu einer so heilsamen Vereinigung vermengst, daß diese der Würde, jene der Gelindigkeit der Umgangsformen nicht den geringsten Abbruch tut und alle sich deiner Tüchtigkeit auch dann beflissen unterwerfen würden, wenn du nicht über die hohe Machtstellung der Landeshauptmannschaft verfügtest. Die Macht wird nämlich übertroffen von den Anlockungen eines großgesinnten Geistes; jener fügt sich die Furcht unter Seufzen, diesen kommt die Liebe mit einem nicht unrühmlichen Gehorsamseifer zuvor. Im übrigen würde ich mich leicht davon überzeugen, daß Blumen von dir, du BLUME UNSERES ZEITALTERS, nicht verachtet werden, wenn ich nicht unschlüssig wäre, diesen erlauchten Namen für meine Gedichte in Anspruch zu nehmen, im klaren Bewußtsein dessen, daß es niemandem ebenso leicht fällt, Blumen in Sprache zu bringen, wie vornehmlich der Natur, die sich in Ausgelassenheit ergeht und in der großen Wonne ihrer Fruchtbarkeit so vielfältig spielt, sie zu machen. Zwar wird niemand leugnen, daß die ernsthaften Studien als Früchte, die lieblichen als Blumen bezeichnet zu werden verdienen, daß diese dem Frühling, jene dem reifen Herbst des Lebens gemäß sind und daß die Dichter dem Erzeugnis ihres Geistes mit nicht geringerem Recht den Titel ‚Blumen‘ gegeben haben als Statius und unser Opitz dem ihrigen den Titel ‚Wälder‘. Doch stelle ich meinerseits auch nicht in Abrede, daß diese meine SCHLÜSSELBLUMEN des wohlriechenden Dufts und der Malerei der Farben gänzlich ermangeln und dir, Maecenas, kaum behagen können, der du die dir heilige Themis nur mit einem Gebinde von Amaranth und Sonnenblumen bekränzt. Was immer es aber sei: Diese Frühlingsschlüsselblumen kommen zu dir in Begleitung derjenigen Verehrung, mit der sie zu der göttlichen Wundermacht, der alle Erstlinge geschuldet werden, voller Andacht gekrochen sind. Beide [Verehrung und Andacht] beschirmen die Arglosigkeit und verleihen den bescheidensten Dingen einen Wert. Deshalb glaube ich, daß deinem erlauchten Namen mit dieser meiner Zueignung kein Abbruch getan werden wird, da selbst der Pinsel der Natur der Hyazinthe den Namen des Aiax, der Blüte der (deshalb dem Flamen des Jupiter verbotenen) Bohne Trauerbuchstaben aufgeprägt hat. Ich werde mich rühmen, genug erreicht zu haben, wenn du diese Blumen ebenso lange deines Anschauens würdigen wirst wie die verwelkende Zier der Gärten. Die jugendliche Tochter Gottes erzeugt ja auch Blumen und Düfte nur für den Tag, den übrigen [Pflanzen] aber, die sie zur Nutzung

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quæ Uſûs Alimentique causâ genuit, Annos & Sæcula tribuit. Illos Vitæ, hæc Famæ tuæ largiatur Deus, ut CÆSAREM Miniſterio, Patriam Gloriâ, antiquiſſimum Genus Decore, Populum Emolumentô, Me Gratiâ & Amicitiâ diutiſſimè Tibi devincias, quam & inter Impares ſinceram eſſe poſſe, me novô penitùs Exemplô docuiſti. Dabam Vratislaviæ in ipſô Æquinoctiô vernô, florentis Naturæ Auſpiciô, Anni poſt natum Redemtorem milleſimi ſexcenteſimi octuageſimi. !)o(4v"



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und Ernährung erzeugt hat, mißt sie Jahre und Jahrhunderte zu. Jene möge Gott deinem Leben, diese deinem Ruhm einräumen, damit du den KAISER mit deinem Dienst, das Vaterland mit deinem Ruhm, dein uraltes Geschlecht mit deiner Ehrenstellung, das Volk mit Vergünstigungen und mich möglichst lange mit Vertrauen und Freundschaft an dich bindest. Daß diese auch unter nicht Ebenbürtigen aufrichtig sein kann, darüber hast du mich durch dein ungewöhnliches Beispiel vollkommen belehrt. – Gegeben zu Breslau, gerade am Frühlingsäquinoktium, im Zeichen der blühenden Natur, im 1680. Jahre nach der Geburt des Heilands.

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Himmel-Schlüssel247

Daniel Caſpers von

Lohenſtein

Himmel-Schlſſel. oder

  Geiſtliche Getichte.

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Wunder-Geburth Unſers Erlſers.

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DAß GOtt der groſſe GOtt nach ſeinem weiſen Rath Dis All aus Nichts gemacht/ aufs Abgrunds Achſeln hat Der Erde Grund geleg’t/ dem Meer’ ein Ziel geſtecket/ Der Lfte blaues Tuch durchſichtig ausgeſtrecket/ Die Wolcken ausgeſpannt: daß er die Unterwelt Mit Himmeln berwlb’t/ die gar kein Pfeiler hlt/ Die gldnen Sternen hat wie Ampeln aufgehangen/ Durch die die Tag’ in Gold/ die Ncht’ in Silber prangen Jſt Menſchen Wunderwerck/ das keine Weißheit faßt/ Nicht Stagirit begreift/ wenn er die groſſe Laſt Fr ewig hlt und rhmt/ voraus wenn der ſol lernen/ Dem Nichts aus Nichts nicht wird: daß Sonne/ Mond und Sternen Nichts/ als des Hchſten Wort: Es werde Tag und Licht Zum Zeug und Saamen hat. Auch weicht dem Wunder nicht Dis: daß der groſſe Gott Lufft/ Erde/ Waſſer/ Flammen/ Geſtirne/ ja den Kreiß der groſſen Welt zuſammen Jn eine kleine ſchloos/ in dem des Hchſten Hand Den erſten Menſchen ſchuff aus einer Handvoll Sand. !4" Ja/ als Gott: daß der Menſch ein Gott ſey auf der Erde/

8 Tag’] Tag ABC tg Ms768 v or 2 11 13 18 19

1  Unſers Erlſers] unsers Herren und Heylandes Jesu Christi Ms768 Achſeln] Achſen BC voraus] fr aus Ms768  der] er Ms768 Wort] werck Ms768 Handvoll] Hand voll BC handt voll Ms768 ein Gott ſey] ſey ein Gott Ms768

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Blumen

Daß des Geſchpffes Werck dem Schpfer ehnlich werde/ Jhm eine Seel’ einbließ/ ſein Ebenbild drckt’ ein/ Schien Adam der Natur ein Wunder ſelbſt zu ſeyn/ Jhm Eve/ da er ſah ein Glied aus ſeiner Seiten Zu ſeinem Ebenbild’ und Weibe zubereiten. Nebſt dem ſcheint der Vernunft nicht wenig Wunders wehrt/ * Daß/ als ſich Lucifer in eine Schlange kehrt/ Jn gldnen Aepfeln ihr den Tod lobt ein zueſſen/ Das Lſtern-tumme Weib ſo khn wird und vermeſſen/ Und/ als ſie ſich ſchon mehr als halb vergttert hlt/ Aus einem Engel wird in einen Wurm verſtellt Durch einen Apfelbiß/ das Paradiß in Auen/ Wo ſie fr Reben Schlee/ fr Roſen Dieſteln ſchauen/ Wo Einfalt ſich in Schuld/ Vergngung in Verdruß/ Ergetzligkeit in Schweiß und Arbeit wandeln muß. So kan auch Plato nicht dem Moſes Glauben geben: Daß/ als der wilde Menſch wie Vieh fngt anzuleben/ Ja Teuffeln ehnlich wird/ aus Gtzen Gtter macht/ Des Himmels Druen hhnt/ und Noens Predigt lacht/ Der Berge Gipfel ſich in See und Fluth verkehren/ Die Waſſer auf einmal/ was Athem hat/ verzehren/ !5" So viel mit Noen nicht im holen Balcken ſchwimmt: Daß/ als des Schpfers Zorn auf Sodoma ergrimmt/ Die Wolck ein Drache wird/ der Schwefel von ſich ſpeyet/ Der Himmel eine Hll’/ aus dem es Feuer ſchneyet/ Bis Hartzt und Unflath raan/ wo vor Gomorra ſtand:

*

Dieſen Nahmen hat der Teuffel/ wiewol ohne Grund/ von Scholaſticis bekommen. L. Danæus ad c. 28. Aug. ad Laurent.

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ehnlich] hnlich CMs768 kein Einzug Ms768  ſcheint] ſchien Ms768  Wunders] Wunder BC Fußnote fehlt Ms768 Ergetzligkeit] Ergetzlichkeit C fngt] fing Ms768 ehnlich] hnlich CMs768  wird] ward Ms768 im] in Ms768 Zorn] hand Ms768 Hll’] hell Ms768  dem] der Ms768 Hartzt] Hartz BC hartz Ms768



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Himmel-Schlüssel251

Daß/ als ſich Lothes Weib nur einmal umbgewand/ Die Adern ſich in Eiß/ das Blutt in Saltz verwandeln/ Der Leib zur Seule wird: Daß Aarons Ruthe Mandeln Und friſche Bltter trgt/ die vor zur Schlange ward Und Zauber-Schlangen fraß: Daß ſich des Waſſers Arth Jn Blutt/ das Licht in Nacht bey hellem Mittags-|Scheine/ Das Waſſer in fett Oel/ der Sand der drren Steine Jns Kwll verndert hat. Dis aber bertrift Die Enderungen all’ und Wunder in der Schrift/ Verwirrt der Juden Witz/ der weyſen Heyden Kpfe/ Daß heute Gott ein Menſch/ der Schpfer ein Geſchpfe/ Die Jungfrau Mutter wird. Die Schule zu Athen Und zu Jeruſalem kan nichts hiervon verſtehn. Fliht/ fliht ihr Heyden weg/ mit euren eiteln Tichten/ Die ihr euch Gtter mahlt in menſchlichen Geſichten/ Ja ſie aus Aberwitz in wilde Thiere kehrt/ Wenn Jupiter zum Stier/ Neptun ein raſches Pferd/ Die Juno eine Kuh/ Apollo wird zum Raben/ Wenn Hermes die Geſtalt muß eines Vogels haben/ Wenn Venus muß ein Fiſch/ Minerve Katze ſeyn/ Lyeus ſich ins Fell des Bockes nehet ein/ !6" Und fr der Rieſen Grimm die albern Gtter fliehen Hin/ wo ſie Katz und Hund als Gtter auferziehen/ Den Crocodil verehrn/ ſtell’n Zwiebeln aufs Altar/ Und was beym Nilus mehr ſonſt aberglubiſch war. GOtt der ſonſt alles kan/ kan nichts nicht minders werden/

6 6 nehet] nehen AMs768 nehet A(Errata)BC 4 6 4 8 4 9 5 6 5 9 6 0 6 2 6 5 6 6 6 9 71

Lothes] Lothens Ms768  Weib] Weid B  umbgewand] umgewand C Seule] Seulen Ms768 Schlange] ſchlangen Ms768 heute] fehlt Ms768 euren] eurem BCMs768  eiteln] eitlen Ms768 mahlt] macht Ms768 Stier] ſtern Ms768 Minerve] Minerva Ms768 Lyeus] Lyens Ms768 Den Crocodil … Zwiebeln] in Tempel zwiebeln ſtelln, vnd ochſen Ms768 minders] minder Ms768

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Als ein unſchuldig Menſch. Die viehiſchen Gebehrden/ Die Seele/ welche Pflantz und Beſtien bewegt/ Hegt nichts nicht Himmliſches/ das GOtt zuwirthen pflegt. Jhr Blinden aber ach! wie daß ihr denn nicht faſſet/ Die ihr ſolch alber Ding euch berreden laſſet: Daß dis der Schpfer ſey/ der in der Krippe ligt/ Dis Kind der groſſe Gott/ der auf drey Fingern wigt Der Erde groſſen Bau/ die Lufft mit einer Spannen/ Das Meer mit einer Fauſt. Die Zedern/ Eich’ und Tannen Mit ſeinem Athem fllt/ das Ertzt als Glaß zerbricht/ Die Himmel legt aufs Maaß/ und Felſen aufs Gewicht? Die Wunder knnen ja/ die umb dis Wunder ſchweben/ Wegweiſer euch zu Gott/ ein Licht zur Wahrheit geben/ Die Eichen ſagen nicht mehr zu Dodona wahr/ Und Hammons Mund verſtummt auf Lybiens Altar/ Des Amenophis Bild/ die Seul aus Marmelſteine/ Die laut und redend ward/ wenn frh mit ihrem Scheine Die Sonne ſie beſtrahlt’/ ruft Memphis nicht mehr an/ Weil ſie nach dieſer Nacht kein Wort mehr ſprechen kan. !7" *Jn Kumens enger Kluft weiſſag’t nicht mehr Sibylle/ Des Phoebus Dreyfuß ſchweigt in Delfos Tempel ſtille Und bringt durch Pythien nur noch euch Heyden bey:

*

Daß bey Chriſti Zeit die Oracula verſtummet/ beklagt Porphyr. ap. Euſeb. προπ. v. 8. Lucan. l. 5. die Urſach gebende: Poſtquam reges timuere futura, & ſuperos vetuere loqui. Minutius in Octavio: quod politiores homines & minus creduli eſſent. Dahero Demoſthenes ſagte: Pythiam ϕιλιππίζειν. Wiewol Plutarchus berichtet: daß dazumal das Oraculum Delphicum nur nicht mehr in Verſen/ wol aber ungebunden geantwortet. Maſſen auch in Bœotien Lebadia, da man knftig Ding durchs Loß erfuhr/ noch geblieben. Zur Apoſtel Zeiten aber ſind alle verſchwunden/ wie aus Strabone, Juvenale, Celſo, Porphyrio, Juliano zu ſehen.

87 Bild/] Bild ABC bild, Ms768 7 4 79 80 83 91 92

GOtt] gold Ms768 Erde] erden Ms768 Die] der Ms768 die] ſo Ms768  umb] um C kein Einzug Ms768  Fußnote fehlt Ms768 Phoebus] Jovis Ms768  Delfos] Delphens Ms768



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Himmel-Schlüssel253

Daß ein Ebreiſch Kind ihr Andachts-Strer ſey. Jch muß der Heucheley des groſſen Maro lachen/ Der Pollions ſein Kind wil zu dem Knaben machen/ Daß das ſo groſſe Jahr aus Gold ſol fangen an/ Und ſelbſt den neundten Tag nicht berleben kan. Das Kind/ das groſſe Kind/ das Amalthea ſinget/ Das uns die Ewigkeit/ die gldnen Jahre bringet/ Liegt hier zu Bethlehem. Dis bringt uns Fried und Ruh/ Darumb Auguſtus ſchleuſt des Janus Tempel zu. Daß Oel in dieſer Nacht aus ſchlechten Brunnen dringet/ Auf einem Brandaltar ein Palmenbaum entſpringet/ Stſt ſelbſt Auguſt von ſich; und ſchtzt’s fr ſich zuviel/ Wenn aberglubiſch Wahn hiermit ihm heucheln wil. !8" Dis Kind iſt ſelbſt der Brunn/ aus deſſen Gnadens-|Kwlle Das Freuden-Oel entſpringt/ die Salbe fr die Helle/ Das Pflaſter fr den Tod. Dis iſt das Wunder-Kind/ Durch deſſen Prieſterthumb die todten Opfer ſind Als Schatten abgethan. Jtzt kriegt ihr Staub erſt’s Leben/ Nun er als Prieſter kompt zum Opfer ſich zu geben. Die Wurtzel Jeſſe kumt/ und mit ihr erſt die Frucht/ Die Zion hat in Bock- und Klberblutt geſucht. Nun er ſein heilig Blutt indem er wird beſchnitten/ Und ſchon gelitten hat eh/ als er hat gelitten/ Auf Aſch’ und Opfer ſpritzt. Denn ohne dieſen Saft Hat Abels brennend Korn ſo wenig Geiſt und Kraft/ Als Cains Erſtlinge dem Hchſten wol zurchen. 110 ſind] ſind/ ABC ſind, Ms768    96 Pollions] Polions Ms768    99 kein Einzug Ms768  das Amalthea] ſo Amalthaea Ms768 102 Darumb] Darum C 106 hiermit] hiemit Ms768 108 Helle] Hlle BC 110 Prieſterthumb] Prieſterthum C 111 Jtzt] Jetzt Ms768  erſt’s Leben] erſtleben Ms768 112 kompt] kommt C 113 kumt] keimt C grent Ms768 115 indem] in dem B 117 ſpritzt] ſprtzt Ms768 119 zurchen] zu riechen Ms768

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Dir traumt Rom/ wenn der Geiſt des Keyſers/ der erblichen Fr ſo viel Jahren iſt/ der frembde Stern ſol ſeyn/ Der auch bey hellem Tag aus Morgen ſeinen Schein Auf alle Lnder wirft. Die weiſen Perſen haben Den Stern vernnftiger gedeutet auf den Knaben/ Der ſelbſt ein Stern im Stall’ und Sonn iſt auf der Welt/ Und andre Sternen ihm nur zu Trabanten hlt. Dis iſt das kluge Volck/ die ihre Kunſt der Sternen Jm Buche der Natur nicht vom Papiere lernen/ Die durch Scharfſinnigkeit auf Grund und Warheit gehn/ Des Himmels Ziffern nicht nach Aberwitz verſtehn. Jhr blinden Heyden ligt: daß euer Andachts-Gtze Der falſche Jupiter ins Stern-Gewlbe ſetze/ !9" Zum Sterne machen knn’ iedweden den er liebt/ Ja Huren/ denen er unkeuſche Kſſe giebt. * Schmt eurer Gtter euch. Weil ihr uns ſelber leſen Jn euren Schriften laſt: Gott ſey ein keuſches Weſen. Wol! kommt und lernt alhier von der Chaldeer Schaar/ Daß dieſes Jungfraun-Kind/ eh es gebohren war/ Dem Vater habe ſelbſt die Sternen helfen bauen/ Die Himmel ſpannen aus. Kommt! hier iſt der zu ſchauen Jn einer Htt’ auf Heu/ mit Schilf und Stroh bedeckt/ Der den Geburthsſtern Jhm im Himmel angeſteckt/

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Qui enim de Diis impia & abſurda finxerunt, Gellio l. 17. cap. 1. monſtra hominum dicuntur. Aus welcher Urſache Orpheus aus der Zahl der Philoſophorum geſtoſſen/ und ſeine Lehren als ψευδεπίγραϕα verworffen worden. Laert. lib. 1 de Vit. Philoſ. Ælian. 8. var. hiſt. cap. 6. Tullius. lib. 1. de Nat. Deor.

125 und] nnd A und BCMs768 1 20 traumt] trumt Ms768  der erblichen] ſo erblichen Ms768 121 frembde] fremde C 130 nicht] recht Ms768 131 kein Einzug Ms768  ligt] lgt BCMs768 133 iedweden] jedwedern Ms768 135 Fußnote fehlt Ms768 137 kommt] Kompt Ms768  Chaldeer] Chalder CMs768 140 Kommt] kompt Ms768 142 angeſteckt] auffgeſteckt Ms768



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Himmel-Schlüssel255

Der/ was er ſey/ euch zeugt/ und/ wo er liege/ weiſet. Der kan nicht irre ziehn/ der nach den Sternen reiſet/ Den Himmel/ GOtt und Licht/ ſelbſt leiten mit der Hand. O Wunder ber Witz/ und Menſchlichen Verſtand! Den ſie in Morgenland’ am Himmel lernen kennen/ Den finden ſie im Stall’/ und deſſen Zeichen brennen Sie ber’n Wolcken ſehn/ hat ſelber keinen Schein/ Fhlt in der Krippe Froſt/ ſieht drftig aus und klein. Ja der/ von dem ſie ſelbſt Geiſt/ Athem/ Leben haben/ Muß durch ſein Eigenthumb ſich laſſen ſie begaben/ Und ohne deſſen Geiſt kein Thier nicht athmen kan/ Den haucht ein ſchlechtes Rind umb ihn zuwrmen an. !10" Doch lſt die Andacht ſich nicht durch die Einfalt irren/ Die Liebe ſchenckt ihm Gold/ ihr Glaube Weyrauch/ Myrrhen. Denn Frommen muß/ wo GOtt und Glaub ins Hertz zeucht ein/ Die Khkripp ein Altar/ der Stall ein Tempel ſeyn. Komt! die ihr euren Flug der grbelnden Gedancken/ Weit ber’n Himmel wagt/ verſchlßt in dieſe Schrancken Der Htte die Vernunfft/ verwerfft die Thorheits-|Arth/ Die ſelten ſuchet Gott/ wo er ſich offenbart/ Und ihn zufinden meint/ wo er ſich ſelbſt verborgen. Die Augen drffen hier kein fernend Schauglaß borgen/ Jhr ſehet beſſer hier/ als dort den Himmels-Herrn/ Hier iſt ſo groß und ſchn der rechte Jacobsſtern/ Ja gar nichts grſſers iſt im Himmel nicht zu finden/ Als der zu Bethlehem ſich lſt in Windeln winden; Hier fhrt die Einfalt euch in zwlften Himmel ein/ Die vormals kaum durch Witz in Vorhoff kommen ſeyn. 1 43 147 150 152 154 157 158 159 160 162 164 166 167

zeugt] zeigt CMs768 in] im Ms768  lernen] laßen Ms768 Froſt] Forſt B Eigenthumb] Eigenthum C umb] um C Denn] den Ms768 Khkripp] Kuhkripp Ms768 Komt] Kompt Ms768  Flug] pflug Ms768 verſchlßt] verſchließt C verſchlieſt Ms768 ſelten] ſelben Ms768 drffen] drffen Ms768 rechte] lichte Ms768 grſſers] grßer Ms768

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Mit was nun werdet ihr/ ihr mehr als blinden Heyden Entſchuldigen die Schuld: daß ihr ſo unbeſcheiden Verabſumt euren GOtt/ und euer groſſes Licht/ Das ihr mit Augen ſeht/ im Glauben faſſet nicht? * Daß/ wenn aus dem/ wodurch Pilat ſich rein wil brennen/ Tiber den Heyland lernt fr einen Gott erkennen/ !11" Und ihn vergttern wil/ den Chriſten Sicherheit Verſchaft/ der Rmer Rath ihm doch kein Ohr verleiht; Daß/ was auf Chriſti Reich/ fr Alters wahrgeſaget ** Von Jd’ſchen Prieſtern ward: die Welt/ wie weit es taget/ Wrd in der Jden-Land ſeyn einem unterthan/ Jhr all zu falſch legt aus auf den Veſpaſian; Daß ihr fr Warheit Trum’/ und tumbe Nebelkappen/ Abgttiſch Schattenwerck frs Licht ſucht zuertappen/ Wenn ihr/ was dieſe Sonn’ euch von ihr kundbar macht/ Jn Fabeln habt verkehrt und unter Larven bracht/ Wenn am Prometheus ihr des Schpfers Werck beſchreibet/ Fr den Drey-einen Gott Geryons Abbild glubet/ Die Engel Rieſen gleicht/ und an dem Phaethon Den Fall des Lucifers/ durch den Deucalion Den Noah bildet ab/ und Loths verkehrtem Weibe Vergleichet Nioben mit ihrem Marmel-Leibe/

*

Hornius Hiſt. Eccleſ. nov. Teſtam. period. 1. art.1. n. 10. p. 33. 34. berichtet aus Tertulliano und Euſebio: daß Pilatus die Gerichts-Acta von Jeſu Chriſto/ ſeinem Leiden und Auferſtehen dem Keyſer Tyberio berſchicket/ dieſer ſol!11"che dem Rathe zu Rom/ und ob ſelbter in die Zahl der Gtter aufzunehmen ſey/ vorgetragen/ auch/ als der Rath dis verworffen/ dennoch die Chriſten zu verfolgen verboten habe. ** Tacit. 5. Hiſt. 13. Pluribus perſuaſio inerat, antiquis Sacerdotum litteris contineri, eo ipſo tempore fore, ut valeſceret Oriens, profectique Judæâ rerum potirentur, quæ ambages Veſpaſianum & Titum prædixerunt.

1 71 blinden] blinde Ms768 175–182 Daß/ wenn aus dem … auf den Veſpaſian] fehlt Ms768 175 Fußnote, Z. 4 ſelbter] ſelber C 179 fr] vor C 180 Fußnote, Z. 2 Oriens] Orians C 183 Daß ihr fr] Ja fr die Ms768  tumbe] tumme Ms768 185 Wenn] Wann Ms768 187 am Prometheus] an Promotheus Ms768 188 Geryons] Geryens Ms768



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Himmel-Schlüssel257

Wenn ihr am Atlas mahlt/ wie GOtt die groſſe Welt Mit einem Finger rhrt/ auf ſeinen Achſeln hlt. Ja euer Schatten kommt noch nher unſerm Glauben (Wo Fabeln iſt hieher ein Zutritt zu verlauben.) !12" * Euch zeiget die Geburth Minervens ungefhr/ Wie Gott Gott ſeinen Sohn von Ewigkeit zeugt her. Jhr glaubt: Zevs habe ſich zur Danae gelaſſen Als Gold in ihre Schoos; Und ihr knnt hir nicht faſſen: Daß euer Gtter Gott durch ſeinen Geiſt die Schoos Mariens ſchwngern kan. Jhr macht die Brunſt ſo groß Jn Pſychens reiner Seel’. Und eurem Glauben fehlet: Daß Gott zu ſeiner Braut iedwede Seel’ erwehlet. Der Kampf Alcidens zeigt verblmt des Heylands Streit Mit Schlang und Teufel an. Des groſſen Leidens Leid Mahlt euch Acton ab. Die Abfahrt zu der Hellen Wiſſt ihr am Orfeus euch im Schatten fr zu ſtellen/ Jn den Amfion iſt die Predigt eingehllt; Der Flug des Dedalus/ der Himmel-Farth ihr Bild/ Ja in dem Eſculap hat ſich vermummt verſtecket/ Wie Gott der groſſe Artzt hat Leichen auferwecket. Ach aber! ach! ihr bleibt mit ofnen Augen blind/ Weil Andacht und Vernunft meiſt Stiefgeſchwieſter ſind. Noch blinder aber ſeyd ihr Juden ja zuſchelten! Wenn ihr den Heyland nicht laſt fr den Heyland gelten/

*

Jam olim Juſtinus Martyr in Apolog. ad Antonin. Imp. conqueſtus eſt, quod Ethnici fictitiis Jovis Filiis in medium productis, Doctrinam de Filii DEI Generatione corruperint.

194 rhrt/] rhrt ABC rhrt, Ms768 197 Fußnote, Z. 1 *] fehlt A * BC 195 Schatten … unſerm] ſchatten werck Kennt noch mehr unſer Ms768  Glauben] Gluben B 197 zeiget] zeuget Ms768  ungefhr] ungefehr C ohngefhr Ms768  Fußnote fehlt Ms768 199 gelaſſen] ein gelaßen Ms768 2 01 euer] aller Ms768 2 07 euch] auch Ms768  Hellen] Hllen BC 2 08 fr zu ſtellen] vorzuſtellen C vor zu ſtellen Ms768 211 Eſculap hat ſich] Æſculap habt ihr Ms768 216 fr] vor Ms768

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Dem Eve ſchon/ als ſie ihr erſtes Kind gebahr/ Jm Geiſte Kſſe gab/ der Noens Ancker war/ !13" Als alle Welt mit ihm in Kaſten war gegangen/ Des Abrahams ſein Schild/ der eh er ward empfangen/ Schon ſein Geburthslicht ſah/ der mit ihm aß und tranck/ Jn Bndns ſich ließ ein/ mit welchem Jacob rang/ Als dieſer Lwe noch aus Juda ſolte ſtammen/ Und erſt ſein Kindskind ſeyn. Raft Glaub’ und Geiſt zuſammen/ Wenn eure Augen ja der Dampf der Eitelkeit So ſehr umbnebelt hlt/ wenn Wahn ſein Demuths-|Kleid Euch ſo verachtlich macht/ wenn’s Jrrlicht hoher Sinnen Ein irrdiſch Knigreich und hoher Schlſſer Zinnen Euch ins Gehirne mahlt. Der Erd und Himmel hlt/ Dem ſteht kein Pralen an/ kein Zepter auf der Welt/ Der Ehrſucht Tockenwerck. Die innern Seelenflecken Der Snde kan Scarlat und Purpur nicht bedecken/ Kein Rieſe trit den Kopf der Schlange nicht entzwey/ Die Even Gift und Stich und Sterben brachte bey. Die Bilder in der Schrift/ die Opfer euer Vter/ Stelln den Meſſias euch/ den Heyland/ den Vertreter Als ein geduldig Lamm/ nicht als ein mchtig Thier/ Als keinen Goliath/ als einen Hirten fr. Ja ihr knnt/ wenn ihr nicht verſtopffen Hertz und Ohren Fr den Propheten wolt/ Meſſias ſey gebohren/ An Fingern rechnen aus. Der Frhang ſchtzt euch nicht/ Sie ziehn ihn ſelber weg: daß ihr zuſammen Licht

225 der Dampf] den Dampf ABC der dampf Ms768 2 22 Bndns] Bndniß C bndniß Ms768 226 umbnebelt] umnebelt C 227 verachtlich] verchtlich CMs768 228 Ein] Euch C 232 Snde] ſnden Ms768  Scarlat] Scharlach Ms768 236 den Vertreter] dem Vertreter C 237 Lamm] lamb Ms768 239 verſtopffen] verſtopffet C 240 Fr] vor Ms768 241 rechnen] rechen Ms768  Frhang] Vorhang C



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Himmel-Schlüssel259

Und Schatten ſehen knnt. Laſt’s euch nicht frembde deuchten/ Daß ihr den Heyland nicht zu Solyma ſeht leuchten !14" Jn Davids gldner Burg/ weil der Propheten Geiſt Euch hin nach Bethlehem mit Fingern ſelber weiſt. Denn Davids Sohn und Herr hat Davids Stadt erwehlet/ Die Zeit/ dafern ihr recht das Maaß der Jahre zehlet/ Jndem das Zepter ja von Juda wird entwand/ Rom Jſrael beherrſcht/ giebt ſelbſt euch in die Hand: Meßias mſſe dar/ und Siloh ſeyn erſchienen. Die Wunder mſſen ja auch euch zu Lehrern dienen. Jn Mutterleibe hpft Eliſabeths ihr Kind/ Als ſie Maria grſt. Sie ſelber auch beginnt Entzckt von Gott und Geiſt vom Herren wahrzuſagen. Und Simeon geneſt/ ſo bald er hat getragen Dis hochverlangte Kind. GOtt hlt den Joſeph an Durch Engel: daß er nicht Marien laſſen kan. Der Himmel thut ſich auf und hnget voller Geigen/ Die Cherubinen mhn ſich die Geburth zu zeigen Den armen Hirten an; wenn Knig/ Hof und Stadt Den Staar in dem Geſicht/ und Schlaf in Ohren hat. Jhr Prieſter mget euch/ ihr Schriftgelehrten ſchmen: Daß GOtt die Hirten muß zu ſeinen Prieſtern nehmen/ Daß GOtt die Hrden muß zur erſten Kirche weih’n/ Weil Jhr fr Jeſu ſchlßt Altar und Tempel ein. Die Einfalt ſchpfet Troſt/ die Andacht Freud und Wonne/ Wenn ſie der Schfer Htt’ am erſten Licht und Sonne Des Glaubens ſcheinen ſiht/ der Jeſum lieb gewinnt/ Wenn Hirten Erſtlinge der wahren Chriſten ſind. !15" So iſt’s: die Einfalt iſt der nechſte Weg zum Glauben;

2 43 Laſt’s] Laſt Ms768  frembde] fremde C 2 44 Solyma] Salyma BC 2 47 erwehlet] erwhlet C 2 50 ſelbſt euch] euch ſelbſt Ms768 2 52 Lehrern] lehren Ms768 2 55 Entzckt] entzuckt Ms768 2 63 kein Einzug Ms768 2 65 Hrden] hirten Ms768 2 66 fr] vor CMs768  ſchlßt] ſchließt C ſchlieſt Ms768 2 69 Glaubens] glauben Ms768

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Die Klugheit zum Verterb/ die alles ſetzt auf Schrauben/ Die Gott nach der Vernunft ſtellt ein begreiflich Ziel/ Mit einem Lffel Witz das Meer erſchpfen wil Der Weißheit/ welche ſtets aus GOttes Wundern blicket. GOtt lieſt die Hirten aus. Denn weiße Wolle ſchicket Zur Farb am beſten ſich/ zeucht auch viel reiner an Der Purperſchnecke Blutt/ und keine Seele kan Nicht reiner den Scarlat der Weißheit GOttes faſſen/ Als die durch Weltweißheit ſich nie verfrben laſſen. Es htte Stagirit/ der GOtt in Himmel ſchraubt/ Jhn Sternen nagelt an/ verlacht/ was Mopſus glaubt: Daß GOtt gebohren ſey/ ja daß er in dem Orden/ Der Schfer ſey zugleich ein Lamm und Hirte worden/ Ein unbeflecktes Lamm/ das auf den Schultern hlt Den Himmel/ auf der Bruſt die Snden trgt der Welt/ Ein ſchwaches Schaf/ das ſich lſt Zwerg’ und Schergen binden/ Doch das auch als ein Lw kan Rieſen berwinden/ Mit Scorpionen ſpieln/ auf Schlang und Nattern gehn/ Zermalmen Hell und Tod; und auf den Drachen ſtehn/ Ein Hirte/ welcher lſt das Leben fr die Schaffe/ Die Welt zum Schaffſtall’ hat/ und knftig Pein und Straffe Den Bcken geben wird/ den Schaffen Weid und Lohn/ Ein Lamm/ das Hirten hier im Stalle finden ſchon/ !16" Das dort Johannes ſiht die ſieben Siegel brechen/ Wenn tauſend Schaaren ihm Sieg/ Ehre/ Ruhm zuſprechen. Ein Lamm/ das alle Welt beſpritzet durch ſein Blutt: Daß kein Wrg-Engel dem/ der glaubet/ Schaden thut; Ein Hirte/ der doch glntzt im Himmel bey den Sternen/ 272 Verterb] Verderb C verderb Ms768 278 Purperſchnecke] Purpur-Schnecke C purpur ſchnecke Ms768 279 Scarlat] Scharlach Ms768 280 nie] nicht Ms768 281 in] im BC 282 Jhn] Jn BC an Ms768  was] wo’s C 283 dem] den C 284 Lamm] Laub Ms768 285 Lamm] Lamb Ms768 290 Hell] Hll BC 294 Lamm] lamb Ms768 297 Lamm] lamb Ms768  beſpritzet] beſprtzet Ms768

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Himmel-Schlüssel261

Wenn gleich die Kripp ihn faſt. Jhr Heyden mgt hier lernen/ Die ihr den Phoebus macht zum Hirten des Admet; Daß Sonn und Hirt’ alhier in einem Kreiſſe ſteht. Jhr Juden/ die ihr ein vergldet Kalb anbetet/ * Das Moſens Glutt doch bald zu Aſche brennt/ kommt/ tretet/ Kommt/ kniet fr dieſes Lamm/ dem Gottesdienſt gebhrt/ Denn dieſes Lamm hat aus Egypten euch gefhrt. Wie weiſ’ und ſeelig ſeyt ihr Hirten doch zupreiſen! Daß ihr euch Erſtlinge der Chriſten knt erweiſen/ Daß ihr der Vordrab ſeyd/ der Gottes Sohn erkennt/ Daß euren Unverſtand man hchſte Weißheit nenn’t. Jhr mſt fr dem Auguſt dem GOtt und Herrn auf Erden Gelcklicher gerhmt/ genennet klger werden/ ** Der dreymal Frieden ſchleuſt und gleichwol nicht hat acht; Daß Friede zwiſchen Gott und Menſchen ſey gemacht. So geht ihr Hirten denn/ ihr unverflſchten Seelen! Geht/ ſuchet tauglich Schilf umb Peiffen aus zu hlen! !17" Geht/ eilt nach Bethlehem in Davids Vaterland/ Wo man von dieſem Kind’ ihn mehrmals ſingend fand! Geht/ ſchreyt den Schlaffenden in die verſtockten Ohren: Der Hirten Hirte ſey/ der groſſe Pan/ gebohren! Der Hirte/ der zur Heerd’ uns Menſchen ſmmtlich kriegt/ Ja deſſen Hirtenſtab die Zepter berwiegt

*

Hieraus ſchlſſen die Gelehrten: daß Moſes ein gutter Alchymiſt geweſen ſey: Andere aber meinen: daß dis Kalb nur von Holtze geweſen/ und mit Golde berzogen worden. Hornius Hiſt. Philoſ. lib. 2. cap. 13. pag. 129. ** Vid. ſupr. verſ. 102.

3 00 faſt.] faſt A faß’t. B faßt. C faſt. Ms768 3 02 Kreiſſe] Kreiſe ABC Kreiſſe A(Errata) kreiße Ms768 3 01 Phoebus] Phoebum B Phbum C 3 03–306 Jhr Juden … Egypten euch gefhrt] fehlt Ms768 3 04 Fußnote, Z. 1 ſchlſſen] ſchlieſſen C 3 05 fr] vor C 313 und] u. C  Fußnote fehlt Ms768 318 dieſem] dieſen C 3 21 ſmmtlich] ſmbtlich Ms768 3 22 Zepter] Scepter Ms768

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Blumen

Der Knige der Welt/ die ihm wolln wiederſprechen Mit eiſernem Gewehr und Rutten kan zerbrechen! Geht/ Galatheen/ ſingt die groſſe Wunderthat/ Die Cuma und Sibyll euch frgeſungen hat: Daß eine Jungfrau ſey geneſen eines Knaben/ Der Ewigkeitten wird zu ſeinen Jahren haben. Du Menſchliches Geſchlecht/ ihr Seelen ingeſammt/ Die ihr klebt an der Welt/ vom erſten Snder ſtammt/ Geht/ folgt dem Hirten nach/ beſchaut das groſſe Wunder! Entzndet euer Hertz’/ und faſſet Brunſt und Zunder Von GOttes Lieb und Glutt/ der Menſchen Fleiſch nimmt an/ Weil doch kein MutterMenſch zu Gotte werden kan; Der die/ die ſich von ihm meyneydig abgetrennet/ Durch Menſchheit ihm vermhlt/ ſich ihren Brutgam nennet; Der ſich in ſein Gefß in Mutterleib ſchleuſt ein/ Und dieſe/ die er ſchuff/ heiſt ſeine Mutter ſeyn. Geht/ lernt: daß Gottes Geiſt in Menſchen ſey geſtiegen/ Daß/ der fr Menſchen war/ im Menſchen mge liegen/ !18" Daß der/ dem tauſend Jahr ſind als ein geſtrig Tag/ Ein Sprßling der Natur/ ein Menſch/ ein Kind ſeyn mag. O Wunder! GOtt wird Menſch/ das Wortt wird Fleiſch auf Erden! Geht/ was von der Vernunft nicht kan begriffen werden/ Erſetzet Glaub und Geiſt! geht/ lernt/ was unerhrt/ GOtt wird Menſch/ und gleichwol die Gottheit nicht verſehrt/ Ja auch der Menſchheit fehlt nichts/ die er an ſich nimmet! Geheimns ohne Maaß! die Harffe wird verſtimmet Der Menſchlichen Vernunft/ und wer/ wie GOtt gebohrn/ Jhm zu ergrbeln denckt/ hat Witz und Furcht verlohrn. 350 Furcht] Frucht A Furcht A(Errata)BC frucht Ms768 3 23 Der] die Ms768 324 eiſernem] eiſernen C 331 dem] den CMs768 333 nimmt] nimpt Ms768 337 ſein] ein Ms768 339 in] im BC 342 Sprßling] sprßlein Ms768 348 Geheimns] Geheimniß C geheimniß Ms768 349 gebohrn] gebohren Ms768 350 verlohrn] verlohren Ms768



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Himmel-Schlüssel263

GOtt/ GOtt des Vatern Sohn von Ewigkeit gezeuget/ Der GOtt war fr der Zeit/ komm’t als die Zeit ſich neiget Zum End’/ in Zeit und Welt. GOtt Vater aber nicht/ Der doch mit ihm ein GOtt/ ein Weſen iſt/ ein Licht. Hier welckt Verſtand und Witz! kein Auge kan nicht ſehen/ Kein Menſch begreiffet nicht/ was fr der Zeit geſchehen Was lngſt fr der Natur/ fr Witz und Menſchen war. Doch iſt der Glaube noch ein einig Mittel dar/ Der faſt: daß der hier iſt gebohren in den Zeitten/ Als Menſch nicht ſey gezeugt/ als Gott von Ewigkeiten Gezeugt/ nicht ſey gebohrn/ und doch ſo alt/ und dis/ Was der iſt/ der ihn zeugt’. O groſſes Finſternß Dem Menſchen/ der Natur! O groſſes Licht dem Glauben! Wir knnen uns noch nicht recht ins Gehirne ſchrauben !19" Die Menſchliche Geburth: doch ſteht dem Glauben frey Zuſchaun/ wie Gottes Sohn ein Sohn des Menſchen ſey; Die Menſchheit iſt vermiſcht mit ſeiner Gottheit Glantze. Er iſt ein gantzer GOtt/ ein gantzer Menſch/ das Gantze Des Heylands aber iſt nicht Gott und Menſch allein; Er hllt als Menſch die Gott- als Gott die Menſchheit ein. Daß keine Mutter ihn als GOtt/ ie hat geſuget/ Beſtrckt die Gottheit ihm. Die Menſchheit wird bezeuget: * Daß/ wie der erſte Menſch/ er keinen Vater zwar Doch eine Mutter hat/ die ihn als Menſch gebahr. *

Adam hat die Erde zur Mutter gehabt. Woraus die Hiſtorici muthmaſſen: daß der Sineſer ſo genennter erſter Knig Fohi von welchem ſie ſagen: daß er von einer Mutter ohne Vater gebohren worden/ eben unſer Adam ſey; maſſen beyderſeits auch die Jahrs-Rechnung eintrifft. Hornius Arca Noæ. pag. 143.

3 62 ihn zeugt’] ihm zeugt ABC ihn zeugt Ms768 3 63 Glauben] Glaube A Glauben BC glauben Ms768 3 51 Vatern] vatters Ms768 3 52 fr] vor C  komm’t] kompt Ms768 3 59 faſt] faß’t B faßt C 3 61 gebohrn] gebohren Ms768 3 62 Finſternß] Finſterniß C finſterniß Ms768 3 69 und] nicht Ms768 3 71–374  Daß keine Mutter … als Menſch gebahr] fehlt Ms768 3 73 Fußnote, Z. 2 welchem] welchen C

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Der ohne Urſach iſt/ kommt von dem Thron auf Erden Aus Urſach: daß der Menſch ein Kind des Hchſten werden/ Auf Thron und Ewigkeit im Himmel kommen kan/ So bethe denn/ ô Menſch nur dis Geheimns an! Demthige dein Hertz/ ſchlag deine Augenlieder Fr Strahl- und Majeſtt der hohen Gottheit nieder! Wirf allen Frwitz weg: daß dieſes groſſe Licht Des Glaubens glimmend Tacht ja gantz verdſtre nicht. !20" Hll Aug’ und Antlitz ein: daß du nicht gar verblindeſt! Auf! tritt herab von Gott: daß du den Heyland findeſt. Nimm ſeiner Niedrigkeit mit tieffer Demuth wahr! Wie ſich der Herr als Knecht/ GOtt als ein Menſch ſtellt dar; Wie der unſichtbar iſt/ ein Ziel der Augen werde; Wie ſich die Menſchen Gott/ der Himmel ſich der Erde/ Die armen Sterblichen der Ewigkeit vermhln/ Wenn ſie den Knig ſehn des Bettlers Kleid erwehln; Wie Gottes Herrligkeit/ (die ſelbſt die Seraphinen Die Engel anzuſchaun nicht dorften ſich erkhnen/ Fr deſſen Antlitz ſich der Berge Grund erſchellt/ Die Laſt der Erde bebt/) ſich niedrigt in der Welt/ Und dis wird/ was wir ſind/ wir allerrmſten Armen: Daß ſeine Niedrigkeit erhalte durch Erbarmen/ Was ſeine Hoheit ſchuff; wie GOtt/ der doch ſo groß/ Daß ihn die Welt nicht faßt/ Raum hat in einer Schooß. O mehr als groſſer Tag! Tag voller Heil und Wonne/ Der Dunſt und Nacht vertilgt. Denn unſrer Seelen Sonne Geht auf in ihm und unß; Ja heute ſtirbt der Todt/ Das Leben iſt gebohrn. Jtzt regnet’s Himmel-Brod;

3 75 iſt/ kommt] war, kompt Ms768 378 Geheimns] Geheimniß C 382 Tacht] docht Ms768 389 vermhln] vermhlen Ms768 390 erwehln] erwehlen Ms768 392 dorften] durfften Ms768 395 allerrmſten] aller rmſte Ms768 396 erhalte] erhellte Ms768 398 ihn] ihm C 400 unſrer] unſer Ms768 402 Jtzt regnet’s Himmel-Brod] Jetzt regnet himmels brodt Ms768



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Himmel-Schlüssel265

Man ſiht die Himmel Heil/ die Wolcken Freude thauen; Wer dieſes Manna ſchmeckt/ der kan den Tod nicht ſchauen. * Dis: daß Pherecydes die Seel unſterblich hlt/ Weiß itzt iedwedes Kind/ es glaubts die groſſe Welt/ !21" So daß Aſſyrien nicht nur Amomum trget/ Und dieſe Seelen-Frucht itzt berall außſchlget. Des Japhets Kinder kehrn in Sems Gezelten ein/ Ja Kedars Htte kriegt des Berges Zion Schein. Des Tempels Vorhof darf nicht mehr die armen Heyden/ Nun GOtt das Heyligthum erfnet/ unterſcheiden. Die Bilder haben aus/ die Wahrheit kommt an Tag; Der Heyland iſt der Weg/ wer iſt der irren mag? Dis iſt der helle Tag/ der nie ſein Licht verlieret/ Der keinen Abend hat/ der alle neu gebieret/ Mit dem die Zeit ſich ſchleußt/ die Ewigkeit fngt an/ Da/ daß der Menſch aus GOtt gebohren werden kan/ GOtt wird ein Menſch gebohrn. Wie groß war GOttes Milde: Daß GOtt den Menſchen ſchuff zu ſeinem Ebenbilde; Noch grſſer iſt die Hold: daß GOtt des Menſchen Stand Und Ebenbild nimmt an. GOtt ſchuff aus Erd’ und Sand Den Menſchen/ itzt wird Gott dis/ was er ſelber machte/ Daß er dis/ was er ſchuff/ aus dem Verterben brachte.

*

Pherecydes des Pythagoræ Lehrmeiſter/ welcher ein Syrer ge!21"weſt/ Euſeb.1. 10. προπ. c. 2. oder auch gar von Juden entſproſſen/ Ambroſ. lib. Epiſt. 6. hat zum erſten in Grichenland die Unſterblichkeit der Seelen gelehret. Dahero viel des Virgilii in Ecl.4. aus den Sibylliniſchen Oraculis genommene: Aſſyrium vulgò naſcetur Amomum derogeſtalt auf Chriſti Ankunft deuten: daß dieſes Syrers heilſame Lehre ſo denn in der gantzen Welt gemein ſeyn wrde. Horn.Hiſt.Phil. 1. 5. c. 1.

4 05 Fußnote, Z. 1 *] fehlt A * BC  Z. 6 wrde.] wrde A wrde. BC 4 05–412 Dis: daß Pherecydes … erfnet/ unterſcheiden] fehlt Ms768 4 05 Fußnote, Z. 1 Euſeb. l. 10.] Euſeb. 10. BC  Z. 4 genommene] genommen C  Z. 5 derogeſtalt] dergeſtalt C 413 Bilder] lgen Ms768  kommt] kompt Ms768 418 Da] ja Ms768 4 20 ſeinem] ſeinen C 4 23 itzt] Jetzt Ms768  dis] das Ms768 4 24 Verterben] Verderben C

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O freudenreicher Tag! an dem die Lahmen gehn/ Die Blinden lernen ſehn/ die Todten auferſtehn/ !22" An dem man Tauben hrn/ die Stummen reden hret/ Weil Gott der Herr das Wortt ſie ſelber reden lehret. Da Gottes Allmacht ſich erniedriget ſo gar: Daß der ein Bruder wird/ der Herr und Vater war. O ewig-heller Tag! da Gott das Licht der Heyden/ Die Sonne/ die von unß nie Nacht und Wolcken ſcheiden/ Der fr dem Tage war/ den erſten Tag gemacht Zu uns kmmt in die Welt/ in unſers Elends Nacht. Gebenedeyter Tag! da Abrahams ſein Segen/ Der doch mit Iſaac ſchon in Sarens Schooß gelegen/ Erſt recht zu Krften kommt. ô Tag! den Iſaac ſchon Sah/ als er nichts mehr ſah/ auch ſelbſt nicht ſeinen Sohn; An dem die Leiter wird/ die von der Erde trget Bis in des Hchſten Schoos/ an Himmel angeleget/ Die Jacob ſchon im Traum und Schatten hat erblickt; Da uns GOtt auf die Welt den Feuer-Wagen ſchickt/ Auf dem Elias iſt ins Paradis gefahren; Da Trepf und Weg zu Gott/ die vor unwegbar waren/ Uns Menſchen wird gebhnt/ ja Menſch und Fleiſch erhht/ Nun Sonn’ und Gott mit uns in einem Zirckel geht. Komm Menſch zu GOtt/ doch du muſt durch den Menſchen kom[men; Denn beydes hat nunmehr der Heyland angenommen/ Daß beydes wiederumb noch mehr vereinbart ſey/ Als eh das erſte Band die Schlange biß entzwey; Der Heyland der mit GOtt dem Vater iſt ein Weſen/ Ein Eines/ und ein GOtt/ hat ihm aus Lieb’ erleſen/ !23" Auch mit uns Sterblichen ein Menſch/ ein Ding zuſeyn:

4 27 Tauben] taube Ms768 430 der Herr] ſo Herr Ms768 431 mit Einzug Ms768 432 nie] die BC heiſt Ms768 434 kmmt] kombt Ms768  die] der BC  unſers] unſer Ms768 437 kommt] kompt Ms768 441 im] in C 444 Trepf] tritt Ms768 446 einem] einen C 449 wiederumb] wiederum C



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Himmel-Schlüssel267

Daß Schpfer und Geſchpf geh in ein Bndns ein/ Die Menſchen und die Schaar der Engel eine Heerde/ Der Heyland zwiſchen GOtt und Menſch ein Mittler werde. So kommt ihr Seelen! denn/ rhrt euren Schpfer an/ Weil ihn die Hand itzt fhln/ das Auge ſehen kan/ Empfangt mit tauſend Luſt/ zur Geiſſel eures Herren Den/ durch den er das Thor des Friedens auf lßt ſperren/ Den Stifter eures Heils! Er kommt ja weiter her Zu dir/ als Erd und Pful und der geſtirnte Beer Vonſammen ſind gegrntzt/ den flchtigen zufinden/ Den Feind zu lieben ein. Er lßt ſein Anſehn ſchwinden/ Dir ehnlicher zu ſeyn/ und gleichwol bleibt er GOtt/ Wormit er mchtig ſey zu dmpfen Snd und Tod. Ach ſo empfang ihn doch/ umbarm’ ihn/ liebe Seele! Erfn’ ihm zum Gemach des reinen Hertzens Hle/ Der kranck iſt von der Brunſt/ und gantz fr Liebe brennt/ Sich deinen Brutigam/ dich ſeine Taube nennt; Der als ein Bruder ſaugt an deiner Mutter Brſten/ Der fr Begierde lchſt/ und matt iſt vom Gelſten Nach deiner Gegen-Gunſt; der von der Unſchuld weiß/ Von ſeiner Liebe roth/ von ſeiner Hold iſt heiß. Sein Haupt iſt feinſtes Gold/ doch giebt es ſſſe Kſſe

4 72 vom] von AMs768 vom A(Errata)BC 4 54 Schpfer] Schpffers C  Bndns] Bndniß C bndniß Ms768 4 58 ihn] fehlt Ms768  itzt] jetzt noch Ms768 4 59 Geiſſel] Geſſel BC 4 60 Den/ durch den er] durch den er auch Ms768  Friedens] freudens Ms768 4 61 kommt] kombt Ms768 4 62 und der] als der Ms768 4 64 Den] dem Ms768 4 65 ehnlicher] hnlicher CMs768 4 66 Wormit] womit Ms768 4 67 kein Einzug Ms768  Ach ſo empfang] Alſo umbfang Ms768  Ach] Auch B  umb­ arm’] umarm C 4 69 fr] von Ms768 4 71 ſaugt] ſugt Ms768 4 72 fr Begierde] von begierden Ms768 4 73 Gegen-Gunſt] Gegen-Gnnſt B

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Blumen

Dir/ der du Erde biſt/ verſchmeht nicht deine Fſſe/ Die nichts als Schwmme ſind: Ja der des Mangels ſich Nicht zuentbrechen weiß/ erkwickt mit Blumen dich/ !24" Labt dein verſchmachtend Hertz mit Aepfeln ſeiner Gtte. Auf Seele! fhr’ ihn doch in deine Andachts-Htte/ Er klopffet bey dir an/ rufft Schweſter dir und Braut/ Sein Haar iſt tropfennaß/ ſein Haupt durchaus bethaut Von Thrnen dieſer Nacht. Der unter Roſen weidet/ Legt in die Diſteln ſich nackt/ elend/ arm/ entkleidet/ Ja ſeine Mutter ſetzt Jhm auf den Dornen-Krantz Am Tage/ da das Fleiſch und ſeiner Gottheit Glantz Zuſammen Hochzeit macht/ da Fleiſch und Erde hher Als Geiſt und Engel klimmt. Jhr ſtolzen Phariſeer Bleibt aber fr der Thr’ als Hunde weit entfernt/ Die ihr den Setzer nicht mit dem Geſetze lernt! Der Teuffel mſſe ſelbſt an Stirn und Antlitz pregen Dem Lgner Arrius/ was er zu lſtern pflegen: Es war zur Zeit die Zeit/ da Chriſtus noch nicht war. Denn/ wenn iſt nicht geweſt/ der ſelbſt die Zeit gebahr/ Der mit dem Vater ſchuf den Anfang aller Dinge? Jm Anfang war das Wortt. Samoſatenus bringe Fuß/ Wahn und Ketzerey zu unſer Andacht nicht/ Der Gottes Mutter Ehr und Jungfrauſchafft abſpricht/ Jhm ſeine Gottheit ſtielt/ das Wortt zu einem Schalle/ Der bald vergehn ſoll/ macht. Neſtor der Schwermer falle Jn Helle/ Fluch und Flucht/ der die Naturen trennt Und den Gebohrnen nicht fr Gottes Sohn erkennt.

4 85 Jhm] ihn A Jhm A(Errata) ihm BC 498 Gottes Mutter] GottesMutter A Gottes Mutter BC 500 vergehn] vergehen A vergehn A(Errata)BC 4 76 verſchmeht] verſchmht C 477–500  Die nichts als Schwmme … der Schwermer falle] fehlt Ms768 487 Erde] Crde B 488 Phariſeer] Phariſer C 493 Es war] Es wr C 501 Helle] Hlle BC  Flucht] fluth Ms768 502 fr] vor Ms768



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Himmel-Schlüssel269

Daß Ebio den Geiſt mit ſeinem Fluch ausſchtte! Wenn er Gott unſern Herrn aus Mnnlichem Gebltte !25" Gezeuget wiſſen wil. Man werffe Schwarm und Fleck Des thrchten Marcion von Glaub’ und Tempeln weg/ Der Menſchheit/ Fleiſch und Blutt des Menſchen Sohne raubet/ Daß er nach der Geburth nichts mehr/ als vor ſey/ glaubet. Die Wahrheit hat mit Trum’ und Lgen nichts gemein. Umb einen reinen Gott muß reiner Glaube ſeyn. Jhr Seelen aber ihr/ die ihr Gott rein erkennet/ Jn euer Andachts-Glutt kein falſches Opffer brennet/ Frolockt: daß ihr itzt den/ den eure Seele liebt Den/ der euch ihm zeucht nach/ euch Milch und Honig gibt/ Daß ihr den Salomon den Brutigam habt funden/ Der als ein Siegel euch hat auf ſein Hertz gebunden/ Der euer Hupt mit Oel und Balſam berhuft; Den/ deſſen Liebe nicht ein Waſſerſtrom erſuft/ Die ſtarck iſt wie der Tod/ und feſter als die Helle; Daß ihr den Eckſtein kieſt zu einer Himmels-Schwelle/ Zur Pforte/ durch die ihr ins Paradis kommt hin. Umbarmt als Brder doch den Himmels-Benjamin/ Den Enckel Abrahams/ den er doch Vater heiſſet/ Und doch ſein Knecht zuſeyn im Glauben ſich befleiſſet; Der eh’ als Abraham/ als Anfang/ Welt und Zeit Und ſein Geburthstag war. Ja deſſen Herrligkeit Und Stern ſchon Bileam aus Jacob auf ſah gehen/ Eh ihn die Weiſen ſahn am gldnen Himmel ſtehen.

503 Ebio] Elio Ms768 5 04 Herrn] herren Ms768 5 05 Schwarm] Schwam C 5 06 Marcion] Marcio Ms768  Tempeln] tempel Ms768 510 Umb] Um C 511 kein Einzug Ms768 512 euer] eurer Ms768 513 itzt] jetzt Ms768  den eure] der eure Ms768 514 euch Milch] auch Milch Ms768 515 Salomon] Salamo Ms768  Brutigam] Brutgam C  funden] gefunden BC 519 Helle] Hlle BC 5 21 kommt] kompt Ms768 5 22 Umbarmt] Umarmt C  als Brder] den bruder Ms768

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Auf! Seelen/ tretet doch zum Heyland mehr herbey/ Und ſchaut wie niedrig er/ wie klein er worden ſey/ !26" Der hher als die Stern’/ und tieffer als die Erde/ Wie er in Nacht und Froſt ſo klglich ſich gebehrde/ Wie ſich ſein Antlitz wlckt/ ſein Auge Thrnen-Flutt Nur uns zu Liebe thaut/ das einen Strom voll Blut Bald von ſich regnen wird. Jhm mangeln Bett und Wiegen; So muß der Himmels-Frſt in einer Krippe liegen! Man hllt in Lumpen ihn/ weil hier nicht Windeln sind; Der/ der die Ewigkeit geſchaffen/ wird ein Kind. GOtt der Propheten Mund/ das Wortt/ lernt hir erſt lallen/ Die Weißheit Gottes wird uns Thrchten zu Gefallen Zur Einfalt/ deſſen Sprach’ ein Blitz/ ein Donnerſchlag/ Das Antlitz Feuer war/ fr dem die Welt erſchrack/ Die Felſen zitterten/ als er auf zweyen Steinen Uns ſein Geſetze gab/ zeigt itzt uns halb mit weinen Und winſelndem Geſchrey/ halb lchelnd ſein Geſicht’/ Und niemand/ den er grſt mit Friede/ danckt ihm nicht; Dort dorfte ſich kein Menſch bey Straffe ſeines Leben/ Hier/ da das Leben wird den Kommenden gegeben/ Wil niemand nhern ſich; da/ wie viel Menſchen ſeyn/ Ja ſolten Haupt und Haar und Antlitz ſchern ein/ Jn Scke ſich verhlln/ ein hren Kleid anziehen/ Jm Stalle bey der Kripp/ auf Staub’ und Miſte knien/ Sich ſchlagen auf die Bruſt/ ihm Thrnen opfern dar; Weil er zu Bethlehem ſo groß iſt/ als er war Aufs gehen Sinai umbwlckten Felſ’ und Klippen.

531 hher] hcher A hher A(Errata)BCMs768  Stern’/ und] Stern/ und’ AB Stern/ und C ſtern, und Ms768 5 30 er worden] der worden Ms768 534 zu] zur CMs768  thaut] thut Ms768  einen] bald ein Ms768 535 Jhm mangeln] Jm Mangel Ms768 536 der] des C 542 Das] deß Ms768 544 zeigt] zeugt C  itzt uns] vns jetzt Ms768 549 niemand] niemvnd B 552 auf] im Ms768 555 gehen] ghen BC gnehen Ms768  umbwlckten] umwlckten C



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Himmel-Schlüssel271

Denn liegt der groſſe Gott gleich nur in einer Krippen/ So ſind die Engel doch zudienen ihm bemht/ Und ſingen ihm zu Lob ein ſſſes Wiegen-Lied/ !27" Wie vor umb ſeinen Thron. Er herberg’t in der Htte; Doch theilt er ſeinen Glantz den Morgenlndern mitte/ Man ſieht die Gottheit nicht dem armen Knaben an/ Doch iſt der Sternen Heer dar/ das ſie zeugen kan. Die Mutter aber iſt hier auch recht zubeſehen/ Als ein nicht kleines theil des Wunders/ das geſchehen/ Die keuſch an Leib und Seel’/ und aller Brnſte frey/ Wie ſie ja Jungfrau noch und gleichwol Mutter ſey/ Sich ſelber nicht begreift; die der ſo ſchne Knabe Erſt lehrt: daß GOttes Geiſt ſie ſelbſt geſchwngert habe; Daß/ wie ihr Gabriel ihr Freyman wahrgeſagt/ Von einer Jungfrau Gott/ der Herr von ſeiner Magd/ Der Schpfer vom Geſchpf’/ ihr Vater von dem Kinde Gebohren werden wrd’/ im Wercke ſich befinde/ Wie David Jnger ſey/ ja Adam nicht ſo alt/ Als ihr gebohrner Sohn. Sie lernt itzt/ was Geſtalt Sie ſich unwiſſend oft hab’ in der Schrift geleſen: Daß eine Jungfrau werd’ ein holdes Kind geneſen. Doch wil ſie Mutter auch Hebamm’ und Amme ſeyn: Daß ihren Keuſchheits-Brunn den Leib der fr ſich rein Und noch mehr reiner wird von ſo ſehr reinem Gaſte/ Nicht eine ſchnde Hand kein ſndig Fleiſch betaſte/ Kein fleckicht Arm rhr’ an. Aus ihren Augen rinnt/ Weil ihr nicht rein genug die Muſchel-Tchter ſind/

5 61 ſieht] ſicht A ſieht A(Errata)C ſih’t B ſicht verb. aus ſiht Ms768 5 71 vom] von AB vom CMs768 5 59 umb] um C 5 60 Morgenlndern] Morgenlnder C 5 62 zeugen] zeigen Ms768 5 72 wrd’] wird Ms768 5 74 Sie] die Ms768  itzt] jetzt Ms768 5 75 geleſen] beleſen Ms768 5 80 ſchnde] ſchde C 5 82 genug] genung Ms768

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Blumen

Der milden Thrnen Thau/ als Zeichen ihrer Freude/ Wie Perlen auf die Schoos/ die Purper/ Gold und Seide !28" Nicht werth ſind einzuhlln; bald aber/ wenn ſie ſieht Sich Mutter/ frbt der Zucht und Keuſchheit Purper-Blth Jhr Himmliſch Antlitz an/ bald wird’s vom Regenbogen Verſchmter Jungfrauſchafft/ der Schamrth/ berzogen. Bald/ wenn ihr holder Blick ſich nicht enteuſern kan Jhr Engel ſchnes Kind beſtrtzt zu ſehen an/ Die nichts nicht keuſches nie zu ſehn ſich ließ gelſten/ So wallt das Mutterhertz in ihren zarten Brſten/ Die keine geile Hand der Mnner hat befhlt/ Darmit des Himmels Herr der Erde Schpfer ſpielt/ Daraus der/ der uns nehrt/ muß Milch und Nahrung ſaugen/ Milch/ die zur Artzney kan frs Gift des Apfels taugen/ Daran ihr Eve aaß den Tod; Milch die die Gunſt Des Himmels hat gezeugt/ nicht lſt’re Weiber-Brunſt. Bald giebt ihr Heyland ihr die zucker-ſſſen Blicke/ Als Brgen ſeiner Lieb/ als Pfand der Hold zurcke/ Die ſie/ die auf der Welt in nichts verliebt kan ſeyn/ Theils ihrer Jungfrauſchaft/ theils auf ihr Kind theilt ein. Weicht demnach weg von hier ihr unverſchmten Weiber! Jhr geilen Delilen! die ihr die ſchnden Leiber Die Gott gewiedmet ſind/ durch bſe Brunſt entweyht/ Und die ihr zchtig nicht auch auſſer Unzucht ſeyd/

5 85 einzuhlln] einzuflln ABC ein zuhlln Ms768 588 Jungfrauſchafft/ der Schamrth/] Jungfrauſchafft der Schamrth ABCMs768 589 Blick] Blick/ ABC 584 Purper] purpur Ms768 586 Purper-Blth] Purpur blth Ms768 587 wird’s] wird Ms768 590 Engel ſchnes] Engeliſches Ms768 591 nie] je Ms768 592 wallt] wolt Ms768 594 Darmit] damit Ms768 597 Eve] Eva Ms768 598 lſt’re] lſtern Ms768 601 die] welch Ms768 603 kein Einzug Ms768  unverſchmten] vnverſchmbten Ms768



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Himmel-Schlüssel273

Die ihr das Antlitz ſchminckt/ und abwigt eure Tritte/ Durch eure Blick entdeckt den Kitzel im Gemtte/ !29" Durch die entblſten Brſt’/ als ein liebreitzend Theil/ Den Brnſten Oel flſt ein/ die Leiber bittet feil! Die fr dem Ehſtand’ ihr des Ehſtand’s Vorſchmack ſchmecket/ Die ihr/ wenn ihr den Leib gleich fleiſchlich nicht beflecket/ Euch in Gedancken ſelbſt die Jungfrauſchaft abmeih’t/ Jm Hertzen auf einmal ſo Hur’ als Hurer ſeyd Durch innerliche Brunſt; Weicht/ ſag ich/ weit von hinnen! Denn Pfitzen taugen nicht/ wo helle Brunnen rinnen. Weil GOtt und Licht’ nicht hat Gemeinſchaft mit der Nacht/ Jhr aber mit Geſpenſt und Teuffeln Hochzeit macht/ Der ſeit er Anfang euch durch Even hat verfhret/ Euch itzt noch immer buhlt. Dem/ ihr Verdammten/ zieret Jhr Leib und Antlitz aus/ und heiſcht zum Brutigam Den/ der den Brautſchatz euch der erſten Unſchuld nam; Hier liegt die keuſche Braut/ die/ da ſie ſchon gebohren Selbſt ihren Ehſchatz hatt’/ als Jungfrau nichts verlohren Von ihrer Keuſchheit hat/ die Gott vielmal empfieng Jm Hertzen/ eh ihr Leib mit Gotte ſchwanger gieng; Die eh ſie in den Arm den Heyland hat geſchloſſen/ Viel mehr als Mutter-Lib’ auf ihn hat ausgegoſſen; Die/ welcher Auge nie nichts geiles angeblickt/ Liebreitzend auf ihr Kind die Glaubens-Augen ſchickt !30" 6 15 ich/] ich ABCMs768 6 20 Dem/] Dem A dem/ A(Errata) Den BC den Ms768 6 24 hatt’/] hatt’ A hatt’/ B hat/ C hat Ms768 6 28 Viel mehr] Vielmehr ABC Viel mehr Ms768 6 08 Kitzel] Ktzel Ms768 610 Brnſten] Brſten B 611 fr dem] vor den Ms768 612 den] denn Ms768 614 als] und Ms768 616 Pfitzen] Pftzen C pftzen Ms768 618 Teuffeln] Teuffel Ms768 619 Anfang] Anfangs C anfangs Ms768 6 20 itzt] jetzt Ms768 6 21 heiſcht] heuſcht Ms768 6 25 hat] zart Ms768

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Und aller Brnſte frey von Himmels-Brunſt erwarmet; Die ihren Schpfer kßt/ die keinen Mann umbarmet; Die in den Himmel nur zu blicken iſt bemht/ Auf ihrer Schoos den Herrn des Himmels ſpielen ſieht. Jhr Jungfraun aber kommt/ kommt/ nhert Hertz und Tritte! Und die ihr Mtter ſeyd/ doch Jungfraun in Gemtte Nach dem Gebehren bleibt/ ſucht die Kindbetterin Jn Lieb’ und Glauben heim! trett zu der Mutter hin Bey der ſich fruchtbar ſeyn und Jungfrauſchaft vermhlet/ Der es an Mnner-Luſt/ doch nicht an Milche fehlet! Denn ihren Brſten gibt die Keuſchheit ſelber Saft/ Und dis ihr Kind hier iſt ein Kind der Jungfrauſchaft. Kommt! werdet ihr nun hier dis Wunder glubig ſehen/ Wird auch in eurer Seel’ ein Wunderwerck geſchehen: Denn GOtt der Heyland wird ſelbſt in ihr ziehen ein/ Wird euer Hertze keuſch/ die Andacht feurig ſeyn. !31"

2.

Leitung der Vernunfft Zu der ewigen Zeugung und Menſchwerdung des Sohns GOttes. VErnunfft/ du blinde Magd/ gieb willig dich gefangen/ Laß dir das Glaubens-Licht ſo Frau/ als Leitſtern ſeyn; Der Einfalt iſt ein Licht vom Himmel aufgegangen/ 6 34 Herrn] Heren A Herrn BC herrn Ms768 640 es an] es am AB es an A(Errata)CMs768 644 Wird] Wir A wird A(Errata)Ms768 Wird BC 632 umbarmet] umarmet C 635 kein Einzug Ms768  kommt/ kommt] kompt, kompt Ms768 636 in] im B 642 dis] das Ms768 643 Kommt] kompt Ms768  nun] nur Ms768 vor 1  Sohns] Sohnes C



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Himmel-Schlüssel275

Drumb ſtellt ihr Weiſen nur ſpitzfinnig Grbeln ein: Ob Gott ein Menſch/ der Herr ein Kind und Sklave werden? Ob eine Mutter ſeyn und Jungfrau bleiben kan? Verſteh’ſtu doch nicht recht Geheimnſſe der Erden/ Die Wunder der Natur ſchielſtu verdſtert an. Kein Adler darf zuſehn in ſolch ein Licht ſich trauen/ Und du Nacht-Eule wilſt ins Lichtes Uhrſprung ſehn? Der Gottheit tieffes Meer erſchpfen und durchſchauen/ Laß ins Gedancken-Tuch nicht ſolchen Hochmuth wehn. Dis was ein Sonnen-Staub iſt gegen das Geſtirne/ Was gegen’s groſſe Meer ein Tropfen Anſehns hat; Dis iſt auch gegen Gott der Sterblichen Gehirne/ Der Klgſten Weißheit iſt fr ihm ein alber Rath. Kanſt aber du dich ja der Feſſel nicht entbrechen/ Und hengt ein Klumpen Bley der Seele Flgeln an/ Wil eiteler Verſtand ja bern Himmel ſprechen/ Und ſol dem irrdiſchen Gott werden unterthan; So raffe die Vernunft vernnftiger zuſammen/ So wird ſie dennoch dir ein Licht zum Glauben ſeyn/ !32" Das zwar der Sonne ſich nicht gleicht und ihren Flammen/ Doch das die Nacht erhellt/ wie halber Mondenſchein; Sie wird/ daß Gott die Welt aus Nichts gemacht/ dir sagen; Denn ewig iſt ſie nicht/ ſonſt were ſie ſelbſt GOtt. Jſt ſie denn nicht aus Nichts/ wird die Vernunft ſelbſt fragen: Was GOtt fr andern Zeug gehabt/ als ſein Geboth? Da GOtt nun kont’ aus Nichts die Welt und Alles bauen/ Solt’ er nicht was aus ſich zu zeugen haben Macht? Da wir den Menſchen nicht nur Schlſſer auffhrn ſchauen; Auch ſeines Gleichen wird durch ihn ans Licht gebracht. Sol GOtt nun ſchwcher ſeyn? Zwar baun/ nicht zeugen knnen? Das knnen aber iſt bey GOtt ſchon Werck und That. Solln wir ihm’s Baumanns Lob/ des Vaters Ruhm nicht gnnen/ Die er aus Erde ja gemacht zu Kindern hat? 4 5 7 8 18 2 6

Drumb] Drum C werden] werde BC Geheimnſſe] Geheimniſſe C ſchielſtu] ſchielſt du C hengt] hegt B were] wre C

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Daß GOtt/ ob er in ſich gleich ſttigt und vergnget/ Doch die Gemeinſchafft liebt/ zeugt Kirch und Engel an; So glaubt ja nicht: daß der/ der/ was er wil/ ſtracks krieget/ Fr’n Geiſtern einſamlich gelebet haben kan. Auch iſts ein edler Werck aus ſich und ſeines Gleichen/ Als was geringeres aus ſchlechtem Nichts gebehrn; Was aber die Vernunft nur edles kan erreichen/ Das muß ſie GOtt traun zu: daß er es kan gewehrn. Kan GOtt nun/ ſo wil er aus ſich was Gleiches zeugen; Und ſo kan/ was er zeugt/ nichts anders ſeyn/ als GOtt: Sonſt wrde Gott ſich ſelbſt von ſeiner Allmacht neigen/ Sein Knnen kleiner ſeyn/ als Wollen und Geboth. !33" Weil Gott nun ewig iſt/ ſo ſind die Ewigkeiten Auch des Gezeugten Ziel/ ſonſt wer’ er Gott nicht gleich: So muß nun ſeinen Sohn Unendligkeit begleiten/ Sonſt liebt’ ihn Gott nicht recht/ und gnnt’ ihm nicht ſein Reich. Dis wrde wieder Gott und ſeine Gtte kmpfen/ Die Menſchen wrden es im Zeugen Gott thun fr/ Gott wrde ſelbſt zum Theil ſein groß Vergngen dmpfen/ Denn Liebe ſuchet Luſt an ihres gleichen ihr. Gott kan was kleineres nicht/ wie ſich ſelber/ lieben; Was ſchlechters kan auch Gott nicht ſattſam haben lieb. Gott wird auch von ſich ſelbſt zum Geben ſtets getrieben; Denn Geben und Thun wol iſt ein recht Gttlich Trieb. Ja allem/ dem er giebt/ giebt er auch Kraft zu geben; Die Pflantzen bringen Frucht/ die Sterne geben Licht; Hat Gott vergnglich Werck nun wollen ſo erheben/ Was ſolt’ er dem/ den er aus ſich zeugt/ geben nicht? Hat ſeine Gleichheit nun kein Menſch von Gott genoſſen/ Muß er iemanden ſonſt ſie haben beygelegt; Denn was vollkommen gutt/ bleibt nicht in ſich verſchloſſen/ Und Gott/ die Gtte hat nie Sparſamkeit gehegt.

39 wil/] wil AB will C 3 8 46 51 62

zeugt] zeigt C er zeugt] erzeugt C Unendligkeit] Unendlichkeit C Sterne] Sternen BC



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Himmel-Schlüssel277

Weil GOttes Weſen auch iſt einfach unzertrennlich/ Und ſein gezeugter Sohn im Zeuger ewig bleibt; So giebt ja Gott ihm ſelbſt/ und liebt ſich unverbrennlich/ Wenn er dem Sohne giebt/ worzu die Lieb’ ihn treibt. Wie ſolte Gott ihm ſelbſt nun einig Stckwerck geben? Der alles iſt/ und hat/ muß alles theilen aus. Der gleiche Nehmer kan nichts wenigers erheben/ Als was der Geber hat/ ſein Weſen/ Reich und Hauß. !34" Wiewol das Geben nun vom Nehmen unterſchieden/ Sind Geb- und Nehmer doch ein Weſen/ eine Macht/ Ein Urſprung und ein GOtt voll Weißheit/ Eintracht/ Frieden/ Denn Gott hat von ſich ſelbſt in ſich den Sohn gebracht. Kanſtu’s begreiffen nicht/ Vernunft? ſo ſchwing’ die Flgel Zur Sonne/ die ihm Gott zum Schatten hat erkieſt. Sie zeugt das Licht in ſich/ und wird ihr eigen Spiegel; Nun lerne: daß auch GOtt ein Licht und fruchtbar iſt. Vernunft geh’ in dich ſelbſt; du zeugeſt die Gedancken/ Und der Gedancke bleibt doch inner der Vernunft. So darf Gott auſer Gott kein Weſen/ keine Schrancken/ Die Gottheits-Zeugung iſt der Gottheit Wiederkunft. Vernunft/ verblinde nicht fr dieſem neuen Schimmer. Du weiſt ja: daß der Brunn den Fluß zeugt/ der das Meer; Doch fehlt den Brunnen es an keinem Waſſer nimmer/ Denn aus dem Meere rhrt die Flutt der Brunnen her. Dergleichen Zirckel hegt Flutt/ Dnſte/ Wolck’ und Regen/ Wie ſolte der/ den Gott gezeugt/ nicht rege ſeyn? Jſt er dem Zeuger gleich/ muß Fruchtbarkeit und Segen Jhm folgen/ und er auch dem Zeuger was verleihn. Wie der Verſtand gebiehrt in der Vernunft den Willen/ So rhrt ein Drittes noch von Sohn und Vater her; 7 7 vom] von A vom A(Errata)BC 9 4 gezeugt/] gezeugt A gezeugt/ BC 7 0 72 73 8 6 8 7 8 9

Zeuger] Zeugen BC dem] den C nun] nur BC Gedancke] Gedancken BC keine] ohne C verblinde] verblende C  dieſem] dieſen C

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Umb die Vollkommenheit des Zeugens zuerfllen/ Dis iſt der Liebe Geiſt und unerſchpflich Meer. !35" Denn wie ſolln Vater Sohn nicht ſtets einander lieben? Weil alles nun in Gott ſelbſt ſtndig Weſen iſt/ Kan keine Zeugung ihm nicht werden zugeſchrieben/ Die nicht Selbſtſtndigkeit zu ihrer Frucht erkieſt. So muß ſein Lieben nun auch ein ſelbſtſtndig Weſen/ Und Gott der Liebende die Liebe ſelber ſeyn; Die Liebe muß von GOtt zum Bande ſeyn erleſen/ Zu ſchlſſen ihrer drey in einem Weſen ein. Die Liebe liebet GOtt/ der Vater den Gezeugten/ Den Zeuger liebt der Sohn/ die Liebe ſich in Gott. Vernunft! wo klimmſtu hin? Wenn dir die Engel neigten Gleich ihr Verſtndns zu/ ſo liedeſtu doch Noth; Wenn du woltſt unverhllt in dieſe Sonne ſehen/ Jn dis einfache Drey/ in dieſes Gottheits-Meer. Hll’s Aug in Glauben ein! Wie wrde dir geſchehen/ Wenn deine Sorgfalt nicht aus Andacht rhrte her? Fr dem Geheimnſſe ſieht man die Seraphinen Jhr Antlitz decken zu/ nur heilig/ heilig ſchrei’n; Doch kan der arme Mench dir ſelbſt zum Gleichns dienen/ Wo Leben/ fhln/ verſtehn drey/ und doch eines ſeyn. Begreifſtu’s nun/ Vernunft! daß Gott ſey Drey und Eines? Daß Gott zeugt einen Sohn/ und einen Geiſt durch ihn? So nimm’s Geheimns an/ und laß hinfort dir keines/ Was Gottes Wort dich lehrt/ den Sinn in Zweifel ziehn.

120 verſtehn] verſehn A verſtehn A(Errata)B Verſtehn C    99 Umb] Um C 100 Liebe] Leibe B 104 Selbſtſtndigkeit] Selbſtndigkeit BC 105 ſelbſtſtndig] ſelbſtndig BC 108 ſchlſſen] ſchlieſſen C 111 klimmſtu] klimmſt du C 112 Verſtndns] Verſtndniß C  liedeſtu] leideſtu B leideſt du C 117 Geheimnſſe] Geheimniſſe C 119 Gleichns] Gleichniß C 121 Begreifſtu’s] Begreiffſt du’s C 123 Geheimns] Geheimniß C

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Himmel-Schlüssel279

Laß blinden Aberwitz nicht als unmglich ſchelten: Daß Gottes Sohn ein Menſch auf Erden worden ſey. !36" Erleuchtete Vernunft! du lßt als Wahrheit gelten: Daß Gott dem Menſchen legt ſo Leib und Seele bey; So kanſtu gleichfals nicht den Unterſcheid verneinen: Die Seele komme Gott/ der Leib dem Viehe gleich. Erweg’ es: der Verſtand wird dir was Gttlichs ſcheinen/ Der Seele Flgel ſchwingt ſich auf in Gottes Reich. Ja Gott/ der eitel Geiſt/ Verſtndns/ Weißheit/ Gtte/ Hat ſelbſt ſein Ebenbild den Seelen eingepregt/ Und dis theilt er zugleich der Menſchen Leibern mitte/ Wenn er die edle Seel’ in ihren Kercker legt. Lßt das geſchaffne Bild des Schpffers unſre Seele Unfhig ſeyn: daß ſie der Erde ſich vermhlt. Denn nichts nicht wrdigers iſt unſers Krpers Hle. Was hindert/ daß nicht GOtt zur Braut die Seel’ erwehlt? Daß ſein geſchaffen Bild zum ungeſchaffnen ſteige? Daß GOttes Bild und Sohn den Menſchen GOttes Bild Vereinbare mit ſich und ſich zur Erden neige? Weil beydes GOttes Macht und Knnen eines gilt. Jſt Gottes ewig Bild nicht ſeinem Bilde gleicher/ Als unſer Leib der Seel/ und Gottes Bilde Koth? War/ als Gott ſchuff die Welt/ des Schpfers Allmacht reicher/ Als in der Zeit/ da’s Fleiſch vermhlte ſich mit Gott? Vernunft! du haſt verſpielt; der Glaube wird dein Meiſter; Auch zweifle nicht: daß GOtt und Menſch nur eines ſeyn. Ein Gott/ ein Menſch/ nicht zwey Perſonen/ oder Geiſter; Die Seele ſchleuſt den Leib/ die Gottheit beydes ein. !37" Wie? ſchwindelt dir Vernunft? So laß dich Grtner lehren: Daß Stamm und Pfropfreiß zwey/ doch einen Baum nur macht. Verlangſtu aber noch Uhrſachen anzuhren; Warum der Groſſe Gott hat an dis Werck gedacht? 1 27 du] da BC 129 kanſtu] kanſt du C  Unterſcheid] Unterſchied BC 130 dem] den C 133 Verſtndns] Verſtndniß C 134 eingepregt] eingeprgt C 148 da’s] das C 153 dir] die BC 155 Verlangſtu] Verlangſt du C

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Du weißt: daß Menſchen ſind von Gott aus Nichts entſproſſen. Denn welcher Sterblicher kan ſelbſt ſein Schpfer ſeyn? Jſt dieſe Wolthat nun von Gott auf uns gefloſſen: So hat Gott Danck gewollt fr Wolthat ſammlen ein. Wenn Danckbarkeit nun ſol der Wolthat gleiche wiegen/ Gehret alles Gott/ weil Gott uns alles giebt; So kan kein Abgott nichts von Gottes Opfer kriegen/ So muß die Liebe Gott fr allem ſeyn geliebt. Man muß die Erſtlingen ihm unſer Liebe bringen/ Denn Gott iſt’s erſte Ding/ die hchſte Lieb’ und Gutt; Kein ander Brutigam ſol ihn von uns verdringen/ Sonſt hegt die ſchnde Braut des Ehbruchs giftge Glutt. Nun prfe dich/ Vernunft! Menſch/ frage dein Gewiſſen! Ob du dein Hertz haſt ſtets zum Opfer Gott gebracht? Ob du den Schpfer nicht geſtoſſen mit den Fſſen/ Wenn du dich ſelber dir zum Ab-Gott haſt gemacht? Denn der vernichtet Gott/ der ihn nicht einig liebet/ Stßt Gott von ſeinem Stuhl/ und ſetzt ſich ber ihn: Der unſer Zweck ſol ſeyn/ und uns den Anfang giebet; Sucht als ein Todfeind Gott die Herrſchaft zuentziehn. Aus dieſer Liebe wchſt die Wurtzel alles Bſen/ Unwiſſenheit/ Angſt/ Schmach/ Gift/ Snde/ Kranckheit/ Tod; !38" Nichts/ was er liebt/ kan ihn aus dieſer Noth erlſen/ Er ſtrebt zuwerden dis/ aus was ihn machte Gott/ Dis war ein eitel Nichts; Er macht den freyen Willen Zum Knechte der Geſchpf und ſchnder Eitelkeit. Der nun ſein Armuth muß mit Haß und Trauren fllen/ Der Gott haßt und ſich ſelbſt/ der Welt flucht und der Zeit! Auf dieſe Feindſchafft muß nun Gottes Rach’ erherben/ Denn Snd und Straffe ſind ſtets Zwillinge/ Gott recht; Weil Gott unendlich iſt/ die Seelen auch nicht ſterben/ Bedreut unendlich Ach auch den verdammten Knecht.

1 71 mit den] mit dem A mit den BC 186 Zwillinge/] Zwillinge A Zwillinge/ A(Errata)BC 1 61 nun] man BC 183 ſein] ſein’ B



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Himmel-Schlüssel281

Nun muß der erſte Menſch in Abfall ſeyn verfallen/ Sonſt rumten alle nicht ihr Hertz der Boßheit ein/ Des Ungehorſams Gift ſteckt aber in uns allen/ So iſt es einerley Menſch/ bſe/ ſterblich ſeyn. Sol die Gerechtigkeit Gott nun ihr Recht ausben/ Wie es der Menſch verdient und ſein Gerichte wil? So iſt der gantzen Welt ihr Urthel ſchon geſchrieben/ Zernichtung/ ewig Tod iſt aller Menſchen Ziel. Hiermit ſtand es auf dem: daß durch ein ſolch zernichten/ Des Schpfers gantzes Werck zernichtet ſolte ſeyn. Wem ſolten Erd und Meer mehr ſchwanger ſeyn von Frchten/ Wem ſolte Sonn und Stern zuneigen ihren Schein/ Wem ſolten Glutt und Lufft und tauſend Thiere dienen/ Nach dem der Herr der Welt der Menſch zernichtet war? Denn alle Dinge ſind erſchaffen ja nicht ihnen/ Sie mſſen Seel’ und Geiſt dem Menſchen zinſen dar. !39" Solt’ alſo Gott umbſonſt die Welt erſchaffen haben? Dis kommet Gottes Ehr’ und Weißheit allzunah/ Gott htte ſeinen Bau auch ſchon fr lngſt begraben/ Ja niemals nicht gemacht/ weil er den Fall vor ſah; Denn der Allwiſſend iſt/ muß knftig Ding auch wiſſen: Was trieb den Schpfer denn den Bau doch zu vollziehn? Die Noth zufhren aus ſein ſchon gemacht Entſchlſſen; Denn keine Reue kan befallen iemals Jhn. Wie ſol die Schwerigkeit nun werden berwunden; Daß Gott ſo Welt als Menſch/ doch nicht vergebens ſchafft? Des Hchſten Vater-Hertz hat’s Mittel aufgefunden. Daß Gottes heilig Recht nicht bleib’ in Zwang und Hafft/ Und der verdammte Menſch doch nicht zernichtet werde/ Daß er kein Greuel nicht in Gottes Augen ſey/ Daß er ein wrdig Herr des Himmels und der Erde/ Und daß er mache ſich von der Verdamns frey. Die Artzney muß der Gift gerade wiederſtreben/ Die war: daß ſich der Menſch mehr liebete/ denn Gott. So muſte nun den Artzt ein ſolcher Menſch abgeben/ 2 05 umbſonſt] umſonſt C 215 Vater-Hertz] Vaters Hertz BC 2 20 mache] machte BC  Verdamns] Verdammniß C 2 21 der] den C

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Der Gott mehr liebt’/ als ſich. Hier aber gab es Noth So einen lieben Mann/ ſo reine Brunſt zufinden. Auf Erden war er nicht zu hoffen/ noch zu ſchaun/ Denn alle haßten Gott/ und liebten ihre Snden. Doch muſt’ ein Menſch den Fall des Menſchen wieder baun. Wo ſolt’ ein ſolcher Menſch nun hergenommen werden? Gott muſte ſelbſt nur thun/ was Menſch und Fleiſch nicht kan. !40" Drumb muſt’ er ſeinen Sohn nur ſenden auf die Erden/ Die Gottheit laſſen Fleiſch des Menſchen nehmen an/ Vernunft! ſey unverwirrt; dis iſt der Liebe Strcke. Sie ſucht zu wandeln ſich in dieſen/ den ſie liebt. Sie macht aus Zweyen Eins; und hundert Wunderwercke. Drumb zweifle nicht: daß Gott ſich Menſchen ſelber gibt. Es ſehnet Gott der Sohn ſich ſelbſt ins Fleiſch zu hllen/ Wie vor ſein Bild die Seel’ in unſern Leib zoh ein. Er als die Liebe freut als Menſch ſich Gottes Willen Durch Liebe zu vollziehn/ und wil Erlſer ſeyn. Was Gott nun einmal wil/ kan nicht zurcke bleiben/ Drumb lſt ſich Gott der Sohn in eine Jungfrau ab; Es muß in ihrer Schooß ein neuer Menſch bekleiben/ Dem ſeinen Uhrſprung nicht ein ſndig Vater gab. Weil Gott ſelbſt Vater iſt/ darf ihn ſonſt keiner zeugen/ Die Mutter iſt genug: daß dis/ was ſie gebiehrt/ Sey ein wahrhaftig Menſch. Und dieſes iſt Gott eigen: Daß/ was er von ſich zeugt/ die Gottheit nicht verliert. Nicht wundre dich/ Vernunft! daß Gott und Weib ſich gattet; Die grſte Liebe ſteigt herab/ und macht ſich klein: Daß ſie trgt ohne Mann; Sie wird von Gott beſchattet: Daß ſie nach der Geburth bleibt Jungfrau; Gott iſt rein. So weiſtu auch Vernunft: die Uhrſach ſteckt in Wercken; Was Gott und Menſch nun zeugt/ muß Menſch und Gott ja ſeyn. Mit dieſen Grnden muſt/ du ſchwache/ dich nun strcken/ Und deine Blindheit hll’n ins Fleiſch des Heyland’s ein. !41" 2 24 liebt’] liebt C 231 Drumb] Drum C 236 Drumb] Drum C 239 Er] Es BC 242 Drumb] Drum C 253 weiſtu] weiſt du C



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Himmel-Schlüssel283

Er/ als das Licht wird dich ſchon ſelbſt in Himmel leiten; Die Andacht flgelt dich/ der Glaube weiſt den Weg. Dein Aug’ und Mßſtab hegt zwar tauſend Eitelkeiten/ Doch brauchſtu ſie nur recht/ erzieln ſie auch den Zweck. Sey danckbar auch frs Licht dem Brunnen alles Lichtes/ Und trſte dich: daß Gott hat Willen und Verſtand. Denn weil ſie unzertrennt/ ſo wil auch Gott gar nichtes/ Was wieder die Vernunft; ob viel gleich ſo bewand: Daß es dein ſeuchter Witz nicht fhig iſt zu faßen/ Muß doch die Thorheit es darum nicht werffen weg. Du muſt den Glauben dir die Augen ſchrffen laßen; Und wo Verſtand verſpielt/ trifft Andacht Ziel und Zweck. GOtt/ der ins Fleiſch ſich hllt/ lßt ſich ſo willig hllen Die Einfalt in das Hertz/ die Seel in Windeln ein. Vernunft! kein Jrrthum kan ſodenn dein Haupt anfllen/ Gott wird als Menſch dein Stab/ als GOtt dein Leitſtern ſeyn.

3.

Aus dem Welſchen des Claudio Achillini. NASCITA DI CHRISTO.

5

ES kmmt der Himmels-Frſt/ des Leidens Sterbe-|Kleid Das Fleiſch zu legen an und meine Schuld zu bßen; Er lſt ſich in den Stall aus ſeinen Sternen ſchlſſen/ Daß ich zu GOtte komm’ aus dieſer Sterbligkeit. Bey Klte/ Schnee und Eyß zu rauer Winters-Zeit/ Brennt er fr Eifer faſt auf Heu und ſtrohern Kßen.

2 71 ſodenn] ſo dem A ſo denn A(Errata)BC 2 60 brauchſtu] brauchſt du C 2 65 ſeuchter] ſeichter BC vor 1  NASCITA DI] NASCITADI BC      4 Sterbligkeit] Sterblichkeit C      5 rauer] rauher C

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Blumen

Ein Andachts-Seufzer iſt ihm einig noch befließen. Er iſt bey Liebes-Glutt des Froſtes nicht befrey’t. !42" Welt/ Erde mercket auf! ihr Himmel hret mich! Des Winters Grimm zu flieh’n ſo kan die Sonne ſich Bey’s Ochſens Athem-hohl’n der Klte kaum erwehren. Und weil er auch den Pful der Hellen aus wil leeren/ Lß’t unſrer Sonne Lauf die Sternen Wage ſeyn/ Die aus der Jungfrau ſtracks tritt in den Ochſen ein.

4.

Aus eben demſelbten.

Paßions Blume. intorno al fiore.

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JHr Seelen findet euch zu dieſer Blumen hier! Die ihr wolriechend Haupt mit Marter hat erfllet/ Weil gleichſam hier aus ihr manch Sufzer Gottes kwillet/ Wo man ſein Klaggeſchrey hr’t mit den Augen ſchier. Jhr Seelen kommet doch wie Binen her zu ihr! Wie Binen/ denen hat der Schnee den Klee verhllet; Weil ieder Seeliger alhier den Hunger ſtillet/ So rufft an dieſen Tiſch die ſehnliche Begier. Jhr Seelen/ ach vergrabt ſonſt alles/ was ihr eßet/ Jn dieſe Thrnen hier/ woraus das Lachen grnt/ Weil ander Speiſe nur zu Durſt und Hunger dient! Ein Hertze/ das der Welt die Wolluſt-Grte lßet/ Wird endlich anders nichts als Gottes Bine ſeyn/ Die in dem Paradiß ihr Honig ſamlet ein.

vor 1  intorno] in torno AB Intorno C 7 11 12 vor 1

befließen] beflßen B beflſſen C Ochſens] Ochſen BC  Athem-hohl’n] Athem hhl’n B Hellen] Hllen BC 1  demſelbten] demſelben C findet] find et B



Himmel-Schlüssel285

5.

Aus dem Welſchen des Marino. die Welt.

5

10

ACh! ach! mit was fr Liſt/ mit was Betrgerey Lockt/ reitzet und verfhr’t die falſche Welt uns nicht! Die Hoffnung wird von uns auf ein ſolch Rohr gericht/ Das unſern Arm verletzt/ ſo bald es bricht entzwey. !43" Wiſt/ daß ihr Hochmuth Dunſt/ ihr Schatz ein Schatten ſey; Daß uns ihr Wolluſt-Fell verblndet das Geſicht’; Das man in Honig Gift/ im Manna Galle bricht; Die Lea legt ſie uns an ſtat der Rahel bey. Traut/ wenn ſie libkoſt/ nicht! es iſt nur falſcher Schein. Sie iſt Gebehrerin des Weinens/ wenn ſie lacht; Sie/ wenn ſie heuchelt/ iſt auf Unheil nur bedacht; Wer merckt nicht/ daß es nur untreue Knſte ſeyn/ Wenn Schlang’ und Scorpion in unſer Schoos erwarmen? Sie beiſt im Kßen uns und tdtet im Umbarmen.

6.

Nachtgedancken ber einen Traum.

5

GOtt! ewig-gutter GOtt! ich falle dir zu Fßen Halb-ſtumm/ halb-todt/ nun ich des Traumes Bild verlier’/ Ach GOtt! was ſtellſtu denn mir im Geſichte fr? Jch irrte lange Zeit mit Schertze/ Tantz und Kßen Durch Luſt-Gemcher durch: doch als ſolch Luſt-Genßen Zum hchſten Gipffel kam/ ſo ſtrtzt mich die Begier

1 0 14 3 4

Gebehrerin] Gebhrerin C Umbarmen] Umarmen C ſtellſtu] ſtellſt du C irrte] irre BC

286

10

Blumen

Jn einen Pful/ wo Schlang und Natter nagt an mir: Bis nach viel Kwal ich ward’ an erſten Ohrt gerißen. Ach GOtt! ich fhle mich. Die Luſtgemcher ſind Der Wolluſt Jrrebahn; der Pful iſt das Gewißen/ Das durch bewuſt der Schuld von Wrmen wird zerbißen/ Und gleichwol kehr ich um und renne ſo gar blind Jns erſte Snden-Garn. Gott zume mein Beginnen/ Wo du nicht hilffſt/ werd’ ich der Hellen nicht entrinnen. !44"

7.

Auf die heylige Chriſt-Nacht.

5

10

SEy tauſendmal von mir bewillkommt und empfangen Du gldne Nacht/ fr der die Tage Nchte ſind! Jn welcher aller Dunſt und Finſterns verſchwind’t/ Nach dem die Sonnen-Sonn’ in dir iſt aufgegangen/ Der lichte Jacobs-Stern/ der durch ſein armes Prangen Den Himmel-hellen Glantz des Heiles angezndt; Wilkommen gldne Nacht! in der das große Kind Jn Glaubens-Wahrheit kehrt das zweiffelnde Verlangen: Erleuchte du mich auch/ ô Sonne meines Hertzen! Ach znde doch in mir die Andachts-Fackel an/ Daß ich den Weg zu dir/ mein Heiland! finden kan! Vertreib die Snden-Nacht mit deiner Gnadens-Kertzen! Denn/ wer in dieſer Nacht nicht fhlet Tag und Licht/ Hat Antheil an der Hell’/ am Himmel aber nicht.

14 2 3 14

Hellen] Hllen BC Tage] Tge BC Finſterns] Finſterniß C Hell’] Hll’ B Hll C



Himmel-Schlüssel287

8.

Aus dem Welſchen des Marino nella Lira. auf der 186ſten Seite. Felice notte, onde à noi nasce il giorno.

5

10

BEglckte Nacht! die uns den ſchnſten Tag gebiehret/ Fr welchem keiner hat gehabt mehr Heiterkeit; Der mit Kohlſchwartzer Furcht und blinder Dſternheit Die Sonn’ umhllt/ fr der die Sonn’ ihr Licht verlieret; Der Eſel/ welcher ſich kaum ſelbſt fr Trgheit rhret/ Das zame Rind/ das ſelbſt iſt froſtig und beſchneit/ Jſt dennoch ſehr beglckt. Sein Athemhohln verleiht Dem kleinen Gotte Wrmbd’ umb daß er nicht erfrieret. !45" Du Kruter-voller Stall/ du Htt’ aus Stroh und Leime/ Wie glcklich biſtu doch/ wenn beides freudig ſieht/ Wie alles voll Geblm’ in tiefſtem Winter blht/ Der Schffer Pfeiff’ aus Schilf und Andacht ſang die Reime/ Und ieder bethet’ an fußfllig Kind und GOtt/ Die Fichte ſchwitzte Wein/ der Eichbaum Himmel-Brodt.

9.

Aus eben demſelben; auf der 238. Seite. Natur erſtarr’! ihr Sterblichen gebt acht; Daß GOtt ein Kind wird auf der Erden/ Daß Windeln ihn umbhlln und Nacht/ Und man den Schpffer ſieht ein klein Geſchpfe werden.

2 8 10 3

welchem] welchen C umb] um C biſtu] biſt du C umbhlln] umhlln C

288 5

10

Blumen

Seht ihr’s? der bern Sternen ſchwebt/ Dem in dem Himmel Engel dienen mſſen/ Liegt zwey geringen Thieren zu den Fſſen/ Allwo ihm Heu und Stroh anklebt. Des Paradieſes Luſt verſchwendet heiſſe Zehren/ Der Sonnen Sonne kan ſich Froſtes nicht erwehren.

10.

Weynacht-Lied.

5

10

15

20

JESU! der du biſt erſchienen Armen Hirten/ daß ſie dir Eh als Frſt und Prieſter dienen; Ach erſcheine du auch mir! Daß ich Nacht/ ich Aſch’/ ich Erde Durch dein Licht erleuchtet werde. !46" JEſu! der du dich zum Kinde Aus dem Schpffer haſt gemacht/ Zwiſchen Eſel und dem Rinde Haſt die Pracht der Welt verlacht/ Laß auch dir mein kindiſch Lallen/ Mein einfltig Lob gefallen. Rege/ JEſu! meine Lippen/ Gottes ſein ſelbſtndig Wort! Sind dir Khſtall/ harte Krippen Nicht zu ein verchtlich Orth; So verſchmeh’ auch in der Wiegen Meines Hertzens nicht zu liegen. JEſu! der du ſchlechte Thiere Dich lßt athmend hauchen an/

9 17 19 20

Zehren] Zhren C verſchmeh’] verſchmh C ſchlechte] ſchlechter BC Dich lßt athmend] Athen dich lßt B Athem dich lßt C



25

30

35

40

45

50

Himmel-Schlüssel289

Daß dich Nackten nur nicht friere/ Und kein Schnee dir ſchaden kan; Schme dich nicht in den Armen Meines Glaubens zu erwarmen. Sonne! Glantz der Ewigkeiten! Die du aufgehſt in der Nacht Uns an’s wahre Licht zu leiten/ Die du Sonn’ und Stern gemacht/ Laß das Finſterns der Snden/ Heiland! auch in mir verſchwinden. JEſu! laß des Himmels Klarheit Mich wie Hrd’ und Hirt’ umſtrahln/ Leite mich in’s Glaubens Wahrheit/ Zu der Perle ſonder Schal’n/ Laß umb dich recht zuverſtehen Mir der Weiſen Stern aufgehen. !47" Nimm/ wie arm ich zu dir trete/ Meinen Glauben an fr’s Gold/ Fr den Weyrauch/ mein Gebethe; Fr die Myrrhen/ die Geduld; Pflegſtu ſelbſt doch fr den Weiſen Arme Thoren reich zu preiſen. Rhre/ JEſu! meine Lippen Mit der Liebe Zunder an/ Daß ſie dich und deine Krippen Unkaltſinnig loben kan: Denn du kanſt mit Engel-Zungen Ja nur wrdig ſeyn geſungen. JEſu! dir ſey Preiß und Ehre/ Daß du Friede bringſt der Welt;

2 3 Armen] Armen/ ABC 3 3 in’s] ins AB in C 2 9 3 5 41 4 8

Finſterns] Finſterniß C umb] um C Pflegſtu] Pflegſt du C geſungen] beſungen BC

290

Blumen

Daß das Labſal deiner Lehre Frommen Menſchen wol gefllt; Daß durch dich/ die ſich verlohren/ Geiſtlich werden neu gebohren.

ENDE.



Druckfehler in Blumen291

Druckfehler in Blumen. Jn der Vorrede im Ende: Mey/ liß. 1. Mey. Jn der Geburt unſers Erlſers v.  65. pro nehen/ nehet. v. 97. deß.

l. daß. v. 302. Kreiſe. l. Kreiſſe. v. 350. Frucht l. Furcht. v. 472. von l. vom. v.  485. Jhn. l. Jhm. v.  500. vergehen l. vergehn. v.  531. hcher. l. hher. v.  561. ſicht. l. ſieht. v.  620. den. l. dem/ v.  640. am. l. an. v. 644. Wierauch. l. wird auch. Leitung der Vernunft. pag.  34. lin. 1. von. l. vom. p. 35. v. 20. verſehn l. verſtehn. p.  38. v. 8. muß nach dem Worte: Zwillinge ein Comma ſtehen. p. 41. v. 15. ſo lem l. ſo denn. Geiſtliche Gedancken ber den Eſaiam. v.  55. ſich. l. ſieh. v.  69. ſind. l. find’t. v.  103. um. l. umb. v.  165. dem. l. den. Nach dem 223. Vers mangelt dieſer: Und was bſes jhm kan gnnen? v. 245. um l. umb. v.  356. zeichen. l. zeichnen. v.  385. Opffern. l. Opffer. v. 470. dem. l. den. v. 474. den l. dem. v. 753. jhm. l. jhn. v. 934. Jſt. l. Jß’t. v. 946. !)(4 r" iſt. l. Jß’t. v. 961. gleißt. l. iſt. v. 964. ſicht. l. ſieht. v. 978. Erbarms. l. Erbarmns. v. 1071. Silohæ. l. Siloha. v. 1074. um l. umb. v. 1128. zum. l. zun. v. 1144. ihn. l. Jhm. v. 1302. war. l. wahr. v. 1384. Lßt. l. Lſ’t. v. 1433. war. l. wahr. v. 1500. Gewinn. l. Gewien. v. 1679. meiſte. l. minſte. v. 1780. kein. l. ein. v. 1844. ſchtzen. l. ſtzen. v. 1927. der. l. wer. v. 2041. um. l. umb. v. 2054. ihn. l. ihr. v. 2166. antlitzt. l. Antlitz. Jn Thrnen. Pag.  129. lin. 10. Printz l. Frſt. pag. 130. lin. 5. Bein. l. Beine. p.  132. lin. penult. vom l. von. p.  133. lin. 12. Muſchel. l. Muſcheln. p. 134. lin. 4. Leib. l. Leid’. pag. 135. lin. 20. wann. l. wenn. p. 136. lin. 13. Schos. l. Schoos. lin. 19. den. l. von. p. 139. lin. 10. Rath. l. Nacht. p. 141. lin. 9. Beſchein. l. beſchnei’n. lin. 11. heiſcher. l. heiſſer. lin. 16. Mirten-Glutt. l. Myrten gutt. p. 145. lin. 14. kwtſch jhr ſafftig. l. kwtſchet ſafft’gen. Roſen. pag.  4. verſ. 14. wit l. mit. p.  6. v. 3. ſaugen l. ſugen. v. 7. Seer. l. Seen. p. 9. v. 5. meinem. l. meinen. p. 10. v. 1. Lwes. l. Lwe’s. v. 13. Jſt nach: nun/ das Wort: nicht außgelaſſen. p. 12. in der letzten Zeile ohne: Barbon l. Borbon. p. 13. lin. 21. voll dir. l. voller. p. 15. lin. ult. dieſe/ l. dieſen. p. 19. v. 20. ohn/ l. von. p. 21. v. 4. den/

292

Blumen

l. der. p. 25. v. 5. Buſen/ l. Buſem. p. 35. v. 20. Kwlt’. l. kalt’. p. 36. v. 13. Caſtillens/ l. Caſtellens. p. 39. v. 10. dur/ l. durch. p. 40. v. 11. Flucht/ l. fluch’t. p. 42. v. 22. ehr/ l. jhr. p. 46. v. 16. fhln/ l. fhlen. p. 57. v. 12. So/ l. Sol. p. 60. v. 1. auch l. euch. p. 64. v. !8". den/ l. denn. v. 12. dem/ l. den. p. 65. v. 13. mgarnten/ l. umbgarnten. p. 68. v. 3. keinen/ l. kleinen. p. 70. v. 19. von/ l. den. p. 79. v. 15 !recte 17". nit/ l. mit. p. 80. v. 9. Mau/ l. man. p. 81. v. 7. den/ l. dem. v. 19. einen/ l. einem. v. 21. den/ l. der. p. 83. v. antepenult. iſt nach Artimiſie das Wort: des/ auſſen gelaſſen. p.  85. v. 6. verkehrt/ !l." verzehret. p.  87. v. 10. treht/ l. dreht. p.  100. v. 6. geneiſet/ l. !)(4 v" geneigt. p. 104. v. 4. Theitis/ l. Thetis. p. 105. v. 22. UnholtsLaute/ l. UnholdsRaute. p. 107. v. 18. die Paphos/ l. jhr Paphos. p. 108. v. 5. gut/ l. glutt. v. 24. in den/ l. nach dem. p. 111. v. 14. ſtat/ l. ſatt. p. 112. v. 14. Delien/ l. Delilen. p. 125. lin. 17. Jupiter/ l. Jupitern. lin. 18 !recte 21". iſt nach dem Wort: Pfeiffe/ das Wort: auf/ auſſen gelaſſen. p. 126. lin. 14. pro Landen/ l. Lenden. lin.  23. unzertrennlichen. l. unzertrennliche. p. 128. lin. 9. Cupidon/ l. Cupido. p. 130. lin. 3. iſt: Die nichts nutze. lin. 12. Regen/ l. rgen. p. 133. v. 8. der l. den. p. 134. v. 4. Gainmeo. l. Ganimed. Alcmene. l. Alcmen. v. 7. Eſculax l. Esculap. p. 137. v. 1. ſtrahlet. l. ſtahlet. v.  8. den. l. denn. p.  139. lin. 3. li’. l. i. diſerti. l. deserti. Hyazinthen. p.  18. v. 8. das/ l. daß. p.  21. v. 19. dem/ l. den. p. !2"2. v. 19. ruh/ l. ruht. v. ult. reißt l. reiſ’t. p. 25. v. 19. den/ l. dem. p. 28. v. 7. Lehrern/ l. Leſern. p. 32. v. 18. jhm/ l. Jhn. v. 19. Harffen/ l. Harffe. p.  36. v. 1. er/ l. Es. v.  15. vermahlte/ l. vermhlte. p.  40. v. 2. meiſte l. minſte. p. 49 !recte 43". v. 7. Raub/ l. Rauch. p. 44. v. 11. Alexander/ l. Alexandern. p.  51. v. 1. weicht/ l. weih’t. p. 53. v. 9. aller/ l. alter. p. 54. lin. 11. Capitanci, l. Capitanei. p. 57. v. 22. Rein l. Stein. p. 58. v. 2. Laodicra/ l. Laodicea. v. 8. Lehren/ l. Lehr’n. p. 59. v. 22. erwelckt/ l. verwelckt. p. 64. v. 11. mangelt nach auch/ das. p. 65. v. 10. auch noch/ l. anders. p. 67. mangelt nach der vierdten Zeile der Unterſcheid eines neuen Sonnets. v. 6. aus/ l. uns. p. 75. v. 15. den l. dem. p.  76. v. 4. unſern l. unſerm. p.  77. iſt nach dem Achtzehenden Verſe dieſer auſſen gelaſſen:   Bey welcher Schleſien zur helffte wird geſehen. p. 79. v. 4. ein l. kein. p. 81. v. 11. ein/ l. ſein. p. 82. v. 7. wenn l. wen. v. 17. wann/ l. wen. p. 82 !recte 83". v. penult. den/ l. dem. p. 87. mangelt nach dem erſten folgender Vers:   Einpregen ſeinen Ruhm. Denn Opitz iſt zwar werth; p. 87. v. 12. Weſter/ l. Weſer.



Druckfehler in Blumen293

Die brigen noch berſehenen Druckfehler/ wolle der geneigte Leſer ſelbſt vernnftig Verbeſſern.

294

Blumen



Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten295

Anhang: Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten, die für die Aufnahme in die ‚Blumen‘ stärker bearbeitet wurden

296

Anhang



Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten297

1. Rechts-Streit der Schönheit und Freundligkeit – Druck Breslau [1657] (Erstfassung von Nr. 9 der ‚Rosen‘)

Rechts-Streit Der

Schnheit und Freundligkeit/ umb den

5

Siges-Krantz der Libe. Auff Deß Edlen Ehrenveſten und Hochgelehrten

Herrn Chriſtian Bukiſches/ der Artznei Doctorn

10

Mit der Hoch-Ehr- und Tugend-reichen

Jungfrauen Anna Maria/ Des Weiland Wol-Ehr-wrdigen und Wolgelehrten 15

Herrn M. Caſpar Wolfahrts/

Bei der Kirchen zu St. Eliſabeth Wolverdihnten Archidiaconi. Eheleiblichen Jungfrau Tochter/ den 16. Weinmonats-Tag 20

dieſes 1657. Jahres/

4 umb] um N 4      5–23  Libe. Auff … berreichet von] liebe bey dem Bukiſch-Wolfahrtiſchen HochzeitFeſte N 4

298

Anhang

Hochfeierlich-begngliche Hochzeit-Feſt/ denen beyden Vertrauten zu Ehren berreichet von D. C.    […] !A v"

25

Di Schnheit.

5

DJ gld’nen Roſen ſind die Sonnen grner Felder/ Di Sonn’ hingegen iſt deß Himmels Keiſer-Blum’/ Di Lorber-Bume ſind der Knigs-Schmuck der Wlder: Jch Schnheit aber bin der Seelen Heiligthum.   Di Gtter opfern mir/ di Welt dihnt meinem Rechte/   Di Menſchen ſind mein Volck/ di Frſten meine Knechte.

Di Freindligkeit.

10

Dem Demant weich’t Rubin/ den Perlen di Korallen/ Dem Balſame weich’t Oel/ dem Biſame Zibeth; Das Gold ſticht Silber weg/ Glaß ſchm’t ſich fr Kriſtallen/ Man weiß/ daß Schnekken-Blut fr alle Farben geh’t;   Deß Mohnden Silber muß fr Sonn’ und Gold erbleichen:   So muß der Freundligkeit auch ſchnſte Schnheit weichen.

Di Schnheit.

15

Der Menſch di kleine Welt beherſch’t der groſſen Grntze: Mein Knigs-Stab beherſcht di klein’ vnd groſſe Welt. Den Helden windet man bepalm’te Siges-Krntze: Von mir wird Palm’ und Sieg zum Schau-Spiel dargeſtll’t.   Der Knig’s Purper weich’t der Rthe meiner Hirten/   Der Helm der Frauen-Haut/ der Zepter meinen Mirten.

24 vor 11 18

D. C.] D. C. v. L. N4 7  Freindligkeit] Freundligkeit (so passim) N4 Deß Mohnden Silber] Das mohnden-ſilber N4 meinen] meiner N4



Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten299

Di Freindligkeit.

20

Fr Feuer ſchmiltz’t Metall/ das Glaß muß Demant ſchneiden/ Den Diamant bezwing’t kein Stahl nicht/ ſondern Blutt. Kein Stahl/ kein Eiß/ kein Schnee kan deine Strahlen leiden/ Fr deiner Hitze ſchmiltz’t Blutt/ Diamant/ und Glutt:   Nun muß dis alles ja wie Glaß fr mir zerſpringen;   Weil meine Flammen auch dir ſelbſt durch’s Hertze dringen. !A2r"

Di Schnheit.

25

30

Das Gifft dring’t biß in’s Hertz/ der Blitz friſt Marck und Beine/ Di Sonne blndet nur der Augen Sternend Licht: Di Schnheit aber blitz’t durch Felſen/ Ertzt und Steine/ Den Augen der Vernunfft entzeucht ſi das Geſicht.   Die Seele/ di gleich ſonſt noch Strahl noch Blitz empfindet/   Wird durch mich Sonne ſtets mit Libes-Brunſt entzndet.

Di Freindligkeit.

35

Di Sinnen di beruh’n noch nicht in deinen Hnden/ Denn du lſſ’t ber dich di Augen Urtheil fll’n: Jch aber weiß Vernunfft und Augen ſo zu blnden/ Daß ich di Raben auch in Schwanen kan verſtll’n.   Der SchnheitSchnee zerſchmiltz’t fr meiner An-muth Hitze/   Jhr Scharlach kriget Flkk’/ ihr Marmel kriget Ritze.

Di Schnheit.

40

Mein Weſen ohne Flkk darff Spiegel ohne Flkken/ Darff Richter ohne falſch/ und Augen di nicht blind. Du muſt dein frbicht Nichts in meine Seide ſtkken/ Mein Glantz iſt weſentlich/ dein prangen iſt ein Wind/   Schn zu ſein ſcheinen iſt dein grſtes Meiſter-Stkke/   Und daß ein nakter ſich mit meinen Federn ſchmkke.

2 7 Felſen/] Felſen E N4 34 auch] fehlt N 4

300

Anhang

Di Freindligkeit.

45

Es iſt viel grſſer Kunſt auß Nichts nicht etwas machchen/ Als diſem/ das ſchon iſt/ zu ſtzen etwas zu. Schmh’ſtu di Hßligkeit ſo muß ich deiner lachchen. Weil ſi durch mich offt wird ſo ſchn geſtll’t als du.   Solch ſchminkken geht wol hin/ wo di gefrbten Strahlen   Nur ſchner/ als wol ſelbſt der Schnheit Pinſel mahlen. !A2v"

Di Schnheit.

50

Mein irrdiſch Himmel iſt ein Jrr-Saal der Gedankken/ Mein lebend Garten iſt ein Paradiß der Luſt. Der Geiſt verſchlinget ſich in den umb-garn’ten Schrankken. Kein außzuwikkeln iſt der Seele nicht bewuſt.   Di Sinnen ſind durch mich bezaubert und ent-ſinnet.   Kein Menſch kein Vogel iſt/ der durch den Flug entrinnet.

Di Freindligkeit.

55

60

Di Schnheit freilich iſt ein Himmel; ich di Sonne. Ein Garten; aber ich das Blum-Werk daß ihn ſchmkk’t. Der Schnheit Luſt-Haus iſt ein Kerker; meine Wonne Das Netz’/ in welches Geiſt und Seele wird berkk’t.   Der Schnheit Zauber-Kunſt kan Sinn und Hertz bethren;   Si aber flſſ’t ihr Gifft durch meine Zukker-Rhren.

Di Schnheit.

65

Di Glutt ſteig’t in di Hh’ auß der ſie iſt geronnen/ Deß Eiſens Un-arth khrt ſich immer zum Magnet/ Di Sonnen-Wnde folg’t der angenhmen Sonnen: Das Flammen-Kwll bin ich/ darauß di Lib’ ent-ſteh’t/   Der Stein/ der nach ſich kan di hrt’ſten Hertzen zihen/   Di Sonne/ gegen der viel tauſend Geiſter glhen.

66 glhen] gluhen E glhen N4

51 verſchlinget] umſchlinget N4  umb-garn’ten] umgarnten N4 62 khrt] kehrt N4 63 angenhmen] angenehmen N4





Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten301

Di Freindligkeit.

70

Das Liben iſt das Kind der Schnheit; ich bin Amme. Si ſaug’t di Mutter-Milch auß meiner Honig-Bruſt. Si iſt das Feuer-Kwll; ich aber bin die Flamme; Auß meiner Wrkkung rhr’t di folge ſolcher Luſt.   Die Schnheit muß nach mir das Steuer-Ruder lnkken;   Nach meinem Winde muß di Lib’ ihr Segel ſchwnkken. !A3r"

Di Schnheit.

75

Jch bin das Ebenbild deß Schpffers/ Gottes Spigel/ Das Mahl-Werck der Natur/ das Kunſt-Stkk’ aller Welt/ Ja meine Strahlen ſind der Morgen-Rthe Flgel Und zeugen/ daß den Geiſt di Tugend-Sonn’ erhell’t.   Denn wo der Tugend Licht erleuchtet dſtre Hertzen/   Da bring’t di Schnheit auch den Tag den Augen-Kertzen.

Di Freindligkeit.

80

Du und di Tugend ſelbſt wirſt ohne mich zum Laſter. Wo euch mein Licht und Geiſt nicht anblikk’t und beſeelt/ Jſt eure todte Pracht ein glatter Alabaſter/ Den ihm ein Knſtler hat zum Gtzen außgehl’t.   Ob auch di Schnheit zwar mit Zukker ſpeiſt di Augen/   So pflg’t di Seele ſelbſt doch meine Milch zu ſaugen.

Di Schnheit.

85

90

Jch bin ein Himmels-Kind/ di Mutter aller Zihrde/ Der Spring-Brunn ſſſer Luſt/ der Jugend Tulipan/ Der Venus ihr Altar/ ein Ab-gott der Begihrde/ Zum Opffer zndet man mir tauſend Seelen an.   Jn meinen Nelkken hat Kupido ſeine Wige/   Den Rnn-Platz ſeiner Macht/di Wall-Stadt ſeiner Sige.

77 Tugend Licht] Tugend-Licht E tugend licht N4 90 Den] Dn E Den N4

84 pflg’t] pflegt N4 90 Wall-Stadt] Wahl-Stadt N4



302

Anhang

Di Freindligkeit.

95

Jch bin ein Roſen-Zweig im Paradiß erzogen/ Und durch ein An-muths-Reiß gepfropff’t der Seelen ein. Biſtu der Libe Kwll/ der Luſt-begihrde Bogen; So muß mein Saltz di Flutt/ mein Strahl di Seene ſein/   Kupido leidet durſt/ di Libe muß verwlkken   Sammt dir/ wo nicht mein Thau beperlet deine Nlkken. !A3v"

Di Schnheit.

100

Di Schnheit iſt der Grund/ ein angebohrnes Weſen/ Darauff di Freundligkeit geſalbte Schminkke ſtreicht; Ein Buch/ in dem man kan auff tauſend Blttern lſen/ Daß die Natur bei mir den Gipfel-Zwekk’ erreicht.   Das Balſam-Kraut der Hold iſt mehr als halb verſigen/   Wo es nicht wurtzeln kan auff meinem Bthe krigen.

Di Freindligkeit.

105

Die Schnheit brauch’t mich zwar an ſtadt Tapezereien/ Si ſchmkk’t ihr Zimmer auch mit meinen Blumen auß. Jch muß ihr leeres Feld mit Lilgen berſchneien; Jch thrne meinen Stuhl offt in ihr Marmel-Haus:   Jedennoch kan ich auch auß ſchlechten Augen blitzen/   Auff bleichen Wangen ſpiel’n/ auff kranken Lippen ſitzen.

Di Schnheit.

110

Gar recht/ denn weil mein Thau das Seelen-Feld befeuchtet Darff man der Freindligkeit belibten Weſt-Wind nicht. Wenn meiner Sonne Glantz im Hertzen nicht mehr leuchtet/ So thut als denn erſt noth der Anmuth Mohnden Licht.   Die Freindligkeit iſt nur den hßlichen erfunden;   Der SchnheitPfeil macht auch mit ihrer Un-hold Wunden.

   93 Libe Kwll] Libe-Kwll E liebe-qvell N4    97 Grund/] Grund E grund/ N4 108 ſpiel’n] ſpieln’ E ſpiel’n N4

   92 gepfropff’t] gepropft N4    99 in dem] indem N4  lſen] leſen N4 105 Lilgen] liljen N4



Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten303

Di Freindligkeit.

115

120

Di Roſen friſt ein Wurm/ den Purpur friſt die Schabe/ Der Reiff verſng’t di Satt’ und Hitze fettes Kraut/ Ein blaſſes Fiber trgt di Schnheit bald zu grabe/ Auch in halb-todter Bruſt bleib ich der Libe Braut.   Dein Himmel-Brodt vertirb’t mit ſchlſſung matter Augen.   Jch ſige/ wenn gleich Gifft und Kranckheit an mir ſaugen. !A4r"

Di Schnheit.

125

Mach’ Un-hold immer hin der Schnheit Himmel trbe; Wrff’t alles An-muths-Kleid/ ihr zarten Glider/ hin. Di Schwind-ſucht der Vernunfft/ der Seele Krebs/ di Libe Wird gleichwol bey euch ein in euer Wohn-Haus zih’n.   Worzu darff ſich mein Licht mit NebelDunſt und Schatten/   Das Jrr-Licht falſcher Hold ſich mit mir Sonne gatten?

Di Freindligkeit.

130

Di leere Schnheit gleich’t ſich bundten Tulipanen/ Di noch Geruch noch Krafft auff ihren Blttern fhr’n. Geh’t der Sirenen Lied fr den Geſang der Schwanen/ Wird meine Zunge mehr als deine Feder rhr’n.   Der Seele Seiden-Wurm/ die Natter der Gebeine   Nag’t an den Runtzeln offt eh’ als an Helffen-Beine.

Di Schnheit.

135

Jhr ſchwartzen Sonnen ihr im Himmel deß Geſichtes/ Jhr Schnheits-Herolden ſei’t Zeugen meiner Macht. Jhr Augen ſei’t der Brunn deß hellen Seelen-Lichtes/ Di Libe ſchpff’t die Glutt auß eu’rer kalten Nacht.

121 Schnheit Himmel] Schnheits-Himmel E ſchnheits-himmel N4 122 An-muths-Kleid/] An-muths-Kleid E anmuths-kleid N4  Glider/] Glider E glieder N4 123 Vernunfft/] Vernunfft E vernunfft/ N4  Krebs/] Krebs E krebs/ N4 124 zih’n] zihn’ E ziehn N4 131 Seiden-Wurm/] Seiden Wurm E ſeiden-wurm N4 135 Augen] Augen/ E augen N4

121 immer hin] immerhin N4 125 NebelDunſt] nebel/ dunſt N4



304

Anhang

  Jn euren Wolkken muß ſi ihren Blitz anznden/   Ja einen Hertzens-Weg durch euer Fnſter finden.

Di Freindligkeit.

140

Was ſei’t ihr Sternen wol/ wenn nicht di Strahlen ſchiſſen? Ein Kcher ohne Pfeil/ ein Uhr-Werck ohne Gang. Wenn ſi nicht ihr Metall in meine Formen giſſen/ Erwkk’t der Augen-Thron wol keinen Libes-Zwang.   Jhr Augen mg’t ja wol der Liebe Zeug-Haus bleiben/   Doch/ daß di Waffen ſich auß meiner Schmide ſchreiben. !A4v"

Di Schnheit.

145

150

Es mag der Perlen-Mund/ den Nelkken rings beblmen/ Der Bchcher auß Rubin/ der voller Zukker ſchwimm’t/ Durch eig’ne Wrkkungen der Schnheit Palmen rhmen; Weil ja di Libe ſelbſt in ſeinem Purper glimm’t.   Kupido muß ſein Garn in diſe Roſen ſtllen/   Dafern er einen Geiſt wil in ſein Netze fllen.

Di Freindligkeit.

155

Mein naſſes Hauchchen muß den Lippen-Pfad beſſſen Und den Zinober-Mund mit lchcheln zukkern ein. Deß kſſens Balſam muß auff di Korallen flſſen/ Sol er der Seele Burg/ der Libe Garten ſein.   Denn/ wenn mein Weſt-Wind nicht durch diſe Bltter ſpilet   Wird wol in keiner Bruſt ein ſſſer Hauch gefhlet.

Di Schnheit.

Jhr Brſte kmpff’t fr mich/ ihr Schnee-Gebirg’ten Brſte/ Auß derer Gipffel Glutt mit vollen Flammen ſchlg’t/ Sprch’t/ eu’re Schnheit ſei der Venus Blutt-Gerſte/

139 wol/] wol E N4 145 Perlen-Mund/] Perlen-Mund E perlen-mund/ N4 146 Rubin/] Rubin E rubin N4 154 Burg/] Burg E burg/ N4 157 mich/] mich E mich/ N4



143 mg’t] mcht N4

160

Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten305

Worauff ſi in den Sarch der Buhler Freiheit lg’t/   Ein Felß/ an dem di Lib’ ihr Gold-Geſchoos muß ſchrffen/   Ein Brunn/ wo Milch und Blutt belibte Wellen wrffen.

Di Freindligkeit.

165

Wo diſe Blge ſoll’n di Libes-Brunſt auff-fachchen/ So mſſen ſi von mir vor auffgeblaſen ſein. Jch kan nach diſer Frucht di Finger hung’rig machchen/ Hll’t gleich di Schnheit ſich der Marmel-Aepffel ein.   Auch ohne ſhen lſt di Seel’ ihr ſich gelſten/   Wenn ſich itzt unter’m Floor di Schwulſt rhr’t in den Brſten. !Br"

Di Schnheit.

170

Des Kinnes weiche Perl/ der Hals auß Marmel-Steine/ Der Achſeln blanke Milch/ der Stirne Schnee-gestalt/ Der Adern warmer Trck’s/ di Schooß auß Helffen-Beine/ Sind Tempel ſſſer Luſt/ der Augen Auff-enthalt.   Di weichen Lilien der rothen Sammet-Wangen   Sind Muſcheln/ inner der di Venus wird empfangen.

Di Freindligkeit.

175

180

Wenn deine Schnkke ſol di Libes-Perle zeugen/ So muß mein Athems-Weſt den Samen hauchen an; Mein Antlitz’s-Himmel muß auff ſi das Thau-Glaß ſugen Der Anmuth/ daß ſi ihr di Lippen wſſern kan.   Der Augen Sonnen-Strahl muß wrmen und erleuchten/   Der Kſſe Seelen-Saltz muß balſamen und feuchten.

Di Schnheit.

Es muß di gantze Welt der Schnheit ſich bedihnen. Di Sternen borgen Gold/ den Himmel ſchmkk’t Saffir; Di Erd’ entlehn’t Schmaragd/ das Feuer brauch’t Rubinen/

172 Luſt/] Luſt E luſt/ N4 180 balſamen] Balſamen E balſamen N4



160 Sarch] ſarg N4 167 ſhen] ſehen N4 175 zeugen] zeigen N4



306

185

Anhang

Kriſtall und Perlen ſind des Waſſers hchſte Zihr.   Wenn di Natur di Welt mit Libe wil beſmen   Muß ſi das Pfropfungs Reiß von meinen Stmmen nhmen.

Di Freindligkeit.

190

Di gantze Welt muß ſich im Liben freindlich ſtllen. Der Sterne zwinkkern iſt ihr buhl’riſch Libes blikk. Der Blumen ihr Geruch/ das Rauſchen in den Kwllen/ Der Lffte Blitzen iſt ihr holder Anmuths-Strikk.   Den Safft den di Natur in ihre Wurtzeln leutet   Den hat mein Sonnen-ſchein anfnglich zubereitet. !Bv"

Di Schnheit.

195

Jhr Nimfen/ di ihr rings umb diſe Taffel ſitzet Und eu’rer Schnheit Gold auff diſen Schau-platz ſtll’t/ Beknn’t es/ was euch mehr bei eu’ren Buhlern ntzet/ Mit was ihr ſi zu erſt in euer Ntze fll’t.   Beknn’t es! iſt’s nicht wahr? Daß euer Schnheit Spigel   Sei euer Libes-Garn/ der Buhler Hertzens-Sigel.

Die Freindligkeit.

200

Jhr Nimfen/ di ihr mehr des Buhl- und kſſens wegen Als wegen ſſſer Koſt wohn’t den Banketen bei/ Beknn’t/ durch was ein Mann in Ketten ſei zu lgen? Ob nicht di Freindligkeit das rechte Kleinod ſei/   Fr das di Jugend Witz und Hertz und Sinn muß gben/   Der Leim/ an welchem bleib’t der Mnner Freiheit klben.

186 Pfropfungs Reiß] Propfungs Reiß E pfropfung-reiß N4

186 nhmen] nehmen N4 187 freindlich] freundlich N4 191 leutet] leitet N4 198 Hertzens-Sigel] hertzens-zgel N4 201 lgen] legen N4 203 gben] geben N4 204 klben] kleben N4





Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten307

Di Schnheit.

205

210

Beknn’t/ verlibte Braut/ ſind di verbuhl’ten Sonnen Der ſchwartzen Augen nicht der Brunn-kwll aller Luſt? Der Pfuhl/ darauß das Gifft des Libens iſt geronnen Durch ſeiner Augen Rhr in ihres Libſten Bruſt?   Kurtz: ob ihr ſchn-ſein nicht ſein Liben hab’ erwkket/   Und ber ſeine Kunſt di Sigs-Fahn auff-geſtkket?

Di Freindligkeit.

215

Beknn’ es/ liebes Kind/ ob bei dem Libes-Kmpffen Di holde Freindligkeit nicht ihren Mann gewhr’t? Durch bloſſe Schnheit iſt di Pallas nicht zu dmpffen/ Wenn nicht mein Spiß und Pfeil durch ihren Harniſch fhr’t.   Dein freindlich-lchchelnd Mund/ der Augen Libes-blikke/   Sind ſeiner Weißheit Band/ ſind ſeiner Sinnen Strikke. !B2r"

Di Schnheit.

220

Verlibter/ der ihr itzt Higens Siges-Fahnen/ Di ihr Morbonen hab’t vielfltig abgejag’t/ Der Keuſchheit Schild/ das Horn und Waffen der Dianen Zum Opffer Ziprien in ihren Tempel trag’t/   Geſteht’s: di Schnheit ſei Beſigerin der Sinnen   Beherſcherin der Welt und Frſtin der Gttinnen.

Di Freindligkeit.

225

Verlibter/ der ihr nach ſo vielen Krankheits-Sigen Geſteh’t: di Libe ſei viel ſtrkker als der Tod/ Nun ihr als Artzt mſt ſelbſt im Libes-Feber ligen; Beknn’t: mein Athem ſei der Zunder eurer Noth.   Hingegen wrden auch di Kruter auff di Wunden   Nur in der Freindligkeit belibtem Garten funden.

Di Schnheit.

230

Geſteh’ es Freindligkeit/ daß Tauben Tauben liben/ Daß auch der Roſen Strauch bei Roſen wol bekleib’t. Wi ſol diß Paar denn nicht zuſammen ſein bekliben? Di auch der Aehnligkeit Magnet zum liben treib’t. 211–234 fehlt N 4

308

Anhang

  Und nach dem di Natur mir ſelbſt di Armen bittet/   Wi ſol di Libe nicht von mir ſein auß-gebrttet?

Die Freindligkeit.

235

240

Di ſchnſte Schnheit iſt di Schnheit deß Gemttes/ Di man durch mein Kriſtall wi durch ein Schau-glaß ſih’t. Der Geiſter Aehnligkeit/ die Eintracht deß Geblttes Jſt mehr umb di Geburth der Gegen-Gunſt bemh’t.   Jch habe/ Libſten Zwei/ durch Gleichheit holder Sitten   Mehr als das Auſſen-Werck der Glider/ euch beſtritten. !B2v"

Di Schnheit.

245

Jch kmpffe fr das Hfft daß ich in Hnden habe/ Fr Krntze/ di mein Ruhm in Frigien errnn’t/ Weil Pariß ſchon mit Reich und Kron’ und Knigs-Stabe Den gld’nen Apffel hat der Schnheit zuerknn’t.   Wie ſol diß liebe Paar denn anders Urtheil fllen?   Di ſich ſelbſt ohne Zwang in Paris Ketten ſtllen.

Di Freindligkeit.

250

Jch kmpffe fr den Krantz auß Lorbern/ der mich krnet/ Mit dem fr lngſt Anton der Mohrin Hold beſchnkt’/ Als er di Schnheit hat Oktaviens verhhnet/ Und der Kleopatra di Sigs-Fahn auffgehnk’t.   Ja Venus hat gemſt mit meinen Waffen ſigen.   Wi hab’t ihr libſten Zwei/ denn anders knnen krigen?

Di Schnheit.

255

Es mag das kluge Volck des ſchnen Frauen-Zimmers Rings umb di Taffel her von uns ihr Ur-theil flln. Jch ſchwere bei der Pracht des angebohrnen Schimmers:

235 Gemttes/] Gemttes. E gemtes/ N4 237 Aehnligkeit/] Aehnligkeit E hnligkeit N4 255 angebohrnen] angeborhnen E angebohrnen N4

238 umb] um N 4 242 Frigien] Phrygien N4 248 Mohrin] Moſrin N4



Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten309

Auß meinem Brunnen muß di Libes-Ader kwll’n.   Jdwede di ſich wird nach wuntſche mir bekwmen/   Di ſol den ſchnſten Schatz ihr auß dem hauffen nhmen.

Di Freindligkeit.

260

Der Richter bleib’ erkieſt. Di ſol ihr Libſter kſſen Noch heinte/ welche mir wird un-entfallen ſein. Mein Zukker ſol den Mund ihr ewiglich beſſſen. Herr Brut’gam ſamm’let ihr der Nimfen Stimmen ein.   Di aller-libſte Braut ſol ſelbſt den Anfang machchen.   Jhr Mnner aber mg’t di weigernden verlachchen.

2.  „Ehren-Gedichte“ auf die Hochzeit von Christian ­V incens und Catharina Täbisch, Breslau 1657 – Hs. UB Wrocław (Breslau), R. 3156 (Erstfassung von Nr. 17 der ‚Rosen‘) Ehren-Gedichte auf des Edlen, WolEhrenveſten, und Wolgelehrten, Herren Chriſtian Vincens mit der WolEdlen, Viel Ehr und tugendreichen Jungfrauen Catharinen, des WolEdlen, Geſtrengen herrn Georgens von Tbiſch, Und Mahlen auf GroßMohnau, der Keyſerl. und Knigl. Stadt Breßlau wolbeſtellten Hauptmanns

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257 Jdwede] Jdweder E Jedweder N4

256 meinem] meinen N4 257 bekwmen] bequemen N4 258 nhmen] nehmen N4 Ü berschrift 1–20  Gesamte Überschrift kreuz u. quer durchgestr., darunter, abgetrennt durch einen Horizontalstrich Reine Liebe



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Anhang

ber eine Compagnie zu Fuße, Ehleiblichen Jungfrau Tochter den 8. Maji dieſes 1657ſten Jahres in Breßlau feyerlich begngliche Hochzeit-Feſt berreichet ſeinem geehrten Brderlichen Freinde Von    D. C. V. L. !8 v" Die Liebe ſteckte noch in Kieſel und in Stahl, Jhr Brand lag in der Arch, ihr Opfer in der Wſten; Die Venus war damals noch ohne Blitz und Strahl, Sie ſoog die Saltz Milch noch aus Thetis Perlen-Brſten. Als Kron und Thron der Welt und aller Seelen-Schaar der ſchnden Jungfrauſchafft mißbrauchtes Erbtheil war. Jhr Zepter war aus Eis, ihr Knigs-Kranz aus Bley, die Keuſchheit war ihr Stuhl, die Feindſchafft ihr Geſetze. Jhr ſchnee-gefrornes Reich die Seelen-Tiranney; die Anmuth allzumahl lag in Vulcanus Netze; weil noch kein Thau und Kuß auf Roſ- und Lippen ſchwam, Und in der Hertzens-Glutt kein Liebens Ambra glam. Die Welt war ohne Luſt, ganz Zipern ohn Altar, die Ampeln ſonder Oel, die Fackeln ohne Flamme; weil Scherz und Buhlerey vergellter Zucker war; Und eine welcke bruſt der Luſtbegierden amme; Ein rauer Unmuths Reif der beſte Seelen-Safft, Kurz: Aller Abgott war die ſchnde Jungfernſchafft. 1 ſteckte … und in] gestr., darüber lag verſteckt, wie Feuer in dem 2 Vers gestr., darüber es ließ ſich Menſch und Thier und Welt noch nichts gelſten 3 Die Venus] gestr., links daneben Dione üb. gestr. Cytheris  war … Blitz] gestr., darüber wußte nichts von Bogen, Pfeil 8 Feindſchafft] verb. aus Freindſchafft 10 allzumahl lag] gestr., darüber war beſtrikt  in] dahinter üb. d. Z. ein 12 Liebens] korr. aus Liebes  Ambra] gestr., darüber Weyrauch – unter d. Z. gestr. Zunder 15 Buhlerey] korr. zu Buhlen  vergellter Zucker] gestr., darüber noch ein nichtig Unding 16 Und … Luſtbegierden] gestr., darüber der holde Himmel ſelbſt der wilden Gramſchafft [der holde Himmel am Rand als Ersatz für gestr. ja der holden Sternen] 17 Vers gestr., darüber die Sternen fhleten noch keine Liebes-Krafft



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Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten311

Jn des wuchs unſer Heil und Himmel in der See, die Perle dieſer Welt in einer Muſchel-Schnecke. Der Zucker aus der Flutt, das Flammen-Kwell aus Schnee. Es fand ſich Blth und Frucht auf die vor leeren Stcke Nach dem das blaue Saltz neun Monden Schwanger war, Und mit der Ziprien die ſße Brunſt gebahr. Die Mutter lieber Pein, die sonsten Venus heiſt, war vor zwey Stunden kaum gekrochen aus der Schalen, da fhlten Menſch und welt ſchon einen frohern Geiſt, die Seelen neue Glutt, die Augen neue Strahlen. die Liebe, die man vor wie Diſtelkraut ſtieß hin, die muſt’ an statt der Lilg’ in allen Grten blhn. !9r" Denn Venus pflanzte ſelbſt den Uhrſprung ihrer Pein, den Saamen ihrer Frucht, die Wurzel der Begierde durch Prfung !?" der Natur !?" den Herzens-Gerten ein; Jhr Kind, Cupido ſchrieb den Heisch geliebter Zierde der Liebe Satzung auf. Die Tinte war die Glutt, Die Feder war ſein Pfeil, und ſein Papier das Blutt. Bey Menſchen ſproßten izt die Anmuths-Roſen aus, die vor der Unholds-Froſt in Knoſpen hielt verſchloßen. Jhr krftigs Biſam roch bis in der Gtter Haus; Auf ihre Bltter kam nur Sternen-Thau gefloßen. der Adern Blutt-Brunn goß den Saft den Wurzeln ein Und die Begierde war ihr fruchtbar Sonnen-ſchein. Jn dem die Liebe nun in reiffer Blthe ſtand, Ward Staude, Laub und Frucht der Keuschheitts-Raute drre,

19 des wuchs] korr. zu deß wuchſ’ 2 5 lieber] gestr., darüber ſßer  ſonſten Venus] gestr., darüber man die Liebe 2 9–30  Verse gestr., darunter, am Fuß der Seite die Brſte ſchwellten ſich durch einen [dahinter gestr. regen] neuen Trieb. | ja [davor gestr. das] nichts nicht war ſo todt, das ohne Regung blieb. 3 2 Vers gestr., darüber gestr. die Wurtzel der begierd – darunter die Wurtzel bittrer Luſt, den Samen ihrer Frchte. 3 3 durch … Hertzens-Gerten] gestr., darunter und der Begierden Keum den zarten hertzen 3 4 den … Zierde] gestr., daneben am rechten Rand in iedes ſchn geſichte 3 7 ſproßten] korr. zu ſproßeten izt] gestr. 3 9 krftigs] korr. zu krftig 4 2 Und die Begierde] gestr., darüber Holdreicher Liebreitz – dahinter gestr. und 4 4 Keuſchheitts] gestr., darüber Unholds

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Anhang

Jhr Gift, das man zu vor fr Necktar hatt’ erkant, Verſuerte nicht mehr der Lippen Trinck-Geſchirre, Weil izt der Eckel erſt nahm ihre Schleen wahr, Und ihre Schmincke ward den Augen offenbar. Hingegen ſahe man die Nelcken heißer Brunſt, die Lilgen reiner Treu, der Freindligkeit Narcißen, der Schnheit Tulipan, die Veilgen milder Gunſt, die Schmirgeln gldner Luſt auf iedem Bth’ aufſchießen. der Thau war Thrnen-Saltz, das aus den Augen ſtſt, wenn man die erſte Nacht der Braut den Grtel lſt. Das Schimmern, das alldar durch Laub und Myrthen ſtach, war der beliebte Blitz der hellen Augen-Sonnen, der Liebes Kruter Saft war eine Zucker-Bach, die durch das Honig-Rhr der Zunge kam geronnen. der Weſtwind, der damals das Freuden-Feld durchbließ, War Seufzen, das die Brust aus ihren Grnzen ſtieß. !9v" Die Blumen und das Graß fieng ſelbſt zu buhlen an, Jhr blaßer Silber-Thau war nichts als Liebes-Thrnen. Jhr Feuer rthete den bundten Tulipan Und ihr Geruch war nichts als Seufzen-reiches ſehnen. der Brunnen kalt Kriſtall fing dieſes zunders brand. denn dieser Mutter Glutt beſmte Land und Strand. Ach! aber wenig Zeit genoß man dieſe Frucht, das Zucker-Kwell verſieg, die Wurzel ward verſchnitten. Man fand nur Wermuth-Kraut, wenn Honig ward geſucht, der Dornenſtrauch beſchloß die Roſen in der mitten. Es ward an ſtatt der See der Abgrunds-Pful beſchifft, Und kurz: die Liebe war der Seele Gall und Gift. 51 52 57 59 60 61 62 63 65 66 72

Tulipan] gestr., darüber Hyacinth Schmirgeln] gestr., darüber Tulpen der Liebes] gestr., darüber verliebter das Freuden-Feld durch] gestr., darüber durch alle Grte  bließ] darüber ſtriech War … die] gestr., darunter Stieß der Verliebten  aus … ſtieß] gestr., darunter mit [davor gestr. durch] Seufzern über ſich Die Blumen] korr. zu Das Blumwerg Jhr] gestr., links daneben Sein Jhr] links daneben Sein  den bundten Tulipan] gestr., rechts daneben ſo Roſ’ als Tulipan brand] gestr., rechts daneben Glutt Vers gestr., darüber das Meer gerieth in Brand und auch Alfeus flutt war] korr. zu ward  der Seele] gestr., darüber verkehrt



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Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten313

Denn Venus ſelber ließ nicht mehr aus ihrer Bruſt, die ſße Wolluſt-Milch auf ihre Bltter rinnen. denn Mißbrauch gattete ſich mit der reinen Luſt, Und Wolffs-Milch wolte faſt auch Wurzeln hier gewinnen. Weil mancher, deßen Bruſt mit Liebe war beſmt, Auch zu dem wilden Wachs der Geilheit ſich bekwmt. Was, ſprach die Knigin der Liebe, ſol mein Wein die Schmincke ſchwartzes Gifts, die Wrtze bittrer Speiſen, Mein Purper-Kleid ein Neſt der Snden-Molche ſeyn? Auf Zipripor! wirf weg das Gold! nimm Bley und Eiſen, Und gieb der frechen Schaar der Menſchen zu verſtehn: Es knn’ auch Rach’ und Haß von unſer Seene gehn. Die ſchon halb oede Welt, wie weit der Mond’ auf ſie Sein Silbern Thau-horn leert, fiel fr Dionens Fßen, den Weyrauch opfernde der Andacht, auf die Knie, die Flammen ihres Zorn’s mit Thrnen zu begießen, Und auf dem Shn-Altar der Demuth, durch die Glutt Der Seufzer zu verzehrn der Geilheit Schlangen-Brutt. !10r" Die Gttin und die Frau der immer grnen !?" Gunſt Ließ umb ihr Paphos ſtracks die Anmuths-Sonne leuchten. Jhr Blitz der Freindligkeit durchdrang den Unholds-Dunſt, Ein neuer Thau fieng an die Myrthen zu befeuchten. Ja ſie gab durch den Mund der Tauben zu verſtehn: Es ſolte Gnad’ und Gunſt fr Recht und Schrffe gehn. Es war ihr albereit des bels Uhrſprung kund: Es ſey die Jungfrauſchafft unlngſten ſchlßig worden, Jn oeden Wſten ihr zu bauen einen Grund, durch stilles Einſam-ſeyn und einen Kloster-Orden.    73 Denn Venus] gestr., links daneben Dione    76 wolte faſt auch] gestr., darüber mhte ſich ſtets  hier] gestr., darüber zu    77 Vers gestr., darüber der Keuſchheit [unter gestr. Liebe] bldes Aug’ und Antlitz war beſchmt [vor bldes gestr. die Lieb der Keuſchheit]    78 Vers gestr., darüber weil [dahinter gestr. aus der] aller Welt-Kreiß ſchier [dahinter gestr. war Ge] mit Geilheit war beſmt    80 Schmincke] gestr. darüber Mchſel    90 Seufzer] gestr., darunter Andacht    91 immer grünen] gestr., darüber unverflſchten    99 oeden] korr. zu den 100 ſtilles] gestr., darüber traurig  und … Kloſter-Orden] gestr., darüber die Liebe zu ermorden

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Anhang

Jn dieſen hette ſie die Jugend in verbannt, Zu welcher noch nicht recht wr’ ihre Flamm entbrannt. Als aber die Natur ihr Feuer mit der Zeit das in der Aſchen lag, in ihr recht aufgeblaſen; so hette Lieb’ und Glutt mit blinder Grauſamkeit Jm Kercker ihrer Bruſt gefangen an zu raſen, Als ein verriegelt Wind in einer holen Klufft, der Klippen Fels und Berg zerſprenget in die Luft. Aus dieſem Saamen ſey das Unkraut bſer Luſt, das ſchdliche Napell in Venus Garten kommen, Und durch ihr Gift befleckt der Jugend reine Bruſt, dadurch ihr Tugend-Oel faſt ſey in nichts verſchwommen. drumb ſolte dis hinfort ihr Schluß-Geſetze ſeyn: Man ſolte zeitlich ſich zum Lieben ſtellen ein. Denn wrde man recht frh den Liebes-Samen ſ’n, So wrde neben ihm ſich wol kein Unkraut hecken. Zu dem ſo pfleg’ es auch am meiſten zugeſchehn: das, was man langſam pfropft, bleib’ in den Knoſpen ſtecken. Hingegen werde dis mit reicher Frucht belegt, was, wenn ein anders kam erſt kumt, ſchon Blthen trgt. !10v" Wer, wenn des Alters Schnee beſilbert gldnes Haar Mit Venus Mirthen erſt ihm wil ſein Haubt bekrnzen, Baut ſeiner kalten Stirn’ ein hrnricht Schmach-Altar, Sucht Feuer in dem Schnee, und Roſen in dem Lenzen. die Blume, wo die Bien heraus ſaugt ſſſe Frucht. Verkehrt ſein herbes Maul in Gift und Eiferſucht. Wer aber, weil ihm noch der Jahre Frling blht, Sein Hertze balſamt ein mit unbefleckter Liebe, dem grnt die Tugend auch, wenn die Begierde glht, Kein unglckſeelig Stern macht ſeinen Himmel trbe. Kein ſcharffer Unmuths-Reif verſengt ihm ſein Geblm’, Und keine Raupe frißt die friſchen Datteln ihm. 101 dieſen] korr. zu dieſes Jugend] gestr., darüber Kindheit  in] korr. zu ein verbannt] gestr., rechts daneben geſpannt 102 Vers gestr., darüber eh’ ihres Alters lentz [dahinter gestr. empfun] gefhlet ihren Brand 104 Aſchen] korr. zu Aſche 110 Venus] gestr., darüber Liebes 115 recht] über gestr. fru 116 wol kein] gestr., darüber niemals 132 Datteln] gestr., darüber Bltter



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Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten315

Sein ganzes Leben iſt ein unvergnglich Mey, Sein Blum werck kan kein Wurm, kein Mhlthau nicht vertilgen, Und ſeine Saate ſchlgt kein Hagel nicht entzwey, Er erndtet von der Bruſt der Liebſten Wolluſt-Lilgen; Jhr Mund muß immer ihm mit Nelcken Schwanger ſtehn, Und der Narcißen Schnee ihm auß der Schooß aufgehn. Die Frchte werden ihm ſchon reif zur Lenzens-Zeit. denn ſeine Sonne pflegt bey Nacht ihm auch zu leuchten. Jhr Palm-Baum grner Treu grnt, weil es blizt und schney’t weil sie ihn fort fr fort mit Hofnungs-Balſam feuchten. Mit seinen Augen saugt er aus der Herzens-Bruſt die Milch der Freindligkeit, den durſt der ſßen Luſt. Nun wol! vertrauſter Freind, ich lob’ auch ſeinen Schluß; daß er ſich unterwirfft der Liebe Grund-Geſetzen; Am beſten nur gedient dem, dem man dienen muß; Liegt doch die Freyheit auch in Venus Garn und Netzen. Er darf der minſten Furcht fr dſtern Nchten hier, Die Jugend trget ihm die Hochzeit-Fackeln fr. !11r" Die Tugend und die Kunſt, die er bis izt geehrt, Als Tchter ſeiner Hand, und Schweſtern ſeiner Sinnen, die haben ſelbſten ihn die Wechſelung gelehrt Nach reiner Keuſchheit auch das Lieben lieb gewinnen. denn beyde knnen wol in einem Tempel ſeyn. den Tag theilt man der Kunſt, die Nacht dem Lieben ein.

134 Mhlthau] korr. zu Mehlthau 137 Jhr … ihm] gestr., darüber Er ſieht ſtets ihren Mund  Schwanger] korr. zu ſchwanger 138 Vers gestr., darüber und die [dahinter gestr. der Bruſt] Narzißen-Bruſt mit Roſen ſich erhhn 140 Vers gestr., darüber weil Jhm bey tag und Nacht ſtets ſeine Sonne leuchtet 141 Vers gestr., darunter Sie iſt ein himmel Jhm, der niemals blitzt noch ſchneyt 142 Vers gestr., darunter doch unaufhrlich Jhn mit [dahinter gestr. Aug !?"  Bal] LiebesBalſam feuchtet 143–144 Verse gestr., dafür am Fuß der Seite die Milch der Freindligkeit trnckt ſeinen durſt’gen Mund | und was ihn hat verletzt, macht wider ihn geſund [über und was ihn hat steht gestr. die ihn verwund] 148 Liegt doch] gestr.  auch  … und] gestr., darüber ruht und ſchlfft in reiner Liebe 152 Tchter] gestr., darüber Schweſtern  Schweſtern] gestr., darüber Tchter 153 ſelbſten] korr. zu ſelber 154 reiner … das] gestr., darüber keuſcher Einſamkeit die  Lieben] korr. zu Liebe lieb] üb. d. Z. erg.

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160

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Anhang

Die Jugend selber hilft ihr buhlen umb die Gunſt, der Keuſchheit reiner Schnee umb unbefleckte Flammen. die Klte lindert ſich fein ſanfte durch die Brunſt, Wenn in ein Ampel-Glaß fleuſt beider Safft zuſammen. der Liebe Thau verſehrt der Tugend Staude nicht, Wenn jener Weinſtock ſich umb ihre Ulmen flicht. Und were dieſer nicht viel hrter als ein Stahl, Den ſolch ein Gunſt-Magnet nicht wolte nach ſich ziehen. die Sonnen-wende kßt der Sonnen lieben Strahl, Man ſiehet Klee bey Klee, bey Veilgen Veilgen blhen. So billich pflanzet er auch ſeiner Jahre Blum’ Auf Blumen, und ſein Lob auf gleichen Ehren-Ruhm. Mich dnckt: ich ſehe ſelbſt, wie dieſe, die er liebt durch ihre Tugenden liebreizend ihn beſtricket, Wenn ihre Freindligkeit ihm tauſend Blicke giebt, wenn ihre Keuſchheit ſie mit reiner Seiden ſchmcket, wenn ihre demuth ihn mit Ehrerbietung kßt, Und ihr beredſam-ſeyn die Reden ihm verſßt. Denn dieſes iſt ihr Kampf, damit ſie durch das Thor der Augen ihm ins Herz und in die Seele dringet. Wenn izt ihr Anmuths-Geiſt die Waffen ſucht hervor, Und in der Schnheits-Burg ſie auf die Wallſtatt bringet. Jhr holdes Antlitz iſt der Kcher, und ihr Mund die Seene, das Geſchoß ein Kuß, der ihn verwund’t. !11v" Viel angenehmer Krieg, wo der Beſiegte ſiegt! Wo auch die Wunden ſelbſt voll ſßes Necktars ſchwimmen. Wo Beute, Fahn und Feind in warmen Armen liegt,

157–162  Verse gestr., dafür am Fuß der Seite der Keuſchheit reiner Schnee [dahinter gestr. Hei] begeiſtert ſeine braut, | und regt in ſeiner bruſt ſo unbefleckte flammen; | die Anmuth, welche ſtets von ihren Lippen thaut, | flßt [dahinter gestr. ſein zerſchmoltzen hertz und] ihre Seel’, und ſein zerſchmoltzen Hertz zuſammen. | Und euer Lieben hat kein beßer Vorbild nicht; | als einen Rebenſtock der ſich umb Ulmen flicht. 157 Die Jugend ſelber] gestr. [auf Jugend folgt, ebenfalls gestr., hilft]; darüber gestr. Vernunfft und freindligkeit  ihr] gestr.  umb die Gunſt] gestr.; dahinter ſeiner braut 163 Und were] gestr., darüber Wr aber 165 Sonnen] korr. zu Sonne 177 izt ihr Anmuths-Geiſt] gestr., darüber ihrer Schnheit Reitz 178 in der Schnheits-Burg] gestr.; darüber ihrer Anmuth Geiſt 180 verwund’t] gestr., rechts daneben macht wund 181 Viel] gestr., darüber Hchſt



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Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten317

Wo die Begierden ſtets voll heißer Eintracht glimmen. Wo aus dem Zwieſpalt Frucht, aus Feuer Saate kwillt, Und der erregte Streit die leeren Lnder fllt. Jch wnſche nun hierauf Euch, herzverknpftes Paar, des Glckes Sonnenſchein, der Wolluſt ſteten Lenzen. Und wie izt Perl und Gold bekleidet euer Haar, So wolle Freud’ und Luſt auch euren Willen krnzen, Bis daß der Seegen ſelbſt in einer Wiegen ſteh, Und die Erſttigung fr euer Wnſchen geh. daß Euch, verliebten Zwey, der Hofnung Rauten-ſtrauch die Blthen milder Hold, der Freuden Frchte trage die keines ſchlen Neids unangenehmer Hauch Vergifte, noch kein Blitz des Unglcks ſie zerſchlage. daß die Vereinigung der Glieder ſtimme bey dem Hertzen, die Geſtalt der Augen Labſal ſey.

3.  „Trauer- und Trost-Gedankken“ zum Tode von Anna Assig – Druck Breslau [1658] (Erstfassung von Nr. 6 der ‚Hyacinthen‘)

Trauer- und Troſt-Gedankken ber dem Zwar frhzeitigen aber ſeeligen Abſterben

Der Edlen Hoch- Ehr- und Tugend-reichen 5

Frauen Anna

gebohrner Jordanin/ Deß

190 auch euren Willen] gestr., darüber zunächst ſtets euren Wunſch, dann Wunſch gestr. u. unter d. Z. durch Ehſtand ersetzt krnzen] mit Rücksicht auf das einsilbige Wunſch zunächst korr. zu bekränzen, dann be wieder gestr. 191–198 Verse gestr., darunter, ebenfalls gestr. der Segen flle Bett’ und Hauß und Wiegen an, | und die Vergngung ſey – darunter gestr. die Liebe, gefolgt von das Hauß ſey immer voll, das Glck euch niemals ſchwer | die Liebe keinmal ſatt, die Wiege nimmer leer [das Glck … ſchwer über gestr. die Wiege nimmer leer]

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Anhang

Edlen Hochgelehrten und Hochbenambten Herren

Andreas Assigs

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Beyder Rechten Doctoris und der Knigl. Stadt Breßlau Syndici

Hertzgeliebten Ehefrauen/ Der Seelig-Verſtorbenen zu Ehren/ und denen smptlichen Hoch15

betrbten zu Troſt auß ſchuldiger Pflicht auffgeſtzet Von

Daniel Caſpern.    […] !Av"

5

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15

DJß Leben/ daß der Menſch fr ſeinen Ab-Gott hlt/ Dem Hoffnung und Begier faſt ſtndlich Opffer reichen/ Dem Er di Sternen kaul zu ſeinen Schrancken ſtll’t/ Fr welchem Jahr und Zeit ſoll’n ſeine Segel ſtreichen; Diß Leben zndet ſelbſt dem Tode Weirauch an Und Fakkeln/ derer Wachs es auß ſich ſelbſt muß winden/ Sein Hoch-Muth mach’t ſich leicht dem Schatten unterthan Und lſt in Grab’ und Sarch’ jhm Arm und Beine binden. Di Libe ſelbſt/ der Geiſt und Seele diſer Welt Di Gott und Menſch/ di Erd’ und Himmel hat verbunden/ Di di Natur gepflantz’t und noch in Eintracht hlt Empfindet durch den Pfeil deß Todes ſelber Wunden; So offt ein Hertze ſtertz’t dem andern Hertzen ab/ Di Himmel Gott und Gunſt zuſammen hat vermhlet/ Und der geliebte Leib hinweg muß in das Grab Den jhm ein ander hat fr ſeine helfft erwhlet. Hier ſcheutert nun di Luſt der Sinnen nicht allein’/ Jn dem di holde Glutt der Augen jetzt verlodert/

17 ſcheutert] ſcheuhert E



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45

Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten319

Wenn ſich di Fulnß lg’t an Hals und Helffenbein/ Der Glider zartes Wachs/ der Wangen Scharlach modert/ Di Bruſt mit jhrer Milch di grnen Molche ſug’t Der Lippen Himmel-Brodt di gelben Wrme ſpeiſet/ Di Schooß di Mißgeburth vergiffter Schlangen zeucht Und der Ergtzligkeit jhr ſchlpffrig Spilen weiſet. Der Geiſt/ das beſte Theil/ der etwas Gttlich’s heg’t Der auff was beſſerm ſpielt als morſchem Wolluſt-Eiſe Und weit auß Staub’ und Koth den Sinn nach Tugend trgt/ Betrauret auch noch mehr dergleichen Todten-Reiſe; Wenn er der Keuſchheit Schnee/ der Libe reine Brunſt Den Glantz der Gottes-Furcht/ der Demuth bldes blikken Umbnebelt durch den Traum und den Vergeſſungs-Dunſt Mit ſeiner Libſten ſih’t von Tiſch’ und Bett’ entrkken. !Aijr" Dergleichen Trbſals-Wolck’ umbgib’t Herr Aßigs Hauß Di durch den Seuffzer-Sud ſich kehrt in Thrnen-Regen/ Nach dem der blaſſe Tod ſchlg’t Recht und Ordnung auß/ Und ſeinen Pfeil ſich wag’t auff ſeine Bruſt zu legen/ Weil er ſein eigen Fleiſch verſcharret in das Grab/ Und ſeines Hertzens Hertz Jhm aus der Seite ſchneidet; Den Reben keuſcher Eh den Wein-ſtock hauet ab/ Und in den Trauer-Flor di Mutter-Weiſen kleidet. Allein’ es muß allhier di Sonne der Vernunfft Di Wolkke diſes Leid’s mit Regen-Bogen frben/ Auff welche ſei gemahlt die wahre Wider-kunfft Jn’s Leben/ ob gleich diß/ was Welt iſt/ hier muß ſtrben. Di krfftige Geduld wird lehren: daß die See Der Thrnen ſei ein Thau di Aſche zubefeuchten/ Das knfftig auß Jhr auff die Unſchulds-Lilge geh/ Mit welcher wird Jhr Leib im Paradiſe leuchten.

26 Der] Wer E 38 ſchneidet] ſcheidet E

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Anhang

Vor-auß ſoll dieſer Troſt den Traurenden fall’n bei: Daß diſer Sufftzer wirfft/ der diſen Winter blſet/ Ein Vordrab/ eine Poſt deß Himmel-Frhling’s ſei/ Da alles blhen wird was lngſten iſt verwſet/ Da/ wer auff dieſer Welt hat Thrnen außgeſtreu’t/ Vom bitt’ren Aloe wird Zukker-knoſpen lſen/ Und diſe werthe Frau/ di jtzt der Tod abmeih’t/ Von aller Sterbligkeit im Himmel wird genſen. Es geh’t Jhr Augen-Licht jetzt unter in di Nacht: Daß es kan auß dem Grab’ als eine Sonn’ auff-gehen. Di Mund-Korallen zwar verlieren jhre Pracht: Si aber werden dort im hchſten Purpur ſtehen. Der Haare Gold verblaſt/ der Glider Marmor bricht: Daß Si in Ewigkeit zu Stern- und Perlen werden. Denn den befleckten Leib verklr’t der Hchſte nicht/ Er laſſe denn zuvor die Hlſen in der Erden. !Aijv" Jhr wahrer Seelen-ſchmuck di Tugend zwar verſchwindt/ Daß man Si wol nicht mehr mit blden Augen ſchauet: Gott aber/ der di Welt jhr nicht fr gut befind’t/ Hat Jhr den Sternen-Saal zum Tempel aufferbauet. Schleuſt dreier Ellen Raum di Hand-voll Sand gleich ein; So ſtekk’t Jhr Name doch nicht eben in der Hlen. Es wird/ wenn gleich Jhr Grab ſchon wird vergraben ſein/ Jhr gutt Gedchtnß blh’n in tauſend tauſend Seelen. Ja man ſih’t ber diß Jhr wahres Eben-Bild Jn dem geliebten Paar der holden Kinder leben. Ach! ſeelig hat ein Menſch den Jahres-Lauff erfll’t/ Der rhmlich gutte Nacht der bſen Welt kan geben!

49 fall’n] falln’ E 53 außgeſtreu’t] außgeſtreut’ E 54 bitt’ren] bitt’rem E 6 8 aufferbauet.] aufferbauet E 6 9 Hand-voll] Hand-Roll E 7 1 Es] Er E 72 blh’n] blhn’ E 7 3 ſih’t] ſiht’ E



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Gedruckte und handschriftliche Erstfassungen von Gedichten321

Und ob er’s leben gleich kaum biß an Mittag bring’t Hat er doch ſatt gelebt/ und iſt ſo alt zu ſchtzen Als einer/ dem der Geiſt zu Mitter-Nacht entſinkt. Denn eine Spanne Ruhm iſt fr viel Jahr zuſtzen. Zu dem/ wer zeitlich hier di Welt geſegnen muß/ Entſegelt vielem Sturm’ auch noch bey Sonnen-ſcheine. Denn diſes lebens Milch iſt Angſt-ſchweiß und Verdruß/ Man trinkket Gall’ und Gifft auch in dem besten Weine. Der Leib/ der von Kind auff ſchon fng’t zu ſterben an/ Muß deſto lnger hier in Kranckheits-Ketten ſchweben. Di Seele/ di das Fleiſch nicht fahren laſſen kan/ Bleib’t ſo viel Jahre mehr im Snden-Peche kleben. Wer wolte diſem nach di Gott-geſeelte Frau Vom Himmel in di Welt/ auß Luſt in Wuſt beghren? Betrbte/ laß’t das Saltz/ der Thrnen Silber-Thau Di Trauer-Pflantze nicht in eurem Hertzen nhren! Viel Weinen Balſamet di Leiche ja nur ein/ Damit Si zeitlicher von Wrmen wird gefrſſen. Di Thrnen ntzen ab deß Ruhmes Marmol-ſtein/ Dardurch der Strbenden wird deſto eh vergſſen.

4.  Auf den Tod des Kaufmanns Christian Scheffrich – ohne Überschrift, Druck Oels [1657] (Erstfassung von Nr. 16 der ‚Hyacinthen‘)

5

DEr Hofnungs-Bau iſt Fall/ di Blthe faulend Moſt/ Eiß Trb-ſand iſt das Feld wo unſer Muth uns blhet. Wenn man den Ehren-Zwek beim lichten recht beſihet/ Hat Erde/ Sand und Sarch unß ſo viel Schweiß gekoſt. Der Marmel wird verzehrt durch ſpter Zeiten Roſt/

80 84 90 9 1

Denn] Dem E Gall’ und] Gall und’ E Welt/] Welt E Saltz/] Saltz E

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10

Anhang

Der Wurm iſt Wurm-Geſpinnſt’ umb aufzuzehrn bemhet; Di ihr den Tulipan der Wolluſt auferzihet/ Schau’t wi ihr Kumen bald verzehrt wird durch den Froſt. So iſt’s/ ſo wndet ſich des Willens leichtes Blatt. Herr Scheffrichen der erſt dis alles woll’n beſigen/ Muß unter diſer Laſt eh’ als er mein’t erligen. Wol aber ihm! Daß Er gebaut kein Lufft-Schloß hat! Denn ſeiner Seele Bau/ worinnen er itzt wohnet/ Bleibt von der Zeit und Todt’ und Un-fall wol verſchonet.                 Poſ.                   DANIEL CASPARI.



Überlieferung323

Editionsbericht

324

Editionsbericht



Überlieferung325

I. Überlieferung Die erste Ausgabe von Lohensteins unter dem Titel ‚Blumen‘ gesammelten lyrischen Werken (A) ist Teil der 1680 bei Jesaias Fellgiebel in Breslau erschienenen ersten Sammelausgabe mit Werken Lohensteins. Diese Sammelausgabe, die ohne Haupttitelblatt erschien, enthält folgende Werke (alle hier erstmals gedruckt)1, jedes mit eigenem Titelblatt und eigener Bogen- und Seitenzählung, so daß auch ein Separatverkauf möglich war: – Sophonisbe (1680), – Cleopatra-Zweitfassung (1680), – Blumen (1680), – Geistliche Gedancken über das LIII. Capitel des Propheten Esaias (o.J. [1680]). Am Schluß stehen Hinweise für den Buchbinder zur Plazierung der Abbildungen („Ordnung der Kupffer in der Sophonisbe“; „Ordnung der Kupffer in der Cleopatra“), gefolgt von einem Verzeichnis der Druckfehler in der ‚Sophonisbe‘, in der ‚Cleopatra‘ und in den ‚Blumen‘.2 1

S. die Übersichten bei Gerhard Dünnhaupt, Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Zweite, verb. u. wesentl. verm. Aufl. des Bibliographischen Handbuches der Barockliteratur. Tl. 4. Stuttgart 1991 (= Hiersemanns Bibliographische Handbücher 9,IV), S. 2592, Nr. 1; Hans von Müller, Bibliographie der Schriften Daniel Caspers von Lohenstein, 1652–1748. Zugleich als ein Beispiel für die buchgewerblich exakte Beschreibung von deutschen illustrierten Büchern des 17. Jahrhunderts aufgestellt. In: Werden und Wirken. Ein Festgruß Karl W. Hiersemann zugesandt. Hrsg. von Martin Breslauer u. Kurt Koehler. Leipzig 1924, S. 184–261, hier S. 229–233, und bei Pierre Béhar, Silesia Tragica. Epanouissement et fin de l’école dramatique silésienne dans l’œuvre tragique de Daniel Casper von Lohenstein (1635–1683). Wiesbaden 1988 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 18), Tome 2, S. 726–730. 2 Von diesem Anhang mit Bindeanweisungen und Errataverzeichnissen gibt es zwei Druckvarianten: eine von 4 Blättern Umfang und eine in kleinerer Type gedruckte, die nur 3 Blätter umfaßt (beide ohne Blatt- oder Seitenzählung). Der Sammelband der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (HAAB) in Weimar (Sign.: 14,6:12), der auch den von uns in der Abteilung ‚Dramen‘ verwendeten Erstdruck der ‚Sophoniſbe‘ enthält, hat die vierblättrige Fassung, ebenso wie der Sammelband der UB Wrocław (Sign.: 382 019–382 024), den Spellerberg für seinen Reprint der ‚Blumen‘ benutzt hat: Daniel

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Editionsbericht

Die beiden Nachdrucke der ‚Blumen‘ von 1689 (B) und 1708 (C) sind Teile der in diesen Jahren beim selben Breslauer Verleger erschienenen dritten und fünften Sammelausgabe, die beide dieselben Werke wie die erste Sammelausgabe von 1680 enthalten. Letztmalig erschienen die ‚Blumen‘ innerhalb der 1733 vom Verlag Zedler herausgebrachten Sammelausgabe von Werken Lohensteins (D). Dabei handelt es sich nur um eine Titelausgabe: um den mit einem neuen Titelblatt versehenen Restbestand der dritten Ausgabe von 1708. Seitdem hat es keine Neuausgabe mehr gegeben, auch keine wissenschaftliche Edition. Letzteres ist sicher damit zu erklären, daß das Hauptinteresse der Lohenstein-Forschung von jeher seinem dramatischen Gesamtwerk galt, demgegenüber seine lyrischen Werke, wie alle frühneuzeitliche Lyrik vorwiegend Kasualdichtung, als eher zweitrangig galt.3 Einen ungemein verdienstvollen und äußerst nutzbringenden Zwischenschritt zu einer historisch-kritischen Edition stellt Gerhard Spellerbergs mit einem ausführlichen, instruktiven Nachwort versehene Reprintausgabe des Erstdrucks von 1680 dar, die unter dem Titel ‚Lyrica‘ 1992 innerhalb der Reihe ‚Rara ex bibliothecis Silesiis‘ des Verlags Max Niemeyer in Tübingen erschien. Beigegeben sind Reprints der ‚Geiſtlichen Gedancken‘ (o.J. [1680]), des ‚Erleuchteten Hoffmanns‘ (1685), dem einige in den ‚Blumen‘ nicht enthaltene Gedichte beigegeben sind, sowie des Druckfehlerverzeichnisses der ersten LohensteinSammelausgabe. Im Anhang von Spellerbergs Edition sind Reprints von zwölf Gedichten Lohensteins zusammengestellt, die in Gelegenheitsdrucken der Jahre 1651–1667 erschienen sind (neun davon Erstdrucke von Gedichten aus der Sammlung ‚Blumen‘), des weiteren auch Casper von Lohenstein, Lyrica. Hrsg. u. mit einem Nachwort vers. von Gerhard Spellerberg. Tübingen 1992 (= Rara ex bibliothecis Silesiis 1); die Abbildung des Anhangs hier S. [471]-[478]. – Die dreiblättrige Fassung findet sich in dem Exemplar der UB Rostock (Sign.: Cf 4621), am Schluß eines Sammelbandes mit Dramen von Johann Christian Hallmann der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin (Sign.: Yq 6841!a" R) und offenbar auch in dem von Dünnhaupt eingesehenen Exemplar der UB Göttingen, wie seiner Angabe „am Bandschluß 3 Bl. (Bindeanweisungen u. Err.)“ zu entnehmen ist: Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2592, Nr. 1. Sie war auch in dem von Hans von Müller beschriebenen, unter die Kriegsverluste zu zählenden Exemplar der Preußischen Staatsbibliothek enthalten: Müller, Bibliographie (wie Anm. 1), S. 233. – Der Beigabe des Druckfehlerverzeichnisses zu den ‚Blumen‘ in vorliegendem Band (s.  o ., S. 291–293) liegt die vierblättrige Fassung (nach dem Reprint bei Spellerberg) zugrunde. 3 Vgl. die Bemerkungen Spellerbergs in seinem Nachwort zu seiner Reprintausgabe von Lohensteins ‚Lyrica‘ (wie Anm. 2), S. 31*–36*.



Überlieferung327

Abbildungen der Reinschrift einer früheren Fassung des in der Abteilung ‚Roſen‘ der ‚Blumen‘ unter der Überschrift ‚Reine Liebe‘ 4 stehenden Gedichts auf die Hochzeit von Christian Vincens und Catharina Täbisch mit den handschriftlichen Korrekturen Lohensteins für die zum Abdruck in den ‚Roſen‘ bestimmte Fassung.5 In seinem Nachwort gibt Spellerberg auch eine Übersicht über die Überlieferung Lohensteinscher Lyrik außerhalb der von L. noch selbst zusammengestellten Sammlungen 6, darunter auch eine Aufzählung der einschlägigen Texte in der Neukirchschen Sammlung, unter denen sich auch Varianten zweier in den ‚Blumen‘ enthaltenen Gedichte (Nr. 9 und 18 der ‚Roſen‘) befinden. Ein von dem Bearbeiter einer historisch-kritischen Ausgabe der ‚Blumen‘ zu lösendes Problem ergibt sich aus der von den Buchbindern der überlieferten Bibliotheksexemplare unterschiedlich realisierten Reihenfolge der drei Teile der ‚Blumen‘ (‚Roſen‘, ‚Hyacinthen‘, ‚HimmelSchlſſel‘) und der Beigabe ‚Geiſtliche Gedancken‘ mitsamt den wiederum diesen beigegebenen ‚Thrnen‘. Spellerberg fand in dem von ihm für die Reproduktion innerhalb seiner ‚Lyrica‘ benutzten Breslauer Exemplar die folgende Reihung vor: 1. Himmel-Schlüssel, 2. Geistliche Gedancken, 3. Thränen, 4. Rosen, 5. Hyacinthen. Diese behielt er für seine Reprintausgabe unverändert bei, weil er sie für die vom Autor ausdrücklich gewünschte und auch sachlich gebotene hielt. Den Wunsch des Autors glaubte Spellerberg aus der Anordnung der Teile in der Liste der Druckfehler der ‚Blumen‘, die der Sammelausgabe von 1680 beigegeben ist, herauslesen zu können. Einen sachlichen Grund für eben diese Anordnung sah er in der höheren Wertigkeit der geistlichen Thematik gegenüber der weltlichen der ‚Roſen‘ (größtenteils Epithalamien) und der ,Hyacinthen‘ (größtenteils Epicedien), die die 4

Bei uns Nr. 17 der ‚Roſen‘ (s.  o ., S. 120–126). Nach der Handschrift R. 3156 der UB Wrocław (Breslau), Teil C (Lohensteiniana), Bl. 8r–11v (s. die Beschreibung der Handschrift im Editionsbericht von Teilband 3.1 der Abteilung Dramen unserer Ausgabe: Ibrahim Sultan. Sophonisbe [2013], S. 813–823, hier S. 823). 6 Lohenstein, Lyrica (wie Anm. 2). S. 47*–54*. 5

328

Editionsbericht

Voranstellung der ‚Himmel-Schlſſel‘ nebst den ‚Geiſtlichen Gedancken‘ und den ‚Thrnen‘ als allein sinnvolle unbedingt rechtfertige. Damit widersprach Spellerberg der Auffassung Hans von Müllers7, der die folgende Anordnung für die authentische und allein sinnvolle hielt: 1. Rosen, 2. Hyacinthen, 3. Himmel-Schlüssel, 4. Geistliche Gedancken, 5. Thränen. Müller hielt die in der Druckfehlerliste vorfindliche Anordnung der Teile für eine nachträglich angebrachte sinnfremde Maßnahme, die unter den Buchbindern, die darin Orientierung suchten, heillose Verwirrung angerichtet habe und daher für das Durcheinander der Bindung in diversen Bibliotheksexemplaren verantwortlich sei. Müller wies darauf hin, daß eine Einschaltung der ‚Geiſtlichen Gedancken‘ und der diesen beigegebenen ‚Thrnen‘ zwischen ‚Himmel-Schlſſel‘ und ‚Roſen‘ wenig sinnvoll sei, da sie unter den Obertitel nicht paßten. Er untermauerte seine Ansicht mit dem Hinweis auf die unterschiedliche Wertigkeit bzw. graduelle Abstufung der Zwischentitel der drei Teile. Gemeint ist dies: Von den drei Hauptteilen der ‚Blumen‘ haben nur die ‚Roſen‘ ein Titelblatt mit Angaben von Druckort, Drucker und Jahr: Daniel Caſpers | von | Lohenſtein | Roſen. | !Trennungslinie" | Breßlau/ | Auf Unkoſten JEſaiæ Fellgibels Buchh. | 1680. Die Titelseite der ‚Hyacinthen‘, deren Anschluß direkt an die ‚Roſen‘ ganz außer Frage steht, da der den ‚Roſen‘ vorangestellte Widmungsbrief an Friedrich von Roth sich auch auf sie bezieht, ist als schlichter Zwischentitel gestaltet: D. C. v. L. | Hyacinthen. Ähnlich die Titelseite der Himmel-Schlüssel: Daniel Caſpers | von | Lohenſtein | Himmel-Schlſſel. Diese Gestaltung der drei Titelseiten läßt eindeutig darauf schließen, daß die ‚Roſen‘ an erster Stelle stehen sollten.

7

Müller, Bibliographie (wie Anm. 1), S. 233f.



Überlieferung329

Die ‚Geiſtlichen Gedancken‘ wiederum haben ein vollständiges Titelblatt mit Angabe von Druckort und Drucker, jedoch ohne Jahr: Daniel Caſpers | von | Lohenſtein | Geiſtliche | Gedancken | ber | Das LIII. Capitel des Propheten | Eſaias. | !florale Trennungsleiste" | Breßlau/ | Auf Unkoſten Jeſaiæ Fellgiebels Buchh. aldar. Den ihnen beigegebenen ‚Thrnen‘ ist nur ein schlichter Zwischentitel („Thrnen.“) vorangestellt. Die ‚Geiſtlichen Gedancken‘ mitsamt den ‚Thrnen‘ waren demnach als für sich bestehende Einheit gedacht – woraus zu schließen ist, daß ihre Einfügung zwischen zwei Teile der ‚Blumen‘ (‚Himmel-Schlſſel‘ und ‚Roſen‘), wie sie in dem von Spellerberg benutzten Breslauer Exemplar vorgenommen worden war, schon die Logik der Abfolge in der Gestaltung der Zwischentitel störte. Müllers Auffassung haben sich mit Ausnahme Spellerbergs, soweit ich sehe, alle Lohenstein-Forscher und -Bibliographen, die sich diesem Thema gewidmet haben, angeschlossen8, und auch wir tragen mit der Anlage unserer Edition seiner schlüssigen Argumentation Rechnung, die sich noch unter einem weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Aspekt stützen läßt, nämlich dem der Datierung der beiden in den ‚Blumen‘ enthaltenen Widmungsbriefe. Der den ‚Roſen‘ vorangestellte Widmungsbrief an Friedrich von Roth, in den, wie gesagt, auch die ‚Hyacinthen‘ einbezogen sind, ist auf den 6. März 1680 datiert, der den ‚Himmel-Schlſſeln‘ vorangestellte an Johann Adam von Posadowsky und Postelwitz auf den 21. März 1680: ein deutlicher Hinweis darauf, daß die ‚Roſen‘ vom Buchdrucker zuerst gesetzt und also auch vom Autor zuerst korrigiert worden sind – was wiederum den Schluß nahelegt, daß sie in der Satzvorlage schon an erster Stelle standen. Spellerbergs Argumentation beruht hauptsächlich auf der Annahme, daß die Anlage jener Druckfehlerliste zur ersten Ausgabe der ‚Blumen‘ nicht zufälliges Produkt eines Druckereikorrektors ist, sondern auf Lohenstein selbst zurückgeht, wofür es aber keinerlei Anhaltspunkte gibt. Das Nebenargument, daß die Voranstellung der ‚Himmel-Schlſſel‘ im Hinblick auf den Vorrang geistlicher Stoffe vor weltlichen auch sachlich geboten gewesen sei, läßt sich leicht entkräften: Ist doch deren Position an letzter Stelle unter dem gleichen Aspekt ebensogut zu rechtfertigen, wenn man sich gemäß christlicher Lehre die Abfolge der drei Teile im Sinne einer Steigerung auf einen überragenden Endpunkt hin so vorstellt: 8

Vgl. Lohenstein, Lyrica (wie Anm. 2), Nachwort, S. 43*, Anm. 62.

330

Editionsbericht

1. ‚Leben‘ (mit seinen Höhepunkten Liebe und Ehe repräsentiert in den ‚Roſen‘), 2. ‚seliges Sterben nach gottgefälliger Lebensführung‘ (repräsentiert in den ‚Hyacinthen‘), 3. ‚Aufstieg in das Reich Gottes‘ (repräsentiert in den ‚Himmel-Schlſ­ ſeln‘).

1.  Die vier Ausgaben der ‚Blumen‘ 1680–1733 1.1.  Erste Ausgabe 1680 (A) Der Erstdruck der ‚Blumen‘, erschienen als Teil der ersten Sammelausgabe von Werken Lohensteins9, liegt unserer Edition zugrunde. Benutzt wurde das Exemplar der UB Wrocław (Breslau) mit der Signatur 382 022–382 024 in Gestalt des Reprints in Spellerbergs ‚Lyrica‘ 10, allerdings mit der unseren obigen Darlegungen11 entsprechenden veränderten Reihenfolge der drei Teile. Hingewiesen sei auf das als Digitalaufnahme im Internet frei zugängliche Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek in München (Signatur: Res P. o. germ. 871 qc), das eine unserem Konzept entsprechende Anordnung der drei Teile aufweist.12 In VD 17 ist unter Nr. 1:644164A eine angebliche Variante des Erstdrucks der ‚Blumen‘ verzeichnet, belegt nur mit einem einzigen, in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin (Signatur: 3 an: Yi 8085) vorhandenen, auch als Digitalaufnahme frei zugänglichen Exemplar. Nach unseren Ermittlungen handelt es sich tatsächlich um ein Exemplar des Zweitdrucks von 1689 (B-Druck), dem das Titelblatt und die Vorrede an den Leser aus einem Exemplar des Erstdrucks vorgebunden wurde.13 Die folgende Beschreibung beruht auf dem o.  g. Breslauer Exemplar:

9

S.o., S. 325. S.o., Anm. 2. 11 S.o., S. 328–330. 12 Weitere Standorte sind verzeichnet in VD 17 unter Nr. 23:247636C sowie bei Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2592, Nr. 1, und Béhar, Silesia Tragica, Tome 2 (wie Anm. 1), S. 730f. 13 Ich habe selbst ein Exemplar genau dieser Art in meinem Besitz. 10



Überlieferung331

A: Daniel Casper‚ | von | Lohenstein | Blumen. | !Trennungslinie" | Breßlau/ | Auf Unko˝en JEsai æ Fellgibel‚ / | BuÓhndler‚ aldar. | ≥‹˘÷ . 8°. 8 Bll. (incl. Titelkupfer); 7 Bll., 142 S.; 94 S.; 4 Bll., 47 S. Das Titelkupfer (s.  o ., S. VIII u. Kommentar, S. 351) 14, nach der Signatur am rechten unteren Bildrand 15 gestochen von einem Mitglied der Nürnberger Künstlerfamilie Sandrart 16 (der Zeichner ist unbekannt), hat ein Format von 144 x 173 mm und läuft über die Recto-Seite von Blatt 1 und die Verso-Seite des beim Binden vorgefalteten Blattes 8 des ersten Bogens. Dieser Bogen trägt die Signatur ):( (realisiert bei den Blättern 3, 4 und 5). Er gliedert sich im einzelnen wie folgt: Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

):( 8 v (vorgefaltet) u. ):(1r: Titelkupfer (Abb. s.  o ., S. VIII) ):(1v: leer ):(2 r: Titelseite ):(2 v: leer ):(3 r – ):(7v: Vorrede an den Leser

Die drei Teile der ‚Blumen‘ (jeweils mit eigener Paginierung) sind wie folgt aufgebaut: Rosen 1 Bogen ):( mit nur 7 Bll.; 9 Bogen A-I Bl. ):(1 r: Titelseite Bl. ):(1 v: leer Bl. ):(2 r – ):(7v: Widmung an Friedrich von Roth Bl. Ar (= S. 1): Zwischentitel ‚Roſen‘ Bl. A v (= S. 2): leer B. A2 r-I7v (= S. 3–142): die Texte der ‚Roſen‘ Bl. I8: leer

14

Aus dem am unteren Rand auf die Buchdruckerdaten folgenden Vermerk „Cum Grat. et Privil. S. C. M.“ geht hervor, daß das Werk mit kaiserlichem Druckprivileg erschien (S. C. M. = Sacrae Caesareae Maiestatis). 15 „Sandrart fecit.“. 16 Vermutlich handelt es sich um den in Nürnberg als Zeichner, Stecher, Verleger und Kunsthändler tätig gewesenen Jakob Sandrart (1630–1708); über ihn s. NDB 22 (2005), S. 427f.

332

Editionsbericht

Hyacinthen 6 Bogen a-f Bl. Bl. Bl. Bl.

ar (= S. 1): Zwischentitel ‚Hyacinthen‘ av (= S. 2): leer a2 r-f7v (= S. 3–94): die Texte der ‚Hyacinthen‘ f8: leer

Himmel-Schlüssel 1 Bogen )o( mit nur 4 Bll.; 3 Bogen A-C Bl. )o(1r: Zwischentitel Bl. )o(1 v: leer Bl. )o(2 r – )o(4 r: Widmung an Johann Adam von Posadowsky und Postelwitz Bl. )o(4v: leer Bl. A r (= S. 1): Zwischentitel ‚Himmel-Schlſſel‘ Bl. A v (= S. 2): leer Bl. A2 r-C8r (= S. 3–47): die Texte der ‚Himmel-Schlſſel‘ Bl. C8v: leer

1.2.  Zweite Ausgabe 1689 (B) Der erste Nachdruck der ‚Blumen‘ ist Bestandteil der 1689 bei Jesaias Fellgiebel in Breslau erschienenen dritten Sammelausgabe17 von Werken Lohensteins, die in der Zusammensetzung genau der ersten von 1680 entspricht, abgesehen davon, daß es hier am Schluß keine Bindeanweisungen und Errataverzeichnisse mehr gibt. Auch diese Sammelausgabe erschien ohne Haupttitelblatt; dafür sind alle Einzelstücke auch hier wieder mit eigenen Titelblättern versehen und haben auch wie üblich eine eigene Paginierung. Als Kollationsgrundlage diente mir das als Digitalaufnahme im Internet frei zugängliche Exemplar der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (Signatur: M: Lo 5143[1]). Die folgende Beschreibung basiert ebenfalls auf diesem Exemplar:

17

Vgl. Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2593, Nr. 3; Béhar, Silesia Tragica, Tome 2 (wie Anm. 1), S. 744–747.



Überlieferung333

B: Daniel Casper‚ | von | Lohenstein | Blumen. | !Trennungslinie" | Breßlau/ | Auf Unko˝en JEsai æ Fellgibel‚ / | BuÓhändler‚ aldar. | ≥‹˘˛ . 8°. 8 Bll. (incl. Titelkupfer); 152 S.; 94 S.; 4 Bll., 47 S. Die drei Teile sind hier in dieser Reihenfolge gebunden: ‚Roſen‘, ‚Himmel-Schlſſel‘, ‚Hyacinthen‘; die ‚Hyacinthen‘ stehen nach Stück (2) in dem Sammelband. Die Titelei mit der Vorrede an den Leser entspricht im Aufbau genau der des Erstdrucks. Der Aufbau der drei Teile ist wie folgt: Rosen 9 ½ Bogen A-K4 Die Titelseite der ‚Roſen‘ mit Angabe von Druckort, Drucker und Jahr ist entfallen. Die Widmung hat keine eigene Bogenzählung, sondern ist in die der ‚Roſen‘ einbezogen, und die Seitenzählung beginnt schon mit ihr. Bl. Bl. Bl. Bl.

Ar (= S. 1) – A6v (= S. 12): Widmung an Friedrich von Rorh A7r (= S. 13): Zwischentitel ‚Roſen‘ (genauso wie in A) A7 v (= S. 14): leer A8 r (= S. 15) – K4v (= S. 152): die Texte der ‚Roſen‘

Hyacinthen / Himmel-Schlüssel Der Aufbau beider Teile entspricht genau dem des A-Drucks.

1.3.  Dritte Ausgabe 1708 (C) Wie der erste ist auch der zweite Nachdruck der ‚Blumen‘ wieder Teil einer Sammelausgabe, nämlich der fünften, bei Jesaias Fellgiebels Erben 1708 in Breslau erschienenen 18, die wiederum die gleichen Werke Lohensteins enthält wie die erste (1680) und die dritte (1689). Auch hier gibt es wieder keinen Haupttitel, und die einzelnen Stücke sind wie bisher mit eigenen Titelblättern ausgestattet und haben eigene Bogenund Seitenzählung. Für die Kollation dieses Nachdrucks verwendete ich die im Internet frei verfügbare Digitalaufnahme des Exemplars der ULB Sachsen18

Vgl. Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2594, Nr. 5; Béhar, Silesia Tragica, Tome 2 (wie Anm. 1), S. 750.

334

Editionsbericht

Anhalt in Halle/S. (Signatur: Dd 3022[6]), die auch der folgenden Beschreibung zugrunde liegt: C: Daniel Casper‚ | von | Lohenstein | Blumen. | !Trennungsbalken aus floralen Elementen" | Breßlau / | Auf Unko˝en Jesai Fellgibel‚ sel. | Wittwe und Erben. | ≥›÷˘. 8°. Titelkupfer, 6 Bll.; 152 S.; 94 S.; 4 Bll., 48 S. Die drei Teile sind hier in dieser Reihenfolge gebunden: ‚Roſen‘, ‚Hyacinthen‘, ‚Himmel-Schlſſel‘. Das Titelkupfer ist hier nicht in den Druckbogen der Titelei (A-A6) integriert, sondern für sich gedruckt und vorgeklebt worden. Der Aufbau der ‚Roſen‘ und ‚Hyacinthen‘ ist derselbe wie beim BDruck. Die Widmung der ‚Himmel-Schlſſel‘ ist großzügiger gedruckt als in A und B und nimmt noch die dort leere Seite von Blatt 4 in Anspruch. Sonst ist der Aufbau derselbe wie in A und B, abgesehen davon, daß ab Seite 40 der Satz etwas großzügiger ist und dadurch auch die dort leer gebliebene letzte Seite des Bogens C bedruckt ist. In dem Hallenser Exempler fehlt der Zwischentitel zwischen der Widmung der ‚Himmel-Schlſſel‘ und dem Beginn des Textteils. Wie aus dessen Paginierung zu ersehen ist (sie beginnt mit 3), muß er einmal vorhanden gewesen sein. Auch in zwei Exemplaren der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin (Signaturen: Yi 8093; 2 an 19 ZZ 6298), die ich verglichen habe, ist jener Zwischentitel nicht vorhanden

1.4.  Vierte Ausgabe (Titelauflage) 1733 (D) 1733 erschien in Leipzig, im Verlag Zedler, eine Sammelausgabe von Werken Lohensteins, die fast ausschließlich Restbestände früherer Drucke mit neuen Titelblättern enthält19:



19

Daniel Caspar‚ | von Lohenstein | smtliÓe | Geist- und WeltliÓe | GediÓte | Nebst | nthigen Anmerˆungen. | !Doppelte Trennungslinie" | Leipzig, | In der Zedlerischen Handlung, | ≥›ÙÙ.

Beschrieben bei Müller, Bibliographie (wie Anm.1), S. 257–259, sowie bei Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2595, Nr. 7, und Béhar, Silesia Tragica, Tome 2 (wie Anm.1), S. 756–758.



Überlieferung335

Ich benutzte das alle zehn Teile20 vollständig enthaltende Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin (Sign.: Yi 8106 R). Der Titel der ‚Blumen‘ lautet: D: Daniel Caspar‚ | von Lohenstein | Blumen. Außer diesem Titelblatt wurde nur die Vorrede an den Leser neu gesetzt; sie steht aber nicht dort, wo sie sachlich hingehört, also vor den ‚Blumen‘, sondern folgt gleich auf das Haupttitelblatt der ganzen Sammlung (auf 3 statt auf 5 Blättern: Bl. )(2 r  – )(4v). Alles andere ist Restbestand der dritten Ausgabe von 1708. Die drei Teile der ‚Blumen‘ stehen hier in dieser Reihenfolge: ‚Roſen‘, ‚Hyacinthen‘, ‚Himmel-Schlſſel‘.

2.  Überlieferte Erstfassungen von einzelnen Gedichten der ‚Blumen‘ Von zehn Gelegenheitsgedichten in Lohensteins Lyrik-Sammlung haben sich Erstfassungen erhalten, neun davon in Drucken der Jahre 1657– 1667, eine in einer zeitgenössischen Breslauer Handschrift (Reinschrift mit Korrekturen Lohensteins).21 Dies betrifft die Nummern 9 u. 17 der ‚Roſen‘ und die Nummern 1, 2, 3, 5, 6, 9, 15 u. 16 der ‚Hyacinthen‘. Die Erstfassungen von vier Gedichten (Nr. 9 u. 17 der ‚Roſen‘ und Nr. 6 u. 16 der ‚Hyacinthen‘) wurden für den Abdruck in den ‚Blumen‘ so stark überarbeitet, daß ihre separate Edition in einem Anhang der ‚Blumen‘ geboten schien. Die bei den anderen Gedichten vorgenommenen Änderungen sind so geringfügig, daß wir uns mit deren Erfassung innerhalb des kritischen Apparats begnügen konnten. Von allen Erstdrucken hat Spellerberg in den Anhang seiner Ausgabe der ‚Lyrica‘ Lohensteins 22 Reprints nach den Exemplaren der UB Wrocław (Breslau) aufgenommen, im Anschluß daran auch Abbildungen der die Nr. 17 der ‚Roſen‘ betreffenden handschriftlichen Erstfassung. Die im folgenden zusammengestellten Beschreibungen der Erstdrucke (größtenteils nur noch aus den Breslauer Beständen bekannt) 20

Sophonisbe; Cleopatra; Blumen; Geistliche Gedancken; Agrippina; Epicharis; Ibrahim Sultan; Ibrahim Bassa; !Der" Erleuchtete Hoffmann; Lebens-Lauff !Lohensteins". 21 S.o., S. 326  f. mit Anm. 5. 22 S.o., Anm. 2.

336

Editionsbericht

beruhen auf den Reprints in Spellerbergs ‚Lyrica‘. Diese dienten uns auch als Vorlage für unsere Edition. Von der Breslauer Handschrift mit der Erstfassung von Nr. 17 der ‚Roſen‘ stand uns neben den Abbildungen bei Spellerberg auch eine Digitalaufnahme zur Verfügung. In den kritischen Apparaten wird für den Erstdruck eines Gedichts jeweils das Sigel E verwendet.

2.1.  Erstfassungen von Texten der ‚Roſen‘ 2.1.1.  Rosen 9 (Druck [1657])

E: ReÓt‚-Streit | Der | SÓnheit und Freundligkeit/ | umb den | Sige‚ -Kranˇ der Libe. | Auff | Deß Edlen Ehrenvesten und HoÓgelehrten | Herrn Christian BukisÓe‚/ | der Arˇnei Doctorn | Mit der | HoÓ - Ehr - und Tugend -reiÓen | Jungfrauen Anna Maria/ De‚ Weiland Wol -Ehr-würdigen vnd | Wolgelehrten | Herrn M. Caspar Wolfahrt‚/ | Bei der KirÓen zu St. Elisabeth Wolver- | dihnten Archidiaconi. | EheleibliÓen Jungfrau ToÓter/ | den ≥‹. Weinmonat‚ Tag | diese‚ ≥‹◊›. Jahre‚/ | HoÓfeierliÓ-begngliÓe HoÓzeit-Fest/ denen beyden | Vertrauten zu Ehren berreiÓet | von | D. C. | !Trennungsstrich" | Breßlau/ | Jn der BaumannisÓen Druˆerey/ | druˆt‚ Gottfried Grnder. 4°. 6 Bll. (1 ½ Bogen: A-B2). – Bl. Ar: Titel; Av-B2v: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 544 269. – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [553]-[564]. – Bei uns separat abgedruckt als Nr. 1 des Anhangs (S. 297–309). 2.1.2.  Rosen 17 (Hs.) Von dem in den ‚Blumen‘ unter der Überschrift ‚Reine Liebe‘ abgedruckten Gedicht auf die Hochzeit von Christian Vincens und Catharina Täbisch, Breslau 1657, hat sich in der Handschrift R. 3156 der UB Wrocław 23, Teil C (Lohensteiniana), Bl. 8 r–11v, eine Reinschrift der Erstfassung erhalten, die von Lohenstein zur Herstellung der für die ‚Blumen‘ gewünschten Fassung durchkorrigiert wurde. Wir bieten in Nr. 2 des Anhangs (S. 309–317) eine diplomatische Wiedergabe dieser Erstfassung unter Mitteilung der von Lohenstein vorgenommenen Kor-

23

Eine Beschreibung der Handschrift findet sich im Editionsbericht von Teilband 3.1 der Abteilung Dramen unserer Ausgabe: Ibrahim Sultan. Sophonisbe (2013), S. 813–823.



Überlieferung337

rekturen im kritischen Apparat. Als Vorlage diente uns eine Digitalaufnahme dieses Teils der Handschrift.

2.2.  Erstfassungen von Texten der ‚Hyacinthen‘ 2.2.1.  Hyacinthen 1 (Druck [1660])

E: SÓuldige‚ | Ehren -GedÓtnsz/ | Der weiland | Wolgebohrnen Frauen/ Frauen | Maria Elisabeth/ | Freyin von Bibran/ | Gebohrner von Kuhnheim ausz dem | Hause Knauten. | Deß | HoÓ Wolgebohrnen Herren/ | Herrn Nikla‚ Alexander‚ | Freyherrn‚ von Bibran/ | Herrn auf Modla/ Altenlohmb/ Neuhammer/ Nipern/ | Zilzendorf und Gukerwiˇ/ | Seelig-abgelebter Frauen Gemahlin/ | WelÓe | Den ≥‡. Hornung‚-Tag dise‚ ≥‹‹÷sten Jahre‚ in Breßlaw | sanft und seelig entsÓlafen/ | Al‚ | Daselbst den ˛. Mey darauf dero LeiÓ-Begngnß Christ - | FreyherrliÓem GebrauÓe naÓ gehalten ward. | Auß | Geziemender SÓuldigkeit und gebhrendem Mitleiden | Der Seelig -Verstorbenen zu Ehren/ und denen HoÓbetrbten Leid tragenden | zu Troste aufgeriÓtet | Von | Daniel Caspern. | !Trennungsstrich" | Breßlau/ gedruˆt durÓ Gottfried Grndern/ | Bau mannisÓen Factor. 2°. 2 Bll. (1 Bogen, unsign.). – Bl. [1] r: Titel; [1]v-[2]v: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 562 080. – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [585]-[588]. 2.2.2.  Hyacinthen 2 (Druck [1665])

E: Seele/ | de‚ weiland | Wol -Edelgebohrnen/ Gestrengen und | HoÓbenambten Herren | George FriedriÓ‚ | von Arˇat und GroszSÓottkau/ | auf Born/ Blanˆenau/ Zweybrodt und SÓˇen - | dorff/ der Stadt Breßlau Rath‚- | Eltisten‚. | WelÓe den ≥Ù. Merˇ durÓ einen seeligen Todt von der Last | de‚ Krper‚ erlediget worden | Zu sÓuldigem Ehren -GedÓtnsse bey dessen den | ‡˛. Martii im ≥‹‹◊.sten Jahre gehaltenen Christ -Ade- | liÓen LeiÓ -Begngnsse mitleidend | entworffen | von | D. C. | !Trennungsstrich" | Breßlau/ | Druˆt‚ Johann Christoph Jacob/ | BaumannisÓer Factor. 2°. 2 Bll. (1 Bogen, unsign.). – Bl. [1]r: Titel; [1]v-[2]v: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 556 181 (mit hsl. Marginalien von unbekannter alter Hand). – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [605]-[608].

338

Editionsbericht

2.2.3.  Hyacinthen 3 (Druck [1667])

E: Wahrer | Adel | deß weiland | Wohl-Edelgebornen/ Gestrengen und | HoÓbenambten | Herrn | Sigemund von PuÓer‚ | und der PuÓau auff DrrjentsÓ/ | KurtsÓ und KaltasÓe/ | WelÓer den ‡Ù. April diese‚ ≥‹‹›sten Jahre‚ in Breßlau | seelig die Sterbligkeit mit der Ewigkeit | verweÓselt/ | Und | Den ≥. Mey darauff Wol-AdeliÓ beerdigt worden. | !Trennungsbalken aus Zierelementen" | Breszlau/ | Jn der BaumannisÓen Erben Druˆerey/ | Druˆt‚ Johann Chri stoph Jacob Factor. 2°. 2 Bll. (1 Bogen, unsign.). – Bl. [1]r: Titel; [1]v-[2]v: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 567 837. – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [609]-[612]. 2.2.4.  Hyacinthen 5 (Druck 1665)

E: Last- und Ehren - | auÓ | Daher immerbleibende | Danˆ - und Denˆ Seule/ | Bey vollbraÓter LeiÓbestattung | De‚ weiland | WolEdlen/ Groß-AÓtbahren und HoÓ- | gelehrten Herrn | ANDREÆ GRYPHII, | De‚ Frstenthumb‚ Glogau | treugewesenen von vielen Jah- | ren Syndici, | Jn einer Abdanˆung‚ -Sermon | auffgeriÓtet | von | Balˇer Siegmund von StosÓ. | !Trennungsstrich" | Gedruˆt im Jahr ≥‹‹◊. Dieser Titel bildet den dritten Teil der aus drei, jeweils mit eigener Paginierung ausgestatteten Teilen bestehenden Gedenkausgabe zum Tode von Andreas Gryphius, erschienen Breslau 1665 in 8° im Verlag Jacob Trescher (eine ausführliche bibliographische Beschreibung dieses Werkes liefert Spellerberg in: Lohenstein, Lyrica [1992], S. 60*f.). Lohensteins Gedicht steht hier (ohne Überschrift, mit der Unterschrift „Daniel Caſpari“) auf S. 66–76. – Unsere Titelangabe nach dem Exemplar der UB Wrocław: 383 488. – Weitere Exemplare sind verzeichnet in VD 17, Nr. 125:007467B, mit Link zu der frei zugänglichen Digitalaufnahme des Exemplars der ULB Sachsen-Anhalt, Halle/S. – Reprint von Lohensteins Gedicht, mit vorangestellter Titelseite von Teil 3 des Gesamtwerks, nach dem Breslauer Exemplar: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [593]-[604].



Überlieferung339

2.2.5.  Hyacinthen 6 (Druck [1658])

E: Trauer- und Trost-Gedankken | ber dem | Zwar frhzeitigen aber seeligen Absterben | Der Edlen HoÓ-Ehr- und Tugend-reiÓen | Frauen Anna | gebohrner Jordanin/ | Deß | Edlen HoÓgelehrten und HoÓbenambten | Herren | Andreas Assigs | Beider ReÓten Doctoris und der Knigl. | Stadt Breßlau Syndici | Herˇgeliebten Ehefrauen/ | Der Seelig -Verstorbenen zu Ehren/ und denen smptliÓen HoÓ - | betrbten zu Trost auß sÓuldiger PfliÓt auffgesˇet | Von | Daniel Caspern. | !Trennungsstrich" | Breßlau/ | Druˆt‚ Gottfried Grnder BaumannisÓer Factor. 2°. 2 Bll. (1 Bogen, sign. A). – Bl. Ar: Titel; Av-Aijv: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 556 180. 24 – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [569]-[572]. – Bei uns separat abgedruckt als Nr. 3 des Anhangs (S. 317–321). 2.2.6.  Hyacinthen 9 (Druck [1662])

E: Redender Todten-Kopf/ | WelÓen/ | Al‚ | Der weiland Ehrenveste und Wolgelehrte | Herr Matthæu‚ MaÓner/ | Eine‚ Wol-Edlen/ Gestrengen Rathe‚ der Stadt | Breßlaw/ lange Jahre zu denen LateinisÓen Außfertigun- | gen Verordneter/ wie auÓ deß Lbl. KirÓenund | Waisen-Ampt‚ Notarius, | NaÓ dem er zuvor den ≥Ç. Julii dise‚ ≥‹‹‡sten Jahre‚ | in seinem ‹◊sten Jahre ChristliÓ und selig versÓieden/ | Den ≥˛. Heumonat‚-Tag darauf ChristliÓem GebrauÓ naÓ | beerdiget ward/ | Dem Selig-Verstorbenen zu sÓuldigem Ehren-GedÓtnüß | abbildete | Daniel Caspar. | !Trennungsstrich" | Breßlaw/ | Gedrukkt durÓ Gottfried Grndern/ | BaumannisÓen Factorn. 2°. 2 Bll. (1 Bogen, unsign.). – Bl. [1]r: Titel; [1]v-[2]v: Text. Einziges nachgewiesenes Exemplar: UB Wrocław: 566 248. – Reprint: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [589]-[592]. 2.2.7.  Hyacinthen 15 (Druck [1658])

E: Monumentum Honoris | & | Castrum Doloris | H EUSIGIANU M. | Ehren - Traur - und Trost - | G E D E C H T N Ü S /| WelÓe‚ | auß dem bekandten SpruÓe St. Pauli: JÓ habe einen | 24

Der Nachweis eines Exemplars der Berliner Staatsbibliothek bei Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2598, Nr. 16, ist irrig.

340

Editionsbericht

gutten Kampf gekämpfet &c. ‡ Tim. IV, 7.8. | Jhr und den lieben Jhrigen | aufzuriÓten/ | Die weiland WohlEhrbare/ VielEhrenund TugendReiÓe | Fr. Ursula Heusigin/ | gebohrne Seiffertin/ | Deß Edlen/ EhrenVesten/ Wohlgelahrt - und Wohlbenahmten/ | Herrn George Heusigß/ | Frstl: Wrttemberg: OelßnisÓen Wohl - | verdienten Regirung‚-Secretarii, | gewesene Herˇ-geliebte Ehewirthin/ | WelÓe den ≥÷ Januarii deß ≥‹◊˘sten Jahreß deß HErren selig in Jhm ent - | sÓlafen/ und den ‡÷sten darauf/ war der ‡ Sontag naÓ Epiphan. in der Fürstl: SÓloß - und | Pfarr -KirÓen zur Oelßen in AnsehnliÓer und VolˆreiÓer Begleitung beerdiget worden/ | DurÓ eigne Verordnung deß ernennten SpruÓe‚ | zu Dero LeiÓ -Texte | veranlasset hat | M. CARL ORTLOBEN/ Frstl: Wrttemberg: OelßnisÓen | Hoff -Predigern/ Pfarrern zur Oelß Assessorn deß Conſiſtorii, und Seniorn | der PriestersÓafft solÓe‚ Fürstenthumß. | Jn der Frstl: Residenˇ-Stadt Oelße/ Gedruˆt bei Johann Seyffert. Lohensteins Sonett steht im letzten, mit einem eigenen Titel („Epitymbia Melismatia […] post peracta tumuli solennia a fautoribus, affinibus et amicis destinata“) ausgestatten Teil dieser 14 ½ Bogen in 4° umfassenden Gedenkschrift auf Bl. O2r, mit der von der Fassung der ‚Blumen‘ leicht abweichenden Überschrift „Η ΨΥΧΗ ΕΣΤΙ ΚΟΛΟΚΥΝΘΗ“ und der Unterschrift „Daniel Caſper“. Eine ausführliche bibliographische Beschreibung der Gedenkschrift liefert Spellerberg in: Lohenstein, Lyrica [1992], S. 59*. – Unsere Titelangabe nach dem Exemplar der UB Wrocław: 509 536. – Weitere Exemplare sind verzeichnet in VD 17, Nr. 1:040292E, mit Link zu der frei zugänglichen Digitalaufnahme des Exemplars der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin. – Reprint von Lohensteins Gedicht, mit vorangestellter Titelseite des Gesamtwerks, nach dem Breslauer Exemplar: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [565]-[567]. 2.2.8.  Hyacinthen 16 (Druck [1657])

E: Abdanˆung/ | Bei | Dem LeiÓ -Begngn‚ | De‚ Weiland/ Eh renvesten und WohlgeaÓten | HERRN | Christian SÓeffriÓen‚/ | Kauff - und Handel‚-Manne‚ zur Oelssen/ | WelÓer | Daselbst/ im Jahr Christi M DC LVII, den ≥›. Septembris, | Seelig versÓieden/ | Und | Den ‡Ù. hernaÓ/ | ChristliÓem GebrauÓ naÓ/ | Zur Erden bestattet | worden/ | Jn VolˆreiÓer Versamlung | gehalten | von | M. Casp. Passelio, | Der Frstl. WrttembergisÓen | und Oelß nisÓen Jungen Prinˇen | Præceptore. | !Trennungsstrich" | Jn der FrstliÓen Residenˇ-Stadt Oelsse/ | Gedruˆt bey Johann Seyffert.



Überlieferung341

Lohensteins Sonett steht in dem der Adankung beigegebenen, mit einem eigenen Titel („Eulogemata et christiana solamina […] à patronis, fautoribus, cognatis et amicis oblata“) ausgestatten Teil dieser 9 Bogen in 4° umfassenden Gedenkschrift auf Bl. G2 v, ohne Überschrift wie in den ‚Blumen‘, unterschrieben mit „Poſ. DAN I EL CASPARI“. Eine ausführliche bibliographische Beschreibung der Gedenkschrift liefert Spellerberg in: Lohenstein, Lyrica [1992], S.58*. – Unsere Titelangabe nach dem Exemplar der UB Wrocław: 525 359. – In VD 17 sind die beiden Teile der Gedenkschrift unter zwei Nummern verzeichnet, die Abdankung unter Nr. 14:053538U, die Sammlung der Texte von Beiträgern (‚Eulogemata‘) unter Nr. 14:053543N, beide mit dem alleinigen Standortnachweis: Dresden, SLUB (Signatur: Hist. Germ. biogr. 435,4 u. misc. 1). – Reprint von Lohensteins Gedicht, mit vorangestellter Titelseite der Abdankung, nach dem Breslauer Exemplar: Lohenstein, Lyrica (1992), S. [551] f. – Bei uns separat abgedruckt als Nr. 4 des Anhangs (S.  321   f.).

3.  Sonstige Überlieferungsträger für einzelne Gedichte der ‚Blumen‘ Von vier Gedichten der ‚Blumen‘ (Nr. 9 u. 18 der ‚Roſen‘, Nr. 3 der ‚Hyacinthen‘ und Nr. 1 der ‚Himmel-Schlſſel‘) gibt es Abschriften in Sammelhandschriften und Nachdrucke in den Teilen 1 und 4 der Neukirchschen Sammlung (N 1, N 4). Drei Gedichte (Rosen Nr. 2 u. 3, Hyacinthen Nr. 17) hat Lohenstein dem fünften und neunten Buch von Teil 1 seines erst postum im Druck erschienenen Arminius-Romans entnommen. Im folgenden sind die Nachweise für die sieben Einzeltexte zusammengestellt.

3.1.  Rosen 2 u. 3 Lohensteins Arminius-Roman, dessen Manuskript die beiden Gedichte entnommen wurden, erschien postum erstmals 1689/90 (Tl. 1: 1689, Tl. 2: 1690) in Leipzig, in zweiter Auflage ebendort 1731. Arminius1:  Daniel Casper‚ von Lohenstein | Großmthiger Feldherr | Arminiu‚ oder Herrmann, | Al‚ | Ein tapfferer BesÓirmer der deutsÓen Freyheit/ | Nebst seiner | DurÓlauÓtigen | Thußnelda | In einer sinnreiÓen | Staat‚- Liebe‚- und Helden-GesÓiÓte | Dem Vaterlande zu Liebe | Dem deutsÓen Adel aber zu Ehren und rhmliÓen

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Editionsbericht

NaÓfolge | In Zwei Theilen | vorgestellet/ | Und mit annehmliÓen Kupffern gezieret. | !Trennungsstrich" | Leipzig/ | Verlegt von Jo hann FriedriÓ GleditsÓen BuÓhndlern/ | und gedruˆt durÓ Chri stoph FleisÓern/ | Jm Jahr ≥‹˘˛. | !Trennungsstrich" | Unter Jhrer Rm. Kyserl. Majestt sonderbaren Begnadigung. Die beiden Gedichte stehen hier im neunten Buch des ersten Teils, auf den Seiten 1397 (Rosen 2) und 1380f. (Rosen 3). Wir benutzten als Arbeitsgrundlage die von Elida Maria Szarota 1973 herausgegebene Reprint-Edition.25 Arminius2:  Daniel Casper‚ von Lohenstein | Weiland Jhro RmisÓen KayserliÓen Majestt Rath‚ | und der Kayser- und KnigliÓen Stadt Breßlau | Ober- Syndici | Großmthiger Feld-Herr | Arminiu‚ oder Herrmann, | Nebst seiner DurÓlauÓtigsten | Thusnelda | in einer sinn-reiÓen | Staat‚- Liebe‚- und Helden-GesÓiÓte | dem Va terlande zu Liebe | dem DeutsÓen Adel aber zu Ehren | und rhmliÓer NaÓfolge | in Vier Theilen vorgestellet | und mit saubern Kupfern au‚gezieret. | Andere und durÓ und durÓ verbesserte und vermehrte Auflage. | !doppelter Trennungsstrich" | Leipzig, | bey Johann Fried riÓ GleditsÓen‚ Sohn, | ≥›Ù≥. Die beiden Gedichte stehen hier, entsprechend der in der zweiten Auflage geänderten Aufteilung, im vierten Buch des zweiten Teils, auf den Seiten 1305 (Rosen 2) und 1290 (Rosen 3). Wir benutzten die im Internet frei zugängliche Digitalaufnahme eines Exemplars der Bayerischen Staatsbibliothek in München (Signatur: 4 P.o.germ. 129); Link unter VD 18: 80292291.

3.2.  Rosen 9 Dieses Streitgedicht auf die Hochzeit von Christian Bukisch und Anna Maria Wolfahrt erfreute sich bei den Zeitgenossen offenbar ganz besonderer Beliebtheit. Es ist innerhalb der folgenden vier Textzeugen überliefert:

25

Daniel Casper von Lohenstein, Grossmüthiger Feldherr Arminius. Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1689–1690. Hrsg. u. eingel. von Elida Maria Szarota. 2 Bde. Bern, Frankfurt/M. 1973 (= Nachdrucke deutscher Literatur des 17. Jahrhunderts 5,1.2).



Überlieferung343

Handschriften: Ms 768:  Berlin, Staatsbibl. Preuß. Kulturbesitz: Ms. germ. fol. 768 (Sammelhs. 17. Jh.), S. 114–120. Ms 232:  Ebd.: Ms. germ. oct. 232 (Sammelhs. 17. Jh.), Bl. 166v–172v. M 216:   Dresden, SLUB: M 216 (Sammelhs. 17. Jh.), S. 588–602. Die Überschrift ist überall, abgesehen von Differenzen in der Graphie, identisch mit der in den ‚Blumen‘. Druck: N4:  Herrn | von Hoffmann‚waldau | und andrer DeutsÓen | außerlese ner | und | bißher noÓ nie zusammen-gedruˆter | GediÓte | Vierdter Theil. | !Blumenornament, darunter Trennungsstrich" | Glˆstadt/ | Verlegt‚ Gotthilff Lehmann/ | BuÓhndler/ ≥›÷Ç. S. 182–191 (Exemplar der UB Marburg: 095 XVI C 434m,4).26 Die Überschrift lautet hier: „Rechts-Streit Der Schnheit und Freundligkeit um den Sieges-Krantz der liebe bey dem Bukiſch-Wolfahrtiſchen Hochzeit-Feſte. D. C. v. L.“ Während die Texte der Handschriften der in den ‚Blumen‘ überlieferten Fassung nahe stehen27, gibt die Neukirchsche Sammlung die Version des Erstdrucks von 1657 (bei uns als Nr. 1 des Anhangs) wieder, abgesehen davon, daß in ihr vier Strophen (V. 211–234) weggelassen sind. Wir teilen deshalb Varianten der Neukirchschen Sammlung nur im kritischen Apparat zu der im Anhang abgedruckten Erstfassung des Gedichtes mit.

3.3.  Rosen 18 Ein Nachdruck dieses Hochzeitsgedichts (Vorlage war vermutlich ein verlorener Erstdruck oder eine Abschrift der Originalhandschrift) findet sich in Teil 1 der Neukirchschen Sammlung unter der Überschrift „Auff das Albiniſche und Kamperiſche hochzeit-feſt. D. C. v. L.“: 26

Wissenschaftliche Ausgabe: Benjamin Neukirch (Hrsg.), Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher noch nie zusammen-gedruckter Gedichte Vierdter Theil. Nach dem Druck vom Jahre 1704 mit einer kritischen Einleitung und Lesarten. Hrsg. von Angelo George de Capua und Erika Alma Metzger. Tübingen 1975 (= Neudrucke deutscher Literaturwerke. N.F. 24), S. 192–207. 27 Wie die bei uns im Variantenapparat verzeichneten diversen Abweichungen erkennen lassen, kursierten offenbar mindestens zwei von wem auch immer überarbeitete Fassungen. Die Version der ‚Blumen‘ hat mit Sicherheit keinem der Schreiber vorgelegen.

344

Editionsbericht

N1:  Herrn von Hoffmann‚waldau | und andrer DeutsÓen | außerlesener | und | bißher ungedruˆter | GediÓte | erster theil/ | nebenst | einer vor rede | von der deutsÓen Poesie | !Abbildung des fliegenden Pegasus" | Mit Churfl. SÓs. Gn. Privilegio. | !Trennungsstrich" | LEJP­ ZJG / | Bey Thoma‚ FritsÓ ≥‹˛›. S.  108–111 (Exemplar der HAAB Weimar: 14, 5: 61[a], digital im Internet frei zugänglich; Link unter VD 17, Nr. 32:693655R).28

3.4.  Hyacinthen 3 Hiervon liegt eine Abschrift in einer der beiden oben schon genannten Berliner Sammelhandschriften des 17. Jh.s vor: Ms 768:  Berlin, Staatsbibl. Preuß. Kulturbesitz: Ms. germ. fol. 768, S. 224–227. Die Überschrift (S. 224) lautet: „Wahrer adel in obitum herren Siegmund von Buchers Auffgeſetzet von H. Daniel Caſpar von Lohenſtein. Syndicus W:“ Die Abweichungen sowohl vom Erstdruck (1667) wie von der Fassung der ‚Blumen‘ deuten darauf hin, daß noch eine dritte Fassung in Umlauf war, die für diese Abschrift verwendet wurde.

3.5.  Hyacinthen 17 Wie die Gedichte Nr. 2 u. 3 der ‚Roſen‘, so entnahm Lohenstein auch dieses Gedicht dem Manuskript seines noch ungedruckten ArminiusRomans. In der postum erschienenen 1. Auflage Leipzig 1689/90 (Arminius1, Titel s.  o ., S. 341  f.) steht es im fünften Buch des ersten Teils auf S. 556 b–558a , in der zweiten Auflage Leipzig 1731 (Arminius 2, Titel s.  o ., S. 342) ebenda auf S. 517 a–519a .

3.6. Himmel-Schlüssel 1 In der Version, die die Berliner Handschrift Ms. germ. fol. 768 auf den Seiten 176–190 unter der Überschrift „Wunder Geburt unsers Herren

28

Wissenschaftliche Ausgabe: Benjamin Neukirch (Hrsg.), Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster theil. Nach einem Druck vom Jahre 1697 mit einer kritischen Einleitung und Lesarten. Hrsg. von Angelo George de Capua und Ernst Alfred Philippson. Tübingen 1961 (= Neudrucke deutscher Literaturwerke. N.F. 1), S. 150–153.



Überlieferung345

und Heylandes Jesu Christi“ bietet, fehlen im Vergleich zur Fassung der ‚Blumen‘ 48 Verse und sämtliche Fußnoten. Es handelt sich also offenbar um die Abschrift einer frühen Fassung, die für den Abdruck in den ‚Blumen‘ erweitert wurde.

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Editionsbericht

II. Textredaktion Die in dem Eröffnungsband unserer Lohenstein-Edition, dem Band 2 der Abteilung Dramen (Textteil, S. 590–593), dargelegten Grundsätze der Textredaktion gelten für den vorliegenden Band unverändert weiter. Zur besseren Handhabung von Verweisen innerhalb des Kommentarteils haben wir alle Einzeltexte innerhalb der drei Abteilungen der ‚Blumen‘ jeweils getrennt durchnumeriert. Die Ziffern stehen stets auf einer eigenen Zeile oberhalb der Überschrift, ausnahmsweise ohne die sonst bei allen Einfügungen der Herausgeber üblichen Spitzklammern, die hier sehr störend in Erscheinung träten. Das lange, die Abteilung ‚Himmel-Schlſſel‘ einleitende Gedicht ‚Wunder-Geburth Unſers Erlſers‘ ist schon im Originaldruck mit einem Zeilenzähler ausgestattet. Bei allen übrigen Gedichten ist der Zeilenzähler Zutat der Herausgeber. Fehlende Einzüge vor einzelnen Versen wurden stillschweigend ergänzt. – Ohne Eintrag im Apparat ergänzt wurden auch Zwischenräume zwischen einzelnen Wörtern, die der Setzer offensichtlich aus Platzmangel eingespart hatte. Bei den Gedichten, deren stark abweichende Erstfassungen im Anhang abgedruckt sind, schien uns ebendeshalb die Verzeichnung der Abweichungen in beiderlei Richtung im kritischen Apparat entbehrlich. – Zu der die Erstfassung des Gedichts Nr. 17 der ‚Roſen‘ repräsentierenden Nr. 2 des Anhangs haben wir die letztlich die Druckfassung innerhalb der ‚Roſen‘ herstellenden Korrekturen Lohensteins im Apparat nur deshalb verzeichnet, um den Zustand des Manuskripts möglichst getreu zu dokumentieren. Für Verweise auf Lesungen in den Erstdrucken verwenden wir im kritischen Apparat durchweg das Sigel E. Verwechslungen können dadurch nicht entstehen, da stets nur ein einziger Druck zu verzeichnen ist. Obwohl in allen für die Edition beigezogenen Handschriften die Umlaute, abweichend von der Praxis bei frühneuzeitlichen Drucken, nicht mit kleinem e, sondern ebenso wie heute mit Strichelchen markiert sind, haben wir, um unergiebige, satztechnisch aufwendige Differenzie-



Textredaktion347

rungen zu vermeiden und die Zahl der Einträge in den Apparaten nicht unnötig zu vermehren, jene abweichende Graphie der Umlaute in den Handschriften ignoriert. Bei Apparateinträgen und Zitaten aus handschriftlichen Vorlagen wird also hinsichtlich der Umlaute durchweg die Graphie der Drucke angewandt.



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Vorwort an den Leser351

Für Verweise auf die drei Teile der ‚Blumen‘ werden die folgenden Abkürzungen verwendet: Him = Himmel-Schlüssel; Hya = Hyacinthen; Ros = Rosen. Im Kommentar abgekürzt angeführte Titelangaben finden sich vollständig im Literaturverzeichnis. Für biblische Bücher werden die in der Theologischen Realenzyklopädie (TRE) üblichen Abkürzungen verwendet.

Titelkupfer Hans von Müller hat auf Seite 231 seiner Lohenstein-Bibliographie (1924) eine deutende Beschreibung der Zeichnung des unbekannten Künstlers geliefert, die keiner weiteren Erklärung bedarf und wegen ihrer treffenden Prägnanz und Kürze hier wörtlich wiedergegeben sei: „3 Frauen: die erste (mit Flügeln und einer Tuba in der Linken) legt mit der Rechten Hyacinthen auf einen Sarkophag, die zweite (Venus) empfängt von zwei Amoretten Rosen (neben ihr ein Schwan, hinter ihr ein Paar schnäbelnder Tauben), die dritte (menschliche) bringt ein Lamm als Opfer zu einem Altar, vor und auf dem Himmelsschlüssel liegen. Im Hintergrunde Gärten.“

Vorwort an den Leser 7–10  daß Fremde … zugeſchrieben hetten]  Dergleichen ist für keines der überlieferten Gedichte L.s bisher bekannt geworden. 10 zugeſchrieben]  D.h. gewidmet. 11–12  leichter/ als Maro dem Bazillus]  Anspielung auf eine im ‚Donatus auctus‘, einer humanistischen Vergil-Vita des 15. Jh.s, berichtete Anekdote (Ziolkowski/Putnam, The Virgilian tradition [2008], S. 351f. u. 363f.): Bacillus, ein mittelmäßiger Dichter, gab sich als Autor eines Distichons zum Lobe des Augustus aus, das Vergil ohne Angabe seines Namens auf die Tür des kaiserlichen Palastes geschrieben hatte. Vergil rächte sich dafür auf eine Weise, durch die Bacillus in der römischen Öffentlichkeit zum Gespött wurde. Mit der Anekdote wird auf zwei Vergil zugeschriebene Epigramme des Codex Salmasianus Bezug genommen: Anthologia Latina 1,1, ed. Shackleton Bailey (1982), S. 189f., Nr. 250 u. 251. Vgl. hierzu McGill, The plagiarized Virgil (2013), S. 377–381. 14–16  ſelbte aber … verkehrt]  Mit größter Wahrscheinlichkeit Anspielung auf eine frühe Version des ersten Heldenbriefzyklus in den ‚Rosen‘: ‚Liebe zwischen König Petern dem Grausamen […] und Johanna Castria‘ (S. 36– 57). Diese frühe, zu L.s Lebzeiten nur handschriftlich kursierende Version behandelte einen aktuellen Skandal am pfälzischen Hof (Näheres s.  u.,

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Kommentar

S. 366) und war L. mittlerweile anscheinend so peinlich geworden, daß er sich zur Zeit der Veröffentlichung der ‚Blumen‘ veranlaßt sah, seine Autorschaft schlechthin zu bestreiten. 18 meinen Brutt] ‚meine Abkömmlinge‘ (‚Brut‘ als Maskulinum).  –  wor­ mit]  ‚damit‘. 20 wenig Wercks]  ‚wenig Aufhebens‘. 21–22  von welchen Cicero ſagt … einbilde]  Cicero, Tusc. disp. 5,63. 24–25  erleuchternden]  ‚erleichternden‘. 27–28  wie Plato die ſeinigen]  Lt. legendenhafter antiker Plato-Biographik soll Plato in seiner Jugend Dichter gewesen sein und u.  a . auch Epen in der Art Homers verfaßt haben. Alle seine Dichtungen habe er aber im Bewußtsein ihrer Unzulänglichkeit verbrannt. Vgl. Diogenes Laertius 3,5; Aelianus, Varia historia 3,5. Weiteres bei Erler, Literaturgeschichte, S. 172f. 31 verdrckten]  ‚unterdrückten‘. 32 des Ovidius verlohrner Medea]  Ovids von Quintilian (Institutio oratoria 10,1,98) hochgeschätzte Tragödie ,Medea‘ ist nicht überliefert. Vgl. Hya 5,118. 32–33  nach des Claudians Abgange … Proſerpinens]  Das Epos ‚De raptu Proserpinae‘ (über den Raub Proserpinas durch den Unterweltgott Pluto) des spätrömischen Dichters Claudian (4./5. Jh. n. Chr.) ist unvollendet. – Abgange]  ‚Hinscheiden‘, ‚Tod‘. 35 Maſſen]  ‚zumal‘. 36 anſtndiger]  ‚angemessener‘, ‚geziemender‘. 36–38  daß er … anbefohlen habe] Vergil hatte testamentarisch verfügt, daß seine noch unvollendete ‚Aeneis‘ verbrannt werden solle. Augustus setzte diese Verfügung außer Kraft und befahl Vergils Freunden und Teilerben L. Varius und Plotius Tucca (!), das Werk aus dem Nachlaß herauszugeben (Vita Donatiana 37–41; in der Ausgabe der Vitae Vergilianae antiquae von Brugnoli/Stok [1997] S. 34–37). 39–41  wie das Rmiſche Volck … aufgeſtanden]  Nach Tacitus, Dialogus de oratoribus 13,2. 41–44  ſein Ertz-Feind Caligula … zuerfllen]  Lt. Sueton, Caligula 34, trug sich Kaiser Caligula (Regierungszeit 37–41 n. Chr.) mit der Absicht, die Werke und Bildnisse Vergils, den er für einen geistlosen und ungebildeten Autor hielt, aus allen Bibliotheken entfernen zu lassen. 44–45  daß Plato die Poeten … gemeinet]  Plato, Politeia 8, 568b; 10, 595a/b u. 607a/b. 47 Minos und Tantalus]  Es ist ganz rätselhaft, wie L. dazu kommt, diesen beiden Gestalten der Mythologie, Minos, dem sagenhaften König von Kreta, der nach seinem Tode als Richter in der Unterwelt fungierte, und Tantalus, der für seinen Frevel an den Göttern die bekannten Qualen zu erleiden hatte, eine feindliche Haltung gegenüber den Dichtern zuzuschreiben. Antike Quellen, die dergleichen belegen, sind nicht bekannt.



Vorwort an den Leser353

  48–49  das … Mittel-Maaß/ welches … iſt]  Grundgedanke der aristotelischen Ethik. Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik 2,6,1107a.   52–54  Lyſander … Chrilus] Lt. Plutarchs Lysander-Vita (18,4) hatte der spartanische Staatsmann und Feldherr des 4. Jh.s v. Chr. (gest. 395) den Epiker Choerilus von Samos im Gefolge, damit dieser seine Taten sogleich in Versen verherrlichte.   54–55  Alexander … Homerus mit ſich]  Nach Plutarch, Vitae: Alexander 8,2.   55–57  zu des Quintilian Zeiten … als den Horatz]  Nach Tacitus, Dialogus de oratoribus 23; vgl. auch Quintilian, Institutio oratoria 10,1,93 u. 87.  –  Quin­ tilian]  M. Fabius Quintilianus (ca. 35 – ca. 96), römischer Rhetoriker, Verfasser der Institutio oratoria in zwölf Büchern.  –  Lucretius]  T. Lucretius Clarus, römischer Dichter des 1. Jh.s v. Chr., Verfasser des philosophischen (epikureischen) Lehrgedichts ‚De rerum natura‘.  –  Maro]  Beiname Vergils. – Lucilius]  C. Lucilius (nach 180–103 v. Chr.), römischer Satirendichter, von dem nur Fragmente überliefert sind.   58 Heſiodus]  Griechischer Epiker (geb. um 700 v. Chr.).   60–61  daß die Poeſie … geweſt ſey]  Ein bei den Autoren des deutschen Humanismus und des Barock verbreiteter Gemeinplatz, sicher in Anlehnung an Cicero, Tusc. disp. 1,3.   64–65  daß Lucian … zu Reitern gemacht]  Lukian, Demosthenis encomium 5.   66 flgenden]  ‚fliegenden‘. – Pegaſus]  Das geflügelte Musenpferd.   70–71  die Lade des Bundes]  Der heilige Schrein der Israeliten, in dem die beiden Bundestafeln mit den zehn Geboten aufbewahrt wurden, gefertigt aus Akazienholz, das mit Gold überzogen war.   71–72  die Vter der erſten Chriſtlichen Kirchen]  z.  B . der Kirchenvater Gregor von Nazianz (um 329–390), der auch ein bedeutender Dichter war.   74 den Mund des groſſen Moſes]  Vgl. Ex 15,1–19 (Danklied nach dem glücklichen Durchzug durch das Meer auf der Flucht vor den Truppen des Pharao).   74–75  die Harffe … Davids]  Gemeint ist der Psalter.   77 fr]  ‚vor‘.   83 Sorgfalt]  Hier etwa im Sinne von ‚aufmerksames Bemühen‘.   84 Knig Thibaud in Biſcaja]  Gemeint ist Tedbald (Thibaut) IV. (1201–1253), König von Navarra, der auch ein bedeutender Trouvère (Minnesänger) war (daher auch sein Beiname Thibaut le Chansonnier); s. den ihm gewidmeten Artikel im Lexikon des Mittelalters, Bd. 8 (1997), Sp. 520–522 (M.R. Jung). Zu der im folgenden angeführten Anekdote war nichts zu ermitteln.   94–97  daß Longinus … hlt]  Ps.-Longinus, De sublimitate 9,13 (Schrift eines unbekannten Autors des 1. Jhs. n. Chr., zugeschrieben einem Dionysius Longinus).   97 Apelles]  Berühmtester griechischer Maler des Altertums (4. Jh. v. Chr.).   98 Phidias]  Berühmtester griechischer Bildhauer des Altertums (5. Jh. v. Chr.). 101 Auffenthalt]  ‚Lebensunterhalt‘ (DWb 1,637,2).

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Kommentar

103–104  der ſtachlichte Boccalin … vermeinet]  L. bezieht sich hier höchstwahrscheinlich auf eine vorläufig nicht nachweisbare Stelle in des italienischen Juristen und Satirikers Traiano Boccalini (1556–1613) umfangreichem Werk ‚Ragguagli di Parnaso‘. 108 jener Rechtsgelehrte]  Welchen Juristen L. hier meint, war nicht zu ermitteln. 109 Meine Frchte ſind meine Blumen]  Vgl. Sir 24,23 in der Version der Vulgata: „Ego quasi vitis fructificavi suavitatem odoris, et flores mei fructus honoris et honestatis.” Ferner: Filippo Picinelli, Mundus symbolicus (Köln 1687), lib. IX, cap. XIII, Nr. 160 (S. 559a). 111–113  auch Petrarcha vom Donatus … berladen hette]  „Donatus“ ist Lapsus für Lovatus. Gemeint ist der aus Padua gebürtige italienische Jurist und frühhumanistische Dichter Lovato Lovati, latinisiert Lupatus de Lupatis (ca. 1240–1309); zu seiner Biographie s. DBI 66 (2006), S. 215–220 (B. G. Kohl). Das von L. zitierte Urteil Petrarcas über ihn findet sich in: Francesco Petrarca, Rerum memorandarum liber 2,61 (ed. Billanovich [1945], S. 84). Nach Petrarcas Meinung hätte Lovati mit Leichtigkeit der größte Dichter seiner Zeit werden können, wenn er nicht Jurist geworden wäre und so die neun Musen mit den zwölf Gesetzestafeln zusammengebracht hätte. – zwlff Geſtz-Taffeln]  Anspielung auf das altrömische Zwölftafelgesetz, hier als Sinnbild der Rechtsprechung überhaupt. 116  fr2]  ‚vor‘. 121 dieſer]  Gen. Pl.: ‚dieser vornehmen und vertrauten Freunde‘ (Z. 118).



Rosen355

Rosen Widmung der ‚Rosen‘ und ‚Hyacinthen‘1 an Friedrich von Roth Friedrich von Roth, geb. 24. April 1628, gest. 1. März 1695, ein guter Freund L.s, besuchte nach ersten Schuljahren in Jägerndorf und Öls das Breslauer Elisabeth-Gymnasium und studierte 1647–1652 Jurisprudenz in Rostock und Frankfurt a.d. Oder. Zunächst Mitarbeiter bei dem Breslauer Syndikus Andreas Assig, wurde er 1664 Landessyndikus in Glogau, später Vizekanzler und 1667 Kanzler des Herzogtums Liegnitz. 1670 wurde er von Kaiser Leopold I. durch Aufnahme in den böhmischen Ritterstand geadelt; 1671 erfolgte die Aufnahme in den „alten“ böhmischen Ritterstand, gleichzeitig oder etwas später die Ernennung zum Kaiserlichen Rat. 1675 verlieh ihm der Kaiser den Marktflecken Rützen a.d. Bartsch (im Herzogtum Wohlau). – Vorstehendes nach: Buckisch, Schles. Religionsakten, Tl. 1 (1982), S. 99 f., Anm. 31; v. Doerr, Der Adel der böhmischen Kronländer (1900), S. 156f.; Conrads, Schlesien in der Frühmoderne (2009), S. 83, Anm. 24.   3 Apprehenſione Feudi nobilis]  Gemeint ist das Roth vom Kaiser übertragene Lehen: der Marktflecken Rützen.   8 !hæ"]  Nämlich die ‚virtutes‘. Die Ergänzung war zwingend geboten, da das Prädikat („provocarentur“) sonst in der Luft hinge. 13 Cedris]  Die Zeder hier als Sinnbild ewiger Dauer und Unsterblichkeit, wegen ihres vor Fäulnis schützenden Öls (sachlicher Bezug: „ſempiternam !…" Gratiam“). 16–17  quô Thalamo tuo … adſperſus eſt]  Anspielung auf das in den ‚Rosen‘ enthaltene Gedicht Nr. 8 zur Hochzeit von Friedrich von Roth: ‚Sieges-Krantz der auf dem Schau-Platze der Liebe ſtreitenden Röthe‘ (bei uns S. 72–79). 17–18  Hyacinthos Luctum ejus … Apollo dilexit]  Der Gott Apollo liebte den schönen Jüngling Hyacinthus, Sohn des Königs Amyclas von Sparta. Als er ihn beim Diskusspiel versehentlich mit einem unglücklichen Wurf der Scheibe tötete, wuchs aus dem Blut des jungen Mannes die nach ihm benannte Blume, die auf ihren Blütenblättern als Ausdruck der Klage die Buchstaben AI AI trug (vgl. Ovid, Met. 10,162–219). 19 tanquam ex Tripode ejus]  Anspielung auf die Pythia, die im Apollon-Tempel zu Delphi auf einem Dreifuß über einer Erdspalte sitzend die Orakel des Gottes verkündete. 20 Sigalionis]  Sigalion ist der ägyptische Gott des Stillschweigens. 21 Panegyrin]  ‚panegyris‘ als Neuprägung für ‚panegyricus‘ belegt bei Hoven, Lexique (22006), S. 382. 1

Wie aus Z. 17–19 u. 41–52 klar hervorgeht, ist die Widmung, obwohl in die Abteilung ‚Rosen‘ integriert, auch auf die Abteilung der ‚Hyacinthen‘ berechnet.

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31 Roſas Amori … ſacravit]  Die Rose war der Aphrodite bzw. Venus geweiht. 39 ceu Guiſius à Roſarum Exhalatione] Von Herzog Heinrich von Guise (1550–1588) erzählte man sich, daß er den Duft von Rosen nicht vertrug und davon ohnmächtig wurde. 41–42  Hyacinthos ferrugineos … prognatos eſſe Salaminii]  Ajax, Sohn des Telamon, Königs von Salamis, war nach Achilles der stärkste Kämpfer der Griechen im Trojanischen Krieg. Er beging Selbstmord mit einem Schwert Hektors, nachdem er im Wettstreit mit Odysseus um den Besitz der Waffen des gefallenen Achilles gescheitert war. Aus seinem Blut soll eine Hyazinthe entsprossen sein, die auf ihren Blütenblättern als Ausdruck der Klage die Buchstaben AI getragen habe (vgl. Ovid, Met. 13,394–398). 42–43  Admirationis Filiam Iridem]  Iris ist der Regenbogen; im antiken Mythos fungiert sie auch als Götterbotin. Mit ihrer Kennzeichnung als ‚Tochter der Bewunderung‘ folgt L. einer schon in der Antike üblichen etymologischen Ableitung des Namens ihres Vaters Thaumas von griech. θαυ̑ μα = ‚Wunder‘. 56–57  quam naſcens Dies … Anum ſepelit]  L. nimmt hier natürlich die Rose als Sinnbild der Morgenröte und des Abendrots (bei Homer ist Eos, die Göttin der Morgenröte, stets ‚die Rosenfingrige‘). 68 Hortus]  Der Garten Eden, das Paradies. 75 in Smindiridis Lecto Roſis ſtratô]  Von Smindyrides, einem durch sein Luxusleben bekannten Bürger von Sybaris, erzählt Aelian, Varia historia 9,24, er habe auf Rosenblättern geschlafen und sich morgens, wenn er aufstand, darüber beklagt, daß er wegen der Härte dieser Lagerstatt am ganzen Körper Blasen bekommen habe. Er ist also gewissermaßen ein Vorläufer von Hans Christian Andersens ‚Prinzessin auf der Erbse‘. 79–80  Cyrus Conſitorem ſe eſſe gloriabatur]  L. denkt an die von Herodot (1,126) erzählte Anekdote. Danach habe Kyros, der Begründer des Perserreiches (Herrschaftszeit 559–530 v. Chr.), die Perserstämme zum Abfall von der Herrschaft der Meder unter Astyages auf folgende Art bewogen: Er befahl ihnen, ein größeres dornenbewachsenes Gelände an einem Tag zu roden und am nächsten Tag sauber gebadet wiederzukommen. An diesem Folgetag bewirtete er sie reichlich mit Brot und Wein und Fleisch von den Herden seines Vaters und fragte sie, welcher Tag von den beiden ihnen besser gefallen habe. Als sie sich erwartungsgemäß für den zweiten aussprachen, versprach ihnen Kyros, daß sie es jeden Tag so gut haben könnten, wenn sie das Joch der Meder abschüttelten und sich ihm anschlössen. Hiermit hatte er ihre Gefolgschaft gewonnen. 80–81  Alcinous … deliniebat] Der Phäakenkönig Alkinoos, der den schiffbrüchigen Odysseus gastfreundlich aufnahm, verfügte über einen üppigen Garten, der bei Homer, Od. 7,112–132, geschildert wird. Von Rosen ist dort allerdings nicht die Rede. 81–82  Tarquinius coccineum Papaver … propagabat]  Nur von einer mehrfach überlieferten Anekdote (u.  a . Livius 1,54,6; Valerius Maximus 7,4,2) her



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ist bekannt, daß Tarquinius Superbus, der letzte König von Rom, einen mit Mohn bepflanzten Garten besaß: Um seinem Sohn indirekt zu signalisieren, daß er die Oberhäupter der Stadt Gabii umbringen solle, ging er mit dem Boten seines Sohnes durch seinen Garten und schlug dabei mit einem Stock die Köpfe der am höchsten gewachsenen Mohnpflanzen ab. – Cynoſuram]  Eigtl. das Sternbild des Kleinen Bären; hier aber: ‚Leitstern‘ (vgl. Kirschius, Cornu Copiae, Bd. 1 [1970], Sp. 788). 83–84  quod Curium ex Horto … revocârit]  Der römische Konsul und Feldherr Manius Curius Dentatus (3. Jh. v. Chr.), der erfolgreich den Krieg mit den Samnitern beendete und über Pyrrhus siegte, war berühmt für seine schlichte und anspruchslose private Lebensweise. Was L. hier als Tatsache mitteilt, ist extrapoliert aus einer mehrfach (u.  a . bei Plutarch, Vitae: Cato maior 2; Plinius, Nat. hist. 19,87; Valerius Maximus 4,3,5) überlieferten Anekdote: In seinen letzten Lebensjahren habe ihn eine samnitische Gesandtschaft in seinem Bauernhaus im Sabinerland besucht, um ihn mit Gold zu bestechen. Curius, der gerade dabei war, ein Rübengericht zu bereiten, habe den Gesandten geantwortet, er brauche kein Gold, da ihm sein Tongeschirr ausreiche, und es sei ihm ohnehin lieber, über Leute zu herrschen, die Gold besäßen, als es selbst zu besitzen. Vgl. RE IV,2 (1901), Sp. 1844. 84–85  Nec Scipionem puduit … Africam subegerat]  P. Scipio Africanus (236–183 v. Chr.), der römische Feldherr im Zweiten Punischen Krieg (202 v. Chr. Sieg über Hannibal in der Schlacht bei Zama), verbrachte sein letztes Lebensjahr auf seinem Landgut bei Liternum (Campanien). 85–86  Cato Cenſorius … Hortis leges ſcripſit]  Anspielung auf das Werk ‚De agri cultura‘ (‚Über die Landwirtschaft‘) von M. Porcius Cato d.Ä. (234–149 v. Chr.), der als Censor die Einhaltung der Sittengesetze durch die Römer zu überwachen hatte. 86–89  Nunquam Cicero … in Tuſculanô ſuô indulſit]  Bei Tusculum (in den Albaner Bergen) hatte Cicero ein Landhaus; es ist Schauplatz der 45 v. Chr. verfaßten ‚Tusculanae disputationes‘. Der von L. postulierte Zusammenhang von geistiger Höchstleistung und Hingabe an das Landleben ist hier im Hinblick auf Cicero nur von rhetorischer Bedeutung. 88–89  quod Lesbium Oraculum … judicavit]  Mit dem ‚lesbischen Orakel‘ ist der aus Lesbos gebürtige Philosoph (Aristoteles-Schüler) Theophrast (4. Jh. v. Chr.) gemeint. L.s Quelle scheint das Werk eines aus Siena stammenden Jesuiten gewesen zu sein: Io. Baptista Ferrarius, De florum cultura libri IV. Rom 1633. Dort heißt es auf S. 6 f.: „Quod igitur semel voce Lesbium oraculum, Theophrastus, hoc saepius re ipsa docuit gentium Regina Roma dignam esse homine libero agriculturam.“ Die Stelle bei Theophrast gibt Ferrarius nicht an. Vgl. auch Cicero, De officiis 1,151. 94 locutus ſit flores] Umschreibung für die hohe poetische Sprachkultur Ovids. 97–98  qui Virtutem … Gemellos fecit Epicurus]  Indem er den Gewinn von Lust

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(im Sinne von Lebensfreude) und die Vermeidung von Leid und Schmerz als Ziel vernünftiger Lebensführung empfahl.   99–101  Tullio Conſuli ruſtica Vitæ degendæ Ratio … viſa eſt digniſſima]  So bei Cicero, De finibus 5,11; vgl. auch Cato maior 51. 101 Sullam ſpontè Dictaturâ cedentem] Ca.  79/80 v. Chr. legte L. Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.) die Diktatur freiwillig nieder und zog sich ins Privatleben, auf sein Landgut in Puteoli, zurück. 101–102  Diocletianum … Olera Lactucasque Salonæ ſerentem]  Kaiser Diokletian dankte nach über 20jähriger Regierungszeit (284–305) ab und lebte seitdem bis zu seinem Tode (313) in Salona (Dalmatien). Die Legende, daß er sich dort nur geruhsamem Landleben gewidmet habe, geht auf eine Anekdote in der Epitome de Caesaribus (39,6) zurück. 109–116  Nihil hîc audio … quam multa dictatis!]  Zitat Plinius, Epistulae 1,9,5–6. 112 !ſollicitor"]  Der Komparativ „felicior“ ist nach dem Kontext sinnlos und eindeutig Druckfehler oder Lapsus L.s in der Satzvorlage. Entsprechend war auch der ebenfalls irrige Komparativ „inquietior“ zu verbessern. 115 !O mare, o litus,"]  Es ist denkbar, daß L. diese Stelle in dem Plinius-Zitat bewußt ausgelassen hat, da sie zu der Lage seines eigenen Landsitzes inmitten bewaldeter Hügel nicht paßte. Allerdings hätte er dann versäumt, die Pluralformen „invenitis“ und „dictatis“ in den Singular zu setzen. Der Herausgeber steht hier also vor der Wahl, diese grammatische Korrektur selbst vorzunehmen oder das ausgelassene Textstück wieder einzufügen. Ich habe mich für das letztere, den überlieferten Textbestand nach zwei Seiten (L. und Plinius) bewahrende Verfahren entschieden. 118–120  eſſe aliquem … ſui fruuntur]  Zitat Quintilian, Institutio oratoria 2,18,4, von L. zwecks Einfügung in den eigenen Redekontext leicht syntaktisch abgewandelt (in einen von „mihi imaginor“ abhängigen A.c.I.). 121–122  aureæ Delphici Templi … σεαυτόν] Die zitierte berühmte Inschrift stand auf dem für seine Orakel bekannten Apollontempel zu Delphi. 129 Viro Domino POSADOWSKIO]  Johann (Hans) Adam von Posadowsky und Postelwitz. Ihm ist die Abteilung ‚Himmel-Schlüssel‘ gewidmet; s.  u ., S. 509, den Kommentar zu Z. 3–5. 132–133  ad exemplum Damonis & Pithiæ … Dionyſium exterminaſſemus]  Anspielung auf die antike Erzählung von den beiden eng miteinander befreundeten Pythagoreern Damon und Pythias (auch: Phintias oder Pinthias) aus Syrakus, die Schiller in der Ballade ‚Die Bürgschaft‘ behandelt. Kern der in verschiedenen Versionen erzählten Geschichte ist das Thema einer sich auch unter den größten Gefahren bewährenden Freundschaft: Einer der beiden Freunde gerät in Verdacht, einen Mordanschlag auf Dionysios, den Tyrannen von Syrakus, versucht zu haben, und wird zum Tode verurteilt. Dionysios erlaubt ihm aber, vor der Vollstreckung eine Reise zu unternehmen, um private Angelegenheiten zu regeln, unter der Bedingung, daß sein Freund als Bürge für ihn eintrete und, falls er nicht zu einem festgesetzten



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Tage zurückkehre, für ihn den Tod erleide. Zur großen Überraschung des Tyrannen kehrt der Verurteilte tatsächlich zum vereinbarten Termin zurück. Gerührt von soviel Freundestreue schenkt Dionysios beiden die Freiheit und bittet sie, in ihren Freundschaftsbund aufgenommen zu werden. Dies lehnen die beiden Freunde jedoch ab. Vgl. Moormann/Uitterhoeve, Lexikon der antiken Gestalten (2010), S. 209 f. 138–139  hoc quintô Elementô]  Die vier Elemente, zu denen die Freundschaft als fünftes hinzutreten soll, sind Erde, Wasser, Luft und Feuer.

1.  !Sonett ohne Überschrift" Vgl. mit diesem Sonett die ebenfalls dem Lob einer Hermione gewidmeten Sonette Ros 21 u. 22.   1 Hermionens]  Mit der Hermione des antiken Mythos, Tochter des Menelaus aus seiner Ehe mit Helena und Gattin des Orest, hat die hier sowie in Ros 21 u. 22 angesprochene Schönheit offenbar nichts zu tun.   6 eitel]  ‚nichts als‘.   7 beliebter]  ‚angenehmer‘, ‚willkommener‘.   13 ihr einig]  ‚allein ihr‘.

2.  Das von der Sonne geſungene Lob der Roſe Das Gedicht ist dem 1. Teil, Buch 9 von L.s damals noch ungedrucktem ‚Arminius‘ entnommen; es steht dort in der Erstausgabe von 1689 auf S. 1397 (s. Editionsbericht, S.  341  f.).   1–2  die Knigin … Sternen Kind]  Vgl. Ros 15,31–32.   6 Schnecken-Blutt]  Das Sekret der Purpurschnecke, aus dem im Altertum Purpur hergestellt wurde.   7 Balſame]  Hier im Sinne von ‚Duft‘.  –  beſmet]  ‚schwängert‘.   8 beliebte]  ‚angenehme‘. – Hold anthut]  ‚Huld erweist‘.   9 des Ajax Helden-Nahmen]  Ajax, einer der gewaltigsten griechischen Helden vor Troja, geriet nach seiner Niederlage gegenüber Odysseus in beider Rededuell um die Waffen des gefallenen Achilles in Raserei und metzelte besinnungslos eine Schafherde nieder, in der Meinung, es seien Griechen, die Odysseus den Sieg zugesprochen hatten. Wieder zur Besinnung gelangt, stürzte er sich aus Scham über seine Verblendung in sein Schwert. Lt. Ovid, Met. 13, 394–396, entstand aus seinem Blut eine Hyazinthe, in deren Blütenkelch die Buchstaben AI zu lesen seien. Vgl. Ros 15,24.   11 der Juno Milch] Die Milchstraße (hier als Inbegriff der Weiße), die aus Milch aus den Brüsten der Göttin Juno entstanden sein soll, die ihr entfloß, als sie den von Jupiter mit Alkmene gezeugten jungen Herkules wegstieß, der ihr, als sie schlief, von Merkur an die Brust gelegt worden war. 

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–  Samen]  Meint hier die Gesamtheit bzw. die Gattung dieser für das makellose Weiß ihrer Blüte bekannten und gerühmten Pflanze. 12 das Blut der Liebes-Gttin]  Nämlich der Venus, die sich, als sie ihrem von einem wilden Eber verwundeten Geliebten Adonis zu Hilfe eilte, mit ihrer Fußsohle an Rosendornen verletzte und deren herausfließendes Blut die ehemals weiße Rose rot färbte. Vgl. Ros 8,53–54; 14,53; 18,65; 21,5. Zur Verwendung dieses Sagenmotivs in der Literatur der Frühen Neuzeit vgl. B. Czapla, Die Entstehung von Kuß und roter Rose (2004). 18 der Lieb’ … Eben-Bild]  ‚wahres Ebenbild der Liebe‘. 19–20  Geſchoß !…" Flgel !…" Fackel]  Attribute des kleinen Amor. 23 vergrauen]  ‚grau werden‘. 24 zur Buhlſchafft]  ‚als Geliebte‘; vgl. DWb 2,508,2. 25 Der Mohnde … Thau]  Dahinter steht die aus dem Altertum überkommene Vorstellung, vor allem der Stoiker, daß der Mond, als ein feuchter Planet, Tau auf die Erde tropfen läßt (s. RE XVI,1,81 u. 104 f.; Roscher II,2,3147– 3149). Vgl. Ros 13,38–39; 14,69; 15,4; 17,85–86; 19,112–113; S III 58.74; A II 68, V 662 (hierzu AnmL.); E III 753f.; IS III 404. 26 kehrn]  ‚umwandeln‘. 29 eitel]  ‚nichts als‘. 30 des Auges … Welt]  D.h. der Sonne. Vgl. Ambrosius, Hexaemeron libri sex 4,1,1 (Migne, PL 14, Sp. 201 C). Dieselbe Metapher auch in A IV 317; C 2 III 208; E III 426; S V 63.77. 32 falſch]  ‚scheinbares‘, ‚trügerisches‘. 35–36  wie die Roſe … Roſe ſeyn]  Vgl. Ros 15,39–40. 36 der Sonne Rad]  Die Sonne; vgl. A II 20.387; C I 281; S IV 131. 39–42  Roſen ſolcher Arth … im Trauren gehn]  L. denkt hier vermutlich an die Rose von Jericho (s.  u . zu Ros 15,73).  –  aufſchſſen]  ‚in die Höhe wachsen‘. – im Trauren]  ‚in Trauer‘; vgl. DWb 21,1382,2aβ. 43 frs Sternen-Haupt]  ‚als Oberhaupt der Sterne‘. 44 Knigs-Krantz]  ‚Kranz‘ hier = ‚Krone‘. 46 Preiß]  ‚Lobpreis‘. 48 auszuſtreichen]  ‚herauszustreichen‘, ‚in ihrem Wert darzustellen‘; vgl. DWb 1,992,3.

3. Lob-Geſang der Blumen-Göttin In dem Erstdruck des ‚Arminius‘ (1689–1690) steht dieser Gesang der Blumengöttin in Buch 9 des 1. Teils (Bd. 1, S. 1380 f.), mit wenigen geringfügigen Abweichungen (s. Editionsbericht, S. 341  f.).   9 Vorwitz]  ‚Wagemut‘. 10 Agſteinenen]  Von ‚Agstein‘ = ‚Bernstein‘. 11 Als]  ‚wie nämlich‘ (Vergleich der an der Luft hart werdenden Korallen mit Kristallen).



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12 Aus Thetys Schooß]  ‚aus dem Meer‘; Thetis ist eine Meergöttin. 13 Alb-Bild]  Ein solches Kompositum ist in keinem Wörterbuch nachweisbar. Sollte es sich nicht etwa um einen Druckfehler für ‚Abbild‘ handeln (die Lesart „Alb-Bild“ findet sich aber auch in der im ‚Arminius‘ abgedruckten Fassung), so läge eine Deutung im Sinne von ‚Traumbild‘ nahe, vorausgesetzt, man versteht ‚Alb‘ bzw. ‚Alp‘ nicht im hergebrachten engeren Sinn von ‚Nachtmahr‘, also einer Art Dämon, der im Schlafenden bedrückende Träume erzeugt. 14 einig]  ‚irgendein‘; vgl. DWb 3,210,7cb.  –  Br]  Großer und Kleiner Bär, Sternbilder am nördlichen Himmel.  – Stier]  Sternbild des nördlichen Himmels, eher bekannt unter seinem lateinischen Namen Taurus. 15 fr]  ‚vor‘. 18–19  Der neun hellen Sternen … der Ariadne Krantz] Der Gott Dionysos heiratete die von ihrem Geliebten Theseus auf der Insel Naxos zurückgelassene Ariadne, Tochter des Königs Minos von Kreta. Zur Hochzeit schenkte er ihr eine Krone, die als ‚Corona Borealis‘ (‚Nördlicher Kranz‘) an den Himmel versetzt wurde. Ovid berichtet in den Fasti (3,515–516) von neun Juwelen, mit denen Ariadnes Krone geziert war und die nun als besonders helle Sterne in ihrem Sternbild leuchten. 20 fr]  ‚vor‘. 22 Ceres]  Die römische Göttin des Ackerbaus.  –  nur allein]  ‚einzig‘, ‚ausschließlich‘. 23 Pomone]  Pomona, die römische Göttin der Baumfrüchte. 31 Pomerantzen]  ‚Orangen‘, ‚Apfelsinen‘. 33 giebt nach] ‚bleibt zurück hinter‘, ‚ist unterlegen‘.  – Blume]  Hier: ‚Blüte‘. – Muſkaten]  Muskatbäume, deren Samen die als Küchengewürz verwendeten Muskatnüsse sind. 36 fette]  ‚fett‘ hier = ‚fruchtbar‘. 38 Blumwerg] = ‚Blumenwerk‘, hier etwa: ‚Gesamtheit / Welt der Blumen‘. Vgl. Ros 8,91; 9,56; 11,83; 17,61. 45 ihr Brand]  ‚das Feuer ihrer Liebe‘.

4.  Zuruff Der frolockenden Oder vor 1  die Glckſeeligſte Vermhlung … Claudia Felicitas]  Leopold I. (1640– 1705, Kaiser seit 1658), Sohn Kaiser Ferdinands III., wurde nach dem plötzlichen Tode seines älteren Bruders, Ferdinands IV. (1633–1654), der schon zu Lebzeiten seines Vaters zum deutschen König gewählt worden war, zunächst König der beiden habsburgischen Erblande Ungarn (1655) und Böhmen (1656), dann, 1658, ein Jahr nach dem Tode Ferdinands III., deutscher Kaiser. Die Vermählung Leopolds mit Claudia Felicitas, Erzherzogin von Österreich, fand am 15. Oktober 1673 in der Grazer Hofkirche St. Ägydius, dem heutigen Dom, statt, noch im Todesjahr seiner ersten Frau, Margarita Teresa (1651–1673), die kurz nach der Geburt ih-

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res sechsten Kindes, am 12. März 1673, gestorben war. Claudia Felicitas (geb. 1653), Tochter Erzherzog Karls von Tirol, starb bereits 1676, mit 22 Jahren, nach der Geburt ihrer zweiten Tochter.  –  Von dem Durchlauch­ ten … begangen ward]  Die Feier des Liegnitz-Brieg-Wohlauschen Herzogtums zur Vermählung Kaiser Leopolds fand am 15. Oktober 1673 im Brieger Schloß statt. Vgl. hierzu Schönwälder, Die Piasten zum Briege, Bd. 3 (1856), S. 241: „Mit den Jahren wurde er [= Georg Wilhelm, der mit 15 Jahren 1575 verstorbene letzte Piastenherzog] an die öffentliche Tafel gezogen und trug zur Uebung im Ausdruck oft kleine Reden vor den Eltern und Gästen vor, oder er mußte in Tänzen und Komödien mitwirken, z.  B . 1673 den 15. October, als zur Vermählungsfeier des Kaisers Leopold ‚die uneigennützige Liebe‘ aufgeführt wurde.“  –  Wein-Monats-]  Oktober.   1–2  die rinnenden Kriſtallen … trb und ſchwer]  Umschreibung für das fließende Wasser der Oder, das, eigentlich kristallklar, nun von Tränen wegen des Todes der ersten Gattin des Kaisers getrübt ist.   6 verſtell’t]  ‚entstellt‘.   8–10  Pyaſtens Stamm-Baum … nur einen Printz und Aſt]  Gemeint ist der junge Herzog Georg Wilhelm von Liegnitz-Brieg-Wohlau (1660–1675), mit dem zwei Jahre nach der Entstehung vorliegenden Gedichts das Geschlecht der Piasten ausstarb, das auf den legendären Stammvater Piastus zurückgeführt wurde, der 840–890 als erster Herzog Polen regiert haben soll. Die Piasten stellten bis 1370 polnische Könige. Georg Wilhelm gehörte einer schlesischen Nebenlinie an, die die polnische Hauptlinie überlebt hatte.   9 neunhundert Jahr]  Eigentlich nur achthundert Jahre. 11 die Deutſche Kayſerin]  Die verstorbene Margarita Teresa. 13 die Burg]  Das Brieger Schloß. 16 Unfal dreu’n]  ‚Unheil androhen‘ (als Böses ankündigendes Prodigium). 18 Luſt- … Fackeln]  D.h. Feuerwerk. 19 die Schutz-Frau meines Strandes]  Die Herzogin Luise von Liegnitz-BriegWohlau (1631–1680), die nach dem frühen Tode ihres Mannes, Herzog Christians II. (1618–1672), die Regentschaft über das Herzogtum innehatte, da ihr Sohn Georg Wilhelm als rechtmäßiger Nachfolger noch nicht volljährig war. 20 meinen Frſten]  Der damals gerade dreizehn Jahre alte Herzog Georg Wilhelm. 21 die Vter unſers Landes]  Die bei der Festivität anwesenden Vertreter der Stände des Herzogtums. 23 das Silber meiner Bruſt]  Die silbrig glänzende Oberfläche der Oder. 28 die Heimligkeit]  ‚das Geheimnis‘. 31 Des Lwen und der Jungfrau]  Die beiden Sternbilder (lat. Leo und Virgo) als Allegorien auf das kaiserliche Brautpaar (Wortspiel leo / Leopold). 32 fr]  ‚vor‘. 34 deuten]  ‚bedeuten‘. 35 Lwe’s]  = Löwe, das.



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37–38  aus Rubinen … den Safft]  Anklang an alchemistische Vorstellungen, denenzufolge von den Planeten Kräfte ausgehen, die ursächlich sind für die Entstehung von Metallen und Edelsteinen im Innern der Erde. So erzeugt z.  B . die Sonne das Gold, der Mond das Silber, der Merkur das Quecksilber. Zu den Korrespondenzen der sieben Planeten mit den sieben Metallen s. Laube, Die Alchemie (2014), S. 178–181. Vgl. Ros 14,70; LGW 948–949. 38 Den Liebes-Stern]  Die Venus.  – abthau’n]  Etwa: ‚heruntertropfen lassen‘. 42 Hat … Theil]  Vgl. A I 41–43. 45 ſchlechter]  ‚geringer‘. 48 die Sonn im Lwen]  Im Sternbild des Löwen steht die Sonne vom 11. August bis zum 16. September. 49 ſo denn]  ‚sodann‘, ‚zu dieser Zeit‘. 52 Andacht]  Hier in der heute geschwundenen Grundbedeutung, etwa: ‚gedankliche Konzentration‘, ‚ausgeprägtes Bewußtsein‘ (jenes großen Ereignisses). 55 Die Muhre]  Die Mur, ein Fluß, der durch Österreich (Steiermark), Slowenien, Kroatien und Ungarn fließt. An ihr liegt Graz, die Hauptstadt der Steiermark, wo die Hochzeit Leopolds I. und seiner zweiten Ehefrau Claudia Felicitas stattfand.  –  Hochzeit-Kertze]  Fester Bestandteil der kirchlichen Trauzeremonie. 56 Jnn]  Er steht für den Geburtsort der Braut (Innsbruck).  –  Jſter]  Lateinischer Name für die Donau, die für den Kaiser steht. 57 Jſer]  = Isar; sie entspringt in der Heimat der Braut, auf der Tiroler Seite des Karwendelgebirges, und mündet in die Donau, repräsentiert also die Verbindung der beiden Brautleute. 60 fr]  ‚vor‘. 61 in Himmels-Garten heben]  D.h. als Gestirn an den Himmel versetzen. Tatsächlich gibt es ein Gestirn, dessen Name mit dem mythischen und poetischen Namen des Po (lat. Padus) gleich lautet: Eridanus. 62 deinen Stern-Krantz]  Der Eridanus besteht aus einer Kette von Sternen unterhalb des Sternbilds Orion. 66 dem Sonnen-Zirckel gleich]  Anspielung auf den bekannten Ausspruch Kaiser Karls V., daß im Reich der Habsburger die Sonne nie untergehe. 68 die gldne Zeit]  D.h. ein neues Goldenes Zeitalter, in dem die Menschen in vollkommener Harmonie untereinander und mit der Natur lebten, ohne materielle Not, in absolutem Frieden und unter der Herrschaft der Gerechtigkeit. 69 Das gldne Fell]  Anspielung auf den von Philipp dem Guten von Burgund 1430 gestifteten Orden vom Goldenen Vlies, den Hausorden der Habsburger. 70 Glckſeligkeit]  = Felicitas, der zweite Name der Braut. 77–78  Hyacinth Den Nattern Gifft]  Lt. Plinius, Nat. hist. 21,170, hilft Hyazinthensamen bei Schlangenbissen.

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  80 Horn des Uberfluſſes]  Füllhorn (cornu copiae), nach dem Horn der Ziege Amalthea, die den Gott Zeus, als er noch ein Säugling war, großgezogen haben soll.   85 Mohnd]  Steht für die Türkei bzw. das Osmanische Reich.  –  Hahn]  Steht für Frankreich (althergebrachtes Wortspiel gallus / Gallus).   86 fr]  ‚vor‘.   87 Cyrenens]  Cyrene, die Hauptstadt der Cyrenaika in Libyen, hier Metonymie für Nordafrika.   92 vertrau’t]  ‚vertrauen‘ hier = ‚vermählen‘ / ‚verheiraten‘ (DWb 25,1951f.,5).   93 Flammen]  ‚Liebesglut‘.   98–99  Ein Frſt verſchmh’t … Waſſer haben]  Nach Aelianus, Varia historia 1,32: Ein Perser namens Sinaites begegnete dem persischen Großkönig Artaxerxes II. Mnemon (4. Jh. v. Chr.) und reichte ihm, da er gerade kein Geschenk zur Hand hatte, mit dem er ihm wie andere Perser seine Ehrerbietung erweisen konnte, zwei Händevoll Wasser aus dem Fluß Kyros. Artaxerxes nahm die Gabe freundlich entgegen, ließ das Wasser von einem seiner Diener in einer goldenen Schale auffangen und sandte Sinaites danach reiche Gegengeschenke. Vgl. DIV, Widmung 24–25. 101 vergng’t]  ‚zufrieden‘. 104–105  der Groſſen Kayſerin Geburts-Stern … bringt mitte]  Da Claudia Felicitas an einem 30. Mai geboren wurde, gehört sie dem Sternzeichen der Zwillinge an. Dem antiken Mythos nach sind es die nach ihrem Tod an den Himmel versetzten Zwillingsbrüder Castor und Pollux, die an dem Zug der Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies (vgl. V. 69) teilgenommen haben und als Gestirn als Beschützer der Seeleute in schweren Unwettern galten.

5.  Liebe zwiſchen König Petern dem Grauſamen in Caſtilien und Johanna Caſtria des Diego Haro Wittib Peter I., der Grausame, geboren 1334 in Burgos, wurde beim Tode seines Vaters, Alfons’ XI., im Jahre 1350 mit fünfzehn Jahren König von Kastilien und León, angeleitet von dem schon unter seinem Vater tätig gewesenen Minister Juan Alfonso de Albuquerque. Auf Betreiben Albuquerques und seiner Mutter, Maria von Portugal, wurde aus politischen Gründen (Annäherung an die französische Krone) eine Ehe Peters mit Blanche (Blanca) von Bourbon, einer Tochter Herzog Peters I. von Bourbon und der Isabella von Valois, verabredet. Über ihre Mutter war Blanche eine Nichte des französischen Königs Philipp IV. (Regierungszeit 1328–1350). Die Ehe wurde am 3. Juni 1353 in Valladolid geschlossen. Nach zwei Tagen verließ Peter Valladolid, um zu seiner Mätresse Maria Padilla zurückzukehren, einem adligen jungen Mädchen, das in der Familie Albuquerques aufgezogen worden war. Auf Vorhaltungen seiner Mutter und von Hofkreisen kehrte Peter im Juli nach Valladolid zurück und verbrachte noch einmal zwei Tage bei seiner Ehefrau, um sie dann für immer zu verlassen.



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Blanche verbrachte den Rest ihres Lebens, bis zu ihrem Tode 1361 in Medina Sidonia, als Gefangene in verschiedenen Schlössern Kastiliens, ohne Peter je wiedergesehen zu haben. Ob sie eines natürlichen Todes gestorben ist oder, wie zeitgenössische Quellen berichten, im Auftrag Peters getötet wurde, bleibt ungewiß. Aus schwer erklärbaren Motiven schloß Peter im April 1354, nicht einmal ein Jahr nach seiner Hochzeit mit Blanche, eine Nebenehe mit Juana de Castro, einer Witwe des Diego de Haro, mit Zustimmung der Bischöfe von Avila und Salamanca, aber unter scharfem Protest von Papst Innozenz VI., der ständig mit der verstoßenen Königin in Verbindung stand. Schon am Tag nach der Hochzeit verließ Peter seine zweite Ehegattin, um auch sie nie wiederzusehen. Seiner Mätresse Maria Padilla bewies Peter jedoch lebenslange Treue. Sie gebar ihm drei Töchter und einen Sohn; das erste Kind, Beatriz, wurde im Frühjahr 1353 geboren, mehrere Monate vor der Hochzeit mit Blanche. Maria Padilla starb ebenso wie Blanche im Jahr 1361. Peters I. politische Laufbahn war bestimmt von Bürgerkriegen gegen große Feudalherren und aufständische Städte sowie von Kriegen gegen das von Frankreich unterstützte Aragon. Von Anfang an hatte er sich in wechselnden Konstellationen der Gegnerschaft seiner Halbbrüder zu erwehren, Söhnen seines Vaters, Alfons’ XI., aus dessen Beziehung mit seiner Mätresse Leonor de Guzmán, Tochter eines adligen jüdischen Kaufmanns: Sancho, Tello, Fadrique und Heinrich, Graf von Trastámara, der Peter den Thron streitig machte. Heinrich von Trastámara nahm eine führende Position in der französisch-kastilischen Allianz ein, der die auf Peters Seite unter der Führung des Schwarzen Prinzen (Edward of Woodstock, Sohn König Edwards III. von England) agierende englisch-kastilische Allianz gegenüberstand. In der Entscheidungsschlacht von Montiel im März 1369 siegte die von Heinrich angeführte französische Allianz. Im Verlauf einer Unterredung der beiden Brüder einige Tage darauf, bei der es zu einem Handgemenge kam, tötete Heinrich, der sich schon 1366 in Calahorra zum König hatte ausrufen lassen, Peter mit einem Dolchstoß und bestieg als Heinrich II. den Thron von Kastilien und León, den er bis zu seinem Tode 1379 innehatte. Den Beinamen ‚der Grausame‘ erwarb sich Peter durch seine Neigung, Menschen, die ihm irgendwie politisch unbequem waren, leichthin durch Mordaufträge aus dem Wege räumen zu lassen, insbesondere aber durch einen besonders schändlichen und bösartigen Mordbefehl: den gegen seinen Halbbruder Fadrique, damals Ordensmeister des Ordens von Santiago, im Jahre 1358, fünf Jahrhunderte später Thema von Heinrich Heines ‚Spanischen Atriden‘ im ‚Romanzero‘ (1851). Nicht verschwiegen werden darf, daß Peter dank seiner Reform der kastilischen Gesetzgebung von Zeitgenossen auch ein freundlicherer Beiname zugewiesen wurde: ‚el Justiciero‘ (‚der Gerechtigkeitsliebende‘). L.s Hauptquelle für diesen Heldenbriefzyklus war gewiß die ‚Historia de rebus Hispaniae‘ des Jesuiten Ioannes Mariana (1536–1624), zuerst erschienen Toledo 1592 und in vielen Nachdrucken vorliegend (von mir eingesehene Ausgabe: Mainz 1605). Dieses Werk nennt L. ausdrücklich als seine Quelle für Ros 7 (‚Rede der ſich […] mit einem glühenden Brande tödtenden Maria Coronelia‘ –

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ebenfalls auf einem Stoff aus der Regierungszeit Peters des Grausamen fußend). Da L. des Spanischen mächtig war, hat er mit Sicherheit auch andere Quellen benutzt, vielleicht sogar die zentrale Quelle für die Regierungszeit Peters I., die ‚Coronica del rey don Pedro‘ von Pero López de Ayala (1332–1407) 2, erstmals im Druck erschienen Sevilla 1495; wissenschaftliche Ausgabe von Constance L. Wilkins u. Heanon M. Wilkins, Madison 1985. Anzunehmen ist, daß L. auch diverse literarische Bearbeitungen von Themen aus der Geschichte Peters des Grausamen3 bekannt waren, angefangen bei den spanischen Romanzen des 14. Jh.s (enthalten in der von Antonio Perez Gomez 1954 herausgegebenen Sammlung ‚Romancero del rey Don Pedro‘). Eine moderne wissenschaftliche Gesamtdarstellung der Regierungszeit Peters des Grausamen lieferte Clara Estow: Pedro the Cruel of Castile 1350–1369 (1995). Immer noch lesenswert ist die schon klassisch gewordene Biographie von Prosper Mérimée, Histoire de Don Pèdre Ier roi de Castille, zuerst erschienen Paris 1848 (in deutscher Übersetzung Leipzig 1852; neue Ausgabe ebd. 1865), heute am besten zu benutzen in der im Lichte der neueren Forschung kommentierten Edition von Gabriel Laplane (Paris 1961, mit einer extrem nützlichen, hochdifferenzierten Zeittafel auf S. IXL-LXVII: Chronologie du règne de Don Pèdre). Aus der älteren Forschungsliteratur für unser Thema von besonderem Interesse: Sitges, Las mujeres del rey Don Pedro I de Castilla (1910); Daumet (Hrsg.), Innocent VI et Blanche de Bourbon. Lettres du pape (1899). Bei den vier Teilen des Heldenbriefzyklus zum Ehebruch Peters des Grausamen handelt es sich um die Überarbeitung einer auf einen ganz ähnlichen fürstlichen Ehebruchsfall des 17. Jh.s bezogenen Erstversion, die zu L.s Lebzeiten nur handschriftlich vorlag. Thema dieser Erstversion war die 1657 erfolgte Trennung des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz von seiner Gemahlin, Charlotte von Hessen, zugunsten einer Liebesbeziehung mit deren jugendlichem Hoffräulein Maria Susanna Luise von Degenfeld, mit der der Kurfürst dann eine Ehe zur linken Hand einging. 4 Da sich die Publikation einer Dichtung zu einem so heiklen aktuellen Stoff aus dem zeitgenössischen Hochadel aus naheliegenden Gründen verbot, übertrug L. die Handlung auf einen analogen Fall des fernen Mittelalters, in dessen Zentrum ein ohnehin schon übel beleumdeter spanischer Monarch stand. Jene ursprüngliche kurpfälzische Version, die in drei postumen Drucken und acht Handschriften überliefert ist,5 wird im zweiten Teilband unserer Ausgabe von L.s Lyrik enthalten sein. 2

Zu Leben und Werk dieses Autors s. Constance L. Wilkins, Pero López de Ayala. Boston 1989 (= Twayne’s World Authors Series: Spanish Literature). 3 Vgl. die Zusammenstellung bei Elisabeth Frenzel, Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. Stuttgart 1962 (= Kröners Taschenausgabe 300), S. 507–509, hier S. 507f. 4 Vgl. Lohenstein, Lyrica (1992), Nachwort, S. *28-*31. 5 S. ebd., S. *52f., Anm. 91, 95 u. 96.



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Prosaeinführung Lohensteins   1 zeitlich]  ‚rechtzeitig‘ (wohl Anspielung auf das junge Alter Peters bei seiner Thronbesteigung).   2–3  aus beweglichem Antriebe ſeiner Mutter]  Bei Mariana etwas anders: „Vasco Palentino praesule, qui regio scrinio erat praefectus, ipsoque Albuquerquio annitentibus reginae matri persuasum est, uti ex Gallia coniux regi iuveni peteretur.“ (S. 79 a ,45–79b ,3). – „Auf Betreiben des Bischofs [?] Vascus Palentinus, der der königlichen Kanzlei vorstand, und Albuquerques selbst wurde die Königsmutter davon überzeugt, daß die Ehefrau des jungen Königs aus Frankreich geholt werden sollte.“  –  beweglichem]  Hier etwa: ‚lebhaftem‘.   6 ihren Schweſtern]  Blanca hatte sechs Schwestern, die aber für den Zusammenhang der aktuellen Thematik ohne Bedeutung sind.   7 ein !…" Werckzeug] ‚Werkzeug‘ hier als Maskulinum.  – ſcheinbarer]  ‚prächtiges‘, ‚ausgezeichnetes‘ (vgl. DWb 14,2434,1c/d).   7–8  des Knigs …im Zaume zuhalten]  Gleich im Anschluß an den zu Z. 2–3 zitierten Satz heißt es bei Mariana: „Aetati lubricae non aliunde maius periculum imminere quàm à circumfusis undique voluptatibus:“ (S. 79b ,3–5). – „Seinem ungefestigten Alter drohe von nirgendwoher eine größere Gefahr als von den ihn auf allen Seiten umgebenden sinnlichen Vergnügungen.“   9–11  wiewol er ſchon vorher … verpfndet hatte]  Bei Mariana, S. 48 b ,39–45: „Eo in itinere regis animus Mariae Padilliae, quae in Albuquerquii familia educabatur, eximia pulchritudine captus cum ea ad S. Facundi oppidum stupri consuetudinem habere coepit, sponsae immemor novisque amoribus amens.“ – „Auf dieser Reise wurde das Herz des Königs von der außerordentlichen Schönheit der Maria Padilla, die in der Familie Albuquerques aufgezogen wurde, gefangengenommen, und mit ihr begann er in der Stadt des Hl. Facundus [= Sahagún, in der Provinz León] seinen gewohnheitsmäßigen unehelichen Verkehr, ohne einen Gedanken an seine Verlobte, ganz von Sinnen durch seine neue Liebe.“ 10 Dirne]  Maria Padilla. „Dirne“ hier sicher nur „Mädchen“, ohne den allerdings damals schon verbreiteten pejorativen Nebensinn. 11 Das Hochzeit-Feyer]  ‚Feier‘ hier in ganz ungewöhnlicher, im DWb nicht belegter Verwendung als Neutrum (so auch unverändert in den Nachdrucken B und C). 12 ſchlecht]  ‚schlicht‘, ‚mit geringem Aufwand‘. 13–14  mehr einem Begrbnſſe … hnlich]  Nach Mariana, S. 100 b ,37f. (hier innerhalb der Nachbemerkungen zu ihrem Tode): „Blancae primus nuptiarum dies funeris instar fuit […].“ – „Blancas erster Hochzeitstag glich einer Beisetzung.“ 15 Vorſchmack]  ‚Vorgeschmack‘. 19 an Geſtalt]  ‚an Schönheit‘. 19–20  nicht den Schatten reichte]  Heute sagt man: ‚nicht das Wasser reichte‘.

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21 Baſe Elionore] ‚Base‘ hier in alter Bedeutung: Tante, als Schwester des Vaters. Gemeint ist Eleonore von Kastilien (1307–1359), Tochter Ferdinands IV. von Kastilien und somit Schwester von Peters Vater Alfons XI., damals schon verwitwete Königin von Aragón (als zweite Ehefrau des 1336 verstorbenen Königs Alfons IV.). Eleonore war nach dem Tod ihres Mannes nach Kastilien geflüchtet, um Pressionen ihres Stiefsohnes, Peters IV., des neuen Königs von Aragón (ältester Sohn Alfons’ IV. aus dessen erster Ehe), zu entgehen. Hintergrund des Konflikts waren Bemühungen Eleonores, ihren beiden Söhnen Krongüter in Aragón zu beschaffen. Peter der Grausame ließ sie 1359 ermorden, da sie sich in seinen Kämpfen mit seinem Halbbruder Heinrich von Trastámara dessen Partei angeschlossen hatte. 29–30  Vallidolit]  Valladolid, Residenzstadt der kastilischen Könige. 31 ihm]  ‚sich‘. 32 der warme Agſtein]  D.h. der durch Reiben erwärmte und magnetisch gewordene Bernstein. 34–37  durch einen … Drachen-Grtel … bezaubert haben ſolte]  Mariana schreibt (S. 82 a ,19–28), daß die Besessenheit, mit der Peter an seiner Mätresse hing, in der kastilischen Bevölkerung das Gerücht habe aufkommen lassen, er sei durch Zaubersprüche behext worden, und ein Jude habe einen Gürtel in der Form eines Drachen mit Zauberkräutern präpariert und dafür gesorgt, daß dieser ins Blickfeld des Königs gelangte. Daß dieser Gürtel ein Geschenk Blancas an Peter gewesen, daß er mit Edelsteinen besetzt gewesen sei und daß der Jude von den Brüdern Maria Padillas beauftragt worden sei, findet sich nicht bei Mariana, wohl aber in einer noch im 14. Jh. entstandenen Romanze. Nach der in ihr mitgeteilten Version der Episode verwandelt sich der Gürtel in der Hochzeitsnacht, in der Peter ihn nach Blancas Wunsch tragen sollte, aufgrund der Zauberei des Juden in eine Schlange, wodurch Peter so erschrickt, daß er aus dem Schlafzimmer flieht (Romancero del rey Don Pedro [1954], Romance IX, S. 134; vgl. dazu Estow, Pedro the Cruel [1995], S. 140f.). Ob L. seine Kenntnis aus dieser Romanze selbst hatte, steht dahin, auf jeden Fall erlaubt dieses Detail immerhin den Schluß, daß Mariana nicht seine einzige Quelle war. 37 Olmedo]  Eine Gemeinde in der heutigen Provinz Valladolid. 38–39  die Vergeſſenheit]  ‚das Vergessen‘ (DWb 25,422f.,1).  –  Staffel]  ‚Stufe‘. 43–45  daß ſie … gebohren hette]  Mariana berichtet (S. 82a ,28–34), daß es Zeitgenossen gegeben habe, die solches geglaubt und insofern die Abneigung Peters gegenüber seiner Gattin für plausibel gehalten hätten; der aus dem Ehebruch Blancas hervorgegangene Sohn Heinrich sei von einer Jüdin namens Columba in Sevilla aufgezogen worden. Nach Marianas Einschätzung ist beides (Blancas angeblicher Ehebruch mit Friedrich und Geburt eines hieraus hervorgegangenen Kindes) unwahrscheinlich: „Neutrum nobis verisimile visum est.“ (S. 82a ,36f.). Die ganze Geschichte ist ohne realen historischen Hintergrund; die Ehe mit Blanca blieb kinderlos. Der



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angebliche Skandal fand Niederschlag in einer ‚Romance de como la reina Doña Blanca, mujer del rey de Castilla Don Pedro, tuvo un hijo de su cuñado Don Fadrique‘, zit. bei Sitges, Las mujeres del rey Don Pedro I de Castilla (1910), S. 360; Text: Romance II–IId (fünf Versionen, IIc nach einem spanischen Druck von 1550) in: Romancero del rey Don Pedro (1954), S. 85–100; weitere Quellennachweise zu diesem Spezialthema ebd, Introducción, S. 78; vgl. auch Estow, Pedro the Cruel (1965), S. 191f. Franz Grillparzer griff auf den Stoff des angeblichen Liebesverhältnisses Blancas mit Friedrich in seinem Jugenddrama ‚Blanka von Kastilien‘ (verfaßt 1807–1809) zurück.  –  Bruder Friedrich]  Gemeint ist Peters Halbbruder Fadrique, den er 1538 umbringen ließ.   –  zugehalten]  ‚intimen Verkehr gehabt‘ (DWb 32,448,5). 45 gefhrlichen]  ‚hinterlistigen‘ (DWb 4,2083,2d).  –  Auskundſchaffern]  ‚Spionen‘. 45–49  Ja er hette … gedreuet hetten]  Nichts davon ist historische Realität. 46 frs peinliche Recht geſtellet]  D.h., sie foltern lassen. 47–48  der Bapſt … mit dem Banne]  So weit ist Papst Innozenz VI. (1352–1362) zwar nicht gegangen, aber er hat über Jahre hinweg in Kastilien interveniert, um das Los Blancas, mit der er laufend in Verbindung stand, zu lindern. Dies bezeugt die hierzu von Daumet 1899 herausgegebene Sammlung von Briefen des Papstes: G. Daumet (Hrsg.), Innocent VI et Blanche de Bourbon. Lettres du pape publiées d’après les registres du Vatican. 52 verterbten]  ‚schadhaften‘. 53 Angel-Stern]  ‚Polarstern‘. 55 Die Beſchwerligkeit ihres Zuſtandes]  ‚die sich aus ihrer Lage (als Witwe) ergebenden Mißlichkeiten‘ (bei Mariana, S. 84a ,2: „viduitatis incommoda sustentabat“: „die Mißlichkeiten des Witwenstandes ertrug sie“). 61–62  als die ſchlauen Schlangen fr dem Beſchwerer]  Ein entsprechendes Emblem in: Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 641 (Inscriptio: „Mentem ne lae­ deret auris“). Vgl. auch Schöne, Emblematik u. Drama, S. 111f. Das Bild verwendet auch Gryphius, Leo Armenius I 222 (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 24). Vgl. C 2 II 163; S IV 88.  –  fr]  ‚vor‘. –  Beſchwerer]  ‚Beschwörer‘. 62 Ulyſſes fr den Sirenen]  Die Sirenen waren Ungeheuer in weiblicher Gestalt, die am Ufer einer Insel saßen und vorbeikommende Seefahrer mit ihren unwiderstehlich bezaubernden Gesängen anlockten, um sie zu töten und zu verspeisen (Homer, Od. 12,39 ff. 165 ff.). Odysseus befahl seinen Gefährten, sich vor der Vorbeifahrt an der Insel die Ohren mit Wachs zu verstopfen; sich selbst ließ er an den Mast des Schiffes binden, um die Gesänge hören zu können, ohne ihnen dabei zum Opfer zu fallen. 63 Heucheley]  ‚Schmeichelei‘. 66 eingerathen]  ‚angeraten‘. 67 Jrrwiſches]  Eigtl. ‚Irrlicht‘, hier aber wohl ‚Komet‘. 68 tauren]  ‚überdauern‘.

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69 andere]  ‚zweite‘. 73 gemeinen Wolfarth]  ‚Wohlergehen der Allgemeinheit‘, ‚Staatswohl‘. 74 entbrechen]  ‚enthalten‘. 75–77  weil Franckreich … die Waffen ergrieffen]  Es handelt sich um den Krieg mit Aragón (unter Peter IV.), der 1356 begann und 1361 durch Friedensschluß beendet wurde. 77 Aſſidonia]  Medina Sidonia, Stadt in Südspanien (Andalusien). Hier wurde Blanca zuletzt gefangen gehalten. 79 durch einen Artzt … hinrichten]  Die tatsächlichen Umstände ihres Todes sind nicht bekannt. 81–84  welche ihn … abgemahnet hatte]  Als Peter bei Medina Sidonia auf der Jagd war, soll ihm ein Hirte begegnet sein, der ihm den Untergang angedroht habe, wenn er seine Einstellung gegenüber Blanca nicht ändere und sich von ihrem unglücklichen Zustand nicht bewegen lasse. Die Zeitgenossen hätten dies für ein göttliches Prodigium gehalten. So bei Mariana, Historia (Mainz 1605), tom. 2, S. 108a . – rauchen Hirten]  ‚rauch‘ ist hier als Adjektiv in der Bedeutung ‚struppig‘ zu lesen, denn bei Mariana heißt es a.a.O. von dem Hirten, er sei „vultu vesteque horridum, carpillo [recte capillo] barbaque squalidum“ gewesen, d.  h . sein Gesicht und sein Gewand seien struppig, sein Haupthaar und Bart schmutzig gewesen. 84 frſetzliche]  ‚vorsätzliche‘. 89 zum Beyſpiele]  ‚als warnendes Exempel‘. 91–93  folgende … Liebes-Geſchichte]  Die von König Philipp II. und der Fürstin Eboli (Ros 6.1. u. 6.2.).  –  durch den Fall des … Antonius Peretz]  S.u. unsere Vorbemerkung zu Ros 6.1. 93 Helden-Briefen]  Der Begriff wurde durch die 1680, ein Jahr nach seinem Tode, in Breslau erschienene Sammlung ‚Helden-Briefe‘ von L.s Breslauer Ratskollegen Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616–1679) als deutsche Wiedergabe von Ovids diese Gattung begründender Dichtung (‚Epistulae Heroidum‘) in die deutsche Literatur eingeführt (Hoffmannswaldau, Gesammelte Werke, Bd. I,2 [1984], S. [429]-[600]). Mit seinen vierzehn Briefpaaren von ebenso vielen historischen Liebespaaren schuf Hoffmannswaldau das erste deutschsprachige Gegenstück zu Ovids poetischer Briefsammlung, angeregt von des Engländers Michael Drayton (1563–1631) ‚England’s heroical epistles‘ (1598–1600). Hoffmannswaldaus Heldenbriefe kursierten schon lange vor der Drucklegung, seit den 60er Jahren des 17. Jh.s, handschriftlich in seinem Freundes- und Bekanntenkreis, so daß auch L. schon ebenso lange von deren Vorhandensein Kenntnis gehabt haben und so frühzeitig zu eigener Produktion innerhalb dieser Gattung angeregt worden sein muß. 94–95 ſich !…" zu befahren]  ‚zu gewärtigen‘.



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5.1.  Peter der Grauſame an Johanna Caſtria   4 Laſt]  Soviel wie ‚seelische Belastung‘, ‚Liebeskummer‘.   5 Etnens]  Des Aetna, des Vulkans an der Ostküste Siziliens. Vgl. V. 62.  –  Klufft]  Eigtl. Felsspalte oder -höhlung, hier wohl der Krater des Vulkans. – dar]  ‚darin‘.   9 Brand]  ‚Feuer‘. – mſſen]  ‚dürfen‘. 10 Adern]  Gesteinsadern. 12 ſein Feſſel klingt]  ‚seine Ketten klirren‘: Allegorie der Liebesklage. 14 kommen fr]  ‚vorkommen‘. 17 die Lilgen … uns geſchicket]  Anspielung auf das Wappen der französischen Könige. 18 Blanca gar zu weiß]  Wortspiel mit dem Namen (frz. ‚blanc‘: ‚weiß‘). 19 beſtricket]  ‚in Banden hält‘, ‚fesselt‘. 20 Was Mohren … iſt heiß]  Vgl. hiermit die Argumentation Masinissas, als ihm Scipio seine Liebe zu Sophonisbe vorwirft: S IV 309–312.316. 23 Ein ewig Feuer … iedweder Hle]  An welchen realen Hintergrund L. bei diesem Gleichnis gedacht hat, ist kaum sicher auszumachen. Vielleicht dachte er an die kultische Verwendung eines ewigen bzw. heiligen Feuers in der Antike (wozu der Bezug auf Höhlen allerdings nicht paßt) oder auch an die ewig brennenden Lampen, die man in der Frühen Neuzeit in antiken Gräbern gefunden haben wollte. Vgl. zu Letzterem L.s Anm. zu C 2 III 200.203 (in unserer Ausgabe der Dramen Bd. 1,1, S.736), ferner seinen Hinweis auf „das unausleſchliche Feuer in [den] Todten-Grüffte[n]“ in LGW 8f. 24 ſternt]  ‚wie Sterne strahlt‘ (vgl. Ros 6.2,75; 13,11; Hya 2,99; A V 303). 26 Eckel]  ‚Überdruß‘, ‚Langeweile‘. 29 Corall]  Hier als Inbegriff der Röte. 30 kein Magnet begeiſtert aber ſie]  Will sagen: ‚Sie wird von keiner gleichsam magnetisch wirkenden Anziehungskraft beseeelt.‘ 31 von unbeſeelten Klippen]  ‚von totem (taubem) Gestein‘, d.  h . hier solchem, das kein Magneteisenerz enthält, das in der Lage wäre, Stahl an sich zu ziehen. 34 ſelbſt]  Zu beziehen auf „Schwefel“: ‚sogar Schwefel‘. 35 Violen]  ‚Veilchen‘. 36 Zibeth]  Dem Moschus ähnlicher Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsensekret der Zibetkatze.  –  biſamt an]  ‚anduftet‘, ‚mit einer Duftwolke umfängt‘ (von Bisam, dasselbe wie Moschus). Vgl. Ros 5.3,1; 15,38. 37 Granaten]  ‚Granatäpfel‘. 38 Geblme]  ‚Blumenwerk‘. 39 entflammter Liebes-Sterne]  Metapher, deren realer Ausgangspunkt schwer faßbar ist. Naheliegend wäre ein Bezug zum Stern der Venus, der durch seine Größe und Helligkeit am Abendhimmel hervorsticht. 40 Zemblas Eiß]  Nowaja Semlja, eine Inselgruppe im Nordpolarmeer.

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43 beſchriet]  ‚beschritt‘. 44 Salamander]  Vom Salamander glaubte man, daß er völlig unempfindlich gegen Feuer sei. 45 Zevs in flſſend Gold]  Zeus verwandelte sich in einen Goldregen, d.  h . einen Baum dieses Namens, um so von oben durch das Dach eines Turms zu gelangen, in dem seine Geliebte Danaë gefangen gehalten wurde. 47 Nordſtern]  ‚Polarstern‘. – den Belt] Die Beltsee, der Übergang zwischen Ostsee und Kattegat, bestehend aus dem Großen und dem Kleinen Belt. 48 ſteinerner als Niobe]  Aus Schmerz über den Verlust ihrer Kinder erstarrte Niobe zu Stein. 50 ſich dnckt frs Altar zu gutt]  ‚sich für zu wertvoll hält, um als Altar für das Opfer zu dienen, das ihr Peter anzündet‘. 51 Wo nicht]  ‚falls das nicht der Grund sein sollte‘.  –  hat … kein Empfin­ den]  ‚empfinden‘ hier intransitiv im Sinne von ‚Liebe fühlen‘ (s. DWb 3,427f.,4), d.  h . also etwa: ‚Sie hat kein Gefühl für Liebesempfindungen.‘ Anders Ros 5.2,93. 52 fr]  ‚als‘. 53 Unmuth]  Meint hier nicht den Gemütszustand des Sprechers, sondern das, was diesen hervorruft (vgl. DWb 24,1198f.,1c).  –  weichen]  ‚zurückstehen‘, ‚von keiner Bedeutung sein‘. 57 fr]  ‚vor‘. – eifert mit]  ‚ist eifersüchtig auf‘ oder auch ‚zankt mit‘. 60 fr ihm hat Uberdruß]  ‚seiner überdrüssig ist‘. 62 Etna]  Vgl. V. 5. 66 Unhold]  = Unhuld, das Gegenteil von ‚Huld‘ (s. DWb 24,1072f., s.  v. ‚unhuld‘): ‚Unliebenswürdigkeit‘, ‚abweisendes Verhalten‘. 68 Garn]  Jägergarn, aus dem die Netze gefertigt sind, mit denen Wild eingefangen wird. Vgl. Ros 5.2,86. 74 der Sonnen-Wenden]  Heliotrop, eine Pflanze, die ihre Blätter nach dem wechselnden Stand der Sonne ausrichtet. Vgl. Ros 6.1,89; 9,63; 15,28; 17,165; Ros 19,105–107. 75 Hold]  ‚Huld‘. 79 Schrott und Korn]  Redensartliche Wendung aus dem Gebiet des Münzwesens. ‚Schrot‘ bezeichnet das Gewicht, ‚Korn‘ den Metallgehalt einer Münze (s. DWb 15,1777f.,6a).  –  Geprge]  Die Prägung der Münze (vgl. V. 81). 82 Ob dich !…" gleich]  ‚obgleich dich‘.  –  zahlen]  ‚bezahlen‘. 84 mit Fug]  ‚mit gutem Recht‘.  –  verſtoßne Diener]  Peter meint sich selbst. Nachdem seine (Liebes-)Dienste von Blanca abgewiesen worden seien, könne ihn nun Johanna Castria in Dienst nehmen. 86 buhlen]  ‚lieben‘. 89–90  Kein heßlich Rabe … Geiſt zu dir]  Vgl. dazu das Frontispiz zum ‚Ibrahim Sultan‘ (bei uns Abt. Dramen, Bd. 3,1), auf dem Ibrahim auf einem von zwei Raben gezogenen Wagen zur Hölle fährt und links von ihm das



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kaiserliche Brautpaar (Leopold I. und Claudia Felicitas) auf einem von zwei Schwänen gezogenen Wagen zum Himmel auffährt. Darüber der Spruch: „Castus amor cygnis vehitur, Venus improba corvis“ („Die keusche Liebe wird von Schwänen gezogen, die geile Sinnenlust von Raben“). Hochzeit-Fackeln]  Anspielung auf den antiken Brauch, dem Brautpaar Fackeln voranzutragen. Die Fackel war auch, neben Pfeil und Bogen, Attribut des Liebesgottes Amor.  –  fr]  ‚vor‘. Treuring]  ‚Trauring‘. vor]  ‚für‘. – Hagar]  Die Magd Abrahams, die er auf Wunsch seiner anfangs unfruchtbaren Ehefrau Sara (vgl. V. 98) zur Nebenfrau nahm und die ihm seinen Sohn Ismael gebar. Hier nur als Umschreibung für ‚Nebenfrau‘. Myrten]  Die der Venus heilige Pflanze, die bis heute im christlichen Hochzeitsritus Verwendung findet, hier nur als Sinnbild der Eheschließung. abbricht]  ‚Abbruch tut‘. keine Sara … weiſt]  S.o. zu V. 94. Wehrt]  ‚verwehrt‘. Voraus]  ‚vor allem dann‘. ſpricht es recht]  ‚billigt es‘, ‚heißt es gut‘ (DWb 14,399,4h). nicht bald] ‚nicht leicht‘.  – gemeiner Ordnung] D.h. einer Rechtsordnung, die für die Allgemeinheit gilt. zu Blanckens Eh]  ‚zur Ehe mit Blanca‘. brech’ ich !…" ein]  ‚einbrechen‘ in heute unmöglicher transitiver Verwendung: ‚zerbrechen‘ (DWb 3,156,10). Der Biſchoff Sanctius]  Sanctius Abulensis (von Avila), lt. Mariana, Historia (Mainz 1605), tom. 2, S. 84a , einer der beiden Bischöfe, die dem König die Zulässigkeit einer zweiten Ehe neben der ersten bestätigten (der andere war der von Salamanca). Vgl. Estow, Pedro the Cruel (1995), S. 146. kraftloß]  ‚ungültig‘. allbereit]  ‚längst schon‘.  –  ein ander Aug’]  Eine rätselhafte Wendung für den wohl klaren Sinn: ‚ein anderer Partner‘. Vielleicht eine ad hoc aus der Redensart ‚auf jemanden ein Auge werfen‘ entwickelte Wendung.  –  erkieſ’t]  ‚erwählt‘. dir kein ſchles Auge geben]  ‚dich nicht scheel ansehen‘. An meine lincke Hand]  D.h. zu einer Ehe zur linken Hand.  –  treuen]  ‚trauen‘. der Rechten]  ‚der rechten Hand‘. 5.2.  Johanna Caſtria an König Petern

  1 Seyd’ und Brieff]  Sicher Hendiadyoin: ‚Briefumschlag aus feinem Seidenpapier‘.   5 Himmel-Brodte]  Manna (Ex 16).   6 Myrrhen]  Harz vom Balsambaum, u.  a . als Duftstoff und zur Herstellung

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von Salböl verwendet, hier als Inbegriff des Bitteren, da von bitterem Geschmack.   9 Eckel]  ‚Überdruß‘. 14 von Porcellan]  D.h. aus der kostbaren Porzellanschale, in der sie aufbewahrt wurden. 20 welcher]  ‚deren‘. – Bienen-Zucker]  Doch wohl Honig. 22 Einfalt]  Meint hier argloses, schlichtes, unverbildetes Wesen. Vgl. V. 111. 25 Muß]  ‚darf‘. – ſchlechtes]  ‚schlichtes‘. 26 Sonſt ſchmeltzt … ab]  Wie im Falle des Ikarus, der mit den von seinem Vater Daedalus konstruierten Flügeln der Sonne zu nahe kam und abstürzte, weil die wächsernen Bindungen, die die Federn der Flügel zusammenhielten, von der Sonnenhitze schmolzen. 27–28  Der Liebes-Zucker … Gttern Kſſe gab]  In Verbindung mit den beiden voranstehenden Versen könnte man hier an Semele denken, die als sterbliche Geliebte des Zeus darauf bestand, daß sich der Gott ihr in seiner wahren Gestalt zeigte, und die, als dies geschah, von seinem ungeheuren feurigen Glanz verbrannte. 30 ein Wlcklein]  Indem es sich davorsetzt. 33 HttenRauch]  Rauch einer Schmelzhütte. Vgl. Ros 10,73. 34 wirft]  ‚bewirft‘. 35 Drey Wetter]  Aufgezählt in den Versen 37f., 39 u. 40.  –  Wetter]  ‚Unwetter‘. 38 zu kehrn]  ‚zu verwandeln‘. 39 ander Freyen]  ‚zweite Heirat‘. 41 Behertzige]  ‚bedenke‘, ‚führe dir vor Augen‘. 44 Wo]  ‚falls‘. – hinter’m Berge hlt]  ‚im Verborgenen droht‘. 46 Wo]  ‚falls‘. 50 Fallbret]  Ein Brett, bei dessen Betreten man in eine Grube oder einen Graben fällt (vgl. Hya 17,1; A I 364; V 79; E I 585; S I 2). 52 gleißt]  ‚trügerisch glänzt‘. 53 Fleiſch]  Hier soviel wie ‚fleischliches Verlangen‘ (DWb 3,1754f.,5). 56 bldes]  ‚schwaches‘. 58 verſtellt]  ‚verbirgt‘ (DWb 25,1729,4).  –  nur Sonnen]  Bei der Sonnenfinsternis. 62 die Liebe … Perlen legt] Entfernte Reminiszenz an eine Variante des Mythos von der Geburt der Aphrodite bzw. Venus, derzufolge sie in einer Muschel, gleich einer Perle, geboren wurde. Näheres s.  u . zu Ros 13,50. 64 Hold]  ‚Huld‘. 66 wie ein par Reh]  Vgl. Cant 4,5: „Deine Brüste sind wie zwei junge Reh­ zwillinge, die unter den Rosen weiden.“ 70 Scharlach-Lippen]  Scharlach als Inbegriff der Röte. Vgl. V. 73.  –  LilgenBruſt]  Die Lilie als Inbegriff makelloser Weiße. 73 Rubinen-Mund]  Der Rubin als Inbegriff der Röte. Vgl. V. 70.



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  74 Granaten]  Spezifizierende Variation von „Aepffeln“ (V. 73).  – zeucht]  ‚zieht‘.   76 Als den]  Verkürzt für: ‚Als [- Wie] derjenige, den‘.   77 wie weit ich mich vergangen]  ‚sich vergehen‘ hier ganz konkret: ‚sich verirren‘, ‚vom Wege abkommen‘.   80 mein]  ‚meiner‘.   82 Geliebde]  ‚Gelübde‘.   83 deiner Eh]  ‚der Ehe mit dir‘ („vergeſſen“ mit Genitiv).   85 ihm]  ‚sich‘.   86 Garn]  S.o. zu Ros 5.1,68.   93 Empfinde nicht]  ‚empfinden‘ hier offenbar im Sinne von ‚übel empfinden‘ (DWb 3,428,5) oder ‚verübeln‘.   94 nur]  Zu beziehen auf „Kaltſinnig Lieben“.  –  verhln]  ‚verhehlen‘.   95 verleſche]  ‚erlösche‘.   97 die Knigin]  Blanca. – Laub und Graß verſagen]  ‚den heimischen Boden versagen‘ (eine Rechtsformel). Vgl. DWb 12,288f.,3, Ros 6.2,68, S IV 248 u. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 1251b : „Als […] Segeſthes Thußnelden auf den Fall fernerer Weigerung Laub und Graß verſagte […]“   99 Weil]  ‚solange‘. 107 Sonnen-Zirckel]  ‚Kreisbahn der Sonne‘, hier soviel wie ‚Himmel‘.  –  ſchwingen]  Hier etwa ‚emportreiben‘. 108 Hold]  ‚Huld‘. – abſticht]  ‚aussticht‘, ‚übertrifft‘. 109 ſchlſſen]  ‚beschließen‘, ‚bestätigen‘. 110 Blankens Scheide-Brief]  ‚eine Scheidung von Blanca‘.  – eines Priſters Band]  ‚eine von einem Priester vollzogene Verbindung‘. 111 Einfalt]  ‚arglose Schlichtheit‘ (vgl. V. 22).  –  folget]  ‚fügt sich‘. 112 Ehbrief]  ‚Ehevertrag‘. 113 Vermhlungs-Kette]  „Kette“ hier im Sinne von ‚Fessel‘. 115 nur]  Zu beziehen auf „vom Altare“. 5.3.  König Peter an ſeine Gemahlin Blanca von Borbon   1 eingebiſamt]  ‚parfümiertes‘ (s.  o . zu Ros 5.1,36).   2 Eckel]  ‚Widerwillen‘. – fr]  ‚vor‘.   6 Zinober]  Zinnober ist eine aus Quecksilber und Schwefel hergestellte hochrote Farbe. Hier als Inbegriff heißer Liebe.   7–8  der Berg … Flammen ein]  Der Vulkan Hekla in Island. Vgl. Hya 5,68 u. IS I 24.   10 eitel]  ‚bloßen‘, ‚nichts als‘.   14 umb nichts nicht]  „nicht“ nur zur Verstärkung der Verneinung.   19 Den Spinnen]  Gemeint sind sicher die Spinnweben an der Wand, vor oder an der Blancas Seite des Ehebettes steht.   23 Magnet]  D.h. Anziehungskraft.  –  Demant]  Der Diamant als Inbegriff der Härte.

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26 anfnglich bald]  ‚schon gleich zu Anfang‘. 27 weiſen]  ‚bestimmen‘. Anders Ros 5.4,93. 31 Vorſchlag]  Hier offenbar in der ganz ausgefallenen, im DWb keine Parallele findenden Bedeutung ‚vorgefaßte Meinung‘. 34 ihm]  ‚sich‘. 36 vergllter Eckel]  Etwa: ‚von Widerwillen begleiteter Überdruß‘. 38 Mein Bruder … vertrat]  Zu diesem Vorwurf, Blanca habe mit Peters Bruder Friedrich Ehebruch getrieben, s.  o . zu Ros 5,43–45.  –  vergnglicher]  ‚befriedigender‘. 40 ſuchte !…" in Entfernung Rath]  ‚probierte aus, ob das Meiden zu großer Nähe dem Problem Abhilfe schuf‘.  –  doch umbſonſt]  Als Einschub zu lesen: ‚jedoch vergeblich‘. 41 den Marmel zwinget Regen] Das gleiche wie ‚Steter Tropfen höhlt den Stein‘. 45 Gallen-Aepfeln]  Gerbsäurehaltige kugelförmige Auswüchse an den Blättern der Eiche, hervorgerufen durch die Eichengallwespe. 47 als Strauſſe Stahl und Eiſen]  Plinius (Nat. hist. 10,2) weist darauf hin, daß der Vogel Strauß wahllos alles verschlinge und dies auch verdauen könne (was im Prinzip richtig ist, wie Untersuchungen des Inhalts von Straußenmägen ergeben haben). Hieraus entwickelte sich bei späteren Autoren die phantastische Vorstellung, daß der Strauß – wegen seiner heißen Natur – auch Eisen fressen könne. In der frühneuzeitlichen Emblematik findet sich daher die Abbildung eines Straußes, der ein Hufeisen im Schnabel hält (Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 806f.). S. auch Konrad von Megenberg, Buch der Natur, Buch III.B.64, S. 248f., hier S. 249. Vgl. Hya 3,98; IS II 500. 48 erkieſt]  ‚erwählt‘. 49 wie Hartz … brennend blieben]  Will sagen: So wie brennendes Harz mit Wasser nicht zu löschen ist, so hat seine sexuelle Begierde auch durch Blancas Gefühlskälte bisher keine Minderung erfahren. 50 ſelbſt]  Zu beziehen auf „die Natur“.  – wrmern Zunder] D.h. einen stärkeren Anreiz. 53 mir !…" trauen]  ‚mir ehelich verbinden‘. 54 Gemahlin noch beruhn]  ‚noch auf deinen Rechten als Ehefrau beharren‘. 56 Eintrag thun]  ‚Hindernis bereiten‘, ‚Schaden zufügen‘. 59 vergngen]  ‚zufriedenstellen‘. 62 Bthe]  ‚Beete‘. 66 kein’ Empfindligkeit … fhlt]  ‚für die Regungen der Liebe unempfänglich ist‘ („ihrer“ also auf „Liebe“ in V. 65 zu beziehen!). 67 vergngt]  ‚zufrieden‘. 69 Neben-Sonnen]  Durch Eiskristalle in der Atmosphäre hervorgerufene sonnenähnliche Lichterscheinungen rechts und links neben der Sonne. Vgl. S III 376. 70 mit einer eifern]  ‚auf eine eifersüchtig sein‘.

  73   74   75   76   78   79   80   82   84   86   88   89   90   92   93   95   99 101 102 104

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Witz]  ‚Klugheit‘. durchs Verhngns]  ‚durch das, was vorherbestimmt ist‘. der Pfel]  ‚das einfache Volk‘. ihr Vorrecht]  D.h. das Vorrecht der Könige. Schluſſe]  ‚Entscheidung‘. heiſt]  ‚nennst‘. redet dir !…" ein]  ‚einreden‘ hier offenbar absolut gebraucht, etwa im Sinne von ‚überzeugen‘. Demant]  ‚Diamant‘. Grauß]  ‚Unrat‘. Schluß]  ‚Entscheidung‘. Ziegel]  ‚Zügel‘. Vergngung]  ‚Befriedigung‘. Anas]  Ein Fluß in Spanien (heute Guadiana), hier metonymisch für dieses selbst. Mohnde ſeyn]  Vgl. V. 58. auff ſie … gelſten laſſen]  Etwa: ‚etwas gegen sie im Schilde führen wird‘. Ach]  Wie in ‚Weh und Ach‘. Zeug und Farth]  Hendiadyoin: ‚Ausstattung für eine Reise‘. Zu „Zeug“ vgl. DWb 31,831f.,2d. Witz]  ‚Klugheit‘. – dich zubeſtreiten] ‚dich (so oder so) einzurichten‘ (vgl. DWb 1,1684,3/4). lege !…" bey]  ‚schreibe zu‘.  –  Vorſicht]  ‚Voraussicht‘, ‚Fürsorge‘. mancher Salomon]  Der jüdische König des Alten Testaments hier als Musterbeispiel dafür, daß auch der Weiseste zum Opfer seiner sexuellen Triebe werden kann (Bezug auf I Reg 11,1–8, wo berichtet wird, daß Salomo viele ausländische Frauen liebte und ihnen zuliebe sogar Altäre bauen ließ, auf denen sie ihren heimischen Göttern opfern konnten). Vgl. Ros 6.2,22. 5.4.  Die Blanca an ihren Gemahl König Petern

  1 fr]  ‚vor‘.   2 Der ſtets … geſpielt]  Meint ihre von Anfang an unglückliche Ehe.  –  ge­ ſpielt]  ‚spielen‘ hier im Sinne von ‚sich bewegen‘ (vgl. DWb 16,2347,8a-c).   7 hengt mir zu] ‚droht mir‘, ‚steht mir bevor‘, wie lat. ‚impendēre‘ (vgl. DWb 32,451,1).  – verbricht]  Doppeldeutig. Entweder ‚zerbricht‘ oder ‚gebricht‘ (vgl. DWb 25,158, 1/3).   17 ſchlecht]  ‚schlicht‘, ‚ohne Aufwand‘.   18 Todten-Fackeln]  Im Altertum gehörten Fackeln zu den Requisiten von Hochzeiten wie von Leichenbegängnissen (hier als ‚faces funebres‘).   19 fr]  ‚statt‘.   20 billich gleichen]  ‚mit gutem Recht vergleichen‘.   23 Balſam]  Meint hier Wohlgeruch spendendes Lampenöl.   27 armte]  ‚umarmte‘. – halß’te]  ‚umhalste‘.

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29 ſich ihn !…" bereden laſſen]  A.c.I.-ähnliche Konstruktion: ‚sich durch ihn (König Peter) bereden lassen‘. 32 bezaubert]  ‚mit Blendwerk ausgestalteter‘. 33 Riebe]  ‚Rippe‘. 34 Die groſſe Sonne … ihr Licht]  Gemäß verbreiteter frühneuzeitlicher Metaphorik: Der Mann ist die Sonne, die der Frau, als dem Mond, ihr Licht verleiht. Vgl. A II 365f. 36 Treu-Ring]  ‚Trauring‘. 37 Heyrath-Schluß]  ‚Eheschließung‘. 39 vor]  ‚früher‘. 41 traut]  ‚vertraut‘ 44 Molcken-Dieb]  Wie ‚Milchdieb‘ alter Name des Kohlweißlings, eines Schmetterlings, beruhend auf dem Aberglauben, daß Hexen in Schmetterlingsgestalt den Kühen die Milch abzögen (s. DWb 12, 2191 [Milchdieb] u. 2479 [Molkendieb]). 46 Mithridatens Tiſch … iſt leer]  Mithridates VI. Eupator (ca. 120–63 v. Chr.), König von Pontos, der große Gegner der Römer, pflegte politische Gegner, auch nächste Verwandte, mit Gift aus dem Wege zu schaffen. Um sich selbst gegen Giftanschläge, die er ständig befürchtete, immun zu machen, nahm er lebenslang kleine Dosen verschiedener Gifte zu sich. Vgl. LGW 147. 47 fr]  ‚als‘. 48 Heucheley]  ‚Schmeichelei‘. 55 Anmuth]  Hier in der alten Bedeutung ‚Lust‘ oder Begierde‘ (DWb 1,409). 56 Bedacht]  ‚Bedachtsamkeit‘ im Sinne von rational kontrolliertem Vorgehen (vgl. DWb 1,1218).  –  den Zweck]  ‚das Ziel‘.  –  das Mittel]  ‚den Mittelweg‘, ‚die maßvolle Mitte zwischen dem Zuviel und Zuwenig‘ (DWb 12, 2384,7). – Beſtand]  ‚Dauerhaftigkeit‘, ‚Beständigkeit‘ (DWb 1,1651,1). 58 milckt]  ‚melkt‘. 59 Pomerantzen]  ‚Orangen‘, ‚Apfelsinen‘. 61 Mein Sohn/ Frſt Henrich]  S.o. zu Ros 5,43–45. 62 Eckel]  ‚Überdruß‘, ‚Abneigung‘.  –  iſt Padillens Mißgeburth]  Sinn etwa: ‚ist ein widernatürliches Ergebnis blinder Leidenschaft für Padilla‘. 64 Necktar]  Der Göttertrank als Inbegriff köstlichen Getränks. 65 Uppigkeit]  ‚Üppigkeit‘ im Sinne eines exzessiven Genußlebens (DWb 24,2350f.,4c). Vgl. V. 88. 68 Wechſel-Balg]  Hier sicher im harmloseren Sinne von ‚untergeschobenes oder uneheliches Kind‘. Im engeren Sinne verstand man darunter ein von einem ‚Unhold‘ (bösen Dämon) gezeugtes Kind, das als echtes Menschenkind einer Wöchnerin untergeschoben wurde und sich durch körperliche oder geistige Mißbildungen von normalen Kindern unterschied. 70 Witz … Hertze]  Chiasmus. – Witz]  ‚Klugheit‘. – hegt]  ‚in sich birgt‘. 72 Bahre]  ‚Totenbahre‘. 77 nicht]  Verstärkung des „nimmermehr“.



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  78 Jhr Zauber-Grtel]  S.o. zu Ros 5,34–37.   80 Wo anders] ‚sofern denn‘.  – ſie]  Vermutlich Druckfehler für ‚sich‘.  –  geſchickt]  ‚geeignet‘.   81 Zeichen]  ‚magische Figuren‘.   84 Unholden]  ‚Scheusale‘, ‚Ungeheuer‘ (vgl. DWb 24,1067f.,3b).   88 Mummenwerck]  ‚Mummenschanz‘ (fehlt im DWb).  – Firns]  ‚Firnis‘, ‚Anstrich‘, ‚glanzvolle Außenseite‘.  –  Uppigkeit]  S.o. zu V. 65.   89–90  Syreniſcher Geſtalten … Schlangen-Schwantz]  Die Sirenen des antiken Mythos, die an ihnen vorbeifahrende Seeleute mit ihrem verführerischen Gesang unwiderstehlich an sich lockten, um sie zu töten und zu verspeisen, stellte man sich als Mischwesen aus Vogel- und Mädchenleibern vor. L. dürfte hier aber mit dem Adjektiv ‚syrenisch‘ nur auf die Verführungskraft, nicht unbedingt ihre überlieferte äußere Erscheinung angespielt haben, wobei „Schlangen-Schwantz“ im Sinne der biblischen Funktion der Schlange für das hinter dem verführerischen Auftreten stehende teuflisch Böse steht.   92 Der Froſt … in Eyß]  Von dem merkwürdigen physikalischen Phänomen, daß erwärmtes Wasser schneller gefriert als kaltes, wußte schon das Altertum. Vgl. Aristoteles, Meteorologica 1,12,348b32–349a4.   93 Zug]  Hier wohl im Sinne von ‚Vorliebe‘ oder ‚Neigung‘ (vgl. DWb 32,392,2c/d).   93–94  dein eigen Brief … ſchwebt]  S.o. Ros 5.3,23.  –  weiſen]  ‚darauf verweisen‘; anders Ros 5.3,27.   95–96  Nun aber zeucht Magnet … Eiſen klebt]  Lt. Plinius, Nat. hist. 37,61, verliert der Magnetstein, wenn man einen Diamanten neben ihn legt, seine magnetische Kraft und stößt das Eisen, das er schon angezogen hatte, gleich wieder ab. Blanca bezieht sich mit ihrer Argumentation auf die folgenden beiden Verse in Peters Brief (Ros 5.3,23f.): „Magnet beſeelt dein Aug’/ und Demant ſteckt im Hertzen/   Wordurch der Liebreitz todt/ ich unvermählet bin.“

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Sie weist mit ihrer Frage auf den Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, daß der Magnetstein in der Nähe des Diamanten (in Blancas Herz!) eigentlich seine Kraft, Eisen anzuziehen, verliere, Peter aber dennoch an „ſchlechtem Eiſen“ (Frauen wie Maria Padilla) ‚kleben‘ bleibe.  –  ſchlechtem]  ‚schlichtem‘. verſehret]  Ebenso wie das in V. 98 folgende „entweiht“ mit „mit freyen Dirnen“ zu verbinden. freyen Dirnen]  Damals feste Fügung für leichtfertige, umstandslos verfügbare junge Mädchen oder Frauen. ihm]  ‚sich‘. vor]  ‚vorher‘. Hochzeit-Fackel]  Fester Bestandteil des antiken römischen Hochzeitsritus (fax nuptialis).

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Kommentar

106 beſcheide mich] ‚füge mich darein‘, ‚finde mich damit ab‘ (vgl. DWb 1,1555,6f). 111 Caſtiliens]  In der Errata-Liste wird für die korrekturbedürftige Form „Caſtillens“ des A-Drucks die ebenfalls irrige Form „Caſtellens“ angeboten. B und C haben „Caſtiljens“. Ich habe mich mit meiner Korrektur an der Schreibung in der Gesamtüberschrift des Zyklus, über der Prosaeinführung (S. 36), orientiert. 112 verſtellt]  ‚verunstaltet‘ (DWb 25,1727f.,2c). 114 Flecken !…" vom Mohnden]  Die Mondflecken, von Galilei als Meere gedeutet (s. den Artikel im Zedler 21 [1739], Sp. 1093f.), hier sinnbildlich als die Reinheit moralischen Verhaltens zerstörende Makel. Vgl. Ros 6.2,97; 11,15–16; Hya 12,98. 116 Goldſtck]  Aus Goldfäden gewirkter Stoff (DWb 8,856,3). 120 Kebsweib]  ‚Nebenfrau‘ oder auch ‚Mätresse / Konkubine‘.  –  heckt]  ‚erzeugt‘ (DWb 10,746f.,2c). 123 Affter-Eh]  ‚unechten, illegitimen Ehe‘. 126 Brden]  ‚Gepäckstücke‘ (vgl. DWb 2,532f.,4). 131 Spinnen Gifft !…" ziehen] Nach zeitgenössischen Vorstellungen waren Spinnen in der Lage, harmlose Substanzen, die von ihnen aufgesogen wurden, in Gift zu verwandeln. 135 ein rauch-Geſpenſt … verkndigt]  S.o. zu Ros 5, 81–84.  –  bereit]  ‚bereits‘. 136 kumt]  ‚keimt‘. 6.1.  König Philip an die Fürſtin von Eboly Die Fürstin Eboli, bekannt aus Schillers unhistorischer Darstellung in seinem ‚Don Carlos‘, der der spanische König Philipp II. (Regierungszeit 1556–1598) in L.s ebenso unhistorischem Heldenbrief seine Liebe erklärt, stammte aus einem hochangesehenen und wohlhabenden spanischen Adelsgeschlecht. Sie wurde 1540 in Cifuentes geboren als Doña Ana Mendoza y de la Cerda. 1552, als Zwölfjährige, wurde sie mit dem 24 Jahre älteren portugiesischen Ritter Ruy Gómez de Silva (1516–1573) vermählt, einem Günstling Philipps II., der von diesem zum Fürsten von Eboli, Herzog von Pastrana und Granden Spaniens erhoben worden war; vollzogen wurde die Ehe jedoch erst sieben Jahre später, als Ana neunzehn Jahre alt war. Ihrem Ehemann gebar sie im Laufe ihrer vierzehnjährigen Ehe zehn Kinder, von denen sechs das frühe Kindesalter überlebten. Nach den historischen Zeugnissen war sie eine kleinwüchsige, hübsche, sehr attraktive Frau von heftigem Temperament und einer Neigung zu vulgären Ausbrüchen, mit denen sie sich auch vor dem König nicht zurückhielt. Auf zeitgenössischen Abbildungen trägt sie stets eine Augenklappe auf dem rechten Auge. Was der Grund dafür war, ist unbekannt; nach unverbürgten Gerüchten soll sie als junges Mädchen bei Fechtübungen ein Auge verloren haben. Nach dem Tode ihres Ehemannes 1573 begannen ihre intensiven Kontakte mit Philipps II. damals geradezu allmächtigem korrupten Staatssekretär Antonio



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Pérez (1540–1611), in denen sie Gelegenheit bekam, die ungünstigen Charaktereigenschaften voll auszuleben, mit denen sie in die Geschichte eingegangen ist: Intrigantentum, Macht- und Geldgier. Pérez, der in jungen Jahren, als Sohn eines Geistlichen, von dem Fürsten von Eboli großzügig gefördert worden war, hatte es verstanden, das absolute Vertrauen des im allgemeinen übervorsichtigen und argwöhnischen Königs zu gewinnen. Diese Stellung benutzte er mit größter Raffinesse und völlig skrupellos im Verein mit der Fürstin Eboli zu beider Vorteil: mit Ämterverkauf und einträglichen hochverräterischen Aktionen in den Niederlanden und in Portugal. Als Pérez Grund zu Befürchtungen hatte, daß seine und der Eboli unsaubere Machenschaften durch Juan de Escobedo, den persönlichen Sekretär von Philipps Halbbruder Don Juan de Austria, dessen Vertrauen Pérez ebenfalls genoß, ans Licht gebracht werden könnten, ließ er diesen, nachdem Versuche, ihn zu vergiften, gescheitert waren, 1578 auf offener Straße durch gedungene Mörder umbringen. Für dieses Verbrechen hatte sich Pérez zuvor der stillen Mitwisserschaft und Zustimmung des Königs versichert, dem er eingeredet hatte, daß Escobedo die Triebfeder staatsfeindlicher Aktivitäten seines Halbbruders sei, den Philipp ohnehin schon im Verdacht hatte, gegen ihn zu intrigieren. Als nun Don Juan de Austria, seit 1576 Statthalter der Niederlande, dort 1578, ein halbes Jahr nach der Ermordung seines Sekretärs, an Typhus starb und Philipp die ihm übersandten Briefschaften und sonstigen Papiere seines Halbbruders durchsah, stellte er nicht nur fest, daß dieser sich ihm gegenüber stets vollkommen loyal verhalten hatte, sondern durchschaute auch die von seinem Sekretär Pérez mit Unterstützung der Fürstin Eboli praktizierten durchtriebenen Machenschaften. Im Juli 1579 wurden beide auf Befehl des Königs verhaftet. Pérez floh nach langjähriger Haft 1591 nach Frankreich und starb 1611 in Paris. Die Fürstin Eboli wurde nach ihrer Gefangennahme bis zu ihrem Tode ständig in Haft gehalten. Sie starb 1592 auf ihrem Schloß in Pastrana. Die unter den Zeitgenossen umlaufenden Gerüchte, daß die Fürstin Eboli nicht nur mit Pérez, sondern auch, und vor allem, mit Philipp II. erotische Beziehungen unterhalten habe, gelten in der modernen Geschichtsschreibung in beiderlei Hinsicht als unglaubwürdig. Der französische Historiker Jacques Auguste de Thou (1553–1617) nahm sie noch für bare Münze und schrieb in Band 3 der ‚Historiae sui temporis‘6, die L. gut kannte7: „Huius foeminae [i.  e . viduae Gomesii Silvae], ut rem à veris initiis repetam, elegantissimae et quamvis altero oculo captae, insigni forma prae-

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Iacobus Augustus Thuanus, Historiarum sui temporis ab anno Domini 1543. usque ad annum 1607. libri CXXXVIII. Quorum LXXX priores multo quam ante hac auctiores, reliqui vero LVIII nunc primum prodeunt. Opus in tres tomos divisum […]. [Tomus IV:] Continuatio […] ab anno MDCVIII usque ad annum MDCXVIII. […]. 4 tomi. Francofurti: impensis Petri Kopffii et Balthasaris Ostern 1625–1628. 7 Er nennt das Werk in seinen Anmerkungen zu S V 148.167.171.

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stantis impotenti rex amore flagrabat, et conscium eius Perezium fecerat, qui heri sui familiaritate sive indulgentia non bene usus, dum regis nomine ultro citroque ad eam comeat, et ipse eam deperire coepit. Nec illa amatorem novum abnuere dicebatur. Id incidit in tempus, quo Ioannes Escovedus Ioannis Austrii consilia in Belgio moderabatur.“8 [„Um auf die wahren Anfänge dieser Sache zurückzugreifen: Zu dieser Frau (d.  h . der Witwe des Gómez de Silva), die hochkultiviert und trotz des Verlusts eines Auges von außergewöhnlicher Schönheit war, entbrannte der König in leidenschaftlicher Liebe und vertraute dies dem Perez an, der, von dem Vertrauen bzw. der Großzügigkeit seines Herrn unguten Gebrauch machend, während er im Namen des Königs bei ihr aus- und einging, sich selbst sterblich in sie verliebte. Und von ihr sagte man, daß sie den neuen Liebhaber nicht abgewiesen habe. Dies fiel in die Zeit, als Johannes Escobedo die Entscheidungen des Don Juan de Austria in den Niederlanden lenkte.“] Im folgenden erklärt Thou das Vorgehen Philipps gegen Pérez auch mit seinem Haß auf den Rivalen in seiner Liebschaft mit der Fürstin Eboli.9 Im Vergleich zu dem an historischen Fakten reichen Heldenbrief-Zyklus über Peter den Grausamen hat L. hier von dem farbigen und interessanten historischen Stoff über das Thema der vermeintlichen Liebesbeziehung zwischen Philipp II. und der Fürstin Eboli hinaus keinen Gebrauch gemacht, abgesehen von deren Augenproblem und einer einmaligen, ganz neutralen Erwähnung des Antonio Pérez (6.2,85). Es scheint so, als habe L. sich hier hauptsächlich für die Entwicklung einer arguten Rabulistik zur argumentativen Umdeutung eines Schönheitsmakels zum tragenden Element des Preises weiblicher Schönheit interessiert. Insofern erübrigt sich bei diesem Text die Frage nach der Quelle L.s. Die vermeintliche Liebesbeziehung Philipps II. mit der Fürstin Eboli war zu L.s Zeit sicher vielen historisch Gebildeten noch geläufig, so daß man nicht unbedingt ein historisches Werk wie das von Thou gelesen haben mußte, um davon Kenntnis gehabt zu haben. Literaturhinweise: Edelmayer, Philipp II. Biographie eines Weltherrschers (22017); Muro, La princesse d’Eboli (1878); Marañón, Antonio Pérez, der Staatssekretär Philipps II. (1959); Boyden, The courtier and the king. Ruy Gómez de Silva, Philip II, and the court of Spain (1995); Rüegg, Philipp II., Antonio Pérez und die Fürstin von Eboli (1956); neuere und neueste Literatur zu unserem Thema, größtenteils in spanischer Sprache, ist verzeichnet bei Edelmayer, Philipp II. (22017), S. 261, Anm. 149, u. S. 271–296.

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Thuanus, Historiarum sui temporis tom. 3 (1628), lib. CIV, S. 481b . Ebd., S. 482a .



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  4 Zwirbel-Wind]  Dasselbe wie Wirbelwind.   5 beſtreiten]  ‚überwältigen‘, ‚bemeistern‘.   6 Mein ſiecher Leib]  Hier nur hypothetisch gemeint: ‚falls ich krank sein sollte‘.   9 Scheuterung]  ‚Scheitern‘.   11–12  Sohn und Gemahl … Hertze bricht] Als rein hypothetische Setzung zu verstehen. Keine der vier Frauen Philipps II. und keiner seiner Söhne kam durch Gift ums Leben. Das Schicksal seines ältesten Sohnes Don Carlos (1545–1568), der, wegen inzuchtbedingter körperlicher und geistiger Mängel von der Thronfolge ausgeschlossen, in der Haft starb, die Philipp angordnet hatte, um ihn an der Flucht in die Niederlande zu hindern, kann hier außer Betracht bleiben, auch wenn bei den Zeitgenossen das Gerücht aufgekommen war, er sei im Auftrag seines Vaters vergiftet worden. – Gift und Tod]  Hendiadyoin: ‚der Tod durch Gift‘. 13 laß’ ich mich … fllen]  ‚lasse ich zu, daß die Schwachheit der Liebe mich zu Fall bringt‘. 15 toben]  ‚wütenden‘. 17 zeugets]  Doppeldeutig: ‚bezeugt es‘ oder auch ‚zeigt es‘. 19 beſchwert]  ‚quält‘, ‚macht zu schaffen‘. 23 gluben]  Umgelautete Nebenform von ‚glauben‘. 24 reg’ und Geiſtiges]  Wohl als Hendiadyoin zu lesen: ‚von geistiger Regsamkeit Zeugendes‘. 26 Kohl]  ‚Kohle‘. 27 einſt]  ‚einmal‘. – ſie]  Eboli. 31 regt]  ‚erregt‘. 32 fr]  ‚vor‘. – Ohnmacht]  ‚Macht-, Kraftlosigkeit‘. 33 Netz’]  Zum Einfangen von Wild (vgl. „Reh“ V. 34).  –  Hamen]  ‚Angel‘ oder ‚Angelhaken‘. 34 beſtrickt]  ‚fesselt‘, ‚fängt‘. 35 Milch und Samen]  Korrespondiert kreuzweis (Chiasmus) mit „Vögel“ und „Kind“ in V. 36. 37 Rubin]  Steht hier für die Röte der Lippen. 38 Verhlt]  ‚verhehlt‘, ‚verbirgt‘. 39 Schnecken-Blutt]  Purpur, das Sekret der Purpurschnecke. 40 des Neſſus … Alcides fllt]  Der Kentaur (Mischwesen aus Stier und Mann) Nessus hatte sich erboten, des Herkules Frau Deianira und diesen selbst (hier benannt nach seinem Großvater Alkeus) nacheinander über einen Fluß zu bringen. Als Herkules beobachtete, daß Nessus Deianira, die zuerst hinübergebracht worden war, vergewaltigen wollte, schoß er einen Pfeil hinüber, der Nessus tödlich verwundete. Im Sterben riet dieser Deianira, etwas von seinem Blut aufzubewahren, da es ein unfehlbares Liebesmittel sei. In Wahrheit wirkte es als tödliches Gift, und so verursachte Deianira des Herkules Tod, als sie ein für ihn bestimmtes Hemd damit bestrich. Um den unerträglichen Qualen, die ihm das Blut des Nessus bereitete, ein Ende

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zu machen, ließ sich Herkules auf einem Scheiterhaufen auf dem Oeta, einem Berg in Thessalien, verbrennen. weidet ſich auf]  Statt „auf“ würde man heute ‚an‘ sagen. Lilg’ und Schnee]  Lilie ebenso wie Schnee als Inbegriff makelloser Weiße. Hegt]  ‚birgt in sich‘.  –  fr]  ‚vor‘. Faden-Gold]  Gold in Fadenform. Damit]  ‚womit‘. – Garn]  Hier: ‚Netz‘ (‚Jägergarn‘). einig]  ‚einziger‘. darfſt]  ‚brauchst nur‘. gebahret]  ‚verfahren‘. ein ſchn Auge]  Der Ton liegt auf „ein“. verkehret]  ‚verwandelt‘. Calpe]  Calpe ist ein hoher Berg an der gaditanischen Meerenge (Straße von Gibraltar), heute Gibraltar; mit dem Berg Abila auf der gegenüberliegenden afrikanischen Küste bildete er die ‚Säulen des Herkules‘. Vgl. Ros 6.2,6. – Oeta]  Der Berg in Thessalien, auf dem Herkules sich verbrennen ließ, um den Qualen, die ihm das Nessus-Hemd bereitete, zu entgehen (s.  o . zu V. 40). alber]  ‚einfältig‘. Darf]  ‚bedarf‘. Begrieff]  ‚Inbegriff‘. Hold]  ‚Huld‘. weit]  ‚bei weitem‘. Da ihrer]  ‚während der ihrigen‘, d.  h . Ebolis. zu]  ‚als‘. Balſam-Brunnen]  „Balsam“ hier zu verstehen als Lampenöl: Bild für die Leuchtkraft der Gestirne. ihr !.." getraut]  ‚sich zugetraut‘.  –  andern mal]  ‚zweitenmal‘. greulichers]  ‚häßlicheres‘. Preiße]  ‚Preis‘, ‚Ruhm‘. Der Welt ihr Aug’]  Die Sonne. Der Phnix]  Der bekannte mythische Vogel in einem prachtvollen, von Gold und Edelsteinen schimmernden Federschmuck, der sich, wenn er alt geworden ist, selbst verbrennt und aus seiner Asche verjüngt wieder emporsteigt (Physiologus 7). Vgl. Ros 9,77. Angel-Stern]  ‚Polarstern‘. Nadel]  Kompaßnadel. einig]  ‚einziges‘. Compaß]  Betonung damals auf der zweiten Silbe. Sonnen-Wende]  S.o. zu Ros 5.1,74. ihr Licht … abmißt] Anspielung auf den berühmten Ausspruch Kaiser Karls V., Vaters Philipps II., daß in seinem Reich die Sonne nicht untergehe. Vgl. Ros 6.2,16. lßt ſich … mſſen]  ‚läßt nicht zu, daß ein Maßstab es mißt‘.



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96 Grauß]  ‚Staub‘. 97 Argos]  Ein sagenhaftes männliches Wesen, das über den ganzen Körper mit Augen ausgestattet war, also nach allen Richtungen sehen konnte, und dem Juno auftrug, Jupiters in eine Kuh verwandelte Geliebte Io zu bewachen. Vgl. Ros 16,65. 6.2.  Eboly an König Philippen   1 ander]  ‚zweiter‘. – Salomon]  Der jüdische König des Alten Testaments als Musterbild eines weisen Herrschers. Vgl. V. 22.  –  Philip]  Philipp II., König von Makedonien 359–336 v. Chr., bedeutend als Feldherr wie als Staatsmann, schuf die Grundlage für das politische Wirken seines Sohnes Alexanders des Großen.   2 Janus]  Der zweigesichtige römische Gott des Eingangs und Ausgangs.   4 verſchmitzte]  ‚kluge‘ (noch ohne den heutigen Beiklang von ‚verschlagen‘).   5 des erſtern Tugend]  Herkules galt nicht nur als starker Held, sondern auch als Musterbild tugendhaften Wandels gemäß der bekannten Parabel vom Herkules am Scheideweg: Der junge Herkules begegnet an einer Wegscheide zwei Damen, einer sehr zurückhaltend und maßvoll auftretenden (der Tugend) und einer sehr üppig und aufreizend gekleideten (der Wollust). Die Tugend weist ihn auf einen schwierigen, die Wollust auf einen sehr bequemen Weg. Herkules wählt den der Tugend. L. hat den Stoff dem Reihen zur vierten Abhandlung seiner ‚Sophonisbe‘ zugrunde gelegt. Vgl. V. 21.   6 Calp’ und Abila]  S.o. zu Ros 6.1,58.   7 Hegſt]  ‚birgst in dir‘.   9 So heißt]  ‚das bedeutet‘, ‚das macht aus‘. 13 ihm]  ‚sich‘. – zu Kopffe]  ‚auf den Kopf‘. 14 wie ein Kind]  Nämlich als den geflügelten Knaben Amor. 16 der Sonnen abgewinnt]  ‚die Sonne übertrifft‘. S.o. zu Ros 6.1,92. 18 Vortrag]  Hier im Sinne von schriftlicher Erklärung (DWb 26,1759,4).  –  aufgab]  ‚präsentierte‘. 19 Alexander]  Alexander der Große. 20 Als Thais … Siegs-Krantz ab]  Will sagen: ‚als Thais ihn um seinen Verstand brachte und seinen Ruhm als Sieger verdunkelte‘. L. spielt auf eine Episode aus Alexanders Zug gegen Persien (Curtius, Historiae Alexandri 5,7,3) an: Alexander ließ sich von der athenischen Hetäre Thais, die ihn auf seinem Zug begleitet hatte, im Zustand der Trunkenheit dazu bereden, 330 v. Chr. die Sommerresidenz der persischen Könige in Persepolis niederzubrennen. Vgl. S V 656 nebst AnmL. 21 Alcides]  Herkules, hier benannt nach seinem Großvater Alkeus.  –  leckt]  ‚lecken‘ hier im abfällig gemeinten Sinne von ‚küssen‘ oder ‚zärtlich tun‘ (DWb 12,478,3).  –  ſpinnt … am Rocken]  Herkules soll in der Zeit, als er Sklave und Liebhaber Omphales, der Königin von Lydien,

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war, auf deren Wunsch Frauenkleider getragen und am Spinnrad gesessen haben. Diese Episode aus dem Sagenkreis um Herkules wird gewöhnlich angeführt, um deutlich zu machen, in welch eine unwürdige Position die Liebe auch starke Männer zu bringen vermag. Vgl. C I 622. 22 Der weiſe Salomo … verwirrn]  S.o. zu Ros 5.3,104.  –  lßt Weiber ſich verwirrn]  ‚läßt zu, daß Frauen ihn vom rechten Weg abbringen‘. 23 laſſen ſich … locken]  ‚lassen ohne weiteres zu, daß die Schönheit sie anlockt‘. 24 ſich … kirrn]  ‚lassen als erste zu, daß so süße Beeren sie kirre machen‘. 27 dieſe Perl’]  Anspielung auf eine Variante des Mythos von der Geburt der Venus: daß sie nämlich gleich einer Perle in einer Muschel entstanden sei (s.  u . zu Ros 13,50).  –  ſchlechte]  ‚schlichte‘. 29 Hrden]  Provisorisch über Nacht eingezäunte Weideflächen. 30 fr]  ‚statt‘. – Goldſtck]  Aus Goldfäden gewirkter Stoff (DWb 8,856,3). Vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 1129 b : „Die Sternen buhln der Nacht/ ziehn ihr ihr Goldſtück an.“ 31 buhlt der Einſamkeit]  ‚macht der Einsamkeit den Hof‘ (‚buhlen‘ mit Dativ: DWb 2,502,2). Vgl. Hya 7,47 und das unter V. 30 angeführte Zitat aus dem ‚Arminius‘. – fr]  ‚vor‘. 32 vertrulich]  Umgelautete Nebenform von ‚vertraulich‘, im Sinne von ‚intim‘, ‚unbeobachtet‘. 36 Firnß]  ‚Firnis‘. 41 die Augen … der Liebe]  Vgl. V. 49f. u. Ros 8,86–87. 43 fr]  ‚vor‘. 49–50  Denn das Geſicht’ … wird gebracht]  Wie in L.s ‚Agrippina‘ (vgl. I 136, III 17) läßt sich auch hier eine Bezugnahme auf eine zeitgenössische Lehre von der physiologisch, im Sinne einer Affekterzeugung wirkenden Kraft der Blicke herauslesen. S. hierzu die Untersuchung von Rahn, Anmerkungen zur Theorie der Liebesblicke in Lohensteins Agrippina. Vgl. V. 41; Ros 8,86–87; 9,124.167; 12,4–5; 17,175–176; 25,5–6.10–11.  –  das Geſicht’]  ‚die Augen‘. 57 Poliphem einugicht Galatheen]  Der Kyklop Polyphem, wie alle Kyklopen nur mit einem Auge (auf der Stirn) ausgestattet, liebte die schöne Nymphe Galatea, allerdings erfolglos, da Galatea ihrerseits Acis liebte. Diesen erschlug Polyphem in wütender Eifersucht, indem er ein Felsstück auf ihn warf (Ovid, Met. 13,740–897). Vgl. V. 63. 59 tauſend Augen]  Die Sterne. 60 mit einem Aug’]  D.h. mit der Sonne. 63 des Cyclops Glck]  S.o. zu V. 57.  –  Glck]  ‚Schicksal‘. 65 Jrrwiſch]  ‚Irrlicht‘. Vgl. V. 75. 66 rcken fr]  ‚vorhalten‘, ‚vorwerfen‘. 68 verſagen Laub und Graß]  S.o. zu Ros 5.2,97. 71 fr]  ‚vor‘. 73 Ein Maulwurf … ſehen lernet]  Eine Quelle für den bis ins 19. Jh. hinein



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gängigen und gern in geistlichen Texten sinnbildlich genutzten Aberglauben, daß Maulwürfe erst im Tode ihre Augen öffneten bzw. sehend würden, war bisher nicht zu ermitteln. Vgl. LGW 13f. 74 Ein Wurm … erkieſt]  Die Motte, die vom Kerzenlicht angelockt wird und darin verbrennt. 75 Jrrwiſch]  ‚Irrlicht‘. Vgl. V. 65.  –  ſternet]  ‚sternähnlich strahlt‘. Vgl. Ros 5.1,24; 13,11; Hya 2,99; A V 303. 80 legt !…" ein]  ‚packt ein‘, ‚ist am Ende‘ (DWb 3, 224,9). 82 der blinde Kuh]  Zeitübliche, sprachlich schwer erklärbare Bezeichnung für das bekannte Spiel (DWb 11,2550,5). 84 Staar]  Der die Sehkraft mindernde graue Star. 85 Dein Peretz]  Antonio Pérez (1539/40–1611), als Staatssekretär Philipps II. einfußreicher spanischer Politiker. Nach dem Tode ihres Ehemannes (1573) soll die Fürstin Eboli, abgesehen von beider politischen Intrigen (s. hierzu unsere Einführung zu Ros 6.1) mit ihm auch ein Liebesverhältnis gehabt haben, was hier aber keine Rolle spielt. 85–86  bildet mir !…" vor]  ‚führt mir vor Augen‘ oder auch ‚redet mir ein‘. 87 ihn ſelbſt]  Sie meint Philipp II. 88 Hold]  ‚Huld‘. 89 ſein !…" ſein]  Philipps II. 92 Purpur]  Hier ‚Herrschergewand‘, da Purpur von jeher nur Personen höchsten Ranges vorbehalten war. 94 geringe]  ‚niedrig geartete‘. 96 anſteckt]  ‚anzündet‘. 97 wies]  ‚wie das‘.  –  Monden-Licht … Flecken]  S.o. zu Ros 5.4,114. 98 Lufft-Geſtirn’]  Komet oder Meteor (hierfür kein Beleg im DWb, wohl aber für ‚Luftstern‘: 12,1263, einzig belegt durch L.s ‚Arminius‘). Vgl. die Definition für ‚Lufft-Sterne‘ im Zedler 18, Sp. 1049: „Lufft-Sterne sind ein feuriges Meteoron, die theils fallende, theils aber hin und wieder irrende können genennet werden, und welche sich in der obern Luft befinden […].“ Vgl. Ros 12,13; 18,51.

7.  Rede der ſich […] mit einem glühenden Brande tödtenden Maria Coronelia Seine Quelle für den Stoff dieses Gedichts gibt L. selbst am Schluß des Textes an: des spanischen Jesuiten Joannes Mariana ‚Historiae de rebus Hispaniae libri XXX‘, Buch 16, Kap. 17. In der von mir eingesehenen Ausgabe Mainz 1605 steht der von L. zitierte (am Anfang leicht umformulierte) Passus in Tom. 2, S. 80 a . L. hat seine Quelle allerdings in einem Punkt mißverstanden. Maria Coronelia war nicht die Ehefrau, sondern die Tochter des Alfonsus Coronel, eines hohen spanischen Adligen, der sich der Herrschaft König Peters I., des Grausamen, widersetzte und, nachdem der König die von ihm gehaltene Festung Aquilar im Jahre 1353 erobert hatte, auf dessen Befehl hingerichtet wurde. Marias Ehemann

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war Joannes Cerda (Juan de la Cerda, 1327–1357), der von seinem Schwiegervater nach Mauretanien geschickt worden war, um dort Hilfe gegen Peter I. zu mobilisieren. Auch er wurde auf dessen Weisung hingerichtet, in Sevilla 1357. 16 Ambra]  Damals ein wertvoller Duftstoff, gewonnen aus dem Darm von Pottwalen. 26 Nachſchmack]  ‚Nachgeschmack‘; vgl. Ros 10,35. 31 unvergnget]  ‚unbefriedigt‘. 36 nichts nicht]  Verstärkte Verneinung. 42 Brutt]  ‚Geschöpf‘, ‚Abkömmling‘, bei L. üblicherweise als Maskulinum. 46 ein ewig Bann]  ‚lebenslange Verbannung‘. 50 beſchwrtzt]  ‚in Verruf bringt‘. 51 achten Sonnen ſich]  ‚betrachten sich als Sonnen‘. 52 Ohn’ ihre Minderung]  ‚ohne daß sie selbst etwas verlieren‘. 53–55  Voraus weiß Africa … fr Hitze]  Vgl. hiermit Ros 5.1,17–20, sowie das Argument, mit dem Masinissa seine politisch unüberlegte Liebesbeziehung zu Sophonisbe gegenüber den Vorhaltungen Scipios verteidigt, in S IV 309–312.316. – Voraus]  ‚vor allem‘, ‚hauptsächlich‘. 62 entrumt]  ‚eingeräumt‘, ‚verstattet‘ (DWb 3,581f.,2). 69 Der Knig]  Peter I., der Grausame, von Kastilien (s.  o . zu Ros 5, Einleitung, S. 364–366). 70 zu bſſen]  ‚zu befriedigen‘ (DWb 2,573f.,5); vgl. V. 155. 71 Padillens]  Padilla war die Mätresse Peters I. (s.  o . zu Ros 5, Einleitung, S.  364  f.). 74 kirren an]  ‚anlocken‘. 77 Himmel-Brod]  Manna. 80 Seiten] = ‚Saiten‘. 83 Rubinen]  D.h. roter Lippen. 88 mit Angſt und Furcht]  Adverbialattribut zu „alles Weibiſche“. 95 Vergeiſtere dich] ‚verwandle dich in Geist‘ (als Reflexivum in DWb 25,405,2 allein mit dieser Stelle bei L. belegt). Vgl. unten V. 167 u. Hya 5,93.234. – eine Liebes-Kertze]  D.h. eine Flamme. 99 ein Kind der weiſſen Henne]  Soviel wie Glückskind oder Sonntagskind, nach Juvenal 13,141: „gallinae filius albae“, einer Redensart bei den alten Römern, die auf eine Legende um Livia, die Gattin des Augustus, zurückgeht. Als Livia kurz nach ihrer Hochzeit mit Augustus ihr Landgut in Veji aufgesucht habe, habe ein über sie hinwegfliegender Adler eine weiße Henne, die er in den Krallen hielt, in ihren Schoß fallen lassen. Livia habe aus der Henne, die einen Lorbeerzweig im Schnabel hielt, eine Hühnerzucht entwickelt, weshalb ihr Landgut später den Namen ‚Ad gallinas‘ erhielt. Den Lorbeerzweig habe sie eingepflanzt; aus ihm habe sich ein Lorbeerhain entwickelt, der den Lorbeer für die Abhaltung von Triumphen lieferte. So erzählt die Legende Sueton, Galba 1; vgl. auch Cassius Dio 48,52,3–4; Plinius, Nat. hist. 15,136.



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101 fr]  ‚vor‘. 104 Sprengſtu dich … ab] ‚sich absprengen‘ hier etwa: ‚sich hinwegstürzen‘; hierfür kein Beleg im DWb, vgl. aber ebd. s.   v. ‚sprengen‘, Bd. 17,29–31,I,1b/c.  –  wttende]  ‚rasend‘. – mit Fleiß]  ‚mit voller Absicht‘. 105 Schnure]  ‚Schnur‘ hier im Sinne von ‚Richtschnur‘, ‚Leitfaden‘ (DWb 15,1400–1403,6). 109 verglleſt]  ‚abwertest‘; vgl. A I 350 u. DWb 25,372f.,2. 110 verkerbt]  ‚verdient‘ (DWb 25,641,1). 111 verſtelleſt]  ‚verzerrend darstellst‘ (DWb 25,1727f.,2c). 114 Beyſpiel]  ‚mustergültiges Auftreten‘; vgl. V. 135 u. 162. 117–118  durch den Schein … der Natur]  D.h. durch die scheinbare Berechtigung, welche der naturgegebene (sexuelle) Anreiz verleiht. 118 zu berfirnſſen]  ‚mit Firnis zu überziehen‘, d.  h . hier: ‚schön zu färben‘, ‚zu bemänteln‘. 122 Ktzelung]  ‚(sexuelle) Aufreizung‘. 124 Schein]  ‚Glanz‘ (der Schönheit, der persönlichen Ausstrahlung u. dgl.). 126 verkehrt]  ‚verwandelt‘. 127 Zirzens Schweine]  Anspielung auf Homer, Od. 10,230–243, wo die Göttin Kirke die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelt; hier zu verstehen als Allegorie auf würdeloses Versinken in sexueller Lust. 128 Pasiphaens]  Pasiphae, Ehefrau des kretischen Königs Minos, trieb Unzucht mit einem Stier und gebar darauf das Ungeheuer Minotaurus. 132 Aeßer]  Plural von ‚Aas‘. 133 fr]  ‚vor‘. 134 nehm in acht]  ‚zur Kenntnis nehme‘, ‚mir vor Augen führe‘. 135 Beyſpiel]  ‚Vorbild‘; vgl. V. 114 u. 162. 141 Mein eigen Bruder]  Als historische Person nicht identifizierbar. 142 nicht mein Ehmann]  Weil er lt. V. 46 für immer aus Spanien verbannt ist. 143 vorkommen]  ‚zuvorkommen‘. 146 Lucretiens berhmte That]  Ein bekanntes Ereignis aus der römischen Frühzeit (6. Jh. v. Chr.). Die Römerin Lucretia, Gattin des Collatinus, wurde von dem Sohn des Königs Tarquinius Superbus vergewaltigt und tötete danach sich selbst aus Gram über ihre verlorene Ehre, indem sie sich ein Messer ins Herz stieß. Dieses Ereignis hatte den Sturz der Tarquinier und die Gründung der römischen Republik zur Folge. 147 fr]  ‚vor‘. 149 fr ihrem Mord’]  ‚bevor sie sich selbst umbrachte‘.  –  entweihen]  ‚schänden‘. 152 Regung]  Hier etwa: ‚(erotische) Empfindungsfähigkeit‘; vgl. DWb 14,552,7. 153 lſtern ſeyn]  Hier etwa: ‚Begierde empfinden‘ (ohne die heute gegebene negative Konnotation!). 155 gebſſet]  ‚befriedigt‘; vgl. V. 70. 156 wie ein Jxion]  Ixion, ein mythischer thessalischer König, ist vornehmlich

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bekannt als einer der großen Büßer der Unterwelt. Zeus hatte Ixion, um ihn von einer schrecklichen Tat (Ermordung seines Schwiegervaters) zu entsühnen, in den Olymp geladen. Dort versuchte er, des Zeus Gattin Hera zu verführen. Als diese Zeus davon berichtete, wollte er ihr zunächst nicht glauben, stellte aber Ixion auf die Probe, indem er aus einer Wolke das Ebenbild Heras formte und ihm dieses ins Bett legte. Ixion verhielt sich so, wie es der Bericht Heras nahelegte und wurde so überführt. Zur Strafe für diese Verletzung der Gastfreundschaft kettete ihn Zeus an ein sich ewig drehendes Feuerrad. 157 Gedanken ſind … zuentbinden]  Der noch heute bekannte Spruch ‚Gedanken sind zollfrei‘ geht auf den römischen Juristen Ulpian (Digesta 48,19,18) zurück: „Cogitationis poenam nemo patitur.“ 162 Beyſpiel]  ‚musterhaftes Verhalten‘; vgl. V. 114 u. 135.  –  krncken]  Hier etwa: ‚Schmerz zufügen‘. 165 Trauſtu]  ‚glaubst du‘ (DWb 21,1327,IA,1c). 166 weil]  ‚während‘. – ſich … erhhn]  ‚sich über dich erheben‘, d.  h . ihre Überlegenheit kundtun. 167 vergeiſtere]  S.o. zu V. 95. 168 Reitzung]  ‚sinnliche Erregbarkeit‘. 169 Entdere]  ‚befreie von Adern und Sehnen‘. 170 wo]  ‚falls‘. 171 Schum’]  ‚schäumen‘ hier: ‚schäumend ausstoßen‘ (DWb 14,2364f.,II,1); vgl. E IV 420, V 111; S IV 355.  –  Saltz]  Hier soviel wie ‚Würze (oder auch innerster Gehalt) des Lebens‘, so wie in dem bekannten Bibelwort: „Ihr seid das Salz der Erde“ (Mt 5,13). 174 faule]  ‚üble‘ (DWb 3,1369f.,3). 179 mißbrauchte]  ‚übel angewandte‘.  –  jhrenden]  ‚gärenden‘. 180 den Wolſtand]  ‚das Wohlergehen‘. 181 mchte]  ‚könnte‘. 184 Witz]  ‚Geistesstärke‘. 190 rhrn]  ‚berühren‘ (DWb 14,1463f.,2a). 191 gebitten]  ‚gebieten‘. 192 Hat mancher … verſchnitten]  L. denkt hier sicher an den Kirchenvater Origenes (185–254), der sich, um seine streng asketische Lebensform aufrechterhalten zu können, unter Berufung auf Mt 19,12 selbst entmannt haben soll. 197 der Liebe]  Wohl als Dativ in Parallele zu „dir“ zu lesen. 207 Zpff’]  ‚Zapfe‘. 213 Cleopatra … empfangen] Cleopatra VII., die letzte Königin Ägyptens aus dem Geschlecht der Ptolemäer, beging nach dem Einmarsch des Augustus in Ägypten im Jahre 30 v. Chr. Selbstmord, indem sie sich von einer oder mehreren Giftschlangen beißen ließ. Vgl. C V 175–186; C2 V 296–303. – Schlang’ und Gift]  Hendiadyoin: ‚Schlangengift‘. 214 durch der Geilheit Gift]  Anspielung auf Cleopatras Liebesaffären mit Caesar und Marcus Antonius.



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218 Portia]  Porcia, Tochter Catos d.J., tötete sich, als sie von der Niederlage und dem Tod ihres Ehemannes M. Brutus, eines der Caesar-Mörder, bei Philippi (42 v. Chr.) erfuhr, indem sie (nach Valerius Maximus 4,6,5) ‚glühende Kohlen verschlang‘ – worunter das Einatmen heißen Kohlendunstes zu verstehen ist. Vgl. E IV 96; LGW 1238; LGW-W 56. 219 Brunſt]  Die Grundbedeutung ist ‚Feuersbrunst‘. 227 Siegel]  Hier etwa: ‚Inbegriff‘ oder ‚Unterpfand‘ (DWb 16,901f.,3d). 228 Geburths-Glied]  Die Vagina. nach 228  Das von L. am Anfang leicht abgeänderte Zitat aus Marianas Geschichte Spaniens lautet auf deutsch: „Maria Coronelia, Ehefrau des Alfonsus Coronelius, bereitete in der für sie unerträglichen Abwesenheit ihres Mannes, um nicht bösen Begierden zum Opfer zu fallen, ihrem Leben ein Ende, indem sie die auf einmal entflammte Wollust mit Feuer löschte: durch Einführung eines brennenden Scheites in ihr Geschlechtsteil. Eine Frau, die eines besseren Zeitalters würdig war, eine unerhörte Begeisterung für die Keuschheit!“

8. Sieges-Krantz der auf dem Schau-Platze der Liebe ſtreitenden Röthe Dies ist zweifellos (vgl. V. 149–152 u. 176) ein Gedicht zu Ehren der Eheschließung von Friedrich Roth (s.  o . zum Widmungsbrief der ‚Rosen‘ u. ‚Hyacinthen‘, S. 355, Anm. zu Z. 16–17). Weder der Name der Braut noch das Datum der Hochzeit waren zu ermitteln. vor 1  ſtreitenden]  ‚kämpfenden‘.   1–4  DJe mutter … Mahlerey]  Das feminine Genus des Substantivs ‚Liebe‘ führt hier zu einer Allegorisierung („Mutter“, „Schwester“ in V. 1), die dem mit „Kertzen“ (V. 3) und „Pfeil“ (V. 4) evozierten mythologischen Hintergrund auf sonderbare Weise in die Quere kommt. Pfeil und Fackel (so ist ‚Kertze‘ hier zu deuten) sind nämlich Attribute des knabenhaften Liebesgottes Amor bzw. Cupido, „Kind[es] der heiſſen Brunſt“ (V. 2) von Venus und Mars. Vgl. Ros 11,69; 16,22.   2 miß’t ihr bey]  ‚nimmt für sich in Anspruch‘.   3 vorgeliehn]  ‚vorgestreckt‘. – Kertzen]  Hier - ‚Fackel‘ (wie der Pfeil Attribut Amors).   4 der ſchnen Mahlerey]  Dativ, abhängig von „vorgeliehen“ (V. 3).   5 des Ruhmes]  Nämlich des Ruhms der Farben.   6 erſten Bildung]  „Bildung“ hier offenbar im Sinne von ‚Gestaltung‘ oder ‚Formgebung‘; ‚erste Bildung‘ besagte dann etwa: ‚Formgebung nach Erschaffung der Welt‘.   7 Mahlwerck]  = ‚Malwerk‘: ‚Malerei‘, ‚Gemälde‘.  –  ſchlſſen]  ‚ziehen den Schluß‘, ‚schlußfolgern‘.   11 uns … ſtellen]  ‚den gleichen Rang beanspruchen‘ („Reyen“ = ‚Reihen‘;

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‚Reihe‘ dabei zu verstehen als Aufreihung von Personen gleichen Ranges). 14 Mein Strahl]  Gemeint ist offenbar ein Blitzschlag in tiefschwarzer Nacht. Vgl. V. 16 u. 60–61. 20 die weiſſe See … lacht]  Zu denken ist hier vermutlich an schaumgekrönte Wellen bei heftigem Seegang. 21 Narciß]  Gemeint ist hier die weiße Narzisse.  –  Lilge]  Von jeher Inbegriff reiner Weiße bzw. makelloser Reinheit.  –  die Schoos]  ‚Schoß‘ hier wie bei L. üblich als Femininum. 23–24  Auß der verſpritzten Milch … auf der Erden]  Dem antiken Mythos nach entstanden die Milchstraße und die Lilien aus der verspritzten Milch Junos. S.o. zu Ros 2,11. 24 Geſtirn’]  Hier soviel wie ‚Sternenhimmel‘ (DWb 5,4237,1); vgl. Ros 11,83. 27 Die Purper-Muſchel … erſte Wiege]  Als Venus bzw. Aphrodite aus dem Schaum geboren war, der sich aus dem ins Meer geworfenen Geschlechtsteil des von seinem Sohn Kronos entmannten Gottes Uranos entwickelt hatte, fuhr sie auf einer Muschelschale, die ihr als Schiff diente, nach der Insel Cythera. Vgl. außer dem berühmten Gemälde Botticellis (‚Die Geburt der Venus‘) L.s Epos ‚Venus‘, V. 190–200.  – Purper-Muſchel]  L. bringt hier das Muschelschiff der Göttin mit der Purpurschnecke in Verbindung, aus deren Sekret im Altertum der kostbare Farbstoff hergestellt wurde. ‚Schnecke‘ und ‚Muschel‘ sind bei L. ohnehin häufig bedeutungsmäßig kaum zu unterscheiden. 28 Cupido]  Dasselbe wie Amor: der Sohn der Venus aus ihrer Liebschaft mit Mars. – rothen Flammen]  Bild für die Röte der Brustwarzen. Vgl. V. 79 u. A III 243. 29 ſteck’t aus]  ‚macht kenntlich‘, ‚demonstriert‘. 30 blm’t]  ‚beblümt‘, ‚schmückt‘.  – der Sternen rother Schein] Dies ließe sich allenfalls vom Mars sagen, dessen Oberfläche mit Staub von Eisenoxid bedeckt ist und der daher rötlich schimmert, weshalb er auch ‚der rote Planet‘ genannt wurde. 34 tauſend Augen]  Vgl. V. 41.  –  Argos]  Ein sagenhaftes männliches Wesen, das über den ganzen Körper mit Augen ausgestattet war, also nach allen Richtungen sehen konnte, und dem Juno auftrug, Jupiters in eine Kuh verwandelte Geliebte Io zu bewachen. 35 ihr Bild bebrun’t … werden]  D.h. es muß Nacht sein, wenn die Sterne (die „tauſend Augen“) am Himmel erscheinen. 36 fr]  ‚vor‘. – den ſchwartzen Tulipan]  Eigentlich schwarze Tulpen gibt es nicht; man bezeichnete aber dunkelrote Tulpen als schwarze (vgl. Zedler 45, Sp. 1779). ‚Tulipan‘ ist in allen drei Genera belegt. 37 Die Sonne … von ihren Pferden] Anscheinend eine mythologisierende Deutung der Sonnenflecken, die aber dem antiken Mythos um den Sonnengott (Helios bzw. Sol) fremd ist, da man in der Antike von den Sonnenflecken nichts wußte; sie wurden erst 1610 entdeckt (vgl. Hya 2,118; 5,70).



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Vermutlich fand L. eine solche spielerische Ausschmückung bei einem Autor des europäischen Manierismus. 39 Folgen]  = ‚Folie‘, Untergrund, vor dem sich etwas hervorhebt (vgl. Ros 10,60); zur Form vgl. Lilge / Lilie. 40 brennenden]  ‚glutroten‘. 42 verklrter]  ‚klarer‘ (DWb 25,650,1); vgl. V. 113. 43 greulicherm]  Hier: ‚häßlicherem‘. 44 Nebſt Glaſe]  ‚neben das Glas gehalten‘, ‚verglichen mit Glas‘, d.  h . mit Perlenimitaten aus Glas.  –  Preiß]  Etwa: ‚ruhmwürdiger Wert‘.  –  erweg’t]  ‚erwogen‘, ‚eingeschätzt‘. 50 der Liebe Stern]  Der Planet Venus. 53–54  als der Roſen Haupt … bepurpert ward]  S.o. zu Ros 2,12. 57 nehmet]  ‚nehmen‘ hier offenbar in der Bedeutung ‚in Besitz nehmen‘ (DWb 13,541,VII). 60–61  Wenn ein … geſmet]  Vgl. A I 136.  –  geſmet]  ‚ausgestreut‘. Vgl. Ros 13,3; Hya 5,71; A III 169. 64 nicht]  Hier ohne verneinende Funktion, nur zur Verstärkung des Gegensatzes von Tag und Nacht. 66 Der Brſte Schnee-Gebirg’]  Vgl. Ros 9,181; A I 104–106, II 153–154, III 260, V 181.  –  Etnens]  Des Ätna. 68 Das Glaß der glatten Schooß]  Eine sehr dunkle, kaum befriedigend zu erklärende Metapher. Vermutlich steht Glas hier als Inbegriff von etwas Glattem bzw. Spiegelblankem.  – iſt Kwllen anverwandt] Vgl. A V 190–191. 69 Die auch … anzuznden haben]  Anscheinend vage Reminiszenz an Plinius, Nat. hist. 31,17, wo berichtet wird, daß es in Indien eine Quelle gebe, deren Wasser als Brennstoff für Lampen verwendet werde.  –  in Mitter­ nacht]  Sicher geographisch zu verstehen: ‚im hohen Norden‘ – was zu der Plinius-Stelle zwar nicht paßt, aber vielleicht so zu erklären ist, daß L. deren Aussage mit einer wiederum irrigen Vorstellung von den Geysiren in Island zusammenbringt. 70 Schwefel]  Steht hier für etwas leicht Entflammbares. 71 Brunnen des Narciſſen]  Anspielung auf den Jüngling Narcissus des antiken Mythos, der sich in sein eigenes Spiegelbild in einem Brunnen verliebte. Vgl. Ros 26,13. 73 Marmel]  ‚Marmor‘. 74 vermehlt]  = ‚vermählt‘. 75 erheben]  ‚lobpreisen‘. 77 den benelckten Mund] Die Nelke hier als Sinnbild der Röte. Vgl. Ros 9,169; 10,53.88; C III 56, V 196; A I 134.  –  Schnecken-Blutte]  Purpur, gewonnen aus dem Sekret der Purpurschnecke. 78 zerbeitz’t]  ‚auflöst‘. 79 geſpitzte Flammen]  Metapher für die Brustwarzen. Vgl. V. 28 u. A III 243. 85 Cupido]  S.o. zu V. 28.  –  die Seenen]  Die Bogensehne. Vgl. V. 135.

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  86–87  So werden Seelen … auch geliebet]  S.o. zu Ros 6.2,49–50.   88 Tacht !…" das]  ‚Docht‘, damals noch Neutrum.   89 drffen]  ‚müssen‘. – Sterne]  ‚Pupillen‘ (DWb 18,2472f.,7a).   90 Garn]  ‚Jägergarn‘ bzw. ‚Fangnetz‘ oder ‚Fallstrick‘.   91 welch Auge] Akkusativ, abhängig von „begaben“.  – Blumwerck]  Vgl. Ros 3,38.  –  begaben]  ‚ausstatten‘.   92 Was ſchwartzes … dnckt?]  Sinn wohl: ‚Gibt es denn wohl außer schwarzen Augen irgendein schwarzes Objekt, das uns schön erscheint?‘   95 Mohren-Land]  Als Inbegriff der Schwärze.   96 zu leſen taugen]  ‚wert sind, aufgelesen zu werden‘.   99 kleiner Welt]  D.h. des Mikrokosmos. 101 beliebtem]  ‚angenehmem‘. 103 geballten Schnee]  Metapher für die Brüste. Vgl. A II 153–154. 104 Delia]  Diana bzw. Artemis, hier als Mondgöttin bzw. der Mond selbst, benannt nach dem Geburtsort der Göttin, der Insel Delos.  – Cythe­ ree]  Venus, hier als ihr Stern, benannt nach der Insel Cythera, wo sie nach ihrer Geburt aus dem Schaum des Meeres an Land stieg. Vgl. Ros 18,65. 106 Gleich ob]  ‚so, als ob‘.  –  Helenens geſtirnte Brder]  Castor und Pollux, die Brüder der trojanischen Helena, die als Sterne an den Himmel versetzt wurden. Sie galten als Beschützer der Seeleute, die in schwere Stürme geraten waren, worauf im folgenden angespielt wird. Vgl. Ros 13,13. 107 ihr dſtern Licht]  Das Elmsfeuer, als welches Castor und Pollux dem antiken Mythos nach den Seeleuten erschienen. 109 nehret]  ‚nährt‘, hier im Sinne von ‚fördert‘ oder ‚begünstigt‘. 111 Jhr Nord]  Der der ‚schönen Mitternacht‘ (V. 109) – Spiel mit dem Doppelsinn von ‚Mitternacht‘: ‚Mitte der Nacht‘ und ‚Norden‘. 113 verklrter]  ‚heller‘, ‚lichter‘; vgl. V. 42. 117 Pafie]  = Paphie, Beiname der Venus, nach der Stadt Paphos auf Zypern, wo sich ihr ältester und berühmtester Tempel befand. 118 Cypripor]  Dem Altertum fremde, erst bei deutschen Barockdichtern aufgekommene und noch von Wieland verwendete Bezeichnung für Amor bzw. Cupido, den kleinen Sohn der Venus. Der erste Bestandteil des Namens weist auf Zypern, das antike Zentrum des Venus-Kults, der zweite ist abgeleitet von griech. πωρός = ‚blind‘, entsprechend der bekannten Darstellung Amors mit verbundenen Augen. Vgl. Ros 14,77.100; 15,46; 17,82. – Myrthen]  Die Myrte war im Altertum der Venus heilig. Seit dem 16. Jh. findet sie auch in Deutschland Verwendung, als Kranz für die Braut und Ansteckzweig für den Bräutigam. 123–124  der zum Richter … verlieh’n]  Der Bräutigam, der demnach also Jurist war. Vgl. V. 132–136. 124 Themis]  Die Göttin der Gerechtigkeit bzw. des Rechts. 127 fr]  ‚vor‘. 128 der Liebes-Glutt]  ‚Glut‘ wurde im 17. Jh. auch als Maskulinum verwendet. Vgl. die beiden Zitate aus Opitz und Gryphius in DWb 8,482.



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Der Richter]  Meint offenbar den Bräutigam. Seen’]  Bogensehne. Vgl. V. 85. ihr … Pfeil]  Den Cupido in ihrem Namen abschoß. Diespiter]  Anderer Name für Jupiter.  –  Leden]  Leda. Jupiter verführte sie in Gestalt eines Schwans. 141 die Edle Schaar] Die Hochzeitsgäste.  – Taffeln]  Wohl die Tafeln des Hochzeitsmahls. 144 Hochzeit-Fackeln]  Attribut Amors, neben Pfeil und Bogen.  –  das LiebesOel]  Als ihr Brennstoff. 147 Danaen]  Die von ihrem Vater, dem König von Argos, in einen Turm eingesperrte Geliebte Jupiters. Dieser verschaffte sich Zugang zu ihr, indem er sich in einen Goldregen verwandelte und durch das Dach in den Turm hineinwuchs. Vgl. Ros 10,57; 14,62. 150 mein Nahme]  Anspielung auf den Familiennamen des Bräutigams. 161 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. 163 fr]  ‚vor‘. 167 Weil]  ‚solange‘. 170 den gldnen Apfel]  Der goldene Apfel, den Paris in dem berühmten Wettstreit der Göttinnen Juno, Minerva und Venus der Venus zugesprochen hat. 172 fr]  ‚vor‘. 173 Trieb]  ‚Antrieb‘, ‚Anreiz‘. 132 135 136 139

9.  Gewalt und Liebes-Streit der Schönheit und Freindligkeit Dies ist die überarbeitete und gekürzte Fassung eines Hochzeitsgedichts, das als Gelegenheitsdruck unter dem Titel ‚Rechts-Streit der Schönheit und Freundligkeit umb den Siges-Krantz der Libe‘ in Breslau im Jahr der Hochzeit (1657) erschienen war 10 und von dem es Parallelüberlieferungen in drei Sammelhandschriften und in der Neukirchschen Sammlung gibt (Näheres zur Textgeschichte s. im Editionsbericht, S. 336 u. 342  f.). Die Brautleute waren: Dr. med. ­Christian Bukisch, geb. im Dezember 1627 in Jägerndorf, zum Dr. med. promoviert 1654 in Padua, beschäftigt als Leibarzt von Herzog Christian von Liegnitz-Brieg (1618–1672), gest. im Januar 1665 in Ohlau; Anna Maria Wolfahrt, von der nicht mehr bekannt ist, als im Titel des Gelegenheitsdrucks mitgeteilt wird: daß sie die Tochter von Caspar Wolfahrt, Archidiakon an der St.-Elisabeth-Kirche in Breslau, war. Die Hochzeit fand am 16. Oktober 1657 in Breslau statt. – Daten zur Biographie von Christian Bukisch: Lucae, Schlesiens curieuse Denckwürdigkeiten (1689), S. 625; Cunradi, Silesia togata (1706), S. 31; Komorowski, Silesia academica (2005), S. 335.

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Text dieser Erstfassung bei uns als Nr. 1 des Anhangs, S. 297–309).

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  2 Keyſer-Blum]  Eine sehr schlichte, auch Kuhkraut genannte Pflanze der Gattung Saponaria (Seifenkraut) aus der Familie der Nelkengewächse. Vermutlich meint L. aber eigentlich nicht diese, sondern die prächtige, große glockenförmige Blüten aufweisende Kaiserkrone (Fritillaria imperialis).   7 weicht]  ‚räumt den Vorrang ein‘.   8 Biſame]  Wertvoller Duftstoff, dasselbe wie Moschus.  – Zibeth]  Dem Moschus ähnlicher Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsensekret der Zibetkatze.   9 ſticht !.." weg]  ‚übertrifft‘, ‚stellt in den Schatten‘.  –  fr]  ‚vor‘. 10 Schnecken-Blutt]  Purpur, gewonnen aus dem Sekret der Purpurschnecke.  –  fr]  ‚vor‘. 11 fr]  ‚vor‘. 13 die kleine Welt]  Der Mikrokosmos (vgl. Ros 11,47).  –  der groſſen]  Des Makrokosmos (vgl. Ros 11,43).  –  Grntze]  ‚Gebiet‘ (DWb 9,131f.,IIA4c). 14 Knigs-Stab]  ‚Zepter‘. 15 bepalmte]  Palmzweige waren im Altertum Abzeichen des Sieges. 16 der Sieg zum Schauſpiel dargeſtellt]  Eine etwas dunkle Wendung. Wenn man ‚Schauspiel‘ als ‚Sehenswürdigkeit‘ (vgl. DWb 14,2375f.,3) versteht, ist der Sinn vielleicht der: ‚die bloße Zurschaustellung der Schönheit bedeutet schon ihren Sieg‘. 17 Knigs-Purpur]  Die Verwendung von Purpurgewändern war im Altertum hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten.  – Rthe]  Hier wohl im Sinne von frischer, roter Gesichtsfarbe (vgl. DWb 14,1303,1bα). – meiner Hirten]  D.h. der Anführer meiner Gefolgschaft. 18 Myrthen]  Die Myrte gilt gewöhnlich als der Venus heilige Pflanze. 19 Fr]  ‚vor‘, hier etwa im Sinne von ‚konfrontiert mit‘ (vgl. V. 22).  –  das Glaß … ſchneiden]  Subjekt ist „Demant“ (Diamant). 20 Den Demant … Blutt]  Den Aberglauben, daß sich der Diamant nur durch Blut, und zwar das eines Ziegenbockes, auflösen lasse, kolportiert Plinius, Nat. hist. 37,59; hiernach bei Isidor von Sevilla, Etymol. 12,1,14; 16,13,2. 22 fr]  S.o. zu V. 19. 23 Hlt dir … nichts]  ‚ist dir nicht ebenbürtig‘.  –  berwg’ ich alles]  ‚übertreffe ich alles an Gewicht (= Bedeutung)‘. 24 meine Perl’ … deines Balles]  D.h., die kleine Perle der Freundlichkeit ist von größerem Gewicht (= Bedeutung) als der Ball der Schönheit. 26 bldes Licht]  ‚schwache Sehkraft‘ („Licht“ im Sinne von Augenlicht). 28 das Geſicht]  ‚das Sehvermögen‘. ‚die Sehkraft‘ (DWb 5,4087f.,I,1b). 29 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. 30 die Sonne]  Im Hinblick auf V. 26f. wäre hier eigentlich ‚die Schönheit‘ zu erwarten. Insofern hatte der Erstdruck mit „mich Sonne“ die bessere Lesart. 31 gar]  ‚ganz‘. 34 verſtelln]  ‚verwandeln‘. 35 fr]  ‚vor‘.



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36 Scharlach]  Sehr kostbarer Stoff, rot gefärbt, in der Farbgebung etwas ins Gelbe spielend und insofern von Purpur unterschieden.  –  Ritze]  ‚Risse‘. 37 Maal]  ‚Fleck‘, ‚Makel‘.  –  darf]  ‚bedarf‘, ‚braucht‘. 43 nichts nicht]  Verstärktes „nichts“, also keine doppelte Verneinung. 47 geht wol hin]  ‚ist passabel‘, ‚kann sich sehen lassen‘.  –  wo]  ‚falls‘. 49 Jrrſal]  Der Erstdruck hat die Lesung „Jrr-Saal“, zu verstehen als eine Räumlichkeit, in der die Gedanken umherirren bzw. -schweifen. Meine Vermutung geht dahin, daß auch „Jrrſal“ hier so zu verstehen ist und nicht in der durch die Graphie nahegelegten Bedeutung von ‚Abirren vom rechten Wege‘. 51 verſchlinget ſich]  Heute ausgestorbenes, von ‚Schlinge‘ abgeleitetes Verb: ‚verfängt / verheddert sich‘.  –  umbgarnten]  ‚mit Netzen eingehegten‘; vgl. S I 17. 53 entſinnet]  ‚der Sinne beraubt‘; heute ausgestorbene Bedeutungsvariante von ‚entsinnen‘ (DWb 3,625,1). 56 Blumwerg]  = ‚Blumwerk‘: ‚Blumenfülle / -pracht‘; vgl. Ros 3,38. 57 Luſthauß]  Haus (Villa) auf einem Landgut oder in einem Garten, in dem man sich zum Freizeitvergnügen aufhält (s. DWb 12,1338,1), also nicht etwa ‚Freudenhaus‘. 58 Netz’]  ‚Netze‘ ist im Frühneuhochdeutschen Nebenform von ‚Netz‘.  –  berckt]  Etwa: ‚hineingelockt‘ (vgl. DWb 1,1529f.,1/2). 61 geronnen]  Von ‚rinnen‘: ‚geflossen‘. 62 Des Eiſens Unarth]  Vgl. zu dieser auf den ersten Blick sehr dunklen Wendung DWb 24,179,II, wo vermutet wird, daß hier eigentlich ‚Anart‘ (vgl. DWb 1,290) zu lesen wäre, das ‚Natur‘ bzw. ‚eigentliche Beschaffenheit‘ bedeute. NB: Die Stelle wird im DWb 24 irrig Hoffmannswaldau zugeschrieben, unter Berufung auf die Neukirchsche Sammlung. 63 Sonnen-wende]  Heliotrop, eine Pflanze, die ihre Blätter nach dem wechselnden Stand der Sonne ausrichtet. Vgl. Ros 5.1,74; 6.1,89; 15,28; 17,165; Ros 19,105–107. 64 das Flammen-Kwell]  ‚Quell‘ wurde im 17. Jh. in Schlesien auch als Neutrum verwendet. Vgl. Ros 14,24. 65 Stein]  ‚Magnetstein‘ (DWb s.  v. ‚Stein‘, 18,1975f.,IIA10). 66 Himmels-Kertzen]  ‚Sterne‘. 69 das Feuer-Kwell]  S.o. zu V. 64. 77 Phoenix]  Der bekannte mythische Vogel, der sich, wenn er alt geworden ist, selbst verbrennt und aus seiner Asche verjüngt wieder emporsteigt. Hier geht es aber um seinen prachtvollen, von Gold und Edelsteinen schimmernden Federschmuck (Physiologus 7). Vgl. Ros 6.1,81. 80 Wo]  ‚falls‘, ‚wofern‘. 82 ihm]  ‚sich‘ 86 Augen-Bran’]  ‚Augenbrane‘ ist dasselbe wie ‚Augenbraue‘. Was damit aber im Hinblick auf die Sonne gemeint ist, steht dahin. 89 Cupido]  S.o. zu Ros 8,28.

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Rennplatz]  Etwa: ‚Turnierplatz‘.  –  Wallſtatt]  ‚Schlachtfeld‘. erzogen]  ‚aufgezogen‘. Reiß]  ‚Setzling‘. Saltz]  Hier soviel wie ‚Würze‘, ‚eigtl. Gehalt‘.  –  Seene]  Bogensehne. Senden]  ‚Sende‘ meint entweder Binse oder Heidekraut (DWb 16,572,1/2), hier aber auf jeden Fall eine Pflanze von geringem Wert.  – Fauden]  ‚Faude‘ ist ein schlesischer Ausdruck für eine Binsen- oder Schilfart (DWb 3,1367). 106 thrne]  Von ‚thronen‘: ‚thronartig aufstellen‘; im DWb 21,431,2 nur mit dieser Stelle bei L. belegt. 108 ſpieln]  ‚spielen‘ hier im Sinne von ‚glänzen‘, ‚leuchten‘ oder ‚strahlen‘; vgl. die Belege in DWb 16,2333f., besonders den folgenden Vierzeiler von Logau (Sinngedichte II,1,20): „Fürstin, Eure Himmels-Gaben, Die Ihr habt, wie Euch sie haben, Sind verfast und spielen weit Durch das Gold der Frömigkeit.“ (F. v. Logau, Sämmtliche Sinngedichte, hrsg. von G. Eitner, S. 229).

Vgl. C 2 II 479, III 559; IS III 109; S Widm. 61, 64.  –  krancken]  ‚krank‘ meint hier vermutlich ‚blaß‘ bzw. ‚von ungesunder Farbe‘. 114 Ungebehrden]  ‚unziemlichem Gebaren‘. 117 ſchlechtes]  ‚bloßes‘ (DWb 15,525,8d). 119 Himmel-Brodt]  Manna. 120 ſchlechten]  ‚einfachen‘. – Scherben]  ‚Scherbe‘ hier: ‚schlichtes irdenes oder gläsernes Gefäß‘ (DWb 14,2562f.,4). 121 verſieg’nem]  ‚versiegen‘ hier noch als starkes Verb (DWb 25,1321f.). 124 Jn derer Schale … Liebe zu] Dieses kühne Bild besagt nichts anderes, als daß der Ursprung der Verliebtheit der Augenkontakt, das Hin- und Herüber der ‚Liebes-Blicke‘, ist. Näheres hierzu s.  o. zu Ros 6.2,49– 50. – Schale]  Hier: ‚Augenhöhle‘. 128 Shn-Altar]  = ‚Sühnaltar‘, im engeren christlichen Sinne gewöhnlich Umschreibung für den Sterbeort Christi. Hier aber wohl nur zu verstehen als Opferaltar. Vgl. Ros 17,89. 129 ſich … entznden]  ‚sich entzünden, um sich mir zu widmen‘; es fehlt eigentlich ein ‚sich‘. 134 die Vergeſſenheit]  ‚das Vergessen‘ (im aktiven Sinne), ebenso V. 136. 140 ſchlechter]  ‚unzulänglicher‘. 142 Rhr]  Umgelautete Nebenform von ‚Rohr‘. 144 Sonne]  Zu lesen als Apposition zu „mir“. 145 Darff]  ‚muß‘, ‚braucht‘.  –  After-Sonne]  ‚Pseudo-Sonne‘. 146 ſein Glaß]  ‚seine glasartige Oberfläche‘ (Meeresspiegel). 147 berhmen]  = ‚berämen‘: ‚beschmutzen‘ (Frühnhd. Wb 3,1338). 150 Liebes-Tacht]  „Tacht“ = ‚Docht‘; vgl. Ros 12,29.



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152 an den Runtzeln … Helffenbein]  ‚oftmals eher an alten als an jugendfrischen Menschen‘.  –  Helffenbein]  Inbegriff makelloser weiblicher Haut. Vgl. V. 195; A V 197; C I 581.646; III 75. 153 vertreufft]  = ‚vertrieft‘, hier: ‚versickert‘. 156 kumet]  ‚keimt‘, ‚hervorsprießt‘. 168 ſchreiben]  ‚herschreiben‘, ‚herleiten‘. 169 der Perlen Mund]  Die Perlen stehen für die Weiße der Zähne.  –  Nelc­ ken]  Sie stehen für die Röte der Lipen. Vgl. Ros 8,77. 170 Der Becher aus Rubin]  D.h. der rote Mund. Vgl. V. 176. 171 Palmen]  Palmenzweige als Sinnbild des Sieges. 173 Cupido]  S.o. zu Ros 8,28. 174 fllen]  ‚stürzen lassen‘ (DWb 3,1286,12). Vgl. Ros 16,94. 176 Zinober-Mund]  Zinnober ist eine aus Quecksilber und Schwefel hergestellte hochrote Farbe. 181 ſchnee-gebrgten]  ‚ein Schneegebirge darstellenden‘; vgl. Ros 8,66; 11,54. 182 Glutt mit rothen Flammen]  Vgl. Ros 8,79; A III 243. 183 Schau-Gerſte]  ‚Schaubühne‘ (vgl. C V 312; S, Widm. 175.254). 185 ihr Gold-Geſchoß]  Amors Köcher enthielt sowohl goldene als auch bleierne Pfeile. Die goldenen bewirkten Liebe, die bleiernen eine unglückliche oder auch Haß. Vgl. Ros 10,39–40; 14,12.101; 17,82. 187 Wo]  ‚falls‘. – auffachen]  ‚anfachen‘ (vgl. IB I 434). 188 vor]  ‚vorher‘. 190 gleich]  S.o. zu V. 29. 192 Flore]  ‚Flor‘ hier: Stoff aus dünnem Gewebe.  –  die Schwulſt]  Im wörtlichen Sinn: ‚Schwellung‘; hier im übertragenen Sinn, ähnlich wie IB II 161, etwa: ‚aufbrandende Erregung‘. 195 Trcks]  Türkis. 199 die Liebe]  Venus. – ihren Sohn]  Amor bzw. Cupido. 200 des Mohnden Horn]  D.h. die spitzen Enden des zu- und abnehmenden Mondes. 201 die Venus]  Der Planet. 204 Grund]  ‚Hintergrund‘. – untern Felde]  ‚Untergrund‘. 209 beſmen]  Hier wohl: ‚bepflanzen‘ – so legt es jedenfalls der Inhalt von V. 210 nahe. 213 Seene]  Bogensehne. 215 fnftes Weſen]  Die Quintessenz.

10.  Reiches Heyrath-Gutt Mit einem großen Maß an Sicherheit dürfen wir annehmen, daß es sich bei dem ‚großen Freund‘ (V. 1), der in V. 78 mit „Herr Wolff“ namentlich angesprochen wird, um Dr. iur. Gottfried Wolff von Wolffsburg (1625–1686; Promotion Universität Altdorf 1647) handelt, der, seit 1671 Adjunkt der Breslauer Syndici Assig (s. Hya 4) und L., 1675 beim Ausscheiden Assigs aus Krankheitsgründen

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zweiter Syndikus und 1679 Obersyndikus wurde. Wolff war seit 1649 in erster Ehe mit Martha von Baudiss bzw. Baudissin (1627–1665) verheiratet, deren am 5. Mai 1665 erfolgten Tod L. mit einem Epicedium (Hya 7) würdigte. In zweiter Ehe heiratete Wolff Anna Maria Dietz von Dietzenstein (gest. 1709), Tochter des Breslauer Kaufmanns Georg Christoph Dietz und der Maria Körnichen. Das Jahr dieser Heirat, die L. mit vorliegendem Gedicht feiert, ist nicht bekannt. – Daten zur Biographie der Brautleute: Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 5 (1991), S. 87; Bd. 1 (1986), S. 275; Stein, Der Rat u. die Ratsgeschlechter (1963), S. 274; Komorowski, Silesia academica (2005), S. 345.   1 ES denckt mich]  ‚Ich erinnere mich‘ (DWb 2,938f.,22); vgl. C II 111.   1–2  als die Welt … Himmels war]  D.h. im Frühling.   2 Scharlach]  Sehr kostbarer Stoff, rot gefärbt, in der Farbgebung etwas ins Gelbe spielend und insofern von Purpur unterschieden. Vgl. V. 11.   3 die Sternen !…" der Liebe]  L. denkt vermutlich an die Planeten Mars und Venus, deren mythische Vorbilder ein Liebespaar waren.   4 Der Frhling … gebahr]  Wolffs erste Frau, Martha von Baudissin, starb am 5. Mai 1665. Am Anfang des ihr gewidmeten Trauergedichts (Hya 7,1–8) wird ebenfalls auf den Frühling als eine Zeit der Trauer für den hinterbliebenen Ehemann hingewiesen.   5 Myrth’]  S.o. zu Ros 8,118.  –  traurigen Zipreſſen]  Zypressenzweige waren von alters her bei Leichenfeiern in Gebrauch. Vgl. Hya 1,7. 11 Scharlach-Kleide]  S.o. zu V. 2. 12 Die lange … webt] Vgl. Hya 7,3.  – Boy]  Ein dem Flanell ähnlicher Stoff. „In Deutschland hat man sonderlich den schwarzen Boy, darinne man trauert, und womit vornämlich Zimmer, Kutschen und Pferde bekleidet werden.“ (Zedler, Suppl. 4, Sp. 417).  –  Flor]  Trauerflor. 14 den Krebsgang gehn] ‚zurückgehen‘. Offenbar zugleich Anspielung auf den Stand der Sonne im Sternbild des Krebses zur Zeit der Hochzeit. Diese müßte dann zwischen dem 22. Juni und 23. Juli stattgefunden haben. Der 22. Juni ist der Tag der Sonnenwende. An diesem längsten Tag des Jahres steht die Sonne am höchsten. Von da an werden die Tage wieder kürzer, und der Stand der Sonne über dem Horizont verringert sich. Vgl. dazu den Hinweis auf den Tag der Hochzeit in V. 100. 15 fr]  ‚statt‘. – Majoran]  Offenbar zu L.s Zeit in Schlesien als Leichenund Grabschmuck in Gebrauch (vgl. Hya 1,7). Im deutschen Aberglauben gilt Majoran als gutes Mittel zur Abschreckung böser Geister (HWDA 5,1539). – ihm]  Dem Bräutigam. 16 gleich]  Bedeutung hier nicht klar zu fassen; vermutlich: ‚sehr bald‘.  –  in der Aſche ſtehn]  Bild für den Zustand der Erde zur Zeit der größten Sommerhitze. 17 Er]  Der Bräutigam. 19 Der Brand]  Die sengende Hitze der Sonne (DWb 2,295,7).



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unverzehrlich]  ‚unerschöpfliches‘; vgl. A II 381. kein !…" nicht]  Verstärkte Verneinung. ſchleuſt]  ‚einschließt‘. – krntzen]  ‚bekrönen‘. ſprißt]  ‚spreizt‘ (DWb 17,19). Hegt]  ‚bewahrt‘. – Biſam]  Wertvoller Duftstoff, dasselbe wie Moschus. Daß]  ‚auf daß‘, ‚damit‘.  –  Eckel]  ‚Überdruß‘. – verſtreicht]  ‚verschwin­ den läßt‘. 33 verlegne]  Für dieses Adjektiv gibt es keinen Beleg im DWb. Bedeutung hier offenbar: ‚abgelagert‘. 35 Nachſchmack]  ‚Nachgeschmack‘; vgl. Ros 7,26.  –  Vorſchmack]  ‚Vorgeschmack‘; vgl. A II 150.  –  Baare]  ‚Totenbahre‘. 38 Tacht]  ‚Docht‘. 39–40  Die Liebes-Pfeile … Bleyern … glden ſeyn]  S.o. zu Ros 9,185. 40 wo]  ‚wenn‘. 41 hegt]  ‚bewahrt‘. 42 zeitig macht]  ‚zur Reife bringt‘ (DWb 31,584–586,1). 44 Granaten-Blth’]  ‚die Blüte von Granatäpfeln‘. 46 die Sirene]  Die Sirenen waren Ungeheuer in weiblicher Gestalt (Mischwesen aus Frauen und Vögeln), die am Ufer einer Insel saßen und vorbeikommende Seefahrer mit ihren unwiderstehlich bezaubernden Gesängen anlockten, um sie zu töten und zu verspeisen. 47 den Veſuv]  Wegen der feurigen Blicke. 47–48  Binen … khln]  Die Biene steht gewöhnlich für Reinheit und (wegen ihres Honigs) für Süße. 50 dort die Glutt]  Bezug auf die Augen (V. 47).  –  hier der Schnee]  Bezug auf die Brüste (ebd.). Zur Metaphorik vgl. Ros 8,66; 9,181. 51–52  Didons Hle … Nectar tiſcht]  Auf seinen Irrfahrten nach dem Untergang Trojas wird der Trojaner Aeneas, Sohn des Anchises, durch ein schweres Unwetter mit seinem Schiff an die Küste des von der Königin Dido beherrschten karthagischen Reiches in Nordafrika verschlagen. Dido nimmt Aeneas nebst seinen Gefährten gastfreundlich an ihrem Hofe auf und verliebt sich leidenschaftlich in ihn. Als sie zusammen mit Aeneas auf die Jagd geht, werden sie von einem Gewitter überrascht und suchen Schutz in einer Höhle, in der sich Dido Aeneas hingibt (Vergil, Aen. 4,160–172).  –  bey eitel Nectar tiſcht]  ‚bei unvermischtem Nektar zu Tische sitzt‘: jedes sachlichen Hintergrunds entbehrende Metapher für den ihm von Dido gewährten Liebesgenuß. Vgl. Ros 11,91. 53 Nelcken]  Als Sinnbild der Röte. S.o. zu Ros 8,77. 54 mit Europen … geht]  Als Zeus sich in das Mädchen Europa verliebte, näherte er sich ihr in Gestalt eines schönen weißen Stiers. 55 das Ey … ſtecket]  Castor soll ebenso wie sein Bruder Pollux aus dem Ei geschlüpft sein, das Leda gelegt hatte, als sie von Zeus in Gestalt eines Schwans (vgl. V. 56) geschwängert worden war. 57 regnend Gold … erkwicket]  S.o zu Ros 8,147.

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  59 Stein’]  Edelsteine. – Borneo !…" Sumatra]  Beide Inseln waren damals niederländisches Kolonialgebiet.   60 folgen]  ‚Folien‘ (vgl. Ros 8,39).  –  erkieſt]  ‚erkoren‘, ‚ausersehen‘.   62 Stein]  Edelstein.   63 Schlecht]  ‚schlichter‘.   64 Selbſtſtndige Geſtalt]  Akkusativ: ‚eine Gestalt, die in sich besteht / auf ihrem eigenen Wert beruht‘.  –  darff]  ‚muß‘.   66 der Apfel !…" der Schnheit]  Anspielung auf den goldenen Apfel, den Paris der Venus zusprach.   67 Schmeltzes]  Schmelzglas; dasselbe wie Email: durch Schmelzen gewonnenes metallisches Glas, mit dem Objekte aus Gold und Silber überzogen wurden.   70 Laub-Werg]  ‚Laubwerk‘; Bezug auf „Blättern“ in V. 65.   72 Mitgifft giftig]  Spiel mit der Grundbedeutung von ‚Gift‘: ‚Gabe‘.   73 HttenRauch]  Rauch einer Schmelzhütte. Vgl. Ros 5.2,33.   74 Beyſatz]  ‚Zutat‘, ‚Beigabe‘ (was gemeint ist, ist dunkel).   75 zu handeln]  ‚umzugehen‘.   76 Geitz]  ‚Gier‘. – Kaſten]  Hier wohl im Sinne von ‚Geldtruhe‘.   77 leitert]  ‚läutert‘, ‚reinigt‘.  –  Spiß-Glas]  Antimon.   84 ſie]  Die Tugend (V. 75).   86 Wenn]  ‚während‘, ‚wohingegen‘.  –  Hold]  Diese sich in allen beigezogenen Drucken der ‚Blumen‘ findende schlesische Form von ‚Huld‘ ergibt in Verbindung mit ‚Kohle‘ keinen klar erkennbaren Sinn und ist vermutlich Druckfehler für ‚Holtz‘.   88 benelckter Mund]  S.o. zu Ros 8,77.   95 Luft]  Vielleicht Druckfehler für ‚Luſt‘; so aber in allen beigezogenen Drucken.   97 ins Verhngnß ſchicke]  ‚der Vorsehung Rechnung trägt‘. 100 ein Tag der Perlen]  Gemeint ist der Namenstag der hl. Margareta von Antiochia, der auf den 20. Juli fällt. Der Name leitet sich her von lat. ‚margarita‘ = ‚Perle‘.

11. Braut-Krantz Vgl. das thematisch verwandte Gedicht Ros 16.   5 Libes-Kertzen]  ‚Kertzen‘ hier = ‚Fackeln‘ als Attribut Amors bzw. Cupidos.   7 Frauen-Nacht]  Als Synonym für ‚Hochzeitsnacht‘, in der die Jungfrau zur Frau wird, anscheinend L.sche Eigenprägung.   11–12  Die Sonne … der See]  Vgl. S V 336: „Die Sonnen ſind erſt ſchön wenn ſie zu golde gehn.“   12 zu golde geh’t]  ‚untergeht‘; die Redensart beruht auf alten mythologischen Vorstellungen einer Verbindung von Sonne und Gold (s. DWb 8,702). Vgl.



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IB IV 96; IS III 33; S II 246, V 336.  –  Schlaff-Gemach der See]  Das ‚Abendmeer‘ (der Atlantik), in das nach dem antiken Mythos die Sonnenpferde nach ihrem Himmelslauf am Abend eintauchen. 13 Scheutel]  ‚Scheitel‘, im Frühnhd. in der Regel Femininum (vgl. S V 393 u. DWb 14,2476). 15–16  das Ebenbild … Der Mohnd’] Eine sehr ungewöhnliche sinnbildliche Deutung des Mondes (hier in Bezug auf seine Flecken), der traditionell eher mit der Jungfräulichkeit in Verbindung gebracht wurde: in der Antike mit der jungfräulichen Göttin Artemis bzw. Diana, im Christentum mit der Jungfrau Maria. Vgl. Ros 5.4,114.  –  di weiſſen Hrner]  Die Spitzen des zu- oder abnehmenden Mondes. 17 Baare]  Totenbahre, nämlich der Jungfernschaft. 21 tumme]  Hier etwa: ‚unbedeutende‘, ‚nichtsnutzige‘. 22 Thrnen-Saltz die Perlen-Mutter]  Vgl. Ros 5.4,19; 6.2,69–70; S IV 393. 24 Waſſer-Gall’]  Aus Wasser bestehende blaßfarbige Ausdünstungen am Himmel (DWb 27,2403,6). Vgl. A IV 395; IS II 147. 25 klag’]  ‚beklage. – Larve]  Hier soviel wie unnützer Leibesschmuck. 28 Der]  Bezug unklar: „Krantz“ (V. 26) oder „Geiſt“ (V. 27)?  –  das … Na­ tur]  ‚das, was von der Natur gewidmet wurde‘. 31 Umb-Kreiß]  ‚umlaufende Kreislinie‘. 37 Safft … auß Korallen]  Gemeint ist hier vermutlich Korallensirup, hergestellt aus Saft von Berberitzenbeeren, der vermengt ist mit Pulver aus gestoßenen Korallen. Vgl. Zedler 6, Sp. 1223–1226. 38 Kolben]  Kolbenförmiges Glas, wie es die Chemiker gebrauchen. 40 Wo]  ‚wenn‘. 43 Di groſſe Welt]  Der Makrokosmos (vgl. Ros 9,13). 44 gelde]  Auf den ersten Blick möchte man meinen, daß hier ein Druckfehler für ‚gelbe‘ (so B und C) vorliege, mit dem ‚golden‘ (vgl. DWb 5,2880,2c) gemeint sein könnte; eine Bestätigung lieferte dann V. 51: „den güld’nen Lentz“. Tatsächlich aber dürfte es sich um eine Form des auch durch Hya 18,8 belegten Adjektivs ‚gelt‘ (‚unfruchtbar‘ – s. DWb 5,3059ff.) handeln. Diese Deutung wird nahegelegt nicht nur durch die beiden sich gleich anschließenden Verse 45–46, sondern auch durch V. 70. 46 volles Horn]  Füllhorn, als Inbegriff des Überflusses, nach dem von Jupiter unter die Sterne versetzten Horn der Ziege Amalthea, aus dem Nektar und Ambrosia geflossen sein soll. 47 di kleine Welt]  Der Mikrokosmos (vgl. Ros 9, 13). 48 Tokken-Werk]  ‚Kinderkram‘, von ‚Tocke‘ / ‚Docke‘ = ‚Puppe‘. 49 vorgegangen]  ‚vorangegangen‘. 54 Schnee-Gebirgte]  Dieses Epitheton ist bei L. gewöhnlich auf die Brüste bezogen. S.o. zu Ros 8,66. 57 di Roſen … Scham]  Bild für ‚Schamröte‘.  –  blden]  ‚schüchternen‘, ‚gehemmten‘. 58 unſre Fruchtbarkeit dem Mohnden gleiche]  „Mohnden“ ist zweifellos in al-

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len Drucken Druckfehler für ‚Mohnen‘, Dat. Sg. von ‚Mohn‘, der seit dem Altertum als Fruchtbarkeitssymbol galt (wegen der Fülle von Samen in der Mohnkapsel). In verschiedenen mitteleuropäischen Ländern war es früher Brauch, die Brautleute mit Mohnsamen, so wie heute mit Reiskörnern, zu bestreuen. Vgl. HWDA 6 (1934/35), Sp. 450f.; Wörterbuch der Symbolik (51991), S. 487. 61 Granaten]  Granatäpfel, als Bild für die Brüste. 68 Haub’t !…" ein] ‚einhauben‘: ‚unter die Haube bringen‘, ‚verheiraten‘ (vgl. V. 72); in dieser Bedeutung im DWb 3,196 nur mit dieser Stelle bei L. belegt. – Floor]  = ‚Flor‘, Stoff aus dünnem, leichtem Gewebe. 69–70  Komm Liebe … ſonder Schein]  Ein im Hinblick auf die Aussage von V. 65–68 u. 71–72 sehr befremdliches, weil gerade das Gegenteil aussagendes Textstück! Es scheint hier eine Textverderbnis vorzuliegen, evtl. in der Form, daß in die Satzvorlage versehentlich zwei unbearbeitete Verse aus einer früheren Fassung des Gedichts hineingeraten sind.  –  Komm Liebe]  Aufforderung an Amor bzw. Cupido. Vgl. V. 78 u. Ros 8,2; 16,22.  –  ſonder Schein]  ‚ohne Glanz‘. 71 Nimfen]  Gemeint sind hier wie in V. 93 die Brautjungfern. 72 fr]  ‚als Ersatz für‘. 73 Arachne]  Eine kunstvolle Weberin, die sich in einem Wettstreit mit Minerva in der Webkunst dermaßen auszeichnete, daß die Göttin darüber in Wut geriet und sich rächte, indem sie Arachne in eine Spinne verwandelte. 74 Mutter]  Venus. – Netz’]  Alte Singularform: ‚das Netze‘. 75 mit dem … mgeben]  Anspielung auf die bekannte Episode bei Homer, Od. 8,266–328: Venus betrog ihren Ehemann Vulkan, den kunstfertigen hinkenden Schmiedegott, mit dem Kriegsgott Mars auf ihrem Ehebett im Hause Vulkans. Als dieser davon erfahren hatte, umgab er das Bett mit einem Netz aus spinnwebfeinen, nicht sichtbaren Drähten, in denen sich Venus und Mars, als sie das Bett in Abwesenheit des Hausherrn erneut zum Liebesspiel bestiegen, dermaßen verfingen, daß sie bis zu völliger Bewegungsunfähigkeit gefesselt waren. In diesem Moment erschien Vulkan (er hatte eine Reise vorgetäuscht) und rief die Götter des Olymps herbei, um die beiden Ehebrecher vor ihnen bloßzustellen. Die Götter kamen herbei und brachen, als sie das gefesselte Liebespaar sahen, in das sprichwörtlich gewordene homerische Gelächter aus. Vgl. Ros 16,60; 17,10; 19,241–243. – Lemnos]  Insel im Ägäischen Meer; der Sage nach der Hauptwohnsitz des Gottes Vulkan.  –  mgeben]  ‚umstrickt‘, ‚umschlungen‘ (DWb 23,901,A1b). 83 Blumwerck]  Hier etwa: ‚Blumenpracht‘, ‚-fülle‘.  – Geſtirn’s]  ‚Gestirn‘ hier: ‚Gesamtheit der Sterne‘ (DWb 5,4237,1). Vgl. Ros 8,24. 84 Venus Morgenſtern]  Zwei Namen für denselben Stern; entweder „Venus“ als Genitiv oder „Morgenſtern“ als Apposition zu „Venus“ zu lesen. 91 dis Nektar hab’t geſogen] Vgl. Ros 10,52. „Nektar“ hier als Neutrum (ebenso Ros 14,84).



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92 vertagter]  ‚vergangener‘ (vgl. C2 II 339). 93 Nimfen]  Die Brautjungfern (vgl. V. 71).  –  ſtertze]  ‚stürze‘, ‚entfalle‘; vgl. Ros 25,8. 94 heinte]  ‚heute‘. – zum Schertze] Anspielung auf die zeitüblichen, oft recht grob anzüglichen Scherzreden der Hochzeitsgäste am Tag nach der Hochzeitsnacht.

12.  Glückliche Heyrathswahl Der Familienname des Bräutigams ist in V. 90 mit „Herr Haupt“ angegeben (Wortspiel mit diesem Namen in V. 107: „Haupt-Gutt“), der Vorname der Braut in V. 99 mit „Dorothea“. Mit einiger Sicherheit ist hieraus zu folgern, daß es sich um die Brautleute Heinrich von Haupt (1633–1702), Fürstlich-oelsnisch-bernstädtischer und juliusbürgischer Regierungsrat, und Anna Dorothea von Sebisch, Tochter Georgs von Sebisch d.J. (1589–1640), Herrn auf GroßMohnau, Kapitän der gelben Kompanie der Breslauer Stadtgarnison, handelt. Das Datum der Hochzeit ist nicht überliefert. Sie muß spätestens 1664 stattgefunden haben, denn in diesem Jahr wurde der älteste Sohn Georg Heinrich geboren. – Daten zur Biographie der Brautleute: Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 2 (1987), S. 122; Bd. 4 (1990), S. 188; Stein, Der Rat u. die Ratsgeschlechter (1963), S. 271 u. 244.   4–5  da Nectar … Hertzen]  S.o. zu Ros 8,86–87.   6 beſchmertzen]  ‚beklagen‘; vgl. IS III 544, V 547. 10 Heil-Brunn]  ‚Heilquelle‘. 12 umb ſein Begrbns]  D.h. bei seiner Verpuppung. 13 Luft-Stern]  Komet oder Meteor (im DWb 12,1263 nur mit einem Zitat aus L.s Arminius-Roman belegt). S.o. zu Ros 6.2, 98. 15 ſchweigen]  ‚verschweigen‘. 16 Xerxes … Ahorns-Zweigen]  Diese Anekdote über den Perserkönig Xerxes I. (Regierungszeit 485–465 v. Chr.) findet sich bei Herodot 7,31 und bei Aelianus, Varia historia 2,14: Bei seinem Zug durch Lydien traf er auf eine mächtige, hochgewachsene Platane, die ihn so beeindruckte, daß er für einen ganzen Tag sein Lager bei ihr aufschlug und ihre Zweige zum Zeichen seiner Verehrung mit kostbarem Schmuck behängte. Vgl. Hya 18,285. 17 Junius … Muſen Bild] Der römische Ritter Iunius Pisciculus, über den sonst nichts weiter bekannt ist, soll eine der Statuen der Musen, die in Rom vor dem Tempel der Felicitas aufgestellt waren, geliebt haben (so Plinius, Nat. hist. 36,39 unter Berufung auf Varro). Vgl. Ros 19,257–258; AnmL. zu A I 116; zu S I 523–524. 18 ein Spartaner … einen Raben]  Irrige Wiedergabe einer von Aelianus (Varia historia 9,39) mitgeteilten Anekdote: Ein Jüngling in Sparta sei von einer Dohle geliebt worden. 19 des Alchidas Brunſt … kwill’t]  Lt. Plinius, Nat. hist. 36,22, verliebte sich

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ein gewisser Alketas (!) aus Rhodos in eine in Parion, einer Kolonie an der Propontis (heute: Marmarameer), aufgestellte nackte Eros-Figur des Bildhauers Praxiteles dermaßen, daß er an ihr ‚ein Zeichen der Liebe hinter­ließ‘, d.  h . sie befleckte. Vgl. Ros 19,254–257; AnmL. zu A I 116; zu S I 523–524. 20 Xenophons ſein Sohn … lieb kan haben]  Irrige Wiedergabe einer von Aelianus (Varia historia 9,39) mitgeteilten Anekdote: In Soloi in Kilikien sei ein Knabe namens Xenophon (er hat mit dem gleichnamigen Historiker nichts zu tun) von einem Hund geliebt worden. In dem Satz zuvor ist die Rede von einer Kitharaspielerin namens Glauke, die von einem Hund, nach anderer Überlieferung von einem Schafbock (= Widder) oder einer Gans geliebt worden sei.  –  Wieder]  ‚Widder‘. 21 Hold]  ‚Huld‘. 28 Baare]  Die Totenbahre. 29 Liebes-Tacht]  „Tacht“ = ‚Docht‘, hier als Neutrum. Vgl. Ros 9,150. 35 lern’t Helenens vergeſſen]  ‚vergessen‘ mit Genitiv: ‚lernt, Helena zu vergessen‘. 37 Perianders Wahn … Leiche bey] Periandros, Tyrann von Korinth (7./6. Jh. v. Chr.), der zu den Sieben Weisen gezählt wurde, soll mit dem Leichnam seiner Frau Melissa Verkehr gehabt haben (s. Herodot 5,92). Vgl. S V 532–533 nebst AnmL.; AnmL. zu IS I 343. 38 Artimiſie … trincket]  Artemisia II., Schwester und Gemahlin des karischen Satrapen Mausolos von Halikarnassos (4. Jh. v. Chr.), soll nach dem Tode ihres über alles geliebten Ehemannes dessen Asche mit einem Getränk vermischt getrunken haben, um selbst dessen lebendes Grab zu sein (Valerius Maximus 4,6,Ext.1). Das gewaltige Grabmal (Mausoleum), das sie ihm errichten ließ, zählte zu den sieben Weltwundern. Vgl. Hya 11,25–26. 40 Biſam]  Wertvoller Duftstoff, dasselbe wie Moschus. 48–49  Man ſucht … uns deck’t]  Im Altertum galt die Eibe, weil fast alle ihre Teile giftig sind, als ein Baum des Todes und der Unterwelt. Man meinte, daß es gesundheitsschädigend sei, auch tödlich sein könne, unter ihrem Schatten zu ruhen oder zu schlafen (Dioscurides, De materia medica 4,79). 50 Firnß]  Firnis; hier Bezugnahme auf seine Verwendung als Überzug zur Auffrischung von Gemälden. 57–58  Eh’ auch Parthenopen … einbiſſen]  Parthenope ist der Name einer der aus Homers Odyssee bekannten Sirenen, die mit ihrem unwiderstehlich verführerischen Gesang Seefahrer anlockten, um sie zu töten und zu verspeisen. Aus Verzweiflung darüber, daß es ihr nicht gelungen war, Odysseus zu sich zu locken, soll Parthenope sich durch einen Sprung ins Wasser umgebracht haben.  –  ein Ulyſſes]  Odysseus steht hier für einen Mann von Klugheit und Weitsicht. Der Odysseus des antiken Mythos stand in keinerlei Beziehung zu der genannten Sirene. 59–60  Auch fhl’t Xenocrates … mit Kſſen] Dieser griechische Philosoph (396–314 v. Chr.), Schüler Platos, soll nach einer Anekdote (Diogenes Laertius 4,2,7) sehr direkten Annäherungsversuchen Phrynes, einer be-



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rühmten griechischen Hetäre von großer Schönheit und erotischer Attraktivität, eisern widerstanden haben (sie hatte unter einem Vorwand Zuflucht in seinem Hause gesucht und das einzige vorhandene Bett mit ihm geteilt). Vgl. IS II 599–600.   62 Demosthenes … Lais]  Lais war der Name mehrerer Hetären im alten Griechenland. In eine von denen soll sich lt. Gellius, Noctes Atticae 1,8,3–6, der berühmte athenische Redner Demosthenes (384–322 v. Chr.) verliebt, aber doch auf ihre erotischen Dienstleistungen verzichtet haben, als sie dafür den exorbitanten Preis von 10.000 Drachmen verlangte.   67 Bleibt Bias reich … brenn’t] Anspielung auf eine bei Valerius Maximus 7,2,Ext.3 berichtete Anekdote über Bias von Priene (6. Jh. v. Chr.), einen der Sieben Weisen des Altertums: Als seine Heimatstadt Priene von Feinden erobert worden war, flüchteten alle, denen es noch möglich war, aus der Stadt, beladen mit dem Wertvollsten, das sie von ihrem Hab und Gut noch hatten retten können. Einzig Bias hatte nichts von seinem Besitz mitgenommen. Nach dem Grund befragt, soll er mit diesem auch anderen Weisen des Alterums zugeschriebenen Spruch geantwortet haben: „Ego vero omnia bona mecum porto“ – „Ich aber trage alle meine Güter mit mir“, nämlich die geistigen.   68 Die Magd Epicharis]  Eine freigelassene Sklavin, die sich an der auf den Sturz Neros abzielenden Pisonischen Verschwörung (65 n. Chr.) beteiligt hatte, durch Verrat festgenommen wurde und trotz der schweren Folter, der sie unterworfen wurde, keinen ihrer Mitverschwörer verriet. Während einer Folter erdrosselte sie sich selbst mit ihrem Brusttuch. Weiteres zu ihrer Biographie findet sich in unserem Kommentar zu dem Trauerspiel, mit dem L. ihr ein Denkmal gesetzt hat: Abt. Dramen, Bd. 2,2, S. 709f.   77 verwechſelt-ſſſer]  ‚verwechselt‘ hier: ‚gegenseitig‘, ‚wechselseitig‘.  –  Hold]  ‚Huld‘, ‚Zuneigung‘.   83 fehl’n]  ‚verfehlen‘.   85 Eckel]  ‚Überdruß‘.   87–88  mit keinen Aepffeln … Evens Seele ſtehlen]  Anspielung auf den Sündenfall (Gen 3,6).   95 auſſerhalb]  ‚außer‘.   99 die recht Dorothea]  Anspielung auf die Bedeutung des Namens (identisch mit der Variante Theodora): ‚Gottesgabe‘, zusammengesetzt aus griech. δω̑ ρ ον (Gabe, Geschenk) und θεός (Gott). 100 erfreyet]  ‚geheiratet hat‘ (von ‚erfreien‘: ‚heiraten‘, ‚ehelichen‘). 104 beruchern]  ‚bereichern‘. 106 kumen]  ‚keimen‘, ‚hervorwachsen‘. 107 Haupt-Gutt]  ‚Kapital‘. 108 dergleichen]  ‚solchen‘.

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13.  Dreyfache Bildung der Liebe Die Familiennamen der Brautleute, denen dieses Hochzeitsgedicht gewidmet ist, sind in V. 57 u. 58 festgehalten: der des Bräutigams mit Bilizer, der der Braut mit Schmeiss. Zudem wird in V. 61 auch der Vorname der Braut (Helena) genannt. Daraus läßt sich einigermaßen zuverlässig schlußfolgern, daß der Bräutigam Adam Bilitzer von Bilitz (Lebensdaten unbekannt), Sohn des Matthias Bilitzer von Bilitz (1550–1616), die Braut Helene Schmeiss von Ehrenpreisberg (1599–1658) war (vgl. Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 1 [1986], S. 161). Das Datum der Hochzeit ist nicht überliefert; es muß vor 1658, dem Todesjahr der Braut, gelegen haben. 1  Bildung]  ‚Gestaltung‘, ‚Erscheinungsform‘ (vgl. V. 7–8). ſmen]  ‚ausbreiten‘, ‚wachsen lassen‘ (s. zu Ros 8,61). mhſam]  ‚bemüht‘. Angel-Sterne]  Polarstern. ſtern’t]  ‚glänzt wie die Sterne‘ (vgl. Ros 5.1,24; 6.2,75; Hya 2,99; A V 303). 13 Die Brder Helenens]  Castor und Pollux, die als Sterne an den Himmel versetzt wurden. S.o. zu Ros 8,106. 16 Nord-Stern]  Polarstern. – Stern-Ball]  Vermutlich soviel wie ‚Himmelskreis‘, ‚Umkreis des Himmels‘, als sonst nirgends belegbare Analogiebildung zu ‚Erdball‘ (vgl. Ros 3,15; 15,5). 21 Sud]  ‚Süd‘ (zur Form vgl. S, Widm. 33), hier: ‚Südwind‘.  –  entfrbet … Roſen-Schimmer]  D.h. läßt nicht erbleichen: im Hinblick auf die damals vermutete förderliche Wirkung des warmen Südwinds auf die Ausbreitung der Pest. 26 linder]  ‚freundlich entgegenkommender‘ (DWb 12,1029f.,9).  – Hold]  ‚Huld‘. 31 als]  ‚anderswo als‘. 33–40  Die Perle … Muſchel-Schalen]  Nach antiker Auffassung (s. u.  a . Plinius, Nat. hist. 2,109) hängt das Wachstum der Schalentiere von dem Einfluß des Mondes ab. Als Ursache für die Entstehung einer Perle nahm man einen befruchtenden Himmelstau an, der in die sich zum Himmel hin öffnende Muschel hineintropft – wobei auch das Licht der Gestirne eine wichtige Rolle spielt (s. u.  a . Plinius, Nat. hist. 9,107; Physiologus 44). Vgl. Ros 19,290–292; S, Widm. 31–34. 33 Scarlat]  ‚Scharlach‘, hier ein kostbarer Stoff in dieser Farbe (etwas ins Gelbe spielendes Rot).  –  Jnfel]  Mütze eines Bischofs. 34 Eos]  Die griechische Göttin der Morgenröte, bei den Römern Aurora. – braunen]  ‚braun‘ hier: ‚rot‘ oder ‚goldfarben‘, wie auch sonst gelegentlich bei L. (vgl. A IV 78; C IV 447). 35 Purpur-Schnecken]  Die Schnecken, aus deren Sekret der Purpur-Farbstoff gewonnen wurde. Perlen entstehen in ihnen aber nicht. Vgl. V. 51. vor   3   5   7 11



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38 kugelt]  ‚macht kugelförmig‘ (DWb 11,2543f.,5).  –  Jſcht]  ‚Schaum‘; meint hier den vom Mond herabgetropften Tau. 41 deck’t]  ‚überdeckt‘, ‚überstrahlt‘. 43 Die Roſen-Lippen … Korallen]  Die Koralle hier als Inbegriff der Röte. Vgl. Ros 14,82; A II 167; C I 580, III 356; S II 428. 49 iſt geneſen]  Hier offenbar: ‚wurde geboren‘ – ganz ungewöhnlich, denn sonst wird ‚genesen‘ von Frauen gesagt, die glücklich entbunden haben: ‚von einem Kind bzw. der Geburt eines Kindes genesen‘ (DWb 5,3387f.,3). Vgl. V. 88. 50 Da eine Muſchel … Schooß]  Nach der auf Hesiod, Theogonie 188–199, zurückgehenden landläufigen Auffassung wurde Venus bzw. Aphrodite aus dem Meerschaum geboren, der sich um das Geschlechtsteil des Gottes Uranos bildete, das sein Sohn Kronos mit der Sichel abgeschnitten und ins Meer geworfen hatte. Nach ihrer Geburt soll sie auf einer Muschel zu der Insel Kythera und von dort nach Kypros gefahren sein. Schon im Altertum kam daneben die allerdings nur mit einer einzigen Stelle (Plautus, Rudens 704) belegte Vorstellung auf, daß sie aus der Muschel selbst geboren worden sei. Berühmtestes Beispiel für das Fortwirken dieser Auffassung in der Frühen Neuzeit ist das Gemälde von Botticelli (‚Geburt der Venus‘). Vgl. die aussagekräftigen Hinweise zu diesem Thema in: Martin Opitz, Lateinische Werke. Bd. 2. Hrsg. von Veronika Marschall u. Robert Seidel. Berlin 2011, S. 432, zu 27. Vgl. Ros 6.2,27; 17,20; 19,286–287. 51 Schneckenblutt]  Das Sekret der Purpurschnecke (vgl. V. 35). 52 girren]  Druckfehler oder ungewöhnliche Nebenform von ‚kirre‘ = ‚zahm‘. 53–54  Da ſie die Perlen … Helffenbeine gooß]  Perlen und Elfenbein stehen hier für makellose Reinheit und Weiße der Haut. Vgl. Ros 14,83. 55 Rſthaus]  ‚Zeughaus‘. 57 iſt … beygeleget]  ‚stimmt mit dem unseren überein‘. 59 wo]  ‚sofern‘. 60–61  die Glutt … dieſe Helena]  An den Namen der Braut anknüpfende metaphorische Anspielung auf den durch den Raub der Helena verursachten Brand Trojas. 62 Angel-Stern]  Polarstern. 64 bepalmte]  ‚mit Palmzweigen (als Zeichen des Sieges) geschmückte‘. 67 geneigter Sinnen]  Etwa: ‚von Zuneigung bestimmter Empfindungen‘ (zu „Sinnen“ vgl. DWb 16,1137f.,II,17b). 69 heiſch]  ‚Verlangen‘. 77 auf Roſen]  D.h. auf den roten Lippen. 78 ſchwacher]  Hier etwa: ‚nachgiebiger‘.  –  gemeinen]  ‚allgemein verbreiteten‘. 83 unvermerckt]  ‚unversehens‘. 88 iſt !…" geneſen]  S.o. zu V. 49. 89 Nord-Stern]  Polarstern. 90 fort fr fort]  ‚immerdar‘ (DWb 4,9,3b).

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93 zu zerſchneiden]  ‚aufzulösen‘, ‚zu zersetzen‘ – was mit Essig, anders als man damals glaubte (vgl. A I 60), allerdings nicht möglich ist. 95 nie nicht]  Verstärktes ‚nie‘.

14.  Siegender Cupido Nach den spärlichen Hinweisen L.s ist die Identität des Brautpaars, dessen Hochzeit mit diesem Gedicht beehrt wurde, kaum absolut zuverlässig zu bestimmen. Der Vorname der Braut war Susanna (V. 87). Der Bräutigam, offenbar Mediziner, wird als ‚Polycharistus‘ (V. 49, 54 u. 74) eingeführt, mit Sicherheit kein Familienname, sondern, als Ableitung von griech. πολυχαρής (=  ‚viele Freunde habend‘), ein Hinweis auf die große Beliebtheit des Betreffenden. Meine Vermutung geht dahin, daß es sich bei jenem Polycharistus um Dr. med. Johann Jaenisch (1636–1707) handelt, der nach Studien in Leipzig, Jena, Wittenberg und Leiden (hier Promotion zum Dr. med. 1663) Arzt in Breslau wurde (1685 wurde er dort Stadtphysikus, 1695 Oberphysikus) und am 23. November 1667 Susanna Vollgnad (Lebensdaten unbekannt), Tochter des Apothekers Philipp Vollgnad, heiratete. Das Hochzeitsdatum paßt zu der Prognose Cupidos am Schluß, daß mit der Geburt eines Kindes zu rechnen sei, „Eh’ als zweymal die Sonn’ in Krebs wird treten ein“. Nimmt man als Zeitpunkt des Eintritts der Sonne ins Sternbild des Krebses den 22. Juni an, so würde ein in der Hochzeitsnacht oder wenig später gezeugtes Kind bei einer normalen Schwangerschaftsdauer von neun Monaten frühestens zwei Monate später geboren werden können. – Daten zur Biographie der Brautleute: Jöcher, Allgem. Gelehrten-Lexicon, Tl. 2 (1750), Sp. 1831; Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 5 (1991), S. 24; Komorowski, Silesia academica (2005), S. 337.   1 nechſt]  ‚kürzlich‘. – Zeit]  ‚Jahreszeit‘.   3 Cythereens Kind]  Amor bzw. Cupido. Cytherea = Venus bzw. Aphrodite, nach der Insel Cythera, einem Zentrum ihres Kults; hier soll sie nach ihrer Geburt aus dem Meer an Land gestiegen sein.   6 Titans]  Titan ist der Sonnengott Helios, so benannt, weil sein Vater Hyperion zur Göttergruppe der Titanen gehörte.  –  Geburths-Licht]  ‚Geburtstag‘, nach lat. ‚lux natalis‘ (im DWb 4,1909 verzeichnet mit einem einzigen Beleg bei Stieler).  –  zeuget]  ‚anzeigt‘.   9 Paphos]  Hafen im Südwesten von Zypern. Dort befand sich im Altertum ein berühmter Tempel der Aphrodite. Vgl. Ros 17,92.122; 18,32. 10 wie man … entweihe]  Zypern stand damals unter osmanischer Herrschaft. 12 ſme !…" hin]  ‚streue aus‘.  –  Pfeil’ aus Bleye]  S.o. zu Ros 9,85. 13 Budorgis]  Dieser in des Claudius Ptolemaeus (2. Jh. n. Chr.) ‚Geographie‘ vorkommende Ortsname wurde in der Frühen Neuzeit irrig auf Breslau gedeutet und so neben dem gebräuchlichen Vratislavia als zweiter lateinischer Name für diese Stadt verwendet. Vgl. Hya 2,95; 4,72; 18,131.  –  Sa­ lamis]  Stadt auf Zypern.

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fleuch]  ‚fliehe‘ oder auch ‚fliege‘; s. hierzu DWb 3,1780f. als]  ‚wie‘. ſeine Binde]  Die Binde um Amors Augen. Zibeth]  Dem Moschus ähnlicher Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsensekret der Zibetkatze.  –  Ambra]  Damals ein wertvoller Duftstoff, gewonnen aus dem Darm von Pottwalen. das Kwll]  Zu dem Neutrum von ‚Quell‘ vgl. Ros 9,64. wuchſ’]  ‚gewann an Zuversicht‘. lebte]  ‚belebt war‘, ‚wimmelte‘ (DWb 12,407,12b). Es putzte … auß]  Der Ton liegt auf „die Natur“. Die Seiten] Die Zimmerseiten.  – was Mohr’ … webte] Orientalische Teppiche. – Mohr’]  ‚Mohre‘ ist Nebenform von ‚Mohr‘. Balſam]  Aromatischer Harzsaft vom Balsambaum.  –  von Jdumen]  Aus Idumaea, einer Landschaft in Palästina. Cambaja]  Heute die Stadt Khambhat am gleichnamigen Golf, im Südosten des indischen Bundesstaats Gujarat. In Mittelalter und Früher Neuzeit bekannt für das Schleifen von Edelsteinen.  –  der Metallen Krafft]  Was L. hier genau meint, ist nicht zu klären. Der Kontext legt aber nahe, daß hier an Aphrodisiaka aus Substanzen metallischen Ursprungs zu denken wäre. des Satyrions]  Satyrion (im Volksmund Knabenkraut oder Stendelwurz) ist hier Sammelname für Orchideenpflanzen, die wegen ihrer paarigen, hodenähnlichen Wurzelknollen als Aphrodisiaka verwendet wurden. Adon]  Adonis, der schöne, von Venus geliebte Jüngling, der von einem wilden Eber getötet wurde. ihr Myrten-Wald]  Die Myrte ist die Pflanze der Venus. glam]  Alte Form des heutigen ‚glomm‘ (DWb 8,87). Leucatens Wunder-Fels]  Kap der Insel Leukas (vor der Küste Arkananiens, einer Landschaft im Westen Mittelgriechenlands). Es ging die Sage, daß man sich durch einen Sprung von diesem Kap ins Meer von aller Liebes­ qual befreien könne (Ovid, Her. 15,165–171). Vgl. S II 485.  – Silem­ nus]  Eigtl. Selemnus: ein Flüßchen bei der griechischen Stadt Argyra, dessen Wasser der Sage nach imstande sein sollte, Liebeskummer zu heilen. Vgl. S II 486.  –  kalte Bach]  In der Frühen Neuzeit wurde ‚Bach‘ auch als Femininum gebraucht, besonders häufig in Schlesien. Vgl. Hya 11,79; 18,270. kalte Wolfs-Milch]  Vermutlich ist hier nicht die Milch einer Wölfin gemeint, sondern die Pflanzengattung Euphorbia, deren Arten einen mil­ chigen Saft enthalten, der zwar giftig ist, aber zu medizinischen Zwecken verwendet wurde. Das Adjektiv ‚kalt‘ bezieht sich auf die Wirkung der Wolfsmilch (man unterschied ‚kalte‘ und ‚warme‘ Kräuter; vgl. DWb 11,80,3f.), die demnach das Gegenteil eines Aphrodisiakums wäre. Vgl. Ros 17,76. ein Pigmalion … lieb gewinnet]  Der Künstler Pygmalion verliebte sich in

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eine von ihm selbst aus Elfenbein geschnitzte Frauenstatue (bei L. ist sie hier aus Marmor), die dank der Gunst der Göttin Venus lebendig wurde (nach Ovid, Met. 10,243 ff.). Vgl. A I 116. meine Mutter]  Venus. von einem Dorn im Fuſſe]  S.o. zu Ros 2,12. Galen]  Galenus (129/131–205/215), der berühmte antike Arzt. Vgl. V. 74. Circe … knnen]  Die Göttin und Zauberin, die auf der Insel Aiaia ansässig war und die Gefährten des Odysseus, als er auf seinen Irrfahrten dort anlandete, in Schweine verwandelte. Jupiter in Gold]  Anspielung auf die Sage von der in einem Turm eingesperrten Danaë, zu der sich Jupiter Zugang verschaffte, indem er sich in einen Goldregen verwandelte und durch das Dach in den Turm hineinwuchs (vgl. Ros 8,147; 10,57).  –  in Schwan]  Anspielung auf seine Liebschaft mit Leda, die er als Schwan verführte.  – in Bock] Hiermit ist wohl der Satyr (bocksfüßiger gehörnter Waldgott) gemeint, in den sich Jupiter verwandelte, als er mit Antiope schlief.  –  in Flammen]  Jupiter soll Aigina, die Tochter eines Flußgottes, in Gestalt einer Flamme verführt haben. Apollo wird ein Hirt]  In der Gestalt eines Hirten verführte der Gott die Nymphe Isse (Ovid, Met. 6,124).  –  der Neptun ein Pferd]  Der römische Meeresgott wird hier mit seinem griechischen Pendant Poseidon gleichgesetzt. Um dessen Liebeswerben auszuweichen, hatte sich die Göttin Demeter in eine Stute verwandelt. Poseidon nahm nun seinerseits die Gestalt eines Hengstes an, eroberte sie so und zeugte mit ihr das Wunderpferd Areion (Arion). Alcides … legt zuſammen]  Anspielung auf eine Epidode aus den Geschichten um Herakles (hier benannt nach seinem Großvater Alceus): Als er in Diensten der lydischen Königin Omphale stand, mußte er, in Frauenkleider gewandet, am Spinnrocken Wolle spinnen. Vgl. Ros 16,77–80. ihm]  ‚sich‘. – Perlen-Trnck’]  Arzneien aus zermahlenen und aufgelösten Perlen. Vgl. Zedler 27, Sp. 484–487. der Mohnde … Kraut]  S.o. zu Ros 2,25.  –  Thau-Horn]  „Horn“ meint die Spitzen des zu- oder abnehmenden Mondes. Die Sonne … der Erden] Nach alten astrologischen Vorstellungen geht die Entstehung von Metallen und Mineralien auf die Einwirkung der Sonne und anderer Gestirne zurück. S.o. zu Ros 4,37–38.  –  wrck’t]  ‚erzeugt‘. Machaon]  Arzt der antiken Sage, Sohn Aeskulaps, am Zug der Griechen gegen Troja beteiligt. Galenens]  S.o. zu V. 56. Cypripor]  S.o. zu Ros 8,118. ſein liebes Kind]  Die Braut. einig]  ‚einziger‘. die Korallen]  Als Inbegriff der Röte. Vgl. Ros 13,43.



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  83 Die Perlen]  Als Inbegriff makelloser Weiße. Vgl. Ros 13,53–56.   84 ihr Nectar]  Nektar hier als Neutrum (ebenso Ros 11,91).   87 Suſannen … in der Flutt]  Offenbar Anspielung auf die apokryphe alttestamentarische Geschichte von der Susanna im Bade.   88 fr das Feuer Salben]  D.h. Salben, die vom Feuer verursachte Wunden heilen.   89–90  Achillens Spieß … heilet]  Als die Griechen auf ihrem Zug gegen Troja versehentlich Mysien angriffen, wurden sie von Telephus, einem Sohn des Herakles, zurückgeschlagen, Telephus selbst aber durch den Speer des Achilles am Oberschenkel verletzt. Diese Wunde heilte nicht, konnte aber nach Befolgung eines Orakels, das besagte, sie könne nur von dem geheilt werden, der sie verursacht habe, durch abgeschabten Rost von des Achilles Speer doch noch geheilt werden.   94 kerbt]  ‚einkerbt‘, ‚einschneidet‘.   95 Graus]  ‚ein Trümmerhaufen‘.  –  doch Rom das Haupt der Welt]  Anspielung auf die Liebe des (nach Vergils ,Aeneis‘) als Ahnherr des römischen Volkes geltenden Aeneas zu Lavinia, Tochter des Königs von Latium, die seine Ehefrau wurde. Zu denken ist hier aber auch an die Tatsache, daß Aeneas ein Sohn der Venus war und das Geschlecht der Julier seine Abstammung von Aeneas und Venus herleitete.   97 wo]  ‚falls‘, ‚wofern‘. 101 dieſer gldne Pfeil]  Die goldenen Pfeile Amors erwecken Liebe, während bleierne sie abtöten. S.o. zu Ros 9,185. 102 Penelopen]  Die für ihre Keuschheit gepriesene Gattin des Odysseus.  –  brennt]  Das Verb hier in transitiver Verwendung: ‚setzt in Brand‘.  –  Liebes-Kertze]  ‚Kerze‘ hier = ‚Fackel‘. 103 dis Bild der Keuſchheit]  Nämlich die Braut.  –  Bild]  ‚Abbild‘. 111 in Krebs]  D.h. in das Sternzeichen des Krebses (22. Juni).

15. Roſen-Liebe Wie das vorangehende Gedicht bietet auch dieses nur rudimentäre Hinweise auf die Identität der beiden Brautleute. Es sind ganze zwei: Lt. V. 64 war der Bräutigam ein Freund L.s, lt. V. 100 hieß die Braut Rosina. Hinzu kommt noch ein indirekter Hinweis auf den Zeitpunkt der Hochzeit am Schluß des Gedichts: Lt. V. 109f. wird die Geburt des ersten Kindes erwartet, „ſo bald ſich wird der Lentz mit Roſen ſchmücken“, d.  h . wohl für den Juni. Grundlage dieser Zeitbestimmung ist die Annahme, daß die Zeugung des Kindes schon in der Hochzeitsnacht oder nur wenig später stattfindet, so daß man, rechnet man von dem angenommenen Geburtsdatum neun Monate zurück, auf September/Oktober des Vorjahres als Termin der Hochzeit kommt. – Nach diesen Anhaltspunkten käme von den beiden Hochzeiten, die schon Asmuth (D. Casper von Lohenstein [1971], S. 55) als für dieses Gedicht anlaßgebend vermutet hat, die von Dr. iur. Andreas Assig (1618–1676) mit seiner zweiten Frau Rosina Baumann

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(1621–1676) am 7. Oktober 1659 in Frage.11 Assig wurde 1657 dritter Syndikus beim Breslauer Rat und 1670 zum Obersyndikus befördert, womit er ein Kollege L.s war. Rosina Baumann war die Erbtochter des Breslauer Buchdruckers Georg Baumann (1592–1650). – Daten zur Biographie der Brautleute: Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 1 (1986), S. 50f.   4 Fr der]  ‚angesichts derer‘.  –  der Thau von Phbens Schleyer]  Phoebe ist (als Schwester des Sonnengottes Phoebus = Apollo) die Mondgöttin Diana. Noch in der Frühen Neuzeit war man der Meinung, daß der Mond ein feuchter Planet sei (s.  o . zu Ros 2,25) und von ihm nachts Tau auf die Erde tropfe (hier als Manifestation der Liebe des Himmels zur Erde).   8 grnes Haar]  Bild für die Vegetation. 10 Arethuſens Kwll und Alpheus]  Arethusa, eine Nymphe in Elis, entzog sich dem Liebeswerben des Flußgottes Alpheus, indem sie sich im Strom ihrer Tränen in eine Quelle verwandelte und unter dem Meer nach Sizilien floß, wo sie in Syrakus als gleichnamige Quelle wieder ans Licht trat, hier aber vermischt mit den Wassern des Alpheus, der ihr gefolgt war. Vgl. Ros 17,66; IS, Prolog 11–12; S II 511f. 11–28  Man ſieh’t … Buhlen ſchau’t]  Vgl. zu diesem Lobpreis der Liebe als die Natur durchwaltende Kraft den Gesang am Schluß von Buch 9 des ersten Teils des Arminius (Tl. 1 [1689], S. 1425f.). 11 die Natter-Zucht]  ‚das Geschlecht der Schlangen‘.  – mit der Murene ſpiel’n]  Anscheinend Anspielung auf eine nur oberflächlich rezipierte Stelle bei Plinius, Nat. hist. 9,76. Dort wird auf einen volkstümlichen Aberglauben hingewiesen, der von der Beobachtung veranlaßt worden sei, daß Muränen aus dem Wasser ans trockene Ufer sprängen: Dort, so der Aberglaube, ließen sie sich von Schlangen befruchten. 12 Die Schlangen … Liebes-Biſſe]  Vermutlich angeregt durch Plinius, Nat. hist. 10,169: Während das Vipernpärchen sich bei der Paarung umschlingt, steckt das Männchen seinen Kopf in das Maul des Weibchens, das diesen im Rausch der Wollust abnagt. 13 Das Ertzt … fhl’n]  Nämlich wenn es geschmolzen wird. 14 die Muſchel Muſcheln Kſſe] Da bei L. die Bezeichnungen ‚Muschel‘ / ‚Schnecke‘ durcheinandergehen, also das eine für das andere stehen kann (vgl. z.  B . Venus 969), ist hier wahrscheinlich an die Paarung von Schnecken zu denken. 16 der Rebenſtock … ſchleuſt]  Daß der Weinstock eine besondere Sympathie für die Ulme habe und deshalb gern an ihr emporranke, war in der römi-

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Das zweite nach Asmuth, ebd., wegen des Vornamens der Frau in Frage kommende Brautpaar wären Adam Caspar von Artzat (1637–1677) und Anna Rosina Zange, die am 2. Mai 1662 heirateten (s. meine biographischen Hinweise im Kommentar zu Hya 10).



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schen Literatur ein weit verbreiteter Gemeinplatz. Vgl. z.  B . Vergil, Georg. 2,221.360–361; Horaz, Epist. 1,16,3. Für L. vgl. Ros 17,162; 19,20–21. 17 Wenn Eppich … flicht]  „Eppich“ meint hier Efeu (DWb 3,680,2). Vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 1425: „Und das verliebte Eppich-Kraut Umarmt den Mandel-Baum als Braut.“ Eine antike Quelle war hier nicht zu ermitteln. 19 Fr-aus]  ‚darüber hinaus‘, ‚des weiteren‘. 22 kum’t]  ‚keimt‘. 23–24  Merzen-Blum’ … Ajax holden Namen] Der Name Märzenblume bezeichnet verschiedene in diesem Monat blühende Blumen, vorzugsweise die Narzisse. Gewöhnlich gilt aber nicht diese, sondern die hier in V. 25 genannte Hyazinthe als die Blume, die das Andenken des Ajax bewahrt (so auch L. in Ros 2,9; s. die Anm. hierzu).  –  holden Namen]  Evtl. Druckfehler für ‚Helden-Namen‘ (so Ros 2,9), da das Adjektiv nicht so recht zu einem Mann wie Ajax paßt. 27 Lieben hat … gemach’t]  Die Hyazinthe soll nach einer Sagenversion aus dem Blut des von Apollo geliebten, von ihm versehentlich mit dem Diskus getöteten schönen Jüngling Hyakinthos, nach einer anderen aus dem Blut des Ajax (s.  o . zu V. 23–24) entstanden sein. Die Anemone ließ Aphrodite aus dem Blut ihres von einem wilden Eber getöteten schönen Geliebten Adonis entstehen. 28 die Sonnenwend’]  S.o. zu Ros 9,63. 31 die Roſe … Knigin]  Vgl. Ros 2,1. 33 ſticht !…" hin]  ‚sticht aus‘, ‚übertrifft‘.  –  Schnecken-Bluttes]  Sekret der Pupurschnecke. 34 Wurm-geſpinſte]  Seide. 37 Scarlat]  Scharlach, sehr kostbarer Stoff, rot gefärbt, in der Farbgebung etwas ins Gelbe spielend und insofern von Purpur unterschieden. 38 biſam’t ſich !…" ein]  ‚parfümiert sich‘ (von Bisam, einem moschusähnlichen Duftstoff). Vgl. Ros 5.1,36. 39–40  Die Sonne mag … Sonn’ auf Erden]  Vgl. Ros 2,35–36. 42 den Feldern !…" der abgelebten Seelen]  Die elysischen Gefilde bzw. das Elysium, nach dem antiken Mythos der Wohnsitz der Seligen, d.  h . der Verstorbenen, die von den Totenrichtern als besonders fromm und tugendhaft beurteilt worden waren. 43 Proſerpine]  Proserpina (griech. Persephone), Tochter der Ceres (griech. Demeter), wurde beim Blumenpflücken von Pluto, dem Gott der Unterwelt, in sein Reich entführt und lebte dort fortan als seine Gattin. 44–45  Als Orpheus … Eurydicen zog nach]  Als seine Gattin Eurydike an einem Schlangenbiß gestorben war, vermochte Orpheus mit seinem Gesang Pluto, den Herrn der Unterwelt, und dessen Gattin Proserpina so zu rüh-

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ren, daß sie Eurydike freigaben und ins Leben zurückkehren ließen, jedoch unter der Bedingung, daß Orpheus, während er sie in seine Heimat zurückführte, sich nicht nach ihr umblicken dürfe. Da Orpheus diese Bedingung nicht einhielt, in der Befürchtung, daß Eurydike ihm gar nicht folge, verlor er sie wieder: Eurydike kehrte ins Schattenreich der Toten zurück. 46–47  Kroch Cypripor … ſich beſprach] L. spinnt hier die Geschichte von Orpheus und Eurydike scherzhaft weiter, mit Reminiszenz an Vergil, Aen. 6,440–476, wo Aeneas bei seinem Gang durch die Unterwelt in eine Region gelangt, die von verstorbenen Frauen des antiken Mythos bevölkert ist, die in ihrem irdischen Leben eine unglückliche Liebe erlebt haben, darunter auch die von Aeneas verlassene Dido, die ihn, als er sie anspricht, feindselig abweist. Die von Jason verlassene Medea wird bei Vergil nicht erwähnt. Ich vermute, daß L. sich hier auf irgendein zeitgenössisches belletristisches Werk bezieht.  –  Cypripor] = Amor bzw. Cupido; zum Namen s.  o . zu Ros 8,118. 48–50  Jhr Eyfer … die Roſen waren Rutten]  Bezug auf des Ausonius Hexameter-Dichtung ‚Cupido cruciatus‘: Der in der Unterwelt an einen Myrtenbaum gefesselte kleine Liebesgott wird von Heroinen gemartert, die eine unglückliche Liebe erlebt haben, darunter auch Cupidos Mutter Venus selbst. 51 Kein Perſ’ … begehr’t]  Soll wohl heißen, daß Gewänder in roter Farbe bei den Persern verpönt waren – wofür allerdings kein historischer Beleg beigebracht werden kann. 52 fr ihr] ‚im Hinblick auf sie‘.  – des Balſams] Aromatischer Harzsaft vom Balsambaum. 54 Mahumeths ſein Schweiß … gezeuget haben]  Nach legendenhafter islamischer Überlieferung soll aus den Schweißtropfen Mohammeds bei seiner Auffahrt in den Himmel die weiße Rose entstanden sein. 55 giebt !…" ihr nach]  ‚steht hinter ihr zurück‘. 56–57  Denn Venus … Dornen ſtach]  S.o. zu Ros 2,12. 59 durch ſeinen Pfeil]  Vermutlich Reminiszenz an Philostratus, Epistolae eroticae 55 (ed. Fobes), wo es heißt, daß die Rose die Blume Amors bzw. Cupidos sei: Seine Pfeile seien die Stacheln, seine Flügel die Blätter der Rose. Für unseren Kontext (V. 56–57) bedeutete dies also, daß der Rosendorn, der das Blut der Venus fließen ließ, mit dem die Rose gefärbt wurde, zugleich der Pfeil Amors war. Zu dem Brief des Philostratus vgl. Dierbach, Flora mythologica (1833), S. 155f.; Döring, Die Königin der Blumen (1834), S. 520. 65 wo die Ohl’ … vermhl’n]  Nämlich in Breslau, wo die Ohle in die Oder mündet, ca. 2 km östlich der Altstadt. 69 ihm]  ‚sich‘. 73 zu Jericho]  Die Rose von Jericho oder Jerichorose, benannt nach der palästinensischen Stadt Jericho, ist eine Pflanze aus der Familie der Kreuzblütler (Kruziferen), hat also mit den Rosengewächsen eigentlich nichts zu tun;



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  84   86   90   91   93   94   96   99 100 108

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ihr botanischer Name ist Anastatica hierochontica. Sie wächst in der Wüste und zieht sich, wenn sie abstirbt, zu einem Knäuel zusammen, das sich in Wasser wieder entfaltet. Sie galt deshalb als Symbol der Auferstehung und spielt in christlichen Legenden eine Rolle. Da man glaubte, daß sie in der Christnacht von selbst aufblühe, nannte man sie auch Weihnachtsrose. Und die]  ‚und diejenigen, welche‘.  –  Semiramis in ihren Grten]  D.h. in den berühmten hängenden Gärten der legendären Königin von Babylon. ſtzt fr]  ‚vorsetzt‘, ‚anbietet‘. Adraſten]  Ein sinnvoller Bezug zu dem mythischen Adrastos, König von Argos, Teilnehmer am Zug der Sieben gegen Theben, ist hier nicht zu erkennen. Ich vermute eine scherzhafte Verfremdung des Namens des Bräutigams, falls das Gedicht tatsächlich für die Hochzeit des Andreas Assig bestimmt war. faulen]  ‚üblen‘, ‚schlimmen‘; vgl. DWb 3,1369 f.,3.  – vergiftet Eyter]  ‚giftige Jauche‘. fr]  ‚vor‘. Die]  Bezug auf „Roſen“ (V. 89)! Chloris]  Die griechische Göttin der Blüten und Blumen, entspr. der römischen Flora. Vgl. Ros 16,12. Stauden]  Hier soviel wie Pflanzen schlechthin.  – Hold]  ‚Huld‘. –  Gunſt]  ‚Zuneigung‘. Tocken]  ‚Puppen‘. auſſer der Vernunfft]  D.h. außerhalb der von Vernunft bestimmten Welt der Menschen.  –  einig Schatten]  ‚allein ein Schattenbild‘. als]  ‚wie‘. Verliebte]  Hier wohl: ‚beliebte‘, ‚gern gesehene‘ (vgl. DWb 25,787,1). So auch V. 104.  –  verliebende]  Hier wohl: ‚Liebe bzw. Sympathie erweckende‘ (vgl. DWb 25,787,2). Daß … blh’!]  Wunschsatz.

16. Braut-Gedancken Uber Auffſetzung der Haube Wie die Anspielung auf den Namen des Bräutigams in V. 112 („güldnen Dreyfuß“) nahelegt, wurde das Gedicht aus Anlaß der Eheschließung des Johann Magnus von Goldfuß mit L.s Tochter Euphrosyne geschrieben. Das Datum der Hochzeit ist nicht bekannt. – Daten zur Biographie des Bräutigams: Sinapius, Schlesische Curiositäten, Bd, 2 (1728), S. 788; Asmuth, D. Casper von Lohenstein (1971), S. 10; NDB 15 (1987), S. 124. – Zum Thema vgl. Ros 11.   3 fr]  ‚vor‘.   4 Nais]  Najade: Wasser- oder Flußnymphe; hier im Sinne von ‚Nymphe‘ schlechthin und dies wiederum nach frühneuzeitl. Sprachgebrauch im Sinne von ‚Mädchen‘ oder ‚Jungfrau‘.

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  8 meiner Scheitel]  ‚Scheitel‘ hier als Femininum, entspr. herrschendem Gebrauch im Frühnhd.  –  Blum und Krantz]  Hendiadyoin: ‚Blumenkranz‘. 12 Chloris]  S.o. zu Ros 15,91.  –  vor]  ‚früher einmal‘. 13–14  ein Glaucus-Tauſch … Kupfer giebt]  Nach Homer, Il. 6,119–236: Glaucus, der als Befehlshaber der lykischen Streitkräfte im Trojanischen Krieg auf der Seite Trojas kämpfte, traf in einer Schlacht auf Diomedes, einen der bedeutendsten Anführer der Griechen, und beide bereiteten sich auf einen Zweikampf vor. Als sie jedoch feststellten, daß ihrer beider Großväter einst durch Bande der Gastfreundschaft miteinander verbunden waren, traten sie von dem Zweikampf zurück und tauschten ihre Rüstungen. So handelte Glaucus die kupferne Rüstung des Diomedes gegen seine reiche goldene ein. 15 die Liebe] D.h. Venus.  – die Haub‘] Als Attribut der verheitateten Frau. Danach die Redensart ‚unter die Haube kommen‘. 17 ein Garn] Als das Material, aus dem die netzartige Haube (vgl. V. 34 u. 111) gefertigt ist, hier als Metonymie für diese.  –  bey ihr]  Bei Venus. 18 Hat ihrer Brſte Milch … gezeugt?]  L. verwechselt hier Venus mit Juno (s.  o . zu Ros 2,11; 8,23–24). 19 Jhr Blutt … Rubinen]  S.o. zu Ros 2,12. 20 gebeugt]  ‚gewunden‘. 21 Ericynen]  Erycina ist ein Beiname der Venus, abgeleitet von Eryx, Berg und Stadt auf der nordwestlichen Spitze Siziliens, wo es einen berühmten Tempel der Venus gab. 22 die Liebe]  Hier, wie V. 23 zu entnehmen, nicht mehr Venus, sondern ihr Sohn Amor bzw. Cupido. Vgl. Ros 8,2; 11,69. 27 Die Lilgen]  Hier als Inbegriff makelloser Weiße. 28 Die Tulipen]  Die Tulpe hier als Inbegriff zarten rötlichen Schimmers. 30 die Zucker-Roſe]  Eine Wildrose mit dem botanischen Namen Rosa gallica, auch unter den deutschen Namen Essig- oder Apothekerrose (wegen ihrer arzneilichen Verwendung) bekannt. 34 mit einem Netze]  Hier ist an netzförmige Hauben von Ehefrauen zu denken, wie sie zu L.s Zeiten in Schlesien üblich gewesen sein mögen. Vgl. V. 111. 35 Phaſian] = Fasan.  –  des Stellers]  ‚Steller‘ - ‚Fallen- oder Vogelsteller‘. 36 beſtrickt]  ‚gefesselt‘, ‚gefangen‘ (DWb 1,1685,1/2). Vgl. V. 40. 38 rckt]  ‚befördert‘. 40 Fdeme]  ‚Fäden‘. – beſtricken]  ‚fesseln‘; vgl. V. 36. 42 Fr welchen]  ‚im Vergleich zu denen‘. 43 Gekirnter Vogel-Leim]  Zu lesen wohl: ‚Leim gekirrter (d.  h . kirre gemachter bzw. angelockter) Vögel‘ („Vogel“ ist hier Plural!). Die Form „Gekirnter“ ist sicher kein Druckfehler für ‚Gekirrter‘, sondern zu erklären durch die Vermengung der Verben ‚kirren‘ und ‚körnen‘ (‚mit Körnern kirren‘); s. hierzu DWb 11,840,2d.



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44 mildes]  ‚großzügig gewährtes‘ (DWb 12,2203,4e).  – Himmel-Brod]  Manna. 45 euch !…" laſſt gewehren]  ‚sich gewähren lassen‘ hier soviel wie ‚sich gefallen lassen‘; vgl. DWb 6,4850,VI, 1a. 46 Aepfeln]  Hier als Inbegriff der vollreifen Frucht, deren köstlicher Geschmack sich in den Blüten nur andeutet, vielleicht verbunden mit der Vorstellung weiblicher Brüste, für die von altersher die Äpfel (auch Paradiesäpfel) standen. 47 Vorſchmack]  ‚Vorgeschmack‘. 48 dieſes Garnes Sarch]  Nämlich die Haube. 52 webt … Grabeſtein]  Indem er sich verpuppt. 54 holde]  ‚hold‘ hier offenbar im Sinne von ‚aufreizend‘, ‚verlockend‘. 55 der Jungfrauſchafft] Genitivattribut zu „Leichen-Brette“. – LeichenBrette]  Bretter, auf denen Tote bis zur Beisetzung aufgebahrt wurden. 58 Hymeneus]  Hymenaeus, der Hochzeitsgott. 60 Als ſie … war]  Anspielung auf die bekannte Episode bei Homer, Od. 8, 266–328. S.o. zu Ros 11,75. 64 feſſeln ein]  ‚einfesseln‘: ‚in Fesseln legen‘. 65 Argos]  S.o. zu Ros 6.1,97.  –  dicke]  ‚zahlreich‘. 66 Egyptens Iſis … Brſten nicht] Unter den vielen Ausdeutungen der ursprünglich ägyptischen Göttin findet sich auch eine, in der sie als Symbol der allnährenden Natur gilt, in bildlicher Darstellung ausgestattet mit vielen Brüsten. Vgl. Macrobius, Saturnalia 1,20,18.  –  ſtrutzt]  ‚strotzt‘. 73–74  Kein Drat-Garn … Frauen-Haar]  Auf diesen sonderbaren Fisch, der im Wasser brenne und nur mit einem Netz aus Frauenhaar zu fangen sei, weist L. auch in A III 85–88 hin. Seine Quelle war ein Werk des Italieners Ferrante Pallavicino (1616–1644), wie aus L.s Anmerkung zu dieser Stelle seiner ‚Agrippina‘ zu ersehen ist. 75–76  Der/ der … Philiſter Schaar]  Anspielung auf den altisraelitischen Helden Simson, der im Kampf gegen die Philister unbesiegbar war, solange sein Haar ungeschoren blieb. Seine Freundin Delila verriet dies an die Philister und ließ ihm im Schlaf von einem Philisterfürsten das Haar abscheren, worauf er von den Philistern gefangen genommen und geblendet wurde (Jdc 16,18–21). Vgl. V. 105.  –  Tacht]  ‚Docht‘. 77–80  Der Drach und Rieſen … ſpinnen helffen mſſen]  Anspielung auf eine Episode aus dem Sagenkreis um Herakles; s.  o . zu Ros 14,64.  –  Drach und Rieſen] Anspielung auf des Herakles Siege über die Lernaeische Schlange und den Riesen Antaeus.  – den Vortheil abgerennet] ‚seine Überlegenheit bewiesen‘; vgl. DWb 1,1727f.,3g,β. 81–82  Das weiſe Grichen-Land … Parcen bey]  L. bezieht sich hier vermutlich auf einen Orphischen Aphrodite-Hymnus, in dem Aphrodite als Gebieterin der Moiren (Parzen bei den Römern) bezeichnet wird: Orphei hymni (ed. Quandt) 55,5; dt. Übers.: Orpheus. Altgriech. Mysterien (1982), S. 95f. Zum Thema vgl. Simon, Die Geburt der Aphrodite (1959),

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Kommentar

S. 46f.  –  ſetzt !…" bey]  ‚beigesellt‘. – dreyen Parcen]  Die Schicksalsgöttinnen, die den Lebensfaden spinnen und abschneiden.   83 Fedeme]  ‚Fäden‘.   86 Lacheſis]  Eine der drei Parzen; sie spinnt den Lebensfaden.  – ein Weib]  Anspielung auf Helena, deren Entführung durch Paris Troja den Untergang brachte.   87 entſchtten]  ‚entledigen‘.   88 Atropos]  Diejenige der drei Parzen, die den Lebensfaden abschneidet.   93 ſich !…" vergangen]  ‚sich verirrt‘ (DWb 25,402,5b). Vgl. S II 86.   94 gefll’t]  ‚stürzen lassen‘ (DWb 3,1286,12). Vgl. Ros 9,174.   95–96  Wo ieder Theſeus … Ariadne wehlen]  Ariadne, Tochter des Königs Minos auf Kreta, half ihrem Geliebten Theseus mittels des bekannten Fadens, aus dem Labyrinth herauszukommen, nachdem er das darin verborgene Ungeheuer Minotaurus getötet hatte.  –  Jhm]  ‚sich‘.   98 Themis]  Göttin des Rechts.  –  fr]  ‚vor‘.   99 Salgado]  Francisco Salgado de Somoza (1591–1665), spanischer Jurist, schuf mit seinem ‚Labyrinthus creditorum concurrentium‘ (Lyon 1651) ein Standardwerk zum Konkursverfahren. Monographie hierzu: Forster, Konkurs als Verfahren (2009).  –  von Glubigern erregen]  Sinn etwa: ‚Gläubigern aufgeben‘. 104 Andromede … gebunden]  König Kepheus von Äthiopien ließ seine Tochter Andromeda an eine Klippe im Meer ketten, um ein Meeresungeheuer zu besänftigen. Sie wurde von Perseus befreit. 105 Simſon]  S.o. zu V. 75–76. 108 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. 110 Hamen]  ‚Angel‘. 111 der Haube Netz]  S.o. zu V. 34. 112 den gldnen Dreyfuß]  Anspielung auf den Namen des Bräutigams (Goldfuß), mit Anspielung auf das Orakel von Delphi, das die Pythia auf einem Dreifuß sitzend erteilte – zu verstehen als Lob der Klugheit des Bräutigams (vgl. V. 116), der vermutlich Jurist war. 114 zeucht !…" berhin] ‚überzieht‘, in der Bedeutung ‚übergeht‘, ‚überspringt‘ (DWb 23, 686,7). 116 verſchmitzter]  ‚kluger‘, ‚gewitzter‘. 117 beſtanden]  ‚gestelltes‘; vgl. Frühnhd. Wb. 3, Sp. 1951, Nr. 13.  –  in Ve­ nus-Myrthen Pſchen]  ‚in den Myrtenbüschen der Venus‘ (die Myrte ist ihr heilig). 118 Anmuths-Trieb]  Hier wohl soviel wie ‚Liebesleidenschaft‘ (Grundbedeutung von ‚Anmut‘ ist ‚Begierde‘ oder ‚Lust‘).



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17.  Reine Liebe Dank der Tatsache, daß sich von diesem Hochzeitsgedicht eine ursprünglich abweichende, von L. überarbeitete handschriftliche Fassung erhalten hat (überliefert in der Sammlung der Lohensteiniana der UB Wrocław [Breslau] unter der Signatur R. 3156) 12, kennen wir die Namen der Hochzeiter ebenso wie das Datum der Hochzeit. Der Bräutigam war Christian Vincens, die Braut Catharina von Täbisch, Tochter des Breslauer Hauptmanns Georg von Täbisch. Die Hochzeit fand am 8. Mai 1657 in Breslau statt. – Vincens war ein Jugendfreund L.s (vgl. V. 145) aus seiner Leipziger und Tübinger Studienzeit; wie L. hatte er weltliches Recht studiert. Er kam aus Schweidnitz und wurde zum Sommersemester 1652 in Leipzig immatrikuliert (s. Erler, Die jüngere Matrikel, Bd. 2, S. 471 b). Wie L. wechselte auch er nach Tübingen (dort immatrikuliert 1654; s. Bürk/Wille, Die Matrikeln, Bd. 2, S. 262, Nr. 24187). Zu L.s 1653 in Leipzig erschienenem dramatischen Erstling, ‚Ibrahim (Bassa)‘, hatte Vincens ein Glückwunschgedicht beigesteuert (bei uns Abt. II: Dramen, Bd. 1, S. 10).   1 Stahl’]  Hier zu verstehen als Feuerzeug: ein Stück Stahl, mit dem man an einen Feuerstein schlug, um einen Funken zu erzeugen, mit dem sich leicht entflammbares Material anzünden ließ (DWb 17,551f.,II,3f).   3 Dione]  Anderer Name für Venus (vgl. V. 73 u. 86).  – Bogen … Strahl]  Attribute ihres Sohnes Amor bzw. Cupido.  – Strahl]  ‚Feuerstrahl‘, eigtl. aber wohl die Fackel Amors.   4 Thetis]  Eine Meergöttin. Da diese mit Venus nichts zu tun hat, steht sie hier nur für das Meer selbst, aus dem Venus geboren wurde.   6 mißbrauchtes]  ‚übel angewandtes‘ (vgl. V. 75). 10 Anmuth]  Hier offenbar in der alten Grundbedeutung ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘. – Vulcanus-Netze]  S.o. zu Ros 11,75. 13 Zypern ohn Altar]  D.h., es gab auf Zypern, dem Zentrum des Aphroditebzw. Venuskultes, noch keinen dieser Göttin geweihten Tempel. 15 ein nichtig Unding]  Etwa: ‚ein wesenloses Nichts‘; vgl. DWb 24,440f.,3 und den dort zitierten Beleg aus L.s Arminius, Tl. 1 (1689), S. 455a : „nach dem er der Götter als eines Undinges [= nicht Vorhandenen] gar nit erwehnet“. 16 Gramſchafft]  ‚Trübsinn‘. 20 Die Perle dieſer Welt]  Aphrodite bzw. Venus.  –  Muſchel-Schnecke]  Hier soviel wie Muschelschale (vgl. V. 26). Zu der hier vorausgesetzten Geburt der Venus aus einer Muschel s.  o . zu Ros 13,50. 21 das Flammen-Kwell]  ‚Quell‘ wurde in Schlesien auch als Neutrum gebraucht (vgl. V. 68). 22 vor]  ‚zuvor‘. – Stcke]  ‚Stock‘ hier: ‚Pflanzenstock‘ (vgl. IS V 855).

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Die Edition dieser Erstfassung findet sich bei uns im Anhang, Nr. 2, S. 309–317

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23 das blaue Saltz]  ‚Salz‘ wie schon bei antiken Autoren Umschreibung für ‚Meer‘; in der Verbindung mit ‚blau‘ auch bei Opitz und Logau (Belege in DWb 14,1707,2b). Vgl. A III 518; C I 28. 24 Ziprien]  Von lat. Cypris, Beiname der Venus nach der Insel Zypern, wo sich in der Stadt Paphos ihr ältester und berühmtester Tempel befand. – Brunſt]  ‚heiße Liebe‘. 26 Schalen]  ‚Muschelschale‘ (vgl. V. 20). 30 nichts nicht]  Verstärktes ‚nichts‘. 33 Kum]  ‚Keim‘. 34 Cupido]  Dasselbe wie Amor, der kleine Liebesgott. 37 Anmuths-Roſen]  ‚Anmut‘ hier wieder im alten Sinne von ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘. 38 vor]  ‚zuvor‘. 39 Biſam]  Bisam (= Moschus) hier stellvertretend für Wohlgeruch schlechthin. 44 Unholds-Raute]  ‚Unhold‘ hier = ‚Unhuld‘: ‚Feindschaft‘, ‚Haß‘ (vgl. A III 494). Die Raute (Ruta, Gewürz- u. Arzneipflanze) hier als Totenkraut bzw. solches „von düsterer, trauriger Bedeutung“ (HWDA 7, Sp. 547). In V. 193 der Erstfassung (Anhang, Nr. 2) allerdings auch ganz anders: „der Hofnung Rauten-Strauch“. 47 Schleen]  Schlehen (Beeren des Schwarzdorns) hier als Inbegriff des Sauren. 52 Bth’]  ‚Beet‘. 53 ſtßt]  ‚hervorschießt‘ (vgl. DWb 19,537,11). 57 eine zucker-bach]  ‚Bach‘ hier als Femininum. 58 Honig-Rhr]  ‚Röhr‘ = ‚Rohr‘.  –  geronnen]  Von ‚rinnen‘: ‚geflossen‘. 59 Grte]  ‚Gärten‘. 60 ber ſich]  ‚über sich selbst‘; d.  h ., der Westwind, damals gewöhnlich Inbegriff lauen, schmeichelnden Wehens, seufzte über seine eigene Verliebtheit. 61 Blumwerg]  ‚Blumenwerk‘, hier die Gesamtheit der Blumen (vgl. V. 134). 63 Tulipan]  Tulpe. 66 Alpheus Flutt]  S.o. zu Ros 15,10. 68 Das Zucker-Kwell]  Zum Genus vgl. V. 21.  – verſieg]  ‚versiegen‘ hier noch als starkes Verb (DWb 25,1321f.). 69 Wermuth-Kraut]  Als Inbegriff alles Bitteren. 72 verkehrt]  ‚verwandelt‘. 73 Dione]  S.o. zu V. 3. 74 ihre Bltter]  Unklar; die der Rose (V. 70)? 76 Wolffs-Milch]  Euphorbia, Pflanzengattung aus der Familie der Wolfsmilchgewächse, so benannt, weil aus ihren Stengeln, wenn sie eingeritzt werden, ein milchiger Saft fließt, der stark ätzend sein und Entzündungen hervorrufen kann. Hier offenbar Inbegriff eines schädlichen Unkrauts. Vgl. Ros 14,42. 77 bldes]  ‚schüchternes‘. 80 Mchsel]  ‚Würze‘.



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  82 Zipripor] = Cypripor (s.  o . zu Ros 8,118).  –  Gold … Bley]  S.o. zu Ros 9,185.   84 von unſrer Seene]  D.h. von der Sehne von Amors Bogen (vgl. V. 180).   85–86  der Mohnd’ … Tau-Horn]  S.o. zu Ros 2,25.   86 Dionens]  S.o. zu V. 3.   87 der Andacht]  Genitivattribut zu „Weyrauch“.   89 Shn-Altar]  ‚Sühnaltar‘; s.  o . zu Ros 9,128.   91 Frau]  ‚Herrin‘.   92 Paphos]  S.o. zu Ros 14,9.   94 Myrthen]  Der Venus heilige Pflanze (vgl. V. 122).   95 der Tauben]  Die Taube war der Venus heilig.   96 fr]  ‚vor‘.   97 albereit]  ‚bereits‘.   98 ſey !…" ſchlßig worden]  ‚habe beschlossen‘.   99 ihr]  ‚sich‘. 101 die Kindheit]  ‚das Kindesalter‘. 105 Lieb und Glutt]  Hendiadyoin: ‚die Glut der Liebe‘. 107 Als]  ‚wie‘. 110 Das … Napell]  Napellus oder Napellenkraut bzw. Eisenhut (Aconitum), eine giftige Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse. S. dazu Zedler 8, Sp. 627–630 s.  v. ‚Eisen-Hütlein‘. Vgl. IS I 185; V 852; C III 20; E IV 358; S III 455. 111 ihr]  Zu beziehen auf „böſer Luſt“ (V. 109). 114 zeitlich]  ‚beizeiten‘, ‚frühzeitig‘. 115 ſee’n]  ‚säen‘. 116 ſich !…" hecken]  ‚sich vermehren‘ (DWb 10,745f.,2a). 118 langſam]  ‚erst spät‘.  –  pfropft]  ‚pfropfen‘ hier in der Grundbedeutung: ‚Einfügen eines Pfropfreises in einen fremden Stamm zum Zwecke der Veredelung‘. – bleib’ … ſtecken]  ‚schlage nicht aus‘. 120 kumt]  ‚keimt‘. 122 Venus-Myrthen]  Die der Venus heilige Pflanze hier, wie auch heute noch, als Schmuck des Bräutigams.  –  ihm]  ‚sich‘. 123 hrnricht Schmach-Altar]  D.h., wer sich erst in vorgerücktem Alter zur Heirat entschließt, sieht dem Schicksal eines ‚gehörnten‘ Ehemanns entgegen. 126 Verkehrt]  ‚verwandelt‘. 127 weil]  ‚solange‘. 134 Blumwerg]  ‚Blumenwerk‘, hier etwa: ‚Blumenbeet oder -wiese‘. 136 Wolluſt-Lilgen]  Die Lilie als Inbegriff von makellosem Weiß. 137 Nelcken]  Als Inbegriff der Röte. 145 vertraut’ſter Freind]  Christian Vincens.  –  Schluß]  ‚Entschluß‘. 149 Er … Furcht]  ‚Er braucht nicht die geringste Furcht zu haben.‘  –  fr]  ‚vor‘. 150 Hochzeit-Fackeln]  Wie sie im Altertum bei Hochzeiten im Gebrauch waren. – fr]  ‚vor‘.

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153 die Wechſelung]  ‚die Veränderung (der Lebensumstände)‘. 157 begeiſtert ſeine Braut]  ‚erfüllt den Geist seiner Braut‘. 158 regt]  ‚erregt‘. – ſo]  ‚auf diese Weise‘. 162 Rebenſtock … flicht]  S.o. zu Ros 15,16. 165 Die Sonnen-wende]  S.o. zu Ros 9,63. 167 billich]  ‚mit gutem Recht‘. 175–176  durch das Thor … dringet]  S.o. zu Ros 6.2,49–50. 178 Wallstatt]  ‚Schlachtfeld‘.

18.  Unverwehrte Prieſter-Liebe Dank der Parallelüberlieferung dieses Gedichts in Benjamin Neukirchs Anthologie, Tl. 1 (s. Editionsbericht, S. 343  f.), dort unter der Überschrift ‚Auff das Albiniſche und Kamperiſche hochzeit-feſt‘, lassen sich auch hier die Namen der Brautleute ebenso wie das Datum der Hochzeit leicht ermitteln. Bräutigam war der Diakon Christoph Albinus d.J. (1627–1678) 13, die Braut Martha Kamper, Tochter des Breslauer Fleischers und Ratsherrn Georg Kamper (1607–1664). Die Hochzeit fand am 10. Juli 1663 in Breslau statt. – Daten zur Biographie des Bräutigams: Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 1 [1986], S. 18.   2 entgeiſtert]  ‚entseelt‘.   3 Molchen]  ‚Eidechsen‘. – bertrifft]  Nämlich an Giftigkeit, die damals den Eidechsen fälschlich nachgesagt wurde.   7 der Tugend]  Genitivattribut zu „Kern“ und „Wurtzel“.   8 Graus]  ‚Trümmer‘.   9 ſtrtzt in Grund]  ‚zugrunde richtet‘.   12 Tyrus]  Gemeint ist hier die von phönizischen Siedlern aus Tyros gegründete Stadt Karthago, die von den Römern nach dem Dritten Punischen Krieg (149–146 v. Chr.) zerstört und dem Erdboden gleichgemacht wurde.   14 Sodoma]  Die biblische Stadt, die ebenso wie die Stadt Gomorrha (V. 16) wegen ihrer Sündhaftigkeit von Gott durch einen Regen von Feuer und Schwefel vernichtet wurde (Gen 19).   15–16  Und Loth … Gomorrens Klfte]  Als einziger Gerechter blieb Lot mitsamt seiner Frau und seinen beiden Töchtern durch Eingreifen zweier Engel vom Untergang Sodoms verschont (Gen 19,12–23). Seine Frau erstarrte zur Salzsäule, als sie entgegen der Anweisung der Engel, nachdem die Familie Sodom verlassen hatte, auf die zerstörte Stadt zurückblickte (Gen 19,26). In der Meinung, daß es nun auf der Welt für sie keine Männer mehr gebe, machten die beiden Töchter Lots ihren Vater betrunken, schliefen mit ihm und wurden von ihm schwanger (Gen 19,30–38).

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Asmuth (D. Casper von Lohenstein [1971], S. 55) verwechselt ihn mit seinem Vater, Christoph Albinus d.Ä., der ebenfalls Diakon war.



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17–20  Ja Samſon … untergeh’n]  S.o. zu Ros 16,76 (hier die Namensform Simson). 18–19  Jm Hercules … Netze brachte]  S.o. zu Ros 14,64. Bezugnahme auf auffällige Parallelen der Sagen um Samson und Herkules, die die Mutmaßung nahelegten, daß der Gestalt des Herkules der griechisch-römischen Antike die des biblischen Samson als Vorbild gedient habe. 21 Als GOttes Hertzens-Mann … erſieh’t]  Anspielung auf die Geschichte von David und Bathseba (II Sam 11): König David sah vom Dach seines Palastes, wie die schöne Bathseba, Ehefrau des Hethiters Uria, sich wusch, verliebte sich in sie, ließ sie zu sich bringen und schlief mit ihr. Nachdem er den Tod ihres Mannes herbeigeführt hatte, indem er ihn zu einer aussichtslosen Militäraktion abkommandieren ließ, nahm er sie zur Frau. 22 der Flutt]  Meint das Wasser, mit dem Bathseba sich wusch. 23–24  Wird Davids Harffe … geiles Buhler Lied]  Metaphorische Einkleidung der Schandtat Davids, der als Verfasser vieler Psalmen galt.  –  fr]  ‚statt‘. 25 ihm]  ‚sich‘. 28 diß gldne Kalb]  Anspielung auf das Götzenbild, das Aaron in Abwesenheit seines Bruders Moses aus Gold goß, um es von den Israeliten verehren zu lassen (Ex 32,1–4). Als Moses vom Berg Sinai, wo er von Gott die Zehn Gebote empfangen hatte, zurückkehrte, zerschlug er den Götzen (Ex 32,20). 31 fr]  ‚vor‘. 32 Paphos]  S.o. zu Ros 14,9. 37 vertrauter Freund]  Der Bräutigam Christoph Albinus d.J. 43 fr]  ‚vor‘. 45 kein !…" nicht]  Verstärktes „kein“. 48 Eh’ und Eydſchwur]  Hendiadyoin: ‚Eheschwur‘, ‚Eheversprechen‘. 51 Lufft-Geſtirne]  S.o. zu Ros 6.2,98. 53 zerſchert]  ‚zu Asche geworden‘ (kein Beleg im DWb). 60 Baſilisken-Krafft]  Ein Basilisk ist ein schlangenartiges Fabeltier, dessen Gift, Atem und Blick tödlich wirken. 62 ob die Rthe … vermhlet]  Durch das Blut der von einem Dorn am Fuß verletzten Venus (s.  o . zu Ros 2,12). Vgl. V. 65. 65 Bepurpert … Blut]  S.o. zu Ros 2,12.  –  Cythereens]  S.o. zu Ros 8,104. 72 bildet !…" fr]  ‚stellt dar‘. 76 Wenn ſie … htte]  Zweideutig. Gemeint ist: ‚Wenn die Liebe nicht ihre Mutter wäre‘ (vgl. I Kor 13). 78 erfllen]  ‚ausfüllen‘, ‚anfüllen‘. 84 zu Cana … Wein]  Bei der Hochzeit zu Kana, auf der Jesus Wasser in Wein verwandelte (Joh 2,1–11). 88 beklieben]  ‚verwurzelt‘, ‚verankert‘. 91 ihm]  ‚sich‘. 96 Prieſterin]  Meint hier die Braut als künftige Ehefrau eines Priesters bzw. Pfarrers (so wie damals ‚Bäckerin‘ die Frau eines Bäckers meinte).

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  97 weiſ’t]  ‚erzeigt‘. 100 Hochzeit-Kertzen]  Fackeln, als Attribute Amors und Utensilien antiker Hochzeitsfeiern. 105 fehlt]  ‚fehl geht‘. 106–107  ob wol Ehen … geſchloſſen]  Alter, noch heute bekannter Spruch. Ähnlich in Ros 19,216–217. 108 Martha … erwehlt]  Ironische Anspielung auf Lc 10,38–42: Martha begegnete Jesus auf einem Markt und lud ihn zu sich in ihr Haus ein, um ihn zu bewirten. Während sie sich rührig um die Vorbereitungen kümmerte, saß ihre Schwester Maria untätig zu Jesu Füßen, um seiner Rede zuzuhören. Als Martha darüber ungehalten wurde und Jesus bat, ihre Schwester aufzufordern, ihr behilflich zu sein, antwortete ihr Jesus: „Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. Eines aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt. Das soll nicht von ihr genommen werden.“

19.  Vereinbarung der Sterne und der Gemüther Von Johann Casper von Lohenstein, dem Adressaten dieser Gratulationsrede (s. Z. 203, 215, 226, 247 u. 319  f.), geboren am Mittwoch nach Pfingsten (30. Mai) 1640 auf Schloß Nimptsch, gestorben am 29. Mai 1692 in Breslau (beigesetzt in der dortigen Elisabeth-Kirche), weiß man nicht viel mehr, als er in seiner umschweifigen, aber merkwürdig faktenarmen und unpräzisen Autobiographie niedergelegt hat, die als Beigabe zu der 1718 erschienenen Ausgabe von sieben Abdankungsreden aus seiner Feder gedruckt wurde, ergänzt durch den Herausgeber Christoph Pfeiffer.14 Danach besuchte Johann vom zwölften Lebensjahr an das Elisabeth-Gymnasium in Breslau. In den Jahren 1664–1666 studierte er Jurisprudenz an den Universitäten Jena, Leipzig und Leiden. Darauf unternahm er eine Bildungsreise durch mehrere Städte der Niederlande und nach Paris, wo er mit berühmten Gelehrten in Kontakt kam. Auf der Rückreise in die Heimat (ca. 1667/68) besuchte er mehrere deutsche Städte, darunter auch Tübingen, wo er ein halbes Jahr zubrachte, um seine juristischen Studien fortzuführen.

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Johann Casper von Lohenstein, Edler Personen Eröffnete Grüffte. Das ist: Unterschiedene Leich-Abdanckungen, einigen guten Freunden von Adel gehalten. Zum unvergeßlichen Andencken des Seel. Herrn Autoris, dessen Leben am Ende mit beygefüget worden, der gelehrten Welt aber zu Liebe colligiret und dem Druck übergeben von M. Christoph Pfeiffer. Breslau: verlegts Johann George Bleßing 1718, S. 79–103 („Das Leben des Seel. Herrn AUTORIS, Wie er solches selber mit eigener Feder entworffen“). Die Ausgabe ist den vier noch lebenden Söhnen des Verfassers gewidmet, denen der Herausgeber offenbar persönlich verpflichtet war. – Einige Lücken in der Autobiographie (z.  B . wird dort der Name der Ehefrau nicht genannt) lassen sich füllen mit Angaben bei Oskar Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter in der Zeit von 1241 bis 1741. Bd. 3. Dortmund 1988 (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund, Reihe B – Nr. 38), S. 47 f.



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Bald nach seiner Rückkehr nach Breslau fand dort am 16. Oktober 1668 die von seinem Bruder mit der Rede ‚Vereinbarung der Sterne und der Gemüther‘ gewürdigte Hochzeit statt. Die damals erst fünfzehnjährige Braut, Regina Franke (geb. 2. 4. 1653, gest. 3. 7. 1714), war eine Tochter des Breslauer Kauf- und Handelsmanns Heinrich Franke und dessen Ehefrau Maria Baumann (Tochter des Breslauer Druckers Georg Baumann d.J.). Aus der Ehe gingen vier Söhne und eine Tochter hervor. Nach dem Tode ihres Mannes ging Regina Franke 1693 eine zweite Ehe mit Siegmund von Gladis ein. 1672 erwarb Johann das Rittergut Klein-Ellguth. 1676 unternahm er eine Reise nach Italien, der in den Jahren bis zu seinem Tode noch verschiedene andere Reisen folgten. Über eine spezifische berufliche Tätigkeit ist nichts bekannt. Anscheinend konnte er den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bequem aus den Einkünften aus seinem Gutsbesitz (neben Klein-Ellguth auch Mittel-Peilau und Kreis-Reichenbach) bestreiten. Gelegentlich war er als juristischer Berater tätig. Schriftstellerisch ist er nur als Verfasser von Abdankungsreden auf adlige Verstorbene hervorgetreten, die erst postum (1718) in der oben schon genannten Sammlung herausgegeben wurden. Er soll oft krank gewesen sein. Ursache seines Todes 1692 war ein Schlaganfall, ebenso wie bei seinem Bruder Daniel und seiner Schwester Marie. vor 1  Vereinbarung]  ‚Übereinstimmung‘, ‚Harmonie‘.   1–2 e rgtzende Wiederwrtigkeit]  ‚belebende Gegensätzlichkeit‘.   4 wiederwrtige]  ‚widersprüchliche‘, ‚entgegengesetzte‘.   4–5 annehmliche]  ‚angenehme‘.   5–6 D iamante und Magnet-Steine … Zwietracht]  Vgl. Kircher, Magnes (1654), S. 36, Marg.: „Adamas non est magneticus.“   6–7 E in Mohrenlndiſcher Stein ſtßt das Eiſen … von ſich]  Nach Plinius, Nat. hist. 36,130, der in Äthiopien vorkommende Stein Theamedes (in einer heute als unsicher geltenden Lesart!).   8–9 Eichen und Oel-Bume … Tod-Feinde]  Belege für diesen antiken Volksglauben in RE XVII,2, 2008. Für die Frühe Neuzeit vgl. A. Mizaldus, Memorabilium aliquot naturae arcanorum sylvula (1613), S. 290: „Quercus et olea tam pertinaci odio dissident, ut altera in alterius scrobe depactae moriantur.“ [„Die Eiche und der Ölbaum widerstreben einander mit einem derart nachdrücklichen Haß, daß der eine Baum abstirbt, wenn er in des anderen Grube eingepflanzt wird.“] (nach dem Hinweis bei Béhar, La ‚Weltanschauung‘ de Lohenstein [1978], S. 593). Mizaldus zitiert hier Plinius, Nat. hist. 24,1.   9 Die Adlers Federn zerreiben andere]  D.h. sie sind stabiler und widerstandsfähiger als die anderer Vögel. Quelle nicht ermittelt. 10 Das Blut der Wachtel … gerinnet nicht zuſammen]  Über den Hintergrund dieses sonderbaren Aberglaubens war nichts zu ermitteln. 11–12  Der Elephant … Wieder]  Bekannt ist eher der Widerwille der ­Elefanten gegen Mäuse (vgl. Plinius, Nat. hist. 8,29).  – fleucht fr] ‚flieht vor‘.  –  Wieder]  ‚Widder‘.

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12 das Pferd zittert … ſiehet oder reucht]  Vgl. Plinius, Nat. hist. 8,68, wo sich die Bemerkung findet, daß das Kamel seinerseits einen angeborenen Widerwillen („odium naturale“) gegen Pferde habe. Auch dies wurde von Mizaldus aufgegriffen: A. Mizaldus, Memorabilium aliquot naturae arcanorum sylvula (1613), S. 285: „Cameli naturale odium adversus equos gerunt.“ [„Die Kamele hegen einen angeborenen Haß gegen Pferde.“] (nach dem Hinweis bei Béhar, La ‚Weltanschauung‘ de Lohenstein [1978], S. 593). 13 der rachgierige Kfer … zuverterben]  Anspielung auf die Fabel vom Mistkäfer und dem Adler (vgl. A V 321; IB I 129 f.). Der Mistkäfer hatte einem vom Adler gejagten Hasen seinen Schutz zugesagt und den Adler gebeten, seinen Schützling zu verschonen. Der Adler wollte sich aber auf nichts einlassen und zerfleischte den Hasen vor des Mistkäfers Augen. Dieser rächte sich für diese Mißachtung, indem er in des Adlers Nest hinaufkroch und dessen Eier hinunterwarf. Ausführlich erzählt bei Erasmus, Adagium 2601: „Scarabaeus aquilam quaerit“ (Erasmus, Opera omnia II,6. Amsterdam, Oxford 1981, S. 395–424); s. auch Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 763 (hier weitere literarische Belege). 15 Ambra und Agſtein]  Meint hier dasselbe, nämlich Bernstein, dessen magnetische Kraft, wenn er gerieben wird, allgemein bekannt ist. Zu „Ambra“, das sonst bei L. einen Duftstoff bezeichnet (s. z.  B . A I 69; IS I 196; S III 79), in der Bedeutung ‚Bernstein‘ vgl. ital. ‚ambra‘ und frz. ‚ambre jaune‘. 15–16  die Gebeine eines Habichts das Gold]  Bei Kircher, Magnes (1654), S. 11, heißt es: „Sunt nonnulli, qui ossa accipitris aurum trahere tradunt, verùm cùm huius rei nullum ad huc periculum fecerim, de eo nihil temerè asserendum arbitror.“ [„Es gibt einige Autoren, die lehren, daß die Knochen des Habichts Gold anzögen. Doch da ich hiermit bisher noch keinen Versuch unternommen habe, glaube ich hierzu nichts auf gut Glück behaupten zu dürfen.“] Vermutlich geht diese Auffassung auf den Kommentar des spätantiken griechischen Philosophen Simplikios zur Physik des Aristoteles zurück, in dem es heißt, daß der Knochen des Fisches Hierax Gold anziehe. Da dieser griechische Name (ἱέραξ) aber auch den Habicht bezeichnet, lag eine Verwechslung in einer der abgeleiteten späten Quellen, die Kircher oder L. oder beider zeitgenössischer Gewährsmann benutzt haben mögen, sehr nahe. Vgl. hierzu Scholten, Quellen regen an (2011), S. 571 u. 576. 16 irrende]  ‚umherschweifende‘ – Fleder-Mauß]  Meint hier den Nachtfalter (DWb 3,1746,3). Vgl. Hya 11,12. 16–19  der erwrmete Hanff … entzndet]  Meint offenbar die bis zur Selbstentzündung gehende leichte Entzündlichkeit von Fäulnisgasen, die bei der ­L agerung von Hanf, ähnlich wie beim Heu, entstehen können. Zweifellos auf Erfahrungen in der zeitgenössischen Landwirtschaft beruhend; eine antike Quelle war nicht zu ermitteln.



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19–20  das Gold und Kweck-Silber … ſich mit einander zuvermiſchen]  Vgl. Plinius, Nat. hist. 33,99; Vitruv, De architectura 7,8,4. Die Tatsache, daß Quecksilber Gold anzieht, wurde in der Antike genutzt, um das Gold von Verunreinigungen zu trennen. 20–21  Der Weinſtock und die Ulmen … Buhlſchafften]  S.o. zu Ros 15,16. 21–22  Das Meerſchwein verliebet ſich in Menſchen]  Für die Zuneigung des Delphins zum Menschen gibt es in der antiken Literatur diverse Beispiele. Vieles davon hat L. zusammengetragen in seiner Anmerkung zu A III 497.498 (bei uns Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 216 f.). 25 Jrr-Sternen]  ‚Planeten‘. 25–26  Tugenden]  ‚Eigenschaften‘, ‚Kräfte‘. 29 des dreymal-groſſen HERMES]  Hermes Trismegistos, mythischer Verfasser des Corpus Hermeticum, einer auf den Kult des ägyptischen Gottes Thot zurückgehenden Sammlung von griechischen und lateinischen Schriften magischen oder mystischen Inhalts, hauptsächlich mit neuplatonischer Tendenz. Der Zusatz ‚trismegistos‘ zum Namen Hermes (der griechische Gott hier in Analogie zu dem ägyptischen Thot) bedeutet ‚der dreimal größte‘. 29–30  welchen die Vorwelt eine Minerva der Welt genennet]  Ein Irrtum L.s! Dies ist kein Ehrentitel des Hermes Trismegistos, sondern alte lateinische Übersetzung der Überschrift eines von Stobaeus überlieferten Exzerpts des Corpus Hermeticum; die griechische Originalüberschrift ist ‚Kore Kosmu‘ (‚Jungfrau der Welt‘). In deutscher Übersetzung in: Das Corpus Hermeticum Deutsch, Tl. 2 (1997), S. 400–446 (- Exzerpt XXXIII). 30–32  ſo wol alle Geſtirne … befindlich ſind]  Diese Auffassung findet sich nicht im Corpus Hermeticum, sondern in den griechischen ‚Zauberpapyri‘: Papyri Graecae magicae, hrsg. von K. Preisendanz, Bd. 2 ( 21974), S. 23, Z. 512–515.  –  leidlichen]  Das Adjektiv hier offenbar im Sinne von ‚angemessen‘ oder ‚charakteristisch‘; hierfür aber kein Beleg im DWb. 33–34  Aus dieſem Brunnen haben … gezogen]  Im folgenden breitet L. im Sinne der frühneuzeitlichen Signaturenlehre die schon der Antike geläufige und im alchimistischen Schrifttum verbreitete Vorstellung von Korrespondenzen der einzelnen Planeten mit bestimmten Metallen, Mineralien, Pflanzen und Tieren aus. Vgl. hierzu die Übersichten in RE XX,2 (1950), 2163– 2165, und bei Roscher, Lexikon III,2, 2532–2538.  –  Wiſſenſchaft]  ‚Erkenntnis‘, ‚Wissen‘. 36 Vogeln]  Nicht umgelauteter Plural von ‚Vogel‘ kommt bis ins 18. Jh. vor. Vgl. den Logau-Beleg im DWb 26,390. 37 gramen]  ‚grimmigen‘, ‚unfreundlichen‘. Der Saturn galt als verderbenbringender Planet. Siehe in der Übersicht über die den einzelnen Planeten zugeschriebenen Eigenschaften und Wirkungen den Abschnitt über den Saturn bei Reisinger, Historische Horoskopie (1997), S. 27–30. 38 Zien]  ‚Zinn‘. 44 Pomerantz-]  ‚Apfelsinen-‘.

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53 verwechſelten]  ‚wechselseitigen‘. 56–66  Solte die Wiedehopffe … abgebildet ſey]  Zu den Ausführungen über den Wiedehopf vgl. Kircher, Obeliscus Pamphilius (1650), S. 329 f. (deutsche Übersetzung bei Grimm, Hierogrammatismus [2000], S. 200); ders., Ad Alexandrum VII. Obelisci Aegyptiaci interpretatio (1666), S. 38–40 (Abbildungen dieser drei Seiten bei Grimm, a.a.O., S. 200 f., mit falscher Quellenangabe). 58–59  der Kefer aber eben 30. Fſſe]  L.s im folgenden vorgenommene Deutung der 30 Füße des den Ägyptern heiligen Skarabäus auf die 30 Tage, die die Sonne braucht, um ein Tierkreiszeichen zu durchlaufen, findet sich bei Horapollo I,10 (ed. Weingärtner [1997], S. 46 f.); vgl. auch Kircher, Ad Alexandrum VII. Obelisci Aegyptiaci interpretatio (1666), S. 28. 64 Jrrſternen]  ‚Planeten‘. 67–68  in einem ſo verchtlichen Thiere]  Der Wiedehopf galt als abstoßend unrein, da er seine Nahrung gern im Mist sucht und Mist auch zum Bau seines Nestes verwendet (daher der sprichwörtliche üble Geruch, der von ihm ausgeht). 73–80  Sintemahl er im Neumonden … gleiches Thier gezeuget wird]  Auch dies bei Horapollo I,10 (ed. Weingärtner [1997], S. 44–47); vgl. auch Kircher, Ad Alexandrum VII. Obelisci Aegyptiaci interpretatio (1666), S. 28 f. 77 nach zu ahnen]  = ‚nachzuahmen‘ (s. DWb 13,121). 81–82  Daß der Wieder iedesmahl … verndert] Diese Beobachtung zu den Schlafgewohnheiten des Widders findet sich bei Aelian, De natura animalium 10,18. 82–83  daß … der Unglcks-Vogel Parrha ſich nicht ſehen laſſe]  So bei Plinius, Nat. hist. 18,292. Der ‚parra‘ genannte, heute zoologisch nicht mehr identifizierbare Vogel galt bei den alten Römern als Unglücksbringer. 83–87  Daß die wilden Ziegen … Hunde raſend werden]  Auch dies nach Plinius, Nat. hist. 2,107. Mit „wilden Ziegen“ übersetzt L. ‚oryx‘, bei Plinius ein wildes Tier in Ägypten, vermutlich eine Antilopenart.  –  SIRIUS]  Stern im Sternbild des Kleinen Hundes (deshalb auch ‚Hundsstern‘ – s. Z. 89); die Zeit seines Frühaufgangs im Sommer galt bei Griechen und Römern als die Periode ungesündester Hitze (daher der Ausdruck ‚Hundstage‘). 87 Hmpfling]  = Hänfling, Vogel aus der Gattung der Finken. 88–89  der geſtirnte Fuhrmann] Sternbild am nördlichen Himmel; lat.: Auriga. 89 des Hundes-Sterns]  = ‚des Sirius‘. 90 Procyon]  Stern im Sternbild des Kleinen Hundes. Er geht vor dem Sirius auf. 91 ohne gefhr]  ‚von ungefähr‘, ‚rein zufällig‘. 92 ſonderbarer]  ‚ganz besonderer‘.  –  widriger]  ‚gegenteiliger‘. 95 die Egyptiſche See-Blume]  Der ägyptische Lotos, eine Seerose bzw. Wasserlilie, Sinnbild der Fruchtbarkeit des Nils und der Isis und dem Oriris geweiht, auch dem Lichtgott Horos.



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  96–97  aus einer Nimfen / welche … verliebet]  Dies betrifft nicht den Lotos, sondern eine andere Wasserpflanze, die Nymphaea alba (Seeblume oder Weiße Seerose), die lt. Plinius, Nat. hist. 25,75, aus einer Nymphe entstanden sein soll, die aus Eifersucht auf Herakles gestorben war; sie hieß deshalb Herakleion.   97–98  in dieſen … Stengel verwandelt]  L. verwechselt hier den Lotos mit dem Lorbeer, in den die von Apollo geliebte Daphne verwandelt wurde (Ovid, Met. 1,452–567).   99 die groſſe Weltfackel]  Die Sonne. 102 beliebten]  ‚gern / mit Freuden gesehenen‘. 105 die Sonnenwende]  S.o. zu Ros 9,63. 106 aus der verliebten Clytie zu einem Kraute]  Clytie, die Geliebte des Sonnengottes, wurde in die Pflanze Heliotrop verwandelt (Ovid, Met. 4,206–270). 108–109  in dem Geſtirnten Krebſe den Krebsgang gehen ſol] D.h., wenn die Sonne innerhalb ihres Jahreslaufs im Tierkreiszeichen des Krebses (22. Juni bis 22. Juli) ihren höchsten Stand erreicht hat und es von da an, dem Winter zu, wieder rückwärts geht, indem die Tage wieder kürzer werden. 109–110  die weiſſen Pappelbume]  ‚weiße Pappel‘ = Silberpappel (Populus alba). 111 Das Monden-Kraut]  Auch ‚Mondviole‘ = Lunaria, Gattung der Kruziferen (Kreuzblütler). 111–112  Zeuger der Bewegungen des Monden]  Soll heißen, daß diese Pflanze ihre Blätter nach dem Stand des Mondes ausrichtet wie das Heliotrop die seinen nach dem Stand der Sonne („Zeuger“ = ‚Zeiger‘) – was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Die Pflanze wurde mit dem Mond in Verbindung gebracht nur „wegen der mondscheibenförmigen Scheidewände der Früchte“ (HWDA 6,539). 112–113  mit dem Mohnden/ als dem Brunnen der Feuchtigkeit]  Die Annahme, daß der Mond feucht sei und Regen und Tau auf die Erde herabsende, geht auf verbreitete antike Vorstellungen, vor allem die der Stoiker, zurück (s. RE XVI,1,81 u. 104 f.; Roscher II,2,3147–3149). Vgl. Ros 2,25: 13,38–39; 14,69; 15,4; 17,85–86; A II 68, V 662 (hierzu AnmL.); S Widm. 35, III 58.74; E III 753f.; IS III 404. 113–114  der den Egyptiern … zu eſſen verbothenen Zwiebel] So bei Juvenal 15,9–11; vgl. auch Plinius, Nat. hist. 19,101. 114–116  welche bey zunehmenden Mohnden-Lichte … vermehret]  Dies findet sich bei Gellius 20,8,7. 117–122  Einer/ welchem die Grichen … blutfrbicht macht]  Die Rede ist von dem Edelstein Heliotropion (Sonnenwendstein), nach der Beschreibung bei Plinius, Nat. hist. 37,165. 124–129  Bapſt Clemens der ſiebende ſol einen Edelſtein … Bapſt Leo der Zehende aber … Blaw ward]  Offenbar nach Kircher, Magnes (1654), S. 512; die Information über den Sonnenstein („helites gemma Solaris“, ebd.), der sich im Besitz von Papst Clemens VII. befunden haben soll, dort unter Berufung auf Hieronymus Cardanus.

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133–136  Sintemahl ja … der Menſch … eine groſſe Welt iſt]  Die in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit weitverbreitete Auffassung, daß sich im Menschen, als dem Mikrokosmos, das All, der Makrokosmos, widerspiegle, findet sich in der Tabula Smaragdina, die dem unter dem Namen des Hermes Trismegistos verbreiteten Schrifttum angehört. Satz 2 der lateinischen Fassung bei Ruska, Tabula Smaragdina (1926), S. 2, lautet: „Quod est inferius, est sicut (id) quod est superius, et quod est superius, est sicut (id) quod est inferius, ad perpetranda miracula rei unius.“ In der deutschen Übersetzung von W. Chr. Kriegsmann, zit. ebd., S. 3: „Die Geschöpf hie nieden gesellen sich zu denen dort oben/ und diese hinwiederumb zu jenen/ auf daß sie mit gesambter Hand ein Ding herfür bringen mögen/ so voller Wunder steckt.“ Vgl. auch Hermes Trismegistos: La table d’Émeraude (1995), S. 26 (die Lehrsätze I/II in der von Roger Bacon adaptierten Version in französischer Übersetzung: „I. La vérité se présente ainsi et il n’y a pas de doute, II. que les inférieures ne correspondent aux supérieures, et les supérieures aux inférieures.“). 137 Maſſen]  ‚zumal‘. 138 annemlichern zuſammenſtimmung]  ‚angenehmeren Harmonie‘. 139–140  der allerweiſeſte Feld-Mſſer !…" der Himmliſche Archimedes]  Zwei Umschreibungen für Gott: als Schöpfer der Erde und des Himmels und der in ihnen waltenden und sie auf einander beziehenden Harmonie. – Land-Taffel]  ‚Landkarte‘. 140 eine kleine Welt Kugel] Anspielung auf den von Archimedes, dem berühmten antiken Mathematiker und Physiker (3. Jh. v. Chr.), konstruierten Himmelsglobus. 141 zuſammen verfaſſet]  ‚komponiert‘. 145–146  Empedocles hat die Gebeine … genennet]  Eine Quelle für diese hier dem vorsokratischen Philosophen zugeschriebene Aussage konnte ich nicht ermitteln. Vgl. aber die Bemerkung im ‚Elucidarium‘ des Honorius Augustodunensis, eines Theologen des 12. Jh.s: „Participium duritiae lapidum habet [sc. homo] in ossibus […]“ (Opera omnia, ed. Migne, Sp. 1116); auf deutsch: ‚Anteil an der Härte der Steine hat der Mensch mit seinen Knochen.‘ 148 Lebendigen Geiſtern]  ‚Lebensgeistern‘. 151 wenn ihr … reichet]  D.h., auch wenn ihr (menschliche) Kunst assistierte. 153–154  voller Blutes]  „voller“ (= ‚voll‘ – vgl. DWb 26,554–556,4i,a) mit Genitiv: ‚voll von Blut‘. 155 beyderſeits]  D.h. im Hinblick auf den natürlichen Jahreslauf und die menschlichen Altersphasen. 155–158  Der … Frhling … Sommer … Herbst … Winter … abgemahlet]  Diese bis in die Frühe Neuzeit hinein verbreitete Parallelisierung der vier Lebensphasen mit den vier Jahreszeiten (vgl. z.  B . Ovid, Met. 15,199–213) hat ihren Ursprung in der Lehre der Pythagoreer. S. dazu Boll, Die Lebensalter (1913), S. 102–106; Sears, The ages of man (1986), S. 9–37.



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163–165  Jn dem … Thier-Kreiſſe … findet jedes Menſchliche Glied ein … Geſtirne]  Eine in der Frühen Neuzeit weitverbreitete Ansicht, die auf die hermetische Tradition zurückgeht. Vgl. das Zitat der entsprechenden Stelle aus dem ‚Heiligen Buch des Hermes an Asklepios‘ in französischer Übersetzung bei Festugière, La révélation d’Hermes Trismégiste. Tome I (21950), S. 141, Nr. 2–4; zit. bei Béhar, La ‚Weltanschauung‘ de Lohenstein (1978), S. 590, Anm. 21. Für die Frühe Neuzeit vgl. unter vielem anderen z.  B . das aus Kirchers ‚Ars magna lucis et umbrae‘ entnommene Schaubild in: Ohly, Zur Signaturenlehre (1999), S. 10; das Zitat aus Johannes Stoefflers ‚Veterum Ephemeridum opus‘ (Tübingen 1549) in: Reisinger, Historische Horoskopie (1997), S. 22; die Abbildungen von Tierkreiszeichenmännern in: ebd., S. 21; Sollbach, Die mittelalterliche Lehre (1995), S. 27; Mueller, Beherrschte Zeit (2009), S. 340 u. Tafelteil, fol. 47r; Heitzmann, Die Sterne lügen nicht (2008), S. 39 f. u. 44 (Abb. 37). 165 Wider]  ‚Widder‘. 165–166  der kalte Ochſe]  Das Sternzeichen des Stiers. 167  dem Miltze]  ‚Milz‘ hier als Maskulinum oder Neutrum (vgl. DWb 12,2219). Vgl. Z.  181   f. 177 maſſen]  ‚zumal‘. 177–178  welcher ſelbtes eigendlich ſey] ‚welcher Mensch welchem Planeten eigent­lich zugehöre‘ („ſelbtes“ ist Gen. poss. und meint den Planeten). 178 durch Krafft der Krauſemntze] Näheres hierzu war nicht zu ermitteln. Krauseminze (menta crispa) ist wie Pfefferminz eine Art der Minze. 179 Sternen-Erfahrnen]  ‚Astrologen‘. – beſtndige]  ‚feste‘, ‚unbeirrbare‘.  –  dieſe]  Nämlich die Planeten. 179–181  nicht nur den Edleſten Gliedern … gleiche kommen]  Zu den im folgenden aufgeführten Parallelen zwischen den Planeten und den mensch­ lichen Körperteilen, Antrieben und Talenten s. die Tafeln in: HWDA 7,75– 262. 181–182  dem Miltze]  S.o. zu Z. 167. 182 ichtwas anzunehmen]  ‚etwas (geistig) zu rezipieren‘ (‚Auffassungsgabe‘). 183–184  reitzenden Antriebe]  ‚aufreizenden Impuls‘. 185 Geburths-Gliedern]  ‚Geschlechtsteilen‘. 186 umbſchweiffenden Einbildung]  ‚umherschweifenden Phantasie‘. 189 Bewegungen]  ‚Regungen‘ oder ‚Antriebe‘ (vgl. DWb 1,1775,3/4).  –  bey dem herrſchenden Willen ſtehen]  ‚in dem die Herrschaft ausübenden Willen (Gottes?) liegen‘. 191–192  die Kunſt recht zu ſchlieſſen]  Die Logik. 194 ſcheinbaren]  ‚einleuchtenden‘ (vgl. DWb 14,2436,3). 195 beſtndigen]  ‚festen‘. 197 siebenfache Schilf-Pfeiffe]  Die Syrinx. 198 gleiche zuſammenſtimmung]  ‚vollkommene Harmonie‘. 201 der freyen Willkhr]  ‚der Willensfreiheit‘. 204 faſt auf eine Zeit]  ‚fast gleichzeitig‘.  –  unterſchiedenen]  ‚verschiedenen‘.

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205 und darunter auch dir]  ‚und unter diesen Freunden auch von dir‘.  –  fr lngſt]  ‚längst schon‘. 206 Verwechſelung]  ‚Vertauschung‘. 206–207  dienſtbaren Freyheit !…" freyen Verbindung]  Chiasmus in der Begrifflichkeit bei syntaktischem Parallelismus. 208 angemerckt]  ‚bemerkt‘, ‚festgestellt‘ (vgl. Frühnhd. Wb. 1,1330,1).  –  JrrSternen]  ‚Planeten‘. 210 dieſe Verſamlung]  Nämlich die aller sieben Planeten im Zeichen des Schützen. 211 vorhin kaltgeſinten]  ‚anfänglich gleichgültigen / desinteressierten‘. 216–217  ſeine Heyrath … vollzogen werde]  Vgl. Ros 18,106–107. 218 ichtwas]  ‚etwas‘. 221 fr]  ‚vor‘. 222 auß ſo vielen]  Nämlich Seelen. 223–224  wo nicht]  ‚wenn nicht gar‘. 224 Angel-Stern]  ‚Polarstern‘. 225 beſtndiger]  ‚dauerhafter‘, ‚unverrückbarer‘. 228 fr]  ‚vor‘. 228–229  Elbe !…" Rhein !…" Oder]  Hier sinnbildlich als Lebensstationen von L.s Bruder im Zusammenhang mit seiner lebhaften Reisetätigkeit. 230 beliebenden]  ‚zusagenden‘. – gezeuget]  ‚gezeigt‘. 231 Schluß]  ‚Beschluß‘. 232 eine Danae/ welche … verkehret]  Jupiter verwandelte sich in einen Goldregen, d.  h . einen Baum dieses Namens, um so von oben durch das Dach eines Turms zu gelangen, in dem seine Geliebte Danaë gefangen gehalten wurde. Die hier von L. vorgenommene Umdeutung des Goldregens zu wirklichem Gold war schon der Antike geläufig, allerdings mit anderer Tendenz: nämlich so, daß Gold alle Türen öffne (Horaz, Carm. 3,16,1–11) und man mit ihm auch Liebe kaufen könne (Ovid, Amores 3,8,29–34). Vgl. hierzu auch die bis in die Antike zurückreichende Bildtradition, in der der Goldregen durch vom Himmel in den Schoß der Danaë fallende Goldmünzen realisiert ist; Bildbeispiele aus der Malerei der Frühen Neuzeit finden sich in dem Artikel über Danaë (von David Nelting u. Isabel von Ehrlich) in: Der Neue Pauly, Supplemente, Bd. 5: Mythenrezeption. […]. Stuttgart, Weimar 2008, S. 199–202, hier S. 200 f. 235–236  der Sieben-Geſtirnte Krantz der ſchnen Ariadne]  Ariadne, Tochter des Königs Minos von Kreta, war von ihrem Geliebten Theseus, der sie nach der Tötung des Ungeheuers Minotaurus mit sich genommen hatte, auf der Insel Naxos zurückgelassen worden. Dort fand sie der Gott Dionysos vor und heiratete sie. Als Brautschmuck erhielt sie von ihm einen Strahlenkranz, der später als Sternbild (‚corona Ariadnes‘ bzw. ‚corona borealis‘) an den nördlichen Sternhimmel versetzt wurde. Dieses aus sieben einen Halbkreis bildenden Sternen bestehende Sternbild ist hier gemeint.



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239 Apelles]  Apelles war ein berühmter griechischer Maler (4. Jh. v. Chr.), Hofmaler Alexanders des Großen.  –  in einer Wohnung]  D.h. im Tierkreiszeichen des Schützen. 242 auſſer]  Dieses „auſſer“ hier in der Bedeutung ‚nur‘! Vgl. DWb 1,1031 f.,5; Lohenstein, Arminius, Tl. 2 (1690), S. 111 b : „[…] außer das Feuer der Rache ſahe ihm aus den Augen.“ 242–243  mit der holden Venus … Mulcibers verſchlſſen]  Mulciber ist anderer Name für Vulkan, den kunstfertigen hinkenden Schmiedegott und Ehemann der Venus. Hier Anspielung auf die bekannte Episode bei Homer, Od. 8,266–328: Venus betrog ihren Ehemann mit dem Kriegsgott Mars auf ihrem Ehebett im Hause Vulkans. Als dieser davon erfuhr, umgab er das Bett mit einem Netz aus spinnwebfeinen, nicht sichtbaren Drähten, in denen sich Venus und Mars, als sie das Bett in Abwesenheit des Hausherrn erneut zum Liebesspiel bestiegen, dermaßen verfingen, daß sie bis zu völliger Bewegungsunfähigkeit gefesselt waren. In diesem Moment erschien Vulkan (er hatte eine Reise vorgetäuscht) und rief die Götter des Olymps herbei, um die beiden Ehebrecher vor ihnen bloßzustellen. Die Götter kamen herbei und brachen, als sie das gefesselte Liebespaaar sahen, in das sprichwörtlich gewordene homerische Gelächter aus. Vgl. Ros 11,75; 16,60; 17,10. 246–247  Wer wil ihm … laſſen]  ‚Wem wollte es nun sonderbar vorkommen / erscheinen‘. 250 auch gegen den Sirenen verſchloſſene]  Bevor Odysseus, auf den hier angespielt wird, mit seinen Gefährten an der Insel der Sirenen, Ungeheuer (Mischung aus Frau und Vogel), die mit ihrem unwiderstehlich betörenden Gesang Männer anlockten, um sie zu töten und zu verspeisen, vorbeifuhr, hatte er sich an einen Mast seines Schiffes festbinden lassen, um zwar den Gesang hören, aber ihm nicht verfallen zu können. Seinen Gefährten hatte er jedoch befohlen, zu ihrer aller Sicherheit ihre Ohren mit Wachs zu verstopfen. – dieſer Penelope]  Vergleich der Braut des Bruders mit der keuschen und treuen Gattin des Odysseus. 254 Adon]  Adonis, der schöne Jüngling und Geliebte der Venus. 255–256  ihr von dem Praxiteles verfertigtes Ebenbild]  Die Aphrodite von Knidos, eines der im Altertum berühmtesten Werke des griechischen Bildhauers (4. Jh. v. Chr.). 256–257  und … Liebreitzende gezogen]  Der unklare syntaktische Anschluß zum Vorangehenden und die stilistisch unschöne Abfolge „Liebreitz“ und „Liebreitzende“ (Adverb) legen die Vermutung nahe, daß diese Stelle verderbt überliefert ist.  –  ſein Marmelner Cupido den Alchidas aus Ro­ dis]  Lt. Plinius, Nat. hist. 36,22, verliebte sich ein gewisser Alketas (!) aus Rhodos in eine in Parion, einer Kolonie an der Propontis (heute: Marmarameer), aufgestellte nackte Eros-Figur des Bildhauers Praxiteles dermaßen, daß er an ihr ‚ein Zeichen der Liebe hinterließ‘, d.  h . sie befleckte (vgl. Ros 12,19). Diese Anekdote und die noch folgenden über

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Männer, die sich in Statuen verliebten, entnahm L. einem Werk von Giambattista Marino: Le dicerie sacre (1664), Diceria I: La pittura, parte terza, S. 115. Die betreffende Stelle zitiert L. vollständig in den Anmerkungen zur ‚Agrippina‘ (A I 116) und zur ‚Sophonisbe‘ (S I 523), bei uns Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 180 f., u. Bd. 3,1, S. 610 f. – Vgl. auch Arnobius, Adversus nationes 6,22, von L. zitiert in der genannten Anmerkung zur ‚Sophonisbe‘ (bei uns S. 608–611). 257–258  Junius … Muſen verliebet]  Der römische Ritter Iunius Pisciculus, über den sonst nichts weiter bekannt ist, soll eine der Statuen der Musen, die in Rom vor dem Tempel der Felicitas aufgestellt waren, geliebt haben (so Plinius, Nat. hist. 36,39, unter Berufung auf Varro). Vgl. Ros 12,17; AnmL. zu A I 116; zu S I 523–524. 258–260  Pontius hat … empfunden]  Nach Plinius, Nat. hist. 35,17–18, wo von Gemälden in der Stadt Lanuvium berichtet wird, auf denen Atalante und Helena nackt dargestellt waren und die Kaiser Gaius (= Caligula), „libidine accensus“ (‚von Wollust entflammt‘), gern hätte abnehmen lassen, wenn dies technisch möglich gewesen wäre. Der Name „Pontius“ statt „Gaius“ geht auf eine von modernen Editoren nicht akzeptierte Lesart in der Überlieferung der ‚Naturalis historia‘ zurück.  –  Atalante]  Die schöne Jägerin, in die sich Meleager bei der gemeinsamen Jagd auf den schließlich von ihm erlegten Kalydonischen Eber verliebt hatte. 260–261  Pigmalion muſte … verfertigen]  Der Künstler Pygmalion verliebte sich in eine von ihm selbst aus Elfenbein geschnitzte Frauenstatue, die dank der Gunst der Göttin Venus lebendig wurde (nach Ovid, Met. 10,243–297). 262–263  eine mehr als ſteinerne Niobe zu einer Mutter des Paphus] Mutter des Paphus (moderne Philologen sehen darin ein Mädchen!) wurde die von Venus lebendig gemachte Elfenbeinstatue Pygmalions (vgl. Ovid, Met.10,297). Die Verbindung des Paphus mit der Geschichte der Niobe, die aus Schmerz über den Verlust aller ihrer Kinder zu Stein erstarrte (vgl. Ovid, Met. 6,303–309), ist völlig abwegig, so daß auch hier eine nicht mehr reparable Textverderbnis vorzuliegen scheint. Vgl. dazu L.s Anmerkung zu ‚Agrippina‘ I 116, wo die Abkunft des Paphus von Pygmalion und seiner belebten Statue richtig wiedergegeben ist; bei uns Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 180, Z. 204–206: „Pigmalion hat in ein von ihm gemachtes helffenbeinerne Bild ſich verliebet/ welches hernach ſol beſeelet worden ſeyn und den Paphus von ihm gebohren haben.“ 265 Mißgeburth der Paſiphaë]  Das Ungeheuer Minotaurus, das aus der Verbindung der Pasiphaë, Gattin des Königs Minos, mit einem Stier hervorgegangen war. 266–267  Ariadne … zu rechte wieſe]  Anspielung auf den nach ihr benannten Faden, mit dem Ariadne, Tochter des Königs Minos, ihrem Geliebten Theseus aus dem Labyrinth wieder heraushalf, nachdem er den darin gefangengehaltenen Minotaurus getötet hatte. 267 gefhrliche Syrten]  Hier metaphorisch für ‚Sandbänke‘ (die Große und die



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Kleine Syrte, zwei Buchten an der nordafrikanischen Küste, waren in der antiken Schiffahrt gefürchtet wegen ihrer wandernden Sandbänke). 268–269  unbewegliche Angelſtern]  ‚unverrückbare Polarstern‘. 270 zeugeten]  ‚anzeigten‘. 274 Sonnenwende]  Das Heliotrop (s.  o . zu Ros 9,63). 275 Schnecken-Blutte]  Sekret der Purpurschnecke, aus der im Altertum Purpur hergestellt wurde. 277–278  in der kalten Mitternacht]  ‚im unwirtlichen kalten Norden‘. 280–284  denen zwey … Geſtirnen … andeuten]  Die Heroen Castor und Pollux (die Dioskuren), die Brüder der trojanischen Helena, die als Sternbild der Zwillinge unter die Sterne versetzt wurden. Den antiken Seefahrern galten sie als Nothelfer bei schweren Stürmen.  –  zeither zweifelhafften Gemthes]  ‚bisher unsicheren Meinens‘ (hinsichtlich der Gegenliebe der Braut). 285 die Liebes-Mutter]  Venus, hier als der helle Planet, der morgens (als Morgenstern) am östlichen, abends (als Abendstern) am westlichen Himmel zu sehen ist. 286 Rthe ihrer Purpur-Muſchel]  Umschreibung für das Morgenrot. 286–287  aus welcher ſie … gebohren wird]  S.o. zu Ros 13,50. 288–289  mit dem Blute/ welches … verwandelt]  Eine nicht leicht und jedenfalls nicht sicher zu deutende Stelle. Mit dem Blut ist sicher wie oben, Z. 275, das ‚Schnecken-Blut‘ der Purpurschnecke gemeint. Bei den „Perlenen Roſen“ wird man an die Ausstattung des ‚Muschelschiffs‘ der Venus denken können, wie sie L. in seiner ‚Venus‘, V. 190–195, beschreibt: „[…] das muſchel-ſchiff/ worinnen Das vordertheil corall/ das hintertheil rubin/ Der maſtbaum von ſmaragd/ das ſegel carmeſin/ Das fähnlein von damaſt/ das ſeil aus wurmgeſpinſte/ Das ruder aus ſaphir/ und alles ſonſt auffs minſte Gemacht aus perlen war.“ (Zit. nach Brancaforte, Lohensteins Preisgedicht ‚Venus‘ [1974], S. 20).

Es könnte aber auch ein Bild für die Schönheit der Brüste sein, von welcher gleich im folgenden explizit die Rede ist. Vgl. hierzu ‚Venus‘, V. 831 f. (zit nach ebd., S. 34 f.): „Die ſtoltze Juno muß von deiner hand empfangen Die perlen auff die bruſt/ die roſen auff die wangen/“

289 zuvorhin]  ‚zuvor‘. 290–292  Der fruchtbahre Monde kan … Perlen nicht zeugen]  Nach antiker Auffassung (s. u.  a . Plinius, Nat. hist. 2,109) hängt das Wachstum der Schalentiere von dem Einfluß des Mondes ab. Als Ursache für die Entstehung einer Perle nahm man einen befruchtenden Himmelstau an, der in die sich zum Himmel hin öffnende Muschel hineintropft – wobei auch das Licht

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der Gestirne eine wichtige Rolle spielt (s. u.  a . Plinius, Nat. hist. 9,107; Physiologus 44). Vgl. Ros 13,33–40. 293 da]  ‚während‘. 295 Myrthen des Hochzeit-Bettes]  Die bekannte Verwendung der Myrte (im Altertum die Pflanze der Aphrodite) als Brautkranz kam in Deutschland im 16. Jh. auf. Anscheinend war es zu L.s Zeit in Schlesien üblich, auch das Brautbett mit Myrten zu schmücken. 298 Winde-bedeutenden]  D.h. windiges Wetter ankündigenden. 299 verſtellet]  ‚verhängt‘, ‚verschleiert‘ oder dgl. 301 rgen]  ‚regen‘. 303 heutere]  ‚heitere‘. 311 Wurmgeſpinſte]  ‚Seide‘. – Ambra]  Sehr kostbarer Duftstoff, gewonnen aus einer wachsartigen, grau- bis schwarzfarbigen Masse, die aus dem Darm von Pottwalen stammt. 312 frſichtige]  ‚vorausschauende‘. 313–315  Dahero der weiſe Plato … ohne Mittel-Punct ſeyn]  Ebenso in LGW 1142–1143. Vgl. Plato, Timaios 87C. 317 Schtze ein Hauß des Jupiters]  Das Tierkreiszeichen Schütze steht unter der Herrschaft des Planeten Jupiter. 320–321  Verſammlung der ſieben Jrrſternen]  Nämlich das Zusammentreffen der sieben Planeten im Sternzeichen Schütze (s.  o . Z. 208  f.). 322–323  die … Leyer des Orpheus]  Nach dem Tode des großen mythischen Sängers wurde seine Leier als das gleichnamige Sternbild an den Himmel versetzt. 323 Arion]  Im griechischen Mythos ein Dichter und Sänger, der von einem Delphin, der von seinem Gesang fasziniert war, vor dem Ertrinken im Meer gerettet wurde. Beide, Arion und der Delphin, wurden unter die Sterne versetzt. Vgl. L.s Anmerkung zu A III 497 (bei uns Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 216). 324 ſelbte]  Die Braut.  –  einen … Geiſt]  L.s Bruder als Bräutigam.  –  be­ freindeten]  ‚befreundeten‘. 325 durch jene Seiten]  D.h. durch die Saiten auf der Leier des Orpheus, von dem es hieß, daß er sowohl die belebte wie die unbelebte Natur mit seinem Gesang zu bezaubern vermochte. 328 Heuraths-Vergleich]  ‚Ehevertrag‘. 334–335  noch der Blitz … nicht zuverſehren weiß]  Nach Meinung des Altertums war der Lorbeerbaum gegen Blitzschlag gefeit. Lorbeerzweige benutzte man deshalb als Schutzmittel gegen Blitze; Kaiser Tiberius trug zu diesem Zweck bei Gewitter stets einen Lorbeerkranz. Dieser Aberglaube hängt damit zusammen, daß der Lorbeer wie dem Gott Apollo so auch Jupiter heilig war, von dem Blitze auf die Erde geschleudert wurden, wenn er erzürnt war. 338 unbeweglichen Angel-Sterne]  ‚unverrückbaren Polarstern‘.  –  irren]  ‚ab­ irren‘.



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339 Vergngung]  ‚Befriedigung‘. 340 ſchdlicher Orion]  Das Sternbild des Orion galt im Altertum als Verkünder und Bringer von Regen und Unwetter (vgl. Vergil, Aen. 1,535; Properz 2,16,51; Horaz, Epod. 10,10; 15,7). 343–344  Phoebus hat ſich … vergraben]  D.h., die Sonne ist untergegangen. Phoebus hier als der Sonnengott, der mit seinem Pferdegespann nach Beendigung seines Himmelslaufs am westlichen Ende der Welt in das Abendmeer (hier repräsentiert durch die Meergöttin Thetis) eintaucht. 344–345  Cynthie hat ſich … verſtecket] D.h., der Mond ist untergegangen. Cynthie = Cynthia, Beiname der hier als Mondgöttin angesprochenen Diana (nach ihrem Geburtsort, dem Berg Cynthus auf Delos). Endymion ist der schöne Jüngling, den die Mondgöttin liebte. 345–346  Diane umbfnget … Britomartes]  Soll dasselbe besagen. Dabei ist L. aber ein Irrtum unterlaufen. Britomartis (!) ist kein Liebhaber Dianas, sondern eine Nymphe, die zu ihren Gespielinnen gehört. Derselbe Irrtum unterlief L. auch in seiner ‚Venus‘, V. 1137–1141; s. hierzu Brancaforte, Lohensteins Preisgedicht ‚Venus‘ (1974), S. 116 f.

20.  Herrn Matthias Rauchmüllers Künſtlich erhöheter Raub der Sabinen in Helffenbein Mit dem Bildhauer, Maler und Elfenbeinschnitzer Matthias Rauchmüller bzw. Rauchmiller (geb. Radolfzell/Bodensee 1645, gest. Wien 1686) ist L. vermutlich während seiner Gesandtschaftsreise nach Wien 1675 bekannt geworden, wo Rauchmüller mit der Ausgestaltung des Langhauses der Dominikaner-Kirche beschäftigt war. 1676 entstand in Wien Rauchmüllers hier gerühmtes Werk, der heute in der Fürstlichen Sammlung Liechtenstein, Vaduz/Wien, befindliche Elfenbeinhumpen (s. Abb. 1, nach S. 440), auf dem in kunstvoller Schnitzarbeit der Raub der Sabinerinnen dargestellt ist. Sicher durch Vermittlung Lohensteins erhielt Rauchmüller in diesem oder im nächsten Jahr von der Herzogin Luise, Mutter des 1675 verstorbenen letzten Piasten, Herzogs Georg Wilhelm von Liegnitz, Brieg und Wohlau, den Auftrag, das Piasten-Mausoleum in Liegnitz mit Fresken und vier Statuen auszugestalten (das Bildprogramm dazu wurde anscheinend von Lohenstein entworfen). Nach Abschluß dieser Arbeiten in Liegnitz war Rauchmüller in Breslau tätig. Hier schuf er zwei Grabmale, die 1679 in der Magdalenen-Kirche aufgestellt wurden: eines für den 1678 verstorbenen Breslauer Ratsherrn Adam Caspar von Artzat (von L. gerühmt in Hya 10) und eines für den 1677 im Kindesalter verstorbenen Octavius Pestaluzzi. – Zu Rauchmüller s. Veronika Birke, Mathias Rauchmiller. Leben und Werk. Wien, Freiburg, Basel 1981; E. W. Braun-Troppau, Matthias Rauchmüller (1645–1686). In: Oberrheinische Kunst 9 (1940), S. 78–109; 10 (1942), S. 119–150; Christian Theuerkauff, Zu Matthias Rauchmillers Werk in Schlesien. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 7 (1962), S. 96–129; Gotthard Münch, Kaspar [!] von Lohenstein und Matthias Rauchmiller. In:

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Ebd. 11 (1966), S. 51–62; Adolf Feulner, Das Metternichdenkmal in Trier und sein Meister. In: Pantheon 1 (1928), Bd. 2, S. 553–557. Zu der Sage vom Raub der Sabinerinnen (ausführlich erzählt bei Plutarch, Ro­ mulus 14): Romulus stellte einige Zeit nach der Gründung Roms fest, daß die Stadt aufgrund eines Frauenmangels nicht über ausreichenden Nachwuchs zu gedeihlicher Weiterentwicklung verfügte. Die Lage wurde noch dadurch verschärft, daß die benachbarten Stämme, darunter auch die Sabiner, ihren Mädchen Hochzeiten mit römischen Männern verboten hatten. Romulus gab nun ein großes Fest zu Ehren des Gottes Neptun und lud die Männer aller Nachbarstämme zu Kampfspielen aus diesem Anlaß ein. Als die sabinischen Männer alle in diesen Spielen beschäftigt waren, stürzten sich die römischen Männer auf ein verabredetes Zeichen hin auf die jungen Frauen und Mädchen, die die sabinischen Kämpfer begleitet hatten, und nahmen sie mit sich. Die Kämpfer der Sabiner mußten dies geschehen lassen und zogen sich in ihre Wohnsitze zurück. vor 1  Knſtlich erhheter]  ‚kunstvoll als Relief gearbeiteter‘ (‚erhöhen‘ etwa: ‚in erhabener Form herausschnitzen‘).   1–2  rcke !…" fr]  ‚werfe vor‘.   2 ſie ſchwrtzend]  ‚ihren Ruhm verdunkelndes‘.   7–8  Der Raub … den Glantz]  Diese zwei Bronzen des griechischen Bildhauers Praxiteles (4. Jh. v. Chr.) nennt Plinius, Nat. hist. 34,69.   9–10  Daß dieſ’ … Weitzen-Krantz]  Ein historischer Hintergrund ließ sich hierfür nicht ermitteln.  – dieſ’]  Die die Trunkenheit darstellende Bronze. – jene]  Die Plastik, die den Raub Proserpinas durch den Unterweltgott Pluto darstellte.  –  die Kunſt]  Worauf diese Allegorie abzielt, ist dunkel.  –  einen Weitzen-Krantz]  Wohl weil Proserpinas Mutter die Getreidegöttin Ceres war. 13 Die Pallas Phidiens]  Die Statue der Pallas Athene im Parthenon zu Athen war neben der unten, V. 20, genannten prächtigen Statue des Zeus von Olympia (beide nennt Plinius, Nat. hist. 34,54) das zweite Hauptwerk des Phidias, des größten Bildhauers Athens (tätig 460–430 v. Chr.).  –  Po­ lyclets Latone]  Von Polyklet (Polykleitos), einem aus Argos stammenden Erzgießer und Goldelfenbeinkünstler der zweiten Hälfte des 5. Jh.s v. Chr., ist keine Statue der Göttin Latona bekannt. L. verwechselt ihn offenbar mit dem griechischen Maler und Bildhauer Euphranor (4. Jh. v. Chr.), der (lt. Plinius, Nat. hist. 34,77) ein Bildwerk schuf, das Latona darstellt, wie sie als junge Mutter ihre Kinder Apollo und Artemis trägt. 14 Lyſippens Hercules] Dieses Werk des Bronzebildners Lysippos (4. Jh.  v. Chr.) nennt Plinius, Nat. hist. 34,40.  –  Myrons Hecate]  Myron von Eleutherais war ein griechischer Bildhauer, hauptsächlich Erzgießer, des 5. Jh.s v. Chr. Seine hölzerne Statue der Göttin Hekate in deren Tempel in Aegina nennt Pausanias (2,30,2).



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Abb. 1: Matthias Rauchmüller: Elfenbeinhumpen (1676)

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15 Piſicratens Mercur]  Einen antiken Bildhauer Pisikrates gibt es nicht. L. meint offenbar Polyklet (s.  o . zu V. 13), von dem es ein Standbild des Merkur gab (erwähnt bei Plinius, Nat. hist. 34,55).  –  Praxitelens Dione]  L. meint die berühmte Aphrodite-Statue des Praxiteles (s.  o . zu V. 7–8), erwähnt bei Plinius, Nat. hist. 34,69. Dione ist ein anderer Name für die Liebesgöttin. 16 Sein herrlich Satyrus]  Eine Bronzestatue, die einen Satyr darstellte (Plinius, Nat. hist. 34,69).  –  Artemons Danae]  Artemon war ein Maler zur Zeit der Diadochen. Plinius (Nat. hist. 35,139) erwähnt sein Gemälde der Danaë (Geliebte des Zeus), das sie zusammen mit sie bewundernden Seeräubern darstellte. 17 Der Hirſch des Canachus]  Eine Bronzestatue des nackten Apollo zusammen mit einem Hirsch, gefertigt von Kanachos von Sikyon (tätig um 500 v. Chr.). Genannt bei Plinius, Nat. hist. 34,75.  –  Jphicratens Leene]  Gemeint ist ein Bildwerk des Phidias-Schülers Amphikrates (!), das die Hetäre Leaena darstellte (Plinius, Nat. hist. 34,72). 18 Leocrens Ganimed]  Gemeint ist des Athener Bildhauers Leochares (tätig von ca. 370–320 v. Chr.) Plastik, die den Adler des Zeus mit dem von ihm in dessen Auftrag geraubten schönen Knaben Ganymed darstellte (Plinius, Nat. hist. 34,79).  –  Praxitelens Alcmene]  L. verwechselt hier Praxiteles mit dem griechischen Bildhauer Kalamis, dessen Bildwerk der Alkmene (Ehefrau des trojanischen Helden Hektor) Plinius (Nat. hist. 34,71) rühmend hervorhebt. 19–20  des Phidias … Helffenbein]  S.o. zu V. 13. 21 Bryaxens Eſculap]  Bryaxis, griechischer Bildhauer der zweiten Hälfte des 4. Jh.s v. Chr., schuf eine Statue des Aesculap (Asklepios), erwähnt bei Plinius, Nat. hist. 34,73.  –  Praxitelens Gelcke]  Eine Marmorstatue der Bona Fortuna auf dem Kapitol, verfertigt von Praxiteles (s.  o . zu V. 7–8) nennt Plinius, Nat. hist. 36,23. 24 Gelſtet … Schaaren]  Sinn ist wohl der: ‚haben sie kein Interesse daran, in Konkurrenz zu der Bildervielfalt in Rauchmüllers Darstellung des Raubs der Sabinerinnen einzutreten‘. 30 zur Rthe]  D.h. zur Darstellung der Schamröte. 31 rege]  ‚bewegte‘. 32 Mauß]  ‚Muskel‘ (DWb 12,1819,7). 33 der Natur] Genitivattribut zu „Aehnligkeit“: ‚Ähnlichkeit mit der Natur‘. – geben]  ‚leisten‘, ‚vollbringen‘. 35 ſtcken]  ‚sticken‘. – nehen]  ‚nähen‘. 39 Preiß]  ‚Ruhm‘. 42 angewehret]  ‚angewendet‘ (vgl. E III 507). 45 jene]  Die Malerei (V. 43). 48 beyde zu entſcheiden]  ‚über beide ein Werturteil zu fällen‘ (DWb 3,596,3). 49 Wenn !…" gleich]  ‚auch wenn‘. 53 wiſſe ſich ſehr viel mit]  ‚möge sich viel einbilden auf‘ (zu ‚sich viel wissen‘ s. DWb 30,769,8).  –  der Berninen]  ‚von Leuten wie Bernini‘; gemeint

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ist der große italienische Bildhauer und Architekt der Barockzeit Gian Lorenzo Bernini (1598–1680). Quiris]  ‚der Quirite‘, d.  h . der Römer. den Silanion … unterwieſen]  Athenischer Bildhauer, vor allem Erzgießer, des 4. Jh.s v. Chr. Plinius (Nat. hist. 34,51) hebt bei ihm als bemerkenswert hervor, daß er ohne Lehrer berühmt geworden sei („in hoc mirabile, quod nullo doctore nobilis fuit“). ſticht !…" hin]  ‚sticht aus‘, ‚übertrifft‘. auff Schnecken es zu ſetzen]  Der Elfenbeinhumpen Rauchmüllers hat drei Füßchen, die mit kleinen Schneckenhäusern besetzt sind. ‚Schnecke‘ ist hier (im Hinblick auf „Perlen“ in V. 59) wie öfter bei L. als Synonym von ‚Muschel‘ zu verstehen. Cures]  Hauptstadt der Sabiner. Cupido]  = Amor.  –  Mavors]  = Mars, der Kriegsgott. Callimachus … Lacenen]  Plinius (Nat. hist. 34,92) führt von diesem aus Athen oder Korinth stammenden Bildhauer des späten 5. Jh.s v. Chr. das Werk „saltantes Lacaenae“ (‚Tanzende Spartanerinnen‘) an und fügt die kritische Bemerkung hinzu, daß bei ihm, wenn es auch ‚fehlerfrei‘ („emendatum opus“) sei, ‚doch alle Anmut durch (übertriebene) Genauigkeit verloren gehe‘ („sed in quo gratiam omnem diligentia abstulerit“). – verſtellt]  ‚entstellt‘. zu groſſer Fleiß]  In vorliegendem Kontext soviel wie Pedanterie. Theodorus]  Über diesen antiken Erzgießer und Architekten aus Samos ist nicht mehr bekannt, als Plinius, Nat. hist. 34,83, von ihm mitteilt: Er habe das Labyrinth von Samos geschaffen und von sich selbst eine Bronzestatue gegossen, die ihn darstellte, wie er in der rechten Hand eine Feile hielt und in der linken mit drei Fingern ein Viergespann mit einem Lenker, so klein, daß eine Fliege es mit ihren Flügeln bedecken könnte (eine solche habe Theodorus auch gefertigt). Vgl. LH 72–75. Lyſippus … Haaren]  Der oben (V. 14) schon genannte Bildhauer Lysippos soll sich u.  a . durch besonders naturgetreue Darstellung der Haare ausgezeichnet haben (Plinius, Nat. hist. 34,65). Geder]  Hier wohl = ‚Sehnen‘ (DWb 4,1629f.,3a/b).  –  Leontz]  In Nat. hist. 35,141 nennt Plinius einen Maler des 3. Jh.s v. Chr. namens Leontiskos, der den Aratos als Sieger mit einer Trophäe sowie eine Saitenspielerin gemalt habe. Gemeint ist hier aber wohl der vermeintliche Bildhauer gleichen Namens, der lt. Plinius, Nat. hist. 34,59, die Plastik eines Ringers geschaffen habe, die aber von einem entsprechenden Bildwerk des Künstlers Pythagoras aus dem italienischen Rhegion übertroffen worden sei. Plinius ist hierbei einem Irrtum erlegen. Leontiskos war der Name des Ringers, den Pythagoras dargestellt hatte (s. hierzu RE XII,2, Sp. 2051f., Nr. 1 u. 2).  –  wohl gebahren]  ‚korrekt verfahren‘. Lyſippens Recht und Ehre]  L. hat hier wohl infolge allzu flüchtiger Lektüre die Ausführungen des Plinius zu diesem Künstler (s.  o . zu V. 14), einem



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Zeitgenossen Alexanders des Großen, mißverstanden. Plinius berichtet von dem besonderen Interesse der Kaiser Tiberius und Nero an Werken des Lysippos (Nat. hist. 34,62.63) – woraus L. offenbar entnahm, daß dieser vorzugsweise für das römische Kaiserhaus gearbeitet habe.

21.  Sonnet Uber die Blumen der Hermione Vgl. mit diesem Sonett die ebenfalls dem Lob einer Hermione gewidmeten Sonette Ros 1 u. 22.   1   3   5   7   8 11 12 14

vor]  ‚zuvor‘, ‚bisher‘. fr]  ‚angesichts‘. mit Venus Blutte]  S.o. zu Ros 2,12. daß ihr … kßt]  Sinn ist wohl: ‚daß ihr euch (beschämt) in schattigem Dunkel aufhaltet‘.  –  wo]  ‚irgendwo‘. Lilgen]  Hier wie üblich als Inbegriff makelloser Weiße. daß ihr … bcket]  Aufforderung: ‚Bückt euch ja in den Schatten!‘ Spiegel-Kwell]  Ein Quell mit besonders klarem Wasser und spiegelglatter Oberfläche, hier als Inbegriff absoluter Reinheit und Makellosigkeit. Vgl. Ros 26,3–4.10. Perlen]  Ebenso wie die Lilie Inbegriff makelloser Weiße. Vgl. Ros 26,11.

22.  Jhre Augen Vgl. mit diesem Sonett die ebenfalls dem Lob einer Hermione gewidmeten Sonette Ros 1 u. 21. – Zum Thema vgl. Ros 23, 25 u. 27.   8 umbrennen]  Zu lesen: um-brennen, d.  h . hier: ‚(um die Stirn) herumbrennen‘. Vgl. das Opitz-Zitat in DWb 23,828: „wie flammen wald und berg umbbrennen“. 10 zu Bette gehn]  ‚untergehen‘ (wie der Sonnenwagen des antiken Mythos, der nach seinem Tageslauf ins ‚Abendmeer‘ [Atlantik] eintaucht). 11 ausſtehn]  ‚ertragen‘. 12 fr]  ‚vor‘. 13 Behlff]  = ‚Behilf‘: ‚Hilfsmittel‘.

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Kommentar

23.  Des Guarini 4. Madrigal Der Originaltext des 4. Madrigals des italienischen Dichters Giovanni Battista Guarini (1538–1612) mit der von L. in der Überschrift zitierten Anfangszeile findet sich in seiner 1598 in Venedig erschienenen Lyrik-Sammlung ‚Rime‘, hier auf Bl. 59v unter der Überschrift ‚Stanza d’Amore‘. Moderne Ausgabe: Opere di Battista Guarini. A cura di Luigi Fassò (1962), S. 449. – Zum Thema vgl. Ros 22, 25 u. 27.   4 Geſichte]  ‚Gesicht‘ hier: die Augen (DWb 5,4089,II,1f).

24.  Aus dem Italiänischen des Petrarcha im 1. Theile Sicherlich benutzte L. als Vorlage für seine Übersetzung dieses wie auch des folgenden Gedichtes von Francesco Petrarca (1304–1374) den zuerst 1525 erschienenen Petrarca-Kommentar von Alessandro Vellutello, vielleicht in der von mir eingesehenen, 1579 in Venedig erschienenen Ausgabe: Il Petrarca con l’espositione di M. Alessandro Velutello [!]. Beide Gedichte folgen mit ihren Kommentaren innerhalb der ‚Prima parte‘, hier auf Bl. 10 r (Ros 24) und 10 v (Ros 25), unmittelbar aufeinander. – Moderne Ausgabe: F. Petrarca, Canzoniere a cura di Marco Santagata (1996), S. 189 (Ros 24) u. 425 (Ros 25).   4   5   9 13

Mutter-Menſch]  Verstärktes ‚Mensch‘ (DWb 12,2823). Vgl. E II 332. fllt mir !…" bey]  ‚fällt mir ein‘.  –  Schirm]  ‚Abschirmung‘. kundbar]  Verstärktes ‚kund‘. der kleine Liebes-Knabe]  Amor bzw. Cupido.

25.  Gespräche des Buhlers und der Augen / aus dem Petrarcha Zur Quelle s. die Vorbemerkung zum Kommentar von Ros 24. – Zum Thema vgl. Ros 22, 23 u. 27. vor 1  Geſprche]  Alte Singularform.   3 es nicht ſteht ſchn]  ‚uns nicht gut steht‘.   4 beſchmertzen]  ‚Schmerz zufügen‘.   5–6  Drang nicht … nicht gehn]  S.o. zu Ros 6.2,49–50.  –  Kertzen]  Hier soviel wie ‚Augenlicht‘.   7 erhhn]  ‚hoch machen‘; vgl. das Adventslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit“.   8 deſſen]  Nämlich des Herzens.  –  ſtertzen]  ‚stürzen‘, ‚jählings scheiden‘. Vgl. Ros 11,93.   9 hlt!…" keinen Stich]  ‚ist nicht stichhaltig‘, ‚ist unbegründet‘.



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26.  !Sonett ohne Überschrift"   1 Beliſame]  So heißt (in der Form Belisama) in der Zweitfassung von L.s ‚Cleopatra‘ (C 2) eine der Dienerinnen Cleopatras. Eigentlich ist es der Name einer keltischen Göttin, die mit Minerva identifiziert wurde (s. dazu auch AnmL. zu C2 III 1).   4 nechſt]  ‚kürzlich‘, ‚jüngst‘.  – berfiel]  ‚unerwartet antraf‘ (vgl. DWb 23,204, 2a, α/β); ‚überfallen‘ hier also keinesfalls in der heutigen groben Bedeutung.   6 eitel]  ‚schlechthin‘. 10 wo]  ‚falls‘. 11 Die Perlen]  Inbegriff makelloser Weiße. Vgl. Ros 21,14. 13 Narciſſens]  Der schöne Jüngling der antiken Sage, der sich in sein eigenes Spiegelbild, das er in einer Quelle erblickte, verliebte und an unerfüllbarer Liebessehnsucht starb. Vgl. Ros 8,71.  –  billich]  ‚füglich‘. 14 wegen mein]  ‚um meinetwillen‘.

27.  Die Augen Zum Thema vgl. Ros 22, 23 u. 25.   1–3  Laſt Archimeden … geſtecket hat]  Der Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes (um 287–212 v. Chr.) soll, als die Römer im Zweiten Punischen Krieg (218–201 v. Chr.) seine Heimatstadt Syrakus belagerten (214–212 v. Chr.), die römische Flotte mit Brennspiegeln über eine große Entfernung hin in Brand gesteckt haben. Der Wahrheitsgehalt dieser Überlieferung ist stark umstritten.   4 Doris]  Meergöttin, Tochter des Okeanos und der Tethys; hier nur als Personifikation des Meeres.  –  fr]  ‚vor‘.   6 Blatt]  Hier soviel wie ‚dünne Fläche‘ (vgl. DWb 2,76,8).   8 anzuſchlagen]  ‚wirksam zu sein‘. 13 denen ſich … kan]  D.h. die kälter sind als Eis.

28.  !Das Hertze"   5 Sich mit !…" armt]  ‚in die Arme nimmt‘ (vgl. in DWb 1,557f. die Zitate aus L.s Arminius-Roman).   6 das Saltz]  Hier: ‚die Substanz‘, ‚das Wesen‘, gemäß dem Spruch Jesu Mt 5,13: „Ihr seid das Salz der Erde.“  –  regt]  ‚rege macht‘, ‚belebt‘. 11 als]  ‚wie‘. 14 Die]  Die Augen (s.  o . zu Ros 6.2,49–50).

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Kommentar

Hyacinthen 1. Ehren-Gedächtnüß Frauen Maria Elisabeth, Freyin von Bibran Maria Elisabeth, Freiin von Bibran, war eine Tochter von Daniel von Kunheim und dessen erster Ehefrau Anna Maria von Prittwitz und Stradam. Ihre Geburtsdaten sind unbekannt. 1652 heiratete sie Nicolaus Alexander, Freiherrn von Bibran. Sie starb am 12. Februar 1660 im Wochenbett nach der Geburt ihres dritten Kindes; die Beisetzung fand am 9. Mai 1660 in Breslau statt. Von dem Gedicht ist ein im Todesjahr erschienener Gelegenheitsdruck überliefert (s. Editionsbericht, S. 337). – Daten zu ihrer Biographie: Lenz, „Von der Kinder Gottes leben […]“ (2007), S. 167f. – Auch Andreas Gryphius verfaßte ein Epicedion zu diesem Trauerfall (wie der Erstdruck von Lohensteins Gedicht erschienen im Baumannschen Verlag zu Breslau). Der bis dahin in der Gryphius-Forschung völlig unbekannte Text wurde zuerst hrsg. von Lenz, a.a.O., S. 169–172 (S. 172, Anm. 246 Ankündigung einer kommentierten kritischen Ausgabe).   2   3   5   7

ſchleuſt … ein]  ‚in enge Schranken einschließt‘. mirb’]  ‚mürbe‘. zerdreh’t]  ‚zerrissen‘ (durch starkes Drehen); vgl. DWb 31, 667. Den Majoran in’s Haar]  Offenbar zu L.s Zeit in Schlesien bei Beisetzungen geübter Brauch. Im deutschen Aberglauben gilt Majoran als gutes Mittel zur Abschreckung böser Geister (HWDA 5,1539).  –  Zipreſſen]  Zypressenzweige, von alters her bei Leichenfeiern in Gebrauch.   8 beſchmertzten]  ‚von Schmerz heimgesuchten‘, ‚leidenden‘; vgl. IS III 544.   9–10  es !…" es]  Das Gesetz der Natur (V. 1). 12 weicht den Flammen] ‚gibt dem Feuer nach‘ (durch Weichwerden und schließliches Schmelzen). 13 beitzet !…" entzwei]  ‚löst auf‘; vgl. Frühnhd. Wb. 3,1060,4. Zur Sache (Auflösung von Perlen in Essig) vgl. A I 60; C III 37.466. 14 dieſer Schluß]  D.h. der eherne Entscheid des Naturgesetzes. 16 ſtehn … frey]  ‚stehen angesichts von Hitze und Regen unangefochten / unbeschadet‘ (zu „frey“ vgl. DWb 4,99 f.,1). 17 Wenn]  ‚während‘. 19 Nord]  ‚Nordwind‘. 21 Haare]  Hier (wie lat. ‚comae‘) ‚das Laub‘ (vgl. DWb 10,12,5). 22 Weſt]  ‚Westwind‘. – Pomerantz-Baum]  ‚Orangenbaum‘. 23 reucht]  ‚riecht‘. 24 Biſam-Safft]  Bisam (= Moschus) hier stellvertretend für Wohlgeruch schlechthin. 28 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. 30 mit nichte]  ‚mitnichten‘, ‚durchaus nicht‘; vgl. DWb 13,695,4b,η. 31 Der Leib hat … Raum]  ‚Nur dem Leib bietet das Grab Raum.‘



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33 ihr]  Der ‚güldnen Blume‘ (V. 29).  –  zum Lichte]  D.h. zur Erleuchtung, zu Einsicht und Erkenntnis (nämlich des Wertes rühmlicher, tugendhafter Lebensführung). 34 bald]  ‚sogleich‘. 35 Sonnen des Geſicht’s]  ‚Augen‘. 36 in der Nacht]  D.h. hier: ‚in der Finsternis des Grabes‘.  –  sein]  ‚sind‘. 37 Trckſ’]  ‚Türkise‘, hier als Metonymie für ‚Bläue‘. 39 mahl’t]  ‚verziert‘; vgl. DWb 12,1501,2. 40 kringlicht]  ‚gekräuseltes‘. 41 Mund-Korallen]  Korallen hier als Inbegriff der Röte. Vgl. A III 257. 48 Schmaragden]  Hier offenbar ein aus Smaragd gefertigtes oder mit Smaragden verziertes Gefäß. 49 Agſtein]  ‚Bernstein‘. 50 Ambra]  Sehr kostbarer Duftstoff, gewonnen aus einer wachsartigen, graubis schwarzfarbigen Masse, die aus dem Darm von Pottwalen stammt. 51 Balſam]  Eigtl. das Harz des Balsambaumes. Hier wohl nur ein als Brennstoff verwendetes kostbares Lampenöl, das angenehmen Duft verbreitet. 54 Schaut … klimmen]  Als Frage zu lesen. 55 ſchier]  ‚fast‘, ‚beinahe‘. 56 auch … Schmertzens-Pflaſter]  ‚nicht das einzige Pflaster (Heil- / Linderungsmittel) für unseren Schmerz‘. 57 Umbhll’]  ‚Umhüllung‘, ‚Hülle‘. 61 Mauſolus theure Grufft]  Artemisia II., Schwester und Gemahlin des karischen Satrapen Mausolos von Halikarnassos (4. Jh. v. Chr.), ließ ihrem über alles geliebten Ehemann nach dessen Tode ein gewaltiges Grabmal (Mausoleum) errichten, das zu den sieben Weltwundern zählte.  –  theure]  ‚aufwendige‘. 63 ’s groſſe Nichts]  Die Welt. 64 ewig hier außrufft]  ‚hier für ewig ausgibt‘. 65 als]  ‚wie‘. – verzihen]  ‚verwandeln‘, ‚auflösen‘; vgl. IS IV 390: „Und alles Wetter ſich in Sonnenſchein verziehen.“ 66 Lorber-Krantz]  Hier metonymisch für Auszeichnungen aus Anlaß großer Verdienste. 69 Compaß]  Der Ton lag zu L.s Zeit auf der zweiten Silbe!  –  das Wort]  D.h. das Wort Gottes, die Heilige Schrift.  – Norden-Schein]  ‚Leuchten des Nord- bzw. Polarsterns‘ (als Orientierungszeichen der Seeleute). 73 Welt Siren’]  Lies: ‚Welt-Sirene‘: Die Sirene des antiken Mythos, die mit ihrem verführerischen Gesang Seeleute enlockt, um sie zu töten und aufzufressen, hier als Sinnbild der die Welt durchwaltenden Anreizungen zur Sünde. – Wolluſt-Zirtzen]  Anspielung auf die verführerische Zauberin Kirke, die des Odysseus Gefährten in Schweine verwandelte. 75 Hell’]  ‚Hölle‘. – Ach]  Hier als neutrales Substantiv wie in ‚Ach und Weh‘, in der Bedeutung von ‚Leid‘ oder ‚Schmerz‘. Vgl. C III 202: „täglich’s ach“ (‚tägliche Pein‘).

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nicht ein Haar]  ‚nicht im geringsten‘; vgl. DWb 10,19 f.,17b. Die zwar die Wehmuth]  Subjekt ist „die Wehmuth“. bald]  ‚gleich‘. Fabeln]  Hier soviel wie ‚nichtige, gegenstandslose Erfindungen‘. fr Schminck]  ‚statt der Schminke‘, die in der Welt den „wahren Schmuck“ ersetzt. 93 fauler]  ‚übler‘, ‚schlimmer‘; vgl. DWb 3,1369 f.,3. 94 Diß einige]  ‚einzig dies‘. 98–99  Die Anführungszeichen am Anfang dieser beiden Verse sind die zeitüblichen Markierungen für eine Sentenz. 99 ihm]  ‚nur sich selbst‘.

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2.  Seele Herren George Friedrichs von Artzat und GroßSchottkau Der Jurist Georg Friedrich von Artzat und Groß-Schottkau, getauft am 21. Juli 1605 in Breslau, verstorben ebendort am 13. März 1665, beigesetzt am 29. März d.J., studierte ab 1622 an den Universitäten Leipzig, Tübingen und ­S traßburg und gehörte von 1639–1662 abwechselnd als Schöffe und Senator dem Rat der Stadt Breslau an; seit 1656 war er Ratsältester. Wegen schwerer, mit ­B ettlägerigkeit verbundener Krankheit hatte er sein Amt schon ca. zwei Jahre vor seinem Tode aufgeben müssen. 1636 hatte er in Breslau Eva Maria von ­S ebisch (1613–1680) geheiratet; aus der Ehe gingen vier Söhne (der erste verstarb schon in frühestem Kindesalter) und eine Tochter hervor. – Von L.s Gedicht ist ein im Todesjahr erschienener Gelegenheitsdruck überliefert (s. Editionsbericht, S. 337). Auch Hoffmannswaldau, Ratskollege Artzats, widmete dem Verstorbenen einen ­poetischen Nachruf, adressiert an dessen Sohn Adam Caspar: Trauer-Schreiben an (Titul.) Herrn Adam Casparn von Artzat […] Wegen seligen Absterbens Seines […] Vatern, deß […] Herrn George Friedrichs von Artzat und Groß-Schotkaw […]. Breslau: Baumannsche Druckerei 1665; in Hoffmannswaldaus ‚Begräbnüß-Gedichte‘ aufgenommen unter der Überschrift ‚Trauer-Schreiben an einen guten Freund‘. Letzteres in: Hoffmannswaldau, Gesammelte Werke, hrsg. von F. Heiduk, Bd. 1, Tl. 2 (1984), S. [716]-[720]. – Daten zu seiner Biographie: Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 1 (1986), S. 31–35; Markgraf/Frenzel, Breslauer Stadtbuch (1882), S. 71; Noack, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1999), S. 367 f.; ders., Die Gelegenheitsdichtung Hoffmannswaldaus (1998), S. 981 f.   5 Gott ſein Bildns]  Gen 1,27.   6 verſtellt]  ‚verzerrt‘; vgl. V. 53.   7 ein Jcarus]  Ikarus stürzte bei seinem Flug mit den ihm von seinem Vater Daedalus gefertigten Flügeln ab, weil er entgegen dessen Warnungen der Sonne zu nahe kam und dadurch die Wachsverbindungen, die die Flügel zusammenhielten, schmolzen.



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12 fr]  ‚vor‘. 13 der ſie … hencket] Plato, Phaedrus 246A-D.  – noch itzt] ‚auch jetzt noch‘, hier im Sinne von ‚dessen ungeachtet‘. 14 Viel Formen ihr ſchreibt zu]  Plato, De re publica 10,16,619B-620D.  –  ſie Gottes Tochter heißt]  Vgl. ebd. 10,11,611E. 15 zuſtehn]  ‚zugestehen‘, ‚zugeben‘; vgl. DWb 32,850,11.  –  in Lethens Flutt getrncket]  ‚mit Wasser der Lethe getränkt‘, d.  h ., sie hat davon getrunken: Plato, De re publica 10,10,16,621A-B.  –  Lethens]  Lethe ist der Fluß in der Unterwelt, aus dem die Seelen der Verstorbenen trinken, um ihr vergangenes Leben zu vergessen. 16 Eitelkeit]  ‚Vanitas‘, ‚Nichtigkeit‘. 19 kitzeln !…" uns]  Hier etwa: ‚machen uns lustig über‘.  –  der gelehrten Heyden]  D.h. der vorchristlichen antiken Gelehrten und Philosophen. 20 ſo frembden Talg]  D.h. so unpassend fremdartige Bestandteile und Eigenschaften. Vgl. V. 48. 21 vernnfftig unterſcheiden]  ‚mit kühler Vernunft (unvoreingenommen) differenziert betrachten‘. 24 Kan ſie Empedocles recht Elementiſch ſprechen] ‚kann Empedokles sie (= seine Zeitgenossen) als recht den Elementen verhaftet bezeichnen‘. Offenbar Anspielung auf das Fragment Diels/Kranz 31 (Empedokles), Nr. 26, in dem Empedokles (5. Jh. v. Chr.) davon spricht, daß Menschen und Tiere laufend entstünden und vergingen in der Mischung und Trennung der Elemente. 25 Des Zepters Gold iſt Glaß]  D.h. die Herrschaft ist zerbrechlich. Zu dem Bild vgl. die lateinische Widmung zu L.s ‚Cleopatra‘, V. 1 f. (bei uns Abt. Dramen, Bd.1,1, S. 146 f.), ferner C III 100, IV 533, V 5.  –  der Pur­ per]  Ebenso wie „Zepter“, „Krone“, „Throne“ Sinnbild von Herrschaft, wegen der Purpurmäntel der römischen Kaiser. 26 ein Schein]  ‚ein wesenloses Trugbild‘. 27 an dieſer Aſche]  ‚an diesem Müll‘. 28 verklrter]  ‚verherrlichter‘; vgl. Hya 5,197; DWb 25,651 f.,3b. 29–30  des Leucippus Wahn … aus rundtem Sonnen-Staube]  Eigtl. Demokrit, der, auf der Lehre des Leukippos (griech. Philosoph des 5. Jh.s v. Chr.) aufbauend, lehrte, daß die Seele ein kugelförmiges Atom aus Feuer sei, das sog. ‚Sonnenstäubchen‘. Vgl. Diels/Kranz 67 (Leukippos), Nr. 28. 33 Drackens]  L. meint den englischen Seefahrer Francis Drake (ca. 1540– 1596). 34 Columbens]  Christoph Columbus (ca. 1451–1506), der Entdecker Amerikas. 35 Hippons Wahn]  Der Naturphilosoph Hippon (Vorsokratiker) lehrte, daß die Seele im Feuchten ihren Ursprung habe. 37 Midas]  Der mythische König, dem alles, was er berührte, zu Gold wurde. 38 Abgrunds Schlund]  ‚Höllenschlund‘; vgl. IS I 675, II 382.

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39 Der Geitz]  ‚die Habgier‘.  –  daß ein HErr … zu gebothe]  Vermutlich Anspielung auf eine antike Anekdote. 40 ein ſchon Rechelnder … geſund]  Dadurch, daß er einen tüchtigen, aber auch sehr einnahmefreudigen Arzt übermäßig belohnt. 41–42  den Wahn Xenophanens … Erd und Flutt zuſammen]  Der Vorsokratiker Xenophanes (5. Jh. v. Chr.) lehrte, daß die Seele aus Erde und Wasser bestehe. Vgl. Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis 1,14,20. 43 ihnen]  ‚sich‘. – Geſichte]  Mehrdeutig: ‚Vision‘, ‚Geistererscheinung‘, ‚Traumbild‘ oder dgl. 45 Brnſte]  ‚Feuerbrände‘. 46 Salamander]  Im Hinblick auf deren Unempfindlichkeit gegenüber dem Feuer, die für die Autoren der Frühen Neuzeit, so auch L., außer Frage stand (vgl. L.s Anm. zu S II 496; bei uns Abt. Dramen, Bd. 3,1, S. 630– 633). – gleichen]  ‚gleichstellen‘. 47–48  Parmenides … Talg und Weſen]  Auch Parmenides war ein Vorsokratiker des 5. Jhs. v. Chr. Quelle für den Hinweis auf seine Seelenlehre war auch hier vermutlich Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis 1,14,20. – Talg]  Im Sinne von ‚Hauptbestandteil‘; vgl. V. 20. 49 gepreſſet]  ‚zurückgedrängt‘ (DWb 13,2107,4). 51 Crates Meinung]  Vermutlich denkt L. hier an den Kyniker Krates von Theben (4. Jh. v. Chr.); ein Quellenbeleg für die in V. 52 wiedergegebene Lehre zum Verhältnis Seele/Leib läßt sich aber nicht beibringen. 52 Daß ohne Seele … rhrt]  Der Sinn ist unklar. Gemeint ist vermutlich: ‚daß der Leib nur ohne Beteiligung der Seele in Bewegung kommt‘. 53 das Ebenbild … verſtellet]  Vgl. V. 5 f. 54 das Himmliſche zum Jrrdiſchen]  D.h. die Seele zum Leib. 55 Myrrh’ und Ambra]  Als Wohlgeruch verbreitende kostbare Substanzen. 57 Verterbend Balſam]  ‚Balsam, der faulig wird‘ (hier wie Myrrhe und Ambra als wertvoller Duftstoff). Vgl. Hya 3,11. 58 ſein]  ‚sind‘. 59 Schlangen-Eyter]  Soviel wie Schlangengift. Vgl. „Drachen[=Schlangen]Eyter“ in C II 424 und „Eyter von den Drachen“ in A V 829. 60 klimmt !…" weiter]  ‚klimmen‘ (= ‚steigen‘) hier bildlich gemeint: ‚steigert sich‘, ‚gewinnt an Wirkung‘. 61 gar]  ‚ganz‘, ‚völlig‘. 63 bldes]  ‚schwaches‘. – allbereit]  ‚längst schon‘. 64 ſchlecht]  ‚lediglich‘, ‚nichts weiter als‘; vgl. DWb 15,529 f.,13a.  –  Koth]  Hier im Sinne von ‚Erdreich‘ bzw. einer das Erdreich bildenden Masse, wie z.  B . Lehm. Vgl. DWb 11,1893 f.,4. 65 Weil beyder Heraclit … kan lernen]  Will man hier nicht einen groben, heute nicht mehr richtigzustellenden Druckfehler annehmen, bleibt zur Herstellung eines brauchbaren, kontextgemäßen Sinnes nur die Annahme, daß L. hier ausnahmsweise einmal dem Metrum zuliebe die Wortfolge deutschem Sprachgebrauch zuwider willkürlich verändert hat und der Vers so zu lesen



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wäre: „Weil Heraclit aus der Natur beyder [nämlich ‚Koth und Waſſer‘] kann lernen“. Offenbar spielt L. auf das folgende Fragment des Vorsokratikers (5. Jh. v. Chr.) an: „Für Seelen ist es Tod, Wasser zu werden, für Wasser aber Tod, Erde zu werden. Aus Erde aber wird Wasser und aus Wasser Seele.“ (Diels/Kranz 22 [Herakleitos], B 36). 68 Tacht]  ‚Docht‘. – der Weißheit]  Dativ: ‚für die Weisheit‘. 72 in Sonnen-Zirckel ſchreiben]  „Sonnen-Zirckel“ hier = Sonnenzyklus, „zeitraum von 28 jahren, nach dessen ablauf die wochentage (nach dem Julianischen kalender) wieder auf dieselben monatstage fallen“ (DWb 16,1706,3). D.h., der Nachruhm großer Geister, die ihr Leben ganz der Weisheit gewidmet haben, erstreckt sich so weit in die Zukunft, daß er zweckmäßigerweise nicht nach Jahren, sondern nach Sonnenzyklen bemessen wird. 73–74  Avendakis … Glieder ſind]  Avendakis ist offenbar verderbte arabische Namensform des vorsokratischen Philosophen Empedokles (5. Jh. v. Chr.). L. nimmt hier Bezug auf einen Satz im ‚Liber de anima‘ des Avicenna Latinus (der mittelalterlichen lateinischen Übersetzung der Werke dieses arabischen Philosophen), den er in einem zeitgenössischen philosophischen Werk über die menschliche Seele zitiert gefunden haben mag, nämlich: „Tunc ergo posuit animam compositam ex his quae vidit esse elementa, et hic est Avendecliz [= Empedokles], qui posuit animam compositam ex quattuor elementis et ex victoria et amore.“ (Avicenna Latinus, ed. S. van Riet: Liber de anima I–II–III [1972], S. 41 f.). Vgl. auch ebd., S. 54, Z. 62–64, u. Aristoteles, De anima I,2,404b11–15. 78 nehren]  ‚nähren‘ im Sinne von ‚hegen‘. 80 Als !…" gleich]  Verschmelzung der temporalen Konjunktion ‚als‘ mit der konzessiven ‚ob gleich‘. 82 Ach]  S.o. Anm. zu Hya 1,75. 85 wßriges]  ‚Unfestes‘, ‚Zerfließendes‘; vgl. DWb 27,2428,4a.  –  vernderlicher Schlsse]  ‚wechselhafter / wetterwendischer Entschließungen‘. 88 gldne Pofiſte]  ‚übergoldete Boviste‘. Ein Bovist ist ein kugelförmiger Pilz, der, wenn er aufplatzt und seine Sporen verstäubt, zugleich einen üblen Geruch verbreitet. Vgl. IS II 639. 90 alle Pvels-Luſt]  ‚Lüste und Genüsse der gewöhnlichsten Art‘. 93 keinen nicht]  ‚niemand‘ („nicht“ ist Verstärkung von „keinen“).  –  kieſen]  ‚erwählen‘. 94 ihm]  ‚sich‘. 95 Weil]  ‚solange‘. – Guttalus]  Zur Zeit L.s verstand man darunter die Oder; heute deutet man den Namen auf den Pregel. Er findet sich bei Plinius, Nat. hist. 4,100 in einer Liste der ins Meer fließenden Flüsse Germaniens. – Budorgis]  Alter lateinischer Name für Breslau (s.  o . zu Ros 14,13). Vgl. Hya 4,72; 18,131. 96 ſie]  Die Stadt Breslau.  –  Brger-Krntze]  Anspielung auf die corona civica, einen Kranz aus Eichenlaub, der im alten Rom an Bürger verliehen wurde, die einem Mitbürger in einer Schlacht das Leben gerettet hatten.

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  99 ſternend]  ‚wie ein Stern strahlender‘; vgl. Ros 5.1,24; 6.2,75; 13,11; A V 303. – Dampf]  ‚Dunst‘. 101 vorhin]  ‚zuvor‘. 102 der Sohn]  Der älteste der damals noch lebenden Söhne des Verstorbenen: Dr. iur. Adam Caspar von Artzat (1637–1677), der, schon 1663 als Nachfolger seines Vaters in den Rat kooptiert, bei dessen Tode Schöffe in Breslau war und 1671 Senator und Oberkämmerer wurde (s. Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 1 [1986], S. 32; Noack, Die Gelegenheitsdichtung Hoffmannswaldaus [1998], S. 982). Nach seinem Tode schrieb L. ein Gedicht auf sein von Matthias Rauchmüller geschaffenes Grabmal in der Breslauer Magdalenen-Kirche (Hya 10). 104 ſich mit ihrem Namen trgt]  ‚sich mit ihrem Namen beschäftigt‘; vgl. DWb 21,1109,C,2b. 105 in den verdammten Hlen]  ‚in der Hölle‘. 106 Calp’ und Thule]  Metonymisch für Süd und Nord.  –  Calp’]  Calpe ist ein hoher Berg an der gaditanischen Meerenge (Straße von Gibraltar), heute Gibraltar; mit dem Berg Abila auf der gegenüberliegenden afrikanischen Küste bildete er die ‚Säulen des Herkules‘.  –  Thule]  Im Altertum Name einer Insel, die sich im äußersten Norden der Erde befinden soll. 107 Ziel]  Hier soviel wie ‚letzte Station‘, ‚Endpunkt‘. 108 Macht Anaximenes … zu Luft-geſchpfen]  Der Vorsokratiker Anaximenes (6. Jh. v. Chr.) meinte, daß die Seele aus Luft bestehe. Vgl. Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis 1,14,20. 112 nur]  Zu beziehen auf „Von Chriſten“!  –  in Mohnden-Kreiß geſtzt]  Etwa: ‚in das Rund des Mondes versetzt / eingeschrieben‘ (als Metapher für überzeitlichen Ruhm). 113 aus Gottes Geiſte ſchreiben]  ‚vom Geiste Gottes herschreiben‘. 114 Zweck]  ‚Ziel‘. – Sonnen-Zirckel]  Es fragt sich, ob hier, wie offenbar in V. 72, der Zeitraum des Sonnenzyklus gemeint ist oder, in Analogie zu „Mohnden-Kreiß“ (V. 112), die ‚Sonnenscheibe‘ (vgl. DWb 16,1706,3). 115 tritt die Sterne mit den Fſſen]  ‚wandelt über den Sternen‘. 116 ſticht !…" weg] ‚übertrifft‘, ‚stellt in den Schatten‘.  – erſtem]  Hier wohl: ‚vorzüglichstem‘. 117 Galile]  Der Astronom Galileo Galilei (1564–1642). 118 Schauglaß]  ‚Fernrohr‘. – an Sonnen] ‚an der Sonne‘. – manchen Fleck]  Die Sonnenflecken, die 1610 von Galilei und, unabhängig von ihm, von zwei anderen Gelehrten entdeckt wurden. Vgl. Ros 8,37; Hya 5,70; C II 350–351; E V 558. 120 als]  ‚wie‘.



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3.  Wahrer Adel Herrn Siegmund von Buchers Siegmund Pucher 1 von der Puche, Abkömmling einer Breslauer Ratsfamilie (s. Markgraf/Frenzel, Breslauer Stadtbuch [1882], S. 116), geb. 1608/09, gest. am 23. April 1667 in Breslau, beigesetzt am 1. Mai 1667, studierte seit 1627 an der Universität Frankfurt a.d. Oder und seit 1629 in Leiden (hier Studium der Jurisprudenz). Er war verheiratet mit Maria Magdalena von Kyckpusch (1626–1693), mit der er zwei Söhne hatte: Cunrad (gest. 1704) und Hermann (1648–1705), mit dem das Geschlecht ausstarb. Diese Daten verzeichnet Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 3 (1988), S. 281. – Weiteres über sein Leben ist nicht bekannt, mit Ausnahme dessen, was sich den Versen 71–88 in L.s Gedicht entnehmen läßt: daß er die Niederlande, Frankreich, England, Italien und Sizilien bereist, ferner Sardinien, Korsika, Malta und Korfu besucht, aktiv an dem Sieg der Venezianer über die türkische Flotte (1656) mitgewirkt und nach seiner Heimkehr dem Vaterland in Frieden und Krieg nützliche Dienste geleistet habe. – Von L.s Gedicht ist ein im Todesjahr erschienener Gelegenheitsdruck überliefert, als weiterer Textzeuge eine Abschrift in der Sammelhandschrift Ms. germ. fol. 768 der Berliner Staatsbibliothek (s. Editionsbericht, S. 338 u. 344).   2   4   6   8

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grbt]  ‚eingraviert‘, ‚einmeißelt‘. etzt]  ‚skulptiert‘; vgl. V. 88.  –  Marmel]  ‚Marmor‘. ſeyn]  ‚sind‘. Themiſtoclen … ſchlaffen ein]  Das Siegeszeichen des Miltiades, des Siegers von Marathon, ließ den jungen Themistokles, den späteren großen Staatsmann und Feldherrn Athens zur Zeit der Perserkriege und Sieger in der Schlacht von Salamis (480 v. Chr.), nicht schlafen (Plutarch, Vitae parallelae: Themistokles 3,4). Vgl. LGW 70–71. Balſam]  Hier nur zu verstehen als kostbarer Duftstoff.  –  reucht … in dem Grabe]  Vgl. Hya 2,57. Firns]  Firnis, durchsichtiger Überzug von Gemälden, zur Auffrischung oder zum Schutz, zu L.s Zeit gewöhnlich Leinöl. Schmeltz]  Schmelzglas, ein „durch Schmelzen gewonnenes gefärbtes metallisches Glas“ (DWb 15,1010,1). Vgl. IS, Prolog 74. Feuerwurm]  ‚Leuchtkäfer‘, ‚Glühwürmchen‘.  –  der nur … glntzt]  Will sagen: ‚der nur beim unwissenden gemeinen Volk als glanzvoll wahrgenommen wird‘. Pyrrhus … Achillens Schilden]  Pyrrhus, auch Neoptolemus genannt, war der Sohn des Achilles. Nach dem Tode seines Vaters wurden dessen von Hephaestus im Auftrag seiner Mutter Thetis geschmiedete Waffen mitsamt

So die korrekte Form des Familiennamens, wie sie sich auch auf der Titelseite des Erstdrucks von L.s Gedicht findet. Die Form „Bucher“ im Nachdruck innerhalb der ‚Hyacinthen‘ (Überschrift sowie V. 37, 49, 57, 70 u. 121) ist höchstwahrscheinlich Lapsus L.s.

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dem kunstreich ausgestalteten Schild dem Odysseus zugesprochen. Dieser gab sie an Pyrrhus bzw. Neoptolemus weiter. Vgl. u.  a . Apollodorus, Epitome 5,11. 18 geht !…" nach]  ‚schließt sich an‘. 23 die Feder]  Die Schreibfeder als Sinnbild intellektueller Kompetenz (V. 24: „hoher Witz“). 26 Muß Sonnen … knnen ſehn]  Die dem Adler zugeschriebene Fähigkeit, das volle Licht der Sonne ohne Blinzeln ertragen zu können, geht auf die Tierkunde der Antike zurück (vgl. Aristoteles, Hist. animal. 9,34; Plinius, Nat. hist. 10,10; 29,123). Es hieß, daß er daran die Echtbürtigkeit seiner Jungen zu überprüfen pflege und alle die aus dem Nest werfe, die beim Blick in die Sonne blinzelten oder tränende Augen bekämen. Vgl. V. 109 f. u. A I 605, III 434.  –  unverblnd’t]  ‚ohne geblendet zu sein‘. 27 Muß]  ‚darf‘. – lichten Streichen] ‚gleißenden Blitzschlägen‘ (vgl. DWb 19,1162,5). 28 Klau]  ‚Pranke‘, ‚Tatze‘.  –  drehn]  ‚zudrehen‘, ‚zukehren‘. 29 zwey Seulen]  Nämlich „Feder“ und „Degen“ (V. 23), hier metaphorisch gefaßt als die ‚Säulen des Herkules‘ („Alcidens Ziel“, V. 31): der Berg Calpe an der gaditanischen Meerenge (Straße von Gibraltar), heute Gibraltar, und der Berg Abila auf der gegenüberliegenden afrikanischen Seite. Diese Säulen soll Herkules errichtet haben nach seiner Reise durch Libyen im Anschluß an seine zehnte Arbeit, um der Nachwelt anzuzeigen, wie weit er gekommen war: nämlich bis ans Ende der damals bekannten Welt. 31 Alcidens]  Alcide = Herkules, nach seinem Großvater Alceus. 33 Regung]  Hier etwa: ‚Antrieb‘ oder auch ‚Ausrichtung des eigenen Handelns‘. Vgl. Hya 18,56; LGW 721. 33–34  des Orfeus gldne Leyer !…" in Sterne ſich verkehrt]  Die Leier des Orpheus (hier als Repräsentant der intellektuellen Kompetenz des wahren Adels) wurde nach seinem Tode als Sternbild an den Himmel versetzt. 34 Alcidens blutt’ge Keul’]  Das Sternbild des Herkules stellt der Sage nach den eine Keule schwingenden Herkules dar. 35 Die]  Unklarer Bezug. Gemeint sind aber zweifellos diejenigen Vertreter des Adels, die den in den Versen 21–34 geschilderten Handlungsmaximen des wahren Adels gefolgt sind. 39 Pharos]  Leuchtturm, eigtl. der antike Leuchtturm vor Alexandria, auf der gleichnamigen Insel, die durch einen Damm mit dem Festland verbunden war – eines der sieben Weltwunder. 40 Ankunft]  ‚Abkunft‘, ‚Herkunft‘.  –  fr]  ‚als‘. 42 Der Hfligkeit]  ‚einem höfischen Lebensstil‘; vgl. DWb 10,1690,1. 44 der erſte Seelen-Leim]  ‚das hauptsächliche Hemmnis, das die Seele an ihrer Vervollkommnung hindert‘. Anders Hya 7,36. 45 Mit den zwey Schlangen]  Der Ton liegt auf „den“: Unwissenheit und unkultivierter Lebensstil, für die hier metaphorisch die zwei Schlangen ste-



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hen, die die mißgünstige Juno dem kleinen Herkules in die Wiege warf und die dieser ohne weiteres erwürgte. Ebentheuer]  ‚Abenteuer‘. groß Gemtte]  ‚großer Geist‘.  –  dmpfen]  ‚besiegen‘; vgl. DWb 2,717 f.,2. im letzten Zirckel]  Hier sicher: ‚im hintersten Winkel‘; „Zirckel“ also im allgemeinen Sinne von ‚Gebiet‘ oder ‚Bezirk‘ (vgl. DWb 31,1596 f.,II B,3b). iſt !…" fort gefahren]  ‚hat Fortschritte gemacht‘ (für diese Bedeutungsnuance kein Beleg im DWb).  –  ſichtbar]  ‚sichtbarlich‘, ‚sichtlich‘; vgl. DWb 16,741,4. ieden !…" nebſt Jhm] ‚jeden neben ihm‘, d.   h. jeden Altersgenossen. – berwachſen]  ‚an Wachstum übertroffen‘. Buchs-Baums]  Offenbar Spiel mit dem Familiennamen des Verstorbenen. an Aloe ein Blat]  Diese Feststellung extrem langsamen Blattwachstums bei der Aloe beruht sicher auf Beobachtungen bei der Aloe-Aufzucht in Nord­ europa. wahrſagt]  ‚sagt voraus‘, ‚kündigt an‘. Pfropfer]  ‚Pfropfreiser‘. – Spannen]  Altes Längenmaß; lt. Zedler 38,1205, „ungefehr der dritte Theil einer Elle, oder 8 bis 9 Zoll“. Ob sie !…" taugen wolln]  Noch abhängig von „wahrſagt“ (V. 53).  –  Her­ mes Bild’]  L. meint die Hermen: viereckige Pfeiler mit dem Kopf des Hermes an der Spitze, die im antiken Griechenland auf öffentlichen Straßen und Plätzen, vornehmlich an Kreuzwegen, aufgestellt wurden. Eine solche Herme könnte vielleicht aus einem Baumstamm geschnitzt werden, der einmal aus jenen ‚Pfropfern‘ (V. 55) herangewachsen ist. Bthe]  ‚Beet‘. Zeichen]  ‚Tierkreiszeichen‘. der Adern edle Tugend]  ‚edle Inhalte und Kräfte der Gesteinsadern‘, z.  B . Gold. Gutts]  ‚Gutes‘, ‚Vortreffliches‘.  –  ſie beide]  Fluß und Mensch. andrer Aberwitz]  „andrer“ ist Gen. Pl.: ‚der in anderen Ländern oder Völkern verbreitete Aberwitz‘.  –  was mehr]  ‚einiges mehr‘. durch Bewegung]  Bedeutet hier konkret: ‚durch Ausfuhr in andere Länder und Regionen‘. Das Marck]  ‚Mark‘ im Sinne von ‚Bodenschätze‘ (ebenso Hya 5,30), hier: Silber; vgl. DWb 12,1631 f.,6a/b.  –  Potoſi]  Stadt im südlichen ZentralBolivien, am Fuße des Cerro de Potosi, eines Gebirgsstocks, dessen Silberreichtum von den spanischen Kolonisatoren seit 1545 ausgebeutet wurde. – war … Sand]  Will sagen: ‚galt im Ursprungsland überhaupt nichts‘. die alte Welt]  Europa. Tugend]  Hier: ‚Tüchtigkeit‘, ‚Können‘. ihm]  ‚sich‘. – beygelegt]  ‚angeeignet‘. Niederland]  Die Niederlande.  – der Welt Begrief] ‚der Inbegriff der

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Welt‘, hier zweifellos im Hinblick auf seine Universitäten als glanzvolle Zentren europäischen Geisteslebens, insbesondere das gerade von schlesischen Studenten bevorzugte Leiden. Den gleichen Ausdruck verwendet Gryphius für Rom in V. 1 seines Sonetts ‚Als Er auß Rom geschieden‘ (Sonette, Buch 4, Nr. 41): „Ade! begriff der welt! Stadt der nichts gleich gewesen“ (A. Gryphius, Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke, hrsg. von M. Szyrocki u. Hugh Powell, Bd. 1 [1963], S. 87). Tugend]  ‚Tüchtigkeit‘ im Sinne einer Vervollkommnung der im Menschen liegenden Kräfte und Talente; hier keinesfalls moralisch zu deuten! Engliſch]  Wortspiel mit ‚englisch‘ im Sinne von ‚angelicus‘: ‚engelhaft‘, ‚engelmäßig‘. Welſchland]  Italien. – mahlet fr]  ‚vormalt‘, im übertragenen Sinn: ‚vor Augen führt‘, ‚anschaulich darbietet‘ oder dgl.; vgl. DWb 26,1304 f.,3a. in ihr]  ‚in sich‘ (Sizilien als Femininum in Bezug auf die lateinische Form Sicilia). Sard]  ‚Sarde‘, Einwohner von Sardinien.  – zeugt]  ‚zeigt‘, ‚darbietet‘; möglich, aber wegen des folgenden „ſchmücket“ eher unwahrscheinlich, wäre natürlich auch die Bedeutung ‚hervorbringt‘. beſeete]  ‚besäte‘. hat !…" gelcket]  Hier noch, mit ‚haben‘ als Hilfsverb verbunden, das alte Part. Perf. des vom Mnd. ins Hochdeutsche eingewanderten ‚lucken‘/ ‚lücken‘; nach Synkopierung des Präfixvokals und Verschmelzung des g mit dem Stamm (‚glückt‘) wurde erneut ein ge-Suffix vorangestellt (‚geglückt‘). Vgl. E II 436 u. DWb 8,285. Nutz]  ‚Gewinn‘, ‚Ertrag‘.  –  vor]  ‚zuvor‘, ‚einstmals‘.  –  Ulyſſes]  Odysseus. Geprfet durch ihr Thun]  Sinn etwa: ‚bewährt durch die Kenntnisnahme ihrer (d.  h . der fremden Völker) Tätigkeiten‘. Zu „Geprüfet“ vgl. DWb 13,2185,8b,β. Ließ … ſehn]  ‚offenbarte mehrfach seine gleichsam rittermäßige Geisteshaltung‘. Als die Hetrurier … Flotte brachen]  Gemeint ist zweifellos die Dardanellenschlacht im Juni 1656: eine Seeschlacht, bei der die Venezianer siegten und die osmanische Flotte zum größten Teil vernichteten.  –  Hetrurier]  Etrurier (= Etrusker) sind die Bewohner der Toskana, die mit dem Ereignis dieser Schlacht nichts zu tun haben. Der Name wird hier offenbar metonymisch gebraucht für Italiener schlechthin. man ſah … wehn]  Eine in diesem Sachzusammenhang sehr ungewöhnliche Verwendung von ‚wehen‘, wie z.  B . in ‚Kleider oder Haare wehen sehen‘. Vgl. DWb 28,94,IX,A,2b. geetzt]  ‚eingraviert‘; vgl. V. 4. Bleymaaß]  Dasselbe wie ‚Senkblei‘, mit dem die Seeleute früher die Wassertiefe maßen. Vgl. Hya 5,49.  –  ſein Faden]  D.h. sein Ariadnefaden – wie der, mit dem Ariadne dem Theseus, nachdem er den Minotaurus



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getötet hatte, den Rückweg aus dem Labyrinth ermöglichte, in dem das Ungeheuer verborgen war.   91 Zuflln]  ‚unversehens eintretenden Vorfällen‘.  – beladen]  ‚belastet‘, ‚heimgesucht‘.   92 Hat !…" nie Enderung geſprt]  ‚hat nie eine Veränderung erfahren‘, ‚ist sich stets gleich geblieben‘.   94 unverrckt]  ‚in ständigem Gleichmaß‘.  –  gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt (‚wie stark auch immer …‘).  –  ſchlug an]  ‚zuschlug‘ (für diese Bedeutungsnuance kein Beleg im DWb).   95–96  Wermuth !…" Das]  ‚Wermut‘, gewöhnlich Maskulinum, hier als Neutrum.   96 verdeuen]  = ‚verdauen‘, hier im heute nicht mehr üblichen übertragenen Sinne: ‚verkraften‘, ‚vertragen‘, ‚hinnehmen‘ oder dgl.   97 groß Hertz]  ‚hoher Sinn‘, ‚Seelenstärke‘, wie lat. ‚magnanimitas‘.   98 Eiſen/ wie ein Strauß]  S.o. zu Ros 5.3,47.   99 ſein Gift]  Nämlich das „des Unglücks“ (V. 97). 100 Als Mithridat … trinckt aus]  Mithridates VI. Eupator (ca. 120–63 v. Chr.), König von Pontos, der große Gegner der Römer, pflegte politische Gegner, auch nächste Verwandte, mit Gift aus dem Wege zu schaffen. Um sich selbst gegen Giftanschläge, die er ständig befürchtete, immun zu machen, nahm er lebenslang kleine Dosen verschiedener Gifte zu sich. Vgl. LGW 147.  –  Napell]  Napellus oder Napellenkraut bzw. Eisenhut (Aconitum), eine giftige Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse. S. dazu Zedler 8,627–630 s.  v. ‚Eisen-Hütlein‘. Vgl. C III 20; E IV 358; S III 455.  –  Molchen-Jſcht]  (Giftiger) ‚Schaum des Molchs‘. Im 16./17. Jh. verstand man unter ‚Molch‘ den Salamander, den man für hochgiftig hielt. Vgl. A V 155.828; C I 702; E V 610. 102 in Unflln]  ‚bei unglücklichen Ereignissen‘. 107 roſtern]  ‚rostig‘; im DWb (14,1284) nur mit einem Beleg aus einem anderen Gedicht L.s nachgewiesen. 108 Schreibt man … dem Himmel zu]  Vgl. Ps 102,27. 109–110  des alten Adlers … ſchrfft]  S.o. Anm. zu V. 26.  –  mhſam]  ‚fleißig‘, ‚regsam‘; vgl. DWb 12,2648,2. 111 verſchnitten]  ‚abgeschnitten‘. 113 verrcket]  ‚umstößt‘; vgl. DWb 25,1022 f.,3b.  –  verwiſchet]  ‚wegwischt‘, ‚auslöscht‘, ‚tilgt‘; vgl. DWb 25,2316 f.,B3. 114 Poſt]  Postgefährt. – rennt]  ‚eilt‘. – Htt’]  Hütten, als Behausungen des einfachen Volkes. 115 edl’]  ‚edle Asche‘, d.  h . die Asche bzw. die sterblichen Überreste von Adligen. 116 beyden Knochen]  Nämlich denen des Adels und des „Pöfels“. 117 Granaten]  Granatäpfel. 118 einen Miſt]  Der Ton liegt auf „einen“: ‚nur ein und denselben Misthaufen‘.

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120 hat … Friſt]  ‚genießt Aufschub im Hinblick auf Schmach bzw. Schande und Fäulnis‘; zu „Friſt“ vgl. DWb 4,217,2. 122 Schon]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt; sonst bei L. gewöhnlich „gleich“ (vgl. V. 94 u. 127).  –  gemeinen]  ‚gewöhnlichen‘. 123 ſein gutt Gedchtns]  ‚das gute Gedenken, das die Nachwelt von ihm bewahrt‘. – pralen]  ‚erstrahlen‘, ‚erglänzen‘; also noch nicht in der heute das Wort prägenden pejorativen Bedeutung von ‚sich brüsten‘ oder ‚großtun‘. 124 So lange Tugend … von Adel ſeyn]  ‚solange nur Tugend guten Adel repräsentiert‘. Daß dies der Sinn der dunklen Formulierung ist, wird aus der Erstfassung deutlich, in der der Vers so lautet: „So lange Tugend wird der rechte Adel ſein.“ Ich vermute, daß L. den Wortlaut ganz bewußt verdunkelt hat, weil er Grund zu der Annahme hatte, dem zeitgenössischen Adel mit der ersten Fassung zu nahe getreten zu sein. 125 Die Seeligkeit]  D.h. das ewige Leben nach dem Tode, im Himmel. 127 gleich]  Konzessivpartikel (vgl. V. 94).

4.  Denckmaal Herren Andreae von Aßigs und Siegersdorff Andreas von Assig, Sohn eines Breslauer Goldschmiedemeisters, geb. am 4. November 1618 in Breslau, gest. ebendort am 10. Mai 1676, besuchte in seiner Vaterstadt das Elisabeth-Gymnasium und begann 1637 in Rostock das Studium der Jurisprudenz. 1641 begleitete er als Hofmeister einen jungen preußischen Adigen an die Universität Königsberg und hielt dort juristische Vorlesungen. Diese setzte er in Breslau, wohin er 1642 zurückgekehrt war, auf Wunsch des Rates fort. Von 1646 an wirkte er dort als Rechtsanwalt und führte Prozesse sowohl für den Rat der Stadt wie für das Herzogtum Liegnitz, wo er 1653 zum Fürstlich-Liegnitzischen Hofrat ernannt wurde. Nachdem er 1657 in Jena zum Doktor beider Rechte promoviert worden war, berief ihn der Rat der Stadt im selben Jahr in das Amt des dritten Syndikus der Stadt Breslau. 1670, als auch L. Breslauer Syndikus wurde, stieg Assig zum Obersyndikus auf; auf diese Position folgte ihm L., als Assig sein Amt 1675 wegen Krankheit aufgeben mußte. Anläßlich einer Dienstreise an den Wiener Hof i.J. 1670 war Assig zum Kaiserlichen Rat ernannt und auf eigenen Antrag hin im selben Jahr in den Ritterstand erhoben worden, mit dem Adelsprädikat „von Siegersdorf“. Neben seiner Amts­ tätigkeit beschäftigte sich Assig mit der Zusammenstellung von umfangreichen Quellensammlungen zur Breslauer Stadtgeschichte und zur Landesgeschichte Schlesiens, die ins Breslauer Stadtarchiv (heute Staatsarchiv Breslau) eingingen, darunter sein Hauptwerk, die aus sieben Folianten bestehenden ‚Singularia Wratislaviensia‘. – Assig war in erster Ehe seit 1645 verheiratet mit Anna Jordan (ca. 1623–1658; s. Hya 6, L.s Trauergedicht auf ihren Tod), in zweiter Ehe (s. Ros 15) seit 1659 mit Rosina Baumann (1621–1676). Aus der ersten Ehe hatte er zwei Kinder: eine Tochter Anna (gest. 1655) und einen Sohn Johannes bzw.



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Hans (1650–1694), der als Verfasser von geistlicher und weltlicher Lyrik und von Leichenreden hervorgetreten ist (seine ‚Gesammleten Schriften‘ erschienen Breslau 1719). – Wie L. widmeten auch die Magistratskollegen Hoffmannswaldau und Mühlpfort dem Verstorbenen poetische Nachrufe: Hoffmannswaldau, Gesammelte Werke, hrsg. von F. Heiduk, Bd. 1, Tl. 2 (1984), S. [724]-[732] (‚Trauer-Gedicht bey Absterben eines vertrauten Freundes‘); Mühlpfort, Teutsche Gedichte, hrsg. von H. Entner (1991), hier: Leichen-Gedichte, S. 247–249 (‚Schuldiges Mitleiden Uber das Absterben Hn. A. v. A. u. S.‘).– Zur Biographie Assigs: Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 1 (1986), S. 50 f.; Noack, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1999), S. 294 f.; Wendt, Der Breslauer Syndikus Andreas Assig (1618–1676) u. seine Quellensammlungen (1901/02); Komorowski, Silesia academica (2005), S. 346. – Zur Biographie von Assigs Sohn Hans: Noack, a.a.O., S. 441–443.   1–2  die Lydier !…" Minervens Hand]  Anspielung auf die Sage von der überaus kunstvollen lydischen Weberin Arachne, die in einem Webe-Wettstreit mit Minerva obsiegte und von der darüber verärgerten Göttin aus Rache in eine Spinne verwandelt wurde.   3 berſmet]  ‚übersät‘; das Verb ist im DWb nicht verzeichnet.   4 Bildungen]  ‚Gestaltungen‘, ‚Formen‘.   5 kein Phnicier]  Die Phönizier waren im Altertum bekannt für ihre vorzüglichen Textilprodukte.  –  nachgeſtcket]  ‚nachgestickt‘, d.  h . ‚mit seiner Stickkunst nachgeahmt‘.   6 Chaldeer]  Hier im Sinne von ‚Wahrsager‘ oder ‚Hellseher‘. Die in Babylonien ansässigen Chaldäer waren im Altertum für ihr Interesse an Astrologie und Wahrsagerei bekannt und berüchtigt. Vgl. Hya 5,144.  –  Zev­ xes]  Ein griechischer Maler, der ca. 435–390 v. Chr. wirkte. 11 wrckt]  ‚wirkt‘; ‚wirken‘ hier im alten Sinne von ‚einweben‘.  – verſchmitzt]  ‚kluges‘, ‚scharfsinniges‘, noch ohne den späteren negativen Beiklang von ‚verschlagen‘. 13 Fdeme]  Plural von ‚Fadem‘ (= ‚Faden‘). 15 voll … Edelſteine]  Attribut zu „Tapezerey“. 16 Vereinbart]  ‚miteinander vereinigt‘ (nämlich die in V. 13 f. genannten Bestandteile des menschlichen Leibes).  –  Luſt … ſchaut]  ‚beim Anschauen seines Werkes Lust bzw. Freude empfindet‘. Vgl. zu dieser heute völlig ausgestorbenen, aber noch bis in die deutsche Klassik hinein gebräuchlichen Wendung DWb 12,1324,4i. 18 auszumachen]  ‚fertig zu machen‘, zu vervollkommnen‘; vgl. DWb 1,914,3. 19 erwindet]  ‚fehlt‘, ‚ermangelt‘; vgl. DWb 3,1066,4b. 20 des Schpfers Dienſt-Magd]  Apposition zu „Natur“. 21 Blatt’]  Als Sammelbegriff für flache Gegenstände (vgl. Frühnhd. Wb. 4, 544,6) hier soviel wie ‚Tuch‘ oder ‚Webstück‘. 23 ihr]  ‚sich selbst‘. 25 ſtcken]  ‚sticken‘.

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28 Jn Spiegel ſeines Wortt’s]  ‚in das Wort Gottes, das ein Spiegel von Gott selbst ist‘. 31 pralet]  ‚erglänzt‘, ‚erstrahlt‘; s.  o . zu Hya 3,123. 33 Apellens]  Apelles war ein berühmter griechischer Maler (4. Jh. v. Chr.), Hofmaler Alexanders des Großen. 34 Phidias]  Berühmter griechischer Bildhauer (5. Jh. v. Chr.). 35 Schnecken-Blutt]  Purpur, gewonnen aus einem Sekret der Purpurschnecke. – Wurm-Geſpinnſte]  Seide. 43 Schutz-Bild]  Bildliche Darstellung eines Gottes, die (wie das Palladium den Trojanern, solange sie es besaßen) ihrem Besitzer Schutz vor Unheil garantiert. Vgl. Lohenstein. Arminius, Tl. 1 (1689), S. 415 a : „[…] wie die Stadt Apollonia mit dem Schutz-Bilde des Fluſſes Aäntes/ welches ihnen die Epidaurier alleine zu Hülffe verliehen/ die Illyrier in die Flucht getrieben habe.“ 46 fr]  ‚vor‘. 49 Gemchten]  ‚Werken‘; vgl. DWb 5,3146 f.,4. 50 ieder zeug] ‚Zeug‘ (hier im Sinne von ‚Werkstoff‘, ‚Arbeitsmaterial‘) kann im Frünhd. sowohl als Maskulinum wie als Neutrum gebraucht werden. – taug]  3. Pers. Präs. Ind. hier noch in der alten Form des ursprünglichen Präteritopräsens ‚taugen‘. Vgl. A V 496; C I 135; E I 349; LGW 1827.  –  zu Bildern des Mercur]  Da Merkur, der Gott der Händler und Kaufleute, dem griechischen Hermes entspricht, sind hier wohl die Hermen gemeint, die im antiken Griechenland an Straßen und Plätzen aufgestellt wurden (s.  o . Anm. zu Hya 3,56). Daß hier gerade Darstellungen dieses Gottes als Beispiel gewählt werden, hängt wohl damit zusammen, daß Hermes/Merkur über eine besonders schlaue, seine Partner bestrickende Beredsamkeit verfügte, wie sie gerade besonders fähigen Juristen, wie Assig einer war, zu Gebote steht. Darauf deutet jedenfalls der Inhalt der sich anschließenden Verse 51 f. hin. 51 ungehirnten]  ‚hirnlosen‘, ‚beschränkten‘. 52 knrnricht]  Ein solches Adjektiv ist im DWb nicht nachgewiesen, hier aber ganz bestimmt kein Druckfehler, da es auch in L.s ‚Arminius‘, Tl. 2 (1690), S. 327 a , vorkommt, wo es heißt: „Sein Holtz käme an Härte und Glätte dem Ebenholtze am nechſten/ weil es ſeine durchgehenden Aeſte nicht knörnricht machte.“ Daraus wird schon deutlich, daß es im konkreten Sinne dasselbe bedeutet wie ‚knorricht‘ oder ‚knorrig‘, also ‚ästig‘ oder ‚verwachsen‘ (s. DWb 11,1490 f.,1a); dem entspricht die Änderung zu „knörricht“ im C-Druck. 53 Porphier]  Hier: der noch unbearbeitete Porphyr-Block. 54 Praxiteles]  Bedeutender griechischer Bildhauer (4. Jh. v. Chr.).  –  nichts nicht]  „nicht“ ist Verstärkung von „nichts“. 55 Schmeltzer]  In Hüttenwerken ein Arbeiter, der mit dem Schmelzen von Erz beschäftigt ist.  –  von der Erden]  D.h. von dem das Erz umgebenden Gestein oder sonstigem wertlosen Material aus der Lagerstätte.



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56 unſer Scævola]  L. vergleicht den Verstorbenen mit dem großen römischen Juristen und Staatsmann Q. Mucius Scaevola (ca. 140–82 v. Chr.). Vgl. V. 70 u. 72.  –  an ſich zu wenden]  ‚für sich selbst (zur eigenen Vervollkommnung) aufzuwenden‘. 58 den Hheren] Meint vermutlich die Angehörigen der führenden gesellschaftlichen Schichten, vornehmlich diejenigen, die die Fürstenhöfe bevölkern, an denen man, um sich zu behaupten, vor allem die Kunst der Verstellung beherrschen muß (vgl. „Schein“ in V. 60).  –  ſeyn]  ‚sind‘. 59 die … uns zieren]  Also z.  B . die Künste der Friseure, Kosmetiker oder Juweliere. 60 ohne Schein]  ‚ohne Vortäuschung‘. 62 Bedrngten vorzuſtehn]  ‚sich schützend vor die zu stellen, die in Bedrängnis geraten waren‘. 63 geknt !…" verbinden]  ‚zu verbinden gekonnt / gewußt hat‘. 67 weißlich]  ‚weise‘ oder auch ‚sachkundig‘. 70 Labeo]  M. Antistius Labeo, römischer Jurist der augusteischen Zeit (ca. 54 v. Chr. – ca. 10/11 n. Chr.). 71 Pitho]  Die griechische Göttin der Überredung, entsprechend der römischen Suada.  –  Themis]  Die Göttin des Rechts. 72 Budorgis]  Alter lateinischer Name für Breslau (s.  o . zu Ros 14,13). Vgl. Hya 2,95; 18,131. 76 mit hohem Aug’]  ‚mit hochgezogenen Augenbrauen‘, wie engl. ‚high­ brow­e d‘. 77 nur Niedrigen anſtndiges]  ‚nur Personen niederen Standes angemessenes‘. 80 Julius]  Iulius Caesar. 83 gleich]  ‚gleichwertig‘, ‚gleichberechtigt‘. 85 Aſtree laſſe … leben]  Die im Originaldruck hinter „Aſtree“ stehende Virgel erweckt den dem syntaktischen Zusammenhang mit V. 84 widersprechenden Eindruck, es handle sich hier um einen an Astraea gerichteten Ausruf. Tatsächlich ist es ein von „Beweiß“ abhängiger Attributsatz („laſſe“ ist Konj. Präs.). Wäre es so, wie die Virgel nahelegt, hinge V. 84 völlig in der Luft und in V. 86 müßte es statt „ihre Strahlen“ „deine Strahlen“ heißen. Zur Vermeidung einer Fehldeutung war die sicher auf ein Mißverständnis des Setzers zurückzuführende Virgel also unbedingt zu tilgen. – Aſtree]  Astraea, die Sternenjungfrau, Verkörperung der Gerechtigkeit und Gesetzestreue, die nach dem Ende des Goldenen Zeitalters, als das danach lebende Menschengeschlecht keine Achtung mehr für Recht und Gesetz kannte, die Erde verließ und zum Himmel aufstieg, wo sie als das gleichnamige Sternbild zu sehen ist. 89 das gemeine Weſen]  ‚das Gemeinwesen‘, ‚den Staat‘. 91 Fr vieler tauſend Heil]  ‚für das Wohl vieler tausend Menschen‘. 92 Zum Ancker … erkieß’t gehabt]  ‚habe seinen Rat zum Anker für die Stadt auserwählt‘.

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  95 Glimpf]  ‚Nachsicht‘, ‚Sanftmut‘, ‚Freundlichkeit‘.  –  wiedrige]  ‚feindselige‘ oder auch ‚widerspenstige‘; vgl. DWb 29,1440–1442,B 1/4.   99 Schwerigkeit]  Schwierigkeit‘. – aufs leichtſte frzubilden]  ‚als etwas ganz Leichtes vor Augen zu führen‘. 102 vereinbar’t]  ‚vereinigt‘. 103 Der Wahrheit ſprach er’s Wort]  ‚er trat für die Wahrheit ein / war Fürsprecher der Wahrheit‘; zu der Wendung ‚jmd. das Wort reden oder sprechen‘ s. DWb 30,1499,D1a,γ. 104 fr’s Altar]  ‚Altar‘, eigtl. wie heute Maskulinum, wurde im Barockzeitalter zuweilen auch neutral gebraucht; ebenso Hya 5,214. 105 Der groſſe Keyſer] Leopold I.  – hat … ihn reden hren] Bei seiner Dienstreise an den Wiener Hof 1670. 106 beſcheiden]  ‚sachkundiger‘, ‚verständiger‘; vgl. DWb 1,1556,2. 107 der Stadt]  Breslau. – in minſten]  ‚nicht im mindesten‘. Vgl. die ähnliche Verwendung von ‚mindest‘ (ohne die heute unerläßliche Negation) in A II 96.412 u. E III 451. 108 Die ihren Zweck … erreicht]  ‚die durch ihn ihre Ziele erreicht und (auf diese Weise) wie er selbst zu Ruhm gelangt‘. 110 allein’]  ‚jedoch‘. 111 gab heim]  ‚anheimgab / -stellte‘, ‚widmete‘; vgl. DWb 10,860,b. 112 durch alle Welt]  Im Hinblick auf seinen weit über Breslau hinausreichenden Nachruhm.

5.  Die Höhe des Menschlichen Geistes. Über das Absterben Hn. Andreæ Gryphii Andreas Gryphius, der berühmte Dichter, seit 1650 Syndikus der Glogauer Landstände, geb. am 2. Oktober 1616 in Glogau, starb ebendort am 16. Juli 1664. – L.s Gedicht erschien zuerst 1665, als Beigabe zu einer Abdankungsrede von Baltzer (Balthasar) Siegmund von Stosch (s. Editionsbericht, S. 338).   2 kleine Welt !…" groſſe]  Mikro- und Makrokosmos. Vgl. V. 154.   3 ſpriede]  ‚spröde‘, hier in der Bedeutung ‚gebrechlich‘; vgl. Hya 8,107 („ſprüder Thon“); DWb 17,147,3.  – von Thon’ entprungen] ‚aus Lehm entstanden‘.   5 ichtwas]  ‚etwas‘.   9–11  Der Panther … Lwen reiten] Vgl. dazu die Selbstanpreisungen des Zaubereres Zoroaster in A V 605–607.612–613, nebst L.s Anmerkung zu A V 612.613.  –  fr]  ‚vor‘.   10 einen krft’gen Schwur]  ‚eine sehr wirksame Beschwörung‘.   11 kirrn]  ‚zähmen‘.   12 Die Adler bereiln]  ‚schneller zu sein als alle Adler‘. Vgl. DWb 23,173,6 u. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 351 f.: „Ein Wetteläufer wäre befugt alle euſſerſte Kräfften anzugewehren/ um andern vorzukommen; nicht aber de-



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nen ihn übereilenden ein Bein unterzuſchlagen.“  –  beſtreiten]  ‚bekämpfen‘. Dedalus mit Flgeln]  Daedalus, der berühmte Werkmeister und Erfinder des griechischen Mythos, der für sich und seinen Sohn Ikarus aus Federn und Wachs Flügel anfertigte. Bachan kan … ſchaffen]  Eine sehr dunkle Stelle, zu deren Aufklärung ich nur eine vage Hypothese beizubringen vermag: Mit „Bachan“ könnte der Angehörige eines südafrikanischenVolksstammes gemeint sein, bei dem Regenzauber im Schwange war, nämlich des Stammes der Batswana, früher in Europa Betschuanen genannt, die heute die Bevölkerungsmehrheit des Staates Botswana bilden. Da es seit 1652 eine niederländische Kolonie am Kap der Guten Hoffnung gab, können durchaus entsprechende Informationen nach Europa gelangt sein, auf die L. demnach hier, über welche Quelle auch immer, zurückgegriffen hätte. Albert ein redend Haupt]  Nach einer verbreiteten Legende soll Albertus Magnus (ca. 1200–1280) einen sprechenden Kopf konstruiert und sein Schüler Thomas von Aquin (ca. 1225–1274), der darüber erschrocken gewesen sei, ihn zerschlagen haben. Vgl. Hya 9,13–14, u. AnmL. zu A V 612.613; bei uns: Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 238, Z. 278–280.  –  Camill … Kind]  Der portugiesisch-jüdische Arzt und Botaniker Amatus Lusitanus (1511–1568) berichtete in einer seiner Schriften, daß er einen in ein Glas eingeschlossenen kleinen Menschen von einem Zoll Länge gesehen habe, der von dem Alchemisten Julius Camillus hergestellt worden sei. Rousseau nimmt darauf, leider ohne Quellenangabe, Bezug im 4. Buch seines ‚Émile‘: Jean-Jacques Rousseau, Œuvres complètes. Tome 4: Émile. – Éducation. – Morale. – Botanique. Éd. sous la direction de Bernard Gagnebin et Marcel Raymond. Paris 1969 (= Bibliothèque de la Pléiade), S. 579.  –  lechzend]  Unklar; vermutlich im Sinne von ‚dürstendes‘. Vgl. S V 527 f. Archytas … Tauben]  Der Pythagoreer Archytas von Tarent (4. Jh. v. Chr.), Mathematiker und Mechaniker, konstruierte ein Fluggerät in Gestalt einer hölzernen Taube (Gellius, Noctes Atticae 10,12,9). Bertholds Bchſe] Anspielung auf Berthold Schwarz, den Franziskanermönch des 14. Jh.s, der das Schießpulver (‚Schwarzpulver‘) erfunden haben soll, mit dem die Technik der Feuerwaffen erst möglich wurde.  –  fr Blitz … ſiegen]  ‚gegenüber Blitz und Donner den Sieg davontragen‘, d.  h . beide Naturerscheinungen übertreffen.  –  fr]  ‚vor‘. Demetrius ſein Kleid]  Demetrios I. Poliorketes (ca. 336–283 v. Chr.), König von Makedonien, ließ sich einen Mantel weben, auf dem das Weltall und Himmelserscheinungen abgebildet waren (Plutarch, Demetrios 41). – ſchlechte Sachen]  ‚primitiven Kram‘. Weil Archimed … kan machen]  Der Mathematiker und Physiker Archimedes (ca. 287–212 v. Chr.) soll ein mechanisches Planetarium angefertigt haben (Cicero, De re publica 1,21).

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22 Proclus zndet … an]  Proklos, ein an Archimedes geschulter Physiker zur Zeit des Kaisers Anastasios (491–518), steckte die Flotte des Thrakers Vitalianus, als dieser Konstantinopel belagerte, mit Hohlspiegeln in Brand. Das Ereignis ist überliefert im 3. Teil der Annalen des byzantinischen Historikers Zonaras: Ioannes Zonaras, Compendium historiarum, ed. Hieron. Wolf (1557), Annalium tomus III, S. 46. 23 Beym Keyſer Leo … Vgel ſingen]  Der oströmische Kaiser Leo VI., der Weise (Philosophus), soll goldene Platanen besessen haben, auf denen singende goldene Vögel saßen. Quelle hierfür ist der byzantinische Autor Michael Glykas (12. Jh.), der dies im 4. Teil seiner Annalen berichtet: Migne PG 158 (1866), Sp. 543/544. 24 kan Boetz … bringen]  Die Meinung, daß der römische Staatsmann und Philosoph Boethius (470/475–525) neben anderen Automaten Nachbildungen von zischenden Schlangen besessen habe, geht zurück auf einen an ihn gerichteten Brief Cassiodors: Cassiodorus, Variae, rec. Th. Mommsen (1894), lib. I,45, S. 39–41. 25 Die Elemente]  Wasser (V. 26–30), Feuer (V. 31f.), Luft (V. 33f.) und Erde (V. 35f.). Vgl. Him 1,15. 26 Leinwand und ein Brett]  Umschreibung für ‚Segelboot‘. 28 vor]  ‚früher einmal‘.  – kommt itzt ein Segel her] D.h., menschliche Tüchtigkeit und Erfindungskraft hat die Gefahr, die für die Schiffahrt von der Klippe ausging, beseitigt. 29 aus Amphitritens Grunde]  ‚vom Meeresgrund‘ (Amphitrite ist eine Meergöttin). 30 Marck]  Soviel wie ‚Bodenschätze‘; ebenso Hya 3,66 (s. Anm. hierzu). 32 Salamandern]  Sie galten als unempfindlich gegen Feuer (s.  o . zu Hya 2,46). 33–34  Wir theilen Wind und Luft … muß und ruhn]  z.  B . durch Einrichtung eines Windfangs. 35 kehrn]  ‚verwandeln‘. – in Abgrund … Klffte]  Etwa: ‚in der Tiefe der Erde bauen wir Höhlungen‘ (z.  B . bei der Anlage von Bergwerken). 39 Die Welt/ das groſſe Buch]  Vgl. Alanus von Lille (ab/de Insulis): „Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.“

(Migne PL 210: Alani de Insulis Opera omnia. Paris 1855, Sp. 579); Logau, Sämmtliche Sinngedichte III,8,11: Die Welt ein Buch (Ausgabe von G. Eitner, S. 563). Viele weitere Beispiele für die Verwendung dieses beliebten Gemeinplatzes bei Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur u. lateinisches Mittelalter. 3. Aufl. Bern u.  a . 1961, S. 323–329 (Kap. 16, § 7: Das Buch der Natur). Vgl. LGW 2527 f. 42 auſer]  ‚außerhalb von‘. 43 Regiſter]  Hier im alten Sinne von ‚Regestenbuch‘; vgl. DWb 14,540,1. 44 Mappe]  ‚Landkarte‘, ‚Atlas‘.



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45 Er]  Der menschliche Geist (V. 37 u. 41).  –  zeucht]  ‚zieht an‘ (so wie Orpheus, der mit seinem Gesang die belebte und unbelebte Natur in Bewegung setzen konnte). 46 Grimm und Pfel] Hendiadyoin: ‚die wütende Erregung der Volksmasse‘. – fllt]  ‚sich legt‘. 48 Daß]  ‚so daß‘.  –  einig Haupt]  ‚einziges Oberhaupt‘. 49 grndet]  ‚ermittelt‘; vgl. DWb 9,776 f.,2.  –  Bley]  ‚Senkblei‘; vgl. Hya 3,89. 50 ohne Meſſen]  D.h., ohne einen Maßstab oder ein Meßband zu benutzen. 51 legt Stdt’ in Grund]  Der Kontext legt nahe, daß hier gemeint ist: ‚Städte gründet‘. Vgl. dazu neben Hya 8,31; IS I 405 auch Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 185a : „Auff das Verſincken der Stadt Lyſimachia wäre alſofort der Stamm und die Herrſchaft deſſen/ der ſie in Grund gelegt hätte/ untergegangen […].“ Die im DWb (9,693,3) unter Verwendung dieser Stelle vorgetragene Ansicht, daß ‚in den Grund legen‘ ‚bis auf den Grund zerstören‘ bedeutet habe, ist also irrig.  –  Riſſe]  ‚Riß‘ hier im Sinne von ‚Aufriß‘, ‚abstrahierende zeichnerische Darstellung‘. 53 einig]  ‚einziger‘. 54 Coloſſen ſetzet gerade]  ‚riesenhafte Bildsäulen gerade ausrichtet‘. 55 ein geſchliffen Glaß !…" verflſchte Schatten]  Beides zusammengenommen wohl zu verstehen als ein Projektionsgerät, wie es in Gestalt der von Athanasius Kircher in seinem Werk ‚Ars magna lucis et umbrae‘ beschriebenen Laterna magica im 17. Jh. schon bekannt war. Vgl. V. 156.  –  verflſchte Schatten]  Soviel wie ‚vorgetäuschte schattenhafte Bilder‘. 56 Nichtsnicht]  ‚überhaupt nichts‘; vgl. A IV 345.  – ſtellt lebhaft an die Hand]  ‚führt lebensecht vor‘. 57 fr lngſt]  ‚vorlängst‘ (= ‚längst schon‘). 58 Verwandelt … Elefant]  ‚macht aus etwas sehr Kleinem etwas sehr Großes‘. 59–60  Daß man zu Paris … zu Meyland war geſchehen]  Agrippa von Nettesheim (1486–1535) berichtet in seinem Werk ‚De occulta philosophia‘ von einem Verfahren, im Mond sichtbar zu machen, was in weiter Entfernung geschehen ist. L.s Quelle war ein Hinweis in der ‚Mythologia‘ von Natalis Comes (ca. 1520–1582). Näheres hierzu s. in L.s Anm. zu A V 615.616; bei uns: Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 238 f. 61 ſchifft hher an]  Etwa: ‚schifft sich in höhere Regionen ein‘; zu ‚anschiffen‘ s. Frühnhd. Wb. 1,1402 f. 62 Schau-Glaß]  ‚Fernrohr‘. 63 dieſe Leitung] D.h. die Anleitung, die dem forschenden Menschen das Fernrohr und sein Verstand gewähren. 65 nicht kein]  Verstärktes ‚kein‘. 66 ihr halbes Theil]  Nämlich die der Sonne zugewandte Hälfte eines jeden Planeten. – begabe]  ‚beschenke‘. 67 umb den Jupiter … rennen]  Die vier Jupitermonde wurden erstmals von

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Galilei entdeckt. S. dazu Wolf, Handbuch der Astronomie, Bd. 2, § 549, S. 463 f. 68 trotz]  Die Präposition in der heute ausgestorbenen Bedeutung ‚stärker als‘ oder ‚in stärkerem Maße als‘. Vgl. DWb 22,1088 f.,1b.  –  Hecla]  Ein Vulkan in Island (vgl. Ros 5.3,7–8; IS I 24). 69 brennen]  Hier im Sinne von ‚leuchten‘ oder ‚Licht abstrahlen‘. Vgl. DWb 2,367,3c. 70 auch die Sonne … befreyt]  ‚auch die Sonne nicht frei von Flecken ist‘. Von ihnen wußte man seit 1610 (s.  o . zu Hya 2,118). 71 als]  ‚wie‘. – ſme]  ‚ausstreue‘. 73–74  Wie lnglich der Saturn … an der Seiten ſtehn]  Galilei beobachtete als erster am Saturn ohren- oder henkelartige Ausbuchtungen zu beiden Seiten der Scheibe, die er sich aber nicht erklären konnte und von denen L. offenbar annahm, daß es sich um zwei Monde handelte, die links und rechts zur Hälfte über die Saturnscheibe hinausreichten. Huygens fand heraus, daß dieses Phänomen verursacht wurde durch den den Saturn umgebenden Ring. S. dazu Wolf, Handbuch der Astronomie, Bd. 2, §§ 553/554, S. 470 f. 75 grauſe]  ‚Schauder oder Schrecken erregende‘; vgl. DWb 8,2177,2d.  –  HaarGeſtirn’]  ‚Kometen‘. – mit entflammten Gerthen]  Attributive adverbiale Bestimmung zu „Haar-Geſtirn“, als Erweiterung von „grauſe“. „Gerthen“ (= ‚Ruten‘) meint den Kometenschweif. 76 fremden]  ‚fremdartigen‘, ‚sonderbaren‘.  –  ihm keinen Jrrgang gehn]  ‚für ihn (den menschlichen Geist, V. 37) keinen verworrenen, unerklärbaren Lauf nehmen‘, d.  h ., der menschliche Geist kann sich auch den Flug der Kometen erklären. 78 Tiphys und ſein Schiff]  Tiphys war der Steuermann der Argo, des Schiffes, mit dem die Argonauten nach Kolchis fuhren, um das Goldene Vlies zu holen. 79 Galile]  Galileo Galilei (1564–1642). 80 Endymion … nackend ſah]  Endymion war ein schöner Jüngling, in den sich die Mondgöttin Selene bzw. Diana (hier mit ihrem Beinamen Phoebe) verliebte. Die Betonung des ‚nackt Sehens‘ ist eine Reminiszenz an Properz II,15,15–16: „Nudus et Endymion Phoebi cepisse sororem Dicitur et nudae concubuisse deae.“ [„Nackt war auch Endymion, so heißt es, als er die Schwester des Phoebus bezauberte, und nackt auch die Göttin, als er mit ihr schlief.“] 81 dort]  In der Region des Himmels.  –  ſo hoch vom Krper reiſſet]  ‚sich bis zu solcher Höhe von seiner leiblichen Gebundenheit emanzipiert‘. 82 hier]  Auf der Erde. 83 dieſe Gttin]  Die Natur (V. 82). 85–86  aus edlen Steinen Sfte !…" Waſſer aus Metall]  Gemeint sind vermutlich



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Essenzen aus Edelsteinen und Metallen, die die Alchemisten in Mittelalter und Früher Neuzeit zur Bereitung von Arzneien verwendeten. trinckbar Gold] Trinkgold, das ‚aurum potabile‘ der Alchemisten, dem hohe Heilkraft zugeschrieben wurde. Gibt in drey Tropfen ein]  ‚verabreicht (dem Kranken) mit drei Tropfen‘. Kehrt]  ‚verwandelt‘. – Spiß-Glaß]  Antimon. – bringt Geiſter aus Gra­ naten]  ‚lockt aus Granatäpfeln (wohltätige) Geister hervor‘. Granatäpfel wurden für diverse medizinische Zwecke verwendet (vgl. Zedler 11,568– 572). wieder]  = ‚wider‘.  –  rathen]  Hier = ‚helfen‘, also in ähnlicher Verwendung wie lat. ‚consulere‘. Vergeiſtert]  ‚macht zu Inhalten seines Geistes‘, ‚erfaßt geistig‘ o.  ä. Vgl. V. 234 u. Ros 6,95.167. umbſchrnckt … Tod]  ‚obwohl Todesangst ihn einengt‘. die hohe Schrifft]  Es ist fraglich, ob hier die Heilige Schrift oder das ‚Buch der Welt‘ (V. 39) gemeint ist. faſt]  ‚erfaßt‘. Bild]  ‚anschauliches Beispiel‘. dort]  D.h. in den Regionen der menschlichen Geistestätigkeit.  – nur !…" in einem]  ‚nur in einem einzigen Fach‘.  –  ſpielt !…" Meiſter]  ‚als Meister in Erscheinung tritt‘ (‚spielen‘ hier also nicht etwa abwertend im Sinne von ‚vorgeben‘ oder ‚vortäuschen‘!). grief !…" ſich !…" an]  ‚bot seine Kräfte auf‘, ‚raffte sich auf‘. Zu dieser reflexiven Verwendung von ‚angreifen‘ vgl. Frühnhd. Wb. 1,1186 f.,6. – Herr Gryphens]  ‚des Herrn Gryphius Sinn‘.  –  faſt in allem]  ‚auf fast allen Wissensgebieten‘. in einem etwas miſſen]  ‚über einen Wissensbestandteil nicht zu verfügen, auch wenn dieser nur ein einziges Fachgebiet beträfe‘; zu dieser heute nicht mehr möglichen Verwendung von ‚missen‘ (im Sinne von ‚nicht haben‘, ‚einer Sache entraten‘) s. DWb 12,2260,4. in einem]  ‚in nur einem einzigen Fach‘. der hat ihn donnern hren]  Vgl. hierzu Hya 9,7. Die Honig-Zunge … ausgerſt]  D.h., ihm stand eine liebliche Redeweise ebenso zu Gebote wie eine scharf polemische oder satirische. Zentner-Wortte]  D.h. gewichtige, inhaltsschwere Worte.  – Trieb]  Hier etwa: ‚Energie‘, ‚Nachdruck‘; vgl. DWb 22,445 f.,D1a. ſind ſie … gewichen]  ‚wenn sie ihm nicht sogar den Vortritt lassen mußten‘. gleichen]  ‚gleich stellen‘. Jn Sprchen]  D.h. in Sentenzen (von denen die Dramen Senecas angefüllt sind, der hierin auch L. ein Vorbild war).  –  in Blumen]  D.h. im Reichtum an Metaphern und rhetorischen Figuren in dem Roman ‚Satyricon‘ des T. Petronius Arbiter (ca. 14–66 n. Chr.). des Tacitus beſondre Spure]  Meint das scharfe Urteil, das sich bei Tacitus in

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den in die Darstellung historischer Abläufe eingestreuten aphoristischen Bemerkungen kundtut. leſen]  Hier im Sinne von ‚erkennen‘ oder ‚wahrnehmen‘; vgl. Hya 7,79; DWb 12,784,4k,α. Der Deutſchen Sophocles]  Vgl. Hya 18,236. der Schwanen]  D.h. der Dichter, weil der Schwan dem Apollo heilig war und wegen der bekannten Sage, daß der Schwan, wenn er sterbe, einen Gesang anstimme. Vgl. Hya 18,233.237. der Petron]  Es ist rätselhaft, wieso L. in diesem Abschnitt (V. 117–120), in dem es um den Lobpreis der Tragödiendichtung von Gryphius geht, den nur durch seinen bruchstückhaft überlieferten Roman ‚Satyricon‘ bekannten Petronius (s.  o . Anm. zu V. 110) an erster Stelle nennt.  –  vertor­ ben]  ‚untergegangen‘: nämlich der allergrößte Teil des Romans. des Ovidius Medea]  Eine verlorene Tragödie des römischen Dichters, gerühmt von Quintilian, Institutio oratoria 10,1,98. Vgl. oben das Vorwort an den Leser, S. 4, Z. 32. Papinian]  ‚Großmütiger Rechts-Gelehrter […] Aemilius Papinianus‘, Trauerspiel (Erstdruck 1659).  – Stuard]  ‚Ermordete Majestät. Oder Carolus Stuardus König von Groß Britannien‘, Trauerspiel (Erstdruck 1657).   –  Catharinen]  ‚Catharina von Georgien. Oder Bewehrete Beständigkeit‘, Trauerspiel (Erstdruck 1657). Heinrich]  Gryphius hinterließ bei seinem Tode ein bis auf die noch fehlenden Chöre und Anmerkungen fertiggestelltes Trauerspiel über den schlesischen Herzog Heinrich II., den Frommen (1191–1241), Sohn der hl. Hedwig, der in der Schlacht auf der Wahlstatt bei Liegnitz gegen die siegreichen Tataren (1241) gefallen war. Die Handschrift ist verschollen (s. Mannack, A. Gryphius [ 21986], S. 20); offenbar hat L. sie noch einsehen können. – Felicitas]  ‚Beständige Mutter oder Die Heilige Felicitas‘: von Gryphius aus dem Lateinischen übersetzte Märtyrertragödie des französischen Jesuiten Nicolas Caussin (1583–1651) aus dessen ‚Tragoediae sacrae‘ (1621); der Erstdruck erschien 1657. Das Stück wurde in der Übersetzung von Gryphius „1658 siebenmal im Elisabeth-Gymnasium in Breslau aufgeführt“ (Mannack, a.a.O., S. 78). Schwimm’t des Terentius … im Meere]  In § 5 der bei Donatus, Commentum Terentii, überlieferten ‚Vita Terentii‘ des Suetonius werden mehrere Überlieferungen zu den Umständen des Todes des römischen Komödiendichters (ca. 195–159 v. Chr.) aufgeführt. Eine davon besagt, daß Terenz kurz vor der Rückreise von einem Aufenthalt in Griechenland vor Kummer gestorben sei, als er erfuhr, daß mitsamt seinem Gepäck, das er auf einem Schiff vorausgeschickt hatte, auch neu geschriebene Komödien verloren gegangen seien. Nach einer anderen Version soll er bei der Rückreise aus Griechenland mit dem Schiff untergegangen sein und mit ihm etliche Komödien, die er aus Menander übersetzt hatte. verruckt]  Hier etwa: ‚entzogen‘, ‚hinweggenommen‘.  –  in Pferde-Brunn



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genetzt]  Nachgestelltes Attribut zu „Feder“. „Pferde-Brunn“ ist Übersetzung von griech. ‚Hippokrene‘, der den Musen heiligen Quelle am Helikon, die durch einen Hufschlag des Pegasus entstanden sein soll. 125–126  Geſpenſten !…" Geiſter] Beides offenbar Anspielung auf das nach Gryphs Tod verloren gegangene Manuskript der ‚Dissertationes de spectris‘ (s. Mannack, A. Gryphius [21986], S. 21). 126 der Alten Martern]  Betrifft zwei ebenfalls von Gryphius hinterlassene und verloren gegangene Abhandlungen: die ‚Exercitationes theologicae-philologicae de cruciatibus et morte Salvatoris‘ und das ‚Schediasma de iudiciis publicis sive poenis veterum‘ (s. Mannack, A. Gryphius [21986], S. 21). 127 Leſern weiſen]  ‚Lesern aufzeigen‘. 129 Fremde]  ‚Ausländer‘. – nehmen wahr] ‚erkennen‘, ‚entnehmen‘; vgl. V. 146. 131 Welſchlands]  Italiens. 132 beblmen ſein Getichte]  ‚zieren seine Dichtung‘. 133 Weil oftmals Bavius … ſchreibet]  D.h., weil es auch unter den Deutschen schlechte Dichter gibt. Bavius, ein Zeitgenosse Vergils, galt als Prototyp eines solchen (Vergil, Ecl. 3,90). 134 Geſchichts]  ‚geschieht es‘.  – daß Ronsard … von den Deutſchen hlt]  Pierre de Ronsard (1524–1585), der große französische Lyriker, Oberhaupt der Pléiade, von Opitz bewundert, verachtete die Deutschen als einen minderwertigen Menschenschlag. Vgl. Perdrizet, Ronsard et la réforme (1902), S. 90. 135 Daß der Marino Spott … treibet]  Giambattista Marino (1569–1625), der von L. ebenso wie von Hoffmannswaldau bewunderte und nachgeahmte italienische Dichter, äußerte sich in seinem ‚Adonis‘ (10. Buch, 165. Strophe, V. 1–4) abfällig gegenüber den deutschen Dichtern: Die Zahl von deutschen Gedichten nehme nur dank der deutschen Erfindung der Druckerkunst zu, denn für Geld könne man all das drucken lassen. Die Stelle wird von L. zitiert und besprochen in der Vorbemerkung zu seinen Anmerkungen zur ‚Cleopatra‘ (1661); bei uns: Abt. Dramen, Bd. 1,1, S. 320. 138 Wird Gryphe … ſeyn geweſen]  Sinn: ‚Dann werden der Franzose wie der Italiener darauf bestehen, daß er ihr Landsmann sei, da sie den Deutschen Werke von dieser Qualität nicht gönnen oder nicht zutrauen.‘ 140 nach der neuen Arth]  ‚im Stil der zeitgenössischen Dichtung‘. 142 ſeinem Grichſchen gab … nach]  ‚Hinter seinem Griechischen blieben selbst Athen und Sparta zurück.‘ 143 Ebreer]  ‚Hebräer‘, ‚Juden‘. 144 Chaldeer]  Hier vermutlich wieder (vgl. Hya 4,6) im allgemeinen Sinne von ‚Sterndeutern‘ bzw. ‚Astrologen‘ oder ‚Wahrsagern‘, wie aus den folgenden Versen hervorgeht. 145 wenn’s !…" kam]  ‚wenn es darauf ankam / darum ging‘. 146 nehmen wahr]  Vgl. V. 129. 147 die Striche]  Hier: (1) Linien auf der Handfläche („Jn Händ“) und (2) Ge-

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sichtszüge, die die individuelle Prägung eines Gesichts ausmachen („Jn !…" Antlitzen“). Zu letzterem vgl. die Belege im DWb 19,1523,A2b,β. 148 Deutungen]  ‚Bedeutungen‘, ‚Sinn‘; vgl. DWb 2,1054,3. 149 ihre Cabala] Hier im übertragenen Sinn, etwa: ‚ihre geheimnisvolle Lehre‘. – rechen]  Nebenform zu ‚rechnen‘, hier im Sinne von ‚berechnen‘. 150 Melchiar]  Hierzu war schlechthin nichts zu ermitteln. Vermutlich handelt es sich um die verderbte Namensform eines L. nur vom Hörensagen bekannten Vertreters der rabbinischen Literatur.  –  Eßra]  Gemeint ist nicht der Esra des Alten Testaments, sondern vermutlich der spanisch-jüdische Bibelexeget, Philosoph, Astronom und Astrologe Abraham ben Meir Ibn Ezra (1089–1164). S. über ihn den Artikel in der Encyclopaedia Judaica, vol. 9, 2. ed. (2007), S. 665–672 (Uriel Simon, Raphael Jospe). 151 Auf hohen Schulen … gelehret]  Während seines knapp sechsjährigen Aufenthalts (Juli 1638 bis Juni 1644) an der Universität Leiden entfaltete Gryphius eine ausgedehnte Lehrtätigkeit (s. die Zusammenstellung der Themen bei Mannack, A. Gryphius [21986], S. 10). 153 von Glied auf Glied]  Etwa: ‚der Reihe nach‘ oder ‚von einem Teilgebiet zum nächsten fortschreitend‘. 154 in der kleinen … gantze Groſſe]  Im Mikrokosmos der Makrokosmos. Vgl. V. 2. 155 das Zeugns gnnen]  ‚die auf Kenntnis und Erfahrung gegründete Aussage zugestehen‘ (zu „Zeugnüs“ vgl. DWb 31,861 f.,2). 156 Schatten/ Glaß und Kunſt]  S.o. Anm. zu V. 55. 158 verleihn]  ‚erteilen‘. 161 in ſeinem Ampt]  Als Glogauer Syndikus. 164 faule]  ‚üble‘, ‚schlimme‘; vgl. DWb 3,1369 f.,3. 166 vergiften Dampf]  ‚giftigen Qualm‘. 168 Saam-Hauß]  ‚Haus der Aussaat / Verbreitung‘. 172 entſteinert]  ‚erweicht‘. 173 Sternen-Seher]  Astrologe. 175–176  Die Meß-Kunſt … Sarch mißt ab]  Anspielung auf den Tod des antiken Mathematikers Archimedes. Als nach der Eroberung von Syrakus 212 v. Chr. durch die Römer Soldaten in das Haus des Archimedes eindrangen, war dieser so mit seinen in Sand gezeichneten geometrischen Figuren beschäftigt, daß er dem Soldaten, der ihn nach seinem Namen fragte, nur antwortete: „Noli turbare circulos meos!“ („Störe meine Kreise nicht!“). Darauf wurde er von einem Soldaten getötet, obwohl der römische Befehlshaber angeordnet hatte, daß Archimedes geschont werden solle. Diese berühmte Anekdote erzählt Valerius Maximus 8,7,ext.7. Vgl. LGW 1251f. 177 Schau-Glaß]  Der bei L. wie auch sonst (s. DWb 14,2344) ausschließlich belegte Gebrauch dieses Wortes im Sinne von ‚tubus opticus‘, z.  B . ‚Fernrohr‘ (vgl. oben, V. 62; Anhang 2,236; IB IV 360; IS II 594; Lohenstein,



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Arminius, Tl. 1 [1689], S. 277a u. 1107a), paßt hier offensichtlich nicht, wo es anscheinend als ‚Spiegel‘ (V. 178) zu verstehen ist. 178 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘, ‚Nichtigkeit‘; vgl. V. 213. 180 ihnen]  ‚sich‘. 181 Magellan]  Fernão de Magellan, eigtl. Magalhães (ca. 1480–1521), der portugiesische Seefahrer (vgl. C V 495).  –  nicht nur]  ‚nicht auch nur‘, ‚nicht einmal‘. 183 hlt hier den Stich]  ‚ist hier stichhaltig‘.  –  was vorgeſchtzt gleich werde]  ‚welches auch immer vorgebracht werden mag‘ (‚vorschützen‘ hier also noch nicht in dem heute obwaltenden Sinne von ‚vortäuschen‘); vgl. DWb 26,1531,2a. 185 Artzte]  Nicht umgelautete Pluralform, wie im Mhd. 186 backen ſie uns … Colokwinten-Kuchen]  D.h., bringen uns gerade mit ihren Medikamenten zu Tode. Die Koloquinte ist eine damals zu Heilzwecken verwendete giftige Pflanze aus der Familie der Kürbisgewächse. Vgl. Hya 6,84. 188 angepflckt]  ‚angebunden‘. 190 ein Rohr gereckt]  ‚ein Schilfrohr gereicht‘ (zu „gereckt“ in dieser Bedeutung vgl. DWb 14,447,1e). 195 Kolben]  Destillierkolben. 197 ein Triſmegiſt]  Hermes Trismegistos, der legendäre ägyptisch-griechische Verfasser des Corpus Hermeticum, lieferte hier nur den Sammelnamen für alchemistische Adepten.  –  verklret]  ‚veredelt‘ (vgl. Hya 2,28). 198 ſchlechtes]  ‚schlichtes‘. – vor]  ‚zuvor‘. – verkehret]  ‚verwandelt‘. 202 Hlſen]  ‚(sterblichen) Hüllen‘. 205 Gedchtns]  ‚Andenken‘, ‚Nachruhm‘. 206 Schtzbarkeit]  ‚schätzenswerte persönliche Eigenschaften‘.  – nur]  Gehört zu „vermehrt“! 213 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘; vgl. V. 178. 214 neues Siegs-Altar]  ‚Altar‘ hier als Neutrum; ebenso Hya 4,104. 216 macht auf] ‚öffnet‘. – Grabeſtein]  Hier: ‚steinerne Grabplatte‘; vgl. DWb 8,1647,3.  –  Glieder]  Hier im weiteren Sinne von ‚Leiblichkeit‘ (die den Geist bzw. die Seele gefangen hält wie unter einer Grabplatte). 217 am Himmel hat geklebet]  ‚dem Himmel verbunden war‘. 218 in der Schal’ … Feſſeln]  D.h. in der Schale bzw. Hülle und in den Fesseln des Leibes. 220 Schrifft des Oelbergs] Gryphs lateinisches Epos ‚Olivetum‘ (Erstdruck 1646). 223 eitel]  ‚vergänglich‘. 224 geſchippt !…" weg]  ‚fortgestoßen‘; vgl. C2 I 264. 226 Fleck]  Vermutlich als Pluralform („Fleck’“) zu lesen, in der Bedeutung ‚Fleischfetzen‘ oder ‚-klumpen‘ (vgl. DWb 3,1741,3). 228 Kirch-Hofs-Reymen]  Gryphs ‚Kirchhoffs-Gedancken‘ (Erstdruck 1657). 230 ſchlechter Kiel]  ‚simpler Federkiel‘. 233 fr]  ‚vor‘.

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234 vergeiſtert]  ‚zu reinem Geist geworden‘; vgl. V. 93. 235 Eiteln]  ‚Vergänglichen‘. 238 verkehrt]  ‚verwandelt‘. – Scarlat]  ‚Scharlach‘ (kostbares rotes Gewand).

6.  Trauer- und Trost-Gedancken über dem Absterben Fr. Anna Aßigin Dies ist die überarbeitete Fassung des aus Anlaß dieses Trauerfalls 1658 in Breslau erschienenen Erstdrucks (dessen Fassung bieten wir unter Nr. 3 des Anhangs, S. 317–321). – Anna Assig, geb. ca. 1623 in Schawoine (Dorfgemeinde im Kreis Trebnitz, Niederschlesien), gest. ebendort, beigesetzt am 9. Februar 1658 in der Elisabeth-Kirche zu Breslau, war eine Tochter des Magisters Johann Jordan, der als Diakon in Breslau wirkte. Am 9. Mai 1645 heiratete sie den Juristen und späteren Breslauer Syndikus Andreas Assig (1618–1676), mit dem sie zwei Kinder hatte. Weiteres s. zu L.s Trauergedicht zum Tode ihres Mannes (Hya 4). – Wie 18 Jahre später ihrem Mann hat ihr neben L. auch Hoffmannswaldau ein Trauergedicht gewidmet: Hoffmannswaldau, Gesammelte Werke, hrsg. von F. Heiduk, Bd. 1, Tl. 2 (1984), S. [749]-[753] (‚Trostschreiben an einen guten Freund‘); s. dazu Noack, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1999), S. 294–297. – Daten zu ihrer Biographie: Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 1 (1986), S. 50.   1 Abgott]  ‚Götze‘.   3 nach]  Schon zu beziehen auf das Prädikat „ſtellt“: ‚nachstellt‘.  –  Gott … ſtellt]  ‚dem er Gott nachordnet‘.   4 Fr]  ‚vor‘.   5 Steckt … Weyrauch an]  Nämlich im Rahmen der kirchlichen Trauerfeier.   7 thauern]  ‚dauern‘.   8 mit Aſche]  D.h. mit seinen eigenen sterblichen Überresten.  –  beſmen]  Im übertragenen Sinn hier etwa: ‚bestücken‘, ‚ausstatten‘.   10 Wachs]  Hier als Kerzenwachs.  –  Tacht]  ‚Docht‘. – verlodert]  ‚herunterbrennt‘.   11 lg’t]  ‚legt‘. – Hals und Helffenbein]  Hendiadyoin: ‚den elfenbeinernen (d.  h . makellos weißen) Hals‘.   12 Scharlach]  Steht für Röte.   13 Molche]  Bei L. gewöhnlich Salamander, hier aber wohl Eidechsen.   14 Himmel-Brodt]  Manna.   15 Die Schoos]  ‚Schoß‘ ist in frühnhd. Zeit, insbesondere in Schlesien, oft Femininum. – vergiffter]  ‚giftiger‘; vgl. DWb 25,438 f.,1d.   16 der Ergtzligkeit … weiſet]  ‚der (sexuellen) Lust vor Augen führt, wie wenig Bestand das Spiel hat, das sie treibt‘ (vgl. V. 26).   17 der Geiſt … Welt]  Apposition zu „Die Liebe“.   19 die Natur]  Akkusativobjekt.



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21 ſtertz’t !…" ab] ‚abwandert‘, ‚sich entfernt von‘: ‚absterzen‘ ist Kompositum von ‚sterzen‘ - ‚umherschweifen‘, nicht etwa von ‚stürzen‘! Vgl. Frühnhd. Wb. 1,413. 22 Gunſt]  ‚Zuneigung‘. 24 fr ſeine Helfft’] ‚für die (nun entseelte) Hälfte seines Leibes‘ – sofern Eheleute nach christlichem Verständnis (Mt 19,5) „ein Fleisch“ sind (vgl. V. 37). 25 heg’t]  ‚in sich birgt‘. 27 weit aus Staub’ … trgt]  ‚seinen Sinn von Erdenstaub und -unrat weit entfernt hält und ihn auf die Tugend richtet‘. 29 Schnee]  Hier als Sinnbild der Reinheit.  –  reine Brunſt]  ‚reines Feuer‘. 30 bldes]  ‚scheues‘; vgl. DWb 2,139,6. 31 Umbnebelt … Vergeſſungs-Dunſt]  ‚in Nebel gehüllt von den Dünsten des Traums und des Vergessenwerdens‘: nämlich all das, was in V. 29 f. aufgezählt wird. Schwierig ist die Deutung von „Traum“. Vermutlich ist gemeint, daß das Erscheinungsbild der verstorbenen Ehefrau mit der Zeit zu einer wesenlosen Phantasmagorie wird. 34 Seuffzer-Sud]  ‚Südwind der Seufzer‘. 35 blaſſe]  ‚bleiche‘. – ſchlg’t !…" aus]  ‚lehnt ab‘. 38 ihm]  ‚sich‘. 39 Den Reben]  Dativ Pl. 40 die Mutter-Weiſen]  Die durch den Tod der Mutter zu Halbwaisen gewordenen Kinder. Das Wort ist im DWb nicht nachgewiesen. 42 mit Regen-Bogen frben]  Anspielung auf den Regenbogen als Zeichen für den das Ende der Sintflut besiegelnden Bund Gottes mit den Menschen (Gen 9,12–16). 43 Wider-Kunfft]  ‚Rückkehr‘. 45 krfftige]  ‚standfeste‘, ‚nicht zu erschütternde‘. 47 aus ihr]  ‚aus der Asche‘ (V. 46).  –  auff !…" geh]  ‚aufgehe‘, ‚hervorsprieße‘. 49 Vor-auß]  ‚zuvor‘. – fall’n bey]  ‚bewußt werden‘; vgl. DWb 1,1369 f.,3. 50 Nord]  ‚Nordwind‘. – dieſen Winter]  Anna Assig starb Ende Januar oder Anfang Februar 1658. 51 Vordrab]  ‚Vorhut‘. – Poſt]  ‚Botschaft‘. 52/53 Da]  ‚wo‘. 54 bitt’rem Aloe]  Der aus getrockneten Aloe-Blättern aufgebrühte Tee, der von alters her als Abführmittel verwendet wurde, hat einen extrem bitteren Geschmack. – Zucker-knoſpen]  Im DWb 32,306 nur mit dieser Stelle bei L. nachgewiesen.  –  lſen]  ‚ablesen‘, ‚abpflücken‘. 55 abmeih’t]  ‚abmäht‘. 57 ihr Augen-Licht]  Hier: ‚das helle Strahlen ihrer Augen‘. 59 Mund-Korallen]  Die Koralle als Inbegriff der Röte. Vgl. Ros 13,43; 14,82; A II 167; C I 580, III 356; S II 428. 61 Marmel]  ‚Marmor‘.

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Kommentar

63 befleckten]  D.h. von zeitlichen Sünden verunreinigten.  –  verklr’t]  D.h., verleiht ihm unvergängliche, überirdische Schönheit. 64 die Hlſen]  Die dem Verfall anheimgegebene Hülle des Leibes. 69 dreyer Ellen Raum]  Ca. 2 m.  –  die Hand-voll Sand]  Umschreibung für die kärglichen Überreste, die nach dem Zerfall des Leibes verbleiben. 73 ber diß]  ‚darüber hinaus‘. 74 Jn dem !…" Paar der !…" Kinder]  In ihrer Tochter Anna und ihrem Sohn Hans: s.  o ., S. 458  f., die biographische Vorbemerkung zu Hya 4. 76 gutte Nacht !…" geben]  ‚Gute Nacht sagen‘. 80 eine Spanne … zuſtzen]  Ähnlich C V 310.  –  eine Spanne Ruhm]  ‚auch nur kurz andauernde ruhmvolle Lebenszeit‘. 81 zeitlich]  ‚frühzeitig‘, ‚vor der Zeit‘ (vgl. V. 94).  –  die Welt geſegnen]  ‚der Welt Lebewohl sagen‘. 84 Koloquinten]  S.o. zu Hya 5,186. 86 ſchweben]  ‚sich bewegen / befinden‘; vgl. DWb 15,2372,4b. 89 dieſem nach]  ‚demzufolge‘. 93 balſamet !…" ein]  ‚überzieht mit Balsam‘. 94 zeitlicher]  ‚noch zeitiger‘ (vgl. V. 81). 96 Dardurch]  ‚wodurch‘. – der Strbenden]  Gen. Sg., abhängig von „ver­ geſſen“. – eh]  ‚eher‘, ‚früher‘; vgl. DWb 3,36 f.,1.

7.  Mitleidentlich abgebildete Blume des Menschlichen Lebens, bey dem Leich-Begängnüsse Frauen Marthae von Wolfburg, gebohrner Baudißin Martha Wolff von Wolffsburg, geb. 5. Mai 1627, gest. 5. Mai 1665, Tochter des Ritters Jakob von Baudiss bzw. Baudissin (1585–1635), war die erste Ehefrau des Dr. iur. utr. Gottfried Wolff von Wolffsburg (1625–1686), der, seit 1671 Adjunkt der Breslauer Syndici Assig (s.  o ., S. 458) und Lohenstein, 1675 beim Aus­s cheiden Assigs aus Krankheitsgründen als dessen Nachfolger zweiter Syndikus und 1679 Obersyndikus wurde. Aus der am 31. August 1649 geschlossenen Ehe (s.o. zu Ros 10) gingen drei Kinder hervor (von diesen starb der älteste Sohn, Gottfried, schon 1660). – Daten zu ihrer Biographie: Pusch, Die Breslauer Rats- u. Stadtgeschlechter, Bd. 5 (1991), S. 87 f.; Stein, Der Rat u. die Rats­ geschlechter des alten Breslau (1963), S. 274.   1 ſein]  Nämlich das des Freundes, der hier in 3. Person angeredet wird.   2 Tulipanen]  ‚Tulpen‘.   3 Boy]  Ein dem Flanell ähnlicher Stoff. „In Deutschland hat man sonderlich den schwarzen Boy, darinne man trauert, und womit vornämlich Zimmer, Kutschen und Pferde bekleidet werden.“ (Zedler, Suppl. 4,417). – Floor]  Trauerflor.   5 ſteht]  ‚stehen‘ hier im Sinne von ‚abgestellt sein‘ (das Stehen der Bahre, auf



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der der Leichnam liegt, übertragen auf diesen selbst). Vgl. Hya 8,101, und die Parallelbelege im DWb 17,1526,2a,δ. ſcheidet ſich]  Als Pendant zu „vermählt ſich“ in V. 7. wechſelt Gott mit uns]  ‚unterwirft uns Gott dem ständigen Wechsel‘ (vgl. DWb 27,2741 f., 4a,α). – irr’n]  Wörtlich: ‚schweifen umher‘; hier etwa: ‚haben keinen Bestand‘, ‚wandeln sich‘. fr]  ‚vor‘. ein Gleichnß machen]  ‚ein Vergleich anstellen‘; vgl. DWb 7,8203,F7. Jonas Kirbs]  Nach Jon 4,7: Um dem Propheten Jona, der sich über die Nachsicht Gottes gegenüber der sündigen, aber bußfertigen Stadt Ninive geärgert hatte, eine Lehre zu erteilen, läßt Gott die Kürbispflanze (in modernen Bearbeitungen der Luther-Bibel ersetzt durch den Rizinus), die er als Schattenspender über Jona hatte wachsen lassen, über Nacht durch den Stich eines Wurms verdorren (Jon 4,6–11). Vgl. Hya 9,59–60, und das Sonett Hya 15. Geſtalt]  Hier im engeren Sinne: ‚Schönheit‘; vgl. DWb 5,4186,3a,ζ. ſein]  ‚sind‘. Klage]  Hier: ‚Trauerkleidung‘; vgl. DWb 11,909,2d. fr]  ‚vor‘. – Kittel]  ‚Sterbekittel‘. ſtechen weg]  ‚stellen in den Schatten‘.  –  Tapeten]  Hier: ‚Wandteppiche‘, ‚Tapisserien‘. Der Hyacinth] Die Blume hier, entspr. lat. ‚hyacinthus‘, im Maskulinum. – Salomons ſein Kleid]  Bezug auf Mt 6,29. Fr]  ‚vor‘. – Granaten]  ‚Granatäpfeln‘. Scarlat]  ‚Scharlach‘. – Karmeſin]  Roter Farbstoff, gewonnen aus Kermesschildläusen. – weicht !…" weit]  ‚bleibt weit zurück hinter‘. Florentiner Lack]  Erstmals in Florenz hergestellte Malerfarbe (vgl. Zedler 9,1277). – bey]  ‚im Vergleich zu‘. Narciſſen … Jaſmin]  Chiastische Fügung.  –  blnden]  ‚blenden‘ hier soviel wie ‚matt aussehen lassen‘. Tyrus-Schnecken]  = Pupurschnecken. Die phönizische Hafenstadt Tyros war im Altertum ein Zentrum der Herstellung von Purpur aus dem Sekret der Purpurschnecke. wehrt]  ‚währt‘. – aller]  Offenbar Gen. Pl. Hitz’ und Hundſtern] Hendiadyoin: ‚die Hitze des Hundssterns (= Sirius)‘. Der Aufgang des Sirius fällt mit der Zeit der größten Sommerhitze, den ‚Hundstagen‘ (24. Juli bis 23. August), zusammen. geile]  ‚mutwillige‘, ‚vorwitzige‘; vgl. V. 63. Nichts anders]  Falls „Nichts“ nicht Druckfehler für ‚Nicht‘ sein sollte, liegt hier entweder ein Prädikativum vor (‚Als nichts anderes‘), oder es ist zu lesen: ‚um keinen Deut anders‘. Kum]  ‚Keim‘. ſpielt]  ‚spielen‘ hier im Sinne von ‚glänzen‘, oder ‚strahlen‘ (so auch V. 43); vgl. die Belege in DWb 16,2333f., besonders den folgenden Vierzeiler von Logau (Sinngedichte II,1,20):

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„Fürstin, Eure Himmels-Gaben, Die Ihr habt, wie Euch sie haben, Sind verfast und spielen weit Durch das Gold der Frömigkeit.“ (F. v. Logau, Sämmtliche Sinngedichte, hrsg. von G. Eitner, S. 229). Vgl. C2 II 479, III 559; IS III 109; S, Widm. 61,64.  –  blitzt]  ‘blinkt’. 36 Seelen-Leim]  Das, was andere Seelen anlockt und bindet. Anders Hya 3,44. 37 Apellens Mahlerey] Apelles war ein berühmter griechischer Maler (4. Jh. v. Chr.), Hofmaler Alexanders des Großen.  –  den Schatten]  Heute würde man sagen: ‚das Wasser‘. 41 Hochmuths-Stiele]  Vgl. V. 57. 42 des Alters Krebs]  Hier ist gewiß nicht an die Krankheit zu denken, sondern an ‚Krebsgang‘: den im Alter vor sich gehenden Abbau als Rückkehr zum Ausgangspunkt im Sinne von Gen 3,19: „Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“ 43 Milch und Purper]  Wie ‚Milch und Blut‘ Metapher für jugendliche Lebensfrische. – auff den Blttern]  Weiterführung der mit „Hochmuths-Stiele“ (V. 41) eingeleiteten Pflanzen-Metapher.   –  ſpiele]  ‚glänzt‘, ‚strahlt‘ (s.  o . zu V. 35). 44 Ergntz’t]  ‚gleicht aus‘.  –  Witz]  ‚Verstand‘, ‚Klugheit‘.  –  Geruch]  ‚guter Ruf / Name‘ (vgl. DWb 5,3750,2); anders V. 63.  –  gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt.  –  den Verluſt]  Den Verlust der Jugendfrische. 46 Biſam]  Wertvoller Duftstoff, dasselbe wie Moschus.  –  Flutt]  ‚Wasser‘. 47 der uns buhlt] ‚der uns den Hof macht‘ („uns“ ist Dativ). Vgl. DWb 2,502,2; Ros 6.2,31, u. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 1129b : „Die Sternen buhln der Nacht/ ziehn ihr ihr Goldſtück an.“ 48 Proteus]  Niederer Meergott, der entsprechend der fließenden Natur des Wassers imstande ist, beliebige Gestalten anzunehmen.  – gleich]  Wie V. 44.  –  Glutt]  ‚Feuer‘. 49 glimmer]  ‚glühender‘. 51 die Zwibel]  Nominativ: die Zwiebel, aus der die Tulpe hervorwächst.  –  fngt]  ‚auffängt‘, ‚aufnimmt‘.  –  ſchlechter Flutt]  ‚einfachem Wasser‘. 54 ſchlechtem]  ‚simplem‘. 55 Fr]  ‚statt‘. – Purper]  Hier: ‚Purpurgewänder‘ (im römischen Altertum hohen Amtsträgern vorbehalten).  – Zibeth]  Dem Moschus ähnlicher Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsensekret der Zibetkatze. Vgl. Hya 8,6. 56 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘. – verſngt]  In diesem Kontext ist weniger an ein Versengen durch Feuer und Hitze als durch scharfen Frost zu denken (vgl. DWb 25,1276,3a). 57 auff hchſten Stengeln]  Vgl. V. 41.



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  63 geilen]  ‚frechen‘, ‚mutwilligen‘; vgl. V. 32.  –  Geruch]  ‚Duft‘.   64 Oel]  Hier im Sinne von ‚Brennstoff‘, z.  B . Lampenöl.  –  ppigkeit]  Hier: ‚Leichtfertigkeit‘ oder auch ‚Nichtswürdigkeit‘; vgl. DWb 24,2350,4a/b.   65 nicht einſt]  ‚nicht einmal‘.   66 ans Klotz]  ‚Klotz‘ konnte im Frühnhd. als Maskulinum wie als Neutrum gebraucht werden.   67 Boßheit]  ‚moralische Verderbtheit‘.  –  hufft]  ‚vermehrt‘, ‚steigert‘.   68 der minſte]  ‚nur der geringste‘.   69 ſtelln]  ‚an die Hand geben‘, ‚zur Verfügung stellen‘.  –  Fadem]  = ‚Faden‘.   70 Eppich]  ‚Efeu‘.   72 Napell]  Napellus oder Napellenkraut bzw. Eisenhut (Aconitum), eine giftige Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse. S. dazu Zedler 8,627–630 s.  v . ‚Eisen-Hütlein‘.   73 Sonnen-Wend’]  Die Sonnenwende (Heliotrop) ist eine Pflanze, die ihre Blätter nach dem Stand der Sonne ausrichtet. Vgl. Ros 6.1,89; 9,63; 15,28; 17,165; Ros 19,105–107.   76 Schnee]  ‚reines Weiß‘ bzw. ‚Reinheit‘; vgl. V. 81.   79 ſchweige]  ‚schweigen‘ hier mit Akkusativobjekt wie ‚verschweigen‘ (vgl. DWb 15,2426 f.,8): ‚schweige von‘.  – die Welt … leſen] ‚auf die die Begierde / Lust der Welt ihr Augenmerk richtet‘; zu „leſen“ vgl. Hya 5,113.   82 reiner Brunſt]  ‚reinen Liebesfeuers‘.   83 außgeriſſen]  ‚aus der Erde gerissen‘ (entspr. den vorstehenden Blumenund Pflanzenmetaphern).   84 zwey holde Pfropfer] ‚zwei liebliche Pfropfreiser‘, nämlich ihre Tochter Martha Maria (1654–1678) und ihren Sohn Johann Christian (1657–1708).   85 Herren]  ‚Eheherrn‘, ‚-mannes‘; vgl. DWb 10,1126 f.,2a. 100 Sie … ſeyn]  Abhängig von „Daß“ (in Parallele zu V. 99).

8.  Sarch (Tit.) Herrn Heinrich Herrmanns auf Kwalwitz Zu dem Verstorbenen waren schlechthin keinerlei Lebensdaten zu ermitteln. Wie aus der Überschrift zu ersehen, war er Eigentümer des Gutes Qualwitz nahe dem Städtchen Winzig (Kreis Wohlau) in Niederschlesien. vor 1  (Tit.)]  Hinweis auf weggelassene Titulatur(en), z.  B . einen Adelsrang, Amtstitel oder akademischen Grad betreffend.   1 etze !…" aus]  ‚ausätzen‘ - ‚mit Gravur(en) versehen‘. Vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 32a : „[…] ein […] Jüngling/ der einen mit grünem Laubwercke ausgeetzten Harniſch/ und im Schilde eine Taube führte […].“ – Wahn und Witz] Etwa: ‚Phantasie und solides Wissen‘ (vgl. DWb s.  v . ‚Wahn‘: 27,615,c,β). – Ertzt]  ‚Bronze‘. – Bein]  ‚tierische Knochensubstanz‘, z.  B . Elfenbein.  –  Marmel]  ‚Marmor‘.

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  2 mit Purper-Muſcheln]  D.h. mit Purpur, gewonnen aus dem Sekret der Purpurschnecke.   3 des Nero gldnes Haus]  Eine von Nero in Rom errichtete gigantische Palastanlage, die auch einen See, verschiedene Landschaftsformationen und Tiergehege einschloß. Vgl. A I 67–70.   4–6  Sand !…" Scherben !…" Glaß !.." ſchlechtes Ding !…" Staub !…" Pflaſter-Steine]  D.h. so reichlich vorhanden und so wenig wert wie diese im Vergleich zu den vielen anderen Kostbarkeiten, von denen das Goldene Haus angefüllt war.   5 die Narden] ‚Narde‘ ist Sammelname für verschiedene wohlriechende Pflanzen (u.  a . Baldrian), aus denen Duft- und Salböle und Arzneien hergestellt wurden (s. Zedler 23, 655–660).  –  schlechtes Ding]  ‚schlichte Sache‘.   6 Zibeth]  S.o. Anm. zu Hya 7,55.   7 Wurm-Geſpinſt’]  Seide. – Perlen-Mutter]  Perlmutt.   8 betrieg’t]  ‚betrügt‘, ‚täuscht‘.   9 Staar]  = ‚Star‘, eine das Sehen behindernde oder ganz unmöglich machende Augenkrankheit, nicht unbedingt nur die, die man heute darunter versteht, also grauer und grüner Star.  –  fall’n bey]  ‚zustimmen‘, ‚Recht geben‘. 10 ein gldner]  ‚ein goldeneres‘, d.  h . ein weit wertvolleres als das Goldene Haus Neros. 11 Der Blinden Andacht]  ‚das hingebungsvolle (Toten-)Gedenken der Blinden‘, d.  h. der ‚blinden Heiden‘ des Altertums, denen der christliche Glaube noch nicht die Augen geöffnet hatte. 12 Carien !…" mit einem Grabe]  Anspielung auf das Mausoleum, das großartige Grabmal des Satrapen Mausolos von Karien in Halikarnassos, in der Antike eines der sieben Weltwunder. 13 Memphis]  Die Hauptstadt des alten Ägypten, hier metonymisch für dieses selbst. 14 ſeiner Grber Thrm’ und Wunder-Seulen]  Gemeint sind die altägyptischen Pyramiden und Obelisken. 15 Sothis]  Lt. L.s Anm. zu E I 22 (bei uns Abt. Dramen, Bd. 2,1, S. 472) ein ägyptischer König, der in der Stadt Heliopolis einen Obelisken hat errichten lassen; gemeint ist vermutlich der Pharao Sesostris I. (ca. 1971– 1925 v. Chr.).  –  Heimligkeit]  Hier wohl im Sinne von ‚Mysterium‘. Vgl. DWb 10,881,7. 26 ein Babels-Thurm]  Der Turmbau zu Babylon (Gen 11,1–9) als Sinnbild menschlicher Selbstüberhebung. 27 Carthago]  Die nach dem endgültigen Sieg der Römer am Ende des Dritten Punischen Krieges dem Erdboden gleich gemachte Hauptstadt eines ehemals mächtigen Reiches als Sinnbild der Vergänglichkeit auch größter Machtfülle. 28 Kret’]  ‚Kröte‘. – hecket]  ‚nistet‘. 30 unſer Berge Brutt]  D.h. das, was wir als großartige Werke („Berge“) ge-



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plant haben und in die Welt setzen wollten.  –  Brutt]  = ‚Brut‘, ‚Nachkommenschaft‘. 31 in Grund geleg’t]  ‚errichtet‘; vgl. Anm. zu Hya 5,51. 32 Der Klippen … verkhret]  Vgl. Hya 5,27f.  –  verkhret]  ‚verwandelt‘. 33 Daß Helleſpont den Fuß]  Der persische König Xerxes I. ließ 480 v. Chr. zur Vorbereitung seines Angriffs auf Griechenland (um schneller große Heerestruppen heranführen zu können) über den Hellespont (heute: die Dardanellen), die Meerenge zwischen Asien und Europa, eine Brücke bauen, deren Fundament aus aneinandergereihten, gut verankerten und mit Tauen verbundenen Schiffen bestand. Der Bauvorgang wird eingehend beschrieben bei Herodot 7,34–36.  –  und Athos Schiffe trgt]  Xerxes ließ durch das Gebirge Athos auf der Halbinsel Akte einen Kanal bauen (Herodot 7,22). Vgl. AnmL. zu E V 51. 34 einem todten Ertzt’ … gewehret]  Wohl Anspielung auf den redenden Kopf, den Albertus Magnus geschaffen haben soll (s.  o . zu Hya 5,16).  –  geweh­ ret]  ‚gewährt‘. 35 fr]  ‚vor‘, hier im Sinne von ‚seit‘. 37 Glſern]  ‚zerbrechlicher‘; s.  o . zu Hya 2,25. 38 verſehret]  ‚beeinträchtigt‘, ‚beschädigt‘. 39–40  Der Sternen … Sarche werden muß]  Vgl. Mk 13,24–25.  –  Oel]  Hier im weiteren Sinne von ‚Brennstoff‘. 43 tummer Eitelkeit]  ‚törichter Überhebung‘. 44 in der Geburth]  ‚schon bei ihrer Entstehung‘. 45 Schnecken-Blutt]  Purpur, gewonnen aus einem Sekret der Purpurschnecke. 47 im Nun]  ‚im Nu‘.  –  trbe Flutt]  ‚unreines Wasser‘.  –  verſm’t]  ‚verteilt‘. Das Wort ist im DWb nicht belegt; vgl. aber die Wendung „von ſich ſäme“ (‚ausstreue‘) in Hya 5,71. 50 Waſſer-Gall’]  Aus Wasser bestehende blaßfarbige Ausdünstung am Himmel (s. DWb 27,2403,6). Vgl. A IV 395; IS II 147. 51–60  Die Welt … Schauplatz ein]  Vgl. zu der Spiel-Metapher das Widmungsgedicht zur ‚Sophonisbe‘.  –  Schauplatz]  ‚Theater‘, ‚Bühne‘. 54 eh’ ausgeſpiel’t]  ‚noch bevor das Ende des Spiels erreicht ist‘. 55 verkehr’t]  ‚verwandelt‘. 56 das Schertzſpiel abgehandelt]  ‚die Komödie zu Ende gebracht‘; zu „abgehandelt“ vgl. DWb Neubearb. 1,358 f.,B1. 57 Zeucht]  ‚zieht‘. 58 Hoff]  Fürsten- oder Königshof.  –  Hrde]  Als Pendant zu „Hoff“ Inbegriff einfachen Lebens der Landbevölkerung (vgl. V. 55: „Hirten-Hauß“). Im wörtlichen Sinne bezeichnet „Hürde“ die Einzäunung einer bestimmten Weidefläche. Ähnlich C II 443; IS III 80. 59 So Crſ- als Jrus]  ‚der Reiche ebenso wie der Arme‘.  –  Crſ-]  Croesus, der für seinen großen Reichtum berühmte König von Lydien (6. Jh.  v. Chr.).  –  Jrus]  Bettler in Ithaka, Inbegriff eines armen Mannes. 60 ein Tag]  Der Jüngste Tag.

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  63 Die Sternen-Burg]  ‚der Himmel‘.  – erfll’n]  ‚ausfüllen‘, ‚in Anspruch nehmen‘. – Spannen]  Eine Spanne hier als unbestimmtes Längenmaß, entspr. etwa der Breite einer gespreizten Hand.   65 das Alexandern miß’t]  ‚das geeignet ist, die Größe eines Alexander (des Großen nämlich) zu bestimmen‘.   68 Therſites]  Einer der griechischen Kämpfer vor Troja, berüchtigt für seine abstoßende Häßlichkeit (er hinkte auch) und seine bösartige Schmähsucht, die auch herausragende Persönlichkeiten wie Agamemnon oder Achilles nicht verschonte. Achilles soll ihn erschlagen haben, als er sich abfällig über dessen Zuneigung zu Penthesilea geäußert hatte.   69 Dis ſchwartze Brett] Vermutlich ist hiermit der Deckel des Sarges gemeint. – heuchelnd]  ‚schmeichelnder‘.   70 Tyndaris]  Die Tyndaride (Tochter des Tyndareus): die für ihre Schönheit berühmte trojanische Helena.   76 Pharos]  ‚Leuchtturm‘; eigentlich der zu den sieben Weltwundern zählende Leuchtturm vor Alexandria, auf der Halbinsel, von der er seinen Namen hat.   80 gepfropft]  Hier im übertragenen Sinne: ‚versetzt‘.   82 entzcket]  ‚entzogen‘, ‚entführt‘; vgl. DWb 3,667 f.,2.   89 fallen ein]  ‚zusammenbrechen‘, ‚in sich zusammenfallen‘.   93 da]  ‚wo‘.   99 in den Port]  ‚im Hafen angelangt‘. 100 ein Herrmann]  Vermutlich Verbindung des Namens des Verstorbenen mit dem des Cheruskerfürsten Arminius, der 9 n. Chr. ein römisches Heer unter Quinctilius Varus besiegt hatte. Die etymologisch falsche Verbindung von Arminius mit dem deutschen Namen Hermann kam im 16. Jh. auf. 101 im Grabe !…" ſteh’t]  Vgl. Hya 7,5. 102 Noens ander Kaſten]  ‚eine zweite Arche Noah‘. 105 Die Glaubens Taube … Oelzweig ſchon]  Nach Gen 8,10–11. 107 ſprder]  ‚spröder‘, hier in der Bedeutung ‚leicht zerbrechlicher‘. Vgl. Hya 5,3 („der ſpriede Leib“) u. DWb 17,147,3. 109 Lazarus]  Lazarus von Bethanien, den Jesus vom Tode auferweckte (Joh 11). 110 Enoch]  = Henoch, im 1. Buch Mose einer der ersten Menschen (Enkel von Adams Sohn Seth); wegen seines gottgefälligen Wandels wird er schon zu Lebzeiten von Gott in den Himmel aufgenommen (Gen 5,24; Hebr 11,5).



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9.  Redender Todten-Kopff Herrn Matthaeus Machners Matthaeus Machner, geb. 1597, gest. 14. Juli 1662 in Breslau, beigesetzt ebendort am 19. Juli 1662, war Notar beim geistlichen und Waisengericht in Breslau und ebendort Ratssekretär für die lateinischen Ausfertigungen. Sein Lebensgang ist beschrieben in dem lateinischen Nachruf von Johann Gebhard, Epistolium Machneromnema […]. Breslau: Gottfried Gründer [1662] (VD 17: 14: 070645B, mit Digitalaufnahme des Volltextes). – Machner hinterließ eine umfängliche Sammlung von Inschriften von Denkmälern in Breslau und an anderen Orten, deren ‚Matthaei Machneri cara supellex‘ betiteltes Manuskript vor dem Krieg zu den Beständen der alten Breslauer Stadtbibliothek gehörte und von dort in den Besitz der heutigen UB Breslau überging, wo es sich heute noch, unter der alten Signatur (R 648), befindet. S. hierzu: v. Czihak, Zur schlesischen Denkmälerverzeichnung. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte u. Alterthum Schlesiens 26 (1892), S. 418–425, hier S. 418. – Von L.s Gedicht ist ein im Todesjahr erschienener Gelegenheitsdruck überliefert (s. Editionsbericht, S. 339).   2 Stagirit]  Aristoteles, nach seinem Geburtsort Stagira.   4 Sorbone]  = Sorbonne, die Universität Paris (ursprünglich Name eines Kolleggebäudes der Pariser Universität im Mittelalter).   6 Fr]  ‚vor‘.   7 Demoſthenes !…" ſein Donnern] Seit dem Altertum ist es üblich, die Sprachgewalt großer Redner als Donnern zu bezeichnen. Zur Anwendung der Metapher auf Demosthenes (4. Jh. v. Chr.) vgl. Columella, De re rustica 1, praefatio 30. Vgl. Hya 5,103.  –  fr]  ‚vor‘. 13–14  kein groſſer Albert … mich zerbrechen]  S.o. zu Hya 5,16. 17–18  kein Werck des Nectanebus … Ammons redend Bild]  Der ägyptische König Nektanebos II. (4. Jh. v. Chr.) erscheint im griechischen Alexanderroman als Magier und Zauberer, der Olympias, der Frau Philipps II. von Makedonien, vorgaukelt, er sei Zeus Ammon, in dieser Truggestalt mit ihr schläft und so Vater Alexanders des Großen wird. Vgl. A V 633 f.; Anm. L.s zu S IV 305 (bei uns Abt. Dramen, Bd. 3,1, S. 694,1554–1557). 20 Daß Kunſt/ auch Laſter nicht]  ‚daß es weder ein Kunstgriff noch etwas Sündhaftes ist, das …‘. 21 Verrckte]  ‚Irregeleitete‘, ‚in die Irre Geführte‘; vgl. DWb 25,1022 f.,3b. 26 Auch Magdalene]  Anspielung auf Joh 20,11–13: Maria Magdalena kommt zum Grab Jesu Christi, findet es leer und weint deshalb (unmittelbar darauf sieht sie den Auferstandenen in der Nähe stehen, hält ihn aber für den Gärtner, bis er sich ihr zu erkennen gibt). 27 fauler]  ‚fauliger‘. 28–29  Fulvie … Die Zunge der Stadt Rom]  Der Triumvir Marcus Antonius ließ den ihm verhaßten Cicero 43 v. Chr. ermorden und seinen Kopf auf dem Forum Romanum ausstellen. Seine damalige Ehefrau Fulvia soll lt. Cas-

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sius Dio (Historia Romana 47,8,4) den Kopf Ciceros mißhandelt und seine Zunge mit ihrer Haarnadel durchstochen haben. 29 verzuck’t]  Vielleicht im Sinne von ‚verfehlt‘ (vgl. DWb 25,2659,C1): insofern, als der Nadelstich jemandem gilt, der als Toter schon Opfer von zorniger Rachsucht geworden ist. 30 ihre Galle]  ‚ihr Zorn‘ (nach der alten Säftelehre ist die ‚gelbe Galle‘ verantwortlich für cholerisches Temperament). 31 Schertz]  Hier etwa: ‚Spottbild‘. 38 lngſts]  Falls nicht Druckfehler für ‚längſt‘, vielleicht kontrahierte Form von ‚längſtens‘ (hierfür aber kein Beleg im DWb). 40 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘. – Tacht]  ‚Docht‘. 41 ein Welt-Kind]  ‚ein (noch) ganz dem weltlichen / zeitlichen Leben hingegebener Mensch‘ (vgl. DWb 28,1607,1).  –  unbedachtſam]  ‚gedankenlos‘. 42 Der]  Grammatisch korrekt wäre eigtl. ‚Das‘. 43 fr]  ‚vor‘. 46 Abriß]  ‚Bauplan‘. 50 nicht]  Nur Verstärkung von „keine“. 53 in ſich hlt]  ‚einschließt‘, ‚umgibt‘. 56 vor]  ‚früher‘. 57 benelckten Mund]  Die Nelke als Sinnbild der Röte. Vgl. C III 56,V 195; A I 134. 58 vor fr Rubin … preiſ’te]  ‚früher noch höher pries als Rubin und Purpur‘. – fr]  ‚vor‘. – Schnecken-Blutte]  Purpur wurde aus dem Sekret der Purpurschnecke gewonnen.  –  preiſ’te]  Von dem ursprünglich schwachen Verb ‚preisen‘ waren bis ins 19. Jh. sowohl schwache wie starke Formen nebeneinander in Gebrauch. 59–60  Manch Jonas hat … welck gemacht]  S.o. zu Hya 7,15; vgl. auch das Sonett Hya 15. 61 denen Blitz … fhr’t]  ‚aus deren Augen strahlender Glanz leuchtet‘; zu „Blitz“ vgl. DWb 2,131,5; Frühnhd. Wb. 4,628,2. 63 die hole Lck’] D.h. die leeren Augenhöhlen im Totenschädel.  – ei­ tel]  ‚nichts als‘. 65 Jſcht]  ‚Schleim‘ oder ‚Schaum‘; vgl. A V 828; C V 277. 66 vor]  ‚früher‘. – Zibeth]  S.o. zu Hya 7,55.  –  Ambra]  S.o. zu Hya 1,50. 67 Schlffe]  - ‚Schläfen‘; alte Pluralform von ‚Schlaf‘ (= ‚Schläfe‘), aus der das heutige feminine Substantiv ‚Schläfe‘ geworden ist. 68 Fr derer Haaren … erblichen]  ‚verglichen mit deren Haaren die Morgenröte bleich war‘. 69 vor]  ‚früher‘. – ihr !…" Kwll]  In Schlesien im 17. Jh. gebräuchliche neutrale Nebenform zu dem Maskulinum ‚Quell‘. 70 als]  ‚wie‘. – ein Baſiliſck’]  Ein Basilisk ist ein schlangenartiges Fabeltier, dessen Gift, Atem und Blick tödlich wirkten.  –  Laſter]  ‚Sünden‘, ‚Verbrechen‘.



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klag’]  ‚beklage‘. Staub’]  ‚Erdenstaub‘, nach Gen 3,19. Gedchtns-Buch]  Offenbar Umschreibung für ‚Gehirn‘. ausgeleg’t]  ‚erklärt / erläutert / offengelegt haben‘. Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘. albern klugen]  ‚gescheiten Toren‘.  –  fall’t !…" bey]  ‚stimmt zu‘. Mopſus]  Name eines Hirten in Vergils 5. Ekloge, hier als Inbegriff eines einfachen Mannes.   83 Worber]  Relativpronomen (‚auf dem‘), zu beziehen auf das Akkusativobjekt „Das groſſe Wiſſen“ in V. 82.   85 deſſen Geiſt]  Akkusativobjekt! – zu ſchlſſen nicht gewſt]  ‚nicht hätte begrenzen / einschließen können‘; zu „ſchlüſſen“ vgl. DWb 15,700,3b.   87 eig’ne Willkhr]  ‚das eigene freie Entschließen‘; vgl. DWb 30,206,A1c.   88 verfaſſ’t … Willen]  In seiner Eigenschaft als Notar.   89 Begrbnß]  Hier: ‚Grabmal‘ oder ‚Grabstein‘.   90 Daß … brig blieb]  ‚daß ihm selbst nur noch die Inschrift auf seinem eigenen Grabstein blieb‘.   91 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘, ‚Nichtigkeit‘.   95–96  die Eeren … aus der Erden]  Das Bild der aus einem Totenschädel wachsenden Ähren ist auch in der Emblematik nachzuweisen; vgl. Henkel/ Schöne, Emblemata, Sp. 325.   98 ein Seiden-Wurm mag wieder lebend werden]  Hintergrund des hier angedeuteten Aberglaubens ist anscheinend die bei der Seidenzucht in kälteren Regionen gemachte Erfahrung, daß erstarrte oder im Seidespinnen inaktive Raupen durch erwärmende Maßnahmen lebendig gemacht bzw. aktiviert werden können (s. Zedler 36,1417). 100 Phnix]  Der bekannte mythische Vogel, der sich, wenn er alt geworden ist, selbst verbrennt und aus seiner Asche verjüngt wieder emporsteigt. 106 Weil ja]  Hier etwa: ‚zumal ja auch‘. Vgl. A V695. 109 wenn der Hchſte … erndten ein]  Am Jüngsten Tag, bei der Auferstehung der Toten aus ihren Gräbern. 110 Engliſch]  ‚engelhaftes‘, ‚engelgleiches‘.

10.  Uber das herrliche Grab-Maal, welches Herrn Adam Caspern von Artzat […] seine Ehliebste durch Hn. Matthias Rauchmüllern […] aufrichten ließ Adam Caspar von Artzat und Groß-Schottkau, Herr auf Borne, Zweibrodt, Schützendorf und Blankenau, Sohn des Georg Friedrich von Artzat (s.  o . zu Hya 2), geb. am 18. Mai 1637 in Breslau, gest. ebendort am 5. Februar 1678, beigesetzt in der Magdalenen-Kirche, wurde nach einem Jura-Studium in Leipzig und Straßburg 1663 Schöffe in Breslau; von 1671 bis zu seinem Tode war er Senator und Oberkämmerer seiner Vaterstadt und Kaiserlicher Rat. Am 2. Mai

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1662 heiratete er in Breslau Anna Rosina Zange; dazu veröffentlichte Martin Hanke, Geschichtslehrer am Breslauer Elisabeth-Gymnasium, eine Gratulationsschrift in lateinischer Prosa (Breslau: Gottfried Gründer [1662]; VD 17: 3:686875Z, mit Digitalaufnahme des Volltextes). – Zu seiner Biographie: Pusch, Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter, Bd. 1 (1986), S. 32 (mit irrigem Todesdatum: 15. Febr. 1677); Markgraf/Frenzel, Breslauer Stadtbuch (1882), S. 71 u. 73; Noack, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1999), S. 982. Heinrich Mühlpfort verfaßte zwei Epicedien, ein deutsches und ein lateinisches, auf den Verstorbenen: Mühlpfort, Teutsche Gedichte, hrsg. von H. Entner (1991), hier: Leichen-Gedichte, S. 317–319 (,Ehren-Gedächtnus/ Hn. A. C. v. A. d. R. den 5. Febr. 1678‘); ders., Poemata, hrsg. von L. Claren u. J. Huber (1991), hier: Epicedia, S. 16–18 (,In obitum A. C. ab A. S. Caes. M. C. et S. V. sub nomine Musae puerilis‘). Das von der Witwe bei dem Bildhauer, Maler und Elfenbeinschnitzer Mat­ thias Rauchmüller bzw. Rauchmiller (s.  o . zu Ros 20) in Auftrag gegebene und Ende 1679 errichtete Epitaph (s. Abb. 2) hat sich bis heute in der Breslauer Magdalenen-Kirche erhalten. Das Epitaph weist Beschädigungen auf, die nicht erst im Zweiten Weltkrieg oder in den Jahren danach entstanden sind, sondern schon gegen Ende des 19. Jh.s bestanden: Der linken, stehenden Figur, nach L.s Beschreibung (V. 54) einer Allegorie der Tugend, ist die rechte Hand abgebrochen, die einen Kranz über das Porträtmedaillon des Verstorbenen hielt. Die oben sitzende „Ehre“ (V. 55) hielt ursprünglich einen Palmzweig in der rechten Hand, der ebenfalls abgebrochen ist. Das Aussehen des Epitaphs in vollständigem, unbeschädigtem Zustand ist verbürgt durch eine Schilderung in Kundmanns ‚Promtuarium‘ (1726), S. 14. Merkwürdigerweise deutet Kundmann (ebd.) die Figur, die nach L.s Schilderung die Tugend darstellt, als „spes“ (‚Hoffnung‘), worin ihm alle mir bekannten Kunsthistoriker, die das Epitaph beschrieben haben, gefolgt sind, auch Braun-Troppau, obwohl dieser das Gedicht L.s kannte und in voller Länge abdruckte: Burgemeister/Grundmann, Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau (1933), S. 48; Braun-Troppau, Mat­ thias Rauchmiller (1942), S. 129–134 (das Gedicht L.s S. 129–131; Beschreibung Kundmanns zit. S. 129); Theuerkauff, Zu Matthias Rauchmillers Werk in Schlesien (1962), S. 112–117 (auch hier, S. 113 f., Zitat der Beschreibung Kundmanns, allerdings fehlerhaft). – Es ist anzunehmen, daß die von L. in V. 54–56 gegebene Deutung der drei Figuren die authentische und vom Künstler gewollte ist – wie denn überhaupt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß das künstlerische Programm des Epitaphs von L. ebenso ersonnen worden ist wie das des kurz vorher fertiggestellten Piastenmausoleums (vgl. V. 6). Keinem Zweifel sollte unterliegen, daß die dem Gedicht beigegebene Grabschrift (sie ist identisch mit der auf dem Epitaph realisierten) von L. abgefaßt wurde. – Vgl. Ros 20, mit dem L. ein anderes Werk Rauchmüllers preist: den Elfenbeinhumpen mit der Darstellung des Raubs der Sabinerinnen.



HyacinthenIII

Abb. 2: Matthias Rauchmüller: Epitaph für Adam Caspar von Artzat (gest. 1678) in der Magdalenen-Kirche zu Breslau

IV

Kommentar



Hyacinthen485

  1–2  weih’t !…" ein]  ‚weiht‘; vgl. Hya 11,59.   3 Tacht]  ‚Docht‘. – brennt]  ‚abbrennt‘.   6 nach Pyaſtens Grufft]  Gemeint ist das Piastenmausoleum, das im Auftrag der Herzogin Luise von Liegnitz-Brieg-Wohlau in den Jahren 1677–1679 in den Chor der Liegnitzer Johanniskirche eingebaut wurde; das „nach“ ist sowohl chronologisch als auch im Sinne einer Rangfolge zu verstehen. Anlaß für den Bau des Mausoleums war der frühe Tod von Herzog Georg Wilhelm, des einzigen Sohnes der Herzogin, im November 1675 2, mit dem das Piastengeschlecht in allen Linien ausgestorben war. Das künstlerische Programm zur Ausgestaltung des Mausoleums und höchstwahrscheinlich auch alle Inschriften stammen von L.; die künstlerische Ausgestaltung selbst (Figurenschmuck und Fresken) lag auch hier in den Händen von Matthias Rauchmüller.  –  fr]  ‚vor‘. 10 der Sterbligkeit … verrckt]  ‚der übliche Lauf der Dinge beim Eintreten des Todesfalls sich verändert‘. 11 fr der Zeit]  ‚vorzeitig‘. 13 mit Myrrh- und Balſam]  D.h. mit allerlei kostbaren Spezereien und duftenden Essenzen. 14 Perlen]  D.h. Tränen. 15 weil durch ein Gelbd’ … trieffen ſol]  Der sachliche Hintergrund ließ sich nicht ermitteln. 16 Die Mutter]  Eva Maria von Artzat, geb. von Sebisch, geb. 26. 12. 1613 in Breslau. gest. ebendort 10. 12. 1680. 18 kmpft mit Flammen keuſcher Eh’]  Sinn: ‚steht mit der Liebe einer keuschen Ehefrau im Wettstreit darum …‘. 20 Hecuba]  Obwohl die Königin von Troja, Ehefrau des am Altar des Zeus von Neoptolemus niedergemetzelten Priamus, genügend Gründe hatte, beim Untergang Trojas auch den Tod ihrer Kinder zu beklagen, fungiert sie hier anscheinend nur als Sinnbild einer trauernden Ehegattin.  –  Niobe]  Die sagenhafte Königin von Theben, die sich wegen ihrer zahlreichen Nachkommenschaft (sieben Söhne und sieben Töchter) über die Göttin Leto stellte, weil diese nur zwei Kinder (Apollo und Diana) hatte, und für diese frevelhafte Vermessenheit mit dem Tod aller ihrer Kinder bestraft wurde. 24 vor]  ‚zuvor‘, ‚früher‘. 26 ſie]  Nämlich Adel und Tugend. 27 grau-huptig]  D.h. ausgestattet mit der Weisheit des Alters. 32 Den Schild]  Hier: ‚Wappenschild‘ oder auch nur ‚Wappen‘ (s. DWb 15,118– 120,4–6); vgl. V. 55.  –  zum Beyſpiel ihm]  ‚als Vorbild für sich selbst‘ (im Hinblick auf den von den Ahnen erworbenen Ruhm, der im Familienwappen repräsentiert ist). Vgl. Frühnhd. Wb. 3,1007 f.  –  nicht zum Geprnge]  ‚nicht, um damit zu prunken‘. 2

S. unseren Band ‚Kleinere Prosa‘ mit der von L. verfaßten Lobschrift auf Georg Wilhelm, hier Kommentarteil, S. 361–365.

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Kommentar

33 zu Vtern]  ‚zu Obrigkeiten‘ (Anspielung auf den vom römischen Senat für besondere Verdienste um den Staat verliehenen Ehrentitel ‚pater patriae‘). 35 gemeine Heil]  ‚Gemeinwohl‘. 38 verſchmitzt]  ‚schlau‘, ‚findig‘, aber noch ohne die heute stets mitschwingende negative Komponente im Sinne von ‚verschlagen‘. 40 Ariſtides]  Der große athenische Politiker und Feldherr zur Zeit der Perserkriege (5. Jh. v. Chr.) galt von jeher als Musterbild selbstloser Rechtlichkeit und Gesetzetreue. 41 hat er … gewiechen]  ‚stand er hinter niemandem zurück‘.  –  Niemanden nicht]  Verstärkte (nicht doppelte!) Verneinung. 42 ward ſchon zeitig]  ‚gelangte schon zur Reife‘ (vgl. DWb 31,584–586,1). 44 durchaus]  ‚vollständig‘, ‚gänzlich‘. 46 frnehmſter Kreiß]  ‚wichtigstes / vorrangiges Arbeitsfeld‘. 47 erkieſt]  ‚erwählt‘. 54 Brger-Krntzen]  Anspielung auf die ‚corona civica‘, eine hohe Auszeichnung, die einem römischen Bürger verliehen wurde, der einem anderen römischen Bürger in der Schlacht das Leben gerettet hatte. 55 Schild]  S.o. zu V. 32. 57 Laßt !…" euch nicht den Traum betrgen]  Dem lateinischen A.c.I. ähnliche, heute ganz unmögliche Konstruktion: ‚Laßt euch nicht von Träumereien zu der trügerischen Vorstellung verleiten …‘ 59 Gedchtns-Seulen]  ‚Denkmale‘. – die Eitelkeit]  ‚die Vergänglichkeit‘. 61 Phidias]  Berühmter griechischer Bildhauer (5. Jh. v. Chr.).  – geetzt]  ‚skulptiert‘, ‚gemeißelt‘ (vgl. Hya 3,4). 63 legt … Stein]  ‚den ersten Grundstein legt‘ (s.  o . zu Hya 5,51). 64 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. Lateinische Grabschrift am Schluß des Gedichts Ich gebe im folgenden eine Abschrift des im Original in Versalien gedruckten Textes in normaler Schreibung3 und mit ergänzter (moderner) Interpunktion, daran anschließend eine Übersetzung. Arzatiani monumenti inscriptio ad D. Mar. Magdalenam Vratislaviae Adam Caspar ab Arzat. S. Caes. Maiestatis Consiliarius postquam Adami Sebisii Capitanei, Casparis et Georgii Friderici Arzatiorum Consularium Vratislaviensium avorum patrisque pulcra vestigia secutus rempub. patriam iuste sanc3

So auch schon (allerdings fehler- und lückenhaft) bei Theuerkauff, Zu Matthias Rauchmillers Werk in Schlesien (1962), S. 112, Anm. 46.



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teque civibus haut poenitendus Senator factis quam annis notior curasset, ad meliorem vitam vocatus vocem filii dei in hoc dormitorio iuxta maiorum cineres laetus expectat, vix annorum XL, mens. VIII, dier. XIX mortuus V. Febr. anno M.D.C.LXXVIII. Eva Maria Sebisia filio piissimo, Anna Rosina Zangia marito optimo acerbum funeris officium, haec monumenti quoque praestitit. *** [Nachdem der Kaiserliche Rat Adam Caspar von Artzat, in der Nachfolge der ruhmvollen Spuren seiner Ahnen, des Landeshauptmanns Adam Sebisch und der Breslauer Räte Caspar und Georg Friedrich von Artzat, sowie deren seines Vaters, die Angelegenheiten seiner Vaterstadt als Senator gerecht und gewissenhaft, zur größten Zufriedenheit der Bürger, besorgt hat, herausragender durch seine Taten als durch seine Lebensjahre, erwartet er nun, abberufen zu einem besseren Leben, fröhlich die Stimme des Sohnes Gottes in dieser Ruhestätte, nahe bei der Asche seiner Ahnen, im Alter von gerade einmal 40 Jahren, 8 Monaten und 19 Tagen gestorben am 5. Februar des Jahres 1678. Eva Maria Sebisch erwies ihrem liebevollen Sohn, Anna Rosina Zange ihrem vortrefflichen Ehemann den herben Dienst der Grablegung, letztere auch den der Errichtung des Grabmals.]

11.  Erlangte Ewigkeit Herrn Chrysostomi Scholtzens JCti Chrysostomus Scholtz (auch Schultze), geb. 1607 in Löwenberg, gest. 23. Januar 1664 in Breslau, Jurist, war 1637–1641 Professor für Rhetorik am Elisabeth-Gymnasium in Breslau, danach Schöffenpräfekt ebendort. – Vorstehende Daten nach: Gajek, Das Breslauer Schultheater (1994), S. 56* f. vor   1   3   4

  6   7 12 17

1  JCti]  = Jurisconsulti (‚des Rechtsgelehrten‘). dem erſten Kwelle]  D.h. ihrem Ursprungsort. Angel-ſterne]  Polarstern, als Umschreibung für ‚Norden‘. des Meeres Saltz zu ſeinen Brunnen] Schwer zu verstehen. Vermutlich nimmt L. an, daß das Salz im Meerwasser, da es schwerer sei, die Tendenz habe, auf den Boden zu sinken, aus dem es eigentlich stamme. Für den ersten Aspekt (Absinken des Salzes aufgrund seiner größeren Schwere) hätte sich L. auf Aristoteles, Problemata physica 23,31.37, berufen können. Memnons Mutter]  Mutter des sagenhaften äthiopischen Königs Memnon war Aurora, die Göttin der Morgenröte. morſche]  ‚gebrechliche‘, ‚hinfällige‘. die Fleder-Mauß]  ‚der Nachtfalter‘ (DWb 3,1746,3). Vgl. Ros 19,16.  –  Baare]  = ‚Bahre‘, Metonymie für ‚Tod‘. vielen/ die … gekennt]  D.h. vielen Menschen des heidnischen Altertums, die von der Unsterblichkeit der Seele noch keinen klaren Begriff hatten. – gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt.

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Kommentar

18 Kern und Geiſt]  Hendiadyoin: ‚wesentlichen geistigen Gehalt‘. 19 dumpficht]  Hier etwa: ‚umdüstert‘. 20–23  mit Zeder-Safft !…" Oel’ und Aloe !…" Balſam !…" Myrrhen] Als Fäulnis verhindernde Konservierungsmittel. 22 beides]  „Leib und Haupt“ (V. 21). 23 ſmen]  Hier: ‚erzeugen‘; vgl. DWb 14,1732,3. 24 was]  ‚etwas‘. – Zunder]  ‚Ausgangsmaterial‘, ‚Nährboden‘; vgl. DWb 32,559 f.,5. 25–26  Mauſolens Todten-Aſch … beſeelet]  Artemisia II., Schwester und Gemahlin des karischen Satrapen Mausolos von Halikarnassos (4. Jh. v. Chr.), soll nach dem Tode ihres über alles geliebten Ehemannes dessen Asche mit einem Getränk vermischt getrunken haben, um selbst dessen lebendes Grab zu sein (Valerius Maximus 4,6,Ext.1). Das gewaltige Grabmal (Mausoleum), das sie ihm errichten ließ, zählte zu den sieben Weltwundern. Vgl. Ros 12,38. 30 fr Beſtand]  ‚anstelle dauerhafter Beständigkeit‘. 31 in den Grund … fallen]  ‚umstürzen‘, ‚dahinfallen‘.  –  Coloſſen]  D.h. gewaltige Monumente wie den Koloß von Rhodos (Standbild des Sonnengottes), eines der sieben Weltwunder. Vgl. Hya 17,6. 34 was lngerm]  ‚etwas dauerhafterem‘. 39 den Plinius geſchrieben]  L. meint eine verlorene Schrift von Plinius d.Ä.: ‚Bellorum Germaniae libri XX‘, zit. von Tacitus, Ann. 1,69,3. 41 Schreibt man … ein]  ‚Mag man auch Bergen und Küsten Namen geben‘. 42 der]  ‚der da‘, z.  B . ein Entdecker wie Amerigo Vespucci, nach dem Amerika benannt ist. 43 Magellan]  Fernão de Magellan, eigtl. Magalhães (um 1480–1521), der portugiesische Seefahrer, der dank der Entdeckung der Magellanstraße die erste Erdumseglung durchführen konnte. Deren Vollendung erlebte er aber selbst nicht mehr, da er auf einer Insel der Philippinen im Kampf mit den Eingeborenen fiel. 44 Spure]  Vermutlich keine Pluralform, sondern Akk. Sg. von ‚Spure‘, als Nebenform von ‚Spur‘. 45 Abila]  = Abyla, der Berg an der afrikanischen Küste. der mit dem ihm an der spanischen Küste gegenüberliegenden Berg Calpe die ‚Säulen des Herkules‘ (heute Straße von Gibraltar) bildet. 47 Arimaſp]  Eine nicht mehr aufklärbare Namensverwechslung durch L. Einen Berg dieses Namens gibt es nicht. Die Arimaspen waren ein sagenhaftes einäugiges Volk im Norden Skythiens, das ständig mit den Greifen um das von diesen bewachte Gold kämpfte.  –  Athos]  Berg auf der Halbinsel Akte, den Xerxes für einen Kanalbau durchbrechen ließ (s. Herodot 7,22–24.37.122). 49 Rom in Rom]  D.h. das alte Rom im gegenwärtigen.  –  den Grich’]  D.h. den alten Griechen, wie man ihn aus der antiken Überlieferung kennt. 50 Marmel]  ‚Marmorstandbilder‘.



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51 Jphiſſus]  In L.s Arminius-Roman (Tl. 1 [1689], S. 689b) genannt als geweihter Fluß, dessen Wasser in Athen für bestimmte rituelle Waschungen verwendet wurde. Der korrekte Name des Flusses ist aber Kephissos; die von L. verwendete Namensform ist kontaminiert durch Vermengung mit dem Namen des größten Nebenflusses: Ilisos oder Ilissos.  –  nicht]  D.h. heutzutage nicht mehr.  –  Pactol]  Fluß in Lydien, der im Altertum Goldsand führte. 52 Sardes]  Die nicht mehr existente, am Pactolus gelegene Hauptstadt des antiken Lydien.  –  rechen]  Nebenform von ‚rechnen‘. 53 vor]  ‚früher einmal‘.  –  Miletus]  Milet, im Altertum reiche Handelsstadt Ioniens, Geburtsort des Philosophen Thales. 54 vermißten es !…" gar]  ‚würden es überhaupt nicht mehr auffinden‘. 57 da]  ‚wofern‘. 59 Wo man … eingeweiht]  D.h., wo der Tempel der Getreidegöttin Ceres stand. – eingeweiht]  ‚geweiht‘; vgl. Hya 10,1–2. 60 Thebe]  Theben. – Salamis]  Insel im saronischen Golf, vor Attika und Megara. 61 Epheſus]  Bedeutende Stadt in Ionien.  –  Grauß]  ‚Trümmern‘. 63 Megara]  Griechische Hafenstadt, ca. 30 km westlich von Athen. 64 Corinth]  Die für ihren wertvollen Bronzeguß berühmte Stadt wurde 146 v. Chr. von den Römern unter L. Mummius völlig zerstört.  – gleich hat … geschrieben]  ‚auch in Erz geschrieben haben mag‘. 65 Wunder]  ‚Wunderwerk‘. 66 Pergamus]  Die Burg von Troja.  –  Halicarnaſſus]  Die durch das Grabmal des Königs Mausolos (s.  o . zu V. 25–26) berühmte Stadt in Karien. 67 Delos]  Kleine Insel der Kykladen, auf der der Gott Apollo geboren worden sein soll.  –  zu Delphis]  In Delphi, einer Stadt am Parnassusgebirge, befand sich das berühmte Heiligtum des Apollo. 68 zeugt]  ‚bezeugt‘. – Jaſſus]  Untergegangene ionische Stadt an der Küste Kariens. 69 Ein Marmeln Wort !…" nur]  ‚nur eine Inschrift in Marmor‘.  –  Thya­ tir]  Thyatira, eine Stadt in Lydien. 70 Hieropolis]  Stadt in Großphrygien.  –  Schauplatz]  ‚Theater‘. 72 Laodicea … Mhle]  In Vorderasien gab es viele antike Städte mit diesem Namen; welche L. hier meint, ließ sich nicht ermitteln. 73 Auguſtus ſucht … Ruhm]  Augustus besuchte 20 v. Chr. die Stadt Troja und ließ dort den heiligen Bezirk und den Tempel der Athena Ilias neu errichten. 74 ſeinen Grauß]  ‚seine Trümmer‘. 75 Theſeus Tempel]  Der heute noch erhaltene Hephaistos-Tempel in Athen, der auch Theseion oder Theseus-Tempel genannt wurde, weil auf dem Tempelfries die Taten des Theseus dargestellt sind.  –  Minervens Heilig­ thum]  Der Parthenontempel auf der Akropolis von Athen. 76 verblaſen]  ‚verweht‘.

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Kommentar

  78 auch]  Zu beziehen auf „Götter“!   79 Die Bach] In der Frühen Neuzeit wurde ‚Bach‘ auch als Femininum gebraucht, besonders häufig in Schlesien. Vgl. Ros 14,39; Hya 18,270. – Aſopus]  Im antiken Griechenland gab es mehrere Flüsse dieses Namens; welchen L. hier meint, ist unklar.   80 Der Brunn Callirhoë]  Eine heute versiegte Quelle an einer Felsbank im Bett des Flusses Ilissos südöstlich von Athen.   87 fr]  ‚vor‘. – eingebalſamt]  Hier vermutlich nicht im heute allein geläufigen Sinne von ‚einbalsamieren‘, sondern, wie der folgende Vers nahelegt, von ‚Bestreichen mit liturgischem Salböl‘. Vgl. Hya 17,23.   90 bekleiben]  ‚fest verwurzelt sein‘; vgl. Frühnhd. Wb. 3,1126 f.,7.   91 aller Jahre Lauf] D.h. der gesamte Lauf der Zeit bis zum Jüngsten Tage. – umbzircket]  ‚einschließt‘, ‚umfängt‘; vgl. DWb 23,1300,2.   94 der Himmel ſchrumpfen ein]  Vgl. Jes 34,4; Apk 6,14.   96 Grauß]  ‚Staub‘, ‚Trümmer‘.   98 Die]  Akkusativ! 106 Haupt]  ‚Hauptsitz‘, ‚Hauptort‘; vgl. DWb 10,604,1d. 107 ſcheutern]  ‚scheitern‘, ‚kentern‘. 108 fr]  ‚vor‘. 109 lacht]  ‚verlacht‘. 112 Wenn]  ‚während‘. 114 fr]  ‚vor‘. – errechtet]  ‚als Rechtsanspruch durchsetzt‘; im DWb 3,942 für dieses Verb nur ein Beleg bei Kaspar Stieler. 116 Schlaff]  ‚Schläfe‘. 117 Alexanders]  Alexanders des Großen. 119 Palmen]  Als Sinnbild militärischer Siege.  – Cypreſſen]  D.h. Grabschmuck; die Zypressse galt von jeher als Totenbaum. 120 Wenn]  ‚während‘, ‚wohingegen‘.  –  dieſes Krantzes]  Gemeint ist die V. 110 genannte Krone. 123 Javolen]  Priscus Iavolenus, römischer Rechtsgelehrter zur Zeit Kaiser Trajans. 124 es !…" kam]  ‚es darauf ankam / darum ging‘; vgl. DWb 11,1639f.,6e. 128 ein gldner Mund] Anspielung auf den Vornamen des Verstorbenen. Griech. χρυ̑ σόστομος bedeutet ‚mit goldenem Mund‘; es wurde zum Beinamen großer Redner. 130 Ulpianus ſelbſt]  ‚selbst Ulpianus‘, der große römische Jurist (3. Jh. n. Chr.). 131 der Glaube]  Natürlich der christliche. 132 Themis]  Die Göttin des Rechts. 133 Hier aber]  D.h. hier, in der Welt, solange sie besteht.



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12.  Letzte Beehrung Herrn Gottfrieds Dobricius, der Philoſophi und Artzney Doctoris Gottfried Ernst Dobricius (eigtl. Dobritz), Dr. phil. et med., geb. im Oktober 1632 in Breslau, Promotion zum Dr. med. in Padua 1658, gest. in Breslau am 1. Juni 1660, beigesetzt am 6. Juni 1660, war als Arzt in Breslau tätig. – Vorstehende Daten nach: Köhler, Schlesische Kern-Chronicke, Tl. 2 (1711), S. 555; Müller, Beiträge (1882/1977), S. 69, Anm. 11,l; Komorowski, Silesia academica (2005), S. 336.   1 Jrr-gang]  Hier: ‚in die Irre führender Weg‘; vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 677a : „Wie irr’t ihr Sterblichen/ die ihr den Jrrbau ſeht Für einen Jrrgang an/ der euch nur ſoll verführen.“   2 das braune Sonnenlicht]  ‚braun‘ hier im Sinne von ‚rötlich‘. Vgl. A IV 78; C V 429.437.  –  dſtren Klumpen]  D.h. die Erde; vgl. DWb 11,1291,1g.  –  mahl’t]  Etwa ‚farbig erhellt‘; vgl. DWb 12,1504 f., 5c.   6 Booßmann]  = ‚Bootsmann‘; vgl. Frühnhd. Wb. 4,837 s.  v. ‚bosmann‘.  –  das Brett]  Metonymie für ‚Schiff‘; vgl. DWb 2,375 f.,5.  –  trau’t]  ‚anvertraut‘.   8 daß]  ‚damit‘. – zum Strudel]  ‚in die Brandung‘; vgl. DWb 20,94,1b. 13–14  Dem Giffte !…"die Gifft] Merkwürdiger Fall, daß die im Frühnhd. möglichen abweichenden Genera von ‚Gift‘ hier in einem Satz nebeneinander verwendet werden.  –  zu begegnen]  ‚entgegenzutreten‘. 14 uns geſegnen]  ‚von uns Abschied nehmen‘, d.  h . sterben; vgl. DWb 5,4020 f.,6a/b. 15 ſchmertzhaft fallen]  ‚schmerzlich berühren‘. 16 deſſen]  Gehört zu „Beyſpiel“. 20 Gewien’]  ‚Gewinn‘, ‚Lohn‘. 21 Geiſt]  Im Sinne der Alchemie, hier etwa: ‚Essenz‘ oder ‚wesentlicher Gehalt‘ (vgl. DWb 5,2651 f., II,12a). 22 Cambai’]  Cambaja (s.  o . zu Ros 14,31). 23 Sudet]  Die Sudeten, der Gebirgszug zwischen Schlesien und Böhmen. Vgl. Hya 18,159.  –  Hiblens]  Von Hybla, einem Berg in Sizilien, der im Altertum reich an Bienenkräutern war. 25 Grund gelgt]  D.h. sich ein Fundament sicheren Wissens geschaffen. 26 Die klugen Araber]  Die berühmten arabischen Ärzte des Mittelalters, z.  B . Avicenna und der in V. 32 genannte Averroes. 29 fremder Fall]  ‚ausgefallenes / ungewöhnliches Ereignis‘. 30 ſein Sterbens-Schirm]  ‚Schutzschirm vor dem eigenen Tode‘. 31 Hippocratens]  Hippokrates von Kos, der berühmte Arzt des Altertums (ca. 460–370 v. Chr.). 32 Averroes]  Arabischer Philosoph und Arzt (1126–1198).

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Kommentar

ſo gar frh-zeitig]  Dobricius war bei seinem Tode gerade 27 Jahre alt. Schwulſt]  ‚Geschwulst‘. fr]  ‚vor‘. Higiæa]  = Hygiaea oder Hygieia, Göttin der Gesundheit.  –  bethrnet]  ‚beweint‘. 45 ihm]  ‚sich‘. – bhnet]  ‚bahnt‘. 46 ihre Hoffnung]  D.h. die der Göttin Hygiaea.  –  ſein Witz]  D.h. der Scharfsinn des Dobricius. 47–48  Gleich wie der Glantz … Stcke ſpring’t]  Im Zedler (10,1457 s.  v. ‚GifftSchüsseln‘) finden sich Angaben zu einer aus China stammenden, sehr schweren, wie aus Stein geformten Schüssel, die zerspringen soll, wenn sie mit Gift in Berührung kommt. Ähnliche Stelle bei Opitz, Weltl. Poemata, Tl. 2 (1644), S. 49: „Wilt du uns Gifft beybringen, | Die Porcellane wird uns in der Hand zerspringen, | Und sagen was du thust.“ Vgl. A I 170; C I 725. Das feminine Genus von „Porcellane“ entspr. ital. ‚porcellana‘, frz. ‚porcelaine‘. 49 in ihr Weſen bring’t]  D.h. sie durch handwerkliche Kunst ins Dasein bringt, ihr Realität verschafft. Vgl. DWb 29,519,I,B,1b,α/β. 50 Jndianen]  Inder. 59 entdck’t]  ‚sichtbar macht‘.  –  ihr Geſchirre]  D.h. das aus Porzellan hergestellte Gefäß.  –  glten]  ‚Geltung bzw. Wert besitzen‘. 67 ſchlechter]  ‚schlichter‘. – Talg]  Meint hier vermutlich soviel wie Körpergewebe (vgl. DWb 21,98,1).  –  keine Gift]  „Gift“ hier als Femininum. 69 hoch zu erheben]  ‚hoch zu bewerten‘. 70 iſt]  ‚bedeutet‘. 71 zeitlich]  ‚frühzeitig‘. 72 eitel]  ‚nichts als‘.  –  heck’t]  ‚hervorruft‘. 78 Bezoar]  Als Heil- und Wundermittel benutzte steinartige Verklumpung, die sich im Magen verschiedener Tiere bildet; hier in der engeren Bedeutung ‚Gegengift‘. Vgl. Hya 17,42. 90 Ach’]  Plural von ‚Ach‘, soviel wie ‚Ach und Weh‘. 92 nichts nicht]  Verstärktes ‚nichts‘; ebenso V. 95. 96 Geiſter]  D.h. reinen Geistwesen wie die Engel. 98 Monden-Arth der Flecken]  S.o. zu Ros 5.4,114. 38 41 42 43



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13.  Umbschrifft eines Sarches Das Sonett ist die umgearbeitete Fassung desjenigen, das als Einschub C, unter der Überschrift „Kling-Getichte“, in L.s ‚Denck- und Danck-Altar‘ 4 zum Tode seiner Mutter (1652) zwischen V. 115 u. 116 eingefügt ist.   2 Verwrfflinge]  ‚als minderwertig Verstoßene / Ausgesonderte‘ oder auch ‚Bastarde‘. Vgl. S V 210 u. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 170b : „alſo waren jene Verwürfflinge/ dieſe aber Schoos-Kinder des Glückes.“   4 Nrrſche]  Es ist kaum zu entscheiden, ob dies als Anrede (‚närrische Wesen!‘) , als Prädikativum oder als Adverb zu lesen ist. Das hinter diesem Wort stehende Komma in dem Abdruck der im Original verschollenen Erstfassung bei Müller, Beiträge (1882/1977), S. 32, ließe nur die erste Deutung zu. Allerdings ist fraglich, ob auch in Müllers Vorlage ein entsprechendes Interpunktionszeichen, nämlich eine Virgel, stand oder ob er das Komma nur zur Verdeutlichung seines Verständnisses der Stelle eingefügt hat. – bepalmten Ehren-Aeſte]  Die Palme wie üblich als Siegeszeichen.   6 Marmel]  ‚Marmor‘. 11 nackten]  ‚bloßen‘. 12 Wo ihr anders]  ‚falls ihr überhaupt noch‘.  –  erſchwitzet]  ‚euch erarbeitet‘; vgl. Hya 17,44. 14 die Lfte]  D.h. die Luft um einen unbestattet in freier Natur liegenden Leichnam. Vielleicht ist aber auch an aasfressende Vögel zu denken.  –  der blaue Schaum]  Das Wasser in Meeren, Seen oder Flüssen.

14.  Uberschrifft des Tempels der Ewigkeit Auch dies ist ein überarbeitetes Stück aus der Dichtung zum Tode von L.s Mutter (‚Denck- und Danck-Altar‘, 1652), hier Einschub D (ohne Überschrift) zwischen V. 218 u. 219.   3–11  fr / Fr]  Jedesmal am besten mit dem heutigen ‚gegen‘ wiederzugeben.   5 alles alle]  Wohl als Aufzählung zu verstehen: ‚alles und alle‘.   7 Grabeſcheit]  ‚Spaten‘.   8 nichts nicht]  Verstärktes ‚nichts‘. 12 Verwechſeln]  ‚eintauschen‘. 19 erheben]  ‚einheimsen‘; vgl. DWb 3,842,8. 20 Preiß]  ‚Ruhm‘. – fr]  ‚anstatt‘.

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Heute wegen Verlusts des Originaldrucks nur noch greifbar in dem Nachdruck bei Müller, Beiträge (1882/1977), S. 28–38. Der Text wird in Teilband 2 unserer Edition von L.s Lyrik enthalten sein.

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Kommentar

15.  O BIOΣ ЕΣΤІ ΚΟΛΟΚΥΝΘΗ Das Sonett wurde verfaßt zum Tode von Ursula Heusig, geb. am 26. Dezember 1606 in Oels als Tochter des Fürstlich-Münsterbergischen Rentmeisters und Kammerinspektors Christoph Seyffert, gest. am 10. Januar 1658 ebendort, beigesetzt am 20. Januar 1658. In erster Ehe seit 1632 verheiratet mit dem 1638 verstorbenen Tobias Weisse, ging sie nach zweijähriger Witwenschaft am 16. Oktober 1640 eine zweite Ehe mit dem Fürstlich-Württembergisch-Oelsnischen Regierungssekretär Georg Heusig (1607–1659) ein. – Biographische Daten zu den beiden Eheleuten Heusig sind der ihnen gewidmeten Gedenkschrift zu entnehmen: Carl Ortlob, Monumentum honoris et castrum doloris Heusigianum […]. Oels: gedruckt bei Johann Seyffert [1658]; hier die leicht abweichende Erstfassung des Sonetts auf Bl. O2r (s. Editionsbericht, S. 339  f.). Die griechische Überschrift lautet auf deutsch: ‚Das Leben ist ein Kürbis‘. Mit dem Motiv wird Bezug auf das Buch Jona im Alten Testament genommen; s. dazu Anm. zu Hya 7,15.   3 Des Alters Frhling]  ‚Der Frühling unseres Lebensalters‘, d.  h . die Jugend.   4 kochen]  Hier etwa: ‚reifen‘, ‚sich entwickeln‘; vgl. DWb 11,1556,5b.

16.  !Sonett ohne Überschrift" Dies ist die stark überarbeitete Fassung des Erstdrucks in einer Beigabe zu der 1657 in Oels erschienenen Trauerschrift (s. Editionsbericht, S. 340  f.) zum Tode des Kauf- und Handelsmannes Christian Scheffrich, geb. am 5. Oktober 1626 in Oels, gest. ebendort am 17. September 1657, beigesetzt am 23. September 1657. Nähere Daten zur Biographie Scheffrichs sind der Leichenpredigt von Carl Ortlob (Vale Paulinum idemque Scheffriachianum […]. Oels 1657: VD 17: 14:053540Q, mit Volltext) zu entnehmen. – Die Fassung des Erstdrucks steht bei uns unter Nr. 4 des Anhangs (S. 321  f.).   2 Trbſand]  ‚Treibsand‘. – wo unſer Muth uns blhet]  Etwa: ‚wo unsere Lebenslust in Blüte steht‘.   3 den Ehren-Zweck]  ‚den letzten Zielpunkt aller erstrebten Ehrungen‘.  –  beym Lichten]  ‚im Hellen‘.   5 etzen Marmel aus] ‚meißeln Inschriften in Marmor ein‘.  – Roſt]  Hier bildlich für ‚Verfall‘.   6 Der Wurm]  Der Seidenspinner, der den Kokon, in den er sich als Larve eingesponnen hat, zerstört, sobald er sich zum fertigen Schmetterling entwickelt hat.  –  iſt]  Zu verbinden mit „bemühet“ in V. 7!   8 hegt]  ‚birgt‘, ‚schließt in sich‘; vgl. DWb 10,779 f.,6.   9 ihm]  Dem „Blatt“? Oder eher ‚sich selbst‘? Im Hinblick auf V. 10 ist die zweite Deutung wohl vorzuziehen.



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17.  Eitelkeit des Glückes und des Hofes/ Welche Meherdates in dem fünften Buche des Arminius […] in einem Felß eingegraben Wie aus der Überschrift zu ersehen, handelt es sich hier um den Vorabdruck eines Textstücks aus Buch 5 von Teil 1 des postum, 1689/90, zuerst erschienenen Arminius-Romans (s. Editionsbericht, S. 344). Jener Meherdates, der es in eine Felswand eingeritzt hat, war nach dem Bericht des Fürsten Zeno ein Armenier, der, als Günstling des Marcus Antonius, diesem in der Schlacht bei Actium zur Seite gestanden, dennoch aber später sich bei Augustus so in Gunst zu setzen verstanden habe, daß dieser ihm zusätzlich zu seinem ihm früher einmal von Pompeius zugestandenen Herrschaftsgebiet noch „das kleinere Armenien und Cilicien geſchencket“ (S. 556 a). Durch Intrigen des Titus, Landvogts in Syrien, sei er aber später bei Augustus in Ungnade gefallen, habe seine Herrschaften verloren und „in das Tauriſche Gebürge flüchten müſſen“ (ebd.), wo er nun als Priester der Natur wirke. Der in der Gedichtüberschrift genannte Caucasus ist Teil des Taurus-Gebirges. vor 1  Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘, ‚Nichtigkeit‘.   1 Fallbret]  Ein Brett, bei dessen Betreten man in eine Grube oder einen Graben fällt (vgl. Ros 5.2,50; A I 364, V 79; E I 585; S I 2).   4 Andacht]  ‚aufmerksame Zuwendung‘.   5 dein Rad]  Das Rad der Fortuna.   6 Coloſſen]  S.o. zu Hya 11,31.   7 Gangens Schtze]  Hauptsächlich Diamanten, aber auch Perlen. Für beide war Indien, für das hier der Ganges steht, wichtigstes Herkunftsland. Vgl. C V 427; IB, Prol. 39; S IV 385. 11 aus dem Geſchirre]  Heute würde man sagen: ‚über die Stränge‘. 14 Geitz]  ‚Habgier‘. 17 Tantalus]  Einer der großen Büßer in der Unterwelt, der ständig Hungerund Durstqualen leiden muß, obwohl über seinem Kopf Zweige voller Früchte schweben und er bis zum Kinn im Wasser eines Teiches steht: Wenn er zu den Früchten greift, schnellen die Zweige unerreichbar in die Höhe, und wenn er trinken will, weicht das Wasser unter ihm zurück. Vgl. Homer, Od. 11,582–592. 18 Eyter]  ‚Euter‘, im Sinne von Milchproduktion. 21 Berg-Marck]  ‚Mark des Berges‘, also Bodenschätze, die der Bergmann herausholt (vgl. Hya 3,66; 5,30); hier natürlich, wie der Kontext nahelegt, das Gold. – Pomeranzen]  ‚Apfelsinenbäume‘. 23 eingebalſamt]  ‚mit wohlriechenden Essenzen bestrichenes‘. Vgl. Hya 11,87. – Ambra]  Metonymisch für köstlichen Wohlgeruch schlechthin. 25 gldnen]  ‚goldhaltigen‘. – gldner Lnder] ‚gülden‘ hier im bildlichen Sinne: Länder, in denen alles so vollkommen ist wie im Goldenen Zeitalter der Menschheit (s.  u . zu V. 28).

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Kommentar

26 Uppigkeit]  D.h. bedenkenloses Schwelgen in Luxus und ungehemmter Lustbefriedigung. 27 heckt aus den Geitz]  ‚erzeugt die Habgier‘.  –  gebhrt]  ‚gebiert‘. 28 die gldne Zeit]  Das Goldene Zeitalter, in dem Gerechtigkeit und Frieden herrschten und der Mensch ohne materielle Sorgen in Eintracht mit der Natur und allen anderen Geschöpfen lebte. 29 die eiſerne]  Das eiserne Zeitalter: das der jetzt lebenden Menschen, das durch moralischen Verfall, Gewalt und Unrecht gekennzeichnet ist. 30 das Eiſen]  D.h. das Schwert.  –  zu Pflugſchaarn]  Nach Jes 2,4; Mi 4,3. Vgl. Hya 18,122 f.  –  Egen]  ‚Eggen‘. 32 Wo gleich]  ‚obgleich hier‘. 34 der Schlee-Dorn]  Die Früchte des Schlehdorns (Steinobst) schmecken sehr sauer. 35 Mußkaten]  Muskatnüsse, Früchte des in tropischen Gegenden beheimateten Muskatnußbaums, als Küchengewürz verwendet: zu L.s Zeiten eine sehr kostspielige Importware. 36 Dattel-Kern]  Meint hier wohl dasselbe wie Dattel.  – Granaten]  ‚Granatäpfel‘, auch sie damals eine teure exotische Köstlichkeit. 38 Die Holder-Staude]  ‚der Holunderstrauch‘.  –  treuft]  ‚trieft‘. – Balſam]  D.h. köstlichem Duftstoff.  –  Jaſmin]  Hier wohl: Jasmin-Essenz, als Inbegriff köstlichen Dufts. 39 Lilg’]  ‚Lilien‘. 40 Nelck-]  Gewürznelken. 41 nehrn]  ‚nähren‘, im Sinne von ‚heranzüchten‘, ‚erzeugen‘ (vgl. DWb 13,305,2g). – Zibeth]  Eigtl. kostbarer Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsenskret der Zibetkatze.  – Muſch]  ‚Moschus‘. – ſchmiltzt]  Hier in der ungewöhnlichen Bedeutung ‚löst sich ab‘, ‚tropft‘ (vgl. DWb 15,1016,4b). 42 zeugt]  ‚erzeugt‘. – Bezoar]  S.o. zu Hya 12,78. 43 wenn]  ‚während‘. 44 kaum erſchwitzte]  ‚mit Mühe und Not erarbeitete‘ (vgl. Hya 13,12). 47 fr]  ‚vor‘. – ſich erſchttert]  ‚erbebt‘; vgl. DWb 3,976 f.,3. 48 als]  ‚wie‘. – Aſpen-Laub]  = Espenlaub; Espe = Zitterpappel.  –  fr]  ‚vor‘. 54 als … bercke]  ‚abgesehen von der, mit der man dem Wild nachstellt‘. 55 Greif]  Geflügeltes Fabeltier mit Adlerkopf und Löwenleib. 57 Schpß]  Kastrierter Hammel / Schafbock. 60 Angeln]  ‚Fußangeln‘. – worfr]  ‚wovor‘. – htten]  = ‚hüten‘. 61 kitzelt ſich]  ‚freut sich insgeheim‘; vgl. DWb 11,881 f.,6d. 62 macht ihm !…" fr]  ‚hält sich vor‘. 69 Geitz]  ‚Habgier‘. 70 Farbe hlt]  ‚Stich hält‘, ‚sich als echt erweist‘. 71 frey’t der Braut]  Bei ‚freien‘ = ‚heiraten‘ steht gewöhnlich der Akkusativ; für eine andere Konstruktion (hier mit Dativ oder Genitiv) gibt es im DWb



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keine Belege.  –  die ihm … zugegen]  Nicht ganz klar. Vermutlich so zu deuten: ‚so wie sie ihm und er ihr vor Augen steht‘, d.  h . um ihrer selbst willen.   74 nur]  Zu beziehen auf „Geſtalt und Tugend“.   77–78  Ja man vergrbet hier … der Liebes-Flammen]  D.h., Liebe und Ehe enden erst mit dem Tode.   79 mit Anmuth]  ‚mit Vergnügen‘; vgl. Frühnhd. Wb. 1,1332.   81 drffen]  ‚müssen‘.   83 Glaß’]  Meint hier wahrscheinlich durchsichtige Edelsteine, die aus fernen Ländern importiert werden.   85 gehn fr]  ‚übertreffen‘.   86 Jhr Krantz]  Der kronenartig hochstehende vertrocknete Blütenrest oben auf dem Granatapfel. Vgl. LGW 1140f.; LH 142.   87 jener ihr Beſitz] Nämlich der Besitz ‚königlicher Zierden‘ (V. 85).  –  ngſtige]  ‚von Angst und Sorge erfüllte‘; vgl. Frühnhd. Wb. 1,1198 f.,2.   88 dieſer]  Verkürzt für ‚dieſer ihr Beſitz‘, in Analogie zu „jener ihr Beſitz“ in V. 87; „dieſer“ ist also wie „jener“ Gen. Pl.   90 an jenem]  Nämlich dem Saft von Granatäpfeln.   91 heckt ſich]  ‚nistet sich ein‘; vgl. DWb 10,746,2a.   92 ſchlechten Tracht]  ‚einfachen Kleidung‘; vgl. DWb 21,985–988,III,D1a.   93 Schnecken-Blutt]  Purpur (hergestellt aus einem Sekret der Pupurschnecke).   95 nur]  Zu beziehen auf „Lämmer-Felle“!   96 Pein und Helle]  Hendiadyoin: ‚Höllenqual‘.   99 Worzu ſie ihnen doch]  ‚obwohl sie sich doch zu diesem Zweck (um schlafen zu können)‘.  –  Mah]  ‚Mohn‘; vgl. IB III 329. 106 Wermuth]  Wermutkraut, eine früher zu Heilzwecken verwendete Pflanze, die sehr bitter schmeckt. 114 durch Uberfluß beſchweren]  ‚durch ihre übergroße Menge belasten‘. 115 vergngen]  ‚zufriedenstellen‘, ‚befriedigen‘. 116 zur Nothdurfft] ‚nach ihrem unabweislichen Bedarf‘; vgl. DWb 13,924– 926,1b. 117 verſiegen]  Alte starke Partizipialform (s. DWb 25,1321 f.). 118 ein verſchnitten Knecht]  Vermutlich denkt L. hier an entmannte Sklaven, die in der römischen Spätantike und im Byzantinischen Reich in hohe Staatsämter gelangen und so ausbeuterische Neigungen ausleben konnten. 120 Egel]  Blutegel. 122 Heuchler]  ‚Schmeichler‘. – falſcher Firns]  ‚trügerische Farbgebung‘ (mit Firnis wurden Ölgemälde zwecks Auffrischung der Farben überzogen). 123 nicht]  Nur Verstärkung des „kein“. 125 mit Fleck und Maalen]  D.h. wohl mit Schönheitspflästerchen, wie nach V. 126 („geſchminckt“) zu vermuten. 128 verkehrt]  ‚wendet‘. 130 Stmm’ und Zedern]  Hendiadyoin: ‚Zedernstämme‘; Zedern gelten in biblischer Tradition als besonders starke und standfeste Bäume.

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Kommentar

131 des Pfels]  ‚des gemeinen Volkes‘. 132 mit den]  Nach heutigem Sprachgebrauch: ‚an den‘. 139 gemahlten]  ‚angemalten‘ (nämlich so, daß die Wirklichkeit verfälschend geschönt wird). 140 Die Feſſel]  Plural: Die Fesseln der Ruderknechte (V. 142f.). 143 deßen Fuß]  Nämlich der des wirklichen Ruderknechts.  –  nur]  Zu beziehen auf „deßen Fuß“.  –  von Banden … gekrncket]  ‚von Fesseln beeinträchtigt wird‘. 144 umbſchrncket]  ‚eingehegt‘, ‚eingeengt‘; vgl. S I 451. 147 vergngt]  ‚zufrieden‘. 148 Preiß]  ‚Ruhm‘. 149 Witz]  ‚Verstand‘. 150 ans Brett]  ‚auf einen Ehrenplatz‘; zur Redensart s. Röhrich 1, 256. Vgl. A I 636, II 228, E I 318 u. IB I 432. 152 Lett’]  ‚Lehm‘. 154 Kripel]  ‚Krüppel‘. 155 geſehn]  ‚angesehen‘; vgl. DWb 16,135,1d. 156 Schein … Weſen] Chiastische Fügung. – Schwerd’]  ‚Schwerde‘ = ‚Schwere‘, hier im Sinne von Gewichtigkeit, im Gegensatz zu „Spreu“. 157 drey Kronen]  Eine Tiara, wie sie der Papst trägt. 160 fr Morgens]  ‚vor Anbruch des nächsten Morgens‘. 162 Ein einig Wechſel] ‚nur ein einziger Wechsel‘ (in einen anderen Stand). – hengt uns zu]  ‚steht uns bevor‘, ‚erwartet uns‘. 164 Ach]  Substantiv, wie in ‚Ach und Weh‘.  –  ngſt’grer]  ‚ängstlicherer‘. 168 verſetzt !…" ins Lichte]  ‚rückt ins Licht‘. 169 tobet !…" auf]  ‚wütet gegen‘. 170 Schach]  Vermutlich Nebenform von ‚Schacht‘ (im DWb aber kein Beleg), hier im Sinne von ‚(Abfall-)Grube‘. 171 Schutz-Herr]  ‚Schirmherr‘, ‚Patron‘.  – ſteckt !…" auff dem Pfale] ‚ist gepfählt‘. 172 vor]  ‚früher‘. – Schelme]  Ausruf: ‚Verbrecher!‘ 173 verſehre]  ‚beeinträchtigen würde‘.

18.  An Herren Balthasar Friedrichen von Logau und Altendorf Der mit L. befreundete Adressat dieses Gedichts, Balthasar Friedrich von Logau, geb. 1645 in Liegnitz, gest. am 9. Februar 1702 in Breslau, war ein Sohn des berühmten Epigrammatikers Friedrich von Logau (1605–1655). Über sein Leben sind nur wenige Daten überliefert.5 Als junger Mann (vermutlich im An5

Wichtigste Quelle ist der von Christian Gryphius (1649–1706) für seinen Wohltäter verfaßte und im Todesjahr (1702) im Druck erschienene Nachruf: Christian Gryphius, Frey-Herrliche Logauische Ehren-Gedächtnüs-Säule. Breslau: Baumannische Erben /



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schluß an sein Jura-Studium in Tübingen 1663/64) hielt er sich in Diensten der von ihrem Ehemann, Herzog Ulrich von Württemberg-Neubürg (1617–1671), getrennt lebenden Herzogin Isabella von Württemberg (1623–1678), einer geborenen Fürstin von Arenberg, am Pariser Hof auf. Eine Karriere am Hofe des Fürstentums Brieg, bei dem er hoch in Gunst stand (seit 1674 war er Abgeordneter dieses Fürstentums bei den Landesversammlungen des Herzogtums Schlesien), kam wegen des frühen Todes des jungen Herzogs Georg Wilhelm (1660–1675), des letzten Piasten, nicht zustande. Nicht lange nach diesem Todesfall berief ihn Fürst Heinrich von Nassau-Dillenburg (1641–1701), der seit 1663 mit Dorothea Elisabeth, einer Tochter Herzog Georgs III. von Brieg, verheiratet war, zu seinem Rat. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode. 1687 wurde er in den Freiherrenstand erhoben; 1698 erwarb er die Herrschaft Samitz im Fürstentum Liegnitz. Balthasar Friedrich von Logau war als Freund der Wissenschaft, Förderer von Gelehrten und großer Büchersammler bekannt. Seine ca. 6500 Bände umfassende Bibliothek wurde 1704, zwei Jahre nach seinem Tode, von Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1662–1728) aufgekauft und ging so vollständig in den Bestand der späteren Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar über. Bei dem verheerenden Brand im Jahre 2004 ging aber ein beträchtlicher Teil der Sammlung verloren. – Logau war viermal verheiratet, zuletzt, seit 1696, mit Maria Elisabeth Sidonia, geborener Gräfin von Reder.   1–2  du haſt … willens]  Ungewöhnliche Fügung: ‚willens haben‘ statt des bis heute üblichen ‚willens sein‘. Vgl. DWb 30,162,II,E,3b.  – Zgen]  Zu denken wäre hier, innerhalb des metaphorischen Kontexts (V. 2: „bepflügen“), an das Ziehen von Furchen mit der Pflugschar.   2 Dein Vterliches Gutt] Das an L.s Gut Roschkowitz angrenzende Gut Brockut (bei L. „Bruckott“; heute Brochocin) in der Nähe von L.s Geburtsort Nimptsch, das Balthasar Friedrich von Logau i.J. 1680 wieder in eigene Regie übernahm, nachdem er es für sechs Jahre (seit 1674) verpachtet hatte. S. dazu Palme, „Bücher haben auch jhr Glücke“ (1998), S. 126 f.   4 Opitz]  Martin Opitz (1597–1639). Vgl. V. 173–255.   6 unerſitzlich]  Im DWb findet sich für dieses Adjektiv, ohne jeden Hinweis auf seine Bedeutung, nur ein einziger Beleg, nämlich der folgende aus L.s Arminius-Roman, Tl. 2 (1690), S. 694 a : „Wenn er ihm nun diß gönnen würde/ […]; würde er von ihm die tieffſte Ehrerbietung/ von den Catten verträuliche Freundſchafft/ und von Gott unerſitzlichen Segen zu erwarten haben.“ In Verbindung mit dem vorliegenden Beleg aus den ‚Hyacinthen‘ Johann Jancke 1702 (einziges bekanntes Exemplar in der HAB Wolfenbüttel: Stolbergsche Leichenpredigtsammlung, Nr. 24127); Nachdruck im selben Jahr (ohne die Vorrede an die Witwe Maria Elisabeth Sidonia von Logau auf Bl. A v des Erstdrucks) u. d. T. ‚Frey-Herrliche Logauische Gedächtnüß-Säule‘ in: Christian Gryphius, Gedächtnis-Schrifften. Leipzig: bey Christian Bauchen 1702, S. 195–219. – Reprint, hrsg. u. eingel. von James Hardin. Frankfurt am Main 1991 (= Texte der Frühen Neuzeit 5), ebd.

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ergibt sich die naheliegende Vermutung, daß es sich um eine Ableitung von dem Verb ‚ersitzen‘ in der Bedeutung von lat. ‚usucapere‘ (‚durch lang andauernden Besitz als Eigentum erwerben‘; vgl. DWb 3,986,5a) handelt, also etwa mit ‚alles Verdienst übersteigend‘ wiederzugeben wäre.  –  Bth’]  Der Sinn dieses Substantivs ist noch rätselhafter als der des ihm zugeordneten Adjektivs. Wäre der Apostroph nicht, bzw. hielte man diesen für einen Druckfehler, läge die Deutung ‚Beet‘ (vgl. Ros 5.1,62; 17,52; Hya 3,58; Anhang 1,102; 2,52) nahe, als Synekdoche für die gesamte Anbaufläche des Landgutes. Nimmt man den Apostroph ernst, ließe sich an ‚Bäte‘ bzw. ‚Bete‘ oder ‚Bede‘ im Sinne von ‚Pachteinnahme‘ denken (vgl. Frühnhd. Wb. 3, 2044–2046, Nr. 4 u. 5 s.  v. ‚bete‘).  –  ſpaten]  ‚späten‘. Seller]  Nebenform von ‚Söller‘, hier in der Bedeutung ‚Dachboden‘, ‚Speicher‘ (vgl. DWb 16,503,2d). gelde]  = ‚gelte‘: ‚keine oder nur wenig Milch gebende‘ oder auch ‚unfruchtbare‘. Vgl. Ros 11,44. roth Auge]  Spezifisches Kennzeichen einer Hexe; vgl. HWDA 1,693.  –  Striche]  Hier (wie ‚Landstriche‘) die Gebiete, in denen sie sich bewegen, z.  B . die Weiden, auf denen sie grasen. Vgl. DWb 19,1537,B,3c,α. die Milch … Hrner kriche]  Redensartlich für: ‚die Milch versiegt‘, ‚die Kuh keine Milch mehr gibt‘. Vgl. Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon 3,659: „Die Milch ist der Kuh in die Hörner gegangen.“ ſpater]  ‚später‘. drrer]  ‚austrocknender‘, ‚Dürre verbreitender‘; vgl. DWb 2,1737,1b.  –  Brand]  Hier vermutlich: ‚Dürre infolge langer Trockenheit und Sonnenhitze‘. – Huttungen]  = ‚Hutungen‘, d.  h. Weideflächen, auf denen das Vieh gehütet wird. Vgl. DWb 10,2000, s.  v. ‚Hutung‘. Frucht und Hoffnung] Hendiadyoin: ‚Hoffnung auf (gute und reiche) Frucht‘. – Kumen]  ‚Keimen‘. bereit]  ‚bereits‘. beliebte]  Hier nicht im heute allein möglichen Sinne von ‚gern gesehen‘ zu verstehen, sondern als Partizip Perf. von ‚belieben‘ = ‚gutheißen‘ (vgl. DWb 1,1447 f.,2). Dein Bruckott] S.o. zu V. 2.  – mein Roſchkowitz] Eines der beiden Landgüter, die L. 1673 von Tobias von Kleindienst geerbt hatte (s. Müller, Beiträge [1882/1977], S. 42). Vgl. V. 95 u. 135. wie jener groſſe Stein]  Nicht aufklärbare Anspielung. Schatz der eiſen-harten Zeiten] Gemeint sind zweifellos Münzen oder Wertgegenstände, die im Dreißigjährigen Krieg von ihren Eigentümern vergraben worden waren. Schandflecke bringe bey]  Wegen der Inbesitznahme fremden Eigentums. Lyæus Saft]  Wein. Lyaeus (‚Sorgenlöser‘) ist Beiname des Bacchus.  –  die Stirne]  ‚die Front- oder Vorderseite‘. Beym Steine Jupiter]  Anspielung auf den heiligen Stein im Tempel des Iuppiter Feretrius auf dem kapitolinischen Hügel, in dessen Namen man im



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alten Rom schwor, indem man einen diesen symbolisierenden Kieselstein in der Hand hielt. Beyſpiel]  ‚Vorbild‘. die Bahne]  ‚den Weg‘. Zur Fichte]  Dieser Fichte auf dem Logauschen Gut Brockut, die Thema der folgenden Verse ist (vgl. auch V. 136, 139, 149 u. 281–292), hatte schon Friedrich von Logau eines seiner Sinngedichte (I,8,99: ‚An die Fichte auff meinem Gute‘, Ausgabe G. Eitner, S. 183–187) gewidmet – worauf L. in V. 55–58 anspielt. Ein ungenannter Verfasser nahm anläßlich des Todes L.s das Motiv wieder auf mit drei Sonetten unter der Überschrift ‚An die groſſe Fichte Auff Herren Balthaſar Friedrichs/ Von Logau/ und Altendorff/ Gutte/ zum Bruckott‘, abgedruckt mit anderen Trauergedichten im Anhang zu: J. C. von Lohenstein, Kurtz Entworffener Lebens-Lauff Deß ſel. Autoris. Breslau: Jesaias Fellgiebel o.  J ., Bl. E2 r-E3r (das von mir eingesehene Exemplar ist beigebunden der Sammelausgabe L.scher Werke von 1685). Vgl. die ausführliche Darstellung des Themas bei Palme, „Bücher haben auch jhr Glücke“ (1998), S. 125–130 (‚Ein schlesischer Musensitz: die Fichte auf Logaus Gut‘).  –  hier zu Breßlau ſchauen kan]  Zweifellos wörtlich zu nehmen, obwohl es wenig glaubhaft scheint, da das Gut Brockut immerhin 48 km (in westlicher Richtung) von Breslau entfernt ist. Bey welcher Schleſien … geſehen]  Soll wohl heißen, daß man von der Anhöhe aus, auf der die Fichte steht, einen Blick auf ganz Niederschlesien hat. ihr Schmehen]  ‚die Schmähungen der Neider‘. gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. der faule Sud]  ‚der faulige Südwind‘; ‚faul‘ im Sinne von ‚Fäulnis erregend‘ bzw. ‚gesundheitsschädlich‘ – wegen der Feuchtigkeit und Wärme, die er bringt. Ebenso schon Opitz (zit. nach DWb 3,1368,1 s.  v. ‚faul‘): „wann Doris ſitzt am ſtrand und trucknet ihr das haar, das durch den faulen sud zuvor beregnet war.“

42 Olympens]  Das Gebirge im Norden Griechenlands, nach Homer Wohnsitz der olympischen Götter. 43–44  auf welchem nicht der Weſt … verblßt]  Nach Homer (vgl. Od. 6,41– 46) herrscht auf dem Olymp stets nur heiteres, klares Wetter; es gibt dort keine Wolken, keinen Regen, keinen Schnee und keine Stürme.  –  der Weſt]  Stellvertretend für die Winde schlechthin und als Regenbringer. – geſcharrte]  ‚gekratzte‘, ‚geritzte‘. – verblßt]  ‚verblassen‘ in heute nicht mehr möglicher transitiver Verwendung, hier im Sinne von ‚auslöschen‘ (vgl. DWb 25,132,3). 46 bekleiben]  ‚fest haften‘, ‚unverändert bestehen‘. 47 zeugen an]  ‚anzeigen‘. 48 Gunſt]  Zuneigung. – verwachſen]  Hier: ‚zuwachsen‘ (mit Bezug auf die in die Rinde der Fichte eingeschnittenen Namen); vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 2 (1690), S. 265 a : „[…] weiſete ihnen einen aus dieſer Eiche her-

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aus getriebenen gantz grünen Zweig/ und darunter dieſe eingeſchnittene und ziemlich verwachſene Worte:“ Pieris]  Anderer Name für ‚Muse‘. Regung]  ‚geistige bzw. künstlerische Regsamkeit‘; vgl. V. 66 u. Hya 3,33. – ſich !…" gefhlt] ‚sich selbst wahrgenommen hat‘, ‚zum Bewußtsein seiner selbst gekommen ist‘; vgl. DWb 4,414,II,2f. Der dieſer Fichte Lob … zu erheben]  Anspielung auf Friedrich von Logaus oben (zu V. 32) schon angeführtes Sinngedicht. flt kein Zweifel ein]  ‚tritt keine Unsicherheit auf‘. einen Aſt verleihen]  Zum Aufhängen der Leier (vgl. V. 51 f.). annehmlicher]  ‚gefälliger‘, ‚anmutiger‘. Regung]  S.o. zu V. 56. Wandelung]  ‚Verwandlung‘, ‚Metamorphose‘ (Anspielung auf die Verwandlungsgeschichten Ovids).  – gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt.  – ein Traum] Lt. Errataliste des ADrucks soll „ein“ zu „kein“ verbessert werden – ein eindeutig sinnwidriger Mißgriff, der in den späteren Drucken zu Recht ignoriert wurde. die Ader]  Nämlich die poetische. Denn]  ‚dann‘. – vergrſet]  ‚vergrößert‘. des Phœbus]  Des Apollo, als des Anführers der Musen. vor]  ‚früher‘. Jndian]  ‚Inder‘. Himmelsfeld]  ‚Region des Himmels‘.  –  den andern gehet fr]  ‚sich vor den anderen auszeichnet‘. unterſchiedne]  ‚unterschiedliche‘. lerne]  ‚lehre‘. Curetas … ſagen wahr]  Der Sage nach sollen Ziegen eines Hirten namens Koretas (!) den betäubende Dünste aussendenden Erdspalt bei Delphi entdeckt haben, über dem später die berühmte Orakelstätte errichtet wurde (Diodorus Siculus 16,26; Plutarch, Moralia: De defectu oraculorum 433C, 435D). Dieser Hirte selbst hat aber nie wahrgesagt; insofern waren L. die Zusammenhänge offenbar nicht mehr in korrekter Form gegenwärtig. – allein]  Zu beziehen auf „zu Delphis“. Botien macht grob]  Die Bewohner Boeotiens galten in der Antike als geistig zurückgeblieben bzw. intellektuellen Fragestellungen nicht recht zugänglich. – Athen die Sinnen klar]  Als Zentrum der Philosophie. dieſes]  Nämlich Schlesien (wiederholt in „dieſem“ V. 87). gelehrter Einſamkeit]  Dativ (‚für gelehrte Einsamkeit‘), zu beziehen auf V. 90: „Mir einen Orth erwehl’n“. Den Muſen anzuwehrn]  ‚um den Musen zu widmen‘. Zu dem Verb ‚anwehren‘ vgl. DWb 1,516; Frühnhd. Wb. 1,1594 s.  v. ‚anweren‘. Des Vaterlandes]  Gen. obi.: ‚zu meinem Vaterland‘.  –  Loh]  Die Lohe, ein Flüßchen in der Nähe von L.s Landgut Roschkowitz; ein an einer Biegung der Lohe überhängender kleiner Fels bot den Hintergrund für die



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Wahl des Adelsnamens Lohenstein (Müller, Beiträge [1882/1977], S. 3). Vgl. V. 105 f., 148, 229 u. 268.   95 Roſchkowitz]  S.o. zu V. 17.  –  meinem Kittelau]  Das Gut Kittelau hatte L. 1673 von der Herzogin Luise von Liegnitz, Brieg und Wohlau erworben (Müller, Beiträge [1882/1977], S. 42). Vgl. V. 145.   96 mein Vaterland]  Apposition zu „Den Uhrſprung der Geburth“. 100 irgends]  ‚irgendwo‘. 101 zu ſmen]  ‚auszusäen‘. 102 Roſen zu gebehrn]  In Gestalt des Abendrots. 105 Die Lohe]  S.o. zu V. 91. 106 ſprenget]  Hier: ‚schnell und mit Nachdruck fließt‘. 108 da gleich]  ‚obgleich damals‘.  –  Grauß]  ‚Trümmerschutt‘. 110 es]  Akkusativobjekt (‚das Vaterland‘). 111–112  Streit … Spiel]  D.h., für seine kindliche Wahrnehmung der Welt waren selbst die kriegerischen Ereignisse, die er miterlebte, nur Spiel.  –  meiner Kindheit]  Dativ: ‚für mein Kindsein / meine Kindlichkeit‘; zu dieser Bedeutung von „Kindheit“ s. DWb 11,763,1a. 112–113  meine Sicherheit Mein Unverſtndns war] ‚meine Sorglosigkeit begründet war in meiner Unfähigkeit, das Geschehene sachgerecht zu deuten‘; zu „Sicherheit“ in der hier anzusetzenden Bedeutung vgl. DWb 16,727,5. 113 ein Dnckel]  Wörtlich: ‚ein Bedünken / ein Meinen‘; hier etwa: ‚eine fest eingewurzelte Vorstellung‘. Vgl. DWb 2,1538 f.,1. 114 fr]  ‚vor‘. 116 Zobothens]  Der Zobten oder Zobtenberg, ein 718 m hoher Berg 35 km südwestlich von Breslau, höchste Erhebung des sich aus einer Ebene Niederschlesiens erhebenden Zobten-Gebirges. Mit „Zobothens“ meint L. entweder den Berg selbst oder die Stadt Zobten, die an seiner Nordostflanke liegt.  – Klufft]  Das Wort, das eigtl. ‚Erdspalte‘ oder ‚Schlucht‘ bedeutet, hier merkwürdigerweise in der Bedeutung ‚Berg‘, wofür es im DWb keinen einzigen Beleg gibt; vgl. aber DWb 11,1267,9a die Belege für ‚Kluft‘ = ‚Klumpen‘, ‚Kloß‘, ‚Klotz‘.  –  frs Haupt]  ‚als ihr Oberhaupt‘; der Zobtenberg galt als ein Wahrzeichen Schlesiens.  – Kompas]  Hier: ‚Orientierungspunkt‘; Betonung damals auf der zweiten Silbe! 119 ſchlgt !…" ſehr zu]  ‚kommt sehr nahe‘; vgl. DWb 15,405,7i s.  v. ‚schlagen‘. – Arcadien]  In der Antike die Ideallandschaft des Goldenen Zeitalters, in der die Menschen in ländlichem Frieden, ohne materielle Sorgen und in vollem Einklang mit der Natur lebten. 122–123  das Eiſen Zu Pflugſchaarn]  Nach Jes 2,4; Mi 4,3. Vgl. Hya 17,30. 124 fr]  ‚vor‘. 125–126  ſo ſehr nicht Jthaca … mehr zu genſſen]  Die Insel Ithaka, die Heimat des Odysseus, wird bei Homer als steinig und karg bezeichnet. Vgl. u.  a . Homer, Il. 3,200–202; Od. 4,605–608; 9,27. 129 zaubriſch Farren-Kraut]  Dem Farn, besonders dem Farnsamen, wurden im

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Kommentar

Volksaberglauben Zauberkräfte zugeschrieben. S. dazu HWDA 2 (1930), 1216–1228. – Aberglub’ſche Bonen]  D.h. Bohnen, mit denen sich allerlei Aberglaube verbindet. Vgl. die Hinweise hierzu im HWDA 1 (1927), 1473. 130 Ceres]  Die Göttin des Getreides.  – Pomonen]  Pomona ist die Göttin der Baumfrüchte. 131 Schmaltz]  Hier im bildlichen Sinne von üppigem Lebensmittelreichtum. – des Budorgis Stadt]  Breslau. „Budorgis“ ist nach frühneuzeitlicher Auffassung ein alter Name dieser Stadt (s.  o . zu Ros, 14,13); L. scheint hier aber anzunehmen, daß es der Name ihres Gründers sei. Vgl. Hya 2,95; 4,72. 132 Sein]  Offenbar irrig für ‚Ihr‘. 135 Roßkowitz]  = Roschkowitz; s.  o . zu V. 17.  –  drey Gebrge]  ‚drei Berge‘ (vgl. DWb 4,1778 f.,II,1), nämlich des Zobten-Gebirges: darunter zweifellos der Zobtenberg (als der höchste) und der Geiersberg (als der zweithöchste); der dritte ist vermutlich der Költschenberg. 136 deiner Fichte]  Dativ: ‚für deine Fichte‘; zur Sache s.  o . zu V. 32. 139 du weiſt es/ wen]  Vermutlich ein junges Mädchen (vgl. V. 140: „MorgenRoſen“) aus beider Umfeld, das die Braut bei der geplanten Hochzeit (V. 146) sein wird. 140 ihr !…" Haar]  Das der Fichte! „Haar“ = ‚Laub‘ bzw. ‚Nadelkleid‘, entspr. lat. ‚coma‘. 142 Laß’ allen Kummer !…" dich vergehen]  Sollte „dich“ nicht etwa Druckfehler für ‚dir‘ sein (vgl. dazu DWb 25,401,2 am Ende), so ist „dich vergehen“ vielleicht im Sinne von ‚dich verfehlen‘, d.  h . ‚an dir vorbeigehen‘, zu deuten (vgl. hierzu DWb 25,402,5b). 143–145  Daß dieſes … Auf meinem Kittelau]  Attributiver Konjunktionalsatz zu „allen Kummer“.  –  ’s verlebte]  ‚das vergangene‘.  –  Kittelau]  S.o. zu V. 95. 146 vertrulich]  = ‚vertraulich‘, hier etwa ‚von freundschaftlichem Einvernehmen erfüllt‘. 147–148  Mein Damon !…" deine Daphne]  Wer sich hinter diesen Hirtennamen verbirgt, war nicht zu ermitteln. 148 Loh]  S.o. zu V. 91. 152 Rieſenberg]  Alter Name der Schneekoppe, des höchsten Berges im Riesengebirge. 153 Mehr Wirth- als Gaſtſchafft hegt]  D.h., Eis und Schnee sind dort nicht nur vorübergehend zu Gast, sondern eher beheimatet.  – ſchſſen]  ‚schießen‘. 154 fr]  ‚vor‘. 155 auf ihm]  D.h. auf dem Riesenberg (der Schneekoppe). 156 Jhr bloß Gedchtns]  ‚das bloße Sicherinnern an diese Freunde‘. 157 ſie]  Die Freunde. 158 ihren Nachſchmack] ‚ihren Nachgeschmack‘, d.  h. die lebhafte Erinne-



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rung an sie.  –  bis ſie erfriert]  D.h., bis auch sie (die Brust) im Tode erkaltet. 159 Sudetens !…" Gebrg’]  Die Sudeten, der Gebirgszug zwischen Schlesien und Böhmen. Vgl. Hya 12,23.  –  Bheims]  Böhmens. 162 Vitellius]  Der römische Kaiser, der i.J. 69 n. Chr. nur kurze Zeit regierte, war für seine Neigung zu üppiger Schlemmerei bekannt. 163 Die Muld’]  Die Mulde, ein Nebenfluß der Elbe, fließt durch Sachsen und Sachsen-Anhalt; ihre Mündung liegt zwischen Dessau und Roßlau (vgl. V. 259).  –  das Getrncke]  D.h. Wein, der an den Ufern dieser beiden Flüsse gewachsen ist. 166 Der Sorg’ und Eitelkeit]  Vermutlich als Hendiadyoin zu lesen: ‚nichtiger (unnützer) Sorge‘. 168 in Elbe-Brunn]  D.h. in die Quelle der Elbe, die im Riesengebirge entspringt. 169 Weſt-Meer]  Die Nordsee. 171 Muſchel-Tchter]  Perlen. 173 Die Nymph Hercinia]  Opitz’ um 1630 in Breslau erschienene Schäferdichtung ‚Schäfferey von der Nimfen Hercinie‘. Deren Schauplatz ist ein Tal im Riesengebirge. – Opitz nur]  ‚nur Opitz‘. 175 Bober-Kwell’]  Der Bober, linker Nebenfluß der Oder, an dem Opitz’ Vaterstadt Bunzlau liegt, entspringt im Rehorngebirge, einem südöstlichen Vorgebirge des Riesengebirges. Vgl. V. 198, 209, 215 u. 230. 176 wo]  ‚falls‘. 177 Caſtalinnen]  Die Musen, nach dem ihnen heiligen Quell am Parnassus. 178 Fr]  ‚vor‘. – Attiſche]  = ‚griechische‘. 182 Den]  Dieses zweite „Den“ ist gewiß auf Orpheus zu beziehen und nicht etwa auf Opitz.  –  frlngſt]  ‚vor langer Zeit‘. 183 walfarthend ſuchet heim]  ‚gleichsam wie auf einer Pilgerfahrt aufsucht‘. 185 Bober]  S.o. zu V. 175.  –  Hebrus]  Ein Fluß in Thrakien, in dem der Kopf des von den Mänaden (rasenden Anhängerinnen des Weingottes Bacchus bzw. Dionysos) zerrissenen Sängers Orpheus hinabtrieb, aufs Meer bis nach Lesbos, wo er beigesetzt wurde. 186 Bachchen]  = Bakchen bzw. Mänaden. 188–190  *Zwar hat an Opitz … ſich bemht]  Mit dem vor V. 188 stehenden Asterisk wird auf den Brief des Albertus Niclassius verwiesen, den L. im Anschluß an vorliegendes Gedicht abdruckt, um die Haltlosigkeit der gegen Opitz umlaufenden Verleumdungen zu beweisen. Näheres hierzu s.  u ., S. 508. 190 die Himmels-Kertzen]  Die Sterne. 193 Dem Pluto Thrnen aus]  Wie einst Orpheus, der den Beherrscher der Unterwelt mit seinem Klagegesang so rührte, daß er Eurydike frei gab. 194 Helle]  ‚Hölle‘, hier im Sinne von ‚Unterwelt‘. 196–197  ſeine Leyer iſt … Zun Sternen]  Wie die des Orpheus, die als Sternbild Lyra an den Himmel versetzt wurde.

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Kommentar

197 Seiten]  = ‚Saiten‘. 198 Weil]  ‚solange‘. – Bober]  S.o. zu V. 175. 199 Zog]  D.h. zog an, setzte in Bewegung. 201 Durch ſeine Wlder]  Nämlich durch die in seinen ‚Poetischen Wäldern‘ gesammelten Gedichte, die den zeitgenössischen Dichtern und der nachfolgenden Dichtergeneration als maßgebliche Muster dienten. ‚Poetische Wälder‘ war die von Opitz eingeführte deutsche Übersetzung des lateinischen ‚Silvae‘ bzw. ‚Sylvae‘, mit dem, nach dem Vorbild des römischen Lyrikers Statius, die neulateinischen Dichter des 16. Jh.s häufig Sammlungen von Gelegenheitsgedichten überschrieben. 202–203  weil er ſprach … den Adonis zu]  L. gibt die Sage nicht ganz korrekt wieder. In dem Streit von Venus und Proserpina um den Besitz des schönen Jünglings Adonis, in den beide Göttinnen verliebt waren, hatte Jupiter die Muse Kalliope, des Orpheus Mutter, als Schiedsrichterin eingesetzt. Kalliope entschied, daß jede der beiden Göttinnen Adonis im Wechsel für ein halbes Jahr besitzen sollte. Im Zorn darüber, daß sie sich nicht voll durchgesetzt hatte, bewirkte Venus, daß die Frauen in Thrakien sich in Orpheus verliebten und ihn in Liebesraserei zerrissen. So bei Hyginus, De astronomia 2,7,3.  –  die Sache]  D.h. das, was sie wollte, nämlich Adonis. 204 fiel !…" bey]  ‚pflichtete bei‘, ‚gab ihr recht‘.  –  ſtets der ſſſen Liebe]  D.h. Venus, deren Wohlwollen er sich auf diese Weise sicherte, so daß ihm des Orpheus Schicksal erspart blieb. 206 mehr/ was … geſchrieben]  Hinter dem „als“ ist im Geiste ein ‚was‘ zu ergänzen, d.  h ., in der Liebe ist Opitz ein besserer Lehrer als Ovid mit seiner ‚Liebeskunst‘ (‚Ars amatoria‘). 208 in einen Baum … ein]  D.h. als Zeichen der Liebe und Verehrung den Namen des Martin Opitz (oder auch eines seiner Gedichte?) in Baumrinde einritzt. 209 Bober-Waſſer]  S.o. zu V. 175. 211 Hercinia]  S.o. zu V. 173. 213 Seiten]  = ‚Saiten‘. 215 kam mir fr]  ‚erschien mir‘; vgl. DWb 4,759,8.  –  Der Bober]  S.o. zu V. 175. 216 rauſche]  ‚rauschende‘; im DWb (14,305) nur mit dieser Stelle bei L. belegt. 217 nach der Zeit]  ‚in der Zeit danach‘. 218 Herciniens]  S.o. zu V. 173. 221–222  Die Fichte … geweiht]  S.o. zu V. 32.  –  Cybele]  Die Göttin Kybele verwandelte den von ihr geliebten Jüngling Attis in eine Fichte. Vgl. Logaus Gedicht ‚An die Fichte auff meinem Gute‘ (Sinngedichte I,8,99,5–6; Ausgabe Eitner, S. 183), wo allerdings irrigerweise Rhea die Göttin ist, die Attis verwandelt. L. stellt hier also den Irrtum Logaus richtig. 229 die Loh]  S.o. zu V. 91. 230 erzeuget]  Doppeldeutig; gemeint ist aber wohl ‚erzeiget‘ (so auch die Lesung im C-Druck).



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233 Schwanen]  D.h. Dichter; s.  o . zu Hya 5,116. 234 fr]  ‚vor‘, d.  h . ‚eher als‘. 235 Herr Gryphen]  ‚für den Herrn (Andreas) Gryphius‘. Zweifellos Anspielung auf L.s Nachruf zu dessen Tode: Hya 5. 236 ber Sophoclen … trieb]  ‚in seinen Trauerspielen Sophokles übertraf‘. Vgl. Hya 5,114. 237–238  unſer Schwan … Den Nahmen]  Hoffmannswaldau. Vgl. V. 252, 261, 274. 243 Ein Sohn Olympiens]  D.h. ein Alexander der Große (seine Mutter war Olympias von Epirus). 243–245  ſolt’ ihr Verwahrer … des Darius Schraan]  Als man Alexander dem Großen ein sehr wertvolles Kästchen aus dem Besitz des gerade von ihm bei Issos geschlagenen Perserkönigs Darius III. überbrachte und sich die Frage stellte, was darin am besten aufbewahrt werden sollte, erklärte er, Homers Ilias dort hineinlegen zu wollen (so Plutarch, Vitae: Alexander 26); dieses Werk führte er ständig mit sich (s. ebd. 8).  –  Schraan]  Offenbar in Schlesien gebräuchliche Nebenform von ‚Schrein‘; ein anderweitiger Beleg hierfür ist allerdings nicht nachweisbar. 247 Amianthenſtein]  ‚Diamant‘. 251 nach der Zeit]  ‚seitdem‘. – ihm iſt geflogen fr]  ‚ihn im Flug überholt hat‘ (vgl. DWb 4,727,4). 253 Pindarus]  Bedeutender griechischer Lyriker (5. Jh. v. Chr.).  –  nach wird kommen]  ‚einholen wird‘. 254 frgenommen]  ‚sich vorgenommen‘, ‚in Angriff genommen‘. 255 ausgemacht]  ‚zu Ende gebracht‘, ‚vollendet‘.  – Bober-Fluß]  S.o. zu V. 175. 256 der Oder zinſen muß]  Weil er in sie mündet. 258 der Frſtin]  D.h. der Oder.  –  Spreu]  Die Spree. 259 Jſter]  Die Donau.  –  Muld’]  S.o. zu V. 163. 262 Welſchen]  ‚Italiener‘. 266 Schwanen]  D.h. Dichter; s.  o . zu Hya 5,116. 267 hegt]  ‚beherbergt‘. – verſchreiben]  ‚herbestellen‘, ‚zitieren‘; vgl. DWb 25,1159,9. 268–269  was unſre Lohe … Zu ſorgen]  ‚uns um die Angelegenheiten unserer Lohe (s.  o . zu V. 91) zu kümmern‘. 270 an ihrer Bach]  ‚an dem Bach bzw. Fluß, der bei ihnen fließt‘; zu dem femininen Genus vgl. Hya 11,79. 271 die Roſen-Zeit]  Die Zeit der Rosenblüte, im weiteren Sinne der Fühling. Vgl. DWb 14,1227,1. 274 Apollo]  Der Gott hier in seiner Funktion als Anführer der Musen. 275 Trifft]  = ‚Trift‘‚Weideland‘, als Schauplatz des Hirtenlebens. 278 Spitzenberg]  Eine Bergkuppe im Zobtengebirge (s.  o . zu V. 116). 279 ſeine Lieder]  Nämlich die von Hoffmannswaldau (entsprechend „ſeinen Nahmen“ in V. 280).

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Kommentar

280 kerbt an]  ‚einkerbt‘. 285 Des Xerxens Ahornbaum]  S.o. zu Ros 12,16. 286 Dodonens Eichen]  Dodona war im antiken Griechenland ein Orakel-Heiligtum des Zeus. Dessen Willen erschloß man aus dem Rauschen einer heiligen Eiche. Auf den Zweigen dieser Eiche saßen zwei heilige Tauben, die ebenfalls weissagten (Herodot 2,55). Vgl. S V 51. 288 knfftig Ding]  ‚Dinge, die die Zukunft bringen wird‘.  –  ihr]  ‚sich‘. 289 Gelck]  ‚Schicksal‘. 290–291  daß Myrth- … nehmen ein]  ‚daß Myrten- und Lorbeerbäume sich von Eifersucht überwältigen lassen werden‘ (die Myrte als der Venus, der Lorbeer als dem Apollo heiliger Baum). Zu dem Lorbeer vgl. Logau, Sinngedichte I,8,99 (‚An die Fichte auff meinem Gute‘), V. 101–104 u. 111–113 (Ausgabe G. Eitner, S. 186).

18a.  !Brief des Albertus Niclassius vom 23. 12. 1639 über den Tod von Martin Opitz" Es handelt sich um einen Erstdruck nach dem heute verschollenen Brieforiginal. Der Text wurde bis 1741 dreimal nachgedruckt, und zwar in: M. Opitz, Geistl. Poemata, 3. Tl. [1690], S. 419–422; J. Weickhmann, Theolog. u. ausführl. Unterricht von der Pestilentz (1711), S. 482–487; G. Lindner, Umständl. Nachricht von des weltberühmten Schlesiers M. Opitz von Boberfeld Leben, Tode u. Schriften (1741), S. 92–96. – Die erste wissenschaftliche Ausgabe nebst Kommentar (mit etwas unbeholfener und nicht fehlerfreier Übersetzung) erschien in: M. Opitz, Briefwechsel u. Lebenszeugnisse, hrsg. von K. Conermann, Bd. 3 (2009), S. 1916–1920 u. 1922 f. – Zur Sache vgl. auch Bollbuck, Tod in Danzig (2005). Der Asterisk am Anfang von L.s Vorbemerkung ist als Bezugnahme auf das ebenso gekennzeichnete Textstück der Verse 188–190 des vorangegangenen Gedichts Hya 18 zu verstehen, in denen auf die Verleumdungen hingewiesen wird, denen die Person des großen Opitz offenbar noch zur Zeit des Erscheinens von L.s ‚Blumen‘ ausgesetzt war. Welcher Art diese Verleumdungen waren, ist L.s Text nicht zu entnehmen, und auch in der zu Opitz vorliegenden Forschungsliteratur findet sich, soweit ich sehe, kein Hinweis auf deren sachlichen Hintergrund. Daß L. aber den an Opitz’ Jugendfreund Bernhard Wilhelm Nüßler (1598–1643) adressierten Bericht des Albertus Niclassius (1593–1651), Predigers an der reformierten Gemeinde der Danziger Kirche St.-Peter-undPaul, über Opitz’ Erkrankung an der Pest und seinen schnellen Tod als Beleg für die Grundlosigkeit bestimmter gegen Opitz vorgebrachter Anschuldigungen abdrucken ließ, verrät immerhin, daß diese etwas mit der Ursache und den näheren Umständen seines Sterbens oder auch mit Zweifeln an seiner religösen Orientierung zu tun haben müssen.



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Himmel-Schlüssel Widmung an Johann (Hans) Adam von Posadowsky und Postelwitz   3–5  JOHANNI ADAMO à POSADOWSKY, & POSTELVIZ]  Johann (Hans) Adam von Posadowsky und Postelwitz, Abkömmling einer alten schlesischen Adelsfamilie, geb. 30. April 1636 in Rippin, bei Wartenberg (Schlesien), gest. 29. Februar 1708 in Brieg, war Landeshauptmann des Herzogtums Brieg. 1705 wurde ihm der ‚alte Herrenstand‘ zugesprochen und die Bewilligung erteilt, sich Freiherr von Postelwitz nennen zu dürfen. – Vorstehendes nach: Zedler 28,1695; v. Doerr, Der Adel der böhmischen Kronländer (1900), S. 188; Conrads, Schlesien in der Frühmoderne (2009), S. 83, Anm. 21; Internet-Stammdatenbank des Deutschen Adels. 16–17  Coronæ … fuerint]  Vgl. Plinius, Nat. hist. 21,11. 18–19  Quin imò Populus Romanus … habuit]  Leicht verändertes Zitat aus Plinius, Nat. hist. 21,10: „Florum quidem populus Romanus honorem Scipioni tantum habuit.“ („Mit Blumen erwies das römische Volk allerdings nur Scipio die Ehre.“) L. hat den Text offenbar mißverstanden oder bewußt umgedeutet im Hinblick auf die syntaktische Funktion des „tantum“ (‚nur‘). Während dessen einschränkende Funktion bei Plinius eindeutig auf die Person des Scipio zu beziehen ist, verschiebt L. diese zu den Blumen hin, um deren Lobpreis es ihm hier geht. Er will also sagen: ‚Das römische Volk schätzte die Blumen so hoch, daß es Scipio bei seiner Beisetzung allein mit Blumen ehrte.‘  –  Scipionis]  Ein entfernter Verwandter der beiden berühmten Feldherren des Zweiten und Dritten Punischen Krieges (Scipio Africanus maior/minor): der während seines Konsulats 111 v. Chr. verstorbene P. Cornelius Scipio Nasica Serapio. 26 frugiferas Arbores … deſtituentis]  L. denkt hier vermutlich an den Orangenbaum, der gleichzeitig Blüten und Früchte trägt. Vgl. LH 104–107. 38 Poetasque … Florum]  L. könnte hier an des Meleagros von Gadara (2./1. Jh. v. Chr.) Ausgabe älterer Epigramme (Grundstock der Anthologia Palatina) gedacht haben, die den Titel ‚Kranz‘ (‚Stephanos‘) trägt. 38–39  Statium & Opitium … Sylvarum Nomina]  Der römische Dichter P. Papinius Statius (1. Jh. n. Chr.) gab seinen gesammelten Gedichten den Titel ‚Silvae‘ (Schreibung im 16./17. Jh. meist ‚Sylvae‘). Dieser von ihm erstmals verwendete Titel bezeichnet seitdem bunte Sammlungen von Gedichten, die größtenteils dem Bereich der Gelegenheitslyrik angehören. Martin Opitz (1597–1639) führte den Begriff in der Übersetzung ‚Wälder‘ bzw. ‚Poetische Wälder‘ in die deutsche Literatur ein. 42–43  ſacram Tibi Themidem … redimis]  Themis ist die Göttin der Gerechtigkeit und daher dem Juristen Posadowsky ,heilig‘. Worauf mit dem Kranz aus Amaranth und Sonnenblumen im Hinblick auf Posadowskys juristische Tätigkeit abgezielt wird, war nicht zu klären. 46 Utraque]  Sc. veneratio et devotio.

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Kommentar

47 Dicatione]  Das Wort in der von mir angesetzten Bedeutung ‚Zueignung‘ belegt bei Hoven, Lexique (22006), S. 162. 48–49  Hyacintho Ajacis Nomen]  S.o., S. 356 zu Z. 41–42 der Widmung der ‚Rosen‘ und ‚Hyacinthen‘. 49 florenti Fabæ … vetitæ]  Nach Plinius, Nat. hist. 18,119; dort unter Berufung auf Varro.  –  Flamini Diali]  Flamen hieß bei den alten Römern der Eigenpriester einer bestimmten Gottheit. Hier ist der des Jupiter gemeint (‚Dialis‘ ist Adj. zu Diespiter = Iuppiter). 58 Æquinoctiô vernô]  D.h. am 21. März.

1. Wunder-Geburth Unsers Erlösers Von diesem Gedicht ist eine Abschrift in der Sammelhandschrift Ms. germ. fol. 768 der Berliner Staatsbibliothek überliefert (s. Editionsbericht, S. 344  f.). Der Kommentar zu den Fußnoten einzelner Verse schließt sich der Kommentierung des Gesamttextes an (s.  u ., S. 524–527). vor 1  I]  Die hiermit begonnene Zählung der Gedichte dieser Abteilung wurde vom Autor nicht fortgeführt. Deren Fortsetzung ist also wie bei den anderen beiden Teilen der ‚Blumen‘ editorische Zutat.   2 Abgrunds]  Hier im alten Sinne von ‚unermeßliche Tiefe‘.   5 die Unterwelt]  Hier: die irdische Welt unterhalb des Himmelszelts.   9 Menſchen]  Dativ: ‚den / für die Menschen‘. 10 Stagirit]  Aristoteles, nach seinem Geburtsort Stagira. 10–11  wenn er … Fr ewig hlt]  Vgl. Aristoteles, De coelo 1,10. – die groſſe Laſt]  ‚Last‘ im Sinne von lat. ‚moles‘: ‚die gewaltige Größe (hier: der Welt)‘. 11–12  wenn der … Dem Nichts aus Nichts nicht wird]  Vgl. Aristoteles, Physica 1,8. 14 Zeug]  ‚Werkzeug‘. – weicht]  ‚steht zurück hinter‘. 15 Lufft … Flammen]  Die vier Elemente. Vgl. Hya 5,25. 16–17  der groſſen Welt !…" eine kleine]  Makro- und Mikrokosmos. 23 Jhm Eve]  D.h., wie Adam für die Natur ein Wunder war, so Eva für ihn selbst. 26–34  als ſich Lucifer … wandeln muß]  Gen 3,1–19. 27 lobt ein]  ‚einloben‘ = ‚empfehlen‘, ‚schmackhaft machen‘. Vgl. L., Arminius, Tl. 1 (1689), S. 76f.: „Aber es ſey ferne/ daß Thußnelde dem/ welchem ſie das Leben zu dancken hat/ den Selbſt-Mord einloben ſolte.“ 29 mehr als halb vergttert] Entsprechend der lügenhaften Verheißung der Schlange (Gen 3,5). 32 fr]  ‚statt‘. – Schlee]  Schlehen, bekannt als extrem sauer. 37 aus Gtzen Gtter macht]  Ex 32,1–6. 38 Noens Predigt lacht]  Bezugnahme auf I Petr 2,5, wo Noah als „Prediger der



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Gerechtigkeit“ bezeichnet wird. Im Buch Genesis ist von einer Predigttätigkeit Noahs nicht die Rede. Es heißt dort nur, daß er als frommer Mann ein göttliches Leben geführt und deshalb Gnade vor dem Herrn gefunden habe (Gen 6,8–9). 39–40  Der Berge Gipfel … verzehren]  Bei der Sintflut (Gen 7,10–24). 41 im holen Balcken]  D.h. in der Arche (Gen 6,14–22; 7,1–16). „Balcken“ als pars pro toto; ‚hohl‘ hier im Sinne von ‚konkav‘ bzw. ‚einwärts gebogen‘ (DWb 10,1714,4). 42–45  als des Schpfers Zorn … Gomorra ſtand]  Gott zerstörte die Städte Sodom und Gomorrha wegen der Sündhaftigkeit ihrer Einwohner durch einen Schwefelregen (Gen 19,24–25). 46–48  als ſich Lothes Weib … zur Seule wird]  Als die Engel Lot mit seiner Familie aus der dem Untergang geweihten Stadt Sodom hinausführen, um sie zu retten, erteilen sie die Anweisung, daß niemand sich nach Verlassen der Stadt umsehen solle (Gen 19,17). Lots Frau hält sich jedoch nicht daran und erstarrt zur Salzsäule (Gen 19,26). Vgl. V. 191f. 48–49  Daß Aarons Ruthe … Bltter trgt]  Von den zwölf Stäben, die Moses, gemäß den zwölf Stämmen Israel, in der Stiftshütte niederlegte, schlug nur der seines älteren Bruders Aaron, des Hauptes des Stammes Levi, mit grünen Blättern aus und trug Mandeln (Num 17,23[8]). 49 vor]  ‚zuvor‘, ‚ehedem‘. 49–50  zur Schlange ward … fraß]  Mit der Rute bzw. dem Stab Aarons hat die biblische Episode, auf die hiermit angespielt wird, nichts zu tun. Gott verleiht Moses und Aaron die Fähigkeit, einen Stab in eine Schlange zu verwandeln, um damit Pharao zu beeindrucken bzw. die Macht des Gottes des Volkes Israel unter Beweis zu stellen (Ex 4,2–4; 7,8–12). Die „ZauberSchlangen“ sind die Schlangen, die die ägyptischen Zauberer ihrerseits aus Stäben werden lassen. Diese werden aber von der Schlange aus Aarons Stab gefressen. 50–51  des Waſſers Arth Jn Blutt]  Die erste Plage der Ägypter: Moses und Aaron verwandeln mit dem Stab, aus dem eine Schlange geworden war, nunmehr alles Wasser in den Flüssen und Bächen Ägyptens in Blut (Ex 7,17–25). 51 das Licht … Mittags-Scheine]  Die neunte Plage der Ägypter: eine dreitägige totale Finsternis (Ex 10,21–23). 52 Das Waſſer in fett Oel]  Vermutlich Anspielung auf das Wunder des Propheten Elisa zugunsten einer armen Witwe (II Reg 4,1–7). 52–53  der Sand … Jns Kwll]  Als das Volk Israel beim Zug durch die Wüste Zin an Wassermangel litt und zu verdursten drohte, schlug Moses mit seinem Stab Wasser aus einem Felsen (Num 20,9–11). 54 Enderungen]  ‚Verwandlungen‘. 57 Die Schule zu Athen]  Die von Plato (428/27–359/48 v. Chr.) begründete Philosophenschule (Platonische Akademie). 58 zu Jeruſalem]  Die jüdischen Schriftgelehrten. 62 Jupiter zum Stier]  Jupiter entführte Europa, Tochter des Königs Agenor,

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Kommentar

in Gestalt eines weißen Stiers.  –  Neptun ein raſches Pferd]  Der Meergott Neptum war auch Gott der Pferde. Als die Göttin Ceres sich, um seinem Liebeswerben zu entgehen, in eine Stute verwandelte, nahm er die Gestalt eines Hengstes an und besprang sie. 63–70  Die Juno … aberglubiſch war]  Dies alles nach Ovid, Met. 5,318–331, wo geschildert wird, wie die Götter des Olymp aus Furcht vor dem Giganten Typhoeus nach Ägypten flohen und sich dort, bis wohin sie Typhoeus verfolgt hatte, um ihm zu entgehen, in Tiere verwandelten. 63 Die Juno eine Kuh] Ovid, Met. 5,330.  – Apollo wird zum Raben]  Ebd. 5,329. 64 Wenn Hermes … haben]  Hermes bzw. Merkur verwandelt sich in einen Ibis (ebd. 5,331). 65 Venus … ein Fiſch]  Ebd.  5,331. – Minerve Katze]  Hier irrte L. In eine Katze verwandelte sich vielmehr Diana (ebd. 5, 330). 66 Lyeus … nehet ein]  Ebd. 5,329 (Lyaeus ist Beiname des Bacchus). 67 fr]  ‚vor‘. – der Rieſen]  D.h. der Giganten. 68 Hin/ wo … auferziehen]  D.h. nach Ägypten.  –  Katz]  Die ägyptische Göttin Bastet, die als Frau mit Katzenkopf dargestellt wurde.  –  Hund]  Der ägyptische Gott Anubis, der als Hund oder als Mensch mit Hundekopf dargestellt wurde. 69 Den Crocodil verehrn] Krokodile galten im alten Ägypten als heilige Tiere. – ſtell’n Zwiebeln aufs Altar]  Lt. Plinius, Nat. hist. 19,101, riefen die Ägypter bei Eidschwüren Knoblauch und Zwiebeln als Götter an. 74 zuwirthen]  ‚zu bewirten‘, ‚bei sich aufzunehmen‘. 81 als]  ‚wie‘. 82 Maaß]  Hier etwa im Sinne von ‚Meßschnur‘.  –  Gewicht]  Hier im Sinne von ‚Waage‘ (DWb 6,5711ff.). 85 Die Eichen … Dodona wahr]  Dodona war im antiken Griechenland ein Orakel-Heiligtum des Zeus. Dessen Willen erschloß man aus dem Rauschen einer heiligen Eiche. Auf den Zweigen dieser Eiche saßen zwei heilige Tauben, die ebenfalls weissagten (Herodot 2,55). Vgl. S V 51f. 86 Hammons Mund … Lybiens Altar]  Hammon bzw. Ammon war in Ägypten der oberste Reichsgott; ‚Lybien‘ (= Libyen) steht hier für Afrika. 87–89  Des Amenophis Bild … Sonne ſie beſtrahlt’]  Eigentlich keine Säule, sondern eine Kolossalstatue des Pharaos Amenophis III. in der Nähe von Theben, die die Griechen aufgrund einer Namensverwechslung auf den sagenhaften äthiopischen König Memnon, Sohn der Eos (Göttin der Morgenröte), deuteten. Dieses Standbild war in der Antike eine berühmte Touristenattraktion, weil es seit seiner Beschädigung durch ein Erdbeben i.J. 27 v. Chr. bei Sonnenaufgang zu ‚singen‘ begann. Das die Besucher faszinierende Geräusch wurde verursacht durch Abspringen kleiner Steinchen an den Bruchstellen der Statue bei Erhitzung durch die Sonne; dieses akustische Phänomen verschwand, als die Statue 199/200 n. Chr. restauriert wurde. Vgl. C I 329–332.



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89 Memphis]  Die alte Hauptstadt Ägyptens, am westlichen Nilufer, ca. 30 km südlich der Deltaspitze; als Residenzstadt durch Alexandria abgelöst. 90 nach dieſer Nacht]  Nämlich der Nacht der Geburt Jesu. 91 Jn Kumens … Sibylle]  Die Sibylle von Cumae, eine sagenhafte römische Seherin, die in einer Felsenhöhle bei Cumae (Campanien) die Sibyllinischen Bücher auf Palmblätter geschrieben haben soll. Diese enthielten Kultvorschriften und Weissagungen (83 v. Chr. in Rom verbrannt). Im 6. Buch von Vergils ‚Aeneis‘ (V. 83–97) weissagt sie Aeneas die Zukunft. 92–93  Des Phoebus Dreyfuß … Heyden bey]  In dem berühmten Apollon-Orakel zu Delphi weissagte eine Seherin, die Pythia, auf einem Dreifuß über einer Erdspalte sitzend.  –  Delfos]  = Delphos, Sohn des Gottes Apollo; von ihm soll die Stadt Delphi ihren Namen haben. 93–94  Und bringt … Andachts-Strer ſey]  Deutliche Anspielung auf eine legendäre antike Überlieferung, derzufolge Augustus kurz nach der Geburt Christi nach Delphi gereist sei, um die Pythia nach seinem Nachfolger zu befragen. Die Pythia habe ihm geantwortet, daß ein hebräischer Knabe, der als Gott die Welt regiere, sie aufgefordert habe, Delphi zu verlassen und sich in die Unterwelt zu begeben. Augustus möge sich entfernen und künftighin hierüber schweigen. Vgl. Parke / Wormell, The Delphic Oracle (1956), vol. 1, S. 288–290; vol 2, S. 209.  –  Ebreiſch Kind]  Jesus. 95 Heucheley]  ‚Schmeichelei‘. 95–97  des groſſen Maro … fangen an]  Anspielung auf Vergils 4. Ekloge, in der die Geburt eines Knaben gepriesen wird, mit dem die Welt in ein neues Goldenes Zeitalter (bei L. V. 97 „Jahr aus Gold“) eintreten werde. Da die Ekloge unter dem Konsulat des darin ausdrücklich erwähnten Asinius Pollio (40 v. Chr.) entstand, nahm man an, daß mit dem Knaben dessen Sohn gemeint sei (nur eine der möglichen Deutungen dieses Werkes). 98 den neundten Tag … kan]  Irrige Anspielung auf den Tod von Pollios 41 v. Chr. geborenem ältesten Sohn C. Asinius Gallus im Jahre 33 n. Chr. Dieser hatte sich bei Kaiser Tiberius verhaßt gemacht, war auf dessen Betreiben 30 n. Chr. zum Tode verurteilt, aber nicht hingerichtet, sondern, um ihm lange Qualen zu bereiten, in enger Kerkerhaft bei sparsamster Kost gehalten worden. 33 n. Chr. starb er durch Verhungern (gezwungen oder freiwillig). L. verwechselt ihn mit Drusus Iulius Caesar, der, zur selben Zeit eingekerkert und dem Hungertod preisgegeben, sich die letzten neun Tage seines Lebens mit der Heufüllung seines Bettes ernährte. Die Verwechslung beruht darauf, daß beider Geschichte in einem Kapitel bei Tacitus (Annales 6,23) erzählt wird und L. seine Quelle nicht allzu genau angesehen hat. 99 das Amalthea ſinget]  Amalthea meint hier nicht die Nymphe oder Ziege, die den kleinen Zeus nährte und großzog, sondern die auch unter diesem Namen bekannte Sibylle von Cumae (s.  o . zu V. 91), auf deren Orakelspruch Vergil die Geburt des Knaben und den Anbruch des letzten, des Goldenen Zeitalters zurückführt (4. Ekl., V. 4: „Ultima Cumaei venit iam carminis aetas“; ‚carmen‘ hier: ‚Orakelspruch‘). Vgl. V. 326–328.

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Kommentar

102 Darumb Auguſtus … Tempel zu]  Augustus, unter dessen Herrschaft Jesus Christus geboren wurde, hatte den Tempel des Janus, des Gottes des Eingangs und Ausgangs, dessen Tore zu Kriegszeiten offen standen, im Jahre 29 v. Chr., nach der Beendigung des Bürgerkriegs, geschlossen. 103 Daß Oel … dringet]  In der Nacht der Geburt Jesu soll sich in Rom eine Wasserquelle in einen Ölbach verwandelt haben. Vgl. Iacobus de Voragine, Legenda aurea, ed. Häuptli, Bd. 1 (2014), S. 186–188 (Kap. 8: De nativitate domini, § 43), hier unter Berufung auf Orosius und Papst Innozenz III. (Nachweise ebd., S. 187, Anm. 48 u. 49). 104–105  Auf einem Brandaltar … fr ſich zuviel]  Als Augustus im Jahre 27 v. Chr. die Stadt Tarraco in Spanien (heute Tarragona) besuchte, berichteten ihm die Einwohner, daß auf einem ihm geweihten Altar eine Palme gewachsen sei, worauf Augustus trocken antwortete: „Es scheint, daß er nicht oft benutzt wird.“ Die Anekdote erzählt Quintilian, Institutio orat. 6,3,77. 106 heucheln]  ‚schmeicheln‘. 108 Helle]  ‚Hölle‘. 110 die todten Opfer]  Meint die Opferriten der alten Israeliten. 113 Die Wurtzel Jeſſe] Biblische Bezeichnung für Jesse (= Isai), den Vater des Königs David, aus dessen Hause Jesus abstammte, so daß Jesse auch sein Stammvater (Wurzel) war. Vgl. Jes 11,10 u. Röm 15,12.  –  kumt]  ‚keimt‘. – die Frucht]  Vgl. Jes 11,1. 114 Zion]  Jerusalem, hier Synonym für das alte Israel.  – in Bock- und Klberblutt]  D.h. in Tieropfern. Vgl. Hebr 9,12–13; Lev 16,14–15. 115 indem er wird beſchnitten]  Lk 2,21. 118–119  Abels brennend Korn … Cains Erſtlinge]  Die Opfergaben, die Kain und Abel Gott darbrachten (Gen 4,3–4). L. verwechselt hier aber die Gaben. Kain brachte als Landmann Getreide dar, Abel als Schäfer Erstlinge (Erstgeburten) seiner Herde.  –  zurchen]  ‚zu riechen‘. 120–123  der Geiſt des Keyſers … Lnder wirft]  Nach dem Tode Caesars erschien lt. Sueton, Caesar 88, für sieben Tage ein Stern am Himmel, von dem man glaubte, daß er die Seele des in den Himmel aufgenommenen Caesar darstelle. Dafür, daß die Römer auch den Morgenstern mit Caesar identifiziert hätten, kann ich keinen Beleg beibringen. 121 frembde]  ‚wundersame‘ (DWb 4,127f.,6). 123–125  Die weiſen Perſen … auf der Welt] Die Heiligen drei Könige bzw. Weisen aus dem Morgenland, die nach Jerusalem kommen, um den neu geborenen König der Juden, dessen Stern sie gesehen haben, anzubeten. Auf dem Weg nach Jesu Geburtsort Bethlehem, den ihnen König Herodes genannt hat, geht der Stern vor ihnen her und bleibt über dem Haus stehen, in dem sie das Jesuskind finden (Mt 2,1–11). In Apk 22,16 bezeichnet sich Christus selbst als Morgenstern. 126 ihm]  ‚sich‘. 131 ligt]  ‚lügt‘.



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135–136  uns ſelber leſen … Gott ſey ein keuſches Weſen]  Auf welchen Autor der heidnischen Antike L. hier anspielt, muß offen bleiben. 137 Chaldeer]  Chaldäer hier im Sinne von ‚Sterndeuter‘. Gemeint sind wieder die Heiligen drei Könige (vgl. V. 123–125). 142 Jhm]  ‚sich‘. – angeſteckt]  ‚befestigt‘. 143 zeugt]  ‚zeigt‘. 152 durch ſein Eigenthumb … begaben]  ‚zulassen, daß sie ihn mit etwas beschenken, was eigentlich sein Eigentum ist‘. 154 ſchlechtes]  ‚schlichtes‘. 155 durch die Einfalt irren]  ‚durch sein schlichtes Erscheinungsbild beirren‘. 156 Gold … Myrrhen]  Mt 2,11. 164 drffen]  ‚müssen‘. – fernend Schauglaß]  ‚Fernglas‘. 166 Jacobsſtern]  Bezeichnung Christi nach Num 24,17: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen.“ Der Patriarch Jakob gehörte zu den Vorfahren Jesu. 169 zwlften Himmel]  Der Hintergrund der Zwölfzahl im Hinblik auf ‚Himmel‘ ist dunkel. 175–178  Daß/ wenn … verleiht]  Siehe Fußnote zu V. 175. 176 Tiber]  Kaiser Tiberius (Regierungszeit 14–37 n. Chr.). 179–182  Daß/ was … auf den Veſpaſian]  Siehe Fußnote zu V. 180. 183 fr]  ‚anstatt‘. – Nebelkappen]  Hier wohl eine das Gesicht oder die ganze Gestalt verdeckende Kappe bzw. Umhüllung. 187 am Prometheus … beſchreibet]  Nach einer Variante der Sage um den Titanen Prometheus, der den Menschen das den Göttern entwendete Feuer brachte und dafür von Jupiter schwer bestraft wurde, soll er die Menschen aus Lehm geschaffen haben. 188 Fr]  ‚anstatt‘. – Geryons]  Geryon, sagenhafter König von Erytheia oder Erythrea, war ein Riese, der über den Körper dreier Männer verfügte. Er wurde von Herkules getötet, der es auf Geryons prächtige Viehherden abgesehen hatte (seine zehnte Arbeit). 189 gleicht]  ‚gleichsetzt‘. – Phaethon]  Phaethon, Sohn des Sonnengottes, hatte seinem Vater das Versprechen abgerungen, ihn mit dem Sonnenwagen einen Tag lang fahren zu lassen. Er war aber außerstande, die Pferde zu beherrschen, und es bestand die Gefahr, daß er die ganze Welt in Brand setzte. Um dies zu verhindern, zertrümmerte Jupiter mit einem Blitz den Sonnenwagen, und Phaethon stürzte brennend in den Fluß Eridanus (heute Po). 190 des Lucifers]  Luzifer, ein Engel, der sich an die Stelle Gottes zu setzen versuchte und dafür in den Abgrund gestürzt wurde, gleichgesetzt mit Satan (Verbindung von Jes 14,12 und Lk 10,18; vgl. auch Apk 12,7–9).  –  Deu­ calion]  Sohn des Titanen Prometheus. Als Zeus eine Sintflut über die Erde brachte, um die Menschheit zu vernichten, baute Deucalion für sich und seine Frau Pyrrha ein Boot und füllte es mit Vorräten. Sie trieben neun Tage in dem Boot umher, bis sie am Berg Parnassus anlandeten. Um die

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Kommentar

Erde wieder zu bevölkern, warfen sie, einem Orakel der Themis folgend, Steine hinter sich, die sich in Männer und Frauen verwandelten. 191 Loths … Weibe]  S.o. zu V. 46–48.  –  verkehrtem]  ‚verwandeltem‘. 192 Nioben … Marmel-Leibe]  Niobe rühmte sich ihrer vielen Kinder auf hochmütige Weise gegenüber der Göttin Leto, die nur zwei hatte, nämlich Apollo und Diana. Um diese Kränkung ihrer Mutter zu rächen, töteten Apollo und Diana alle Kinder Niobes, die danach vor Schmerz zu Stein erstarrte. 193 Atlas]  Der Titan, der den Himmel auf seinen Schultern trug. 197 die Geburth Minervens]  Minerva entsprang dem Haupt Jupiters. 199–200  zur Danae … Als Gold]  Zeus verwandelte sich in einen Goldregen, d.  h . einen Baum dieses Namens, um so von oben durch das Dach eines Turms zu gelangen, in dem seine Geliebte Danaë gefangen gehalten wurde. 203 Pſychens]  Psyche, eine Königstochter, wurde von dem Gott Amor geliebt und geehelicht. Ihre Geschichte steht in den Metamorphosen des Apuleius (4,28–6,26). 205 Der Kampf Alcidens]  Meint hier den siegreichen Kampf des Herkules (benannt nach seinem Großvater Alkeus) mit der vielköpfigen lernaeischen Schlange. 207 Acton]  Diana verwandelte den Jäger Aktaeon, der sie versehentlich nackt beim Baden gesehen hatte, in einen Hirsch. Er wurde daraufhin von seinen eigenen Hunden, die ihn nicht mehr erkannten, zerrissen.  –  Die Abfahrt zu der Hellen]  Christi Abstieg in die Unterwelt in der Nacht nach seiner Kreuzigung zur Rettung der Gerechten seit Adam.  –  Hellen]  ‚Hölle‘. 208 am Orfeus]  Der große mythische Sänger Orpheus besuchte die Unterwelt, um deren Gott Pluto zu bewegen, ihm seine durch einen Schlangenbiß getötete Frau Eurydike wiederzugeben.  –  im Schatten]  ‚als Schattenbild‘. 209 Jn den Amfion … eingehllt]  Amphion, der gemeinsam mit seinem Bruder Zethos über Theben herrschte, war auch Musiker und vermochte, ähnlich wie Orpheus, mit seinem Spiel auf der Leier auch Objekte der unbelebten Natur zu bewegen. Als er zusammen mit seinem Bruder daranging, eine Mauer um die Unterstadt von Theben zu errichten, rollten die Steine bei seinem Leierspiel hinter ihm her und fügten sich von selbst in das Mauerwerk ein, während Zethos sie mühsam herbeischleppen mußte. Wie Amphion mit seinem Spiel die Steine, so wußte Jesus Christus mit seiner Predigt die Menschen zu bewegen. Zur mittelalterlichen Vorgeschichte derartiger Allegorisierungen vgl. Ohly, Typologische Figuren aus Natur und Mythus (1979). 210 Dedalus]  Daedalus, der bekannte Werkmeister und Erfinder im griechischen Mythos, der Fügel aus Wachs und Federn konstruiert hatte, mit denen er fliegen konnte. Sein Sohn Ikarus kam bei seinem Flugversuch ums Leben, weil er Sonne zu nahe gekommen war, die mit ihrer Hitze das Wachs schmelzen ließ. 211 Eſculap]  Aeskulap, der Gott der Heilkunst.



Himmel-Schlüssel517

212 hat Leichen auferwecket]  Anspielung auf die Auferweckung des Lazarus (Joh 11,43–44). 219 in Kaſten]  In die Arche. 220 Des Abrahams ſein Schild]  Nach Gen 15,1: „Fürchte dich nicht, Abraham. Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.“ 221 ſein Geburthslicht]  ‚den Tag seiner Geburt‘. 222 Jn Bndns ſich ließ ein]  Der Bund, den Gott mit Abraham schloß, dessen Zeichen die Beschneidung war (Gen 17,7–14).  –  mit welchem Jacob rang]  Meint Jakobs Kampf mit dem Engel (Gen 32,24–32). 223–224  Als dieſer Lwe … ſein Kindskind ſeyn]  Jakob bezeichnet in seiner prophetischen Ansprache an seine Söhne vor seinem Tode seinen Sohn Juda, den Begründer des nach ihm benannten mächtigen Stammes, aus dem David und Jesus stammten, als einen jungen Löwen. Die Bezeichnung ging später auf Jesus Christus über (Apk 5,5). L. will anscheinend sagen, daß erst Jesus Christus, als dem ‚Kindeskind‘ Jakobs und Judas, die Kennzeichnung als ‚Löwe Judas‘ eigentlich zustehe. 225 Eitelkeit]  ‚Vergänglichkeit‘, ‚Nichtigkeit‘. 226 Wahn]  ‚Verblendung‘. 227 hoher Sinnen]  ‚eines hochfahrenden, anmaßenden Denkens‘. 231 Tockenwerck]  ‚Spielzeug‘, ‚Spielkram‘. 232 Scarlat]  Scharlach, hier kostbarer scharlachfarbener Stoff.  –  Purpur]  Der im Altertum nur Herrschern vorbehaltene Gewandstoff, gefärbt mit dem kostbaren Sekret der Purpurschnecke. 233 trit … entzwey]  Vgl. Gen 4,15. 237 Als ein geduldig Lamm]  Joh 1,29.36. 238 Goliath]  Der riesenhafte Philister, der von David mit einer Schleuder erschlagen wird (I Sam 17).  –  als einen Hirten]  Joh 10,12.14. 240 Fr]  ‚vor‘. 241 Frhang]  ‚Vorhang‘. 243 frembde deuchten]  ‚sonderbar vorkommen‘. 244 Solyma]  Jerusalem. 245 Davids gldner Burg]  Die Burg Zion König Davids, soviel wie Jerusalem selbst. 247 Davids … Herr]  Jesus Christus.  –  Sohn]  Hier: ‚Abkömmling‘. 249–250  Jndem das Zepter … beherrſcht]  Nach der Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des Tempels durch Titus, den Sohn Kaiser Vespasians, 70 n. Chr. wurde Judäa römische Provinz.  –  das Zepter … entwand]  Vgl. Gen 49,10. 251 dar]  ‚dort‘. – Siloh]  = Schilo, ein heute als Eigenname und Vorausdeutung des Messias gedeutetes hebräisches Wort in Gen 49,10. In der revidierten Einheitsübersetzung der katholischen Bibel von 2016 lautet der Vers (Teil des Segensspruchs Jakobs für seinen Sohn Juda): „Nie weicht von Juda das Zepter, der Herrscherstab von seinen Füßen, bis Schilo kommt, dem der Gehorsam der Völker gebührt.“

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Kommentar

253–254  Jn Mutterleibe … Maria grſt]  Als Elisabeth, die mit Johannes dem Täufer schwanger war, der ebenfalls schwangeren Maria begegnete, hüpfte ihr das Kind im Leibe, aus Freude über die bevorstehende Geburt des Heilands (Lk 1,41.44). 254–255  Sie ſelber auch … wahrzuſagen]  Lk 1,42–44. 256–257  Und Simeon … Kind]  Als Maria und Joseph das Jesuskind kurz nach seiner Geburt zu seiner Darstellung in den Tempel zu Jerusalem brachten, nahm es Simeon, ein frommer Mann, der ganz in der Erwartung des Messias lebte, auf den Arm und dankte dabei Gott, daß er ihm die Gnade gewährt habe, den Heiland der Welt noch vor seinem Tode zu sehen (Lk 2,22–32). – geneſt]  Hier etwa: ‚findet sein Seelenheil‘. 257–258  GOtt hlt … laſſen kan]  Mt 1,18–23.  –  laſſen]  ‚verlassen‘ (weil sie schon vor dem Vollzug der Ehe schwanger war vom Heiligen Geist). 259–261  Der Himmel … Hirten an] Lk 2,8–14.  – Cherubinen]  Engel von hohem Rang. 262 Den Staar] Grauen Star (Trübung der Augenlinse).  – Geſicht]  Hier: ‚Auge‘. 265 Hrden]  Provisorisch über Nacht eingezäunte Weideflächen. Vgl. Lk 2,8: „Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.“ 266 fr]  ‚vor‘. 268 der Schfer Htt’]  Dativ: ‚für die Hütte der Schäfer‘.  –  am erſten]  ‚zuerst‘. 272 alles ſetzt auf Schrauben]  Etwa: ‚alles kompliziert macht‘. Vgl. E III 620f.; S III 244f. 276 lieſt !…" aus]  ‚wählt aus‘. 277 zeucht !…" an]  ‚nimmt an‘. 278 Der Purperſchnecke Blutt]  Den Purpur. 279 Scarlat]  Hochrote, etwas ins Gelbe spielende Farbe, als Farbstoff damals an Wert dem Purpur vergleichbar. 280 verfrben laſſen]  Verkürztes Perfekt: ‚hat verfärben lassen‘. 281 Stagirit]  Aristoteles, nach seinem Geburtsort Stagira. 281–282  der GOtt … nagelt an]  Anspielung auf die Vorstellung von Gott als dem ‚unbewegten Beweger‘ (Aristoteles, Physica 8,5,256a ; Metaphysica 12,8,1073 a). 282 Mopſus]  Name eines Hirten bei Vergil, Ecl. 5,1, hier stellvertretend für die Hirten, die den neugeborenen Heiland als solchen erkannten und anbeteten. 287 ſich lſt … binden]  A.c.I.-ähnliche Konstruktion: ‚zuläßt, daß Zwerge und Schergen ihn fesseln‘. 290 Hell]  ‚Hölle‘. 291 welcher lſt … Schaffe]  Nach Joh 10,12. 292–293  knftig Pein … und Lohn]  Nach Mt 25,31–46. 295 Das dort Johannes … brechen]  Nach Apk 5.



Himmel-Schlüssel519

300 faſt]  ‚einschließt‘. 301 den Phoebus … Admet]  Zur Strafe dafür, daß er Zeus durch Widersetzlichkeit erzürnt hatte, mußte der Gott Apollo (Phoebus ist sein Beiname) ein Jahr lang Admetus, dem König von Pherai, als Hirt dienen. Wie aus dem folgenden hervorgeht, ist Phoebus Apollo hier in seiner Funktion als Sonnengott angesprochen. 303–304  ein vergldet Kalb … Aſche brennt]  Ex 32,1–4.20. 305 fr] ‚vor‘. 308 Erſtlinge]  ‚als Erstlinge‘. 309 Vordrab]  ‚Vortrab‘ = ‚Vorhut‘. 311 fr]  ‚vor‘. – Auguſt]  Kaiser Augustus, unter dessen Herrschaft Jesus geboren wurde. 313 Der dreymal Frieden ſchleuſt]  Augustus rühmte sich in seinen ‚Res gestae‘, daß er die Tore des Janustempels, die in Kriegszeiten offen standen, dreimal geschlossen habe (Augustus, Res gestae 13). 318 von dieſem Kind’… ſingend fand]  Vgl. vor allem Ps 8,5–10. 320 der groſſe Pan]  Mit der allegorischen Gleichsetzung von Jesus Christus mit dem Hirtengott Pan wird Bezug genommen auf die Interpretation des Namens Pan als ‚Allgott‘, basierend auf der falschen etymologischen Herleitung von τὸ πα̑ν = ‚das Ganze‘, ‚das All‘. Siehe hierzu Gerhard, Der Tod des großen Pan, S. 14–19. 325 Galatheen]  Galathea (antik: Galatea) ist hier nur Name eines beliebigen Hirtenmädchens (vgl. Vergil, Ecl. 1,30.31; 3,64.72). 326–328  Die Cuma … Jahren haben]  Bezugnahme auf Vergil, Ecl. 4,4–8, wo die (hier christlich gedeutete) Geburt eines Knaben, mit der ein neues Goldenes Zeitalter beginnt, der Sibylle von Cumae in den Mund gelegt wird (vgl. V. 99).  –  Cuma und Sibyll]  Hendiadyoin für die Sibylle von ­Cumae (!), die sagenhafte römische Prophetin, die in einer Höhle bei ­Cumae, nahe Neapel, ihre Orakelsprüche erteilte.  –  frgeſungen]  ‚vorgesungen‘. 330 erſten Snder]  Adam. 332 Brunſt]  ‚Feuer‘. 333 Menſchen Fleiſch nimmt an]  ‚sich fleischlich in einen Menschen verwandelt‘. 334 MutterMenſch]  Verstärktes ‚Mensch‘ (DWb 12,2823). Vgl. Ros 24,4; E II 332. 336 Menſchheit ihm] ‚Menschsein sich‘.  – ſich ihren Brutgam nennet] Mt 9,15. 340 fr]  ‚vor‘, ‚über‘. 341 tauſend Jahr … geſtrig Tag]  Ps 90,4. 342 Sprßling]  ‚Sprößling‘. 343 das Wortt … auf Erden]  Joh 1,14. 346 verſehrt]  ‚beeinträchtigt‘. 350 Jhm]  ‚sich‘. 352 fr]  ‚vor‘.

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Kommentar

356 fr]  ‚vor‘. 357 fr]  ‚vor‘. 358 ein einig]  ‚als einziges‘. 359 faſt]  = ‚faßt‘: ‚begreift‘. 370 die Menſchheit]  ‚das Menschsein‘ (ebenso V. 372). 380 Fr]  ‚vor‘. 381 Frwitz]  ‚Vorwitz‘, ‚intellektuelle Vermessenheit‘. 382 Tacht]  ‚Docht‘. 383 verblindeſt]  ‚erblindest‘; vgl. Him 2,89. 391 Seraphinen]  Neben den Cherubinen (V. 260) eine hochrangige Gruppe in der Hierarchie der Engel. Vgl. Him 2,117. 393 ſich !…" erſchellt]  Hier etwa: ‚sich spaltet‘; vgl. DWb 3,959f.,2, u. A V 440; IS IV 134. 402 Himmel-Brod]  Manna (so V. 404); vgl. Ps 78,24; 105,40; Hebr 9,4. 405 daß Pherecydes … hlt] Der Vorsokratiker Pherekydes von Syros (6. Jh. v. Chr.), Mythograph und Kosmologe, soll lt. Cicero, Tusc. disp. 1,38, als erster die Unsterblichkeit der Seele gelehrt haben.  –  unſterblich hlt]  ‚für unsterblich hält‘. 407 Aſſyrien … trget] Siehe hierzu unsere Erläuterungen zur Fußnote zu V. 405 (unten S. 527). 409 Des Japhets Kinder … Sems Gezelten ein]  Japhet und Sem sind zwei Söhne Noahs. Auf sie und ihren dritten Bruder Ham sind nach biblischer Überlieferung (Völkertafel in Gen 10; I Chr 1) alle Völker der Erde zurückzuführen. In mittelalterlichen Weltkarten wird Sem als Stammvater der asiatischen, Japhet als Stammvater der europäischen und Ham als Stammvater der afrikanischen Völker bezeichnet. L.s Vers besagt also anscheinend, daß die Europäer (Nachkommen Japhets) die aus Asien („Sems Gezelten“) kommende Lehre des Urchristentums angenommen und sich beide Kontinente somit vereint hätten. 410 Kedars Htte]  Nach Ps 120,5. Kedar, zweiter Sohn Ismaels (Gen 25,13), wurde Stammvater eines arabischen Stammes. Mit seiner „Hütte“ dürfte hier also Arabien gemeint sein.  –  Berges Zion]  Hier = Jerusalem als Ursprungsort des Christentums. 411–412  Des Tempels Vorhof … unterſcheiden]  Der äußere Vorhof des Tempels zu Jerusalem war auch Heiden, d.  h . Nichtjuden, zugänglich.  –  darf]  ‚muß‘. 412 Nun GOtt … erfnet] Bild für die Überwindung des Judentums, die nach christlicher Lehre durch die Ankunft Christi erfolgt ist. – unterſcheiden]  Hier im Sinne von ‚ausgrenzen‘ – will sagen, die Lehre Christi steht sowohl Juden wie Heiden offen. 413 Die Bilder]  ‚Bild‘ hier als etwas Scheinhaftes (vgl. DWb 2,11f.,7).  –  ha­ ben aus]  ‚haben ausgespielt‘. 414 irren]  ‚in die Irre gehen‘. 418 daß]  ‚damit‘. 420 Gott … Ebenbilde]  Gen 1,27.



Himmel-Schlüssel521

421 Hold]  ‚Huld‘. 424 Daß]  ‚damit‘. 425–427  die Lahmen … reden hret]  Jes 35,5–6; Mt 11,5; Lk 7,22. 433 fr]  ‚vor‘. 435 Abrahams ſein Segen]  Gen 12,3; Gal 3,14. 436 Iſaac … Sarens Schooß]  Abrahams Frau Sara gebar ihm trotz ihres hohen Alters ihren Sohn Isaak. 438 als er nichts … ſeinen Sohn]  Da Isaak im Alter blind geworden war, bemerkte er nicht, daß sein Sohn Jakob sich anstelle seines älteren Bruders Esau von ihm segnen ließ (Gen 27,1–29). 439–441  die Leiter … erblickt]  Die von Jakob im Traum gesehene Himmelsleiter, an der Engel auf- und absteigen (Gen 28,12). 442–443  den Feuer-Wagen … ins Paradis gefahren] Der Prophet Elias fuhr auf einem feurigen Wagen mit feurigen Pferden zum Himmel auf (II Reg 2,11). 444 Trepf]  = Trepfe, frühneuzeitliche Nebenform von ‚Treppe‘.  –  unwegbar]  ‚unwegsam‘, ‚nicht begehbar‘. 445 gebhnt]  ‚gebahnt‘. 446 in einem Zirckel]  D.h. gewissermaßen in einer Umlaufbahn. 449 vereinbart]  ‚vereint‘. 451 ein Weſen]  D.h. dem Wesen nach eins. 452 ihm]  ‚sich‘. – erleſen]  ‚erwählt‘. 459 zur Geiſſel]  ‚als Geisel / Unterpfand‘.  –  Herren]  ‚Herrgotts‘, ‚Gottvaters‘. 462 Pful]  ‚Unterwelt‘, ‚Höllenpfuhl‘.  –  der geſtirnte Beer]  Das Sternbild des Großen Bären. 463 Vonſammen ſind gegrntzt]  ‚voneinander abgegrenzt‘ (hier = entfernt) sind‘. 464 Den Feind zu lieben ein]  ‚im Feind Liebe zu erwecken‘. 466 Wormit]  ‚damit‘. – zu dmpfen]  ‚niederzuschlagen‘. 470 ſeine Taube]  Vgl. Cant 2,14; 5,2; 6,8. 472 fr]  ‚vor‘. 474 Hold]  ‚Huld‘. 477 Schwmme]  ‚Pilze‘, hier metaphorisch für etwas Wertloses (DWb 15,2197f.,3). 481 rufft Schweſter dir und Braut]  ‚ruft nach dir als seiner Schwester und Braut‘ (vgl. DWb 14,1403f.,2a). 483 unter Roſen weidet]  Vgl. Cant 4,5. 488 Phariſeer]  Angehörige der streng auf das Gesetz hin orientierten jüdischen Priesterkaste, die die Lehre Jesu strikt ablehnte. 489 fr]  ‚vor‘. 490 den Setzer]  Hier, im Zusammenhang mit ‚Gesetz‘, derjenige, der dieses ‚setzt‘ bzw. erläßt. 492 Arrius]  Arius, der aus Alexandria stammende Presbyter, nach dessen im 4. Jh. entstandener, als häretisch bekämpfter Lehre, dem Arianismus, keine

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Kommentar

Wesensgleichheit zwischen Gott Vater und Sohn besteht.  – zu lſtern pflegen]  ‚lästerlich zu behaupten pflegte‘ (‚pflegen‘ hier mit starkem Partizip Perfekt). 493 Es war … noch nicht war]  Hinweis auf eines der Hauptargumente in der Lehre des Arius: Wenn Gott seinen Sohn gezeugt hat, muß es eine Zeit gegeben haben, in der Christus noch nicht war (Zweifel an der Präexistenz Christi und der anfangslosen Ewigkeit von Gott Vater und Sohn gleichermaßen). 496 Jm Anfang … Wortt]  Joh 1,1.  –  Samoſatenus]  Paulus von Samosata (gest. nach 272), Bischof von Antiochia, Urheber einer auf der dortigen Synode 268 verdammten ketzerischen Lehre. Deren Grundzüge sind nur bruchstückhaft überliefert. Was L. hierzu in V. 498–500 anführt, ist historisch nicht verifizierbar. Siehe den Artikel von Karl-Heinz Uthemann in: Biogr.bibliogr. Kirchenlexikon, Bd. 7 (1994), Sp. 66–89. 500 Neſtor der Schwermer]  Die Nestorius (gest. um 451), Erzbischof von Konstantinopel (Amtszeit 428–431), zugeschriebene häretische Lehre des Nestorianismus, in der die Wesensgleichheit von Gott Vater und Sohn bestritten wurde. 501 Helle]  ‚Hölle‘. – die Naturen]  Die von Gott Vater und Sohn. 503 Ebio]  Ebion, fiktiver Begründer der judenchristlichen Sekte der Ebioniter. Zu den häretischen Elementen ihrer Lehre gehörte die Leugnung der Jungfrauengeburt Christi, worauf L. in V. 504f. anspielt. 505 Schwarm]  ‚Schwärmerei‘, hier im weiteren theologischen Sinn von ‚Irrglaube‘. – Fleck]  Nicht sicher deutbar. Vermutlich im Sinne von ‚Flickwerk‘ zu verstehen. „Schwarm und Fleck“ wohl als Hediadyoin zu lesen, im Sinne von ‚ketzerisches Flickwerk‘. 506 Marcion]  Markion, Häretiker des 2. Jh.s, Begründer der Sekte der Markioniten. Er lehrte u.  a ., daß Christus nicht als Mensch geboren, sondern von Gott als göttliches Wesen mit einem Scheinleib (hierauf zielt V. 507) vom Himmel herabgesandt worden sei. 508 vor]  ‚vorher‘. 515 den Salomon den Brutigam]  Anspielung auf das Hohelied Salomons, in dem die Liebe des jüdischen Königs Salomon zu einer jungen Frau geschildert wird (in christlicher Deutung ein Bild für die mystische Vereinigung Christi mit der ihn liebenden menschlichen Seele). 517 Hupt]  Umgelautete Nebenform von ‚Haupt‘. 519 Helle]  ‚Hölle‘. 520 Eckſtein]  Im Neuen Testament Bild für Jesus Christus als Fundament der Kirche: Mt 21,42; Mk 12,10; Lk 20,17; Act 4,11; I Petr 2,7. 522–523  Himmels-Benjamin … Abrahams]  Benjamin war der jüngste Sohn Jakobs und seiner Lieblingsfrau Rahel, eigentlich Urenkel Abrahams. Hier Umschreibung für Jesus Christus. 523 den er doch Vater heiſſet]  In dem Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lk 16,24).



Himmel-Schlüssel523

525–526  eh’ als !…" ſein Geburthstag]  Hinweis auf die Präexistenz Christi als von Ewigkeit her bestehender Teil der Dreieinigkeit. 527 Bileam … auf ſah gehen]  Anspielung auf die Weissagung des nichtisraelischen Propheten Bileam in Num 24,17: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen“ – verstanden als Verkündigung der Ankunft Christi. 528 die Weiſen]  Die drei Könige aus dem Morgenland. 541–542  ein Blitz … Feuer war]  Als Gott zum Berg Sinai herabfuhr, um Moses die Zehn Gebote zu verkünden: Ex 19,16–19. Vgl. V. 554f. 543–544  auf zweyen Steinen … gab]  Die zwei steinernen Tafeln mit den Zehn Geboten (Ex 31,18). 547 Dort … ſeines Leben]  Auf dem Berg Sinai, dessen Betreten Gott bei Todesstrafe untersagt hatte (Ex 19,12). 550 ſchern ein]  ‚einäschern‘ hier: ‚mit Asche bestreuen‘, als Zeichen der Reue und Betrübnis über die begangenen Sünden. 551 Jn Scke ſich verhlln]  Vgl. Mt 11,21: „Sie hätten vor Zeiten im Sack und in der Asche Buße getan.“ Ähnlich Lk 10,13. 553 Sich ſchlagen auf die Bruſt]  Als reuevolle Kundgabe der eigenen Sündhaftigkeit. Vgl. Lk 18,13: „Und der Zöllner […] schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig.“ 554–555  als er war … und Klippen]  Als er Moses die Zehn Gebote verkündete (s.  o . zu V. 541–542).  –  gehen]  ‚jähen‘, d.  h . hier: ‚steil abfallenden‘ (DWb 10,2226,2). 556 gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes signalisiert. 559 vor]  ‚zuvor‘, ‚vorher‘. 562 zeugen]  ‚bezeugen‘. 569–572  wie ihr Gabriel … Gebohren werden wrd’] Die Verkündigung der Geburt Christi durch den Erzengel Gabriel (Lk 1,26–38).  –  Frey­ man]  ‚Brautwerber‘. 574 was Geſtalt]  = ‚wasgestalt‘: ‚auf welche Weise‘. 575 ſich]  = ‚von sich‘. 576 Daß eine Jungfrau … geneſen]  Vgl. Jes 7,14. 582 Muſchel-Tchter]  D.h. Perlen. 589 ſich !…" enteuſern]  ‚sich entäußern‘, hier: ‚sich enthalten‘. 597 ihr]  ‚ſich‘. 600 Hold]  ‚Huld‘. 602 theilt ein]  ‚aufteilt‘. 604 Delilen]  Delila war die treulose Geliebte des biblischen Simson, eines legendären israelischen Helden, dessen ganze Kraft in seinen Haaren lag. Als Simson schlief, schnitt sie ihm seine Haare ab, machte ihn damit wehrlos und lieferte ihn so seinen Feinden, den Philistern, aus (Idc 16,4–21). 606 auch auſſer Unzucht]  ‚auch wenn ihr nicht gerade Unzucht treibt‘. 607 abwigt eure Tritte]  Soll wohl heißen: ‚euch mit einem wiegenden Gang bewegt‘ – um aufreizend zu wirken.

524

Kommentar

Oel]  Im Sinne von Brennstoff. – bittet]  ‚bietet‘. fr]  ‚vor‘. – Vorſchmack]  ‚Vorgeschmack‘. abmeih’t]  ‚abmäht‘. Pfitzen]  ‚Pfützen‘. – taugen nicht]  ‚sind nichts wert‘. GOtt und Licht’] Hendiadyoin: ‚die Helligkeit Gottes‘.  – Licht’]  = ‚Lichte‘: ‚Helligkeit‘. 618 Teuffeln]  Dativ Sg.: ‚dem Teufel‘. 619 Anfang]  Adverb: ‚zu Anfang‘, ‚anfangs‘. 620 buhlt]  ‚buhlen‘ hier in transitiver Verwendung, etwa im Sinne von ‚sexuell anlocken‘. 623 da]  ‚obwohl‘. 624 ihren Ehſchatz]  Insofern der von ihr geborene Christus wesensgleich mit Gott Vater und dem Heiligen Geist ist. 610 611 613 616 617

Fußnoten zu 26  L. Danaeus … ad Laurent.]  Es handelt sich hier um eine von dem französischen Theologen (Calvinisten) Lambertus Danaeus, eigtl. Lambert Daneau (1530–1595), veranstaltete kommentierte Ausgabe eines Werkes von Augustinus: D. Aurelii Augustini Enchiridion ad Laurentium. […] Liber utilissimus […] ex veteri manuscripto repurgatus et commentariis illustratus per Lambertum Danaeum. Genf: apud Eustathium Vignon 1575. Der von L. gemeinte Passus zu Kapitel 28 findet sich hier auf Bl. m1 v unter dem Lemma „3 Diabolus factus“: „Uti enim boni et fideles omnes sub uno capite Christo colliguntur, ita improbi et infideles sub uno capite Sathana et Diabolo. Hunc Luciferum Scholastici appellant, nullo tamen authore.“ [„Wie sich nämlich die Guten und Gläubigen sämtlich unter ihrem einen Haupt Christus versammeln, so die Bösen und Ungläubigen unter ihrem einen Haupt Satan und Teufel. Diesen nennen die Scholastiker Luzifer, allerdings ohne sich damit auf eine Autorität berufen zu können.“] zu 91 Daß bey Christi … προπ. v.  8]  Die Stelle findet sich bei Eusebius von Caesarea, Demonstratio Evangelica 5, prooem. 8 (Migne PG 22, Sp. 337/338 C), allerdings ohne den Hinweis auf Porphyrius (neuplatonischer Philosoph des 3. Jh.s n. Chr.). Wie aus der abgekürzten griechischen Titelangabe προπ. (für προπαρασϰοιή) hervorgeht, bezieht sich L. irrig auf des Eusebius Praeparatio Evangelica, wo Eusebius in Buch 5, Kapitel 8, des Porphyrius Ansichten über die antiken Orakel zitiert (Migne PG 21, Sp. 333–338).  –  Lucan. l. 5. die Urſach gebende]  D.h., der römische Epiker Lukan lastete die Ursachen für das Verstummen der Orakel diesem in Buch 5, V. 113 f., seiner Pharsalia (auch: De bello civili) angeführten Sachverhalt an: „seitdem die Könige die Zukunft fürchteten und den Himmlischen das Reden verboten“.  –  Minutius … essent]  Minucius Felix, Octavius 26,6: „weil die Menschen begannen, gebildeter und weniger leichtgläubig zu sein“.  –  Dahero Demosthenes … ϕιλιππίζειν]  Vgl.



Himmel-Schlüssel525

Cicero, De divinatione 2,118, u. Minucius Felix, Octavius 26,6: Schon Demosthenes habe gesagt, die Priesterin, die im Apollotempel zu Delphi auf einem Dreifuß sitzend Orakel zu verkündigen pflegte, habe ‚philippisiert‘, d.  h ., sie habe, von König Philipp II. von Makedonien bestochen, Wunderzeichen zu dessen Gunsten gedeutet.  –  Plutarchus berichtet … geantwortet]  Thema von Plutarchs Schrift ‚De Pythiae oraculis‘.  –  in Bœotien Lebadia … noch geblieben]  Bei Lebadia, einer Stadt in Boeotien, am Fuße des Helikon, befand sich das Heiligtum und die Orakelstätte des boeotischen Heros Trophonios. Lt. Plutarch, De defectu oraculorum 5, existierte es zu seiner Zeit (1./2. Jh. n. Chr.) noch.  –  Strabone]  Dieser Verweis ist irrig. Zu Lebzeiten des Historikers und Geographen Strabo (geb. 64/63 v. Chr., gest. nach 23 n. Chr.) gab es noch Orakelstätten. Vgl. Strabo, Geogr. 9,3,4–8 (Schilderung der Tempelanlage von Delphi). – Juvenale]  Juvenal beklagt in seiner 6. Satire (V. 553–555), daß die Aktivitäten des Orakels zu Delphi nachgelassen hätten und dadurch die astrologischen Wahrsagereien der Chaldäer größeren Zuspruch fänden. – Celſo]  Gemeint ist der biographisch nicht faßbare Verfasser einer Schrift aus der zweiten Hälfte des 2. Jh.s n. Chr., betitelt Ἀληθὴ λόγος (‚Wahre Lehre‘), mit der das Christentum und das Judentum ad absurdum geführt werden sollten. Sie ist nur in Gestalt zahlreicher Zitate in der Gegenschrift (‚Contra Celsum‘) des Kirchenvaters Origenes überliefert. An der einzigen Stelle, an der Origenes Celsus zum Thema Orakelstätten ausführlicher zitiert (Contra Celsum 8,45), ist von dem Untergang der Orakel nach dem Aufkommen des Christentums nicht die Rede, ebensowenig wie anderswo, soweit ich sehen kann.  –  Porphyrio]  S.o. den Kommentar zu dem ersten Literaturhinweis dieser Fußnote.  –  Ju­ liano]  Der römische Kaiser Iulianus (Regierungszeit 360–363), wegen seiner Abkehr vom Christentum mit dem Beinamen Apostata, soll den Arzt und Quaestor Oribasios beauftragt haben, das Orakel zu Delphi zu befragen (s. hierzu: Gregory, Julian and the last oracle at Delphi [1983]). Mit dem Spruch, den Oribasios zurückgebracht habe, habe das Orakel sein eigenes Ende verkündet. So berichtet es der Kirchenhistoriker Philostorgios (geb. um 368, gest. nach 433) in seiner nur in Fragmenten überlieferten Kirchengeschichte. Die Stelle findet sich in einem Fragment aus Buch VII (Nr. 7,1c nach der Zählung der Ausgabe von Bleckmann/Stein [2015], hier Bd. 1, S. 304; dazu der Kommentar in Bd. 2, S. 340–343). Der angeblich von Oribasios überbrachte Spruch des Orakels, eine schon vor des Philostorgios Kirchengeschichte entstandene christliche Fälschung, lautet in deutscher Übersetzung (zit. nach der Ausgabe von Bleckmann/ Stein, Bd. 1, S. 305): „Sagt dem Kaiser: Zu Boden gestürzt ist die kunstvolle Halle. Phoebus hat nicht mehr seine Kammer noch den prophezeienden Lorbeer noch den schwatzenden Quell; versiegt ist auch das schwatzende Wasser.“

526

Kommentar

zu 135  Der lateinische Satz, freie Wiedergabe von Aulus Gellius, Noctes Atticae 17,1,1, ist sicher einem zeitgenössischen Werk entnommen. Er lautet auf deutsch: „Diejenigen, welche frevelhafte und unsinnige Dinge von den Göttern ersonnen haben, werden lt. Gellius, Buch 17, Kap. 1, menschliche Ungeheuer genannt.“  – Orpheus … geſtoſſen] Der mythische Sänger galt in der Antike auch als Philosoph und Urheber der ihm zugeschriebenen verbreiteten Orphischen Schriften.  – ψευδεπίγραϕα]  ‚unecht‘. – Laert. … Philoſ.] Diogenes Laertius, De vita philosophorum 1,5. – Ælian. 8. … cap. 6.]  Aelianus, Varia historia 8,6.  –  Tullius … Nat. Deor.]  Cicero, De natura deorum 1,107. zu 175  Titel des Werkes des deutschen Historikers und Theologen Georg Horn (1620–1670) und die Fundstelle zu den der Legende nach von Pilatus an Kaiser Tiberius übersandten Akten des Prozesses gegen Jesus: Georgius Hornius, Historia ecclesiastica et politica. Frankfurt: apud Frid. Arnstium et Ioh. Frid. Sorgium 1670, hierin das separat paginierte Kapitel: „Historia ecclesiastica, N. Test. Complectitur III magnas periodos“, hier Periodus 1, Articulus 1, S. 33f.  –  aus Tertulliano]  Tertullian, Apologeticum 24. – Euſebio]  Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica 2,1–3. zu 180  Vor dem hier zitierten Passus (Historiae 5,13,2) spricht Tacitus von Zeichen und Wundern, die den Juden in dem von Titus, dem Sohn Kaiser Vespasians, im Jahre 70 n. Chr. belagerten Jerusalem erschienen seien. Er lautet auf deutsch (in der Übersetzung von Joseph Borst): „Die Mehrzahl [sc. der Bürger Jerusalems] war überzeugt von dem in den alten priesterlichen Aufzeichnungen enthaltenen Wort, daß zu eben dieser Zeit das Morgenland erstarke und daß man von Judäa aus sich der Weltherrschaft bemächtigen werde. Dieser rätselhafte Ausdruck hatte auf Vespasian und Titus hingedeutet.“ zu 197  Auch dieser lateinische Satz (mit Bezugnahme auf Iustinus Martyr, Apologia pro Christianis 1, 21), wurde vermutlich einer zeitgenössischen Publikation entnommen. Er lautet auf deutsch: „Vor Zeiten schon hat Iustinus Martyr in einer dem Kaiser Antoninus gewidmeten Apologie beklagt, daß die Heiden mit der Propagierung der erdichteten Söhne Jupiters die Lehre von der Zeugung des Sohnes Gottes verderbt hätten.“ zu 304 L.s Hinweis auf das Werk des deutschen Historikers Georg Horn (1620–1670) ist korrekt: G. Hornius, Historiae philosophicae libri septem (Leiden 1655), lib. 2, cap. 13, S. 129. zu 373 Sineſer]  ‚Chinesen‘.  – Verweis auf ein weiteres Werk von Georg Horn, mit irriger Seitenangabe (143): G. Hornius, Arca Noae (Leiden, Rotterdam 1666), S. 14. zu 405  Pherecydes]  S.o. zu V. 405.  –  ein Syrer]  Pherecydes stammte von der griechischen Insel Syros, war also kein Syrer in dem von L. hier sicher gemeinten Sinne.  –  Euſeb. … c. 2.]  L.s Angabe ist nicht ganz korrekt. Gemeint ist: Eusebius von Caesarea, Praeparatio evangelica 10,4,14.  –  von Juden … Epiſt. 6.]  L. hat diese Information aus dem am Schluß dieser



Himmel-Schlüssel527

Fußnote zitierten Werk von Georg Horn (Hornius), Historiae philosophicae libri septem (Leiden 1655), S. 181. Horn irrt aber. Der Kirchenvater Ambrosius von Mailand schreibt in dem genannten Brief (an Irenaeus: Migne PL 16, Epistola 28, § 1, Sp. 296) die jüdische Herkunft nicht Pherecydes, sondern dessen Schüler Pythagoras zu.  –  viel]  = ‚viele‘!  –  des Virgilii … ſeyn wrde]  Bezugnahme auf die traditionelle christlich-allegorische Deutung von Vergils 4. Ekloge, die von der Geburt eines Kindes handelt, mit dem das Goldene Zeitalter wieder heraufkommen werde (hier V. 25): „Ipsa tibi blandos fundent cunabula flores. Occidet et serpens, et fallax herba veneni occidet; Assyrium vulgo nascetur amomum.“ „Üppig umblüht deine Wiege dich rings mit lieblichen Blumen. Dann stirbt aus die Schlange, und trügerisch-giftiges Krautwerk stirbt dann aus, und überall wächst assyrischer Balsam.“ (Vergil, Ecl. 4,23–25; Text u. Übers. zit. nach: Vergil, Landleben, ed. Karl Bayer, S. 46 f.)

Amomum, eine wohlriechende Gewürzpflanze aus der Gattung der Ingwerpflanzen, die im Altertum als Duftstoff und zu medizinischen Zwecken verwendet wurde, ist bei L. Sinnbild des jüdisch-christlichen Glaubens an die Unsterblichkeit der Seele. Eine zentrale Quelle für diese allegorische Auslegung des ‚assyrischen Amomum‘ (Assyrien ist als Herkunftsregion nicht wörtlich zu nehmen, sondern nur, ebenso wie das bei L. hinzukommende Ägypten, als Metonymie für ‚Morgenland‘ zu verstehen) ist Augustinus, Epist. 137,12 (Augustinus, Opera III,3: Epistulae CI–CXXXIX, ed. Daur [2009], S. 267). Vgl. Tornau, Zwischen Rhetorik und Philosophie [2006], S. 66–68.  –  Horn. Hiſt. Phil. l. 5. c. 1.]  G. Hornius, Historiae philosophicae libri septem (Leiden 1655), lib. 5, cap. 1, S. 261–263.

2.  Leitung der Vernunfft zu der ewigen Zeugung und Menschwerdung des Sohns Gottes   2 Frau]  ‚Herrin‘.   9 Kein Adler …ſich trauen]  Der Adler stand in dem Ruf, ohne Blinzeln ins Licht der Sonne schauen zu können. 12 Gedancken-Tuch]  ‚Tuch‘ hier offenbar im Sinne von ‚Segel‘. 13 Sonnen-Staub]  Der aus feinsten Partikeln bestehende Staub in der Luft, der sichtbar wird, wenn ein Sonnenstrahl in einen Raum fällt. 14 Anſehns hat]  ‚bedeutet‘ (‚Ansehen‘ hier etwa im Sinne von ‚Relevanz, ‚Bedeutsamkeit‘). 16 fr]  ‚vor‘. – alber Rath]  ‚einfältiger Einfall‘. 19 eiteler]  ‚nichtiger‘.

528

Kommentar

  35 Baumanns]  ‚Baumann‘ hier nicht ‚Ackerbauer‘ (so DWb 1,1189f.), sondern als Singular von ‚Bauleute‘ im Sinne von ‚Zimmerleute‘ oder ‚Maurer‘.   36 Die]  Zu beziehen auf „wir“ in V. 35.   38 zeugt]  ‚zeigt‘.   40 Fr’n Geiſtern]  Nicht eindeutig zu fassen. Sinn vielleicht: ‚vor den von ihm geschaffenen Geisteswesen‘.   42 ſchlechtem]  ‚einfachem‘.   47 neigen]  Hier: ‚abwenden‘.   54 thun fr]  ‚zuvortun‘.   57 wie]  ‚als‘.   68 gehegt]  ‚an sich gehabt‘.   71 ihm]  ‚sich‘.   73 einig]  ‚einzig‘, ‚allein‘.   75 erheben]  ‚erheben‘ hier im Sinne von ‚eintreiben‘, z.  B . ‚einen Zins oder eine Steuer erheben‘ (DWb 3,842,8).   82 ihm]  ‚sich‘. – Schatten]  ‚Abbild‘. – erkieſt]  ‚erkoren‘.   86 inner]  ‚innerhalb‘.   87 darf]  ‚bedarf‘.   89 verblinde]  ‚erblinde‘ (vgl. Him 1, 383).  –  fr]  ‚vor‘.   93 hegt]  ‚birgt in sich‘.   97 Wie der Verſtand … den Willen]  Vgl. DIV III,2 (Z. 36f.). 111–112  Wenn dir …Verſtndns zu]  ‚auch wenn die Engel ihre Geisteskraft auf dich übertrügen‘. 112 liedeſtu]  ‚littest du‘. 116 Sorgfalt]  Hier etwa ‚Sorgsamkeit‘, ‚Bemühung‘. 117 Fr]  ‚vor‘. – die Seraphinen]  S.o. zu Him 1,391. 123 keines]  Genitiv: ‚von keinem‘. 133 eitel]  ‚nichts als‘.  –  Verſtndns]  ‚Verstand‘, ‚Vernunft‘. 139 nichts nicht]  Verstärktes „nichts“. 142 den Menſchen]  ‚für die Menschen‘. 143 Vereinbare]  ‚vereinige‘. 144 Macht]  ‚Fähigkeit‘, ‚Vermögen‘. 146 Gottes Bilde]  Dativ. 164 die Liebe Gott]  ‚Gott als die Liebe selbst‘ (vgl. V. 166). 167 verdringen]  ‚verdrängen‘. 173 einig]  ‚einzig‘, ‚allein‘. 181 eitel]  ‚bares‘, ‚schieres‘. 183 ſein Armuth]  ‚Armut‘ hier als Neutrum. 185 erherben]  Etwa: ‚ihre ganze Bitterkeit entfalten‘. 188 Bedreut]  ‚bedroht‘. – Ach]  Substantiv, wie in ‚Ach und Weh‘. 189 Abfall]  D.h. Abfall von Gott. 193 die Gerechtigkeit Gott]  ‚Gott als die Gerechtigkeit selbst‘. 195 Urthel]  Nebenform von ‚Urteil‘. 197 ſtand es auf dem]  ‚war zu erwarten‘ (DWb 17,1645f.,3a, ε).



Himmel-Schlüssel529

199 mehr]  ‚fortan‘, ‚in Zukunft‘. 203 ihnen]  ‚für sich selbst‘ (‚um ihrer selbst willen‘). 206 kommet !…" allzunah]  ‚tritt zu nahe‘, ‚beleidigt‘. 207 fr lngſt]  ‚vorlängst‘, ‚längst schon‘. 208 Fall]  ‚Sündenfall‘. – vor ſah]  ‚vorhersah‘. 213 Schwerigkeit]  ‚Schwierigkeit‘, ‚Problematik‘. 221 der Gift]  ‚Gift‘ als Femininum. 225 Brunſt]  ‚Liebe‘. 228 wieder baun]  Etwa: ‚wieder richten / in Ordnung bringen‘. 238 vor]  ‚zuvor‘. – zoh]  = ‚zoch‘: ‚zog‘. 241 zurcke bleiben]  ‚ausbleiben‘, ‚unterbleiben‘ (DWb 32,688,3). 243 bekleiben]  ‚Wurzel fassen‘. 251 trgt]  ‚schwanger ist‘.  –  beſchattet]  Hier soviel wie ‚geschwängert‘ (nach Lk 1,35). 258 flgelt dich]  ‚verleiht dir Flügel‘. 259 Mßſtab]  ‚Stab zum Messen‘.  –  hegt]  ‚erfaßt‘. – Eitelkeiten]  ‚nichtige Dinge‘. 264 wieder]  ‚wider‘. – ob viel gleich ſo bewand]  ‚obgleich es bei vielem diese Bewandtnis hat‘. 265 ſeuchter]  = ‚seichter‘: ‚platter‘, ‚oberflächlicher‘. 268 verſpielt]  ‚scheitert‘.

3.  Aus dem Welschen des Claudio Achillini: Nascita di Christo Der Originaltext des Sonetts des italienischen Juristen und Dichters Claudio Achillini (1574–1640) steht in der 1632 in Bologna erschienenen Sammlung seiner Gedichte: Claudio Achillini, Poesie, S. 68; neuere wissenschaftliche Edition: Claudio Achillini, Poesie a cura di Angelo Colombo (1991), S. 62. – Der volle Titel bei Achillini lautet: „Nascita di Christo. Che, perche viene, come Sole di Misericordia, passa dalla Vergine al Tauro, Segno d’Amore, senza toccar la Libra, Segno di Giustizia.“ Die Sonne repräsentiert also die göttliche Barmherzigkeit, das Tierkreiszeichen des Stiers (bei L.: Ochsen) die Liebe, das der Waage die Gerechtigkeit. Daß gerade der Stier Sinnbild der Liebe ist, dürfte sich aus dem antiken Mythos erklären: Zeus nahm aus Liebe zu dem Mädchen Europa die Gestalt eines Stiers an.   2   3   6   7

bßen]  ‚sühnen‘. Sternen]  Metonymie für ‚Himmel‘. fr]  ‚vor‘. – Kßen]  ‚Kissen‘. ihm !…" befließen]  Wörtlich: ‚für ihn beflissen‘; dem Sinn nach etwa: ‚ihm eifrig zugedacht‘.  –  einig]  ‚allein‘.   10 die Sonne]  Jesus Christus.   11 Ochſens]  Der Ochse, der zusammen mit dem Esel bei der Krippe Jesu im

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Kommentar

Stall von Bethlehem steht – fester Bestandteil der christlichen Ikonographie bei der Darstellung des Weihnachtsgeschehens, unter Rückgriff auf Jes 1,3: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennt’s nicht, und mein Volk vernimmt’s nicht.“ 12 er]  Anscheinend Bezug auf „Lauf“ in V. 13.  –  Hellen]  ‚Hölle‘. 13–14  Lß’t … Ochſen ein]  D.h., die Sonne übergeht das Sternbild bzw. Tierkreiszeichen der Waage (23.9.–22.10.), das in ihrem Jahreslauf auf das der Jungfrau (23.8.–22.9.) folgt, und tritt, weitere sechs überspringend, sogleich in das des ‚Ochsen‘ bzw. Stiers (21.4.–21.5.) ein.

4.  Aus eben demselbten. Paßions Blume. intorno al fiore Der Originaltext dieses Sonetts von Achillini steht in der 1632 erschienenen Ausgabe seiner ‚Poesie‘ (s.  o . zu Him 3, Vorbemerkung) auf S. 70; in der Ausgabe von Colombo (1991; s. ebd.), S. 64. Die Überschrift lautet: „Nello stesso soggetto“ (sc. „Passione di Christo“: Bezug auf das bei Achillini vorangehende Gedicht). „Intorno al fiore“ ist das Initium. vor 1 Paßions Blume] Die Passionsblume (botanischer Name: Passiflora) wurde im 16. Jh. aus Südamerika über Italien nach Europa eingeführt. Aus dieser Zeit stammt auch die sich im Namen manifestierende Deutung verschiedener Elemente der Blüte auf das Leiden Christi: als Dornenkrone, Kreuznägel, Wunden Christi.   7 Seeliger]  Nicht ganz klar. ‚selig‘ hier vermutlich im Sinne von ‚gottselig‘, ‚im Einklang mit Gott lebend‘. Vgl. die Seligpreisungen Mt 5,3–11. 10 grnt]  ‚grünen‘ hier im bildlichen Sinne; etwa: ‚Hoffnung spendend hervorsprießen‘. 12 lßet]  ‚überläßt‘. 14 ihr Honig]  ‚Honig‘ hier als Neutrum.

5.  Aus dem Welschen des Marino. die Welt Der Originaltext des Sonetts findet sich im dritten Teil der Gedichtsammlung ‚La Lira‘ des italienischen Dichters Giambattista Marino (1569–1625): Giambattista Marino, La Lira, Parte Terza. Divisa in Amori, Lodi, Lagrime, Devotioni et Caprici. Venezia 1625, S. 162, unter der Überschrift „Contro il mondo“; moderne Ausgabe: Giambattista Marino, La Lira. A cura di Maurizio Slawinski. Vol. 2 (2007), S. 206.   3 Rohr]  ‚Stab‘, ‚Stock‘ (als Stütze).  –  gericht]  ‚gestützt‘.   6 verblndet das Geſicht’]  ‚die Augen blind macht‘.   7 bricht]  Der Sinn ist dunkel. Vielleicht Druckfehler für ‚gricht‘ als synkopiertes ‚gerichtet‘, von ‚gerichten‘ im Sinne von ‚bereiten‘, ‚zurecht machen‘ (vgl. DWb 5,3651,3).



Himmel-Schlüssel531

  8 Die Lea … bey]  So geschah es Jakob, der Laban sieben Jahre diente, um dessen schöne Tochter Rahel zur Frau zu bekommen. Laban betrog ihn aber und schob ihm in der Hochzeitsnacht seine unattraktive älteste Tochter Lea unter (Gen 29,16–26). 11 heuchelt]  ‚schmeichelt‘. 12 untreue]  ‚unzuverlässige‘ (in einem sehr negativen, an ‚bösartig‘ grenzenden Sinn).

6.  Nachtgedancken über einen Traum   3 ſtellſtu … fr]  ‚führst du mir in einer Traumerscheinung vor Augen‘.   8 an erſten Ohrt gerißen]  ‚an den Ausgangspunkt heftig zurückgeführt‘.   9 ich fhle mich]  ‚ich bin mir meines Zustands / meiner Lage bewußt‘ (DWb 4,414,2f). 11 bewuſt]  ‚Wissen‘, ‚Kenntnis‘ (DWb 1,1791; Frühnhd. Wb. 3, Sp. 2297). 13 zume]  ‚zügle‘, ‚bändige‘, ‚zähme‘ (DWb 31,405f.,2). 14 Wo]  ‚falls‘. – Hellen]  ‚Hölle‘.

7.  Auf die heylige Christ-Nacht   2 fr der]  ‚verglichen mit der‘.   5 Jacobs-Stern]  Der Stern, der den Weisen aus dem Morgenland die Geburt Christi ankündigte (Mt 2,2, mit Bezug auf Num 24,17). 14 Hell’]  ‚Hölle‘.

8.  Aus dem Welschen des Marino nella Lira. auf der 186sten Seite. Felice notte, onde à noi nasce il giorno. Der Originaltext des Sonetts mit der von L. zitierten Anfangszeile („Felice notte […]“) findet sich in Marinos schon für Him 5 verwendeter Gedichtsammlung ‚La Lira‘ auf der von L. genannten Seite: Giambattista Marino, La Lira. […]: Amorose, Marittime, Boscherecce, Heroiche, Lugubri, Morali, Sacre e Varie. Parte prima. […]. Novamente dall’ autore repurgate et corrette. Venetia 1621, S. 186 (ohne Überschrift); in der Ausgabe von Slawinski (s.  o . zu Him 5, Vorbemerkung) vol. 1 (2007), S. 213.   2 Fr]  ‚vor‘.   4 fr]  ‚vor‘.   5–6  Eſel !…" Rind]  Ochs und Esel an der Krippe des Jesuskindes (s.  o . zu Him 3,11).   5 fr]  ‚vor‘.   6 froſtig]  ‚frostleidend‘ (DWb 4,258,1).   9 Leime]  ‚Leim‘ = ‚Lehm‘. 10 beides]  Bezug unklar (evtl. Esel und Rind, V. 5f.).

532

Kommentar

12 und Andacht]  Schließt sicher an „Pfeiff’ aus Schilf“ an, nicht an „Schilf“.  –  die Reime]  D.h. die Verse 1–11. 14 Himmel-Brodt]  Manna.

9.  Aus eben demselben; auf der 238. Seite Der Originaltext des Madrigals steht in Teil 2 von Marinos Gedichtsammlung ‚La Lira‘ (L.s Seitenangabe „238“ in der Überschrift ist in der ersten Ziffer irrig): Giambattista Marino, La Lira.[…]. Parte seconda: Madriali e Canzoni. Venetia 1625, S. 138 (Überschrift: „Nel nascimento di Christo. Mad. CXXXVIII“); in der Ausgabe von Slawinski (s.  o . zu Him 5, Vorbemerkung) vol. 1 (2007), S. 401.   7 zwey geringen Thieren]  Ochs und Esel (s.  o . zu Him 3,11).

10. Weynacht-Lied   3   9 11 14 19 32 36

Eh]  ‚eher‘, ‚früher‘. Eſel !…" Rinde]  S.o. zu Him 3,11. kindiſch]  ‚kindliches‘. ſein ſelbſtndig Wort]  D.h. Jesus Christus. Vgl. Joh 1,1.14; I Joh 5,7. ſchlechte]  ‚schlichte‘. Hrd’]  S.o. zu Him 1,265. der Weiſen]  D.h. der drei Weisen (Könige) aus dem Morgenland (s.  o . zu Him 1, 123–125). 38–40  Gold !…" Weyrauch !…" Myrrhen]  Die Geschenke der Weisen (Könige) aus dem Morgenland (Mt 2,11). 41–42  Pflegſtu … zu preiſen]  Vgl. Mt 5,3; 6,20.  –  reich] Prädikativ: ‚als reich‘. 43 Lippen]  Nicht Plural, sondern Akkusativ Singular, wie aus der Singularform „kann“ (V. 46) hervorgeht. 46 Unkaltſinnig]  ‚mit heißem Herzen‘ (im DWb nur mit dieser Stelle belegt). 48 geſungen]  = ‚besungen‘.



Anhang533

Anhang 1.  Rechts-Streit der Schönheit und Freundligkeit Dies ist die als Gelegenheitsdruck Breslau 1657 erschienene Erstfassung eines Hochzeitsgedichts, das in gekürzter und überarbeiteter Form in die ‚Rosen‘ aufgenommen wurde (s.  o . Ros 9) und von dem es Parallelüberlieferungen in mehreren Handschriften und in der Neukirchschen Sammlung gibt. Näheres zur Textgeschichte s. im Editionsbericht, S. 336 u. 342  f. Biographische Informationen zu den Brautleuten sind bereits in der Vorbemerkung zum Kommentar von Ros 9 mitgeteilt worden. Überschr. 19  Weinmonats-Tag]  „Weinmonat“ ist alte Bezeichnung für den Oktober.   2 Keiſer-Blum’]  Eine sehr schlichte, auch Kuhkraut genannte Pflanze der Gattung Saponaria (Seifenkraut) aus der Familie der Nelkengewächse. Vermutlich meint L. eigentlich nicht diese, sondern die prächtige, große glockenförmige Blüten aufweisende Kaiserkrone (Fritillaria imperialis).   7 weich’t]  ‚räumt den Vorrang ein‘.   8 Biſame]  Wertvoller Duftstoff, dasselbe wie Moschus.  – Zibeth]  Dem Moschus ähnlicher Duftstoff, gewonnen aus einem Drüsensekret der Zibetkatze.   9 ſticht !.." weg]  ‚übertrifft‘, ‚stellt in den Schatten‘.  –  fr]  ‚vor‘. 10 Schnekken-Blut]  Purpur, gewonnen aus dem Sekret der Purpurschnecke.  –  fr]  ‚vor‘. 11 fr]  ‚vor‘. 13 di kleine Welt]  Der Mikrokosmos (vgl. Ros 11,47).  –  der groſſen]  Des Makrokosmos (vgl. Ros 11,43).  – Grntze]  ‚Gebiet‘ (s. DWb 9,131f., IIA4c). 14 Knigs-Stab]  ‚Zepter‘. 15 bepalm’te]  Palmzweige waren im Altertum Abzeichen des Sieges. 16 zum Schau-Spiel dargeſtll’t] Eine etwas dunkle Wendung. Wenn man ‚Schauspiel‘ als ‚Sehenswürdigkeit‘ (vgl. DWb 14,2375f.,3) versteht, ist der Sinn vielleicht der: ‚die bloße Zurschaustellung der Schönheit bedeutet schon ihren Sieg‘. 17 Knig’s Purper]  Die Verwendung von Purpurgewändern war im Altertum hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten.  – Rthe]  Hier wohl im Sinne von frischer, roter Gesichtsfarbe (vgl. DWb 14,1303,1bα). – meiner Hirten]  D.h. der Anführer meiner Gefolgschaft. 18 Mirten]  Die Myrte gilt gewöhnlich als der Venus heilige Pflanze. 19 Fr]  ‚vor‘, hier etwa im Sinne von ‚konfrontiert mit‘ (vgl. V. 22).  –  das Glaß … ſchneiden]  Subjekt ist „Demant“ (Diamant). 20 Den Diamant … Blutt]  Den Aberglauben, daß sich der Diamant nur durch Blut, und zwar das eines Ziegenbockes, auflösen lasse, kolportiert

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Kommentar

Plinius, Nat. hist. 37,59; hiernach bei Isidor von Sevilla, Etymol. 12,1,14; 16,13,2. leiden]  ‚aushalten‘. Fr]  S.o. zu V. 19. fr] ‚vor‘. Sternend]  ‚wie ein Stern leuchtendes‘. das Geſicht]  ‚das Sehvermögen‘. ‚die Sehkraft‘ (DWb 5,4087f.,I,1b). gleich]  Partikel, die den konzessiven Sinn des Nebensatzes anzeigt. verſtll’n]  ‚verwandeln‘. fr]  ‚vor‘. Scharlach]  Sehr kostbarer Stoff, rot gefärbt, in der Farbgebung etwas ins Gelbe spielend und insofern vom Purpur unterschieden.  –  Ritze]  ‚Risse‘. darff]  ‚bedarf‘, ‚braucht‘. Nichts nicht]  Verstärktes ‚nichts‘, also keine doppelte Verneinung. geſtll’t]  ‚aufgestellt‘, ‚vorgestellt‘. geht wol hin]  ‚ist passabel‘, ‚kann sich sehen lassen‘.  –  wo]  ‚falls‘. Jrr-Saal]  Räumlichkeit, in der die Gedanken umherirren bzw. -schweifen. verſchlinget ſich]  Heute ausgestorbenes, von ‚Schlinge‘ abgeleitetes Verb: ‚verfängt / verheddert sich‘.  –  umb-garn’ten]  ‚mit Netzen eingehegten‘; vgl. S I 17. Kein … bewuſt]  Will sagen: Die Seele kennt kein Verfahren, sich aus der sie fesselnden Umschlingung zu befreien. ent-ſinnet]  ‚der Sinne beraubt‘; heute ausgestorbene Bedeutungsvariante von ‚entsinnen‘ (DWb 3,625,1). Blum-Werk]  ‚Blumenfülle / -pracht‘; vgl. Ros 3,38. Luſt-Haus]  Haus (Villa) auf einem Landgut oder in einem Garten, in dem man sich zum Freizeitvergnügen aufhält (s. DWb 12,1338,1), also nicht etwa ‚Freudenhaus‘. Netz’]  ‚Netze‘ ist im Frühneuhochdeutschen Nebenform von ‚Netz‘.  –  berkk’t]  Etwa: ‚hineingelockt‘ (vgl. DWb 1,1529f.,1/2). geronnen]  Von ‚rinnen‘: ‚geflossen‘. Vgl. V. 207 Deß Eiſens Un-arth]  Vgl. zu dieser auf den ersten Blick sehr dunklen Wendung DWb 24,179,II, wo vermutet wird, daß hier eigentlich ‚Anart‘ (vgl. DWb 1,290) zu lesen wäre, das ‚Natur‘ bzw. ‚eigentliche Beschaffenheit‘ bedeute. NB: Die Stelle wird in DWb 24 irrig Hoffmannswaldau zugeschrieben, unter Berufung auf die Neukirchsche Sammlung. Sonnen-Wnde]  Sonnenwende, Heliotrop, eine Pflanze, die ihre Blätter nach dem wechselnden Stand der Sonne ausrichtet. Vgl. Ros 6.1,89; 15,28; 17,165; Ros 19,105–107. Das Flammen-Kwll]  ‚Quell‘ wurde im 17. Jh. in Schlesien auch als Neutrum verwendet. Vgl. Ros 14,24. Stein]  ‚Magnetstein‘ (DWb s.  v. ‚Stein‘, 18,1975f.,IIA10). gegen der] Etwa: ‚der gegenüber‘.  – viel tauſend Geiſter] Meint die Sterne.



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das Feuer-Kwll]  S.o. zu V. 64. Mahl-Werck]  ‚Malerei‘, ‚Gemälde‘. zeugen]  Doppeldeutig: ‚zeigen‘ oder ‚bezeugen‘. Augen-Kertzen]  ‚Augenlicht‘ bzw. ‚Augen‘. Wo]  ‚falls‘, ‚wofern‘. ihm]  ‚sich‘. Tulipan]  ‚Tulpe‘. Kupido]  Dasselbe wie Amor: der Sohn der Venus aus ihrer Liebschaft mit Mars.   90 Rnn-Platz]  Etwa: ‚Turnierplatz‘.  –  Wall-Stadt]  ‚Walstatt‘, ‚Schlachtfeld‘.   91 erzogen]  ‚aufgezogen‘.   92 Reiß]  ‚Setzling‘.   94 Saltz]  Hier soviel wie ‚Würze‘, ‚eigtl. Gehalt‘.  –  Seene]  Bogensehne. 100 den Gipfel-Zwekk’]  ‚das höchste Ziel‘ (der Sinn des Apostrophs bei „Zwekk’“ ist nicht ersichtlich). 101 Hold]  ‚Huld‘. – verſigen]  ‚vertrocknet‘; ‚versiegen‘ hier noch als starkes Verb (DWb 25,1321f.). 102 Wo]  ‚falls‘. – Bthe]  ‚Beet‘. 106 thrne]  Von ‚thronen‘: ‚thronartig aufstellen‘; im DWb 21,431,2, nur mit dieser Stelle bei L. belegt. 107 ſchlechten]  ‚schlichten‘, ‚weniger schönen‘. 108 ſpiel’n]  ‚spielen‘ hier im Sinne von ‚glänzen‘, ‚leuchten‘ oder ‚strahlen‘; vgl. die Belege in DWb 16,2333f., besonders den folgenden Vierzeiler von Logau (Sinngedichte II,1,20): „Fürstin, Eure Himmels-Gaben, Die Ihr habt, wie Euch sie haben, Sind verfast und spielen weit Durch das Gold der Frömigkeit.“ (F. v. Logau, Sämmtliche Sinngedichte, hrsg. von G. Eitner, S. 229).

Vgl. C 2 II 479, III 559; IS III 109; S Widm. 61, 64.  –  kranken]  ‚krank‘ meint hier vermutlich ‚blaß‘ bzw. ‚von ungesunder Farbe‘. 110 Darff]  ‚bedarf‘, ‚braucht‘. 114 auch mit ihrer Un-hold]  Sinn: ‚auch wenn die Freundlichkeit keine Huld erweist bzw. sich sperrt‘. 119 Himmel-Brodt]  ‚Manna‘. 121 Un-hold]  Ausruf: ‚böser Geist‘ oder ‚Hexe“ (DWb 24,1068f.,II,1/2). 125 darff]  ‚muß‘, ‚sollte‘. 126 Hold]  ‚Huld‘. 127 Tulipanen]  ‚Tulpen‘. 128 noch !…" noch]  ‚weder … noch‘. 129 Geh’t !…" fr]  ‚geht vor‘, ‚hat Vorrang‘.  –  der Sirenen Lied]  Die Sirenen waren Ungeheuer in weiblicher Gestalt (Mischwesen aus Frauen und Vögeln), die am Ufer einer Insel saßen und vorbeikommende Seefahrer mit

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Kommentar

ihren unwiderstehlich bezaubernden Gesängen anlockten, um sie zu töten und zu verspeisen.  –  der Schwanen]  D.h. der Dichter, weil der Schwan dem Apollo heilig war und wegen der bekannten Sage, daß der Schwan, wenn er sterbe, einen Gesang anstimme. Vgl. Hya 5,116; 18,233.237. 130 deine Feder]  Korrespondiert mit „Geſang der Schwanen“ in V. 129 wie „meine Zunge“ mit dem Lied der Sirenen. Da „Feder“ hier zweifellos das Schreibgerät meint, wird die „Schönheit“ hier offenbar mit der Dichtkunst assoziiert. – rhr’n]  Hier absolut gebraucht: ‚Empfindungen wecken‘. 131–132  Der Seele … Helffen-Beine]  Der Sinn dieses Verspaars (vgl. Ros 9,151– 152) im inhaltlichen Kontext dieser Strophe ist nicht einsichtig. Vermutlich steht es hier infolge eines Setzerversehens anstelle eines ganz anderen. 132 Helffen-Beine]  Hier als Bild für die makellose Reinheit der Haut einer jugendlichen Schönheit. 144 ſchreiben]  ‚herschreiben‘, ‚herleiten‘. 145 der Perlen-Mund]  Die Perlen stehen für die Weiße der Zähne.  –  Nelk­ ken]  Sie stehen für die Röte der Lipen. Vgl. Ros 8,77. 146 Der Bchcher aus Rubin]  D.h. der rote Mund. Vgl. V. 152. 147 Palmen]  Palmenzweige als Sinnbild des Sieges. 149 Kupido]  S.o. zu V. 89. 150 fllen]  ‚stürzen lassen‘ (DWb 3,1286,12). Vgl. V. 196 u. Ros 16,94. 152 Zinober-Mund]  Zinnober ist eine aus Quecksilber und Schwefel hergestellte hochrote Farbe. 157 Schnee-Gebirg’ten]  ‚ein Schneegebirge darstellenden‘; vgl. Ros 8,66; 11,54. 158 Glutt mit vollen Flammen]  Vgl. Ros 8,79; A III 243. 159 Blutt-Gerſte]  ‚Schafott‘. 161 ihr Gold-Geſchoos]  Amors Köcher enthielt sowohl goldene als auch bleierne Pfeile. Die goldenen bewirkten Liebe, die bleiernen eine unglückliche oder auch Haß. Vgl. Ros 10,39–40; 14,12.101; 17,82. 163 Wo]  ‚falls‘. – auff-fachchen]  ‚anfachen‘; vgl. IB 1,434. 164 vor]  ‚vorher‘. 166 gleich]  S.o. zu V. 29. 168 Floor]  ‚Flor‘ hier: Stoff aus dünnem Gewebe.  –  di Schwulſt]  Im wörtlichen Sinn: ‚Schwellung‘; hier im übertragenen Sinn, ähnlich wie IB II 161, etwa: ‚aufbrandende Erregung‘. 171 Trck’s]  Türkis. 174 inner der … empfangen]  Anspielung auf die aus dem antiken Mythos bekannte, allerdings nur an einer einzigen Stelle (Plautus, Rudens 704) belegte Vorstellung, daß Venus aus einer Muschel geboren worden sei. Vgl. Ros 13,50; Gedicht Nr. 2 des Anhangs, V. 19f. 175 Schnkke]  Hier gleichbedeutend mit ‚Muschel‘. 177 Thau-Glaß]  D.h. glasklaren Tau. 178 ihr]  ‚sich‘. 185 beſmen]  Hier wohl: ‚bepflanzen‘ – so legt es jedenfalls der Inhalt von V. 186 nahe.



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zwinkkern]  ‚Blinken‘. anfnglich]  ‚zuerst‘, ‚ursprünglich‘. Nimfen]  Hier nur soviel wie ‚junge Mädchen‘. Vgl. V. 262. fll’t]  ‚stürzen laßt‘ (s.  o . zu V. 150). der Buhler Hertzens-Sigel]  Hier etwa: ‚Gewährleistung dafür, daß ihr das Herz eurer Liebhaber an euch gefesselt habt‘. 207 geronnen]  Von ‚rinnen‘: ‚geflossen‘. Vgl. V. 61. 210 ſeine Kunſt]  D.h. seine ärztliche Profession. 212 ihren Mann gewhr’t]  Hier wohl: ‚ihren Mann steht‘. 213 di Pallas]  Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, aber auch des Krieges (vgl. „Harniſch“ V. 214).  –  zu dmpffen]  ‚zu besiegen‘. 216 ſeiner]  D.h. des Bräutigams.  –  Band]  ‚Fessel‘. 217 Verlibter]  Der Bräutigam.  –  Higens]  Gemeint ist Hygieia, die Göttin der Gesundheit. 218 Morbonen]  Dativ von ‚Morbona‘, anscheinend erst in der Frühen Neuzeit aufgekommene Bezeichnung für die Göttin oder Personifikation der Krankheit (lat. ‚morbus‘). Vgl. Zedler 21 (1739), Sp. 1561. 219 Horn]  Jagdhorn. – Dianen]  Diana, die jungfräuliche Göttin der Jagd. 220 Ziprien]  Dativ von ‚Zipria‘ = ‚Cypria‘, Beiname der Venus bzw. Aphrodite, weil Zypern das Zentrum des Aphroditekults war. 223 Krankheits-Sigen]  ‚Siegen über die Krankheit‘. 225 Feber]  ‚Fieber‘. 230 bekleib’t]  ‚wurzelt‘, ‚Wurzel faßt‘. 233 bittet]  ‚bietet‘. 236 Schau-glaß]  ‚Fernglas‘ (s.  o . zu Hya 5,177). 237 deß Geblttes] ‚der Gemütslage‘, ‚der Gesinnung / Einstellung‘ u. dgl. (vgl. DWb 4,1796,2e). 241 das Hfft … habe]  Redensartlich im heute noch bekannten Sinne: ‚das Heft in der Hand haben‘ = ‚eine Sache in seiner Gewalt haben‘ (‚Heft‘ ist der Griff einer Waffe). 242 Frigien]  Phrygien, wo der junge trojanische Prinz Paris als Hirte tätig war und wo sich das in den folgenden beiden Versen angesprochene Parisurteil abspielte. – errnn’t]  ‚erlaufen (im Sinne von erlangt) hat‘; vgl. Lohenstein, Arminius, Tl. 1 (1689), S. 1192 a : „[…] und ich habe noch niemanden einen Siegs-Krantz errennen geſehen; der auff dem Haupte einen RoſenKrantz […] getragen.“ 243–244  Weil Pariß … zuerknn’t]  Paris, zweiter Sohn des trojanischen Königs Priamus und dessen Gattin Hekuba, war als kleines Kind auf Anraten eines Sehers auf dem phrygischen Berg Ida ausgesetzt worden, weil seiner Mutter, als sie schwanger war, geträumt hatte, sie würde eine Fackel gebären. Der Traum wurde als Vorzeichen dafür gewertet, daß das Kind, das geboren werden sollte, der Stadt Troja den Untergang bringen würde. Der Hirte, der von König Priamus beauftragt war, den neugeborenen Paris zu töten, setzte das Kind auf dem Berg Ida aus; als er es nach fünf Tagen 188 192 193 196 198

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immer noch lebend vorfand (eine Bärin hatte es inzwischen gesäugt), nahm er es mit nach Hause und zog es als seinen Sohn auf. Als Paris zu einem ansehnlichen jungen Mann herangewachsen war, erschienen vor ihm die drei Göttinnen Juno, Pallas Athene und Venus in Begleitung Merkurs und forderten ihn auf, zu entscheiden, welche von ihnen die schönste sei. Zuvor hatte nämlich Eris, die Göttin der Zwietracht, unter die drei Göttinnen einen goldenen Apfel mit der Inschrift ‚Für die Schönste‘ geworfen. Da sie sich untereinander nicht einig geworden waren, welcher von ihnen der Apfel gebühre, hatte Jupiter ihnen befohlen, sich, von Merkur assistiert, dem Urteil des Paris, des schönsten Mannes der Welt, zu stellen. Jede der drei Göttinnen machte Paris Versprechungen, um ihn für sich einzunehmen. Juno versprach ihm Macht und Herrschaft, Athene ewig andauerndes Kriegsglück, Venus die Liebe der schönsten Frau der Welt (d.  h . Helenas, der Gattin des Menelaus, Königs von Sparta). Paris entschied sich für Venus. – ſchon mit … Knigs-Stabe]  Nicht auf Paris zu beziehen, der damals ja noch ein schlichter Hirte war, sondern auf „Schönheit zuerkänn’t“. D.h., mit dem goldenen Apfel erhielt die Schönheit in Gestalt der Venus zugleich Attribute umfassender Macht.  –  Knigs-Stabe]  ‚Zepter‘. 246 ſtllen]  ‚begeben‘. 247 Krantz auß Lorbern]  Als Signum des Sieges wie bei römischen Feldherren im Triumphzug. 248 fr lngſt] ‚vorlängst‘, ‚dereinst‘.  – Anton … beſchnkt’] Anspielung auf die Liebesbeziehung des römischen Politikers und Feldherrn Marcus Antonius (82–30 v. Chr.), als Triumvir zunächst Verbündeten, dann Gegners Octavians (des späteren Augustus), zu der ägyptischen Königin Kleopatra. – Mohrin]  Abfällige Bezeichnung Kleopatras im Hinblick auf ihre afrikanische Heimat. Daß Marcus Antonius gerade einer Frau, die als „Mohrin“ nach den Vorstellungen des 17. Jh.s keinen Anspruch auf Schönheit erheben konnte, seine Liebe schenkte, kann die ‚Freundlichkeit‘ natürlich als einen Sieg ihrer Sache deuten.  –  Hold]  ‚Huld‘. 249 Oktaviens]  Marcus Antonius war, als er die Liebesbeziehung mit Kleopatra begann, mit Octavia, der Schwester Octavians, des späteren Augustus, verheiratet. 252 krigen]  ‚kämpfen‘. 255 ſchwere]  ‚schwöre‘. 258 ihr]  ‚sich‘. 259 Der Richter bleib’ erkieſt]  ‚Es bleibe bei der Auswahl des Richters‘ (nach dem Vorschlag der Schönheit in V. 253f.). 260 heinte]  ‚heute‘. – un-entfallen] ‚nicht untreu‘, ‚fest verbunden‘. 262 der Nimfen]  Hier: der bei der Hochzeitsfeier anwesenden jungen Damen. Vgl. V. 193.



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2. Ehren-Gedichte auf die Hochzeit von Christian Vincens und Catharina Täbisch Dies ist die handschriftlich überlieferte Erstfassung des Hochzeitsgedichts, das in überarbeiteter Form unter der Überschrift ‚Reine Liebe‘ in die ‚Rosen‘ (s.  o . Ros 17) aufgenommen wurde (Näheres zur Überlieferung s. im Editionsbericht, S. 336  f.). Biographische Informationen zu den Brautleuten sind bereits in der Vorbemerkung zum Kommentar von Ros 17 (S. 421) mitgeteilt worden. Überschr. 11 Mahlen]  Offenbar zweiter Bestandteil des Adelsnamens (‚Täbisch und Mahlen‘).  –  GroßMohnau]  Landgemeinde in Niederschlesien, früher zum Landkreis Schweidnitz gehörig. Überschr. 16  begngliche]  Der einzige Beleg für dieses Adjektiv findet sich im Frühnhd. Wb. 3,537, in der Bedeutung ‚auskömmlich, hinreichend‘. Die Bedeutung ist hier aber eine andere, etwa ‚zu begehend‘.   1 Kieſel und !…" Stahl]  Hier zu verstehen als Feuerzeug: ein Stück Stahl, mit dem man an einen Feuerstein (hier: „Kieſel“) schlug, um einen Funken zu erzeugen, mit dem sich leicht entflammbares Material anzünden ließ (DWb 17,551f.,II,3f).   3 Blitz und Strahl]  Wohl im Sinne von ‚blinkendem Glanz‘.   4 Thetis]  Eine Meergöttin. Da diese mit Venus nichts zu tun hat, steht sie hier nur für das Meer selbst, aus dem Venus geboren wurde.   6 mißbrauchtes]  ‚übel angewandtes‘ (vgl. V. 75). 10 Anmuth]  Hier offenbar in der alten Grundbedeutung ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘. – Vulcanus Netze]  S.o. zu Ros 11,75. 12 Liebens Ambra]  Ambra war damals ein wertvoller Duftstoff, gewonnen aus dem Darm von Pottwalen 13 Zipern ohn Altar]  D.h., es gab auf Zypern, dem Zentrum des Aphroditebzw. Venuskultes, noch keinen dieser Göttin geweihten Tempel. 20 die Perle dieſer Welt]  Aphrodite bzw. Venus.  –  Muſchel-Schnecke]  Hier soviel wie Muschelschale (vgl. V. 26). Zu der Vorstellung, daß Venus aus einer Muschel geboren wurde, s.  o . zu Anhang 1,174. 21 das Flammen-Kwell] ‚Quell‘ wurde in Schlesien auch als Neutrum gebraucht (vgl. V. 68). 22 vor]  ‚zuvor‘. – Stcke]  ‚Stock‘ hier: ‚Pflanzenstock‘ (vgl. IS V 855). 23 das blaue Saltz]  ‚Salz‘ wie schon bei antiken Autoren Umschreibung für ‚Meer‘; in der Verbindung mit ‚blau‘ auch bei Opitz und Logau (Belege in DWb 14,1707,2b). Vgl. A III 518; C I 28. 24 Ziprien]  Von lat. Cypris, Beiname der Venus nach der Insel Zypern, wo sich in der Stadt Paphos ihr ältester und berühmtester Tempel befand. – Brunſt]  ‚heiße Liebe‘. 26 Schalen]  ‚Muschelschale‘ (vgl. V. 20). 29 vor]  ‚zuvor‘. 33 Herzens-Gerten]  „Gerten“ = ‚Gärten‘.

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Kommentar

34 Cupido]  Dasselbe wie Amor, der kleine Liebesgott. 37 Anmuths-Roſen]  ‚Anmut‘ hier wieder im alten Sinne von ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘. 38 vor]  ‚zuvor‘. 39 Biſam]  Bisam (= Moschus) hier stellvertretend für Wohlgeruch schlechthin. 44 Keuſchheitts-Raute]  Die Raute (Ruta, Gewürz- u. Arzneipflanze) hier als Totenkraut bzw. solches „von düsterer, trauriger Bedeutung“ (HWDA 7, Sp. 547). 47 Schleen]  Schlehen (Beeren des Schwarzdorns) hier als Inbegriff des Sauren. 51 Tulipan]  ‚Tulpe‘. 52 Schmirgeln]  ‚Schmirgel‘ bzw. ‚Schmergel‘ ist alter Name für das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), eine Pflanze mit sternförmigen goldgelben Blüten.  –  Bth’]  ‚Beet‘. 53 ſtſt]  ‚hervorschießt‘ (vgl. DWb 19,537,11). 57 eine Zucker-Bach]  ‚Bach‘ hier als Femininum. 58 Honig-Rhr]  ‚Röhr‘ = ‚Rohr‘.  –  geronnen]  Von ‚rinnen‘: ‚geflossen‘. 60 Grnzen]  ‚Grenzen‘ hier im Sinne von ‚Gebiet‘ (s. DWb 9,130f., II4b). 68 das Zucker-Kwell] Zum Genus vgl. V. 21.  – verſieg]  ‚versiegen‘ hier noch als starkes Verb (DWb 25,1321f.). 69 Wermuth-Kraut]  Als Inbegriff alles Bitteren. 74 ihre Bltter]  Unklar; die der Rose (V. 70)? 76 Wolffs-Milch]  Euphorbia, Pflanzengattung aus der Familie der Wolfsmilchgewächse, so benannt, weil aus ihren Stengeln, wenn sie eingeritzt werden, ein milchiger Saft fließt, der stark ätzend sein und Entzündungen hervorrufen kann. Hier offenbar Inbegriff eines schädlichen Unkrauts. Vgl. Ros 14,42. 78 wilden Wachs]  ‚Wildwuchs‘ („Wachs“ hier ‚Wachstum‘ oder ‚Gewachsenes‘). 82 Zipripor]  = Cypripor (s.  o . zu Ros 8,118).  –  Gold … Bley]  S.o. zu Ros 9,185. 84 von unſer Seene]  D.h. von der Sehne von Amors Bogen (vgl. V. 180). 85–86  der Mond’ … Thau-horn]  S.o. zu Ros 2,25. 86 Dionens]  Dione ist anderer Name für Venus. 87 der Andacht]  Genitivattribut zu „Weyrauch“. 89 Shn-Altar]  ‚Sühnaltar‘; s.  o . zu Ros 9,128. 91 Frau]  ‚Herrin‘. 92 Paphos]  S.  o . zu Ros 14,9. 94 Myrthen]  Der Venus heilige Pflanze (vgl. V. 122). 95 der Tauben]  Die Taube war der Venus heilig. 96 fr]  ‚vor‘. 97 albereit]  ‚bereits‘. 98 ſey !…" ſchlßig worden]  ‚habe beschlossen‘. 99 ihr]  ‚sich‘.



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105 Lieb’ und Glutt]  Hendiadyoin: ‚die Glut der Liebe‘. 107 Als]  ‚wie‘. 110 das … Napell]  Napellus oder Napellenkraut bzw. Eisenhut (Aconitum), eine giftige Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse. S. dazu Zedler 8, Sp. 627–630 s.  v. ‚Eisen-Hütlein‘. Vgl. IS I 185; V 852; C III 20; E IV 358; S III 455. 111 ihr]  Zu beziehen auf „böſer Luſt“ (V. 109). 114 zeitlich]  ‚beizeiten‘, ‚frühzeitig‘. 116 ſich !…" hecken]  ‚sich vermehren‘ (DWb 10,745f.,2a). 118 langſam]  ‚erst spät‘.  –  pfropft]  ‚pfropfen‘ hier in der Grundbedeutung: ‚Einfügen eines Pfropfreises in einen fremden Stamm zum Zwecke der Veredelung‘. – bleib’ … ſtecken]  ‚schlage nicht aus‘. 120 kam] ‚kaum‘.  – kumt]  ‚keimt‘. 122 Venus Mirthen]  Die der Venus heilige Pflanze hier, wie auch heute noch, als Schmuck des Bräutigams.  –  ihm]  ‚sich‘. 123 hrnricht Schmach-Altar]  D.h., wer sich erst in vorgerücktem Alter zur Heirat entschließt, sieht dem Schicksal eines ‚gehörnten‘ Ehemanns entgegen. 126 Verkehrt]  ‚verwandelt‘. 127 weil]  ‚solange‘. 134 Blum werck]  ‚Blumenwerk‘, hier etwa: ‚Blumenbeet oder -wiese‘. 136 Wolluſt-Lilgen]  Die Lilie als Inbegriff von makellosem Weiß. 137 Nelcken]  Als Inbegriff der Röte. 138 aufgehn]  Hier im Sinne von ‚sich zeigen / offenbaren‘ (vgl. DWb 1,655,8). 141 weil]  ‚während‘. 142 fort fr fort]  ‚immerfort‘. 145 vertrauſter Freind]  Christian Vincens.  –  Schluß]  ‚Entschluß‘. 149 Er … Furcht]  ‚Er braucht nicht die geringste Furcht zu haben.‘  –  fr]  ‚vor‘. 150 Hochzeit-Fackeln]  Wie sie im Altertum bei Hochzeiten im Gebrauch waren. 153 die Wechſelung]  ‚die Veränderung (der Lebensumstände)‘. 160 Ampel-Glaß]  Doppeldeutig: entweder Zylinder einer Lampe oder die (gläserne) Lampe selbst (vgl. DWb 12,89 s.  v. ‚Lampenglas‘). 162 Weinſtock … flicht]  S.o. zu Ros 15,16. 165 Sonnen-wende]  S.o. zu Ros 5.1,74. 167 billich]  ‚mit gutem Recht‘. 175–176  durch das Thor … dringet]  S.o. zu Ros 6.2,49–50. 178 Wallstatt]  ‚Schlachtfeld‘. 192 fr]  ‚vor‘. 193 der Hofnung Rauten-ſtrauch]  Im Unterschied zu V. 44 ist die Raute hier positiv konnotiert, vermutlich weil sie auch als Heil- und Schutzpflanze gegen das Gift von Schlangen und Kröten galt (s. DWb 14,319). 197 ſtimme bey]  ‚übereinstimme mit‘.

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Kommentar

3.  Trauer- und Trost-Gedancken zum Tode von Anna Assig Dies ist die in einem Gelegenheitsdruck (Breslau 1658) erschienene Erstfassung des Trauergedichts auf Anna Assig (s. Editionsbericht, S. 339), das in überarbeiteter Form in die ‚Hyacinthen‘ aufgenommen wurde (s.  o . Hya 6). Biographische Informationen zu der Verstorbenen sind bereits in der Vorbemerkung zum Kommentar von Hya 6 mitgeteilt worden.   1 Ab-gott]  ‚Götze‘.   3 di Sternen kaul] Das frühnhd. ‚Kaule‘ bedeutet hier zweifellos ‚Kugel‘ (vgl. DWb 11,349f.), ‚Sternenkugel‘ also soviel wie ‚Himmelsglobus‘ im Sinne des gesamten Himmelszelts.  –  zu ſeinen Schrancken ſtll’t]  ‚als die Grenze seiner Welt betrachtet‘.   4 Fr welchem … ſtreichen] D.h. für welches die Zeit ohne Bedeutung ist. – Fr]  ‚vor‘. – ſeine]  Sicher Lapsus für ‚ihre‘.   5 zndet … Weirauch an]  Nämlich im Rahmen der kirchlichen Trauerfeier.   6 derer Wachs]  Das Wachs, mit dem Fackeln bestrichen wurden.   7 dem Schatten] ‚Schatten‘ hier wohl als Inbegriff des Scheinhaften und Nichtigen.   8 jhm]  ‚sich‘.   9 der Geiſt … Welt]  Apposition zu „Di Libe“. 11 di Natur]  Akkusativobjekt. 13 ſtertz’t !…" ab]  ‚abwandert‘, ‚sich entfernt von‘: ‚absterzen‘ ist Kompositum von ‚sterzen‘ = ‚umherschweifen‘, nicht etwa von ‚stürzen‘! Vgl. Frünhd. Wb. 1,413. 14 Gunſt]  ‚Zuneigung‘. 16 fr ſeine helfft] ‚für die (nun entseelte) Hälfte seines Leibes‘ – sofern Eheleute nach christlichem Verständnis (Mt 19,5) „ein Fleisch“ sind (vgl. V. 37). 18 verlodert]  ‚herunterbrennt‘. 19 lg’t]  ‚legt‘. – Hals und Helffenbein]  Hendiadyoin: ‚den elfenbeinernen (d.  h . makellos weißen) Hals‘. 20 Scharlach]  Steht für Röte. 21 Molche]  Bei L. gewöhnlich Salamander, hier aber wohl Eidechsen. 22 Himmel-Brodt]  Manna. 23 Di Schooß]  ‚Schoß‘ ist in frühnhd. Zeit, insbesondere in Schlesien, oft Femininum. – vergiffter]  ‚giftiger‘; vgl. DWb 25,438 f.,1d. 24 der Ergtzligkeit … weiſet]  ‚der (sexuellen) Lust vor Augen führt, wie wenig Bestand das Spiel hat, das sie treibt‘ (vgl. V. 26). 25 heg’t]  ‚in sich birgt‘. 27 weit auß Staub’ … trgt]  ‚seinen Sinn von Erdenstaub und -unrat weit entfernt hält und ihn auf die Tugend richtet‘. 29 Schnee]  Hier als Sinnbild der Reinheit.  –  reine Brunſt]  ‚reines Feuer‘.



Anhang543

30 bldes]  ‚scheues‘; vgl. DWb 2,139,6. 31 Umbnebelt … Vergeſſungs-Dunſt]  ‚in Nebel gehüllt von den Dünsten des Traums und des Vergessenwerdens‘: nämlich all das, was in V. 29 f. aufgezählt wird. Schwierig ist die Deutung von „Traum“. Vermutlich ist gemeint, daß das Erscheinungsbild der verstorbenen Ehefrau mit der Zeit zu einer wesenlosen Phantasmagorie wird. 34 Seuffzer-Sud]  ‚Südwind der Seufzer‘. 35 blaſſe]  ‚bleiche‘. – ſchlg’t !…" auß]  ‚lehnt ab‘. 38 Jhm]  ‚sich‘. 39 Den Reben]  Dativ Pl. 40 di Mutter-Weiſen]  Die durch den Tod der Mutter zu Halbwaisen gewordenen Kinder. Das Wort ist im DWb nicht nachgewiesen. 42 mit Regen-Bogen frben]  Anspielung auf den Regenbogen als Zeichen für den das Ende der Sintflut besiegelnden Bund Gottes mit den Menschen (Gen 9,12–16). 43 Wider-kunfft]  ‚Rückkehr‘. 45 krfftige]  ‚standfeste‘, ‚nicht zu erschütternde‘. 47 auß Jhr]  ‚aus der See‘ (V. 45).  –  auff !…" geh]  ‚aufgehe‘, ‚hervorsprieße‘. 49 Vor-auß]  ‚zuvor‘. – fall’n bei]  ‚bewußt werden‘; vgl. DWb 1,1369 f.,3. 50 wirfft]  Höchstwahrscheinlich Druckfehler für ‚wind‘. Die überarbeitete Fassung (Hya 6) hat „Nord“ (‚Nordwind‘).  –  diſen Winter]  Anna Assig starb Ende Januar oder Anfang Februar 1658. 51 Vordrab]  ‚Vorhut‘. – Poſt]  ‚Botschaft‘. 52/53 Da]  ‚wo‘. 54 bitt’ren Aloe] Der aus getrockneten Aloe-Blättern aufgebrühte Tee, der von alters her als Abführmittel verwendet wurde, hat einen extrem bitteren Geschmack. – Zukker-knoſpen]  Im DWb 32,306 nur mit dieser Stelle bei L. nachgewiesen.  –  lſen]  ‚ablesen‘, ‚abpflücken‘. 55 abmeih’t]  ‚abmäht‘. 57 Jhr Augen-Licht]  Hier: ‚das helle Strahlen ihrer Augen‘. 59 Mund-Korallen]  Die Koralle als Inbegriff der Röte. Vgl. A II 167; C I 580, III 356; S II 428. 63 befleckten]  D.h. von zeitlichen Sünden verunreinigten.  –  verklr’t]  D.h., verleiht ihm unvergängliche, überirdische Schönheit. 64 die Hlſen]  Die dem Verfall anheimgegebene Hülle des Leibes. 66 blden]  ‚schwachen‘. 69 dreier Ellen Raum]  Ca.  2 m.  –  di Hand-voll Sand]  Umschreibung für die kärglichen Überreste, die nach dem Zerfall des Leibes verbleiben. 73 ber diß]  ‚darüber hinaus‘. 74 Jn dem !…" Paar der !…" Kinder]  In ihrer Tochter Anna und ihrem Sohn Hans: s.  o ., S. 458  f., die biographische Vorbemerkung zu Hya 4. 76 gutte Nacht !…" geben]  ‚Gute Nacht sagen‘. 80 eine Spanne … zuſtzen]  Ähnlich C V 310.  –  eine Spanne Ruhm]  ‚auch nur kurz andauernde ruhmvolle Lebenszeit‘.

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Kommentar

81 zeitlich]  ‚frühzeitig‘, ‚vor der Zeit‘ (vgl. V. 94).  –  di Welt geſegnen]  ‚der Welt Lebewohl sagen‘. 86 ſchweben]  ‚sich bewegen / befinden‘; vgl. DWb 15,2372,4b. 90 Wuſt]  ‚Unrat‘, ‚Schmutz‘. 93 Balſamet !…" ein]  ‚überzieht mit Balsam‘. 94 zeitlicher]  ‚noch zeitiger‘ (vgl. V. 81). 96 Dardurch]  ‚wodurch‘. – der Strbenden]  Gen. Pl., abhängig von „ver­ gäſſen“. – eh]  ‚eher‘, ‚früher‘; vgl. DWb 3,36 f.,1.

4.  Auf den Tod des Kaufmanns Christian Scheffrich Dies ist die Erstfassung eines Sonetts, das L. ohne Überschrift und ohne jeden Hinweis auf den ursprünglichen personalen Bezug stark überarbeitet in die Abteilung ‚Hyacinthen‘ (bei uns Hya 16) aufgenommen hat. Die Erstfassung erschien innerhalb der 1657 in Oels unter dem Titel ‚Eulogemata et christiana solamina‘ erschienenen Beigabe einer Trauerschrift zum Tode des Kauf- und Handelsmannes Christian Scheffrich (s. Editionsbericht, S. 340  f.). Biographische Daten zu Scheffrich haben wir schon in der Vorbemerkung zum Kommentar von Hya 16 mitgeteilt.   2 Trb-ſand]  ‚Treibsand‘. – wo unſer Muth uns blhet]  Etwa: ‚wo unsere Lebenslust in Blüte steht‘.   3 den Ehren-Zwek]  ‚den letzten Zielpunkt aller erstrebten Ehrungen‘.  –  beim lichten]  ‚im Hellen‘.   5 Marmel]  Marmor. – Roſt]  Hier bildlich für ‚Verfall‘.   6 Der Wurm]  Der Seidenspinner, der den Kokon, in den er sich als Larve eingesponnen hat, zerstört, sobald er sich zum fertigen Schmetterling entwickelt hat.  –  Wurm-Geſpinnſt’ … bemhet]  ‚ist darum bemüht, das von ihm erzeugte Gespinst zu beseitigen‘.   7 den Tulipan]  ‚die Tulpe‘.   8 Kumen]  ‚Keimen‘. – verzehrt]  ‚zerstört‘. nach 14 Poſ.]  Abkürzung für ‚Poſuit‘ (‚hat hierhergesetzt‘).



Nachschlagewerke545

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Zu Lohensteins Lyrik551

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Literaturverzeichnis

Abkürzungen (ohne die Sigel für die herangezogenen Drucke; hierzu s. Editionsbericht)

1.  Werke Lohensteins A = Agrippina = Cleopatra (Erstfassung 1661) C C 2 = Cleopatra (Neufassung 1680) = Disputatio iuridica De voluntate DIV = Epicharis E Him = Himmel-Schlüssel Hya = Hyacinthen = Ibrahim (Bassa) IB = Ibrahim Sultan IS LGW = Lobschrift auf Herzog Georg Wilhelm LGW-W = Widmung zu LGW = Lobrede auf Hoffmannswaldau LH = Rosen Ros = Sophonisbe S

2. Sonstiges Anm. AnmL. Jh. L.

= Anmerkung = Anmerkung Lohensteins zu einer Stelle seiner Trauerspiele = Jahrhundert = Lohenstein

Für biblische Bücher werden die in der Theologischen Realenzyklopädie (TRE) üblichen Abkürzungen verwendet.



Zu Lohensteins Lyrik571

Abbildungsnachweise Titelkupfer und Titelseite des Erstdrucks von Lohensteins ‚Blumen‘ (S. VIII u. 1): Nach einem Exemplar im Besitz des Herausgebers. Abb. 1: Foto des Elfenbeinhumpens von Matthias Rauchmüller (Rauchmiller) mit der Darstellung des Raubs der Sabinerinnen (nach S. 440): LIECHTENSTEIN, The Princely Collections, Vaduz-Vienna / SCALA, Florence. Abb. 2: Foto des Grabmals fr Adam Caspar von Artzat in der Magdalenen-Kirche zu Breslau (nach S. 484): Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Bildarchiv, Neg.-Nr.: 50 n 23 / 5427.

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Verzeichnis der Gedichtüberschriften

Verzeichnis der Gedichtüberschriften An Herren Balthaſar Friedrichen von Logau und A1tendorf/ auf Bruckott/ des Frſtenthums Brieg Landes-Deputirten 219 Auf die heylige Chriſt-Nacht 286 Aus dem Italiniſchen des Petrarcha im 1. Theile […]  148 Aus dem Welſchen des Claudio Achillini. NASCITA DI CHRISTO  283 Aus eben demſelbten. Paßions Blume. intorno aI fiore  284 Aus dem Welſchen des Marino. die Welt  285 Aus dem Welſchen des Marino nella Lira. auf der 186ſten Seite […]  287 Aus eben demſelben; auf der 238. Seite  287 Braut-Gedancken Uber Auffſetzung der Haube  116 Braut-Krantz 97 Das Hertze  151 Das von der Sonne geſungene Lob der Roſe/ Aus des Autoris neundten Buche ſeines Arminius  28 Denckmaal Herren Andreae von Aßigs und Siegersdorff/ Breßlauiſchen Syndici 169 Des Gvarini 4. Madrigal. Dou’ hai tu nido Amore etc.  147 Die Augen  150 Die Blanca An ihren Gemahl Knig Petern  52 Die Hhe des Menſchlichen Geiſtes | ber das Abſterben Hn. Andreæ Gryphii, Des Glogauiſchen Frſtenthums Landes-Syndici 173 Dreyfache Bildung der Liebe  105 Eboly An Knig Philippen  61 Ehren-Gedchnß Frauen Maria Eliſabeth/ Freyin von Bibran/ Gebohrner von Kuhnheim 155 Ehren-Gedichte auf des Edlen, WolEhrenveſten, und Wolgelehrten, Herren Chriſtian Vincens mit der WolEdlen, Viel Ehr und tugendreichen Jungfrauen Catharinen […] feyerlich begngliche Hochzeit-Feſt […]  309 Eitelkeit Des Glckes und des Hofes/ Welche Meherdates in dem fnften Buche des Arminius auf dem Caucaſus in einem Felß eingegraben  213 Erlangte Ewigkeit Herrn Chryſoſtomi Scholtzens JCti  201 Geſprche des Buhlers und der Augen/ aus dem Petrarcha  149 Gewalt und Liebes-Streit der Schnheit und Freindligkeit  79 Glckliche Heyrathswahl  101 Herrn Matthias Rauchmllers Knſtlich erhheter Raub der Sabinen in Helffenbein 143



Zu Lohensteins Lyrik573

O BIOΣ ЕΣΤІ ΚΟΛΟΚΥΝΘΗ 211 Jhre Augen  147 Johanna Caſtria/ An Knig Petern  44 Knig Peter/ an ſeine Gemahlin Blanca von Borbon  48 Knig Philip an die Frſtin von Eboly  57 Leitung der Vernunfft Zu der ewigen Zeugung und Menschwerdung des Sohns GOttes 274 Letzte Beehrung Herrn Gottfrieds Dobricius/ Der Philoſophi und Artzney Doctoris 206 Liebe Zwiſchen Knig Petern dem Grauſamen/ in Caſtilien/ und Johanna Caſtria des Diego Haro Wittib  36 Lob-Geſang Der Blumen-Gttin/ Aus dem neundten Buche des Arminius  30 Mitleidentlich abgebildete Blume des Menſchlichen Lebens / bey dem LeichBegngnſſe Frauen Marthae von Wolfburg gebohrner Baudißin  185 Nachtgedancken ber einen Traum  285 Peter/ Der grauſame Knig in Caſtilien/ An Johanna Caſtria/ Des Diego Haro Wittib 40 Rechts-Streit Der Schnheit und Freundligkeit/ umb den Siges-Krantz der Libe […]  297 Rede Der ſich/ umb die bſen Lſte zu fliehen/ mit einem glhenden Brande tdtenden Maria Coronelia  64 Redender Todten-Kopff Herrn Matthaeus Machners  193 Reiches Heyrath-Gutt 94 Reine Liebe  120 Roſen-Liebe 112 Sarch (Tit.) Herrn Heinrich Herrmanns/ auf Kwalwitz  189 Seele Herren George Friedrichs/ von Artzat und GroßSchottkau/ auf Born/ Blanckenau/ Zweybrodt und Schtzendorff/ der Stadt Breßlau RathsEltiſtens 159 Siegender Cupido  108 Sieges-Krantz der auf dem Schau-Platze der Liebe ſtreitenden Rthe  72 Sonnet Uber die Blumen der Hermione  146 Trauer- und Troſt-Gedancken ber dem Abſterben Fr. Anna Aßigin/ gebohrner Jordanin 181 Trauer- und Troſt-Gedankken ber dem Zwar frhzeitigen aber ſeeligen Abſterben Der Edlen Hoch- Ehr- und Tugend-reichen Frauen Anna gebohrner Jordanin/ Deß Edlen Hochgelehrten und Hochbenambten Herren Andreas Aſſigs […] Hertzgeliebten Ehefrauen […]  317 Uber das herrliche Grab-Maal/ Welches Herrn Adam Caſpern von Artzat und Groß-Schottkau/ auf Born/ der Rmiſch. Keyſerl. Mayſt. Rathe/ und des Raths der Keyſerl. Stadt Breßlau ſeine Eheliebſte durch Hn. Matthias Rauchmllern/ aus Marmel und Alabaſter koſtbar aufrichten ließ  197 Uberſchrifft des Tempels der Ewigkeit  210 Umbſchrifft eines Sarches  209

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Verzeichnis der Gedichtüberschriften

Unverwehrte Prieſter-Liebe 126 Vereinbarung der Sterne und der Gemther  130 Wahrer Adel Herrn Siegmund von Buchers/ und der Puchau/ auf DrrJentſch/ Kurtſch/ und Kaltaſche  163 Weynacht-Lied 288 Wunder-Geburth Unſers Erlſers  249 Zuruff  Der frolockenden Oder ber die Glckſeeligſte Vermhlung Der beyden Rmiſchen Kayſer- auch zu Hungarn und Bheimb Kniglichen Majeſtten/ Herrn/ Herrn Leopolds/ und Fraun/ Fraun Claudia Felicitas/ [ ….]  32 Ohne Überschrift !Sonett ohne Überschrift: Fliegt hin/ ihr Roſen" 27 Ohne Überschrift !Sonett ohne Überschrift: Daß Beliſame mich" 150 Ohne Überschrift !Sonett ohne Überschrift: Der Hofnungs-Bau iſt Fall" 212 Ohne Überschrift !Auf den Tod des Kaufmanns Christian Scheffrich: Der Hofnungs-Bau iſt Fall" 321

Verzeichnis der Gedichtanfänge Ach! ach! mit was fr Liſt/ mit was Betrgerey  285 Ach! wre der Natur ihr grimmiges Geſtze  155 Als Evens Vorwitz ſie um ihre Schnheit brachte  159 Als nechſt die Zeit zur Braut/ die Erde ſchwanger ward  108 Beglckte Nacht! die uns den ſchnſten Tag gebiehret  287 Daß Beliſame mich durchaus nicht lieben wil  150 Daß GOtt der groſſe GOtt nach ſeinem weiſen Rath  249 Der Himmel/ der ſein Oel muß von der Liebe nehmen  105 Der Hofnungs-Bau iſt Fall/ die Blthe faulend Moſt  212, 321 Der weiſe Baumeiſter dieſes Allen hat  130 Die Flammen ſteigen ſtets dem erſten Kwelle zu  201 Die gldnen Roſen ſind die Sonnen grner Felder  79 Die Liebe lag verſteckt/ wie Feuer in dem Stahl’  120 Die Liebe ſteckte noch in Kieſel und in Stahl  310 Die Mutter ſſſer Luſt/ die Schweſter zarter Hertzen  72 Die ſolte wol nicht mehr erſchrecken fr Gewittern  52 Di gld’nen Roſen ſind die Sonnen grner Felder  298 Dis iſt der Jrr-gang aller Dinge  206 Dis iſt die Knigin der Blumen und Gewchſe  28 Dis Leben/ das der Menſch fr ſeinen Abgott hlt  181 Dis Leben iſt ein Krbs/ die Schal’ iſt Fleiſch und Knochen  211 Diß Leben/ daß der Menſch fr ſeinen Ab-Gott hlt  318 Du ander Salomon und Philip unſer Zeiten  61 Du Wetterhan der Welt/ du Fallbret unſers Lebens  213 Es denckt mich/ groſſer Freund: daß als die Welt auff Roſen  94 Es etze Wahn und Witz Ertzt/ Bein/ und Marmel aus  189 Es iſt nicht ſchlechter Ruhm viel edler Ahnen zehlen  163 Es kmmt der Himmels-Frſt/ des Leidens Sterbe-Kleid 283 Es rcke Niemand mehr die Raubung der Sabinen  143 Fliegt hin/ ihr Roſen fliegt zu Hermionens Fſſen  27 Flieht Blumen/ die ihr mir vor Hertz und Augen ſtahlet  146 Freund/ mein Gemtte fhlt/ was durch ſein Hertze ſchneidet  185 GOtt/ deſſen Webe-Kunſt die Lydier beſchmet  169 GOtt! ewig-gutter GOtt! ich falle dir zu Fßen  285 Hier mißt mein langſam Fuß die ſtille Wſteney  148 Jch bin die Blumen-Knigin 30

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Verzeichnis der Gedichtanfänge

Jch hab’ es/ Eboli/ nun wahr zu ſeyn befunden  57 Jch habe Seyd’ und Brieff/ Durchlauchſter/ aufgeriſſen  44 Jch hre/ Liebſter Freind/ du haſt mit eignen Zgen  219 Jch ſchicke Blanka/ dir kein eingebiſamt Schreiben  48 Jhr drres Volck/ lebloſe Leute/ todte Stumme  210 Jhr Frauen/ die ihr weih’t den Mnnern eure Hertzen  197 Jhr Seelen findet euch zu dieſer Blumen hier  284 Jhr Sternen darff ich euch wol auch noch Sternen nennen  147 Jrrdiſches und Sterblich Volck/ lebend-todte Erden-Gſte 209 Jſt Lieben Seuche/ Peſt und Gifft  126 JESU! der du biſt erſchienen  288 Komm Komm und krntze mich du Krone reiner Hertzen  97 Komm’t Sterblichen hiher/ im Fall ihr klug woll’t ſein  193 Laſt Archimeden viel von ſeinen Spiegeln ſagen  150 Leb’t iemand mehr der dieſe Meinung heg’t  101 Muß nun mein gldner Lentz der Jungfrauſchafft verblhen  116 Natur erſtarr’! ihr Sterblichen gebt acht  287 Nicht ſcheue dich/ mein Kind/ dis Siegel aufzumachen  40 Nicht zrne: daß mein Hertz ſo heiſſen Brand ausbet  151 Sey tauſendmal von mir bewillkommt und empfangen  286 Verhngns und Natur/ ihr Hencker meines Leibes  64 Vernunfft/ du blinde Magd/ gieb willig dich gefangen  274 Weint/ weint ihr Augen weint/ mit dem betrbten Hertzen  149 Welch Glantz beſtrahl’t die rinnenden Kriſtallen  33 Wem pflantz’t der Liebe Geiſt nicht Lieb’ und Flammen ein  112 Wo wohnt die Liebe doch? in ihrer Augen Lichte  147 Wohin hat ſich der Geiſt der Menſchen nicht geſchwungen  173