Sicherungs- und Prozeßpflegschaft (§§ 1960, 1961 BGB) [1 ed.] 9783428459773, 9783428059775


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German Pages 265 Year 1986

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Sicherungs- und Prozeßpflegschaft (§§ 1960, 1961 BGB) [1 ed.]
 9783428459773, 9783428059775

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ALBERT ZIEGLTRUM

Sicherungs- und Prozeßpflegschaft

Schriften zum Prozessrecht

Band 85

Sicherungs- und Prozeßpflegscltaft (§§ 1960, 1961 BGB)

Von

Dr. Albert Ziegltrum

DUNCKER & HUMBLOT

I

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Zlegltrum, Albert: Sicherungs- und Prozesspflegschaft: (§§ 1960, 1961 BGB) / von Albert Ziegltrum. - Berlin: Dunck:er und Humblot, 1986. (Schriften zum Prozessrecht; Bd. 85) ISBN 3-428-05977-8 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten & Humblot GmbH, Berl1n 41 satz: Hermann Hagedorn, Berl1n 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany

© 1986 Duncker

ISBN 3-428-05977-8

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Die Nachlaßpßegschaft als staatliche Fürsorge anläßlich eines Erbfalls

19

§ 1 Die Gestaltung des Erbschaftserwerbs nach dem BGB ......................

19

A. Die Grundsätze der Gesamtrechtsnachfolge, des Selbst-Übergangs und des Sofort-Erwerbs der Erbschaft ......................................

19

B. Die I. 11. III. IV.

Hindernisse für einen sofortigen vollen Erbschaftserwerb .......... Die Erbfahigkeit der Leibesfrucht .............................. Der Anfall der Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Geschäftsführung des Erben vor der Ausschlagung . . . . . . . . . . . . Die fehlende passive Prozeßführungsbefugnis des Erben vor der Annahme .....................................................

20 20 20 21

C. Zusammenfassung ...............................................

23

§ 2 Überblick zur Geschichte der Nachlaßfürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

A. Das I. 11. III.

22

römische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das altrömische Recht (bis etwa Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr.) . . Das vorklassische und klassische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die nachklassischen Entwicklungen (3. bis 6. Jahrhundert n. Chr.) ..

24 24 25 27

B. Das deutsche Recht .............................................. I. Die Zeit bis zum Ende des Mittelalters (etwa 15. Jahrhundert) . . . . . . 11. Die Entwicklung nach der Rezeption des römischen Rechts ........

27 27 28

C. Das Bürgerliche Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

§3 Die Nachlaßpflegschaft ...............................................

30

A. Die Sicherungspflegschaft im Sinne des § 1960 Abs.2 BGB ............

30

B. Die Prozeßpflegschaft im Sinne des §1961 BGB ......................

31

C. Die Nachlaßverwaltung im Sinne der §§ 1975 ff. BGB ..................

33

6

Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Die Einleitung der NachlaßpDegschaft

34

§ 1 Die Zuständigkeit für die Einleitung der Nachlqßpflegschaft .................

35

A. Vorbemerkung .............. . ...................... . ............

35

B. Die sachliche Zuständigkeit .......................................

36

C. Die örtliche Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Die Regelzuständigkeit ....................................... 1. Deutscher Erblasser ....................................... 2. Ausländischer Erblasser .................................... 3. Staatenloser Erblasser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Die Zuständigkeit kraft Fürsorgebedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Zuständigkeit kraft Abgabeverfiigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 38 38 39 39 39 40

D. Die funktionelle Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

E. Die internationale Zuständigkeit ...................................

43

F. Die interlokale Zuständigkeit ......................................

46

§ 2 Die Voraussetzungen für die Einleitung der Nachlaßpflegschaft . . . . . . . . . . . . . . .

47

A. Die Rechtsgrundlagen ............................................

47

B. Die Voraussetzungen für die Einleitung der Sicherungspflegschaft . . . . . . . I. Vorbemerkung .............................................. 1. Der Beurteilungsstandpunkt ................................ 2. Das Verhältnis der Sätze 1 und 2 des § 1960 Abs. 1 BGB ........ 11. Die einzelnen Fälle des § 1960 Abs. 1 BGB ...................... 1. Das Unbekannt-Sein des Erben ............................. a) Der Begriff "Unbekannt-Sein" des Erben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die einzelnen Fälle des "Unbekannt-Sein" des Erben ........ aa) Unkenntnis des Berufungsgrundes bb) Unkenntnis der Erbfähigkeit cc) Unkenntnis der Koexistenz von Erblasser und Erben 2. Die fehlende Annahme der Erbschaft ........................ 3. Die Ungewißheit der Erbschaftsannahme ..................... a) Die Auffassung in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . b) Eigene Auffassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung......................................... III. Das Bedürfuis im Sinne des § 1960 Abs.l BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die doppelte Funktion des Bedürfnisses ...................... 2. Das Sicherungsbedürfnis als Tatbestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . a) Allgemeine Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelerläuterung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gefahrträchtige Zusammensetzung des Nachlasses

49 49 49 50 52 52 53 54

57 58 58 59 61 61 61 62 62 63

Inhaltsverzeichnis bb) Fürsorge für den Nachlaß durch "Privatpersonen": Notgeschäftsführungspflichten, Testamentsvollstreckung, N achlaßverwaltung, Nachlaßkonkursverfahren, Fürsorgebereitschaft ce) Vertrauenswürdigkeit dd) Blick auf die einzelnen Nachlaßbestandteile ee) Bedürfnisprüfung anhand der Interessen des Erben 3. Das Sicherungsbedürfnis als Maßstab für die konkrete Rechtsfolge a) Die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung, die Aufnahme eines eines Nachlaßverzeichnisses ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Anlegung von Siegeln bb) Die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten cc) Die Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses b) Die Bestellung eines Sicherungspflegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Auswahl der konkreten Sicherungsmaßnahme nBestellung eines Sicherungspflegers" ................................

7

71 72

73 73

IV. Das Beweismaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung zu den Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungspflegschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 80

C. Die Voraussetzungen für die Einleitung der Prozeßpflegschaft ..........

80

I. Vorbemerkung .............................................. 1. Die Ausgangslage ......................................... 2. Der Beurteilungsstandpunkt ................................

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11. Die Voraussetzungen im einzelnen ............................. 1. Die Fälle des § 1960 Abs.l BGB ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die fehlende Annahme der Erbschaft ..................... b) Das Bedürfnis. . . . . . .. . ... . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. aa) Verweisung des § 1961 BGB auf die Fälle des § 1960 Abs.l BGB bb) Gefahrträchtige Zusammensetzung des Nachlasses cc) Wegfall des Bedürfnisses bei gesetzlicher oder gewillkürter Prozeßstandschaft dd) Vertrauenswürdigkeit ee) Verbot der globalen Betrachtung des Nachlasses ft) Bedürfnisprüfung anband der Interessen des Erben? 2. Der sich gegen den Nachlaß richtende Anspruch .............. 3. Der Zweck der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs ............................................... a) Die gerichtliche Geltendmachung ..................... . . . . b) Der Zweck der gerichtlichen Geltendmachung .............. 4. Der Antrag des Berechtigten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Form des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Inhalt des Antrags ..................................

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111. Das Beweismaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Zusammenfassung zu den Voraussetzungen für die· Einleitung der Prozeßpflegschaft ............................................

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8

Inhaltsverzeichnis

§ 3 Das Verhältnis der Sicherungspflegschajt zu anderen megschajten A. Die Abgrenzung Sicherungspflegschaft/Prozeßpflegschaftl Nachlaßverwaltung ............................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sicherungspflegschaft (§ 1960 Abs. 1, 2 BGB) und Prpzeßpflegschaft (§ 1961 BGB) ...................................

H. Sicherungspflegschaft, Prozeßpflegschaft einerseits und Nachlaßverwaltung (§§ 1975 tT. BGB) andererseits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Abgrenzung Sicherungspflegschaft/Pflegschaft für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB) ........................................... I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1913 BGB ................. 1. Die Vorschrift des § 1913 Satz 1 BGB ......................... 2. Die Vorschrift des § 1913 Satz2 BGB (sogenannte Deszendenzpflegschaft) ................................................... H. Die Abgrenzung .............................................

91 92 93 94 95 95 95 95 96

C. Die Abgrenzung Sicherungspflegschaft/Pflegschaft für eine Leibesfrucht (§ 1912 BGB) ......................................... . . . . . . . . . . .

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I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1912 BGB ................ . 1. Die Vorschrift des § 1912 Abs. 1 Satz 1 BGB .................. . 2. Die Vorschrift des § 1912 Abs. 1 Satz 2 BGB .................. . 3. Die Vorschrift des § 1912 Abs.2 BGB ........................ . II. Die Abgrenzung .............................................

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D. Die Abgrenzung SicherungspflegschaftlAbwesenheitspflegschaft (§ 1911 BGB) . ... .. .. . . . . . . . ... . ... ... .. . .. .. . .. . . . . .. .. ... .. . . . . 99 1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1911 BGB ................. 99 1. Die Vorschrift des § 1911 Abs.l BGB ........................ 99 2. Die Vorschrift des § 1911 Abs.2 BGB ........................ 100 II. Die Abgrenzung ............................................. 100 § 4 Die Auswahl und Bestellung des Nachlaßpflegers .......................... 101 A. Die Rechtsgrundlagen ............................................ 101 1. Die Anwendung der Regeln über die Pflegschaft im Sinne des Familienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 101 H. Die Anwendung der Regeln der Vormundschaft über Volljährige ... 102

B. Die Auswahl des Nachlaßpflegers .................................. 1. Vorbemerkung .............................................. 1. Die Berufung zum Nachlaßpfleger. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 2. Die Hinderungsgründe. . ... . ... . . . . . . .. ... .. . . . . .. . . . .. . . .. a) Die Unfahigkeit ........................................ b) Die "Untauglichkeit" .................................... H. Die Grundsätze für die Auswahl des Nachlaßpflegers ............. 1. Die Eignung nach den persönlichen Verhältnissen ............. a) Die intellektuellen Fähigkeiten ........................... b) Die Charaktereigenschaften ..............................

103 103 103 104 104 104 105 105 105 106

Inhaltsverzeichnis

9

2. Die Eignung nach der Vermögenslage ........................ 106 3. Die Eignung nach den sonstigen Umständen. . . . .. . . . . . . . . . . .. 108 C. Die I. II. III.

Übernahmepflicht und das Ablehnungsrecht ..................... Die Übernahmepflicht .................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Der Ausschluß der Übernahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Das Ablehnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. l. Die einzelnen Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Geltendmachung des Ablehnungsrechts .................. 3. Die grundlose Ablehnung und die Verhängung von Zwangsgeld

108 108 108 109 109 109 110

D. Die Bestellung des Nachlaßpflegers ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die Bestellung .............................................. l. Der Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Form ................................................ 3. Der Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Die Wrrkung ............................................. II. Die Bestallungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

110 110 110 110 111 112 112

E. Die Bestellung mehrerer Nachlaßpfleger und eines "Gegen-Nachlaßpflegers" 112 I. Die Bestellung mehrerer Nachlaßpfleger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 112 II. Die Bestellung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" ................... 113

Dritter Teil Die Durchfiihnmg der Nachlaßpflegschaft § J Vorbemerkung .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

114 114

A. Die Zuständigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 114 B. Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und Nachlaßgericht ........... I. Der Grundsatz der Selbständigkeit des Nachlaßpflegers. . . . . . . . . . .. II. Die Aufsicht des Nachlaßgerichts .............................. l. Die Leitlinie für die Ausübung der Aufsicht .................. 2. Die einzelnen Aufsichtsmittel ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Unterrichtung ...................................... b) Die Rechnungslegung. .. . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. c) Die Genehmigungsvorbehalte ............................ aa) Die genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte bb) Die Rechtslage ohne die erforderliche Genehmigung, die Genehmigung d) Die Ausnahmebewilligung ............................... e) Das Einschreiten gegen Pflichtwidrigkeiten durch Gebote und Verbote ............................................... aa) Pflichtwidrigkeit des Nachlaßpflegers bb) Verschulden ce) Art der Gebote und Verbote

114 114 115 115 116 116 116 117

120 120

10

Inhaltsverzeichnis t) Die Festsetzung von Zwangsgeld (§ 1837 Abs.2 Satz 1 BGB analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 121 aa) Die Voraussetzungen bb) Das Verfahren g) Die Entlassung des Nachlaßpflegers ....................... 122

C. Die Rechtsstellung des Nachlaßpflegers ............................. l. Die privatrechtliche Rechtsstellung des Nachlaßpflegers ........... H. Der Nachlaßpfleger als (gesetzlicher) Vertreter oder Träger eines privaten Amtes .............................................. 1. Die Ansichten in Rechtsprechung und Literatur ............... a) Der Nachlaßpfleger als (gesetzlicher) Vertreter .............. b) Der Nachlaßpfleger als Träger eines privaten Amtes ......... 2. Die eigene Ansicht ........................................ a) Zur Vertretertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Zur Amtstheorie ....................................... c) Die Entscheidung der Frage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Materiell-rechtliche Fragen: Verfligungsgeschäfte, Erwerbshandlungen, Begründung von Verbindlichkeiten bb) Prozeßrechtliche Fragen: Allgemeiner Gerichtsstand, Zeugnisverweigerungsrecht, Parteivernehmung, Prozeßkostenhilfe, Prozeßkosten cc) Entscheidung

122 122 123 123 123 124 125 125 127 128

§ 2 Die Aufgaben des Nachlaßpflegers ...................................... 135

A. Allgemeine Beschreibung ......................................... 1. Der Zweck der Nachlaßpflegschaft als Maßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Der Zweck der Sicherungspflegschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Der Zweck der Prozeßpflegschaft ............................ H. Die ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen .................. 1. Die ausdrücklich genannten Pflicht-Aufgaben ................. a) Auskunft über den Bestand des Nachlasses. . . . . . . . . . . . . . . .. b) Steuerliche Pflichten .................................... 2. Die ausdrücklich genannten fakultativen Aufgaben ............. a) Einreden der §§2014, 2015 Abs.1 BGB .................... b) Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens ............. c) Antrag auf Zwangsversteigerung eines Grundstücks. . . . . . . . .. d) Antrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses . . . . . . . . . . . . . . .. e) Antrag auf Eröffnung des Nachlaßvergleiches ............... f) Bewilligung von Grundbucheintragungen .................. g) Weiterflihrung eines Betriebes ......................... . .. aa) §46 Abs.2 GewO bb) §6 Satz2 EHG ce) § 10 Satz 2 GaststättenG dd) § 4 Abs. 1 Satz 1 HandwO ee) § 19 Abs.1 Halbsatz2 PBefG ft) §19 GüKG III. Die entsprechende Anwendung des Vormundschaftsrechts ......... IV. Die Anordnungen dritter Personen, insbesondere des Erblassers .... V. Zusammenfassung ...........................................

135 135 135 136 137 137 137 137 138 138 139 139 140 140 141 141

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Inhaltsverzeichnis B. Die wichtigsten Aufgaben des Nachlaßpflegers während seiner Amtszeit

11 144

1. Die Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die Feststellung des Nachlaßbestandes ....................... 2. Die Sicherstellung des Nachlasses ........................... 3. Die Anlegung der Nachlaßgelder; die Aufbewahrung von Wertpapieren und Kostbarkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Trennung der Vennögen ............................. b) Die Anlegung der Nachlaßgelder ......................... c) Die Aufbewahrung von Wertpapieren ..................... aa) Die Inhaberpapiere bb) Die Buchforderungen cc) Sonstige Wertpapiere dd) Die Befreiung durch das Nachlaßgericht d) Die Aufbewahrung von Kostbarkeiten ..................... 4. Die Behandlung des sonstigen Nachlasses ....................

144 144 146

11. Die Aufgaben des Nachlaßpflegers im weiteren Verlauf seiner Amtszeit 1. Die Ausgangslage ......................................... 2. Die Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses. . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Erhaltung des Nachlasses ............................ b) Die Verwaltung des Nachlasses ........................... c) Zusammenfassung ........................ . . . . . . . . . . . . .. d) Einzelne Maßnahmen des Nachlaßpflegers ................. aa) Verfügung über Nachlaßgegenstände, Veräußerung, Liquidierung des Nachlasses bb) Begründung von Verbindlichkeiten ce) Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten e) Die Pflicht des Nachlaßpflegers zur Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß. . . . .. . . . .. . . . . . . . . .. .. . .. . . . . . . . . . . . .. . . .. aa) Grundsätzliche Probleme der Haftungsbeschränkung bei einer Nachlaßpflegschaft bb) Der Schutz des Nachlasses vor den Eigengläubigem des Erben cc) Der Schutz des Nachlasses vor einzelnen Nachlaßgläubigern: Nachlaßkonkurs- und Nachlaßvergleichsverfahren, Nachlaßverwaltung, Einreden der §§ 1990, 1991 BGB, Einreden der §§ 1973, 1974 BGB dd) Der "Schutz des Nachlasses" vor allen Nachlaßgläubigern ee) Der Schutz des Nachlasses vor dem Erben Zusammenfassung 3. Die Ennittlung des Erben .................................. a) Die Begründung einer derartigen Pflicht des Nachlaßpflegers.. aa) Die Erbenennittlung als Aufgabe des Nachlaßgerichts bb) Die Erbenennittlung als Aufgabe des Nachlaßpflegers cc) Die Erbenennittlung durch den Nachlaßpfleger als Teil seiner Sicherungs tätigkeit b) Die Durchführung der Erbenennittlung . .. . . . . .. . . . .. . . . . .. c) Die Tätigkeit des Nachlaßpflegers bei der Erbenennittlung ...

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III. Die Aufgaben des Nachlaßpflegers in Sonderfällen. . . . . . . . . . . . . . .. 1. Bei Testamentsvollstreckung ................................ 2. Bei Nachlaßverwaltung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Bei Nachlaßkonkurs .......................................

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Inhaltsverzeichnis 4. Bei Nachlaßvergleich ...................................... 182 5. Bei Miterbengemeinschaft .................................. 183 IV. Die Unterschiede in den Aufgaben eines Sicherungspflegers und eines Prozeßpflegers; zugleich Zusammenfassung zu den Aufgaben ...... 184

§ 3 Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger, vorläufigem und endgültigem Erben ... 186

A. Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und vorläufigem Erben ........ I. Das Verhältnis im außerprozessualen Bereich .................... 11. Das Verhältnis im prozessualen Bereich ......................... 1. Beim Erbfall noch nicht anhängige Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Passivprozesse ......................................... b) Aktivprozesse .......................................... 2. Beim Erbfall bereits anhängige Prozesse ...................... a) Passivprozesse ......................................... b) Aktivprozesse .......................................... c) Aussetzung der Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

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III. Das Verhältnis im Bereich der Zwangsvollstreckung. . . . . . . . . . . . . .. 1. Nach dem Erbfall beginnende Zwangsvollstreckung ............ a) Passivvollstreckung ..................................... b) Aktivvollstreckung ...................................... 2. Beim Erbfall bereits begonnene Zwangsvollstreckung. . . . . . . . . .. a) Passivvollstreckung ..................................... b) Aktivvollstreckung ......................................

191 191 191 191 191 191 191

B. Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und endgültigem Erben . . . . . . .. 192 I. Das Verhältnis im außerprozessualen Bereich .................... 192 11. Das Verhältnis im prozessualen Bereich ......................... 1. Beim Erbfall noch nicht anhängige Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Passivprozesse ......................................... aa) Klage gegen den Erben bb) Klage gegen den Nachlaßpfleger b) Aktivprozesse .......................................... aa) Klage des Erben bb) Klage des Nachlaßpflegers c) Konfliktfälle ........................................... 2. Beim Erbfall bereits anhängige Prozesse ......................

194 194 194

III. Das Verhältnis im Bereich der Zwangsvollstreckung. . . . . . . . . . . . . .. 1. Nach dem Erbfall beginnende Zwangsvollstreckung ............ a) Passivvollstreckung ..................................... b) Aktivvollstreckung ...................................... 2. Beim Erbfall bereits begonnene Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . .. a) Passivvollstreckung ....... :............................. b) Aktivvollstreckung ......................................

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IV. Die Wtrkung von Urteilen aus Prozessen des Nachlaßpflegers ...... 198 V. Die Umschreibung der Vollstreckungsklausel .................... 199

Inhaltsverzeichnis

13

§4 Die Haftung des Nachlaßpflegers .......................................

199

A. Die Haftung gegenüber dem Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die Haftung gemäß § 1833 Abs.l Satz 1 BGB analog .............. 1. Voraussetzungen .......................................... a) Wirksame Bestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Verschulden ............ ;.............................. aa) Eigenes Verschulden bb) Fremdes Verschulden d) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Die Haftung mehrerer Nachlaßpfleger, des "Gegen-Nachlaßpflegers" ................................................. 11. Die Haftung gemäß allgemeinen Vorschriften ....................

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B. Die Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die Haftung nach besonderen Vorschriften ...................... 1. Die Haftung wegen Verletzung der Auskunftspflicht . . . . . . . . . . .. 2. Die Haftung wegen Verletzung der steuerlichen Pflichten ....... 11. Die Haftung in Analogie zu § 1985 Abs. 2 Satz 1 BG B .............

203 203 203 203 204

202 202 202 203

Vierter Teil

Die Beendigung der NachlaßpOegschaft

206

§ 1 Das Ende des Amtes des Nachlaßpflegers ................................ 206 A. Das I. 11. III.

Ende kraft Gesetzes .......................................... Die Beendigung der Nachlaßpflegschaft ......................... Der Tod des Nachlaßpflegers .................................. Die Entmündigung des Nachlaßpflegers .........................

206 206 206 207

B. Das Ende durch Entlassung ....................................... I. Die EntlassungsgfÜnde ....................................... 1. Die Gefahrdung des Nachlasses (§ 1886 Alt. 1 BGB analog) . . . . .. 2. Die UntauglichkeitsgfÜnde (§ 1886 Alt. 2 BGB analog) .......... 3. Die Versagung oder Rücknahme einer erforderlichen Erlaubnis (§ 1888 BGB analog) ....................................... 4. Der eigene Antrag des Nachlaßpflegers (§ 1889 Abs. 1 BGB analog) a) Wichtiger Grund ....................................... b) Antrag des Nachlaßpflegers .............................. 5. Die Entlassung bei Bestellung unter Vorbehalt (§ 1790 BG Banalog) 11. Das Entlassungsverfahren .....................................

207 207 207 208 208 209 209 210 210 210

C. Die Folgen des Amtsendes ........................................ 210 I. Die Bestellung eines neuen Nachlaßpflegers ..................... 211 11. Die Rückgabe der Bestallung .................................. 211

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Inhaltsverzeichnis III. Die Herausgabe des Nachlasses ................................ IV. Die Rechenschaftspflicht ...................................... V. Das Recht und die Pflicht zum Weiterhandeln ................... 1. Das Recht zur Fortflihrung der Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Pflicht zur Fortflihrung der Geschäfte .................... VI. Der Aufwendungsersatzanspruch und die Vergütung.. . .. . . . . . .. .. VII. Die Folgen flir die Handlungsmacht des vorläufigen und endgültigen Erben ...................................................... VIII. Die Folgen flir anhängige Prozesse und Zwangsvollstreckungsverfahren 1. Die Prozeßverfahren ....................................... 2. Die Zwangsvollstreckungsverfahren ..........................

211 211 211 211 212 212 212 212 212 213

D. Das Ende des Amtes eines "Gegen-Nachlaßpflegers" . .. . . .. . .. . . .. . . .. 213 §2 Das Ende der Nachlaßpjlegschaft .............. . . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . .. 213

A. Gerichtliche Aufhebung oder Beendigung kraft Gesetzes .............. 213

B. Die Aufhebung durch das Nachlaßgericht ........................... I. Der Wegfall des Anordnungsgrundes ........................... 1. Bei der Sicherungspflegschaft ............................... a) Die Annahme der Erbschaft ............................. b) Der Wegfall des Sicherungsbedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Bei der Prozeßpflegschaft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Annahme der Erbschaft ............................. b) Der Wegfall der Notwendigkeit der Bestellung eines Prozeßpflegers ............................................... c) Die Rücknahme des Antrags. . . .. . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . .. .. 11. Das Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

214 214 214 215 215 215 216 216 216 216

C. Das Ende der Nachlaßpflegschaft kraft Gesetzes. . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. 217 §3 Die Folgen des Endes der Nachlqßpjlegschaft ............................. 218 A. Das Ende der Rechtsstellung als Nachlaßpfleger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 218

B. Die Rückgabe der Bestallung ...................................... 218 C. Die Herausgabe des Nachlasses. . . . .. . . . .. . . . .. . . . .. . . .. . . . . . . .. . .. I. Die Voraussetzungen der Herausgabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Der Inhalt der Herausgabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Der Umfang der Herausgabepflicht .......................... 2. Der Inhalt der Herausgabepflicht im einzelnen ................ a) Herausgabe ...................................... . . . . .. b) Verzeichnis des Nachlaßbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Die Parteien des Herausgabeanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Der Schuldner des Herausgabeanspruchs ..................... 2. Der Gläubiger des Herausgabeanspruchs ..................... IV. Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs ..... : ............

219 219 219 219 219 220 220 220 220 220 221

Inhaltsverzeichnis

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V. Die "Gegenrechte" des Nachlaßpflegers ......................... 222 1. Der Anspruch auf Erteilung einer Quittung ................... 222 2. Das Zurückbehaltungsrecht ., . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 222 D. Die Rechenschaftsablegung ........ , . . ... . . . . . . .. . . . .. . . . . . . .. .. . .. I. Die Voraussetzungen der Rechenschaftspflicht ................... H. Der Inhalt der Rechenschaftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Der Umfang der Rechenschaftspflicht ........................ 2. Der Inhalt der Rechenschaftspflicht im einzelnen .............. a) Rechnungsmitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Vorlage von Belegen .,................................... c) Versicherung an Eides Statt .............................. III. Die Mitwirkung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" und des Nachlaßgerichts .................................................... 1. Die Mitwirkung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Mitwirkung des Nachlaßgerichts ......................... a) Einreichung der Rechnung an das Nachlaßgericht. . . . . . . . . .. b) Prüfung der Rechnung durch das Nachlaßgericht. . . . . .. . . . .. c) Vermittlung der Rechnungsabnahme ...................... d) Beurkundung des Anerkenntnisses ........................

222 222 223 223 223 223 224 224

IV. Die Parteien des Anspruchs auf Rechenschaftsablegung ........... 1. Der Schuldner des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Der Gläubiger des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. V. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Rechenschaftsablegung . . .. VI. Die "Gegenrechte" des Nachlaßpflegers ......................... 1. Der Anspruch auf Erteilung eines Empfangsbekenntnisses ...... 2. Das Zurückbehaltungsrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Der Anspruch auf Entlastung ...............................

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E. Das Recht und die Pflicht zum Weiterhandeln ....................... I. Das Recht zum Weiterhandeln .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die Voraussetzungen des Rechts zum Weiterhandeln ........... 2. Die Rechtsfolgen .............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. H. Die Pflicht zum Weiterhandeln ................................

228 228 228 229 229

224 224 224 224 225 225 225

F. Der Aufwendungsersatzanspruch und die Vergütung .................. 230

G. Die Folgen für die Handlungsmacht des vorläufIgen und endgültigen Erben ............................................... 230 H. Die Folgen für anhängige Prozesse und Zwangsvollstreckungsverfahren .. 230 I. Die Prozeßverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 230 H. Die Zwangsvollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 232

J. Die I. H. III.

Pflichten eines "Gegen-Nachlaßpflegers" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Das Ende der Rechtsstellung als "Gegen-Nachlaßpfleger" .......... Die Rückgabe der Bestallung .................................. Die Herausgabe des Nachlasses ................................

232 232 232 232

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Inhaltsverzeichnis IV. Die Rechenschaftsablegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 233 V. Das Recht zum Weiterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 233

§ 4 Der Aujwendungsersatzanspruch und die Vergütung des Nachlaßpflegers ....... 233 A. Der AufWendungsersatzanspruch des Nachlaßpflegers ................. I. Der Anspruch auf (nachträglichen) Ersatz von AufWendungen . . . . .. 1. Die Voraussetzungen ...................................... a) Erbrachte Aufwendungen des Nachlaßpflegers .............. aa) AufWendungen im Sinne des § 670 BGB bb) Bestimmung des § 1835 Abs.2 BGB analog b) AufWendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft c) Vom Nachlaßpfleger für erforderlich gehaltene AufWendungen 2. Die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Der Ersatzanspruch gegen den Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Ersatz in Geld bb) Verzinsungspflicht cc) Befreiungsanspruch dd) Geltendmachung des AufWendungsersatzanspruchs ee) Verjährung b) Der Ersatzanspruch gegen die Staatskasse .................. aa) Mittellosigkeit des Nachlasses bb) Inhalt des Anspruchs cc) Realisierung des AufWendungsersatzanspruchs dd) Verjährung 11. Der Anspruch auf Vorschuß (vorweggenommenen Ersatz von Aufwendungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die Voraussetzungen ...................................... a) Zu erbringende AufWendungen des Nachlaßpflegers.. . . . . . .. b) AufWendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft c) Erforderlichkeit der AufWendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft .................................. d) Das Verlangen nach Vorschuß ............................ 2. Die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Der Vorschußanspruch gegen den Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Geldzahlung bb) Höhe des Vorschusses cc) Verwirklichung des Vorschußanspruchs dd) Verjährung des Vorschußanspruchs ee) Abrechnung und Rückzahlung des Vorschusses b) Der Vorschußanspruch gegen die Staatskasse ...............

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B. Der AufWendungsersatzanspruch des "Gegen-Nachlaßpflegers" ......... 243

c.

Die Vergütung des Nachlaßpflegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 244 I. Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 244 11. Die Bewilligung einer Vergütung als Ausnahme ................. 1. Die Entscheidung über die Vergütung dem Grunde nach ....... a) Sinn und Zweck der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Das Vermögen ,,Nachlaß" . . . . . . . . . . . ... . . . . . . .. . . . .. . . . .. c) Der Umfang und die Bedeutung der Tätigkeit des Nachlaßpflegers

245 245 245 245 246

Inhaltsverzeichnis aa) Wirkungskreis des Nachlaßpflegers bb) Risiko einer Haftung cc) Dauer der Tätigkeit dd) Erfolg oder Mißerfolg der Tätigkeit 2. Die Entscheidung über die Vergütung der Höhe nach .......... a) Der Maßstab fur die Höhe der Vergütung .................. b) Einzelheiten zur Höhe der Vergütung ..................... c) Zusammenfassung ...................................... III. Das Bewilligungsverfahren .................................... IV. Die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs ..................

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D. Die Vergütung des "Gegen-Nachlaßpflegers" ......................... 252 E. Besonderheiten des Aufwendungsersatzanspruchs und der Vergütung eines "Berufsnachlaßpflegers" ........................................... I. Die Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Die verfassungsrechtlichen Konsequenzen ....................... 1. Die Rechtsposition des Berufsvormunds/Berufspflegers ......... 2. Die Rechtsposition des Mündels/Pfleglings/Erben ............. III. Die Folgerungen fur den Aufwendungsersatz und die Vergütung des "Berufsnachlaßpflegers" .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die Anwendung der dargestellten Grundsätze auf den Nachlaßpfleger 2. Der Begriff des ,,Berufsvormunds/Berufsnachlaßpflegers" . . . . . . .. 3. Der Aufwendungsersatz des "Berufsnachlaßpflegers" ........... 4. Die Vergütung des "BerufsnachIaßpflegers" ...................

253 253 254 254 254 255 255 255 256 256

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 257

Abkürzungen Die in der Arbeit verwendeten Abkürzungen entsprechen den Vorschlägen von Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Auflage BerliniNew York 1983, mit folgender Ausnahme: ROLG

Rechtsprechung der Oberlandesgerichte

Erster Teil

Die Nachlaßpflegschaft als staatliche Fürsorge anIäßlich eines Erbfalls § 1 Die Gestaltung des Erbschaftserwerbs nach dem BGB A. Die Grundsätze der Gesamtrechtsnachfolge, des Selbst-Übergangs und des Sofort-Erwerbs der Erbschaft Nach der Vorschrift des § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tod einer natürlichen Person deren Vermögen als Ganzes - genauer: deren gesamte vererbliche Rechtsstellung l - auf eine andere Person, den (berufenen) Erben über. Stellte man allein auf die genannte Bestimmung ab, ließe sich der Erbschaftserwerb in folgenden drei Grundsätzen beschreiben: - Das gesamte Vermögen des Erblassers geht als Einheit auf den Erben über; einzelne Übertragungs- oder Erwerbsakte sind nicht nötig, wären wegen des Todes des Erblassers auch nicht möglich: Prinzip der Universalsukzession oder Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge. - Der Erbe erhält die Erbschaft kraft Gesetzes, ohne sein Wissen und Wollen, sogar gegen seinen Willen; sie fallt ihm ohne sein Zutun an: Anfall-, ipso-iure-, eo-ipso- oder Unmittelbarkeitsprinzip, Grundsatz des Von-Selbst-Erwerbs oder des Selbstübergangs. - Das Vermögen des Erblassers geht auf den Erben im Augenblick des Todes des Erblassers über; die Erbschaft hat zu jeder Zeit einen Rechtsträger: ipsomomento-Prinzip oder Grundsatz des Sofort-Erwerbs. Eine unbefangene Lesart des § 1922 Abs. 1 BGB vermittelt den Eindruck, als setze der Erbe das Rechtsleben des Erblassers ununterbrochen fort, als sei das Vermögen des Erblassers auch weiterhin, und zwar uneingeschränkt und ohne Unterbrechung, einer anderen Person zugeordnet, als besitze sie bezüglich der einzelnen Erbschaftsgegenstände dieselbe Rechtsrnacht wie der Erblasser selbst. Der Erbe werde im Augenblick des Erbfalls unumschränkter Herr des Nachlasses. Diesen Eindruck verstärkt das Gesetz, indem es diejenige Person, der die Erbschaft anfällt, bereits als "Erbe" bezeichnet (siehe aber § 1959 Abs. 1 BGB: "derjenige, welcher Erbe wird"!). 1 Grundlegend Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 25 ff., 62 ff., 97 ff.; ders., in: RGPraxis III, S. 216ff., 262ff.; ders. JW 1938, 2634ff.

2'

20

1. Teil: Nachlaßpflegschaft als staatliche Fürsorge

Während gegen das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge keine Bedenken vorgetragen werden, die Einwände gegen den Grundsatz des Selbstübergangs nicht durchschlagen2, sieht es mit dem Prinzip des Sofort-Erwerbs 3 anders aus. Eine ausschließliche Berücksichtigung der Vorschrift des § 1922 Abs. 1 BGB gäbe die Rechtslage nur unvollkommen wieder. Die Annahme, das BGB gehe von einem sofortigen vollen Erbschaftserwerb im Augenblick des Erbfalls aus, trügt. B. Die Hindernisse für einen sofortigen vollen Erbschaftserwerb I. Die Erbfähigkeit der Leibesfrucht

Gemäß § 1923 Abs. 2 BGB kann eine zur Zeit des Erbfalls erzeugte, aber noch nicht lebend geborene Person (nasciturus) Erbe werden - entgegen der Grundregel des § 1923 Abs. 1 BGB, daß nur Erbe werden kann, wer zur Zeit des Erbfalls schon gelebt hat und noch lebt (Erfordernis der Koexistenz von Erbe und Erblasser). Damit aber der Vorschrift des § 1922 Abs. 1 BGB - Vermögensübergang mit dem Tod des Erblassers - genügt wird, damit die Erbschaft mit dem Erbfall auf den Erben übergehen kann, fmgiert das Gesetz, die Leibesfrucht sei vor dem Erbfall geboren. In Wahrheit fallen Erbfall und Anfall der Erbschaft auseinander; lediglich die Wirkung des Anfalls wird zurückbezogen4 • Zwischen dem Tod des Erblassers und der Lebendgeburt der Leibesfrucht klafft ein Zeitraum, in dem die Erbschaft (wegen der Ungewißheit einer Lebend- oder Totgeburt) im Tatsächlichen noch keiner Person zugeordnet werden kann. Es fehlt an einem Herrn des Nachlasses. 11. Der Anfall der Erbschaft

Zwar geht das gesamte Vermögen des Erblassers als Einheit auf den (berufenen) Erben über, doch wird dieser mit dem Anfall nicht zum Zwangsinhaber der Erbschaft. Das Gesetz gibt ihm vielmehr die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen (§ 1942 Abs. 1BGB). Schlägt der Erbe aus, gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt (§ 1953 Abs. 1BGB). Die Rechtslage soll nunmehr so angesehen werden, als habe sie schon in der Vergangenheit bestanden, als sei der Berufene niemals Erbe gewesen. Die Erbschaft fällt dann demjenigen an, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte (§ 1953 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB). FOlglich müßte man die Erbschaft rur die Zeit zwischen Erbfall und Anfall an den Nächstberufenen als herrenlos ansehen 5. Um diese Konsequenz zu vermeiden, arbeitet das Gesetz mit einer weiteren Fiktion: Wird die Erbschaft aus2 Siehe insbesondere v. Lübtow 11 S. 651 ff.; ders., Probleme, S. 10 ff. Bei seinen Ausführungen bleibt allerdings unklar, ob er nicht das Anfallprinzip und das ipso-momento-Prinzip vermengt und nur das ipso-momento-Prinzip bekämpft. Daß das Anfallprinzip nicht auch einen Sofort-Erwerb bedeutet, hat Kirchhofer (§ 8 S. 54ff.) überzeugend dargelegt. 3 Kirchhofer § 8 S. 54ff., 60. . 4 Mugdan V S. 260. 5 Dazu vor allem v. Lübtow, Probleme, S. 13 f.

§ 1 Gestaltung des Erbschaftserwerbs

21

geschlagen, gilt der Anfall an den Nächstberufenen als mit dem Erbfall erfolgt (§ 1953 Abs.2 Halbsatz 2 BGB). Auch hier zeigt sich, daß die Forderung des § 1922 Abs. 1 BGB - Vermögensübergang auf den berufenen Erben mit dem Tod des Erblassers - nur mit Hilfe von Fiktionen erfüllt werden kann. III. Die Geschäftsführung des Erben vor der Ausschlagung

Die juristische Fiktion ist gekennzeichnet durch die rechtliche Gleichbewertung von Sachverhalten in Kenntnis ihrer tatsächlichen Ungleichheit 6• Die Rückwirkung der Ausschlagung (§ 1953 Abs. 1, 2 BGB) darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß in der Vergangenheit tatsächlich ein Anfall an den Erstberufenen stattgefunden hat, daß der Erstberufene bis zur Ausschlagung Erbe gewesen ist. An dieser Tatsache kann das Gesetz nicht rütteln und tut es auch nicht, weil selbst mittels einer Fiktion die Vergangenheit nicht umgestaltet werden kann7 • Die Folgerungen daraus, daß der ausschlagende Erstberufene Erbe gewesen ist, durch die Ausschlagung erst aufhört, Erbe zu sein, zieht das Gesetz in § 1959 BGB. Die Vorschriften des § 1959 BGB regeln einmal das Rechtsverhältnis zwischen dem ausschlagenden Erben und demjenigen, "welcher Erbe wird" (Absatz 1), zum zweiten die Wirksamkeit von Verfügungen des ausschlagenden Erben vor der Ausschlagung (Absatz 2) und zum dritten die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften gegenüber dem ausschlagenden Erben (Absatz 3). Die nähere Ausgestaltung der Regelung, wonach der ausschlagende Erbe bezüglich des Nachlasses nicht wie jeder beliebige Nichtberechtigte behandelt wird, berücksichtigt die Tatsache, daß er bis zur Ausschlagung rechtmäßiger Inhaber des Nachlasses gewesen ist. Deshalb beurteilt sich zum Beispiel das Rechtsverhältnis zwischen ausschlagendem Erben und demjenigen, "welcher Erbe wird", nicht nach Delikts- oder Bereicherungsrecht, sondern gemäß § 1959 Abs. 1 BGB nach den Bestimmungen des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 tf. BGB in entsprechender Anwendung)8. Ist der ausschlagende Erbe bis zur Ausschlagung berechtigter Rechtsträger des Nachlasses, dann braucht er sich in dieser Zeit - wie jeder andere Vermögensinhaber - nicht um das ihm angefallene Vermögen zu kümmern; er darf untätig bleiben9. So knüpft das Gesetz an das Verhalten des ausschlagenden Erben nur dann Rechtsfolgen gemäß § 1959 Abs. 1 BGB, wenn er "erbschaftliche Geschäfte besorgt". Der Ausdruck "Besorgen'6. Vielleicht enthalten diese Aussagen des Bundesgerichtshofes erste Anzeichen für eine Wende in seiner Rechtsprechung, die den Nachlaßpfleger bislang stets als gesetzlichen Vertreter bezeichnet hat24 • Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch deren Wohnsitz bestimmt

(§ 12 ZPO). Will ein Nachlaßgläubiger seinen Anspruch gegen den· Nachlaß

gerichtlich geltend machen, ist ihm bei Anwendung der Vertretertheorie unmöglich, das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen, weil die Partei des Rechtsstreits nicht genau bezeichnet werden kann (" ... der oder die unbekannten Erben des Erblassers ... , vertreten durch ... als Nachlaßpfleger"). Die Amtstheorie erlaubt dagegen eine zwanglose Problernlösung. Da der Nachlaßpfleger die formale Parteistellung innehat, ist zur Bestimmung des allgemeinen Gerichtssstandes auf seinen Wohnsitz abzustellen67 • In der Praxis werden allerdings die Schwierigkeiten der Vertretertheorie gemildert durch die Vorschriften der §§ 27, 28 ZPo. Danach können Klagen wegen Nachlaßverbindlichkeiten - nur solche interessieren im Hinblickauf§§ 1960 Abs. 3, 1961 BGB - vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit eines Todes den allgemeinen Gerichtsstand (vgl. §§ 12, 13,16 ZPO) gehabt hat (vgl. § 27 Abs. 1 ZPO), im Falle des § 28 ZPO jedoch nur, solange 66BGH NJW 1983, 226 m. Anm. v. Dieckmann FamRZ 1983, 582. 67 Stein I Jonas I Schumann § 13 RdNr.17 gegen Rosenberg I Schwab § 40 III 2 b S. 207 und Jaeger I Henckel § 6 RdNr. 63, die den üblichen Verwaltungsmittelpunkt des Nachlasses maßgebend sein lassen wollen. 9*

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

sich der Nachlaß noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben - sollte dies bekannt sein - noch als Gesamtschuldner (vgl. §§ 2058 ff. BGB) haften68 • Hinsichtlich des Zeugnisvenveigerungsrechts will das Gesetz den in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO genannten Personen Konfliktlagen ersparen, die dadurch entstehen, daß ein Prozeß um Rechte und Pflichten einer Person geführt wird, die dem Zeugnisverweigerungsberechtigten nahesteht. Sieht man mit der Vertretertheorie den Nachlaßpfleger als Vertreter des unbekannten Erben an, dann besäßen das Zeugnisverweigerungsrecht der Verlobte, der Ehegatte, die Verwandten und Verschwägerten des unbekannten Erben; denn er ist Partei, den Angehörigen des gesetzlichen Vertreters gibt das Gesetz kein Zeugnisverweigerungsrecht. Weil aber die Partei nicht individualisiert werden kann, dürfte es der Vertretertheorie nicht gelingen, den Kreis der zeugnisverweigerungsberechtigten Personen festzulegen. Anders die Amtstheorie: Nach ihr ist Partei der Nachlaßpfleger. Daß der Nachlaßpfleger den Vorschriften des Beweises durchParteivemehmung (§§445 ff. ZPO) unterliegt, ergibt sich für die Amtstheorie aus seiner Stellung als Partei kraft Amtes. Dasselbe Ergebnis leitet die Ve'rtretertheorie aus § 455 Abs. 1 ZPO ab. Danach ist der Nachlaßpfleger als gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben ebenfalls als Partei zu vernehmen 69; denn der unbekannte Erbe steht in einem vom Nachlaßpfleger geführten Rechtsstreit nach § 53 ZPO einer nicht prozeßfahigen Person gleich7o . Bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO) kann sich die Amtstheorie auf die ausdrückliche Bestimmung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO stützen. Der Nachlaßpfleger als Partei kraft Amtes erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten eines Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse, dem Nachlaß, nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Wirtschaftlich beteiligt am Rechtsstreit sind der Nachlaßgläubiger und der Erbe. Da dieser unbekannt ist, erlangt die zuletzt genannte Voraussetzung für seine Person keine Bedeutung. Ausschlaggebend ist allein die Prüfung, ob die Kosten aus dem Nachlaß aufgebracht werden können71 • Nach der Vertretertheorie ergäben sich die Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe aus § 114 ZPO, weil der unbekannte Erbe Partei des Rechtsstreits ist. Die Untersuchung, ob der unbekannte Erbe nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, ist jedoch wegen des UnbekanntSeins der Partei nicht möglich. Zudem muß die Vertretertheorie berücksichtigen, 68 Dazu

Stein I Jonas I Schumann § 28 RdNr. 5 f. Henckel § 6 RdNr. 71. 70 MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 45. 71 Vgl. nur Zöller I Schneider § 116 Anm. 11 (auf dem Boden der Vertretertheorie ). 69 Jaeger I

§ 1 Vorbemerkung

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daß der unbekannte Erbe nur mit dem Nachlaß, nicht mit seinem Eigenvermögen Partei ist. Um das für richtig erachtete Ergebnis der Amtstheorie zu erzielen, hebt die Vertretertheorie ebenfalls auf das Vermögen "Nachlaß" ab72 • Sollte im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe der Nachlaßbestand noch nicht vollständig erfaßt gewesen sein, kann das Gericht die Bewilligung gemäß § 124 Nt 3 ZPO aufheben. Probleme wirft der Fall auf, daß der Erbe für die Prozeßkosten unbeschränkt, also auch mit seinem Eigenvermögen haftet, er wegen der Größe seines Eigenvermögens die Kosten des Prozesses sehr wohl selbst aufzubringen in der Lage ist, wenn also die ursprünglich vorhandenen Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe später entfallen73 . Das Gesetz stellt hierfür keine Regelung bereit. Vom Rechtsgedanken der Prozeßkostenhilfe her, daß Hilfe nur dem Bedürftigen gewährt werden und sich niemand auf Kosten des Staates bereichern soll, wird man annehmen müssen, daß auch in diesem Fall eine Aufhebung der Bewilligung zulässig ist, mit zwei Einschränkungen: Keine rückwirkende Aufhebung, Aufhebung nurinnerhalb der Vier-jahres-Grenze seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens. Die Kosten des Prozesses, den der Nachlaßpfleger innerhalb seines Aufgabenbereichs führt und in dem er kostenpflichtig unterlegen ist, sind Nachlaßverwaltungskosten und gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 BGB74. Dafür hat der Erbe vorbehaltlich einer Haftungsbeschränkung auch mit seinem Eigenvermögen einzustehen. Wird ein Urteil über eine Nachlaßverbindlichkeit gegen einen Nachlaßpfleger (siehe §§ 1960 Abs. 3, 1961 BGB) erlassen, wird ein Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nicht in das Urteil aufgenommen (§ 780 Abs.2 ZPO). Die Verurteilung des Nachlaßpflegers ist kraft Gesetzes beschränkt. Sie bezieht sich nicht nur auf die Verurteilung in der Hauptsache (Nachlaßverbindlichkeit), sondern auch auf die Prozeßkosten75 . Die Beschränkung kann also unbedingt nach § 781 ZPO in der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden. Vor der Annahme der Erbschaft ist das allerdings nicht von Bedeutung, weil gemäß § 778 Abs. 1 ZPO eine Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß richtet, ohnehin nur in den Nachlaß zulässig ist. Die Rechtslage stellt sich damit ähnlich dar wie beim Konkurs; gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO haftet für die Kosten eines Prozesses, den der Konkursverwalter für die Masse führt, nur die Masse76 . Die Ähnlichkeit der Rechtslage ist nicht weiter verwunderlich; stellt doch das Gesetz in § 780 Abs. 2 ZPO den Nachlaßpfleger auf eine Stufe mit überwiegend anerkannten Parteien kraft Amtes, dem Nachlaßverwalter und dem Testamentsvollstrecker mit Verwaltungsbefugnis. Dieser Befund kann als Beleg dafür gewertet werden, daß das Gesetz den Nachlaßpfleger Leipold § 1960 RdNr. 58. 73 Vgl. im Sinne des Textes: ZöHer / Schneider § 124 Anm. III 3 g; Thomas / Putzo § 124 Anm. 4; jeweils mwN (auch zur Gegenmeinung). 74Vgl. nur MünchKomm/Siegmann § 1967 RdNr. 20, 31. 75 Staudinger / Marotzke § 1967 RdNr. 47. 76 Jaeger / Henckel § 6 RdNr. 72. 72 MünchKomm /

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

als eine Person ansieht, die in erster Linie mit dem Nachlaß Partei ist, was gerade die Amtstheorie betonen will. ce) Entscheidung Wie die vorstehenden Erwägungen gezeigt haben, fUhren sowohl die Vertretertheorie als auch die Amtstheorie zu brauchbaren Lösungen der Einzelprobleme; insoweit kann keine Auffassung abgelehnt werden. Dennoch ist der Amtstheorie der Vorzug zu geben. Die Vertretertheorie vermag der Eigenart des Nachlaßpflegers nur dadurch gerecht zu werden, daß sie dessen Vertreterstellung vermögensbezogen versteht: Nur bezüglich des Nachlasses soll der Nachlaßpfleger zur Vertretung des Erben befugt sein. Eine derartige, gegenständlich bezogene gesetzliche Vertretungsmacht ist ungewöhnlich. Die Berufung darauf, daß das BGB mit Ausnahme der Pflegschaft fUr Sammelvermögen (§ 1914 BGB) nur Personenpflegschaften kenne und daß deshalb der Nachlaßpfleger Vertreter einer Person sein müsse, ist nicht stichhaltig; die Behauptung gründet sich auf eine unkritische Übernahme von Begriffen aus dem römischen Recht. Demgegenüber macht die Amtstheorie deutlich, daß sich die Tätigkeit des Nachlaßpflegers in der Erflillung einer gegenständlich fest umrissenen Aufgabe erschöpft und daß er den Rechtsträger des Nachlasses nur mit dem Vorbehalt der Haftungsbeschränkung auf das Vermögen "Nachlaß" verpflichtet. Obwohl sich Laux 77 die Vermögenspfleger nicht ohne gesetzliche Vertretungsmacht denken kann, veranlaßt ihn der eben geschilderte Umstand zu der Bemerkung, die ,,Annahme einer unselbständigen Vertretungsmacht fUr den Sondergutseigner" genüge wohl nicht "zur Erklärung gewisser Erscheinungen"; es sei nötig, "eine Rechtsfigur einzuführen, welche nicht Einzel- und nicht juristische Person, aber dennoch vertretbares Rechtssubjekt ist, obwohl zugleich Rechtsobjekt"; in einer Fußnote verweist er dabei auf vermutlich ähnliche Erwägungen von Jaeger in der damaligen Auflage dessen Kommentars zur Konkursordnung (§ 6 KO Anm. 16). Sieht man auf dem Boden des heutigen Erkenntnisstandes davon ab, daß ein Vermögenspfleger ohne gesetzliche Vertretungsmacht nicht vorstellbar ist, dann scheint die Qualifikation des Nachlaßpflegers als Träger eines privaten Amtes und als Partei kraft Amtes im Prozeß genau dieser Forderung von Laux zu entsprechen, um die Eigenarten des Nachlaßpflegers zu erklären. Kein Argument fUr die Amtstheorie ist, daß der Nachlaßpfleger - wie der Nachlaßverwalter und der Nachlaßkonkursverwalter - sowohl die Belange des Erben als auch die der Nachlaßgläubiger zu wahren habe; das könne die Vertretertheorie nicht hinreichend verständlich machen, weil der Begriff der Vertretung dazu verleite, sie mit einer einseitigen Vertretung der Interessen des unbekannten Erben gleichzusetzen78 • Entgegen der herrschenden Meinung wird nämlich der Nach77Laux JherJb 71, 309, 343 ff.

78Ygl. nur Jaeger I Hencke1 § 6 RdNr. 166.

§2 Aufgaben

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laßpfleger ausschließlich tätig zum Schutz des Interesses des unbekannten Erben am Erhalt des vollständigen Nachlasses. Beide Theorien haben damit zu kämpfen, daß der Erbe unbekannt ist. Gerade in prozessualen Fragen dürfte jedoch die Amtstheorie über diese Schwierigkeiten leichter hinweghelfen, eben weil sie nicht auf die Anknüpfung an einen Vertretenen ausgewiesen ist.

§ 2 Die Aufgaben des Nachlaßpflegers A. Allgemeine Beschreibung I. Der Zweck der NachlaBpOegschaft als Maßstab

Das Gesetz enthält nur wenige Vorschriften, die einem Nachlaßpfleger ausdrücklich Rechte und Pflichten zuweisen. Man hat es für undurchführbar gehalten, den Wirkungskreis eines Nachlaßpflegers näher zu kennzeichnen79 • Derartige Bestimmungen hätten nach Auffassung des Gesetzgebers doch nicht erschöpfend sein können. Eine Verweisung auf verschiedene für den Testamentsvollstrecker (§§ 2197 bis 2228 BGB) geltende Normen hat man ebenfalls nicht für richtig erachtet. Dadurch hätte das Mißverständnis entstehen können, als sei der Nachlaßpfleger "nicht ein wirklicher Pfleger, sondern ein eigenartiger Vertreter, dem eine Stellung gebühre, welche in der Mitte zwischen einem Pfleger und einem Vollstrecker stehe,m. Außerdem wäre der Wirkungskreis des Pflegers nicht zutreffend beschrieben: So sei es für den Nachlaßpflegernur eine Nebensache, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen; die Inbesitznahme, Feststellung und Verwaltung des Nachlasses folge schon aus den Vorschriften über die Pflegschaft; die Liquidation des Nachlasses zähle dagegen nicht ohne weiteres zum Aufgabenbereich des Nachlaßpflegers; auch die Gültigkeit von Rechtsgeschäften des Nachlaßpflegers hänge von anderen Voraussetzungen ab als die von Rechtsgeschäften des Testamentsvollstreckers. Infolgedessen hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, Einzelheiten des Wirkungskreises eines Nachlaßpflegers zu regeln, und ist von dem Grundsatz ausgegangen: Die Rechte und Pflichten eines Nachlaßpflegers sollen sich aus dem Zweck ergeben, dem die Nachlaßpflegschaft dient1 9 •

1. Der Zweck der Sicherungspflegschaft Die Bestellung eines Sicherungspflegers ist eines der Mittel, mit dem das Nachlaßgericht seine Aufgabe aufgrund des § 1960 Abs.l BGB erfüllt, bis zur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Der Zweck der Sicherungspflegschaft besteht also in der Sicherung des Nachlasses. Der Sicherungspfleger hat den Nachlaß vor den Gefahren zu schützen, die diesem im Zeitraum 79Mugdan V S. 293.

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zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft drohen, wenn sich während dieser Zeit keine sonstige zuverlässige Person um den Nachlaß kümmert. Der Sicherungspfleger hat dafür zu sorgen, daß das Erblasservermögen in seiner gegenständlichen oder wertmäßigen Zusammensetzung für den endgültigen Erben erhalten wird (oben 1. Teil § 3 A).

2. Der Zweck der Prozeßpflegschaft Der Prozeßpfleger wird bestellt, damit ein Nachlaßgläubiger seinen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch gerichtlich geltend machen kann (§ 1961 BGB). Die Einleitung der Prozeßpflegschaft dient der Überwindung des Beitreibungsstillstandes, der für die Nachlaßgläubiger mit dem Tod des Erblassers eintritt und bis zur Erbschaftsannahme dauert (§ 1958 BGB). Der Anlaß für die Einleitung der Prozeßpflegschaft ist also ein anderer als bei Anordnung einer Sicherungspflegschaft. Der Prozeßpfleger soll den sonst fehlenden Ansprechpartner für die Nachlaßgläubiger (im Prozeß) ersetzen; der Erblasser ist durch seinen Tod weggefallen; der Erbe kann vor der Erbschaftsannahme diese Rolle nicht übernehmen, gleichgültig um welche Art von Nachlaßverbindlichkeit es sich handelt. Dadurch, daß der Prozeßpfleger bestellt und den Nachlaßgläubigern ein Verhandlungspartner zur Verfügung gestellt ist, sind diese in der Lage, einen Prozeß fortzuführen oder einen neuen Prozeß zu beginnen; der Beitreibungsstillstand ist überwunden. Eine irgendwie geartete Tätigkeit des Prozeßpflegers ist dazu nicht erforderlich, weder beim Beginn eines neuen Verfahrens (vgl. §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO, wonach die Rechtshängigkeit der Streitsache durch die Erhebung der Klage, das heißt Zustellung der Klageschrift, begründet wird) noch bei der Fortsetzung eines durch den Tod des Erblassers unterbrochenen Verfahrens (§ 239 Abs. 1 ZPO), denn die Fortsetzung ist schon dadurch möglich, daß der Nachlaßgläubiger seine Absicht, das Verfahren fortzuführen, dem Gericht anzeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen dem Nachlaßpfleger zustellt (vgl. §§ 243,241,250 ZPO). Eine solche Betrachtungsweise entspricht kaum dem Willen des Gesetzgebers. Es darf und muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß der Prozeßpfleger in demjenigen Verfahren, für das er bestellt ist, aktiv tätig wird, er den Nachlaß gegen den erhobenen Anspruch verteidigt. Insoweit kann beim Prozeßpfleger von einer Sicherung des Nachlasses gesprochen werden, jedoch erst ab dem Zeitpunkt, in dem er bestellt ist. Erst jetzt drohen dem Nachlaß Nachteile, wenn der Prozeßpfleger nicht handelt. Der Nachlaßgläubiger kann ein Versäumnisurteil gegen den Prozeßpfleger erwirken (vgl. §§331 ff. ZPO), obwohl der geltend gemachte Anspruch gegen den Nachlaß materiell-rechtlich unbegründet ist und sich das herausgestellt hätte, wenn der Prozeßpfleger die gebotenen (Angriffs- und) Verteidigungsmittel (vgl. § 282 ZPO) vorgebracht hätte. In ihrer Zielrichtung unterscheiden sich die Tätigkeiten eines Sicherungspflegers und eines Prozeßpflegers also nicht. Beide haben unberechtigte Eingriffe in den Nachlaß abzuwehren und den Nachlaß so für den Erben aufzubewahren, wie ihn der Erblasser hinterlassen hat.

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Diese Ansicht, der Prozeßpfleger werde ebenfalls nachlaßsichernd tätig, widerspricht nicht der früher getroffenen Feststellung, die Einleitung der Prozeßpflegschaft habe nichts mit der Sicherung des Nachlasses zu tun (oben 1. Teil § 3 B). Die hier vertretene Auffassung macht nur deutlich, daß vom Anlaß zur Einleitung der Prozeßpflegschaft - Überwindung des Beitreibungsstillstandes - nicht auf die Aufgaben des Prozeßpflegers geschlossen werden kann, wie das bei der Sicherungsprozeßpflegschaft zwanglos möglich ist. 11. Die ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen

Aus dieser allgemein umschriebenen Aufgabe jedes Nachlaßpflegers - Sicherung des Nachlasses -lassen sich die Rechte und Pflichten ableiten, die das Gesetz ausdrücklich normiert hat.

1. Die ausdrücklich genannten Pflicht-Aufgaben a) Auskunft über den Bestand des Nachlasses Gemäß § 2012 Abs.l Satz 2 BGB ist der Nachlaßpfleger den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Die Auskunftspflicht erfüllt der Nachlaßpfleger, indem er den Nachlaßgläubigern ein Verzeichnis des Nachlaßbestandes vorlegt (§260 Abs.l BGB). Besteht Grund zu der Annahme, das Verzeichnis sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt, hat der Nachlaßpfleger auf Verlangen vor dem nach § 261 BGB zuständigen Gericht zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er nach bestem Wissen den Nachlaßbestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 260 Abs. 2 BG B). Gibt der Nachlaßpfleger die eidesstattliche Versicherung nicht freiwillig ab, muß auf deren Abgabe geklagt werden; die Vollstreckung des zusprechenden Urteils richtet sich nach den Vorschriften der §§ 889 Abs. 1, 2, 888 ZPO. Entsprechend den §§ 260 Abs. 3, 259 Abs.3 BGB besteht keine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung inAngelegenheiten von geringer Bedeutung (etwa geringer Umfang des Nachlasses, geringer Wert der Nachlaßverbindlichkeit).

Die Auskunftspflicht des Nachlaßpflegers aus § 2012 Abs.l Satz 2 BGB gegenüber den Nachlaßgläubigern erklärt sich daraus, daß einem Nachlaßpfleger eine Frist rur die Errichtung des Inventars (vgl. §§ 1994 ff. BG B) nicht bestimmt werden kann (§ 2012 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein Nachlaßgläubiger vermag einen Nachlaßpfleger nicht wie den Erben zu zwingen, ein Inventar (vgl. § 1993 BGB) vorzulegen, obwohl er schon vor der Geltendmachung seines Anspruchs ein Interesse am Einblick in den Bestand des Nachlasses haben kann8o • b) Steuerliche Pflichten Nach § 31 Abs.6 ErbStG hat der Nachlaßpfleger die Erbschaftsteuererklärung abzugeben; die Erklärung hat ein Verzeichnis der zum Nachlaß gehörenden 80 Mugdan

V S. 295.

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Gegenstände und die sonstigen für die Feststellung des Gegenstandes und des Wertes des Erwerbs (vgl. §§ 10 ff. ErbStG) erforderlichen Angaben zu enthalten. Gemäß §32 Abs. 2 ErbStG ist der Nachlaßpfleger Bekanntmachungsadressat des Erbschaftsteuerbescheides (vgl. §§ 155 ff. AO)81. Er hat für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen (§ 32 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 ErbStG) und auf Verlangen des Finanzamts aus dem Nachlaß Sicherheit zu leisten (§ 32 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3 ErbStG; §§ 241 ff. AO). Wegen dieser Pflichten ist der Nachlaßpfleger Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 AO. Da der Nachlaßpfleger nach der hier vertretenen Auffassung nicht gesetzlicher Vertreter des (unbekannten) Erben ist, sondern Träger eines privaten Amtes, dem die Verwaltung des Nachlasses obliegt, haftet ergemäß § 69 AO, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten als Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. 2. Die ausdrücklich genannten fakultativen Aufgaben a) Einreden der §§ 2014, 2015 Abs. 1 BGB Wird vor der Annahme der Erbschaft zur Verwaltung des Nachlasses ein Nachlaßpfleger bestellt, so beginnen die in den §§ 2014, 2015 Abs.l BGB bestimmten Fristen mit der Bestellung (§ 2017 BGB). Der Nachlaßpfleger ist demzufolge in der Lage, die aufschiebenden Einreden im Sinne der §§ 2014, 2015 Abs. 1BGB zu erheben, und zwar auch ein solcher Nachlaßpfleger, der nicht zur Verwaltung bestellt ist. Die Norm regelt nur den Fristbeginn; sie sagt nicht, daß nur ein zur Verwaltung des Nachlasses bestellter Nachlaßpfleger die Einreden erheben könnte (zur Verwaltungsbefugnis des Nachlaßpflegers unten § 2 B 11 2 b). Gemäß §2014 BGB ist der Nachlaßpfleger berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach seiner Bestellung, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus - sofern freiwillig geschehen -, aufzuschieben (sogenannte Dreimonatseinrede). Hat der Nachlaßpfleger den Antrag auf Erlassung des Aufgebots der Nachlaßgläubiger innerhalb eines Jahres seit seiner Bestellung gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist er nach §2015 Abs.l BGB befugt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern (sogenannte Einrede des Aufgebotsverfahrens). Der Nachlaßpfleger braucht also den Nachlaß einstweilen nicht anzugreifen. Die Geltendmachung der Einreden hindert nicht ein Urteil über die Nachlaßverbindlichkeit gegen den Nachlaßpfleger. Bei der Zwangsvollstreckung in den Nachlaß (vgl. § 778 Abs. 1 ZPO) kann der Nachlaßpfleger mit Hilfe der Vollstreckungsgegenklage (vgl. § 785 ZPO) auch nur erreichen, daß die 81 Der BFH (BB 1982, 1411 ffi. Anm. v. Rössler BB 1983, 3(0) sieht den Nachlaßpfleger offenbar als Adressaten jedes Steuerverwaltungsaktes an.

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Zwangsvollstreckung rur die Dauer der in §§2014, 2015 Abs.l BGB bestimmten Fristen auf solche Maßregeln beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind (§§ 782 Satz 1, 930 bis 932 ZPO); wird vor dem Ablauf der Fristen die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt, ist auf Antrag die Beschränkung der Zwangsvollstreckung auch nach dem Ablauf der Fristen aufrechtzuerhalten, bis über die Eröffnung des Konkursverfahrens rechtskräftig entschieden ist (§ 782 Satz 2 ZPO). Nicht gehindert durch die Einreden der§§ 2014, 2015 Abs. 1BGB wird die Verwertung dinglicher Sicherheiten (vgl. näher § 2016 Abs. 2 BGB). b) Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens Ein Nachlaßpfleger, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, ist berechtigt, den Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern aufgrund des § 1970 BGB zu stellen (§ 991 Abs.2 ZPO). Das Aufgebotsverfahren bezweckt, dem Erben einen Überblick über den Schuldenstand des Nachlasses zu verschaffen, damit er entscheiden kann, ob er seine Haftung beschränken so1l82. Die Kenntnis vom Kreis der Nachlaßgläubiger benötigt auch ein Nachlaßpfleger. Denn er muß seine Tätigkeit nach dem Bestand des Nachlasses ausrichten; hingewiesen sei nur auf die Pflichten des Nachlaßpflegers, von den verschiedenen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Gebrauch zu machen (unten § 2 B 11 2 e), etwa im Fall der Nachlaßüberschuldung. Insofern ist das Antragsrecht des Nachlaßpflegers rur diesen ein Mittel, die Aufgabe der Nachlaßsicherung sachgemäß zu erftillen83 . Warum das Antragsrecht dem Nachlaßpfleger dazu dienen soll, die notwendigen Unterlagen zur Verteilung der Masse zu verschaffen 8\ ist nicht ganz verständlich; hat doch der Nachlaßpfleger allenfalls in eingeschränktem Maß mit der Erfüllung von Nachlaßverbindlichkeiten (unten § 2 B 11 2 d cc), jedoch überhaupt nichts mit der Verteilung der (Nachlaß-) Masse zu tun (wie etwa der Nachlaßkonkursverwalter; vgl. §§ 149 ff. KO).

c) Antrag auf Zwangsversteigerung eines Grundstücks Nach den §§ 175 Abs.l Satz 2 ZVG, 991 Abs. 2 ZPO steht dem Nachlaßpfleger das Recht zu, die Zwangsversteigerung eines Grundstücks zu beantragen, das zum Nachlaß gehört und seiner Verwaltung unterliegt, wenn ein Nachlaßgläubiger rur seine Forderung ein Recht auf Befriedigung aus diesem Grundstück besitzt. Ein derartiger Gläubiger, der bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus dem ihm haftenden Gegenstand hat, braucht seine Forderung im Aufgebotsverfahren nicht anzumelden und wird durch den Ausschluß im Aufgebotsverfahren nicht betroffen, soweit es sich um die Befriedigung aus dem ihm haftenden Gegenstand handelt (vgl. §§ 1971 82 Mugdan

V S. 345. Hahn / Mugdan VII S. 179; Hörle ZBlFG 1909, 751, 752. 84 MünchKomm / Siegmann § 1970 RdNr. 1; Staudinger / Marotzke § 1970 RdNr. 1; wie im Text dagegen wohl Soergel/ Stein § 1970 RdNr. 1. 83

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Satz 1,1973 BGB). Dieser Nachlaßgläubiger kann gemäß §§ 176,174 ZVG bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin (vgl. §§ 35 ff. ZVG) verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots (§§44, 45 ZVG) nur die seinem Anspruch vorhergehenden Rechte (vgl. § 10 ZVG) berücksichtigt werden. Unterläßt er dies, ist sein Recht bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt worden und nicht durch Zahlung zu decken (vgl. § 49 Abs.l ZVG), bleibt es insoweit bestehen; im übrigen erlischt es (vgl. § 52 Abs.l ZVG). Nach § 179 ZVG kann ihm die Befriedigung aus dem übrigen Nachlaß verweigert werden. Wegen dieser Rechtsfolgen muß sich der Nachlaßgläubiger überlegen, ob er sich mit seinem Recht auf Befriedigung aus dem Nachlaßgrundstück zufrieden gibt (§§ 52 Abs.l, 179 ZVG) oder ob er auf der Grundlage seines Rechts Befriedigung aus dem Grundstück sucht, den Ausfall feststellt und dann in Höhe des Ausfalls den persönlichen Anspruch gegen den übrigen Nachlaß und/oder das Eigenvermögen des Erben verfolgt 85• Der Nachlaßpfleger erhält also mit Hilfe seines Antragsrechts aus § 175 Abs. 1 Satz 2 ZVG die Möglichkeit festzustellen, ob und in welcher Höhe dieser Nachlaßgläubiger Befriedigung aus dem Grundstück erzielt und ob und in welcher Höhe noch mit der Geltendmachung der Forderung zu rechnen ist. d) Antrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses Nach §217 Abs.l KO ist ein Nachlaßpfleger befugt, den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über den Nachlaß zu stellen, wenn der Nachlaß überschuldet ist (vgl. § 215 KO), das heißt die Passiva die Aktiva übersteigen. Der Gesetzgeber hat dem Nachlaßpfleger keine ausdrückliche Antragspflicht auferlegt86. Für den Nachlaßpfleger fehlt eine dem § 1985 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechende Vorschrift, wonach er - wie der Nachlaßverwalter - unverzüglich die Eröffnung des Konkursverfahrens über den Nachlaß beantragen müßte, wenn er von der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erlangt oder davon aus Fahrlässigkeit keine Kenntnis hat (vgl. § 1980 BGB). Damit ist jedoch nicht entschieden, ob nicht dem Nachlaßpfleger aufgrund anderer Überlegungen eine Antragspflicht obliegt (unten § 2 B 11 2 e ce). e) Antrag auf Eröffnung des Nachlaßvergleiches Gemäß § 113 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VerglO kann der Nachlaßpfleger den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über einen Nachlaß zur Abwendung des Nachlaßkonkurses stellen (unten § 2 B 11 2 e cc). 85 Dazu

Staudinger I Marotzke § 1971 RdNr. 5. Weber 11/2 §§ 217-220 RdNr. 24.

86 Jaeger I

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f) Bewilligung von Grundbucheintragungen

Aus §40 Abs.l GBO ergibt sich, daß der Nachlaßpfleger Eintragungen im Grundbuch bewilligen kann. Nach § 39 Abs.l GBO soll das Grundbuchamt eine Eintragung nur vornehmen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist (Grundsatz der Voreintragung). Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, das heißt des Erblassers, dann müßte der Erbe - etwa bei der Veräußerung eines Nachlaßgrundstücks - noch ins Grundbuch eingetragen werden. Da in den Fällen der Nachlaßpflegschaft der Erbe nicht individualisiert ist, also keine bestimmte Person den Antrag aufZwischeneintragung stellen kann, es außerdem Formalismus wäre zu verlangen, den Erben im Grundbuch einzutragen, obwohl er doch sofort wieder aus dem Grundbuch "verschwindet", verzichtet das Gesetz unter anderem dann auf seine Voreintragung, wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet ist.

g) Weiterführung eines Betriebes Manche Vorschriften räumen ausdrücklich dem Nachlaßpfleger das Recht zur Weiterführung eines Betriebes nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers ein, und zwar in den Fällen, in denen zur Führung des Betriebes eine besondere Genehmigung erforderlich ist. Während durch den Tod des Betriebsinhabers eine Genehmigung, die an die sachlichen Grundlagen des Betriebes anknüpft (sogenannte Sachgenehmigung) unberührt bleibt, erlischt eine Genehmigung, deren Erteilung von Voraussetzungen in der Person des Betriebsinhabers abhängig gewesen ist (sogenannte Personalgenehmigung oder Personalkonzession; vgl. etwa §§ 30 ff. GewO, die allgemein auf Befähigung und/oder Zuverlässigkeit abstellen). Um die Zerstörung wirtschaftlicher Werte, die· durch den Tod des Betriebsinhabers droht, zu verhindern, erlaubt das Gesetz dem Nachlaßpfleger die Weiterführung des Betriebes ohne die erforderliche Genehmigung. Von selbst versteht sich, daß dem Nachlaßpfleger dieses Recht nur während der Dauer seines Amtes zusteht und nur im Rahmen der bisherigen Genehmigung, auch wenn das einzelne Normen nicht ausdrücklich sagen; denn der Nachlaßpfleger soll lediglich den Schwebezustand zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft überbrücken. aa) § 46 Abs. 2 GewO gestattet dem Nachlaßpfleger, bis zur Dauer von zehn Jahren nach dem Erbfall das Gewerbe ohne die erforderliche Genehmigung im Rahmen des bisherigen Befugnisumfangs zu betreiben, wenn die für den Betrieb einzelner Gewerbe bestehenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmen. Wie Absatz 3 des § 46 GewO zu entnehmen ist, muß spätestens ein Jahr nach dem Tod des Gewerbetreibenden das Gewerbe durch einen nach §45 GewO befähigten Stellvertreter betrieben werden. bb) Die gleiche Regelung gilt für die Weiterflihrung eines Einzelhandelsbetriebes nach dem Tod des Unternehmers; denn die Norm des §6 Satz2 EHG erklärt §46 GewO für anwendbar.

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cc) Nach § 10 Satz 2 GaststättenG darf der Nachlaßpfleger bis zur Dauer von zehn Jahren nach dem Tod des Erlaubnisinhabers das Gaststättengewerbe aufgrund der bisherigen Erlaubnis weiterführen. dd) Aufgrund der Vorschrift des § 4 Abs.1 Satz 1 HandwO ist ein Nachlaßpfleger berechtigt, nach dem Tod eines selbständigen Handwerkers (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 HandwO) den Betrieb fortzuführen. Nach Ablauf eines Jahres seit dem Erbfall darf der Betrieb nur fortgeführt werden, wenn er von einem Handwerker geleitet wird, der die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 HandwO). Diese Frist kann je nach Lage des konkreten Falles verlängert (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 HandwO) oder verkürzt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HandwO). ee) Nach dem Tod des Unternehmers kann ein Nachlaßpfleger während der Dauer der Nachlaßpflegschaft den Betrieb der entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Beförderung von Personen vorläufig weiterführen oder diese Befugnis auf einen Dritten übertragen (§ 19 Abs.1 Halbsatz 2 PBefG). Die Befugnis erlischt, wenn der Nachlaßpfleger nicht binnen drei Monaten nach seiner Bestellung die Genehmigung hierzu beantragt hat (vgl. § 19 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 1 PBefG). Während der Nachlaßpfleger selbst den Betrieb während der Dauer seines Amtes führen kann, darf ein Dritter, dem er die Befugnis übertragen hat, das Unternehmen nur bis zu einem Jahrweiterführen; die Frist kann in "ausreichend begründeten Sonderfällen" um sechs Monate verlängert werden (vgl. § 19 Abs. 4 PBefG). tl) Für den Bereich der Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen enthält§ 19 GüKG eine fast gleichlautende Regelung. 111. Die entsprechende Anwendung des Vormundschaftsrechts

Schließlich ergeben sich zahlreiche Rechte und Pflichten eines Nachlaßpflegers aus den Vorschriften des Vormundschaftsrechts, die auf die Nachlaßpflegschaft entsprechende Anwendung finden (§§ 1915 Abs.l, 1897 Satz 1 BGB). Auf einzelne Aufgaben und Befugnisse ist bereits (oben § 1 B) und wird im folgenden näher eingegangen. Sie lassen sich aus den Grundnormen der §§ 1793 Satz 1, 1837 Abs. 1 BGB analog ableiten, wonach der Nachlaßpfleger das Recht und die Pflicht hat, für das Vermögen "Nachlaß" zu sorgen, dieses zu sichern, und die gesamte Tätigkeit des Nachlaßpflegers vom Nachlaßgericht beaufsichtigt wird. IV. Die Anordnungen dritter Personen, insbesondere des Erblassers Gemäß § 1803 Abs. 1 BGB hat ein Vormund unter gewissen Voraussetzungen dasjenige, was der Mündel von Todes wegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, nach den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten. Nach allgemeiner Meinung87 fallen in den Anwendungsbereich der Vorschrift nur solche Verwaltungsanordnungen, die sich an den Vormund wenden, dem die Verwaltung des Mündelvermögens obliegt; der Vormunnd muß durch sie verpflichtet und berechtigt werden. Als Beispiele werden genannt die Befreiung von den §§ 1807 fI, 1814 fI BGB (Anlegung von Mündelgeld, Hinterlegung bestimmter Wertpapiere), aber auch die Erweiterung der Hinterlegungspflicht. Dagegen ist die Vorschrift unanwendbar, wenn die ,;Verwaltungsanordnung" in Wirklichkeit den Mündel selbst belastet, eine Beschränkung oder Beschwerung des Pflichtteils (vgl. § 2306 BGB), eine den Mündel selbst treffende Auflage (vgl. §525 BGB) oder Bedingung, ein Vermächtnis (vgl. §2147 BGB) darstellt. Hintergrund 87Vgl. nur PalandtlDiederichsen § 1803 Anm. 1; Mugdan IV S. 586.

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der Norm des § 1803 BGB ist demnach folgender Sachverhalt: Der Erblasser oder der lebzeitig Zuwendende hat die Zuwendung einer konkreten Person gemacht, die unter Vormundschaft steht, und die Verwaltungsanordnung gerade im Hinblick darauf getroffen, daß sie unter Vormundschaft steht. Übertragen auf die Nachlaßpflegschaft würde das bedeuten, daß der Erblasser oder der lebzeitig Zuwendende von dem Bestehen einer Nachlaßpflegschaft gewußt hat oder zumindest diese Möglichkeit ins Auge gefaßt hat und für diesen Fall bestimmte Anweisungen über die Vermögensverwaltung getroffen hat. Dieser Fall ist jedoch kaum vorstellbar, so daß sich eine Erörterung der angesprochenen Frage erübrigt.

v.

Zusammenfassung

Die oben angesprochenen Rechte und Pflichten müssen nicht jedem Nachlaßpfleger zustehen. Zwei Vorbehalte sind stets zu beachten. Die Tätigkeit jedes Nachlaßpflegers besteht in der Sicherung des Nachlasses. Folglich müssen die Vorschriften, aus denen man ein Recht oder eine Pflicht des Nachlaßpflegers ableiten will, daraufhin geprüft werden, ob sie sich dem Tätigkeitsbereich des konkreten Nachlaßpflegers unterordnen lassen, insbesondere dem Tätigkeitszweck. Diese Einschränkung spielt bei den Bestimmungen keine Rolle, die sich ausdrücklich an den Nachlaßpfleger wenden; diese Normen betreffen lediglich besondere Aspekte der Sicherungstätigkeit jedes Nachlaßpflegers. Bedeutung erlangt der Vorbehalt vornehmlich für die entsprechende Anwendung des Vormundschaftsrechts. Der Vormund hat nicht nur für das Vermögen des Mündels zu sorgen, sondern auch für dessen Person. Eine (entsprechende) Anwendung der Regeln über die Personensorge scheidet deshalb von vornherein aus. Die zweite Einschränkung betrifft alle genannten Vorschriften. Der Wirkungskreis eines Nachlaßpflegers ist nicht vom Gesetz im voraus bestimmt - wie etwa der des Vormunds in Anlehnung an die elterliche Sorge. Das Gesetz gibt nur den Zweck der Pflegerbestellung vor; festgelegt wird der Aufgabenbereich des Nachlaßpflegers erst bei dessen Verpflichtungsverhandlung. Maßstab hierfür ist, ob und inwieweit ein Bedürfnis für die Pflegerbestellung besteht. So wird etwa für einen Prozeßpfleger im Sinne des § 1961 BGB die Vorschrift bedeutungslos sein, nach der ein Nachlaßpfleger den Betrieb eines Erblassers weiterführen darf; ebenso werden die Bestimmungen über die Vermögensverwaltung des Vormunds nicht einschlägig sein. Zu bedenken ist ebenfalls, daß einem Nachlaßpfleger nicht stets die Sicherung des gesamten Nachlasses übertragen sein muß. Auch aus diesem Grund können manche Normen für den konkreten Nachlaßpfleger obsolet sein, so etwa die Anlegung der Nachlaßgelder gemäß den entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 1806 ff. BGB, wenn hierfür vom Nachlaßpfleger selbst ein Vermögensverwalter eingesetzt ist. Und schließlich wird der Nachlaßpfleger selbst eine Auswahl unter den ihm eröffneten Möglichkeiten treffen. Ist mit einer längeren Dauer seines Amtes zu rechnen, wird er vielleicht nicht umhinkönnen, die gesamte Bandbreite seiner Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Ist sein Amt voraussichtlich nur von

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kurzer Dauer, wird er von seinen Befugnissen zurückhaltend Gebrauch machen. Jeweils verschiedene Rechte und Pflichten des Nachlaßpflegers werden im Vordergrund seines HandeIns stehen, ob der Nachlaß ftnanzstark oder verschuldet oder gar überschuldet ist, so daß eine Liquidierung des Nachlasses zu erwarten ist. Richtschnur für den Nachlaßpfleger muß stets die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit seiner Handlungen sein. Dazu gehört auch, daß der Nachlaßpfleger dem Nachlaß unnötige Kosten durch seine Tätigkeit erspart.

B. Die wichtigsten Aufgaben des Nachlaßpflegers während seiner Amtszeit Die folgenden Erörterungen zum Aufgabenbereich eines Nachlaßpflegers lassen zunächst unberücksichtigt, ob das Nachlaßgericht einen Sicherungspfleger im Sinne des § 1960 Abs. 2 BGB oder einen Prozeßpfleger gemäß § 1961 BGB bestellt hat. Erst wenn geklärt ist, welche Aufgaben einem Nachlaßpfleger überhaupt zustehen, kann entschieden werden, ob bestimmte Maßnahmen nur dem Sicherungs-, nur dem Prozeßpfleger oder beiden obliegen (unten § 2 B IV), ob und inwieweit die einzelnen Aufgaben mit den Eigenarten der jeweiligen Nachlaßpflegschaft zu vereinbaren sind. I. Die Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit

Sofort nach seiner Bestellung hat sich der Nachlaßpfleger einen Überblick über die Gegenstände des Nachlasses zu verschaffen, die in seinen Wirkungskreis fallen. Hand in Hand damit geht die Sicherung des Nachlasses im engeren Sinn. Sollte bei Beginn des Amtes des Nachlaßpflegers bereits eine Siegelung des Nachlasses durch das Nachlaßgericht erfolgt sein, muß der Nachlaßpfleger durch einen entsprechenden Antrag die Entsiegelung erreichen, um die Aufgabe der Bestandsaufnahme und der Sicherstellung erfüllen zu können88. Gleiche Erwägungen gelten bei der Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten. Hat das Nachlaßgericht die Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses angeordnet, so entbindet auch diese Sicherungsmaßnahme den Nachlaßpfleger nicht von der Pflicht, selbst den Bestand des Nachlasses festzustellen.

1. Die Feststellung des Nachlaßbestandes Wie der Vormund, so hat auch der Nachlaßpfleger den Nachlaß, der bei Anordnung der Nachlaßpflegschaft vorhanden ist (oder später hinzukommt), zu verzeichnen und dieses Verzeichnis, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Nachlaßgericht einzureichen (§§ 1802 Abs.l Satz 2, 1915 Abs.l, 1897 Satz 1; 1962 BGB)89. Dieses Verzeichnis bildet als Eröffnungsverzeichnis die Grundlage für die weitere Tätigkeit des Nachlaßpflegers, 88 Schmidt 89 Frohn,

S. 7 (Nr. 10). in: Behr / Weber / Frohn, S. 52; Firsching S. 133.

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insbesondere für dessen zahlreiche Anzeige-, Berichts- und Vorlagepflichten (vgl. §§ 1839 ff. BGB analog; oben § 1 B 11). Es dient damit zugleich dem Nachlaßgericht, seine Aufsichtspflichten und seine Aufsichtsrechte ausüben zu können9o• § 1802 Abs.1 Satz I BGB spricht von dem bei der Anordnung der Vormundschaft vorhandenen Vermögen. Das wird allgemein dahin verstanden, es sei das gesamte Mündelvermögen zu verzeichnen, gleichgültig ob es der Verwaltung des Vormunds unterliege oder niche 1• Übertragen auf die Nachlaßpflegschaft, könnte man meinen, daß der Nachlaßpfleger alle Nachlaßgegenstände in das Verzeichnis aufzunehmen hätte, auch wenn sie nicht zu seinem Wirkungskreis zählen.

Angenommen, das Nachlaßgericht kommt bei der Einleitung der Nachlaßpflegschaft zu dem Ergebnis, ein Bedürfnis für die Bestellung eines Pflegers bestehe nur im Hinblick auf die Weiterfuhrung des Betriebs des Erblassers, nicht jedoch für die Betreuung dessen Hausrats, weil dafur die Haushälterin in zuverlässiger Weise sorgt, dann kann der Nachlaßpfleger die Hausratsgegenstände nicht in das Verzeichnis aufnehmen, weil ihm für das Betreten der Wohnung und deren Durchsuchung jegliche Berechtigung fehlt. Zwangsbefugnisse stehen ihm ohnehin nicht zur Verfugung; selbst das Nachlaßgericht kann ihn nicht unterstützen, weil er sich außerhalb seines Aufgabenbereichs bewegte. Infolgedessen muß die Vorschrift des § 1802 Abs.l Satz 2 BGB bei der entsprechenden Anwendung auf den Nachlaßpfleger derart eingeschränkt werden, daß der Nachlaßpfleger nur denjenigen Nachlaß zu verzeichnen hat, der in seinen Aufgabenbereich rallt92• Sind mehrere Nachlaßpfleger vorhanden, die die Nachlaßpflegschaft getrennt nach bestimmten Wirkungskreisen führen (vgl. § 1797 Abs. 2 BGB analog), so hat jeder Nachlaßpfleger ein eigenes Verzeichnis des seinem Wirkungskreis angehörenden Vermögens einzureichen. Aufzunehmen in das Verzeichnis sind die Aktiva und Passiva des Nachlasses 93 • Wer diesen Schluß nicht schon aus dem BegrifT ,;vermögen" ziehen will, für den folgt dieses Ergebnis mindestens aus Sinn und Zweck des Vermögensverzeichnisses als Feststellung des Nachlaßbestandes, insbesondere dessen Überschuldung, und als Grundlage für die periodische Rechnungslegung, die Auskunft über die Einnahmen und Ausgaben, Ab- und Zugänge des Vermögens geben soll. Deshalb wird der Nachlaßpfleger bereits beim EröfTnungsverzeichnis eine Gestaltung der Nachlaßaufnahme wählen, die ihm die periodische Rechnungslegung erleichtert, etwa die Unterteilung in Aktivvermögen, gruppiert nach Grundstücken, Bargeld, Sparbüchern, Wertpapieren, Außenständen, Hausgeräten,Kostbarkeiten, Sachen für den persönlichen Bedarf auf der einen Seite und Verbindlichkeiten auf der anderen Seite, jeweils unter genauer Bezeichnung des Gegenstandes und Angabe dessen Wertes 94• Der Nachlaßpfleger kann das Verzeichnis selbst errichten; andere Personen braucht er nicht hinzuzuziehen, ausgenommen den "Gegen-Nachlaßpfleger", der sich selbständig einen Überblick über den Nachlaß verschaffen soll und der ebenfalls die Richtigkeit und 90 Gernhuber

§ 66 II 2 S. 1053; MünchKomm / Zagst § 1802 RdNr. 1 f. nur Dölle 11 § 126 II 1 a S. 728. 92 Davon geht stillschweigend wohl auch Schrnidt S. 7 (Nr. 12) aus. 93 Dölle II § 126 11 laS. 729. 94 Dazu ausführlich Schrnidt S. 7fT. (Nr. 14fT.), 78f. (Muster eines Verzeichnisses). 91 Vgl.

t 0 Ziegltrum

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

Vollständigkeit des Verzeichnisses versichern muß (§ 1802 Abs. 1 Satz 2 BGB analog). Der Nachlaßpfleger kann sich gemäß § 1802 Abs. 2 BGB analog aber auch bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hilfe eines Beamten, eines Notars oder eines Sachverständigen (etwa eines Taxators) bedienen.

2. Die Sicherstellung des Nachlasses Damit der Nachlaßpfleger die ihm vom Gesetz zugedachte Aufgabe, den Nachlaß vor unberechtigten Eingriffen Dritter zu schützen und dem endgültigen Erben zu erhalten, erfüllen kann, bedarf er des Besitzes an den zum Nachlaß gehörenden Gegenständen. Dem Nachlaßpfleger steht daher das Recht zu, den Nachlaß, soweit er seiner Fürsorge unterliegt, in Besitz zu nehmen. Über das Ereignis herrscht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit 95• Umstritten ist dessen Herleitung aus dem Gesetz96 • Nach wohl herrschender Meinung sollen dem Nachlaßpfleger als Vertreter des wahren zukünftigen Erben die allgemeinen Besitzschutzvorschriften zur Verfügung stehen 97, soweit er die Herausgabe der Erbschaftsgegenstände von solchen Personen begehrt, die nicht aufgrund eines angemaßten Erbrechts besitzen. Soweit die Besitzer aufgrund eines angemaßten Erbrechts besitzen, soll sich der Nachlaßpfleger auf § 2018 BGB stützen können98 ; denn er vertrete den endgültigen Erben 99 und brauche deshalb nicht die Nichtberechtigung des Erbschaftsbesitzes im Sinne des §2018 BGB nachzuweisenlOO • Die Ansichten, die auf die Eigenschaft des Nachlaßpflegers als eines Vertreters des wahren zukünftigen Erben abstellen, müssen schon deshalb abgelehnt werden, weil der Nachlaßpfleger hier nicht als Vertreter, sondern als Träger eines privaten Amtes verstanden wird (oben § 1 C II 2). Dem Nachlaßpfleger ist vielmehr ein eigenes Recht zuzubilligen, zum Nachlaß gehörende Gegenstände von Dritten herauszuverlangen. Dabei ist selbst der wahre Erbe verpflichtet, solange sein Erbrecht noch nicht feststeht101 • 95 Allgemeine Meinung: Binder I S.194; Firsching S.133; Haegele S. 9 f.; Schmidt S. 7 (Nr. 10); MünchKomm / Leipold § 1960 RdNr. 47 mwN. 96Vgl. den Überblick zum Meinungsstand bei Brox RdNr. 548. 97S 0 wohl Firsching S. 133 (Besitzklage hinsichtlich einzelner Nachlaßgegenstände); RG WamR 1942 Nr. 42 = DR 1942, 533, 535; JW 1931, 44 = HRR 1930 Nr. 1465; BGH NJW 1972,1752. 98 Firsching S. 133; Lange I Kuchinke § 42 II 1a S. 698 (nicht ganz eindeutig; offenbar wollen sie dem Nachlaßpfleger den Anspruch aus § 2018 BGB nur deshalb zubilligen, damit er auch die Ersatzgegenstände, Nutzungen und die Ersatzleistungen herausverlangen kann, was ein Besitzrecht aus eigenem Recht [§§ 1915, 1793 BGB] nicht umfaßte!?); v. Lübtow II S. 1048 f.; Palandt I Edenhofer § 2018 Anm. 1; Soergel / Dieckmann § 2018 RdNr. 1; Staudinger / Gursky § 2018 RdNr. 3; MünchKomm I Jülicher § 2018 RdNr. 15. 99 So ausdrücklich Wolff S. 39 f1; Palandt I Edenhofer § 2018 Anm. 1. 100 v. Lübtow II S. 1048, 1049; Erman I Schlüter § 2018 RdNr. 1; Palandt I Edenhofer § 2018

Anm. 1.

101 BGH NJW 1972, 1752; WPM 1981, 313; NJW 1983, 226 m. Anm. v. Dieckmann FamRZ 1983, 852; RG WarnR 1942 Nr. 42 = DR 1942, 533, 535; Soergel/ Stein § 1960 RdNr. 27; RGRK I Johannsen § 1960 RdNr. 22; RGRK I Kregel § 2018 RdNr. 3.

§2 Aufgaben

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Die Stimmen, die dem Nachlaßpfleger den Erbschaftsanspruch geben und demzufolge für eine analoge Anwendung der §§ 2019 tT. BGB eintretenl02 , weisen zu Recht darauf hin, daß ihre Lösung dem Erben nicht nur die Nachlaßgegenstände sichert, sondern daß dem Erben auch die Ersatzgegenstände, die Nutzungen und die Ersatzleistungen zugute kommen, daß andererseits der Anspruchsverpflichtete seine berechtigten Gegenansprüche geltend machen könne. Ihre Meinung verwirkliche am besten den Gedanken, dem Erben zukommen zu lassen, was ihm der Erblasser hinterlassen hat. Vergleicht man die Zielsetzung der Sicherungstätigkeit des Nachlaßpflegers mit dem Normzweck der §§ 2019 tT. BGB, dann stößt man in der Tat aufgroße Ähnlichkeiten; der in den §§ 2019 tT. BGB geregelte Ausgleichsmechanismus dient ebenfalls dem Interesse des Erben am Erhalt der Erbschaft, berücksichtigt dabei zugleich die Belange des Erbschaftsbesitzers. Diese Ähnlichkeiten rechtfertigen, auf den Herausgabeanspruch des Nachlaßpflegers die §§ 2019 tT. BGB entsprechend anzuwenden. Beide Institute - die Sicherung des Nachlasses und der Erbschaftsanspruch - stimmen hinsichtlich ihrer Zwecke weitgehend überein: Der Erbe soll den Nachlaß wenigstens wertmäßig in vollem Umfang erhalten; der gutgläubige Erbschaftsbesitzer soll nicht schutzlos dem Herausgabeverlangen ausgesetzt sein.

3. Die Anlegung der Nachlaßgelder; die Aufbewahrung von Wertpapieren und Kostbarkeiten a) Die Trennung der Vermögen Die Befugnis des Nachlaßpflegers, Nachlaßgegenstände von jedermann herauszuverlangen, bedeutet nicht, daß er die betretTenden Gegenstände auch in seinem unmittelbaren Besitz behalten dürfte. Für bestimmte Gegenstände hat das Gesetz vorgeschrieben, wie mit ihnen weiter verfahren ist. Diesbezügliche Rechte und Pflichten des Nachlaßpflegers folgen aus der entsprechenden Anwendung (§§ 1915 Abs.l, 1897 Satz 1 BGB) des Vormundschaftsrechts. Im Interesse der Klarheit und Durchsichtigkeit der Vermögensverwaltung des Nachlaßpflegers ordnet § 1805 Satz 1 BGB analog die Trennung des Nachlasses vom Eigenvermögen des Nachlaßpflegers anl03 • Der Nachlaßpfleger darf das Nachlaßvermögen weder für sich noch für den "Gegen-Nachlaßpfleger" verwenden, selbst wenn die Verwendung vorteilhaft wäre. Da jegliche Verwendung für sich untersagt ist, kann der Nachlaßpfleger auch kein Geschäft zwischen sich und "dem Nachlaß" vornehmen.

b) Die Anlegung der Nachlaßgelder Nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 1806 BGB hat der Nachlaßpfleger das zum Nachlaß gehörende Geld verzinslich anzulegen. Die verzinsli102 MünchKomm I 103 Zur

10·

Leipo1d § 1960 RdNr. 48 mwN. Bedeutung des § 1805 BGB: Berger C 11 1 S. 40 tT. mwN.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

che Anlage der Nachlaßgelder hat der Nachlaßpfleger in angemessener Frist nach Beginn seines Amtes vorzunehmen104 ; wenn das Gesetz eine verzinsliche Anlage normiert, dann ist davon auszugehen, daß das Vermögen "Nachlaß" insoweit vermehrt werden soll, und diese Vermögensvermehrung hängt bei der verzinslichen Anlage vom Faktor Zeit ab. Ausgenommen von der Pflicht des Nachlaßpflegers zur verzinslichen Anlage und zwar nach Maßgabe der §§ 1807 bis 1810 BGB analog - sind diejenigen Nachlaßgelder, die zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten sind (§ 1806 letzter Halbsatz BGB analog). Das sind diejenigen Gelder, mit denen die unmittelbar mit der Führung der Nachlaßpflegschaft zusammenhängenden (Verwaltungs-) Kosten bestritten werden (Beispiele: Kontogebühren, Steuern, andere öffentliche Abgaben, Beerdigungskosten, Unterhalt der Familienangehörigen des Erblassers [sogenannter Dreißigster im Sinne des § 1969 BGB], Miete, Betriebskosten, falls ein Betrieb zum Nachlaß gehört). Diese Gelder braucht der Nachlaßpfleger nicht in den Formen der §§ 1807 ff. BGB anzulegen105 • Zu einer anderen Anlegung als der in den §§ 1807,1808 BGB analog vorgeschriebenen bedarf der Nachlaßpfleger jedoch der Erlaubnis des Nachlaßgerichts (§ 1811 BGB analog). Eine weitere Ausnahme ist für diejenigen Gelder zu machen, die bei Beginn der Nachlaßpflegschaft bereits angelegt sind. Aus § 1806 BGB analog kann keine Pflicht des Nachlaßpflegers zur Änderung einer bestehenden Anlage abgeleitet werden, sondern nur eine Pflicht zur verzinslichen Anlage gemäß den §§ 1807 ff. BGB analog von noch nicht angelegten Geldern. Unbenommen ist dem Nachlaßpfleger jedoch das Recht, die Anlage - ohne wirtschaftliche Verluste - zu ändern. Dieses Recht wird zur Pflicht, wenn der Nachlaßpfleger bei der Bestandsaufnahme des Nachlasses zur Überzeugung gelangt, daß die bisherige Anlage nicht sicher genug ist106 • In der Praxis wird der Nachlaßpfleger die Anlegung der NachlaßgeTder in dem Eröffnungsverzeichnis aufführen, um dem Nachlaßgericht eine dahingehende Prüfung zu erleichtern107 • Wie die Nachlaßgelder anzulegen sind, regeln im einzelnen die Vorschriften der §§ 1807 ff. BGB analog108 • c) Die Aufbewahrung von Wertpapieren Die einschlägigen Vorschriften der §§ 1814 ff. BGB in entsprechender Anwendung beugen den Gefahren vor, die sich aus der gesteigerten Urnlauffähigkeit der Wertpapiere ergeben. 11 § 126 11 3 a S. 732 (ftir den Vormund). C 11 3 c S. 47 ff., 61; Döne 11 § 126 11 3 a S. 734; jeweils flir den Vormund. 106 Döne 11 § 126 11 3 a S. 733; Berger C 11 3 b S. 46 f.; jeweils ftir den Vormund. 107 Schmidt S. 11 (Nr. 20). 108Vgl. § 1807 BGB: sogenannte regelmäßige Anlegung; § 1808 BGB: hilfsweise Anlegung; § 1809 BGB: Eintragung eines Sperrvermerks; § 1810 BGB: Genehmigung des "Gegen-Nachlaßpflegers" oder des Nachlaßgerichts; § 1811 BGB: andersartige Anlegung mit Erlaubnis des Nachlaßgerichts. 104 Döne

lOS Berger

§2 Aufgaben

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aa) Die Inhaberpapiere109 Die zum Nachlaß gehörenden Inhaberpapiere (Beispiele: Hypothekenpfandbrief, Industrie-, Kommunalobligationen) nebst Erneuerungsscheinen hat der Nachlaßpfleger nach näherer Maßgabe des § 1814 BGB analog zu hinterlegen. Die Hinterlegungspflicht betrifft allein die zum Nachlaß gehörenden Papiere. Das Gesetz will damit zum Ausdruck bringen, daß nur solche Papiere zu hinterlegen sind, die im Alleineigentum des Erblassers gestanden haben, das durch keine fremden dinglichen Rechte eingeschränkt gewesen ist. Denn nur dann ist der Nachlaßpfleger rechtlich überhaupt in der Lage, die Hinterlegung selbständig vorzunehmen (vgl. etwa für die Gemeinschaft nach Bruchteilen § 744 Abs. 1 BGB). Den Inhaberpapieren gleichgestellt sind nach § 1814 Satz 3 BG B die Orderpapiere, die mit einem Blankoindossament versehen sind. Nicht erforderlich ist die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die nach §92 BGB zu den verbrauchbaren Sachen gehören (§ 1814 Satz 2 BGB analog); als Beispiele werden im allgemeinen genannt: Banknoten, zu den Betriebsmitteln eines Erwerbsgeschäfts gehörige Papiere (etwa zum Umsatz bestimmte blankoindossierte Wechsel) und die kleinen Inhaberpapiere im Sinne des §807 BGB (Eisenbahn-, Straßenbahnfahrkarten, Theaterkarten, Eintrittskarten). Ebenfalls nach § 1814 Satz 2 BGB analog ausgenommen sind Zins-, Rentenoder Gewinnanteilscheine (sogenannte Kupons).

bb) Die Buchforderungen Gehören Buchforderungen zum Nachlaß oder fallen später solche Forderungen in den Nachlaß, hat der Nachlaßpfleger in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Genehmigung des Nachlaßgerichts verfugen kann (§ 1816 BGB analog).

cc) Sonstige Wertpapiere Soweit zum Nachlaß gehörige Wertpapiere nicht unter die Vorschrift des § 1814 BGB fallen, braucht sie der Nachlaßpfleger nicht zu hinterlegen; das sind im wesentlichen die Rekta- oder Namenspapiere (Beispiele: Kaufmännische Orderpapiere im Sinne des § 363 HGB ohne Orderklausel; Rektawechsel [Artikeln Abs.2 WG], Rektascheck [Artike114 Abs.2 ScheckG]; Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbrief, soweit nicht Inhaberpapier; qualiflzierte Legitimationspapiere im Sinne des § 808 BGB) und die nicht mit einem Blankoindossament versehenen Orderpapiere. Bezüglich solcher Wertpapiere kann das Nachlaßgericht aus besonderen Gründen anordnen, daß der Nachlaßpfleger auch sie in der in § 1814 BGB bezeichneten Weise zu hinterlegen hat (§ 1818 Halbsatz 1 BGB analog). Die genannten Wertpapiere sind nicht in gleichem Maße umlauffähig wie die von § 1814 BGB erfaßten Inhaber- und blankoindossierten Orderpapiere. Weil der Berechtigte im Papier namentlich bezeichnet ist, geht das Gesetz offenbar davon aus, daß eine andere Aufbewahrung als die Hinterlegung ausreichend ist, um vor einer mißbräuchlichen Verwendung zu schützenllO • Deshalb muß dem Nachlaßpfleger grundsätzlich die Möglichkeit zugebilligt werden, derartige Wertpapiere bei sich selbst (etwa I09Vgl. zum Ganzen Dölle 11 § 126 11 4a S. 740ff. lloDölle 11 § 12611 4 g S. 746; Haegele S. 13.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

in einem Safe) zu verwahren, selbstverständlich getrennt von seinem Vermögen. Allerdings wird der Nachlaßpfleger im eigenen Interesse eine solche Aufbewahrung möglichst vermeiden. Ihm ist vielmehr anzuraten, die Wertpapiere in einem Bankschließfach oder einem Banksafe zu verwahren und entsprechende Versicherungen (gegen Feuer, Diebstahl) abzuschließen1ll , wenn solche Kosten gerechtfertigt sind. Lediglich aus "besonderen Gründen" kann das Nachlaßgericht in entsprechender Anwendung des § 1818 Halbsatz 1 BGB anordnen, daß der Nachlaßpfleger die Wertpapiere in der im § 1814 BGB bezeichneten Weise zu hinterlegen hat. Weil es sich offensichtlich um den Ausnahmefall handeln soll, rechtfertigen die allgemein von einem Nachlaßpfleger zu erwartende Vertrauenswürdigkeit und das ihm entgegenzubringende Mißtrauen nicht die Annahme eines besonderen Grundes. Ein besonderer Grund wird nur dann zu bejahen sein, wenn die besonderen Verhältnisse des Nachlaßpflegers keine Gewähr bieten, daß die Wertpapiere ausreichend vor Verlust, mißbräuchlicher Verwendung und vor sonstigen Nachteilen geschützt sind. Berücksichtigen wird man auch müssen, welche Kosten die anderweitige Aufbewahrung im Vergleich zur Hinterlegung nach § 1814 BGB verursacht (vgl. § 24 Abs.l, Abs. 2 Nr. 2 HinterlO, der jedoch nur für die Hinterlegung bei den Amtsgerichten gilt; vgl. §27 Abs. 2 HinterlO); denn diese Kosten fallen dem Nachlaß zur Last. Bei einer zu kostspieligen Aufbewahrung würde der Nachlaßpfleger seine Pflicht zur kostensparenden Vermögensfürsorge verletzen. Ohne besonderen Grund kann die Hinterlegung von Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheinen in der im § 1814 BGB bestimmten Weise angeordnet werden; notwendig ist lediglich ein entsprechender Antrag des Nachlaßpflegers (vgl. § 1818 Halbsatz 2 BG B analog). dd) Die Befreiung durch das Nachlaßgericht Die Verpflichtung des Nachlaßpflegers, Wertpapiere gemäß § 1814 BGB analog zu hinterlegen und Buchforderungen nach § 1816 BGB analog zu sperren, besteht von Gesetzes wegen; einer Anordnung des Nachlaßgerichts bedarf es nicht. Aus besonderen Gründen kann das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger von diesen Pflichten entbinden (§ 1817 BGB analog). Wie die Erweiterung der Hinterlegungspflicht (vgl. § 1818 BGB analog), so soll auch die Befreiung die Ausnahme bilden. Da der Gesetzgeber die Belastung des Nachlasses mit den Hinterlegungskosten in Kauf genommen hat, kann im Fall des § 1817 BGB analog für einen besonderen Grund nur entscheidend sein, ob die speziellen Verhältnisse des Nachlaßpflegers einen genügenden Schutz dieser Gegenstände auch ohne Hinterlegung oder Sperrung bietenl12 . 111 Schmidt 112 Dölle

S. 16 (Nr. 25f.) für Kostbarkeiten. 11 § 126 11 4 d S. 745 (für den Vormund).

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d) Die Aufbewahrung von Kostbarkeiten Nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 1818 Halbsatz 1 BGB kann das Nachlaßgericht aus besonderen Gründen anordnen, daß der Nachlaßpfleger auch die zum Nachlaß gehörenden Kostbarkeiten in der im § 1814 BGB bezeichneten Weise zu hinterlegen hat. Kostbarkeiten sind nach allgemeiner Meinungll3 solche Sachen, deren Wert im Verhältnis zu Größe und Gewicht besonders hoch ist und die - da sie sich zur Hinterlegung eignen müssen - wenig Platz beanspruchen und unverderblich sind: letztendlich entscheidet die Verkehrsauffassung. In Betracht kommen insbesondere Schmuck, Kunstgegenstände, seltene Bücher, wertvolle Sammlungen von Briefmarken und Münzen. Aus dieser beispielhaften Aufzählung folgt, daß ein besonderer Grund für die Anordnung der Hinterlegung gegeben ist, wenn die Aufbewahrung beim Nachlaßpfleger keine genügende Sicherheit (etwa vor Verlust durch Diebstahl) bietet. Im übrigen gelten die Ausführungen zur Aufbewahrung von Inhaberpapieren im Sinne des § 1814 BGB entsprechend.

4. Die Behandlung des sonstigen Nachlasses Soweit sich Nachlaßgegenstände nicht unter die genannten Vorschriften subsumieren lassen, muß der Nachlaßpfleger nach den Grundsätzen der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit selbständig und eigenverantwortlich über deren Sicherung entscheiden. Liegen die Voraussetzungen der §§569a, 569b BGB für die Fortsetzung eines Mietverhältnisses (Eintritt von Familienangehörigen, Fortsetzung durch überlebenden Ehegatten bei gemeinschaftlicher Miete) nicht vo:r; hat der Nachlaßpfleger das Mietverhältnis des Erblassers gegenüber dem Vermieter gemäß § 569 Abs. 1 BGB zu kündigen1l4 . Hinsichtlich des Hausrats des Erblassers1l5 wird sich der Nachlaßpfleger in erster Linie mit den Erbanwärtern - soweit möglich - in Verbindung setzen und Lösungen suchen. Bei Nachlässen von geringem Wert dürfte dessen Verkauf geboten sein, entweder freihängig oder - was zu empfehlen ist - durch öffentliche Versteigerung (vgl. § 383 Abs.2 BGB). Kommt ein Verkauf nicht in Betracht, ist der Hausrat in geeigneten Räumen unterzubringen und zu versichern. Kraftfahrzeuge hat der Nachlaßpfleger mindestens in der Weise zu sichern, daß er die zugehörigen Schlüssel und Fahrzeugpapiere an sich nimmt und verwahrt, wenn nicht die Unterstellung in einer Garage notwendig ist. Familienandenken soll der Nachlaßpfleger angesichts deren ideellen Werte für die Erben in der Regel nicht veräußem 113 Vgl.

nur Schmidt S. 16 (Nr. 25 f.). S. 13 (Nr. 23). I\S Schmidt S. 13 (Nr. 24).

114 Schmidt

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft 11. Die Aufgaben des Nachlaßpflegers im weiteren Verlauf seiner Amtszeit

1. Die Ausgangslage Hat der Nachlaßpfleger die oben genannten Tätigkeiten - sie können als Sicherung des Nachlasses im engeren Sinne bezeichnet werden - erledigt, muß er sich überlegen, ob er dadurch den Nachlaß auch für die Zukunft geschützt hat, ob nicht erforderlich ist, daß er ihn ständig betreut. Die bislang dargestellten Pflichten des Nachlaßpflegers unterscheiden sich nicht wesentlich von den Sicherungsmaßnahmen, die das Nachlaßgericht ansonsten gemäß § 1960 Abs. 2 BG B anordnen kann; diese Maßnahmen und die bisher aufgezählten Tätigkeiten eines Nachlaßpflegers weisen überwiegend einen statischen Charakter auf (oben 2. Teil § 2 B III 3 a). Man denke jedoch daran, daß zum Nachlaß gehörende Gegenstände und Sachgesamtheiten nicht in der beschriebenen Art und Weise aufbewahrt werden können, etwa der Haus- und Grundbesitz oder das Unternehmen des Erblassers. Mit der bloßen Inbesitznahme und Verwahrung von Nachlaßgegenständen erschöpft sich also die Tätigkeit des Nachlaßpflegers nicht.

2. Die Erhaltung und Venvaltung des Nachlasses Wohl aus diesem Grund sind Rechtsprechung 1l6 und Literatur1l7 einhellig der Auffassung, zu den Aufgaben des Nachlaßpflegers rechneten - neben der Sicherung - die Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses, ohne jedoch die Begriffe näher zu bestimmen, insbesondere etwaige Unterschiede der Begriffe herauszuarbeiten. a) Die Erhaltung des Nachlasses Der Begriff "Erhalten" bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch "etwas in seinem Bestand, Zustand bewahren"1l8. Legt man diese Wortbedeutung zugrunde, dann stimmt die Tätigkeit der Erhaltung des Nachlasses weitgehend mit der Sicherungstätigkeit des Nachlaßpflegers überein. Der Begriff der Nachlaßerhaltung hebt nur deutlicher auf den Zweck der Aufgabe des Nachlaßpflegers ab. Ein grundlegender Unterschied zwischen Sicherung ("etwas sicher machen, vor einer Gefahr schützen"; oben 1. Teil § 3 A) und Erhaltung des Nachlasses ist nicht erkennbar. Die weitgehende Deckungsgleichheit der Begriffe wird zudem daraus deutlich, daß dem Nachlaßpfleger bei der Inbesitznahme des Nachlasses nicht allein der Anspruch auf den "bloßen" Gegenstand, sondern auch die Ansprüche auf die Surrogate, Nutzungen und Früchte (§§2019, 2020 BGB) zugestanden werden (oben § 2 B I 2). Diese Vorschriften tragen gerade dem Umstand Rechnung, daß der 116Vgl. nur KG ROLG 32, 48f. 117 Vgl. nur Palandtl Edenhofer § 1960 Anm. 5 b, d; Staudinger / Otte / Marotzke § 1960 RdNr.40. 118 Duden, Stichwort »Erhalten".

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Nachlaß im Lauf der Zeit Veränderungen unterworfen ist. Können diese Veränderungen nicht mehr mit dem reinen Besitzanspruch gegenständlich rückgängig gemacht werden, soll wenigstens versucht werden, einen wertmäßig gleichen Zustand herzustellen. Man kann insofern von einer Sicherung des Nachlasses im weiteren Sinne sprechen. Insgesamt erscheint es aber unnötig, einem Nachlaßpfleger neben der Sicherung des Nachlasses noch dessen Erhaltung zu übertragen. Die Aufgabe "Erhaltung des Nachlasses" gibt einem Nachlaßpfleger nicht mehr Rechte und Pflichten, als er aufgrund seiner Sicherungsaufgabe schon hat. Zuzugeben ist lediglich, daß die Formulierung "Erhaltung des Nachlasses" dem Nachlaßpfleger bei der Verpflichtungsverhandlung seine Funktion zusätzlich verdeutlicht. b) Die Verwaltung des Nachlasses yerwalten" meint nach allgemeinem Sprachgebrauch ,,(im Auftrag oder an Stelle des eigentlichen Besitzers) etwas betrauen, in seiner Obhut haben, in Ordnung halten; verantwortlich leiten, ftihren"1l9. Dementsprechend definiert Siber120 - ausgehend von einem einheitlichen Begriff der Vermögensverwaltung im BGB - den Begriff der Verwaltungshandlung als ,jedes tatsächliche oder rechtliche Gebaren mit dem verwalteten Vermögen, das nach typischer Beschaffenheit dazu bestimmt ist, dieses zu erhalten, zu mehren oder der seinem Zweck entsprechenden Verwendung zuzuführen". Nach Siber soll das Gebaren unmittelbare Verwaltungshandlung l21 sein, wenn es unmittelbar und nicht nur vermöge des Innenverhältnisses zwischen dem Verwalter und dem verwalteten Gut auf dieses einwirkt (Beispiele: jedes tatsächliche Gebaren mit dazugehörigen Sachen [ihr Verbrauch, ihre ersatzlose Zerstörung], wenn sie ihrem Typus nach den Zweck einer berechtigten Erhaltung oder Mehrung haben kann;jede Verfügung über Gegenstände des Gutes;jedes Verpflichtungsgeschäft, aus dem das Gut haftet;jedes Erwerbsgeschäft für Rechnung des Gutes, wenn der Erwerb diesem unmittelbar zufällt;jede Prozeßführung, die - namentlich hinsichtlich der Rechtskraft - unmittelbar für oder gegen oder auch für und gegen das Gut wirkt). Mittelbare Verwaltungshandlungen 122 sollen schon ihrem Inhalt nach eine Beziehung zu dem verwalteten Gut haben können (Beispiel: Der Verwalter verkauft dazugehörige Rechte im eigenen Namen oder klagt ohne Wirkung für oder gegen das Gut ein); andernfalls sollen sie der Verwaltung nur kraft der Zweckbestimmung des Urhebers dienen, ihre Rechtswirkung als Verwaltungshandlung liege nur im Innenverhältnis zwischen ihrem Urheber und dem verwalteten Gut, auch zwischen dem Eigner und einem seiner Sondergüter. Keine Verwaltungshandlungen sollen sein 123: Anordnungen über das Schicksal des Vermögens nach Beendigung der Verwaltung; Rechtsgeschäfte, die einen Erwerb verhindern; die Person betreffenden Verwaltungshandlungen, auch wenn sie auf das Vermögen zurückwirken; unerlaubte Handlungen. 119Duden, Stichwort "Verwalten". 120 Siber JherJb 67, 81, 107. 121 Siber JherJb 67, 81, 107 f. 122 Siber JherJb 67, 81, 108 f. 123 Siber JherJb 67, 81, 109 ff.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

Ein Erwerbsakt l24 soll dann Verwaltungshandlung sein, wenn der Erwerb für das verwaltete Gut bestimmt ist, das zugrundeliegende Kausalgeschäft nur dann, wenn es eine Verfügung in sich schließt (Beispiel: Ausleihen eingebrachten Geldes) oder eine Verpflichtung zu Lasten des Gutes begründet, sei es auch nur eine eventuelle und nur eine solche zum Ersatz von Auslagen des Verwalters. Was die Berechtigung einer Verwaltungshandlung betrifft, unterscheidet Siber l25 zwischen der Berechtigung als Zuständigkeit und der Berechtigung als Pflichtmäßigkeit. Die Zuständigkeit eines Verwalters soll sich grundsätzlich auf alle unmittelbaren Verwaltungshandlungen erstrecken, die nicht durch Einzelvorschrift ausgenommen sind 126• Hinsichtlich der Beschränkungen der Zuständigkeit unterscheide das BGB nach typischen Gruppen von Rechtshandlungen 127. Für die minder gefährlichen sei die Zuständigkeit des Verwalters unbeschränkt. Von den gefährlichsten, den Schenkungen mit Ausnahme von Gelegenheitsgeschenken, sei er ganz ausgeschlossen (vgl. § 1804 BGB für den Vormund). Für die mittleren Gruppen gelten Beschränkungen in der Form, daß die Zustimmung eines amtlichen Organs (des Nachlaßgerichts für den Nachlaßpfleger) erforderlich sei, wenn der Eigner des verwalteten Gutes völlig von der Verwaltung ausgeschlossen sei - wie seiner Ansicht nach 128 der vorläufige Erbe bei der Bestellung eines zur Verwaltung befugten Nachlaßpflegers; andernfalls sei die Zustimmung des Eigners selbst oder des Vormundschaftsgerichts notwendig.

Zählt man im Anschluß an Siber 129 zu den Verwaltungshandlungen auch die Inbesitznahme des zu verwaltenden Gutes, überschneiden sich die Begriffe "Sicherung" und Yerwaltung" mindestens in diesem Teilbereich. Denn es kann nicht ernsthaft bestritten werden, daß die Inbesitznahme des Nachlasses durch den Nachlaßpfleger die Schutzmaßnahme schlechthin ist. Zudem ist zu fragen, ob nicht auch die übrigen von Siber genannten Verwaltungshandlungen unter den Begriff der Sicherung subsumiert werden können. Seine Definition der Verwaltungshandlung hebt nicht lediglich auf die schlichte Tätigkeit des jeweiligen Verwalters ab, sondern schließt die Zweckrichtung des Handeins ein (,jedes tatsächliche oder rechtliche Gebaren mit dem verwalteten Vermögen, das nach typischer Beschaffenheit dazu bestimmt ist, dieses zu erhalten, zu mehren oder der seinem Zweck entsprechenden Verwendung zuzuführen"120). Diese Aufgabe - zu sagen, warum und zu welchem Zweck der Nachlaßpfleger mit dem Nachlaß umgehen darf -leistet ebenfalls der Begriff "Nachlaßsicherung". Nach dem hier vertretenen Standpunkt erfaßt die Nachlaßsicherung gerade jedes tatsächliche oder rechtliche Gebaren des Nachlaßpflegers mit dem Nachlaß, das nach typischer Beschaffenheit dazu bestimmt ist, den Nachlaß vor den Gefahren zu schützen, die ihm durch und während des Zustandes der tatsächlichen Herrenlosigkeit zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft drohen, das Erblasservermögen in seiner gegenständlichen oder wertmäßigen Zusammensetzung für den endgültigen Erben zu erhalten. 124 Siber JherJb 67, 81, 110. 125 Siber JherJb 67, 81, 114 fT. 126Siber JherJb 67, 81, 12lf. 121 Siber JherJb 67, 81, 122 fT. 128 Siber JherJb 67, 81, 126. 129Siber JherJb 67, 81, 201, 202f.

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Von diesem Verständnis aus bringt der Begriff der Nachlaßverwaltung - ebenso wie der Begriff der Nachlaßerhaltung - keine neuen Erkenntnisse gegenüber dem der Nachlaßsicherung. Allenfalls ließe sich anführen, daß der "Sicherung" ein mehr statisches Element innewohnt, die yerwaltung" die dynamische Komponente der Tätigkeit des Nachlaßpflegers zum Ausdruck bringt. Mehr oder andere Rechte und Pflichten als die Aufgabe der "bloßen" Nachlaßsicherung verleiht die Verwaltungsbefugnis dem Nachlaßpfleger nicht. Die hier vertretene Auffassung, wonach Verwaltung und Sicherung weitgehend identische Begriffe sind, setzt sich scheinbar in Widerspruch zu der Vorschrift des § 991 Abs. 2 ZPO. Die Norm gibt einem Nachlaßpfleger und einem Testamentsvollstrecker dann, "wenn ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht", das Recht, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern zu beantragen. Daraus muß man schließen, daß es Nachlaßpfleger gibt, die nicht zur Verwaltung des Nachlasses berechtigt sind. Wenn nun ein Nachlaßpfleger nicht verwaltungs befugt ist, dann stünde ihm auch nicht die Sicherung des Nachlasses zu, obwohl die Aufgabe der Nachlaßsicherung gerade das Charakteristikum des Nachlaßpflegers im Sinne der §§ 1960, 1961 BGB sei!? Der Widerspruch besteht jedoch nur scheinbar. Wie unten noch näher gezeigt werden wird, hat man seit jeher die Erbenermittlung zu den möglichen Aufgaben eines Nachlaßpflegers gezählt. Die Erbenermittlung läßt sich zwar noch unter den Begriff der Nachlaßsicherung subsumieren - sonst könnte sie einem Nachlaßpfleger auch nicht übertragen werden -,jedoch nur bei weitester Auslegung des Wortsinns. Einsichtig dürfte sein: Wenn dem Nachlaßpfleger nur die Ermittlung des Erben obliegt - wie es in der Praxis geschieht -, hat er nichts zu tun mit der Sicherung des Nachlasses im üblichen Sinn, nämlich den Nachlaß in Besitz zu nehmen, die Nachlaßgelder anzulegen, Wertpapiere zu hinterlegen, den Nachlaß vor unberechtigten Angriffen der Nachlaßgläubiger in Schutz zu nehmen. Weil dies nicht in den Aufgabenbereich eines lediglich zur Erbenermittlung bestellten Nachlaßpflegers flillt, hat für einen solchen Nachlaßpfleger das Recht zum Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern keine Bedeutung. Gleiche Erwägungen gelten für das Recht zum Antrag auf Zwangsversteigerung eines Nachlaßgrundstücks, das einem Nachlaßpfleger ebenfalls nur dann zusteht, wenn er zur Verwaltung des Nachlasses befugt ist (§ 175 Abs.l Satz 2 ZVG). Abgesehen von dieser Problematik stellt sich für die herrschende Meinung die Frage, ob einem Nachlaßpfleger die Verwaltung des Nachlasses überhaupt "entzogen" werden kann. Nach § 2012 Abs.l Satz 2 BGB ist der Nachlaßpfleger den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Gemäß § 32 Abs. 2 ErbStG hat der Nachlaßpfleger für die Bezahlung der Erbschaftssteuer zu sorgen und auf Verlangen des Finanzamts aus dem Nachlaß Sicherheit zu leisten. Das Gesetz macht keinen Unterschied, zu welchem Zweck der Nachlaßpfleger bestellt ist, zur Sicherung des Nachlasses im engeren oder weiteren Sinn, zur Erbenermittlung, zur Verwaltung des Nachlasses im Sinn

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der herrschenden Meinung, oder damit ein Nachlaßgläubiger seinen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch gerichtlich geltend machen kann. Im Hinblick auf die Auskunftspflicht aus § 2012 Abs.1 Satz 2 BGB läßt sich die Lösung wohl darin finden, daß die Verwaltung dem Nachlaßpfleger lediglich insoweit, aber zwingend in dem Umfang übertragen ist, daß er den Nachlaßgläubigern über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu geben vermag. Jedem Nachlaßpfleger muß also mindestens das Recht zustehen, den Bestand des Nachlasses festzustellen, das heißt das Eröffnungsverzeichnis im Sinne des § 1802 BGB aufzunehmen. Denn dieses Vermögensverzeichnis erlaubt erst dem Nachlaßpfleger, selbst einen Überblick über den Bestand des Nachlasses zu gewinnen. Schwieriger ist die Frage bezüglich der Pflichten des Nachlaßpflegers aus § 32 Abs. 2 ErbStG zu beantworten. Angenommen, der Nachlaß besteht aus Haus- und Grundbesitz oder Wertpapieren und der Nachlaßpfleger hat für die Bezahlung der Erbschaftssteuer zu sorgen, dann muß er den Nachlaß erst zu Bargeld machen, um diese Pflicht erfüllen zu können. Daraus ist zu folgern, daß einem Nachlaßpfleger die Verwaltung, so wie sie die herrschende Meinung versteht, nicht entzogen werden darf. Dann aber erübrigt sich umgekehrt eine Übertragung der Verwaltung 130. c) Zusammenfassung Dem Nachlaßpfleger obliegt die Sicherung des Nachlasses, auch im weiteren Verlauf seiner Amtszeit. Die von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur gebrauchte Formulierung "Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses" bringt gegenüber dem Begriff der Nachlaßsicherung nichts Neues. Die "Sicherung des Nachlasses" drückt bereits aus, daß der Nachlaßpfleger alle Handlungen vornehmen darf und muß, die dazu dienen, den Nachlaß vor Schaden zu bewahren. Der Begriff der Nachlaßsicherung schließt ein, was die herrschende Meinung unter der ,;Verwaltung" versteht, nämlich die Inbesitznahme, die Verfügung über Nachlaßgegenstände, Verpflichtungsgeschäfte, Erwerbsakte und die Prozeßführung, und macht zugleich deutlich, daß die Handlungen dazu dienen müssen, den Nachlaß vor Schaden zu bewahren. Gerade das vermag der erst zu konkretisierende Begriff der Verwaltungshandlung nicht zu leisten. Weiter hat die Untersuchung ergeben, daß die Sicherungsaufgabe des Nachlaßpflegers nie so weit eingeschränkt werden darf, daß er nicht mehr in der Lage ist, den Nachlaßgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu geben, für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen oder auf Verlangen des Finanzamts Sicherheit aus dem Nachlaß zu leisten.

I3°Ebenso Binder I S.196 f.; ähnlich Moser S. 95. Anderer Auffassung: Ohr, in: Lange, S. 93, der meint, dem Nachlaßpfleger müsse die Verwaltungs befugnis gesondert übertragen werden.

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d) Einzelne Maßnahmen des Nachlaßpflegers aa) Die Aufgabe, den Nachlaß zu sichern, liefert die Rechtfertigung dafür, warum der Nachlaßpfleger über Nachlaßgegenstände verfügen, sie veräußern, unter Umständen den gesamten Nachlaß liquidieren darf J31 • Gehört zum Nachlaß ein Gegenstand, der oder dessen Aufbewahrung lediglich Kosten verursacht, ist der Nachlaßpfleger - gegebenenfalls mit nachlaßgerichtlicher Genehmigung (vgl. §§ 1915 Abs.1, 1897 Satz 1, 1812 ff.; 1962 BGB) - befugt, ihn zu veräußern, etwa das bei der Übernahme der Nachlaßpflegschaft vorgefundene Mobiliar, wenn seine Verwahrung im Vergleich zu den Aktiva des Nachlasses unverhältnismäßige Kosten verursacht. Desgleichen kann er ein Grundstück - weil Zuschußbetrieb veräußern\32. Diese Ausführungen könnten dazu verleiten, einseitig auf eine Kosten-Nutzen-Relation zu sehen. Nicht übersehen darf der Nachlaßpfleger jedoch, daß Nachlaßgegenstände mit ideellen Interessen behaftet sein können. Familienandenken wird der Nachlaßpfleger tunlichst nicht veräußern. Wenn möglich, sollte sich der Nachlaßpfleger vor wichtigen Entscheidungen mit den ihm bekannten Erbanwärtern in Verbindung setzen und die wichtigsten Entscheidungen besprechen. Dies entbindet ihn jedoch nicht von der alleinigen Verantwortung für sein Handeln. bb) Aus dem gleichen Grund - Sicherung des Nachlasses - ist der Nachlaßpfleger befugt, Verbindlichkeiten zu begründen\33. Dieses Recht kann sich zur Pflicht wandeln, wenn man bedenkt, daß der Nachlaßpfleger das Erwerbsgeschäft des Erblassers fortführen kann und dazu der Ankauf von Betriebsmaterialien notwendig ist. Desgleichen hat der Nachlaßpfleger die zur Anlegung der Nachlaßgelder oder Aufbewahrung von Wertpapieren und Kostbarkeiten erforderlichen Rechtsgeschäfte abzuschließen. Alle diese Geschäfte bringen Verbindlichkeiten mit sich. Die Verbindlichkeiten gehören als Nachlaßverwaltungskosten zu den Nachlaßverbindlichkeiten des § 1967 BGB. Für sie haftet der Erbe nach Annahme der Erbschaft auch mit seinem sonstigen Vermögen (Grundsatz der unbeschränkten Erbenhaftung), wenn er nicht von den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Gebrauch macht (Grundsatz der beschränkbaren Erbenhaftung)\34. Weil der Nachlaßpfleger nicht auf die Beschränkung der Haftung des Erben verzichten kann (§ 2012 Abs.1 Satz 3 BGB), den Erben also stets nur gegenständlich auf den Nachlaß verpflichten kann, vermag der Nachlaßpfleger durch Fortführung eines zum Nachlaß gehörenden Handelsgeschäfts auch nicht dem Erben die persönliche Haftung für die Geschäftsverbindlichkeiten gemäß § 27 HGB aufzubürden135 • 13l Vgl. nur Hörle ZBIFG 1909, 751, 753 f.; Soergel/ Stein § 1960 RdNr. 28. 132BGHZ 49, 1, 5; KG DFG 1940,26. 133Vgl. nur Staudinger/Otte/Marotzke § 1960 RdNr. 41. 134Siber JherJb 67, 81, 146f. 135 Joharmsen FarnRZ 1980, 1074, 1076; MünchKomm / Leipold § 1960 RdNr. 52; jeweils mwN. Zur Problematik des § 27 HGB (im Hinblick auf Konkursverwalter und Testamentsvollstrecker) ausführlich Karsten Schrnidt § 8 IV 2 c S. 197, § 5 I 1 b bb S. 73 f1 mwN.

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ce) Weiter ist der Nachlaßpfleger berechtigt und verpflichtet, Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen. Ein derartiges Recht mag auf den ersten Blick der Aufgabe des Nachlaßpflegers, den Nachlaß zu erhalten, widersprechen, verringert er doch den Bestand des Nachlasses. So behauptet denn auch die herrschende Auffassung, Ansprüche von Nachlaßgläubigern zu erfüllen, sei nicht die eigentliche Aufgabe des Nachlaßpflegers136 . Ihren Grund dürfte die Aussage vornehmlich im Fehlen einer dem § 1985 Abs.l BGB entsprechenden Vorschrift bei der Nachlaßpflegschaft haben, wonach der Nachlaßverwalter die Pflicht hat, "die Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlaß zu berichtigen"; zudem werden Sicherungs- und Prozeßpflegschaft nicht - wie die Nachlaßverwaltung - zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger angeordnet.

Gemäß § 1960 Abs. 3 BGB kann ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, gegen den Nachlaßpfleger gerichtlich geltend gemacht werden; Nachlaßgläubiger können sogar eigens zu diesem Zweck die Bestellung eines Nachlaßpflegers beantragen (§ 1961 BGB). Aus diesen Bestimmungen darf wohl mit Recht gefolgert werden, daß der Nachlaßpfleger bei einem Unterliegen im Prozeß auch verpflichtet ist, die im Urteil ausgesprochene Verpflichtung zu erfüllen. Anderenfalls wäre die durch §§ 1960 Abs. 3 und 1961 BGB erstrebte Überwindung des Beitreibungsstillstandes für die Nachlaßgläubiger nicht vollständig verwirklicht. Daß der Nachlaßpfleger stets auf einen gerichtlichen Leistungsbefehl warten müßte, um die Nachlaßverbindlichkeiten berichtigen zu können, dürfte vom Gesetz ebenfalls schwerlich gewollt sein. Denn auf diese Weise würde der Nachlaßpfleger den Nachlaß unter Umständen mit unnötigen (Prozeß-)Kosten belasten, wenn etwa die Rechtslage eindeutig für das Bestehen der Verbindlichkeit spricht. Die Schuld nicht zu erfüllen, liefe einer selbständigen, eigenverantwortlichen und am Gedanken der Sparsamkeit orientierten Nachlaßsicherung zuwider 137. Diese Überlegungen dürfenjedoch nicht dahin mißverstanden werden, als müsse der Nachlaßpfleger primär Nachlaßverbindlichkeiten berichtigen. Das Recht und die Pflicht dazu besitzt er gewissermaßen nur als ,,Annex" zu seiner Sicherungsaufgabe, nämlich um den Nachlaß vor weiteren Einbußen (etwa Verzugsschaden, Kosten eines Rechtsstreits) durch die Nicht-Begleichung der Schulden zu schützen138 • Folglich ist der herrschenden Meinung zuzustimmen, daß die Befriedigung der Nachlaßgläubiger nicht die eigentliche Aufgabe eines Nachlaßpflegers ist. e) Die Pflicht des Nachlaßpflegers zur Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß Eng mit dem Recht und der Pflicht des Nachlaßpflegers, die Nachlaßgläubiger zu befriedigen, hängt die Frage zusammen, ob und inwieweit der Nachlaßpfleger I36Vgl. nur KG JW 1938, 1453, 1454; Lange / Kuchinke § 40 IV 4 d S. 658; Erman / Schlüter § 1960 RdNr. 10, 11; MünchKornrn / Leipold § 1960 RdNr. 53; Staudinger / Otte / Marotzke § 1960 RdNr. 44. 137Schmidt S. 18 (Nr. 32); Haegele S. 22.

138 Anderer Auffassung Koeßler JherJb 64, 412, 417:

gung nicht dringlich.

Erfüllung selbst dann, wenn Berichti-

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von den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung des Erben139 auf den Nachlaß Gebrauch machen kann oder gar muß. aa) Grundsätzliche Probleme der Haftungsbeschränkung bei einer Nachlaßpflegschaft Die Bestellung eines Sicherungs- oder Prozeßpflegers erfordert unter anderem, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat (§§ 1960 Abs. 1 Satz 1, 1961 BGB). Sobald der Erbe die Erbschaft angenommen hat, muß das Nachlaßgericht die Nachlaßpflegschaft aufheben (unten 4. Teil § 2 B). Da der Erbe vor der Erbschaftsannahme für die Nachlaßverbindlichkeiten nicht haftet, stellte sich unter diesem Blickwinkel die Frage nicht, ob und inwieweit der Nachlaßpfleger von den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlaß Gebrauch machen kann oder muß. Gegen den Nachlaßpfleger können nur solche Ansprüche geltend gemacht werden, die sich gegen den Nachlaß richten (vgl. §§ 1958, 1960 Abs.3; 1961 BGB); wegen eines derartigen Anspruchs ist eine Zwangsvollstreckung nur in den Nachlaß zulässig (§ 778 Abs.l ZPO), eine bereits gegen den Erblasser begonnene Zwangsvollstreckung wird allein in dessen Nachlaß fortgesetzt (§ 779 Abs.l ZPO). Zudem erfaßt der Wirkungskreis des Nachlaßpflegers nur den Nachlaß, nicht das Eigenvermögen irgendeines unbekannten Erben. Lediglich im Hinblick auf das Vermögen "Nachlaß" räumt das Gesetz dem Nachlaßpfleger Rechte und Pflichten ein mit dem Ziel, dieses zu sichern. Das System der Erbenhaftung will jedoch nicht nur die Frage lösen, wie das Eigenvermögen des Erben vor dem Zugriff der Nachlaßgläubiger bewahrt werden kann. Für die Sicherung seines Eigenvermögens zu sorgen, ist alleinige Aufgabe des Erben, wenn er die Erbschaft angenommen hat. In dieser Hinsicht vermag der Nachlaßpfleger dem Erben auch keine Rechte zu nehmen. Gemäß § 2012 Abs.l Satz 3 BGB ist ein Nachlaßpfleger nicht imstande, auf die Beschränkung der Haftung des Erben zu verzichten. Nach § 2012 Abs.l Satz 1 BGB kann einem Nachlaßpfleger eine Inventarfrist (§ 1994 Abs. I Satz 1 BGB) nicht bestimmt werden. Damit entfällt ein Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts durch nicht fristgerechte Inventarerrichtung (§ 1994 Abs.l Satz 2 BGB) und wegen Verweigerung oder erheblicher Verzögerung der Auskunft bei Inventarerrichtung durch eine amtliche Stelle (§§2005 Abs.l Satz 2, 2003 BGB); denn die Vorschrift des §2005 Abs.l Satz 2 BGB ist ersichtlich darauf zugeschnitten, daß wirksam eine Inventarfrist gesetzt worden ist 140. Sinn und Zweck der Norm gehen jedoch über den bloßen Wortlaut hinaus. Es sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß der Nachlaßpfleger "durch Handlungen und Unterlassungen den Verlust des Inventarrechts rur den Erben nicht herbeiführen" könne l41 ; es könne nicht zu den Befugnissen des Nachlaßpflegers gehören, "den Rechten des Erben in dieser Hinsicht etwas zu vergebenUl42; der Nachlaßpfleger nehme gegenüber den Nachlaßgläubigern 139Dazu allgemein Börner JuS 1968, 53ff., 108ff.; Harder/Müller-Freienfels JuS 1980, 876 ff.; Hoepfner Jura 1982, 169 ff.; Lange I Kuchinke §48 III S. 818 ff.; Staudinger I Marotzke vor §§ 1967-2017 RdNr. 10ff. 140 Staudinger I Marotzke § 2005 RdNr. 7, § 2012 RdNr. 4. 141 Mugdan V S. 294. 142 Mugdan V S. 294.

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im wesentlichen vollständig die Stelle des Erben ein, nur verbleibe dem Erben stets das Inventarrecht l43 • Mit dem Begriff des Inventarrechts meinen die Gesetzesmaterialien das Recht des Erben, seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken 144. Deshalb führen die Inventaruntreue im Sinne des § 2005 Abs. 1 Satz 1 BGB, die Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung (§ 2006 Abs. 3 Satz 1 BGB) sowie das Nichterscheinen des Nachlaßpflegers in einem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§ 2006 Abs. 3 Satz 2 BG B) Verfehlungen, die auch bei einem freiwilligen Inventar möglich sind - ebenfalls nicht zu einem Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts des Erben l45 • Schließlich kann der Erbe die Beschränkung seiner Haftung in der Zwangsvollstreckung geltend machen (vgl. § 781 ZPO) - ohne den sonst erforderlichen Vorbehalt im Urteil (§ 780 Abs. 1 ZPO), weil der Vorbehalt entbehrlich ist, wenn das Urteil über eine Nachlaßverbindlichkeit gegen einen Nachlaßpfleger erlassen worden ist (§ 780 Abs. 2 ZPO).

Die Haftungssystematik beschäftigt sich auch mit dem Problem, wie der Nachlaß - vor den Eigengläubigern des Erben, vor dem Erben selbst und vor einzelnnen Nachlaßgläubigern - geschützt werden kann146 • Weil gegen einen Nachlaßpfleger Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, geltend gemacht werden können, erhebt sich sehr wohl die Frage, ob nicht der Nachlaßpfleger zur Sicherung des Nachlasses einzelne Mittel der Haftungsbeschränkung in Anspruch nehmenmuß. bb) Der Schutz des Nachlasses vor den Eigengläubigern des Erben Wie bereits betont, kommt eine Nachlaßpflegschaft nur in dem Zeitraum zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft in Betracht. Vor der Erbschaftsannahme gibt es "den Erben" und damit etwaige Eigengläubiger des Erben nicht. Man möchte deshalb meinen, das hier angesprochene Problem könne nicht auftreten. In manchen Fällen wird jedoch die Feststellung, ob die Erbschaft angenommen ist, erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Man denke daran, daß die Annahme der Erbschaft keinen Publizitätsakt erfordert. So mögen Gläubiger der Auffassung sein, ihr Schuldner habe die Erbschaft bereits angenommen, und werden versuchen, sich wegen ihrer Ansprüche auch aus dem Nachlaß zu befriedigen. Denn mit der Annahme der Erbschaft verschmelzen Nachlaß und Eigenverrnögen des Erben; beide Verrnögensmassen stehen ihrIen nun grundsätzlich gleichermaßen zur Verfügung. Andere Gläubiger vertreten vielleicht die Ansicht, ihr Anspruch sei ein solcher, der sich gegen den Nachlaß richtet; diesen könnten sie gegen den Nachlaßpfleger gerichtlich geltend machen (§§ 1958,1960 Abs. 3; 1961 BGB). 143 Mugdan

V S. 325. § 2091 Abs. 1 des 1. Entwurfs zum BGB: "Der Erbe kann die Erfüllung der ihm als Erben obliegenden Verbindlichkeiten (Nachlaßverbindlichkeiten) wegen Unzulänglichkeit des Nachlasses zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten nach Massgabe der §§ 2093-2150 verweigern (Inventarrecht)." Dazu Mugdan V S. 323 ff., 325; Staudinger I Marotzke § 1993 RdNr. 28. 145 Staudinger I Marotzke § 1993 RdNr.16, § 2012 RdNr. 7,8 mwN; im Ergebnis ebenso Soergell Stein §2oo5 RdNr. 5, §2006 RdNr. 3. 146 Börner JuS 1968, 53. 144 Vgl.

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Im Erkenntnisverfahren sichert der Nachlaßpfleger den Nachlaß vor den Eigengläubigem des Erben dadurch, daß er nachweist, es handle sich nicht um einen Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet. Gemäß §§ 1958,1960 Abs. 3; 1961 BGB können nämlich gegen einen Nachlaßpfleger lediglich sich gegen den Nachlaß richtende Ansprüche erhoben werden. Nur hierfür steht ihm die Prozeßführungs befugnis zu. Für andere Ansprüche fehlt ihm das Recht, den Prozeß als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen. Solche Klagen müssen wegen Fehlens einer parteibezogeneh Prozeßvoraussetzung (als unzulässig) abgewiesen werden. Die Zwangsvollstreckung wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben ist vor der Annahme der Erbschaft in den Nachlaß nicht zulässig. Wird dennoch wegen eines Anspruchs, der sich nicht gegen den Nachlaß richtet, in diesen vollstreckt, liegt ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 778 Abs. 2 ZPO vor. Fraglich ist, mit welchem Rechtsbehelf der Nachlaßpfleger diesen Verstoß angreifen kann. In Betracht zu ziehen ist die Erinnerung im Sinne des § 766 ZPO. Die Erinnerung ist der Rechtsbehelf gegen "formelle" Verstöße im Vollstreckungsverfahren; mit ihr werden alle Verstöße gegen die gesetzliche Regelung der Vollstreckungsvornahme geltend gemacht147• Zu den Einwendungen, die die vom Vollstreckungsorgan zu beachtenden formellen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung betreffen, zählt auch die Rüge von Verstößen gegen Vorschriften über den Umfang der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme, etwa der Übergriff in eine der Vollstreckung nicht unterworfene Vermögensmasse l48, hier der Übergriff in den vor der Erbschaftsannahme nicht der Zwangsvollstreckung (wegen Eigenverbindlichkeiten des Erben) unterworfenen Nachlaß (§ 778 Abs. 2 ZPO). Auch wenn der Nachlaßpfleger nicht Schuldner der Zwangsvollstreckung ist, so steht ihm als Drittem dennoch der Rechtsbehelf der Erinnerung zu 149. Soweit sich bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in körperliche Sachen der Nachlaß im Gewahrsam des Nachlaßpflegers befindet, vermag der Nachlaßpfleger seine Erinnerungsbefugnis auf die Norm des § 809 BGB (pfandung bei Dritten) zu stützen. Denn diese Vorschrift dient (auch) seinem Schutz. Ansonsten muß das Recht des Nachlaßpflegers zur Erinnerung damit begründet werden, daß es zu seinen Aufgaben gehört, den Nachlaß vor unberechtigen Eingriffen (der Eigengläubiger des Erben) zu schützen. Nach dem Wortlaut des § 766 Abs. 1,2 ZPO ist die Erinnerung gegen das Verfahren des Gerichtsvollziehers bei der Zwangsvollstreckung allgemein zulässig. Im Verfahren anderer Vollstreckungsorgane beschränkt sich die Erinnerung auf die Art und Weise der Zwangsvollstreckung; insbesondere ist eine Abgrenzung der Erinnerung zur sofortigen Beschwerde des § 793 ZPO erforderlich, die gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, stattfmdet. Die heute herrschende Lehre 150 unterscheidet zutreffend danach, daß die Erinnerung zulässig ist gegen Vollstreckungsmaßnahmen ohne vorherige Anhörung des Schuldners, die sofortige Beschwerde gegen Vollstreckungshandlungen nach Anhörung des Schuldners. 147 Blomeyer 11 § 31, I, 11, III S. 116 ff. 148 Blomeyer 11 § 31 III 3 S. 119; Stein I Jonas I Münzberg § 766 RdNr. 19; Zöller I Scherübl § 788 Anm. III. 149 Hörle ZBIFG 1909, 751, 759; Blomeyer 11 § 34 I 1a S.142; Stein I Jonas I Münzberg § 778 RdNr.8. 150Dazu Blomeyer 11 § 31 11 2 S. 117 mwN. 11

Zicgltrum

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Im Verhältnis zur Erinnerung gegen Entscheidungen des Rechtspflegers (§ 11 RPflG), dem gemäß §§3 Nr.3 Buchstabea (sogenannte Einzelübertragung), 20 Nr.17 RPflG die Geschäfte im Zwangsvollstreckungsverfahren übertragen sind, ist die Erinnerung im Sinne des §766 ZPO der speziellere Rechtsbehelf; §766 ZPO geht also § 11 RPflG vor l51 • Etwas anderes gilt im Verhältnis zwischen Rechtspflegererinnerung und sofortiger Beschwerde. Hat im Anwendungsbereich des §793 ZPO der Rechtspfleger entschieden, tritt an die Stelle der sofortigen Beschwerde die befristete Erinnerung des § 11 Abs. I Satz 2 RPflG 152• Das Verfahren über die Erinnerung des §766 ZPO wird eröffnet durch einen schriftlichen (§ 569 Abs. 2 ZPO analog) Antrag des Nachlaßpflegers an das Vollstreckungsgericht (§§ 766 Abs. I Satz I, 764 Abs. I, 2 ZPO) mit dem Inhalt, die Zwangsvollstreckung in genau bestimmtem Umfang flir unzulässig zu erklären. Eine Frist ist nicht vorgeschrieben. Da der Ausspruch der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung angesichts der Folgen der §§ 775 Nr.1 (Einstellung oder Beschränkung), 776 Satz 1 ZPO (Aufhebung der bereits getroffenen Maßregeln) nur sinnvoll ist, wenn die Zwangsvollstreckung noch läuft, kann die Erinnerung jederzeit während des Vollstreckungsverfahrens eingelegt werden. Die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 764 Abs. 3 ZPO). Vor der Entscheidung (durch Beschluß) sind einstweilige Anordnungen zulässig (§§ 766 Abs.l Satz 2, 732 Abs. 2 ZPO), insbesondere dergestalt, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei. Gegen den über die Erinnerung entscheidenden Beschluß des Richters (§ 20 Nr.17 Satz 2 Buchstabe a RPflG) ist die sofortige Beschwerde des § 793 ZPO gegeben; flir sie gelten die Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO über die Beschwerde unmittelbar. Neben der Erinnerung gegen die Zwangsvollstreckung von Eigengläubigern des Erben in den Nachlaß vor der Erbschaftsannahme ist an die Widerspruchsklage im Sinne des § 771 ZPO als möglicher Rechtsbehelf zu denken. Während mit der Erinnerung die Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt wird, mit der Widerspruchsklage "nur" das materielle Recht, ein die Veräußerung hinderndes Recht geltend gemacht. Vollstreckungsgegenstand sollen nur Rechte des Schuldners sein. In der Zeit vor der Annahme der Erbschaft, also regelmäßig während des Bestehens einer Nachlaßpflegschaft, gehört der Nachlaß noch nicht zum Vermögen des Erben. Deshalb vermag der Nachlaßpfleger einen Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung durch den Eigengläubiger des Erben in den Nachlaß im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstrekkung erfolgt 153 • Erinnerungs- und Klagegründe können also in der hier besprochenen Fallkonstellation zusammentreffen. Keiner der Rechtsbehelfe - Erinnerung und Widerspruchsklage - wird dadurch ausgeschlossen, daß auch der andere zulässig ist; beide sind nebeneinander zulässig l54.

ce) Der Schutz des Nachlasses vor einzelnen Nachlaßgläubigern Der Nachlaßpfleger ist berechtigt und verpflichtet, Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen, wenn er dadurch Schaden für den Nachlaß verhindert (oben § 2 B 11 2 d ce). Zu überlegen ist, ob er bei Erfüllung dieser Pflicht bestimmte Regeln, etwa eine bestimmte Reihenfolge der zu befriedigenden Gläubiger, be151 Renkl JuS 1981, 588, 590; Thomas / Putzo § 766 Anm. 1 b mwN. 152Blomeyer 11 § 32 I S. 124. 153 Thomas / Putzo § 778 Anm. 4 b; Stein / Jonas / Münzberg §778 RdNr. 8, §771 RdNr. 36. 154 Hörle ZBIFG 1909, 751, 759; Blomeyer 11 §31 IX 2 S. U4; Stein / Jonas / Münzberg§ 778 RdNr. 8, § 766 RdNr. 53 ff.

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achten muß oder ob er nach Belieben an die Gläubiger leisten darf. Erheblich wird das Problem, wenn der Nachlaß nicht ausreicht, alle Ansprüche (in voller Höhe) zu erfüllen. Daß der Nachlaßpfleger die Gläubiger auf eine bestimmte Reihenfolge verweisen kann, sagt das Gesetz. Er kann nämlich von seinem Recht Gebrauch machen, die Eröffnung des Konkursverfahrens über den Nachlaß zu beantragen (§ 217 Abs.l KO). Desgleichen ist der Nachlaßpfleger berechtigt, den Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Nachlaßkonkurses zu stellen (§ 113 Abs. 1Nr. 1 Satz 1VerglO). Faßt man die Bedeutung von Nachlaßkonkurs- und Nachlaßvergleichsveifahren für das hier zu besprechende Problem - den Schutz des Nachlasses durch den Nachlaßpfleger vor einzelnen Nachlaßgläubigern - zusammen, zeigt sich folgendes Bild: Bei Überschuldung des Nachlasses steht dieser nicht allen Nachlaßgläubigern zur vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung. Aus dem Kreis der Nachlaßgläubiger nimmt das Gesetz einige heraus und läßt nur sie155 am Nachlaßvergleichsverfahren156 teilhaben. Nachlaßkonkursgläubiger sind zwar alle Nachlaßgläubiger; das Gesetz unterwirft sie aber einer Rangordnung (vgl. § 226 Abs. 2 KO)157. Sowohl beim Nachlaßkonkurs als auch beim Nachlaßvergleichsverfahren mutet das Gesetz den beteiligten Gläubigern einen teilweisen oder vollständigen Ausfall ihrer Forderungen zu. Darüber hinaus wird verhindert, daß einzelne Gläubiger mit (Einzel-)Vollstreckungen in den Nachlaß vordrängen. Beide Verfahren fassen die jeweiligen Nachlaßgläubiger zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, für die das Gesetz eine als gerecht angesehene Ordnung aufgestellt hat. Damit diese Ordnung bei Überschuldung des Nachlasses auch tatsächlich verwirklicht wird, steht dem Nachlaßpfleger das Recht zu, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des Vergleichsverfahrens über den Nachlaß zu beantragen. Wenn aber der Nachlaßpfleger in gewissen Fällen Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen hat, dann ist es folgerichtig, daß er diese Aufgabe im Rahmen der Gesamtrechtsordnung erfüllt. Deshalb ist der Nachlaßpfleger nicht nur als berechtigt anzusehen, das Konkursverfahren oder das Vergleichsverfahren zu beantragen. Über den Gesetzeswortlaut hinaus obliegt ihm vielmehr die Pflicht, bei Überschuldung des Nachlasses die entsprechenden Anträge auf Eröffnung der Verfahren zu stellen.

Im Ergebnis stimmt damit die herrschende Meinung überein. Ihre Begründungen verdeutlichenjedoch nicht hinreichend, daß derartige Pflichten des Nachlaßpflegers aus dessen allgemeiner Aufgabenstellung folgen, den Nachlaß zu sichern; dazu muß der Nachlaßpfleger in bestimmten Fällen Nachlaßverbindlichkeiten berichtigen, und zwar in den vom Gesetz gezogenen Grenzen. Die Vertreter der herrschenden Meinung begründen demgegenüber eine Antragspflicht des Nachlaßpflegers mit folgenden Erwägungen: Der Nachlaßpfle155 Brox

RdNr. 671; Bley I Mohrbutter § 113 RdNr. 38. Vergleichsverfahren allgemein: Jauemig § 63 S. 24Off. 157 Dazu Lange I Kuchinke § 51 11 5 e V S. 879; Brox RdNr. 665.

156Zum

11·

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ger hafte dem Erben aus § 1833 Abs.l Satz 1 BGB analog für Schäden, die diesem aus schuldhaften Pflichtverletzungen des Nachlaßpflegers entstünden, zu den Pflichtverletzungen gehörten auch pflichtwidrige Unterlassungen, wie etwa das Unterlassen der Antragstellung158; der Nachlaßpfleger könne sich zur AntragsteIlung im Interesse des Erben gezwungen sehen159 ; der Nachlaßpfleger dürfe Nachlaßverbindlichkeiten nur nach Kräften des Nachlasses und gemäß den Vorschriften über die beschränkte Erbenhaftung tilgenl60 • Diese Aussagen lassen wiederum die Gründe dafür vermissen, warum es zu den Pflichten des Nachlaßpflegers gehört, die Eröffnung der Verfahren zu beantragen, warum die AntragsteIlung im Interesse des Erben liegen soll, warum der Nachlaßpfleger die Nachlaßverbindlichkeiten nur nach Kräften des Nachlasses und gemäß den Vorschriften über die beschränkte Erbenhaftung tilgen darf. Letztendlich gehen die Begründungsversuche der herrschenden Meinung auf die Gesetzesmaterialien zurück. So hatte § 2065 Abs. 1 des ersten Entwurfs zum BGB bestimmt: "Ist der Nachlaß zur vollständigen Befriedigung der Nachlaßgläubiger unzureichend, so ist der Nachlaßpfleger gegenüber dem Erben verpflichtet, dafür zu sorgen, daß kein Nachlaßgläubiger aus dem Nachlasse in größerem Umfange befriedigt wird, als er nach den Vorschriften über das Inventarrecht zu verlangen berechtigt ist." Würde nämlich dann, wenn der Nachlaß zur vollständigen Befriedigung aller Nachlaßgläubiger unzureichend ist, ein Nachlaßgläubiger vollständig befriedigt, obwohl er dies nicht beanspruchen kann, trüge nach den Vorschriften über das Inventarrecht der Erbe den Schaden161 . Diese Begründung fußt auf der Ansicht, daß der Nachlaßpfleger gegenüber den Nachlaßgläubigern im wesentlichen vollständig die Stelle des Erben einnehme, nur dem Erben stets das Inventarrecht verbleibe162 . Der zweiten Kommission hatte der Antrag vorgelegen, den soeben zitierten Absatz 1 des § 2065 des ersten Entwurfs zu streichen oder wie folgt zu fassen: ,yerletzt der Nachlaßpfleger schuldhaft die dem Erben nach den [von der SubKom. für das Inventarrecht vorgeschlagenen] Vorschriften der §§ 2112, 2133, 2133a und des § 2133b Abs. 1 gegenüber den Nachlaßgläubigern obliegenden Verpflichtungen, so ist er dem Erben für den dadurch entstehenden Schaden verantwortlich"163. Die von der Subkommission vorgeschlagenen Bestimmungen hatten in § 2112 die Haftung des Erben für die bisherige Verwaltung des Nachlasses im Fall der KonkurserötTnung, die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten durch den Erben, die Schadensersatzpflicht des Erben bei Unterlassen des Antrags aufKonkurserötTnung, in § 2133 die Reihenfolge der 158 Lange I Kuchinke § 51 II 5 b S. 876 (Fn.113); v. Lübtow II S.1153; Staudinger I Marotzke § 1980 RdNr. 20; Mentzell Kuhn I UhIenbruck § 217 RdNr. 4; Bley I Mohrbutter § 113 RdNr. 17; wohl auch Boehrner JW 1932, 1389, 1390 (= Anm. zu KG JW 1932, 1389). 159KG FamRZ 1975, 292, 293; MünchKomm/Leipold § 1960 RdNr. 50; Staudingerl Marotzke § 1980 RdNr. 20. 160 V• Lübtow II S. 757; Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 46. 161 Mugdan V S. 295. 162Mugdan V S. 325. 163 Mugdan V S. 468.

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Befriedigung der Nachlaßgläubiger, in § 2133a das Recht des Erben, die Befriedigung bestimmter Gläubiger zu verweigern, und in § 2133b Abs. 1geregelt, daß auf die Verantwortlichkeit des Erben für die Verwaltung des Nachlasses § 2112 entsprechende Anwendung findet, wenn er von den ihm nach den §§ 2133, 2133a zustehenden Rechten Gebrauch macht.

Die Vorschrift fand sachliche Billigung. Man hatte jedoch nichts gegen deren Streichung einzuwenden, die später auch tatsächlich erfolgt ist, wie das Fehlen einer entsprechenden Nonn im BGB zeigt. Sowohl die erste Kommission als auch die zweite Kommission waren der Auffassung gewesen, daß die Vorschrift "eigentlich selbstverständlich sei und nur im Interesse der Deutlichkeit geboten erscheine ... Die Bestimmung sage im Grunde genommen nu!; daß der Nachlaßpfleger ebensowenig als ein Vonnund oder ein anderer gesetzlicher Vertreter zum Nachtheile der von ihm vertretenen Personen handeln dürfe."163 Wenn aber die Antragspflicht auf der Stellung des Nachlaßpflegers als eines gesetzlichen Vertreters des unbekannten Erben beruht, dann scheidet diese Begründung schon deshalb aus, weil hier der Nachlaßpfleger als Träger eines privaten Amtes begriffen wird; als solcher nimmt er eigene Rechte und Pflichten wahr, nicht erst vom Erben abgeleitete. Hinzu kommt, daß den Erben vor der Annahme der Erbschaft - also regelmäßig während des Bestehens einer Nachlaßpflegschaft - keine Antragspflicht aus § 1980 BGB trifft164 . Ein Rückgriff auf den Schutz der Interessen des Erben (am ungeschmälerten Erhalt des Nachlasses) ist für die Begründung einer Antragspflicht des Nachlaßpflegers ebenfalls nicht stichhaltig. Hat der Nachlaßpfleger pflichtwidrig keinen Konkursantrag gestellt, so entsteht den Gläubigern ein Schaden in Höhe der entgangenen Konkursdividende, das heißt in Höhe des Unterschiedes zwischen dem Betrag, den sie bei rechtzeitiger AntragsteIlung erhalten hätten, und dem Betrag, den sie nun tatsächlich erhalten, etwa weil einzelne Gläubiger zwischenzeitlich in den Nachlaß vollstreckt haben. Für diese schuldhafte Schadensverursachung muß der Erbe den Nachlaßgläubigern gemäß § 278 BGB einstehen, kann aber seine Haftung auf den Nachlaß beschränken. Wenn damit auch der Nachlaß mit einer weiteren Verbindlichkeit belastet wird, so sind doch keine Nachteile für den Erben ersichtlich dergestalt, daß er nun weniger als bei rechtzeitiger AntragsteIlung erhält. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Erbe für das Verschulden des Nachlaßpflegers auch mit seinem Eigenvennögen einzustehen hätte; das lehnt jedoch die herrschende Meinung selbst auf dem Boden der Vertretertheorie (zu Recht) ab 165. Während eines Nachlaßkonkurs- oder Nachlaßvergleichsverfahrens bewirken den Schutz des Nachlasses vor einzelnen Nachlaßgläubigern die dann anwendbaren Vorschriften über Vollstreckungsverbote und die Unwirksamkeit gewisser Zwangsvollstreckungen (für den Konkurs: §§ 14 [keine Einzelzwangsvollstreckung], 221 KO [keine abgesonderte Befriedigung aufgrund einer nach dem Erbfall erfolgten Maßregel der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung, Unwirksamkeit einer nach dem Erbfall im Weg der einstwei164

Allgemeine Meinung; vgl. nur MünchKomm I Siegmann § 1980 RdNr. 8 mwN. Leipold § 1980 RdNr. 60, § 1967 RdNr. 28, jeweils mwN.

165 MünchKomm I

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ligen Verfligung erlangten Vormerkung; für den Vergleich: §§ 13 [einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen], 47 [Vollstreckungsverbot bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens], 48 VergiO [Einstellung von anhängigen Vollstreckungsmaßnahmen]). Verstöße gegen diese Bestimmungen kann allerdings der Nachlaßpfleger nicht uneingeschränkt verhindern. Im Nachlaßkonkursverfahren obliegt die Sicherung der Konkursmasse "Nachlaß" nunmehr dem Konkursverwalter. Durch die Eröffnung des Nachlaßvergleichsverfahrens verliert der Vergleichsschuldner, dessen Rolle der Nachlaßpfleger während seiner Amtszeit einnimmt l66, zwar nicht die Verwaltungs- und Verfligungsbefugnis über den Nachlaß; zu seiner Überwachung wird aber ein Vergleichsverwalter (vgl. §§ 11, 20, 38 ff. VerglO) eingesetzt. Allein ihm obliegt die Befugnis, die einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. § 13 VerglO) und die endgültige Einstellung anhängiger Vollstreckungsmaßnahmen im Fall des § 48 Abs. 2 VergiO zu beantragen. Dem Nachlaßpfleger verbleibt das Recht, Vollstreckungsakte entgegen den §§47, 48 Abs.l VergiO zu rügen. Als Rechtsbehelf steht ihm die Erinnerung im Sinne des § 766 ZPO zur Verfligung 167 ; in beiden Fällen handelt es sich um Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung (oben bb).

Hinsichtlich des dritten fönnlichen Verfahrens (zur Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlaß), der Nachlaßverwaltung, fehlt jegliche Vorschrift, ob der Nachlaßpfleger deren Anordnung beantragen kann. Im Unterschied zum Nachlaßkonkurs- und Nachlaßvergleichsverfahren wird für die Anordnung keine Nachlaßüberschuldung vorausgesetzt (vgl. §§ 1981f. BGB). Weil der Nachlaß zur Befriedigung aller Nachlaßgläubiger ausreicht, braucht dabei keine bestimmte Reihenfolge oder sonstige Einschränkung beachtet zu werden. Ein Schutz des Nachlasses vor einzelnen Nachlaßgläubigern ist entbehrlich und wird folglich durch die Nachlaßverwaltung auch nicht erreicht. Die Befriedigung der Nachlaßgläubiger kann - zumindest teilweise - der Nachlaßpfleger selbst übernehmen. Von diesem Standpunkt aus erübrigt sich ein Recht des Nachlaßpflegers, die Anordnung der Nachlaßverwaltung zu beantragen168 • Die Pflichten eines Nachlaßpflegers und eines Nachlaßverwalters (vgl. § 1985 Abs.l BGB) sind teilweise deckungsgleich. Die Nachlaßverwaltung brächte dem Nachlaß nicht mehr Schutz, als ihm der Nachlaßpfleger ohnehin schon angedeihen lassen muß. Man wird deshalb sagen müssen, daß ein Nachlaßpfleger den Antrag auf Anordnung der Nachlaßverwaltung nicht stellen darf. Entgegen der Ansicht von Boehmer168 läßt sich das nicht damit begründen, eine schon vor der Annahme der Erbschaft angeordnete Nachlaßverwaltung, die nach der Annahme fortdauert, greife der eigenen Entschließung des Erben vor, ob er diesen folgenschweren, ihm Besitz, Verwaltung und Verfügung über den Nachlaß raubenden (vgl. § 1984 Abs. 1 Satz 1 BGB) Schritt tun wolle, und dränge ihm eine Rechtsstellung auf, die vielleicht gar nicht seinen Wünschen entspricht; das 166Bley 1 Mohrbutter § 113 RdNr. 33. 167Brox RdNr. 671; Bley 1 Mohrbutter §§ 47/48 RdNr. 26f. 168KG JFG 21,213, 214f.; Hörle ZBIFG 1909,751,762; Boehmer JW 1932,1389,1390 (= Anm. zu KG JW 1932, 1389); MünchKomm 1 Leipold § 1960 RdNr. 50.

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sei nicht Aufgabe und Zweck der Nachlaßpflegschaft. Auf der anderen Seite nämlich erlegt das Gesetz dem Erben dieselbe "Belastung" dadurch auf, daß der Nachlaßpfleger die Eröffnung des Konkursverfahrens über den Nachlaß beantragen kann; so wollen etwa Lange/Kuchinke169 gerade aus einer entsprechenden Anwendung des §217 Abs.l KO das Recht des Nachlaßpflegers auf Anordnung der Nachlaßverwaltung ableiten. Die im Ergebnis zutreffende Auffassung von Boehmer darf sich aber daraufberufen, daß das Gesetz selbst in § 217 Abs. 1KO die Entscheidung getroffen hat, mit welchen "Beschwerungen" sich der Erbe abzufinden hat. Deshalb ist aus § 217 Abs. 1 KO eher ein Umkehrschluß gerechtfertigt. Desgleichen trifft den Kern des Problems nicht die grundsätzlich richtige Feststellung, die Nachlaßverwaltung diene den Interessen der Nachlaßgläubiger, sie habe der Nachlaßpfleger nicht zu vertreten170 • Es geht nicht darum, den Nachlaß zugunsten der Nachlaßgläubiger vor den Eigengläubigern des Erben oder gar vor dem Erben selbst in Schutz zu nehmen, sondern um die ordnungsgemäße Befriedigung der Nachlaßgläubiger. Dieses Ziel erreicht der Nachlaßpfleger auch ohne Anordnung einer Nachlaßverwaltung; denn der Nachlaß ist dafür zureichend. Zudem entzöge sich der Nachlaßpfleger gleichsam auf stillem Wege seiner Aufgaben, wenn er die Anordnung der Nachlaßverwaltung beantragen könnte. Mit deren Anordnung geht die volle Verfügungsgewalt über den Nachlaß auf den Nachlaßverwalter über (vgl. §§ 1984, 1985 Abs.l BGB); von seinen Aufgaben bliebe dem Nachlaßpfleger allenfalls noch die Ermittlung der Erben, ansonsten wäre er überflüssig. Das gilt zwar auch im Fall des Nachlaßkonkurses, doch ist hier die Entscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, daß der Nachlaßpfleger ausdrücklich das Recht hat, dessen Eröffnung zu beantragen. Im Ergebnis ist also der herrschenden Meinung zuzustimmen, daß nicht zum Aufgabenkreis des Nachlaßpflegers gehört, eine Nachlaßverwaltung herbeizuführen. Im Fall der Nachlaßüberschuldung kann der Nachlaßpfleger nicht stets zu einem förmlichen Verfahren greifen. Erinnert sei daran, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens abgelehnt werden kann oder muß, wenn eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden ist (vgl. §§ 107 Abs. 1 Satz 1 KO, 17 NT. 6 VerglO); aus dem gleichen Grund kann das Nachlaßkonkursverfahren, muß das Nachlaßvergleichsverfahren eingestellt werden (vgl. §§ 204 Abs. 1 Satz 1 KO, 100 Abs. 1 Nr. 1 VerglO). In diesen Fällen überläßt das Gesetz den Nachlaß der privaten Abwicklung durch den Erben gemäß den Vorschriften der §§ 1990, 1991 BGB. 169 Lange I Kuchinke § 40 N 4 e S. 658 (Fn. 131), anders § 5111 4 b d S. 869 (kein Antragsrecht). 170 MünchKornrn I Leipold § 1960 RdNr. 50; ähnlich Brox RdNr. 658 (zu den Aufgaben eines Nachlaßpflegers gehörten weder die Herbeiführung der Haftungsbeschränkung des Erben noch die Gläubigerbefriedung).

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Diese Bestimmungen haben für den Nachlaßpfleger nur eine eingeschränkte Bedeutung!?! . Für sein Recht, "die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers insoweit (zu) verweigern, als der Nachlaß nicht ausreicht", braucht nicht auf § 1990 Abs.l Satz 1 BGB zurückgegriffen zu werden. Die Befugnis folgt schon daraus, daß der Wirkungskreis des Nachlaßpflegers lediglich den Nachlaß umfaßt, nicht etwa das Eigenvennögen des (möglicherweise nicht bekannten) Erben und auch nicht sein, des Nachlaßpflegers, eigenes Vennögen. Wenn der Nachlaßpfleger Nachlaßverbindlichkeiten tilgt, dann hat das nur aus dem Nachlaß zu geschehen. Desgleichen muß der Nachlaßpfleger auch ohne § 1990 Abs.l Satz 2 BGB Zwangsvollstreckungen von Nachlaßgläubigern in den Nachlaß dulden (vgl. §§ 1958, 1960 Abs. 3, 1961 BGB; §§ 778 Abs.l, 779 ZPO).

Im Rahmen des § 1990 BGB ist allein dessen Absatz 2 von Belang. Das Recht des Erben, die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers insoweit zu verweigern, als der Nachlaß nicht ausreicht, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gläubiger nach dem Erbfall im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung (vgl. §§ 928 fr. ZPO) ein pfandrecht (Pfändungspfandrecht nach § 804 ZPO) oder eine Hypothek (Sicherungshypothek nach §§ 866,867,932 ZPO) oder im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung (vgl. § 885 BGB) erlangt hat. Die Norm geht von der zutreffenden Überlegung aus, daß die Dürftigkeit des Nachlasses erst eintritt oder erkennbar wird, nachdem in den Nachlaß vollstreckt worden ist 172• Zudem muß der Erbe verhindern können, daß ein NachblBgläubiger Befriedigung aus den Sicherheiten erlangt, die er aufgrund des § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB verweigern düfte. Zu denken ist vor allem an den Fall, daß der vollstreckende Gläubiger im Hinblick auf § 1991 Abs.3, 4 BGB erst nach anderen Gläubigern Befriedigung verlangen kann 173•

Ob die Vorschrift des § 1990 Abs. 2 BGB für den Nachlaßpfleger gilt, hängt damit von einer Erörterung des § 1991 BGB ab. Davon interessieren wiederum nur die Absätze 3 und 4. § 1991 Abs.l BGB regelt die Verantwortlichkeit des Erben, wenn er von den ihm nach § 1990 BGB zustehenden Rechten Gebrauch macht; die Verantwortlichkeit eines Nachlaßpflegers unterliegt jedoch ganz anderen Regeln als denen der §§ 1978, 1979 BGB. Ebenso findet § 1991 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Für die Frage, ob und welche Rechtsverhältnisse infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung im Verhältnis zwischen dem einzelnen Gläubiger und dem Erben erloschen sind, jedoch als nicht erloschen gelten, müßte der Erbe bekannt sein; man müßte wissen, welche Person die Erbschaft angenommen hat. Eine wieder rückgängig zu machende Vereinigung von Nachlaß und Eigenvermögen des Erben ist mangels Erbschaftsannahme noch nicht eingetreten.

Gemäß § 1991 Abs. 3 BGB wirkt die rechtskräftige Verurteilung des Erben zur Befriedigung eines Gläubigers gegenüber einem anderen Gläubiger wie die 171 So zu Recht Staudinger / Marotzke § 1990 RdNr. 44. Die überwiegende Meinung geht ohne nähere Begründung davon aus, daß auch ein Nachlaßpfleger die Einreden der §§ 1990, 1992 BGB erheben kann; vgl. Brox RdNr. 681; Lange / Kuchinke § 51 II15 b S. 897 (Fn. 252); MünchKomm I Siegmann § 1990 RdNr. 10; jeweils mwN. I72Brox RdNr. 683. 173 Staudinger I Marotzke § 1990 RdNr. 27.

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Befriedigung. Unstreitig erhält der Erbe damit das Recht, die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers mit der Begründung zu verweigern, daß der Nachlaß durch die Erfüllung der rechtskräftig titulierten Forderung des anderen Nachlaßgläubigers erschöpft werde174. Die herrschende Auffassung folgert aus § 1991 Abs. 3 BGB darüber hinaus zu Recht eine Verpflichtung des Erben, den Gläubiger, der die rechtskräftige Verurteilung des Erben erreicht hat, vor den übrigen Gläubigern zu befriedigen oder eine Zwangsvollstreckung der übrigen Gläubiger in den Nachlaß zu verhindernl ?5. Andernfalls würde der Erbe den Erfolg seiner rechtskräftigen Verurteilung und so den dem erfolgreichen Gläubiger vom Gesetz eingeräumten Vorzug wieder zunichte machen. Das Gesetz legt also dem Erben die Verpflichtung auf, eine bestimmte Reihenfolge bei der Befriedigung der Nachlaßgläubiger einzuhalten, sofern der Nachlaß dürftig im Sinne des § 1990 Abs.l Satz 1 BGB ist176 • Wenn das Sinn und Zweck des § 1991 Abs. 3 BGB ist, dann steht nichts im Weg, die Bestimmung ebenfalls auf den Nachlaßpfleger anzuwenden. Denn sie ermöglicht ihm, bei Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus einem dürftigen Nachlaß die gesetzlichen Gerechtigkeitsvorstellungen zu verwirklichen. Diese Erwägungen treffen in gleicher Weise auf die Vorschrift des § 1991 Abs. 4 BGB zu. Danach sind Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen so zu berichtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur Berichtigung kämen, das heißt an vierter und fünfter Stelle der minderberechtigten Verbindlichkeiten (vgl. § 226 Abs.2 Nr. 4 und 5 KO mit den Modifikationen aus § 226 Abs. 3,4 Satz 1 KO). Für die Behandlung der im Aufgebotsverfahrenausgeschlossenen und der diesen gleichgestellten Nachlaßgläubiger (vgl. §§ 1973, 1974 BGB) fehlt in § 1991 BGB eine Regelung. Richtiger Ansicht nach sind diese Gläubiger nach den übrigen, aber noch vor den in § 1991 Abs. 4 BGB genannten Gläubigern zu befriedigenl ?? Abgesehen von diesen drei Ausnahmen darf der Nachlaßpfleger die Nachlaßverbindlichkeiten in beliebiger Reihenfolge berichtigen, wenn der Nachlaß zur Befriedigung aller Nachlaßgläubiger nicht ausreicht, ein Nachlaßkonkurs- oder Nachlaßvergleichsverfahren jedoch nicht in Betracht kommt. Beruht die Überschuldung des Nachlasses ausschließlichl ?8 auf Vermächtnissen und Auflagen, würde er ohne diese Verbindlichkeiten zur Befriedigung der Nachlaßgläubiger ausreichen, so geht das Gesetz davon aus, daß es nicht dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht, den Nachlaßkonkurs zu eröffnen; denn der 174 Lange

/ Kuchinke§51 III3 cß S. 894 (Fn. 233 (); Staudinger /Marotzke § 1991 RdNr. 17. Lübtow 11 S. 1173(; PalandtlEdenhofer § 1991 Anm. 3; RGRK/ Johannsen § 1991 RdNr. 8. Anderer Ansicht: Lange / Kuchinke § 51 III 3 c ß S. 894 mwN in Fn. 233. I76 y . Lübtow 11 S. 1173. 177 Brox RdNr. 685; v. Lübtow 11 S. 1175; MünchKomm / Siegmann § 1991 RdNr. 10; Palandtl Edenhofer § 1991 Anm. 3. 178 Brox RdNr. 680; MünchKomm / Siegmann § 1992 RdNr. 5. Anderer Ansicht (Nachlaß auch ohne Vermächtnisse und Auflagen überschuldet): Bartholomeyczik / Schlüter § 54a 11 4 S. 454; Enneccerus/Coing § 99 VI 1 S. 577; PalandtlEdenhofer§ 1992 Anm.l; RGRK/ Johannsen § 1992 RdNr. 2. 175 y .

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Erblasser wird im Vertrauen auf die Zulänglichkeit des Nachlasses die Vennächtnisse und Auflagen angeordnet haben179 • Der Nachlaßpfleger ist in diesem Fall berechtigt, die Erfüllung dieser Verbindlichkeiten nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 1990, 1991 BGB zu bewirken (vgl. § 1992 BGB), ohne die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens über den Nachlaß beantragen zu müssen. Verwirklichen kann der Nachlaßpfleger den Schutz des Nachlasses vor einzelnen Nachlaßgläubigern im Sinne der §§ 1990 ff. BGB regelmäßig erst in der Zwangsvollstreckung. Erhebt der Nachlaßpfleger im Erkenntnisverfahren gegenüber dem Anspruch des Nachlaßgläubigers die Einrede des § 1990 BG B oder des § 1992 BGB, wird er im Regelfall nach Klageantrag verurteilt; die Sicherung des Nachlasses verlagert sich so in das Zwangsvollstrekkungsverfahren. Zum Schutz des Nachlasses gemäß §§ 1990 Abs. 2, 1991 Abs. 3,4 BGB muß dann der Nachlaßpfleger gegen die Zwangsvollstreckung eines Nachlaßgläubigers in den Nachlaß die Vollstreckungsabwehrklage in entsprechender Anwendung der §§ 780 Abs. 2, 785,767 ZPO erheben. Hat das Prozeßgericht auf die Dürftigkeitseinrede des Nachlaßpflegers hin ausnahmsweise die Gegenstände, in die der Gläubiger vollstrecken darf, genannt, kann und muß der Nachlaßpfleger gegen die Vollstreckung in andere Gegenstände mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung (§ 766 ZPO) vorgehen.

Im Falle der AusschlüjJungs- und der Verschweigungseinrede (§§ 1973,1974 BGB) schreibt das Gesetz ebenfalls eine bestimmte ReihenfOlge bei der Gläubigerbefriedigung vor, ähnlich der bei Erhebung der Dürftigkeits- oder der Überbeschwerungseinrede (vgl. §§ 1973 Abs.l Satz 2, Abs. 2 Satz 3, 1974 Abs. 2 BGB). Folglich können die Einreden der §§ 1973,1974 BGB unbedenklich auch dem Nachlaßpfleger zugestanden werden, zumal er nach § 991 Abs. 2 ZPO ausdrücklich das Recht besitzt, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern zu beantragen180 . Für die Verwirklichung der Nachlaßsicherung mittels der Ausschließungs- und der Verschweigungseinrede gilt das zu §§ 1990 ff. BGB Gesagte entsprechend. dd) Der "Schutz des Nachlasses" vor allen Nachlaßgläubigern Sämtliche Nachlaßgläubiger vennag der Nachlaßpfleger vom Nachlaß abzuhalten, indem er die Dreimonatseinrede (§§ 2014, 2017 BGB) und die Einrede des Aufgebotsverfahrens (§§2015, 2017 BGB) erhebt. Diese Einreden dienen dem Nachlaßpfleger dazu, sich in der ersten Zeit seiner Bestellung oder während eines schwebenden Aufgebotsverfahrens in Ruhe einen Überblick über den Nachlaßbestand zu verschaffen. Er soll sich darüber schlüssig werden, ob der Nachlaß zur Befriedigung aller Nachlaßgläubiger ausreicht oder ob er Maßnahmen ergreifen muß, einzelne Gläubiger von der Befriedigung auszuschließen. Die Einreden bezwecken damit lediglich, dem Nachlaßpfleger ein Instrument zur nachfolgen179 Zum Normzweck des § 1992 BGB vgl. nur v. Lübtow II S. 1175 f.; MünchKomm I Siegmann § 1992 RdNr. 1. 180 Dazu ausführlich Staudinger I Marotzke § 1970 RdNr. 7.

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den ordnungsgemäßen Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten an die Hand zu geben. Während der in §§ 2014, 2015 BGB bestimmten Fristen soll der Nachlaßpfleger nicht gezwungen sein, den Nachlaß anzugreifen. Dementsprechend macht die Erhebung der Eimeden eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß nicht gänzlich unzulässig. Der Nachlaßpfleger kann mit der Vollstreckungsabwehrklage in entsprechender Anwendung der §§ 780 Abs. 2,781,782,785,767 ZPO nur erreichen, daß die Zwangsvollstreckung rur die Dauer von drei Monaten nach seiner Bestellung oder bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens auf solche Maßregeln beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind. Deshalb richtet sich der Antrag der Vollstrekkungsabwehrklage nicht darauf, die Zwangsvollstreckung rur unzulässig zu erklären, sondern darauf, die Zwangsvollstreckung während der genannten Fristen entsprechend § 782 ZPO zu beschränken. ee) Der Schutz des Nachlasses vor dem Erben Ein Schutz des Nachlasses vor dem Erben wird dadurch erreicht, daß die Nachlaßgläubiger die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder bei Überschuldung des Nachlasses die Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens beantragen (vgl. §§ 1981 Abs.2 BGB; 217 Abs.l, 219, 220 KO). Diese Rechte räumt ihnen das Gesetz zum Schutz ihrer Interessen ein, damit der Erbe ihre Befriedigung aus dem Nachlaß nicht gefährdet. Denn mit der Anordnung der Nachlaßverwaltung und der Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens verliert der Erbe die Befugnis, den Nachlaß zu verwalten und über ihn zu verfugen (§§ 1984 Abs.l Satz 1 BGB; 6 Abs.l KO). Da der Nachlaßpfleger nicht die Belange der Nachlaßgläubiger wahrzunehmen hat, ist schon aus diesem Grund eine Möglichkeit des Nachlaßpflegers zu verneinen, den Nachlaß vor dem Erben in Schutz zu nehmen (zu den Handlungsmöglichkeiten des Erben während der Nachlaßpflegschaft unten § 3). Im übrigen dürfte die hier aufgeworfene Frage keine allzu große praktische Bedeutung erlangen; setzt doch die Einleitung einer Nachlaßpflegschaft voraus, daß der Erbe sich nicht um den Nachlaß kümmert.

mZusammenfassung Die Normen, die gemeinhin unter dem Stichwort "Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlaß" erörtert werden, regeln nicht nur das Problem, wie das Eigenvermögen des Erben vor den Nachlaßgläubigern geschützt werden kann, sondern beantworten auch die Frage, wie der Nachlaß vor den Eigengläubigern des Erben und im Fall, daß der Nachlaß zur Befriedigung aller Nachlaßgläubiger nicht ausreicht, vor einzelnen Nachlaßgläubigern geschützt werden kann. Aufgabe eines Nachlaßpflegers ist die Sicherung des Nachlasses vor unberechtigten Eingriffen. Das Gesetz reserviert vor der Erbschaftsannahme den Nachlaß den Nachlaßgläubigern und ordnet für deren Befriedigung bei Unzulänglichkeit des Nachlasses eine bestimmte Reihenfolge an. Wenil nun der Nachlaßpfleger in gewissen Fällen Nachlaßverbindlichkeiten berichtigen muß, dann ist es folgerichtig, daß er dies entsprechend den gesetzlichen Vorschriften tut. Um die gesetzgeberischen Zielvorstellungen hinsichtlich der Gläubigerbefriedigung zu verwirkli-

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chen, besitzt der Nachlaßpfleger nicht nur das Recht, sich auf die Vorschriften zur Abwehr aller oder einzelner Gläubiger vom unzulänglichen Nachlaß zu berufen; ihm obliegt vielmehr eine entsprechende Pflicht. Keine Bedeutung flir den Nachlaßpfleger besitzt die zweite Komponente der einzelnen Normen, das Eigenvermögen des Erben zu sichern; denn die Aufgabe des Nachlaßpflegers beschränkt sich auf die Vermögensmasse "Nachlaß".

3. Die Ermittlung des Erben a) Die Begründung einer derartigen Pflicht des Nachlaßpflegers Als weitere wichtige Aufgabe eines Nachlaßpflegers nennen Rechtsprechung181 und Schrifttum182 seit jeher die Ermittlung des Erben. Eine Begründung dieser Ansicht sucht man meist vergeblich. Auch die Materialien zum BGB geben keine eindeutige Antwort. Bei der Erörterung des Wirkungskreises eines Nachlaßpflegers fmdet sich kein Hinweis auf dessen etwaige Ermittlungspflicht. Die Sicherungspflegschaft sollte zwar gemäß § 2066 des ersten Entwurfs zum BGB, der nicht Gesetz geworden ist, erst dann aufgehoben werden, "wenn der Erbe ermittelt und die Erbschaft von demselben angenommen ist"; von wem der Erbe ermittelt werden soll, darüber ist nicht gesprochen worden. Erst bei Beratung der heutigen §§ 1964, 1965 BGB (Erbvermutung flir die Fiskus, öffent- . liche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte vor Feststellung des Nachlaßgerichts, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist) ist die Rede davon gewesen, das Nachlaßgericht werde sich in den meisten in Betracht kommenden Fällen zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft veranlaßt sehen, "schon um ein Organ zu haben flir die Ermittelungen, wer der Erbe sein möge"183; andererseits könne sich das Nachlaßgericht, "namentlich dann, wenn die Verhältnisse des Erblassers bekannt sind, sehr wohl in der Lage befinden ... , die erforderlichen Ermittelungen selbst vorzunehmen"184. Außerdem sah es die erste Kommission als "selbstverständlich" an, daß "das Nachlaßgericht den etwa vorhandenen Nachlaßpfleger hören wird", bevor es die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte erläßt185 . Wohl vor dem Hintergrund dieser Ausflihrungen in den Materialien zum BGB sprechen manche Stimmen186 davon, der Nachlaßpfleger habe bei der Ermittlung des oder der Erben (lediglich) mitzuwirken. Um zu dieser Frage besser Stellung nehmen zu können, soll kurz die allgemeine Regelung der Erbenermittlung durch das Gesetz dargestellt werden. 181 Vgl. nur KG ROLG 8, 269, 270; OLGZ 1971, 210, 214; OLG Köln FamRZ 1967, 58, 59. 182 Vgl. nur Behr, in: Behr I Weber I Frohn, S. 56 f.; Firsching S. 138; Möhring S. 149; Binder I S. 194; Lange I Kuchinke § 40 N 4 c S. 657; Palandt I Edenhofer § 1960 Anm. 5 b. 183 Mugdan V S. 296. 184 Mugdan V S. 296 f. 18SMugdan V S. 297. 186Vgl. etwa RGZ 106, 46; v. Lübtow 11 S. 756; wohl auch Höver DFG 1937, 29, 33.

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aa) Die Erbenermittlung als Aufgabe des Nachlaßgerichts Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt keine Bestimmung, die dem Nachlaßgericht ausdrücklich ausgäbe, den oder die Erben zu ermitteln. Zurückzuführen ist diese Tatsache wohl auf die Grundhaltung des Gesetzgebers, das Erbrecht als Teil des Privatrechts von behördlichen Eingriffen möglichst frei zu halten, die Tätigkeiten des Nachlaßgerichts auf das unabdingbare Maß zu beschränken; die Abwicklung des Erbfalls soll grundsätzlich Sache der am Erbfall beteiligten Personen selbst sein, jedenfalls nicht Angelegenheit des Staates. Dementsprechend wird das Nachlaßgericht regelmäßig nur auf Antrag tätig, lediglich in Notfällen von Amts wegen, um seine unerläßlichen Sicherungs-, Klärungs- und Ordnungsaufgaben zu erftillen187 . Auch wenn danach eine Pflicht des Nachlaßgerichts zur Erbenermittlung nirgends im BGB ausdrücklich ausgesprochen ist, so bildet eine derartige Tätigkeit doch die notwendige Grundlage für die Erledigung der Sicherungs-, Klärungs- und Ordnungsaufgaben. Um zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Einleitung einer Sicherungs- oder Prozeßpflegschaft erftillt sind, muß es zuvor klären, welcher Person die Erbschaft angefallen ist und ob diese Person die Erbschaft schon angenommen hat. Damit das Nachlaßgericht die gesetzlichen Erben des Erblassers zur Testamentseröffnung laden kann (vgl. § 2260 Abs. 1 BGB), muß es sich Gedanken machen, wer als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt. Gemäß § 1953 Abs. 3 Satz 1 BGB soll das Nachlaßgericht die Ausschlagung der Erbschaft demjenigen mitteilen, dem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist. Nach § 2359 BGB hat das Nachlaßgericht nur dann einen Erbschein zu erteilen, wenn es die zur Begründung des Antrags auf Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. In allen Fällen muß also das Nachlaßgericht dahingehend tätig werden, den Erben zu ermitteln, jedoch immer nur als Vorstufe zur Erfüllung einer anderen Aufgabe, stets nur zu einem bestimmten Zweck, nie um der Erbenermittlung selbst willen. Das gleiche Bild zeigt ein Blick in das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Um die beantragte amtliche Vermittlung der Nachlaßauseinandersetzung (vgl. §§ 86 tT. FGG) durchführen zu können, muß sich das Nachlaßgericht zunächst darüber im klaren werden, wer als Beteiligter, insbesondere als Miterbe, in Betracht kommt. Nach der Grundbuchordnung kann das Grundbuchamt das Nachlaßgericht um die Ermittlung des Erben eines Grundstückseigentümers ersuchen, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, ein Berichtigungszwangsverfahren nicht durchführbar ist oder keine Aussicht auf Erfolg bietet und deshalb das Grundbuchamt das Grundbuch von Amts wegen berichtigen will (vgl. §82a Satz 2 GBO). Die Kostenordnung, die die Erhebung von Gebühren und Auslagen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelt (vgl. § 1 KostO), geht als selbstverständlich von einer Erbenermittlung durch das Nachlaßgericht aus, wenn sie in § 105 KostO bestimmt, daß für die Ermittlung von Erben keine Gebühr erhoben wird, und zwar auch dann, wenn sie nach landesgesetzlichen Vorschriften von Amts wegen stattfindet. 187Lange/Kuchinke § 40 I 1 S. 644.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß eine Pflicht des Nachlaßgerichts zur Ermittlung des Erben nur zujeweils genau bestimmten Einzelzwecken bestehtl88 , nicht aber abstrakt, ohne Rücksicht auf ihre konkrete Notwendigkeit. An dieser Rechtslage will auch der Entwurf einer Verfahrensordnung für die freiwillige Gerichtsbarkeit (EFrGO) nichts ändern; die Kommission hatte für eine Erbenermittlung von Amts wegen, wie sie landesrechtlich vorkommtl89 , kein allgemeines Bedürfnis gesehenl90 • bb) Die Erbenermittlung als Aufgabe des Nachlaßpflegers Läßt sich innerhalb einer den Umständen des jeweiligen Falles angemessenen Frist der Erbe nicht ermitteln, muß das Nachlaßgericht nach öffentlicher Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte (vgl. §§ 1965 BGB, 946 ff. ZPO) feststellen, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist (§ 1964 Abs. 1 BGB). Die Feststellung begründet die Vermutung, daß der Fiskus gesetzlicher Erbe ist (§ 1964 Abs.2 BGB). Als widerlegliche Rechtsvermutung191 schafft sie nicht das Erbrecht des Fiskus und schließt auch nicht die Erbrechte der unermittelt gebliebenen Erben aus l92 . Diese verlieren durch die Feststellung des Nachlaßgerichts nicht ihre Erbrechte. Jedoch stehen nunmehr dem Fiskus alle Rechte eines gesetzlichen (Zwangs-)Erben zur Verfügung; er kann mit dem Nachlaß nach seinem Belieben schalten und walten. So gesehen können dem Erben durchaus Nachteile entstehen, wenn sich nach dem Erbfall niemand um dessen Ermittlung kümmert. Aufgabe jedes Nachlaßpflegers ist jedoch, dafür zu sorgen, daß derjenige, der Erbe wird, das Erblasservermögen ungeschmälert erhält. Folglich läßt sich die Pflicht des Nachlaßpflegers zur Erbenermittlung aus dessen allgemeiner AufgabensteIlung, der Sicherung des Nachlasses für den Erben, ableiten. Obwohl schon seit dem Inkrafttreten des BGB einhellige Meinung ist, die Erbenermittlung zähle zu den Aufgaben eines Nachlaßpflegers, hat die soeben dargestellte Begründung erst das Kammergericht in einem Beschluß vom 13. 11. 1970193 nachgeliefert. Abzulehnen ist an dem Gedankengang des Kammergerichts lediglich, daß es die Sicherung des Nachlasses und damit die Erbenerrnittlung im Interesse der unbekannten Erben aus der Eigenschaft der Nachlaßpflegschaft als einer Personenpflegschaft ableiten will193 . Zu dieser zweifelhaften Kennzeichnung der Nachlaßpflegschaft ist bereits oben (§ 1 eIl 2 a) das Nötige gesagt worden. Richtigerweise bedarf es dieses Umwegs auch nicht. Vielmehr folgt die Pflicht des Nachlaßpflegers, die Erben zu ermitteln, zwanglos aus seiner Aufgabe, den Nachlaß zu sichern; und die beste Sicherung vor dritten Personen ist, eine Ver188Firsching S. 147. 189 Vgl. etwa Artikel 37 Abs.l BayAGGVG; zur Rechtslage in Baden-Württemberg: Sandweg BWNotZ 1979, 25, 27. 190EFrGO S. 172 (Begründung zum Zweiten Teil. Zweiter Abschnitt: Nachlaßsachen). 191 Dazu Musielak S. 60 f., 76 ff. 192 MünchKomm / Leipold § 1964 RdNr. 8. 193 KG OLGZ 1970, 210, 214; im Ansatz ähnlich schon Moser S. 86 f.

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bindung zwischen dem Vennögen und demjenigen herzustellen, dem dieses Vermögen zusteht. ce) Die Erbenennittlung durch den Nachlaßpfleger als Teil seiner Sicherungstätigkeit Läßt sich die Erbenennittlung durch den Nachlaßpfleger aus dessen allgemeiner Aufgabenstellung "Sicherung des Nachlasses" ableiten, könnte man meinen, jeder Nachlaßpfleger habe damit gleichsam automatisch den oder die unbekannten Erben zu ennitteln. Daß eine solche notwendige Koppelung zwischen (sonstiger) Sicherungstätigkeit und Erbenennittlung nicht besteht, ergibt folgende Überlegung: Der Aufgabenkreis eines Nachlaßpflegers bestimmt sich nach dem Bedürfnis für seine Bestellung. Eine Gleichsetzung von Sicherungstätigkeit und Erbenennittlung erforderte, daß stets ein Bedürfnis für die Ennittlung des Erben bestünde. Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn man an den Fall denkt, daß die Person bekannt ist, der die Erbschaft angefallen ist, lediglich noch nicht feststeht, ob diese Person die Erbschaft angenommen hat; in diesem Fall wäre eine Erbenennittlung überflüssig. Das zeigt sich ebenfalls mit Deutlichkeit dann, wenn das Nachlaßgericht einen Nachlaßpfleger auf Antrag eines Nachlaßgläubigers gemäß § 1961 BGB bestellt. Für die Bestellung eines Prozeßpflegers ist unerheblich, ob der Erbe zu ennitteln ist; entscheidend ist allein, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Folglich ist die Erbenennittlung einem Nachlaßpfleger gesondert zu übertragen - neben der Nachlaßsicherung im engeren und weiteren Sinne. Diese Aussage darf nicht dahin mißverstanden werden, der Nachlaßpfleger müsse die bisherigen Ermittlungsergebnisse des Nachlaßgerichts als gegeben hinnehmen und könne die Augen vor Erkenntnissen verschließen, die er bei seiner Tätigkeit gewonnen hat und die der Auffassung des Nachlaßgerichts zuwiderlaufen; man denke etwa an den Fund eines Testaments bei der Feststellung des Nachlaßbestandes, das die bisher angenommene gesetzliche Erbfolge verdrängt. Derartige Erkenntnisse dem Nachlaßgericht mitzuteilen, obliegt dem Nachlaßpfleger aufgrund seiner allgemeinen Auskunftspflicht aus § 1839 BGB analog. b) Die Durchführung der Erbenennittlung Besondere Vorschriften über die Art und Weise der Erbenennittlung fehlen. Aus dem Zusammenspiel der erbrechtlichen Bestimmungen im BGB lassen sich jedoch einige allgemeine Grundsätze aufstellen: Feststellung des Erbstatuts Als erstes ist zu klären, welches nationale materielle Erbrecht auf den konkreten Sachverhalt Anwendung findet. Denn das Erbstatut regelt im wesentlichen alle erbrechtlichen Fragen (oben 2. Teil § 1 D).

Feststellung des Berufsgrundes Der nächste Schritt ist die Prüfung, welche Erbfolge zum Zug kommt, ob gewi1lkürte oder gesetzliche Erbfolge oder beide nebeneinander.

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Vorrangig ist nach einer Verfügung von Todes wegen zu suchen. Findet sich eine solche, ist sie zu eröffnen. Zu dem Eröffnungstermin sollen die gesetzlichen Erben und die sonstigen Beteiligten, soweit tunlich, geladen werden (vgl. §§ 2260 f., 2273, 2300 BGB). Im Anschluß an die Eröffnung ist die Gültigkeit der Verfügung zu prüfen, ob sie wirksam errichtet worden und noch gültig ist. Daraufhin wird der rechtlich maßgebende Sinn der Verfügung durch Auslegung ermittelt. Nur wenn die Verfügung von Todes wegen eine Erbeinsetzung enthält und diese Anordnung gültig ist, bildet der letzte Wille des Erblassers die Grundlage für die weitere Erbenermittlung. Ist keine gültige Verfügung von Todes wegen vorhanden, enthält die Verfügung keine Erbeinsetzung, hat der Erblasser nur über einen Bruchteil seines Vermögens verfügt (vgl. § 2088 BGB) oder führt die Auslegung der Verfügung dazu, daß der Erblasser diejenigen Personen zu gewiIlkürten Erben hat einsetzen wollen, die nach der gesetzlichen Erbfolge berufen wären (vgl. etwa §§2066, 2067, 2069 BGB), sind den weiteren Untersuchungen ausschließlich, neben oder innerhalb der gewillkürten Erbfolge die Vorschriften über das (gesetzliche) Erbrecht der Verwandten und gegebenenfalls des Ehegatten zugrunde zu legen.

Feststellung der Erbfähigkeit und der Koexistenz des Berufenen mit dem Erblasser Steht fest, welche Erbfolge eintritt und welche Person zum Erben berufen ist, ist zu untersuchen, ob diese Person erbfähig ist und ob sie zur Zeit des Todes des Erblassers schon und noch gelebt hat.

Feststellung der Annahme der Erbschaft Ist bekannt, welcher Person die Erbschaft angefallen ist, muß die Frage beantwortet werden, ob dieser Erwerb sich schon vollendet hat, indem der berufene Erbe die Erbschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten angenommen hat oder die Erbschaftsannahme durch ungenutztes Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist fingiert wird (§ 1943 Halbsatz 2 BGB). Welche Nachforschungen in dieser Richtung anzustellen sind, ergibt sich mittelbar aus den Anforderungen, die das Gesetz an eine wirksame Annahme der Erbschaft stellt. Zunächst ist entscheidend, ob der berufene Erbe von dem Anfall der Erbschaft und von dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat (vgl. §§ 1944 Abs. 2 Satz 1,1949 Abs.l BGB). Daraus folgt die Notwendigkeit, dem berufenen Erben den Erbfall, den Anfall der Erbschaft und den Grund seiner Berufung zum Erben mitzuteilen und ihn zur Erklärung aufzufordern, ob er die Erbschaft annehme oder ausschlage. Zweckmäßigerweise wird der Mitteilung und der Anfrage eine kurze Übersicht über den Bestand des Nachlasses beigefügt l94, um eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Erklärt der berufene Erbe ausdrücklich die Annahme der Erbschaft oder lassen seine Handlungen den Willen erkennen, die Erbschaft anzunehmen, ist zu prüfen, ob die Annahme wirksam ist. Kommt eine fingierte Annahme durch ungenutztes Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist in Betracht, ist insbesondere Beginn, Dauer und Ende der Ausschlagungsfrist zu untersuchen (vgl. § 1944 BGB). Schlägt der berufene Erbe aus, sind die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Frist und Form der Ausschlagungserklärung und deren sonstige Gültigkeitserfordernisse zu ermitteln. Hat der berufene Erbe wirksam ausgeschlagen, gilt der Anfall der Erbschaft an ihn als nicht erfolgt (vgl. § 1953 Abs. 1 BGB); die Erbschaft fällt demjenigen an, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt (vgl. § 1953 Abs. 2 BGB). Deshalb ist erforderlich, die zuvor darge194 Schmidt

S. 31 (Nr. 65).

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stellten Schritte der Erbenermittlung (Feststellung des Berufungsgrundes, der Erbfähigkeit, der Koexistenz des Berufenen mit dem Erblasser und der Erbschaftsannahme) im Hinblick auf denjeweils Nächstberufenen so oft zu wiederholen, bis die Ermittlungen zu dem Ergebnis fUhren, daß eine zum Erben berufene Person die Erbschaft wirksam angenommen hat, und sei es auch nur infolge der als Annahme geltenden Anfechtung der Ausschlagung (§ 1957 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB). Die Erbenermittlung ist also erst beendet, wenn die Erbschaft angenommen ist, wenn der Fiskus ohne Ausschlagungsmöglichkeit gesetzlicher Erbe geworden ist (vgl. §§ 1936, 1942 Abs. 2 BGB) oder wenn sich der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermitteln läßt, so daß es zur Erbrechtsfeststellung des Fiskus kommt (vgl. §§ 1964 f. BGB). Nur vorläufig beendet ist die Erbenermittlung, wenn die Annahme angefochten wird. Denn gemäß § 1957 Abs. 1 Halbsatz 1 BG B gilt die Anfechtung der Annahme als Ausschlagung. In diesem Fall muß eine erneute Erbenermittlung beginnen, die Ermittlung desjenigen, der zum Erben berufen sein würde, wenn der Ausschlagende - hier: der die Annahme Anfechtende - zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.

c) Die Tätigkeit des Nachlaßpflegers bei der Erbenermittlung Die Erbenermittlung umfaßt tatsächliche und rechtliche Maßnahmen, die Beschaffung von entscheidungs erheblichen Tatsachen und die Subsumtion dieser Tatsachen unter diejenigen gesetzlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, wer der Erbe wird, also die Entscheidung von Rechtsfragen: Etwa die (tatsächliche) Suche nach einem Testament des Erblassers und die Entscheidung über die Maßgeblichkeit des Testaments für die Erbfolge; die Entscheidung über die Berufung einer Person zum Erben und die (tatsächlichen) Nachforschungen nach dieser Person. Nur soweit es darum geht, die tatsächlichen Grundlagen für die Entscheidung, wer der Erbe wird, zu beschaffen, darf der Nachlaßpfleger bei der Erbenermittlung tätig werden. Die rechtliche Würdigung der Tatsachen obliegt allein dem Nachlaßgericht als dem zur Rechtsanwendung berufenen staatlichen Organ. Denn die dem Nachlaßgericht übertragenen Sicherungs-, Klärungs- und Ordnungsaufgaben anläßlich eines Erbfalls gehören richtiger Ansicht nach zur Rechtsprechung 195; die rechtsprechende Gewalt ist gemäß Artikel 92 GG nur den Richtern anvertraut. Insoweit ähnelt das Verhältnis von Nachlaßgericht und Nachlaßpfleger in gewisser Weise dem Verhältnis von Prozeßgericht und Sachverständigen, der im großen und ganzen nur die Stellung eines Gehilfen des Richters innehat 196• So gesehen werden die Ausführungen in den Motiven zum BGB verständlich: Das Nachlaßgericht werde sich in den meisten in Betracht kommenden Fällen zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft veranlaßt sehen, "schon um ein Organ zu haben für die Ermittlungen, wer der Erbe sein möge 183• Diese Aufgabenstellung des Nachlaßpflegers beschreiben deshalb auch zutreffend die Formulierungen, nach denen der Nachlaßpfleger bei der Ermittlung des 195Vgl. dazu nur Habscheid § 5 II S. 28fT. mwN. 196 Vgl. nur Rosenberg / Schwab § U4 I S. 726 f. 12 Ziegltrum

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oder der Erben (lediglich) "mitzuwirken" 186 hat, die "tatsächliche Ermittlung des Erben betreiben" SOll197, "die Erbenfrage nicht mittels rechtlicher Maßnahmen beeinflussen" darf197. Aus der Beschränkung der Tätigkeit des Nachlaßpflegers auf die tatsächliche Ermittlung des Erben lassen sich die Maßnahmen ableiten, die der Nachlaßpfleger dabei ergreifen darf und je nach Gestaltung des konkreten Falles durchzuführen hat. Da der Erblasser grundsätzlich nach dem Recht des Staates beerbt wird, dem er zur Zeit des Todes angehört hat, und über das anwendbare materielle Erbrecht die Staatsangehörigkeit des Erblassers entscheidet, muß der Nachlaßpfleger - bei begründetem Anlaß - die Staatsangehörigkeit des Erblassers ermitteln l98• Weiter stellt der Nachlaßpfleger Nachforschungen nach einer VeTjiigungvon Todes wegen an. Hierzu richtet er Anfragen an das Nachlaßgericht (§§ 72 tT. FGG; vgl.

auch die Pflicht zur Ablieferung von Testamenten an das Nachlaßgericht gemäß § 2259 BGB), an die für die besondere amtliche Verwahrung von Testamenten und Erbverträgen zuständigen Amtsgerichte (vgl. §§ 2258a, 2300 BGB), unter Umständen an das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg, weil dieses Gericht rur die besondere amtliche Verwahrung der von Konsularbeamten beurkundeten Testamente und Erbverträge zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 2 KonsG). Zweckmäßigerweise befragt der Nachlaßpfleger auch die Familienangehörigen des Erblassers, was sie über die Erbverhältnisse wissen. Parallel hierzu wird der Nachlaßpfleger die Familienverhältnisse des Erblassers klären, um herauszufmden, ob und inwieweit das gesetzliche Erbrecht der Ver-

wandten und des Ehegatten eingreift. Dazu kann es notwendig sein, Auskünfte bei den Standesämtern und den Einwohnermeldeämtern einzuholen, um die Aufenthaltsorte und Lebensdaten der als (gewillkürte oder gesetzliche) Erben in Betracht kommenden Personen zu ermitteln, damit sie zum Termin zur ErötTnung der Verfügung von Todes wegen geladen werden können oder sie das Nachlaßgericht von dem sie betretTenden Inhalt in Kenntnis setzen kann (vgl. §§ 2260 Abs.l Satz 2, 2262; 2300 BGB). Die weiteren bei der Feststellung der Erbschaftsannahme erforderlichen Tätigkeiten bestehen überwiegend aus der rechtlichen Prüfung von Sachverhalten, nicht mehr aus der BeschatTung von Entscheidungsgrundlagen; diese Maßnahmen sind dem Nachlaßpfleger folglich entzogen. Allgemein ausgedrückt, sind dem Nachlaßpfleger die Klärung und Feststellung der erbrechtlichen Verhältnisse mittels rechtlicher Maßnahmen untersagt 197. Das heißt jedoch nicht, ihm wären rechtliche Erwägungen über dieses oder jenes Problem, etwa im Rahmen der Auslegung eines Testaments, verboten. Er muß sich lediglich solcher rechtlicher Maßnahmen enthalten, die darauf Einfluß nehmen, wem der Nachlaß zufällt 199. Denn die Abwicklung des Erbfalls ist insoweit Sache 197MünchKomm/Leipold § 1960 RdNr. 46; wohl auch Hörle ZBlFG 1909, 751( 198 Schmidt S. 34 (Nr. 71). 199Hörle ZBlFG 1909, 751, 761; MünchKomm/Leipold § 1960 RdNr. 54.

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der am Erbfall beteiligten Personen selbst. Deren Entscheidung vorzugreifen, ist nicht Aufgabe des Nachlaßpflegers. Er ist nur verpflichtet und nur berechtigt, dafür zu sorgen, daß die zum Erben berufene Person erhalten kann, was ihr der Erblasser hinterlassen hat. Den von anderer Seite - sei es vom Erblasser bei gewillkürter Erbfolge, sei es vom Gesetz bei gesetzlicher Erbfolge - angeordneten Berufungsgrund muß er als gegeben hinnehmen. Daher darf er die Verfügung von Todes wegen nicht anfechten 199. Desgleichen kann er nicht den Antrag aufEinleitung des Aufgebotsverfahrens stellen, damit ein Verschollener für tot erklärt wird (vgl. §§ 1, 2,13 fT., 16 VerschG)2oo. Einmal ist der Nachlaßpfleger nach hier vertretener Auffassung nicht gesetzlicher Vertreter des Verschollenen, so daß ein Antragsrecht aus § 16 Abs. 2 Buchstabe b VerschG ausscheidet 201. Zumnanderen fehlt ihm das für ein Antragsrecht gemäß § 16 Abs. 2 Buchstabe c letzte Alternative VerschG vorausgesetzte rechtliche Interesse an der Todeserklärung 202; denn für den Nachlaßpfleger hängen von der Todeserklärung der einen oder anderen Person keine Rechtsfolgen ab; seine Tätigkeit kommt ohnehin einer unbekannten Person zugute. Ebenso kann der Nachlaßpfleger nicht die ErbunWÜfdigkeitsklage erheben 203, so daß der Anfall an den für erbunwürdig Erklärten als nicht erfolgt gilt und die Erbschaft demjenigen anfällt, der zum Erben berufen wäre, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte (vgl. § 2344 BGB). Weil die Gestaltung der erbrechtlichen Verhältnisse nach dem Erblasser nicht in den Wirkungskreis des Nachlaßpflegers fallt 203, ist ihm die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft (anstelle des berufenen Erben)204, die Führung von Erbstreitigkeiten 205 und der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins 206 entzogen. Weiter gehört nicht zum Aufgabenkreis eines Nachlaßpflegers, bei einer Miterbengemeinschaft deren Auseinandersetzung zu betreiben (vgl. §§ 2042 fT. BGB)207. Denn das Verlangen nach Auseinandersetzung bewirkt keine Sicherung des Nachlasses. Eine andere Beurteilung ist lediglich dann ge boten, wenn die Auseinandersetzung von anderen Miterben betrieben wird; im Rahmen dieser Auseinandersetzung muß er den Nachlaß, zu dessen Sicherung er bestellt ist, vor unberechtigten Eingriffen der anderen Miterben schützen 208. 200 MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 46. Anderer Ansicht: die herrschende Meinung (siehe nächste Fußnote). 201 So aber BayObLGZ 1958, 341, 348; OLG Köln FamRZ 1967, 58, 59; Firsching S. 138; Lange I Kuchinke § 40 IV 4 c S:657 (Fn. 118); ErmanI Schlüter § 1960 RdNr. 23; Palandtl Edenhofer § 1960 Anm. 5 d; Soergell Stein § 1960 RdNr. 29,31; Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 39. 202 Allgemeine Meinung; vgl. nur MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 46 mwN. 203 Lange I Kuchinke § 40 IV 4 e S. 658. 204 Hörle ZBIFG 1909, 751, 761; Erman I Schlüter § 1960 RdNr. 21; Palandt I Edenhofer § 1960 Anm. 5 d. 205 Hörle ZBIFG 1909, 751, 761; Soergell Stein § 1960 RdNr. 29. 206 Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 48; unklar Hörle ZBIFG 1909, 751, 761 f. 207Vgl. nur Errnan I Schlüter § 1960 RdNr. 23; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 55. Anderer Ansicht: Hörle ZBIFG 1909, 751, 763. 208 KG OLGZ 1971, 213 mwN; Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 51.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft III. Die Aufgaben des Nachlaßpflegers in Sonderfillen

1. Bei Testamentsvollstreckung Hat der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernannt (vgl. § 2197 BGB) oder das Nachlaßgericht ersucht, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen (vgl. § 2200 BGB), und ist die Erbschaft noch nicht angenommen, so fragt sich, ob das Nachlaßgericht neben dem amtierenden Testamentsvollstrecker einen Nachlaßpfleger bestellen kann oder gar muß. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob hierfUr (noch) ein Bedürfnis besteht. Dazu muß man sich den Begriff der Sicherung des Nachlasses vergegenwärtigen. Die Nachlaßsicherung schließt alle Tätigkeiten ein, die dazu dienen, demjenigen, der Erbe wird, den Nachlaß zu erhalten. Besitzt der Testamentsvollstrecker Verwaltungs- und Prozeßführungsbefugnis über den Nachlaß, so übernimmt er im Rahmen seiner entsprechenden Pflichten (vgl. §§ 2205 fT., 2216; 22U f. BGB) inzidenter zum großen Teil die Nachlaßsicherung (oben 2. Teil § 2 B III 2 b bb fUr die Sicherungspflegschaft; 2. Teil § 2 eIl 1 b ce für die Prozeßpflegschaft). Von diesem Standpunkt aus sind also diejenigen Aufgaben eines Nachlaßpflegers, die hier als Nachlaßsicherung im engeren Sinn (Feststellung, Sicherstellung und Aufbewahrung des Nachlasses) und weiteren Sinn (Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses) bezeichnet sind, entbehrlich, wenn eine Testamentsvollstreckung mit Verwaltungs- und Prozeßführungsbefugnis des Vollstreckers besteht. Der Nachlaßpfleger vermag aber insoweit zugunsten des Erben sichernd tätig zu sein, als er die dem Erben als solchen zustehenden Rechte und Pflichten ausübt (vgl. insbesondere § 2218 BGB): So macht der Nachlaßpfleger die Rechte des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker auf Auskunft und Rechenschaft geltend (vgl. §§ 2218 Abs. 2, 666 BGB), erhebt Herausgabeansprüche (vgl. §667 BGB) und sorgt dafü~ daß der Testamentsvollstrecker für sich verwendetes Geld, das er dem Erben herauszugeben oder für diesen zu verzinsen hat, von der Zeit der Verwendung an verzinst (§ 668 BGB). Umgekehrt ist der Nachlaßpfleger verpflichtet, dem Testamentsvollstrecker fUr die zur Ausführung der Aufgaben erforderlichen Aufwendungen Vorschuß zu leisten (vgl. §669 BGB). Was die Pflicht des Nachlaßpflegers anbelangt, bei der Erbenermittlung mitzuwirken, so kann auch diese Aufgabe bei bestehender Testamentsvollstreckung entfallen, zumindest im gesetzlichen Regelfall der Abwicklungsvollstreckung (vgl. § 2208 Abs. 1 Satz 1BGB). Denn dabei hat der Testamentsvollstrekker unter anderem die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB); dazu kann er gezwungen sein, erst die Adressaten der Zuwendungen zu ermitteln. Zusammenfassend läßt sich sagen: Bei einer Testamentsvollstreckung mit Verwaltungs- und Prozeßführungsbefugnis des Vollstreckers beschränkt sich die Nachlaßsicherung durch den Nachlaßpfleger auf die Überwachung des Testamentsvollstreckers. Soweit die Verwaltungs- und Prozeßführungsbefugnis des

§2 Aufgaben

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Testamentsvollstreckers reicht, ist der Nachlaßpfleger mangels Bedürfnisses für seine Tätigkeit von der Sicherung des Nachlasses ausgeschlossen 209•

2. Bei Nachlaßverwaltung

Die Anordnung einer Nachlaßverwaltung kann zwar nicht der Nachlaßpfleger beantragen, wohl aber der zum Erben Berufene, also schon vor Annahme der Erbschaft und dies ohne weitere Voraussetzung (vgl. §§ 1981 Abs.l, 1982 BGB). Daneben ist ein Nachlaßgläubiger antragsberechtigt, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Befriedigung (aller) Nachlaßgläubiger durch das Verhalten oder die Vermögenslage des (potentiellen) Erben gefährdet wird (vgl. §§ 1981 Abs. 2, 1982 BGB). Ob in den genannten Fällen neben dem Nachlaßverwalter noch eine Nachlaßpflegschaft einzuleiten oder eine schon bestehende Nachlaßpflegschaft aufzuheben ist, entscheidet wie bei der Testamentsvollstreckung das Tatbestandsmerkmal "Bedürfnis" im Sinne der §§ 1960 Abs. 1, 1961 BGB. Regelmäßig wird die Notwendigkeit für die Bestellung eines Nachlaßpflegers fehlen oder weggefallen sein; der Nachlaßverwalter erfüllt im Rahmen seines Wirkungskreises zugleich die Aufgaben der Nachlaßsicherung (oben 2. Teil § 2 B III 2 b bb für die Sicherungspflegschaft; 2. Teil § 2 C 11 1 b ce für die Prozeßpflegschaft). Aber auch in diesem Fall gibt es ein Bedürfnis für das Tätigwerden des Nachlaßpflegers neben einem Nachlaßverwalter, als es um die Ausübung der Rechte und Pflichten des Erben als solchen gegenüber dem Nachlaßverwalter, etwa die Geltendmachung der Haftungsansprüche (§§ 1985 Abs. 2 Satz 1, 1915 Abs. 1, 1897 Satz 1, 1833 BGB), um Anregungen und Bedenken hinsichtlich der Führung der Nachlaßverwaltung an das Nachlaßgericht geht. Daneben besteht die Pflicht des Nachlaßpflegers, bei der Erbenermittlung mitzuwirken, soweit diese Aufgabe nicht ausnahmsweise der Nachlaßverwalter bei der Verwaltung des Nachlasses und der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten (vgl. § 1985 Abs.l BGB) ebenfalls zu erledigen hat, etwa um dem Erben den Nachlaß auszuantworten (vgl. §1986 BGB). 3. Bei Nachlaßkonkurs

Bei Überschuldung des Nachlasses können der zum Erben Berufene,jeder Miterbe einzeln, der Nachlaßverwalter, der verwaltende Testamentsvollstrecker,jeder Nachlaßgläubiger und sogar der Nachlaßpfleger selbst den Antrag aufEröfTnung des Konkursverfahrens über den Nachlaß stellen (vgl. §§ 215 fT. KO). Während des Verfahrens übernimmt der Konkursverwalter die Aufgaben der Nachlaßsiche209 MünchKomm/ Leipold§ 1960 RdNr. 41; Lange / Kuchinke§40IV 4 d S. 658; KG MDR 1972,1036.

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

rung im "klassischen" Sinn: Sicherstellung, Verwaltung und Erhaltung der Konkursmasse "Nachlaß" (vgl. §§ 6 ff. KO). In diesem Pflichtenbereich des Konkursverwalters ist der Nachlaßpfleger von eigenem Handeln ausgeschlossen. Dennoch existiert während des Nachlaßkonkursverfahrens ein Bedürfnis für die Einleitung oder das Weiterbestehen einer Nachlaßpflegschaft insoweit, als der Nachlaßpfleger die Rechte und Pflichten des Erben als des Gemeinschuldners wahrzunehmen hat21O• So ist der Nachlaßpfleger verpflichtet, dem Verwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben (§ 100 KO). Er hat das Recht, vom Konkursgericht gehört zu werden, wenn der Antrag eines Nachlaßgläubigers auf Eröffnung des Verfahrens zugelassen wird (§ 105 Abs.2 KO). Er kann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geladen werden (vgl. § 125 KO). Der Nachlaßpfleger kann einen Zwangsvergleich vorschlagen (vgl. § 230 KO). Alle diese Maßnahmen tragen dazu bei, Klarheit in die Vermögensverhältnisse zu bringen, und helfen, dem Erben dasjenige zukommen zu lassen, was ihm gebührt. Auch im Nachlaßkonkurs hat der Nachlaßpfleger die Pflicht, bei der Erbenermittlung mitzuwirken, wenn nicht der Konkursverwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben schon in dieser Richtung tätig werden muß.

4. Bei Nachlaßvergleich

Den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Nachlaßkonkurses können die gleichen Personen stellen, die auch die Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens zu beantragen befugt sind - mit Ausnahme der Nachlaßgläubiger und nur alle Miterben zusammen (vgl. im einzelnen § 113 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VergIO). Anders als Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter und Nachlaßkonkursverwalter ist der Vergleichsverwalter nicht zur Verwaltung und Verfügung über den Nachlaß berechtigt. Er hat den Schuldner in mehr oder minder großem Maße lediglich zu überwachen (vgl. §§ 39, 40 VergIO). Grundsätzlich (vgl. aber die Verfügungsbeschränkungengemäߧ§ 58 ff. VerglO) kann daher der Nachlaßpfleger während eines Nachlaßvergleichsverfahrens den ihm übertragenen Aufgaben der Nachlaßsicherung (Sicherstellung, Erhaltung, Verwaltung des Nachlasses, Mitwirkung bei der Erbenerrnittlung) ungehindert nachgehen. Aus der Tatsache, daß das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet ist, erwachsen ihm jedoch zusätzliche Rechte und Pflichten. Um den Nachlaß vor einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme zu schützen, muß er zusätzlich von den dem Erben als Vergleichsschuldner eingeräumten Befugnissen Gebrauch machen. Sein Wirkungskreis erweitert sich also um die Übernahme der Rolle des Vergleichsschuldners 211 • 210KGJ 38, A 116, 117; Hörle ZBIFG 1909, 751, 753; Jaeger/WeberIII2§214RdNr.14, 19. 211 Bley I Mohrbutter § 113 RdNr. 17, 33 aE.

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5. Bei Miterbengemeinschaft In der Praxis treten Fälle auf, in denen bei einer Mehrheit von Erben ein Miterbe etwa die Erbschaft bereits angenommen hat, ein anderer Miterbe während des Laufs der Ausschlagungsfrist noch nicht über Annahme oder Ausschlagung entschieden hat. Das hat zur Folge, daß - ein Bedürfnis im Sinne des § 1960 Abs. 1 oder des § 1961 BGB vorausgesetzt - hinsichtlich eines oder einiger Miterben die Erfordernisse für eine Nachlaßpflegschaft gegeben sind, hinsichtlich anderer Miterben nicht 212 ; dann darf das Nachlaßgericht nur eine sogenannte Teilnachlaßpflegschaft anordnen. Dagegen hat sich eine Mindermeinung in der älteren Literatur gewandt 213• Deren Vertreter begründen ihre Ansicht im wesentlichen mit Zweckmäßigkeitsargumenten: Die Aufgabe der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses könne am besten eine einzige Person erfüllen, die sich nicht mit den möglicherweise widerstreitenden Interessen und Wünschen der Miterben auseinandersetzen müsse. Der Nachlaßpfleger als amtliches Organ solle nicht in die Sphäre der Miterben hinabgezogen werden. Deshalb wollen sie in Fällen, in denen nicht hinsichtlich aller Miterben die Voraussetzungen für die Einleitung einer Nachlaßpflegschaft erfüllt sind, eine Gesamtnachlaßpflegschaft anordnen. Der genannten Auffassung ist aus Rechtsgründen nicht zuzustimmen; zudem vermögen die Zweckmäßigkeitserwägungen nicht zu überzeugen. Einmal meinen sie, § 1960 Abs.1 BGB sei so zu verstehen, daß die ganze Erbschaft angenommen sein müsse; das sei nicht der Fall, solange nicht alle Miterben feststünden und die Erbschaft angenommen hätten. Insoweit bilde die Bestimmung des § 1922 Abs. 2 BGB kein Hindernis für eine Gesamtnachlaßpflegschaft. Warum aber gerade bei § 1960 Abs.1BGB die Norm des § 1922 Abs. 2 BGB (entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Erbschaft auf den Anteil eines Miterben) nicht gelten soll, dafür bleiben sie eine Erklärung schuldig. Weiter ist unklar, was darunter zu verstehen ist, daß der Nachlaßpfleger ein amtliches Organ sei. Richtig ist, daß der Nachlaßpfleger seinen Wirkungskreis auf den öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt durch das Nachlaßgericht gründet. Damit sind ihmjedoch keine amtlichen (hoheitlichen?) Befugnisse verliehen. Seine Aufgaben erfüllt der Nachlaßpfleger vielmehr ausschließlich mit privatrechtlichen Mitteln (oben § 1 C I); für hoheitliche Befugnisse des Nachlaßpflegers fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Abgesehen von diesen Erwägungen ist auch keine Notwendigkeit ersichtlich, daß der Teilnachlaßpfleger sich über die Interessen der Miterben hinwegsetzen können soll. Die Aufgabe des Nachlaßpflegers besteht in der Sicherung des Erbteils. Er soll dafür sorgen, daß der Erbteil nicht durch unberechtigte Eingriffe von 2i2Ygl. Höver DFG 1937, 29, 31 mit weiteren Beispielen. 213 Höver DFG 1937, 29, 31 f.; ähnlich Weißler I S.119: Die Erbengemeinschaftals Ganzes stelle den Erben dar; Greiser DFG 1938, 167 (de lege ferenda).

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dritter Seite geschmälert wird - eine Tätigkeit, die der Miterbe selbst übernähme, wäre er dazu imstande und willens. Dieser Miterbe müßte sich mit den Wünschen und Interessen der übrigen Miterben auseinandersetzen; erinnert sei an die Möglichkeit zu nur gemeinschaftlicher Verwaltung 214 des Nachlasses (vgl. § 2038 BGB). Da der Nachlaßpfleger lediglich die Aufgabe hat, über den Zustand der tatsächlichen Herrenlosigkeit zwischen Erbfall und Erbschaftsannahme hinwegzuhelfen und dem Erben dasjenige zu erhalten, was ihm gebührt,jedoch nicht mehr, würde es eine ungerechtfertigte Bevorzugung des einen Miterben darstellen, dem Nachlaßpfleger Vorrechte gegenüber den Miterben einzuräumen 215. Der Nachlaßpfleger ist wie der Miterbe, dessen Erbteil er zu sichern hat, in die Miterbengemeinschaft eingebunden. Seine Möglichkeiten zur Nachlaßsicherung in einer Miterbengemeinschaft sind deshalb von vornherein gemäß den Vorschriften der §§ 2032 ff. BGB beschränkt, aber nicht in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise eingeengt.

IV. Die Unterschiede in den Aufgaben eines Sichernngspflegers und eines Prozeßpflegers; zugleich Zusammenfassung zu den Aufgaben

Die bisherigen Erörterungen zum Aufgabenbereich eines Nachlaßpflegers haben die Frage unberücksichtigt gelassen, ob das Nachlaßgericht im konkreten Fall einen Sicherungspfleger im Sinne des § 1960 Abs. 1,2 BGB oder einen Prozeßpfleger gemäß § 1961 BGB bestellt hat. Vom Standpunkt der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum aus braucht diese Tatsache auch nicht bedacht zu werden; denn beide Pfleger sollen die gleichen Aufgaben und Befugnisse haben. Nach der hier vertretenen Auffassung (oben § 2 A I) besteht dagegen ein Unterschied zwischen einer Sicherungspflegschaft und einer Prozeßpflegschaft, der sich auch im Aufgabenbereich des jeweiligen Nachlaßpflegers auswirkt. Ausgangspunkt der Überlegungen zum Aufgabenbereich eines Nachlaßpflegers - auch von der herrschenden Meinung ausdrücklich oder zumindest stillschweigend akzeptierter Ausgangspunkt - ist der Zweck, dem die jeweilige Nachlaßpflegschaft dient. Die Sicherungspflegschaft bezweckt den Schutz des Nachlasses vor den Gefahren, die diesem in der Zeit zwischen Erbfall und Erbschaftsannahme drohen, wenn sich während dieser Zeit keine zuverlässige und vertrauenswürdige Person darum kümmert. Daraus resultiert die Pflicht des Sicherungspflegers zur SichersteIlung des Nachlasses (oben § 2 B I), zur Nachlaßsicherung im weiteren Sinn (Erhaltung und Verwaltung; oben § 2 B 11 2) und zur Mitwirkung bei der Erbenermittlung (oben § 2 B 11 3). Letztendlich zählen dazu auch diejenigen Aufgaben, die 214 Zum

Begriff der Verwaltung: MünchKomm / Dütz § 2038 RdNr. 14-17. DFG 1938, 167 (de lege lata); Hörle ZBlFG 1909, 751, 763 f.

215 Greiser

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ihm wegen der Aufsicht des Nachlaßgerichts über seine Führung der Pflegschaft erwachsen (oben § 1 B 11 2). Demgegenüber dient die Prozeßpflegschaft im Sinne des § 1961 BGB dazu, den durch den Erbfall für einen Nachlaßgläubiger eingetretenen Beitreibungsstillstand zu überwinden, da er vor der Annahme der Erbschaft seinen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch nicht gegen den Erben gerichtlich geltend machen kann (§ 1958 BGB). Mit der Bestellung des Prozeßpflegers verschafft das Nachlaßgericht dem Nachlaßgläubiger den fehlenden notwendigen Ansprechpartner für die Geltendmachung der Ansprüche. Dieser Zweck der Prozeßpflegschaft bestimmt das Bedürfnis für die Bestellung und gibt mittelbar die Richtschnur für die Aufgaben des Prozeßpflegers ab. Im Rahmen der gerichtlichen Verteidigung des Nachlasses gegen den Nachlaßgläubiger muß der Prozeßpfleger dafür sorgen, daß der Gläubiger nicht etwas erhält, was ihm nicht gebührt. Insoweit besteht kein Unterschied in der Zielrichtung der Tätigkeiten eines Sicherungs- und Prozeßpflegers; beiden obliegt die Pflicht der Nachlaßsicherung. Nur ist der Wirkungskreis des Prozeßpflegers von Anfang an durch die Voraussetzungen seiner Bestellung darauf beschränkt, den Nachlaß gegen einen bestimmten Anspruch eines bestimmten Nachlaßgläubigers in Schutz zu nehmen. Daraus könnte man schließen, die einem Sicherungspfleger auferlegten Pflichten kämen einem Prozeßpfleger nicht zu, weil sie nichts mit seiner Aufgabenstellung zu tun hätten. Die Schlußfolgerung ist jedoch nur bedingt richtig. Man denke daran, daß der Na$1aßgläubiger mit seinem gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch im Prozeß obSiegt. Dann muß der Prozeßpfleger diesen Anspruch aus dem Nachlaß erfüllen können, um Schaden (etwa in Gestalt der Vollstreckungskosten) vom Nachlaß abzuwenden. Deshalb hat der Prozeßpfleger das Recht und die Pflicht, diese Nachlaßverbindlichkeit zu erfüllen und zu diesem Zweck - aber auch nur zu diesem Zweck - über den Nachlaß zu verfügen, zum Beispiel ihn zu versilbern, um eine Geldschuld zu bezahlen. Zur ordnungsgemäßen gerichtlichen Verteidigung gehört weiter, daß der Prozeßpfleger von den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Gebrauch macht (oben § 2 B 11 2 e). Das bedingt vorrangig eine Feststellung des Nachlaßbestandes (oben § 2 B I 1). Eine Sicherstellung des Nachlasses (oben § 2 B I 2), die Anlage der Nachlaßgelder und die Aufbewahrung des sonstigen Nachlasses (oben § 2 B I 3, 4) fallen dagegen nicht in seinen beschränkten Wirkungskreis. Desgleichen ist kein Grund ersichtlich, warum die Mitwirkung bei der Erbenerrnittlung (oben § 2 B 11 3) zur gerichtlichen Verteidigung des Nachlasses erforderlich sein sollte. Unberührt bleiben im Grundsatz die Pflichten eines Prozeßpflegers gegenüber dem Nachlaßgericht im Rahmen des diesem zustehenden Aufsichtsrechts (oben § 1 B 11 2) zur Auskunft, zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses und zur Einholung von Genehmigungen; eine Pflicht zur Rechnungslegung wird den Prozeßpfleger allerdings nur dann treffen, wenn er über Nachlaßgegenstände verfügt hat. Nichts ändert sich ebenfalls an der Pflicht des Prozeßpflegers - weil jedem Nachlaßpfleger obliegend -, den Nachlaßgläubigern über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen und die ihm durch das Steuerrecht übertragenen

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Tätigkeiten vorzunehmen (oben § 2 All 1); um etwa fUr die Bezahlung der Erbschaftsteuer sorgen oder aus dem Nachlaß Sicherheit leisten zu können, zu diesem und nur zu diesem Zweck vermag er über den Nachlaß zu verfügen - ähnlich dem Recht zur Berichtigung der eingeklagten Nachlaßverbindlichkeit. Die zusammenfassende Beschreibung des Aufgabenbereichs eines Sicherungspflegers ergibt folgendes Bild: Seine Rechte und Pflichten leiten sich ab aus dem

Bedürfnis, das zu seiner Bestellung gefUhrt hat, der Sicherung des Nachlasses. In welcher Weise und in welchem Maß das Bedürfnis besteht, läßt sich allgemeingültig kaum beschreiben, ist vielmehr vom konkreten Einzelfall abhängig. Insoweit ist der mögliche Wirkungskreis des Pflegers im Einzelfall in mehr oder minder großem Umfang einzuschränken. Da jedoch gegen jeden Sicherungspfleger solche Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, gerichtlich geltend gemacht werden können (§ 1960 Abs. 3 BGB), obliegen ihm injedem Fall die oben beschriebenen Rechte und Pflichten eines Prozeßpflegers. Diese Aussage erlangt vornehmlich dann Bedeutung, wenn dem Pfleger - mangels sonstigen Bedürfnisses - lediglich die Mitwirkung bei der Erbenermittlung aufgetragen ist. Wie der Prozeßpfleger muß auch er - als »Nachlaßpfleger" - den Nachlaßgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses erteilen, bestimmte steuerliche Pflichten erfüllen und dem Nachlaßgericht gegenüber Rechenschaft ablegen.

§ 3 Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger, vorläufigem und endgültigem Erben A. Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und vorläufigem Erben I. Das Verhiltnis im außerprozessualen Bereich

Der Nachlaßpfleger wird bestellt fUr die Zeit zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft. Während dieses Zeitraums ist allenfalls diejenige Person bekannt, der die Erbschaft angefallen ist, der sogenannte vorläufige Erbe. Der vorläufige Erbe ist nicht gehindert, erbschaftliche Geschäfte zu besorgen (vgl. § 1959 BGB). Das Nebeneinander von Nachlaßpfleger und vorläufigem Erben fUhrt dazu, daß zwei Personen über ein und dasselbe Vermögen Handlungsmacht besitzen, so daß es zu einander widersprechenden Maßnahmen kommen kann. Diesen Standpunkt vertritt die jedenfalls heute überwiegende Meinung216 ; der vorläufige Erbe verlöre seine nach § 1959 BGB bestehende Verwaltungsbefugnis nicht, selbst wenn eine Nachlaßpflegschaft angeordnet ist. lediglich eine Mindermeinung217 will die Handlungsrnacht des vorläufigen Erben während des Bestehens einer Nachlaßpflegschaft ausschließen, damit der Nachlaß216 Vgl. nur Ohr, in: Lange, S. 85; Moser S.132 f.; Erman / Schlüter§ 1960 RdNr.19; MünchKomm / Leipold § 1960 RdNr. 44; wohl auch Staudinger / Otte / Marotzke § 1960 RdNr. 42 mwN. 217 Hörle ZBlFG 1909, 711, 717; Siber JherJb 67, 81, 126, 183, 191 mwN; v. Lübtow 11 S. 758; wohl auch Reichei, in: Festschrift rur Thon, S. 101, 109 ff., 113.

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pfleger ungestört seiner Aufgabe der Nachlaßsicherung nachzugehen vermag. Dieser Ansicht ist zu folgen. Nach der überwiegenden Meinung216 ermöglicht § 1959 BGB nicht allein die Nachlaßfürsorge durch den vorläufigen Erben, sondern enthält auch Rechte, die aus der Stellung als vorläufiger Erbe resultieren, ohne diese Rechte zu nennen. Diese Begründung dürfte kein Argument gegen die hier bevorzugte Lösung liefern. Der Nachlaßpfleger wird bestellt zur Nachlaßfürsorge. Aus seiner Bestellung leitet er die Legitimation zu Handlungen mit Wirkung für und gegen das Vermögen »Nachlaß" ab. Nicht befugt ist er, den Erwerb der Erbschaft zu beeinflussen. Insoweit ergibt sich nach beiden Auffassungen ohnehin nur eine Teilüberschneidung, nämlich im Bereich der Nachlaßfürsorge. Die Gegenmeinung behauptet nicht, der Nachlaßpfleger dürfe in das durch den Anfall der Erbschaft an eine Person geschaffene Recht eingreifen, die Rechtsstellung des (endgültigen) Erben zu erwerben, vornehmlich die Erbschaft anzunehmen218 . Diese Rechte will auch die hier vertretene Ansicht dem vorläufigen Erben nicht nehmen. Es geht allein darum zu klären, ob der vorläufige Erbe neben dem Nachlaßpfleger weiterhin zur Nachlaßfürsorge berechtigt ist. Weiterzuhelfen vermag ein Blick auf die Regelung bei solchen Vermögensverwaltern, die nahezu einhellig als Parteien kraft Amtes angesehen werden: Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter, (Nachlaß-)Konkursverwalter. Gemeinsames Merkmal dieser Vermögensverwalter ist, daß sie das alleinige Verwaltungsund Verfügungsrecht über das Vermögen besitzen, soweit es in ihren Wirkungsbereich fällt. Da sämtliche Verwalter ihr Amt bereits vor der Annahme der Erbschaft ausüben können, ist während der Dauer einer Testamentsvollstreckung, einer Nachlaßverwaltung oder eines Nachlaßkonkurses sowohl der vorläufige Erbe als auch der endgültige Erbe von der Verwaltung und Verfügung über den Nachlaß ausgeschlossen. Dem Erben sollte es unmöglich gemacht werden, »die Vollstrekkungsmacht des Vollstreckers willkürlich zu vereiteln"219; damit der Nachlaßverwalter seine Aufgabe in angemessener Weise erfüllen könne, "dürfe der Erbe mit dem Nachlasse sich nicht befassen und nicht befaßt werden"22o; der Verlust der Verfügung über die Konkursmasse für den Gemeinschuldner sei, »um den Zweck des Verfahrens zu erreichen, so notwendig, daß selbst über die entgegengesetzte Bestimmung des römischen Rechts ... sich ein allgemeiner Gerichtsgebrauch mit der Annahme hinweghalf, daß in der Konkurseröffnung ein allgemeines Veräußerungsverbot stillschweigend enthalten sei" 221. In allen drei Fällen werden also mehr oder minder stark Zweckmäßigkeitserwägungen herangezogen, um die alleinige Handlungsmacht des Testamentsvollstreckers, des Nachlaßverwalters und des (Nachlaß-)Konkursverwalters zu begründen. 218Ygl. dazu v. Lübtow 11 S. 657. 219 Mugdan Y S. 129. 22°Mugdan Y S. 443. 221 Hahn / Mugdan IV S. 60.

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Diese Argumente haben auch Bedeutung für das Verhältnis von Nachlaßpfleger - in erster Linie: Sicherungspfleger - und vorläufigem Erben. Könnte sich der vorläufige Erbe nach Belieben in die Nachlaßsicherung durch den Nachlaßpfleger einmischen, würde er die dem Nachlaßpfleger aufgrund dessen Bestellung zukommenden Befugnisse illusorisch machen. In dieser Hinsicht weisen also Nachlaßpflegschaft einerseits und Testamentsvollstreckung, Nachlaßverwaltung und (Nachlaß-)Konkurs starke Ähnlichkeiten auf. Daß bei der Nachlaßpflegschaft ausdrückliche Normen über die alleinige Handlungsrnacht des Nachlaßpflegers fehlen, wiegt angesichts der ohnehin spärlichen Regelung des Gesetzes über die Nachlaßpflegschaft nicht sonderlich schwer. Um den Zweck der Nachlaßpflegschaft zu verwirklichen, nämlich die Interessen desjenigen, der Erbe wird, am ungeschmälerten.Erhalt des ErbJasservermögens durchzusetzen, und weil diese Interessen durch das Handeln des vorläufigen Erben gefährdet sein können, ist es angebracht, ihn von der Besorgung erbschaftlicher Geschäfte im Umfang der Nachlaßfürsorge durch einen Nachlaßpfleger auszuschließen und die Nachlaßfürsorge allein dem Nachlaßpfleger zuzuweisen. Dieser bietet als »neutrale" Person am ehesten die Gewähr dafdr, daß der Nachlaß während des Stadiums zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft zugunsten dessen, der Erbe wird, ordnungsgemäß betreut wird. In der Praxis ist das Problem wohl wesentlich dadurch entschärft, daß das Nachlaßgericht eine Nachlaßpflegschaft regelmäßig nur dann anordnet, wenn der vorläufige Erbe sich überhaupt nicht um den Nachlaß kümmert, sei es, daß er dazu nicht imstande ist, etwa keine Kenntnis vom Anfall der Erbschaft hat, sei es, daß er dazu nicht willens ist. Von der praktischen Seite her dürften also kaum Schwierigkeiten auftreten222. 11. Das Verhältnis im prozessualen Bereich

1. Beim Erbfall noch nicht anhängige Prozesse a) Passivprozesse Gemäß § 1958 BGB kann vor der Annahme der Erbschaft ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden. Das Gesetz räumt dem vorläufigen Erben eine ungestörte Überlegungsfrist ein, ob er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen will. Die Vorschrift führt folgerichtig den Gedanken weiter, daß sich der vorläufige Erbe während der ihm zugebilligten Überlegungsfrist nicht mit dem Nachlaß befassen muß. Neben dem Schutz des vorläufigen Erben bezweckt die Bestimmung des § 1958 BGB, daß sich nicht etwaige Prozesse als nutzlos erweisen, wenn der vorläufige Erbe ausschlägt 223 • 222 Ohr,

in: Lange, S. 85 f. Zum Normzweck des § 1958 BGB: MünchKomm / Leipold § 1958 RdNr. 1. Zu den Folgerungen daraus: Reichel, in: Festschrift für Thon, S.101, 154; MünchKomm / Leipold § 1958 RdNr.14. 223

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Gleichgültig, ob man in § 1958 BGB die fehlende Passivlegitimation224 oder zutreffend - die fehlende Prozeßftihrungsbefugnis225 des vorläufigen Erben sieht, für das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und vorläufigem Erben bleibt das Ergebnis: Ein irgendwie geartetes Konkurrenzverhältnis kann es nicht geben. Anspruche gegen den Nachlaß müssen vor der Annahme der Erbschaft gegen den Nachlaßpfleger gerichtlich geltend gemacht werden (§§ 1960 Abs. 3, 1961 BGB). b) Aktivprozesse Eine dem § 1958 BGB entsprechende Vorschrift für Aktivprozesse des vorläufigen Erben kennt das BGB nicht. Aufgrund eines Urnkehrschlusses aus § 1958 BGB könnte man folgern, daß der vorläufige Erbe uneingeschränkt Aktivprozesse über zum Nachlaß gehörende Rechte zu führen vermag. Nach hier vertretener Ansicht versagt der Urnkehrschluß allerdings, wenn eine Nachlaßpflegschaft angeordnet ist. Denn während der Dauer der Nachlaßpflegschaft fehlt dem vorläufigen Erben die Handlungsrnacht über den Nachlaß, soweit er vom Aufgabenbereich des Nachlaßpflegers erfaßt wird. Die sich aus dem materiellen Recht ergebende Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des vorläufigen Erben muß sich im Prozeßrecht auswirken. Fehlt dem vorläufigen Erben das Recht, den Nachlaß zu verwalten und über ihn zu verfugen, kann ihm nicht gestattet werden, zum Nachlaß gehörende Anspruche gerichtlich geltend zu machen226• Auch bezüglich der Aktivprozesse entbehrt der vorläufige Erbe der Prozeßführungsbefugnis. Sie steht allein dem Nachlaßpfleger aufgrund der Legitimation zur Nachlaßsicherung zu.

2. Beim Erbfall bereits anhängige Prozesse a) Passivprozesse Die Vorschrift des § 1958 BGB erfaßt nur solche Klagen, die nach dem Erbfall erhoben worden sind 227• Beim Erbfall anhängige Prozesse werden durch den Tod des beklagten Erblassers unterbrochen (§ 239 Abs. 1 ZPO). Zur Aufnahme eines derartigen Prozesses ist der vorläufige Erbe nicht berechtigt. § 239 Abs. 5 ZPO sagt zwar, er sei dazu »nicht verpflichtet"; um aber die Vorschrift des § 239 Abs. 5 ZPO in Übereinstimmung mit der Norm des § 1958 BGB zu bringen, muß sie im Sinne einer Nicht-Berechtigung verstanden werden. Die Rechtslage stellt sich nicht 224 RGZ 60,179,181; 79, 201, 203; Reichel, in: Festschrift rur Thon, S.101, 144, 147; v. Lübtow II S. 752; RGRK I Johannsen §1958 RdNr.1; vgl. auch Hörle ZBIFG 1909, 711, 715 f.: Dem als Erben Berufenen gehe »die Parteifähigkeit, mithin auch die Prozeßfähigkeit ab, weil diese begriffiich Parteifähigkeit voraussetzt". 225 Heute wohl herrschende Meinung; vgl. nur MünchKomm I Leipold § 1958 RdNr. 10; Palandt I Edenhofer § 1958 Anm. 1; Staudinger I Otte I Marotzke § 1958 RdNr. 2. 226 Auch nach Reichel, in: Festschrift für Thon, S.101, 123, ist das Problem »seiner ganzen Natur nach nicht ein prozeß-, vielmehr ein privatrechtliches". 227 MünchKomm I Leipold § 1958 RdNr. 14.

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anders dar als im Anwendungsbereich des § 1958 BGB228. Aufnehmen kann und muß den Prozeß vielmehr allein der Nachlaßpfleger. Der Nachlaßpfleger zeigt dem Prozeßgericht seine Bestellung an (§§ 243, 241 Abs. 1ZPO); diese Anzeige stellt das Gericht dem Gegner zu (§§ 243,241 Abs. 2 ZPO). Damit endet die Unterbrechung des Verfahrens durch Aufnahme von Seiten des Nachlaßpflegers. Geht die Initiative nicht vom schon bestellten Nachlaßpfleger aus, erreicht der Gegner die Fortsetzung des Verfahrens, indem er dem Gericht seine Absicht anzeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen dem Nachlaßpfleger zustellt (§§243, 241 Abs.l, 2 ZPO). Ist noch kein Nachlaßpfleger mit der Befugnis zur Führung gerade dieses Rechtsstreits bestellt, muß der Gegner zunächst dessen Bestellung nach § 1961 BGB beantragen.

b) Aktivprozesse Für beim Erbfall anhängige Aktivprozesse des Erblassers gelten die dargestellten Grundsätze entsprechend. Weil dem vorläufigen Erben die Handlungsmacht über den Nachlaß fehlt, kann er zum Nachlaß gehörende Rechte nicht einklagen. Für die Geltung dieses Grundsatzes spielt keine Rolle, ob es sich um einen neuen oder bereits beim Erbfall anhängigen Prozeß handelt. Zur Aufnahme des Verfahrens berechtigt und verpflichtet ist allein der Nachlaßpfleger. c) Aussetzung der Prozesse Ist der beklagte oder klagende Erblasser durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten gewesen, tritt keine Unterbrechung des Verfahrens ein (§ 246 Abs. 1 Halbsatz 1ZPO). Das Prozeßgericht hat jedoch aufAntrag des Prozeßbevollmächtigten, dessen Vollmacht durch den Tod des Erblassers nicht aufgehoben ist (§ 86 Halbsatz 1 ZPO), und auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen (§ 246 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO). Das Gesetz gewährt diese Möglichkeit, damit der Prozeßbevollmächtigte neue Anweisungen und eine neue Vollmacht (vgl. § 86 Halbsatz 2 ZPO) einzuholen und der Gegner sich auf die geänderte (Sach- und Rechts-)Lage einzustellen vermag. Aus seiner Aufgabe "Nachlaßsicherung" erwächst dem Nachlaßpfleger die Pflicht, mit dem Prozeßbevollmächtigten das weitere Vorgehen abzusprechen, ihm Weisungen zu erteilen und als "Nachfolger" (im Prozeß; vgl. § 86 Halbsatz 2 ZPO) die notwendige Vollmacht zu erteilen. Andererseits ist der Nachlaßpfleger berechtigt, die Vollmacht zu widerrufen oder durch Kündigung des "Vollmachtvertrages" (§ 87 Abs. 1 ZPO) - des der Prozeßvollmacht regelmäßig zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrages (vgl. § 675 BGB) - zum Erlöschen zu bringen (vgl. § 168 Satz 1, 2 BGB). In jedem Fall ist allein der Nachlaßpfleger zu den genannten Dispositionen befugt. Sie fallen in seinen Aufgabenbereich "Nachlaßsicherung". Insoweit ist die Handlungsmacht des vorläufigen Erben ausgeschlossen. 228 Reichei,

in: Festschrift für Thon, S. 101, 154.

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III. Das Verhältnis im Bereich der Zwangsvollstreckung

1. Nach dem Erbfall beginnende Zwangsvollstreckung

a) Passivvollstreckung Vor der Annahme der Erbschaft kann ein Nachlaßgläubiger keinen Titel gegen den vorläufigen Erben erlangen (oben § 3 All 1); sollte er einen Titel gegen den Erblasser besitzen, vermag er keine Titelumschreibung auf den vorläufigen Erben zu erreichen. Zu der ihm nach § 778 Abs. 1ZPO gestatteten Zwangsvollstreckung in den Nachlaß bedarf er aber einer Vollstreckungsklausel, in der die Personen, ftir und gegen die die Zwangsvollstreckung stattfmden soll, namentlich bezeichnet sind. Deshalb muß der Gläubiger den Titel auf den Nachlaßpfleger umschreiben lassen, wenn nicht ohnehin der Titel gegen den Nachlaßpfleger erstritten worden ist 229. Die vollstreckbare Ausfertigung gegen den Nachlaßpfleger erreicht der Gläubiger gemäß §727 oder §731 ZPO in entsprechender Anwendung23o. b) Aktivvollstreckung Wie dem vorläufigen Erben die aktive Prozeßftihrungsbefugnis im Erkenntnisverfahren fehlt (oben § 3 All 1 b), mangelt sie ihm auch im Zwangsvollstreckungsverfahren. Vollstreckungsmaßregeln kann folglich nur der Nachlaßpfleger neu einleiten, selbst wenn die Vollstreckung aufgrund eines vom Erblasser erwirkten Titels erfolgen soll231. Die Umschreibung der Klausel erreicht der Nachlaßpfleger gemäß §727 oder §731 ZPO in entsprechender Anwendung.

2. Beim Erbfall bereits begonnene Zwangsvollstreckung a) Passivvollstreckung Eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Todes des Erblassers als des Vollstreckungsschuldners gegen ihn begonnen hatte, wird in den Nachlaß fortgesetzt (vgl. § 779 Abs.l ZPO). Einer Titelumschreibung bedarf es nicht. Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig, übernimmt dessen Rolle der Nachlaßpfleger (vgl. § 779 Abs.2 ZPO). b) Aktivvollstreckung Für die Fortsetzung einer beim Erbfall fUr den Erblasser als Gläubiger begonnenen Zwangsvollstreckung muß eine neue Vollstreckungsklausel erwirkt werden. Da dem vorläufigen Erben die Befugnis fehlt, über den Nachlaß zu verfügen und ihn zu verwalten, er auch noch nicht Rechtsnachfolger des Erblassers ist, erreicht allein der Nachlaßpfleger die Umschreibung der Klausel in entsprechender Anwendung des §727 oder §731 ZP023\. 229 Reichel,

in: Festschrift für Thon, S. 101, 161. Putzo § 778 Anm. 2 a, § 727 Anrn. 1 c. 231 Insoweit wohl anderer Ansicht: Reichel, in: Festschrift rur Thon, S. 101, 160. Wie hier: Hörle ZBlFG 1909, 711, 716: "Grundsätzlich ist der Erbe vor der Annahme der Erbschaft aktiv zur Sache nicht legitimiert:' 230 Thomas /

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B. Das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und endgültigem Erben Weil das Nachlaßgericht nur bis zur Annahme der Erbschaft eine Nachlaßpflegschaft einleiten darf, möchte man meinen, daß es Konflikte im Handeln zwischen Nachlaßpfleger und endgültigem Erben nicht gibt. Denn vom endgültigen Erben kann nur dann gesprochen werden, wenn die Person, der die Erbschaft angefallen ist (der vorläufige Erbe), diese angenommen hat; mit diesem Zeitpunkt hat die Nachlaßpflegschaft zu enden. Die aufgestellte Behauptung träfe nur zu, wenn die Nachlaßpflegschaft mit der Erbschaftsannahme von selbst endigte, was jedoch nicht der Fall ist, wie noch näher begründet wird (unten 4. Teil). Weil über die Anordnung und das Weiterbestehen der Nachlaßpflegschaft die Sicht des Nachlaßgerichts entscheidet, kann durchaus der Fall eintreten, daß während des Bestehens der Nachlaßpflegschaft ein endgültiger Erbe vorhanden ist: Die Tatsache ist lediglich dem Nachlaßgericht (noch) nicht bekannt; für das Gericht ist etwa ungewiß, ob der vorläufige Erbe die Erbschaft angenommen hat (§ 1960 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 BGB), oder der vorläufige Erbe hat die Erbschaft angenommen, das ist dem Gericht bekannt, es hat die Nachlaßpflegschaft nur noch nicht aufgehoben232• I. Das Verhältnis im außerprozessualen Bereich

Was die Handlungsrnacht des endgültigen Erben während der Dauer einer Nachlaßpflegschaft betrifft, sind sich die Anhänger aller Theorien über die Rechtsstellung des Nachlaßpflegers (oben § 1 C 11 1) - der hier abgelehnten Vertretertheorie wie der hier bevorzugten Amtstheorie - einig: Die aus seiner Bestellung und Aufgabenstellung fließenden Befugnisse des Nachlaßpflegers beeinträchtigen nicht die Rechtsrnacht des Erben, der die Erbschaft angenommen hat. Nach der Vertretertheorie folgt dies daraus, daß das BGB grundsätzlich keine verdrängende, die Befugnisse des Vertretenen - das ist der endgültige Erbe - ausschließende Vertretungsmacht kenne 233• Der Nachlaßpfleger vermag danach mit Wrrkung für und gegen den endgültigen Erben zu handeln, ohne daß dessen Handlungsmöglichkeiten geschmälert sind oder werden 234. v. Lübtow 235 als Verfechter der Amtstheorie begründet seine Ansicht damit, der endgültige Erbe sei sachlich der besser Legitimierte (wohl im Vergleich zum Nachlaßpfleger?). Die Tätigkeit des Nachlaßpflegers erschöpft sich in einer gegenständlich fest umrissenen Aufgabe, nämlich den Nachlaß zu sichern. Allein in diesem Rahmen wirken dessen Handlungen für und gegen den Erben. Hat der vorläufige Erbe die Erbschaft angenommen, verschmelzen Nachlaß und Eigenvermögen; der Nach232 Zu den einschlägigen Fällen: v. Lübtow 11 S. 758; Höver DFG 1937, 29, 32; Riezler AcP 98 (1906), 372, 378. 233 Dazu allgemein: Riezler AcP 98 (1906), 372, 378; MünchKomm I Thiele § 164 RdNr.129. 234 Mugdan V S. 295; Binder I S.197; Lange I Kuchinke §40 IV 4fS. 659 mwN; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 43. 235 V• Lübtow 11 S. 758.

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laß geht im Eigenvermögen des Erben auf. Rechtsträger des Vermögens ist allein der endgültige Erbe. Von der Verwaltung und Verfügung über dieses Vermögen kann der Nachlaßpfleger den endgültigen Erben nicht ausschließen. Das zeigt mit aller Deutlichkeit die Regelung der Konkursordnung. Eigner der Konkursmasse (vgl. § 1 KO) ist und bleibt der Gemeinschuldner. Entzogen wird dem Gemeinschuldner lediglich die Befugnis, "sein" zur Konkursmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (vgl. § 6 Abs.1 KO). Nur unter Fremdverwaltung gestellt wird ein Teil des Vermögens ebenfalls bei der Nachlaßverwaltung (vgl. §§ 1984 Abs. 1,1985 Abs. 1 BGB) und der Testamentsvollstreckung mit Verwaltungsbefugnis (vgl. §§ 2211 tf., 2205 ff. BGB); die Eigenschaft des endgültigen Erben als Inhabers des Vermögens ändert die Fremdverwaltung nicht. Sollte der Nachlaßpfleger den endgültigen Erben von der Verwaltung und Verfügung des Eigenvermögens ausschließen können, bedürfte es einer ausdrücklichen Vorschrift, ähnlich der §§ 1984 Abs. 1,2211 BGB, 6 Abs. 1KO. Gerade aus der Norm des § 1984 Abs. 1 BGB für den Nachlaßverwalter, der ein Nachlaßpfleger zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger ist (vgl. § 1975 BGB), wird man im Gegenteil folgern dürfen, daß der Nachlaßpfleger im Sinne der§§ 1960 Abs.1,2, 1961 BGB die Handlungsmacht des endgültigen Erben nicht verdrängt. Zudem fehlte für die gegenteilige Lösung die innere Rechtfertigung. Der Nachlaßpfleger soll lediglich über die tatsächliche Herrenlosigkeit des Nachlasses im Zeitraum zwischen Erbfall und Erbschaftsannahme hinweghelfen. Dieser Zustand ist mit der Annahme der Erbschaft beendet. Von nun an kann und muß sich der Erbe selbst um den Schutz seines Vermögens kümmern, wie jeder andere Vermögensinhaber. Neben dieser Verwaltungs- und Verfügungs befugnis des endgültigen Erben stehen die Rechte des Nachlaßpflegers über den Nachlaß, gegründet auf dessen Bestellung durch das Nachlaßgericht. Sie erlöschen zwar mit dem Ende der Nachlaßpflegschaft, diese fmdet ihr Ende aber regelmäßig erst mit der Aufhebung durch das Nachlaßgericht, nicht automatisch mit der Erbschaftsannahme. Aus der zeitlichen Differenz zwischen Erbschaftsannahme und (nachfolgender) Aufhebung der Nachlaßpflegschaft ergibt sich die Möglichkeit eines widersprüchlichen Handeins von Nachlaßpfleger und endgültigem Erben. Zur Lösung der Fragen greifen die Anhänger der Vertretertheorie wie der Amtstheorie zutreffend auf die Grundsätze zurück, die für konkurrierendes und kollidierendes Handeln des Vertreters und des Vertretenden gelten236• Die Anwendung der Prinzipien ist der hier bevorzugten Amtstheorie nicht verwehrt. Die Amtstheorie verwirft nicht die Art und Weise der Bewältigung von Konflikten durch die Vertretertheorie; sie versucht nur; die Besonderheiten der Stellung des Nachlaßpflegers zu verdeutlichen. 236Mugdan V S. 295; Lange I Kuchinke § 40 N 4 f S. 659; v. Lübtow II S. 758; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 43. Zu diesen allgemeinen Grundsätzen: Riezler AcP 98 (1906),372, 386ff.; MünchKomm/Thiele § 164 RdNr. 130ff.; Staudinger/Dilcher § 164 RdNr. 7, § 115 RdNr. 4ff.;jeweils mwN. 13 Ziegltrum

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

Bei Verfügungen, die nicht gleichzeitig erfolgen - seien sie inhaltlich identisch, nicht identisch oder inhaltlich unvereinbar -, entscheidet grundsätzlich die zeitliche Priorität: Wirksamkeit der ersten Verfügung, Unwirksamkeit der zweiten Verfügung wegen fehlender Verfügungsrnacht des Handelnden; ausgenommen sind die Fälle, in denen die Vorschriften zum Schutz des guten Glaubens des Erwerbers eingreifen. Gleichzeitige und zeitlich nicht festlegbare Verfügungen sind unwirksam. Nicht gleichzeitige - inhaltlich identische oder nicht identische Verpflichtungsgeschäfte des endgültigen Erben und des Nachlaßpflegers sind grundsätzlich wirksam, es sei denn, daß bei einem Geschäft mit demselben Partner dieser erkennen konnte, das Geschäft solle nur einmal stattfinden. Bei gleichzeitigen inhaltlich identischen Verpflichtungsakten liegt überhaupt nur ein Rechtsgeschäft VOt Gleichzeitige Verpflichtungsgeschäfte nicht identischen Inhalts sind dagegen wirksam, wie wenn sie nacheinander abgeschlossen wären. Insgesamt trägt also das Risiko des doppelten Geschäftsabschlusses der endgültige Erbe. Für den Nachlaßpfleger ergibt sich daraus die Pflicht, besondere Sorgfalt auf seine Mitwirkung bei der Erbenermittlung zu verwenden, überhaupt im Rahmen der Erbenermittlung eng mit dem Nachlaßgericht zusammenzuarbeiten, damit er die Gefahren doppelter Verpflichtungen des Erben ausschließt und sich nicht selbst schadensersatzpflichtig (unten §4) macht. 11. Das Verhältnis im prozessualen Bereich

1. Beim Erbfall noch nicht anhängige Prozesse a) Passivprozesse Sobald der vorläufige Erbe die Erbschaft angenommen hat, also zum endgültigen Erben geworden ist, fällt die durch § 1958 BGB angeordnete Beschränkung weg. Gegen den endgültigen Erben können die Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, gerichtlich geltend gemacht werden; er besitzt nunmehr die passive Prozeßführungsbefugnis. Dasselbe Recht, nämlich den Rechtsstreit als der richtige Beklagte im eigenen Namen zu führen, steht dem Nachlaßpfleger zu; sein Amt und die daraus fließenden Rechte und Pflichten enden mit der Annahme der Erbschaft nicht von selbst, sondern erst mit der Aufhebung der Nachlaßpflegschaft. Die im außerprozessualen Bereich angetroffene Rechtslage spiegelt sich damit im prozessualen Bereich wider.

aa) Klage gegen den Erben. Macht der Inhaber des gegen den Nachlaß gerichteten Anspruchs diesen sofort gegen den Erben gerichtlich geltend - etwa weil er von der Nachlaßpflegschaft nichts weiß -, hat das Gericht zunächst die Prozeßvoraussetzungen zu prüfen; dazu gehört auch die (passive) Prozeßführungsbefugnis des beklagten Erben. Vertritt das Gericht die Auffassung, der beklagte Erbe habe die Erbschaft angenommen, muß es die Klage als zulässig ansehen. Für einen Ausschluß des Prozeßführungsrechts wegen der Nachlaßpflegschaft fehlt die erforderliche gesetzliche Vorschrift. Aus eigener Machtvollkommenheit vermag

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der Nachlaßpfleger den Prozeß nicht zu übernehmen; dazu müßten die Voraussetzungen eines Parteiwechsels auf der Beklagtenseite 237 erfüllt sein. bb) Klage gegen den Nachlaßpfleger. Führt der Gläubiger den Rechtsstreit gegen den Nachlaßpfleger, hat das Prozeßgericht die Tatsache der Bestellung des Pflegers zu beachten. Diese Entscheidung des Nachlaßgerichts besitzt rechtsge-, staltende Wirkung; an Entscheidungen rechtsgestaltender Natur von Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind die Prozeßgerichte gebunden238 • Die aus der Bestellung folgende Befugnis des Nachlaßpflegers, Rechtsstreite über fremde Rechte im eigenen Namen als Partei zu führen, darf das Prozeßgericht nur daraufhin untersuchen, ob sie auch gerade diese Streitigkeit umfaßt. Sollte nach Meinung des Prozeßgerichts eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Einleitung der Nachlaßpflegschaft überhaupt weggefallen sein, kann es nicht unter Berufung darauf dem Nachlaßpfleger die Prozeßführungsbefugnis absprechen und die Klage als unzulässig abweisen. Das Prozeßgericht muß vielmehr das Verfahren aussetzen, um dem Nachlaßgericht Gelegenheit zu geben, die Nachlaßpflegschaft aufzuheben239 ; die Aussetzung erfolgt dabei in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 148 ZPO. Der Erbe kann jedenfalls nicht in den Rechtsstreit als Beklagter eintreten240 •

b) Aktivprozesse Nach der Annahme der Erbschaft ist der Erbe - entsprechend seiner materiellen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlaß - berechtigt, zum Nachlaß gehörende Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Desgleichen steht dem Nachlaßpfleger die aktive Prozeßführungsbefugnis aufgrund seiner Legitimation zur Nachlaßsicherung zu. aa) Klage des Erben. Klagt der Erbe zum Nachlaß gehörende Rechte ein, hängt die Entscheidung des Prozeßgerichts zunächst vom Urteil über die Prozeßvoraussetzungen ab. Bejaht das Gericht die Annahme der Erbschaft und damit die aktive Prozeßführungsbefugnis, gibt es für den Nachlaßpfleger keine Möglichkeit, von sich aus den Prozeß zu übernehmen. Hierzu bedürfte es der Voraussetzungen eines wirksamen Parteiwechsels auf der Klägerseite 237 • bb) Klage des Nachlaßpflegers. Macht der Nachlaßpfleger zum Nachlaß gehörende Ansprüche gerichtlich geltend, hat das Gericht entsprechend den Grundsät237Vgl. dazu nur Thomas I Putzo § 50 Vorbem. N 3. 238Vgl. nur Habscheid § 29 11 1 S. 213; Hörle ZBlFG 1909, 751, 754 mwN. 239 MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 39, 45 unter Berufung auf BGHZ 41, 303, 309 f. und Zöller I Stephan § 148 Anm. 3 b; Binder I S.197 f. verneint bereits die Befugnis des Nachlaßpflegers, in einen derartigen Prozeß einzugreifen. 240 Binder I S. 197 f. und Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 43 als Anhänger der Vertretertheorie erreichen das gleiche Ergebnis, indem sie den (vorläufigen und endgültigen?) Erben für einen solchen Rechtsstreit einer nicht prozeßfähigen Person (vgl. § 53 ZPO) gleichstellen. 13*

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Teil 3: DurchfUhrung der Nachlaßpflegschaft

zen zu verfahren, die oben (§ 3 BIll a bb) für eine Klage gegen den Nachlaßpfleger beschrieben worden sind. c) KonfliktfaIle Wie im außerprozessualen Bereich sind auch im prozessualen Bereich Fallgestaltungen der Art denkbar, daß sowohl Erbe als auch Nachlaßpfleger klagen, sei es gleichzeitig oder nacheinander; stets wird vorausgesetzt, daß derselbe Streitgegenstand vorliegt. Eine Lösung der Fälle anhand der Grundsätze über die Wirkungen der Rechtshängigkeit (vgl. insbesondere §261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) scheint daran zu scheitern, daß in beiden Prozessen verschiedene Parteien als Kläger auftreten, einmal der Erbe und zum anderen der Nachlaßpfleger als Partei kraft Amtes. Der Lösungsweg über §261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO scheint jedoch nur dann versperrt zu sein, wenn man unter dem Begriff ,,Partei" in dieser Bestimmung die formelle Partei versteht. Ob man die Vorschrift - ähnlich wie die des § 325 Abs.l ZPO mit einer Mindermeinung241 - im Sinne eines materiellen Parteibegriffs auslegen kann, sei dahingestellt. Denn die Vertreter des formellen Parteibegriffs sehen das Tatbestandsmerkmal "dieselben Parteien" auch dann als erfüllt an, wenn die Rechtskraft des Urteils im ersten Prozeß in subjektiver Hinsicht sich auf die Parteien des zweiten Prozesses erstrecken würde 242. Daß sich die Rechtskraft der im Prozeß des Nachlaßpflegers ergangenen Urteile auf den Erben erstreckt und umgekehrt, wird später (unten § 3 B IV) gezeigt. FOlglich hat das Gericht die später rechtshängig gewordene Klage des Nachlaßpflegers oder des Erben mit dem gleichen Streitgegenstand als unzulässig abzuweisen, und zwar wegen des von Amts wegen zu prüfenden Prozeßhindernisses (negative Prozeßvoraussetzung) der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache 243. Werden die Klagen von Nachlaßpfleger und Erben gleichzeitig erhoben, sind beide Klagen als unzulässig abzuweisen244 - richtigerweise wohl erst, nachdem der Vorsitzende im Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht (vgl. § 139 Abs. 2 ZPO) auf seine Bedenken aufmerksam gemacht hat, der Partei notfalls eine Frist zur Erklärung gesetzt (vgl. §273 Abs. 2 Nr. 1ZPO) oder gar die Verhandlung vertagt hat (vgl. §227 ZPO). Daß ein Nachlaßgläubiger sowohl gegen den Erben als auch gegen den Nachlaßpfleger denselben prozessualen Anspruch, sei es gleichzeitig oder nacheinander, geltend macht, wird wohl kaum vorkommen; im übrigen wären diese Fälle ebenfalls nach den dargestellten Grundsätzen zu behandeln.

2. Beim Erbfall bereits anhängige Prozesse Von oder gegen den Erblasser geführte Rechtsstreite werden durch den Tod des Erblassers unterbrochen (§ 239 Abs.l ZPO). Aufnehmen können sie nach der 241 Vgl.

dazu Jaeger / Henckel § 6 RdNr. 86 mwN. I § 91 I S. 476, § 92 I 1 S. 480; Rosenberg / Schwab § 157 11 2 d S. 951, § 46 V S. 247ff.; Thomas/Putzo § 261 Anm. 4 b. 243 Ebenso Binder I S. 198. 244 Thomas / Putzo § 261 Anm. 5 a. 242 Blomeyer

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Annahme der Erbschaft sowohl der Erbe (vgl. § 239 Abs. 5 ZPO) als auch der Nachlaßpfleger (daneben selbstverständlich auch der Prozeßgegner; vgl. § 239 Abs.2 bis 4 ZPO). Erbe und Nachlaßpfleger sind hierzu nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet: Der Erbe aus § 239 Abs. 5 ZPO, der Nachlaßpfleger aufgrund seiner Bestellung. Erklären beide nacheinander die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens, ist die jeweils zuletzt erfolgte Prozeßhandlung unwirksam; denn sie geht inhaltlich ins Leere, auf die Aufnahme eines bereits aufgenommenen Rechtsstreits. Bei gleichzeitiger oder zeitlich nicht mehr ftxierbarer Aufnahme sind beide Prozeßhandlungen unwirksam. Ist der klagende oder beklagte Erblasser durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten gewesen, ist die Vorschrift des § 246 ZPO zu beachten (oben § 3 All 2 c). III. Das Verhältnis im Bereich der Zwangsvollstreckung

1. Nach dem Erbfall beginnende Zwangsvollstreckung a) Passivvollstreckung Stützt sich die Zwangsvollstreckung auf einen Titel gegen den Erblasser, muß der Gläubiger die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Erben gemäß §§ 727 oder 731 ZPO erwirken, um in den Nachlaß und das Eigenvermögen des Erben vollstrecken zu können. Das gleiche gilt, wenn das Urteil gegen den Nachlaßpfleger ergangen ist; aus einem Urteil gegen den Nachlaßpfleger darf der Gläubiger nur in den Nachlaß vollstrecken (vgl. §§ 780 f. ZPO). b) Aktivvollstreckung Nach der Annahme der Erbschaft vermag der Erbe eine vollstreckbare Ausfertigung der für den Erblasser ergangenen Urteile nach §§ 727 oder 731 ZPO zu erreichen. Dieselbe Möglichkeit steht dem Nachlaßpfleger aufgrund seiner Legitimation zur Nachlaßsicherung in entsprechender Anwendung der genannten Vorschriften offen. Konflikte durch Doppelgesuche nach § 727 ZPO lassen sich durch deren Rücknahme erledigen. Erheben Nachlaßpfleger und Erbe Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731 ZPO), sind die Grundsätze über die Wirkungen der Rechtshängigkeit anzuwenden (oben § 3 BIll c).

2. Beim Erbfall bereits begonnene Zwangsvollstreckung a) Passivvollstreckung Eine gegen den Erblasser als Vollstreckungsschuldner bei dessen Tod begonnene Zwangsvollstreckung wird ohne Titelumschreibung in den Nachlaß fortgesetzt (§779 Abs.l ZPO; oben §3AII 2a). b) Aktivvollstreckung Die zur Fortsetzung einer für den Erblasser als Gläubiger begonnene Zwangsvollstreckung notwendige titelübertragende Klausel vermögen sowohl der Nach-

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßpflegschaft

laßpfleger als auch der Erbe zu erwirken. Die Lösung etwaiger Konflikte erfolgt nach den oben (§ 3 B III 1 b) dargestellten Regeln. IV.

D~e

Wirkung von Urteilen aus Prozessen des Nachlaßpflegers

Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur entfalten grundsätzlich alle Urteile, die in vom Nachlaßpfleger gefUhrten Prozessen ergehen, Rechtskraft fUr und gegen den endgültigen Erben. Die Anhänger der Vertretertheorie 245 können sich darauf stützen, daß Partei des Prozesses ohnehin nur der (vom Nachlaßpfleger vertretene) endgültige Erbe ist. Unter den Verfechtem der hier bevorzugten Amtstheorie besteht lediglich Streit über die zutreffende Begründung246• Die herrschende Auffassung versteht unter der Partei im Sinne des § 325 Abs. 1 ZPO die formelle Partei und gelangt auf dem Weg einer Analogie zu den gesetzlichen Vorschriften über die subjektiven Grenzen der Rechtskraft dazu, daß sich bei der ProzeßfUhrungsbefugnis die Rechtskraft dann auf den Rechtsträger erstreckt, wenn und soweit der Rechtsträger der ProzeßfUhrung zugestimmt hat oder der ProzeßfUhrungsbefugte über den Streitgegenstand verfUgen hat dürfen247. Demgegenüber schlägt Henckel 246 vor, die Vorschrift des § 325 Abs. 1 ZPO in Anlehnung an die historische Interpretation im Sinne des materiellen Parteibegriffs auszulegen. Weil materielle Partei der endgültige Erbe sei, müsse § 325 Abs. 1 ZPO - soweit hier von Interesse - gelesen werden: "Das rechtskräftige Urteil wirkt fUr und gegen den endgültigen Erben und seine Rechtsnachfolger". Die Interpretation fUhrt dazu, daß die materielle Partei uneingeschränkt an die fUr und gegen den Prozeßstandschafter ergangenen Urteile gebunden ist; entsprechend dem materiell-rechtlichen Ansatz der Auffassung entflillt die Rechtskrafterstreckung nur, wenn und soweit der Prozeßstandschafter nach materiellem Recht nicht über den streitbefangenen Gegenstand oder das fUr die festgestellte Verbindlichkeit haftende Vermögen verfügen hat können. Danach wäre der endgültige Erbe grundsätzlich an rechtskräftige Urteile aus Prozessen des Nachlaßpflegers gebunden, es sei denn das von ihm geltend gemachte Recht gehörte nicht zum Nachlaß, der seinem Wirkungskreis unterfällt, oder es handelte sich nicht um einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch. Die Ansicht von Henckel246 kehrt damit das Verhältnis von Grundsatz und Ausnahme um. Er nimmt die Rechtskrafterstreckung fUr und gegen den endgültigen Erben als Grundsatz an; die herrschende Meinung sieht darin die Ausnahme. Von ihrem Standpunkt aus ist der endgültige Erbe als der Rechtsträger, der im Prozeß nicht selbst formelle Partei gewesen ist, grundsätzlich nicht gebunden, ausgenommen der Nachlaßpfleger als Prozeßstandschafter ist verfügungsbefugt gewesen. Beide Auffassungen stimmen darin überein, daß die Verfügungsbefugnis das entschei245 Firsching S. 138; Palandt I Edenhofer § 1960 Anm. 5 d; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr.58. 246 Dazu allgemein Henckel ZZP 70 (1957), 448 ff., 461 ff.; Jaeger I Henckel § 6 RdNr. 86 ff. mwN. 247 Vgl. nur Thomas I Putzo § 325 Anm. 1 d.

§4 Haftung

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dende Kriterium für die Rechtskrafterstreckung bildet. Das bedeutet jedoch nicht, daß die für und gegen den Nachlaßpfleger ergangenen rechtskräftigen Urteile den endgültigen Erben gleichsam automatisch nur in bezug auf den Nachlaß binden, weil der Nachlaßpfleger allein über den Nachlaß, den sein Aufgabenbereich erfaßt, zu verfugen imstande ist. Die Norm des § 780 Abs. 2 ZPO zeigt vielmehr, daß der Erbe für die rechtskräftig festgestellten Nachlaßverbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen haftet; für die Geltendmachung der Beschränkung seiner Haftung bedarf er nur nicht des - sonst notwendigen (vgl. § 780 Abs. 1 ZPO) Vorbehalts im Urteil. V. Die Umschreibung der Vollstreckungsklausel

Weil die rechtskräftigen Urteile für und gegen den Nachlaßpfleger Rechtskraft für und gegen den Erben entfalten, ist auch die Umstellung der Vollstreckungsklausel möglich - zur KlarsteIlung sei hinzugefügt: jedoch nur dann, wenn das Urteil infolge der Verfugungsbefugnis des Nachlaßpflegers für und gegen den Erben wirkt. Die Umschreibung erfolgt nach zutreffender herrschender Meinung248 gemäß § 727 ZPO in analoger Anwendung.

§ 4 Die Haftung des Nachlaßpflegers A. Die Haftung gegenüber dem Erben I. Die Haftung gemäß § 1833 Abs.l Satz 1 BGB analog

Gemäß der entsprechend (§§ 1915 Abs.l, 1897 Satz 1 BGB) anwendbaren Vorschrift des § 1833 Abs.l Satz 1 BGB ist der Nachlaßpfleger demjenigen, der Erbe wird, für den aus einer schuldhaften Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich.

1. Voraussetzungen a) Wirksame Bestellung Die Schadensersatzpflicht des Nachlaßpflegers aus § 1833 Abs.l Satz 1 BGB analog bedingt dessen wirksame Bestellung249 , sei sie auch aufhebbar und später tatsächlich aufgehoben worden, etwa wegen Untauglichkeit des Nachlaßpflegers (vgl. § 1781 BGB analog). Dabei sind die Einschränkungen der §§ 827,828 BGB zu beachten25o • Ausgeschlossen ist diese Schadensersatzpflicht dagegen, wenn der Bestellungsakt nichtig ist, etwa weil der Nachlaßpfleger zur Führung der Pflegschaft unfahig im Sinne des § 1780 BGB analog ist. Dann verbleibt es bei der Haftung nach den für 248 MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 58; Stein I Jonas I Münzberg § 727 RdNr. 10, 25 (zur Anwendung der Vorschrift auf die Partei kraft Amtes). 249 Allgemeine Meinung; vgl. nur Soergell Damrau § 1833 RdNr. 1 (für den Vormund). 2soPaiandtlDiederichsen § 1781 Anm. 1 (für den Vormund).

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Teil 3: Durchführung der Nachlaßhaftung

jedennann geltenden Vorschriften, nämlich den Deliktnonnen (§§ 823 ff. BGB)251. Folglich trifft den Nachlaßpfleger mindestens in den zuletzt genannten Fällen die in § 829 BGB statuierte Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen. Ist die Bestellung lediglich aufhebbar, wird man eine Haftung des Nachlaßpflegers aus § 829 BGB gleichfalls annehmen müssen. Zwar verweist der auf die dann begründete Sonderbeziehung zwischen Nachlaßpfleger und Erben anwendbare § 276 BGB in seinem Absatz 1 Satz 3 nicht auf § 829 BGB; rur eine Ungleichbehandlung der beiden Fälle ist aber nach zutreffender Ansicht kein sachlicher Grund erkennbar 252 . b) Pflichtverletzung Die Schadenersatzhaftung ergreift die Verletzung aller Pflichten, die der Nachlaßpfleger kraft seines Amtes zu erfüllen hat. Welche Pflichten im einzelnen der Aufgabenkreis eines Nachlaßpflegers erfaßt, ist bereits (insbesondere § 2) beschrieben worden. Hinzu kommen die Pflichten, die der Nachlaßpfleger erst nach Beendigung des Amtes zu erfüllen hat (unten 4. Teil); hingewiesen sei nur auf die Pflicht zur Herausgabe des Nachlasses an den Erben und die Pflicht zur Rechnungslegung (vgl. § 1890 BGB). Der Klarheit wegen sei angemerkt, daß dazu auch die Pflichten des Nachlaßpflegers gegenüber dem Nachlaßgericht zählen (oben § 1 B). Sie bestehen, damit das Nachlaßgericht als Aufsichtsorgan Schäden vom Erben abwehren kann. Insoweit dienen die Pflichten des Nachlaßpflegers gegenüber dem Nachlaßgericht mittelbar dem Erben. Dieser Zweckgebietet es, sie in den Anwendungsbereich des § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB analog einzubeziehen253 • Eingegrenzt wird der Pflichtenkatalog des Nachlaßpflegers durch den Inhalt seiner Bestellung (oben §2AIV). Innerhalb dieses Aufgabenkreises hat der Nachlaßpfleger alle anfallenden Tätigkeiten treu und gewissenhaft und in eigener Verantwortung zu erfüllen.

Wann der Nachlaßpfleger eine Pflichtwidrigkeit begangen hat, läßt sich allgemein wohl nur so umschreiben: Das Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn er die . ihm übertragenen Aufgaben nicht mit dem nötigen Blick auf das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Beste des Nachlasses erledigt. c) Verschulden 254 Gemäß den allgemeinen Grundsätzen der Verpflichturtg zum Schadenersatz tritt die Haftung des Nachlaßpflegers nur ein, wenn er seine Pflichten schuldhaft verletzt hat.

aa) Eigenes Verschulden. Als eigenes Verschulden hat der Nachlaßpfleger Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1Satz 1BGB). Denn das Gesetz hat 251 Palandtl Diederichsen § 1780 Anm. 1 wollen (für den Vormund) den Umweg über §682 BGBgehen. 252 Zum Anwendungsbereich des § 829 BGB: MünchKomm I Hanau § 276 RdNr. 72 und MünchKomm/Mertens § 829 RdNr. Iff.;jeweils mwN. 253 Darauf deuten auch die Ausführungen von Soergell Damrau § 1833 RdNr. 4 hin. 254Vgl. dazu Soergel/Damrau § 1833 RdNr. 4f. mwN.

§4 Haftung

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"nicht ein anderes bestimmt" (vgl. § 276 Abs.l Satz 1 BGB) und etwa die Sorgfalt des Nachlaßpflegers auf diejenige beschränkt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 277 BGB) - wie bei manchen anderen unentgeltlichen Tätigkeiten (vgl. insbesondere §§ 1359, 1664 Abs.l BGB für die Haftung der Ehegatten untereinander und der Eltern gegenüber dem Kind). Eine Haftungsmilderung wäre unvereinbar mit der besonderen Schutzbedürftigkeit des Nachlasses und damit desjenigen, der Erbe wird, auf der einen Seite und der fehlenden engen persönlichen Beziehungen zwischen Nachlaßpfleger und Erben. Als Maßstab dient diejenige Sorgfalt, die von einem Nachlaßpfleger des entsprechenden Lebenskreises zu fordern ist, etwa die Sorgfalt eines Rechtsanwalts, eines Bankfachmanns. Probleme wirft die Tatsache auf, daß der Nachlaßpfleger die Pflegschaft in eigener Verantwortung und selbständig führt (oben § 1 B I). Gebunden ist der Nachlaßpfleger allein an die gesetzlichen Vorschriften. Lassen die Normen dem Nachlaßpfleger einen Entscheidungsspielraum, hängt die Wahl der einzelnen Handlung von Zweckmäßigkeitserwägungen ab, kann dem Nachlaßpfleger nicht allein daraus ein Vorwurf angelastet werden, daß er entgegen der Auffassung des Nachlaßgerichts entschieden hat. Anders dürfte der Fall zu beurteilen sein, daß der Nachlaßpflegervon einer Rechtsansicht des Nachlaßgerichts abweicht, etwa ein Rechtsgeschäft für nicht genehmigungsbedürftig hält und es ohne die vom Nachlaßgericht für notwendig erachtete Genehmigung vornimmt. Andererseits dürfen die Ausführungen nicht so verstanden werden, als könne und müsse der Nachlaßpfleger jeden Rat,jede Auskunft des Nachlaßgerichts als verbindlich ansehen und sei damit jeder Haftung ledig. Äußerungen des Nachlaßgerichts entbinden den Nachlaßpfleger nicht von eigener sorgfaltiger Prüfung der Sach- und Rechtslage. Das Verschulden entfällt schließlich nicht durch die Berufung des Nachlaßpflegers auf dringende eigene Geschäfte oder auf Arbeitüberlastung. Das Gesetz mutet jedem Deutschen die Übernahme einer Nachlaßpflegschaft zu (vgl. die Übernahmepflicht aufgrund § 1785 BGB analog) und hat das Ablehnungsrecht auf bestimmte Sachverhalte beschränkt (vgl. die Ablehnungsrechte in § 1786 BGB analog).

bb) Fremdes Verschulden. Für die Beantwortung der Frage, ob der Nachlaßpfleger für ein Verschulden dritter Personen einzustehen hat, ist von dem Grundsatz auszugehen, daß der Nachlaßpfleger selbst alle Aufgaben im Zusammenhang mit der ihm übertragenen Pflegschaft zu erledigen hat; das Nachlaßgericht hat gerade ihn ausgewählt und bestellt, weil er aufgrund seiner Fähigkeiten die Gewähr für die treue und gewissenhafte Führung gerade dieser Nachlaßpflegschaft bietet. Überträgt der Nachlaßpfleger entgegen diesem Grundsatz die Ausführung der anfallenden Geschäfte vollständig auf einen Dritten, haftet er dem Erben aus § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB analog für jeden aus der Weitergabe entstandenen Schaden. Sein Verschulden besteht in der pflichtwidrigen Beauftragung des Dritten; auf dessen Verschulden kommt es nicht an. Das Verbot der Vollübertragung bedeutet aber nicht, der Nachlaßpfleger dürfe keine Person zu seiner (bloßen) Un-

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Teil 3: Durchflihrung der Nachlaßhaftung

terstützung heranziehen; so kann er durchaus einen Sachverständigen bei der Feststellung des Nachlaßbestandes, einen Handwerker zur Reparatur eines Nachlaßgegenstandes oder ein (spezialisiertes) Detektivbüro bei der Ermittlung der Aufenthaltsorte von möglichen Erben zu Hilfe nehmen. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob der Nachlaßpfleger aus § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB analog nur bei mangelhafter Auswahl, Information oder Beaufsichtigung des Dritten haftet oder bei zulässiger Heranziehung Dritter danach zu unterscheiden ist, ob der Nachlaßpfleger die Aufgabe selbst hätte wahrnehmen können - (dann analoge Anwendung des §278 BGB) - oder nicht - (dann Haftung nur für Auswahlverschulden). Die letztgenannte Differenzierung ist aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen254• Vielmehr ist bei jeder zulässigen Heranziehung eines Gehilfen auf die Haftung des Nachlaßpflegers die Vorschrift des § 278 BGB anzuwenden. Diesen Schluß legt besonders die Norm des § 664 Abs. 1 Satz 3 BGB nahe, wo ebenfalls im Rahmen eines unentgeltlichen Rechtsverhältnisses die bloße Hilfeleistung durch andere Personen geregelt ist255 • d) Schaden Ob und in welcher Höhe dem Erben durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Bestimmungen und den allgemein zum Schadensersatzrecht entwickelten Grundsätzen.

2. Rechtsfolge Wie der Nachlaßpfleger Schadenersatz zu leisten hat, regeln die Vorschriften der §§ 249 fT. BGB. Bei der Annahme eines Mitverschuldens des Erben im Rahmen der Schadensentstehung oder eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB ist Vorsicht geboten; denn in erster Linie ist der Nachlaßpfleger für den Schutz des Nachlasses und damit für die Wahrung der Interessen des Erben verantwortlich256•

3. Die Haftung mehrerer Nachlaßpfleger, des "Gegen-Nachlaßpflegers" Die dargestellten Grundsätze für die Haftung des Nachlaßpflegers gelten auch für die Haftung des "Gegen-Nachlaßpflegers" (§ 1833 Abs.1 Satz 2 BGB analog). Aufgrund seiner Stellung als "Kontrollorgan" (vgl. § 1799 BGB) wird sich seine Pflicht zum Schadensersatz regelmäßig auf einen Verstoß gegen seine Aufgabe zur Aufsicht über den Nachlaßpfleger gründen. So haftet der "Gegen-Nachlaßpfleger" in seinem Verhältnis zum Nachlaßpfleger nicht, wenn er neben dem Nachlaßpfleger für den von diesem verursachten Schaden nur wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verantwortlich ist (§ 1833 Abs.2 Satz 2 BGB analog); im 2S5 Schreiber

AcP 178 (1978), 533, 540 fT., 542 mwN. § 65 V 2 S. 1042.

256 Gernhuber

§4 Haftung

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Außenverhältnis zum Erben haften beide dagegen als Gesamtschuldner (§ 1833 Abs. 2 Satz 1 BGB analog; §§421 ff. BGB). Die Ausflihrungen gelten entsprechend flir die Haftung mehrerer Nachlaßpfleger (§ 1833 Abs.2 BGB analog).

11. Die Haftung gemäß allgemeinen Vorschriften

Die Vorschrift des § 1833 BGB analog läßt eine Schadensersatzhaftung des Nachlaßpflegers nach allgemeinen Bestimmungen unberührt. Da zwischen dem Erben und dem Nachlaßpfleger in dieser Eigenschaft keine vertragliche Beziehung besteht, sondern nur das durch die Bestellung geschaffene gesetzliche Schuldverhältnis, kommen allein außervertragliche Haftungsnormen in Betracht, vornehmlich die Deliktstatbestände der §§ 823 ff. BGB257. Auszuscheiden hat eine Haftung des Nachlaßpflegers nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung, weil für das Schuldverhältnis zwischen Nachlaßpfleger und Erben § 1833 Abs.l Satz 1 BGB analog eine vorrangige spezielle Regelung enthä1t258 .

B. Die Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern I. Die Haftung nach besonderen Vorschriften

1. Die Haftung wegen Verletzung der Auskunftspflicht Gemäß § 2012 Abs.l Satz 2 BGB ist der Nachlaßpfleger den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen (oben § 2 A 11 1 a). Verletzt der Nachlaßpfleger schuldhaft seine Auskunftspflicht und entsteht dem Nachlaßgläubiger daraus ein Schaden, haftet er diesem Nachlaßgläubiger 259 aus dem Gedanken der positiven Forderungsverletzung; denn mindestens insoweit - was die Auskunftspflicht angeht - besteht aufgrund des § 2012 Abs.l Satz 2 BGB ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Nachlaßpfleger und Nachlaßgläubiger.

2. Die Haftung wegen Verletzung der steuerlichen Pflichten Nach § 32 Abs. 2 Satz 2, Abs.l Satz 2 ErbStG hat der Nachlaßpfleger für die Bezahlung der Erbschaftssteuer zu sorgen, nach §§ 32 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3 ErbStG, 241 ff. AO auf Verlangen des Finanzamts aus dem Nachlaß Sicherheit zu leisten. Wegen dieser Pflichten ist der Nachlaßpfleger Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 AO. Als Träger eines privaten Amtes, dem die Verwaltung des Nachlasses im weitesten Sinn obliegt, als Vermögensverwalter (§ 34 Abs.3 AO) haftet er gemäß § 69 AO, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. 257 Soergel /

Damrau § 1833 RdNr. 5 aE. AcP 178 (1978), 533, 540 mwN. 259 Allgemeine Meinung; vgl. nur Mugdan V S. 469; Erman / Schlüter § 1960 RdNr. 24; Soergel / Stein § 2012 RdNr. 2, § 1960 RdNr. 35. 258 Schreiber

204

Teil 3: Durchführung der Nachlaßhaftung 11. Die Haftung in Analogie zu § 1985 Abs.2 Satz 1 BGB

Umstritten ist, ob der Nachlaßpfleger in sonstiger Hinsicht den Nachlaßgläubigern für die Nachlaßsicherung verantwortlich ist - wie etwa der Nachlaßverwalter gemäß § 1985 Abs. 2 Satz 1 BGB260 oder ob die Nachlaßgläubiger auf einen Ersatzanspruch gegen den Erben angewiesen sind, der für das Verschulden des Nachlaßpflegers nach §278 BGB einzustehen hat261 . Zur Rechtfertigung der Vorschrift des § 1985 Abs. 2 Satz 1 BGB hat die zweite Kommission in den Protokollen 262 ausgeführt: "Den Grundsätzen der Pflegschaft würde es entsprechen, daß der Nachlaßpflege~63 den Nachlaßgläubigerm überhaupt nicht verantwortlich sei, sondern nur dem Erben hafte, daß aber die Gläubiger sich die Ansprüche des Erben überweisen lassen könnten ... dürfe dieser Satz hier 263 jedenfalls nicht voll gelten, vielmehr müsse aus denselben Gründen, aus denen die Liquidatoren eines aufgelösten Vereines den Gläubigern persönlich hafteten, auch hier 263... eine Verantwortlichkeit des Pflegers gegenüber den Nachlaßgläubigern anerkannt werden. Die dafür maßgebenden inneren Gründe, namentlich, daß der Pfleger nicht nur die Interessen des Erben, sondern auch jene der Gläubiger zu wahren habe, trügen aber weiter und führten zur allgemeinen Haftung des Nachlaßpflegers 263 gegenüber den Nachlaßgläubigern für jeden durch seine Schuld entstandenen Schaden. Zwar sei bei der Nachlaßpflegschaft264 für eine solche Bestimmung deshalb ein Bedürfnis in weniger hohem Maße vorhanden, weil der Nachlaßpfleger 264 unter der Aufsicht des Gerichts stehe und von diesem durch Zwangsmittel angehalten werden könne, das Erforderliche zu thun. Allein abgesehen davon, daß dieser Schutz doch nur ein lückenhafter wäre, da er voraussetze, daß das Gericht immer rechtzeitig von allen Vorgängen Kunde erhalte, komme entscheidend in Betracht, daß wenn man den Pfleger nur dem Erben gegenüber für verantwortlich erkläre, der Pfleger 263 dann nicht in Anspruch genommen werden könnte, wenn der Erbe mit einer die Gläubiger schädigenden Handlung des Nachlaßpflegers263 einverstanden gewesen wäre".

Ausgangspunkt für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage ist das Fehlen einer dem § 1985 Abs. 2 Satz 1 BGB entsprechenden Vorschrift im Bereich der Nachlaßpflegschaft, der Pflegschaften des Familiemechts und des Vormundschaftsrechts. Diese Institute stimmen in dem Gedanken der fremdnützigen Fürsorge überein, und zwar der Fürsorge ausschließlich im Interesse der betreuten Person und/oder des betreuten Vermögens. Diese Aussage betrifft sowohl die Sicherungspflegschaft im Sinne des § 1960 Abs.1, 2 BGB als auch die Prozeßpflegschaft im Sinne des § 1961 BGB (oben§2AI 1,2). Nun ist die Nachlaßverwaltung von ihrer Rechtsnatur her ebenfalls eine Nachlaßpflegschaft,jedoch eine Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger (§ 1975 BGB). Ob angesichts dessen überhaupt noch von einer Wahrung der Interessen des Erben 260 Koeßler JherJb 64, 412, 414; Lange / Kuchinke § 40 IV 4 g S. 659; v. Lübtow II S. 759; jeweils mwN. 261 RGZ 151, 57, 63 (; KG JW 1938, 1453, 1454; Hörle ZBIFG 1909, 751, 763; Moser S. 145 (; Möhring S. 159; Erman / Schlüter § 1960 RdNr. 24; Palandt / Edenhofer § 1960 Anm. 5 e; MünchKomm / Leipold § 1960 RdNr. 59, 60; Soergel/ Stein § 1960 RdNr. 35; Staudinger / atte / Marotzke § 1960 RdNr. 53 (; jeweils mwN. 262 Mugdan V S. 445. 263 Gemeint ist der Nachlaßverwalter, die Nachlaßverwaltung. 264 Gemeint ist der Nachlaßpfleger, die Nachlaßpflegschaft (§§ 1960 Abs. 1, 2; 1961 BGB).

§4 Haftung

205

gesprochen werden kann, sei dahingestellt. Jedenfalls hat der Gesetzgeber die Eigenart der Nachlaßverwaltung flir so gewichtig erachtet, daß er - im Unterschied zu den sonstigen Pflegschaften - den Nachlaßverwalter nicht flir übernahmepflichtig erklärt hat (§ 1981 Abs. 3 BGB), dem Nachlaßverwalter das alleinige Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Nachlaß ausdrücklich übertragen hat (vgl. § 1984 Abs.l BGB), daß er den Aufgabenkreis des Nachlaßverwalters ausdrücklich beschrieben hat (§ 1985 Abs.l BGB) und ihm einen Anspruch auf Vergütung flir die Führung seines Amtes zugebilligt hat (§ 1987 BGB). Daß nun gerade die unmittelbare Verantwortlichkeit des Nachlaßverwalters aus § 1985 Abs.l Satz2 BGB nicht auf den Besonderheiten der Nachlaßverwalter beruhte, bestreiten selbst die Beflirworter einer analogen Anwendung der Vorschrift auf den Nachlaßpfleger nicht. Sie meinen aber, der Nachlaßpfleger habe wie der Nachlaßverwalter auch die Belange der Nachlaßgläubiger zu berücksichtigen. Daß diese Aussage nicht zutrifft, ist im Verlauf der Untersuchung nachzuweisen versucht worden. Dann aber fehlt flir den Analogieschluß die erforderliche Gleichheit der Tatbestände2 65. Folglich ist auch dem Argument der Boden entzogen, der Nachlaßgläubiger; der auf einen Anspruch gegen den Erben beschränkt sei, stünde schlechter als im Fall der Nachlaßverwaltung, wo er den Nachlaßverwalter persönlich in Anspruch nehmen könne; denn die Haftung des Erben flir ein schädigendes Fehlverhalten des Nachlaßpflegers treffe den Erben als solchen, stelle nur eine Nachlaßverbindlichkeit dar; die Haftung daflir könne der Erbe auf den Nachlaß beschränken. Diese Ungleichbehandlung fmdet ihren Grund eben in der Verschiedenheit von Nachlaßpflegschaft und Nachlaßverwaltung266. Zusätzlich läßt sich flir die geringere Haftung des Nachlaßpflegers im Vergleich zum Nachlaßverwalter anführen, daß jener keinen Vergütungsanspruch besitzt267 (vgl. § 1837 BGB analog flir den Nachlaßpfleger, § 1987 BGB flir den Nachlaßverwalter). Im Ergebnis ist daher der heute wohl überwiegenden Meinung zuzustimmen, die dem Nachlaßgläubiger lediglich einen Ersatzanspruch gegen den Erben gibt, der gemäß § 278 BGB flir schuldhafte Pflichtverletzungen des Nachlaßpflegers einzustehen hat. Daß § 278 BGB vom gesetzlichen Vertreter spricht, nach hier vertretener Ansicht der Nachlaßpfleger Träger eines privaten Amtes ist, steht einer Anwendung der Norm nicht entgegen. Denn die allgemeine Auffassung268 versteht den Begriff des gesetzlichen Vertreters in einem weiteren Sinn; darunter fällt jede Person, die mit Wirkung flir andere handeln kann - wie der Nachlaßpfleger (selbst auf der Grundlage der Amtstheorie).

265 Zu den Voraussetzungen des Analogieschlusses: Larenz s. 365 f. 266 Soergell Stein § 1960 RdNr. 35. 267 Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 54. 268Vgl. nur PalandtlHeinrichs § 278 Anm. 2 a.

Vierter Teil

Die Beendigung der Nachlaßpßegschaft Wie bei der Einleitung der Nachlaßpflegschaft zwischen mehreren Schritten Anordnung der Nachlaßpflegschaft, Auswahl und Bestellung des Nachlaßpflegers - zu trennen ist (oben 2. Teil vor § 1), muß im Rahmen der Beendigung der Nachlaßpflegschaft unterschieden werden:

Das Ende des Amtes des Nachlaßpflegers, wobei die Nachlaßpflegschaft unter

Umständen fortbesteht (unten § 1);

Das Ende der Nachlaßpflegschaft überhaupt, wodurch auch das Amt des Nach-

laßpflegers endet (unten § 2).

§ 1 Das Ende des Amtes des Nachlaßpflegers Entsprechend der Regel, daß eine Person erst durch ihre Bestellung Nachlaßpfleger wird (oben 2. Teil § 4 D 1), bedarf es für das Ende des Amtes als Nachlaßpfleger grundsätzlich der Entlassung. Daneben kennt das Gesetz einige Fälle, in denen das Amt des Nachlaßpflegers unmittelbar kraft Gesetzes endet, ohne daß eine Entlassung nötig istl . Diese Regelung folgt aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über das Ende des vormundschaftlichen Amtes auf die Nachlaßpflegschaft und den Nachlaßpfleger (§§ 1915 Abs.l, 1897 Satz 1 BGB). A. Das Ende kraft Gesetzes I. Die Beendigung der Nachlaßpflegschaft

Findet die Nachlaßpflegschaft überhaupt ihr Ende (unten §2), ist selbstverständlich auch das Amt des Nachlaßpflegers beendet2 • Dessen Amt setzt notwendig das Bestehen der Nachlaßpflegschaft voraus. Einer besonderen Entlassung des Nachlaßpflegers bedarf es nichtl . 11. Der Tod des Nachlaßpflegers

Weil selbstverständlich, hat das Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt, daß das Amt des Nachlaßpflegers mit dessen Tod endigt 3. 1 Soergel /

Stein § 1882 RdNr. 9 (flir den Vormund). 11 § 135 I 1 S. 875 (flir den Vormund). 3 Gernhuber § 67 11 1 S. 1064 (flir den Vormund). 2 Dölle

§ 1 Ende des Amtes

207

III. Die Entmündigung des NachlaßpOegers 4

Kraft Gesetzes endet das Amt des Nachlaßpflegers mit seiner Entmündigung (§ 1885 BGB analog). Dieser Beendigungsgrund setzt den Gedanken folgerichtig fort, daß eine entmündigte Person nicht zum Nachlaßpfleger bestellt werden kann (§ 1780 BGB analog). Das Ende des Amtes tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Entmündigung wirksam wird: Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit (§§ 6 Abs.l Nr.l BGB, 645 fI. ZPO) mit der Zustellung des Entmündigungsbeschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter, dem die Sorge für die Person zusteht, oder - wenn der Entmündigte nicht mehr unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft steht - mit der Bestellung des Vormunds (§ 661 Abs.l ZPO); die Entmündigung wegen Geistesschwäche (§§ 6 Abs.l Nr. 1 BGB, 645 fI. ZPO) mit der Zustellung des Entmündigungsbeschlusses an den Entmündigten (§661 Abs.2 ZPO); die Entmündigung wegen Verschwendung, Trunksucht oder Rauschgiftsucht (§§ 6 Abs. 1 Nr.2, 3 BGB, 680 ff. ZPO) ebenfalls mit der Zustellung des Entmündigungsbeschlusses an den Entmündigten (§ 683 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Dagegen ist der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Nachlaßpflegers ohne Entmündigung kein Beendigungsgrund kraft Gesetzes. In Betracht kommt wohl nur der Fall, daß der Nachlaßpfleger sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befmdet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nr.2 BGB). Desgleichen endet das Amt des Nachlaßpflegers nicht, wenn der volljährige Nachlaßpfleger unter vorläufIge Vormundschaft gestellt wird, weil dessen Entmündigung beantragt ist und das Vormundschaftsgericht die Anordnung der vorläufIgen Vormundschaft zur Abwendung einer erheblichen Gefahrdung zur Person oder des Vermögens des volljährigen Nachlaßpflegers für erforderlich erachtet (§ 1909 BGB). In beiden Fällen wird das Nachlaßgericht jedoch zur Entlassung des Nachlaßpflegers (gemäß § 1886 BGB analog) greifen können und wegen seiner Aufsichtspflicht auch greifen müssen.

B. Das Ende dnrch Entlassung I. Die Entlassungsgründe

1. Die Gefährdung des Nachlasses (§1886 Alt. 1 BGB analog)

Als schärfstes Aufsichtsmittel steht dem Nachlaßgericht die Entlassung des Nachlaßpflegers zur Verfügung. Voraussetzung hierfür ist, daß die Fortführung des Amtes durch diesen Nachlaßpfleger den Nachlaß gefahrdet. Denn die Entlassung ist gerade darauf gerichtet, lediglich die Person des Nachlaßpflegers auszuwechseln; die Nachlaßpflegschaft selbst bleibt bestehen. Entscheidend sind damit Gründe in der Person des Nachlaßpflegers. In Betracht kommt hauptsächlich der Wegfall der Eigenschaften, derentwegen ihn das Nachlaßgericht als Pfleger ausgewählt hat, die Aufhebung seiner Eignung zum Nachlaßpfleger. So mag 4Dazu Dölle 11 § 135 I 3 S. 875 (für den Vormund).

208

Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

etwa das Nachlaßgericht nicht mehr von seiner Vertrauenswürdigkeit überzeugt sein. Auch eine Veränderung der körperlichen Leistungsfähigkeit, etwa eine langwierige Erkrankung, kann dazu ftihren, daß der Nachlaßpfleger seine Aufgaben zu erftillen nicht mehr imstande ist und daß auf diese Weise der Nachlaß gefährdet ist, wenn der konkrete Nachlaßpfleger das Amt weiterhin ausübt. Die Beispiele zeigen, daß ein Verschulden des Nachlaßpflegers nicht erforderlich ist, um seine Entlassung zu rechtfertigen 5. Das Gesetz erwähnt das pflichtwidrige Verhalten des Nachlaßpflegers nur als eine Möglichkeit, worauf die Gefährdung des Nachlasses beruhen kann. Nicht immer muß die Tatsache, wegen der die Fortführung des Amtes den Nachlaß gefährden würde, erst nach der Bestellung eingetreten sein; sie kann vielmehr zeitlich schon vor der Bestellung liegen, aber erst nachträglich dem Nachlaßgericht bekannt geworden sein6. Erforderlich ist lediglich, daß wegen dieses Umstandes die Fortftihrung des Amtes durch diesen Nachlaßpfleger den Nachlaß gefährden würde. Weil das Gesetz darauf abstellt, daß die Fortführung des Amtes den Nachlaß ,,gefährden würde", braucht eine Gefährdung noch nicht eingetreten zu sein; geschweige denn muß der Nachlaß bereits einen Schaden erlitten haben. Ausreichend, aber notwendig ist die - auf die gegenwärtige Sachlage gegründete - Erwartung, die Gefährdung werde bei Fortftihrung des Amtes eintreten7 . Daher kann und muß das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger entlassen, wenn es aufgrund seiner gegenwärtigen Erkenntnisse die Prognose stellen muß, daß der Nachlaß gefährdet ist, wenn dieser Nachlaßpfleger weiterhin Handlungsmacht über den Nachlaß besitzt.

2. Die Untauglichkeitsgründe (§ 1886 Abs. 2 BGB analog) Das Nachlaßgericht hat den Nachlaßpfleger zu entlassen, wenn Gründe vorliegen, derentwegen er nicht zum Nachlaßpfleger hätte bestellt werden sollen (vgl. § 1781 BGB analog; oben 2. Teil §4 B 12 b). Ob ein Untauglichkeitsgrund schon vor der Bestellung vorgelegen hat oder erst danach eingetreten ist, spielt keine Rolle8 . War der Untauglichkeitsgrund schon vorher gegeben, hätte die Person zwar nicht zum Nachlaßpfleger bestellt werden dürfen, die Bestellung ist jedoch nicht nichtig, sondern lediglich aufhebbar.

3. Die Versagung oder Rücknahme einer erforderlichen Erlaubnis (§ 1888 BGB analog) Zum Nachlaßpfleger sollen gemäß § 1784 Abs.l BGB analog nicht bestellt werden Beamte oder Religionsdiener, die nach Landesgesetzen einer besonderen S Vgl. nur BayObLG &pfleger 1983, 252; Palandt / Diederichsen § 1886 Anm. 2 a (für den Vormund). 6 Dölle 11 § 135 I 4 a aa S, 876 (für den Vormund). 7 Soergel / Damrau § 1886 RdNr. 4, 5 (Beispiele für den Vormund). 8Dazu Dölle 11 § 135 I 4 a bb S. 878f. (für den Vormund).

§1 Ende des Amtes

209

Erlaubnis zur Übernahme einer Nachlaßpflegschaft bedürfen, wenn die vorgeschriebene Erlaubnis nicht erteilt ist; das gleiche gilt für Bundesbeamte, Richter und Soldaten. Bestellt das Nachlaßgericht eine der genannten Personen zum Nachlaßpfleger, ohne daß die Erlaubnis erteilt ist, und versagt die zuständige Behörde die Erlaubnis, nimmt sie die vor der Bestellung erteilte Erlaubnis zurück oder untersagt die Fortführung der Nachlaßpflegschaft, muß das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger entlassen.

4. Der eigene Antrag des Nachlaßpflegers (§ 1889 Abs.1 BGB analog) Schließlich kann der Nachlaßpfleger seine Entlassung durch eigenen Antrag erreichen. a) Wichtiger Grund 9 Voraussetzung ist einmal ein wichtiger Grund. Was das Gesetz unter einem wichtigen Grund versteht, erhellt die beispielhafte Aufzählung in § 1889 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB analog. Ein wichtiger Grund ist demnach der - nach der Übernahme erfolgte - Eintritt eines Umstandes, der den Nachlaßpfleger berechtigte, die Übernahme des Amtes abzulehnen, weil: er nach der Übernahme das sechzigste Lebensjahr vollendet hat (§ 1786 Abs.l Nr.2 BGB analog); ihm nach der Übernahme die Sorge für die Person oder das Vermögen von mehr als drei minderjährigen Kindern zusteht (§ 1786 Abs.l Nr.3 BGB); er durch Krankheit oder durch Gebrechen nach der Übernahme verhindert ist, die Nachlaßpflegschaft ordnungsgemäß zu führen (§ 1786 Abs.l Nr. 4 BGB analog); er wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitz des Nachlaßgerichts nach der Übernahme die Nachlaßpflegschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann (§ 1786 Abs. 1 Nr. 5 BGB analog); er nach Übernahme gemäß § 1844 BGB analog zur Sicherheitsleistung angehalten wird (§ 1786 Abs.l Nr. 6 BGB analog; oben 2. Teil § 4 B 11 2); nach Übernahme ein ,,Mit-Nachlaßpfleger" bestellt werden und er die Nachlaßpflegschaft gemeinschaftlich mit diesem führen soll (§ 1786 Abs.l Nr.7 BGB). Zusammenfassend gesagt, ist ein wichtiger Grund also anzunehmen, wenn dem Nachlaßpfleger die Tätigkeit zu große Opfer abverlangt, sei es aus familiären Gründen (§ 1786 Abs.l Nr. 3 BGB analog), sei es aus persönlichen Gründen (§ 1786 Abs. 1Nr. 2, 4 BGB analog), sei es, daß die Übernahme mit besonderen Belästigungen verbunden ist (§ 1786 Abs.l Nr.5, 6, 7 BGB analog). Weil §1886 Abs.l Halbsatz 2 BGB analog die Ablehnungsgründe des § 1786 Abs.l Nr.l BGB (Frau mit zwei oder mehr noch nicht schulpflichtigen Kindern; Glaubhaftmachung durch die Frau, daß die ihr obliegende Fürsorge für ihre Familie die Ausübung des Amtes dauernd besonders erschwert) und des § 1786 Abs.l Nr.8 BGB (Führung von mehr als einer Vormundschaft oder Pflegschaft) nicht erwähnt, bilden diese Umstände jeweils allein keinen wichtigen Grund; hinzutreten müssen vielmehr noch andere Tatsachen, etwa besondere Erziehungsschwierigkeiten mit einem 9 Dazu

MünchKomm I Zagst § 1889 RdNr. 2 ff. (für den Vormund).

14 Ziegltrum

210

Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

Kind oder Krankheit eines Familienmitglieds. Umgekehrt entfällt ein wichtiger Grund nicht automatisch deshalb, weil nicht sämtliche Merkmale eines Beispielfalles erfüllt sind. So mag ein wichtiger Grund zu bejahen sein, wenn der Nachlaßpfleger zwar noch nicht das sechzigste Lebensjahr vollendet hat, aber an einer Krankheit leidet, die wiederum die ordnungsgemäße Führung der Nachlaßpflegschaft nicht verhindert, sondern lediglich erschwert. Entscheidend ist stets, ob unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Interessen des Nachlaßpflegers seine Entlassung rechtfertigen. Immer müssen in den Fällen des § 1786 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 BGB analog die maßgebenden Tatsachen nach der Übernahme eingetreten sein. Hat das Ablehnungsrecht schon vor der Bestellung bestanden und hat der Nachlaßpfleger es vor der Bestellung nicht geltend gemacht, ist es erloschen (§ 1786 Abs.2 BGB analog). Einen wichtigen Grund vermögen diese Tatsachen dann nur noch im Sinne des § 1889 Abs.l Halbsatz 1 BGB analog zu bilden, wenn weitere Umstände hinzutreten. b) Antrag des Nachlaßpflegers Der wichtige Grund allein führt nicht zur Entlassung. Erforderlich ist zusätzlich ein Antrag des Nachlaßpflegers auf Entlassung. In dem Antrag muß der Nachlaßpfleger diejenigen Tatsachen darlegen, auf die er seine Entlassung stützt, um dem Nachlaßgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein wichtiger Grund vorliegt.

5. Die Entlassung bei Bestellung unter Vorbehalt (§ 1790 BGB analog) Zu erwähnen ist noch, daß das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger entlassen kann, nicht muß, wenn es sich bei der Bestellung die Entlassung für den Fall vorbehalten hat, daß ein bestimmtes Ereignis eintritt oder nicht eintritt. 11. Das Entlassungsverfahren

Sobald das Nachlaßgericht von einem Umstand erfährt, der auf einen Entlassungsgrund hindeutet, hat es aufgrund seines Aufsichtsrechts und seiner Aufsichtspflicht die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen (§ 12 FGG). Dabei wird das Nachlaßgericht sowohl den Nachlaßpfleger als auch die als Erben in Betracht kommenden Personen anhören (vgl. § 1847 BGB analog). Das Verfahren einschließlich der Entscheidung liegt in der Hand des Rechtspflegers (§§ 3 Nr. 2 Buchstabe c, 16 Abs.l Nr. 1 RPflG) desjenigen Gerichts, das den Nachlaßpfleger bestellt hat oder an das die Pflegschaft abgegeben worden ist. Bestimmte Anforderungen an die Form der Entlassungsverfligung stellt das Gesetz nicht.

c.

Die Folgen des Amtsendes

Welche Folgen das (bloße) Ende des Amtes eines Nachlaßpflegers bei fortbestehender Nachlaßpflegschaft nach sich zieht, hat das Gesetz nicht ausdrücklich

§ 1 Ende des Amtes

211

geregelt. Sie müssen aus den Vorschriften geschlossen werden, die für das Ende der Nachlaßpflegschaft überhaupt gelten. I. Die Bestellung eines neuen Nachlaßpflegers

Endigt das Amt des Nachlaßpflegers - sei es kraft Gesetzes, sei es durch Entlassung -, hat das Nachlaßgericht sofort einen neuen Nachlaßpfleger zu bestellen. Denn die Pflichten des Nachlaßgerichts zur Nachlaßfürsorge bestehen aufgrund der fortdauernden Nachlaßpflegschaft weiter. Unerheblich ist, ob der entlassene Nachlaßpfleger gegen seine Entlassung Beschwerde eingelegt hat; zweckmäßigerweise wird sich das Nachlaßgericht die Entlassung des neuen Pflegers gemäß § 1790 BGB analog für den Fall vorbehalten, daß der Entlassene Beschwerde einlegt und mit der Beschwerde obsiegt. 11. Die Rückgabe der Bestallung

Gemäß § 1893 Abs. 2 Satz 1 BGB analog hat der Nachlaßpfleger nach Beendigung seines Amtes die Bestallung (oben 2. Teil § 4 D 11) dem Nachlaßgericht zurückzugeben. Diese Pflicht trifft selbstverständlich auch den Erben des verstorbenen ehemaligen Nachlaßpflegers (Einzelheiten unten § 3 B). III. Die Herausgabe des Nachlasses

In entsprechender Anwendung des § 1890 Satz 1 Alt. 1 BGB hätte der Nachlaßpfleger (oder dessen Rechtsnachfolger) nach Beendigung seines Amtes den Nachlaß an den Erben herauszugeben (Einzelheiten unten § 3 C). Da dies nicht möglich ist, wenn die Nachlaßpflegschaft weiterbesteht, weil der endgültige Erbe noch nicht bekannt ist, wird man die Vorschrift bei Beendigung des Amtes des Nachlaßpflegers trotz fortbestehender Nachlaßpflegschaft so zu verstehen haben, daß der Nachlaß an die nunmehr zur Nachlaßsicherung befugte Person - das ist der neue Nachlaßpfleger - herausgegeben werden muß. IV. Die RechenschaftspOicht

Eng verbunden mit der Pflicht zur Herausgabe des Nachlasses ist die Pflicht des Nachlaßpflegers, über die Verwaltung des Nachlasses Rechenschaft abzulegen (§ 1890 Satz 1 Alt. 2 BGB analog; Einzelheiten unten § 3 D). Hierfl.ir gelten die zuvor dargestellten Grundsätze entsprechend, weil lediglich die Person des Nachlaßpflegers wechselt.

v.

Das Recht und die Pflicht zum Weiterhandeln

1. Das Recht zur Fortfilhrung der Geschäfte Mit der Beendigung seines Amtes erlöschen die Befugnisse des Nachlaßpflegers, die ihm mit der Bestellung übertragen worden sind; er darfinsbesondere den Nachlaß nicht mehr verwalten und über ihn verfugen. Erlaubt sind ihm nur noch 14"

212

Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

diejenigen Handlungen, die der Abwicklung seines Amtes dienen10 • Andere nach der Beendigung vorgenommene Rechtshandlungen sind jedoch nicht stets unwirksam. Unter gewissen Voraussetzungen ist der Nachlaßpfleger berechtigt, die mit der Nachlaßsicherung verbundenen Geschäfte trotz Beendigung seines Amtes wirksam weiterzuführen (§§ 1893 Abs.l, 1698 a Abs.l BGB analog; Einzelheiten unten § 3 EI).

2. Die Pflicht zur Fortführung der Geschäfte Nach §§ 1893 Abs. 1, 1698b BGB hat im Falle des Todes des Mündels und damit des Endes der Vormundschaft der Vormund die Pflicht, diejenigen Geschäfte zu besorgen, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, bis der Erbe des Mündels anderweitig Fürsorge treffen kann. Diese Vorschrift besitzt für die Nachlaßpflegschaft insofern keine Bedeutung, als das Amt des Nachlaßpflegers mit dem Tode des (unbekannten!) vorläufigen oder endgültigen Erben nicht endigt. Deshalb bedarf es keiner Norm, die den Nachlaßpfleger verpflichtet, Geschäfte weiterhin zu besorgen. VI. Der Aufwendungsersatzanspruch und die Vergütung

Schließlich hat der Nachlaßpfleger - jedoch nicht nur nach Beendigung seines Amtes - einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (vgl. § 1835 BGB analog); ihm kann auch jetzt noch eine Vergütung bewilligt werden (vgl. § 1836 BGB analog). Einzelheiten werden erst später behandelt (unten §4). VII. Die Folgen für die Handlungsmacht des vorläufigen und endgültigen Erben

Endigt das Amt des Nachlaßpflegers, bleibt die Nachlaßpflegschaft jedoch bestehen, ändert sich an der fehlenden Handlungsmacht des vorläufigen Erben in bezug auf den Nachlaß hichts (oben3. Teil § 3 A). Desgleichen beeinflußt das Ende des Amtes des Nachlaßpflegers nicht die vorhandene Handlungsmacht des endgültigen Erben (oben 3. Teil §3 B). VIII. Die Folgen für anhängige Prozesse und Zwangsvollstreckungsverfahren

1. Die Prozeßverfahren Alle Theorien über die Rechtsstellung des Nachlaßpflegers (oben 3. Teil § 1 C) sind sich darin einig, daß auf den Wechsel des Nachlaßpflegers bei fortdauernder Nachlaßpflegschaft die Bestimmung des § 241 ZPO Anwendung fmdet. Nach der Vertretertheorie liegt ein Vertreterwechsel im Sinne des §241 Abs.l Alt. 3 ZPO vor; die Vertretungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters hört auf, ohne daß die Partei prozeßfähig (§ 53 ZPO) geworden ist. Die hier befürwortete Amtstheorie wendet die Vorschrift entsprechend anll . 10 Zur Abwicklung (des vormundschaftlichen Amtes) allgemein: Gernhuber § 67 III 2, 3 S.I067tT. II Vgl. nur Thomas I Putzo § 241 Anm. 2 a.

§2 Ende der Nachlaßpflegschaft

213

Das Verfahren wird unterbrochen, bis der neue Nachlaßpfleger von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht anzeigt und das Gericht diese Anzeige dem neuen Nachlaßpfleger von Amts wegen zugestellt hat (§§241 Abs.l, 2; 150 ZPO). Hat sich der ausgeschiedene Nachlaßpfleger selbst vertreten, tritt trotz § 246 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens ein 12. Würde man auf den Fall des Amtsendes des Nachlaßpflegers die Norm des § 246 ZPO anwenden, würde man gleichsam durch die "Hintertür" das Amtsende wieder beseitigen, weil der alte Nachlaßpfleger immer noch den Nachlaß zu verwalten vermag, wenn auch nur im Rahmen des anhängigen Verfahrens. Beruht das Ende des Amtes auf dem Tod des Nachlaßpflegers oder auf Unfähigkeit zur Vertretung (etwa Entmündigung) und hat er sich selbst als Anwait vertreten, geht ebenfalls die Vorschrift des §241 ZPO derjenigen des §244 ZPO vor.

2. Die Zwangsvollstreckungsveifahren Nach der Vertretertheorie bedarf es bei einem Verwalterwechsel keiner Umschreibung der Vollstreckungsklausel, weil Gläubiger oder Schuldner immer noch dieselben Person sind, nur die Person des gesetzlichen Vertreters sich geändert hat. Bei strikter Befolgung der Amtstheorie müßte die Klausel umgestellt werden, weil die Partei gewechselt hat. Dajedoch der Nachlaßpfleger nur in dieser Eigenschaft Partei im Prozeß gewesen und nunmehr nur in dieser Eigenschaft Vollstreckungsgläubiger oder Vollstreckungsschuldner ist, diese Tatsache der Gerichtsvollzieher anband der Bestallungsurkunde leicht nachprüfen kann, hieße es, Sinn und Zweck der §§ 727 ff. ZPO überzubeanspruchen, wollte man zur Vollstreckung für und gegen den neuen Nachlaßpfleger eine Umschreibung fordern13 •

D. Das Ende des Amtes eines "Gegen-Nachlaßpflegers" Für die Beendigung des Amtes eines "Gegen-Nachlaßpflegers" gelten die Ausführungen entsprechend (vgl. § 1895 BGB analog; zu den Pflichten bei Beendigung seines Amtes unten § 3 D III 1, J).

§ 2 Das Ende der Nachlaßpflegschaft Von dem (bloßen) Ende des Amtes eines Nachlaßpflegers strikt zu trennen ist das Ende der Nachlaßpflegschaft selbst.

A. Gerichtliche Aufhebung oder Beendigung kraft Gesetzes Eine eigenständige Regelung der Beendigung der Nachlaßpflegschaft fehlt 14 • Als Pflegschaft finden auf sie die Vorschriften über die im Familienrecht geregel12 Dazu

Jaeger I Henckel § 6 RdNr. 115, 114. Ergebnis ebenso: Blomeyer 11 § 15 III I S. 47 (pn. 15); Baur I Stürner RdNr. 251; Jaeger I Henckel § 6 RdNr. 99 mwN, auch zur Gegenmeinung. 14 Anders noch § 2066 des 1. Entwurfs zum BGB: "Die gemäß § 2059 Abs. 1 angeordnete Nachlaßpflegschaft soll erst aufgehoben werden, wenn der Erbe ermittelt und die Erbschaft von demselben angenommen ist." Weil die Vorschrift Mißverständnisse herbeiführen könnte, ist sie gestrichen worden; vgl. Mugdan V S. 421. 13 Im

214

Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

ten Pflegschaften (vgl. §§ 1909 bis 1921 BGB) entsprechende Anwendung. Dieser Nonnenkomplex enthält auch Bestimmungen über das Ende derjeweiligen Pflegschaft (vgl. §§ 1918 bis 1921 BGB). Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen einer Beendigung kraft Gesetzes und einer Beendigung durch Aufhebung. Deshalb muß zunächst geklärt werden, in welche Fallgruppe die Nachlaßpflegschaft einzuordnen ist. Für das Ende der familienrechtlichen Pflegschaften hat der Gesetzgeber keine allgemeine Regel aufgestellt. Er hat für fast jede Pflegschaft eine besondere Bestimmung getroffen. Ein für alle Fälle passender Grundgedanke der Regelung ist nicht auszumachen. Deshalb bleibt nichts anderes, als festzustellen, daß die gerichtliche Aufhebung - wohl aus Gründen der Rechtssicherheit - die Regel bildet, die Beendigung der Pflegschaft kraft Gesetzes die Ausnahme darstellt15 • Diesen Schluß legt insbesondere die Vorschrift des § 1919 BGB nahe; danach ist eine Pflegschaft aufzuheben, wenn der Grund für deren Anordnung weggefallen ist. Nur dann, wenn der Grund für jeden Beteiligten augenfällig ist, bedarf es keiner gerichtlichen Aufhebung; dann begnügt sich das Gesetz mit der Beendigung kraft Gesetzes16 • Entsprechend diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis ist anzunehmen, daß die Nachlaßpflegschaft für gewöhnlich erst mit der Aufhebung durch das Nachlaßgericht (§ 1962 BGB) ihr Ende findet l7 (§ 1919 BGB). Eine Beendigung kraft Gesetzes gemäß § 1918 Abs. 3 BGB vennag lediglich in Ausnahmefällen in Betracht zu kommenl7 (unten § 2 C). B. Die Aufhebung durch das Nachlaßgericht

Gemäß § 1919 BGB hat das Nachlaßgericht (§ 1962 BGB) die Nachlaßpflegschaft aufzuheben, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist. I. Der Wegfall des Anordnungsgrundes

1. Bei der Sicherungspflegschaft Voraussetzung für die Anordnung der Sicherungspflegschaft sind sowohl die fehlende Annahme der Erbschaft (oben 2. Teil § 2 B I, 11) als auch das Sicherungsbedürfnis (oben 2. Teil § 2 B III). Ist eines dieser kumulativ erforderlichen Tatbestandsmerkmale nachträglich nicht mehr erfilllt, ist der Grund für die Anordnung der Sicherungspflegschaft weggefallen. 15Vgl. nur Dölle 11 § 148 I S. 978; MünchKomm/Goerke § 1919 RdNr.1. 16 In diese Richtung deuten auch die Ausflihrungen von Gernhuber § 70 11 5 S. 1084. 17 RGZ 106, 46, 48; v. Lübtow 11 S. 759; MünchKomm / Leipold § 1960 RdNr. 66; Staudinger / Otte / Marotzke § 1960 RdNr. 55.

§2 Ende der Nachlaßpflegschaft

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a) Die Annahme der Erbschaft Die wirksame Annahme der Erbschaft ist der späteste Zeitpunkt, bis zu dem die staatliche Fürsorge des Nachlaßgerichts eingreifen darf und umgekehrt ihr Ende finden muß, nicht jedoch gleichzeitig der früheste Zeitpunkt der Beendigung. Selbst wenn der vorläufige Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat, muß nicht notwendig eine Sicherungsmaßnahme angeordnet werden. Deshalb ist diejenige Auffassung abzulehnen, die die Annahme der Erbschaft als den Aufhebungsgrund schlechthin darzustellen scheint18 . Die Ansicht geht wohl zurückauf§ 2066 des ersten Entwurfs zum BGB14, wonach die Nachlaßpflegschaft wegen Unbekannt-Seins des Erben erst aufgehoben werden sollte, wenn der Erbe ermittelt und die Erbschaft von ihm angenommen worden ist. Für die heutige Rechtslage trifft die Meinung jedenfalls nicht mehr zu.. b) Der Wegfall des Sicherungsbedürfnisses Da neben die fehlende Annahme der Erbschaft stets das Sicherungsbedürfnis treten muß, kann die Sicherungspflegschaft trotz fehlender Annahme dann aufzuheben sein, wenn lediglich das Sicherungsbedürfnis weggefallen ist19 , etwa weil der dem Nachlaßgericht bekannte vorläufige Erbe sich nunmehr in zuverlässiger Weise um den Nachlaß kümmert. Weil dem Nachlaßpfleger innerhalb der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaßkonkursverfahrens sehr wohl noch Sicherungsaufgaben verbleiben (oben 3. Teil § 2 B III 2, 3), bilden zum Beispiel die Anordnung einer Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des Nachlaßkonkurses keinen Grund rur die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft2o • Wie die Sicherungspflegschaft unter Umständen nur hinsichtlich eines Erbteils angeordnet werden darf, so darf sie auch nur bezüglich des Erbteils aufgehoben werden, bei dem die Voraussetzungen des §1960 Abs. 1,2 BGB weggefallen sind. 2. Bei der Prozeßpflegschaft

Voraussetzung rur die Anordnung der Prozeßpflegschaft ist zum einen die fehlende Annahme der Erbschaft (oben 2. Teil § 2 11 1a), zum zweiten das Bedürfnis rur die Bestellung eines Prozeßpflegers (oben 2. Teil §2 eIl 1 b), weil der Berechtigte einen Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, gerichtlich geltend zu machen beabsichtigt (oben 2. Teil § 2 e 11 2, 3), und zum dritten ein entsprechender Antrag des Berechtigten (oben 2. Teil § 2 11 4). Ist eines dieser kumulativ

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18 Ygl. etwa v. Lübtow 11 S. 759 f.; Soergell Stein § 1960 RdNr. 42; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 67. 19 Moser S. 151; Hörle ZBlFG 1909, 751, 768. 20Ygl. nur OLG Hamburg KGJ 25, A 333 f.; v. Lübtow 11 S. 760; Soergell Stein § 1960 RdNr. 42; Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 57.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

erforderlichen Tatbestandsmerkmale nachträglich nicht mehr erfüllt, ist der Grund für die Anordnung der Prozeßpflegschaft weggefallen. a) Die Annahme der Erbschaft Ist die Erbschaft angenommen, so versteht sich von selbst, daß die Prozeßpflegschaft aufzuheben ist. Denn nach diesem Zeitpunkt kann ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, gegen den Erben gerichtlich verfolgt werden (vgl. § 1958 BGB); der Erbe ist nunmehr passiv prozeßführungsbefugt. b) Der Wegfall der Notwendigkeit der Bestellung eines Prozeßpflegers Ebenso ist die Prozeßpflegschaft aufzuheben, wenn kein Prozeßpfleger mehr nötig ist, damit der Berechtigte seinen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch geltend machen kann. Das ist stets bei einer noch vor der Erbschaftsannahme angeordneten Nachlaßverwaltung der Fall; dann können und müssen die gegen den Nachlaß gericht~ten Ansprüche gegen den Nachlaßverwalter erhoben werden (§ 1984 Abs.l Satz 3 BGB). Ist ein Nachlaßkonkursverwalter bestellt, kommt es darauf an, ob der Anspruch gerade gegen das vom Konkursverfahren erfaßte Vermögen des Erblassers (vgl. §§ 1, 214 KO) gerichtet ist; dieses unterliegt der ausschließlichen Verfügungsgewalt des Konkursverwalters (vgl. §6 KO). Bei einer Testamentsvollstreckung entscheidet die Reichweite der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (vgl. §2213 BGB). Desgleichen entfaIlt das Bedürfnis für das Vorhandensein eines Prozeßpflegers, wenn der Berechtigte seine Absicht aufgegeben hat, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen, oder wenn er wegen seines Anspruchs befriedigt worden ist; denn der Prozeßpfleger wird nur im Hinblick auf den einen konkreten Anspruch bestellt. Ist der Anspruch erfüllt, gibt es keinen Beitreibungsstillstand mehr, den es zu überwinden gilt. c) Die Rücknahme des Antrags Schließlich ist die Prozeßpflegschaft bei einer Rücknahme des Antrags durch den Berechtigten aufzuheben. Sie ist zulässig bis zur formell rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag 21 ; das ist der Zeitpunkt des Wirksarnwerdens der Entscheidung der letzten Instanz 22 , da gegen die Entscheidung als Rechtsmittel die einfache, also unbefristete Beschwerde gegeben ist. 11. Das Aufhebungsverfahren

Erfährt das Nachlaßgericht von Tatsachen, die auf den Wegfall eines Grundes für die Anordnung der Nachlaßpflegschaft hindeuten, hat es die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet 21 Habscheid § 22 II 1 S. 166. 22Habscheid § 22 II 2 b S. 192.

§2 Ende der Nachlaßpflegschaft

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erscheinenden Beweise aufzunehmen (§ 12 FGG). In diesem Rahmen wird das Nachlaßgericht sowohl den Nachlaßpfleger als auch die als Erben in Betracht kommenden Personen anhören (vgl. § 1847 BGB analog). Die Aufhebung obliegt entweder dem Nachlaßgericht, das die Nachlaßpflegschaft angeordnet hat, oder - wenn die Nachlaßpflegschaft an ein anderes Gericht abgegeben worden ist - diesem Gericht. Das Verfahren selbst liegt in der Hand des Rechtspflegers (§§ 3 Nr.2 Buchstabe c, 16 Abs.l Nr.l RPflG); einen Richtervorbehalt wie bei der Anordnung der Nachlaßpflegschaft (vgl. §§ 3 Nr.2 Buchstabe c, 16 Abs. 1 Nr.l, 14 Nr. 4 RPflG) kennt das Gesetz bezüglich der Aufhebung nicht (vgl. § 14 Nr. 11 RPflG). Bestimmte Anforderungen an die Form der Aufhebungsverfügung stellt das Gesetz nicht. Wirksam wird sie mit der Bekanntgabe an den Nachlaßpfleger als denjenigen, für den die Verfügung ihrem Inhalt nach bestimmt ist (§ 16 FüG). Hinzu tritt die Bekanntgabe an den Erben aufgrund der Fürsorgepflicht des Nachlaßgerichts.

c.

Das Ende der Nachlaßpflegschaft kraft Gesetzes

Gemäß § 1918 Abs.3 BGB kann eine Pflegschaft in Ausnahmefällen kraft Gesetzes endigen. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Nachlaßpflegschaft wäre also Voraussetzung, daß sie "zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit" angeordnet worden ist. Die Aufgabe des Nachlaßpflegers muß sich in der Tätigkeit eines einzelnen Belangs erschöpfen, sei es eines tatsächlichen, sei es eines rechtlichen Belangs. Nicht gleichzusetzen ist damit ein Kreis, selbst ein endgültig abgeschlossener Kreis von Angelegenheiten23, das heißt ein Kreis aller zusammengehörigen Angelegenheiten der betreffenden Nachlaßpflegschaft; sonst würde gegen das Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Beendigung einer Pflegschaft und gegen die Forderung nach Rechtssicherheit verstoßen24• Vergegenwärtigt man sich die Vielzahl von Aufgaben eines Nachlaßpflegers, wird deutlich, daß selbst bei einer Prozeßpflegschaft kaum eine Beendigung kraft Gesetzes denkbar ist, weil die ordnungsgemäße Prozeßführung und die vollständige Abwicklung des Verfahrens eine Vielzahl von Tätigkeiten des Pflegers verlangen, die nicht unter die Besorgung einer einzelnen Angelegenheit zu subsumieren ist. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Kreis von Angelegenheiten. Vorstellbar wäre die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit allenfalls dann, wenn der Nachlaßpfleger nur bei der Veräußerung eines Nachlaßgegenstandes mitzuwirken hat2S oder nur die Woh23 Überwiegende Meinung; vgl. nur MünchKomm / Goerke § 1918 RdNr. 20 mwN. Anderer Ansicht: Palandt / Diederichsen § 1918 Anm. 4. 24 Soergel / Damrau § 1918 RdNr. 4. 25 Siehe den Fall von OLG Ramm JMB1NRW 1963, 19, 20.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

nung des verstorbenen Erblassers zu kündigen hat. In diesem Fall soll die Nachlaßpflegschaft mit der Erledigung der einzelnen Angelegenheit enden, wenn der Nachlaßpfleger alles Erforderliche getan hat, damit der angestrebte Erfolg seiner Tätigkeit eintreten kann26 ; eine Aufhebungsverfügung wäre überflüssig, die dennoch erlassene Aufhebungsverfügung besäße rein deklaratorischen Charakter. Ob man in den genannten Beispielsfällen wirklich von der Besorgung einer einzelnen Angelegenheit sprechen kann, erscheint zweifelhaft. Denkt man an die jedem Nachlaßpfleger obliegende Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber den Nachlaßgläubigern (§ 2012 Satz 2 BGB) und dessen steuerliche Pflichten, muß man wohl zu dem Schluß gelangen, daß einem Nachlaßpfleger stets ein Kreis von Angelegenheiten übertragen ist. Ein Ende der Nachlaßpflegschaft kraft Gesetzes scheidet also aus.

§ 3 Die Folgen des Endes der Nachlaßpflegschaft A. Das Ende der RechtssteUung als Nachlaßpfleger 27 Mit dem Ende der Nachlaßpflegschaft überhaupt - gleiches gilt für das (bloße) Ende des Amtes - endigt die Rechtsstellung einer Person als Nachlaßpfleger. Sie entzieht dem Nachlaßpfleger diejenigen Befugnisse, die ihm aufgrund dieser Stellung bislang zugestanden haben, im wesentlichen das Recht, den Nachlaß in Besitz zu haben und mit Wirkung für und gegen den Erben zu handeln. Es verbleiben lediglich - in beschränktem Umfang - ein Recht und eine Pflicht zur Fortführung von Geschäften (unten §3 D). Im übrigen sind die nunmehr zu besprechenden Tätigkeiten des Nachlaßpflegers als reine Abwicklungspflichten zu sehen. Daraus resultieren auch die Beschränkungen, die dem Nachlaßgericht im Einsatz der Aufsichtsmittel gegenüber dem Nachlaßpfleger auferlegt sind, um die Erfüllung der Abwicklungspflichten zu sichern; darauf wird im jeweiligen Einzelfall eingegangen werden.

B. Die Rückgabe der Bestallung Da mit dem Ende der Nachlaßpflegschaft überhaupt auch das Amt des Nachlaßpflegers endigt, hat der Nachlaßpfleger gemäß § 1893 Abs. 2 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung seine Bestallung dem Nachlaßgericht zurückzugeben. Das ist eine über die Beendigung der Nachlaßpflegschaft hinaus bestehende, auf öffentlichem Recht beruhende Pflicht des Nachlaßpflegers 28 gegenüber dem Nachlaßgericht. Verstößt der Nachlaßpfleger gegen eine dahingehende Anordnung des Nachlaßgerichts, kann ihn das Nachlaßgericht zur Befolgung der Anordnung durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten28 (§ 1837 Abs. 2 Satz 1BGB analog). 26 Soergel/ Damrau

§ 1918 RdNr. 4. dazu (im Hinblick auf den Vormund) Gernhuber § 67 III 1, 2, 3 S. 1067 f. 28 Dölle § 138 II S. 895 (für den Vormund). 27 Siehe

§3 Folgen des Endes

219

Nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt, den Nachlaßpfleger zu zwingen, Kopien der Bestallung dem Nachlaßgericht zurückzugeben, die er etwa Banken zum Nachweis seiner Legitimation ausgehändigt hat29 • Das kann hingenommen werden, weil die Bestallungsurkunde keine konstitutive Wirkung besitzt, nicht rechtserzeugend wirkt und keinen Rechtsschein schafft. Die Pflicht zur Rückgabe trifft ebenfalls den Erben des Nachlaßpflegers. Ihn kann das Nachlaßgericht jedoch nicht mit der Festsetzung von Zwangsgeld dazu anhalten, weil die entsprechende Pflicht des Nachlaßpflegers mit dessen Tod aufgehört hat; der Erbe muß vielmehr vor dem Prozeßgericht den Erben des Nachlaßpflegers auf Herausgabe an das Nachlaßgericht verklagen29.

c.

Die Herausgabe des Nachlasses 30

Gemäß § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB in entsprechender Anwendung muß der Nachlaßpfleger den Nachlaß dem Erben herausgeben. I. Die Voraussetzungen der Herausgabepflicht

Die Vorschrift des § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB spricht davon, der Vormund habe das "verwaltete Vermögen" herauszugeben. Für den Vormund wirft die Bestimmung keine Schwierigkeiten auf. Denn der Aufgabenbereich eines Vormunds umfaßt stets die Sorge für das Vermögen des Mündels (vgl. § 1793 Satz 1 BGB). Anders sieht es im Fall der Nachlaßpflegschaft aus. Einem Nachlaßpfleger muß nicht immer die Verwaltung des Nachlasses im Sinne dieser Vorschrift zustehen (zum Begriff der Verwaltung oben 3. Teil § 2 B 11 2). Dann scheidet zwangsläufig eine Pflicht des Nachlaßpflegers zur Herausgabe des Nachlasses aus. 11. Der Inhalt der Herausgabepflicht

1. Der Urrifang der Herausgabepjlicht

Herauszugeben hat der Nachlaßpfleger den gesamten Nachlaß, den er in seiner Obhut gehabt hat, und zwar in dem Zustand, in dem er sich im Zeitpunkt des Endes der Nachlaßpflegschaft befindet. Die Herausgabepflicht umfaßt somit nicht nur den Stamm des Vermögens, sondern auch dessen Früchte (vgl. §99 BGB) und Nutzungen (vgl. § 100 BGB).

2. Der Inhalt der Herausgabepjlicht im einzelnen Die Herausgabepflicht des Nachlaßpflegers bezweckt, nach Beendigung der Nachlaßpflegschaft das Vermögen des Erblassers nunmehr auch tatsächlich auf dessen Rechtsnachfolger zu überführen. Rechtsträger des Vermögens, wenn auch noch nicht endgültiger Rechtsträger, ist der Erbe bereits mit dem Erbfall geworden. § 1893 RdNr. 5 (für den Vormund). 30Vgl. dazu Dölle II § 137 I 1 S. 888 f. (für den Vormund).

29 Soergell Damrau

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

a) Herausgabe Im Regelfall wird sich die Herausgabe deshalb in der Übertragung des unmittelbaren Besitzes an den zum Nachlaß gehörenden Sachen erschöpfen (vgl. §854 BGB). Sind die Nachlaßwerte hinterlegt, muß der Nachlaßpfleger diejenigen Urkunden herausgeben, die der Erbe benötigt, um seine Ansprüche nunmehr selbst geltend machen zu können. Dabei ist allein Sache der Erben, für die Beseitigung eines Sperrvermerks (vgl. §§ 1809, 1815, 1816 BGB) zu sorgen. b) Verzeichnis des Nachlaßbestandes Da der Nachlaßpfleger verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben, muß er dem Erben gemäß § 260 Abs.l BGB zugleich ein Verzeichnis des Nachlaßbestandes vorlegen. Dazu kann er selbstverständlich an das nach § 1802 BGB analog errichtete Vermögensverzeichnis anknüpfen. Besteht Grund zu der Annahme, daß das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, hat der Nachlaßpfleger auf Verlangen zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§260 Abs. 2 BGB). Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn etwa der Nachlaß nur von geringem Wert ist (vgl. §§ 260 Abs. 3, 259 Abs.2 BGB).

III. Die Parteien des Herausgabenanspruchs

1. Der Schuldner des Herausgabeanspruchs Verpflichtet zur Herausgabe ist der Nachlaßpfleger. Ist er in der Geschäftsfahigkeit beschränkt, trifft die Herausgabepflicht seinen gesetzlichen Vertreter. Stirbt der Nachlaßpfleger, muß sein Erbe den Nachlaß herausgeben.

2. Der Gläubiger des Herausgabeanspruchs Nach § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB hat der Vormund dem Mündel das verwaltete Vermögen herauszugeben. Übertragen auf den Nachlaßpfleger bedeutet dies, daß an den Erben herauszugeben ist, und zwar an denjenigen, der sich als der wahre Erbe herausstellt3!, an dessen gesetzlichen Vertreter oder an die sonst verfügungsberechtigte Person (etwa Testamentsvollstrecker). Bei einer Miterbengemeinschaft ist Gläubiger des Herausgabeanspruchs die Miterbengemeinschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit: der Nachlaßpfleger kann nur an alle Miterben gemeinschaftlich leisten, jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern (vgl. § 2039 Satz 1 BGB). Die analoge Anwendung der Vorschrift des § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB auf den Nachlaßpfleger bereitet keine Probleme, wenn die Nachlaßpflegschaft wegen der Annahme der Erbschaft aufgehoben worden ist. Schwierigkeiten treten auf, wenn das Nachlaßgericht die Nachlaßpflegschaft vor der Erbschaftsannahme aufgehoben hat, weil sich eine andere Person (etwa der vorläufige Erbe) in zuverlässi31

Soergel / Stein § 1960 RdNr. 42.

§ 3 Folgen des Endes

221

ger Weise um den Nachlaß kümmert. Dann gibt es (noch) keinen wahren Erben; eine Vermögensherausgabe, wie sie die Bestimmung des § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB im Auge hat, scheint nicht möglich zu sein. Andererseits ist der Nachlaßpfle-· ger nicht mehr berechtigt, den Nachlaß weiterhin in Besitz zu haben. Ähnliche Fragen stellen sich, wenn der Erbe sich nicht durch einen Erbschein ausweisen kann. In solchen Fällen gewähren Rechtsprechung und Literatur dem Nachlaßpfleger als Schuldner des Herausgabeanspruchs das Recht zur Hinterlegung 32• Als Grund dafur, warum der Nachlaßpfleger nicht an den Gläubiger zu leisten imstande ist, kommt die "infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhende Ungewißheit über die Person des Gläubigers" in Betracht (vgl. § 372 Satz 2 Alt. 2 BGB). Solange der Erbe nicht ermittelt ist, wird eine Fahrlässigkeit des Nachlaßpflegers hinsichtlich der Ungewißheit wohl regelmäßig zu verneinen sein, weil er angesichts der Schwierigkeiten, die die Erbfrage aufwirft, selbst bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht in der Lage ist, die Rechtslage mit solcher Sicherheit zu beurteilen, daß er nicht der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt ist. Hinterlegt werden können in diesem Fall nur Geld, Wertpapiere, sonstige Urkunden und Kostbarkeiten (§ 372 Satz 1 BGB), also bewegliche Sachen von erheblichem Wert, die wenig Platz beanspruchen und unverderblich sind, sich daher zur Hinterlegung eignen. Verzichtet der Nachlaßpfleger durch Erklärung gegenüber der Hinterlegungsstelle (vgl. § 1 HinterlO) auf das Recht zur Rücknahme (§ 376 Abs. 2 Nr.1 BGB), wird er durch die Hinterlegung von seiner Herausgabepflicht in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den wahren Erben geleistet hätte.

Ist die zum Nachlaß gehörende bewegliche Sache nicht zur Hinterlegung geeignet, ihr Verderb zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, kann der Nachlaßpfleger sie am Leistungsort (vgl. § 269 BGB) versteigern lassen (§§ 383 Abs.l Satz 2, Abs.2 bis 4, 384 ff. BGB) und den dabei erzielten Erlös dann hinterlegen. Daß der Erbe auf diese Weise nicht den Nachlaß in seiner gegenständlichen Zusammensetzung erhält, muß - wie sonst auch (siehe etwa das Recht des Nachlaßpflegers zur Veräußerung von Nachlaßgegenständen; oben 3. Teil §2BII 2daa) - hingenommen werden; immerhin erlangt der Erbe einen Wertersatz. Den Nachlaß an den vorläufigen Erben herauszugeben, kann das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger nicht zwingen (sogleich unten §3 CIV). Der Nachlaßpfleger selbst ist ebenfalls gemäß den §§ 1893 Abs. 1, 1698a Abs. 1 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung nicht berechtigt, die Nachlaßsicherung weiterhin zu besorgen, weil er von der Beendigung seines Amtes Kenntnis hat (unten § 3 E). IV. Die Geltendmachung des Herausgabeanspmchs

Die Herausgabe des Nachlasses vom Nachlaßpfleger zu verlangen, ist allein Sache des Erben, der dazu notfalls den Prozeßweg zu beschreiten hat33 . Das Nachlaßgericht ist mit dem privatrechtlichen Herausgabeanspruch des Erben gegen 32KGJ 40, A 37, 39; Firsching S. 144; Greiser JW 1933, 2194. 33KG OLGZ 1977, 129,132; Soergel/Stein § 1960 RdNr. 26.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

den Nachlaßpfleger nicht befaßt34 • Es hat die Herausgabe weder zu vermitteln noch durch irgendwelche Zwangsmittel gegenüber dem Nachlaßpfleger zu erwirken. V. Die "Gegenrechte" des NachiaBpflegers35

1. Der Anspruch auf Ertei/ung einer Quittung Gemäß § 368 Satz 1BGB hat der Gläubiger des Herausgabeanspruchs gegen Empfang der Nachlaßgegenstände auf Verlangen des Nachlaßpflegers ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) zu erteilen. Dabei handelt es sich um kein Rechtsgeschäft, sondern lediglich um ein vom Gläubiger gegen sich selbst hergestelltes Beweismittel. Insbesondere enthält die Quittung als solche nicht eine der beiden zum Abschluß eines Erlaßvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB) oder eines negativen Anerkennungsvertrages (§ 397 Abs. 2 BGB) erforderlichen Willenserklärungen.

2. Das Zurückbehaltungsrecht Hat der Nachlaßpfleger aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger des Herausgabeanspruchs wegen der Nachlaßsicherung bestehenden Rechtsverhältnis einen vollwirksamen und fälligen Gegenanspruch, steht ihm das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs.l BGB zu. In Betracht kommt dieses Leistungsverweigerungsrecht insbesondere wegen eines noch nicht erfüllten Aufwendungsersatzanspruchs (vgl. § 1835 BGB analog) oder eines bereits festgesetzten Vergütungsanspruchs (vgl. § 1836 BGB analog) des Nachlaßpflegers. Da der Nachlaßpfleger zur Herausgabe von Gegenständen im weitesten Sinn verpflichtet ist, besitzt er ebenfalls das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 BGB. Voraussetzung hierfür ist ein fälliger Gegenanspruch des Nachlaßpflegers wegen Verwendungen auf einen zum Nachlaß gehörenden Gegenstand (etwa aufgrund der §§ 994 tT. BGB) oder wegen eines ihm durch diesen Gegenstand verursachten Schadens. Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Abs. 2 letzter Halbsatz BGB (Erlangen des Gegenstandes durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Nachlaßpflegers) wird im Fall der Nachlaßpflegschaft keine große Rolle spielen. Schließlich kann der Nachlaßpfleger die Herausgabe eines Nachlaßgegenstandes aufgrund des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 1()()() BGB verweigern, bis er wegen der ihm zu ersetzenden Verwendungen befriedigt wird.

D. Die Rechenschaftsablegung Eng mit der Verpflichtung zur Herausgabe des Nachlasses verbunden ist die Pflicht des Nachlaßpflegers, über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen (§ 1890 Satz 1 Halbsatz 2 BGB analog). I. Die Voraussetzungen der Rechenschaftspflicht

Wie die Herausgabepflicht (oben § 3 C I) betrifft den Nachlaßpfleger nur dann die Rechenschaftspflicht, wenn seine Aufgabe der Nachlaßsicherung sich zumin34KG OLGZ 1977, 129, 132; KGJ 24, A 23,27; Hörle ZBlFG 1909, 751, 770f. 3S Vgl. Döne 11 § 137 I 1 S. 889 (rur den Vormund).

§3 Folgen des Endes

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dest auch so gestaltet hat, daß er den Nachlaß in seine Obhut genommen hat, daß eine Vermögensverwaltung stattgefunden hat3 6 • 11. Der Inhalt der RechenschaftspOicht

1. Der Umfang der Rechenschajtspflicht

Die Rechenschaftspflicht des Nachlaßpflegers erstreckt sich auf die gesamte Verwaltung des Nachlasses. Er muß über jede Veränderung im Bestand des Nachlasses in einer - sogleich zu besprechenden - qualiftzierten Art und Weise Auskunft geben. Daß er dabei auf die gegenüber dem Nachlaßgericht erstattete Rechnung (vgl. §§ 1840 ff. BGB analog) Bezug nehmen kann, darf nicht dahin mißverstanden werden, seine Pflicht beschränke sich auf den Zeitraum der letzten Rechnungslegung gegenüber dem Nachlaßgericht und der Beendigung seines Amtes. Der Nachlaßpfleger muß vielmehr über die Verwaltung während der gesamten Dauer seiner Tätigkeit Rechenschaft ablegen37 ; die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 1890 Satz 2 BGB gewährt ihm lediglich eine Erleichterung, um unnötige Doppelarbeit zu ersparen, läßt die Pflicht jedoch nicht entfallen38 •

2. Der Inhalt der Rechenschajtspflicht im einzelnen Die Rechenschaftspflicht dient dazu, dem Berechtigten einen ausreichenden und verständlichen Überblick über die vom Nachlaßpfleger abgeschlossene Verwaltung des Nachlasses zu verschaffen; er soll beurteilen können, ob der Nachlaßpfleger zweckentsprechend und ordnungsgemäß mit dem Nachlaß umgegangen ist. An diesen Aufgaben hat sich der Inhalt der Rechenschaftspflicht auszurichten. a) Rechnungsmitteilung Wie der Nachlaßpfleger die Rechenschaft abzulegen hat, bestimmt allgemein § 259 Abs.l BGB39. Danach hat er eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und/oder Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen. Wie diese Rechnung im einzelnen beschaffen sein muß, sagt das Gesetz nicht. Da der Nachlaßpfleger gemäß § 1890 Satz 2 BGB analog auf die Rechnung( en) gegenüber dem Nachlaßgericht Bezug nehmen darf, ist die Annahme gerechtfertigt, daß für die Rechenschaftslegung im Sinne des § 1890 Satz 1 Halbsatz 1 BGB analog gleiche Grundsätze gelten, wie sie für die Rechnung nach den §§ 1840 ff. BGB entwickelt worden sinct4°. Die erforderliche geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben bedingt daher eine Aufgliederung der Rechnung nach sachlichen 36Dölle 11 § 137 I 2 a S. 889 (rur den Vormund). 37Dölle 11 § 137 I 2 a S. 889 (rur den Vormund). 38 Soergell Damrau § 1890 RdNr. 5 (rur den Vormund). 39 Möhring S. lll; Dölle 11 § 137 I 2 S. 889; Palandt I Diederichsen § 1890 Anm. 3;jeweils rur den Vormund. 40 Dölle 11 § 137 I 2 a S. 890; MünchKornrn I Zagst § 1890 RdNr. 5;jeweils rur den Vormund.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

Gesichtspunkten, für jeden Nachlaßbestandteil gesondert die Einnahmen und Ausgaben. b) Vorlage von Belegen Daneben hat der Nachlaßpfleger gemäß § 259 Abs. 1 BGB Belege vorzulegen, soweit Belege - das sind alle Beweismittel, die die Einnahmen und Ausgaben darlegen - erteilt zu werden pflegen. c) Versicherung an Eides Statt Besteht Grund zu der Annahme, daß die in der Rechnung enthaltenen Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht sind, hat der Nachlaßpfleger auf Verlangen zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 259 Abs. 2 BGB). Die Verpflichtung besteht nicht, wenn etwa der Nachlaß nur von geringem Wert ist (vgl. § 259 Abs. 3 BGB). III. Die Mitwirkung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" und des Nachlaßgerichts

1. Die Mitwirkung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" Hat das Nachlaßgericht einen "Gegen-Nachlaßpfleger" als Kontrollorgan bestellt, l11u13 der Nachlaßpfleger ihm die Rechnung vorlegen (§ 1891 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). Dieser hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß gibt (§ 1891 Abs.l Satz 2 BGB analog). Damit der "Gegen-Nachlaßpfleger" diese ihm obliegende Pflicht erfüllen kann, ist er gemäß § 1799 Abs. 2 BG B in entsprechender Anwendung berechtigt, von dem Nachlaßpfleger Auskunft über die Führung der Nachlaßpflegschaft und Einsicht in die sich auf die Nachlaßpflegschaft beziehenden Papiere zu verlangen.

2. Die Mitwirkung des Nachlaßgerichts Obwohl die Nachlaßpflegschaft und/oder das Amt des Nachlaßpflegers beendet sind, legt das Gesetz dem Nachlaßgericht die Pflicht auf, weiterhin eine Fürsorgetätigkeit zu entfalten, und zwar insoweit, als sie zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Nachlaßpflegschaft erforderlich ist. a) Einreichen der Rechnung an das Nachlaßgericht Damit das Nachlaßgericht seiner Fürsorgepflicht nachzukommen imstande ist, muß der Nachlaßpfleger die im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht aufgestellte Rechnung dem Nachlaßgericht einreichen, nachdem er sie dem etwa vorhandenen "Gegen-Nachlaßpfleger" vorgelegt hat (§ 1892 Abs. 1 BGB analog). Vom Zweck dieser Pflicht her handelt es sich um eine das Ende des Amtes und der Nachlaßpflegschaft überdauernde Verpflichtung des Nachlaßpflegers als Voraussetzung für die fürsorgerische Tätigkeit des Nachlaßgerichts. Zur Einreichung der sogenannten Schlußrechnung vermag deshalb das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger durch geeignete Gebote und notfalls durch Festsetzung von Zwangsgeld

§3 Folgen des Endes

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anzuhalten41 (vgl. § 1837 BGB analog). Das Recht steht dem Nachlaßgericht insoweit zu, als es darum geht, sich überhaupt in den Stand zu setzen, fürsorgerisch tätig zu werden. Daher darf das Nachlaßgericht den Nachlaßpfleger auch nur zu einer formell ordnungsgemäßen Schlußrechnung anhalten, dagegen nicht zu einer sachlichen Berichtigung. Derartige Fragen müssen im Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und Erben geklärt werden. b) Prüfung der Rechnung durch das Nachlaßgericht Die vom Nachlaßpfleger eingereichte Schlußrechnung hat das Nachlaßgericht dahingehend zu prüfen (§ 1892 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BGB analog), ob die einzelnen Rechnungsposten mit den Belegen übereinstimmen und die Zusammenrechnung richtig erfolgt ist, alle Einnahmen aus dem Vermögen gewonnen, Einnahmen und Ausgaben vollständig aufgeführt sind. c) Vermittlung der Rechnungsabnahme Im Anschluß daran hat das Nachlaßgericht die Abnahme der Rechnung durch Verhandlung mit den Beteiligten zu vermitteln (§ 1892 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB analog). Eine derartige Vermittlung setzt Meinungsverschiedenheiten oder zumindest Unklarheiten über einzelne Punkte der Rechnung voraus, sei es infolge der Prüfung durch das Nachlaßgericht, sei es infolge der Beanstandung eines der Beteiligten - das sind der Nachlaßpfleger, der "Gegen-Nachlaßpfleger" und der Erbe oder dessen Vertreter. Ausgehend von dem Begriff der Vermittlung beschränkt sich die Tätigkeit des Nachlaßgerichts darauf, eine gütliche Einigung über die Meinungsverschiedenheiten oder Unklarheiten herbeizuführen; Zwangsmittel kann es zu diesem Zweck nicht anwenden. Aus dem gleichen Grund vermag es auch keinen der Beteiligten zum Erscheinen in der Verhandlung zu zwingen, auch nicht den "Gegen-Nachlaßpfleger"42. Die Vermittlung der Abnahme der Schlußrechnung stellt für die Beteiligten lediglich eine Erleichterung in der Abwicklung der Nachlaßpflegschaft dar, zwingt sie nicht, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Streitig gebliebene Ansprüche zwischen Nachlaßpfleger und Erben haben beide im Prozeßweg zu verfolgen. d) Beurkundung des Anerkenntnisses Erkennen die Beteiligten die Rechnung als richtig an, vielleicht erst nach Beseitigung der Meinungsverschiedenheiten oder Unklarheiten, hat das Nachlaßgericht das Anerkenntnis zu beurkunden (§ 1892 Abs.2 Satz 2 BGB analog), und zwar gemäß den Vorschriften des BeurkG über die Beurkundung von Willenserklärungen. Das vom Nachlaßgericht beurkundete Anerkenntnis trägt den Charakter einer öffentlichen Urkunde im Sinne des §415 ZPO. 41 KGJ 33, A 54,56,57; Dölle 11 § 137 I 2 c S. 892; MünchKomm I Zagst § 1892 RdNr. 2 (für den Vormund). 42 Hörle ZBlFG 1909, 751, 771; Erman I Holzhauer § 1892 RdNr. 3; Palandt I Diederichsen § 1892 Anm. 4.

15 Ziegltrum

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft IV. Die Parteien des Anspruchs auf Rechenschaftsablegung

1. Der Schuldner des Anspruchs

Verpflichtet, über die VelWaltung Rechenschaft abzulegen, ist der Nachlaßpfleger, dessen gesetzlicher Vertreter oder Erbe.

2. Der Gläubiger des Anspruchs Obwohl der Nachlaßpfleger dem Nachlaßgericht die sogenannte Schlußrechnung einzureichen hat, ist Gläubiger des Anspruchs auf Rechenschaftsablegung der wahre Erbe, nicht das Nachlaßgericht. Die Einreichung der Schlußrechnung an das Nachlaßgericht bildet eine zusätzliche Pflicht des Nachlaßpflegers gegenüber dem Nachlaßgericht im Rahmen der Rechenschaftsablegung. Wird die Nachlaßpflegschaft vor der Annahme der Erbschaft aufgehoben, kann sich der Nachlaßpfleger bei Ungewißheit über die Person des Gläubigers von seiner Pflicht befreien, indem er die Urkunde, die die Rechnung enthält, gemäß den Vorschriften der §§ 372 ff. BGB hinterlegt. V. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Rechenschaftsablegung

Die Rechenschaftsablegung vom Nachlaßpfleger zu verlangen, ist Sache des Erben; um sie zu erzwingen, muß er notfalls den Prozeßweg beschreiten. Das Nachlaßgericht wird nur insoweit tätig, als es auf die Einreichung der Schlußrechnung ihm gegenüber drängen kann. Mit dem privatrechtlichen Anspruch des Erben gegen den Nachlaßpfleger auf Rechenschaft ist es nicht befaßt. Wegen der privatrechtlichen Natur des Anspruchs kann der Erbe auf die Rechenschaftslegung verzichten; damit entfällt die Pflicht des Nachlaßgerichts zur Vermittlung der Abnahme der Rechnung43, nicht jedoch die Pflicht des Nachlaßpflegers gegenüber dem Nachlaßgericht, die Schlußrechnung einzureichen44 • VI. Die "Gegenrechte" des Nachlaßpflegers

1. Der Anspruch auf Erteilung eines Empfangsbekenntnisses Wie bei der Erfdllung des Herausgabeanspruchs hat auch hier der Nachlaßpfleger das Recht, von seinem Gläubiger ein schriftliches Empfangsbekenntnis zu verlangen (§ 368 Satz 1 BGB). Es belegt als vom Gläubiger selbst hergestelltes Beweismittel nur, daß der Nachlaßpfleger eine Rechnung mitgeteilt hat, wie sie im Empfangsbekenntnis angegeben ist; der Gläubiger beurkundet etwa nicht, daß die Rechnung nicht ergänzungsbedürftig ist45. Dölle 11 § 137 I 2 c S. 893 (flir den Vormund). 11 § 137 I 2 a S. 890 (flir den Vormund). 45Dölle 11 § 137 I 2 c S. 893; Palandt/ Diederichsen § 1892 Anm. 5; jeweils flir den Vormund. 43

44 Dölle

§3 Folgen des Endes

227

2. Das Zurückbehaltungsrecht Anders als beim Herausgabeanspruch steht dem Nachlaßpfleger gegenüber dem Anspruch aufRechenschaftsablegung kein Zurückbehaltungsrecht ZU46 • Der Ausschluß erklärt sich aus der Eigenart des Gläubigeranspruchs (vgl. § 273 Abs. 1 BGB: "... , sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, ...''). Der etwaige Anspruch des Nachlaßpflegers auf Aufwendungsersatz oder auf die festgesetzte Vergütung ist gerade von der Erfüllung der Rechenschaftspflicht abhängig; ohne Prüfung der Rechnung können die Ansprüche nicht beziffert werden.

3. Der Anspruch auf Entlastung Nach § 1892 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung kann der Erbe die vom Nachlaßpfleger mitgeteilte Rechnung anerkennen. Eine Pflicht des Erben hat das Gesetz nicht statuiert; der Gläubiger der Rechenschaftspflicht sollte nicht gezwungen sein, "im Wege des Rechtsgeschäftes einer ihm günstigen Rechtsposition sich zu begeben, ohne daß er vielleicht zur Zeit über alle Punkte der Verwaltung ... genügend instruirt ist"47. Ebensowenig hat der Gesetzgeber ein Bedürfnis gesehen, "positiv zu bestimmen, daß im Falle schriftlicher Anerkennung der Rechnung ein wegen einzelner Ausstellungen gemachter Vorbehalt nur dann Wirksamkeit habe, wenn er in die über die Anerkennung ausgestellte Urkunde aufgenommen sei"47. Der Nachlaßpfleger hat folglich keinen Anspruch gegen den Erben, daß dieser etwa durch einen Anerkennungsvertrag (vgl. § 397 Abs. 2 BGB) die Richtigkeit der Führung der Nachlaßpflegschaft, insbesondere der Rechnung bestätigt48• Verweigert der Erbe jedoch eine Anerkennung der Schlußrechnung, kann der Nachlaßpfleger lediglich auf Feststellung der Erledigung der Ansprüche aus der Nachlaßpflegschaft gemäß § 256 Abs. 1 ZPO klagen48 ; das rechtliche Interesse des Nachlaßpflegers an der Feststellung folgt daraus, daß zwischen ihm und dem Erben Streit über die Richtigkeit der Rechnung besteht. Die Wirkungen der Anerkennung im Sinne des § 1892 Abs. 2 Satz 2 BGB analog richten sich nach allgemeinen Grundsätzen47 , insbesondere nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen (vgl. §§ 130,157 BGB) und deren Anfechtung. Deshalb ist injedem Einzelfall festzustellen, ob etwa nur die rechnerische oder auch die sachliche Richtigkeit der Rechnung anerkannt ist, ob der Erbe einem Irrtum erlegen ist, ob er auf Ansprüche gegen den Nachlaßpfleger im Wege eines Vertrages verzichtet hat. 46 Staudinger I

Selb § 273 RdNr. 27; PaJandt/ Heinrichs § 273 Anm. 5 d bb. Mugdan IV S. 630 (für die Vonnundschaft); Hörle ZBIFG 1909, 751, 771. 48 Hörle ZBIFG 1909, 751, 771; Möhring S. 109 f.; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 69. 47

15*

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

E. Das Recht und die Pflicht zum Weiterhandeln I. Das Recht zum Weiterhandeln49

Gemäß § 1698a Abs.l Satz 1 BGB dürfen die Eltern die mit der Personen- und Vermögenssorge für das Kind verbundenen Geschäfte fortführen, bis sie von der Beendigung der elterlichen Sorge Kenntnis erlangen oder sie kennen müssen. Ein Dritter kann sich auf diese Befugnis nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung kennt oder kennen muß (§ 1698a, Abs. 1 Satz 2 BGB). Gleiches gilt, wenn die elterliche Sorge ruht (§ 1698a Abs. 2 BGB). Die Vorschriften des § 1698a BGB gelten gemäß § 1893 Abs. 1 BG B entsprechend im "Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes", und nur in diesem Fall: Ein Ruhen der Vormundschaft kennt das Gesetz nicht. Für Vormund wie Nachlaßpfleger besitzt deshalb die Norm des § 1698a Abs. 2 BGB keine Bedeutung.

1. Die Voraussetzungen des Rechts zum Weiterhandeln Eine Norm, die dem Nachlaßpfleger das Recht zur "Fortführung" bestimmter Geschäfte gibt, ist nur sinnvoll, wenn er dazu nach allgemeinen Bestimmungen nicht mehr befugt ist. Nicht mehr berechtigt zur Nachlaßsicherung ist der Nachlaßpfleger, wenn ihm die erforderliche Legitimation entzogen ist, wenn seine Rechtsstellung als Nachlaßpfleger entfallen ist. Das ist stets der Fall, wenn die Nachlaßpflegschaft insgesamt geendigt hat (oben § 2), aber auch ditnn, wenn lediglich das Amt des Nachlaßpflegers sein Ende gefunden hat, die Nachlaßpflegschaft selbst dagegen fortbesteht. Ebenso selbstverständlich ist, daß der Nachlaßpfleger trotz Beendigung der Nachlaßpflegschaft oder seines Amtes nur solche Geschäfte betreiben darf, die er auch vor Beendigung hätte flihren dürfen. Entscheidend hierfür ist der Aufgabenbereich, den ihm das Nachlaßgericht bei der Verpflichtungsverhandlung übertragen hat. Das Recht zum Weiterhandeln setzt schließlich voraus, daß der Nachlaßpfleger von der Beendigung der Nachlaßpflegschaft oder seines Amtes keine Kenntnis hat. Ausgeschlossen ist die Befugnis des Nachlaßpflegers nicht nur bei positiver Kenntnis der Beendigung, sondern weiter schon dann, wenn er die Beendigung infolge von Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht gekannt hat (§ 1698a Abs. 1 Satz 1 BGB analog; vgl. die allgemeingültige Deftnition für "Kennenmüssen" in § U2 Abs. 2 BGB). Eine fahrlässige Unkenntnis von der Beendigung des Amtes dürfte in der Praxis kaum vorkommen; denn angesichts der Beendigungsgründe kraft Gesetzes (Tod und Entmündigung des Nachlaßpflegers) wird dem Nachlaßpfleger wohl regelmäßig die Verschuldensfähigkeit fehlen (§§ 276 Abs.l Satz 3; 827, 828 BGB).

49 Vgl.

(für den Vormund) Dölle 11 § 137 III 1 S. 895 f.

§3 Folgen des Endes

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2. Die Rechtsfolgen Sind die Tatbestandsmerkmale erfüllt, besitzt der Nachlaßpfleger im Innenverhältnis zu demjenigen, der Erbe wird oder geworden ist, die Befugnis zur Führung der Geschäfte. Der Nachlaßpfleger wird so behandelt, als bestünde seine legitimation zur Nachlaßsicherung noch. Daraus folgt, daß die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. §§ 677 ff. BGB) erst zum Zug kommen, wenn der Nachlaßpfleger den Anwendungsbereich der §§ 1893 Abs. 1, 1698a Abs.l Satz 1 BGB analog verläßt. Im Außenverhältnis besitzt der Nachlaßpfleger im Rahmen der §§ 1893 Abs. 1, 1698a Abs. 1 Satz 1 BGB analog die Berechtigung, mit Wirkung für und gegen den Erben zu handeln, etwa Nachlaßverbindlichkeiten zu begründen, zu berichtigen, über Nachlaßgegenstände zu verfügen - kurz: alle mit der Nachlaßsicherung zusammenhängenden Geschäfte zu besorgen. Auf diese Wirkung der Handlungen des Nachlaßpflegers für und gegen den Erben vermag sich ein Dritter nicht zu berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Nachlaßpfleger die Beendigung der Nachlaßpflegschaft oder dessen Amtes positiv kennt oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kennt (§§ 1893 Abs.l, 1698a Abs.l Satz 2 BGB). 11. Die Pflicht zum Weiterhandeln

Endet die elterliche Sorge durch den Tod des Kindes, haben die Eltern die Geschäfte, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, zu besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann (§ 1698b BGB). Das Amt des Nachlaßpflegers endet nun nicht mit dem Tod des vorläuflgen oder des endgültigen Erben. Deshalb ist oben (§ 1 C V 2) gesagt worden, daß die Vorschrift des § 1698b BGB für das bloße Ende des Amtes eines Nachlaßpflegers ohne Bedeutung ist. Diese Aussage gilt gleichermaßen für das Ende der Nachlaßpflegschaft überhaupt. Hier fehlt ebenfalls der Zusammenhang zwischen dem Tod einer Person und dem Ende eines Amtes, wie er den Bestimmungen der §§ 1893 Abs. 1, 1698b BGB zugrunde liegt. So betont Dölle50 ausdrücklich, daß dem Vormund in anderen Fällen der Beendigung des vormundschaftlichen Amtes - als durch den Tod des Mündels oder den gleichgestellten Fällen - keine Pflicht zum Weiterhandeln obliegt. Zudem fehlte einer Übertragung der Vorschrift auf die Nachlaßpflegschaft die innere Rechtfertigung. Findet die Nachlaßpflegschaft ihr Ende, hat damit das Nachlaßgericht festgestellt, daß das Vermögen des Erblassers keiner staatlichen Fürsorge mehr bedarf. Der Notbehelf "Nachlaßpflegschaft" ist entbehrlich geworden. Die Befugnisse des Nachlaßpflegers über das unabdingbare Maß auszudeh50 Dölle

11 § 137 11 2 S. 896.

230

Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegscliaft

nen, widerspräche diesem Charakter der Nachlaßpflegschaft. Gerade darin unterscheidet sie sich von der elterlichen Sorge und der Vormundschaft.

F. Der Aufwendungsersatzanspruch und die Vergütung Schließlich hat der Nachlaßpfleger - nicht nur nach Beendigung der Nachlaßpflegschaft - Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (vgl. § 1835 BGB analog); ihm kann auch noch eine Vergütung bewilligt werden (vgl. § 1836 BGB analog). Einzelheiten werden erst später behandelt (unten §4).

G. Die Folgen für die Handlungsmacht des vorläufigen und endgültigen Erben Das Ende der Nachlaßpflegschaft beeinflußt - ebenso wie das Ende des Amtes des Nachlaßpflegers - nicht die Handlungsmacht des endgültigen Erben (oben § 1CVII, 3. Teil §3 B). Für den vorläufigen Erben ergibt sich durch das Ende der Nachlaßpflegschaft insofern eine Änderung, als er nicht mehr den zuvor bestehenden Beschränkungen unterworfen ist (oben § 3 A). Seine Handlungsmöglichkeiten bemessen sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. §§ 1958, 1959 BGB).

H. Die Folgen für anhängige Prozesse und Zwangsvollstreckungsverfahren I. Die Prozeßverfahren

Im Anschluß an die Regelung der prozessualen Folgen des Wechsels in der Person des Nachlaßpflegers bei fortdauernder Nachlaßpflegschaft - Anwendung des § 241 Abs.l Alt. 3 ZPO direkt oder analog (oben § 1 C VIll 1) - müßte man zu dem Ergebnis gelangen, daß nach Beendigung der Nachlaßpflegschaft der Erbe einen laufenden Rechtsstreit unmittelbar weiterfuhrt51 ; denn die Befugnis des Nachlaßpflegers, mit Wirkung fUr und gegen den Erben zu handeln, hört auf, der Erbe kann die Prozeßhandlungen nunmehr selbst vornehmen (Umkehrschluß aus § 241 Abs.l Alt. 3 ZPO). Dies müßte fUr die Anhänger der Vertreter- wie der Amtstheorie gelten. In Wahrheit wollen die Verfechter der Amtstheorie eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 239 ZPO eintreten lassen52. Für die Beantwortung der Frage ist zu unterscheiden, warum oder wann die Nachlaßpflegschaft ihr Ende gefunden hat. Ist die Nachlaßpflegschaft nicht wegen Annahme der Erbschaft aufgehoben worden, könnte der vorläufige Erbe allenfalls einen Aktivprozeß des Nachlaßpflegers unmittelbar weiterfuhren; fUr einen Passivprozeß fehlt ihm die ProzeßfUh510LG Hamburg ROLG 17, 318; Hörle ZBIFG 1909, 751, 770; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 70; Soergell Stein § 1960 RdNr. 34; Staudinger I Otte I Marotzke § 1960 RdNr. 60; alle auf dem Boden der Vertretertheorie. 52 Allgemein für die Parteien kraft Amtes: Thomas I Putzo § 239 Anm. 2 a bb; ZöHer I Stephan § 239 Anm. 2.

§3 Folgen des Endes

231

rungsbefugnis (§ 1958 BGB). Diese Fallgestaltung scheinen die Befürworter eines Umkehrschlusses aus § 241 ZPO nicht zu bedenken, weil sie offenbar nur die Beendigung der Nachlaßpflegschaft nach der Annahme der Erbschaft im Auge haben (oben § 2 B I 1). Sie übersehen deshalb die auftretenden Probleme: Einerseits kann der vorläuftge Erbe den Passivprozeß nicht fortsetzen, andererseits muß er den Aktivprozeß nicht aufnehmen, weil er vor der Annahme der Erbschaft nicht verpflichtet ist, sich in irgendeiner Weise um den Nachlaß zu kümmern. Eine sachgerechte Lösung der Pro bleme bietet die Vorschrift des § 239 ZPO. Sie erlaubt, die entscheidende Tatsache zu berücksichtigen, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat, und trifft hierfür eine Regelung, die die Interessen des Erben wie des Prozeßgegners in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Der Erbe ist nicht verpflichtet, vor der Annahme der Erbschaft einen Rechtsstreit zu fUhren (vgl. § 239 Abs. 5 ZPO). Der Prozeßgegner muß sich gefallen lassen, daß ein Stillstand des Verfahrens eintritt, bis sich nach Wegfall des bisherigen Rechtsund Pflichtenträger der neue herausstellt (vgl. § 239 Abs.l ZPO). Dieser Problemsicht und Entscheidung sollten sich die Verfechter sämtlicher Theorien über die Rechtsstellung des Nachlaßpflegers anschließen können. Wird die Nachlaßpflegschaft wegen Wegfalls des Anordnungsgrundes "Fehlende Annahme der Erbschaft" aufgehoben, zählen diese Argumente nicht. In der Tat bietet sich der Umkehrschluß aus der direkt oder analog anwendbaren Bestimmung des § 241 Abs. 1 Alt. 3 ZPO an. Fraglich ist jedoch, ob dem endgültigen Erben zuzumuten ist, gleichsam von einem Augenblick zum anderen einen Prozeß weiterzuführen, den bislang eine fremde Person betrieben hat. Überblickt man die Normen der §§ 240 ff. ZPO, ist aus ihnen der gemeinsame Nenner zu ziehen, daß immer dann ein Stillstand des Verfahrens eintritt, wenn die Person wechselt oder wegfällt, die den Prozeß bislang verantwortlich geftihrt hat. Hintergrund der Regelung dürfte sein: Die neue Person soll in Ruhe ihre Dispositionen für das weitere Vorgehen treffen. Diesen Zweck verfolgt auch § 239 ZPO. Zwar ist der Erbe gemäß § 239 Abs. 5 ZPO nunmehr - nach Annahme der Erbschaft - verpflichtet, den durch den Tod des Erblassers unterbrochenen Rechtsstreit fortzusetzen; nachteilige, das heißt Druck ausübende Folgen knüpfen sich aber erst an die Verzögerung der Aufnahme, indem der Gegner den Erben zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden beantragen kann (§ 239 Abs.2 ZPO). Die Ladung wird mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz dem Erben selbst zugestellt (§ 239 Abs.3 Satz 1 ZPO). Dabei bestimmt der Vorsitzende die Ladungsfrist (vgl. § 217 ZPO) nach seinem Ermessen (§ 239 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Insgesamt enthält § 239 ZPO also eine flexible Regelung für den Eintritt eines Erben in ein anhängiges Verfahren, die weder den Erben noch dessen Gegner ungerechtfertigt benachteiligt oder bevorzugt53 - wie es die Meinung tut, nach der der Erbe den laufenden Rechtsstreit unmittelbar weiterfUhrt. 53 Ebenso

rur die Konkursbeendingung: Jaeger / Henckel § 6 RdNr. 109 ff.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

Zuzugeben ist freilich, daß die "Belastung" des Erben durch die Pflicht zur unmittelbaren Weiterflihrung des Rechtsstreits (ohne Aussetzung oder Unterbrechung) gemildert oder gar völlig vermieden werden kann, indem man das Gesicht aufgrund seiner Fürsorgepflicht den Parteien gegenüber als verpflichtet ansieht, eine dem Erben günstige Terminierung zu wählen. Dann aber ist nicht einzusehen, warum nicht die Vorschrift des § 239 ZPO sofort - statt des geschilderten Umwegs - angewendet werden soll. Vorzugswürdig erscheint demnach die Ansicht, nach der injedem Fall einer Beendigung der Nachlaßpflegschaft das vom Pfleger geführte Verfahren in entsprechender Anwendung des § 239 ZPO unterbrochen wird, bis es der Erbe (§ 239 Abs.l, 5 ZPO) oder der Gegner (§ 239 Abs. 2 bis 4 ZPO) aufnimmt. 11. Die Zwangsvollstreckungsverfahren

Endigt die Nachlaßpflegschaft vor Annahme der Erbschaft, gelten die für das Verhältnis zwischen Nachlaßpfleger und vorläufigem Erben dargestellten Grundsätze (oben 3. Teil §3 AIII), mit dem Unterschied, daß der vorläufige Erbe nunmehr auch die Aktivvollstreckung betreiben kann; denn seine Handlungsmacht ist nicht mehr durch die des Nachlaßpflegers eingeschränkt. Findet die Nachlaßpflegschaft nach Annahme der Erbschaft ihr Ende, erfolgt die notwendige Umschreibung der Klausel für und gegen den endgültigen Erben in entsprechender Anwendung des § 727 oder§ 731 ZPO (oben 3. Teil § 3 BIll, IV).

J. Die Pflichten eines "Gegen-Nachlaßpflegers" I. Das Ende der Rechtsstellung als "Gegen-Nachlaßpfleger"

Endet die Nachlaßpflegschaft insgesamt, endet auch die Rechtsstellung einer Person als "Gegen-Nachlaßpfleger". Denn die Kontrollaufgaben (vgl. § 1799 BGB) haben sich nunmehr erledigt. Einer besonderen Entlassung des" Gegen-Nachlaßpflegers" bedarf es nicht. 11. Die Rückgabe der Bestallung

Wie der Nachlaßpfleger muß auch der "Gegen-Nachlaßpfleger" seine Bestallung dem Nachlaßgericht zurückgeben (§§ 1895, 1893 Abs. 2 Satz 1 BGB analog). 111. Die Herausgabe des Nachlasses

Im Unterschied zum Nachlaßpfleger trifft den "Gegen-Nachlaßpfleger" keine Pflicht zur Herausgabe des Nachlasses. Seine Aufgaben beschränkten sich auf die Kontrolle des Nachlaßpflegers (vgl. § 1799 BGB analog), umfaßten nicht die Verwaltung des Nachlasses. So erwähnt die analog anwendbare Vorschrift des § 1895 BGB über die Amtsbeendigung des "Gegen-Nachlaßpflegers" nicht die Norm des § 1890 BGB hinsichtlich der Pflicht des Nachlaßpflegers zur Vermögensherausgabe.

§4 Aufwendungsersatz, Vergütung

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IV. Die Rechenschaftsablegung

Gleiches gilt für die Rechenschaftsablegung nach Beendigung des Amtes eines "Gegen-Nachlaßpflegers". Zu seiner Mitwirkung im Rahmen der Rechenschaftsabiegung durch den Nachlaßpfleger gemäß § 1891 Abs.l BGB analog ist oben (§ 3 D III 1) das Nötige gesagt. Statt der Pflicht zur Rechenschaftsablegung obliegt dem "Gegen-Nachlaßpfleger" nach § 1891 Abs.2 BGB analog die Pflicht, über die Führung der "GegenNachlaßpflegschaft" und, soweit er dazu imstande ist, über den vom Nachlaßpfleger verwalteten Nachlaß auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Einen Berechtigten nennt das Gesetz nicht. Aus der Stellung der Vorschrift im Zusammenhang mit der Rechenschaftsablegung durch den Nachlaßpfleger bei Beendigung dessen Amtes wird man annehmen dürfen, daß sowohl der Erbe als auch das Nachlaßgericht die Auskunft verlangen können. Während das Nachlaßgericht die Erfüllung der Auskunftspflicht als über die Beendigung der Nachlaßpflegschaft hinauswirkende Abwicklungspflicht mittels Festsetzung von Zwangsgeld zu erzwingen vermag, muß der Erbe seinen Anspruch im Klageweg durchsetzen. V. Das Recht zum Weiterhandeln

Wie dem Nachlaßpfleger steht auch dem "Gegen-Nachlaßpfleger" nach Beendigung der Nachlaßpflegschaft ein Recht zum Weiterhandeln zu (§§ 1895,1893 Abs.l, 1698a Abs.l BGB analog; oben §3 E).

§ 4 Der Aufwendungsersatzanspruch und die Vergütung des Nachlaßpflegers Die Erörterung des Aufwendungsersatzanspruchs und der Vergütung des Nachlaßpflegers erst im Rahmen der Beendigung der Nachlaßpflegschaft darf nicht zu dem Fehlschluß verleiten, der Nachlaßpfleger könne seine Aufwendungen erst in diesem Zeitpunkt ersetzt verlangen oder ihm könne erst dann eine Vergütung bewilligt werden. Der Standort der Ausführungen ist gewählt, weil bei Beendigung der Pflegschaft die Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz oder die Vergütungsbewilligung vollständig überblickt werden.

A. Der Aufwendungsersatzanspruch des Nachlaßpflegers Gemäß § 1915 Abs.l, 1897 Satz 1, 1835 Abs.l Satz 1 BGB kann der Nachlaßpfleger nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669, 670 BGB von dem Erben Vorschuß oder Ersatz verlangen, wenn er zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft Aufwendungen macht; als Aufwendungen gelten auch solche Dienste des Nachlaßpflegers, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören (§ 1835 Abs. 2 BGB analog). Erlangt er von dem Erben keinen Vorschuß und! oder Ersatz, kann er Vorschuß und Ersatz aus der Staatskasse beanspruchen; dabei gelten die Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen sinngemäß (§ 1835 Abs. 3 BGB analog).

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft I. Der Anspruch auf (nachtrilglichen) Ersatz von Aufwendungen

1. Die Voraussetzungen a) Erbrachte Aufwendungen des Nachlaßpflegers Erste Voraussetzung des Anspruchs ist, daß der Nachlaßpfleger Aufwendungen tatsächlich erbracht hat. aa) Die Vorschrift des § 1835 Abs.l Satz 1 BGB verweist auf die Norm des § 670 BGB, den Aufwendungsersatz des Beauftragten gegen den Auftraggeber. Daher ist es berechtigt, hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Aufwendungen in § 1835 BGB auf die Ergebnisse zurückzugreifen, die zum Begriff der Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB gewonnen worden sind. Unter ,,Aufwendung" versteht die allgemeine MeinungS4 die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen. Gegenstand der Aufopferung muß also ein Vermögenswert des Nachlaßpflegers sein, sei er rechtlicher, sei er tatsächlicher Art; der betreffende Vorgang muß sich auf das Vermögen des Nachlaßpflegers nachteilig ausgewirkt haben. Diesen Vermögensverlust muß der Nachlaßpfleger bewußt und gezielt, aus eigenem Antrieb ohne Zwang von außen herbeigeführt haben. Aufwendungen des Nachlaßpflegers können demnach sein: Porto, Telefongebühren, Fahrtkosten, sonstige verauslagte Gelder, Versicherungsprämien (oben 2. Teil §4 B 11 2), der Einsatz von Sachmitteln. Bei der Belastung mit Verbindlichkeiten, die ebenfalls als Aufwendungen anzusehen sind (vgl. §257 BGB, der dem Ersatzberechtigten einen Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit gibt), muß unterschieden werden. Aus der Betrachtung auszuscheiden haben solche Verbindlichkeiten, aus denen der Erbe, nicht der Nachlaßpfleger selbst trotz Handeins im eigenen Namen berechtigt und verpflichtet wird. Das ist der Fall bei Vornahme von Verwaltungsgeschäften, etwa beim Abschluß von Kaufverträgen, mit denen der Nachlaßpfleger Mittel zur Weiterführung eines Betriebes beschafft. Anders sieht es mit solchen Verbindlichkeiten aus, die der Nachlaßpfleger selbst eingegangen ist und ihm selbst erst ermöglichen sollen, seine Aufgaben zu erfüllen, so wenn der Nachlaßpfleger sich eines Sachverständigen bedient, um den Bestand und den Wert des Nachlasses festzustellen, oder bei einer umfangreichen Haus- und Grundstücksverwaltung Aufträge an gewerbliche Hausverwalter vergibt, weil er die Aufgaben nicht alleine oder nicht aus eigener Sachkunde zu erledigen vermag. Umstritten ist, ob unter den Begriff der Aufwendungen auch Schäden fallen, die der Nachlaßpfleger im Zusammenhang mit der Führung der Nachlaßpflegschaft erleidet. Auf diese Streitfrage55 kann nicht näher eingegangen werden. Im Ergebnis ist ein derartiger Ersatzanspruch des Nachlaßpflegers zu bejahen, richtigerweise aber gestützt auf den Gedanken der Risikohaftung des Geschäftsherrn für die besonderen Gefahren der in seinem Interesse erfolgten Tätigkeit. 54 Vgl.

nur MünchKomm I Seiler § 670 RdNr. 6 mwN. Staudinger I Wittmann § 670 RdNr. 10 ff.

55 Dazu

§4 Aufwendungsersatz, Vergütung

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bb) Als Aufwendungen gelten nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 1835 Abs.2 BGB analog auch solche Dienste des Nachlaßpflegers, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören56• Die Motive 57 begründen die Vorschrift mit dem Gedanken,,,daß zwar die Regel der Unentgeltlichkeit der vom Vormunde geleisteten Dienste festzuhalten, es aber billig ist und auch im eigenen Interesse des Mündels liegt, für solche Fälle eine Ausnahme anzuerkennen, in welchen der Vormund eine Vergütung für geleistete Dienste auch von einer jeden anderen Person zu fordern berechtigt sein würde". Sinn der Vorschrift58 ist also die Gleichstellung des Vormunds oder Pflegers, der einen im Rahmen der Führung der Vormundschaft oder Pflegschaft verwendungsfähigen Beruf oder ein verwendungsfähiges Gewerbe ausübt, mit demjenigen Vormund oder Pfleger, der keinen derartigen Beruf oder kein derartiges Gewerbe ausübt. Ein solcher Vormund oder Pfleger müßte zur Erftillung seiner Pflichten sich eines Fachmanns bedienen und dessen Leistungen bezahlen. Vermag der "fachmännische" Vormund oder Pfleger die Leistungen selbst zu erbringen, wäre er wegen des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit der Vormundschaft oder Pflegschaft schlechter gestellt. Entscheidend ist damit, ob die vom Nachlaßpfleger geforderten Dienste jedermann erbringen kann oder ob der Nachlaßpfleger wegen seines Berufes oder Gewerbes keiner fremden fachmännischen Hilfe bedarf. Ist etwa ein Rechtsanwalt zum Nachlaßpfleger bestellt, kann er für die gerichtliche Verteidigung des Nachlasses die Gebühren nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) als Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs. 2 BGB geltend machen59 • Seine allgemeine Verwaltungstätigkeit, wie das Abfassen von Mahn- und sonstigen Schreiben, die Einziehung von Geldern, bildet dagegen keine Aufwendung; derartige Tätigkeiten zu verrichten, ist jeder andere Nachlaßpfleger ebenfalls imstande, wenn man bedenkt, daß von jedem Nachlaßpfleger ein gewisses Mindestmaß an intellektuellen Fähigkeiten zu fordern ist (oben 2. Teil § 4 BIll). Wollte man einem "fachmännischen" Nachlaßpfleger hierfür einen-Aufwendungsersatzanspruch zubilligen, wie es auf den ersten Blick die Vorschrift des § 1835 Abs. 2 BGB analog nahelegt, würde man ihn gegenüber dem ,,Laien"-Nachlaßpfleger bevorzugen. Dagegen kannn nicht eingewandt werden, der "Laien"-Nachlaßpfleger sei in der Lage, sich etwa der Dienste eines Rechtsanwalts als Hilfsperson zu bedienen, dessen Vergütung könne er dann als AufwenS6 Die wohl herrschende Meinung (Esser I Weyers § 35 III 2 S. 282 f.; MünchKomm I Seiler § 670 RdNr. 20; Palandt I Thomas § 670 Anm. 2 b; Staudinger I Wittmann § 670 RdNr. 7) zählt zu den Aufwendungen iSd § 670 BG B nicht den Einsatz von Zeit und eigener Arbeitskraft des Beauftragten, es sei denn, daß sich die Notwendigkeit einer berufs- oder gewerbebezogenen Tätigkeit des Beauftragten erst im Laufe der Auftragsausführung zeigt. Das würde ebenfalls für den Nachlaßpfleger gelten, weil die Nachlaßpflegschaft wie der Auftrag - zumindest im Grundsatz - unentgeltlich geführt wird (vgl. § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). Das Ergebnis belegte zudem ein Umkehrschluß aus § 1835 Abs. 2 BGB analog. S7Mugdan IV S. 626. S8 MünchKomm I Zagst § 1835 RdNr. 8; vgl. auch Soergell Damrau § 1835 RdNr. 4. S9Vgl. dazu insbesondere Möhring S. 244fI

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

dung ersetzt verlangen. Würde er Tätigkeiten, die von jedem Nachlaßpfleger geleistet werden können, einem Dritten übertragen, verstieße er gegen das Gebot der Sparsamkeit bei Führung der Nachlaßpflegschaft; es fehlte an der Erforderlichkeit der Aufwendung (unten §4AI 1 c). Folglich ist mindestens für den "echten" Einzelvormund/Einzelpfleger, auf den die gesetzliche Regelung zugeschnitten ist, an der dargestellten Auffassung festzuhalten; nur so wird der vom Gesetzgeber angestrebten Gleichbehandlung von "fachmännischem" Nachlaßpfleger und ,,Laien"-Nachlaßpfleger Rechnung getragen. Die Besonderheiten bei einem sogenannten Berufsnachlaßpfleger werden unten (§ 4 E) erörtert, weil in diesem Zusammenhang auch die erst noch zu besprechende Vergütungsregelung eine entscheidende Rolle spielt. b) Aufwendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft 60 Aus dem beschriebenen Kreis von Aufwendungen sind diejenigen erstattungsfähig, die der Nachlaßpfleger "zum Zwecke der Führung" der Nachlaßpflegschaft gemacht hat. Der Nachlaßpfleger muß mit einem entsprechenden Willen die Vermögensopfer erbracht haben. Dieser Wille ist in den meisten Fällen schon dem äußeren Bezug mit der Aufgabe "Nachlaßsicherung" zu entnehmen, wenn sich die Aufwendungen als Erfüllung der Aufgabe darstellen. Weiter zählen dazu diejenigen Aufwendungen, die die Führung der Nachlaßpflegschaft vorbereiten, fördern oder Nachwirkungen bilden. Als Neben- oder Folgekosten seien genannt: Reisekosten, Postgebühren (Porto, Telefon, Telegramm), Prozeßkosten infolge eines Rechtsstreits aufgrund einer Verwaltungshandlung, Kosten für Kopien von Unterlagen (etwa zur Rechtfertigung im Rahmen der Rechnungslegung gegenüber Nachlaßgericht und Erben). c) Vom Nachlaßpfleger für erforderlich gehaltene Aufwendungen61 Eine zweite Einschränkung hinsichtlich der Ersatzfähigkeit macht das Gesetz dadurch, daß der Nachlaßpfleger seine Aufwendungen nur dann ersetzt bekommt, wenn er sie "den Umständen nach für erforderlich halten" durfte (vgl. § 670 BGB). Entscheidend ist ein Maßstab, der sich aus objektiven und subjektiven Kriterien zusammensetzt, nämlich die Sicht eines vernünftig handelnden Nachlaßpflegers im Zeitpunkt des Vermögensopfers. Um dieser Forderung gerecht zu werden, muß sich der Nachlaßpfleger stets vor Augen halten, daß er weder ein werbendes Vermögen noch ein Liquidationsvermögen betreut. Seine Aufgabe besteht darin, den ihm anvertrauten Nachlaß zu sichern; das heißt: Gefahren von ihm abwenden, ihn vor unberechtigten Zugriffen zu schützen mit dem Ziel, demjenigen, der Erbe wird, das Vermögen des Erblassers zu erhalten. Das verpflichtet und berechtigt den Nachlaßpfleger im wesentlichen nur zur Wahrung des Status quo, sei es hinsichtlich der gegenständlichen Zusammensetzung des Nachlasses, 60

61

Dazu MünchKomm / Seiler § 670 RdNr. 8. MünchKomm / Zagst § 1835 RdNr. 5 (für den Vormund).

§4 Aufwendungsersatz, Vergütung

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sei es in wertmäßiger Hinsicht. Weiter hat der Nachlaßpfleger zu berücksichtigen, daß seine Aufgabe nicht auf Dauer angelegt ist, sondern nur der Überbrückung der Herrenlosigkeit des Nachlasses dient, daher von Heute auf Morgen zu Ende sein kann. Diese Kriterien des Umfangs und Zwecks seiner Tätigkeit sind für den Nachlaßpfleger die Richtschnur seines Handelns ganz allgemein, im besonderen für den Einsatz seines Vermögens. Aus diesem Grundsatz lassen sich weitere Gesichtspunkte für die Wahrung des subjektiv-objektiven Maßstabs ableiten: Verhältnis von Nutzen und Kosten der Handlungen, vornehmlich von Kosten und Risiko oder Sicherheit rur den Nachlaß, Finanzkraft des Nachlasses. Unabhängig von diesen Gesichtspunkten darf der Nachlaßpfleger niemals für erforderlich ansehen: Aufwendungen für gesetz- oder sittenwidrige Rechtsgeschäfte (vgl. §§ 134, 138 BGB), Zahlung von Schmiergeldern. 2. Die Rechts/olgen

a) Der Ersatzanspruch gegen den Erben Sind die Tatbestandmerkmale erfilllt, kann der Nachlaßpfleger in entsprechender Anwendung der §§ 1835 Abs.l Satz I, 670 BGB Ersatz seiner Anwendungen verlangen: Der Erbe hat die beim Nachlaßpfleger entstandenen Vermögensnachteile auszugleichen. aa) Da es sich bei dem Anspruch des Nachlaßpflegers um einen Aufwendungsersatzanspruch handelt, geht er nicht auf Naturalrestitution. Vielmehr muß der Erbe Ersatz in Geld gewähren. Das versteht sich von selbst bei Geldaufwendungen des Nachlaßpflegers, gilt aber gleichermaßen für Sachaufwendungen (vgl. § 256 Satz 1 BGB:"... wenn andere Gegenstände als Geld aufgewendet worden sind, den als Ersatz ihres Wertes zu zahlenden Betrag ..."); entscheidend für die Wertberechnung ist grundsätzlich der Verkehrswert im Zeitpunkt der Aufwendung. bb) Neben der reinen Ersatzpflicht trifft den Erben eine Verzinsungspflicht. Gemäß § 256 Satz 1 BGB hat der Erbe den zu zahlenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. ce) Ist der Nachlaßpfleger zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft eine Verbindlichkeit eingegangen, gibt das Gesetz einen Bifreiungsanspruch (§ 257 Satz 1 BG B). Sollte die Verbindlichkeit noch nicht fällig sein, kann der Erbe Sicherheit leisten (vgl. §§ 232 ff. BGB), statt den Nachlaßpfleger zu befreien (§ 257 Satz 2 BGB).

dd) Hinsichtlich der Geltendmachung des Aujwendungsersatzanspruchs61 durch den Nachlaßpfleger muß unterschieden werden. Verlangt der Nachlaßpfleger vor der Annahme der Erbschaft Ersatz für die Aufwendungen, fehlt ihm der Yerhandlungspartner"; denn vor Erbschaftsannahme gibt es "den Erben" nicht. Der Nachlaßpfleger kannjedoch während der Amtszeit den zu erstattenden Geldbetrag unmittelbar dem von ihm betreuten Nachlaß entnehmen, ebenso wie er Nachlaßgelder zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhal62 Vgl.

Soergell Damrau § 1835 RdNr. 6 (für den Vormund).

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Tei14: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

ten befugt ist. Deshalb steht der Entnahme aus dem Nachlaß auch nicht die Vorschrift des § 1805 Satz 1 BGB analog entgegen, wonach der Nachlaßpfleger das ihm anvertraute Vermögen nicht ,,für sich" verwenden darf. Hat der Nachlaßpfleger kein Geld oder nicht ausreichend Geld bereitgehalten, ist er berechtigt, Nachlaßgegenstände insoweit zu verwerten, erforderlichenfalls nach vorheriger Genehmigung des Nachlaßgerichts (vgl. §§ 18U fT., 1821 ff. BGB analog). Nach Beendigung der Nachlaßpflegschaft, also regelmäßig nach Annahme der Erbschaft, macht der Nachlaßpfleger seinen Anspruch gegen den Erben geltend, notfalls im Prozeßweg (zu Zurückbehaltungsrechten des Nachlaßpflegers oben § 3 E V 2: Herausgabe des Nachlasses; § 3 D VI 2: Rechenschaftsablegung). Das Nachlaßgericht ist mit diesem privatrechtlichen Anspruch des Nachlaßpflegers gegen den Erben nicht befaßt. Das gleiche gilt, wenn der Erbe den Erstattungsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach verneint und vielleicht die Rückzahlung entnommener Beträge fordert. Das Nachlaßgericht beschäftigt der Ersatzanspruch lediglich im Rahmen der Prüfung der Schlußrechnung und der Vermittlung über deren Abnahme (vgl. § 1892 Abs.2 BGB analog; oben § 3 D III 2). Die gegenseitigen Ansprüche zwischen Nachlaßpfleger und Erben können gemäß § 1843 Abs.2 BGB analog auch schon vor Beendigung der Nachlaßpflegschaft geltend gemacht werden; Voraussetzung ist jedoch, daß der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Vor diesem Zeitpunkt kann der Anspruch nicht gegen den Erben verfolgt werden; denn er begründet eine Nachlaßverbindlichkeit63 und richtet sich damit gegen den Nachlaß (vgl. § 1958 BGB). ee) Für die Verjährung M der Ansprüche auf Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs.1 Satz 1 BGB analog gilt mangels Sondervorschrift die Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährung beginnt gemäß § 198 Satz 1 BGB mit der Entstehung des Anspruchs und ist entsprechender Anwendung des § 204 Satz 2 BGB während der Dauer des Pflegschaftsverhältnisses gehemmt.

Diese Regelung müßte an und für sich auch für dieAufwendungen im Sinne des § 1835 Abs. 2 BGB analog gelten; bestimmt doch die Norm lediglich, was ,,Aufwendungen" des Nachlaßpflegers sind. Dagegen wendet sich eine neuere Rechtsprechung: Es bestünde ein allgemeines Unbehagen an der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren; die Vorschriften über die kurze Verjährungsfrist (vgl. §§ 196,197 BGB) seien weit auszulegen, weil es nicht auf die rechtliche Natur des Anspruchs ankomme, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise; die §§ 196, 197 BGB müßten auch außerhalb vertraglicher Erfüllungsansprüche auf die wirtschaftlich an deren Stelle tretenden Vergütungsansprüche angewendet werden. Auf diese Weise gelangt die Rechtsprechung zum Beispiel zur Anwendung des § 196 Abs. 1 Nr.15 BGB für die Ansprüche eines Rechtsanwalts als Nach63 MünchKomm I

Leipold § 1960 RdNr. 65. Darstellung folgt Damrau Rpfleger 1983, 93 f. Vgl. auch Peters I Zimmermann, in: Gutachten I, S. 77,179. Möhring S. 248 meint demgegenüber - ohne Begründung -,jeder Aufwendungsersatzanspruch veIjähre in zwei Jahren gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB. 64 Die

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laßpfleger wegen seiner Gebühren und Auslagen nach der BRAGO, etwa für eine Prozeßftihrung im Rahmen der Nachlaßsicherung. Der kurz skizzierten Rechtsprechung ist im Ergebnis zu folgen, und zwar wegen des Norrnzwecks von § 1835 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift will den Vormund oder Pfleger, der seinen Beruf oder sein Gewerbe zur Führung der Vormundschaft oder Pflegschaft einsetzen kann, dem "Laien"-Vormund oder ,,Laien"-Pfleger gleichstellen; sie erreicht dieses Ziel durch eine Fiktion, als Aufwendungen würden auch solche Dienste des Vormunds oder Pflegers gelten, die zu seinem Beruf oder Gewerbe gehören. Nur eine Gleichbehandlung, nicht seine Besserstellung verfolgt das Gesetz. Diese Intention des Gesetzgebers rechtfertigt die Anwendung der §§ 196, 197 BGB auf den geldwerten Ersatz für diejenigen Dienste des Nachlaßpflegers, die zu seinem jeweiligen Gewerbe oder Beruf zählen. Die Verjährung beginnt gemäß § 201 Satz 1 BGB mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und ist in entsprechender Anwendung des §204 Satz 2 BGB während der Dauer des Pflegschaftsverhältnisses gehemmt. b) Der Ersatzanspruch gegen die Staatskasse Gemäß § 1835 Abs. 3 Satz 1 BGB analog kann der Nachlaßpfleger Ersatz seiner Aufwendungen aus der Staatskasse verlangen. aa) Die in erster Linie für die Vormundschaft konzipierte Vorschrift setzt Mittellosigkeit des Mündels voraus. Gemeint ist damit: Ersatz aus der Staatskasse, wenn und soweit das vom Vormund verwaltete Vermögen des Mündels (vgl. § 1793 Satz 1 BGB) hierzu nicht ausreicht. Übertragen auf die Nachlaßpflegschaft muß die Bestimmung daher verstanden werden im Sinne einer Mittellosigkeit des Nachlasses6~ Das Abstellen auf die Nachlaßmasse ist hier aus den gleichen Gründen gerechtfertigt wie bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (oben 3. Teil § 1 C 11 2 c bb). Nur so ist gewährleistet, daß ein Nachlaßpfleger seine Aufwendungen auch dann ersetzt bekommt, wenn er einen Nachlaß mit keinerlei Aktivvermögen betreut oder wenn der Erbe seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten auf den Nachlaß beschränkt. bb) Für den Inhalt des Anspruchs gelten die Ausführungen zum Ersatzanspruch gegen den Erben; der Nachlaßpfleger kann Geldausgleich, Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten und Verzinsung der Aufwendungen verlangen (oben §4AI 2a). ce) Für die Realisierung des Aufwendungsersatzanspruchs gegen die Staatskasse erklärt § 1835 Abs. 3 Satz 2 BGB analog die Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen für sinngemäß anwendbar. Nach den §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 3 ZSEG in entsprechender Anwendung 65 LG Berlin Rpfleger 1975, 435; Möhring S. 261 f.; MünchKornrn I Leipold § 1960 RdNr. 65. Anderer Ansicht: Firsching S. 142: "Selbst wenn der Nachlaßpfleger im Auftrag des Nachlaßgerichts handelt, kann er vom Staat keinen Ersatz seiner Aufwendgungen verlangen"(!?).

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

muß der Nachlaßpfleger einen Antrag stellen, (mündlich) zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlaßgerichts oder schriftlich ohne notwendige Mitwirkung eines Rechtsanwalts. Die Entscheidung über den Antrag liegt in der Hand des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Möglich ist nach § 16 Abs.I Satz 1, 2 ZSEG analog auch die Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen durch gerichtlichen Beschluß - genauer: durch Beschluß des Rechtspflegers des Nachlaßgerichts (§§ 3 Nr.2 Buchstabe c, 16 Abs. 1 Nr.I, 14 RPflG) -, wenn der Nachlaßpfleger oder die Staatskasse es beantragen oder das Gericht es für angemessen hält. Um das Erlöschen seines Anspruchs zu vermeiden, muß der Nachlaßpfleger binnen der Drei-Monats-Frist des § 15 Abs. 2 ZSEG bei dem zuständigen Gericht Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Für die Entschädigung von Zeugen stellt das Gesetz auf die Beendigung der Zuziehung (des Zeugen zu Beweiszwecken; vgl. § 1 Abs. 1 ZSEG) ab. Bei sinngemäßer Anwendung der Vorschrift auf den Nachlaßpfleger ist folglich entscheidend das Ende seiner Amtszeit; denn damit endet seine ,,zuziehung" - zu ergänzen: zur Führung der Nachlaßpflegschaft66• dd) Wenngleich der Veljährung der Aufwendungsersatzansprüche angesichts deren Erlöschens drei Monate nach Beendigung der Amtszeit des Nachlaßpflegers keine sonderliche Bedeutung zukommen wird, sei doch kurz auf diese Frage eingegangen. In § 15 Abs. 4 ZSEG wird die Vorschrift des § 196 Abs.l Nr.17 BGB als unberührt bleibend bezeichnet: Ansprüche der Zeugen wegen ihrer baren Auslagen verjähren in zwei Jahren. Sieht man zu Recht67 die Norm des § 196 Abs. 1 Nr. 17 BGB über die kurze Verjährung als mitumfaßt an von der Verweisung des § 1835 Abs. 3 Satz 2 BGB analog auf die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen, dann beginnt die Verjährung mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch auf Aufwendungsersatz entstanden ist (§§ 201 Satz 1, 198 BGB), und ist während der Dauer des Pflegschaftsverhältnisses gehemmt (§ 204 Satz 2 BGB analog)67. Diese Ausführungen geIten flir Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs.l Satz 1 BGB analog wie flir berufs- oder gewerbebezogene Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs,2 BGB analog 67.

11. Der Anspruch auf VorschuB (vorweggenommenen Ersatz von Aufwendungen)

Die Vorschriften der §§ 1835 Abs.I Satz 1, 669 BGB analog bezwecken eine über den Aufwendungsersatz hinausgehende Entlastung des Nachlaßpflegers. Der Nachlaßpfleger soll nicht nur nicht aus seinem Vermögen zuschießen, er soll nicht einmal gezwungen sein, die zur Führung der Nachlaßpflegschaft notwendigen Kosten vorzulegen. 66 Wohl ebenso Damrau Rpfleger 1983, 93, 94: "spätestens mit dem Ende des Vormundschaftsverhältnisses"; Soergel / Damrau § 1835 RdNr. 10: "Beendigung des Vormundsamtes, die der Beendigung der Zuziehung entspricht". 67 Damrau Rpfleger 1983, 93, 94.

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1. Die Voraussetzungen a) Zu erbringende Aufwendungen des Nachlaßpflegers Vorschuß kann der Nachlaßpfleger nur beanspruchen flir Aufwendungen, daß heißt seine zu erbringenden freiwilligen Vermögensopfer. Was darunter zu verstehen ist, ist bereits beim Aufwendungsersatzanspruch erörtert worden (oben §4AI la).

b) AufWendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft Die erste Begrenzung des Kreises von Aufwendungen, rur die VorschuB zu leisten ist, macht das Gesetz dadurch, daß sie der Führung der Nachlaßpflegschaft der Nachlaßsicherung und den damit verbundenen Aufgaben - dienen müssen (oben §4AI 1 b). c) Erforderlichkeit der Aufwendungen zum Zwecke der Führung der Nachlaßpflegschaft Die zweite Einschränkung der VorschuBpflicht bringt das Merkmal der Erforderlichkeit. Vorschuß ist nur zu leisten rur die zur Führung der Nachlaßpflegschaft erforderlichen Aufwendungen. Ob die Aufwendungen notwendig sind, muB anband einer Prognose geprüft werden. Die Prognose darf lediglich objektive Gesichtspunkte berücksichtigen; denn in § 669 BGB wird nicht darauf abgestellt, ob der Beauftragte die AufWendungen "den Umständen nach rur erforderlich halten darf" (vgl. § 670 BGB). Erst bei der endgültigen Abrechnung im Rahmen des § 670 BGB wird den subjektiven Vorstellungen des Beauftragten Rechnung getragen. Dieser Unterscheidung kommt bei der Nachlaßpflegschaft nur eingeschränkte Bedeutung zu, wohl nur, wenn der Nachlaßpfleger Vorschuß aus der Staatskasse verlangt (vgl. § 1835 Abs. 3 Satz 1 BGB analog). Nur in diesem Fall ist jemand vorhanden, der die subjektive Vorstellung des Nachlaßpflegers von der Erforderlichkeit des Vermögensopfers korrigieren könnte. In allen anderen Fällen unterscheiden sich bei der Nachlaßpflegschaft der nachträgliche und der vorweggenommene AufWendungsersatz lediglich in der zeitlichen Geltendmachung; beide Male entnimmt der Nachlaßpfleger die Geldbeträge dem Nachlaß, einmal vor dem VermögensopfeI; einmal nach dem Vermögensopfer. d) Das Verlangen nach Vorschuß Aufgrund ähnlicher Erwägungen spielt die weitere Voraussetzung des § 669 BGB, daß der Beauftragte den Vorschuß vom Auftraggeber zu verlangen hat,bei der Nachlaßpflegschaft kaum eine Rolle. Vor Beendigung der Nachlaßpflegschaft gibt es keine dem Auftraggeber vergleichbare Person. Daß der Nachlaßpfleger den VorschuB aus der Staatskasse von dieser verlangen muß, folgt bereits aus § 1835 Abs.3 BGB analog. t 6 Ziegltrum

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

2. Die Rechtsfolgen a) Der Vorschußanspruch gegen den Erben Sind die Tatbestandsmerkmale erfüllt, kann der Nachlaßpfleger in entsprechender Anwendung der §§ 1835 Abs.1 Satz 1, 669 BGB Vorschuß für seine Aufwendungen von dem Erben beanspruchen. aa) Wie der nachträgliche Ersatzanspruch ist auch der Vorschußanspruch auf

Geldzahlung gerichtlich (oben § 4 A I 2 a aa). Wegen seines Charakters als eines

vorweggenommenen Aufwendungsersatzes scheiden dagegen Befreiungs- und Verzinsungsansprüche nach §§ 256, 257 BGB aus. bb) Die Höhe des Vorschusses bemißt sich in erster Linie nach dem Umfang der erforderlichen Aufwendung. In zweiter Linie ist maßgebend das ,Yerlangen" des Nachlaßpflegers. Aus dem Gedanken des Vorschußanspruchs folgt zwar, daß der Nachlaßpfleger keine Beträge aus seinem Vermögen vorzuschießen braucht, vielmehr die gesamte Tätigkeit des Nachlaßpflegers vorzufinanzieren ist. Das bedeutet aber nicht, daß der Nachlaßpfleger einen Geamtbetrag dem Nachlaß entnehmen dürfte, wenn sich die einzelne Tätigkeit mittels Teilbeträgen vorftnanzieren läßt, etwa die Durchführung eines Rechtsstreits. Zudem verstieße der Nachlaßpfleger gegen das Verbot des § 1805 BGB analog, wonach er Nachlaßgelder nicht für sich verwenden darf; das wäre bei einem überhöhten Vorschußverlangen gegeben. ce) Für die Venvirklichung des Vorschußanspruchs durch den Nachlaßpfleger gelten die Ausführungen über die Realisierung des Aufwendungsanspruchs sinngemäß. Danach darf der Nachlaßpfleger die erforderlichen Geldbeträge unmittelbar dem Nachlaß entnehmen. Da ein Vorschußanspruch der Sache nach nur während der Amtszeit des Nachlaßpflegers entstehen kann, weil der Nachlaßpfleger nur in dieser Zeit Aufwendungen tätigen darf, kann der Nachlaßpfleger nie in die Lage kommen, seinen Anspruch auf Vorschuß einklagen zu müssen. Einer solchen Klage - gegen den endgültigen Erben (vgl. § 1958 BGB) - mangelte das Rechtsschutzbedürfnis; solange der Nachlaßpfleger im Amt ist, darf und kann er das benötigte Geld dem Nachlaß entnehmen. dd) Gleichermaßen sinngemäß gelten die Überlegungen zur Verjährung der Aufwendungsersatzansprüche für die Veljährung des Vorschußanspruchs. Praktisch erheblich wird dieses Problem kaum werden; erlischt doch der Vorschußanspruch, wenn der Nachlaßpfleger die erforderliche Aufwendung ohne Vorschuß vorgenommen hat. Stattdessen entsteht der Aufwendungsersatzanspruch. ee) Zu erörtern bleibt die Frage der Abrechnung und Rückzahlung des Vorschusses. Über die Verwendung des Vorschusses hat der Nachlaßpfleger im Rahmen der Abwicklung der Nachlaßpflegschaft Rechenschaft abzulegen (vgl. §§ 1890 ff. BGB

analog). Dabei wird der Erbe prüfen, ob die Ausgaben des Nachlaßpflegers als Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB anzusehen sind. Ist das der Fall, wird der Vorschuß mit den Aufwendungsersatzansprüchen verrechnet. Hat der Nachlaß-

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pfleger den Vorschuß nicht vollständig verbraucht, muß er ihn dem Erben zurückzahlen. Die Rückzahlung erreicht der Erbe mit seinem Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses gemäß § 1890 Satz 1 Alt. 1 BGB analog; eines Rückgriffs auf die Norm des §667 BGB (Herausgabepflicht des Beauftragten), die zudem in § 1835 BGB nicht erwähnt ist, bedarf es nicht. b) Der Vorschußanspruch gegen die Staatskasse Nach § 1835 Abs.3 Satz 1 BGB analog kann der Nachlaßpfleger VorschuB für seine Aufwendungen aus der Staatskasse verlangen. Zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen des Vorschußanspruchs muB das Tatbestandsmerkmal der Mittellosigkeit des Nachlasses erfüllt sein. Für den Inhalt des Anspruchs (Geldzahlung) gelten keine Besonderheiten gegenüber dem Vorschußanspruch gegen den Erben. Über die Höhe des Vorschusses entscheiden auch hier der Umfang der erforderlichen Aufwendung und das Verlangen des Nachlaßpflegers. Die Geltendmachung des Anspruchs gegen die Staatskasse richtet sich nach den sinngemäß anwendbaren Vorschriften des ZSEG. Die Verjährung regeln die Normen der §§ 196; 201, 198, 204 BGB. Probleme können auftreten bei der Abrechnung und Rückzahlung des Vorschusses. Während die Abrechnung des Vorschusses mit eventuellen Aufwendungser-

satzansprüchen gleichen Grundsätzen wie beim Erben folgt, fehlt für die Rückforderung eines zuviel gezahlten oder nicht bestimmungsgemäß verwendeten Vorschusses aus der Staatskasse eine Vorschrift sowohl im BGB als auch im ZSEG. Fest stehen dürfte lediglich das Ergebnis, daß die Staatskasse einen Rückzahlungsanspruch besitzt. Das läßt sich ableiten aus § 1 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO); danach können beigetrieben werden ,,Ansprüche gegen ... Zeugen und Sachverständige ... auf Erstattung von Beiträgen, die ihnen in einem gerichtlichen Verfahren zuviel gezahlt sind". Materiell-rechtlich gründet sich das Recht der Staatskasse auf den sogenannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch68 .

B. Der Aufwendungsersatzanspruch des "Gegen-Nachlaßpflegers" Gemäß §§ 1915 Abs.1, 1897 Satz 1, 1835 Abs.1 Satz 2, Abs. 2 BGB steht auch dem "Gegen-Nachlaßpfleger" das Recht zu, nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669,670 BGB von dem Erben Vorschuß oder Ersatz zu verlangen, wenn er zur Erfüllung seiner Pflichten - das ist im wesentlichen die Kontrolle des Nachlaßpflegers (vgl. § 1799 BGB analog) - Aufwendungen macht. Einzelheiten zu den auftauchenden Fragen können den Erörterungen über den nachträglichen oder vorweggenommenen Ersatz von Aufwendungen des Nachlaßpflegers entnommen werden. 68 Vgl. dazu Jessnitzer, Rückforderung überzahlter Entschädigungsbeträge. Wegfall der Bereicherung bei Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, Rpfleger 1980, 216; Reuter / Martinek § 27 S. 798 ff.

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Teil 4: Beendigung der Nachlaßpflegschaft

Als Besonderheit ist zu beachten: Beansprucht der "Gegen-Nachlaßpfleger" während des Bestehens der Nachlaßpflegschaft Aufwendungsersatz, kann er mangels Verftigungsmacht über den Nachlaß die Geldbeträge nicht selbst dem Nachlaß entnehmen; er muß sich wegen seiner Ansprüche an den Nachlaßpfleger wenden. Wenn der Erbe die Erbschaft angenommen hat, vermag er diesen direkt in Anspruch zu nehmen. Anders als der Nachlaßpfleger hat der "Gegen-Nachlaßpfleger" keinen Vorschuß- oder Ersatzanspruch gegen die Staatskasse; in § 1835 Abs. 3 BGB wird der Gegenvormund nicht erwähnt. Die Regelung erklärt sich daraus, daß ein "Gegen-Nachlaßpfleger" nur bestellt wird, wenn mit der Nachlaßpflegschaft eine erhebliche Vermögensverwaltung verbunden ist (§§ 1915 Abs.2, 1792 Abs.2 BGB analog); eine "Mittellosigkeit des Nachlasses" kann also bei Bestellung eines "Gegen-Nachlaßpflegers" nicht auftreten.

c.

Die Vergütung des Nachlaßpflegers

I. Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit

Gemäß der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 1836 Abs.l Satz 1 BGB wird die Nachlaßpflegschaft unentgeltlich geführt. Den durch diese Regelung bewirkten Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Artikel 2 Abs. 1 GG) des Vormunds und Pflegers hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil aus dem Jahre 1980 - trotz Bedenken - für verfassungsgemäß erklärt, und zwar mit der Begründung: Man müsse das Bedürfnis nach persönlicher Betreuung der Mündel und die von der Rechtssprechung mehrfach betonte Gemeinschaftsbezogenheit der Grundrechte berücksichtigen; die Einrichtung und Verwaltung von Vormundschaften gehöre zu den obersten Aufgaben der staatlichen Wohlfahrtspflege, deren Anlaß und Grundlage das öffentliche Interesse an der Fürsorge für den schutz bedürftigen einzelnen ist 69; der Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 1835 BGB (analog) und die Möglichkeit der Bewilligung einer Vergütung nach § 1836 Abs.l Satz 2 BGB (analog) genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen wenigstens im Fall des sogenannten "echten" Einzelvormunds oder Einzelpflegers, der dem gesetzlichen Leitbild entsprechend nicht mehr als etwa zwei Vormundschaften oder Pflegschaften führt70 (vgl. das Ablehnungsrecht in § 1786 Abs. 1 Nr.8 BGB). Wenn auch die Argumentation des Gerichts auf die Vormundschaft und die Pflegschaft zugeschnitten ist, die eine persönliche Betreuung des Mündels oder Pfleglings erfordert, so dürften die Erwägungen des Gerichts im Grundsatz auch auf den Nachlaßpfleger zutreffen, der im wesentlichen vermögensorientiert handele!. 69 BVerfGE

54, 251, 268f. 54, 251, 266f., 268. 71 Soergell Stein § 1960 RdNr. 37.

70 BVerfGE

§4 Aufwendungsersatz, Vergütung

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11. Die Bewilligung einer Vergütung als Ausnahme

In Durchbrechung des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit kann das Nachlaßgericht dem Nachlaßpfleger eine angemessene Vergütung bewilligen, sie jederzeit für die Zukunft ändern oder entziehen (§ 1836 Abs.l Satz 2, 4 BGB analog). Die Bewilligung soll nur erfolgen, wenn das Vermögen sowie der Umfang und die Bedeutung der Geschäfte des Nachlaßpflegers es rechtfertigen (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB analog). Daß das Nachlaßgericht eine Vergütung bewilligen "kann", bedeutet: Der Nachlaßpfleger hat keinen Anspruch auf eine Vergütung; die Entscheidung des Nachlaßgerichts steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen72 • 1. Die Entscheidung über die Vergütung dem Grunde nach

Für die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens gibt das Gesetz dem Nachlaßgericht zwei Orientierungspunkte vor: Das Vermögen sowie Umfang und Bedeutung der Tätigkeit des Nachlaßpflegers. a) Sinn und Zweck der Vergütung Die Vergütung ist keine Bezahlung des Nachlaßpflegers für dessen geleistete Dienste. Sie bildet vielmehr eine (bloße) Entschädigung des Nachlaßpflegers für dessen Mühewaltung und Zeitversäumnis, die er in fremdem Interesse, das heißt im Interesse desjenigen, der Erbe wird, zur Sicherung des Nachlasses aufwendet73 . Die Entscheidung über die Vergütung muß folglich einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Bedürfnis desjenigen, der Erbe wird, am Erhalt des Nachlasses und den (persönlichen und) wirtschaftlichen Belangen des Nachlaßpflegers74 herbeiführen. b) Das Vermögen "Nachlaß" Erstes Kriterium für die Bewilligung einer Vergütung an den Vormund ist das Vermögen des Mündels (§ 1836 Abs.l Satz 3 Alt. 1 BGB). Weil der Vormund kraft Gesetzes (vgl. § 1793 Satz 1 BGB) die Aufgabe hat, für das gesamte Vermögen des Mündels zu sorgen, ist einsichtig, daß Entscheidungsgrundlage für die Bewilligung einer Vergütung ebenfalls das gesamte Vermögen des Mündels ist. Im Gegensatz zum Vormund hat das Gesetz den Wirkungskreis eines Nachlaßpflegers nicht selbst fIxiert; ihn muß das Nachlaßgericht bei der Bestellung des Pflegers erst festlegen. Deshalb stellt sich die Frage, ob bei entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 1836 Abs.l Satz 3 Alt. 1 BGB auf den Nachlaßpfleger auf die noch nicht angenommene Erbschaft oder den noch nicht angenommenen Erbteil insgesamt abzustellen ist oder ob nur derjenige Teil des Nach72 Das

betont ausführlich Weber, in: Behr I Weber I Frohn, S. 23. nur BayObLGZ 1965, 348, 351 f. 74 RGZ 149, 172, 177; Weber, in: Behr I Weber I Frohn, S. 23 f., 36 f. 73 Vgl.

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lasses maßgebend ist, den der Nachlaßpfleger tatsächlich zu sichern hat. Man denke daran, daß das Nachlaßgericht einem Nachlaßpfleger lediglich die Sicherung des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes überträgt, weil die Wertpapiere eine Bank ordnungsgemäß verwaltet. Einem solchen Nachlaßpfleger müßte man eine Vergütung verweigern, wenn der Grundbesitz eine Vergütung nicht rechtfertigt, der Nachlaß insgesamt dies jedoch täte. Eine Trennung zwischen Nachlaß insgesamt und vom Nachlaßpfleger zu sicherndem Nachlaß versagt, wenn ihm etwa allein die Mitwirkung bei der Erbenermittlung obliegt. Zu berücksichtigen ist ferner, daß der Nachlaßpfleger auch bei einem beschränkten Wirkungskreis den übrigen Nachlaß nicht völlig außer acht lassen darf; erinnert sei nur an seine Pflicht, den Nachlaßgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen (§ 2012 Abs.l Satz 2 BGB). In gewisser Weise ist der Nachlaßpfleger stets mit dem gesamten Nachlaß befaßt, selbst wenn die vom Nachlaßgericht ihm übertragene Sicherungstätigkeit nicht umfassend sein sollte. Diese Überlegungen rechtfertigen, die Bewilligung einer Vergütung von der noch nicht angenommenen Erbschaft oder dem noch nicht angenommenen Erbteil insgesamt abhängig zu machen. Unter diesem Nachlaßvermögen im Sinne des § 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB analog versteht die hersehende Meinung in Rechtsprechung75 und Literatur16 das Aktivvermögen, den Aktivnachlaß, sei es Geld, Wertpapiere, Schmuck, Kostbarkeiten, Hausrat, Haus- und Grundbesitz, Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen, seien es andere Rechte und Ansprüche. Ob Verbindlichkeiten bestehen oder der Nachlaß überschuldet ist7 7, darf richtig erweise nicht berücksichtigt werden75 , 76. Wollte man auf den Aktivnachlaß nach Abzug der Verbindlichkeiten abstellen, würde man unter Umständen dem Nachlaßpfleger von vornherein eine Vergütung absprechen, obwohl seine Tätigkeit wegen der Belastung durch die Nachlaßschulden besonders aufwendig gewesen ist7s ; hingewiesen sei auf die Bestandsaufnahme des Nachlasses und die Auseinandersetzung des Nachlaßpflegers mit den Nachlaßgläubigern. Nur der so verstandene Begriff des Vermögens "Nachlaß" - Aktiva der gesamten noch nicht angenommenen Erbschaft - erlaubt die Antwort auf die Frage, ob das Vermögen des Erben eine Vergütung rechtfertigt; allein auf diese Weise wird etwas über die finanzielle Lage des Nachlasses ausgesagt. c) Der Umfang und die Bedeutung der Tätigkeit des Nachlaßpflegers Zweite, neben dem Yorhandensein von Aktivvermögen" gleichberechtigte Voraussetzung für die Bewilligung einer Vergütung an den Nachlaßpfleger sind der Umfang und die Bedeutung der von ihm vorzunehmenden oder vorgenom75RGZ 149, 172,176, 178f.; BayObLG Rpfleger 1981,111 mwN. 76 Höver DFG 1940, 9; Möhring S. 263; MünchKomm I Leipold § 1960 RdNr. 62; Soergell Stein § 1960 RdNr. 36. 77Möhring S. 253. 78RGZ 149, 172, 176, 178; Weber, in: Behr I Weber I Frohn, S. 29.

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menen Geschäfte. Dabei werden sich die beiden Merkmale nicht immer strikt voneinander trennen lassen, vielmehr ineinander übergehen. aa) Was den Umfang der Tätigkeit des Nachlaßpflegers betrifft, wird das Nachlaßgericht zunächst bedenken, ob die Sicherungstätigkeit des Nachlaßpflegers den gesamten Nachlaß o