[Sämmtliche Werke] A. M. von Thümmel's sämmtliche Werke: Bd. 2 9783111406329, 9783111042848


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[Sämmtliche Werke] A. M. von Thümmel's sämmtliche Werke: Bd. 2
 9783111406329, 9783111042848

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M. A . VON

THUMMELS

SÄMMTLICHE WERKE

Z W E I T E R

B A N D

I, E I P Z I G , B E I G J. G Ö S C H E N

LßLL,

R

i n

d i e

E

T h . AV.

S

E

m i t t ä g l i c h e n v o n

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I

r

s

II. Th

t

P r o v i n z e n

F r a n k r e i c h .

e

r

T

h

e

i

l

.

1

Die

dunkle

Wahrheit,

F r e u n d ,

beredter

die

Dein

Mund

Mich ahnden l i e f s , seh' ich nun ganz erläutert! Ich

war

nur

krank

im

Traum;

und

fröhlich und gesund Bin ich e r w a c h t , und sehe rund Um

mich

herum

die

Welt

mit

Opernglanz

erheitert, Die ehmals l i c h t e r a r m , gleich einem Puppenspiel Mir widerlich iu's Auge f i e l . In meinem Buchersaal verriegelt, Sah ich schwermuthig und erschlafft Die W e l t e n über mir m i t Kraft Und Thaligkeit und Motli beflügelt — Sah unter m i r die W u r i n c h e u aufgewiegelt

4 Z u einer kleinen W a n d e r s c h a f t Ich gaffte m i t gefärbter lirille Das Spiel der Schöpfung an ; m e i n W i l l e W a r ohne H e r r n — K a u m regte {»ich N u r noch ein d u m p f G e t u h l >014 m e i n e r morschen Hülle , Mit welchem schwer belastet, ich Ins traurige! Gebiet der ernsten Todesstille A u s d e m Parterr hinüber s c h l i c h . — Doch

da erschienst

Du,

Freund,

mit

tröstender

Geberde, U n d widersetztest Dich der stolzen Übermacht Des Hypochonders — sprachst ,, Es w e r d e ' " U n d es ward heil in m e i n e r Nacht — W i e sorgsam hast

Du

nicht

den

fasi crloschnen

Dacht A u f diesem grofsen O p f e r h e r d e Z u neuen F l a m m e n

angefacht!

Des Unrnuths Nebel ist \ c r f l o g e n , Der E&sig meines Bluts versufst, Seit

ich

den

Lerchen

nachgezogen,

U n d mich der freundlichste von allen HimmcUbo&en

In Languedoc's G e f i l d e schliefst. Aru

Quell

des Lichts e r w ä r m t ,

dünk'

ich

mich

hier d e m Auge Der Vorsicht m e h r genaht zu s e y n , U n d f ü h l e m i c h e n t z u c k t , u n d sauge D e n Äther der Verklärten e i n . A u f B l u m e n f ü h r e n m i c h versuchte Zeitbetrüger Von einer kleinen Lust zu einer gröfsern hin : Mich kiimmerts n i c h t , ob ich seit gestern klüger — G e n u g f ü r m i c h , w e n n ich vergnügter h i n ! Kein S k r u p e l steigt m i r auf — Ich stehle Mich

heimlich

aus

dem

Kreis

der

der Börhav'

und

Bayle

Und ihrem KriminalverhÖr, U n d achte n u n des Körpers u n d der Seele B e r ü h m t e Charlatans nicht m e h r .

W e r sagt es m i r , was doch i m Schalle Des P o s t h o r n s — in d e m m u l h ' g e n K n a l l e D e r Peitsche f ü r eiu Zauber liegt? Hoch

steigt

m i r jetzt

die W e l t , Federballe,

Der i m Zenit der K i n d e r j a h r e f l i e g t .

gleich

einem

6 Und

.illcs

lacht

micli an , mir

und

froh denk' icli

alle

Muicbcndc gleich mir v e r g n ü g t . So wird der Wein , der owig zu Mallere Gemeiner Wein geblieben w ä r e , Z u dre) mal besserm u m g e s t i m m t , Wenn er als F r a c h t , von einer Hemisphäre Zur andern auf - und niederschwimmt.

Ich kann mir nicht helfen — so demüthigend

auch

das

Geständnifs für den

Stolz des. innern Menschen seyn mag — so schwer es auch über die Lippen eines ausgemachten Philosophen gehen würde; dennoch sage ich es zur Ehre der Wahrheit und unverholen, dafs ich nur dem Rütteln und Schütteln einer armseligen Postchaise den wieder erlangten freyen Gebrauch meiner Seelenkräfte

verdanke.

Mit Hülfe eines Meilenmessers könnte ich genau die Entfernung, könnte genau auf

7 der Postcharte jeden Punkt angeben, auf dem ich diese und jene gute Eigenschaft wieder fand, die m i r ,

Gott weil's w i e !

nach und nach von der Hand gekommen war. zeln

Ich mufste sie freilich ziemlich einzusammen

lesen,

und

es

verging

manche liebe Stunde, ehe ich meinen Verlust ersetzt sah —

mufste mich

drehen

und wenden und manche Lage versuchen, bevor ich in meine natürliche kam. Ich verschlofs meinen W a g e n ,

wie

die

Zelle eines Karthäusers, als ich mich aus dem für mich so geräuschvollen

Berlin

rettete, und glaubte der Welt einen rechten Possen zu t h u n , dafs ich meine Stor's herabliefs.

Aber

die W e l t ging ihren

G a n g , und mir hingegen t r a t , mit jeder Station

bis

Leipzig,

das

Unbehagliche

meines abgezogenen Lebens immer näher an's Herz. alles

was

Johann besorgte von aufsen nöthig w a r ,

Herrn weiter zu bringen;

seinen

elenden

und er wäre

mit diesem unruhigen Geschäfte mir auch

u n u r lästig an meiner Seite gewesen, so ein

ehrlicher

Kerl

er auch seyn mag.

Schon die heitere Miene, mit der er bald die W o l k e n ,

bald die Schafe, die uns

begegneten, anlächelte, schickte sich gar nicht in die Nachbarschaft meines Ernstes. Ich mul'ste einen Begleiter h a b e n , der mir ähnelte,

und ich hatte das Glück,

im

b l a u e n E n g e l einen a u s z u f i n d e n , der ineinen E i g e n s i n n ,

meinen

Scherze und Liebkosungen, schweigen,

Hals

gegen

mein

Still-

meine gerunzelte Stirne,

ja

sogar mein Asthma vollkommen in sich vereinigte. —

Es wird Dir gewifs lieb

zu hören s e y n , dal's dieismal von keinem menschlichen Geschöpfe, sondern n u r von einem Mopse die Rede i s t , den ich f ü r einige Thaler erhandelte.

Das arme Thier

ward in meine Reise verflochten, zu wissen

sich geschwind genug darein; hätten können,

ohne

wie ihm geschah, und fand

zusammen

um

denn wir

die W e l t

reisen

ohne dais einer dem andern in

9 stärkerm Grade lästig geworden w ä r e , als es gerade zur Übung unserer gemeinschaftlichen Laune nöthig war. freilich der

gute Mops

unentbehrlich:

Jetzt ist mir nicht mehr so

denn ein frohes mensch-

liches Auge weifs auch an untergeordneten Geschöpfen ihre hellen F a r b e n den Instinkt ihrer Freude

zu

und

schätzen,

u n d giebt gewifs einein inuthigen Windspiele den Vorzug vor einem schnarchenden Mopse.

F ü r meine/Erinnerung indeis

behält er noch immer seinen W e r t h .

Wie

gern lächle ich manchmal in dem G e f ü h l meines Wohlbehagens diel's treue Ebenbild meines vorigen Milsmuths a n ! schlage o f t ,

und

w e n n ich bei seinem Lager

vorüber gehe, dankbar meine Augen zum Himmel a u f ! Ursache genug dal's ich ihn beibehalte,

um auch Gesellschafter mei-

ner Rückreise zu s e y n ! — — —

II)

Wer

ist denn der blühende M a n n ,

der

da vor mir in das Zimmer tritt"? fragte ich in Frankfurt den W i r t h zum R ö m i schen Kaiser,

indem ich von seinen

Leuten so behutsam,

wie zerbrechliche

W a a r e , ausgeladen ward — fragte mit so matter

hohlklingender Stimme,

für dringender

hielt

meinem Tone als

meiner Neugier zu antworten. dafür

sorgen,

dal's er

dal's Sie

Ich will

neben ihm zu

sitzen kommen, sagte e r , — es ist einer unserer geschicktesten Arzte. In

diesem kleinen

ich

dem Berufe

Zufalle lag es,

seit

acht

Tagen

dafs zum

erstenmale Gehör g a b , in Gesellschaft von Menschen, menschlich zu essen; denn bis jetzt war das Pulver des Grafen von l'ilo, dieses

herrliche Gegenmittel

wider

die

Wechselfieber und die böse L u f t ,

noch

immer mein Frühstück geblieben.

Mit

dem Schlage der zehnten Morgenstunde —

und h ä t t e sie mich an dem steilsten Abhänge eines Berges getroffen — liel's ich h a l t e n , um mit der J u n g f e r Steffens dem Steine — um eilf U h r mit dem F r e i h e r r n von Hirschen der S c h w i n d s u c h t , u n d zu Mittage mit dein berühmten d'Ailhaud der Gicht entgegen zu arbeiten, damit ich am Abend jeden Tages der K r a f t b r ü h e des D. Kämpf desto würdiger seyn möchte. So

regelmäfsig

hatte

ich

gelebt,

um

meine leibliche Gestalt, die sich zu Berlin schon durch ihr Ansehn überall Platz m a c h t e , unverändert nach F r a n k f u r t zu bringen.

Den G ä s t e n , sobald ich in den

Speisesaal t r a t , blieb der Bissen im Munde stecken.

Sie rückten erschrocken zusam-

m e n , u n d liefsen mir und dem A r z t e , an den ich mich a n k l a m m e r t e , eine ganze Seite des Tisches frey.

Ich hingegen, da

ich um mich her blickte,

las in jedem

A u g e , welchen lächerlichen Kontrast die Blässe meines Gesichts mit dem Schimmer des seinigen darstellen mufste. —

Ich

12 wcifs nicht w a r u m ?

aber länger konnte

ich nun seine auszeichnende R o t h e nicht ohne Verdrufs

ansehen,

und

ich

war

drauf und d r a n , in meinen alten Irrthum zu verfallen, sie auch an Ihm f ü r die Leibfarbe der Ignoranz zu halten.

Aber

ein gewisses Vergnügen, das ich an der ganzen Gesellschaft bemerkte, unter seinen Augen zu essen, sprach so laut zu seinem Vortheile , und hielt mich so lange von jedem

gewagten Urtlieile über ihn

zurück, bis er — ach! nur zu geschwinde, sein eigner Verräther w a r d .

Gewifs bin

ich oft u n w i s s e n d e m Ä r z t e n , als Er w a r , in die Hände gefallen, aber einen grölsern Egoisten der Uninäfsigkeit traf ich nie in ihrer Zunft. Alle Sinne dieses Schineckers waren in das thierische Geschäft seiner Sättigung verwickelt —

Seine Löwenau-

gen flogen von einer Schüssel zur andern, und störten von ferne schon

nach

der

Beute, die er mit geübten Händen den weniger aufmerksamen Gästen abzugewin-

« e n wufste. Seine Kunst, so grofs sie auch seyn mochte, schien er init seinem Hut an den Nagel gehängt zu haben, die Medicin nur f ü r eine Dienerin der Kochk u n s t , und den Ruf eines Fabius Gurges höher zu h a l t e n , als den eines Galen. Zur Mittagsstunde ist so ein Arzt das unbrauchbarste Geschöpf unter der Sonne. Auch mag es ihm Gott vergeben, was er an mir gethau h a t ! Ich sal's kleinmüthig neben ihm und lauerte lange umsonst auf ein freiwilliges Allmosen seiner Aufmerksamkeit , das ich mir endlich bei dem ersten miissigen Augenblicke seiner Zunge zu erbetteln beschlofs. Nach langem Harren erschien dieser günstige Zeitpunkt. Die erste Tracht Speisen w a r d abgehoben; und sogleich setzte ich m i c h , während der kurzen P a u s e , da die zweite in Ordnung gestellt w u r d e , in Positur, den bessern Theil des Schlemmers in mein Interesse zu ziehen. Vergebliche Hoffnung! denn w i e ich eben

M den M u n d ö f f n e t e , u m i h m die meiner Ü b e l z u r man

als

Schau

Hauptschüssel

Mengo

zu legen, eine

fette

trug Gans

a u f , die der ganzen G e s e l l s c h a f t B e w u n derung

u n d die e n t f e r n t e s t e n

des D o k t o r s a u f sich zog.

Gedanken

Die Zerlegung

des Vogels g a b mir j e t z t nur n o c h einen kurzen Z e i t r a u m frey. — Ich fafste Herz, e r g r i f f f r e u n d s c h a f t l i c h die H a n d Nachbars,

und glaubte durch

meines

die

feine

W e n d u n g , die i c h meinem V o r t r a g e g a b , mich seiner wenigstens

so l a n g e z u ver-

s i c h e r n , b i s der V o r s c h n e i d e r fertig seyn würde.

, , D e r Z u f a l l , " h o b ich m i t unge-

wisser Stimme a n ,

„ h a t einen

gefährli-

chen Kranken a n die S e i t e eines b e r ü h m ten Arztes g e b r a c h t

Verinuthlich

kennen S i e , mein H e r r , des M a d a i T r a k t a t

de

morbis

occultis?

Krankheit

auf der



dort

siebenten

dem L e b e n geschildert - seheil S i e

Seite

meine nach

Aber w a r u m

m i c h so b e d e u t e n d

beschwöre S i e ,

ist

an ?

theuerster M a n n ,

Ich geste-

i5 hen Sie es nur a u f r i c h t i g , dafs Sie ganz an meiner Genesung v e r z w e i f e l n ? — Sollte denn aber nicht durch eine noch strengere D i ä t , als ich schon h a l t e , die mate-

ria pec - - -" Aber H i m m e l , Schrecken

welch

ein

unerwartetes

unterbrach

hier

meine

herz-

brechende P e r i o d e , und vergällte mir das W o r t im M u n d e ! Der grausame Arzt h a t t e mir bis dahin mit sichtbarem E i n s t e zugehört.

J e t z t schob e r , w i e von Abscheu

gegen meine Krankheit e r g r i f f e n , S t u h l plötzlich z u r ü c k ,

seinen

wünschte

mir,

lakonisch w i e der U n v e r s t a n d , eine glückliche R e i s e , langte seinen Hut und - - solltest D u es g l a u b e n ? —

liefs die an-

lockende Gans im S t i c h e , indem e r , w i e der Geist H a m l e t s , verschwand.

Welch

ein betäubender S c h l a g ! Ich glaubte von beiden Seiten meines nun ganz

isolirten

Stuhls in einen A b g r u n d zu blickeil, und der schnelle A u f b r u c h des Arztes und sein ominöses: „ R e i s e n S i e

glücklich!"

i6 statt

der entscheidenden

die ich ihn anflehte,

Antwort,

tönte

mir

um

nun

in

den O h r e n , wie eine Abfertigung in die andere W e l t . W i e , wenn der Wetterstrahl in Girards Beichtstuhl bricht, D e r Hcnchler

aufgeschreckt,

aus Selbsterhaltungs-

pf'licht S c h n e l l aus dem Dunstkreis sich der Buscnfreundin stürzet, * ) Und

Sie ^ —

Vermifst

nun

Sie

das

männliche

Gewicht Des Segenspendenden , der ihre Seele w ü r z e t , Staunt — weint —

schlagt an die B r u s t , und

ihr

Entsetzen spricht Mit hohlem T o n

*)

Ich hin verkürzet!



Mamsell C a d i e r t , ein schönes und so unschul-

diges M ä d c h e n , dafs sie lange Zeit den schändlichen M i ß b r a u c h , den P a i e r G i r a r d

mit ihr im Beicht-

stuhle trieb , für Absolution hielt. machte

Die

unter Ludwig dem F ü n f z e h n t e n

Geschichte so

grofses

Aufsehn, dafs sie zu vielen Schriften Anlafs gab.

i7 So

fuhr

auch m i r , —

Vcrgleichung,

Freund,

giebt L i c h t , — Des

stummen

Doktors

Eil'

und

seines

Gaums

Verzicht A u f eine fette Gans , elektrisch d u r c h die N e r v e n . Ich

sah

i m Geiste

schon, ich

(denn

klüger

wuist'

nicht

Das W u n d e r abzuthun ) zu m e i n e m Blutgericlit I h n sein Skalpier u n d seine Feder

scharfen,

U m , nach vollbrachter Tliat, m i t ernstem Amtsgesicht Mir seinen Sektionfibericht Z u r A n t w o r t hinten nach zu w e r f e n . Aus diesem Schreckenstraum ein w e n i g a u f g e r a f f t , Sucht' ich nach m i r ,

u n d f a n d , — an Leib' u n d Seel' e r s c h l a f f t ,

Mein S e l b s t

weit aus d e m Kreis der F r ö h l i c h e n verschoben,

Als wäre zwischen m i r u n d j e d e r L e b e n s k r a f t , Schon alle F r e u n d s c h a f t a u f g e h o b e n .

Diese traurige Gestalt meiner selbst,

die

ich

vor

mir

sah, jagte mich vom Tische auf,

und

immer

Th. W .

in

II. Th.

einem

Spiegel

2

iß sträubte

inir

athenilos

mein

das

Haar

noch,

als ich

Zimmer. erreicht

hatte.

Zum Überflul's setzte die lang entwohnte Hit^e eines beitzenden Rheinweins,

von

dem ich leider! ein Glas getrunken hatte, meine

Einbildungskraft

Flammen.

in

Feuer

und

In jedem Pulsschlage glaubte

ich die Tritte des heran nahenden Todes zu hören, glaubte zu fühlen,

wie sich

schon eip Faden um den andern aus dem künstlichen Gebinde ablösete, an'den hienieden meine Marionettenrolle ist —

geknüpft

verfiel darüber in den metaphysi-

schen Unsinn



den

unbrauchbarsten

von allen —

meinem eigenen

Selbst

bis auf die feine Endspitze 'nachzuschleichen , wo es sich für seine zwo Welten theilen würde —

als etwas

glücklicher

Weise dazwischen trat, das mich nöthigte, mein grofses Experiment zu verschieben — ein Dunst,

der mehr werth i s t ,

als die

hellste Betrachtung, und in dessen Nebel ich immer Weisheit, Lebenskraft und Men-

ip schenwürde wieder f a n d , die ich o f t in den aufgeklärtesten Versammlungen verlor : aber gütiger hatte er seit den Jahren meiner Kindheit nicht auf meinen Augenliedern geruht als dielsinal, und der Gedanke : „ Habe Muth zu leben, eile in die Arme der Natur z u r ü c k , "

herrschte

durch mein ganzes W e s e n , als ich mit der Morgenröthe erwachte. —

20

W i e viele Sclileifwege zu dem menschlichen Heizen stehn nicht dem Unmuthe offen! E r springt über Dämme und Hecken, und wirft alle Bollwerke über den Haufen ; da hingegen die Freude mit ihrem bescheidenen Gefolge auf der gebahntesten Stral'se und überall anstöfst, jedes W e r

da?

erschreckt,

durch

und,

ach

wie o f t ! schon durch einen Schatten verscheucht wird.

Die frohen Empfindun-

gen , die vergangene Nacht bei mir einkehrteil, verweilten kaum noch die Stunde des Frühstücks ü b e r , und ehe ich mich versah, waren sie schon über alle Berge. Mit so seltenen Gästen,

die einen noch

darzu unvermuthet überraschen, weifs man sich immer nicht recht zu benehmen.

Ich

erschrak, als ich mein West wieder leer fand;

die Alltagswirthschaft

ihren alten Gang,

und

nahm

ich weifs

nichts weiter zu sagen, als dafs

so Dir

wohl

noch nie so runzlichte Gesichter

durch

die B e r g s t r a f s e gefahren s i n d , als ich und mein Mops diesen Abend mit nach Heidelberg brachten. Lafs D i r , wenn Du w i l l s t ,

die anmu-

thige Lage dieser Stadt von andern Reisenden vormalen.

Ich hatte keinen Sinn

f ü r ihre Reitze, und in dem Wirthshause, das mich a u f n a h m , ging es m i r , wie es der Freude bei mir ging.

Der Hausherr

gefiel mir nicht — seine Zimmer w a r e n staubicht — sein Bette w a r mir zu h a r t , und seine Sprache beleidigte meine Ohren. Ich träumte die ganze Nacht durch n u r von dem glücklichen Morgen,-wo ich diesen O r t verlassen w ü r d e ; und diese E r w a r t u n g w a r bis zur Fieberbewegung gestiegen , als dieser Morgen erschien. Wie viel oder wenig ich damit gewann, und ob es ein Kunstwort giebt, das alle die widrigen Gefühle a u s d r ü c k t , die mich nach B r u c h s a l

begleiteten,

jetzt nicht untersuchen.

mag

ich

G e n u g , damals

i2.

glaubte ich es aus dem Munde eines Arztes zu hören, der nicht weit von der Post, über

den

Kreis vieler

Hülfsbediirftigen

hervor ragte, denen er seine Wissenschaft und Erfahrung in gemeinnütziger Beredsamkeit Preis gab.

Ich glaubte der Uber-

zeugung, die er mir einflöfste, Krankheit,

dal's die

gegen die er eben sympathe-

tische Tropfen feil b o t , nach allen Theilen ihrer fürchterlichen Beschreibung, die meinige sei;

und nun drängte ich mich

durch meine Mitbrüder hindurch, pflanzte mich

gerade

vor

seinen

Thron,

sperrte, wie andere, das Maul auf.

und Das

war auch ein ganz anderer Mann, als der Hausarzt des Römischen Kaisers, der mir gestern ein so mächtiges Schrecken einjagte.

Ein Zepter in der Hand, um das zwo Schlangen krochen, Safs

dieser

Ehrenmann

auf

einem

Knochen ,

Thron

von

— —

25

Wie das S y m b o l der M e d i c i n . I c h , hub er a n ,

( w a s er zuvor gesprochen,

Erfuhr ich l e i d e r ! n i c h t ) ich komme von B e r l i n . Den Z a h n , den Ihr hier seht, hab' ich vor wenig Wochen — Friedrich dem Einzigen hab* ich ihn ausgebrochen, U n d gnadenvoll schenkt* Er m i r i h n . Bei Grofs und Klein —

Gott sey's gedankt! —

gelitten, — Hätt* ich nur Hände g ' n u g , — sucht man mich überall. S e h t , zum Beweis, wohin ein Mann von Sitten Nicht dringen kann , hier das Original Der H o r n k l u f t , die ich einst in dem Escurial Der schönen I o Karls des Dritten, * ) (Sobald ich mich durch die gedrängte Zahl Der Neider meines Glücks gestritten) In drei Minuten ausgeschnitten. * ) S. des Königs von Preufsen Gedicht, in den Oeuvres pag.

posthumes

de

Frederic

II.

125.

Cet autre

est occupé

En lui pressant

le

d*une genisse sein.

blanche

Codicille, Tom.

Den Tag nach dieser K u r erhielt ich das D i p l o m , Das Ihr hier glänzen seht, als Leibarzt u n d als Ritter, Und so bewahrte sich m e i n altes A x i o m : — O f t schwellt die P f ü t z e selbst z u m S t r o m I n e i n e m nachtlichen

Gewitter:

Nicht i m m e r geht die K u n s t nach B r o d . Doch , dafs wir nicht einander mifsverstehcn, So h ö r t : Ich b i n m i t Panaceen D e r neusten A r t , m i t M i t t e l n , seinem T o d , So G o t t w i l l , aus dein W e g zu gehen — Sagt

nur,

was

Ihr bedürft



ich

bin

damit

versehen . Doch kaufet in der Z e i t , so habt Ihr's in der Noth ; K a u f t ! denn das nächste Morgenroth Sieht mein Panier in Strafsburg w e h e n , W o h i n m i c h m e i n P a t r o n , der K a r d i n a l , e n t b o t .

J