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German Pages 448 [446] Year 2004
Mark Siebel • Mark Textor (Hrsg.) Semantik und Ontologie Beiträge zur philosophischen Forschung
Philosophische Forschung Philosophical Research Herausgegeben von / Edited by Johannes Brandl • Andreas Kemmerling Wolfgang Künne • Mark Textor Band 2 / Volume 2
Mark Siebel • Mark Textor
Semantik und Ontologie Beiträge zur philosophischen Forschung
ontos verlag Frankfurt
.
Lancaster
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2004 ontos verlag P. O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm nr. Frankfurt Tel. ++(49) 6104 66 57 33 Fax ++(49) 6104 66 57 34 www.ontosverlag.com ISBN 3-937202-43-9 2004
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Inhalt
Mark Siebel / Mark Textor Vorwort und Einleitung ........................................................................... 7 Semantik Johannes L. Brandl Über die Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse ................................ 15 Andreas Kemmerling Freges Begriffslehre, ohne ihr angebliches Paradox ............................... 39 Severin Schroeder Why Juliet is the Sun ............................................................................... 63 Thomas Spitzley Zur Autorität der Ersten Person ............................................................. 103 Markus Stepanians Künnes Kritik an Freges „Tretmühle“ ................................................... 131 Ralf Stoecker Intra-sententielle Deixis und die logische Form von Handlungssätzen . 153 Ontologie Christian Beyer Fiktionale Rede ...................................................................................... 169 P. M. S. Hacker Of the Ontology of Belief ...................................................................... 185 Benjamin Schnieder „Nach Leibniz’ Gesetz ergibt sich …“ Über einen verbreiteten Fehlschluss ...................................................... 223
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Inhalt
Peter Simons Diskrepanzen: Wie Sprache und Welt zueinander stehen ..................... 249 Daniel von Wachter Ontologie und Semantologie ................................................................. 267 Geschichte der Philosophie Dorothea Frede Platons Dialoge als „Erinnerungen“ Zur Methodik der Platondeutung ........................................................... 281 Rolf W. Puster Die Selbigkeit des Erinnerten Zu einem Dilemma des Lockeschen Konzeptualismus ......................... 305 Rolf George Intuitions: The Theories of Kant and Bolzano ...................................... 319 Edgar Morscher Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? ........................................... 355 Kevin Mulligan Essence and Modality The Quintessence of Husserl’s Theory .................................................. 387 Gerd Graßhoff On the Origin of Wittgenstein’s Tractatus ............................................ 419
Vorwort und Einleitung
Dieser Band ist natürlich keine Festschrift für Wolfgang Künne! Festschriften blicken auf eine wissenschaftliche Laufbahn und ihre Ergebnisse zurück. Wir blicken nach vorne und unternehmen hier nur eine kurze intellektuelle Zwischenbetrachtung, während wir mit Spannung Wolfgangs nächstes Buch erwarten. (Einige von uns sind schon sehr lange gespannt.) Also noch einmal: Dies ist keine Festschrift, sondern einfach ein Buch, das die beitragenden Freunde und Kollegen Wolfgang zu seinem sechzigsten Geburtstag widmen. Die Themen der Beiträge dokumentieren die Breite von Wolfgang Künnes philosophischem Nachdenken. Entsprechend bunt geht es hier zu. Denn nur wenige Philosophen haben sowohl über Hegels Platonrezeption als auch Dretskes Unterscheidung zwischen propositionalem und Objektsehen nachgedacht oder gar veröffentlicht. (Zur Ethik gibt es von Wolfgang recht wenig, aber Eingeweihte wissen, dass vor nicht allzu langer Zeit Seminare zur Metaethik stattgefunden haben. Es gibt also noch Hoffnung.) In der Vielfalt gibt es aber auch Einheit. „Platonist“ dürfte für Wolfgang Künne kein Schimpfwort, sondern eher ein Ehrentitel sein. Abstrakten Gegenständen im Allgemeinen, Eigenschaften und Propositionen im Besonderen galt und gilt Wolfgangs philosophisches Augenmerk. Auch seine historischen Interessen sind „platonisch“. Am Anfang seiner philosophischen Arbeit steht Platon, und seit mehr als einem Jahrzehnt forscht er intensiv über Bolzano, einen Freund der „Sätze an sich“. Und dann sind da natürlich noch Frege, Husserl, etc. Wolfgang Künnes Fähigkeit, mit diesen Klassikern der Philosophie ins Gespräch zu kommen und dabei sowohl philosophische Erkenntnisse wie auch historische Einsichten zu gewinnen, hat bei vielen von uns einen großen Eindruck hinterlassen. Man kann Wolfgang, so denken wir, mit guten Gründen ein Vorbild nennen. Wir hoffen, dass er noch lange Studenten
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und Kollegen so beeindrucken wird. Auch deshalb sei es ein drittes Mal gesagt: Dies ist keine Festschrift. Fast hätten wir es vergessen: Alles Gute zum Sechzigsten und frohes Schaffen! (Und verzeih uns bitte, dass wir die von dir mitherausgegebene Reihe Philosophische Forschung ohne dein Wissen gekapert haben, um diese Nicht-Festschrift zu veröffentlichen.) ∗∗∗ Woher der Titel unseres Bandes stammt, ist auch für denjenigen, der nur oberflächlich mit Wolfgang Künnes Arbeiten bekannt ist, leicht zu erkennen: Es handelt sich schlicht um den Untertitel seines Buches Abstrakte Gegenstände. Bei der Aufteilung der Beiträge haben wir uns etwas mehr Freiheit herausgenommen, indem wir als dritte Sektion neben Semantik und Ontologie noch Geschichte der Philosophie eingeführt haben. Einige der Texte passen natürlich nicht nur in eine unserer Schubladen; andere wiederum wollten nur mit ein bisschen Druck in das Fach hinein, das wir gewählt haben. Aber es geht hier auch nur um ein grobes Raster zur ersten Orientierung. Wichtiger als unsere Einteilung ist, was in den Beiträgen steht. Das soll im Folgenden kurz umrissen werden. Den Anfang in der Rubrik Semantik macht ein Text, in dem es nicht um den Inhalt von Ausdrücken, sondern von mentalen Episoden geht. Johannes Brandl verteidigt in „Über die Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse“ den Standpunkt, dass Wahrnehmungserlebnisse kognitiv einfache intentionale Phänomene sind, gegen die Auffassung, dass selbst einfachste perzeptuelle Erlebnisse bereits einen propositionalen Gehalt haben. Er analysiert dazu ein Argument, das als Stütze der propositionalen Analyse dient, und zeigt zunächst, warum es nicht so leicht zu widerlegen ist. Erst wenn man alle einfließenden Annahmen explizit macht, wird laut Brandl deutlich, dass es keinen Grund gibt, die intuitive Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse aufzugeben. Mit seiner Konzeption von Begriffen, Aussagesätzen und den von ihnen ausgedrückten Gedanken scheint sich Frege darauf festzulegen, dass ein Satz wie „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ falsch ist. Andreas Kemmerling führt in „Freges Begriffslehre, ohne ihr angebliches Paradox“ vor, wie sich dieses Problem lösen lässt, ohne irgendeine von Freges Annah-
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men zu revidieren oder die merkwürdigen ontologischen Konsequenzen auf sich zu nehmen, die mit Freges eigenem Ausweg verbunden sind. Kemmerling geht dabei von einer Idee aus, die er „Freges Amorphielehre“ nennt: Gedanken und Sätze sind per se strukturlos, lassen sich jedoch in unterschiedlicher, aber gleichermaßen korrekter Weise in Aussagesubjekt und -prädikat zerlegen. Damit wird es möglich, Sätze der Bauart „Der Begriff F ist ein Begriff “ so aufzufassen, dass mit ihnen etwas Wahres von einem Begriff ausgesagt wird. Severin Schroeders Aufsatz „Why Juliet is the Sun“ geht der Frage nach, wie metaphorische Rede zu erklären ist. Schroeder verwirft die Auffassung, Metaphern resultierten aus einer Veränderung der Wortbedeutungen, ebenso wie die Vorstellung, sie hätten keine eigentümlichen Bedeutungen, sondern seien eine Art der indirekten Mitteilung. Dem stellt er eine Position entgegen, die sich in philosophischen Kreisen keiner großen Beliebtheit erfreut: Die implizite Bedeutung einer Metapher ist ein Vergleich. Um sie als haltbar zu erweisen, entkräftet er die üblichen Einwände gegen sie. Wenn Eva behauptet, dass sie eine Überzeugung mit einem bestimmten Inhalt hat, dann ist dem typischerweise ein größeres Gewicht beizumessen, als wenn Kurt ihr diese Überzeugung zuschreibt. Im ersten Teil von „Zur Autorität der Ersten Person“ versucht Thomas Spitzley, am Beispiel der zentralen Positionen von Descartes, Hume, Ryle und Wittgenstein die historische und systematische Breite des Problems deutlich zu machen, das mit dieser Autorität der Ersten Person verbunden ist. Im zweiten Teil wird Davidsons Ansatz und insbesondere seine Begründung für die Autorität der Ersten Person kritisch rekonstruiert. Davidson sagt, grob formuliert, dass Evas Äußerungen eine besondere Autorität besitzen, weil sie weiß, was die Worte, die sie äußert, in ihrem Munde bedeuten, während Kurt dies nicht unbedingt weiß. Wie Kemmerling, so beschäftigt sich auch Markus Stepanians in „Künnes Kritik an Freges ‚Tretmühle‘“ mit dem Großvater der analytischen Philosophie: Ihm geht es um eine Verteidigung von Freges Argument gegen die Definierbarkeit des Wahrheitsbegriffs. Dummett wird entgegengehalten, dass die Pointe dieses Arguments kein infiniter Regress ist, sondern eine unaufhebbare Zirkularität, die sich in der epistemischen Unfruchtbarkeit aller Versuche manifestiert, den Wahrheitsbegriff auf einfachere Be-
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griffe zurückzuführen. Die Wurzel dieser Zirkularität ist aus Freges Sicht die Omnipräsenz des Sinns von „wahr“ in unserem Denken. Das so rekonstruierte Argument versucht Stepanians anschließend gegen Künnes Einwände in Schutz zu nehmen. Nachdem uns Spitzley schon mit Davidsons Auffassungen zur Autorität der Ersten Person bekannt gemacht hat, diskutiert Ralf Stoecker in seinem Beitrag „Intra-sententielle Deixis und die logische Form von Handlungssätzen“ Davidsons berühmte Analyse von Handlungssätzen. Sie ist in Stoeckers Augen unbefriedigend, da sie nicht auf jeden dieser Sätze passt und einen zudem auf ein wenig attraktives Verständnis von Handlungen festlegt. Die Alternative, für die Stoecker plädiert, macht sich Künnes Idee der intra-sententiellen Deixis zunutze. Ein Handlungssatz wie „Eva läuft schnell über die Straße“ ist so zu paraphrasieren, dass ein Ausdruck zum Vorschein kommt, der auf einen anderen Teil desselben Satzes zeigt: „Eva läuft über die Straße, und dies tut Eva schnell.“ In der Sektion Ontologie geht es zu Beginn um eine, wie es scheint, sehr merkwürdige Art von „Dingen“: literarische Phantasiegeschöpfe wie Kafkas Gregor Samsa. Christian Beyer nähert sich in „Fiktionale Rede“ der Ontologie solcher Objekte, indem er drei miteinander zusammenhängende Probleme der sprachanalytischen Philosophie der Fiktion traktiert: 1. Wie funktioniert die Rede innerhalb fiktionaler Werke? 2. Wie funktioniert die Rede über fiktionale Gegenstände? 3. Lässt sich die Bezugnahme auf fiktionale Gegenstände aus unserer Rede eliminieren? Beyer bejaht die dritte Frage. Zu diesem Zweck greift er einerseits auf den im Zusammenhang mit der ersten Frage ins Spiel gebrachten Begriff eines Erzählers zurück und knüpft andererseits an Lewis’ und Künnes Antworten auf die zweite Frage an. Sein Fazit lautet, dass zwar fiktionale Werke existieren, literarische Figuren aber nicht. Das Thema von P. M. S. Hackers „Of the Ontology of Belief “ ist der ontologische Status von Meinungen. Er argumentiert, dass die üblichen Ansätze hierzu allesamt verfehlt sind: Meinungen sind keine Gefühle (dass etwas wahr ist), keine mentalen Zustände (oder propositionalen Einstellungen) und keine Verhaltensdispositionen. Sie lassen sich nicht analytisch definieren, indem sie in eine gemeinsame Oberkategorie eingeordnet werden. Ihnen kann nur eine flexible Explikation gerecht werden, die die ver-
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schiedenen Bedürfnisse berücksichtigt, die von dem Begriff der Meinung befriedigt werden. Für Unterschiede zwischen ontologischen Kategorien wird häufig unter Verweis auf Leibniz’ Gesetz argumentiert, nach dem x nur dann mit y identisch ist, wenn x und y in allen Eigenschaften übereinstimmen. Diesem Argumentationsmuster schließt sich auch Künne an, wenn er dafür eintritt, dass das mit einem Satz Gesagte nicht mit der Bedeutung des Satzes gleichzusetzen ist, da das Gesagte z.B. plausibel sein kann, die Bedeutung aber nicht. Benjamin Schnieder geht es in „‚Nach Leibniz’ Gesetz ergibt sich …‘ – Über einen verbreiteten Fehlschluss“ darum, dass Begründungen dieses Typs defizitär sind: Es könnte gewissermaßen eine rein sprachliche Angelegenheit sein, dass wir diejenigen Dinge, die wir u.a. „Satzbedeutungen“ nennen, nur dann als plausibel ausweisen, wenn wir auf sie mit dem Ausdruck „das mit dem Satz Gesagte“ Bezug nehmen, während wir dies nicht tun, wenn wir auf sie mit dem Ausdruck „die Bedeutung des Satzes“ verweisen. Die letzten beiden Beiträge dieser Sektion widmen sich der meta-ontologischen Frage, wie das Geschäft der Ontologie eigentlich zu betreiben ist. Sprachanalytische Philosophen gehen häufig davon aus, dass die Kategorien und Strukturen der Dinge in der Welt die Kategorien und Strukturen der Sprache widerspiegeln. Dabei – so Peter Simons in „Diskrepanzen: Wie Sprache und Welt zueinander stehen“ – gibt es vielfältige Unterschiede zwischen diesen Bereichen: Sprache ist vage, allgemein, subjektzentriert, wahrnehmungsnahe, modal und wertgesättigt, während die Welt exakt, partikulär, unzentriert, wahrnehmungsindifferent, amodal und wertfrei ist. Dass wir dennoch über die Welt sprechen können, liegt daran, dass die Sprache auf der Basis der Wahrnehmung steht. Und die Wissenschaft befähigt uns dazu, von dieser schmalen Basis aus in das Innere der Wirklichkeit vorzudringen. In dieselbe Kerbe wie Simons schlägt Daniel von Wachter mit seinem Aufsatz „Ontologie und Semantologie“. Als „Semantologie“ bezeichnet er den Versuch, sich die ontologischen Kategorien der Wirklichkeit zu erschließen, indem man Aussagen unter die Lupe nimmt, gegebenenfalls umformt und daraufhin untersucht, worüber sie „quantifizieren“. Dem stellt von Wachter eine Art von Ontologie gegenüber, die wenig mit Semantik zu tun hat. Am Beispiel der Metaphysik der Eigenschaften wird der Unter-
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schied zwischen Semantologie und Ontologie demonstriert, während die kontrafaktische Theorie der Verursachung von Wachter als Beleg dafür dient, dass die semantologische Methode zu falschen Ergebnissen führt. Zum Abschluss die Sektion Geschichte der Philosophie, für die sich eine Abfolge nach den Lebensdaten der jeweiligen Hauptfiguren anbietet. Wir starten in der Antike: Dorothea Frede verweist in „Platons Dialoge als ‚Erinnerungen‘“ darauf, dass der Phaidros neben der „Kritik an der Schriftlichkeit“ auch positive Hinweise zum Umgang mit Platons Texten enthält. Schriftliches, so erklärt Platon, dient auch als „Schatz von Erinnerungen gegen die Vergesslichkeit des Alters“. Und er betont, dass das niedergelegte Gespräch auf die Besonderheit der Seele der Teilnehmer zuzuschneiden ist: Je nach Art des Unterredners ist mit Ergebnissen auf unterschiedlichem Niveau zu rechnen. Daraus ergibt sich, wie Frede an verschiedenen Beispielen vorführt, dass Platons Dialoge oft arbeitsteilig vorgehen und komplementäre Behandlungen der gleichen Fragestellung bieten. Rolf W. Pusters Beitrag „Die Selbigkeit des Erinnerten – Zu einem Dilemma des Lockeschen Konzeptualismus“ erläutert und prüft die Disparatheitsthese, nach der sich ontologische Positionen durch außerlinguistische empirische Befunde weder stützen noch unterminieren lassen. In einem historischen Exkurs zur dispositionalen Gedächtnislehre Lockes zeigt Puster, dass es diesem nicht gelingen kann, die von seiner Theorie geforderte Identität der ursprünglichen Idee und der Idee, in der die Erinnerung besteht, zu erklären, ohne in Konflikt mit seinem Konzeptualismus zu geraten. Dieser mit der Disparatheitsthese unvereinbare Befund wird darauf zurückgeführt, dass die Eigenart des Erinnerungsphänomens ontologische Positionen auszuschließen erlaubt, die die Rekonstruktion der Selbigkeit des Erinnerten in empirischen Theorien nicht zulassen. In „Intuitions: The Theories of Kant and Bolzano“ befasst sich Rolf George mit Kants Unterscheidung zwischen Begriffen und Anschauungen, Bolzanos Kritik an Kant und dessen eigener Anschauungstheorie. Seine Konzeption von „Sätzen an sich“ erlaubt es Bolzano, logische Begriffe wie den der Ableitbarkeit, der Äquivalenz und der Analytizität in einer nichtpsychologistischen Weise zu erfassen. Anschauungen – so George – bilden aber eine Ausnahme in diesem Programm. Sie werden unter Bezugnahme
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auf Psychologisches eingeführt: als Gedankenepisoden, in denen man sich seiner mentalen Vorgänge direkt bewusst ist. George kritisiert in seinem Beitrag eine Auffassung, die er „Hamburger Häresie“ nennt. Sie besagt, dass manche Sätze an sich (nämlich diejenigen, in denen Anschauungen an sich stecken) indexikalische Elemente enthalten. Auch Edgar Morscher meldet hier Bedenken an. Bolzanos Sätze an sich sind ebenso wie Gedanken bei Frege ein Bestandteil dessen, was Popper unter dem Stichwort „Welt 3“ verhandelt hat; sie sind weder physische Objekte oder physikalische Prozesse (Welt 1) noch psychische Phänomene oder subjektive Erlebnisse (Welt 2). Morscher fragt nun: „Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben?“, und seine Antwort ist, was Bolzanos und Freges Lehren angeht, ein klares Nein. Aber auch wenn deren Zielsetzungen eher darauf hinauslaufen, Indexikalität zu eliminieren, als darauf, sie zu analysieren, war Indexikalität für beide ein Thema. Bolzano hat sich mit ihr im Rahmen seiner Bemühungen um eine Grundlegung empirischer Erkenntnisse beschäftigt; seine Überlegungen weisen dabei interessante Parallelen zu Russells An Inquiry into Meaning and Truth auf. Morscher stellt außerdem eine Verbindung zu Künnes Theorie des Sinns indexikalischer Ausdrücke her, die ihrerseits von Frege angeregt wurde. Von Bolzano und Frege ist es nicht weit zu Husserl. In dessen Schriften ist auffallend häufig von dem Wesen bestimmter Dinge, von Ideen, Arten und Typen wie auch von Notwendigkeiten, Möglichkeiten, Unmöglichkeiten, notwendigen Möglichkeiten, wesentlichen Notwendigkeiten und wesentlichen Gesetzen die Rede. In seinem Beitrag „Essence and Modality – The Quintessence of Husserl’s Theory“ bringt Kevin Mulligan ein wenig Ordnung in diese Vielfalt, indem er ausbuchstabiert, was Husserl im Sinn hat, wenn er von Wesen und Modalitäten spricht. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Verhältnisse zwischen Grund und Folge („x gründet in y“, „q weil p“). Anschließend stellt Mulligan diese Ideen der Konzeption von Bolzano gegenüber. Mit Husserl und Frege befanden wir uns noch halb im 19. Jahrhundert, Gerd Graßhoffs „On the Origin of Wittgenstein’s Tractatus“ führt uns nun vollends in das 20. Jahrhundert hinein. Graßhoff argumentiert, dass Wittgensteins frühe Auffassung von Philosophie ihren Ursprung in seinen Überlegungen zur Relativität von Raum und Zeit hat: Spätestens während seines Ingenieurstudiums an der TH Berlin-Charlottenburg lernte Wittgen-
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stein die intensive Debatte der Physiker um den erkenntnistheoretischen Status des Trägheitsgesetzes und des damit eng zusammenhängenden Kausalitätsprinzips („Jedes Ereignis hat eine Ursache“) kennen. Beeinflusst durch Hertz’ Prinzipien der Mechanik, in denen begriffliche Schärfe als ein Mittel zur Lösung von Scheinproblemen betont wird, fand er später, nachdem er bei Russell über Logik zu arbeiten begann, eine radikale Lösung: In einem vernünftigen Symbolismus mit strikten Regeln erweist sich das Kausalitätsprinzip als sinnlos. Wittgenstein sah damit eine neue Epoche der Philosophie herankommen, deren Grundsätze er im Tractatus niederlegte. ∗∗∗ Wir bedanken uns sehr herzlich bei den Autoren. Es bedurfte keinerlei Überredungskunst; alle von ihnen waren sofort von der Vorstellung begeistert, ihren Teil zu diesem Geburtstagsgeschenk für Wolfgang Künne beizusteuern. Und auf unsere editorischen und inhaltlichen Nachfragen haben sie immer so schnell reagiert, dass das pünktliche Erscheinen niemals in Frage stand. Die Zusammenarbeit mit ihnen sowie mit Rafael Hüntelmann vom ontos verlag war uns ein Vergnügen. Ein großer Dank geht auch an Uwe Schöneberg, der bei der Herstellung der Druckvorlagen geholfen hat.
Über die Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse Johannes L. Brandl (Salzburg)
Je mehr wir über die neuronalen Grundlagen des Bewusstseins erfahren, desto deutlicher wird die enorme Komplexität, die sich selbst hinter einfachsten kognitiven Leistungen verbirgt. Besonders erstaunlich ist dies im Fall der Wahrnehmungserlebnisse. Denn aus der Sicht eines Subjekts gibt es nichts Einfacheres, als ein solches Wahrnehmungserlebnis zu haben. Wer über funktionsfähige Sinnesorgane verfügt, der braucht nur wach zu sein und sich in einer für ihn normalen Umgebung zu befinden, die ihn mit Sinnesreizen versorgt, und schon ist sein Bewusstsein erfüllt von Farben, Geräuschen, Gerüchen und anderen Sinnesqualitäten. So erstaunlich die neuronale Komplexität auch sein mag, ein direkter Widerspruch zu unserem subjektiven Empfinden liegt hier nicht vor. Was aus der Perspektive der Hirnforschung ungemein komplex erscheint, kann aus der kognitiven Perspektive des jeweiligen Subjekts dennoch ganz einfach sein. Es handelt sich dabei ja offenbar um zwei völlig verschiedene Sichtweisen, die man bei der Beschreibung und Erklärung von Wahrnehmungserlebnissen einnehmen kann. Es gibt allerdings noch Gründe ganz anderer Art, die man gegen die Einfachheit von Wahrnehmungserlebnissen vorgebracht hat. Der eigentliche „Gegner“ ist hier eine auf erkenntnistheoretischen Überlegungen beruhende These, die besagt, dass jedes Wahrnehmungserlebnis einen propositionalen Inhalt hat. Demnach wären unsere Erlebnisse auch aus kognitiver Perspektive nicht einfacher als eine Überzeugung oder irgendeine andere propositionale Einstellung. Dies widerspricht dem subjektiven Eindruck, den wir von der Natur dieser Erlebnisse haben. Anhänger der propositionalen These gehen deshalb davon aus, dass es sich bei diesem Eindruck um einen Irrtum handelt, der philosophisch noch dazu
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gefährlich ist. Die Gefahr bestehe darin, in jenen „Mythos des Gegebenen“ zu verfallen, den Wilfried Sellars (1956) zur Zielscheibe seiner Kritik machte. Gemeint sind damit eine Reihe fragwürdiger Thesen – oder „Dogmen“ – des Empirismus, vor denen man sich hüten sollte: die These, unsere Erlebnisse bildeten ein zweifelsfreies Fundament unseres Wissens, die These einer theoriefreien Beobachtung, die These von einfachsten Begriffen, die unmittelbar aus der Erfahrung abstrahiert werden können, sowie die Annahme, dass wir in Wahrheit immanente Sinnesdaten und nicht reale Ereignisse und Dinge der Außenwelt wahrnehmen. Wahrnehmungserlebnisse sind jedoch nicht so einfach, wie sie uns erscheinen, so lautet die Kritik. Die propositionale These sollte uns vor diesen Irrtümern bewahren. Mein Ziel wird es im Folgenden sein, die intuitive Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse gegen diesen erkenntnistheoretischen Angriff zu verteidigen.1 Damit ist nicht nur gemeint, dass diese Erlebnisse etwas Elementares sind in dem Sinne, in dem wir von elementaren Begriffen sprechen. Der Ausdruck „Einfachheit“ steht hier für eine Art von intentionaler Beziehung, die noch nicht jene Perspektivenunterschiede kennt, die für repräsentationale Vorgänge charakteristisch sind. Propositionale Einstellungen beziehen sich auf Gegenstände oder Ereignisse, denen wir je nach Wahrnehmungsbedingungen eine unterschiedliche Erscheinungsweise zuschreiben, ohne dass sich die Gegenstände selbst ändern müssen. Wahrnehmungserlebnisse dagegen beziehen sich auf eine Welt von Qualitäten, die sich mit den Bedingungen ändern, unter denen wir sie erleben. Zwei Punkte möchte ich vorausschicken: Ich spreche hier nur von den Erlebnissen, die Wahrnehmungsvorgängen zugrunde liegen, nicht von den Wahrnehmungsvorgängen selbst. Ich werde deshalb nicht die Argumente wiederholen, mit denen z.B. Fred Dretske (1969, Kap. 2; 1979) und Gareth Evans (1982, 122ff., 143ff.) dafür eingetreten sind, dass es elementare Wahrnehmungsvorgänge gibt, die als nicht-epistemische Prozesse der Informationsverarbeitung zu rekonstruieren sind. Die Schwierigkeiten, diese 1
Die Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse zu verteidigen, wäre weit schwieriger ohne die klarsichtigen Ausführungen zum Begriff des Sehens, die Wolfgang Künne (1995) vorgelegt hat. Die vorliegende Arbeit ist ein Dank für die Einsichten, die ich aus seinen Betrachtungen zu diesem Thema gewinnen konnte. Den Teilnehmern des Salzburger Philosophie-Kolloquiums und Mark Textor danke ich für ihre Kritik einer ersten Fassung dieses Aufsatzes.
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Argumente stichfest zu machen, sind bis heute nicht gelöst worden.2 Ich werde deshalb versuchen, den Mythos von der propositionalen Komplexität der Wahrnehmungserlebnisse auf andere Weise zu zerstreuen. Meines Erachtens stützt sich diese These auf richtige Intuitionen, zieht daraus aber voreilige Schlüsse, denen es auf die Spur zu kommen gilt. Zweitens möchte ich vorausschicken, dass ich keine eigene Analyse der Intentionalität von Wahrnehmungserlebnissen vorlege. Mein Ziel beschränkt sich darauf, deutlich zu machen, warum es dafür überhaupt einer besonderen Analyse bedarf, die sich von der Analyse propositionaler Einstellungen wesentlich unterscheidet. In Abschnitt 1 erläutere ich zunächst, worum es grundsätzlich bei einer Analyse von Wahrnehmungserlebnissen geht. Dabei unterscheide ich zwischen einer allgemeinen „Korrektheitsintuition“, die jeder intentionalen Analyse von Wahrnehmungserlebnissen zugrunde liegt, und einer weiter gehenden Analogie, die den Weg zu einer propositionalen Analyse ebnet. Im Zentrum meiner kritischen Überlegungen wird dann ein Argument zugunsten dieser Analogie stehen, das ich in Abschnitt 2 formuliere. Dieses Argument zu entkräften, wird einigen Aufwand erfordern. Zuerst werde ich in Abschnitt 3 einen Widerlegungsversuch diskutieren, der zunächst viel versprechend erscheint, dem ein Propositionalist jedoch Stand halten kann, wie sich zeigen wird. Erst in Abschnitt 4 wird sich herausstellen, warum die propositionale These letztlich doch nicht überzeugen kann. Entscheidend dafür wird eine zweite Intuition sein, die ich als „die Intuition der vorbegrifflichen Erfahrung“ bezeichne. Am Schluss hoffe ich deutlich machen zu können, dass man dem Mythos des Gegebenen am besten dadurch entgehen kann, dass man diese beiden Intuitionen bei der Analyse von Wahrnehmungserlebnissen berücksichtigt. 1 Die intuitive Grundlage der propositionalen Analyse Ein beherrschendes Thema der philosophischen Diskussion der letzten Jahre war die Frage der metaphysischen Möglichkeit des phänomenalen Be2
Ein jüngster Beitrag zur Diskussion über die Einfachheit von Wahrnehmungsvorgängen (und den darin enthaltenen Erlebnissen) ist die Auseinandersetzung zwischen Gerald Vision (2004) und Rolf-Peter Horstmann (2004).
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wusstseins: Wie kann es in einer Welt, deren einfachste Bestandteile nichts anderes als bewusstlose Materieteilchen sind, so etwas wie Empfindungen und Erlebnisse geben, die eine bestimmte phänomenale Qualität besitzen? Dieser „harte Kern“ des Bewusstseinsproblems, auf den David Chalmers (1996, xiii) die Aufmerksamkeit gelenkt hat, beruht auf einem Perspektivenproblem. Um es zu lösen, muss man zeigen, wie sich die neuronale Erklärung von Empfindungen und Erlebnissen damit vereinbaren lässt, wie uns diese Empfindungen und Erlebnisse subjektiv erscheinen. Dazu muss man bereits wissen, wie diese Empfindungen und Erlebnisse aus subjektiver Warte beschaffen sind. Das ist durchaus nicht so klar, wie man meinen könnte. Es mag dafür hilfreich sein, an eine Unterscheidung zu erinnern, auf die Brentano großen Wert legte. Brentano (1982, 127ff.) unterschied zwischen zweierlei Fragen, die man in der Philosophie des Geistes stellen kann: Das eine sind genetische Fragen bezüglich des Entstehens psychischer Phänomene, das andere sind deskriptive Fragen bezüglich der Eigenart und der Struktur dieser Phänomene. Es sind vor allem diese deskriptiven Fragen, wie Brentano meint, die die Philosophen beschäftigen sollten. Dies scheint mir ein guter Ratschlag zu sein, auch wenn Brentano dabei weiter gehende Ansprüche erhebt, die ich nicht teilen möchte. Er verknüpfte mit seiner „deskriptiven Psychologie“ bekanntlich die Hoffnung, durch die innere Wahrnehmung zu letzten Gewissheiten über die Natur psychischer Phänomene zu gelangen. Meines Erachtens wird sich die Aufgabe einer deskriptiven Analyse darauf beschränken müssen, gewisse grundlegende Intuitionen zu klären und zu zeigen, wie uns diese Intuitionen zu einer genaueren Beschreibung mentaler Phänomene führen können. Aber noch eine andere Beschränkung werde ich vornehmen. Ich werde hier nicht alle Erlebnisse betrachten, die eine gewisse phänomenale Qualität haben, sondern nur Wahrnehmungserlebnisse. Damit meine ich jene Erlebnisse, die wir haben, wenn unsere Sinnesorgane durch Sinnesreize entsprechend stimuliert werden. Unberücksichtigt lasse ich dagegen alle Erlebnisse, die ohne einen unmittelbaren Sinnesreiz zustande kommen; also z.B. Nachbilder, die auf Wahrnehmungserlebnisse folgen, reine Phantasieerlebnisse, die wir z.B. im Traum haben können, und den gesamten Bereich der Körperempfindungen und Emotionen. Der Grund für diese Einschränkung ist ein strategischer: Für Erlebnisse dieser Art ist die propositi-
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onale These prima facie wesentlich unplausibler. Gelingt es daher zu zeigen, dass diese These nicht einmal auf Wahrnehmungserlebnisse zutrifft, ist es umso weniger plausibel, eine solche These für eine dieser anderen Erlebnisklassen aufzustellen.3 Gerade beim Thema Wahrnehmung ist es jedoch besonders heikel, an Intuitionen zu appellieren. Gibt es hier überhaupt etwas, was man dabei als einigermaßen unstrittig voraussetzen kann? Ich denke schon. Allerdings ist es oft schwierig zu trennen zwischen dem, was intuitiv plausibel ist, und gewissen Schlussfolgerungen, die sich daraus möglicherweise ziehen lassen. Wenn es um Wahrnehmungserlebnisse geht, läuft der intuitive Zugang zweifellos über die Sinnestäuschung. Niemand kann in Abrede stellen, dass uns die Sinne täuschen können und dass dies auch häufig geschieht. Beispiele typischer Täuschungen sind ein beliebtes Anschauungsmaterial sowohl für philosophische als auch für empirische Wahrnehmungstheorien. Man denke etwa an die Müller-Lyer-Illusionen, die uns Linien als unterschiedlich lang, als gebogen oder als aufeinander zulaufend erscheinen lassen, obwohl sie es nicht sind. Oder man denke daran, dass uns die gleich bleibende Mondscheibe größer zu werden erscheint, wenn sie sich dem Horizont nähert. Darüber sollte Einigkeit bestehen. Was aber heißt hier eigentlich, dass „die Sinne uns täuschen“? Das hängt davon ab, aus welcher Perspektive man sich die Frage stellt. Aus der Warte des jeweiligen Subjekts ist dies wohl so zu verstehen: Es sind Wahrnehmungserlebnisse, die uns dabei in die Irre führen. Es ist nicht so, dass wir gewisse Erlebnisse haben und dann – aus anderen Gründen – zu falschen Meinungen über die wahrgenommenen Dinge gelangen. Es ist vielmehr so, dass bereits mit den Erlebnissen selbst etwas nicht stimmt. Die Dinge erscheinen uns in diesen Erlebnissen anders, als sie tatsächlich sind; das heißt: Die Erlebnisse selbst sind in einem gewissen Sinn inkorrekt. Es sind diese Erlebnisse – nicht irgendwelche anderen Gründe –, die uns dazu
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Fasst man den Begriff des Erlebnisses noch weiter und bezeichnet man sämtliche Bewusstseinsphänomene als Erlebnisse – also auch alle uns bewussten propositionalen Einstellungen –, dann gibt es klarerweise Erlebnisse mit einem propositionalen Inhalt. Auch deshalb ist es wichtig, die zur Diskussion stehende These als These speziell über Wahrnehmungserlebnisse zu verstehen.
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verleiten, die Größe, die Gestalt oder die Lage eines Objekts falsch zu beurteilen. Wahrnehmungserlebnisse können uns also täuschen. Dies ist die grundlegende Intuition, die es rechtfertigt, Wahrnehmungserlebnisse als Phänomene mit einem intentionalen Inhalt zu betrachten. Ich nenne dies die Korrektheitsintuition: (KOR) Wahrnehmungserlebnisse besitzen einen intentionalen Inhalt und können daher korrekt oder inkorrekt sein. Damit ist aber noch nicht gesagt, was es für ein Wahrnehmungserlebnis bedeutet, „korrekt“ oder „inkorrekt“ zu sein. Zur Beantwortung dieser Frage könnte man folgenden Vergleich anstellen: Inkorrekte Wahrnehmungserlebnisse verhalten sich zu einer echten Wahrnehmung so wie eine falsche Überzeugung zu echtem Wissen. Wer etwas bloß glaubt, der verfügt noch über kein Wissen, da seine Überzeugung falsch oder grundlos sein kann. Genau so ist es bei Wahrnehmungserlebnissen. Wer nur ein gewisses Erlebnis hat, nimmt deshalb noch nichts wahr, denn sein Erlebnis könnte sich als eine Täuschung erweisen. Unsere Überzeugungen müssen wahr (und gerechtfertigt) sein, damit wir etwas wissen; und Ähnliches gilt für unsere Erlebnisse. Auch sie müssen „wahr“ sein, damit sie uns nicht in die Irre führen, so könnte man argumentieren. Dieser Vergleich führt zwangsläufig dazu, dass man Wahrnehmungserlebnissen einen propositionalen Inhalt zuschreiben muss. Es ist also nicht allein die Korrektheitsintuition, sondern die Analogie zur Wahrheit und Falschheit von Überzeugungen, die den eigentlichen Motor der propositionalen Analyse bildet. Freilich geht beides oft Hand in Hand, wie man am Beispiel von John Searles intentionaler Theorie der Wahrnehmung sehen kann: Im Fall der Überzeugung weiß ich – auch wenn meine Überzeugung falsch ist – was der Fall sein muss, damit meine Überzeugung nicht falsch ist. Und d.h. einfach, dass der intentionale Gehalt der Überzeugung Erfüllungsbedingungen festlegt – er legt fest, unter welchen Bedingungen die Überzeugung wahr bzw. falsch ist. In genauer Analogie dazu möchte ich nun für den Fall des visuellen Erlebnisses sagen, dass ich – selbst wenn ich hallu-
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ziniere – weiß, was der Fall sein muss, damit das Erlebnis keine Halluzination ist; und das heißt einfach, dass der intentionale Gehalt des visuellen Erlebnisses dessen Erfüllungsbedingungen festlegt. (Searle 1983, dt. 62) Man kann hier gut erkennen, dass das intuitive Rückgrat von Searles Theorie zwei unabhängige Annahmen enthält: Die eine ist die Korrektheitsintuition, die Searle mit dem Hinweis auf halluzinatorische Erlebnisse illustriert; die andere ist die Analogie zwischen Erlebnissen und Überzeugungen. Beides zusammen ergibt die Grundlage der propositionalen These, die Searle – um der Anschaulichkeit willen – nur für den Bereich der visuellen Erlebnisse formuliert, die er aber als verallgemeinerbar verstanden wissen will: Der Gehalt eines visuellen Erlebnisses ist – wie der einer Überzeugung – immer einer ganzen Proposition äquivalent. Visuelles Erleben handelt niemals bloß von einem Gegenstand, vielmehr muss immer erlebt werden, dass das-und-das der Fall ist. (Ebd., dt. 62) Man beachte, dass sich Searle damit nicht zum Fürsprecher einer doxastischen Theorie der Wahrnehmung macht. Seine These ist nicht, dass Wahrnehmungserlebnisse bereits einfache Überzeugungen sind oder nichts anderes als Dispositionen, solche Überzeugungen zu erwerben oder beizubehalten. Dieser doxastische Ansatz, den z.B. David Armstrong (1968, 216ff.) verfolgt, stößt auf das Problem der kognitiven Impenetrabilität von Sinnestäuschungen. Das Problem besteht darin zu erklären, was geschieht, wenn wir Illusionen durchschauen, ohne dass sich deshalb unsere Wahrnehmungserlebnisse ändern. Wer die Müller-Lyer-Illusionen kennt, der glaubt natürlich nicht, dass die dargestellten Linien gleich lang sind, ohne dass deshalb das täuschende Erlebnis verschwinden würde. Besitzt er deshalb immer noch die Disposition, dies zu glauben? Dies ist ein Problem für Armstrong, aber nicht unbedingt für Searle. Er kann sagen, dass Wahrnehmungserlebnisse zwar einen propositionalen Gehalt haben, aber deshalb weder Überzeugungen noch Überzeugungsdispositionen sind. Sie bilden eine eigene Kategorie von intentionalen Phänomenen, die Überzeu-
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gungen in gewisser Hinsicht ähneln, aber nicht mit ihnen gleichgesetzt werden dürfen. 2 Ein Argument für die propositionale These Die propositionale Analyse von Wahrnehmungserlebnissen, so haben wir bisher gesehen, kann sich zweierlei zugute halten: Sie steht im Einklang mit der Intuition, dass Wahrnehmungserlebnisse korrekt oder inkorrekt sein können, und sie vermag den Schwierigkeiten auszuweichen, die sich ergeben, wenn man Erlebnisse mit Überzeugungen oder Überzeugungsdispositionen gleichsetzt. Aber reicht das, um diese Analyse zu empfehlen? Ich denke nicht. Dass Erlebnisse korrekt oder inkorrekt sein können, beweist noch nicht, dass sie genau im selben Sinn Erfüllungsbedingungen haben wie Überzeugungen. Korrekt oder inkorrekt könnten Erlebnisse auch sein, wenn sie keinen propositionalen Inhalt haben. Dass hier weiterer Begründungsbedarf besteht, ergibt sich daraus, dass es ebenso offenkundige Disanalogien zwischen Überzeugungen und Wahrnehmungserlebnissen gibt. Das ist auch Searle klar, und er spezifiziert zwei solche Disanalogien. Da ist, zum einen, die Tatsache, dass Erlebnisse eine „Direktheit, Unmittelbarkeit und Unwillkürlichkeit [haben], die einer Überzeugung abgeht“ (Searle 1983, dt. 69), und da ist, zum anderen, der Umstand, dass zu den Erfüllungsbedingungen eines visuellen Erlebnisses auch die Forderung gehört, „dass das visuelle Erlebnis […] vom wahrgenommenen Sachverhalt verursacht wird“ (ebd., dt. 72f.). Doch diese besonderen Merkmale von Wahrnehmungserlebnissen sprechen nicht gegen die propositionale Analyse, wie Searle meint; vorausgesetzt, man kann erklären, warum Wahrnehmungserlebnisse sich in diesen beiden Hinsichten von Überzeugungen unterscheiden. Was die Direktheit, Unmittelbarkeit und Unwillkürlichkeit der Erlebnisse betrifft, macht Searle (1983, dt. 69) folgenden Vorschlag: Der Unterschied bestehe hier darin, dass Überzeugungen gewisse Sachverhalte „repräsentieren“, während ein Erlebnis einen Sachverhalt „präsentiere“. Eine nähere Erläuterung dieses Unterschieds gibt Searle allerdings nicht. Die andere Differenz zwischen Überzeugungen und Erlebnissen versucht er damit zu erklären, dass die Erfüllungsbedingungen von Erlebnissen „kausal
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selbstbezüglich“ sind. Diese Selbstbezüglichkeit ergibt sich, weil es seiner Ansicht nach Teil der Erfüllungsbedingungen eines Erlebnisses ist, dass es durch den von ihm selbst präsentierten Sachverhalt verursacht wurde (ebd., dt. 72). Ich möchte diese Vorschläge hier nicht im Detail diskutieren. Es scheint mir ziemlich offenkundig zu sein, dass Searle damit den Bedarf nach einer Begründung der propositionalen These nur weiter hinausschiebt, indem er sich eines ontologischen Kunstgriffs bedient. Der Trick besteht darin, dass Searle bei der Erklärung der spezifischen Unterschiede, die zwischen Erlebnissen und Überzeugungen bestehen, auf die Kategorie der Sachverhalte Bezug nimmt. In jedem Erlebnis sei ein Sachverhalt präsent, und jedes Erlebnis sei kausal an den Sachverhalt gebunden, der in diesem Erlebnis präsentiert wird. Sachverhalte sind dabei nichts anderes als das ontologische Gegenstück zu einer Proposition. Wenn also Erlebnisse Sachverhalte präsentieren, ist damit schon festgelegt, dass diese Erlebnisse einen propositionalen Inhalt haben müssen. Das ist natürlich kein Argument für diese These. Wer nicht schon die propositionale These akzeptiert, der wird auch nicht zugeben, dass uns Erlebnisse Sachverhalte präsentieren, was immer dies genau heißen mag. Was den Begründungsbedarf der propositionalen These betrifft, stehen wir also immer noch am Anfang. Da sich Wahrnehmungserlebnisse in zwei wesentlichen Punkten von Überzeugungen unterscheiden, wie Searle einräumt, bedarf es eines Arguments, warum es trotz dieser Differenzen berechtigt ist, diesen Erlebnissen einen propositionalen Inhalt zuzuschreiben. Weder die Korrektheitsintuition noch eine gewisse Analogie zwischen Wahrnehmungserlebnissen und Überzeugungen, die man daraus ableiten könnte, reichen dafür aus. Ich möchte deshalb nun ein Argument formulieren, dessen sich ein Propositionalist zur Stützung seiner These bedienen kann. Ich meine sogar, dass seine These nur dann überzeugend ist, wenn man alle Prämissen dieses Arguments akzeptiert. Der Einfachheit halber formuliere ich das Argument wieder speziell für den Fall der visuellen Wahrnehmungserlebnisse, doch ist leicht zu sehen, wie man es verallgemeinern könnte: (P1) Wenn ein Ding oder Ereignis x einem Subjekt S visuell auf gewisse Weise erscheint, dann sieht S dieses x.
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Johannes L. Brandl (P2) Wenn ein Subjekt S ein Ding oder Ereignis x sieht, dann gibt es ein Merkmal M von x, so dass S sieht, dass x das Merkmal M hat. (P3) Wenn es ein Merkmal M von x gibt, so dass S sieht, dass ein Ding oder Ereignis x das Merkmal M hat, dann gibt es ein Merkmal N, so dass S ein Erlebnis mit dem propositionalen Inhalt hat, dass x das Merkmal N hat.
Als Konklusion daraus erhalten wir folgende Version der propositionalen These: (PT) Wenn ein Ding oder Ereignis x einem Subjekt S visuell auf gewisse Weise erscheint, dann gibt es ein Merkmal N, so dass gilt: S hat ein Erlebnis mit dem propositionalen Inhalt, dass x N hat. Die Formulierung von Prämisse (P3) nimmt darauf Rücksicht, dass der Inhalt eines Wahrnehmungsaktes nicht der gleiche sein muss wie der Inhalt des zugrunde liegenden Erlebnisses. So könnte jemand z.B. sagen, er sehe, dass sein Freund krank ist, weil er ihm blasser als sonst erscheint, ohne deshalb sagen zu müssen, er habe ein Erlebnis mit dem Inhalt, dass sein Freund krank ist. Für die weitere Diskussion wird diese Feinheit jedoch keine Rolle spielen. 3 Ein Widerlegungsversuch Das Argument bietet logisch gesehen keinen Ansatz für Kritik; wir brauchen also nur die einzelnen Prämissen auf ihre Wahrheit hin zu überprüfen. Gibt es entscheidende Einwände gegen eine oder mehrere der Prämissen? Zur Klärung dieser Frage kann ich mich auf die Arbeiten zum Begriff der Wahrnehmung stützen, die Wolfgang Künne (1995) und Mark Siebel (2000) vorgelegt haben. Künne und Siebel untersuchen darin die verschiedenen sprachlichen Konstruktionen, in denen Wahrnehmungsverben in der Alltagssprache vorkommen, wobei sie auch jene beiden Implikationen genauer unter die Lupe nehmen, die als Prämissen (P1) und (P2) unseres Arguments aufscheinen. Wie wir sehen werden, kommen sie dabei zu dem Ergebnis, dass nur die Prämisse (P1), nicht aber (P2) überzeugend ist. Ob
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dies ein gangbarer Weg ist, die propositionale These zu kritisieren, wollen wir nun sehen. Praktischerweise entwickeln Künne und Siebel ihre Argumente ebenfalls anhand des Begriffs des Sehens, so dass ich ihre Überlegungen hier direkt wiedergeben kann. Beginnen wir mit jener Prämisse, die wohl auf den ersten Blick am ehesten strittig erscheint, nämlich (P2). Die Frage ist hier folgende: Kann man von einem Subjekt S sagen, dass es ein Ding oder Ereignis x sieht, ohne dass es ein Merkmal M gibt, von dem gilt: S sieht, dass x das Merkmal M hat? Oder anders formuliert: Folgt aus der Verwendung des Begriffs „sehen“ in der Objektkonstruktion („S sieht x“) eine Aussage, in der der Ausdruck „sehen“ in der propositionalen Konstruktion verwendet wird („S sieht, dass p“)? Künne versucht mit zweierlei Argumenten zu zeigen, warum diese Folgerung nicht besteht. Sein erstes Argument setzt voraus, dass man die propositionale Verwendung des Begriffs des Sehens auf folgende Weise definiert: Man sieht genau dann, dass es sich soundso verhält, wenn man visuell, d.h. dadurch, dass man ein Ding oder Ereignis sieht, erkennt, dass es sich so verhält. (Künne 1995, 109f.) Ob diese Definition plausibel ist, wird sich noch zeigen. Zunächst will ich das Argument schildern, das Künne hier vorbringt. Er meint, dass zwischen dem Sehen im Objektsinn („S sieht x“) und dem Sehen im propositionalen Sinn („S sieht, dass p“) eine asymmetrische Abhängigkeit besteht. Man kann nicht sehen, dass etwas der Fall ist, ohne ein Ding oder Ereignis zu sehen, wohl aber umgekehrt: Man kann Dinge oder Ereignisse sehen, ohne irgendwelche Erkenntnisse über diese Dinge und Ereignisse zu gewinnen und daher ohne zu sehen, dass etwas der Fall ist. Denn, so das Argument, wer ein Ding oder Ereignis sieht, kann sich dabei jeglichen Urteils darüber enthalten, was er sieht oder wie es beschaffen ist. Künne gibt dafür folgendes Beispiel: Anna kann sehr wohl auch dann die Ampel sehen, wenn sie ihren Sinnen nicht traut und deshalb im fraglichen Augenblick gar kein visuelles Urteil über die Ampel fällt, geschweige denn irgendwelche visuellen Erkenntnisse über sie gewinnt. (Ebd., 116)
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Die Wahrnehmung einer Ampel kann also nicht davon abhängen, dass man sieht – und infolgedessen erkennt –, dass es sich wirklich um eine Ampel handelt, dass die Ampel rot ist, usw. Denn man kann sich all dieser Urteile enthalten und dennoch die Ampel sehen. Das steht in Widerspruch zu Prämisse (P2), in der behauptet wird, dass das Sehen von einem Ding oder Ereignis x impliziert, dass man sieht, dass x irgendein Merkmal M hat. Stimmt das Gegenbeispiel, dann bricht damit eine wesentliche Säule der propositionalen Analyse von Wahrnehmungserlebnissen zusammen. Dieser Angriff auf Prämisse (P2) lässt sich aber leicht abwehren. Denn der Einwand beruht auf einer Definition des propositionalen Sehens, die nicht unproblematisch ist, wie ich schon angedeutet habe. Ich brauche dafür nicht alle Bedenken zu wiederholen, die Siebel (2000, 85ff.) gegen diese Definition vorbringt; es genügt dafür folgende einfache Überlegung: Wenn es möglich ist, Dinge zu sehen, ohne seinen Sinnen zu trauen, warum sollte es dann nicht unter denselben Umständen auch möglich sein zu sehen, dass etwas der Fall ist? Wenn Anna irrtümlich meint, einer Sinnestäuschung zu erliegen, kann sie nicht nur die Ampel sehen, sondern sie könnte auch sehen, dass die Ampel rot ist. Sie kann nur nicht erkennen, dass sie rot ist, wenn sie ihren Sinnen nicht traut und daher nicht zu der entsprechenden Überzeugung gelangt. Die vorgeschlagene Definition muss daher so abgeändert werden, dass ein propositionales Sehen höchstens eine Disposition zu Urteilen einschließt, nicht aber ein faktisches Urteilen und daher auch kein Erkennen. Damit verliert aber das erste Argument gegen Prämisse (P2) seine Grundlage, denn eine solche Disposition könnte auch mit jeder Ding- oder Ereigniswahrnehmung verbunden sein. Ein Propositionalist kann deshalb daran festhalten, dass „S sieht x“ „S sieht, dass p“ impliziert. Betrachten wir Künnes zweites Argument. Es ist von seiner Definition des propositionalen Sehens unabhängig und kann sowohl als Argument gegen Prämisse (P2) als auch direkt gegen die These (PT) eingesetzt werden. Es geht dabei um die unterschiedlichen Fähigkeiten, die erforderlich sind, um Dinge sehen zu können bzw. um sehen zu können, dass Dinge gewisse Eigenschaften haben. Künnes Behauptung ist: Um Dinge sehen zu können, muss man nicht in der Lage sein, Urteile über diese Dinge zu fällen. Wohl aber muss derjenige, der sieht, dass ein Ding eine gewisse Eigenschaft hat, in der Lage sein, ein entsprechendes Urteil zu fällen (auch
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wenn er es de facto nicht fällen muss, wie wir oben gesehen haben). Wiederum am Beispiel von Anna: [Angenommen, Anna] würde dieses Urteil [dass die Ampel rot ist] fällen, wenn dem nicht andere Meinungen über die ErlebnisUmstände entgegenstünden. Sie muss also Meinungen haben – und in der Lage sein, jenes Urteil zu fällen. Aber muss man, um ein Ding sehen zu können, wirklich Urteile über es (zwar nicht fällen, aber immerhin) fällen können? Ein Hund erblickt doch wohl manchmal sein Futter, und ein Baby sieht gelegentlich seine Mutter; aber können sie (schon) Urteilsakte vollziehen? (Künne 1995, 117f.) An anderer Stelle erklärt Künne, warum man diese Frage seines Erachtens verneinen sollte: One cannot believe that p without possessing the abilities which are exercised in episodic thoughts that p. Neither Socrates’s lover Phaedo nor Gilbert’s dog Fido can believe that some bottles contain H20 […]; for in making a judgment with this content one uses a chemical concept not available either to Phaedo or to Fido. (Künne 1996, 63) Dieses Argument findet auch Siebel (2000, 47ff., 61ff.) überzeugend, und er ergänzt es mit dem Hinweis auf die noch begrenzteren Fähigkeiten von Insekten, die dennoch in der Lage seien, Dinge und Ereignisse wahrzunehmen. Machen wir uns nochmals klar, wie das Argument genau läuft: (1) Niemand kann sehen, dass ein Ding x ein gewisses Merkmal M besitzt, ohne zumindest fähig zu sein, ein Urteil über x zu fällen. (2) Niemand kann ein Urteil fällen (z.B. „Dies ist eine Ampel“), ohne über die dafür nötigen Begriffe (z.B. den Begriff „Ampel“) zu verfügen. (3) Jemand kann ein Ding x sehen (z.B. eine Ampel), ohne über die Begriffe zu verfügen, die nötig sind, um ein Urteil über x zu fällen (z.B. dass die Ampel rot ist).
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Daraus ergibt sich, dass Prämisse (P2) falsch sein muss. Denn ein Tier könnte gemäß These (3) durchaus Dinge sehen, obwohl ihm jene Begriffe fehlen, ohne die es gemäß These (2) keine Urteile über diese Dinge fällen kann. Ohne diese Fähigkeit kann ein Tier aber gemäß These (1) nicht sehen, dass das betreffende Ding ein bestimmtes Merkmal M hat. Also folgt aus „S sieht x“ nicht „S sieht, dass p“. Dieses Argument kann man leicht so variieren, dass es direkt gegen die These (PT) spricht. Man braucht es nur so zu ergänzen, dass die Fähigkeit zu urteilen, dass ein Ding das Merkmal M hat, auch eine Voraussetzung dafür ist, um ein Erlebnis dieses Inhalts zu haben. Dann kann aus „x erscheint S auf gewisse Weise“ nicht folgen, dass S ein Erlebnis mit propositionalem Inhalt hat. Man braucht also gar nicht den Begriff des propositionalen Sehens ins Spiel zu bringen, um die propositionale These auf diese Weise zu untergraben. Dieses Argument ist weitaus schlagkräftiger als das erste Argument. Aber auch dagegen kann sich ein Propositionalist erfolgreich zur Wehr setzen. Er braucht dafür nur eine der drei Thesen (1)-(3) zurückzuweisen. Gegen These (1) lässt sich wohl schwer etwas einwenden. Aber die anderen beiden Thesen sind nicht gegen jeden Zweifel erhaben. Alles hängt hier an den Bedingungen, die ein kognitives Subjekt erfüllen muss, damit man ihm begriffliche Fähigkeiten sowie die Fähigkeit zu urteilen zuschreiben kann. Dass Tiere über diese Fähigkeiten überhaupt nicht verfügen, ist nur überzeugend, wenn Begriffsbesitz an Sprachbesitz gebunden wäre. Aber das ist eine Voraussetzung, die man nicht akzeptieren muss. Man kann das Verfügen über Begriffe in einem sehr viel weiteren Sinn als eine grundlegende Fähigkeit verstehen, Kategorisierungen vorzunehmen. Diese Fähigkeit kann so primitiv sein, dass man sie sogar Insekten zuschreiben kann. Auch Insekten können daher über einfachste Begriffe verfügen, wenn sie Gegenstände sehen und in verschiedene Kategorien einteilen. Sie nehmen die Ampel sicher nicht als „Ampel“ wahr, aber sie könnten diesen Gegenstand z.B. als etwas „Helles“, etwas „Blinkendes“ oder als ein „Hindernis“ kategorisieren. Damit kein Missverständnis entsteht, möchte ich betonen, dass ich Künne und Siebel hier in einem Punkt völlig zustimme. Sie haben Recht, wenn sie darauf hinweisen, dass Erlebnisse einen nicht-begrifflichen Anteil haben. Wenn uns ein Gegenstand so-oder-so erscheint, ist es in der Regel nicht möglich, eine genaue und vollständige verbale Beschreibung dieser
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Erscheinungsweise zu geben. Ich stimme also zu, dass der Gehalt von Wahrnehmungserlebnissen nicht vollständig in dem begrifflichen Gehalt einer Überzeugung „aufgehen“ kann, wie Siebel (2000, 64) sagt. Aber man darf diesen Punkt nicht mit etwas anderem verwechseln. Es folgt daraus nicht, dass ein kognitives Subjekt Wahrnehmungserlebnisse haben kann, ohne über irgendwelche Begriffe zu verfügen, die es ihm ermöglichen würden, eine Überzeugung bezüglich jenes Gegenstandes zu haben, der ihm dabei auf gewisse Weise erscheint. Diese viel stärkere These kann ein Propositionalist nach wie vor bestreiten. Ein gewisses Unbehagen bleibt hier dennoch bestehen. Ein Propositionalist muss jetzt zugeben, dass Wahrnehmungserlebnisse phänomenale Aspekte haben, die unabhängig von ihrem propositionalen Gehalt variieren können. Diese phänomalen Differenzen dürften umso größer sein, je unterschiedlicher die Sinnesorgane sind, über die verschiedene Lebewesen verfügen. Was immer jedoch dabei die relevanten Faktoren sein mögen, sie dürfen den intentionalen Gehalt der jeweiligen Erlebnisse nicht beeinflussen, falls letzterer voraussetzungsgemäß konstant bleiben kann. Dies bedeutet umgekehrt, dass die intentionale Analyse solcher Erlebnisse auch nichts zur Erklärung dessen beitragen kann, wie diese phänomenalen Aspekte zustande kommen und wie sie unabhängig vom propositionalen Inhalt variieren können. Das ist ein Preis, den der Propositionalist zahlen muss. Eine Theorie, die die phänomenale Variabilität an eine Änderung des intentionalen Gehalts der Erlebnisse bindet, wäre aus der Sicht einer intentionalen Theorie der Wahrnehmung sicherlich vorzuziehen. Davon abgesehen hat der Propositionalist aber immer noch gute Karten, da sein Argument nach wie vor intakt ist. Er kann – die bisherigen Überlegungen verallgemeinernd – darauf verweisen, dass man Dinge und Ereignisse nur wahrnehmen kann, wenn man sie in irgendeiner Weise kategorisieren kann, und das erfordert, dass man zumindest über einfachste Begriffe verfügt und einfachste Urteile über die wahrgenommenen Gegenstände oder Ereignisse fällen kann. Wenn Subjekte nur Wahrnehmungserlebnisse haben können, sofern sie auch über einfachste Begriffe verfügen, kann man ihnen nicht die Fähigkeit absprechen, Erlebnisse mit einem propositionalen Inhalt zu haben. Die von Künne und Siebel bisher vorgelegten Bedenken reichen also nicht aus, um die propositionale These zu entkräften. Sie zeigen zwar, wo-
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her dem Propositionalisten Gefahr droht, aber es bleibt ihm noch genügend Spielraum, um sich gegen diese Kritik zur Wehr zu setzen. Den eigentlichen Schwachpunkt der propositionalen Analyse bringten sie noch nicht ans Tageslicht. 4 Der eigentliche Schwachpunkt der propositionalen Analyse Die bisherigen Überlegungen fußten auf der Annahme, dass die These (PT) eine angemessene Präzisierung der propositionalen These darstellt. Dies war ein etwas voreiliger Schritt, wie wir nun sehen werden. Denn die These, dass Wahrnehmungserlebnisse einen propositionalen Inhalt haben, sagt etwas Stärkeres als das, was in (PT) zum Ausdruck kommt, und dieser Unterschied ist wichtig. Wenn man die propositionale These ernsthaft kritisieren will, muss man daher einen Schritt früher ansetzen und zunächst die Prämisse (P1) näher betrachten. Auch diese Prämisse muss ein Propositionalist erst verteidigen, und dabei wird eine weitere Voraussetzung seiner Position zum Vorschein kommen, die man nicht so leicht akzeptieren kann. Die Prämisse (P1) sagt, wann uns ein Ding oder Ereignis visuell auf gewisse Weise erscheint – nämlich genau dann, wenn wir dieses Ding oder dieses Ereignis sehen. Gibt es dagegen etwas einzuwenden? Folgendes Beispiel von Fred Dretske (1969, 23), das auch Siebel (2000, 22ff.) diskutiert, könnte ein Gegenbeispiel sein. Nehmen wir an, jemand heftet ein helles Blatt Papier so an die Wand, dass man dessen Ränder aus einer gewissen Entfernung nicht mehr sehen kann. Betrachtet jemand die Wand mitsamt dem Papier aus dieser Entfernung, kann er das Blatt nicht von seiner Umgebung unterscheiden und es daher auch nicht lokalisieren (falls er sich die Stelle nicht auf andere Weise gemerkt hat). Sieht er trotzdem noch das Blatt Papier? Die Antwort könnte so oder so ausfallen. Wer meint, dass man nur Dinge sehen kann, die man auch lokalisieren kann, muss darauf mit „Nein“ antworten. Wer hingegen meint, man sieht das Blatt Papier ebenso wie jeden Teil der Wand, den man im Blickfeld hat, der muss mit „Ja“ antworten. Als Einwand gegen Prämisse (P1) ist dieses Beispiel daher nicht sehr effektiv. Ein Propositionalist braucht sich nur für die Antwort zu entscheiden, dass man das Blatt Papier immer noch sieht, und Prämisse (P1) bleibt
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ungefährdet. Trotzdem bringt dieses Beispiel etwas Wichtiges zum Vorschein. Man kann nämlich an Prämisse (P1) auch dann festhalten, wenn die Antwort in Dretskes Beispiel „Nein“ lautet. Wer meint, dass man das Blatt Papier in dem Moment nicht mehr sieht, in dem man es nicht mehr von seiner Umgebung unterscheiden kann, kann auch bestreiten, dass das Blatt Papier dem jeweiligen Subjekt immer noch auf gewisse Art und Weise erscheint. Wenn es für ein Subjekt nicht zu sehen ist, dann kann es ihm auch nicht auf gewisse Art und Weise erscheinen. Diese letztere Möglichkeit, Prämisse P1 zu verteidigen, besteht allerdings nur, wenn man zulässt, dass visuelle Erlebnisse nicht nur dann auftreten, wenn uns Dinge oder Ereignisse auf bestimmte Art und Weise erscheinen. Ein Propositionalist muss daher seinem Argument, um es abzusichern, folgende „Ausgangsprämisse“ voranstellen: (P0) Wenn ein Subjekt S ein visuelles Erlebnis hat, dessen Ursache ein von einem Gegenstand x ausgehender Sinnesreiz ist, dann erscheint x dem Subjekt S visuell auf gewisse Weise. Wie steht es mit dieser Prämisse? Man kann sie jedenfalls nicht deshalb verwerfen, weil es auch visuelle Erlebnisse gibt, die nicht durch entsprechende Sinnesreizungen zustande kommen. Würde man diese Einschränkung fallen lassen und den Begriff des „visuellen Erlebnisses“ weiter fassen, wäre es leicht, Gegenbeispiele gegen (P0) zu finden. Man denke nur an die visuellen Erlebnisse, die wir haben, wenn wir von Dingen träumen, die nicht existieren, oder von Dingen, die zwar existieren, von denen wir aber keinen visuellen Eindruck haben, solange unsere Augen geschlossen sind. Es ist an dieser Stelle daher wichtig, die Voraussetzung zu beachten, dass wir nur Erlebnisse in Betracht ziehen, die durch entsprechende Sinnesreize zustande kommen. Auf diese Erlebnisse ist das Argument zugunsten der propositionalen Analyse zugeschnitten. Die schlechte Nachricht für den Propositionalisten lautet nun, dass es selbst unter dieser Einschränkung noch Gegenbeispiele gegen (P0) gibt. Um diese Prämisse zu verteidigen, müsste man daher den Begriff des Wahrnehmungserlebnisses noch weiter beschränken. Aber dies lässt sich nicht mehr plausibel machen; wir haben Wahrnehmungserlebnisse nicht nur dann, wenn uns Dinge oder Ereignisse auf gewisse Art und Weise erscheinen.
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Um zu sehen, warum Prämisse (P0) auf keinen Fall akzeptabel ist, können wir erneut einem Hinweis von Künne folgen; oder genauer gesagt: Es ist die Spur von Bolzano, der wir hier folgen können. Denn Künne hat in Bolzanos Lehrbuch der Religionswissenschaft in dem Kapitel über die Wunder Jesu folgende aufschlussreiche Bemerkung entdeckt: [Es] ist bekannt, daß Blindgeborne, denen der Star glücklich gestochen wird, erst mehrere Wochen bedürfen, um mit der Fähigkeit zu sehen, auch die Fertigkeit des Sehens zu erlangen. (Bolzano 1834, Bd. 2, 204) Künne kommentiert diese Stelle wie folgt: Sie haben jetzt zwar die „Fähigkeit“ zu sehen, will sagen: sie sind nicht mehr blind; aber sie haben noch nicht die „Fertigkeit“ des Sehens: sie sehen noch keine Objekte; denn ihre Erlebnisse sind nicht von der Art, daß jetzt irgendein Objekt für sie so-und-so aussieht. (Künne 1995, 119) Die begriffliche Unterscheidung, um die es hier geht, ist unabhängig davon, ob die medizinischen Details stimmen, von denen Bolzano berichtet. Sie dienen nur dazu, diese Unterscheidung zu illustrieren. Worauf es ankommt, ist, dass das Sehen von Gegenständen eine komplexe Fähigkeit ist, die nur derjenige besitzt, der zweierlei Bedingungen erfüllt: Er muss, erstens, die organischen Voraussetzungen haben, um visuelle Erlebnisse zu haben; und er muss, zweitens, die mentalen Voraussetzungen erfüllen, um visuelle Erlebnisse als Erscheinungsweisen von bestimmten Dingen oder Ereignissen verarbeiten zu können. Sind die organischen Voraussetzungen nicht erfüllt, fehlt ihm die „Fähigkeit des Sehens“; sind dagegen die mentalen Voraussetzungen nicht gegeben, fehlt ihm die „Fertigkeit“ des Sehens. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass jemand Wahrnehmungserlebnisse haben kann, ohne die Gegenstände wahrzunehmen, die diese Erlebnisse in ihm verursachen. Man kann hier mit Recht von „rohen“ Sinneserlebnissen sprechen, die sich für das betreffende Subjekt noch nicht zu einem „Bild“ des jeweils gesehenen Gegenstandes zusammenfügen. (Psychologen sprechen in solchen Fällen vom „Bindungsproblem“, das ein Subjekt erst lösen muss.) Dass es „rohe“ Wahrnehmungserlebnisse gibt,
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die erst zu einem Eindruck von einem Gegenstand verbunden werden müssen, scheint mir ebenso wichtig für unser Verständnis von Wahrnehmung wie die Tatsache, dass uns Wahrnehmungserlebnisse täuschen können. Neben der Korrektheitsintuition (KOR) haben wir hier eine zweite wichtige Intuition, die Berücksichtigung verdient. Ich nenne sie aus Gründen, die ich sogleich erläutern werde, die Intuition der vorbegrifflichen Erfahrung: (VBE) Ein Subjekt kann Wahrnehmungserlebnisse haben, die von Dingen oder Ereignissen verursacht werden, ohne das begriffliche Vermögen zu haben, diese Dinge oder Ereignisse wahrzunehmen. Es gibt zwei Gründe, weshalb jemandem das begriffliche Vermögen fehlen kann, Dinge oder Ereignisse wahrzunehmen. Der einfache Fall sind die Tiere, deren kognitive Entwicklung nicht ausreicht, um die entsprechenden Dinge oder Ereignisse wahrzunehmen. Eine Fliege, die nicht weiß, dass es durchsichtige Gegenstände gibt, ist vielleicht aus diesem Grund nicht in der Lage, eine Fensterscheibe zu sehen. Der andere Fall sind Subjekte, die wohl über alle Begriffe verfügen, um einen gewissen Gegenstand wahrzunehmen, aber nicht in der Lage sind, dieses begriffliche Vermögen richtig einzusetzen. Von dieser Art ist das Beispiel, das Bolzano beschreibt, wenn jemand seine visuellen Eindrücke nach einer Augenoperation noch nicht zu nutzen vermag, um Dinge zu sehen, die er begrifflich durchaus beschreiben kann. Ähnlich verhält es sich meines Erachtens auch in dem von Dretske beschriebenen Fall: Gegenstände, die sich nicht von ihrer Umgebung abheben, können in uns zwar visuelle Erlebnisse hervorrufen, aber wir können dennoch nicht sagen, sie würden uns auf bestimmte Weise erscheinen, wenn wir nicht sagen können, was es ist, das wir sehen, oder wo es sich befindet. Diese Beispiele, die ich hier unter dem Ausdruck „vorbegriffliche Erfahrung“ zusammenfasse, stellen für den Propositionalisten ein ernstes Problem dar. Sie zeigen nämlich, dass sein Argument schon an der Ausgangsprämisse scheitert. Wie die Beispiele verdeutlichen, kann man Wahrnehmungserlebnisse haben ohne die Fertigkeit, die entsprechenden Dinge oder Ereignisse zu sehen. Folglich kann man diese Erlebnisse auch haben, ohne dass einem diese Dinge oder Ereignisse visuell auf bestimmte Art
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und Weise erscheinen, falls man davon ausgeht, dass visuelles Erscheinen mit dem Sehen von Dingen einhergeht, wie Prämisse (P1) behauptet. Entweder diese Prämisse oder (P0) erweisen sich somit als unbegründet, und damit auch die Behauptung, dass alle Wahrnehmungserlebnisse einen propositionalen Inhalt haben. Die These, dass alle Wahrnehmungserlebnisse einen propositionalen Inhalt haben, ist also auf jeden Fall zu stark. Man kann aber noch einen Schritt weiter gehen und bestreiten, dass es überhaupt irgendein Wahrnehmungserlebnis dieser Art gibt bzw. einen Grund, dies anzunehmen. Vielmehr seien es letztlich nur die „rohen“ Wahrnehmungserlebnisse, die die Bezeichnung „Erlebnis“ verdienen. Wir reden zwar so, als gäbe es solche „Erlebnisse“, wenn wir z.B. sagen „Es scheint mir, dass die Ampel blinkt“ oder „Es scheint mir, als ob die Ampel rot ist“. Diese Aussagen lassen sich aber so verstehen, dass sie zugleich ein visuelles Erlebnis und eine Überzeugung oder Überzeugungsdisposition beschreiben. Letztere hat einen propositionalen Gehalt, das Erlebnis nicht. Wendet man diese Strategie konsequent an, dann bleibt überhaupt kein Wahrnehmungserlebnis mit propositionalem Inhalt übrig. Dies würde bedeuten, dass neben der Prämisse (P0) auch die Prämisse (P3) als falsch zurückzuweisen ist. Ich möchte mich hier nicht auf diese starke anti-propositionalistische These festlegen. Es genügt mir, gezeigt zu haben, dass es Wahrnehmungserlebnisse gibt, die voll und ganz diesen Namen verdienen, ohne einen propositionalen Inhalt zu haben. Wenn ein Propositionalist die Existenz solcher Erlebnisse bestreitet, behauptet er mehr, als in These (PT) zum Ausdruck kommt. Für diese stärkere Behauptung gibt es, wie wir gesehen haben, keinen guten Grund. Der Eindruck, dass Wahrnehmungserlebnisse etwas kognitiv Einfacheres als Überzeugungen sind, ist kein subjektiver Irrtum, dem wir erliegen. Welche Möglichkeiten bleiben einem Propositionalisten jetzt noch, seine Position zu verteidigen, dass diese Einfachheit trügerisch ist? Es gibt noch einen Ausweg, aber der scheint mir hoffnungslos zu sein. Es bleibt ihm meines Erachtens nur die Wahl zu bestreiten, dass Subjekte, die (noch) nicht die Fertigkeit besitzen, Dinge oder Ereignisse wahrzunehmen, fähig sind, Wahrnehmungserlebnisse zu haben. Sie könnten zwar Sinnesreize haben, wenn sie funktionsfähige Sinnesorgane haben, aber diese Reize wären dann noch keine Erlebnisse. Der glücklich Operierte, von dem Bolzano
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spricht, hätte also erst dann Wahrnehmungserlebnisse, nachdem er auch Gegenstände zu sehen vermag. Die Fähigkeit, die die Operation zunächst herstellt, wäre nur die Fähigkeit, Sinnesreize zu empfangen, nicht aber die Fähigkeit, Wahrnehmungserlebnisse zu haben. Lässt sich irgendetwas zugunsten dieser Behauptung anführen? Ein Propositionalist könnte hier wiederum an die Korrektheitsintuition appellieren und argumentieren, dass nur Subjekte, die in der Lage sind, Dinge und Ereignisse wahrzunehmen, Wahrnehmungserlebnisse haben können, die korrekt oder inkorrekt sind. Subjekte, die dazu nicht fähig sind, könnten bloß Sinnesreize empfangen, die weder korrekt noch inkorrekt sind. Sinnesreize seien einfach vorhanden und können uns, anders als Wahrnehmungserlebnisse, nicht täuschen. Sie sind etwas durch und durch Nichtepistemisches, wie Sellars meint. Dieser Ausweg scheint mir jedoch aus zwei Gründen hoffnungslos zu sein. Erstens ist es schlicht und einfach unplausibel zu behaupten, dass vorbegriffliche Erfahrungen bloße Sinnesreize und keine echten Erlebnisse sind. Selbstverständlich hat ein an Star Erblindeter visuelle Erlebnisse, sobald eine Operation erfolgreich durchgeführt wurde. Zweitens bringt auch der Versuch nichts ein, an die Korrektheitsintuition zu appellieren. Denn es ist nicht diese Intuition, sondern eine Zusatzannahme, die hier die Last trägt. Die fragwürdige Annahme, die dabei zusätzlich ins Spiel kommt, besagt, dass Wahrnehmungserlebnisse nur dann korrekt oder inkorrekt sein können, wenn sie einen (zumindest teilweise) begrifflichen Inhalt haben. Damit wäre sichergestellt, dass solche Erlebnisse immer mit der Wahrnehmung von Dingen und Ereignissen einhergehen. Aber diese Zusatzannahme ist durch nichts gerechtfertigt. Sie ist eine weitere implizite Annahme des propositionalen Standpunkts, die wir zurückweisen können. 5 Schluss Mein Ziel war es zu zeigen, in welchem Sinn unser subjektiver Eindruck stimmt, dass Wahrnehmungserlebnisse etwas kognitiv Einfaches sind, obwohl die neuronalen Grundlagen ihres Entstehens zweifellos komplex sind. Die kognitive Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse besteht darin, so meine These, dass diese Erlebnisse keinen propositionalen Inhalt haben.
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Ich möchte nun zum Abschluss noch etwas zu dem Vorwurf sagen, diese vermeintliche Einfachheit sei ein altes „Dogma“ des Empirismus, und wer sie vertritt, der erliege dem „Mythos des Gegebenen“. Ob dieser Vorwurf berechtigt ist oder nicht, hängt wesentlich mit der Korrektheitsintuition zusammen. Wer davon ausgeht, dass uns Erlebnisse jederzeit täuschen und daher inkorrekt sein können, dem kann man nicht vorwerfen, er würde diese Erlebnisse als etwas „Gegebenes“ mythologisieren. Und zwar auch dann nicht, wenn er außerdem die Intuition der vorbegrifflichen Erfahrung (VBE) respektiert. Meine Kritik an der propositionalen These könnte man daher auch in folgende Frage kleiden: Warum sollte man dem „Mythos des Gegebenen“ nur dann entrinnen, wenn man bereit ist, Wahrnehmungserlebnissen einen propositionalen Inhalt zuzuschreiben und sie als Teil jenes inferentiellen Netzwerks zu betrachten, das unser propositionales Wissen bildet? Die Notwendigkeit, Wahrnehmungserlebnisse in das inferentielle Netzwerk zu integrieren, wird immer wieder als Grund dafür genannt, weshalb man Erlebnissen einen propositionalen (begrifflichen oder repräsentationalen) Inhalt zuschreiben muss (vgl. McDowell 1994, Kap. 3). Ich sehe nicht, weshalb dies die einzige Alternative sein sollte. Der bessere Weg scheint mir hier zu sein, beide von mir genannten Intuitionen aufrechtzuerhalten. Dem Mythos des Gegebenen erliegt nur der, der die Korrektheitsintuition zugunsten der Intuition der vorbegrifflichen Erfahrung opfert. Die entscheidende Frage ist also letztlich, ob es möglich ist, beide Intuitionen miteinander in Einklang zu bringen. Hier kommt es wieder darauf an, ob man voraussetzt, dass Irrtum nur dann stattfindet, wenn man Begriffe in falscher Weise anwendet. Wenn dem so wäre, könnten Wahrnehmungserlebnisse tatsächlich nur korrekt oder inkorrekt sein, wenn wir sie als Teil unserer begrifflichen Erfahrung betrachten. Aber gemeinsam mit der propositionalen These können wir auch diese Voraussetzung fallen lassen. Einem täuschenden Erlebnis zu erliegen, ist ein Irrtum anderer Art, als einen Begriff falsch anzuwenden. Es gibt daher auch unter dieser größeren Perspektive betrachtet keinerlei Grund, Wahrnehmungserlebnissen einen propositionalen Inhalt zuzuschreiben.
Über die Einfachheit der Wahrnehmungserlebnisse
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Literatur Armstrong, D. 1968: A Materialist Theory of the Mind, London. Bolzano, B. 1834: Lehrbuch der Religionswissenschaft, Sulzbach. Brentano, F. 1982: Deskriptive Psychologie, Hamburg. Chalmers, D. J. 1996: The Conscious Mind. In Search of a Fundamental Theory, Oxford. Dretske, F. 1969: Seeing and Knowing, London. Dretske, F. 1979: „Simple Seeing“, in: D. F. Gustafson & B. L. Tapscott (Hrsg.), Body, Mind, and Method, Dordrecht, 1-15. Evans, G. 1982: The Varieties of Reference, Oxford. Horstmann, R.-P. 2004: „Comment on Vision“, in: R. Schumacher (Hrsg.), Perception and Reality. From Descartes to the Present, Paderborn, 232-235. Künne, W. 1995: „Sehen. Eine sprachanalytische Betrachtung“, in: Logos (Neue Folge) 2, 103-121. Künne, W. 1996: „Thought, Speech, and the ‘Language of Thought’“, in: C. Stein & M. Textor (Hrsg.), Intentional Phenomena in Context (Graduiertenkolleg Kognitionswissenschaft, Bericht 55), Hamburg, 53-90. McDowell, J. 1994: Mind and World, Cambridge/Mass. Searle, J. 1983: Intentionality. An Essay in the Philosophy of Mind, Cambridge; dt.: Intentionalität. Eine Abhandlung zur Philosophie des Geistes, Frankfurt/M. 1987. Sellars, W. 1956: „Empiricism and the Philosophy of Mind“, in: K. Gunderson (Hrsg.), Minnesota Studies in the Philosophy of Science I, Minneapolis, 253-329. Siebel, M. 2000: Erinnerung, Wahrnehmung, Wissen, Paderborn. Vision, G. (2004), „Perceptual Experience and Belief“, „Reply to Professor Horstmann“, in: R. Schumacher“ (Hrsg.), Perception and Reality. From Descartes to the Present, Paderborn, 214-231, 236-238.
Freges Begriffslehre, ohne ihr angebliches Paradox Andreas Kemmerling (Heidelberg)
Was der Leser auch kann, das überlass dem Leser. Ludwig Wittgenstein
Etwas Missliches ist, so mag es zumindest scheinen, an Freges Begriffslehre. Angeblich ist es sogar etwas Grässliches: ein Paradox. So wird das heute jedenfalls in der Fachliteratur genannt, worum es im Folgenden geht. Freges Lehren scheinen eine schlicht absurde Konsequenz zu haben – und zwar: dass der Begriff Pferd (und natürlich auch jeder andere namentlich benannte Begriff) kein Begriff ist. Darüber ist von Frege nur ein wenig und nach ihm überreichlich viel geschrieben worden. Viel in Maßen Kluges und manch übermäßig Cleveres, aber nicht das Schlicht-&-Einfache, das die dazugehörigen Schwierigkeiten in dem Rahmen der Fregeschen Begriffslehre ausräumt. Dieses möchte ich, Wolfgang Künne zu Ehren, hier in der gebotenen Kürze zu tun versuchen. Die gesamte Sekundärliteratur zu diesem Thema lasse ich dabei beiseite.1 Soweit ich sie kenne, trifft sie 1
Eine Ausnahme muss ich hier natürlich machen. Wolfgang Künne schlägt in seiner Arbeit „Gottlob Frege“ (1996) für das, was auch er als ein „Paradoxon“ etikettiert, eine noch simplere Lösung als die vor, die ich im Folgenden entwickeln werde. Künnes Lösung besagt: Frege sollte einfach die Voraussetzung aufgeben, dass Begriffe nur die Bedeutungen von Prädikaten sein können. – Die Künnesche Lösung ist tadellos, aber für einen braven Fregeaner inakzeptabel; denn ein Kernpunkt der Fregeschen Begriffslehre müsste preisgegeben werden: dass nur etwas, das sprachlich ungesättigt ist, etwas Ungesättigtes ausdrücken und bezeichnen kann. Mir geht es in dieser Arbeit hingegen gerade darum zu zeigen, dass jene Schwierigkeit auch ohne jederlei Revision der Fregeschen Lehren leicht vermeidbar ist. – Aber vielleicht hat Künne am Ende, wie meistens, doch Recht. Möglicherweise geht es nicht ohne Eingriff in die Fregesche Lehre, wenn wir mit andern Sätzen (als solchen des Typs „Der Begriff So-&-so ist ein/kein [so-&-so gearteter] Begriff “) zurande zu kommen versuchen. Siehe dazu Fn. 13.
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den simplen Punkt nicht, auf den es meines Erachtens ankommt; soweit ich sie nicht kenne, bedaure ich dies inzwischen nicht mehr. Dem Gelehrsamsten unter den Scharfsinnigen (und wohl auch umgekehrt) eine dezidiert Sekundärliteratur aussparende Arbeit zu widmen, ist angesichts des mir in diesem Band verfügbaren Seitenumfangs fast unausweichlich. Und es bereitet mir eine ins Diebische lappende Vorfreude auf seine strengen Hinweise: Wenn du das gelesen hättest, hättest du jenes nicht gesagt – oder jedenfalls nicht einfach so gesagt. 1 Kein Paradox, sondern eine lästige theoretische Kniffligkeit Worum geht es? Um eine Schwierigkeit der Fregeschen Begriffslehre, für die sich in der Fachliteratur die Bezeichnung „Freges Paradox“ eingebürgert hat. Dieses Etikett ist sachlich falsch, denn jene Schwierigkeit ist ohnehin kein Paradox – sie zwingt uns nicht mit logisch unanfechtbarer Unausweichlichkeit aus intuitiv unabweisbaren Annahmen in ein intuitiv inakzeptables Ergebnis. Vielmehr handelt es sich bei jener Schwierigkeit um eine theoriegeschuldete Prima-facie-Misslichkeit: um eine unerwünschte (vielleicht sogar intuitiv inakzeptable) Konsequenz, die sich aus gewissen theoretischen (aber keineswegs intuitiv auch nur besonders plausiblen) Annahmen der Fregeschen Begriffslehre zu ergeben scheint. Die unerwünschte Konsequenz, um die es geht, ist die (scheinbare) Falschheit von (anscheinend) unbestreitbaren Wahrheiten wie z.B.: Der Begriff Pferd ist ein Begriff. Theoretische Annahmen der Fregeschen Begriffslehre, aus denen sich Derartiges zu ergeben scheint, sind die folgenden: 1. Eigennamen bezeichnen Gegenstände, wenn sie überhaupt etwas bezeichnen. 2. Begriffswörter bezeichnen Begriffe, wenn sie überhaupt etwas bezeichnen. 3. Kein Begriff ist ein Gegenstand. 4. Der Ausdruck „der Begriff Pferd “ ist ein Eigenname.
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5. Der Ausdruck „… ist ein Begriff “ ist ein Begriffswort. Legt man Freges Kriterien dafür zugrunde, ob ein Ausdruck des Deutschen ein Eigenname bzw. ein Begriffswort ist, ergibt sich daraus: (K1) Der Ausdruck „der Begriff Pferd“ bezeichnet einen Gegenstand, falls er überhaupt etwas bezeichnet (aus 1 und 4). (K2) Er bezeichnet keinen Begriff (aus 3). (K3) Der Ausdruck „… ist ein Begriff“ bezeichnet einen Begriff, falls er überhaupt etwas bezeichnet (aus 2 und 5). An diesen für Frege basalen Thesen wird die im Folgenden vorgestellte Beseitigung der theoretischen Schwierigkeit nicht zu rütteln versuchen: Das gilt mir als der innerste Bezirk des Heiligtums seiner Begriffslehre. – Weiterhin: Dem Überlegungsgang zuliebe sei zunächst einmal unterstellt, dass die beiden Ausdrücke – „der Begriff Pferd “ und „… ist ein Begriff “ – tatsächlich etwas bezeichnen. Weitere theoretische Annahmen liegen, so mag es zumindest scheinen, im Rahmen von Freges Konzeption nahe. 6. Der von „… ist ein Begriff “ bezeichnete Begriff ist einer zweiter Stufe, in den Begriffe erster Stufe fallen, falls überhaupt etwas in ihn fällt.2 7. In den von „… ist ein Begriff “ bezeichneten Begriff fällt jeder Begriff erster Stufe, und sonst fällt nichts in ihn. 8. Ein behauptungstauglicher Subjekt/Prädikat-Satz, der einen einzigen Gedanken ausdrückt, ist höchstens dann wahr, wenn das, was von seinem Subjektausdruck bezeichnet wird, unter oder in das fällt, was von seinem Prädikatausdruck bezeichnet wird.
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Wollten wir ein wenig genauer sein, müsste es wenigstens lauten: Der von „… ist ein Begriff “ in einem Satz, der von einem Begriff erster Stufe handelt, bezeichnete Begriff ist einer zweiter Stufe. Denn natürlich kann die Wortfolge „… ist ein Begriff “ Begriffe beliebiger Stufe bezeichnen. Aber es hängt, denke ich, nichts daran, dass ich im Folgenden der Einfachheit halber so tue, als gäbe es nur Begriffe erster Stufe (d.h. solche, unter die Gegenstände fallen) und Begriffe zweiter Stufe (d.h. solche, in die Begriffe erster Stufe fallen).
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Andreas Kemmerling 9. Der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ ist ein behauptungstauglicher Subjekt/Prädikat-Satz, der einen einzigen Gedanken ausdrückt. 10. Der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ besteht aus dem Eigennamen „der Begriff Pferd “, der der vollständige Subjektausdruck dieses Satzes ist, und dem Begriffswort „ist ein Begriff“, das der vollständige Prädikatausdruck dieses Satzes ist.
Daraus ergibt sich: (K4) Was von „der Begriff Pferd “ bezeichnet wird, ist nichts, was in den von „… ist ein Begriff“ bezeichneten Begriff fällt (aus (K1), (K2) und 7). (K5) Der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ ist nicht wahr (aus (K4), 8, 9 und 10). Wenn ein behauptungstauglicher Subjekt/Prädikat-Satz, der einen einzigen Gedanken ausdrückt und dessen Subjekt- und Prädikatausdruck etwas bezeichnen, nicht wahr ist, dann ist seine Negation wahr; also gilt wegen (K5): Der Satz „Es ist nicht der Fall, dass der Begriff Pferd ein Begriff ist“ ist wahr. Oder in Fregescher Kürze:3 (F) Der Begriff Pferd ist kein Begriff. Noch einmal: Dies wäre sicherlich eine intuitiv inakzeptable Konsequenz der Fregeschen Begriffslehre, wenn es wirklich aus ihr folgte. (Wir werden sehen, dass dies nicht der Fall ist, weil von den zusätzlichen Annahmen 6-10 einzig und allein die Annahme 9 von Frege vorbehaltlos akzeptiert wird.) Aber selbst wenn dieses Resultat sich aus Freges Lehre ergäbe, handelte es sich nicht um ein Paradox; denn die Annahmen, aus denen sich diese Konsequenz zu ergeben scheint, sind offenkundig nicht alle3
In „Über Begriff und Gegenstand“ (KS, 170). – Zur Zitierweise: Die Arbeiten Freges werden zitiert nach ihrer Veröffentlichung in Kleine Schriften (Frege 1967, abgekürzt als KS) und Nachgelassene Schriften (Frege 1983, abgekürzt als NS).
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samt intuitiv einleuchtend; vielmehr sind zumindest einige darunter bestreitbare theoretische Annahmen der Fregeschen Begriffslehre und angreifbare Unterstellungen über die Struktur gewisser Sätze. Philosophische Paradoxe alarmieren den ernsthaften Denker und stürzen ihn ins Grübeln; theoretische Misslichkeiten hingegen behelligen ihn nur und bringen ihn schlimmstenfalls zum Klügeln. Frege selbst war offenkundig durch die Beobachtung nicht sonderlich beunruhigt, dass die wenig attraktive Konsequenz (F) aus seinen Lehren zu folgen scheint. Er schreibt: Es kann ja nicht verkannt werden, daß hier eine freilich unvermeidbare sprachliche Härte vorliegt, wenn wir behaupten: der Begriff Pferd ist kein Begriff, während doch z.B. die Stadt Berlin eine Stadt und der Vulkan Vesuv ein Vulkan ist. Die Sprache befindet sich hier in einer Zwangslage, welche die Abweichung vom Gewöhnlichen rechtfertigt. (KS, 170f.) Mehr als eine gewisse sprachliche Härte gesteht Frege hier nicht zu; sie entstehe aus einer Zwangslage, in der sich die Sprache – wohlgemerkt: die Sprache – befindet. Frege deutet in derselben Arbeit eine Strategie an, wie sich damit leben lässt. 2 Ein von Frege beschrittener Ausweg – und warum er philosophisch unbefriedigend ist Frege geht es in der Arbeit „Über Begriff und Gegenstand“ (KS, 167-178) vornehmlich darum, seine Begriffslehre gegen Bruno Kerrys Behauptung zu verteidigen, der Unterschied zwischen Begriff und Gegenstand sei nicht absolut; vielmehr schlössen die Eigenschaften, Begriff zu sein und Gegenstand zu sein, einander nicht aus (vgl. KS, 168). Ein Beispiel, auf das Kerry laut Frege zugunsten seiner These, dass Begriffe manchmal eben doch Gegenstände seien, hinweist, ist dies: (K) Der Begriff Pferd ist ein leicht gewinnbarer Begriff.4 4
Kerry selbst hatte das Wort „Pferd“ nicht kursiv, sondern in einfache Anführungszeichen gesetzt. Weil mir nichts daran zu hängen scheint, halte ich mich durchgängig an Freges Konvention der Kursivierung.
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Kerry argumentiert laut Frege so: Satz (K) ist wahr; der Ausdruck „der Begriff Pferd “ bezeichnet einen Gegenstand; und dieser Gegenstand muss dann ein Begriff sein, weil von ihm in (K) ja zutreffenderweise ausgesagt wird, dass er ein Begriff sei. Frege geht den ersten und zweiten Schritt dieser Überlegung mit; er akzeptiert also, dass „der Begriff Pferd “ einen Gegenstand bezeichnet und dass dieser unter den von „… ist ein leicht gewinnbarer Begriff “ bezeichneten Begriff fällt. Aber er ist nicht bereit, daraus mit Kerry den Schluss zu ziehen, dass jener Gegenstand ein Begriff ist. Und damit ist es ihm genug. Er hält Kerry nur entgegen, dass es im Rahmen seiner Begriffslehre kein Widerspruch ist, die beiden ersten Schritte mitzugehen, den dritten aber nicht. Dies ist ihm genug, weil er sich ja vornehmlich der These Kerrys widersetzen möchte, Freges begriffstheoretische Kernthese 3 sei unhaltbar: Man müsse angesichts solcher Beispiele anerkennen, dass es Gegenstände gibt, die Begriffe sind. Frege schreibt zur Stützung seiner Auffassung, dass die Wörter „der Begriff Pferd “ einen Gegenstand und keinen Begriff bezeichnen, Folgendes: Man hat bei logischen Untersuchungen nicht selten das Bedürfnis, etwas von einem Begriffe auszusagen und dies auch in die gewöhnliche Form für solche Aussagen zu kleiden, daß nämlich die Aussage Inhalt des grammatischen Prädikats wird. Danach würde man als Bedeutung des grammatischen Subjekts den Begriff erwarten; aber dieser kann wegen seiner prädikativen Natur nicht ohne weiteres so erscheinen, sondern muß erst in einen Gegenstand verwandelt werden, oder, genauer gesprochen, er muß durch einen Gegenstand vertreten werden, den wir mittels der vorgesetzten Worte „der Begriff “ bezeichnen, z.B. „der Begriff Mensch ist nicht leer“. (KS, 171) Freges Ausweg besteht also darin, die prima facie problematischen Sätze des Typs „Der Begriff So-&-so ist F “ so zu analysieren, dass der darin vorkommende Ausdruck „der Begriff So-&-so“ zwar einen Gegenstand bezeichnet, aber einen besonderer Art – einen Gegenstand, der aus einer
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Begriff-in-Gegenstand-„Verwandlung“ hervorgegangen ist, oder „genauer gesprochen“: einen Gegenstand, der einen Begriff „vertritt“. Der Ausweg, den Frege hier einschlägt, sei am Beispiel der Negation des Satzes (F), also am Beispiel von (F*) Der Begriff Pferd ist ein Begriff kurz rekonstruiert: 1.
Satz (F*) wird zerlegt in den Prädikatausdruck „… ist ein Begriff “ und den Subjektausdruck5 „der Begriff Pferd “.
2.
Der Ausdruck „… ist ein Begriff “ bezeichnet einen Begriff erster Stufe, der auf Gegenstände „ganz besonderer Art“ (dazu gleich mehr) und nur auf diese zutrifft. Der Ausdruck „der Begriff Pferd “ bezeichnet einen Gegenstand (sei’s auch einen „ganz besonderer Art“); er ist also ein Eigenname, kein Begriffswort.6
3.
Der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ ist wahr.7 Denn im Zusammenhang dieses Satzes bezeichnet der Eigenname „der Begriff Pferd “ einen Gegenstand „ganz besonderer Art“; und die Worte „… ist ein Begriff “ bezeichnen einen Begriff, unter den alle Gegenstände „ganz besonderer Art“ – also auch der von „der Begriff Pferd “ bezeichnete – fallen.
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7
Unter dem Subjektausdruck eines Satzes (relativ zu einer Zerlegungsmethode Z) verstehe ich denjenigen Ausdruck, der relativ zu Z dasjenige bezeichnet, wovon in diesem Satz etwas ausgesagt wird; und das muss bei Frege freilich kein Gegenstand, sondern darf ein Begriff sein. Nähmen wir es ganz streng, müsste Frege dies bestreiten, weil in seinen strengen Augen das Prädikat „… ist ein Pferd“ keinen Begriff bezeichnet – einfach weil es vage ist: Es gibt Gegenstände (im logischen Sinne), oder sie lassen sich zumindest denken, von denen sich weder sagen lässt, sie seien Pferde, noch, sie seien keine. Aber so streng nimmt Frege es in seiner Auseinandersetzung mit Kerry in „Über Begriff und Gegenstand“ selbst nicht, und mir liegt es fern, hier Fregescher werden zu wollen als er selbst. Wiederum könnte man versucht sein, es ganz streng zu nehmen: Frege dürfe eigentlich nicht sagen, dass dieser Satz wahr ist, weil es aus den genannten Vagheitsgründen überhaupt keinen (und schon erst recht nicht einen einzigen Begriff) gibt, den wir mit dem Begriffswort „… ist ein Pferd“ oder „Pferd “ bezeichnen. Doch, wie in der vorigen Fußnote schon gesagt, …
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Wie unschön dieser Ausweg ist, ist unübersehbar. Dass Frege sich überhaupt die Redeweise durchgehen lässt, ein Begriff müsse in einen Gegenstand verwandelt werden, verwundert selbst den Bewunderer. Auch wenn er diese Redeweise unmittelbar anschließend durch eine anscheinend weniger anstößige ersetzt (der Begriff müsse „durch einen Gegenstand vertreten werden“8), ist es in seinem Rahmen doch eine happige metaphysische Entgleisung, wie man sie gerade bei ihm nicht erwarten würde. Mit seiner nachgeschobenen Formulierung verweist er uns stillschweigend auf eine Zusatzlehre, die davon handeln müsste, was es überhaupt heißen soll, dass ein Gegenstand einen Begriff vertritt, und wie es einem Gegenstand gelingen kann, genau dies zu tun. Begriff-in-Gegenstand-Verwandlungen sind metaphysischer Hokuspokus; gegenständliche Begriffsvertreter hängen in Freges Begriffslehre in der Luft. Er nennt sie später „Gegenstände ganz besonderer Art“ (KS, 174), aber das klingt nur raunend und klärt nichts.9 8
9
Noch in derselben Schaffensphase lässt Frege selbst sich das Gerede vom Vertreten nicht mehr durchgehen. In seinen unveröffentlichten, auf 1892-95 (also nach der Abfassung von „Über Begriff und Gegenstand“) datierten „Ausführungen über Sinn und Bedeutung“ schreibt er, „dass Gegenstände und Begriffe grundverschieden sind und einander nicht vertreten können“ (NS, 130; meine Herv.). – Recht hat er, meines Erachtens, mit dieser Bemerkung. Jedenfalls hilft der schiere Schnack mit dem Wort „vertreten“ – oder wie man heute lieber sagt: „repräsentieren“ – hier nicht weiter. Es ist ein Problemwort, kein Lösungswort. Wie überaus mehrdeutig es ist, hat uns ja gerade Frege selbst besser gelehrt als jeder andere vor Paul Grice. Frege verwendet, mit Sorgfalt, die Wörter „ausdrücken“, „bedeuten“/„bezeichnen“, „unbestimmt andeuten“, „beleuchten“/„färben“ und „voraussetzen“, um verschiedene Facetten dessen zu erhaschen, was uns in einem der schädlichsten philosophischen Pseudo-Fachtermini unserer Tage (Wochen, Jahre, Jahrhunderte) trüb zusammenfließt: „Repräsentation“. Frege war über jederlei schlappe vulgär-repräsentationalistische Mitplapperei seit 1892 eigentlich schon hinaus. Man darf sein Reden davon, dass ein Gegenstand einen Begriff vertreten könne, getrost so erbarmungslos wegbügeln, wie er selbst es in dem obigen Zitat (NS, 130) tut. Mit derlei Gerede ist eben nichts gesagt. In seinem Entwurf zu „Über Begriff und Gegenstand“ hatte Frege statt des letzten Teilsatzes des obigen Zitats Folgendes geschrieben: „[D]er Begriff […] muß erst in einen Gegenstand verwandelt werden; oder genauer gesprochen: es muß ein Gegenstand für ihn eingesetzt werden, der mit ihm gesetzmäßig zusammenhängt, und diesen Gegenstand bezeichnen wir in der Form ‚der Begriff x‘“ (NS, 107, rechte Spalte). Aber auch dies hilft nicht viel weiter, sondern wirft nur viele Fragen auf: Was ist das, was könnte das in Freges Rahmen überhaupt sein: etwas, in das sich ein Ge-
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Wie unschön dieser Ausweg ist, zeigt sich auch, wenn man überlegt, was für einen Begriff dann eigentlich ein Prädikat wie „… ist nicht leer“ oder „… ist ein Begriff“ ausdrücken müsste. Die Wahrheit des Satzes „Der Begriff Mensch ist nicht leer“ soll ja nicht bestritten werden. Also muss der vom Prädikat „… ist nicht leer“ bezeichnete Begriff einer sein, der auf Gegenstände zutrifft, und zwar auf genau solche, die nicht-leere Begriffe vertreten (was auch immer das heißen mag). Also ist der Begriff, der von „… ist nicht leer“ bezeichnet wird, nicht weniger ein Begriff erster Stufe – ein Begriff, unter den nur Gegenstände fallen – als der Begriff, der von „… ist nicht leer“ bezeichnet wird, den wir zutreffenderweise auf Gin-Flaschen oder Hosentaschen anwenden. Unsere intuitive Vormeinung ist ja doch wohl, dass der in dem wahren Satz „Der Begriff Mensch ist nicht leer“ vom Prädikat „… ist nicht leer“ bezeichnete Begriff von anderer Stufe ist als der, der in dem wahren Satz „Harveys Gin-Flasche ist nicht leer“ vom gleichklingenden Prädikat bezeichnet wird.10 Diese Vormeinung wird durch Freges Ausweg enttäuscht: Beide Nichtleerseinsbegriffe sind von derselben Stufe. Das Unschönste an diesem Ausweg ist jedoch, dass wir im Lichte dessen, was Frege uns hier offeriert, mit den fraglichen Sätzen – (F), (K) oder „Der Begriff Mensch ist nicht leer“ – in gewissem Sinn gar nicht über das reden, über das wir mit ihnen doch eigentlich reden möchten: nämlich über Begriffe selbst (und nicht über sie „vertretende“ Gegenstände). Nebenbei bemerkt: Jene Gegenstände, die als „der Begriff So-&-so“ bezeichnet werden, setzt Frege, soweit ich sehe, in seiner reifen Lehre nicht mit den entsprechenden Begriffsumfängen gleich. An einer Stelle in „Über Begriff und Gegenstand“ erklärt er diesbezüglich (KS, 172): 1. Er habe nie Begriff und Begriffsumfang identifiziert;
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genstand für einen Begriff einsetzen lässt? Und von was für einem Gesetz ist hier die Rede? Gibt es nur ein einziges Gesetz der entsprechenden Art? Wodurch ist sichergestellt, dass es zu jedem Begriff und jedem entsprechenden Gesetz immer nur einen Gegenstand „ganz besonderer Art“ gibt? Und so weiter. Auch hier nur unbestimmtes Gestikulieren, keine deutliche Auskunft. Jedenfalls wirkt es natürlich, solch einen Stufen-Unterschied anzunehmen, falls wir Freges Voraussetzung teilen, dass ein Begriff in seiner Ungesättigtheit etwas kategorial anderes ist als sein Umfang.
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Andreas Kemmerling 2. er habe (dabei bezieht er sich auf Die Grundlagen der Arithmetik, § 68, Fn.) nur die Meinung vertreten, „man könne in dem Ausdrucke ‚Die Anzahl, welche dem Begriff F zukommt, ist der Umfang des Begriffes gleichzahlig dem Begriffe F ‘ die Worte ‚Umfang des Begriffes‘ durch ‚Begriff‘ ersetzen“; 3. dies sei „nur eine beiläufige Bemerkung“ gewesen, auf die er nichts gegründet habe.
Wäre Frege der Auffassung gewesen, dass die Ausdrücke (B)
der Begriff So-&-so
(U)
der Umfang des Begriffs So-&-so
und
denselben Gegenstand bezeichnen, hätte er es wohl an dieser Stelle gesagt. Er scheint der Auffassung zugeneigt gewesen zu sein, dass die beiden Eigennamen (B) und (U) unterschiedliche Gegenstände bezeichnen – Gegenstände, die jedoch trotz ihrer Verschiedenheit logisch so „sehr enge“ zusammenhängen (NS, 134), dass die Ersetzung zulässig ist, von der in Punkt 2 der gerade erwähnten Bemerkung die Rede ist. – Mithin scheint in Freges Ontologie ein jeweils eigener Platz für dreierlei vorgesehen zu sein: erstens für jeden ungesättigten Begriff selbst, der durch ein Begriffswort („… ist ein So-&-so“) bezeichnet wird; zweitens für seinen Umfang, der nichts Ungesättigtes ist, sondern ein Gegenstand; und drittens für jenen Gegenstand „ganz besonderer Art“, der durch den Ausdruck „der Begriff So-&-so“ bezeichnet wird. Erwähnt sei schließlich auch, dass Frege in seinen von ihm selbst nicht veröffentlichten „Ausführungen über Sinn und Bedeutung“ eine gewisse Variante desjenigen Auswegs andeutet, den er in „Über Begriff und Gegenstand“ eingeschlagen hat und den wir hier betrachtet haben. In dieser Variante versucht er sich den Umstand zunutze zu machen, dass sich die Wendung (W) was das Begriffswort „So-&-so“ bedeutet sowohl als Eigenname als auch prädikativ verwenden lässt (NS, 133). Wie der damit angedeutete andere Ausweg im Einzelnen aussehen könnte, lässt
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er offen. (Bemerkenswert ist dabei auch die wiederum geradezu nonchalante Beiläufigkeit, mit der er diese Schwierigkeit behandelt: Sie scheint ihm wiederum kein echtes Problem zu sein, das ihm mehr abverlangt als ein paar hingeworfene Andeutungen.) Es scheint mir, als biete diese Variante bestenfalls Aussicht auf eine Verschlimmbesserung des hier erörterten Auswegs. Denn entweder legt Frege sich auf die Behauptung fest, dass (B) und (W) denselben Sinn haben – was für einen braven Fregeaner jedoch völlig abwegig wäre, weil durch (B) nicht, wohl aber durch (W), Sprachliches ausdrücklich ins Spiel gebracht wird. Oder er legt sich nicht auf diese Behauptung fest. In letzterem Fall bleibt die Schwierigkeit mit Sätzen wie (F) jedoch schlicht und einfach bestehen. – Deshalb lasse ich diese Variante hier beiseite. 3 Eine (für Frege) befriedigende Lösung der Schwierigkeit Aber es geht auch besser im Rahmen von Freges Lehre; und wie das geht, deutet Frege kurz darauf (KS, 173) an. Führen wir uns zunächst vor Augen, was eine im Rahmen der Fregeschen Lehren befriedigende Lösung der Schwierigkeit mit solchen Sätzen wie (F), (K) oder „Der Begriff Mensch ist nicht leer“ wäre. Ich nenne folgende Desiderata: (D1) Solche Sätze lassen sich so konstruieren, dass sie von einem Begriff erster Stufe handeln, von dem ausgesagt wird, dass er in einen Begriff zweiter Stufe falle. (D2) Ihr Wahrheitswert kommt „richtig“ heraus; das heißt: Sätze, die (sowohl vortheoretisch als auch im Rahmen der Fregeschen Begriffslehre) wahr sein sollten, sind im Rahmen dieser Lösung auch als wahre Sätze zu betrachten. (D3) Die Lösung steht zu nichts in Widerspruch, was Frege selbst geschrieben (oder jedenfalls veröffentlicht) hat. Solch eine Lösung werde ich am Beispiel der Negation des Satzes (F) vorstellen: (F*) Der Begriff Pferd ist ein Begriff.
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Sie ist aber natürlich auch auf alle andern Sätze der fraglichen Art anwendbar, die Frege in „Über Begriff und Gegenstand“ erwähnt. 1.
Eine geeignete Zerlegung des Satzes „Der Begriff Pferd ist ein Begriff“ geht so: Er wird zerlegt in den Prädikatausdruck Der Begriff … ist ein Begriff und den Subjektausdruck Pferd.
2.
Der Ausdruck „Der Begriff … ist ein Begriff “ bezeichnet einen Begriff höherer als erster Stufe, der auf alle Begriffe der nächstniedrigeren Stufe und nur auf diese zutrifft. Der Ausdruck „Pferd “ bezeichnet einen Begriff erster Stufe; er ist also kein Eigenname, sondern selbst ein Begriffswort.11 – Damit ist das erste Desideratum erfüllt.
3.
Der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff“ ist wahr.12 Im Zusammenhang dieses Satzes bezeichnet das kursivgesetzte Wort „Pferd “ einen Begriff erster Stufe; und die Worte „Der Begriff … ist ein Begriff“ bezeichnen einen Begriff zweiter Stufe, in den alle Begriffe erster Stufe – also auch der von „Pferd “ bezeichnete – fallen. – Damit ist das zweite Desideratum erfüllt.
Doch wie steht es um die Erfüllung des dritten Desideratums? Dieser Frage möchte ich mich jetzt zuwenden.13 11
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Nähmen wir es ganz streng, müsste Frege dies bestreiten, weil in seinen strengen Augen das Wort „Pferd“, auch wenn es kursiv geschrieben wird, keinen Begriff bezeichnet – einfach weil es vage ist. Aber … siehe Fn. 6. Wiederum könnte man versucht sein, es ganz streng zu nehmen, und Frege entgegenhalten, er dürfe eigentlich nicht sagen, dass dieser Satz wahr ist, weil … Doch, wie oben in Fn. 7 schon gesagt, … Nicht ganz verschwiegen sei, dass die hier vorgestellte Lösung ihre Grenzen hat. Sie ist z.B. schon nicht anwendbar auf begriffsthematisierende Sätze eines andern Typs, den Frege ebenfalls beiläufig erwähnt: „Der Begriff, von dem ich jetzt eben spreche, ist ein Individualbegriff “ (KS, 170). Eine befriedigende Lösung für solche Sätze könnte sich in einem strikt Fregeschen Rahmen als durchaus schwierig erweisen. Und auch die Idee, der brave Fregeaner könnte zumindest in solch einem Fall Zuflucht zu Russells Kennzeichnungstheorie nehmen, wirkt nicht sonderlich verheißungsvoll. Denn es ist im Rahmen von Freges Begriffslehre ja unmöglich, Gleichungen zu formulieren, in denen nur Variablen für Begriffe auftreten. Aber so et-
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4 Wie Fregesch ist diese Lösung? Die Antwort ist: Ganz und gar. Ich werde diese Antwort mit einigen zusätzlichen Erläuterungen plausibel zu machen versuchen. Die ungewöhnliche Zerlegungsmethode. Ungewöhnliche Zerlegungsmethoden sind geradezu Freges Spezialität; sie begründen einen Teil seines Ruhms. Er hat uns gelehrt, dass wir im Hinblick auf dessen logische Gegebenheiten einen Satz wie z.B. Alles fließt gerade nicht so zerlegen sollten, wie es unsern schulgrammatischen Neigungen entspricht. Vor Frege lag es nahe, diesen Satz so zu zerlegen: „Alles“ ist der Subjektausdruck, der das bezeichnet, wovon etwas ausgesagt wird, und „… fließt“ ist der Prädikatausdruck, der das bezeichnet, was vom Bezug des Subjektausdrucks ausgesagt wird. Umgekehrt wird ein besserer logischer Schuh draus, hat uns Frege gelehrt: „Fließt“ ist hier als der Subjektausdruck zu betrachten, der einen Begriff erster Stufe bezeichnet (und zwar den, unter den alle und nur die Gegenstände fallen, die fließen).
was würde für die nahe liegende Russell-Paraphrase des gerade genannten Satzes gebraucht: „Es gibt genau einen Begriff, der die Eigenschaft hat, etwas zu sein, wovon ich jetzt eben spreche, und er ist ein Individualbegriff “. Nach Russell ist das zu analysieren als: „Es gibt etwas, x, das die Eigenschaft hat, ein Begriff zu sein, und für jedes y, das die Eigenschaft hat, ein Begriff zu sein, gilt: … & x = y …“. Aber solch ein „x = y“ passt in keinen Rahmen, der noch Fregesch zu nennen wäre. Dennoch, ganz ohne Hoffnung muss der brave Fregeaner nicht sein. Es wäre eine völlig kohärente Erweiterung der Fregeschen Begriffslehre, folgende Annahme hinzuzunehmen: Von einem Begriff wird nur dann eine Aussage gemacht, wenn er in dem betreffenden Satz durchsichtig ist. Und ein Begriff ist in einem Satz höchstens dann durchsichtig, wenn das Verständnis des Satzes allein es ermöglicht, den Begriff ohne Rückgriff auf irgendwelche seiner extrinsischen Eigenschaften zu spezifizieren. Daraus ergibt sich, dass in dem Satz „Der Begriff, von dem ich jetzt eben spreche, ist ein Individualbegriff “ keine Aussage von dem Begriff gemacht wird, der mit den ersten acht Wörtern dem Anschein nach bezeichnet wird. – Ich halte solch eine Erweiterung übrigens nicht für ad hoc, sondern für aus unabhängigen Gründen plausibel. Aber davon ein andermal.
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Andreas Kemmerling „Alles“ ist hier als der Prädikatausdruck zu betrachten, der einen Begriff zweiter Stufe bezeichnet (und zwar den, in den alle und nur die Begriffe erster Stufe fallen, unter die jeder Gegenstand fällt). Und diese Betrachtungsweise liefert uns genau, was wir wollen: Der Satz „Alles fließt“ ist genau dann wahr, wenn der Begriff des Fließens die Eigenschaft hat, dass jeder Gegenstand unter ihn fällt; und das heißt: Er ist genau dann wahr, wenn jeder Gegenstand fließt.
Die Ungewöhnlichkeit der hier vorgeschlagenen Methode zur Zerlegung von (F*) spricht also nicht dagegen, dass unsere Lösung der Schwierigkeit mit solchen Sätzen ganz im Sinne Freges ist. Im Gegenteil, unsere Zerlegung übernimmt einen der schönsten logischen Kunstgriffe, die Frege uns gelehrt hat. Die Verträglichkeit dieser Lösung mit Freges Ausweg. Es ist kaum zu bestreiten, dass diese Lösung schöner ist als der Ausweg, den Frege in „Über Begriff und Gegenstand“ gewählt hat. Es ist aber überhaupt nicht zu bestreiten, dass Frege nun einmal jenen wenig schönen Ausweg genommen hat. Und damit stellt sich die Frage: Vertragen sich denn Freges Ausweg und die hier vorgestellte Lösung? Die Antwort ist: Ja, vollkommen. Nichts, worauf Frege sich festlegt, indem er seinen Ausweg begeht, steht in einem Widerspruch zu dem, was unsere Lösung mit sich bringt. Frege arbeitet, wenn er seinen Ausweg entwickelt, im Rahmen einer andern Zerlegungsmethode, als sie unserer Lösung zugrunde liegt. Er würde den Satz (F*) Der Begriff Pferd ist ein Begriff folgendermaßen zerlegen: Subjektausdruck: „der Begriff Pferd “, Prädikatausdruck: „… ist ein Begriff “. Alles, was er zur Bedeutung (zum Bezug) dieser Ausdrücke sagt, ist goldrichtig; und nichts davon wird durch unsere Lösung bestritten. Wenn man (F*) so zerlegt, landet man, als braver Fregeaner, eben genau in Freges Ausweg. Das ist nicht schön, aus den oben genannten Gründen, aber es geht dialektisch in Ordnung. Gegen Kerrys These jedenfalls – Frege sei
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darauf festgelegt, Begriffe gelten zu lassen, die zugleich Gegenstände sind – reicht das völlig. Wichtig ist es, an dieser Stelle zu beachten, dass eben alles an der Zerlegungsmethode hängt. Wer Freges Ausweg beschreitet, zerlegt (F*) so: (ZA) [Der Begriff Pferd ] ist ein Begriff. Wer die hier vorgeschlagene Lösung wählt, zerlegt denselben Satz hingegen so: (ZL) Der Begriff [Pferd ] ist ein Begriff. Gegen keine dieser Zerlegungen ist logisch etwas einzuwenden. (ZA) hat das Hübsche, unsern schulgrammatischen Neigungen entgegenzukommen; und genau das ist es, vermute ich, was Frege in „Über Begriff und Gegenstand“ möchte. Er schreibt ausdrücklich, er berufe sich „dabei [hiermit meint er sein grammatisches Kriterium zur Unterscheidung von Begriffswörtern und Eigennamen] auf das allgemeine deutsche Sprachgefühl“ (KS, 170). Dieses Sprachgefühl leitet ihn auch bei der Zerlegung von Sätzen wie (F) und (F*), wenn er sich mit Kerry auseinander setzt. Selbst in diesem Rahmen, den er selbst auf Grund seiner Einsichten zur logischen Struktur von quantifizierten Sätzen nicht besonders ernst nehmen kann, vermag er Kerry entgegenzutreten. Frege verkauft sich hier unter Wert, weil er nicht mehr erreichen möchte, als einen gewissen Einwand Kerrys abzuwehren, der selbstverständlich von einer (ZA)-Zerlegung ausgeht. Das ist das Hübsche an (ZA). Das Hässliche ist, welche Folgelasten diese Art der Zerlegung insbesondere für Freges Metaphysik nach sich zieht. Wir haben sie oben betrachtet. (ZL) hat das Schöne, unsern und auch Freges metaphysischen Intuitionen genau zu entsprechen: In Sätzen wie (F*) geht es um Begriffe erster Stufe, denen gewisse Eigenschaften zugeschrieben werden. Das Unschöne an (ZL) ist, dass diese Zerlegung auf den ersten Blick zumindest unnatürlich wirkt. Frege wollte „das allgemeine deutsche Sprachgefühl“ als den gemeinsamen Kampfplatz akzeptieren, auf dem die Auseinandersetzung mit Kerry stattfindet. Der ganze Dreh an (ZL) ist ja, dass gemäß dieser Zerlegung der Eigenname „der Begriff Pferd “ in (F*) gar nicht als Bestandteil vorkommt. Das ist wider unser schulgrammatisch geprägtes
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Sprachgefühl, aber es ist logisch einwandfrei und führt zu einem Ergebnis, das unsere logischen und metaphysischen Intuitionen als zutreffend herauskommen lässt: Ausgesagt wird in (F*) etwas von einem Begriff erster Stufe – und zwar, dass er in einen Begriff höherer Stufe falle. Als besonders schön mag man es empfinden, dass im Lichte dieser Lösung herauskommt, dass an Sätzen, die von Begriffen handeln, wahrlich etwas ganz Besonderes ist: Um sie philosophisch erhellend zu analysieren, muss eine ausgefallene Zerlegungsmethode, nämlich (ZL), statt derjenigen Zerlegungsmethode herangezogen werden, die wir getrost verwenden dürfen, um gewöhnliche Sätze, die von Gegenständen handeln, philosophisch erhellend zu analysieren. Reden über Begriffe funktioniert eben sprachlich einschneidend anders als Reden über Gegenstände. 5 Meinte Frege aber nicht doch, der Satz „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ sei falsch? Diese Frage stellt sich auf Grund jener kleinen Textstelle, die ich oben bereits zitiert hatte: Es kann ja nicht verkannt werden, daß hier eine freilich unvermeidbare Härte vorliegt, wenn wir behaupten: der Begriff Pferd ist kein Begriff †, während doch z.B. die Stadt Berlin eine Stadt und der Vulkan Vesuv ein Vulkan ist. Die Sprache befindet sich hier in einer Zwangslage, welche die Abweichung vom Gewöhnlichen rechtfertigt. (KS, 170f.) In der dazugehörigen Fußnote, deren Verweis in Freges Text ich hier mit † kenntlich gemacht habe, fügt Frege Folgendes hinzu: Ähnliches kommt vor, wenn wir mit Beziehung auf den Satz „diese Rose ist rot“ sagen: das grammatische Prädikat „ist rot“ gehört zum Subjekte „diese Rose“. Hier sind die Worte „das grammatische Prädikat ‚ist rot‘“ nicht grammatisches Prädikat, sondern Subjekt. Gerade dadurch, daß wir es ausdrücklich Prädikat nennen, rauben wir ihm diese Eigenschaft.
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Will Frege hier nicht doch das Ungeheure sagen: Der Satz „Der Begriff Pferd ist kein Begriff “ sei wahr, unser Satz (F*) mithin falsch? Nein, nichts läge Frege ferner. Ich denke, der von ihm gemeinte Ausweg ist tatsächlich der, den ich in Abschnitt 2 dieser Arbeit nachgezeichnet habe. Dies wird leidlich deutlich daran, wie Frege wenig später in derselben Arbeit den Satz Der Begriff Quadratwurzel aus Vier ist erfüllt im Rahmen von (ZA) behandelt (KS, 174): Der Satz ist wahr; sein (ZA)Prädikatausdruck ist „… ist erfüllt“, und er bezeichnet einen Begriff erster Stufe, der „in Wahrheit nur von Gegenständen ganz besonderer Art ausgesagt werden [kann], solchen nämlich, welche durch Eigennamen von der Form ‚der Begriff F ‘ bezeichnet werden können“; sein (ZA)-Subjektausdruck ist „der Begriff Quadratwurzel aus Vier“, und dieser bezeichnet einen Gegenstand, sei’s auch einen „ganz besonderer Art“. – Alles spricht dafür, dass Frege eine genau analoge Behandlung für die Sätze (F) und (F*) vorschwebte; und das ist eben just die, die ich oben, in Abschnitt 2, seinen Ausweg genannt habe. Kurz, alles spricht dafür und nichts dagegen, dass Frege Satz (F) für falsch und Satz (F*) für wahr gehalten hat. Spricht wirklich nichts dagegen? Zumindest scheint doch einiges in dem gerade vorgestellten Zitat dagegen zu sprechen. Ich hebe die heiklen Stellen jetzt mit Kursivdruck hervor: [Text] Es kann ja nicht verkannt werden, daß hier eine freilich unvermeidbare Härte vorliegt, wenn wir behaupten: der Begriff Pferd ist kein Begriff †, während doch z.B. die Stadt Berlin eine Stadt und der Vulkan Vesuv ein Vulkan ist. Die Sprache befindet sich hier in einer Zwangslage, welche die Abweichung vom Gewöhnlichen rechtfertigt. [Fußnote] † Ähnliches kommt vor, wenn wir mit Beziehung auf den Satz „diese Rose ist rot“ sagen: das grammatische Prädikat „ist rot“ gehört zum Subjekte „diese Rose“. Hier sind die Worte „das grammatische Prädikat ‚ist rot‘“ nicht grammatisches Prädikat, sondern Subjekt. Gerade dadurch, daß wir es ausdrücklich Prädikat nennen, rauben wir ihm diese Eigenschaft.
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Zu [Text]: Wenn die Härte wirklich unvermeidbar wäre, käme – so scheint es – die vorgestellte Lösung für Frege nicht in Frage, denn in ihr wird jene Härte ja mit Gusto vermieden. Also steht unsere Lösung nicht im Einklang mit allem, was Frege sagt, und unser drittes Desideratum wäre nicht erfüllt. – Zu [Fußnote]: Die Ähnlichkeit, die Frege hier im Auge hat, ist ja wohl folgende: Mit einem Satz vom Schlage (F) berauben wir den Begriff, der von „der Begriff Pferd “ bezeichnet werden soll und dem ersten Anschein nach auch bezeichnet wird, dadurch, dass wir ihn ausdrücklich mit einem Eigennamen bezeichnen, gerade der Eigenschaft, ein Begriff zu sein. Demnach wäre nicht einmal unser erstes Desideratum eines, das Frege für eine befriedigende Lösung der Misslichkeit akzeptierte. 6 Derselbe Satz, derselbe Gedanke – aber verschiedene Aussagen Dies scheint gegen die Verträglichkeit der hier vorgestellten Lösung mit dem Fregeschen Wortlaut an dieser Stelle zu sprechen. Doch es scheint eben nur. Stattdessen sind diese Bemerkungen Freges knappe Hinweise auf die Schwächen der nahe liegenden, aber in Anwendung auf Sätze wie (F) unbefriedigenden, schulgrammatisch geprägten Zerlegungsmethode, die ich (ZA) genannt habe. Sie führt uns dazu, nun so etwas behaupten zu wollen wie: Der Begriff Pferd sei kein Begriff. So etwas zu behaupten, käme uns hart an. Wenn wir uns so etwas zu behaupten gedrängt fühlen, empfinden wir dies als eine Zwangslage, in die wir durch die Sprache selbst zu geraten scheinen – genauer gesagt: in die wir durch unsere Neigung geraten, Sätze, die anscheinend auf Begriffe mit Hilfe von Eigennamen Bezug nehmen, gemäß der Methode (ZA) zu zergliedern. Solange wir blind an dieser Zerlegungsmethode festhalten, wirkt diese Härte freilich unvermeidlich. Und in dieser Textstelle hält Frege ganz entschieden an (ZA) fest, um Kerry entgegenzuhalten: Selbst dann bin ich, Frege, nicht gezwungen anzuerkennen, dass es Begriffe gibt, die auch Gegenstände sein können. Dass es andere Methoden der Zerlegung gibt, die demselben Satzsamt-seinem-eindeutigen-Sinn eine andere Aussage zuordnen, macht Frege erst kurz darauf ganz klar: Man dürfe, sagt er, nicht verkennen,
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daß ein Gedanke mannigfach zerlegt werden kann und daß dadurch bald dies, bald jenes als Subjekt und Prädikat erscheint. Durch den Gedanken selbst ist noch nicht bestimmt, was als Subjekt aufzufassen ist. Wenn man sagt: „das Subjekt dieses Urteils“, so bezeichnet man nur dann etwas Bestimmtes, wenn man zugleich auf eine bestimmte Art der Zerlegung hinweist. Meist tut man dies mit Hinblick auf einen bestimmten Wortlaut. Man darf aber nie vergessen, daß verschiedene Sätze denselben Gedanken ausdrücken können. (KS, 173) Und auf derselben Seite setzt er hinzu: Es dürfe nicht wundernehmen, daß derselbe Satz aufgefaßt werden kann als eine Aussage von einem Begriffe und auch als eine Aussage von einem Gegenstande, wenn nur beachtet wird, daß diese Aussagen verschieden sind. Wenden wir dies auf unsern Satz (F) an: Man bezeichnet nur dann etwas Bestimmtes mit dem Ausdruck das Subjekt des mit „Der Begriff Pferd ist ein Begriff “ bekundeten Urteils, wenn man zugleich eine Methode der Zerlegung dieses Satzes angibt. Relativ zur Zerlegungsmethode (ZA) ist das von dem Eigennamen „der Begriff Pferd “ Bezeichnete das Subjekt; und mithin wird, im Lichte dieser Zerlegung „freilich unvermeidbar“, mit (F) eine Aussage von einem Gegenstande gemacht. Hingegen ist relativ zur Zerlegungsmethode (ZL) etwas anderes das Subjekt desselben Urteils, das mit ebendiesem Satz bekundet wird: nämlich das von dem Begriffswort „Pferd “ Bezeichnete – und dies ist ein Begriff. Die beiden Aussagen, die sich relativ zu (ZA) und (ZL) für (F) und seinesgleichen ergeben, sind einschneidend verschieden: Unter (ZA) wird mit (F) von einem Gegenstand ausgesagt, dass er unter einen Begriff erster Stufe fällt; unter (ZL) wird mit demselben Satz von einem Begriff erster Stufe ausgesagt, er falle in einen Begriff zweiter Stufe. Aber der Gedanke, der von (F) ausgedrückt wird, ist unabhängig von diesen unterschiedlichen Methoden der Zerlegung ein und derselbe. Das ist Freges Amorphielehre:
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Gedanken sind an sich kategorial unstrukturiert – sie „bestehen“ nicht aus etwas, das ungesättigt ist, und etwas, das dieses Ungesättigte sättigt.14 Dasselbe gilt für Urteile, die mit der behauptenden Verwendung eines Satzes bekundet werden. Angesichts all dessen schlage ich vor, die beiden schwierigen Stellen – [Text] und [Fußnote] – zum Beispiel folgendermaßen zu lesen: [Text] Es kann ja nicht verkannt werden, dass hier eine freilich unvermeidbare Härte vorliegt, wenn wir uns unter Zugrundelegung von Zerlegungsmethode (ZA) dazu gedrängt fühlen zu behaupten: der Begriff Pferd ist kein Begriff †, während doch z.B. die Stadt Berlin eine Stadt und der Vulkan Vesuv ein Vulkan ist. Die Sprache, wenn wir sie im Lichte von (ZA) betrachten, befindet sich hier in einer Zwangslage, welche die Abweichung vom Gewöhnlichen rechtfertigt. [Fußnote] † Ähnliches kommt vor, wenn wir mit Beziehung auf den Satz „Diese Rose ist rot“ sagen: Das grammatische Prädikat „ist rot“ gehört zum Subjekte „diese Rose“. Hier sind die Worte „das grammatische Prädikat ‚ist rot‘“, unter (ZA) betrachtet, nicht grammatisches Prädikat, sondern Subjekt. Im Lichte von (ZA) würden wir ihm gerade dadurch, dass wir es ausdrücklich Prädikat nennen, diese Eigenschaft rauben. Man könnte im Lichte des in der vorliegenden Arbeit Entwickelten versucht sein, die Fußnote sogar als einen Hinweis Freges darauf zu deuten, wie wenig brisant diese Schwierigkeit für ihn ist. Denn es ist ja eine wenig bestürzende Beobachtung, dass der Ausdruck das grammatische Prädikat „ist rot“ des Satzes „Diese Rose ist rot“ 14
Dass Frege solch eine Lehre seit spätestens 1892 vertreten und danach nie aufgegeben hat, obwohl er später sehr gerne von Gedankenteilen (der gesättigten und der ungesättigten Art) sprach, habe ich in einer andern Arbeit (Kemmerling 1990) zu zeigen versucht, und zwar mit Argumenten, die nicht davon zehren, dass es bei Zugrundelegung dieser Lehre kein so genanntes Frege-Paradox gibt. Es freut mich für Frege, dass er dank dieser Lehre kein echtes Problem mit explizit begriffsthematisierenden Sätzen und den von ihnen ausgedrückten Gedanken hat. Und es nimmt mich nicht nachträglich gegen meine Deutung von Frege als Anhänger der Amorphielehre ein, dass mir nun klar geworden ist, dass er dank ihr diese Lästigkeit aufs Einfachste loswerden kann.
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selbst kein grammatisches Prädikat ist. Das Substantiv „Verb“ ist kein Verb, das Adjektiv „substantivisch“ ist kein Substantiv, und so weiter – na fein. Wenn etwas dieses Schlags alles wäre, was an „Der Begriff Pferd ist ein/kein Begriff “ im Rahmen der Fregeschen Lehre irritiert, wäre es kaum eine Schwierigkeit zu nennen. Und paradox wäre es wohl nur in dem Maße, in dem der abgegriffene Pauker-Scherz witzig ist: Was ist paradox? Wenn ein Goethe-Denkmal durch den Busch schillert. Aber Frege will wohl auf etwas weniger Banales und nicht auf Beschwichtigung hinaus („Eine echte Schwierigkeit liegt hier gar nicht vor, wie die Analogie mit dem Beispiel aus dem Bereich des Sprachlichen zeigt“). Vermutlich geht es ihm um folgende Schwierigkeit: Wird die Unterscheidung zwischen Vollständigem und Ungesättigtem auch auf Sprachliches angewandt, dann liegt es nahe, grammatische Prädikate der zweiten Kategorie zuzuordnen und einen Ausdruck wie das grammatische Prädikat „ist rot“ des Satzes „Diese Rose ist rot“ der ersten. Doch wie kann solch ein Ausdruck dann ein grammatisches Prädikat bezeichnen, was er dem Anschein nach ja tut? – Ich denke, dass es auch hier eine für Frege befriedigende Lösung gibt, die der hier vorgeschlagenen Lösung für die Schwierigkeit mit Begriffseigennamen nicht unverwandt ist. Es gilt zunächst, eine Mehrdeutigkeit in der Verwendung des Ausdrucks das grammatische Prädikat „ist rot“ des Satzes „Diese Rose ist rot“ zu beachten. Damit kann zum einen die Wortfolge „ist rot“ bezeichnet werden (von der zugleich gesagt wird, dass sie eine gewisse Rolle in einem bestimmten Satz spielt). Wortfolgen sind aber gewiss vollständige Entitäten. Somit entsteht unter dieser Verwendung des Ausdrucks keine Schwierigkeit: Vollständiges bezeichnet Vollständiges. Es kann mit diesem Ausdruck zum andern auch eine unvollständige sprachliche Entität gemeint sein, der wesentlich eine Leerstelle zukommt. Verdeutlichen wir diese andersartige Verwendung durch drei Punkte, die die Leerstelle markieren („… ist rot“). Dann könnte Frege ohne weiteres folgende Auffassung vertreten: Der Ausdruck das grammatische Prädikat „… ist rot“
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ist nicht wohlgeformt; und der wahre Satz Das grammatische Prädikat „… ist rot“ ist das Prädikat des Satzes „Diese Rose ist rot“ enthält gar nicht diesen inkorrekt geformten Ausdruck, sondern ist vielmehr so zu zergliedern: Das grammatische Prädikat „[… ist rot]“ ist das Prädikat des Satzes „Diese Rose ist rot“. Das heißt: Der Satz ist zu zerlegen in das höherstufige Prädikat: Das grammatische Prädikat „…“ ist das Prädikat des Satzes „Diese Rose ist rot“ und in das erststufige Prädikat … ist rot.15 Der Satz handelt dann von einem erststufigen Prädikat, das seiner Ungesättigtkeit nicht beraubt wird; und mit Hilfe eines höherstufigen Prädikats wird von ihm ausgesagt, dass es das Prädikat eines bestimmten Satzes sei. – Unter dieser Konstruktion entsteht wiederum kein Problem für den braven Fregeaner. 7 Schluss – nein, noch nicht ganz Ich fasse nun rasch zusammen. Das so genannte Frege-Paradox ist ohnehin kein Paradox, sondern schlimmstenfalls eine theoretische Kalamität. Aber nicht einmal das. Was prima facie wie eine Schwierigkeit wirkt, ist bei genauerem Blick in Freges „Über Begriff und Gegenstand“ nichts 15
Dieses Prädikat wird hierbei nicht „in der gewöhnlichen Art gebraucht“. In der Verwendung, die wir jetzt von dem Prädikat machen, ist „das, wovon man sprechen will“, nicht die Fregesche Bedeutung (also der vom Prädikat in gewöhnlicher Verwendung bezeichnete Begriff), sondern das Prädikat selbst ist das, wovon man in dieser Verwendung sprechen will. „Wir haben dann Zeichen von Zeichen“, sagt Frege. Durch die Anführungszeichen wird deutlich gemacht, dass jene besondere Fregesche Bedeutung einschlägig ist. Vgl. dazu „Über Sinn und Bedeutung“ (KS, 145).
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weiter als ein hübscher Hinweis auf justament das, womit spätere Autoren z.B. unter dem Etikett „Unbestimmtheit des Bezugs“ reichlich Furore gemacht haben. Nur war Frege klüger, so will mir scheinen, als diejenigen, die darin etwas philosophisch Irritierendes oder gar Brisantes erblickt haben. Es ist eben, „objektiv“, „gedanklich“, genau dasselbe, von einem Gegenstand auszusagen, er falle unter einen Begriff, wie von einem Begriff (erster Stufe) auszusagen, er falle in einen Begriff (zweiter Stufe). Es ist natürlich nicht dasselbe, was die gemachte Aussage angeht, die immer relativ zu einer Zerlegung des Gedankens im Lichte der Zerlegung des ihn ausdrückenden Satzes ist. „Die Gedanken hat der liebe Gott gemacht, ihre Zerlegungen sind Menschenwerk“, so etwa. Frege muss kein Jota von dem abgehen, was er seit 1892 veröffentlicht hat. Was ich im ersten Abschnitt dieser Arbeit als seine Annahmen 15 aufgeführt habe, gehört zum Kern seiner Begriffslehre und ihrer Anwendung auf die umgangssprachlichen Gegebenheiten des Deutschen. Ohne das, was ich dort als sechste, siebte und zehnte Annahme aufgeführt habe, ergibt sich nichts für Freges Begriffslehre Unersprießliches. Aber all das ist nichts, was Frege für richtig hielte. – Mein Eindruck ist: Frege steht, im Hinblick auf sein so genanntes Paradox, sehr fein da, wenn man „Über Begriff und Gegenstand“ leidlich genau und einigermaßen wohlwollend liest. Was mich wiederum auf Wolfgang Künne bringt. Die Großen und auch die Kleineren peinlich genau und zugleich möglichst wohlwollend lesen,16 ist, wenn ich sein Werk nicht volle Kanne missdeute, der Dreh- und Angelpunkt seiner philosophischen Arbeit. Genauigkeit der Lektüre erfordert manchmal Kennerschaft auf Seiten des Lesers. Und Wohlwollen gegenüber dem Autor ist etwas anderes als die botmäßig affirmativen Läppischkeiten, die hierzulande immer noch gerne als Höhe der hermeneutischen Durchdringung gelten. Kennerschaft über alles, worüber er schreibt, und das völlige Fehlen von schaler Zustimmerei sind zwei Dinge, die mir an dem, was ich von seinem Werk kenne, größte Hochachtung einjagen.
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Leider geht das nicht immer zusammen. Genaues Lesen vertreibt manchmal jedes Wohlwollen, und seltsamerweise gilt mitunter auch das Umgekehrte. (Mir ist Lektüre der zweiten Art meistens lieber, doch mein Beruf ist nicht danach.)
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8 Schluss Frege hat die Schwierigkeit, um die es uns ging, in „Über Begriff und Gegenstand“ nicht so langweilig und bieder aufgedröselt, wie ich das hier getan habe. Aber er hat uns in jener kleinen Arbeit genug gesagt, um solch eine Lösung zu sehen. „Freges Paradox“ hat er nicht lösen müssen: Er ließ es gar nicht erst zu Stande kommen. Den für ihn scheinbar problematischen Satz (F) kann er ohne weiteres als wahr anerkennen, ohne den Rahmen seiner Begriffslehre zu verlassen oder ad hoc zu verändern. Dass es im Hinblick auf (F) für ihn keine echten Probleme zu lösen, sondern nur eine Misslichkeit zu beseitigen gibt: Dies auszubuchstabieren hat er andern überlassen.17 Literatur Frege, G. 1967: Kleine Schriften, hrsg. v. I. Angelelli, Darmstadt (abgekürzt als KS). Frege, G. 1983: Nachgelassene Schriften, hrsg. v. H. Hermes et al., 2. Aufl., Hamburg (abgekürzt als NS). Kemmerling, A. 1990: „Gedanken und ihre Teile“, in: Grazer Philosophische Studien 37, 1-30. Künne, W. 1996: „Gottlob Frege“, in: T. Borsche (Hrsg.), Klassiker der Sprachphilosophie, München 1996, 325-345.
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Dank an Ralf Busse, Manfred Harth, Felix Mühlhölzer, Tobias Rosefeldt und Benjamin Schnieder für rasche Hilfe mit dieser hastig verfassten Arbeit.
Why Juliet is the Sun Severin Schroeder (Oxford)
By far the most illuminating philosophical account of metaphor that I have ever read is Wolfgang Künne’s article ‘“Im übertragenenen Sinne”. Zur Theorie der Metapher’, published in 1983. It combines meticulous scholarship, acute analysis, and exemplary lucidity; as is typical of Künne’s work. The following discussion of metaphor, although it reaches a different conclusion, is much indebted to that article. It is of considerable interest in the philosophy of language whether one should attribute to certain expressions, or utterances, a metaphorical meaning beside their literal meaning; if so, how this metaphorical meaning is to be understood, and if not, how else one should explain our understanding of metaphors. My impression is that a lot of the things that have been said on this issue, especially the more polemical and vehement claims, are largely due to terminological carelessness, or a failure to take into account certain conceptual distinctions in the realm of linguistic meaning, in themselves simple and obvious enough, but nonetheless easily neglected in the heat of a philosophical argument. Therefore, instead of joining the fray immediately, I shall preface my remarks with some reminders about different concepts of meaning, in the form of a step-by-step account of common elements of linguistic understanding. In this I closely follow Künne’s procedure in his ‘Im übertragenen Sinne’ (1983a, 183-186; cf. also 1983b, 196-202); except that I limit myself to four steps (instead of his six). 1 Concepts of Meaning A. Word meaning. Anyone moderately proficient in the English language knows the meaning of the verb ‘to hear’. It means roughly the same as the
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French ‘entendre’ or the German ‘hören’, namely: to perceive with the ears. Probably the most common use of the word ‘meaning’ (outside philosophy) is in the sense of just such attributions of meaning to types of words, or idiomatic expressions, dictionary-style: that is, apart from any particular utterance or inscription of the word or phrase. B. Sentence meaning. Word types can be strung together to form sentence types, to which, abstracted from any particular occasion of utterance, we can attribute meaning. Thus any competent speaker of English knows what the following sentences (types) mean: (1) Did you hear what I was playing, Lane? (2) This is indeed a surprise. Understanding of sentence meaning is shown by paraphrase or the specification of possible contexts and the likely purpose of utterances of the sentence. It is important to note that in most cases the understanding of sentence meaning does not provide one with a full statement, true or false, or a question that could be answered. For that we have to move on to what I call: C. Utterance meaning. Consider: (3) His fencing is better than Tom’s. Obviously, as it stands the sentence (3) is not something that could be assessed as true or false. For it to say something true or false – to express a thought (Frege), to make a statement (Strawson) – it needs to be uttered in a suitable context, which (a) disambiguates the sentence, and (b) provides a reference for its indexical elements. Depending on whether (3) is uttered in comment on a bout of swordplay or after inspecting some garden enclosures, a different sentence meaning will be activated. And (unless the speaker has been careless or intentionally obscure) it will be clear to the intended audience to whom the possessive pronoun is meant to refer and which Tom has been mentioned. Thus whenever a sentence contains an ambiguity or an indexical element, the linguistic meaning of the utterance is to be determined not only by the sentence meaning(s), but also by the relevant context or circumstances of the utterance.
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There are more indexical elements in our utterances than one might think: First, of course, expressly deictic terms like ‘this’ or ‘that’. Secondly, relational expressions of time and space, like ‘now’ , ‘yesterday’, ‘in the neighbourhood’ or ‘far away’. Thirdly, personal pronouns. Fourthly, proper names. (Even ‘London’ and ‘Paris’ have more than one bearer, let alone current first and family names.) Fifthly, most definite descriptions, like ‘the lady in the blue dress’, or ‘the little cat’. Even ‘the British Prime Minister’ refers to different people at different times. Moreover there are numerous implicit indexical elements, not indicated by any particular expression, but due to an omission of spelling out what under the circumstances goes without saying. Thus ‘It’s raining’ is normally said with reference to the time and place of the utterance. Assessments or evaluations are usually made with reference to particular kinds of performance, skill or merit, which in many circumstances it would be tedious to name, or to repeat in every sentence. Thus in many conversations it goes without saying that a remark like ‘Michael Schumacher is outstanding’ refers to his skills as a formula one driver. Naturally the same applies to comparisons. Or, when Jack Worthing asks his friend: (4) You don’t think there is any chance of Gwendolen becoming like her mother in about a hundred and fifty years, do you, Algy? – then the respect of comparison has been indicated by his earlier remark: ‘Her mother is perfectly unbearable. Never met such a Gorgon’. To understand the utterance meaning is to understand what has been said, e.g. what statement has been made or what question has been asked. Note that what I call ‘utterance meaning’ is not what John Searle has called ‘speaker’s utterance meaning’, and sometimes for short just ‘speaker’s meaning’ or ‘utterance meaning’. This concept is of a different logical category: It takes as its subject a person, whereas what I call linguistic meaning is always attributed to a linguistic entity: a word, a phrase, a sentence, or a verbal utterance. In Searle’s term, ‘meaning’ does not mean semantic significance, but communicative intention. Apart from this difference in category, utterance meaning (in my sense) and speaker’s meaning (or intention) need not always agree, as my intention to express something is evidently not sufficient to guarantee that I do express it. In malapropisms, for example, the two come apart.
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D. Insinuation. We frequently say something in order to convey something further without actually saying it. Thus when the question: (1) Did you hear what I was playing, Lane? is answered: (5) I did not think it polite to listen, sir. – the speaker, Lane, insinuates, but does not say, that his employer’s musical performance was so unskilled that he should be embarrassed if others listened to it. Again, to say of someone that he is sober tonight is an effective way of giving others the impression that the person in question is drunk on many a night – without actually saying so, and hence without running the risk of being contradicted or accused of saying something untrue. What one insinuates in this manner (or ‘conversationally implicates’, as Paul Grice called it) is not part of one’s utterance’s linguistic meaning. What is insinuated need not be a claim, that something is the case, it can also be a request: (6) The fish is delicious. – or a threat: (7) We’ll meet again. Grice (1967, 39) suggested as a criterion to distinguish between insinuation (which he calls ‘conversational implicature’) and linguistic meaning that insinuation can be cancelled without a retraction of anything one said. For instance: (8) The fish is delicious. But I’m afraid I can’t eat any more. But this criterion does not always yield the right result. Consider: (9) I would really like to eat some more of that delicious fish. Unlike (6), this is, when addressed to one’s host, not just an insinuation, but an idiomatic and hence perfectly straightforward request for another helping. And yet it is possible to cancel that request without correcting or withdrawing (9), by adding:
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(10) But I fear I can’t: I’m too full. The addition of (10) changes the context of (9) and hence its utterance meaning. This problem with the suggested criterion of cancellability is particularly patent in the case of the reference of indexicals, which can frequently be changed by an added remark. Yet without that remark the context would have made a certain understanding of the indexicals the correct one, that is, part of the utterance meaning. For instance, A: I admire Charles Dickens. B (pensively): He had a very unhappy childhood. If B doesn’t say more, it will be correct to report him as having asserted that Charles Dickens had a very unhappy childhood. But suppose he continues: – My grandfather, I mean. A bit like David Copperfield. An added remark can change the context of an utterance and thus provide new references for its indexicals. To avoid such counterexamples, I suggest to use a slightly different criterion: not the possibility of immediate cancellation, but that of subsequent denial: the question is whether later on it would be acceptable for the speaker to claim that his utterance was not, say, a request for a second helping. Had the dinner guest uttered only (9), he would hardly get away with such a subsequent denial; whereas it is perfectly believable that his utterance of (6) might have been merely praise, without any ulterior motive. Even so, problems remain. The borderline between insinuations and somewhat roundabout ways of saying something is not a sharp one. Consider: (11) What’s the time, please? (12) Can you tell me what time it is? (13) I wonder what time it is. (14) Why did I not bring my watch?
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(12) is just another way of asking question (11). One would not hesitate to report the speaker as asking what the time was. For to ask someone whether he can φ is often an idiomatic way of requesting him to φ. Hence in such a case the request is made explicitly: it is a matter of meaning, not just of insinuation. (14), on the other hand, when used to extract the same information as (11), would be a case of insinuation. Subsequent denial of a desire to be told the time would seem quite possible. Less clear is the classification of (13), which is not by convention a variant of question (11), yet it may well be natural to treat it as such. Here a lot depends on the details of the situation: the tone of voice and bodily movements of the speaker, and whether he or his interlocutor knew or was believed to know what time it was. Perhaps more seriously, neither cancellability nor the possibility of subsequent denial is peculiar to what is conveyed beyond linguistic meaning (cf. Grice 1967, 44). Often certain elements of a word’s meaning are optional and can be explicitly cancelled without for that matter ceasing to be part of the word’s meaning, or one of its meanings. For example, the word ‘tabby’ means: ‘cat, especially female, with grey or brown stripes’. Thus, the report: (15) There’s a tabby in the garden. is slightly ambiguous and could be clarified by an express withdrawal of the merely optional implication that it is a female animal. Yet in a suitable context (for example, if a tomcat had been mentioned earlier in the conversation) an utterance of (15) would clearly mean, and not only insinuate, that there was a female cat in the garden. 2 Change of Word Meaning The idea that word meanings can be affected by a sentential context: that to make sense of a certain combination of words we adapt their standard meanings, is not implausible. So for example in understanding the expression ‘rubber duck’, it would appear that we take ‘duck’ to mean the mere imitation of such an animal. Again, part of the standard meaning of the noun ‘lie’ is that there is an intention to deceive. But when idiomatically
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one says: ‘I think I haven’t seen him for two years … no, I tell a lie: I saw him briefly last September’ – it is obvious that this aspect of the meaning has been cancelled. In this case ‘lie’ means simply ‘untruth’, yet the audience does not need to have learnt this as a separate meaning (as with homonyms): one easily understands this change of meaning as one encounters it. Given such phenomena it is natural to suggest that metaphors too may involve spontaneous changes in word (utterance) meaning: the cancellation of semantic features that are incongruous in the circumstances. This is a position defended, for example, by Jonathan Cohen (1977) and Max Black (1977). One objection to this view is that both the relevant and the incongruous features of the things mentioned are often not part of the words’ linguistic meanings (Künne 1983a, 191). Consider, for example, Hamlet’s plea to Laertes (V.ii.235f.): (16) I have shot my arrow o’er the house, and hurt my brother. If you subtract the features that do not fit the situation (in which he has killed Laertes’ father by mistake), you get something like: (17) I wielded a weapon in a way that I couldn’t foresee the effects and harmed someone dear to me. In a way (17) is indeed a correct explanation of the metaphor (16): it clearly brings out the gist of Hamlet’s remark. However, although it is true that by ‘I have shot my arrow o’er the house’ in (16) Hamlet means to express that he could not foresee the effects of his action, that is hardly part of the linguistic meaning of the words ‘I have shot my arrow o’er the house’. It relies on what we know about houses and archery. Hence the move from (16) to (17) cannot be achieved, as those theorists suggested, by the suppression of some incongruous semantic features of the words. – But perhaps this isn’t a conclusive objection. If we are prepared to countenance the suppression of semantic features in a word’s utterance meaning, then why not also a suitable addition of such features, drawn from our general knowledge of the objects involved and also from the system of associated commonplaces?
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Be that as it may, there is another objection which I believe is harder to answer. Cancelling a metaphor’s incongruous semantic features would often amount to a removal of the very image. As I said, in a way (17) is a useful explanation of the metaphor (16). But one hesitates to call it an accurate expression of the linguistic meaning of (16), for after all in (16) something was said about an arrow and a house, which an account of that statement’s linguistic meaning should reflect. Even if one is perfectly happy with that sort of literal paraphrase of what a metaphor conveys, the fact remains that the metaphor does not convey this straightforwardly, but by means of an image, which should somehow figure in a complete account of the metaphor’s linguistic meaning. 3 Metaphor as Insinuation Such considerations convinced many that metaphors should not be explained in terms of a change of word meaning.1 Some indeed went even further than this denial, to the other extreme, holding that what metaphors make us understand is not a matter of any kind of linguistic meaning, but of insinuation. This is a position held by John Searle,2 Donald Davidson and Wolfgang Künne, who differ however in their explanations of how we understand what is metaphorically insinuated. In fact, Davidson offers no explanation whatsoever of our metaphorical understanding. His account is purely, and unashamedly, causal: a metaphor – ‘like a bump on the head’ – makes us realize certain things (Davidson 1978, 262). By likening metaphors to bumps on the head, Davidson implies that we haven’t got the foggiest idea how metaphors can communicate anything; which sounds extremely implausible. However, the problem with this view is not just that it is uninformative, but that it deprives us of any standards of correctness. If Davidson were right, one could not be said to misunderstand or misinter1
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This insight is not new. Already in 1838 Friedrich Schleiermacher (1838, 59) observed that in metaphors words retain their proper meaning. The passage is quoted in Künne 1983a, 192. Searle (1977, 83f.) argued that metaphors should be explained in terms of ‘speakers’ meaning’, that is intention and not linguistic meaning. The ambiguity of the English word ‘meaning’ is often overlooked.
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pret a metaphor (Lycan 2000, 212). But clearly, with most metaphors some interpretations are correct or appropriate, while others are wide off the mark. Although Davidson refuses to explain how metaphors work their remarkable effects on people, the way he characterizes those effects is in no way eccentric: A metaphor makes us attend to some likeness. [A] simile tells us, in part, what a metaphor merely nudges us into noting. (Davidson 1978, 247, 253)3 In practice then, Davidson appears happy to treat metaphors as compressed similes: compressed in a way that the comparison is not drawn explicitly, but only insinuated. That is also Künne’s and (with some qualifications) Searle’s view. Perhaps not a lot depends on whether or not the word ‘meaning’ is applied to the content of a metaphor, as long as there’s some general agreement on what that content is. But there is, I believe, a strong case against pushing metaphorical content outside the domain of semantics: In many cases of straightforward conversational metaphors the criterion of subsequent denial tells against the insinuation view. The speaker is clearly committed to the metaphorical content of his utterance, just as much as if he had made his point literally. Subsequent attempts to shirk this commitment are quite ridiculous: (18) When I said ‘Their marriage is on the rocks’, I didn’t mean to suggest that they were not perfectly happy in their marriage. (19) True, I called you a ‘louse’, but I didn’t say anything insulting. Grice’s model of indirect communication is this: You say one thing, and on top of that you insinuate something else. You say that a student has good handwriting and give your audience to understand that the student’s academic work cannot be commended. You praise the wine and thus, indirectly, invite your host to refill your glass. In such paradigm cases, insin3
The first sentence, at any rate, requires the addition ‘or dissimilarity’, to take care of cases where we find that the speaker is wrong in what he is metaphorically trying to communicate.
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uation is based on a perfectly regular and meaningful utterance, albeit one that at face value may appear somewhat idle or irrelevant. And only because what is said is meaningful can the speaker plausibly deny responsibility for what is merely insinuated: ‘I didn’t mean to imply … All I said was …’. With metaphors the situation is usually quite different. Taken literally, most metaphors would be plain nonsense. Therefore, they cannot be construed, like those cases of indirect communication, as literally saying one thing and hinting at something else. Often on the literal level nothing has been said. On the insinuation account, there wouldn’t be a meaningful linguistic utterance in the first place. But that is implausible. For, as Künne (1983a, 193) himself observes, metaphors can be used to make assertions. They can be assessed as (non-trivially) true or false. The mate who mischievously entered into the log: ‘Today the Captain is sober’ insinuated that normally the Captain was drunk, but he didn’t assert it, and so the Captain could not defend his reputation by replying: ‘That’s not true’. By contrast, if you disagree with what is communicated by the metaphorical report that someone’s marriage is on the rocks, the response ‘That’s not true’ is perfectly appropriate. Of course, the content of a metaphor can be more or less clear. And in some cases it may be quite impossible to identify any metaphorical meaning. If, for instance, in the middle of a perfunctory exchange about the weather I remarked: (20) He that is giddy takes two horses to water. – you may well suspect that I spoke metaphorically, without being able to work out what I had in mind. Indeed, if the situation provided no clues and I refused to make myself clearer, we should have to say that if I intended to use a metaphor – I failed. Under the circumstance, my utterance of (20) had no metaphorical meaning. But in such cases we should be equally disinclined to say that anything was insinuated. 4 The Comparison View The position I wish to defend is that in a metaphorical utterance, although all words are taken in their ordinary sense, the sentence as a whole is con-
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strued differently – namely as an abbreviated comparison.4 That is the metaphor’s implicit meaning. It is made explicit by spelling out the underlying comparison (cf. Alston 1964, 99). What speaks strongly in favour of the comparison view is that when people are asked to explain the meaning of a metaphor they used, they will normally, if co-operative, transform the metaphor into a comparison and then explicate the relevant points of similarity. Nonetheless, this apparently commonsensical approach, the comparison view, has been the whipping boy in nearly all recent philosophical discussions of metaphor. As the entry in the Cambridge Dictionary of Philosophy concludes: And though no consensus has yet emerged on how and what metaphors contribute to meaning, nor how we recognize what they contribute, near-consensus has emerged on the thesis that they do not work as elliptical similes. (Wolterstorff 1999, 562) As so often, philosophers agree only in their dismissal of the view that things are simply as they appear to be (which would threaten to put them out of work). Before scrutinizing the numerous objections that have been levelled at the comparison view, I should like to clarify briefly in what sense a metaphor could be regarded as an abbreviated or elliptical comparison. Clearly, the comparison view should not be understood as identifying a metaphor with an abbreviation in the ordinary sense. An abbreviation, say ‘PTO’, is merely a notational device. It is not a different sentence from ‘please turn over’, but merely a more economical way of writing down that sentence. It is a transformation of symbols into symbols that could, theo4
Quintilian writes: ‘metaphora brevior est similitudo’ (Institutio Oratoria, 8.6.8); however, he is not really a proponent of (what I call) the comparison view as he regards metaphors as due to a change in word meaning (8.6.1, 8.6.5): ‘Tropos est verbi vel sermonis a propria significatione in aliam cum virtute mutatio. […] Transfertur ergo nomen aut verbum ex eo loco in quo proprium est in eum in quo aut proprium deest aut tralatum proprio melius est.’ (‘A trope is the conversion of a word or phrase, from its proper meaning to another, in order to increase its force. […] A noun or a verb is accordingly transferred from that place in the language to which it properly belongs, to one in which there is either no proper word, or in which the metaphorical word is preferable to the proper.’)
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retically, be carried out without any understanding of their meaning; which is quite unlike the case of metaphor. A more promising model in that respect is an ellipsis, that is, the ‘omission of one or more words in a sentence, which would be needed to complete the grammatical construction or fully to express the sense’ (OED). Obviously, it is only the latter disjunct that could fit the case of metaphor: what forces us to replace or complement the literal sentence meaning is no syntactic defect, but the realization that taken literally the utterance makes no good sense, or is utterly pointless. Even so, ellipsis is not quite the right model for the metaphorical shortening of a comparison, because the underlying comparison cannot always be spelled out simply by inserting ‘one or more words’. To be sure, a metaphor as simple as: (21) Life is a dream can be transformed into a comparison by inserting the word ‘like’: (22) Life is like a dream. But it is not possible to deal in similar fashion with many metaphors only slightly less straightforward, such as Othello’s announcement of his imminent death (V.ii.265): (23) Here is my journey’s end. For, in general, a statement of the form ‘This is like my X ’ is normally taken to mean that there is such an X, had by the speaker, whereas Othello is not referring to an actual journey he has undertaken; he is only likening his life to a journey. Roughly speaking, the personal pronoun belongs to what Max Black calls the ‘literal frame’ of the metaphor, not its ‘focus’. We could paraphrase: (24) Here is something (the end of my life) that is like the end of a journey. Or: (25) My life is like a journey and my death is like that journey’s end.
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Either way, the literal paraphrase requires more than the insertion of a word or two. And that is even clearer in cases where a verb phrase is used im übertragenen Sinne, for instance, when Macbeth speaks of: (26) Sleep that knits up the ravelled sleave of care. (II.ii.36) Here the metaphorical terminology of ‘frame’ and ‘focus’ is particularly apt: The metaphorical image (‘knits up the ravelled sleave’) is framed in by the words ‘sleep’ and ‘care’ that indicate the subject matter. The implicit comparison is this: (27) Sleep’s impact on care is like someone’s knitting up the ravelled sleave of a garment. This example illustrates well how the shortening of a comparison into a metaphor is by no means just a matter of dropping the word ‘like’, or a similar expression. As the italics in (27) indicate, fragments of both sides of the comparison – the literal denotation of the subject matter and the image – are merged in the metaphor (26). There is no mechanical procedure for spelling out the comparison that is condensed in a metaphor, no simple syntactic rule. One could list numerous patterns of compression – like ‘What A does to B is like someone’s φing the C of something’ condensed into ‘A φs the C of B’ – but it would be otiose to do so. Such schemata play no rôle in our understanding of metaphors. We rely entirely on common sense to work out from case to case which comparison could plausibly be intended under the circumstances. 5 Objections to the Comparison View 1. Isn’t the comparison view just too simple to be true? ‘If a metaphor is only short for the corresponding simile, then it is simply synonymous with the simile and should not be heard as anomalous or puzzling in the first place’ (Lycan 2000, 213). – And indeed, metaphors in general are not heard as anomalous or puzzling. I take a random example from a newspaper at hand: (28) George Remi was one of the giants of twentieth-century popular culture.
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Is there anything ‘anomalous or puzzling’ about that statement? No. It does contain a metaphor, but so does virtually every paragraph of journalistic writing and the majority of ordinary conversations. Our everyday language abounds in metaphors, and it would have to be a dim-witted fellow indeed to be puzzled by something like the use of the word ‘giant’ in (28). It is a common fault in philosophical accounts of metaphor to consider only particularly impressive poetic metaphors, losing sight of the fact that most metaphors are perfectly ordinary means of communication. A metaphor by Mallarmé, Rilke or Auden may indeed be surprising and difficult to interpret, but that is not simply on account of its being a metaphor. The distorting neglect of the ordinary is particularly flagrant in Davidson’s well-known article, which begins with a page of fanciful rhetoric celebrating the dreamlike qualities of metaphor: how every metaphor involves creativity and ‘artistic success’ (1978, 245).5 In a more sober-minded passage Davidson (1978, 262f.; my ital.) claims that ‘it is hard to decide, even in the case of the simplest metaphors, exactly what the content is supposed to be’, because what a metaphor makes us notice ‘is not, in general, propositional in character’ – ‘Words are the wrong currency to exchange for a picture’. – With regard to common-or-garden metaphors, like (28), – that is, the great majority of metaphors we come across – such exalted claims are plainly ridiculous. But even if we tried to rectify Davidson’s account by limiting its application to uncommonly imaginative metaphors, it wouldn’t work. Davidson wants to have his cake and eat it, trying to combine cognitive virtues with ineffability: A metaphor makes us ‘notice’ things, which can be ‘true or false’ – and yet in general they’re ‘not propositional in character’ (Davidson 1978, 257, 263; my ital.). Sic. – Perhaps one might want to suggest that humdrum metaphors like (28) are so readily understandable only because they are dead metaphors. And dead metaphors, it might be added, are no longer metaphors at all: As soon as the metaphorical use of an expression becomes conventional and receives a distinct entry in a dictionary (e.g.: ‘pig […] 3 a greedy or dirty 5
Davidson (1978, 245) also declares that ‘there is no test for metaphor that does not call for taste’; and ‘there are no unsuccessful metaphors, just as there are no unfunny jokes’. I should like to add that there are no unhappy marriages and no invalid arguments.
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person’) it ceases to be a metaphor: it’s now merely a case of polysemy (cf. Künne 1983a, 187). – But here we need to distinguish between a conventional, or idiomatic, metaphor and a dead metaphor. Most proverbs are idiomatic metaphors that have long been recorded by lexicographers. Their conventionality notwithstanding, they are usually alive and kicking as metaphors. Consider, for instance, ‘A bird in the hand is worth two in the bush’. For one thing, it is not required for understanding an utterance of that proverb that one has learnt it as an idiomatic way of saying that it’s better to accept what one has than to try to get more and risk losing everything. Even someone who has never heard the proverb before will be able to grasp the point, simply on the basis of understanding the literal meaning of the sentence. For another thing, even those familiar with the proverb will still hear it as an indirect way of making the point by means of an image. In a properly dead metaphor, by contrast, the image is usually buried in the expression’s etymology, or at any rate no longer fully realized. The word ‘desultory’, for example, is derived from the Latin ‘desultor’: which meant a Roman circus rider who during a race would leap from one horse to another. A fine metaphor for a desultory person, but no longer alive in the English word, whose etymology is not widely known. In other cases of dead metaphors speakers may still be aware of the image, but not regard the expression as an indirect means of describing something. The word ‘toadstool’ provides a charming image, but it’s simply the standard English term for some types of fungi. (And you can’t tell which ones are called ‘toadstools’ simply by understanding the image.) A third type of dead, or at least moribund, metaphor is an idiomatic expression whose figurative character is still vaguely felt, but no longer properly understood. Thus, few people have a very accurate notion of what it would be like to be literally hoist with one’s own petard. One just takes it as a quaint way of saying ‘affected adversely by one’s schemes against others’. The image has largely evaporated. However, to call an extraordinarily able or influential person a ‘giant’ is still a perfectly healthy metaphor, albeit far from original. A dictionary may contain an extra entry for the common metaphorical use of the word, but that entry would – quite correctly – be marked: ‘fig’. Hackneyed or not, it is a figurative use: George Remi was not literally a giant. The metaphor
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is clearly perceived as such; and we need not have heard it before to understand it. To return to the objection raised above, one might still be concerned that if a metaphor were merely some sort of abbreviation of a comparison there should be nothing non-literal about it. Unlike a metaphor, an abbreviation, even if it’s not just conventional, can be taken au pied de la lettre. – Well, it can – after it has been spelled out. What we take literally is not really the abbreviation itself, but what we know it to be an abbreviation for. Yet in that sense a metaphor too is to be taken literally; that is to say, its content: the comparison implied by the metaphor is to be taken literally.6 Still, there seems to be a considerable difference between metaphors and abbreviations in that the former involve a clash between two different meanings or contents: a literal and a metaphorical one. – Not so. What is here called the ‘literal meaning’ of a metaphorical utterance is not its meaning at all, but merely what one might mistake for its meaning if one fails to realize that it’s a metaphor. Again, we must be careful to distinguish between sentence meaning and utterance meaning. The sentence ‘My home is my castle’ has a literal meaning; an obviously metaphorical utterance of the sentence has only a metaphorical meaning. There is no conflict between the literal and the metaphorical, as there is no question of taking the utterance literally (unless, of course, it is really unclear whether a metaphorical meaning was intended).7 Indeed, for many metaphors a literal meaning does not even exist on the sentence level, because taken literally the sentence is patent nonsense (e.g., ‘Old men are babies’). In yet other cases, there is not even a semblance of a tension, as the literal sentence meaning is fully operative in an understanding of a metaphorical utterance of the sentence, because the sentence only contains the image (e.g., ‘Too many cooks spoil the broth’), while its metaphorical application is conveyed by uttering the sentence in a suitable context. Here the utterance meaning results from adding to the sentence meaning (roughly speaking: 6
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The denial of the claim that a metaphor or a simile can be transformed into a literal comparison will be discussed under 5.9. Just as there is no conflict between the meaning of the noun ‘fig’ and the meaning of those three letters when used as an abbreviation of ‘figurative’.
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‘… and something similar happens in this situation’); not, as in other cases, from replacing direct predication by comparison. 2. Virtually any sentence could in a suitable situation be used metaphorically. But then, it has been objected, the comparison view would have to regard almost every sentence as ‘semantically ambiguous, as between its literal meaning and its simile-abbreviating meaning […] But such a proliferation of supposedly genuine semantic ambiguities is surely implausible’ (Lycan 2000, 217). – Is it? Virtually any declarative sentence can be used not only to make a statement, but also (by raising the voice at the end) to ask a question; and with many it is also possible (for someone in a position of authority) to utter them as an order. So almost all declarative sentences are ambiguous. For instance, ‘You live in London’ can be used in its declarative meaning, or as an abbreviated form of ‘Do you live in London?’, or to express the order ‘Live in London!’. Is this a ‘surely implausible proliferation of supposed ambiguities’? – No. Call it ‘ambiguity’ if you like, but there’s nothing remarkable, let alone implausible, about it. And it is quite misleading to call it ‘semantic ambiguity’ which suggests that some word involved has different meanings; as in (3) above. Obviously it would be implausible to propose an account of metaphor according to which all words are ambiguous in the way ‘fence’ or ‘bank’ are – and that is the bugbear invoked by the objection’s rhetoric. But not even Black and Cohen, who do hold that in a metaphorical utterance words change their meaning (see section 2), are committed to that sort of ambiguity: for the new meaning is not something you have to learn in advance, word by word. You only need to master, in general, the kind of processes that take you from the literal to the figurative, and from the figurative to the literal. On the comparison view it is, roughly speaking, the step from comparison to predication that has to be mastered. 3. One reason Davidson gives against the comparison view, or indeed any other semantic approach to metaphors, can be dismissed equally quickly. He inveighs against ‘the idea that a metaphor has, in addition to its literal sense or meaning, another sense or meaning’ (1978, 246), because: It is no help in explaining how words work in metaphor to posit metaphorical or figurative meanings, or special kinds of poetic or metaphorical truth. These ideas don’t explain metaphor, metaphor
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Severin Schroeder explains them. Once we understand metaphor we can call what we grasp the ‘metaphorical truth’ and (up to a point) say what the ‘metaphorical meaning’ is. But simply to lodge this meaning in the metaphor is like explaining why a pill puts you to sleep by saying it has a dormative power. Literal meaning and literal truth conditions can be assigned to words and sentences apart from particular contexts of use. This is why adverting to them has genuine explanatory power. (Davidson 1978, 247)
And again: The point of the concept of linguistic meaning is to explain what can be done with words. But the supposed figurative meaning of a simile explains nothing; it is not a feature of the word that the word has prior to and independent of the context of use, and it rests upon no linguistic customs except those that govern ordinary meaning. (Ibid., 255) This is the old and tedious philosophers’ game of producing excitingly paradoxical claims by using words in an arbitrarily redefined sense. When ‘inveighing against metaphorical meaning’, Davidson takes ‘meaning’ to stand only for (A) word meaning or (B) sentence meaning, that is, for meanings of types of linguistic expressions. He ignores that it is also perfectly common to ask of a particular utterance in a particular situation what it means; which is exactly the kind of meaning his opponents have in mind. It is of course true that utterance meanings are not ‘explanatory’ in the same way as word meanings. Our knowledge of the latter largely explains our understanding of the former. But then even sentence (type) meanings – which Davidson seems happy to accept – are not explanatory in this sense: they are not learnt one by one in advance, but (like utterance meanings) for the most part construed as we go along from our knowledge of word meanings and the ways words can be meaningfully strung together. Anyway, once Davidson’s eccentrically narrow sense of the word ‘meaning’ has been made clear, his claim that there is no metaphorical ‘meaning’ loses much of its sting. Just as we would not be greatly agitated by the claim that no animals can fly – once it has emerged that the speaker wishes to restrict the extension of the term ‘animal’ to mammals. Of course
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you cannot explain why a pill puts you to sleep by invoking its dormative power; but you can very aptly describe the pill as having dormative power. Similarly, we cannot explain our understanding of non-conventional metaphors by reference to prior knowledge of context-independent metaphorical meanings, but it does not follow that we may not correctly attribute to a particular utterance a metaphorical meaning (as the internal object of our understanding, rather than as a prior piece of knowledge instrumental for achieving that understanding). As regards Davidson’s (unsupported) claim that figurative meaning would rest ‘upon no linguistic customs except those that govern ordinary meaning’ (1978, 255), I think a little reflection shows that it is not true. Imagine a linguistic community that regards all non-literal forms of expression as unacceptable. People virtually never use metaphors, and when someone does, he is frowned upon and corrected: ‘“Jim is a pig”? Don’t be silly! You know perfectly well that he’s a human being and not a pig. Perhaps you think that the way he eats asparagus is somewhat similar to the way a pig eats, but that doesn’t mean that he is a pig.’ Under such circumstances Davidson would be correct to say that there are no linguistic customs to accommodate figurative meaning. But of course our languages are not like that. We do not treat metaphors, like malapropisms, as deviations from correct usage, where one can perhaps understand what the speaker had in mind, but takes him to have failed to give it an acceptable linguistic expression. Far from it. Not only do our languages abound in conventional metaphors, but the spontaneous formation of new metaphors is common and idiomatic. It undoubtedly is a linguistic custom with us that metaphors are not treated as solecisms, but as perfectly acceptable, indeed often elegant forms of comparison. For someone to dismiss any metaphorical statement as absurd, instead of assessing it as a comparison, non-trivially true or false, would be a sign of linguistic deficiency, that is, ignorance of a prevalent linguistic custom. 4. Attempting to discredit the comparison view, Max Black makes the following observation: [T]o suppose that the metaphorical statement is an abstract or précis of a literal point-by-point comparison, in which the primary and secondary subjects are juxtaposed for the sake of noting dis-
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Severin Schroeder similarities as well as similarities, is to misconstrue the function of a metaphor. In discursively comparing one subject with another, we sacrifice the distinctive power and effectiveness of a good metaphor. (Black 1977, 30f.)
Indubitably; but what Black rejects here is not the comparison view, as sketched above or defended by anyone I have come across. Black conflates two different senses of the word ‘comparison’; or rather, he got hold of the wrong one. A comparison can be a process or act of comparing things, possibly point by point; or it can be a statement that two things are in some respect similar. In English this categorial difference is marked by different propositions: you may compare A with B, and conclude that they are altogether dissimilar; but comparing A to B means claiming that they are in some relevant respect alike. (‘Shall I compare thee to a summer’s day?’ is not an inquiry whether similarities and dissimilarities between the two should be impartially catalogued, but asks whether it would be apt to call the two alike.) It should be obvious that the comparison view – the view that a comparison expresses the linguistic meaning of a metaphor – takes the word ‘comparison’ in the latter sense: meaning a statement, not a process. 5. The same confusion appears to have led Searle to present the following argument: The simplest way to show that the crude versions of the comparison view are false is to show that, in the production and understanding of metaphorical utterances, there need not be any two objects for comparison. […] If I say […] Sally is not a block of ice, that, I take it, does not invite the absurd question: Which block of ice is it that you are comparing Sally with [!], in order to say that she is not like it. At its crudest, the comparison theory is just muddled about the referential character of expressions used metaphorically. (Searle 1977, 91) By now it should be clear that the muddle is Searle’s. But even apart from the confusion of ‘comparing to’ and ‘comparing with’, the argument is a
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dud. Whether you compare your neighbour to a bulldog, or whether you inquire to what extent his gait resembles that of a penguin, the question ‘Which one?’ (which bulldog? which penguin?) would be as inappropriate as in Searle’s example. Nor does comparing your aunt Agatha to, or with, Lady Macbeth presuppose the existence of the latter. 6. A bit further down in his well-known article on metaphor, Searle writes: A second simple argument to show that metaphorical assertions are not necessarily assertions of similarity is that often the metaphorical assertion can remain true even though it turns out that the [corresponding] statement of similarity […] is false. (Searle 1977, 92) Given, for example, that Richard is ‘fierce, nasty and prone to violence’, the metaphorical assertion ‘Richard is a gorilla’ would be true, even if it turned out that as a matter of fact gorillas are wrongly believed to have those characteristics, so that ‘Richard is like a gorilla’ would be false. The example is infelicitous, as the metaphorical use of ‘gorilla’ has long become conventional. Thus the Concise Oxford Dictionary lists two meanings: gorilla n. 1 the largest anthropoid ape […] 2 colloq. a heavily built man of aggressive demeanour. I argued above that a conventional metaphor may still be perceived and treated as a metaphor; but of course it need not be so taken. It is possible now to learn the word ‘gorilla’ simply as a term for a heavily built man of aggressive demeanour, ignoring that for most people it is still a metaphor. Accordingly, it is indeed open to Searle to take this simply as a case of ambiguity and say that ‘Richard is like a gorilla1’ is false; whereas ‘Richard is a gorilla2’ is true. But then the difference in truth values is simply due to an ambiguity and does not support any claim about metaphors. So let us consider another example, where there is no alternative to a metaphorical interpretation: In the middle ages the hoopoe was believed to look after its parents in their old age (a belief that can be traced back to a widely read tract on animals from about 200 AD, the Physiologus). Suppose we encounter a metaphor (known to be) based on that false belief: Sue is
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called a hoopoe on account of her devoted care for her old mother. How then are we to judge the claims: (29) Sue is a hoopoe. (30) Sue is like a hoopoe. I think there are two likely responses: (i) Someone may object to the comparison (30), protesting that in the relevant respect Sue is not at all like a hoopoe, since as a matter of fact grown-up hoopoes do not show the slightest interest in their parents’ welfare. But someone who took this line would hardly accept (29) as true either. There would be a patent inconsistency in saying (in the circumstances): ‘Sue is not at all like a hoopoe, but of course she is a hoopoe.’ One might well agree that what the speaker uttering (29) or (30) meant to convey about Sue was understandable and perfectly true (she is good to one of her parents), but that must be distinguished from what was actually said. As noted above, speaker’s meaning is not the same as utterance meaning; and as far as the latter is concerned, a stickler for ornithological truth would regard both (29) and (30) as erroneous. (ii) On a more charitable interpretation, however, one may still be prepared to call Sue a hoopoe – meaning the parent-nursing hoopoe of folklore (or the Physiologus).8 After all it is perfectly common to give metaphorical characterizations in terms of fictional or mythological characters, but also of historical characters as represented in popular accounts that may well be inaccurate. Thus the appropriateness of calling someone a Judas, or a Pontius Pilate, will be assessed according to their portrayals in the New Testament, independently of one’s views on that book’s historical ac8
A similar explanation, given by Fogelin (1988, 44f.), has been criticized as ‘ad hoc’ (Lycan 2000, 225, n. 8). But in fact this is not much of an objection, as our understanding of utterance meanings is virtually always to some extent ad hoc; that is, we must constantly adapt our general linguistic knowledge to a particular situation: pick up indexical elements, disambiguate, and be prepared for various sorts of deviation from semantic norms, intentional or unintentional. It is unrealistic to expect utterance meaning to be neatly derivable like the theorems of a logical calculus. And to a very large extent our understanding has to be guided by the ‘principle of charity’, the assumption that for the most part what people say makes sense and is not entirely silly.
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curacy. But then of course colloquial comparisons to Judas or Pontius Pilate will be treated in exactly the same way; and similarly, (30) can be understood as comparing Sue to the hoopoe of folklore. Thus, where a metaphor based on popular and possibly erroneous conceptions is found acceptable, the corresponding comparison has exactly the same claim to be called correct. 7. Perhaps the most common objection to the comparison view is this: A metaphorical statement (‘A is an F ’) cannot be explained as a statement of similarity (‘A is like an F ’), for, as Searle put it: Similarity is a vacuous predicate: any two things are similar in some respect or other. (Searle 1977, 96; cf. Künne 1983a, 189) Likewise, Davidson complained that the comparison view makes the hidden meaning of the metaphor all too obvious and accessible. In each case the hidden meaning is to be found simply by looking to the literal meaning of what is usually a painfully trivial simile. This is like that [...]. It is trivial because everything is like everything and in endless ways. (Davidson 1978, 254) The upshot of a metaphor would appear to be an idle triviality, whereas in fact it is often interesting, illuminating, exciting or controversial. But is it true that everything is like everything? Is a dandelion like a divorce case? Is a penalty shoot-out like a prime number? Some philosophers have offered a proof that any two objects resemble each other. It goes like this: Take any two objects A and B. A has the property of being A, and B has the property of being B. Now put these two properties together, forming the property of being either A or B. This is a property shared by both objects A and B. Hence they resemble each other in this respect.9 So a penalty shootout and a prime number resemble each other in so far as each of them has the following property: it is either a penalty shoot-out or a prime number. – But this is hardly in agreement with our concept of a property: being either this or that is not what we would normally call a property; it is a disjunction of two properties. To put it differently: all that that proof really estab9
Cf. Peirce 1935, § 402; Künne 1983a, 189.
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lishes is that for any pair of objects you can define a class that contains only these two objects. But belonging to the same arbitrarily defined class is not the same as being similar. In any case, Searle and Davidson do not rely on that proof. All they need to say is that for anything we compare we will normally be able to find some kind of similarity, be it ever so far-fetched. And that seems plausible enough. Any two people resemble each other in this: that they are both human beings. A dandelion and an aircraft carrier are similar in that they are both material objects. And a dandelion and a divorce case have at least that much in common that their English names both begin with a ‘d’. Let us take a closer look at comparisons. Three types can be distinguished: First, detailed comparisons, where the point of resemblance is specified. For instance: (31) Gussie looks like a fish. (32) You’re like Gibbon, never giving credit for a good motive when a base one can be found. A common way of specifying the point of comparison is by describing the object of comparison accordingly. Thus, instead of (32) one could also say: (33) You’re like Gibbon who never gave credit for a good motive when a base one could be found. Instead of singling out an individual, one can also give the object of comparison by an indefinite description: (34) Like a huge fish swimming into a hitherto unexplored, unexpectedly exciting aquarium, he sailed resolutely forward. Secondly, context-based comparisons. The point of resemblance may be unnecessary to specify because it has been mentioned earlier in the same conversation. If only a few moments ago Gibbon’s suspicious nature was mentioned, instead of (32) or (33), one could simply say: (35) You’re like Gibbon. Similarly, when a photograph of Gussie is being inspected (rather than his behaviour), (31) might well be shortened to:
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(36) He’s like a fish. Lord Windermere declares that he hasn’t been unfaithful to his wife, but she retorts incredulously: (37) Why should you be different from other men? An utterance that under different circumstances could have quite a different meaning, for example, that Lord W. was likely to resemble other men in his obsession with competitive sports. Thirdly, in salience-based comparisons the aspect of comparison is what virtually everyone will be expected to know (or have heard, or be able to imagine) about the object of comparison, as far as it is applicable to the subject of comparison. (38) Kasparov is another Bobby Fischer.10 (39) You are like a child. Note how in both examples not all the salient features of the object of comparison are meant to be attributed to the subject. Fischer is known to have been the world’s best chess player, and so is Kasparov (at the time of utterance, say). However, it is also well-known that Fischer is American and won the world championship in the 70s, neither of which could be said of Kasparov. Again, children have a number of salient or typical features. They tend to be naïve, unreasonable, irresponsible, playful and small, to name a few. It is very likely that in an utterance of (39) the salient features of the addressee will narrow down the point of resemblance to only one property from the list; for example, if the person is known to spend hours each week toying with his model railway, yet there is no reason to believe him childlike in any other way. The features of the subject that guide and restrict the applicability of salient features of the object of comparison can of course also be provided by the context, say, a description of the subject that was given a few moments ago. In that case we have a combination of the second and third type of comparison. 10
NB: not a (live) metaphor. One meaning of ‘another’ is ‘a person like or comparable to’ (Oxford Concise Dictionary).
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Severin Schroeder Davidson construes non-detailed comparisons, ‘A resembles B’, as: (40) (∃x)(A is like B in respect x).
It should now be obvious why that is a mistake. In a non-detailed comparison the point of resemblance is left unsaid because it goes without saying (it is evident thanks to the context or some presupposed background knowledge); not, as Davidson’s construal suggests, because there is no particular point of resemblance at issue. Of course Davidson would try to account for the point of the comparison in terms of insinuation, rather than meaning. But that is implausible. The distinguishing mark of insinuation (as opposed to an implication of the utterance meaning) is that the speaker is not committed to it: that his subsequent denial would be credible, or at any rate acceptable. Yet, clearly, when Lady Windermere utters (37) she expresses doubts about her husband’s faithfulness; no subsequent denial would be plausible. To see how implausible it is to limit the implications of linguistic meaning to what a speaker says in so many words, just consider an utterance like ‘I do’ in a wedding ceremony. Who would want to regard that as the vacuous and non-committal statement that the person does something or other? Context-based comparisons are most plausibly construed as involving an implicit indexical element: (41) A is like B in that respect. Davidson is right in saying that everything is like everything else in endless ways, but it doesn’t follow that every utterance of a sentence of the form ‘A is like B’ is true; just as it is not always true to say ‘The Outer Hebrides are 500 miles away’, although it is indubitably true that the Outer Hebrides are 500 miles away from some other places. Salience-based comparisons should be analysed roughly as follows: (42) A is like B as far as those salient features of B that appear applicable to A are concerned. Again, Davidson’s construal of ‘A is like B’ as ‘A is like B in at least one respect’ is incorrect. Just as: (43) Jones is a successful man.
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– is not the trivial statement that: (44) Jones is a man who has been successful on at least one occasion. (45) (∃x)(Jones is a man who has succeeded in x). – for instance, in untying a knot in his shoelaces. Rather, (43) means that Jones has been successful in salient and important matters in his life. 8. Searle’s final and most challenging objection to the comparison view is this: [T]here seem to be a great many metaphorical utterances [of the form ‘S is P’] where there is not relevant literal corresponding similarity between S and P. If we insist that there are always such similes [of the form ‘S is like P’], it looks as if we would have to interpret them metaphorically, and thus our account would be circular. (Searle 1977, 96) Searle’s main example is (46) Sally is a block of ice. One might suggest the similarity that both are cold; but calling Sally cold would just be another metaphor. Searle (1977, 105) holds that in such cases the metaphor is not based on a similarity (as he admits many if not most metaphors are), but it is simply ‘a fact about our sensibility, whether culturally or naturally determined, that we just do perceive a connection, so that the utterance of P [e.g., “a block of ice”] is associated in our minds with R properties [e.g., being unemotional]’. To assess this objection we need to discuss two separate questions: First, is Searle right in asserting that there are no similarities that can account for our understanding of utterances of (46) and the like? Secondly, if a figurative expression is not based on similarity, should it be classified as a metaphor? As it happens, it seems to me not too difficult to find some similarities that could explain our understanding of (46); and therefore I am happy to call this expression a metaphor. But had Searle succeeded in giving an example where indeed no relevant similarities could be found, it would be far from clear whether we should call it a metaphor. But to begin with the first question:
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The tertium comparationis between Sally and a block of ice is that both are: stiff, rather lacking in movements, unresponsive; and tending to make those in their immediate vicinity uncomfortable. When Searle says that the respect of comparison must not on one side apply only metaphorically or else the account would be circular, he is clearly wrong. As he himself has to concede a bit further down (1977, 97), there is nothing circular about a comparativist account involving second- (or even third- and fourth-) order metaphors, that is, metaphors that are to be explained in terms of another metaphor, and so on, provided that eventually we get down to some literal comparison. (In fact, Searle’s own theory allows that our associative move from one term to another might be metaphorical and thus in need of a further explanation.) So, should one protest that Sally need not literally be stiff and lacking in motion, that would only be an objection if no relevant similarity existed between emotional and physical stiffness. But here we find the literal tertium comparationis of the easiness, amount and rapidity of change (of emotional state on the one hand, and of bodily position on the other). Anyway, it is unlikely that someone aptly described as a block of ice would be jumpy and fidgety, or show a lot of facial movement. You pay her a compliment, say, or tell a joke, and she doesn’t even give you the hint of a smile: that is, her face remains as immobile as if it were frozen. Against the suggestion that like Sally a block of ice is unresponsive, Searle (1977, 97) objects that a bonfire is similarly unresponsive, although ‘Sally is a bonfire’ has an entirely different meaning. Yet for one thing, this is taken care of by the other points I listed: a bonfire is constantly in motion and quite pleasant to dwell near to. For another thing, although there are of course various respects in which a bonfire is indeed unresponsive (e.g., it doesn’t answer any questions), unresponsiveness is not one of its salient features, as there are many things to which it responds immediately (unlike a block of ice), like a change of wind, a heavy shower, or a resupply of tinder. (And again, it is not an objection that Sally and a block of ice are unresponsive to different things or in different ways, as long as there is an obvious similarity between different kinds of unresponsiveness. Likewise with mental and physical discomfort.)
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Perhaps Searle would protest that the list of similarities I presented was too difficult to find: The very fact that it takes so much ingenuity to think it up makes it unlikely that it is the underlying principle of the metaphorical interpretation, inasmuch as the metaphor is obvious. (Searle 1977, 98) But the compliment would be undeserved: the similarities I stated are perfectly salient features of a block of ice, which it takes no ingenuity to find. Moreover, as Searle himself notes, metaphorical descriptions of temperament in terms of temperature are as old as the hills and quite conventional. Hence the understanding of the metaphor has become unnecessary for an understanding of what it conveys in an utterance: one may just have learnt it as a convention that ‘cold’ can mean: unresponsive, unemotional &c. Consider another example given by Searle: (47) I am in a black mood. Again, this is clearly not an original metaphor, but an idiomatic expression. The question remains if it can be explained in terms of similarity: between gloominess and the colour black. Obviously, there is a general association of black and dark with things bad, threatening or evil, whereas bright, light and white are figuratively used to stand for what is good. This general schema is based on our natural responses and attitudes towards light and darkness. We tend to be afraid, or at any rate more apprehensive and on our guard in the dark; and rightly so, for where we cannot see much we are less able to avoid or defend ourselves against possible dangers (accidents or enemies likely to take cover in the dark). And whereas we tend to be elated and in good spirits on a bright sunny day, the black of darkness is likely to be felt as rather depressing or gloomy. Thus to call dangerous or depressing things ‘black’ is based on the fact that darkness (which looks black) is typically felt to be dangerous or depressing. This is a fairly straightforward similarity. However, in many figurative uses of the word ‘black’, including (47), the exploitation of such fundamental similarity is combined with metonymical shifts. Thus my black mood is not, like a black night, something that makes me gloomy, for it is my being gloomy – a metonymical shift from cause to effect.
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So although (47) involves more than the usual metaphorical twist, it is again no example on which Searle could rest his claim that some metaphors are not based on similarity. Can we find a more suitable example of what he has in mind? Imagine the letter ‘e’ was, for no particular reason, commonly associated with the colour yellow. Now someone could say: (48) My name contains two yellow letters. – conveying that his name was spelled with two ‘e’s. Should that be called a metaphor? The term ‘metaphor’ is somewhat ambiguous. It is commonly used in two quite different senses: either to denote one specific trope, or figure of speech, as opposed to others, such as metonymy, hyperbole, litotes; or the word is used broadly and loosely to include all those, denoting any non-literal use of language (where understanding requires more than understanding of literal utterance meaning). The disadvantages of the inclusive use of the term are obvious: If we call all those tropes ‘metaphors’, we will have to introduce a new word for metaphors that are not metonymies, hyperboles &c. Moreover, if we take or define metaphors to be such a mixed bag, we should not be at all certain to find one explanation of how all metaphors work: different types of figurative expressions are likely to require rather different explanations. Anyway, to avoid misunderstanding I shall use the term ‘metaphor’ only in its specific sense. To indicate the word’s inclusive sense I shall use the expression ‘metaphor-&-all-that’. Accordingly, (49) I haven’t seen you for ages. and (50) Oxford elected a new Chancellor. are instances of metaphor-&-all-that, but, being a hyperbole and a metonymy respectively, they are not metaphors. Searle attempts to give an account of metaphor-&-all-that. He explicitly includes hyperbole and metonymy in his analysis (‘Principles 1 & 8’), and it is obvious that it also applies to irony: The crucial point for Searle is that there is some ‘principle of association’ by which one gets from what is
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literally said (and as such somehow defective) to what is figuratively conveyed. And of course in the case of irony there is the association of opposites, that directs me for instance from (51) You’re very punctual. when obviously I am not, to: (52) You’re late. This inclusion of irony, it seems to me, stretches even the broad sense of metaphor-&-all-that. I do not think any careful speaker would describe an ironical utterance of (51) as metaphorical. And there are even more unsuitable phenomena that Searle by his account would have to classify as metaphors-&-all-that (or could exclude only arbitrarily): When Bertie Wooster uses the word ‘Stilton’ as a facetious sobriquet to refer to Darcy Cheesewright, he obviously exploits an ‘association in our minds’ between a man called Cheesewright and a kind of cheese; yet one would hardly call this a metaphor in any sense of the word. Nor would one take this category to include Cockney rhyming slang, even though it is based on salient verbal associations (e.g., ‘loaf ’ ⇒ ‘loaf of bread’ ⇒ ‘head’). Be that as it may, there is a fundamental flaw in Searle’s criticism of the comparison view for not being able to account for figurative expressions not based on any similarity: It is motivated by the consideration of a markedly different use of the term to be explained, and so has no force. The defender of the comparison view takes ‘metaphor’ in the specific sense, for a trope based on similarity, and not for tropes based on contiguity (metonymy), exaggeration (hyperbole), understatement (litotes), inversion (irony), or any other form of association; whereas Searle uses ‘metaphor’ broadly to include all these other forms – and then complains that the comparison view fails to explain everything falling under that broader concept. That is, he accuses the comparison view of failing to explain what it is not meant to explain. To put it differently: if the comparison view provides a satisfactory explanation of what everybody calls a metaphor (and we saw that Searle has offered no plausible arguments to deny that), but turns out not to be applicable to some figurative expressions, which need to be explained differently – that is a good reason not to call these expres-
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sions by the same name. We should not adopt Searle’s indiscriminate usage of ‘metaphor’ (as metaphor-&-all-that) since it is likely to prevent us from appreciating the rather different ways in which different figures of speech work: some are based on similarity, others are not. Hence (48) should not be classified as a metaphor. 9. While Searle thinks that only some metaphors cannot be spelt out as literal comparisons, Robert Fogelin argues that no metaphors can be understood as literal comparisons. According to Fogelin (1988, 29f.), metaphors are elliptical similes, that is: figurative comparisons. The difference between literal and figurative comparisons he explains as follows: ‘A is like B’ is literally true if and only if ‘A has a sufficiently large number of B’s salient features’ (ibid., 78). But taken as a figurative comparison, ‘A is like B’ can be true even if the majority of B’s salient features are evidently incongruous with A. The figurative comparison calls forth an adjustment: ‘the respondent now prunes the feature space [provided by “B”] of the falsifying features’ (ibid., 89). Thus, (53) Margaret Thatcher is like a bulldozer. – is literally false, because Mrs Thatcher is not a machine that moves huge quantities of dirt. Still, it could well be true if taken figuratively (ibid., 87f.). As an example of a literally true comparison Fogelin offers: (54) A road grader is like a bulldozer. – Of course it is understandable that Fogelin wants to treat (53) and (54) as different kinds of comparisons. The resemblance between a bulldozer and a grader is much more obvious and pronounced than that between a bulldozer and Mrs Thatcher. However, for one thing, the extent and salience of resemblance is a matter of degree. Think of (39), the comparison of an adult to a child: By Fogelin’s criterion, one would have to call this a figurative comparison, although it may draw attention to a perfectly straightforward and obvious behavioural similarity, very different from the similarity alleged between Mrs Thatcher and a bulldozer. So (39) lies somewhere between (53) and (54); but it seems somewhat odd to treat the difference between literal and figurative truth as one of degree. (And should it really be required for a literal comparison that A has a sufficiently large number of B’s salient properties? What if it’s only a small number of over-
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whelmingly salient features? Anyway, it seems rather unclear how properties are to be individuated and counted.) For another thing, even if one accepted Fogelin’s proposed analysis of ‘A is (literally) like B’, and labelled as ‘figurative’ any such comparison that, although not altogether false, does not involve a sufficiently large number of the salient features of B (the object of comparison) – that would not provide any obstacle to the comparison view of metaphor. The crucial point is one that Fogelin does not deny, namely that even in cases like (53) there is a real resemblance at issue, be it ever so abstract or accompanied by salient dissimilarities. Hence even if (53) wasn’t yet to count as a properly literal paraphrase of the corresponding metaphor: (55) Margaret Thatcher is a bulldozer. – this could still be literally paraphrased by some other statement of similarity, perhaps: (56) Margaret Thatcher is in some respects like a bulldozer. Here the expression ‘in some respects’ makes clear what Fogelin is concerned about: that it is not a straightforward and fully salient likeness. Or even more explicitly: (57) There is a resemblance between Margaret Thatcher and a bulldozer, although only very few of a bulldozer’s salient features can be attributed to Mrs Thatcher. 10. Finally, it has been protested against the analysis of metaphors as condensed comparisons that the content of a metaphor, unlike that of a non-figurative comparison, is essentially open-ended.11 It is not surprising that Davidson should regard metaphors as inexhaustible.12 If metaphorical content were not a matter of meaning, but of free association, then of course no boundaries could be drawn: anything might spring to someone’s mind when hearing or reading a metaphor. However, it is exactly this lack 11 12
Cavell 1965, 79; cf. Davidson 1978, 262f. Although he does not offer this as a criterion to distinguish metaphors from literal discourse (Davidson 1978, 263, n. 17).
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of standards of correctness that makes Davidson’s account so implausible, even with regard to poetic examples. Consider: (58) Where care lodges, sleep will never lie. The meaning of this metaphor is very clear and determinate: Sleep and care are compared to two people the first of which does not like to stay in the same lodgings as the second, and the lodgings are obviously an image for a person. So, in plain language, being worried prevents a person from finding any sleep. There is very little temptation to press the image further. Of course one could do so – Do the two choose different lodgings at different times? What happens if they meet in the street? And why does the one shun the other? Did they have a quarrel in the past? How old are they? Are they male or female? &c. – but it’s quite clear that any such further details are perfectly irrelevant to the simple point made by (58). One should not forget that what can be expressed metaphorically are not only profound thoughts, but also the most humdrum observations – for instance, that worry prevents people from sleep. Perhaps a more promising example, that has often been cited by those who like to extol the inexhaustible implications of metaphors, is this (Romeo & Juliet, II.ii.3): (59) Juliet is the sun. Stanley Cavell explains: Romeo means that Juliet is the warmth of his world; that his day begins with her; that only in her nourishment can he grow. And his declaration suggests that the moon, which other lovers use as emblems of their love, is merely her reflected light, and dead in comparison; and so on. […] The ‘and so on’ which ends my example of paraphrase is significant. It registers what William Empsom calls the ‘pregnancy’ of metaphors, the burgeoning of meaning in them. Call it what you like; in this feature metaphors differ from some, but perhaps not all, literal discourse. And differ from the similar device of simile […]. (Cavell 1965, 78f.) It seems to me that what Cavell here celebrates as semantic ‘pregnancy’ is more commonly, and less misleadingly, called – vagueness. And far from
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being a mark to distinguish metaphors from similes, it is readily explained by the fact that metaphors basically are similes. As such they stand in need of some respects of comparison, which, if not named by the speaker, must be drawn from the context or from what is (assumed to be) common knowledge (or belief) about the objects compared. Now, the supposed phenomenon of semantic ‘pregnancy’ arises when the speaker, or author, and context give us only a rough idea of the intended respects of comparison, yet off our own bat we can think of various more specific respects that would appear to fit well (although we have no reason to believe that the speaker had any particular ones in mind). Similarly, when being told merely of ‘a banquet’, all we know is that this would involve some uncommonly elaborate food and fine drink, probably wine, yet we can imagine a number of particular dishes and vintages that would fit the occasion. The meaning is vague and general, it takes our imagination to fill in some details, and of course there’s no end to what we could think of. It should be clear, then, that what an indeterminate metaphor is open-endedly pregnant with is not its meaning, but what could be imagined in order to enrich that meaning. When listing such details, we’re not expounding the metaphor, but developing it further. Those who praise metaphors for being open-ended are likely to respond that the case is different from other types of vagueness in that metaphors actually invite us to use our imagination to supplement further details. In poetry that may indeed sometimes, or often, be the case; but the products of our imagination are not, for that matter, part of the metaphors’ linguistic meaning. The following sentence may occur in a fictional narrative: (60) They had a banquet that night, and you may imagine what delicious food and exquisite wines they enjoyed. Here you’re explicitly invited to fill in the details the author omitted. You may think of salmon with asparagus and Chablis for a starter; but it’s clearly not part of the linguistic meaning of (60) that the banqueters had salmon with asparagus and Chablis for a starter. Although, to be sure, when commenting on the passage one may give that as a suitable example of a banquet’s fare. Likewise, imaginative developments of poetic metaphors are not out of place in literary criticism, but they should not be re-
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garded as explications of metaphorical meaning (or only in the sense in which the example of a lion may serve to elucidate the general phrase ‘some wild beast’). Now, finally, let us take a closer look at (59): Juliet and the sun. First, it should be noted that in itself this is anything but a subtle and original metaphor, it is (and was) simply a derivative of a cliché, a derivative that had itself long become conventional. The cliché is the metaphorical association of beauty and light, or brightness, easily comparable as the agreeable sides on two scales (we prefer beauty to ugliness as we prefer light to darkness; cf. (47) above). In Shakespeare’s times the metaphor was so conventional that ‘beautiful’ could be taken as one of the meanings of the word ‘bright’.13 Then the sun, as the superlative of brightness, would obviously have been a ready image for outstanding beauty. Shakespeare found it used in Arthur Brooke’s version of Romeo and Juliet (1562),14 and the way he put it in his own play seems to have been inspired also by a similar passage in Christopher Marlowe’s The Jew of Malta (1589).15 Shakespeare’s (59) is a thoroughly conventional, if not hackneyed, metaphor – rather like the comparison of one’s love to a flower. So it is rather curious to see how many philosophers have chosen this example to illustrate the richness and profundity of metaphors: the endless ‘burgeoning of meaning’ – in a cliché. Of course there’s no harm in Cavell’s imaginative exercises.16 Indeed, one may enjoy that kind of game. However, the aesthetic value of (59) in Shakespeare’s play has very little to do with its alleged richness in mean13
‘3. Of persons: “Resplendent with charms” (J.); beautiful, fair. arch. […] a1300 Havelok 2131 In his armes his brithe bride. c1420 Sir Amadace lviii, That ladi gente That was so bryte of ble. c1460 in Babees Bk. (1868) 15 In chambur among ladyes bryth. 1593 SHAKES. Lucr. 490 By thy bright beauty was it newly bred. 1605 Macb. IV.iii.22 Angels are bright still, though the brightest fell.’ (OED) 14 ‘For eche of them to other is, as to the world, the sunne’, The Tragicall Historye of Romeus and Juliet; quoted from Blakemore Evans 1984, 92. 15 ‘But stay, what starre shines yonder in the East? / The Loadstarre of my Life, if Abigall’ (II.i.40f.). 16 At least Cavell refrains from throwing in anachronisms, like the idea that the earth revolves round the sun, suggested by Lynne Tirrell (1991, 338, 341), to whom ‘Juliet is the sun’ is ‘a new, somewhat obscure metaphor’!
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ing. Much more important are the witty way this intrinsically trite metaphor is introduced and developed in the scene (II.ii), and the way the image serves as a recurrent theme in the play, providing leitmotivic links between different passages. At night in Capulet’s orchard Romeo approaches the house and suddenly sees a light in one of the windows (II.ii.2f.): But soft, what light through yonder window breaks? He guesses that it is Juliet’s room: It is the east, and Juliet is the sun. The image is charmingly apropos as it is occasioned by the appearance of a real light, an ordinary candle, that through the thought that it is held by Juliet is transformed into the biggest light of all, appearing in the east, and then becoming Juliet herself. The idea of Juliet as a light to outshine other lights was already introduced when Romeo first saw her (I.v.43): O she doth teach the torches to burn bright! Next, in the balcony scene, the image is set in opposition to the moon, that is actually visible to Romeo (II.ii.4ff.): Arise, fair sun, and kill the envious moon, Who is already sick and pale with grief That thou, her maid, art far more fair than she. As a virgin, Juliet is a votary of Diana, the goddess of the moon and patroness of chastity. So Romeo uses the sun metaphor to lead on, via some Roman mythology, to a discreet expression of his sexual desires: Be not her maid […]. Presently the idea of Juliet’s beauty turning night into day is playfully developed with some fanciful details (II.ii.15-22): Two of the fairest stars in the heaven […]. What if her eyes were there, they in her head? The brightness of her cheek would shame those stars, As daylight doth a lamp; her eyes in heaven Would through the airy region stream so bright
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Severin Schroeder That birds would sing and think it were not night.
Juliet, later, returns the metaphorical compliment (III.ii.17): Come, Night, come, Romeo, come, thou day in night […]. And she too indulges in some extravagant variations on this old metaphorical theme; though her idea may not be to everybody’s taste (III.ii.21-25): Give me my Romeo, and when he shall die, Take him and cut him out in little stars, And he will make the face of heaven so fine That all the world will be in love with night, And pay no worship to the garish sun. Finally, Romeo returns to the image when Juliet seems dead (V.iii.84-86): A grave? O no, a lantern, slaughtered youth; For here lies Juliet, and her beauty makes This vault a feasting presence full of light. What is to be admired and enjoyed in all this is not a wonderfully profound metaphor, but the way in which an image, in itself quite ordinary and very limited in meaning, is playfully developed to interact with elements of the scene and the plot, and employed to forge links between different scenes. ∗∗∗ Metaphors are implicit comparisons: Outside philosophy this is a platitude, but among contemporary philosophers it has become customary to reject it as piteously naïve, on the basis of a handful of frequently repeated criticisms. I hope to have shown that none of these criticisms carry conviction and that the bad reputation of the common-sense view is quite unfounded.17
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I am grateful to David Dolby for his comments on an earlier draft of this essay.
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Zur Autorität der Ersten Person Thomas Spitzley (Duisburg-Essen)
Wer verstehen möchte, was es mit der so genannten Autorität der Ersten Person auf sich hat, muss im Prinzip dreierlei herausfinden: 1. Was ist der Gegenstandsbereich oder die Reichweite der Autorität der Ersten Person, d.h. worauf oder wie weit erstreckt sie sich? 2. Worin besteht die Autorität der Ersten Person? 3. Warum gibt es eine Autorität der Ersten Person? Eine Begründung der Autorität der Ersten Person, d.h. eine Antwort auf die dritte Frage, setzt Antworten auf die ersten beiden Fragen voraus. Betrachtet man nun aber verschiedene im Verlauf der Philosophiegeschichte propagierte Antworten auf die Fragen nach dem Gegenstandsbereich und der Qualität der Autorität der Ersten Person, ist wie so oft herzliche Uneinigkeit zu beobachten. Mein Beitrag besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil versuche ich, am Beispiel der zentralen Positionen von Descartes, Hume, Ryle und Wittgenstein die historische und systematische Breite des mit der Autorität der Ersten Person verbundenen Problems deutlich zu machen. Der zweite Teil ist ausschließlich einer einzigen, zeitgenössischen Auffassung gewidmet, und zwar dem Ansatz von Donald Davidson. Dort versuche ich, seine Position und seine Antwort auf die Frage nach einer Begründung für die Autorität der Ersten Person kritisch zu rekonstruieren. Ziel dieses ganzen Unternehmens ist es, zumindest einen Teil der logischen Topographie des Themas erkennbar werden zu lassen. I In den Meditationen versucht Descartes, ein absolut gewisses und unerschütterbares Fundament der Erkenntnis zu gewinnen. Er glaubt, dies könne ihm gelingen, indem er alles beseitigt, „was auch nur den geringsten
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Zweifel zuläßt“ (Descartes 1972, 17), denn nichts davon verdiene den Titel „sichere Erkenntnis“. Das Ergebnis dieses Unternehmens ist bekannt: Descartes (ebd., 15) sieht sich „gezwungen, zuzugestehen“, dass an fast allem, was er früher für wahr hielt, „aus triftigen und wohlerwogenen Gründen“ zu zweifeln möglich ist – mit einer Ausnahme, nämlich dem berühmten „Cogito“. Aus der Gewissheit des „Cogito“ glaubt Descartes, auf seine Existenz schließen zu können. Dieser Aspekt seiner Überlegungen soll uns jedoch nicht beschäftigen. Mir geht es hier nur um die Basis von Descartes’ weiterer Argumentation, nämlich um die Gewissheit und Unbezweifelbarkeit des „Cogito“, also des „Ich denke“. Hier muss man sich allerdings klarmachen, dass Descartes’ Begriff des Denkens außerordentlich weit ist. „Cogitare“ umfasst u.a. Zweifeln, Bejahen, Verneinen, Einsehen, Wollen, Bildlich-Vorstellen und Empfinden. In all diesen Fällen spricht Descartes (1972, 21, 27; 1965, I.9) von „cogitationes“, und wir würden heutzutage von Bewusstseinszuständen oder von psychischen Zuständen sprechen. Um zu verstehen, warum das „Ich denke“ unbezweifelbar ist, braucht man nur zu versuchen, es zu bezweifeln: Wenn ich bezweifle, dass ich denke, dann vollziehe ich damit einen Akt des Zweifelns. Da Zweifeln laut Descartes selbst eine Weise des Denkens ist, gilt, dass ich es gerade dadurch, dass ich bezweifle, dass ich denke, wahr mache, dass ich denke (vgl. Descartes 1996, 521). Descartes glaubt nun, dass man sich, was die Wahrheit eines Gedankens angeht, der in diesem Sinne unbezweifelbar ist, nicht in einem Zustand der Ungewissheit befinden kann. Daher ist das „Ich denke“ für mich nicht nur unbezweifelbar, sondern auch gewiss. Gewissheit und Unbezweifelbarkeit sind für Descartes schlicht zwei Seiten derselben Medaille. Neben der Unbezweifelbarkeit und der Gewissheit kommt dem Gedanken „Ich denke“ allerdings noch eine weitere wichtige Eigenschaft zu: Wie wir gesehen haben, heißt „Ich denke“ nichts anderes als „Ich befinde mich in einem psychischen Zustand“. Daher macht der bloße Umstand, dass ich den Gedanken „Ich denke“ habe, dass er in meinem Geiste ist, diesen Gedanken wahr. Das bedeutet, der Gedanke „Ich denke“ ist ein sich selbst verifizierender Gedanke. Mit anderen Worten: Dass die Cogitatio
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(1) Cogito selbstverifizierend ist, heißt, dass Folgendes gilt: (SV 1) Dass ich den Gedanken „Cogito“ habe, macht das, was ich denke, nämlich „Cogito“, wahr. Wie gerade bemerkt, ist der Gedanke „Cogito“ der wohl unspezifischste Gedanke, den ich in Bezug auf meinen Geist haben kann, da er nichts anderes bedeutet als „Ich befinde mich gerade in einem psychischen Zustand“. Handelt es sich nun bei der Selbstverifikation um eine Besonderheit des „Cogito“, oder verfügen auch andere, spezifischere Cogitationes über dieses Merkmal? Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, zunächst zwischen verschiedenen Arten des Denkens zu unterscheiden. Descartes tut dies u.a. in den Prinzipien der Philosophie: Alle Bewußtseinsarten lassen sich nämlich auf zwei zurückführen; die eine enthält das Vorstellen (perceptio) oder die Wirksamkeit des Verstandes, die andere das Wollen (volitio) oder die Wirksamkeit des Willens. Das Wahrnehmen, das Einbilden und das reine Denken sind nur verschiedene Arten des Vorstellens, und das Begehren, Ablehnen, Bejahen, Verneinen und Zweifeln sind verschiedene Arten des Wollens. (Descartes 1965, I.32) Da mit dem Wahrnehmen und dem Einbilden innerhalb von Descartes’ Theorie einige Besonderheiten und Schwierigkeiten verbunden sind, werde ich im Folgenden von den verschiedenen Arten des Vorstellens nur das reine Denken berücksichtigen. Was ist reines Denken? Reines Denken findet dann statt, wenn der Verstand nicht mehr tut, als mir eine Idee zu präsentieren. Wenn etwas Gegenstand des reinen oder, wie man auch sagen könnte, bloßen Denkens ist, dann hat man es mit einem episodischen Gedanken zu tun, also mit etwas, das mir, metaphorisch gesprochen, in irgendeiner Weise durch den Kopf geht. Betrachten wir nun als Beispiel für eine spezifischere Cogitatio des bloßen Denkens die wie das „Cogito“ in der 1. Person Singular Präsens formulierte Cogitatio (2) Ich denke (bloß), dass Erlen Laubbäume sind.
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Falls die Cogitatio (2) selbstverifizierend ist, muss ganz analog zum Cogito-Beispiel Folgendes gelten: (SV 2) Dass ich den Gedanken „Ich denke (bloß), dass Erlen Laubbäume sind“ habe, macht das, was ich denke, nämlich „Ich denke (bloß), dass Erlen Laubbäume sind“, wahr. Das ist richtig und gilt ebenso für beliebige Variationen des intentionalen Gehalts von (2), also beispielsweise auch für (3) Ich denke (bloß), dass morgen schönes Wetter sein wird. Wenn ich den Gedanken (3) habe, dann geht mir in der Tat gerade durch den Kopf, dass morgen schönes Wetter sein wird – und das heißt nichts anderes, als dass (3) wahr ist. Völlig anders liegt der Fall allerdings bei einem Gedanken wie z.B. (4) Schröder wird auch nächstes Jahr noch Bundeskanzler sein. Der Umstand, dass ich diesen Gedanken gerade habe, macht ihn selbstverständlich noch nicht wahr … Das reine Denken markiert dagegen eine Klasse von Cogitationes, die sämtlich selbstverifizierend sind. – Wenn wir jedoch den Bereich der Wirksamkeit des Verstandes verlassen und zum Bereich der Wirksamkeit des Willens kommen, haben wir es mit einer völlig anderen Situation zu tun. Betrachten wir als Beispiel einen Fall von Bejahen bzw. Urteilen, doch alles Folgende gilt mutatis mutandis auch für Begehren, Ablehnen, Verneinen und Zweifeln: (5) Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind. Für den Fall, dass (5) selbstverifizierend ist, muss ganz analog zu (1) und (2) gelten: (SV 5) Dass ich den Gedanken „Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind“ habe, macht das, was ich denke, nämlich „Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind“, wahr. Unter welcher Bedingung könnte (SV 5) falsch sein? Das wäre nur dann möglich, wenn ich den Gedanken „Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind“
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haben könnte, ohne damit zugleich das entsprechende Urteil zu fällen. Genau dies ist laut Descartes möglich. Sobald mir – aus welchen Gründen auch immer – „Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind“ durch den Kopf geht, habe ich zwar diesen Gedanken, doch zum Urteilen gehört darüber hinaus auch ein Akt des Willens, der sich bejahend auf eine Idee richtet. D.h., wenn ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind, muss sich mein Wille zustimmend oder bejahend auf die Idee „Erlen sind Laubbäume“ richten. Dass diese Bedingung erfüllt ist, wird jedoch dadurch, dass ich den Gedanken „Ich urteile, dass Erlen Laubbäume sind“ bloß habe, nicht gewährleistet. Daher ist (SV 5) in der Tat falsch, und es ist unmittelbar einleuchtend, dass aus ganz analogen Gründen keine Cogitatio, die eine Art des Wollens ist, in demselben Sinne wie das „Cogito“ selbstverifizierend sein kann.1 Dagegen sind alle Cogitationes, die eine Art des bloßen oder reinen Denkens sind, genau wie das „Cogito“ selbstverifizierend, unbezweifelbar und gewiss. Dies ist meines Erachtens die unverzichtbare Basis von Descartes’ Projekt einer Erkenntnisfundierung und, was uns mehr interessieren dürfte, eine Charakterisierung der Autorität der Ersten Person. Gemäß dieser Charakterisierung erstreckt sich die Autorität der Ersten Person auf Cogitationes der Form „Ich denke (bloß), dass p“ (das ist die Antwort auf die erste Leitfrage); sie besteht darin, dass solche Cogitationes unbezweifelbar und gewiss sind (das ist die Antwort auf die zweite Leitfrage); und sie wird erklärt durch Verweis auf ein Merkmal dieser Cogitationes, nämlich deren Selbstverifikation (das ist die Antwort auf die dritte Leitfrage). Wenn dies das letzte Wort zur Autorität der Ersten Person wäre, dann wäre es wohl schon vor langer Zeit gesprochen worden, und es hätte keine Jahrhunderte andauernde Diskussion dieses Problemfeldes gegeben. So verstanden, reicht die Autorität der Ersten Person in der Tat nicht weit, und das Interessanteste scheint weiterhin dem Zweifel ausgesetzt zu bleiben. So ist mit dieser Konzeption der Autorität der Ersten Person vereinbar, dass ich bezweifeln kann, ob ich gerade urteile, verneine oder will, dass p, dass 1
Diese Überlegung zeigt, wie richtig es war, das „Cogito“ nicht als Urteil, sondern als bloßen episodischen Gedanken aufzufassen (s.o.). Wäre es ein Urteil, könnte es gar nicht selbstverifizierend sein.
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ich mich also sowohl darin irren kann, dass ich gerade etwas urteile, verneine oder will, als auch darin, was es ist, das ich urteile oder will, also in Bezug auf den Gehalt meines Urteils bzw. Willens.2 Eine viel stärkere These sowohl in Bezug auf die Reichweite als auch in Bezug auf die Qualität der Autorität der Ersten Person vertritt David Hume. Diese These kommt in der folgenden berühmten Stelle aus seinem Traktat über die menschliche Natur zum Ausdruck: Alle Vorgänge im Geiste und alle sinnlichen Wahrnehmungen sind uns doch eben nur durch das Bewußtsein bekannt, sie müssen darum notwendigerweise in jeder Hinsicht als das erscheinen, was sie sind, und das sein, als was sie erscheinen. (Hume 1973, 254) Auf der Grundlage dieser Passage lässt sich Humes umfassenderes Konzept formulieren: Die Autorität der Ersten Person erstreckt sich auf alle unsere Urteile, in denen wir uns einen gegenwärtigen psychischen Zustand oder Akt zuschreiben (das ist die Antwort auf die erste Leitfrage). Wir können uns weder in Bezug auf ihr Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein noch in Hinblick auf ihre Eigenschaften täuschen. Unsere Urteile über unsere gegenwärtigen psychischen Zustände sind unbezweifelbar und gewiss, und der Urteilende ist – was derartige Urteile angeht – unfehlbar (Antwort auf die zweite Leitfrage). Die Begründung der Autorität der Ersten Person (und damit die Antwort auf die dritte Leitfrage) ist hier allerdings nicht eindeutig: Einerseits erfolgt sie durch Verweis auf ein Merkmal der psychischen Zustände, nämlich deren Transparenz bzw. Unverborgenheit oder, wie man auch sagen könnte, deren Selbst-Präsentation. Andererseits wird aber auch auf eine Fähigkeit des Urteilenden, also des Trägers der jeweiligen psychischen Zustände, hingewiesen, nämlich auf dessen Introspektionsvermögen. Unter Introspektion wird dabei eine Form der inneren Wahrnehmung verstanden, welche im Gegensatz zur gewöhnlichen äußeren Wahrnehmung nicht feh2
In einer umfassenderen Untersuchung von Descartes’ Position wird deutlich, dass er in Bezug auf die Autorität der Ersten Person eine weiter reichende These vertritt, als ich sie ihm hier zugeschrieben habe. Vgl. dazu Spitzley 2002; diesem Aufsatz sind auch die vorstehenden Ausführungen zu Descartes entnommen.
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leranfällig sein soll. Ich verfüge also über einen privilegierten Zugang zu meinen eigenen, gegenwärtigen psychischen Zuständen. Da dieser Zugang Dritten verschlossen ist, besteht eine, wie Tugendhat (1979, 89) sie genannt hat, epistemische Asymmetrie zwischen dem Träger der Bewusstseinszustände und jeder anderen Person. Ein Urteil, das der jeweilige Träger über seine gegenwärtigen Bewusstseinszustände fällt, ist unbezweifelbar und gewiss, und es ist unmöglich, dass er sich darin irrt. Wenn hingegen eine dritte Person Urteile über meine gegenwärtigen Bewusstseinszustände fällt, kommen diesen Urteilen die Prädikate „unfehlbar“ und „gewiss“ nicht zu, und die urteilende Person kann sich sehr wohl in ihnen irren. Es ist leicht zu erkennen, wie viel stärker diese Auffassung Humes ist. Gemäß der Descartes zugeschriebenen These kann ich mich nur darin nicht irren, dass ich mich gerade in einem Bewusstseinszustand des bloßen bzw. reinen Denkens befinde. Hume zufolge kann ich mich darüber hinaus weder darin täuschen, dass ich mich in einem psychischen Zustand der-undder Art befinde, also beispielsweise in dem des Etwas-Glaubens oder Etwas-Wollens, noch darin, dass dieser psychische Zustand den-und-den Gehalt besitzt, also z.B. den Gehalt, dass p: Wenn ich glaube, dass ich will, dass p, dann ist es in der Tat so, dass ich will, dass p. – Außerdem ist es umgekehrt auch unmöglich, dass ich, wenn ich etwas glaube oder wünsche, nicht weiß, dass ich etwas glaube oder wünsche, oder auch, dass ich nicht weiß, was ich glaube oder wünsche. Diese Charakterisierung der Autorität der Ersten Person legt es nahe, von einer Allwissenheit in Bezug auf seine eigenen, gegenwärtigen psychischen Zustände zu sprechen. Humes These scheint allerdings entschieden zu stark zu sein. Wir würden zwar wohl noch akzeptieren, dass einem die eigenen Schmerzen nicht verborgen bleiben können und dass man nicht glauben kann, Schmerzen zu haben, ohne tatsächlich Schmerzen zu haben, doch gilt Entsprechendes tatsächlich für alle unsere psychischen Zustände? Sind unsere psychischen Zustände wirklich alle selbst-präsentierend? Oder sind nicht doch manche von ihnen unbewusst oder unterbewusst, wie Freud behauptet? Und gibt es nicht auch Fälle von Selbsttäuschung, in denen wir uns vielleicht nicht eingestehen, etwas Spezielles zu wünschen oder einer bestimmten Überzeugung zu sein, sondern uns stattdessen z.B. eine gegenteilige Überzeugung zuschreiben würden? – Nicht zuletzt solche Überle-
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gungen haben dazu geführt, hier zwischen propositionalen psychischen Zuständen wie Überzeugungen und Wünschen und nicht-propositionalen psychischen Zuständen wie Empfindungen zu differenzieren und der Ersten Person beispielsweise in Bezug auf ihre Empfindungen eine stärkere Autorität zuzuschreiben als in Bezug auf ihre Überzeugungen. Den Konzeptionen von Descartes und Hume ist gemeinsam, dass die Erste Person im Vergleich zu einer dritten Person epistemisch privilegiert ist. Gegen diese These richten sich zwei grundsätzliche Einwände. Der erste geht auf Gilbert Ryle zurück. Ryle bestreitet, dass es zwischen Selbstund Fremdzuschreibungen gegenwärtiger psychischer Zustände einen prinzipiellen Unterschied gibt, der es rechtfertigen würde, von der Ersten Person im starken Sinne zu behaupten, sie sei epistemisch privilegiert. Ryle (1978, 209) fasst psychische Zustände als bloße Verhaltensdispositionen auf und glaubt, die Methoden, mit denen ich etwas über mich herausfinde, seien im Wesentlichen dieselben wie die, mit denen ich etwas über andere herausfinden kann. Unser Wissen in Bezug auf unsere eigenen psychischen Zustände sei ebenso wie unser Wissen in Bezug auf die psychischen Zustände Dritter von Verhaltensbeobachtung abhängig (vgl. ebd., 244). Wenn wir Wissen von unseren Bewusstseinszuständen erlangen wollten, müssten wir insbesondere unsere eigenen, unreflektierten, spontanen Äußerungen beachten, „ob sie nun deutlich ausgesprochen, vor uns hingemurmelt oder bloß lautlos zu uns selbst gesprochen werden“ (ebd., 249).3 Folgt man Ryles Theorie, gibt es also keine prinzipielle epistemische Asymmetrie mehr zwischen Urteilen über eigene, gegenwärtige psychische Zustände und Urteilen über die psychischen Zustände Dritter. Selbst Ryle räumt aber ein, dass in einer bestimmten Hinsicht jeder mit Blick auf seine eigenen Bewusstseinszustände in der Tat privilegiert ist, nämlich insofern, als man in der Regel selbst über die meisten Beobachtungsdaten von seinem eigenen Verhalten verfügt (vgl. Ryle 1978, 228, 242). Dabei handelt es sich allerdings nur um einen praktischen Vorteil. Die zweite und, wie ich finde, wesentlich ernster zu nehmende grundsätzliche Kritik stammt von Wittgenstein. Sie besagt, dass die Autorität der 3
Demnach ist, behauptet Ryle (1978, 263), „Bewußtsein seiner selbst […] einfach ein Sonderfall des gewöhnlichen mehr oder weniger wirksamen Umgehens mit einem mehr oder weniger ehrlichen und intelligenten Zeugen“.
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Ersten Person falsch charakterisiert sei, wenn man von ihr als von einem epistemischen Privilegiert-Sein der Ersten Person spreche. Ich könne zwar, so Wittgenstein, durchaus wissen, dass eine dritte Person Schmerzen hat oder glaubt, dass p, aber ich könne nicht wissen, dass ich Schmerzen habe oder glaube, dass p. Dies liege nun aber nicht etwa daran, dass mir meine eigenen psychischen Zustände überraschenderweise verborgen sind, sondern letztlich an der Grammatik des Ausdrucks „wissen“. Ein Satz wie „Ich weiß, dass ich Schmerzen habe“ drückt keine Erkenntnis von mir aus, sondern bestenfalls, „daß in der ersten Person Zweifel oder Unsicherheit sinnlos sind, daß die aufrichtigen Äußerungen des Sprechers einen autoritativen Status haben, daß dieser seine [Empfindungen und] Gedanken verbergen kann, wenn er will, etc.“ (Glock 1995, 243). Der entscheidende Grund dafür, dass wir zwar wissen können, was ein anderer denkt oder empfindet, nicht aber, was wir selber denken oder empfinden, ist, dass sich zwar sinnvoll fragen lässt, wie man herausbekommen kann, ob beispielsweise jemand anderes Schmerzen hat, dass es aber sinnlos ist zu fragen, wie man herausbekommen kann, ob man selber Schmerzen hat.4 Um beurteilen zu können, ob wir selber Schmerzen haben, benötigen wir keinerlei Kriterien. Solche Kriterien und auch die Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, zu zweifeln, nur zu vermuten oder sich darin zu irren, dass man sich in einem bestimmten psychischen Zustand befindet, sind jedoch notwendig, wenn man mit Sinn von Wissen reden will (vgl. Wittgenstein 1984, 564). Zwar würde Wittgenstein aus den genannten Gründen die Rede von einer epistemischen Asymmetrie zurückweisen; doch der These, dass Äußerungen wie „Ich habe Schmerzen“ oder „Ich glaube, dass p“ im Unterschied zu „NN hat Schmerzen“ oder „NN glaubt, dass p“ einen ganz eigenen autoritativen Charakter besitzen, würde er zweifellos zustimmen. Plakativ und notgedrungen verkürzt lassen sich die bisher vorgestellten Konzeptionen der Autorität der Ersten Person mit Hilfe der folgenden vier Slogans ausdrücken: 4
Vgl. Wittgenstein 1984, 565: „Ich kann wissen, was der Andere denkt, nicht, was ich denke. Es ist richtig zu sagen ‚Ich weiß, was du denkst‘, und falsch: ‚Ich weiß, was ich denke.‘ (Eine ganze Wolke Philosophie kondensiert zu einem Tröpfchen Sprachlehre.)“
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Thomas Spitzley 1. Wenn wir denken, dass wir etwas denken, haben wir damit immer Recht, denn solche Gedanken können nicht falsch sein. (Descartes) 2. Wir wissen immer im Detail, was wir denken, denn wir besitzen einen privilegierten Zugang zu unseren Gedanken. (Hume) 3. Wir wissen (meistens), was wir denken, denn wir sind so oft mit uns zusammen und kennen uns daher besonders gut. (Ryle) 4. Wir wissen nicht, was wir denken, aber ebenso wenig sind wir unwissend in Bezug auf das, was wir denken, denn der Ausdruck „wissen“ lässt sich in diesem Kontext nicht sinnvoll gebrauchen. (Wittgenstein)
Nach Descartes und Hume besteht zwischen der Ersten und einer dritten Person eine Asymmetrie in der prinzipiellen Möglichkeit der Erkenntnis gegenwärtiger psychischer Zustände; Ryle dagegen gesteht nur eine (wenn man so will) Asymmetrie mit Bezug auf die faktische Erkenntnis zu; und obwohl Wittgenstein zwar auch eine Asymmetrie in der prinzipiellen Erkenntnismöglichkeit behaupten könnte, so wäre diese doch von einer ganz anderen Art als bei Descartes und Hume. Seiner Meinung nach ist die Kenntnis der psychischen Zustände Dritter möglich, nicht jedoch die Kenntnis der eigenen, gegenwärtigen psychischen Zustände. Ich hoffe, diese Skizze hat einige der vielen Facetten des Phänomens der Autorität der Ersten Person deutlich gemacht. Vielleicht ist es aber unklug, hier von einem Phänomen zu sprechen, denn meiner Ansicht nach gibt es noch eine Reihe offener Fragen: 1. Kommt der Ersten Person wirklich mit Bezug auf alle ihre gegenwärtigen psychischen Zustände eine besondere Autorität zu? 2. Wenn ja, kann diese Autorität stets auf dieselbe Weise, d.h. mit denselben Prädikaten, charakterisiert werden? Und kann 3. die Autorität der Ersten Person auch in allen Fällen auf dieselbe Weise erklärt werden? II In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat Donald Davidson, dessen Konzeption im Mittelpunkt des nun beginnenden zweiten Teils
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meines Beitrags stehen wird, einen der einflussreichsten neueren Ansätze zur Erklärung der Autorität der Ersten Person vorgelegt. Davidson hat seine Position insbesondere in drei Aufsätzen deutlich gemacht, nämlich in „First Person Authority“ (1984), in „Knowing One’s Own Mind“ (1988) und in „What is Present to the Mind?“ (1989).5 Wie ich zu Beginn deutlich gemacht hatte, setzt jede Behandlung des Problems der Autorität der Ersten Person die Beantwortung der Frage nach ihrem Gegenstandsbereich oder ihrer Reichweite voraus. Im Anschluss an Hume könnte man fragen: Sind es Urteile über psychische Zustände oder sind es die psychischen Zustände selbst, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten müssen, wenn wir die Autorität der Ersten Person verstehen wollen? Davidson entscheidet sich weder für das eine noch für das andere, sondern konzentriert sich stattdessen auf Äußerungen oder Sätze über unsere Einstellungen.6 Diese Entscheidung wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass Davidson das Problem der Autorität der Ersten Person im Zusammenhang mit seiner Entwicklung einer allgemeinen Bedeutungstheorie behandelt. Und im Rahmen dieser Bedeutungstheorie spielen weder Urteile noch psychische Zustände eine entscheidende Rolle, sondern Sätze. Sie sind die Bedeutung tragenden Entitäten; sie sind es, die wahr oder falsch sein können; und sie sind, wie Davidson (1997, 77) behauptet, „das einzige Maß des Mentalen“. Er verzichtet bewusst auf eine epistemologische Untersuchung und versucht stattdessen, das Problem der Autorität der Ersten Person sprachtheoretisch zu lösen (vgl. Davidson 1984, 635). Davidsons Beitrag kann man, mit einem gewissen Abstand betrachtet, in vier Schritten rekonstruieren: Als Erstes grenzt er den Gegenstand seiner Erörterungen erheblich ein, als Zweites weist er eine Voraussetzung zurück, die mit traditionellen Antworten auf Fragen nach der Qualität und der Begründung der Autorität der Ersten Person verbunden ist, als Drittes versucht er dann, die Bedrohung zu entschärfen, die der Autorität der Ersten 5
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Daneben gibt es von ihm eine Fülle von verstreuten Bemerkungen in späteren Artikeln, die aber inhaltlich nicht wesentlich über das in den genannten Aufsätzen Gesagte hinausgehen. Der Unterschied zwischen Sätzen und Äußerungen ist Davidson in diesem Zusammenhang nicht wichtig (vgl. Davidson 1989, 33; 1997, 26).
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Person aus externalistischen Bedeutungstheorien zu erwachsen scheint, und als Viertes präsentiert er schließlich eine eigene Erklärung der Autorität der Ersten Person. Diese vier Schritte werden mir im Folgenden als Leitfaden dienen. 1. Zunächst zur Eingrenzung des Erörterungsgegenstandes. In der Auseinandersetzung mit Humes Konzeption der Autorität der Ersten Person haben wir gesehen, dass es erforderlich zu sein scheint, zwischen verschiedenen Typen psychischer Zustände zu differenzieren und anschließend zu untersuchen, ob es mit Bezug auf die je einzelnen Arten propositionaler oder nicht-propositionaler Zustände eine Autorität der Ersten Person gibt und, wenn ja, worin sie besteht. Wer eine solche Untersuchung gewissenhaft durchführen möchte, sieht sich einem langwierigen und zeitraubenden Projekt gegenüber. Doch statt sich dieser mühsamen Aufgabe zu unterziehen, folgt Davidson lieber dem Vorbild Alexander des Großen und zerschlägt den Gordischen Knoten. Er lässt die nicht-propositionalen Zustände (wie z.B. die Empfindungen) unberücksichtigt und beschäftigt sich stattdessen nur mit propositionalen Einstellungen; bei den propositionalen Einstellungen wiederum setzt er sich ausschließlich mit Überzeugungen (beliefs) auseinander (vgl. Davidson 1984, 636). Für dieses Vorgehen nennt Davidson zwei Gründe. Die Beschränkung auf die Klasse der propositionalen Einstellungen hält er für legitim, da, wie er sagt, das, „[w]as für die propositionalen Einstellungen gilt, […] wie es scheint, auch für Empfindungen und alles übrige relevant sein [sollte]“ (ebd., 636). Dies ist allerdings nicht mehr als eine trockene Versicherung. Es ist sicher nicht evident, dass das, was für propositionale Einstellungen gilt, auch für Empfindungen relevant ist, und meines Wissens hat Davidson nirgendwo versucht, seine These zu belegen. Aber selbst wenn er Recht hätte, stellte sich die Frage, ob die im Zusammenhang mit propositionalen Einstellungen gewonnenen Erkenntnisse nicht nur relevant dafür sind, sondern auch ausreichen, um die mit Empfindungen verknüpfte Autorität der Ersten Person zu erklären. Die zusätzliche Einschränkung seines Untersuchungsgegenstandes allein auf Überzeugungen motiviert Davidson (1984, 636f.) damit, dass seiner Meinung nach „in fast allen, wenn nicht gar in allen Beispielen [für propositionale Einstellungen] die Autorität der Ersten Person wenigstens teilweise auf der Überzeugungskomponente beruht“. Zunächst einmal fragt
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man sich: Bei welchen propositionalen Einstellungen könnte es denn sein, dass die Autorität der Ersten Person nicht zumindest teilweise auf der Überzeugungskomponente beruht? Davidson gibt leider keinen Hinweis auf eine mögliche Antwort, und ich muss gestehen, dass ich auch nicht genau weiß, woran er gedacht haben könnte. Konzentrieren wir uns aber auf diejenigen propositionalen Einstellungen, die eine Überzeugungskomponente beinhalten: Würde in solchen Fällen die Autorität der Ersten Person ausschließlich auf der Überzeugungskomponente beruhen, schiene es mir angemessener zu vertreten, dass wir keine besondere Autorität in Bezug auf z.B. unsere Absichten besitzen, sondern allein in Bezug auf unsere Überzeugungen, hier also in Bezug auf die Überzeugungskomponenten der betreffenden Absichten. Falls die Autorität aber nicht ausschließlich, sondern nur teilweise auf die Überzeugungskomponente der jeweiligen propositionalen Einstellung zurückgeführt werden kann, dann möchte man doch wissen, was denn neben der Überzeugungskomponente zur Autorität der Ersten Person beiträgt. Auch hierzu äußert sich Davidson nicht, doch wenigstens eine partielle Antwort lässt sich meines Erachtens geben. Zumindest manche propositionalen Einstellungen, nämlich z.B. erstaunt, vergnügt, besorgt oder erschrocken darüber sein, dass etwas der Fall ist (vgl. Davidson 1984, 636), scheinen von der Art zu sein, dass sie nicht nur eine Überzeugungs-, sondern auch eine Empfindungskomponente besitzen. Da die Autorität der Ersten Person sich auch auf die eigenen, gegenwärtigen Empfindungen erstreckt, haben wir damit neben der Überzeugungskomponente ein weiteres Element, das in den genannten Fällen zur Autorität der Ersten Person einen Beitrag leisten kann. Es bleibt jedoch nicht nur offen, welchen Beitrag die Empfindungskomponente leisten kann und wie sie ihn leisten kann, sondern auch, ob mit Bezug auf propositionale Einstellungen die Autorität der Ersten Person ausschließlich auf der jeweiligen Überzeugungs- und Empfindungskomponente beruht. Wir können nun Folgendes festhalten: Davidson erörtert einzig und allein die Autorität der Ersten Person in Bezug auf Überzeugungen und hofft, dass sich daraus Rückschlüsse ziehen lassen für ein allgemeines Verständnis dieses Phänomens. Ich halte diese Selbstbeschränkung zwar für vollkommen legitim, doch die Rechtfertigung, welche er für die Eingrenzung seines Erörterungsgegenstandes gibt, überzeugt mich nicht.
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Ein weiterer Punkt verdient es noch, an dieser Stelle erwähnt zu werden: Anders als Descartes und Hume meint Davidson (1984, 637), wenn er von propositionalen Einstellungen spricht und insbesondere von dem, was wir glauben, nicht aktuelle Bewusstseinszustände, sondern wie Ryle „Dispositionen, die sich auf verschiedene Weisen und über eine Zeitspanne hinweg manifestieren“.7 Aus diesem Grunde bestreitet er auch, dass wir unbezweifelbares oder sicheres Wissen von unseren Überzeugungen hätten oder dass unsere Behauptungen über unsere Überzeugungen unwiderlegbar wären. Seiner Ansicht nach besteht die Autorität der Ersten Person in Bezug auf Überzeugungen schlicht darin, dass ein Sprecher sich bei seinen entsprechenden Selbstzuschreibungen in der Regel nicht irrt, dass also die meisten solcher aufrichtigen Selbstzuschreibungen wahr sind. 2. Ich komme nun zum zweiten Schritt in meiner Rekonstruktion, nämlich zu der von Davidson zurückgewiesenen Voraussetzung, die mit traditionellen Antworten auf Fragen nach der Qualität und der Begründung der Autorität der Ersten Person verbunden ist. Der zentrale Punkt von Davidsons Kritik an klassischen Konzeptionen der Autorität der Ersten Person richtet sich gegen das, was er den „Mythos des Subjektiven“ nennt. Wenn wir eine Einstellungszuschreibung wie (6) Paul glaubt, dass der Kohinoor einer der Kronjuwelen ist betrachten, drängt sich eine relationale Interpretation förmlich auf. Danach drückt (6) aus, dass Paul in der Beziehung des Etwas-Glaubens zu einem noch näher zu charakterisierenden Gegenstand steht, der durch den Ausdruck „dass der Kohinoor einer der Kronjuwelen ist“ herausgegriffen wird (Davidson 1989, 22). Bei der fraglichen Entität handelt es sich je nach favorisierter Theorie z.B. um einen Gedanken, eine Proposition oder eine Repräsentation. Solche Entitäten sind, wie Davidson (1987, 676) es ausdrückt, die „urteilsartigen Vettern“ der impressions und ideas, von denen bei Hume die Rede war. Hume hat ein Bild vom Geist als einer Art Theater entworfen, in dem das Selbst (was auch immer das sein mag) beobachtet, wie die verschiedenen Eindrücke und Vorstellungen nacheinander auftreten und wieder abge7
Laut Bernecker (1996, 132, 136) geht es Davidson um „occurrent beliefs“, doch daran ist er nur am Rande interessiert.
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hen. Von dem, was unser Selbst auf der Bühne dieses Theaters zu erkennen vermag, hängt ab, was wir über die äußere Welt wissen (Hume 1973, 327; vgl. Davidson 1987, 676). Ganz analog, so Davidson (ebd.), wird von den Gedanken, Propositionen oder Repräsentationen behauptet, „daß der Geist diese Entitäten ‚aufnehmen‘, ‚fassen‘, ‚vor sich haben‘ oder mit ihnen ‚bekannt‘ sein“ könne. Diese Entitäten seien es auch, welche den Gehalt der propositionalen Einstellung spezifizierten, die Paul in (6) zugeschrieben wird. Die entscheidende Schwierigkeit liege nun aber darin, die Beziehung zu beschreiben, die zwischen einer Person und einem „Objekt vor dem Geist“ bestehen soll, wenn die Person einen Gedanken hat. Das Dilemma, in dem wir uns befinden, sei das folgende: Wenn einen Gedanken zu haben bedeutet, ein Objekt „vor dem Geist“ zu haben, und wenn die Identität des Objekts bestimmt, was der Gedanke ist, dann muß es möglich sein, sich über das, was man denkt, zu irren. Denn wenn man nicht alles über das Objekt weiß, wird es immer einen Sinn geben, in dem man nicht weiß, was für ein Objekt es ist. (Davidson 1987, 679; vgl. 676f.) Andererseits besagt die Autorität der Ersten Person, die Davidson als ein nicht in Zweifel zu ziehendes Faktum voraussetzt, dass wir meistens wissen, was wir denken. Davidson (ebd., 679) schließt daraus, dass es keine Objekte gibt, die sowohl „vor dem Geist“ sind als auch den Inhalt eines Gedankens bestimmen. Das ist für ihn Grund genug, das Dogma aufzugeben, dass einen Gedanken zu haben bedeute, ein Objekt vor dem Geist zu haben (ebd., 678). Davidson (1997, 24) formuliert es pointiert so: „Der einzige Gegenstand, der für das Bestehen einer Überzeugung erforderlich ist, ist jemand, der überzeugt ist.“ Um aber kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Damit wendet er sich nicht zugleich auch gegen das, wie er es nennt, „semantische Bedürfnis nach Gegenständen, durch die sich der Inhalt [einer propositionalen Einstellung] angeben läßt“.8 Er bestreitet keineswegs, dass Sätze wie (6), ja Einstellungszuschreibungen generell „ihrem Wesen nach relational sind“ (Davidson 1987, 678). Das fragliche Relatum ist jedoch kein Gegenstand, 8
Davidson 1989, 25, meine Herv.; vgl. auch 1987, 678.
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der einen „subjektiven Status“ besitzt (Davidson 1989, 25). Es ist vielmehr ein Satz, und zwar derjenige Satz, mit dem man den Inhalt der propositionalen Einstellung angeben kann; in dem Beispiel (6) also „Der Kohinoor ist einer der Kronjuwelen“ (vgl. ebd., 32f.). Welche Überzeugung jemand hat, soll also mit Hilfe eines Satzes spezifiziert werden. Um zu wissen, welche Überzeugung jemand (auch man selbst) hat, muss man den entsprechenden Satz verstehen, und dazu muss man die Bedeutung der in diesem Satz enthaltenen Wörter kennen. Wenn man ohne solche Wesenheiten [also ohne solche Objekte, die „vor dem Geist sind“] auskommt, so heißt das, daß man eine ganze Reihe beunruhigender Probleme wegfegt, anstatt sie zu lösen. Denn wenn es solche Gegenstände gar nicht gibt, können wir weder die Frage aufwerfen, wie sie die Welt darzustellen vermögen, noch können wir uns den Kopf über die Frage zerbrechen, wie es dem Geist gelingt, ihre unmittelbare Bekanntschaft zu machen. (Davidson 1988, 106f.) Mit Letzterem hat Davidson zwar Recht, doch man muss sehen, dass er nicht nur Probleme weggefegt hat, sondern zugleich auch potentielle Erklärungen für die Autorität der Ersten Person. Nach Humes Wahrnehmungsmodell der Introspektion liegt die Autorität der Ersten Person ja gerade darin begründet, dass die jeweiligen Subjekte über einen besonderen, privilegierten Zugang zu ihren gegenwärtigen psychischen Zuständen verfügen. Wenn es aber keine Objekte „vor dem Geist“ gibt, dann gibt es auch nichts, das introspektiv wahrgenommen werden kann, und somit wird diese Erklärung der Autorität der Ersten Person hinfällig. Aus demselben Grund wird auch der alternativen Erklärung, wonach die psychischen Zustände sich ihren Trägern auf eine unverwechselbare Weise selbst präsentieren, die Grundlage entzogen. Es gibt also einen echten Bedarf für eine neue, bessere Erklärung der Autorität der Ersten Person, und die will Davidson liefern. 3. Bevor ich jedoch dazu komme, möchte ich in einem dritten Schritt noch kurz darauf eingehen, wie Davidson versucht, die Bedrohung zu entschärfen, die der Autorität der Ersten Person aus externalistischen Bedeutungstheorien zu erwachsen scheint. Dieser Schritt steht in einem engen Zusammenhang mit dem gerade Gesagten.
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Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Varianten des Externalismus. Doch all den verschiedenen Versionen ist folgende Position gemeinsam: Wenn eine Person etwas denkt oder sagt, hängt das, was sie denkt oder sagt, nicht allein von ihr, genauer: von dem psychischen oder physischen Zustand, in dem sie sich befindet, ab, sondern wenigstens teilweise von etwas, das sich außerhalb der betreffenden Person befindet. Die Bedrohung der Autorität der Ersten Person durch den Externalismus liegt damit auf der Hand:9 Von keinem der genannten externen Faktoren braucht der Sprecher Kenntnis zu haben, und oft fehlt ihm die entsprechende Kenntnis tatsächlich. Doch wenn diese Faktoren bedeutungsbestimmend sind, wenn von ihnen abhängt, was es ist, das wir sagen oder denken, dann scheinen wir oft nicht zu wissen, was wir denken oder sagen. Die Richtigkeit oder Falschheit des Externalismus scheint somit von erheblicher Relevanz für die Frage zu sein, ob es eine Autorität der Ersten Person überhaupt gibt, ob wir es also mit einem realen Phänomen zu tun haben oder ob wir nicht vielmehr seit Jahrhunderten einem kapitalen Irrtum erlegen sind. Diesem Problem angemessen nachzugehen, d.h. Davidsons Reaktion auf die Bedrohung durch den Externalismus im Detail nachzuzeichnen und dabei die von Seiten der Externalisten geäußerte Kritik zu berücksichtigen, würde hier entschieden zu weit führen. Daher werde ich nur versuchen, die für das Verständnis von Davidsons Position wesentlichen Punkte herauszustellen.10 Davidsons Grundauffassung lässt sich kurz und knapp so charakterisieren: Wenn die Autorität der Ersten Person mit dem Externalismus unvereinbar ist, dann um so schlimmer für den Externalismus (vgl. Davidson 1987, 665)! Davidson glaubt allerdings, dass ein wohlverstandener Externalismus mit der Autorität der Ersten Person durchaus vereinbar ist.11 Ein 9
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Davidson (1987, 654) weist darauf hin, dass die Autorität der Ersten Person nicht erst durch den Externalismus bedroht wird, sondern im Prinzip schon durch Russells Konzeption von Propositionen in Zweifel gezogen wurde. Zu einer ausführlicheren Erörterung dieser Frage vgl. z.B. Bernecker 1996. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: „Die Erklärung der Asymmetrie zwischen Zuschreibungen von Einstellungen in der ersten und in anderen Personen, die ich in meinem früheren Aufsatz angeboten hatte, scheint mir durch die neuen Überlegungen oder durch diejenigen von ihnen, die triftig zu sein scheinen, nur bestärkt zu werden.“ (Davidson 1987, 653)
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wohlverstandener Externalismus ist ein bestimmter kausaler Externalismus. Danach kommt die grundlegende Verbindung zwischen Worten oder Gedanken einerseits und Dingen oder Ereignissen in der Welt andererseits durch „kausale Interaktionen zwischen Menschen und Teilen oder Aspekten der Welt“ zustande (Davidson 1987, 669; vgl. 668). Dies ist Davidsons Überzeugung, doch er leugnet nicht, dass es auch einen irreduziblen sozialen Faktor gibt, von dem abhängt, was ein Sprecher mit seinen Worten meinen kann, nämlich „die Bedingung der Erlernbarkeit, [der] Interpretierbarkeit“: Man kann, wie er sagt, „mit seinen Worten nicht etwas meinen […], was nicht korrekt von einem anderen entziffert werden kann“ (ebd., 668). Ob aus einer externalistischen Bedeutungstheorie folgt, dass wir oft gar nicht wissen, was wir denken, hängt laut Davidson (1987, 663) davon ab, „auf welche Weise man sich die Abhängigkeit mentaler Inhalte von externen Faktoren vorstellt“. Man könnte ja auch annehmen, es gebe nur eine eingeschränkte Autorität der Ersten Person, und zwar insoweit, als die Inhalte meines Geistes „auch ohne Einbeziehung externer Faktoren beschrieben oder entdeckt werden können. Insofern die Inhalte [aber] durch externe Faktoren identifiziert werden“ (ebd., 675), verfüge die Erste Person jedoch nicht über eine besondere Autorität – ganz analog dazu, wie ein Hautarzt nur über eine eingeschränkte Kenntnis des Zustandes meiner Haut verfügt, wenn er zwar weiß, dass meine Haut aussieht wie nach einem Sonnenbrand, aber nicht weiß, ob der Zustand meiner Haut wirklich durch die Sonne hervorgerufen worden ist und es sich somit tatsächlich um einen Sonnenbrand handelt. Davidson (1987, 675) zufolge ist diese Analogie zwischen, wie er es nennt, „der begrenzten Sicht des Hautarztes und dem verengten Blick des geistigen Auges“ „fundamental verkehrt“. Seiner Meinung nach besteht der entscheidende Fehler derjenigen, die eine Unvereinbarkeit von bedeutungstheoretischem Externalismus und Autorität der Ersten Person unterstellen, darin, dass sie ein falsches Bild des Geistes haben, nämlich ein Bild, demzufolge einen Gedanken zu haben bedeutet, ein Objekt vor dem Geist zu haben. Dies ist der vorhin erwähnte Mythos des Subjektiven, also genau dasselbe Bild des Geistes, das Davidson (ebd., 675) attackiert, wenn er traditionelle Erklärungen der Autorität der Ersten Person, wie z.B. das Modell der introspektiven Wahrnehmung, zurückweist.
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Wenn wir uns, wie es Davidson empfiehlt, von diesem Bild befreien, scheint das Problem der mutmaßlichen Unvereinbarkeit von Externalismus und Autorität der Ersten Person verschwunden zu sein.12 Wenn nämlich einen Gedanken zu haben nicht bedeutet, ein Objekt vor dem Geist zu haben, dessen Identität entscheidend von externen Faktoren abhängt, dann wird die Autorität der Ersten Person weder dadurch berührt, dass uns oft das entsprechende Wissen in Bezug auf diese externen Faktoren fehlt, noch dadurch, dass wir mit Bezug auf den Erwerb dieses Wissens nicht privilegiert sind. 4. Wie versucht Davidson nun aber, die Autorität der Ersten Person zu erklären? Erinnern wir uns: Traditionellerweise hat man dazu stets die Asymmetrie zwischen der Rechtfertigung für eine Selbstzuschreibung und der Rechtfertigung für eine Fremdzuschreibung betrachtet. Welcher Unterschied besteht zwischen der Rechtfertigung, die ich dafür habe, dass ich glaube, dass p, und der Rechtfertigung, die ein Dritter dafür hat, dass ich glaube, dass p? Ein solches Vorgehen würde uns jedoch, so Davidson (1984, 646), Schwieriges, wenn nicht gar Unmögliches abverlangen, nämlich zu bestimmen, wie eine Fremdzuschreibung einer propositionalen Einstellung so zu formulieren wäre, dass sie denselben Gehalt besitzt wie eine bestimmte Selbstzuschreibung. Davidson schlägt deshalb vor, die Aufmerksamkeit auf eine andere, aber eng verwandte (zweite) Asymmetrie zu richten: Was unterscheidet meine Berechtigung zu der Meinung, dass ich mit der Selbstzuschreibung „Ich glaube, dass p“ etwas Wahres sage, von der Berechtigung eines Dritten zu glauben, dass ich mit der Selbstzuschreibung „Ich glaube, dass p“ etwas Wahres sage? Das Szenario hat sich also geändert: Es geht nicht mehr um zwei Rechtfertigungen, die mit jeweils unterschiedlichen Sätzen verknüpft sind, sondern um zwei Rechtfertigungen, die mit ein und demselben Satz verbunden sind. Es geht nämlich um die Rechtfertigung, die ich dafür habe, dass ich mit z.B. (7) Ich glaube, dass Duisburg am Rhein liegt etwas Wahres sage, und NNs Rechtfertigung dafür, dass ich mit eben diesem Satz (7) etwas Wahres gesagt habe. Der Zusammenhang der beiden 12
Das ist allerdings längst nicht unumstritten; vgl. Bernecker 1996, 131f., 135.
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Asymmetrien wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass NNs Berechtigung zu glauben, dass ich mit der Selbstzuschreibung „Ich glaube, dass Duisburg am Rhein liegt“ etwas Wahres sage, eng mit der Berechtigung verknüpft ist, die er dafür hat, wenn er von mir sagen würde, ich glaubte, dass Duisburg am Rhein liegt (vgl. Davidson 1984, 646). Es liegt nahe, beim Versuch, diese zweite Asymmetrie zu erklären, auf besondere Zugangsmöglichkeiten zu den eigenen Überzeugungen zu verweisen; doch wie wir gesehen haben, kommt für Davidson eine solche Vorgehensweise nicht in Frage. Und jetzt folgt Davidsons entscheidender zweiter Zug: Er glaubt, dass die zu erklärende Asymmetrie zwischen der Berechtigung eines Sprechers, eine Selbstzuschreibung für wahr zu halten, und der Berechtigung eines Hörers, ebenfalls genau diese Selbstzuschreibung für wahr zu halten, auf einer wieder anderen, dritten Asymmetrie beruht, und zwar auf einer Asymmetrie mit Bezug darauf, wie wir verstehen, was wir selbst und andere sagen (Davidson 1993, 249). Diese dritte Asymmetrie hat nichts mehr direkt mit Selbst- oder Fremdzuschreibungen propositionaler Einstellungen zu tun. Von daher ist es gerechtfertigt, dass Davidson sich im Folgenden nicht mit der Äußerung einer Einstellungsselbstzuschreibung wie (7) beschäftigt, sondern mit einer schlichteren Äußerung, nämlich einer, in der zwar keine Einstellung zugeschrieben wird, in der aber eine Einstellung zum Ausdruck kommt. Mein Beispiel dafür ist meine Äußerung (8) Duisburg liegt am Rhein. In einem dritten Schritt macht Davidson nun zwei Annahmen: Sowohl Sprecher als auch Hörer wissen zweierlei, nämlich (a), dass der Sprecher in der betreffenden Situation den von ihm geäußerten Satz für wahr hält, und (b), dass der Sprecher weiß, was sein Satz, so wie er bei der betreffenden Gelegenheit geäußert wurde, bedeutet (Davidson 1984, 647). (Auf das Beispiel übertragen heißt das: NN und ich wissen beide, dass ich in dieser Situation den von mir geäußerten Satz (8) für wahr halte, und wir wissen beide, dass ich weiß, was dieser Satz bei der Gelegenheit seiner Äußerung bedeutet.) Unter den genannten Bedingungen gilt nun, dass ich weiß, was ich glaube, NN es aber möglicherweise nicht weiß. Aber warum weiß ich, was ich glaube? Weil, wie Davidson (1984, 646) erläutert, klarerweise Folgendes gilt: Wer weiß, dass eine Person A
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einen bei einer bestimmten Gelegenheit geäußerten Satz für wahr hält, und weiß, was A mit diesem betreffenden Satz bei dieser bestimmten Gelegenheit meint, der weiß, was A glaubt bzw. welche Überzeugung A ausgedrückt hat.13 Gemäß den Annahmen (a) und (b) weiß ich sowohl, dass ich den gerade geäußerten Satz (8) für wahr halte, als auch, was die in diesem Satz enthaltenen Wörter in meinem Munde bedeuten; also weiß ich auch, was ich glaube bzw. welche Überzeugung ich mit (8) ausgedrückt habe. Ich weiß also unter den gegebenen Bedingungen, was ich glaube, weil ich weiß, was ich mit den von mir gebrauchten Worten meine, doch NN weiß nicht unbedingt, was ich glaube, weil er nicht unbedingt weiß, welche Bedeutung die von mir verwendeten Wörter in meinem Munde haben. Die der Autorität der Ersten Person zugrunde liegende und erklärungsbedürftige Asymmetrie besteht nun mit Bezug auf das, wovon in der Annahme (b) die Rede ist: Es gibt, so Davidson (1984, 647), „eine Präsumtion […], daß Sprecher, aber nicht ihre Interpreten, sich nicht darüber irren, was ihre Worte bedeuten“. Dass es eine solche Präsumtion wirklich gibt, bleibt natürlich erst noch zu zeigen. Zunächst möchte ich jedoch auf einen leicht zu übersehenden Punkt aufmerksam machen. Wenn wir davon sprechen, dass es mit Bezug auf Überzeugungen eine Autorität der Ersten Person gibt, dann meinen wir, dass wir zumindest in der Regel wissen, was wir glauben. Die von Davidson ins Feld geführte Präsumtion besagt nur, dass wir wissen, was wir mit den von uns gebrauchten Worten meinen, also was die jeweils von uns geäußerten Sätze bedeuten. Damit wir wirklich wissen, was wir glauben, muss aber auch gelten, dass wir jeweils wissen, ob wir die von uns geäußerten Sätze für wahr halten. Wir sind geneigt zu sagen: Natürlich wissen wir, ob wir einen von uns geäußerten Satz für wahr halten. Doch warum wissen wir das? Dies verständlich zu machen und zu erläutern, warum auch hier eine Asymmetrie zwischen Erster und Dritter Person besteht, ist ein unverzichtbares Desiderat einer jeden umfassenden Erklärung der Autorität der Ersten Person. Bei Davidson ist dazu jedoch leider nichts zu finden.14 13 14
Vgl. auch schon früher: Davidson 1986, 142, 162, 196. Vgl. zu dieser Kritik ähnlich Thöle 1993, 239, aber auch Davidsons Reaktion (1993, 250).
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Kommen wir jetzt aber zu Davidsons Begründung seiner These, es gäbe eine Präsumtion, dass Sprecher sich nicht darüber irren, was ihre Worte bedeuten. Was nun folgt, kann man – mit einem großen Wort – durchaus als eine Art transzendentaler Deduktion bezeichnen (vgl. Hacker 1997, 290). Davidson (1984, 649) versucht nämlich zu zeigen, dass eben diese Präsumtion sogar unvermeidbar ist, dass sie „in die Natur der Interpretation eingebaut ist“ und somit zu den Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens oder von Kommunikation gehört. Strukturiert lässt sich Davidsons Argumentation so wiedergeben: Die Grundvoraussetzung für Kommunikation besteht darin, dass es einen Sprecher gibt, der von einem Hörer verstanden werden will, und einen Hörer, der einen Sprecher verstehen will. Wenn ein Hörer eine sprachliche Äußerung eines Sprechers verstehen will, muss er sie interpretieren. Dies geschieht insbesondere dadurch, dass er andere Äußerungen des Sprechers in Betracht zieht und auf sein Wissen darüber zurückgreift, zu welchen Gegenständen und Ereignissen in der Welt der Sprecher in einer Kausalrelation steht oder stand. Wenn ein Sprecher verstanden werden will, muss er beabsichtigen, dass seine Äußerung vom Hörer in seinem Sinne interpretiert wird (vgl. Davidson 1987, 668). Um dies zu erreichen, ist das Beste, was der Sprecher tun kann, wie Davidson (1984, 649) sagt, „interpretierbar zu sein, d.h. einen endlichen Vorrat unterscheidbarer Laute [nämlich Worte und Sätze] zu benutzen, die konsistent auf Situationen und Objekte angewendet werden, von denen er glaubt, daß sie für den Hörer offenbar sind“. Wenn ein Sprecher, der verstanden werden will, seine Worte konsistent auf bestimmte Situationen und Objekte anwenden muss, dann muss er wissen, welche Worte er worauf anwendet. Damit ist aber nichts anderes gesagt, als dass er weiß, was seine Worte bedeuten: Die Worte, die ein Sprecher gebraucht, erhalten ihre Bedeutung nämlich gerade dadurch, dass er sie regelmäßig auf bestimmte Gegenstände und Ereignisse anwendet (vgl. Davidson 1987, 680).15 Ein Hörer hat nur dann Grund, eine Äußerung eines Sprechers zu interpretieren, wenn er dem Sprecher unterstellt, dass dieser interpretierbar ist und verstanden werden will. Und diese Unterstel-
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Hier wird der Gedanke nahe gelegt, dass Wissen, was meine Worte bedeuten, möglicherweise so etwas wie ein knowing how ist.
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lung beinhaltet, so haben wir gerade gesehen, dass der Sprecher weiß, was seine Worte bedeuten. – Soweit Davidsons Deduktion.16 Dass der Sprecher sich, was die Bedeutung seiner Worte angeht, generell irrt, ist ausgeschlossen. Ein Sprecher kann seine Worte nicht grundsätzlich falsch verwenden, denn seine Verwendung seiner Worte ist es, die seinen Worten ihre Bedeutung verleiht. „Nichts könnte als Fall zählen, in dem jemand seine eigenen Worte regelmäßig falsch anwendet“, sagt Davidson (1987, 680). Wenn der Sprecher dagegen wirklich immer wüsste, was seine Worte bedeuten, wäre die Autorität der Ersten Person insofern vollkommen. Doch diese starke These will Davidson nicht vertreten. Der Sprecher kann sich zwar über die Bedeutung seiner eigenen Worte irren (vgl. Davidson 1984, 648), doch er muss in der Regel wissen, was er mit seinen Worten meint. Unter welchen Bedingungen aber gilt, dass der Sprecher nicht weiß, was er meint? Dies gilt, so interpretiere ich Davidson (1987, 654), ausschließlich in Fällen von Irrationalität, Inkonsistenz oder Konfusion auf Seiten des Sprechers. In diesen Fällen scheitert der Sprecher nämlich mit seinem Vorhaben, interpretierbar zu sein, und dann „können wir, wenn wir wollen, sagen, daß er nicht weiß, was seine Worte bedeuten“ (Davidson 1984, 649; meine Herv.). Hier ist von Fällen die Rede, in denen der Sprecher nicht interpretierbar ist, in denen also weder der Sprecher noch der Hörer weiß, was der Sprecher mit seinen Worten meint. Davon sind jedoch theoretisch solche Fälle zu unterscheiden, in denen zwar der Sprecher nicht weiß, was er mit seinen Worten meint, in denen er aber durchaus interpretierbar ist und der Hörer weiß, was der Sprecher meint. Solche Fälle gibt es nicht!17
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Diese Argumentation macht deutlich, dass der Externalismus davidsonscher Provinienz nicht nur keine Bedrohung für die Autorität der Ersten Person ist, sondern dass man im Gegenteil mit seiner Hilfe eine Erklärung dieses Phänomens bereitstellen kann (vgl. Davidson 1987, 653). Kann man sich vorstellen, dass eine Person ihre Autorität der Ersten Person verliert? „This might, e.g., happen, if a person after serious damage to his brain shows great uncertainty and makes conflicting self-ascriptions.“ (Thöle 1993, 229, Anm. 48) Unter diesen Umständen wäre die betreffende Person aber wohl nicht mehr interpretierbar, und wir würden ihr kaum noch zuschreiben, wirklich etwas zu sagen.
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Dass der Sprecher in der Regel weiß, was er mit seinen Worten meint, ist genau genommen „die unvermeidbare Präsumtion, die in die Natur der Interpretation eingebaut ist. Und deshalb besteht [auch] die Präsumtion, daß er, wenn er weiß, daß er einen Satz für wahr hält, dann auch weiß, was er glaubt“ (Davidson 1984, 649). – Dies ist die Präsumtion, mit deren Hilfe sich die von Davidson erörterte Asymmetrie erläutern lässt, auf der seiner Meinung nach die Autorität der Ersten Person basiert. Am Ende des ersten Teils hatte ich die dort behandelten Positionen in vier Slogans plakativ zusammengefasst. 1. Descartes: Wenn wir denken, dass wir etwas denken, haben wir damit immer Recht, denn solche Gedanken können nicht falsch sein. 2. Hume: Wir wissen immer im Detail, was wir denken, denn wir besitzen einen privilegierten Zugang zu unseren Gedanken. 3. Ryle: Wir wissen (meistens), was wir denken, denn wir sind so oft mit uns zusammen und kennen uns daher besonders gut. Und 4. Wittgenstein: Wir wissen nicht, was wir denken, aber ebenso wenig sind wir unwissend in Bezug auf das, was wir denken, denn der Ausdruck „wissen“ lässt sich in diesem Kontext nicht sinnvoll gebrauchen. Nun können wir einen fünften Slogan hinzufügen, der die Rekonstruktion von Davidsons Ansatz resümiert: 5. Wir müssen (meistens) wissen, was wir denken, weil wir einander sonst nicht verstehen könnten. (Davidson) Mit seiner Beschränkung auf Überzeugungen hat sich Davidson sicher auf wichtige, vielleicht sogar auf die bedeutsamsten Kandidaten konzentriert, in Bezug auf die eine Autorität der Ersten Person besteht. Wenn man jedoch an der Autorität der Ersten Person als genuinem Problem interessiert ist (und das war Davidson meines Erachtens nie), bleibt es einem kaum erspart, die verschiedenen Arten propositionaler Einstellungen und Empfindungen genauer zu unterscheiden. Wenn Davidson sagt, wir wüssten in der Regel, was wir glauben, dann scheint damit bestenfalls das Minimum der Autorität der Ersten Person formuliert zu sein, und auch Davidson (1984, 636) leugnet ja nicht, dass die Autorität der Ersten Person „in verschiedenen Graden und Arten“ auftritt. Eine solche detaillierte Untersuchung gibt es bislang jedoch nicht. Der Davidsons Auffassung charakterisierende Slogan „Wir müssen (meistens) wissen, was wir denken, weil wir einander sonst nicht verstehen
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könnten“ lässt sich auch aus einer anderen Perspektive formulieren. Dann könnte man sagen: „Wir müssen (meistens) wissen, was wir denken, weil wir ansonsten nicht sprechen könnten“, wobei mit „sprechen“ selbstverständlich nicht ein bloßes Produzieren von Lauten gemeint ist, sondern bedeutungsvolles Sprechen in einer Sprache. Beide Versionen scheinen darauf hinzudeuten, dass Davidson auf die Frage, warum es eine Autorität der Ersten Person gibt, eigentlich nur in einem ganz bestimmten Sinne eine Antwort gibt. Salopp gesagt argumentiert er: Wir brauchen die Autorität der Ersten Person in Bezug auf unsere Überzeugungen; wir können auf sie gar nicht verzichten. Versteht man die Warum-Frage in diesem Sinne, kann man schnell analoge Gründe dafür finden, weshalb es auch in Bezug auf andere propositionale Einstellungen und ganz allgemein auf mentale Zustände eine Autorität der Ersten Person gibt bzw. geben muss: Wir müssen nicht nur (1.) wissen, was wir denken, damit wir überhaupt sprechen können, sondern wir müssen (2.) auch wissen, was wir wünschen, befürchten, hoffen, erwarten, empfinden etc., damit wir rational überlegen und handeln können, und wir müssen (3.) all dies auch wissen, um überhaupt sinnvoll für unser Handeln verantwortlich gemacht werden zu können (vgl. Bilgrami 1999, 217). Sowohl (1.) und (2.) als auch (2.) und (3.) sind eng miteinander verknüpft: Zum einen setzt laut Davidson (1991, 1005) das Verfügen über eine Sprache ein bestimmtes, relativ hohes Maß an Rationalität voraus, und „[e]ine erfolgreiche Interpretation kann gar nicht umhin, dem Interpretierten eine elementare Rationalität zu unterstellen“. Zum anderen kann man jemanden sicher nur dann in einem interessanten Sinne für sein Handeln verantwortlich machen, wenn man ihm wiederum zumindest ein gewisses Maß an Rationalität unterstellen kann. Die Frage „Warum gibt es eine Autorität der Ersten Person?“ erweist sich also als zweideutig: Sie lässt sich verstehen im Sinne von a) Warum bedarf es einer Autorität der Ersten Person bzw. wofür ist sie wichtig? und sie lässt sich verstehen im Sinne von
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Thomas Spitzley b) Woher wissen wir, was unsere Wörter bedeuten, was wir denken, was wir empfinden, bzw. wie kommt es, dass wir dies wissen? (vgl. Smith 1998, 416)
Davidsons Erläuterungen zur Autorität der Ersten Person klingen so, als gehe es ihm mehr darum, wofür diese Autorität wichtig ist, also um a), doch ich glaube, mit dieser Einschätzung würde man ihm nicht gerecht. Wer ein Introspektionsmodell à la Hume für plausibel hält, dem steht als Antwort auf die Frage b) offen zu sagen, wir verfügten eben über eine besonders gute, unfehlbare Wahrnehmung unserer psychischen Zustände. Diese Möglichkeit hat Davidson aus den vorhin geschilderten Gründen nicht zugelassen. Seine (Teil-)Antwort auf die Frage b) besteht letztlich in seinem Hinweis auf eine Asymmetrie der Interpretation von Sätzen oder Äußerungen über mentale Zustände: Zwar muss der Hörer interpretieren, was er hört, aber der Sprecher braucht nicht zu interpretieren, was er sagt.18 Trotz alledem hat Davidsons Erklärung einen etwas schalen Beigeschmack, denn eigentlich wollen wir ja mehr wissen: Warum braucht der Sprecher nicht zu interpretieren, was er sagt? Doch mehr, als dass dies zu den Bedingungen der Möglichkeit von Kommunikation gehört, erfahren wir bei Davidson nicht, und mehr, so würde er behaupten, ist auch nicht zu erfahren. Was die Autorität der Ersten Person angeht, so fallen die Fragen a) (Wozu braucht man sie?) und b) (Woher haben wir sie?) gar nicht auseinander; mit einer Antwort auf Frage a) ist alles gesagt, was man als Antwort auf Frage b) anführen könnte. Davidsons Erklärung der Autorität der Ersten Person ist instrumentalistisch: Es ist nützlich, die Akteure so zu behandeln, als besäßen sie eine besondere Autorität hinsichtlich dessen, was ihre Wörter bedeuten. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil einer explanatorischen Strategie, denn wir kämen weder was Verhaltenserklärung noch was Verhaltensvorhersage angeht auch nur einen Schritt weiter, wenn wir dem anderen unterstellten, er wisse nicht, was er sagt. Darum brauchen wir eine Autorität der Ersten Person, und darum gibt es sie.19
18 19
Vgl. Köhler 1997, 187f.; Röska-Hardy 1997, 154. Für hilfreiche Anmerkungen danke ich Jens Kulenkampff, Mark Siebel und Mark Textor.
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Künnes Kritik an Freges „Tretmühle“ Markus Stepanians (Saarbrücken)
In „Der Gedanke“ skizziert Frege ein berühmt-berüchtigtes Argument, das nicht nur die Unmöglichkeit korrespondenztheoretischer Wahrheitsdefinitionen erweisen soll, sondern die Unmöglichkeit von Wahrheitsdefinitionen überhaupt. Nehmen wir an, so Frege, Wahrheit könnte als Übereinstimmung (in einer bestimmten Hinsicht) einer Vorstellung mit der Wirklichkeit definiert werden: Was müßten wir dann aber tun, um zu entscheiden, daß etwas wahr wäre? Wir müßten untersuchen, ob es wahr wäre, daß – etwa eine Vorstellung und ein Wirkliches – in der festgesetzten Hinsicht übereinstimmten. Und damit ständen wir wieder vor einer Frage derselben Art, und das Spiel könnte von vorn beginnen. So scheitert dieser Versuch, die Wahrheit als eine Übereinstimmung zu erklären. So scheitert aber auch jeder andere Versuch, das Wahrsein zu definieren. Denn in einer Definition gäbe man gewisse Merkmale an. Und bei der Anwendung auf einen besonderen Fall käme es dann immer darauf an, ob es wahr wäre, daß diese Merkmale zuträfen. So drehte man sich im Kreise. Hiernach ist es wahrscheinlich, daß der Inhalt des Wortes „wahr“ ganz einzigartig und undefinierbar ist. (Frege 1918a, 60) Vor mehr als 25 Jahren legte Michael Dummett (1973, 443f.) eine einflussreiche Rekonstruktion dieser Überlegung vor, die dessen weitere Rezeption entscheidend geprägt hat. Seither ist das Argument in der Sekundärliteratur als „Freges Regress“ bekannt. Dummett zufolge wollte Frege zeigen, dass die Anwendung jeder Art von Wahrheitsdefinition unweigerlich einen infiniten Regress auslöst und sich so selbst ad absurdum führt. Aber, so Dummetts abschließendes Verdikt, dieser Versuch einer reductio
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scheitert. Das Argument verfehle sein ambitioniertes Beweisziel. Es gelinge Frege nicht, die Unmöglichkeit von Wahrheitsdefinitionen überhaupt zu erweisen. Ich möchte im Folgenden zunächst plausibel machen, dass Dummetts Rekonstruktion in mancherlei Hinsicht irreführend ist und Freges Argument in ein falsches Licht setzt (Abschnitt 1). Zum einen kommt in „Freges Regress“ gar kein Regress vor; zum anderen versucht Frege keine reductio ad absurdum. Da das Argument aus Freges Sicht die Undefinierbarkeit von „wahr“ nur „wahrscheinlich“ zu machen vermag, hielt er es offenbar nicht einmal für deduktiv zwingend. Das spricht dafür, dass dies nicht die Pointe von Freges Argument ist. Vielmehr scheint er zeigen zu wollen, dass jede Definition des Wahrheitsbegriffs1 aus prinzipiellen Gründen zirkulär ist. Die Ursache dieser Zirkularität ist in Freges Augen die Omnipräsenz des Wahrheitsbegriffs. Sie besteht darin, dass der Sinn von „wahr“ ein konstitutiver Bestandteil aller Gedanken ist. Dieser Zug macht den Wahrheitsbegriff „einzigartig“, aber auch „undefinierbar“. Diese Zirkularität manifestiert sich nach Frege in der epistemischen Unfruchtbarkeit jedweder Versuche, den Wahrheitsbegriff erfolgreich in einfachere Begriffe zu zerlegen. Im Unterschied zu gelungenen Begriffsanalysen („zerlegenden Definitionen“) liefern Kandidaten für Wahrheitsdefinitionen keine unabhängigen Kriterien, die bei der Beantwortung von Wahrheitsfragen weiterhelfen. Das ist das Thema der Abschnitte 2 und 3. Abschnitt 4 formuliert zunächst drei miteinander zusammenhängende Prinzipien, die Freges Argument zugrunde zu liegen scheinen, und geht den Gründen nach, die Frege von ihrer Richtigkeit überzeugt haben. Mit Abschnitt 5 beginnt die Auseinandersetzung mit Wolfgang Künnes Kritik an Freges Argument; und Abschnitt 6 versucht, Freges entscheidendes Omnipräsenzprinzip (Id) gegen Künnes Einwände in Schutz zu nehmen. Abschnitt 7 enthält einen abschließenden Kompromissvorschlag.
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Wenn hier und im Folgenden von „Begriffen“ die Rede ist, sind nicht fregesche Begriffe gemeint, sondern fregesche Sinne. Der Wahrheitsbegriff ist der Sinn des Wortes „wahr“.
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1 Regress? Welcher Regress? Nach Dummett handelt es sich bei Freges Argument um den Versuch einer reductio nach folgendem groben Muster: Der Versuch, eine Wahrheitsdefinition anzuwenden, führt unweigerlich in einen infiniten Regress. Aber eine Definition, die nicht angewendet werden kann, ist absurd. Also: Wahrheit ist undefinierbar. Die für die Rekonstruktion entscheidende Frage ist: Wie kommt es zu diesem Regress? Welche Züge der Definition lösen ihn aus? Offenbar betrifft der entscheidende Punkt in Freges Argument die Anwendung der in der Definition gegebenen Merkmale auf einen besonderen Fall. In Freges eigenen Worten: Denn in einer Definition gäbe man gewisse Merkmale an. Und bei der Anwendung auf einen besonderen Fall käme es dann immer darauf an, ob es wahr wäre, daß diese Merkmale zuträfen. So drehte man sich im Kreise. (Frege 1918a, 60) Nehmen wir an, die Begriffe F, G und H seien die im Definiens einer Wahrheitsdefinition angegebenen Merkmale. Um zu entscheiden, ob ein Gedanke wahr ist, so Frege, müssen wir entscheiden, ob es wahr ist, dass er unter die Begriffe F, G und H fällt. Das ist offenbar richtig. Wo ist das Problem? Dummetts Rekonstruktion zufolge ist es ein Problem, weil mit der Frage nach dem Zutreffen der Merkmale auf einen besonderen Fall ein infiniter Regress ausgelöst wird: [F]or, if the truth of a sentence were to be defined as possessing such-and-such characteristics, we should have, in order to determine whether the sentence was true, to enquire into the truth of the sentence which ascribed those characteristics to the first sentence; and again we should have launched on an infinite regress. (Dummett 1973, 443) Halten wir zunächst fest, dass Dummett in seiner Rekonstruktion des Arguments nicht von der Wahrheit von Gedanken, sondern von der Wahrheit von Sätzen spricht. Um mittels der Definition zu klären, ob ein Satz „p“ wahr ist, so Dummett, müssen wir ihm die Merkmale des Definiens zuschreiben. Damit erhalten wir einen neuen, komplexeren Satz: „‚p‘ ist F, G und H“. Um die Wahrheit dieses zweiten Satzes zu entscheiden, müssen
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wir die Merkmale F, G und H auf ihn anwenden, wodurch wir einen dritten Satz erhalten, etc., pp. ad nauseam. Jeder Versuch der Anwendung des Definiens auf einen Satz führt zur Bildung eines weiteren, komplexeren Satzes und verhindert so, dass überhaupt jemals geurteilt wird. Nach Dummett wird der Regress bei Frege also durch die folgende implizite Annahme ausgelöst: (R) Wenn Wahrsein heißt, die Merkmale F, G und H zu besitzen, dann setzt ein Urteil über die Wahrheit eines Satzes „p“ die Beantwortung der davon verschiedenen Frage voraus, ob ein anderer, komplexerer Satz, nämlich „‚p‘ ist F, G und H“, wahr ist. Nimmt man die entsprechenden Substitutionen vor, kann man sich schnell davon überzeugen, dass (R) in einen infiniten Regress führt. Es scheint also, als sei (R) die entscheidende Prämisse in Freges Argument. Aber das ist aus mehreren Gründen rätselhaft. Zum einen ist unschwer erkennbar, wie Dummett selbst anmerkt, dass (R) absurde Konsequenzen hat. Die Möglichkeit dieses Regresses hat nichts mit der Frage zu tun, ob der Wahrheitsbegriff definierbar ist oder nicht. Er würde zeigen, dass der Wahrheitsbegriff grundsätzlich nicht anwendbar wäre und verworfen werden müsste. Zum anderen ist (R) nicht nur absurd, Frege wäre der erste gewesen, der dies hervorgehoben hätte. Denn für ihn ist der Akt des Erwägens, ob ein Gegenstand unter einen Begriff F fällt, identisch mit dem Akt des Erwägens, ob es wahr ist, dass der Gegenstand unter F fällt. Aus seiner Sicht haben wir hier lediglich verschiedene Beschreibungen desselben mentalen Akts, während (R) davon ausgeht, dass es sich um inhaltlich verschiedene Akte handelt, die unterschiedliche Sätze zum Gegenstand haben. Aber erstens haben beide Sätze nach Frege denselben Sinn, und zweitens werden in seinen Augen streng genommen nicht Sätze auf ihren Wahrheitsgehalt hin befragt, sondern ihr Sinn, der von ihnen ausgedrückte Gedanke. Der ist aber bei „p“ und „Es ist wahr, dass p“ identisch, wie überhaupt alle Sätze, die den Regress ausmachen, denselben Gedanken ausdrücken. Damit ist ebenfalls klar, dass es auf der Ebene des (propositionalen) Denkens und Urteilens keinen Regress gibt, sondern bestenfalls auf der sprachlichen Ebene. Dummetts Regress besteht aus unendlich vielen Sätzen, die jedoch alle denselben Gedanken ausdrücken und dasselbe Urteil kundgeben. Warum aber sollte Frege sich gegen die Möglichkeit von
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Wahrheitsdefinitionen mit einem Regressargument wenden, dessen angeblicher Regress aus seiner Sicht auf einer schlichten Verwechslung der sprachlichen mit der gedanklichen Ebene beruht? 2 Prinzip (D) und die „Tretmühle“ Es gibt also gute Gründe, an Dummetts Rekonstruktion des fregeschen Arguments zu zweifeln. Versuchen wir es besser zu machen. Ein frischer Blick auf die eingangs zitierte Passage aus „Der Gedanke“ bestätigt, so meine ich, dass von (R) dort nirgends die Rede ist. Frege beruft sich weder hier noch anderswo in seinen Schriften auf (R). Seine Bemerkung, dass die Anwendung der Merkmale des Definiens einer Wahrheitsdefinition die Frage aufwirft, ob es wahr sei, dass diese Merkmale zuträfen, enthält keinen Hinweis, dass man, um dieses Urteil fällen zu können, zunächst ein anderes Urteil fällen müsse. Im Gegenteil, wir können davon ausgehen, dass Frege auch hier seiner lebenslangen Überzeugung treu bleibt, dass es sich in beiden Fällen um denselben Urteilsakt handelt. Weit davon entfernt, sich auf (R) zu berufen, unterstellt Frege ein mit (R) unverträgliches Prinzip, nämlich die Identität: (D) Denken (Erwägen, Annehmen, Urteilen, etc.), dass x F ist = Denken (Erwägen, Annehmen, Urteilen, etc.), dass es wahr ist, dass x F ist. Wenn jedoch (D) und nicht (R) die entscheidende Prämisse in Freges Argument ist und (R) für den Regress verantwortlich ist, wird zweifelhaft, ob das Argument überhaupt auf einem Regress beruht. Das Prinzip (D) besagt, dass das Denken des Gedankens, dass x F ist, und das Denken des Gedankens, dass es wahr ist, dass x F ist, und das Denken des Gedankens, dass es wahr ist, dass es wahr ist, dass x F ist, etc. inhaltlich zusammenfallen. Ist (D) richtig, erzeugt vielleicht die Beschreibung dieser Denkakte durch verschiedene, immer komplexere Sätze die Illusion einer parallelen Vielzahl immer komplexerer mentaler Akte und Gedanken. Tatsächlich gibt es jedoch kein unendliches Fortschreiten zu immer neuen Gedanken, die nach Beurteilung verlangen, sondern bestenfalls ein monotones Wiederholen des immer gleichen Gedankens.
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In einem früheren Text illustriert Frege (1969, 146) sein Argument durch das Bild eines „Menschen in einer Tretmühle. Er macht einen Schritt vorwärts und aufwärts; aber die Stufe, auf die er tritt, gibt immer nach, und er sinkt auf den vorigen Stand zurück.“ Es gibt einen subtilen, aber signifikanten Unterschied zwischen Freges Mensch in der Tretmühle und einem Urteilenden, der aufgrund von Dummetts Prinzip (R) per impossibile eine unendliche Abfolge von immer neuen Fragestellungen durchlaufen muss. Dummetts ewiger Läufer ist jemand, der – ähnlich wie Achilles bei seinem Wettlauf mit der Schildkröte – sein Ziel nie erreichen kann, aber er kommt ihm zumindest kontinuierlich näher. Achilles kann die Schildkröte nie einholen, er holt jedoch ständig auf. Demgegenüber wiederholt Freges Mensch in der Tretmühle nur immer und immer wieder seinen ersten Schritt, ohne sich fortzubewegen – genau wie jemand, der sich fragt, ob x F ist, ob es wahr ist, dass x F ist, ob es wahr ist, dass es wahr ist, dass x F ist, usw. Das ist jedoch genau das, was mit Blick auf (D) zu erwarten wäre. Zwar findet der Tretmühlen-Mensch in der eingangs zitierten Passage aus „Der Gedanke“ keine Erwähnung, aber das dort benutzte Bild des Sich-imKreise-Drehens spricht ebenfalls dafür, dass (D) in Freges Argument die Hauptrolle spielt und nicht (R). Beide Vergleiche haben dieselbe Pointe. Wer sich im Kreise dreht, macht – im Unterschied zu Achilles bei seiner Aufholjagd mit der Schildkröte – ebenso wenig Fortschritte wie ein Mensch in einer Tretmühle. Mehr noch, unterstellen wir Letzterem, dass er vorankommen will, dann ist seine Lage sicherlich frustrierend, aber sie hat nichts Widersprüchliches oder sonst wie Absurdes. Auch das spricht gegen die durch Dummetts Rekonstruktion nahe gelegte Idee, dass Freges Argument die Form einer reductio aufweist. Fragen wir uns nun, was diese Metaphern illustrieren sollen. Worin besteht das Ziel, das nicht erreicht werden kann, die Absicht, die notwendigerweise frustriert wird beim Versuch, Wahrheit zu definieren? Gewiss, es geht um eine befriedigende Wahrheitsdefinition – aber wann ist eine Wahrheitsdefinition befriedigend für Frege? Erst wenn wir das wissen, können wir sinnvoll fragen, was bei einer solchen Definition schief gehen kann.
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3 Zirkularität und epistemische Unfruchtbarkeit Machen wir uns zunächst klar, was Frege in diesem Zusammenhang unter einer Definition versteht. Er unterscheidet zwischen „aufbauenden“ und „zerlegenden“ Definitionen (Frege 1969, 227). Aufbauende Definitionen wiesen bislang sinnlosen Zeichen stipulativ einen Sinn zu, während zerlegende Definitionen den Sinn „längst üblicher“ Ausdrücke „durch Zurückführung auf noch Einfacheres“ erklären (ebd., 226, 140). Statt von einer zerlegenden Definition können wir daher auch von einer Begriffsanalyse sprechen. Da es bei einer Wahrheitsdefinition um einen Begriff geht, über den wir schon verfügen, kann es Frege nur um eine zerlegende Definition gehen. Er bestreitet aber die Möglichkeit einer befriedigenden Zerlegung des Wahrheitsbegriffs in einfachere Bestandteile: „Wahrheit ist offenbar etwas so Ursprüngliches und Einfaches, daß eine Zurückführung auf noch Einfacheres nicht möglich ist“ (ebd., 140). Um Freges Gründe zu verstehen, müssen wir uns zunächst über Sinn und Zweck von zerlegenden Definitionen oder Begriffsanalysen für die Wissenschaft verständigen. Für Frege hat alles Tun eines Wissenschaftlers eine epistemische Pointe, insofern es ihm um die Vermehrung menschlichen Wissens geht. Dies geschieht entweder unmittelbar durch Erkennen neuer Wahrheiten oder mittelbar durch Vertiefung und Klärung des schon Erkannten. Zerlegende Definitionen dienen beiden Zielen. Einerseits können sie helfen, uns einen schon erfassten, aber vielleicht noch nebulösen Begriff in allen seinen Teilen klar und distinkt vor Augen zu führen (Frege 1969, 229). Die dadurch erworbene Klarheit durch Offenlegung des Zusammenhangs des Analysandums mit den im Analysans genannten, ebenfalls schon bekannten Begriffen ist zweifellos ein epistemischer Gewinn, auch wenn diese Art der Einsicht nicht selbst schon ein Erkennen von Wahrheiten ist. Andererseits sind zerlegende Definitionen auch von unmittelbarem Nutzen für das Erkennen neuer Wahrheiten. Sie können uns helfen, Fragen zu beantworten, die ohne sie nicht beantwortbar wären. Das ist es, was bei zerlegenden Definitionen schief gehen kann: Sie erweisen sich als misslungen, wenn sie epistemisch enttäuschen. Die Vermutung, die wir im Folgenden prüfen müssen, ist also, dass Wahrheitsdefinitionen aus prinzipiellen, irreparablen Gründen epistemisch unfruchtbar
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sind. Ihre prinzipielle epistemische Unfruchtbarkeit wäre ein Hinweis darauf, dass an der Definition selbst etwas nicht stimmt. Wir müssen also zunächst zwei Fragen beantworten. Erstens: Inwiefern zeigt sich das Gelingen einer Definition an ihrer Fruchtbarkeit im Erkenntnisprozess? Und zweitens: Woran liegt es, dass Wahrheitsdefinitionen epistemisch unfruchtbar sind, und zwar aus grundsätzlichen Gründen? Bei einer Begriffsanalyse im hier relevanten Sinne einer zerlegenden Definition „wird bei einem logischen Gebilde eine logische Zerlegung [vorgenommen], um seine Bestandteile kennenzulernen“ (Frege 1969, 225). Im Idealfall werden wir dadurch in die Lage versetzt, Probleme zu lösen, die wir ohne die Analyse nicht lösen konnten. In Logik und Mathematik, so Frege, kann „eine Wahrheit, die einen zusammengesetzten Ausdruck enthält, […] vielleicht nicht bewiesen werden, solange dieser Bestandteil unzerlegt bleibt; sie kann aber vielleicht bewiesen werden aus Wahrheiten, in denen die durch die Zerlegung erhaltenen Bestandteile vorkommen“ (ebd., 226). Wahrscheinlich denkt Frege hier an seine eigenen Versuche, für arithmetische Begriffe wie natürliche Zahl oder Folgen in einer Reihe zerlegende Definitionen zu geben. Aber prinzipiell gilt das natürlich für alle Wissenschaften. Eine erfolgreiche Zerlegung von Begriffen wie Wissen oder Schlüssigkeit gibt nicht nur vielen Fragen in der Erkenntnistheorie und der Logik einen präzisen Sinn, sie erlaubt es uns auch, in schwierigen Fällen zu entscheiden, ob eine These wirklich Wissen zum Ausdruck bringt oder ein Argument tatsächlich schlüssig ist. Nehmen wir etwa an, Wissen sei gerechtfertigte, wahre Meinung. Die wissenschaftliche Pointe dieser zerlegenden Definition besteht darin, dass wir nun die Frage „Weiß NN, dass p?“ übersetzen können in Fragen nach den im Definiens genannten Merkmalen: „Glaubt NN, dass p?“, „Ist NNs Überzeugung gerechtfertigt?“. Und schließlich: „Ist es wahr, dass p?“ Sind die Antworten bejahend, können wir beweisen, dass NN weiß, dass p, und zwar im Rekurs auf „Wahrheiten, in denen die durch die Zerlegung erhaltenen Bestandteile vorkommen“ (Frege 1969, 226). Wichtig ist dabei natürlich, dass die Wahrheit aller drei Prämissen unabhängig von der Frage entschieden werden kann, ob NN weiß, dass p, denn sonst wäre der Beweis zirkulär. In diesem Kontext ist Freges (1892, 50) dunkle metaphorische Charakterisierung des Urteilens als eines „Fortschreiten[s] von einem Gedan-
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ken zu seinem Wahrheitswert“ ausnahmsweise einmal hilfreich. Sie gestattet uns, den Punkt so zu formulieren: Den einzelnen Merkmalen M1, M2, M3 …, die wir durch Zerlegung eines komplexen Begriffs F gewinnen, korrespondieren verschiedene Stufen der bei diesem „Fortschreiten“ zurückzulegenden epistemischen Strecke von einem Gedanken zu dessen Wahrheitswert. Mit jeder positiv beantworteten Frage nach einem der Merkmale M1, M2, M3 … steigen wir eine Stufe höher auf dem Weg zu einer positiven Beantwortung der Frage nach dem Besitz des Begriffs F. Und selbst wenn wir nicht alle Fragen bezüglich der Merkmale beantworten können, kommen wir doch einer Lösung des Problems mit jedem Schritt näher: Wahrheitswert Ist x M3? Ist x M2? Ist x M1?
Gedanke Das ist das allgemeine Modell für fruchtbare Definitionen. Der Grund dafür, dass es bei Wahrheitsdefinitionen nicht funktioniert, ist Freges Prinzip (D). Nehmen wir an, jemand schlüge vor, den Sinn von „wahr“ in die Begriffe F, G und H zu zerlegen. Wäre diese Analyse korrekt, würde sich die Frage nach der Wahrheit von x in drei davon unabhängige Fragen nach diesen einfacheren begrifflichen Bestandteilen aufspalten: Ist x F? Ist x G? Ist x H? Im Unterschied zu unserem Beispiel mit dem Wissensbegriff erweisen sich jedoch in diesem Fall die drei Fragen als nicht unabhängig von der ursprünglichen Wahrheitsfrage, die sie ersetzen sollten. Denn wie ein Blick auf (D) zeigt, ist die Frage, ob x F ist, inhaltlich identisch mit der Frage, ob es wahr ist, dass x F ist, und dasselbe gilt natürlich für die beiden anderen. Die Frage, ob es wahr ist, dass x F ist, ist eine Wahrheitsfrage, und damit stehen wir „wir wieder vor einer Frage derselben Art, und das Spiel könnte von vorn beginnen“ (Frege 1918a, 60). Es ist, als befänden wir uns in einer Tretmühle. Wir machen einen Schritt vorwärts und auf-
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wärts; aber die Stufe, auf die wir treten, gibt immer nach, und wir sinken auf den vorigen Stand zurück (vgl. Frege 1969, 146): Wahrheitswert Ist x H? Ist x G? Ist x F? (D)
(D)
(D)
Ist es wahr …?
Ist es wahr …?
Ist es wahr …?
Gedanke Dieser Defekt ist prinzipieller Natur, weil er eine direkte Folge des internen Zusammenhangs des Wahrheitsbegriffs mit dem Begriff (propositionalen) Denkens ist, wie er von (D) formuliert wird. Er macht jeden Definitionsversuch versteckt zirkulär. Deshalb erklärt Frege es in der eingangs zitierten Passage aus „Der Gedanke“ für „wahrscheinlich“, dass alle Definitionsversuche an dieser Schwierigkeit scheitern. Eine frühere Fassung desselben Arguments macht klar, dass er dabei an zerlegende Definitionen denkt. Dort lautet seine Konklusion: „Wahrheit ist offenbar etwas so Ursprüngliches und Einfaches, daß eine Zurückführung auf noch Einfacheres nicht möglich ist.“ (Frege 1969, 140) 4 Quellen der Omnipräsenz von wahr Aus Freges Sicht ist der Sinn von „wahr“ für Akte des Gedankenfassens, d.h. für das, was Frege als „Denken“ bezeichnet, konstitutiv. Eben dies ist es, was (D) zum Ausdruck bringt. Wir können „an keinem Dinge eine Eigenschaft erkennen, […] ohne damit zugleich den Gedanken, daß dieses Ding diese Eigenschaft habe, wahr zu finden. So ist mit jeder Eigenschaft eines Dinges eine Eigenschaft eines Gedankens verknüpft, nämlich die der Wahrheit“ (Frege 1918a, 61). (D) verallgemeinert diesen Punkt nur über das Urteilen hinaus für Denkakte überhaupt. Nicht nur wenn wir erkennen, dass etwas eine Eigenschaft habe, sondern sogar schon wenn wir unter
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Urteilsenthaltung bloß denken, dass etwas sie habe, denken wir eo ipso, dass es wahr sei, dass es diese Eigenschaft habe. Betrachten wir diesen internen begrifflichen Zusammenhang näher. Laut (D) sind Akte des Denkens, dass x F ist, identisch mit Akten des Denkens, dass es wahr ist, dass x F ist. Daraus folgt, dass auch die dabei gedachten Gedanken zusammenfallen. Allgemein gilt für Denkinhalte die Identität: (Id) Der Gedanke, dass x F ist = der Gedanke, dass es wahr ist, dass x F ist. Demnach ist der Sinn von „wahr“ notwendiger Bestandteil aller Gedanken, gleichgültig, ob sie wahr, falsch oder wahrheitswertlos sind. Nach wie vor wird Frege von manchen seiner Interpreten als Anhänger der Redundanztheorie der Wahrheit betrachtet, wie sie meist Frank Ramsey zugeschrieben wird. Aber Frege hat nirgends vertreten, dass das Wort „wahr“ in allen Kontexten eliminierbar sei, und es wäre merkwürdig, wenn er ausgerechnet den Kernbegriff seiner Philosophie der Logik für überflüssig gehalten hätte: „Das Eigenartige meiner Auffassung der Logik wird zunächst dadurch kenntlich, daß ich den Inhalt des Wortes ‚wahr‘ an die Spitze stelle“ (Frege 1969, 273). Die Idee, dass das Erfassen des Sinns von „wahr“ konstitutiv ist für propositionales Denken, erscheint mit dieser Spitzenstellung des Wahrheitsbegriffs in Freges Denken besser vereinbar. Ein Blick auf (D) und (Id) lehrt, dass nur der Gebrauch des Wortes „wahr“ (und seiner Synonyme) für den sprachlichen Ausdruck unserer Gedanken überflüssig ist, dessen Sinn aber gleichwohl immer mitgedacht wird. Prinzip (D) handelt von Akten des Gedankenfassens, (Id) von deren Inhalten, d.h. den gefassten Gedanken. Mit ein wenig Mut zur Spekulation können wir noch einen Schritt weitergehen. Betrachten wir noch einmal die oben zitierte Bemerkung Freges, der zufolge wir „an keinem Dinge eine Eigenschaft erkennen können, ohne damit zugleich den Gedanken, daß dieses Ding diese Eigenschaft habe, wahr zu finden“. Frege (1918a, 61) setzt fort: „So ist mit jeder Eigenschaft eines Dinges eine Eigenschaft eines Gedankens verknüpft, nämlich die der Wahrheit.“ Offenbar ist gemeint, dass das faktische F-sein eines Gegenstands mit der Wahrheit des Gedankens verknüpft ist, dass er F ist. Aber auch wenn wir fälschlich meinen, ein Gegenstand sei F, verknüpfen wir mit ihm den (falschen) Gedanken, dass
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es wahr ist, dass er F ist. Überlegungen, die mit Freges Kontextprinzip zusammenhängen, sprechen ferner dafür, dass die Fähigkeit, an eine Eigenschaft zu denken, an die Fähigkeit zum Fassen vollständiger Gedanken gebunden ist. An eine Eigenschaft zu denken, heißt für Frege, sie als auf etwas zutreffend (oder nicht zutreffend) zu denken – ohne dies deshalb notwendig schon zu urteilen. Der Begriff des Zutreffens-auf – englisch: „to be true of “ – entspricht auf der Ebene der Eigenschaften dem Sinn von „wahr“. Demnach kann man nicht an eine Eigenschaft denken, ohne über den Wahrheitsbegriff zu verfügen. Die Fähigkeit, an eine Eigenschaft zu denken, besteht jedoch in der Fähigkeit, einen prädikativen Sinn zu erfassen. Daher gilt: (B) Das Erfassen prädikativer Sinne (hier „Begriffe“ genannt, siehe Fn. 1) erfordert ein Erfassen des Sinns von „wahr“. Wie kommt Frege zu (D), (Id) und (B)? Möglicherweise hängt dies mit einer seiner frühesten und nachhaltigsten Überzeugungen zusammen: mit der schon in der Begriffsschrift von 1879 vertretenen Auffassung, dass Urteilen in der Anerkennung eines Gedankens als wahr besteht. Frege ging es dabei nicht um eine Stipulation, was unter „Urteil“ zu verstehen sei, sondern um eine Erläuterung unseres normalsprachlichen Verständnisses von „Urteil“, d.h. seines Sinns im „Sprachgebrauchs des Lebens“ (1918b, 63, Fn. 4). Er hätte sich auch auf die intuitive Austauschbarkeit von „Glauben“ und „Für-wahr-Halten“ stützen können, auf die er gelegentlich anspielt. Von diesem Verständnis des Urteilens bzw. Glaubens ist es nur ein kleiner Schritt zu (Id) und (D). Denn den Gedanken, dass p, als wahr anzuerkennen, ist offenbar nichts anderes als anzuerkennen, dass es wahr ist, dass p. Ebenso ist für wahr halten, dass p, intuitiv dasselbe wie dafürhalten, dass es wahr ist, dass p. In beiden Fällen dient das Wort „wahr“ in den Formulierungen der linken Hälfte dieser Identitäten der Beschreibung des mentalen Akts bzw. Zustands unabhängig von dessen Inhalt, während es rechts zur Beschreibung des geurteilten bzw. für wahr gehaltenen Inhalts beiträgt. Wenn es sich jedoch bei beiden Hälften der jeweiligen Identitäten nur um alternative Beschreibungen desselben mentalen Akts bzw. Zu-
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stands handelt, dann unterscheiden sich auch die Beschreibungen der Inhalte in beiden Hälften nur stilistisch.2 5 Künnes Kritik I: Mangelnde Reichweite Mit Recht weist Künne darauf hin, dass es der Tretmühle in dieser epistemischen Version an der erforderlichen Reichweite fehlt. Sie lässt sich nicht einmal direkt auf die korrespondenztheoretische Explikation von Wahrheit anwenden, obwohl sie Freges eigenen Worten nach nur eine Verallgemeinerung von deren Widerlegung sein soll. Der Grund dafür ist, dass das Definiens nur dann die für die Tretmühle typische epistemische Anwendung zulässt, wenn es die Form einer Konjunktion hat. Nur in diesem Fall können die aufgezählten Merkmale einzeln aus dem Definiens herausgelöst und zum Gegenstand einer Frage gemacht werden. Eben dies ist aber nicht möglich bei einer Definition wie „Wahrheit ist Übereinstimmung mit der Wirklichkeit“, bei der das Definiens zwar semantisch komplex ist, aber eine Einheit bildet.3 Frege geht hier offenbar von einer leicht vorzunehmenden Verallgemeinerung aus, aber es ist schwer zu sehen, wie das verallgemeinerte Argument aussehen könnte: „It is far from clear how the argument would have to be modified in order to obtain the required scope“ (Künne 2003, 133). Vielleicht hilft hier jedoch Prinzip (B) weiter. Das Definiens einer korrespondenztheoretischen Explikation des Wahrheitsbegriffs besteht zwar nicht aus Merkmalen, aber gleichwohl aus Begriffen. Es enthält den Begriff der Realität und den des Übereinstimmens. Laut Prinzip (B) kann man diese Begriffe nicht erfassen, ohne den Sinn von „wahr“ schon zu kennen. Auch den aus diesen Begriffen geformten komplexen Begriff des Übereinstimmens-mit-der-Realität kann man nicht erfassen, ohne über den 2
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Für eine ausführlichere Analyse dieser Zusammenhänge siehe Stepanians 1998, Kap. 3. Künne (2003, 132) weist darauf hin, dass der konjunktive Charakter von Merkmalen Freges offiziellem Verständnis des Merkmalbegriffs zufolge wesentlich ist. Daher handelt es sich bei den im korrespondenztheoretischen Definiens verknüpften Begriffen genau genommen nicht einmal um Merkmale. In seinem Argument scheint Frege jedoch das komplexe Definiens insgesamt als ein Merkmal zu betrachten.
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Wahrheitsbegriff schon zu verfügen, und zwar unabhängig davon, ob er tatsächlich mit dem Sinn von „wahr“ zusammenfällt, wie die Korrespondenztheoretiker behaupten. Frege suggeriert, dass jede Anwendung einer Definition ein Verständnis des Wahrheitsbegriffs schon voraussetzt. Wie mir scheint, gilt dies in seinen Augen schon für deren schlichtes Verständnis. Dieses Verständnis besteht, gleichgültig, ob die Zerlegung gelungen ist oder nicht, im Fassen eines vollständigen Gedankens. Freges Prinzipien implizieren, dass schon diese Fähigkeit ein Erfassen des Wahrheitsbegriffs erfordert. Wäre dies richtig, hätten wir hier die von Künne mit Recht angemahnte Verallgemeinerung von Freges Argument. Freilich, all diese Überlegungen stehen und fallen mit Freges Prinzipien (D), (Id) und (B), und nach Künne fallen sie. Um ihre Falschheit zu erweisen, genügt die Widerlegung von (Id). In diesem Widerlegungsversuch besteht Künnes Hauptargument. 6 Künnes Kritik II: Die Falschheit von (Id) In Abschnitt 4 haben wir gesehen, dass möglicherweise die Suggestivität der Erläuterung des Glaubens als eines Für-wahr-Haltens und der entsprechenden Erklärung des Urteilens als eines Als-wahr-Anerkennens Frege das Prinzip (Id) so selbstverständlich erscheinen ließ, dass er es nie ernsthaft in Frage stellte. In merkwürdigem Kontrast zu Freges diesbezüglicher Gewissheit steht die breite Ablehnungsfront, auf die Freges Erklärung des Urteilens bei Philosophen stieß, die ihm ansonsten philosophisch recht nahe standen. Wie Künne (2003, 48ff.) zeigt, glaubten weder Bolzano noch Russell an (Id). Dasselbe gilt für Husserl, den Künne merkwürdigerweise in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, und andere Phänomenologen. In Phänomenologenkreisen scheint dabei die Intuition ausschlaggebend gewesen zu sein, dass Satzpaare der Form „p“ und „Es ist wahr, dass p“ unterschiedliche Subjekte und Prädikate haben. Jedenfalls beruhen auf dieser Überzeugung Husserls Einwände gegen (Id) (vgl. hierzu Stepanians 1998, Kap. 12.3). Eine relative klare Formulierung dieser Intuition findet sich bei dem Pfänder-Schüler Max Beck. Gegen dessen These, dass das Urteil „Homer war blind“ das Urteil „Dass Homer blind war, ist wahr“ impliziert, er-
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wägt Beck den folgenden Einwand, allerdings nur um ihn sogleich zurückzuweisen: Nun könnte man einwenden, es handle sich hier gar nicht um die Implikation eines Gedankens in einem andern, sondern bloß um eine sprachlich verschiedene Ausdrucksweise eines und desselben Gedankens. Demgegenüber beachte man doch aber, daß in beiden Fällen ganz verschiedene Sachverhalte gemeint sind, daß beide Male Subjekt und Prädikat andere sind. Im angeführten Beispiel ist Subjekt das eine Mal „Homer“, das andere Mal „Daß Homer blind war“. Unzweifelhaft sind es also zwei Gedanken, von denen der eine im andern notwendig mitgegeben ist, wiewohl er nicht aktuell mitgedacht werden muß. (Beck 1916, 30f.) Auch Künne (2003, 51) findet (Id) „hard to swallow“, wenn nicht gar „utterly implausible“ (1997, 237). Den Husserl/Beck-Einwand hält er jedoch aus zwei Gründen für nicht überzeugend. Erstens komme es durchaus vor, dass die Anwendung einstelliger Junktoren auf Sätze keine Änderung des Subjekts (oder des Prädikats) bewirkt. Künne verweist auf den Negationsoperator als Beispiel. Da auch das Wahrheitsprädikat als ein einstelliger Junktor aufgefasst werden könne, sei nicht auszuschließen, dass es sich hier ähnlich verhält (Künne 2003, 47). Dieses Argument ist ganz in Freges Sinne. Erstens ist der Ausdruck, der dem deutschen Wort „wahr“ in Freges Symbolsprache am nächsten kommt (ohne allerdings mit ihm synonym zu sein), tatsächlich ein einstelliger Junktor, der wie eine doppelte Negation funktioniert: der „Waagerechte“ wie Frege ihn in den Grundgesetzen der Arithmetik erklärt (Bd. I, § 5). Er kann gelesen werden als „ist identisch mit dem Wahren“. Wie mit Blick auf (Id) zu erwarten ist, bildet er nicht nur einen notwendigen Bestandteil dessen, was Frege in § 32 der Grundgesetze „Begriffsschriftsatz“ nennt, sondern aller Gedankenausdrücke in Freges Symbolsprache, auch der eingebetteten. Ebenso wenig wie der normalsprachliche Wahrheitsoperator ändert auch die Anwendung des Waagerechten auf einen Gedankenausdruck den Sinn des dadurch entstehenden Gesamtausdruckes. Zweitens wendet Künne (2003, 47) ein, dass Subjektverschiedenheit für Inhaltsverschiedenheit nicht hinreichend sei. Er nennt das Satzpaar „He is of unknown origin“ / „His origin is unknown“ und fragt: „[D]o these
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sentences not have the same content in spite of having different subjects?“ Auch diese These würde Freges Beifall finden, der ja bekanntlich von der Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat nicht viel hielt. Künne hätte sich auch auf Freges berühmtes Beispiel aus § 3 der Begriffsschrift – „Bei Plataeae wurden die Perser von den Griechen besiegt“ / „Bei Plataeae siegten die Griechen über die Perser“ – berufen können. Dennoch lehnt Künne (Id) ab, und er begründet dies mit einer ganzen Batterie von Argumenten, die ich im Folgenden häppchenweise kommentieren werde. Künne beginnt mit einer rhetorischen Frage: I find this doctrine [i.e. (Id)] hard to swallow. Isn’t it possible to entertain the thought that it is raining without exercising one’s mastery of the concept of truth? (When we say that the cat, or the baby, has noticed that it is raining, do we presuppose that the cat, or the baby, has mastered the concept of truth?) (Künne 2003, 51) Die rhetorische Eingangsfrage ist zunächst nicht mehr als eine Formulierung der Anti-These zu (Id). Wenn „to excercise one’s mastery of the concept of truth“ in Freges Deutsch mit „den Sinn von ‚wahr‘ erfassen“ übersetzt werden darf, dann ist genau das nicht möglich. Auch das nachgeschobene Beispiel wird einen Anhänger von (Id) nicht bekehren. Wenn wir gewillt sind, von dem Baby oder der Katze zu sagen, dass es/sie den Gedanken fassen kann, den wir mit „Es regnet“ ausdrücken, dann schreiben wir beiden die kognitive Fähigkeit zu, einen Gedanken zu fassen, der den Sinn des Prädikats „regnet“ enthält. Wenn die Katze oder das Baby das kann, dann weiß sie/es auch, was es für dieses Prädikat heißt, auf etwas zuzutreffen (englisch: „to be true of“). Wenn sie zu diesen immerhin recht anspruchsvollen kognitiven Leistungen in der Lage sind, warum sollten sie dann nicht auch den Sinn von „wahr“ erfassen? Offenbar hält auch Künne diese Überlegung nicht für schlagend, denn er fügt ihr unmittelbar eine weitere hinzu: Young children can certainly understand lots of sentences without understanding the word ‘true’ or any synonym thereof. We can, and we often do, I think, explain to children what ‘true’ means by giving them instructions such as: ‘If you say, “It is raining”, and it is raining, then what you say is true. But if you say, “It is rain-
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ing”, and it isn’t raining, then what you say is not true. Or if you say, “It is snowing”, and it is snowing, then what you say is true. But if you say, “It is snowing”, and it isn’t snowing, then what you say is not true. Got it?’ To understand such an explanation, the child must of course already understand sentences such as ‘It is raining’ and ‘It is snowing’. Whether the child has ‘got it’ will become manifest in her or his future use of ‘true’. […] Do we have to assume that in such lessons the child only acquires a word to express a concept which is already in his or her repertoire? (Künne 2003, 51) Wie Künne klar sieht, impliziert (Id) nicht, dass ein Denkender den Ausdruck „wahr“ oder irgendeines seiner Synonyme versteht. (Id) besagt nur, dass ein Denkender den Sinn dieser Wörter implizit erfasst – ohne dass er deshalb schon wissen müsste, ob es Wörter gibt, die ihn ausdrücken, und falls ja, welche das sind. Insofern kann ein Anhänger von (Id) Künnes einleitender Bemerkung zustimmen – allerdings wird er auch nicht zögern, Künnes abschließende Frage mit Ja zu beantworten. Aus Freges Sicht lernt das Kind, wenn die Lektion erfolgreich war, tatsächlich nur ein Wort mit einem Begriff zu verknüpfen, über den es implizit schon verfügt. Ist das wirklich so abwegig, wie Künne mit seiner ungläubigen Frage suggeriert? Erneut ließe sich anführen, dass das Kind ex hypothesi immerhin in der Lage ist, Gedanken zu fassen. Dafür muss es zumindest wissen, was es für eine Eigenschaft heißt, auf etwas zuzutreffen. Mehr noch, es erscheint plausibel anzunehmen,4 dass die Fähigkeit, einen Gedanken unter Urteilsenthaltung bloß zu denken, anspruchsvoller ist als die Fähigkeit zur Urteilsfällung. Es kann keine Wesen geben, die Gedanken bloß zu fassen in der Lage sind, aber nicht urteilen können. Wenn dem so ist, geht die Fähigkeit zum bloßen Gedankenfassen mit der Fähigkeit zur Urteilsfällung einher. Setzt das nicht voraus, dass man den Unterschied zwischen wahr und falsch (nicht-wahr) schon kennt? Frege (1892, 48) war jedenfalls dieser Auffassung, und sie klingt nicht unplausibel: „Diese beiden Gegenstände [das Wahre und das Falsche] werden von jedem, wenn auch nur stillschweigend, anerkannt, der überhaupt urteilt.“ 4
Mir jedenfalls; siehe Stepanians 1998, Kap. 6, These 9; Kap. 12.4.
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Künne legt dem Verteidiger von (Id) an dieser Stelle ein Argument in den Mund, das gewissermaßen die sprachliche Seite dieser These betrifft, d.h. die Kundgabe von Urteilen in Form von Behauptungen. Es stützt sich auf die Auffassung, dass nicht nur (stille) Urteile, sondern auch Behauptungen notwendigerweise „auf Wahrheit zielen“. Künne hält diese Konzeption des Behauptens für verfehlt: The ‘say’ in such lessons [i.e. ‘If you say, “It is raining”, and it is raining, then what you say is true …’] seems to amount to the same thing as ‘assertorically utter’. So one might argue: ‘As a person who makes assertions, you must be aware that you are expected to aim at truth. So you cannot make assertions if you lack the concept of truth.’ But is the premiss of this argument really correct? Can a child not recognize her obligation as an asserter by coming to realize that she is expected to assert something only if she is justified in doing so? (After all, the injunction to make only true assertions cannot call for acts that are not already called for by the injunction to make only warranted assertions.) Of course, this reply needs to be supported by an argument to the effect that one can have the concept of justification without yet having the concept of truth. (Künne 2003, 51f.) Wenn die Fähigkeit zu urteilen ein (zumindest implizites) Erfassen des Wahrheitsbegriffs voraussetzt, dann gilt dasselbe für das sprachliche Gegenstück dieser Fähigkeit, das Behaupten. Wenn demgegenüber gezeigt werden könnte, dass ein Erfassen des Wahrheitsbegriffs für kompetentes Behaupten nicht notwendig ist, dann wohl auch nicht für kompetentes Urteilen. Dann aber gäbe es Urteile, die (Id) falsifizieren. Damit gelangen wir zu Künnes Hauptargument gegen (Id). Es hat zwei Prämissen. Die erste besagt, dass die Erfüllung eines weniger anspruchsvollen Standards als „die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ für kompetentes Behaupten hinreicht. Wir müssen dafür nicht notwendigerweise „auf Wahrheit zielen“. Es genüge, so Künne, wenn unsere Behauptungen begründet seien: (1) Auch wer nach der schwächeren Regel verfährt, dass nur begründete Gedanken behauptet werden dürfen, erfasst den Begriff des Behauptens. Um (Id) zu widerlegen, muss Künne jedoch darüber hinaus zeigen, dass der Begriff des Begründens nicht selbst ein Er-
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fassen des Wahrheitsbegriffs voraussetzt. Daher lautet Künnes zweite Prämisse: (2) Der Begriff des Begründens ist unabhängig vom Wahrheitsbegriff. Wie überzeugend ist dieses Argument? Betrachten wir zunächst Prämisse (1). Künne stützt sie mit der These, dass es für die Praxis des Behauptens zwischen beiden Regeln keinen Unterschied gebe. Auch wer sich der starken Regel „Behaupte nur Wahres!“ verpflichtet sieht, kann schließlich für deren Erfüllung nicht mehr tun, als sich um möglichst gut begründete Behauptungen zu bemühen. Dennoch ist zu beachten, dass sich beide Regeln durch den mit ihnen jeweils verknüpften Begriff eines Fehlers unterscheiden. Gemäß der starken Regel ist eine Behauptung genau dann fehlerhaft, wenn sie nicht wahr ist; gemäß der schwachen genau dann, wenn der Behauptende über keine guten Gründe verfügt. Demnach sanktioniert die starke Regel mitunter Behauptungen, die gemäß der schwachen unzulässig sind, und umgekehrt. Ein Beispiel für den ersten Fall: Es kommt vor, dass einer Kandidatin in einem Ratespiel die krönende 1.000.000-€-Frage gestellt wird, sie aber keine Ahnung hat. Sie verfügt weder über gute Gründe für eine bejahende noch für eine verneinende Antwort. Gemäß der schwachen Behauptungsregel wäre daher sowohl ein Ja als auch ein Nein ein Regelverstoß und ein Fehler. Einfach nur Raten ist gemäß der schwachen Regel keine zulässige Option. Die starke Regel hingegen würde auch in dieser Situation eine Behauptung gutheißen, sofern sie sich nur als richtig erwiese, d.h. ein wahrer Gedanke als wahr anerkannt würde. Betrachten wir die zweite Prämisse. „Is having at least an implicit conception of truth a necessary condition for having the concept of justification?“ (Künne 2003, 405) Künne (ebd., 451f.) verneint diese Frage und betrachtet dies als endgültige Widerlegung von (Id) und damit auch von Freges Tretmühle. Aber auch hier gibt es Anlass zum Zweifeln. Kann man wirklich verstehen, was einen Grund zu einem „guten“ macht, ohne den Wert zu kennen, auf den „gut“ implizit anspielt? Das Wort „gut“ verweist auf einen Standard, den ein Grund mehr oder weniger erfüllen kann. Bemisst sich die Güte eines Grundes nicht daran, inwieweit er uns hilft „das Wahre“ zu treffen, wie Frege sagen würde? Frege denkt hierbei vor allem an den starken, anspruchsvollen Rechtfertigungsbegriff des Wissenschaftlers. Allerdings mag man sich fragen, ob nicht auch ein weniger strenger Rechtfertigungsbegriff akzeptabel wäre. Ist
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es nicht sogar so, dass in unserer Alltagspraxis des Rechtfertigens oft laxere Standards zur Anwendung kommen? Künne suggeriert, dass ein Kind, das Freges Standard nicht genügt, weil es nicht über den Wahrheitsbegriff verfügt, gleichwohl das Sprachspiel des Behauptens beherrschen kann. Dafür, so Künne (2003, 52), würde nämlich schon ein schwächerer Rechtfertigungsbegriff hinreichen: „Can a child not recognize her obligation as an asserter by coming to realize that she is expected to assert something only if she is justified in doing so?“ Schließlich mussten auch wir Freges anspruchsvollen Begriff erst erwerben. Mit Blick auf diesen Lernprozess kann man davon ausgehen, dass dem vollen Erfassen eines so anspruchsvollen Begriffs andere, vergleichsweise primitivere Stadien vorhergingen, in denen wir gewissermaßen über einen Proto-Begriff des Rechtfertigens verfügten. Denkbar wäre z.B. eine Phase, in der Kinder einen Satz schon dann mit allen Anzeichen behauptender Kraft äußern, wenn ihnen so ist, als sei es so, wie der Satz sagt. Ein Kind könnte sich gerechtfertigt fühlen zu sagen, der Himmel sei rosa, wenn es durch eine rosa Brille blickt, und nicht zu einer Korrektur dieser Behauptung bereit sein, wenn es die Brille abnimmt. Freilich wird es jetzt sagen, der Himmel sei blau, aber es würde darin keinen Widerspruch zu seiner früheren Äußerung sehen. Handelt es sich bei diesem „Sagen“ um ein Behaupten in Freges anspruchsvollem Sinne? Wohl kaum. Aber sind solche Äußerungen nicht gleichwohl Behauptungen, obwohl ihre Autoren noch nicht alle Feinheiten des richtigen Behauptens beherrschen? „[E]ven if they are not yet as ‘sophisticated’ as we have managed to become in the fullness of time“ (Künne 2003, 452)? 7 Ein Vorschlag zur Güte Die Frage ist vielleicht vergleichbar mit der, ob Kinder wirklich Schach spielen, wenn sie zwar die Zugregeln für die Figuren beherrschen, aber nicht wissen, dass es darum geht, den Gegner matt zu setzen. Spielen sie Schach, wenn sie z.B. „Räuberschach“ spielen? Man wird sich schnell einigen können, dass sie zumindest eine Vorform des Schachspiels praktizieren und damit viele, wenn auch nicht alle Fähigkeiten unter Beweis stellen, derer es zum „richtigen“ Schachspielen bedarf. Sie ziehen richtig, aber mit den falschen Intentionen, weil sie nicht auf ein Matt aus sind. Sie spielen,
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wenn man so will, eine Form von „Proto-Schach“. Ähnlich verhält es sich in frühen Phasen des Erlernens des Behauptens. Frege würde sagen: Solange die Äußernden nicht darauf aus sind, die Wahrheit zu sagen, praktizieren sie nicht „unsere“ Begriffe des Behauptens und Rechtfertigens, sondern ihnen ähnliche Proto-Begriffe. Freilich, solange die Kinder nicht über den Wahrheitsbegriff verfügen, steht aus Freges Sicht all ihr Tun unter diesem Vorbehalt: Sie haben nur Proto-Begriffe, erfassen nur Proto-Gedanken, fällen nur Proto-Urteile und stellen nur Proto-Behauptungen auf. Vielleicht können diese Überlegungen Grundlage eines Kompromisses zwischen Künnes Auffassung und der Freges sein. Künnes Argumente zeigen nicht, wie mir scheint, dass „der“ Begriff der Rechtfertigung vom Wahrheitsbegriff unabhängig ist. Jedenfalls nicht, wenn damit der wissenschaftliche Rechtfertigungsbegriff gemeint ist, wie er in weniger strikter Form auch unsere Alltagsbehauptungen weitgehend prägt. Dennoch muss auch dieser Begriff erst erworben werden, und bei seiner Genese steht es uns frei, Vorformen anzuerkennen, die dem Endprodukt hinreichend ähnlich sind, um als rudimentäre Rechtfertigungsbegriffe zu gelten (Ähnlich wie Räuberschach eine rudimentäre Version von Schach ist.) Es mag also durchaus legitim sein, einen Rechtfertigungsbegriff anzuerkennen, der vom Wahrheitsbegriff unabhängig ist. Freilich impliziert die Anerkennung eines solchen schwachen Rechtfertigungsbegriffs und eines entsprechend schwachen Begriffs des Urteilens und Behauptens nicht, dass Freges Prinzip (Id) falsch ist. Ich habe plausibel zu machen versucht, dass diese These, obwohl sie auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, zäher ist, als Künne einzuräumen bereit ist. Wir müssen jedoch auch bedenken, dass ein Verwerfen von (Id) ebenfalls nicht frei ist von kontraintuitiven Implikationen. Wie wir sahen (Abschnitt 4), liegen die Wurzeln von Freges Überzeugung von der Richtigkeit dieses Prinzips wahrscheinlich in der intuitiven Austauschbarkeit von „Glauben“ und „Für-wahr-Halten“, von „Urteilen“ und „Anerkennen als wahr“. Die Liste derer, die eine Austauschbarkeit des letzten Paares bestreiten, ist lang und distinguiert, während das erste Paar meines Wissens selten in diese Kritik einbezogen wurde. Zweifellos hat Künne (2003, 452) jedoch recht, wenn er hierin eine Inkonsequenz sieht: „[S]houldn’t we refrain from claiming that ‘to believe a proposition is to believe it to be true’?“ Ich finde diese Empfehlung mindestens ebenso schwer zu schlucken wie Freges (Id).
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Literatur Beck, M. 1916: Inwiefern können in einem Urteil andere Urteile impliziert sein?, Leipzig. Dummett, M. 1973: Frege: The Philosophy of Language, London. Frege, G. 1892: „Über Sinn und Bedeutung“, in: Funktion, Begriff, Bedeutung, hrsg. v. G. Patzig, Göttingen 1962, 40-65. Frege, G. 1918a: „Der Gedanke“, in: Logische Untersuchungen, hrsg. v. G. Patzig, Göttingen 1966, 30-53. Frege, G. 1918b: „Die Verneinung“, in: Logische Untersuchungen, hrsg. v. G. Patzig, Göttingen 1966, 54-71. Frege, G. 1969: Nachgelassene Schriften, hrsg. v. H. Hermes et al., Hamburg. Künne, W. 1997: „Propositions in Bolzano and Frege“, in: Grazer Philosophische Studien 53, 203-240. Künne, W. 2003: Conceptions of Truth, Oxford. Stepanians, M. 1998: Frege und Husserl über Urteilen und Denken, Paderborn.
Intra-sententielle Deixis und die logische Form von Handlungssätzen Ralf Stoecker (Bielefeld)
Als ich Anfang der achtziger Jahre Philosophiestudent in Hamburg war, veranstaltete die Fachschaft des Philosophischen Seminars eine Podiumsdiskussion über das Für und Wider der analytischen Philosophie. Der Vertreter der kritischen Seite vertrat dabei unter anderem die Ansicht, dass sich analytische Philosophen notorisch abseitigen und jedenfalls gesellschaftlich irrelevanten Fragestellungen widmen würden. Zur Illustration diente ihm der Auftakt eines Essays von Donald Davidson, „The Logical Form of Action Sentences“, der in der Tat mit einer seltsamen Geschichte beginnt: John schmiert sich einen Toast, langsam, vorsätzlich, im Badezimmer, mit einem Messer, um Mitternacht. Trotzdem war der Vorwurf der Abseitigkeit natürlich unbegründet. Was Davidson interessierte, waren nicht spleenige Essgewohnheiten, er wollte vielmehr an dem beliebig ausgedachten Beispielsatz die logische Form dieses und anderer Handlungssätze enthüllen. Erreicht hat Davidson dieses Ziel allerdings nicht, und zwar aus drei Gründen.1 Erstens hat er selbst sein ursprüngliches Anliegen schnell wieder zurückgeschraubt und geht in dem Artikel auf die logische Rolle einiger Ausdrücke gar nicht oder nur andeutungsweise ein. Zweitens ist das Ergebnis, zu dem er dann gelangt, auch abgesehen von diesen Beschränkungen mit ernsthaften Problemen konfrontiert. Und drittens legt David-
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Das gilt auch nach den Ergänzungen und Modifikationen, die Davidson vor allem in „Adverbs of Action“ (1985a) vorgenommen hat.
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sons Vorschlag ihn auf ein Verständnis menschlichen Handelns fest, das letztlich aus externen, handlungstheoretischen Gründen unplausibel ist. Mein Ziel in dem folgenden Beitrag ist es, ausgehend von diesen drei Problemen eine Alternative zu Davidsons Vorschlag zu skizzieren, eine Alternative, die – und damit komme ich auf meine autobiographische Anekdote zurück – gerade auf Überlegungen desjenigen Hamburger Philosophen aufbaut, der damals in der Podiumsdiskussion den Proponentenpart gespielt und die Sache der analytischen Philosophie verfochten hat, Wolfgang Künne. ∗∗∗ Die logische Form eines Satzes zu bestimmen, ist bei Davidson Teil seines umfassenderen sprachphilosophischen Projekts.2 Davidson versteht unter der logischen Form eines Satzes einen anderen Satz, der mindestens zwei Bedingungen erfüllt: Erstens ist er unter genau denselben Bedingungen wahr wie der Ursprungssatz, und zweitens lassen sich seine Wahrheitsbedingungen aus einer Wahrheitsdefinition für diese Sprache logisch herleiten. In diesem Sinn legt die logische Form die logische Struktur eines Satzes offen. Sie macht deutlich, wie sich der Wahrheitswert des ganzen Satzes aus seinen Bestandteilen ergibt, und sie begründet logische (im Unterschied zu analytischen) Implikationsbeziehungen zwischen Sätzen. Wie die logische Form eines Satzes aussehen kann, hängt davon ab, welche Form eine Wahrheitsdefinition für die betreffende Sprache hat. Davidson ist davon überzeugt, dass eine Wahrheitsdefinition für natürliche Sprachen (also z.B. das Deutsche oder Englische) so aussehen könnte wie Alfred Tarskis Definition des Wahrheitsprädikats für den Klassenkalkül, so dass die logischen Formen aller Sätze wohlgeformt im Sinne der Prädikatenlogik erster Stufe wären. Diese Annahme ist mit Bezug auf manche Sätze zunächst wenig einleuchtend (z.B. Fragesätze, Befehle, indirekte Rede), scheint aber für die Form von Handlungssätzen kein besonderes Problem aufzuwerfen. Der Satz: 2
Davidsons ausführlichste und aufschlussreichste Erläuterung dessen, was er unter „logische Form“ versteht, findet sich in Davidson 1968, 94f. (vgl. auch 1967a, 31f.; 1967b, 105f.).
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(1) John schmiert sich einen Toast. sieht nicht problematischer aus als: (2) John besitzt einen Toast. der die folgende logische Form hat: (3) (∃x) (x ist John & x besitzt einen Toast) Die Frage ist also, wieso man nicht auch (1) die folgende Form zuweisen sollte: (4) (∃x) (x ist John & x schmiert sich einen Toast)3 Ich werde am Ende dafür eintreten, dass man dem ersten Anschein trauen sollte und dass (4) tatsächlich die Form von (1) ist. Zunächst hat Davidson aber gute Gründe, die dagegen sprechen. Wenn (4) die Form von (1) ist, dann, so scheint es, muss auch der nächste Satz: (5) John schmiert sich einen Toast im Badezimmer. die folgende logische Form haben: (6) (∃x, y) (x ist John & y ist das Badezimmer & x schmiert sich einen Toast in y) Doch das kann nicht stimmen. Wäre (6) die logische Form von (5), dann wäre der Schluss von (5) auf (1), also davon, dass John sich den Toast im Badezimmer schmiert, darauf, dass er ihn sich überhaupt schmiert, kein logischer Schluss, was er aber ganz offensichtlich ist. Wichtiger noch als diese inferentielle Sprödheit ist ein zweiter Einwand, der ebenfalls dagegen spricht, dass (6) die logische Form von (5) ist. Man kann (1) nicht nur zu (5) ergänzen, sondern beliebig um weitere attributive Bestimmungen erweitern, z.B. um Angaben des Zeitpunkts, des
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Um die Formulierungen nicht unnötig kompliziert zu machen, werde ich den Ausdruck „schmiert sich einen Toast“ stets als unstrukturiert behandeln (was er natürlich nicht ist). Dasselbe gilt auch für analoge Prädikate wie z.B. „besitzt einen Toast“.
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Werkzeugs, des Empfängers, usw.4 (Davidsons Ausgangssatz illustriert das ja exzessiv.) Würde dieser Umstand aber dazu führen, dass in den logischen Formen dieser Sätze immer komplexere Prädikate auftauchten (also nicht nur „schmiert sich einen Toast“ und „schmiert sich einen Toast in …“, sondern auch „schmiert sich einen Toast um …“, „schmiert sich einen Toast mit …“, „schmiert sich einen Toast für …“, usw.), dann wäre man gezwungen, in der Wahrheitstheorie für all diese Prädikate separate Erfüllungsbedingungen anzugeben. Davidsons Vorhaben, Sprachverstehen als Beherrschung einer Wahrheitstheorie mit einem handhabbaren Lexikon elementarer Prädikate zu erläutern, wäre damit gescheitert. Deshalb kann (6) nicht die logische Form von (5) sein. Davidsons Alternative besteht bekanntlich darin, die in den Sätzen jeweils hinzukommenden Attribute als eigenständige Eigenschaftszuschreibungen zu behandeln, und zwar als Eigenschaftszuschreibungen an Handlungen. Kurz, (5) muss als Quantifikation über Handlungen formalisiert werden, von denen zunächst gesagt wird, worin sie bestehen, und dann, wo sie stattfinden. Der Satz hat also die Form: (7) (∃x, y, z) (x ist John & y ist ein sich einen Toast Schmieren & y ist eine Handlung von x & z ist das Badezimmer & y geschieht in z) Nun kann man auch weiteren attributiven Ergänzungen Rechnung tragen. So hat der Satz: (8) John schmiert sich um Mitternacht im Badezimmer einen Toast. die Form: (9) (∃x, y, z, t) (x ist John & y ist ein sich einen Toast Schmieren & y ist eine Handlung von x & z ist das Badezimmer & y geschieht in z & t ist Mitternacht & y geschieht zum Zeitpunkt t) Satz (9) macht deutlich, dass aus (8) (5) logisch folgt; Davidsons Vorschlag erfüllt also die Bedingung, die logischen Verknüpfungen aufzudecken anstatt die Wahrheitstheorie mit elementaren Prädikaten zu verstop4
Diese Feststellung geht auf Anthony Kenny (1963, 156ff.) zurück, der sie als die „variable polyadicity“ von Handlungen bezeichnet.
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fen. Und natürlich kann man nun auch dem Schluss von (5) auf (1) gerecht werden. Wenn in (5) von einer Handlung die Rede ist, dann auch in Satz (1); er wird also nicht Form (4) haben, sondern: (10) (∃x, y) (x ist John & y ist ein sich einen Toast Schmieren & y ist eine Handlung von x) Kurz, Handlungssätze quantifizieren nicht bloß über Handelnde, sondern auch (selbst wenn sich dies nur selten in der Oberflächengrammatik der Handlungssätze zeigt) über deren Handlungen. Das ist Davidsons bekannter und viel diskutierter Vorschlag für die logische Form von Handlungssätzen. ∗∗∗ Davidsons Vorschlag löst das Problem, attributive Ergänzungen wie die Ortsbestimmungen in die logische Form der Handlungssätze zu integrieren, hat aber auch eine Reihe von Schwächen, sowohl interne als auch externe. Ich beginne zunächst mit den externen Problemen, um im nächsten Abschnitt auf die internen Schwierigkeiten einzugehen, aus denen sich dann der Lösungsvorschlag unmittelbar ergeben wird. Davidson betont immer wieder, dass die logische Form der Sätze Rückschlüsse auf die Bestandteile der Welt zulässt.5 Wenn Sätze genau dann wahr sind, wenn bestimmte Existenzaussagen wahr sind, dann lässt sich aus der Wahrheit von Sätzen darauf schließen, dass es bestimmte Entitäten gibt, während Rückschlüsse auf die Existenz anderer Entitäten unzulässig sind. Dass diese vermeintliche Trivialität philosophisch höchst brisant sein kann, zeigt sich beispielsweise, wenn man Davidson darin folgt, dass die logische Form von Sätzen wie „Kurt glaubt, dass die Erde rund ist“ keine Existenzquantifikation über psychische Einstellungen umfasst. Sollte die Annahme, es gäbe Meinungen, Wünsche und andere so genannte propositionale Einstellungen, nicht durch alltägliche Sätze wie „Kurt glaubt, dass die Erde rund ist“ gedeckt sein, dann ist sie wahrscheinlich überhaupt nicht gedeckt, und alle Spekulationen in der Philosophie des Geistes, ob propositionale Einstellungen mit Gehirnzuständen identisch 5
Der programmatische Aufsatz zu dieser These ist Davidson 1977.
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und ob sie Ursachen von Handlungen sein könnten oder nicht, werden müßig (vgl. hierzu Stoecker 2003). Die ontologischen Konsequenzen von Davidsons Vorschlag für die logische Form von Handlungssätzen sind zunächst weit weniger spektakulär und passen zudem sehr gut zu Davidsons eigener Handlungstheorie. Da Satz (1) nach Davidson die logische Form (10) hat, ist er nur wahr, wenn es außer John noch etwas gibt, nämlich ein einen Toast Schmieren. Satz (1) birgt also zwei ontologische Annahmen, die Existenz einer Person und die einer Handlung. Allerdings sind solche Existenzannahmen nach Davidsons eigenem Verständnis wiederum an bestimmte ontologische Minimalanforderungen geknüpft. Was es gibt, so Davidson im Anschluss an Quine, darüber muss man sinnvolle Identitätsurteile fällen können, und das setzt wiederum voraus, dass es Individuationsbedingungen für diese Entitäten gibt. Wenn es also Handlungen gibt, dann müssen sie auch individuierbar sein. Davidson sieht darin kein Problem, weil aus seiner Sicht Handlungen Ereignisse sind, die durch ihren raumzeitlichen Ort individuiert werden.6 Also sind für ihn auch Handlungen raumzeitliche Entitäten. Die These, dass Handlungen identisch sind, wenn sie in Raum und Zeit übereinstimmen, hat in den siebziger Jahren zu der Debatte über „grobkörnige“ und „feinkörnige“ Handlungskonzeptionen geführt. Wichtig für die Frage der logischen Form von Handlungssätzen ist aber weniger diese Differenz als vielmehr das generelle Problem, den Gegenstand aller Handlungssätze als individuierbare Entität in die Ontologie aufzunehmen. Handlungssätze berichten nicht nur von aktivem Tun, sondern auch davon, was wir geschehen lassen und unterlassen: (11) Paul hat Petra nichts von seinem Lottogewinn erzählt. (12) Martha hat Max gestern Abend in seinem Zimmer warten lassen. Was haben Paul und Martha getan? Paul hat Petra nichts von seinem Gewinn erzählt, Martha hat Max warten lassen. Es fällt schwer, hier nicht von Handlungen zu reden. Etwas absichtlich geschehen zu lassen oder zu unterlassen, kann klug oder unklug sein, leichtsinnig oder vorsichtig, folgen6
Vgl. Davidson 1985b und Stoecker 1992, Kap. 14.
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reich oder folgenlos, richtig oder falsch, absichtlich oder versehentlich. Insofern haben Unterlassen und Geschehenlassen viele Eigenschaften, die uns an Handlungen wichtig sind. Sie lassen sich aber nicht (oder nur schlecht) raumzeitlich lokalisieren. Wann hat Paul Petra nichts von dem Gewinn erzählt? Allenfalls könnte man antworten: Nie – aber bedeutet dies, dass seine Handlung immer stattfand (oder vielleicht nur seitdem er gewonnen hat)?! Wo hat Martha Max warten lassen? Max war in seinem Zimmer, doch Martha war ganz woanders. Fand ihre Handlung, Max warten zu lassen, also dort statt, wo sie war, oder dort, wo Max war?! Beides klingt falsch. Die Beispiele illustrieren nicht nur, wie unplausibel es ist, alle Handlungen als raumzeitlich individuierte Ereignisse aufzufassen, sie ziehen generell die Annahme in Zweifel, Geschehenlassen oder Unterlassen als Hervorbringen von etwas, nämlich einer Handlung, aufzufassen. Wenn man behauptet, jemand unterlasse etwas, dann sagt man, scheint es, dass etwas nicht geschieht, nicht aber, dass etwas geschieht (eine Handlung des Unterlassens). Nach Davidsons Vorschlag für die logische Form steht man nun aber vor der unangenehmen Alternative, entweder daran festzuhalten, dass auch mit Sätzen wie (11) und (12) behauptet wird, dass etwas stattfindet, eine Handlung des Unterlassens/Geschenlassens, oder zu bestreiten, dass man handelt, wenn man etwas geschehen lässt bzw. unterlässt. ∗∗∗ Neben diesem externen Nachteil hat Davidsons Vorschlag für die logische Form von Handlungssätzen auch interne Schwächen. Was ich darunter verstehe, wird schon deutlich, wenn man die anderen attributiven Ergänzungen in Davidsons Badezimmer-Satz betrachtet. Eine Ergänzung, die Davidson selbst für unproblematisch hält, betrifft das Mittel der Handlung, also hier das Messer. Ein Satz wie: (13) John schmiert sich mit einem Messer einen Toast. hat für Davidson die Form: (14) (∃x, y, z) (x ist John & y ist ein sich einen Toast Schmieren & z ist ein Messer & y ist eine Handlung von x & y geschieht mit z)
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Doch diese Annahme, dass sich die Art und Weise, wie die Handlung durchgeführt wird, als Eigenschaft eines Handlungsereignisses auffassen lässt, ist nicht unproblematisch; sie kann, wie das folgende analoge Beispiel zeigt, zu offenkundig falschen Schlussfolgerungen führen. Betrachten wir die beiden Sätze (15) und (16). Analog zu (13) und (14) müsste man den Satz: (15) Bill erschießt den Sheriff mit einer Winchester. so formalisieren: (16) (∃x, y, z) (x ist Bill & y ist ein den Sheriff Erschießen & z ist eine Winchester & y ist eine Handlung von x & y geschieht mit z) Wenn man nun aber mit Davidson annimmt, dass die Handlung, den Sheriff zu erschießen, identisch ist mit der Handlung, den Abzug des Gewehrs zu drücken, dann folgt aus (16): (17) (∃x, y, z) (x ist Bill & y ist ein den Gewehrabzug Drücken & z ist eine Winchester & y ist eine Handlung von x & y geschieht mit z), was wiederum die Form des folgenden Satzes ist: (18) Bill drückt den Gewehrabzug mit einer Winchester. Und das ist natürlich falsch. Also kann (16) nicht die Form von (15) sein, und damit ist es zumindest sehr zweifelhaft, dass Davidson das Messer so einfach in die Form seines Badezimmersatzes aufnehmen kann wie den Ort und die Zeit.7 Die beiden restlichen Attribute, die Absichtlichkeit und Langsamkeit des Schmierens, hat Davidson gar nicht erst versucht, auf diese Weise zu integrieren. Das liegt daran, dass man nach Davidsons Handlungsverständnis von ein und derselben Handlung sowohl sagen kann, sie sei absichtlich, wie auch, sie sei unabsichtlich, sie sei langsam, wie auch, sie sei schnell. Wenn John dadurch, dass er den Toast schmiert, seine neue Freundin verprellt, die nichts für Vielfraße übrig hat, und damit sein Leben ruiniert,
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Dieser Einwand stammt von Maria Alvarez (1999).
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weil die Freundin das große Glück seines Lebens gewesen wäre, dann hat John sich zwar absichtlich einen Toast geschmiert, aber unabsichtlich seine Freundin verprellt, und er hat den Toast zwar langsam geschmiert, sein Leben aber im Handumdrehen ruiniert. Also können die Absichtlichkeit und Langsamkeit keine Eigenschaften seiner Handlung sein. Dieses Beispiel allein zeigt das allerdings noch nicht, man könnte es stattdessen auch zum Anlass nehmen, Handlungen feiner zu differenzieren und beispielsweise das Schmieren des Toasts für eine andere Handlung halten als die, die Freundin zu verprellen. Dagegen spricht aber (abgesehen von den Problemen, mit denen eine solche feinkörnige Handlungsindividuation für sich gesehen konfrontiert wäre), dass es auch unter den Attributen, die sich auf Gegenstände und Personen beziehen, ein paralleles Phänomen gibt wie bei „langsam“ und „absichtlich“, ohne dass man auf die Idee käme, Gegenstände und Personen feinkörnig zu individuieren. Ein hochgewachsener Twen kann ein kleiner Basketballprofi sein, eine teure Schokolade ein billiges Hochzeitsgeschenk, usw. Das zeigt nicht, dass der Twen in mehrere Personen zerfällt, sondern nur, dass diese Attribute auf besondere Weise funktionieren, dass sie nämlich nicht einfach Eigenschaften dieser Menschen oder Dinge ausdrücken, sondern Eigenschaften, die ihre Träger in einer bestimmten Hinsicht haben. Ähnliches gilt nun auch für „absichtlich“ und „langsam“. Johns Handlung war als Schmieren absichtlich, nicht aber als ein Vergraulen der Freundin, sie war für ein Schmieren langsam, aber für einen Akt, sich selbst ins Unglück zu stürzen, schnell. Die Hinsichtsrelativität dieser Attributionen verbietet, sie logisch ebenso zu behandeln, wie Davidson es für die hinsichtsneutralen Lokalisationen „im Badezimmer“ und „um Mitternacht“ vorschlägt. ∗∗∗ Wie aber lässt sich Davidsons Vorschlag angesichts dieser externen und internen Schwächen modifizieren? Der entscheidende Hinweis findet sich in seinem Umgang mit verschiedenen Bereichen der Sprache, die von vornherein gar nicht zu seiner Annahme zu passen scheinen, alle Sätze hätten eine prädikatenlogische Form (indirekte Rede, intentionalistische Zuschreibungen, nichtassertorische Modi, Zitate, etc.). Die Methode, die Da-
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vidson dabei verwendet, die „parataktische Analyse“, besteht darin, den widerspenstigen Satz als bestehend aus mehreren Sätzen anzusehen, die nicht logisch verknüpft sind, sondern nur „parataktisch“ aufeinander folgen, wobei dann der eine Satz ein demonstratives Element enthält, das sich auf den anderen Satz bezieht.8 So liest Davidson beispielsweise den Satz: (19) Galileo sagte, dass sich die Erde bewegt. als: (20) Galileo sagte Folgendes. Die Erde bewegt sich. Die parataktische Analyse verbindet zwei interpretative Ideen; erstens die Annahme, dass manche Sätze ihrer logischen Form nach aus mehreren logisch unverbundenen Teilsätzen bestehen, und zweitens die Einsicht, dass Sätze deiktische Elemente enthalten können, die auf sprachliche Ausdrücke hinweisen. Die Unterscheidung dieser beiden Elemente der parataktischen Analyse erweist sich als wichtig, wenn man jetzt versucht, wie Davidson dies mehrmals andeutet, auch Absichtszuschreibungen parataktisch zu verstehen. Am nächsten liegt es dann, z.B.: (21) John schmiert sich absichtlich einen Toast. zu lesen als: (22) Folgendes tut John absichtlich. John schmiert sich einen Toast. Dabei hätte der erste Satz einfach die Form: (23) Das Folgende tut John absichtlich. während der zweite Satz seine gewöhnliche Form beibehält. Doch das ist noch kein befriedigender Vorschlag, denn er lässt zwar zu, dass John den Toast absichtlich schmiert, ohne absichtlich seine Freundin zu vergraulen, aber dafür ist nicht mehr zu erkennen, wieso man daraus, dass John den Toast absichtlich geschmiert hat, darauf schließen darf, dass er ihn überhaupt geschmiert hat – dabei ist das offenkundig ein gülti-
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Vgl. die Artikel in Davidson 1984, Teil 2.
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ger Schluss. Es kann also nicht sein, dass (21) logisch gesehen aus zwei unverbundenen Sätzen besteht. Woran man aber trotzdem festhalten kann, ist das andere Element der parataktischen Analyse, die Annahme eines deiktischen Satzteils. Man muss nur hinzufügen, dass dieses nicht auf einen weiteren, parataktisch anhängenden Satz, sondern auf einen anderen Teil des gleichen Satzes zeigt. Diese Idee einer intra-sententiellen gegenüber der bei Davidson häufigen inter-sententiellen Ostension stammt, wie angekündigt, von Wolfgang Künne (1991, 1992), der sie in zwei Artikeln entwickelt und auf die hier diskutierten Probleme angewendet hat. Ich habe seinen Vorschlag allerdings freizügig modifiziert. Nach diesem modifizierten Künne-Vorschlag sollte man (21) nicht so wie in (22) lesen, sondern folgendermaßen: (24) John schmiert sich einen Toast, und dies tut John absichtlich. Dann ist klar, weshalb daraus, dass John sich absichtlich einen Toast schmiert, folgt, dass er ihn sich schmiert. (Aus einer Konjunktion folgt jedes Konjunkt.) Und zugleich bleibt der Schluss darauf, dass John absichtlich die Freundin vergrault, versperrt, denn ersetzt man im ersten Satzteil die Handlungsbeschreibung, dann ändert sich das, worauf die Ostension hinweist, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der zweite Halbsatz trotzdem wahr bleibt. Dass Lesart (24) beide Desiderate erfüllt, spricht also dafür, Absichtszuschreibungen so zu lesen, dass sie ein Element intra-sententieller Ostension enthalten. Auch der Hinsichtsrelativität des zweiten Problemattributs, „langsam“, kann man durch eine intra-sententielle Ostension Rechnung tragen. Den Satz (25): (25) John schmiert sich langsam einen Toast. sollte man folgendermaßen lesen: (26) John schmiert sich einen Toast, und dies tut John langsam. Abermals ist der Schluss darauf, dass sich John einen Toast schmiert, zulässig, der Schluss darauf, dass er sich langsam sein Leben ruiniert, dagegen nicht.
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Wenn sich aber die Probleme mit der Absichtlichkeit und Langsamkeit auf dem Wege intra-sententieller Deixis lösen lassen, stellt sich die Frage, ob sich dieses Verfahren nicht auch auf die widerspenstigen Zuschreibungen des Handlungsmittels übertragen ließe. Die Antwort ist positiv. Den Satz (15), dass Bill den Sheriff mit einer Winchester erschießt, kann man so lesen: (27) Bill erschießt den Sheriff, und dies tut Bill mit einer Winchester. Und somit ist der Schluss, dass er mit der Winchester den Abzug betätigt, versperrt. Allerdings muss man dann auch den Satz (13), dass John sich mit dem Messer einen Toast schmiert, entsprechend lesen: (28) John schmiert sich ein Brot, und dies tut John mit einem Messer. Damit wird aber deutlich, wie weitreichend die Konsequenzen dieser Vorgehensweise für Davidsons ursprünglichen Vorschlag sind. Für Davidson sind attributive Ergänzungen im Normalfall Zuschreibungen von Eigenschaften an eine Handlung, auch wenn es Ausnahmen („absichtlich“, „langsam“) gibt. Doch nun kippt das Bild, und nicht die Absichtlichkeit und Langsamkeit sind Ausnahmen, sondern (wenn überhaupt) die raumzeitliche Lokalisation („um Mitternacht“, „im Badezimmer“). Bestenfalls hier ist es plausibel, Attribute als Bezeichnungen für die Eigenschaften einer Handlung anzusehen, in allen anderen Fällen greift nur das Verfahren der intra-sententiellen Ostension. Doch selbst dieser Eindruck trügt. Gerade solche Beispiele wie das Schießen und Töten lassen sich gut dazu verwenden, um zu zeigen, wie schwer es manchmal fällt, Handlungen raumzeitlich zu lokalisieren.9 Wenn der Sheriff von Bill angeschossen wird, im Fallen aber noch dazu kommt, seinerseits Bill eine Kugel ins Herz zu schießen, bevor er zu Boden sinkt und stirbt, dann ist es weder plausibel zu sagen, der Sheriff habe Bill getötet, nachdem, noch, er habe Bill getötet, bevor dieser ihn getötet hat. Das
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Derartige Beispiele bilden in der Handlungstheorie gewöhnlich den Ausgangspunkt für das so genannte Time-of-a-killing-Problem. Davidson hat dazu explizit mehrmals Stellung bezogen, insbesondere in Davidson 1985a. Sein eigener Lösungsvorschlag für dieses Problem scheint mir aber nicht ausreichend zu sein (vgl. meine Diskussion in Stoecker 1993 und Davidsons Erwiderung in Davidson 1993).
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zeigt, dass es durchaus Vorzüge hätte, wenn man nicht darauf bestehen müsste, dass Handlungen raumzeitliche Eigenschaften haben. Also schlage ich vor, das Verfahren, das sich bei der Absichtlichkeit und Langsamkeit bewährt hat, auf alle attributiven Bestimmungen in Handlungssätzen anzuwenden. Damit werden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Prädikaten („absichtlich“, „um Mitternacht“, „mit dem Messer“) von der Ebene der logischen Form auf die der Bedeutung verschoben, wo sie m.E. hingehören. Und vor allem kommt der erste Eindruck wieder zu seinem Recht, dass ein einfacher Handlungssatz wie (1), dass sich John einen Toast schmiert, aus logischer Sicht auch nicht komplizierter ist als Sätze wie der, dass John einen Toast besitzt. Beide reden von John und von seinem Toast – und nicht von irgendwelchen weiteren verborgenen Referenzobjekten. Der ursprüngliche Vorschlag für die logische Form von (1): (4) (∃x) (x ist John & x schmiert sich einen Toast) ist deshalb m.E. auch der richtige. ∗∗∗ Gegeben dieses Verständnis der logischen Form von (1), lässt sich nun auch das Problem der Sätze wie (11) und (12) lösen, in denen davon die Rede ist, dass jemand etwas unterlässt oder geschehen lässt. Der Satz: (11) Paul hat Petra nichts von seinem Lottogewinn erzählt. hat dann die nahe liegende Form: (29) (∃x, y) (x ist Paul & y ist Petra & ¬(x hat y vom Lottogewinn erzählt)) Es ist nur von Paul und Petra (und dem Lottogewinn) die Rede, ohne dass man auf die Existenz von Unterlassungen, negativer Ereignisse o.Ä. schließen müsste. Trotzdem kann man dem Umstand Rechnung tragen, dass beispielsweise Paul seinen Gewinn absichtlich verschwiegen hat: (30) Paul hat Petra nichts von seinem Lottogewinn erzählt, und dies hat Paul absichtlich getan.
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würde in logischer Schreibweise zu: (31) (∃x, y) (x ist Paul & y ist Petra & ¬(x hat y vom Lottogewinn erzählt) & dies hat x absichtlich getan) Aber nicht nur ohne die Existenz von Unterlassungen kommt man aus. Ganz generell gilt, dass die logische Form von Handlungssätzen keinen Grund mehr liefert, Davidsons spezielles Handlungsverständnis zu teilen. Im Gegenteil, wenn nicht einmal in (1) von einer Handlung die Rede ist, dann steht die ontologische Vermutung, dass es überhaupt so etwas wie Handlungen gibt, auf wackeligen Füßen. Davidsons eigenes Verfahren, die Method of Truth in Metaphysics, der zufolge die Sprachinterpretation den Königsweg zur Ontologie bildet, legt vielmehr den Schluss nahe, dass es Handlungen in Wirklichkeit gar nicht gibt. Trotzdem sind Handlungssätze natürlich häufig wahr. Es stimmt, dass sich John einen Toast schmiert und Bill den Sheriff erschießt. Nur sind diese Sätze nicht wahr, weil es Entitäten gibt, die die Handlungen der Handelnden sind, sondern weil die Handelnden in einer besonderen Beziehung zu bestimmten Sachverhalten stehen: John dazu, dass Butter auf seinem Toast ist, und Bill dazu, dass der Sheriff tot ist.10 Und die Passagen in den Sätzen, die beispielsweise über Zeit, Mittel, Absichtlichkeit reden, machen ergänzende Angaben über diese Beziehungen, wie zum Beispiel in dem Satz, mit dem ich meinen Beitrag begonnen habe: ( ∃x) (x ist John & x schmiert sich einen Toast & dies tut x langsam & dies tut x absichtlich & ( ∃y) (y ist das Badezimmer & dies tut x in y) & ( ∃z) (z ist ein Messer & dies tut x mit z) & dies tut x um Mitternacht)11
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Ich habe an anderer Stelle dafür plädiert, diese handlungskonstitutiven Beziehungen als explanatorische Beziehungen anzusehen. Die Überlegungen zur logischen Form von Handlungssätzen passen insgesamt sehr gut zu den handlungstheoretischen Gründen, die gegen die Existenz von Handlungen und für ein relationales Verständnis des Handelns sprechen (vgl. Stoecker 1993, 1997, 1998, 2001). Mit einer früheren Version dieses Beitrags habe ich mich am Wittgenstein-Symposium 1999 beteiligt. Ich danke Maria Alvarez, Jens Kulenkampff, Mark Siebel und Mark Textor für ihre hilfreiche Kritik.
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Literatur Alvarez, M. 1999: „Actions and Events: Some Semantical Considerations“, in: Ratio 12, 213-239. Davidson, D. 1967a: „Truth and Meaning“, in: Davidson 1984, 17-36. Davidson, D. 1967b: „The Logical Form of Action Sentences“, in: Essays on Actions and Events, Oxford 1980, 105-121. Davidson, D. 1968: „On Saying That“, in: Davidson 1984, 93-108. Davidson, D. 1977: „The Method of Truth in Metaphysics“, in: Davidson 1984, 199214. Davidson, D. 1984: Inquiries into Truth and Interpretation, Oxford. Davidson, D. 1985a: „Adverbs of Action“, in: B. Vermazen & M. B. Hintikka (Hrsg.), Essays on Davidson: Actions and Events, Oxford, 230-241. Davidson, D. 1985b: „Reply to Quine on Events“, in: E. LePore & B. McLaughlin (Hrsg.), Actions and Events, Oxford 1985, 172-176. Davidson, D. 1993: „Reply to Ralf Stoecker“, in: R. Stoecker (Hrsg.), Reflecting Davidson, Berlin & New York, 287-290 Kenny, A. 1963: Action, Emotion, and Will, London. Künne, W. 1991: „Handlungs- und andere Ereignissätze. Davidsons Frage nach ihrer ‚logischen Form‘“, in: Grazer Philosophische Studien 39, 27-49. Künne, W. 1992: „Truth, Meaning and Logical Form“, in: R. Stoecker (Hrsg.), Reflecting Davidson, Berlin & New York, 1-20. Stoecker, R. 1992: Was sind Ereignisse?, Berlin & New York. Stoecker, R. 1993: „Actions, Reasons, and Their Relationship“, in: R. Stoecker (Hrsg.), Reflecting Davidson, Berlin & New York, 265-286. Stoecker, R. 1997: „Handlung und Verantwortung – Mackie’s rule put straight“, in: G. Meggle & J. Nida-Rümelin (Hrsg.), Analyomen 2, Bd. 3, Berlin, 357-364. Stoecker, R. 1998: „Tun und Lassen – Überlegungen zur Ontologie menschlichen Handelns“, in: Erkenntnis 48, 395-413. Stoecker, R. 2001: „Agents in Action“, in: Grazer Philosophische Studien 61, 21-42. Stoecker, R. 2003: „First Person Authority and the Merits of Minimal Monism“, in: A. Baechli & K. Petrus (Hrsg.), Monism, Frankfurt/M. & New York, 235-253.
Fiktionale Rede Christian Beyer (Erfurt)
1 Einleitung und Problemexposition In der sprachanalytischen Philosophie wird die Funktionsweise verschiedener Aspekte unseres alltäglichen und wissenschaftlichen Diskurses untersucht, um philosophische Fragestellungen auf diesem Wege einer Beantwortung näher zu bringen. Dazu gehören nicht zuletzt Fragen der Ontologie, also Fragen des Typs: Was gibt es, und wie existiert das, was es gibt − welche Seinsart, welcher „ontologische Status“ kommt den verschiedenen Gegenständen zu? Wenn in diesem Zusammenhang von Gegenständen die Rede ist, dann ist alles und nur das gemeint, worüber man buchstäblich wahre Aussagen machen kann. Dazu gehören nicht nur Gegenstände im landläufigen Sinne des Wortes, sprich: raumzeitlich positionierte Dinge, die man sinnlich wahrnehmen kann. In den Zuständigkeitsbereich der Ontologie fällt beispielsweise auch die Frage, ob und, wenn ja, wie mythologische Gestalten, literarische Figuren und andere Phantasiegeschöpfe existieren, die in fiktionalen Geschichten beheimatet sind; d.h. in Geschichten, die nicht ernsthaft als wahr hingestellt werden (vgl. Searle 1982, 82), sondern lediglich im Rahmen eines literarischen Werkes erzählt werden, welches man insofern als fiktionales Werk bezeichnen kann. Ich möchte mich der Ontologie solcher fiktionaler Gegenstände nähern, indem ich drei miteinander zusammenhängende Probleme der (sprachanalytischen) Philosophie der Fiktion traktiere: 1. Wie funktioniert die Rede innerhalb fiktionaler Werke? 2. Wie funktioniert die Rede über fiktionale Gegenstände?
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Christian Beyer 3. Lässt sich die Bezugnahme auf fiktionale Gegenstände aus unserer Rede eliminieren, oder gibt es solche Gegenstände tatsächlich?
Die dritte Frage betrifft unmittelbar die Ontologie fiktionaler Gegenstände; sie gehört zur Kategorie der „Was gibt es?“-Fragen. Die Frage drängt sich auf, wenn man bedenkt, dass Nichtexistenz geradezu ein Definitionsmerkmal fiktionaler Gegenstände zu sein scheint. Schließlich heißen diese Gegenstände deshalb „fiktional“, weil sie nicht in (der) Wirklichkeit existieren, sondern (bloß) in der Fiktion: etwa in Kafkas Erzählungen, in Conan Doyles Detektivgeschichten oder in der griechischen Mythologie. Wer diese Charakterisierung akzeptiert und ihren ersten Teil (dem zufolge fiktionale Gegenstände nicht wirklich existieren) wörtlich nimmt, der vertritt einen Antirealismus in Bezug auf fiktionale Objekte: Er bestreitet die Existenz solcher Entitäten. Wer hingegen aufgrund des zweiten Teils der Charakterisierung (dem zufolge solche Gegenstände in der Fiktion existieren) annimmt, dass es fiktionale Entitäten sehr wohl gibt, der vertritt eine realistische Position. Vorderhand haben die realistische und die antirealistische Auffassung beide gleichermaßen etwas für sich. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt einmal das folgende Zitat. Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. [...] „Was ist mit mir geschehen?“ dachte er. Es war kein Traum. Sein Zimmer, ein richtiges, nur etwas zu kleines Menschenzimmer, lag ruhig zwischen den vier wohlbekannten Wänden. So beginnt Franz Kafkas phantastische Erzählung Die Verwandlung. Mit Gregor Samsa schuf Kafka eine Identifikationsfigur für viele zeitgenössische Expressionisten − beispielsweise für den Dichter Karl Brand, der ein Jahr vor seinem Tuberkulosetod im Jahre 1917 die Geschichte Die Rückverwandlung des Gregor Samsa schrieb. Hätte Kafka Die Verwandlung nicht geschrieben, so gäbe es diese Identifikationsfigur nicht, und Die Rückverwandlung wäre niemals aus Brands Feder geflossen. Nun hat Kafka Die Verwandlung aber geschrieben, Brand schrieb daraufhin tatsächlich
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Die Rückverwandlung, und somit scheint es die fragliche Figur auch zu geben − ganz wie der Realist behauptet: (S1) Gregor Samsa existiert. Werfen wir indes noch einmal einen Blick auf das Zitat. Eines Morgens, so lesen wir da, fand sich Gregor Samsa zu einem Ungeziefer verwandelt. Unvermittelt versetzt Kafka uns hier in eine unheimliche Situation. Es gibt freilich eine Möglichkeit, das Schaudern zu überwinden. Wir sagen uns, jetzt ganz im Sinne des Antirealisten: Kein Mensch kann sich wirklich in ein Ungeziefer verwandeln; dieser Gregor Samsa ist eine freie Erfindung Kafkas: (S2) Gregor Samsa existiert nicht. Nun scheint es allerdings, als seien wir bei einem Widerspruch angelangt: (S3) Gregor Samsa existiert nicht, und Gregor Samsa existiert. Offenbar ein klassisches Paradox, das unseren konfligierenden realistischen beziehungsweise antirealistischen Intuitionen geschuldet ist. Um dieses Paradox auflösen zu können, müssen wir die dritte – die ontologische – Frage beantworten, die ich eingangs aufgeworfen habe: Lässt sich die Bezugnahme auf fiktionale Gegenstände aus unserer Rede eliminieren? Ein Realist wird diese Frage negativ beantworten. Man stößt in der neueren Forschungsliteratur auf mindestens drei Spielarten des Realismus. In all diesen Versionen wird behauptet, dass den fiktionalen Gegenständen eine eigentümliche Seinsart zukommt. (i) Die so genannten Meinongianer vertreten (im Anschluss an Alexius Meinong) die Auffassung, dass es diese Gegenstände zwar gibt, dass sie aber nicht wirklich existieren − was auch immer das genau heißen mag. Ein ontologischer Unterschied zwischen real existierenden und fiktionalen Entitäten ist jedenfalls aus meinongianischer Sicht der: dass fiktionale Gegenstände nicht vollständig bestimmt sind. Sherlock Holmes z.B. ist zwar ein Mensch, aber anders als bei realen Menschen ist es unbestimmt, ob er Blutgruppe A hat oder nicht; und zwar deshalb, weil Arthur Conan Doyle − der Autor von Sherlock Holmes − sich über die Blutgruppe seines Protagonisten ausgeschwiegen hat (vgl. Parsons 1975, 80).
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Nun ist das Prädikat „hat Blutgruppe A“ − anders als etwa das Prädikat „ist ein Glatzkopf “ − keineswegs vage, sondern exakt definiert. Der Meinongianer ist demnach gezwungen, selbst für Eigenschaften, die durch nicht-vage Prädikate ausgedrückt werden, den Satz vom ausgeschlossenen Dritten aufzugeben (also das logische Gesetz, dem zufolge jede Eigenschaft einem Gegenstand entweder zukommt oder nicht zukommt). Es wäre gut, wenn wir der philosophischen Probleme, die fiktionale Werke aufwerfen, mit weniger drastischen Maßnahmen Herr werden könnten. (ii) Die so genannten Fregeaner betrachten fiktionale Gegenstände demgegenüber (inspiriert durch die Semantik Gottlob Freges) als vollständig bestimmte „Individualbegriffe“, nämlich als Bedeutungen (Sinne) fiktionaler Eigennamen wie z.B. „Sherlock Holmes“ (vgl. Parsons 1987, 52ff.). Dieser Vorschlag hat u.a. mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass manche Personen in einer Geschichte unter verschiedenen Namen ein Doppelleben führen (man denke an Dr. Jekyll und Mr. Hyde): Um sicherzustellen, dass wir es beiderseits mit derselben fiktionalen Person zu tun haben, müsste der Fregeaner diesen Namen ein und denselben Individualbegriff zuordnen, was aber der fregeschen Theorie komplett widerspricht (vgl. ebd., 58f.). Schließlich wären noch (iii) die literaturtheoretischen Platonisten zu nennen (deren Hauptvertreter Peter van Inwagen ist): Sie fassen fiktionale Gegenstände als theoretische Entitäten der Literaturkritik auf, d.h. als abstrakte Gegenstände, über die man ausschließlich im theoretischen Vokabular der Literaturwissenschaft etwas Wahres sagen kann (vgl. Inwagen 1977, 302f.). Auch diese Position erscheint mir nicht sehr attraktiv. Nehmen wir die Aussagen (S1) und (S2): Eine dieser beiden Aussagen ist (buchstäblich) wahr, − aber sind die Aussagen in literaturtheoretischem Vokabular formuliert? Ich glaube: nein. Wenden wir uns nach diesen wenig aussichtsreichen Versuchen, den Realismus auszubuchstabieren, der antirealistischen Sichtweise zu. Ein Antirealist wird die Frage, ob sich unsere Rede über fiktionale Gegenstände eliminieren lässt, mit „Ja“ beantworten. Im Hintergrund steht dabei der folgende Gedanke. Gregor Samsa, Sherlock Holmes, Pegasus und Konsorten verdanken ihre Existenz in der Fiktion und ihre charakteristischen Eigenschaften ein-
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zig und allein dem Umstand, dass es dergleichen wie Autoren gibt, die fiktionale Werke produzieren und in irgendeiner Form in Umlauf bringen. Diese fiktionalen Werke enthalten Gregor-Samsa-, Sherlock-Holmes- oder Pegasus-Beschreibungen. Alles, was sich scheinbar wahrheitsgemäß über diese Figuren aussagen lässt, müsste sich daher unter Bezugnahme auf ihre Beschreibungen innerhalb fiktionaler Werke ausdrücken lassen. Die gesuchten Paraphrasen handeln nicht mehr von fiktionalen Charakteren, sondern von − real existierenden − fiktionalen Werken. Diese Paraphrasen sind dann nicht nur scheinbar, sondern wirklich wahr. Mir leuchtet diese Überlegung ein. Ich will mich daher im Folgenden auf die Seite des Antirealisten schlagen. Zu diesem Zweck möchte ich an eine Strategie anknüpfen, mit deren Hilfe sprachanalytische Philosophen, darunter David Lewis und (hierzulande) Wolfgang Künne, die Funktionsweise verschiedener Aspekte metafiktionaler Rede erläutert haben. Unter „metafiktionaler Rede“ verstehe ich die behauptende Rede über fiktionale Gegenstände. Wer z.B. den ontologischen Sachverhalt konstatiert, dass Sherlock Holmes ein fiktionaler Detektiv ist, der redet metafiktional. Dasselbe gilt für einen Conan-Doyle-Leser, der die − vergleichsweise banale − Feststellung trifft, dass Holmes in der Baker Street wohnte. Doch auch wer die ganz und gar nicht banale Interpretationshypothese verficht, dass Holmes und Watson ein erotisches Verhältnis hatten, stellt eine metafiktionale Behauptung auf. Die metafiktionale Rede bildet eine Unterklasse der fiktionalen Rede. Zur Kategorie der fiktionalen Rede gehören außerdem die intrafiktionale und die interfiktionale Rede. Wenn es im Mythos heißt, das Flügelross Pegasus sei dem Rumpf der Medusa entsprungen, dann ist diese Rede intrafiktional: Es wird in der griechischen Mythologie etwas Bestimmtes über Pegasus gesagt. Interfiktional sind Beschreibungen innerhalb eines fiktionalen Werkes, die dessen Figuren zu Charakteren aus anderen Fiktionen in Beziehung setzen − wie das z.B. in Die Rückverwandlung des Gregor Samsa geschieht. Lewis und Künne paraphrasieren metafiktionale Aussagen nun vermittels so genannter narrativer Operatoren. Dabei handelt es sich um Ausdrücke wie den folgenden: „Der griechischen Mythologie zufolge“
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Der Terminus „narrativer Operator“ (vgl. Künne 1983, 313) erscheint mir freilich nicht ganz glücklich gewählt. Immerhin besitzen ja auch historiographische Werke wie Der Peleponesische Krieg von Thukydides oder Sebastian Haffners Preußen ohne Legende narrativen Charakter: Es werden historische Ereignisse erzählerisch dargestellt. Aber die Behauptung, dass solche Werke der Literaturgattung „Fiktion“ zuzurechnen sind, stellt − gelinde gesagt − eine riskante Hypothese dar (vgl. Zipfel 2001, 171-179). Ich ziehe daher die in dieser Beziehung neutralere Bezeichnung „fiktionaler Operator“ vor. Mit Hilfe eines fiktionalen Operators kann man aus einer intra- oder interfiktionalen Beschreibung einen explizit metafiktionalen Aussagesatz generieren; es handelt sich demnach um einen satzbildenden Satzoperator. So wird beispielsweise die Beschreibung „Holmes hatte einen furchtbaren Verdacht“ in einen Behauptungssatz des folgenden Typs überführt: „Derund-der Sherlock-Holmes-Geschichte zufolge hatte Holmes einen furchtbaren Verdacht.“ Die Analyse metafiktionaler Rede mit Hilfe fiktionaler Operatoren liefert nicht nur eine Antwort auf die im engeren Sinne sprachphilosophische Frage 2 („Wie funktioniert die Rede über fiktionale Gegenstände?“). Sie bietet überdies auch die Möglichkeit, die antirealistische Antwort auf die ontologische Frage 3 in einer Art und Weise zu begründen, die uns instand setzt, das Paradox (S3) (und seinesgleichen) auf befriedigende Weise aufzulösen. Dazu ist allerdings ein vertieftes Verständnis der Bedeutung fiktionaler Operatoren erforderlich. Doch ehe wir uns der metafiktionalen Rede zuwenden können, müssen wir die Verwendungsweise sprachlicher Ausdrücke innerhalb fiktionaler Werke klären, d.h. wir müssen Frage 1 beantworten. 2 Intra- und interfiktionale Rede Zunächst benötigen wir Klarheit darüber, wer eigentlich als (der) Sprecher intra- und interfiktionaler Rede zu gelten hat. Unstrittig ist, wer fiktionale Werke produziert: natürlich der oder die Autoren des jeweiligen Werkes. Aber können wir dem Autor die Sätze seines Werkes auch in den Mund legen?
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Nehmen wir den Autor von Sherlock Holmes. Er scheint die Abenteuer seines Helden nicht selber zu erzählen; das tut vielmehr der Ich-Erzähler Dr. Watson, also ein von Conan Doyle erfundener fiktionaler Charakter. Doch selbst bei fiktionalen Erzählungen in der dritten Person ist es geboten, den Autor nicht als Erzähler der Geschichte zu betrachten. Denn der Erzähler stellt die von ihm beschriebenen Begebenheiten als wahr hin. Der Autor tut das nicht. Er gibt lediglich in der Manier eines Schauspielers, d.h. ohne sein Publikum täuschen zu wollen, vor, der Erzähler einer Geschichte zu sein, die sich tatsächlich zugetragen hat (vgl. Lewis 1983, 266; Searle 1982, 86f.). Der kompetente Leser weiß dies, und der Autor will, dass der Leser es weiß. Der Autor kann also sehr wohl als Sprecher fiktionaler Rede gelten, aber er gibt − ohne den Leser täuschen zu wollen − lediglich vor, der Erzähler zu sein, sprich: einen ernsthaften Bericht über reale Geschehnisse zu geben. Er tut bloß so, als ob er etwas behaupte. Unter Umständen gibt der Autor dabei zugleich vor, jemand anders zu sein − etwa Watson –; und zwar abermals ohne Täuschungsabsicht. Eine analoge Unterscheidung kann man auf der Rezipientenseite treffen. Der Rezipient eines fiktionalen Werkes ist niemand anderes als der Leser (respektive Hörer) der vom Autor produzierten fiktionalen Rede. Soweit er sich auf die erzählte Geschichte − und damit gewissermaßen auf die Spielregeln des Autors − einlässt, nimmt der Leser vorübergehend − im Modus des „Als-ob“ − die Einstellung des Adressaten eines Tatsachenberichts ein. Der Unterscheidung Autor/Erzähler entspricht demnach auf der Rezipientenseite diejenige zwischen Leser und Adressat (vgl. Zipfel 2001, 248). Das dieser Doppelstruktur zugrunde liegende mimetische „Spiel“ zwischen Autor und Leser wird in der neueren Forschungsliteratur auch als make-belief bezeichnet (vgl. Walton 1990, 67ff. u.ö.). Wenn nun der Sprecher intra- beziehungsweise interfiktionaler Rede keine Behauptungen trifft, sondern nur so tut, als ob, und der kompetente Leser dies auch weiß, dann scheint diese Rede eine eigene Sorte sprachlicher Handlungen zu markieren, die man als das Aufstellen von Quasi-Behauptungen bezeichnen könnte (vgl. Künne 1983, 292). Gegen diese nahe liegende Betrachtungsweise hat jedoch John Searle den folgenden Einwand erhoben:
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Christian Beyer [W]enn [...] die Sätze in einem fiktionalen Text verwendet würden, um ganz andere Sprechakte zu vollziehen, als sie sich aus ihrer wörtlichen Bedeutung ergeben, dann müßten sie eine andere Bedeutung haben. Daher ist jeder, der behaupten will, Fiktion enthalte ganz andere [Sprechakte] als Nicht-Fiktion, zu der Ansicht gezwungen, daß Wörter in fiktionalen Texten nicht ihre normale Bedeutung haben. Diese Auffassung ist zumindest prima facie unmöglich, denn träfe sie zu, könnte niemand einen fiktionalen Text verstehen, ohne neue Bedeutungen für all die Wörter und anderen Elemente zu lernen, die in dem fiktionalen Text enthalten sind [...]. (Searle 1982, 86)
Ich finde diesen Einwand nicht überzeugend. Searle argumentiert, dass etwaige Sprechhandlungen der ins Auge gefassten Sorte, also QuasiBehauptungen, „ganz andere Sprechakte“ − mit ganz anderen Bedeutungen − wären als ernsthafte Behauptungen. Quasi-Behauptungen sind aber meines Erachtens, was ihre Bedeutung anbelangt, parasitär gegenüber den (echten) Behauptungen, die durch sie imitiert werden (contra Rorty 1983, 73f.). Wenn z.B. Conan Doyle quasi-behauptet, Holmes habe in der Baker Street gewohnt, dann gilt: Wäre das, was Doyle auf diese Weise vorgibt, tatsächlich der Fall, dann würde er eine Behauptung des Inhalts aufstellen, dass Holmes in der Baker Street gewohnt hat. Die Bedeutung der QuasiBehauptung steht also in denkbar enger Beziehung zur Bedeutung der entsprechenden Behauptung. Searles Prämisse „Wenn Quasi-Behauptungen eine eigene Sorte sprachlicher Handlungen bilden würden, so hätten sie ganz andere Bedeutungen als Behauptungen“ ist somit verkehrt. Sein Argument widerlegt daher mitnichten die hier vertretene These, dass QuasiBehauptungen (den Behauptungen freilich verwandte) sprachliche Handlungen sui generis darstellen. Wie viele andere Handlungen auch, sind Quasi-Behauptungen ihrerseits aus Teil-Handlungen zusammengesetzt. Wenn der Verfasser der Verwandlung quasi-behauptet, Gregor Samsa habe sich in ein Ungeziefer verwandelt, dann enthält diese Sprechhandlung den folgenden Teil-Akt: Der Verfasser gibt vor, und zwar ohne Täuschungsabsicht, dass er auf einen gewissen Gregor Samsa Bezug nimmt, um etwas über ihn zu berichten.
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Man könnte diesen mimetischen Akt als Quasi-Bezugnahme bezeichnen (vgl. Künne 1983, 293f.). Damit ergibt sich folgendes Bild. Wenn in der Verwandlung oder der Rückverwandlung steht, dass Gregor Samsa sich in ein Ungeziefer verwandelt hat, so kann man diese Beschreibung als Quasi-Behauptung des Autors ansehen, die den Leser gewissermaßen dazu auffordert, sich vorübergehend in die Rolle des Adressaten eines Tatsachenberichts zu versetzen. In diese Quasi-Behauptung geht eine Quasi-Bezugnahme auf eine Person namens Gregor Samsa ein, an die der Leser sozusagen im „Offline“-Modus − im Modus des „Als-ob“ − denken soll. Und analog für sonstige intra- beziehungsweise interfiktionale Beschreibungen. Soviel zur Frage 1 nach der Funktionsweise der Rede innerhalb fiktionaler Werke. Nun zur Frage 2: Wie funktioniert die Rede über fiktionale Gegenstände? 3 Metafiktionale Rede Drei Beispiele metafiktionaler Rede haben wir bereits kennen gelernt: die ontologischen Behauptungen (S1) bis (S3). Hier ist ein weiteres Exempel aus dieser Kategorie: (S4) Gregor Samsa ist ein fiktionaler Handlungsreisender. Während es sich bei (S1) bis (S3) um Antworten auf die Frage „Was gibt es?“ handelt, haben wir es bei (S4) mit einem möglichen Kandidaten zur Beantwortung der Frage „Wie existiert das, was es gibt?“ zu tun. Nicht alle metafiktionalen Aussagen sind in einem dieser beiden Sinne ontologische Behauptungen. Betrachten wir z.B. die folgenden Sätze, die zumindest in einer Lesart ebenfalls von einer literarischen Figur namens Gregor Samsa zu handeln scheinen: (S5) Gregor Samsa war Reisender. (S6) Gregor Samsa war vor seiner Verwandlung in ein riesiges Ungeziefer 1,75 m groß. (S7) Gregor Samsa hat weniger Selbstmitleid als Hans Castorp. (S8) Karl Brand musste genauso schwer leiden wie Gregor Samsa.
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Christian Beyer (S9) Gregor Samsas Verwandlung in ein Ungeziefer symbolisiert das zerstörte Selbstwertgefühl der Kriegsheimkehrer nach dem Ersten Weltkrieg. (S10) Gregor Samsa wurde nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Identifikationsfigur vieler europäischer Expressionisten.
Der Satz (S5) stammt aus dem ersten Kapitel von Die Verwandlung. Gerade weil das so ist, hat dieser Satz jedoch auch eine metafiktionale Lesart, in der man mit ihm etwas Wahres über den Inhalt (den Erzählgehalt) dieses Werkes behaupten kann. Mit dem Satz (S6) hingegen sagt man nicht die Wahrheit, da Kafkas Erzähler sich in keiner Weise über die Körpergröße seines Protagonisten äußert. Gleichwohl gehört die Behauptung (S6) zum selben Typus metafiktionaler Rede wie (S5), weil in beiden Fällen inhaltliche Angaben zu einem bestimmten fiktionalen Werk gemacht werden. Ich nenne Aussagen dieses Typs unifiktionale Metaaussagen. Um (S7) einen Wahrheitswert zuschreiben zu können, muss man dagegen intrafiktionale Beschreibungen aus mehreren Werken miteinander vergleichen: Hans Castorp taucht ja nirgends in Kafkas Verwandlung auf, sondern ist der Protagonist von Thomas Manns Roman Der Zauberberg. Mit (S7) kann man daher (wie ich sagen möchte) eine multifiktionale Metaaussage machen. Mit (S8) und (S9) verlassen wir thematisch teilweise den Bereich des Fiktionalen. Um die Frage nach der Wahrheit oder Falschheit von (S8) zu entscheiden, muss man die Beschreibung des Schicksals von Gregor Samsa in Die Verwandlung mit dem finalen Lebensabschnitt des Autors der Rückverwandlung vergleichen. Nun mag man dabei zwar auf irgendwelche Karl-Brand-Beschreibungen angewiesen sein. Aber dann ist nicht lediglich der Inhalt dieser Beschreibungen für die Wahrheit von (S8) entscheidend, sondern vielmehr deren Übereinstimmung mit dem realen Leben eines Autors. Um den Wahrheitswert von (S9) zu ermitteln, muss man die Beschreibungen innerhalb des fiktionalen Werkes im Sinne figurativer Rede (z.B. als Metapher) auffassen und herausfinden, welche Aspekte der Wirklichkeit der Autor auf diese Weise zu beleuchten vermag (beziehungsweise welche er zu beleuchten intendiert). Man könnte solche Aussagen wie (S8) und (S9), in denen Fiktion und Realität miteinander verglichen werden, als transfiktionale Metaaussagen titulieren.
Fiktionale Rede
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Für die Wahrheit oder Falschheit von Behauptungen wie (S10) schließlich ist der konkrete Inhalt fiktionaler Werke weitgehend irrelevant. Man könnte sie − aus offensichtlichen Gründen − als wirkungsgeschichtliche Metaaussagen bezeichnen. 4 Zur Analyse metafiktionaler Aussagen Die folgende Überlegung spricht meines Erachtens dafür, metafiktionale Aussagen mit Hilfe fiktionaler Operatoren zu analysieren. Wenn wir nicht-metafiktionale Behauptungen aufstellen wollen, sehen wir uns oft gezwungen, dies deutlich zu machen, indem wir den Ausdruck „in Wirklichkeit“ (oder ein Synonym) verwenden. (Beispiel: „In Wirklichkeit kann sich niemand in ein Ungeziefer verwandeln.“) Dieser Umstand deutet darauf hin, dass metafiktionale Äußerungen oftmals elliptisch sind: dass sie also ihren inhaltlichen Bezug aufs Fiktionale unterschlagen (der geäußerte Satz ist nicht explizit metafiktional), so dass sie leicht mit nichtmetafiktionalen Behauptungen verwechselt werden können (vgl. Künne 1983, 321). Das scheint z.B. für die unifiktionale Metaaussage zu gelten, die man mit dem Satz (S5) machen kann. Dieser Satz fungiert dann − je nach Hintergrundwissen des Sprechers − als elliptische Variante eines der folgenden drei Sätze: Kafkas Verwandlung zufolge war Gregor Samsa Reisender. Einer fiktionalen Erzählung von Kafka zufolge war Gregor Samsa Reisender. Einer fiktionalen Erzählung zufolge war Gregor Samsa Reisender. Der Einfachheit halber halte ich mich im Folgenden an Paraphrasen des ersten Typs, wobei ich die Bezeichnung des einschlägigen fiktionalen Werkes durch den (bei Bedarf indizierten) Buchstaben „F“ abkürze. (S5) wird also (fürs Erste) folgendermaßen paraphrasiert: (S5′′′′)
F zufolge war Gregor Samsa Reisender.
Lewis (1983, 263) schlägt vor, sämtliche unifiktionalen Metaaussagen nach diesem Muster zu analysieren. Künne geht noch ein paar Schritte wei-
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ter, indem er dieses Analyseverfahren auch auf multifiktionale und (einige) transfiktionale Metaaussagen anwendet. Anders als Lewis lässt Künne den fiktionalen Operator selbst allerdings unanalysiert. Er macht lediglich darauf aufmerksam, dass es sich dabei um einen intensionalen Operator handelt. Es ist mit anderen Worten nicht legitim, aus einem Satz wie (S5′′′′), der durch einen fiktionalen Operator eingeleitet wird, den Schluss zu ziehen, dass es wirklich jemanden gibt, für den einer fiktionalen Erzählung zufolge das-und-das gilt − beispielsweise, dass er Reisender war. Dieser Befund ist natürlich Wasser auf die Mühlen des Antirealisten. Lewis (1983, 262) betrachtet fiktionale Operatoren ebenfalls als intensional. In der einfachsten Form, die Lewis’ Grundidee reflektiert (auf die ich mich der Übersichtlichkeit halber beschränke), lässt sich (S5) seiner Analyse zufolge durch ein kontrafaktisches Konditional paraphrasieren, also durch einen Satz der Form „Wenn A wirklich der Fall wäre, dann wäre auch B der Fall“ (vgl. ebd.): (S5′′′) Wären die Behauptungen des Erzählers in F wahre Berichte über das reale Weltgeschehen, dann wäre Gregor Samsa Reisender gewesen. Der Vordersatz dieses Konditionals betrifft die (fiktiven) Tatsachenberichte des Erzählers. Diese Tatsachenberichte sind zwar in F wahr, aber nicht in (der) Wirklichkeit; es sind keine wahren Berichte über das tatsächliche Weltgeschehen. Durch die Form des kontrafaktischen Konditionals wird indes unser Verständnis der metafiktionalen Rede in unserem faktischen Hintergrundwissen verankert: Wer eine kontrafaktische Annahme macht, tut dies ja immer auf der Folie eines Systems von Überzeugungen über die Wirklichkeit, die unverändert bleiben. Das in (S5′′′) Gesagte lässt sich auch kürzer formulieren (vgl. Husserl 1979, 317): (S5′′) Wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre Gregor Samsa Reisender gewesen.
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Von etwaigen Schlampigkeiten seitens des Autors oder absichtlich in die Erzählung eingebauten Unstimmigkeiten, die dazu führen, dass das in F Erzählte unmöglich wahr sein kann, sehe ich hier bewusst ab. (Solche intrafiktionalen Inkonsistenzen würden (S5′′) automatisch trivialisieren; vgl. Lewis 1983, 269f.) Um stimmige metafiktionale Behauptungen (der Sorten (S1) bis (S9)) aufstellen zu können, muss man derlei Inkonsistenzen ohnehin beseitigen (beziehungsweise ignorieren). In (S5′′) steckt noch eine Existenzannahme, die wir explizit machen müssen, wenn wir die Bezugnahme auf fiktionale Objekte aus unserer Rede eliminieren wollen: (S5′) Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: Wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre Gregor Samsa Reisender gewesen. Auch (S1) bis (S4) und (S6) bis (S10) lassen sich nach dem Muster von (S5′) analysieren: (S1′) Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: Wäre das in F Erzählte wahr, dann würde Gregor Samsa existieren. (S2′) = (S2) (S3′) Gregor Samsa existiert nicht, und es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: Wäre das in F Erzählte wahr, dann würde Gregor Samsa existieren. Diese Aussage impliziert nicht, dass Gregor Samsa wirklich existiert. Damit wäre das Paradox (S3) im Sinne des Antirealisten aufgelöst: In (S3′) wird nur noch die Existenz eines fiktionalen Werkes behauptet, das GregorSamsa-Beschreibungen enthält. (S4′) Gregor Samsa existiert nicht, und es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: Wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre Gregor Samsa ein Handlungsreisender (gewesen). (S6′) Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: Wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre Gregor Samsa vor seiner Verwandlung in ein riesiges Ungeziefer 1,75 m groß gewesen.
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Letztere Behauptung ist schlicht falsch; der Erzähler in F berichtet nichts, aus dem hervorginge, dass Samsa 1,75 m groß war. Wir brauchen also angesichts einer Aussage wie (S6) nicht dem Beispiel der Meinongianer zu folgen und kurzerhand den Satz vom ausgeschlossenen Dritten über Bord gehen zu lassen. (S7′) Es gibt zwei fiktionale Werke, nämlich F und F′, sowie zwei Intensitätsgrade I und I′, für die gilt: (i) I ist kleiner als I′; und (ii) wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre I die Intensität von Gregor Samsas Selbstmitleid; und (iii) wäre das in F′ Erzählte wahr, dann wäre I′ die Intensität von Hans Castorps Selbstmitleid. (S8′) Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, einen Intensitätsgrad I und einen Intensitätsgrad I′, für die gilt: (i) I ist mit I′ identisch; und (ii) I ist die Intensität von Karl Brands erlittenem Leid; und (iii) wäre das in F Erzählte wahr, dann wäre I′ die Intensität von Gregor Samsas erlittenem Leid. Bei Aussagen wie (S9) und (S10) stößt die Analyse metafiktionaler Behauptungen mittels fiktionaler Operatoren freilich an gewisse natürliche Grenzen. Zum einen gehen anspruchsvolle Interpretationshypothesen wie (S9) thematisch weit über den bloßen Erzählgehalt des betreffenden Werkes hinaus. Sie sind daher wohl nur im Rahmen einer literaturwissenschaftlichen Hermeneutik vollständig analysierbar. Zum anderen sind (wie schon erwähnt) die Wahrheitsbedingungen wirkungsgeschichtlicher Metaaussagen wie (S10) weitgehend unabhängig vom jeweiligen Erzählgehalt. Für Aussagen wie (S9) und (S10) hat denn auch weder Lewis noch Künne eine Paraphrase im Angebot. Spätestens jetzt macht es sich bezahlt, dass wir analytisch etwas tiefer in die Struktur des fiktionalen Operators eingedrungen sind. Ich habe zwar jeweils nur eine partielle Analyse von (S9) und (S10) anzubieten, die dringend einer literaturhermeneutischen Vervollständigung bedarf. Meine Paraphrasevorschläge verdeutlichen aber immerhin, dass die Rede über fiktionale Charaktere auch in solchen Fällen prinzipiell entbehrlich ist − und das ist der philosophisch interessante Punkt, auf den es mir ankommt:
Fiktionale Rede (S9′)
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Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: (i) Wäre das in F Erzählte wahr, dann hätte Gregor Samsa sich in ein Ungeziefer verwandelt; und (ii) der in (i) beschriebene Aspekt des in F Erzählten symbolisiert das zerstörte Selbstwertgefühl der Kriegsheimkehrer nach dem Ersten Weltkrieg.
(S10′) Es gibt ein fiktionales Werk, nämlich F, für das gilt: (i) Wäre das in F Erzählte wahr, dann würde Gregor Samsa existieren; und (ii) mit dem, was in F über Gregor Samsa erzählt wird (was auch immer es ist), haben sich viele europäische Expressionisten identifiziert.1 Fazit: Nicht nur ontologische, sondern auch unifiktionale, multifiktionale, transfiktionale und wirkungsgeschichtliche Metaaussagen lassen sich 1
Van Inwagen (1977, 302ff.) behauptet, dass Aussagen wie die folgenden entschieden für die Annahme der Existenz literarischer Figuren sprechen: (S11) In Thomas Manns Romanen gibt es Figuren, die (dort) detaillierter beschrieben werden als irgendeine Figur aus Kafkas Erzählungen. (S12) Für jede Figur aus Kafkas Erzählungen gilt: Es gibt in Thomas Manns Romanen eine Figur, die (dort) detaillierter beschrieben wird als sie. Ein Antirealist in Bezug auf fiktionale Charaktere kann (S11) und (S12) jedoch (so lautet meine Hypothese) im Rekurs auf die relevante Beschreibungsdichte paraphrasieren, also die Anzahl der Eigenschaften, für die gilt: Wäre das im einschlägigen fiktionalen Werk Erzählte wahr, dann würden diese Eigenschaften von einer bestimmten (unter solchen kontrafaktischen Umständen existenten) Person exemplifiziert, über die der jeweilige Erzähler berichtet. Meine (tentativen) Paraphrasevorschläge lauten: (S11′) Es gibt ein fiktionales Werk F und eine Beschreibungsdichte B, für die gilt: F ist ein von Thomas Mann verfasster Roman; und wäre das in F Erzählte wahr, dann würde eine Person mit B Eigenschaften existieren; und für jedes fiktionale Werk F′ gilt: Wenn F′ eine von Kafka verfasste Erzählung ist, dann gilt: Wäre das in F′ Erzählte wahr, dann hätte jede Person, über die in F′ berichtet wird, weniger als B Eigenschaften. (S12′) Es gibt eine Beschreibungsdichte B, so dass für jedes fiktionale Werk F′ gilt: Wenn F′ eine von Kafka verfasste Erzählung ist, dann gilt: Wäre das in F′ Erzählte wahr, dann hätte jede Person, über die in F′ berichtet wird, weniger als B Eigenschaften; und es gibt ein fiktionales Werk F, für das gilt: F ist ein von Thomas Mann verfasster Roman, und wäre das in F Erzählte wahr, dann würde eine Person mit B Eigenschaften existieren.
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so paraphrasieren, dass ihr vermeintlicher Bezug auf fiktionale Gegenstände sich als bloßer Schein entpuppt. Wir können die Frage 3 nach der Existenz fiktionaler Gegenstände daher getrost im Sinne des Antirealisten beantworten: Nein, solche Gegenstände gibt es nicht. Eine wichtige Klarstellung zum Schluss. Die hier vorgeschlagene Version des Antirealismus besitzt keinerlei naturalistische Implikationen. Die Bezugnahme auf fiktionale Gegenstände wird zwar zugunsten der Rede über fiktionale Werke eliminiert − in ähnlicher Weise, wie etwa eliminative Materialisten sich das für Aussagen über mentale Phänomene vorstellen. Im Gegensatz zu den vom eliminativen Materialismus bevorzugten neurophysiologischen Prozessen sind fiktionale Werke aber ersichtlich geistig-kulturelle Produkte − und als solche integraler Bestandteil unserer alltäglichen Lebenswelt.2 Literatur Husserl, E. 1979: „Intentionale Gegenstände (I)“, in: Husserliana: Edmund Husserl − Gesammelte Werke 22, Den Haag, 303-338. Inwagen, P. van 1977: „Creatures of Fiction“, in: American Philosophical Quarterly 14, 299-308. Künne, W. 1983: Abstrakte Gegenstände. Semantik und Ontologie, Frankfurt/M. Lewis, D. 1983: „Truth in Fiction“, in: Philosophical Papers I, Oxford, 261-280. Parsons, T. 1975: „A Meinongian Analysis of Fictional Objects“, in: Grazer Philosophische Studien 1, 73-86. Parsons, T. 1987: „Fiktion: Frege vs. Meinong“, in: Zeitschrift für Semiotik 9, 51-66. Rorty, R. 1983: „Is there a Problem about Fictional Discourse?“, in: D. Henrich & W. Iser (Hrsg.), Funktionen des Fiktiven, München, 67-93. Searle, J. R. 1982: „Der logische Status fiktionalen Diskurses“, in: Ausdruck und Bedeutung, Frankfurt/M., 80-97. Walton, K. 1990: Mimesis as Make-Belief, Cambridge/Mass. Zipfel, F. 2001: Fiktion, Fiktivität, Fiktionalität, Berlin.
2
Dieser Beitrag ist die schriftliche Fassung der Öffentlichen Probevorlesung, die ich am 21. Januar 2004 an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt gehalten habe. Für zahlreiche Anmerkungen (von denen im vorliegenden Rahmen nur wenige berücksichtigt werden konnten) danke ich Wolfgang Huemer.
Of the Ontology of Belief P. M. S. Hacker (Oxford)
1 The Project Over the last two and a half centuries three main strands of opinion can be discerned in philosophers’ investigations of believing. One is the view that believing that p is a special kind of feeling associated with the idea that p or the proposition that p. The second view is that to believe that p is to be in a certain kind of mental state. The third is that to believe that p is to have a certain sort of disposition. Some philosophers have concentrated on elaborating one strand alone. Others have woven two or more strands together, arguing, for example, that to entertain a thought which one believes to be true, sometimes called “occurrently believing something”, is indeed a feeling, but that non-occurrently believing something is a disposition occurrently to have the belief feeling. Others have suggested that to believe is indeed to be in a certain mental state, but stressed that the state in question is a dispositional state. I shall examine each of these strands. The fruits of the investigation will, in one sense, be meagre. For I shall argue that to believe that p is neither a feeling, nor a mental state, nor yet a disposition to do or feel anything. In another sense, the investigation will, I hope, shed light on the concept of belief by exploring its affinities with and differences from related concepts of credal feelings (such as hope, fear, expectation, surprise, etc.), of mental states, and of tendencies and liabilities to feel, react or act, as well as doxastic dispositions such as credulity and gullibility. The illumination that was sought from a definition or analysis of belief in the generic terms of feeling, state or disposition, which would capture the essence of believing, can be derived from the connective analysis of the concept, which describes the links between the concept of belief and the plethora of
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related concepts in the same or adjacent semantic fields. It will, I hope, contribute to attaining a distinct idea, although not a clear idea, of what belief is. And a methodological moral hangs on that. Before commencing analysis, one misconception should be mentioned and put aside. It is commonly suggested that to believe that p is a propositional attitude. That is patently misconceived, if it means that believing is an attitude towards a proposition. For believing that p is not the same as believing the proposition that p. To be sure, one can believe propositions, as one can believe stories, rumours, declarations and statements. But since what I believe, when I believe that p, may be what you fear or suspect, and since to fear or suspect that p is not to fear or suspect the proposition that p, what I believe when I believe that p cannot be a proposition. Only language users can believe stories, rumours, declarations, statements and propositions, but both small children and higher animals can believe that things are thus-and-so, so what they believe cannot be propositions. To believe that p is to believe things to be so; to believe the proposition that p is to believe things to be as the proposition that p describes them as being.1 2 Belief and Feelings The supposition that to believe that things are thus-and-so is to have a special kind of feeling associated with the idea that things are so originates in the modern era with Hume. He confronted the question of what the difference is between believing something to be so and not believing it to be so – the difference, as he put it, betwixt belief and incredulity. One can entertain the idea that p without believing that p, or one can do so and also believe that p. What is the difference? Hume’s answer was that it lies in the presence of a feeling in the case of believing what is entertained, and the absence of such a feeling when what is entertained is not believed. One “entertains” the idea that p when, for example, one reads or hears that p without either believing that p or believing that not-p, or when one won-
1
For comprehensive refutations of the idea that what we believe when we believe that p is a proposition, and of the thought that believing is an attitude towards propositions, see White 1972 and Rundle 2001.
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ders whether p or imagines that p. In all such cases, the idea that p is “before one’s mind”, although one does not believe that p. “Belief ”, Hume wrote, consists merely in a certain feeling or sentiment; in something that depends not on the will, but must arise from certain determinate causes and principles, of which we are not masters. When we are convinc’d of any matter of fact, we do nothing but conceive it, along with a certain feeling, different from what attends the mere reveries of the imagination. And when we express our incredulity concerning any matter of fact, we mean, that the arguments for the fact produce not that feeling. (Hume 1739, 624) His reasoning, transposed into modern idiom, was straightforward. The difference between merely understanding something said or read and believing it cannot lie in any difference between what was said to be so and what is then believed. For it must be possible for A not to believe that p and for B to believe precisely what A does not believe, just as it must be possible for A to wonder whether p, or suppose, for the sake of argument, that p or to imagine that p and for B to believe things to be exactly as A postulates but does not believe them to be. Nor can it lie in our voluntarily adding something to what is understood (or entertained). For then it would be within our power to believe or not to believe something at will. But, Hume insisted in opposition to Descartes, it is not. When it came to characterizing the feeling in question, Hume notoriously had difficulties: An idea assented to feels different from a fictitious idea, that the fancy alone presents to us: And this different feeling I endeavour to explain by calling it a superior force, or vivacity, or solidity, or firmness, or steadiness. This variety of terms, which may seem so unphilosophical, is intended only to express that act of the mind, which renders realities more present to us than fictions, causes them to weigh more in thought, and gives them a superior influence on the passions and the imagination. Provided we agree about the thing, ’tis needless to dispute about the terms. […] I confess, that ’tis impossible to explain perfectly this feeling or
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It is noteworthy that the Humean account commanded widespread assent more than a century later. At the end of the nineteenth century, William James (1890, 283-287) wrote: “As regards the analysis of belief, i.e. what it consists in, we cannot go very far. In its inner nature, belief, or the sense of reality, is a sort of feeling more allied to the emotions than to anything else.” What sort of feeling is it? Like Hume and Mill before him, James thought that here one hits bedrock. “Belief, the sense of reality, feels like itself – that is about as much as we can say.” Belief is a psychic attitude towards a proposition. “This attitude is a state of consciousness sui generis, about which nothing more can be said in the way of internal analysis.” Russell (1921, 233) argued that “believing is an actual experienced feeling”. He distinguished three kinds of belief: memory, expectation and bare assent. Each of these, he regarded “as constituted by a certain feeling or complex of sensations, attached to the content believed”. What exactly is this feeling? Russell (ibid., 250) hesitated: “I, personally, do not profess to be able to analyse the sensations constituting respectively memory, expectation and assent, but I am not prepared to say that they cannot be analysed.” Ramsey, in 1927, wrote that “The mental factors of […] a belief [are] words spoken aloud or to oneself or merely imagined, connected together and accompanied by a feeling or feelings of belief or disbelief ” (Ramsey 1931, 144). Why might one be tempted to adopt this view? The traditional empiricist preconception that thinking is a process of combining images in the mind and that the meaning of a word is a mental image provided powerful motivation for such a conception. If entertaining the idea that p is a matter of having an imagist representation of the state of affairs that p, then it seems plausible to suppose that the difference between merely entertaining the idea that p and believing that p lies in an associated feeling, since what is merely entertained, namely that p, and what is believed, namely that p,
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are the same. This imagist conception of thought and meaning is now defunct, although it is noteworthy that it has a legitimate heir in the contemporary representational theory of the mind. Nevertheless, even if one rejects imagist theories, there are noteworthy connections between believing that p and feelings. First, we do speak of feeling that things are thus-and-so, as we speak of believing that things are thus-and-so. I may feel very strongly or believe passionately that an injustice has been done or that we ought to take steps to remedy matters. One may not be able to help feeling, or to help believing, that the wrong should be righted. Feeling thus is not confined to moral concerns. One may feel that all will go well, or that one’s party will win. But one cannot feel that 2 + 2 = 4, or that if it is raining then the pavements are wet, for one cannot feel things to be thus-and-so if one knows them to be so. Second, believing is connected with a set of adjacent notions associated with feeling (see Price 1969, 266-289). It is linked with both hope and fear; and one can feel hopeful or fearful that p. To hope that p is not to believe that p, but if one hopes that p, one must believe that it is possible that p. One cannot believe that it is certain that p or believe that it is certain that not-p and also hope that p. Moreover, one must believe that the state of affairs that p is, in some way, good or desirable for one. To fear that p similarly involves belief in the possibility of its being the case that p and exclusion of the belief that it is certain; if one believes that it is certain that war will break out, one cannot fear that it will do so, although one may feel afraid of the war one believes to be immanent. It further involves belief that the state of affairs feared is dangerous or harmful. One can expect that p (and also hope or fear that what one expects will indeed eventuate), and expectation too is something that can be felt. To expect that p is not merely to believe that p is possible, but that it is likely or certain. Unlike hoping and fearing that p, expecting that p is not in itself affective. One may expect that p yet be affectively indifferent with respect to what is expected. But one may excitedly, anxiously, fearfully or hopefully expect that p. The non-satisfaction of one’s expectation does not imply that one is or feels unsatisfied, but only that one’s expectation is not fulfilled, and that one was therefore mistaken to believe that the anticipated event would occur. Nevertheless, to expect that p is not generally the same as to believe that p. I
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may have been expecting all week that you would telephone me, but I cannot have been believing all week that you would telephone me. I can be in a state of excited expectation, but not in a state of excited belief. To be sure, one can expect something without having any feelings in the matter, but if one does feel expectant, one can describe the feeling, i.e. describe what it was like to feel expectant. Thus, for example, one might offer the following description: “My mouth was dry, my hands shook a little, and my heart was pounding. I said to myself, ‘Any moment now!’” But there is no comparable description of believing. Belief is also linked with surprise, astonishment and amazement, and they too can be felt. One is, and feels, surprised, astonished or amazed when what one believed to be so turns out not to be so, or when what one believed to be impossible is found to be feasible or even done, or when something clashes with one’s presuppositions or fundamental assumptions. What one is and feels surprised, astonished or amazed to be so is something which one now knows or believes to be so, but previously believed or assumed not to be so or to be highly improbable or impossible, or doubted whether it was so. Similarly, one may be surprised to hear someone say that p if one knows (and it is generally known) that it is not the case that p. Belief is also linked with doubt, certainty, conviction and being sure, and hence with feeling doubtful, certain, convinced and sure. If one believes that p, then (a) one does not doubt that p, and (b) one will doubt whatever one apprehends as being improbable if it is the case that p. To feel doubtful whether p is to feel inclined not to believe that p or disinclined to believe that p. One can believe that p without being or feeling certain that p (for one may neither be nor feel either certain or doubtful), but one cannot be or feel certain that p without knowing or believing that p. One can believe that p without being or feeling convinced that p, but one cannot be or feel convinced that p without believing that p. Similarly, one can believe that p without feeling sure that p, although one cannot if one feels unsure whether p. But one cannot feel sure that p unless one believes that p. Though one cannot feel sure without feeling certain or feel certain without feeling sure, the two are not the same. If something is certain, then it is settled in as much as the possibility of its not being so is excluded by the circumstances of the case. Note that what is certain (probable or possible), when it is certain (probable or possible) that p, is not the proposition
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that p, any more than what is feared, suspected, lucky or curious, unfortunate or strange when it is feared, suspected, lucky, etc. that p is the proposition that p. One may feel certain that p without its being certain that p. So one may feel certain that Roaring Forties will win the 3:30 because one dreamt that it would, but the fact that one so dreamt does not make it certain that the horse will win. Certainty relates to the exclusion of a possibility, being sure to the exclusion of doubt. Certainty has an objective application (“It is certain that p”) and a subjective or personal one (“He is or feels certain that p”), whereas being sure is primarily subjective (“He is or feels sure”). To feel sure that p is to feel secure in one’s belief that p, to be free of any doubts or worries that the possibility of not-p has not been excluded. To feel certain that p is to be settled in the belief, however irrational, that the possibility that not-p can be ruled out (see White 1975, 87). Despite this intricate web of connections between belief and feelings, to believe that p is not the same as to feel that p. To feel that p is to have a hunch, intimation, intuition or presentiment that p. A vague feeling that p is not a vague belief, but a felt inclination to believe. A strong feeling that p may be tantamount to a belief that p, but one for which there are no, or no adequate, grounds or evidence. If so, this is the one kind of case in which belief can be said to be an epistemic feeling – but it is necessarily an exception to the rule. Alternatively, “a strong feeling that p” may be construed as indicating a strong inclination to believe. “Why do you believe that p?” is to ask for the reasons or grounds for believing, but “Why do you feel that p?” is to ask what features of the situation make one feel so. One can feel inclined to believe that p, but one cannot feel inclined to feel that p. To believe that p is not to have a special kind of feeling, let alone an indefinable feeling with which each person who believes anything is acquainted. First, if it were, it would be unintelligible how anyone could learn the use of the verb “to believe”. For private ostensive definition is not an option. We do not teach the use of “I believe …” by teaching children how to identify a special indefinable feeling which we presume them to have in association with an idea or proposition. Rather, once the child has learnt to make assertions, we teach it how (and when) to qualify its assertions with the prefix “I believe”, as well as how and when to qualify its reports of the information derived from others by the prefix “He believes”.
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The qualification is not called for by the detectible presence of a special feeling had by another, but by such altogether non-psychological features as the fact that the putative information derived from him is false or unfounded, or mere hearsay, or not so well supported as to exclude reasonable doubt, or a controversial opinion. In one’s own case, it is called for by the fact that one is aware that one’s grounds for saying that p do not establish that it is certain that p, or do not exclude reasonable doubt in the matter, that the evidence one has for its being the case that p is inconclusive, or that the issue is a matter of opinion, and so forth. But one does not say that one believes that p on the grounds that one has noted a special indefinable feeling that one associates with the idea that p. Second, the supposition that belief is a feeling would absurdly imply that in order to know whether another person believes that p, we should have to establish that he has a special kind of indefinable feeling associated with the idea or proposition that p. But an interest in the beliefs of another is not, as such, an interest in his feelings. We find out what another person believes by observing what he says and does. He does not have to assert that he believes that p, although, if he does, that is a defeasible criterion for his so believing – but not because it is a defeasible report on some inner experience which he has. That he sincerely asserts that p by itself betokens the fact that he believes (or knows) that p – and it matters not at all what feelings he has in association with entertaining the proposition that p. Third, there are degrees of feeling. One can feel a little depressed or very cheerful, less miserable and more contented. So too, one can feel a little suspicious, or very doubtful, less sure or more convinced. But there are no degrees of belief, so belief cannot be a feeling. I cannot believe that p more than you do, although I may be more certain than you that p. I cannot believe that p just a little or very much, although I can be inclined a little or very much inclined to believe that p. Of course, one may strongly or firmly believe that p (though not “weakly” or “moderately”), but this does not indicate a degree of belief. It signifies the strength or firmness with which one cleaves to the belief one has. It is the ease or difficulty of shaking the belief in question, and not the belief itself, that has degrees. It makes sense to ask how convinced, doubtful, suspicious, confident, etc. someone is that p, but not to ask how belief-ful or how much one believes that p. It is the belief-related adjectives that do this work, not the noun “be-
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lief”. The evidence I have in favour of its being the case that p may increase, but my belief that p does not therefore increase, although my conviction, certainty or confidence that p will. Fourth, the difference, which puzzled Hume, between merely entertaining the idea or proposition that p without believing that p and believing that p does not turn on the absence of feeling in the first case and its presence in the second. Merely to entertain the idea that p is to be able to say what “p” means, to wonder whether p or to imagine that p, without the idea that p constituting a fully qualified premise (by contrast with a mere assumption or supposition) in one’s theoretical or practical reasoning. But if one believes that p, then that p is something which one accepts, ceteris paribus, as a reason for one’s thinking, feeling or acting in a certain way if appropriate circumstances arise.2 Fifth, if having the belief that p were a feeling associated with the idea that p, and if the putative feeling is conceived to be a mere sensation, as Hume seems implicitly to suppose and Russell explicitly avers, then it would be altogether obscure why the evidence for its being the case that p should provide good reasons for believing that p. For such feelings can have causes but not grounds or reasons. But if the feeling is not a sensation, as feelings of conviction, confidence, doubt or suspicion, hope, fear or expectation, surprise, astonishment or disappointment are not, then it is not a feeling that can be associated with the idea or proposition that p, since it is not an accompaniment of the idea or proposition entertained, nor can it be detached from its content while remaining the same. For the identity of the feeling of F, when one F-s that p, is partly determined by that which is F-d. The difference between fearing that p and fearing that q is not that the very same feeling is attached now to the idea that p and now to the idea that q, for the that p and the that q which one fears are not kinds of objects with which feelings can be associated. Sixth, if the feeling which one’s believing is alleged to be is not a sensation but a doxastic feeling such as feeling that p, feeling convinced, certain or sure that p, or hoping, fearing or expecting that p, i.e. an “intentional” feeling, then such feelings seem uniformly to presuppose the concept of 2
This formulation requires further refinement in order to distinguish merely accepting that p, e.g. for the sake of argument, and believing that p.
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belief and so cannot be invoked to explain it. Far from such feelings being indefinable, primitive or unanalysable, they are all explicable in terms of believing. Finally, the claim that believing that p is a kind of occurrent feeling associated with presently thinking about the idea that p fails altogether to account for the fact that if one believes that p, one’s belief does not cease when one ceases to reflect on the idea. Indeed, one may believe that p for many years, without the thought that p even crossing one’s mind. One can try to budget for this by distinguishing between the putative belief-feeling and a disposition to have it. This will be examined below. 3 Belief and Mental States A much more popular view in the twentieth century has been that belief is a mental state, state of mind or psychological state, these being taken to be roughly synonymous; sufficiently so, at any rate, for the different nuances associated with each to be irrelevant to the categorial classification. So, for example, Donald Davidson (2001a, 40) held that beliefs are correctly called “states of mind”, that “having a belief is […] being in a state” (Davidson, 2001b, 74). John Searle (1983, 1-4) holds that beliefs are “intentional mental states”, and Timothy Williamson (2000, 21) writes of believing that p as “the paradigmatic mental state”. What speaks for this view? First, “to believe” syntactically approximates verbs which belong to the grammatical category of “static” or “stative” verbs, which are commonly held to signify states. Second, like states, beliefs are often acquired at a time3, are had for a time, and often cease at a time (e.g. when one discovers that things are not as one believed them to be) or fade away. It is held to be a mental state in which we are throughout our waking lives and, it has sometimes been added, often too when we are dreaming (cf. Price 1969, 24). It is an intentional mental state which has a content (cf. Searle 3
Why “often”? One may be able to say when one came to believe that p, e.g. when someone imparted the relevant piece of information to one, or when one came to the conclusion that p. But can one say when in childhood one came to believe that there are fairies or ghosts, or when one came to believe that the path of virtue is better than the path of pleasure (or vice versa)?
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1983, 1). Some philosophers hold that the state which believing something consists in is also a state that can “interact” with other mental states. It is conceived to “underlie” sincere assertion, and to be implicated in the aetiology of many different kinds of action.4 And it is commonly argued that it is identical with some neural state of the brain (for example, Quine 1990a, 71; 1995, 87). Whether these substantive claims make sense, a fortiori whether they are true, depends upon whether it is correct in the first place to conceive of believing something as a mental state. Neither the general concept of a state of a thing or of a state of affairs nor the more specific concepts of a state of mind or mental state are sharply defined. Moreover, the relation between them is not perspicuous. At any rate, it would be precipitate to assume prior to investigation that a mental state is simply a species of the general category of a state, coordinate with that of non-mental states. The concept of a state of things is no less of a rough and ready instrument than that of an object. Derived from the Latin status, what it signifies in its primary uses is associated in one way or another with the idea of a manner of standing, a condition, or a combination of circumstances or attributes belonging at a given time to a person or thing. Like objects, states can be said to exist; unlike objects, events or processes, states obtain rather than happen or take place – as do events – or go on or occur – as do processes and prolonged events. They persist through a period of time and do not have temporal phases, for unlike the categories of processes and of prolonged events like parties and battles, they are not, in their relevant individuative features, dynamic. A thing or person is said to be in a given state. “State” has application, in one specialised use, to stuffs and quantities of stuffs, as when we speak of the solid, liquid or gaseous state of a given stuff or quantity thereof – solidity, liquidity and gaseousness being different states of matter. Ice is water in a solid state and steam is water in a gaseous state. The term “state” is at home when we are concerned with the various forms or conditions in which an object, mineral, vegetable or animal, is found to exist, or a phase or stage of the existence of such a thing. We speak of a substance as being in a crystalline 4
Stich (1983, 230) holds this conception to be part of what he calls “the folk-psychological” idea of belief.
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state, of plants or animals as being in an immature state, of insects being in a larval or pupal state. In a more particularised manner, we speak of an animate creature’s state of health, of a person’s state of prosperity. A state of something, e.g. of the room (tidy and neat or untidy and dirty), of the lawn or garden (well-kept or gone to seed), of the economy (overheated or in a deflated state) or of the nation, is the overall (context relevant) condition of the thing. More generally, we talk of the state of play with respect to a given stage or phase of an evolving matter. At an even higher level of generality, we speak of a state of affairs or state of things, signifying the way in which certain events or circumstances stand disposed at a given time. It is important not to let this nebulous category spiral out of control. It is surely mistaken to conceive of our talk of states of things as no more than a stylistic variation on ordinary predication. For it is plainly false that whenever a predicate “F ” is truly applicable to some object a, then it is true that a is in an F state or state of F-ness. The sun may be shining, but it is not in a state of shining; the lawn may be green, but would not be said to be in a green (as opposed to a well-kept) state; a building may be old, but hardly in an old, as opposed to a decrepit or dilapidated, state. A painting may be in an unrestored state, and it may be French or Italian, important or unimportant, but not in a French or Italian, important or unimportant state. It is not clear to me why that is so, but that it is so is evident. One factor seems to be that something can be said to be in an S state only if it might, without loss of identity, fail to be in an S state. When we turn to the notion of a mental state, it is evident that mental states are both like and unlike states of things.5 It is people (and other higher animals) who enjoy or endure different mental states. They are distinguished from other states in which people find themselves, such as states of welfare or illfare – e.g. of health or wealth, decrepitude or prosperity – as well as moral states such as innocence, grace or corruption. For mental states are states of consciousness, i.e. states in which a person is while conscious (awake). Paradigmatic mental states are moods and occurrent emotional states. We speak of being in a state of acute anxiety, depression or excitement. We say that A is in a cheerful, elated, gloomy, despondent or agitated state of mind today, or that he is in a pensive, reflective, tranquil 5
The following discussion is indebted, inter alia, to Hunter 1980; 1990, 17-23.
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state of mind. When a person is in such a state of mind, he feels cheerful, elated, joyful, gloomy, melancholic, agitated, anxious, excited or depressed. It is, however, noteworthy that we also speak of states of attention or inattention, as when we say of someone that he is in a state of intense concentration or in a dreamy state of mind. Unlike the former group, these are not bound up with feelings. In general, mental states admit of degrees of intensity, for one can be mildly or acutely anxious, slightly or completely depressed, moderately or extremely cheerful, and hence too of quantity, for one may wish oneself or another less anxiety, more cheerfulness and much joy. Because mental states are states of consciousness, they do not persist through periods of loss of consciousness or sleep. One does not cease to be in a healthy state or impecunious state just because one is asleep, but one does cease to be in a melancholic or dolorous mood. Sleep does not guarantee that one will not be in the same unhappy state of mind when one awakes, but it does give one respite from one’s suffering. No matter how cheerful, joyous or elated one has been in the course of the day, one does not continue to feel cheerful, joyous or elated when one falls asleep – for one feels nothing while asleep. Mental states, therefore, have what Wittgenstein (1967, §§ 71-85, 472) denominated “genuine duration”. They can be interrupted by distraction of attention, as when one’s acute anxiety or melancholic feelings are alleviated by the visit of a friend, only to flood back when he departs, or as when one’s state of concentration is disturbed and broken off by a telephone call but is later resumed. This makes for an important difference between mental states and other states of a person as well as non-personal states of things. The distinction is useful. Indeed, it is by reference to it that we distinguish between being in such and such a mental state and having a corresponding standing disposition, which is sometimes characterized as being in a dispositional state. Dispositions and dispositional states have duration all right, but not genuine duration. Being of an irritable disposition is not a mental state at all, but a trait of temperament. Feeling irritable, a mood which may last all morning but be alleviated by a pleasant luncheon party, is a mental state. With these elucidations in mind, we can turn to the question at issue: Is belief a mental state? Is to believe something, to have a belief, to be in a certain mental state? Many considerations speak against this supposition.
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First, mental states are things one is in. One can be in a cheerful, depressed or neurotic state, or in a state of intense excitement or elated anticipation. But there is no such thing as being in a state of believing that p, any more than there is such a thing as being in a state of knowing that p. No one would answer the question “What sort of mental state is A in today?” with sentences of the form “He is in a state of believing that p”. Second, commonly, though not uniformly, if a noun signifies a mental state, then there is a corresponding adjective which goes with the verb “to feel”. Hence, corresponding to depression, anxiety, joy, cheerfulness, excitement, elation, agitation, despondency one may feel depressed, anxious, joyful, cheerful, excited, elated, agitated, despondent. A person’s being in such a state is then describable by the use of the progressive or imperfect tense, as in “A is feeling cheerful, anxious, despondent” or “A has been feeling agitated, worried, depressed ever since hearing the bad news”. But although one may hear the good news that p and believe what one hears, and although the good news may make one cheerful, it cannot make one belief-ful – since there is no such thing –, a fortiori it cannot make one feel belief-ful either. Nor do we have any use for such forms of words as “Ever since hearing the bad news, A has been believing …” or “Having heard the good news I am now believing …”. It is true that one may feel convinced that p. But a feeling of conviction is no more a state of mind than is believing that p. “A feels (more or less) convinced that p” signifies the degree to which one embraces or cleaves to the belief that p, the extent to which one places one’s trust or reliance upon the premise that p in one’s reasoning. What makes one feel convinced that p, if anything, is the evidence for its being the case that p. But what makes one feel depressed that p is not the evidence for its being the case that p but the fact that p itself. Similarly, as we have seen, one may indeed feel that p, e.g. have a presentiment that p. But to have a presentiment that p is not to believe that p; rather, that p is what, without determinate grounds, one is inclined to believe is the case. Third, mental states, because of their relation to feelings, which may be pleasant or unpleasant to endure, or their relation to attention, which may involve effort, can be exhausting or tiresome, innervating or enervating. One may be tired of being depressed, exhausted by long bouts of concentration or attention. But one cannot be tired of believing that p or worn
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out as a result of believing that q. Nor can one enjoy believing that p or take pleasure in believing that p. Fourth, mental states are states of consciousness. But believing that p is not a state of consciousness at all. One does not cease to believe all that one believes merely because one falls asleep or loses consciousness. States of consciousness such as cheerfulness or depression occupy one, colour one’s thoughts and feelings. If one believes that p, then that it is the case that p may (or may not) from time to time preoccupy one. It may (but need not) colour one’s thoughts about related matters, but will not colour one’s thoughts in general unless it makes one cheerful or depressed, etc. – and then it is one’s cheerfulness or depression, etc. that colours one’s thoughts. Though one may have believed that p for twenty years, one has not believed it intermittently – one’s belief state being interrupted daily by sleep – nor continuously, any more than if one has learnt that p and not forgotten it, one has known that p continuously. There is such a thing as an intermittent belief, but it is not a belief that is interrupted by sleep or distraction. Rather it is a matter of first believing that p, then ceasing to believe it, being convinced again and then again coming to think that it is mistaken. Fifth, being states of consciousness, mental states have genuine duration. But belief does not exhibit genuine duration. Reading such and such a report twenty years ago may have convinced one that p, and one may have believed that p ever since. The evidence in the report may have put one into a state of excitement or depression for an hour or two, but it cannot have put one into a state of believing that p for twenty years. One’s state of depression or elation may be interrupted by something that distracts one’s attention and later resumed. But distraction of attention cannot interrupt one’s believing that p any more than it can interrupt one’s knowing that p. We may ask someone whether he is still feeling cheerful or depressed, or whether he is still concentrating on the matter at hand. But we cannot query “Are you believing me?” as opposed to “Do you believe me?” or “Are you still believing the story?” as opposed to “Do you still believe the story?”. Sixth, one can be in a despondent state of mind and in an anxious state of mind at the same time, just as one can feel cheerful and excited. But one cannot be in indefinitely many states of mind simultaneously. By contrast, one holds indefinitely many beliefs at a given time. Indeed, countlessly
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many, for there are no clear criteria for countably individuating beliefs. If someone believes that a certain book cover is red, he believes that it is not green, blue, yellow, etc. – is his belief the same mental state or a number of different ones? If he believes a certain object to be three foot long, then he believes it to be more than one or two foot long and less than four, five, six, etc. foot long. Are these all the same belief or different ones? Seventh, mental states have characteristic behavioural manifestation and facial expression. A person who is feeling cheerful has a cheerful demeanour, a person who is in a state of anxiety exhibits his worry in his drawn face, and a person who is in a state of concentration has his attention sharply focussed and is relatively impervious to his surroundings. To be sure, incredulity has characteristic manifestations, as does believing a person who recounts a tale. But one cannot read off the indefinitely large set of my beliefs – the huge range of putative belief-states I am supposedly in – from my face and demeanour. It is true that one can conceal one’s belief, but that is not at all like concealing one’s anxiety or agitation. For in the former case, but not the latter, one does not suppress any natural expression of belief. (Of course, one can suppress one’s manifestations of incredulity or disbelief when someone tells one a tall story.) Eighth, the subjective epistemology of belief is unlike the subjective epistemology of mental states. One may be asked whether one is in an anxious, depressed or cheerful state of mind, and one may be asked whether one believes that p. Normally, if one is asked how one is feeling or what mood one is in, one says, without grounds or evidence, that one is feeling quite cheerful or that one is feeling thoroughly depressed, etc. One’s sincere utterance, which may also be a report on how things are with one, is itself a manifestation of cheerfulness or misery, etc. One’s word has special authority, not because one has privileged knowledge, but precisely because one’s utterance, being a manifestation of one’s state of mind, is a criterion for another to assert that one is in such and such a mood. In some cases, however, one may hesitate to avow that one is feeling thus or otherwise. One may be unsure whether one is really feeling depressed or just a little downcast, really anxious or just feeling a little trepidation, genuinely feeling cheerful or just keeping a stiff upper lip. In such cases, one introspects, which is not to “peer into one’s mind”, but rather to reflect on one’s
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current or recent behaviour, responses and reactions, feelings and thoughts, on how one would respond if such and such were to occur. One may similarly be asked whether one believes that p or not. In some cases, one will respond unhesitatingly yea or nay. But often one may hesitate, being unsure whether one believes that p or not. But if one is unsure whether one really believes that p, one will typically reflect on the evidence for its being the case that p – not on the evidence for one’s believing that p, let alone on any evidence for one’s being in one mental state rather than another. For to be unsure whether one believes that p is not to believe that p or not to believe that p and to be unsure which, rather it is not to have any firm belief either way. By contrast, to be unsure whether one is really feeling depressed or just tired, cheerful or just keeping one’s spirits up may well be to feel either depressed or not depressed, cheerful or just whistling in the dark, and unsure which it is. The upshot of reflection on the evidence for its being the case that p is not that one finds out that one “has been believing that p” all along or even that one believed that p all along, but rather that one comes to the conclusion that p (or not-p). One makes up one’s mind, rather than delves into it to discover one’s state of mind. Similarly, I may realise, having reflected on my behaviour, that I am in an anxious or irritable state of mind today. But I don’t realise, as I put on my raincoat and take an umbrella, that I believe that it is going to rain, let alone that I am in a believing-that-it-will-rain state of mind. Ninth, it may be hard to believe that p, but that does not mean that it is hard to get oneself into a certain state of mind – as it is hard to be cheerful in the face of adversity. It means that it is difficult to explain away all the evidence that speaks against its being the case that p. Similarly, one sometimes cannot help believing that p, but that is not at all like not being able to help feeling anxious, despondent or excited. It means that, despite the absence of evidence or the thinness of the evidence for its being the case that p or despite the countervailing evidence, one still cleaves to the belief that p. Tenth, a mental state could not have the consequences of believing that p. If A believes that p, then it follows that A is either right about
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whether it is the case that p or wrong.6 No such consequences flow from the fact that A is in a cheerful state of mind or in a despondent one. It is no coincidence that “I believe”, like “I know”, “I suppose”, “I conjecture”, “I guess”, “I think”, etc. can occur parenthetically, as in “Such and such is, I believe, thus-and-so”. The focus of what is thereby said is on how things are being asserted to be, not on the mental state of the speaker. But expressions signifying mental states do not have such parenthetical occurrences. 4 Is Belief a Disposition? The idea that to believe that p is a disposition has been popular among philosophers since Ryle’s The Concept of Mind, but the idea is older. Bain, for example, contended that belief must be defined in terms of behaviour. “Belief ”, he wrote at the beginning of his chapter on that subject, “has no meaning except in reference to our actions […]. [N]o mere conception that does not directly or indirectly implicate our voluntary exertions can ever amount to the state in question” (Bain 1859, 568). In a later work he wrote (1872, 100): “I consider the correct view to be, that belief is a primitive disposition to follow out any sequence that has once been experienced, and to expect the result.” The idea was further developed by Braithwaite in the 1930s, who argued that to believe that p is to entertain the proposition that p and to have a disposition to act as if p were true. Entertaining a proposition, which, on his view, is no more than understanding the sentence which “stands for” or “expresses” it, is “subjective or phenomenological”; the disposition to behave is “objective or behaviouristic”; and it is the latter which “is the differentia of actual belief from actual entertainment” (Braithwaite 1932-33, 129-146). The dispositional account was made prominent by Ryle (1949, 134), who argued that neither “know” nor “believe” signify occurrences. They are both what he called “dispositional verbs”, but of quite disparate types. “Know” is a capacity verb, whereas “believe” is a tendency verb, which, unlike “know” does not signify an ability to get things right or bring things off. “Belief ”, he noted, can be qualified by adjectives such as “obstinate”, “wavering”, “unswerving”, n
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See Collins 1987, Ch. II, where this point is developed at length.
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“unconquerable”, “stupid”, “fanatical”, “whole-hearted”, “intermittent”, “passionate”, “childlike”, some or all of which are appropriate to “trust”, “loyalty”, “bent”, “aversion”, “habit”, “zeal” and “addiction”, which are perspicuously tendency nouns. Beliefs, like habits, can be inveterate, slipped into or given up; like partisanships, devotions and hopes, they can be blind and obsessing; like aversions and phobias, they can be unacknowledged; like fashions and tastes, they can be contagious; and like loyalties and animosities, they can be induced by tricks. Quine (1990b, 20) adopted a like view, holding that “A belief, in the best and clearest case, is a bundle of dispositions. It may include the disposition to lip service, a disposition to accept a wager, and various dispositions to take precautions, or to book a passage, or to tidy up the front room, or the like, depending on what particular belief it may be.” Some philosophers who have argued that having a belief is a mental state have simultaneously assumed that it is a disposition. It is a disposition which obtains for a period of time, and so may be denominated “a dispositional state”. Qua dispositional state it is held to be comparable to having a prolonged depression, being of an irascible or cheerful disposition. These have duration, but not genuine duration. One may contrast being in a depression for many weeks with feeling depressed during the afternoon – the former being a dispositional state, the latter a mental state with genuine duration. Applied to belief, this can be taken in various ways. One may take the having of the belief that p as a dispositional state, which is manifested in doing whatever having the belief that p is taken to be a disposition to do. Alternatively, it can be taken to capture the difference between believing that p, construed as a state lacking genuine duration, and having the belief that p in mind, currently occupying one’s thoughts. Thus construed, the distinction might be thought to coincide with the distinction between unconscious and conscious beliefs. Thus Searle (1992, 188) holds that “when we describe a man as having an unconscious belief, we are describing an occurrent neurophysiology in terms of its dispositional capacity to cause conscious thoughts and behaviour”. Dispositions or dispositional properties are defined by what they are dispositions to do. Some dispositions may manifest themselves in appropriate circumstances in only one way – sometimes called “single-track dispositions”; others manifest themselves in multiple ways, and are accord-
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ingly referred to as “multi-track dispositions”. Among inanimate dispositions, solubility is a single-track disposition which is exhibited in dissolving in a given solvent in appropriate conditions, whereas hardness is a multi-track disposition which is manifest in resistance to deformation, in emitting a sound if struck, in scratching softer surfaces, in resilient objects’ bouncing off the hard object on impact, etc. If believing that p is held to be a disposition and having a belief a dispositional property, then one must specify whether it is a single-track or multi-track disposition, and what it is a disposition to do. It has been suggested by L. J. Cohen (1992, 1-39) that to believe that p is not a disposition to do anything, but rather a disposition to feel – in particular, a disposition to feel it true that p, irrespective of whether one is or is not willing to act, speak or reason accordingly. Others have argued that to believe that p is a disposition to act. If so, the character of the act that exhibits the disposition must be specified. Some have suggested that it is a disposition to bet that p. Others, such as Braithwaite, that it is a disposition to behave as if it were true that p. The plausibility of this construal is increased when it is explicitly argued, as it was by Ryle (1949, 134f.), that belief is a multi-track disposition: “To believe that the ice is dangerously thin”, he wrote, “is to be unhesitant in telling oneself and others that it is thin, in acquiescing in other people’s assertions to that effect, in objecting to statements to the contrary, in drawing consequences from the original proposition, and so forth. But it is also to be prone to skate warily, to shudder, to dwell in the imagination on possible disasters and to warn other skaters.” White (1991, 131) moulded Ryle’s account to fit the general contours of Braithwaite’s, arguing that belief is a multi-track disposition to behave as if it were the case that p, where “behave” includes both acting and reacting, in both word and deed, in thought and action (see also Quine, quoted above). The affinities between believing that p and dispositions are certainly greater than its affinities with mental states. In the first place, dispositions, unlike mental states but like beliefs, are not states of consciousness. So, like beliefs but unlike mental states, they lack genuine duration. Second, belief, like behavioural dispositions, is connected to action. It is so connected in three very general ways. (a) The criteria for whether a person believes that p, like the criteria for whether a person has a disposition to V,
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are what the person does (and says) in certain circumstances. (b) An agent’s V-ing is often explained by reference to the fact that he believed that p, as it is also commonly explained by reference to the fact that he has a disposition to V or a tendency to V. So both beliefs and dispositions have a role in explaining action. But whether it is the same role or a different one needs investigating. (c) What is believed when it is believed that p, namely that p, is what the agent may give as his reason for V-ing. This feature, however, is obscured rather than highlighted by the dispositional analyses of belief. Third, it is correct that many of the adjectival and adverbial modifiers appropriate to “belief ” and “believes” are also appropriate to human dispositions, tendencies, pronenesses, habits, inclinations, liabilities and susceptibilities. But whether these affinities justify either the implausible claim that belief is a disposition or the more plausible claim that the concept of belief is a dispositional, i.e. tendency, concept is debatable. Before animadverting upon these claims, some elucidation of the general concept of a disposition and the more specific concept of a human disposition is needed. 5 The Concept of a Disposition – Inanimate and Human Dispositions of the inanimate are the active and passive powers of inanimate things or stuffs. Salt dissolves in water under certain specifiable conditions – the disposition to dissolve under those conditions is a passive power of salt and the disposition to dissolve salt under those conditions is an active power of water. The brittleness of normal glass and the fragility of a glass ornament are passive powers. The disposition of a magnet to attract iron filings is an active power. A kind of stuff or an object may have one kind of disposition or set of dispositions under certain conditions and different, even contrary, dispositions under other conditions. Steel is not brittle under normal conditions, relative to standard impacts, but it is brittle at very low temperatures. So too, a stuff or object may have a certain active power with regard to one kind of object or stuff but not with respect to another – as hydrochloric acid has the power to dissolve zinc or iron, but not gold, and as certain substances are poisonous (or nourishing) for one kind of living being but not for other kinds. So ascription of an active or passive
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disposition to a thing or stuff often requires, for full specificity, completion by mention of the conditions under which the disposition will be actualized or manifested and the patient or agent in relation to which it has the disposition in question. While solubility, fragility, brittleness, being magnetic or poisonous are dispositions, dissolving and being dissolved, breaking or being broken, magnetically attracting or being drawn towards a magnet, poisoning or being poisoned are actualizations or manifestations of active or passive dispositions. It is important to bear in mind the obvious fact that an object may have active or passive dispositions which it never manifests – for not every poisonous plant poisons anything and not every fragile vase gets broken. It is mistaken to identify a power with or reduce it to its actualization, as the Megarians and, much later, Hume did. The Megarians claimed that an agent can V only when it does V. Hume suggested that the distinction between a power and its exercise is entirely frivolous. But this is wrong. For salt is soluble even though in the salt cellar, paper is flammable even though not in contact with a flame, as billiard balls are movable even though not moving. To say that something has a power or disposition to V is, inter alia, to say that if certain conditions, consistent with the laws of nature, were satisfied, it would V. The fact that those conditions are not satisfied does not mean that the conditional is false. An inanimate object may have a disposition to V for a prolonged period or for a very short time and only under special circumstances (the adhesive power of a piece of sealing wax lasts for only about ten seconds after being heated). The moot question is whether human dispositions are akin to natural dispositions. The answer is surely: we must distinguish. Solubility, elasticity, flammability, conductivity, brittleness, etc. are dispositions of stuffs and of things. They are active or passive powers, abilities of stuffs and things to affect or be affected in certain ways by other stuffs or things. However, the powers of the inanimate are one-way powers. A magnet has the power to attract iron filings under appropriate circumstances. But it does not have the power not to attract such filings under those circumstances. Sugar is water-soluble – if it is immersed in water under appropriate circumstances, it will dissolve. It does not have the power not to dissolve in those circumstances. Things, or quantities or pieces of stuff, do things, act on other things, and in some cases can be said to have an action – but
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they do not take action, i.e. act, or perform an act or deed, they cannot be caught in the act or pursue a course of action. Though their powers are only manifested if appropriate conditions obtain, the obtaining of those conditions does not constitute an opportunity, but only an occasion, for the inanimate agent to do what it does and for the inanimate patient to undergo what it undergoes – for only what can forgo an opportunity can also have an opportunity, only what can take action can seize an opportunity to act. It is only animate beings with desires or will that have two-way powers, i.e. the power to V or not to V. The volitional abilities of animate creatures, i.e. the abilities which they can exercise at will, are two-way powers. Creatures such as we, with goals and purposes of their own, with wants and intentions, are not only beings who do things, but also beings who can do or refrain from doing things which they have an opportunity to do. We have the power to take action or refrain from so doing, to act or abstain according to our choice. Indeed, it is only in as much as we have the two-way power to V or not to V, that we can be said to V voluntarily, to V because we want to V or to V intentionally, and hence too, to choose to V, to try to V or to V on purpose. And it is immediately evident that two-way powers are not dispositions – although, to be sure, many dispositions are exhibited in the exercise of two-way powers. We do not say of a person who can or has the ability to V that he therefore has a disposition to V – for each person possesses innumerable abilities without having any disposition to exercise them (including the ability to kill, maim, mutilate or immolate oneself or others). It may well be that there are certain circumstances under which a certain person would kill himself or another – as there are certain circumstances under which even gold will dissolve. In the latter case it follows that gold is, under those circumstances, soluble – has a disposition to dissolve, for example, in aqua regia. But in the former case, it does not follow that the person has a murderous or suicidal disposition. Not everything which a human being can or is able to do, and under certain circumstances would do, qualifies as something which he has a disposition to do. The difference between inanimate powers and human volitional powers is important. It would be surprising if it did not affect our concept of a human disposition. Indeed, it would be precipitate to assume without argument that human dispositions in general are a species of a genus of which natural dispositions of the inanimate are another species. Hence too,
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it would be rash to infer from the fact that inanimate dispositions have a certain feature, for example, that a disposition may be possessed by a substance for only a few seconds, that it therefore makes sense to say of a human being that he has a disposition to V for a few seconds. Nor should one assume that because an inanimate object can be said to have a dispositional property which is never manifested (because, for example, there was no occasion for its manifestation), that it therefore makes sense for a human being to have a disposition which is never manifested. If these assumptions are correct, they must be shown to be so by independent argument and not by analogy with inanimate objects, for the animate and inanimate are not analogous in all respects. Of course, there are connections. Frequency concepts apply to both inanimate things and human beings. Hence we can speak, in the same sense, of inanimate and human tendencies or pronenesses: stressed metal is prone to metal-fatigue, linen tends to crease, and indolent people are prone to take things easy, whereas Stakhanovites tend to overwork. Tendencies and pronenesses are linked to frequencies of behaviour. Increases in tendencies or pronenesses are increases in the frequency of the occasions upon which they are manifest. So too, the notions of liabilities and susceptibilities apply to both inanimate things and to human beings. A fragile object is liable to break if dropped, although it (as opposed to things of its kind) does not have a tendency to break if dropped – it will break; and a person may be liable to succumb to temptation if the opportunity arises, but does not have a tendency to give in to temptation if no temptations ever occur. Human tendencies and pronenesses, unlike inanimate ones, can sometimes be controlled by their subject, suppressed or eradicated – as when one breaks a habit, controls one’s stammer or overcomes one’s shyness. The concepts of tendency, proneness, liability and susceptibility might all be termed “dispositional concepts” in the Rylean, technical sense of this term. But they do not signify dispositions. Smokers tend to smoke more when under pressure, are prone to spend too much money on cigarettes and are liable to contract cancer if they do not curb their habit.7 But smoking is a habit, not a dispo7
Note that a habit implies a regularity, but not every regularity implies a habit. One may have a habit of taking a nap in the afternoon, but it is not a habit to sleep at night. What is customary in a social group is not a habit. It was customary of Ro-
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sition, and the frequencies and liabilities associated with the habit are not dispositions either. Nevertheless, genuine human dispositions are linked with various tendencies, pronenesses and liabilities. A person of indolent disposition tends not to strain himself, a vain person is prone to boast, and a tactless man is liable to drop clangers. Dispositions are typically manifest, inter alia, in regularities of behaviour. What then are deemed dispositions? Primarily dispositions of health and traits of temperament and personality. It is less clear whether virtues and vices are rightly characterised as dispositions, although it is obvious that there is a blurred boundary-line between traits of personality and the virtues and vices. Dispositions of health do resemble inanimate dispositions. To have a disposition to catch cold is a liability or tendency. A person has a liability to catch cold if, were he exposed to infection or draughts, etc., he would more often than not catch cold. A person has a tendency to catch cold if he catches cold more often than not when he is exposed to infection, drafts, etc. Such a tendency involving something untoward implies a liability, but not vice versa. For what tends to happen must happen reasonably frequently, whereas what is liable to happen may never happen because the conditions for it to happen may never be satisfied (cf. White 1982, 114). Allergies are likewise physiological tendencies or liabilities, for example, to break out in a rash, to sneeze or to have breathing difficulties in response to stimuli such as pollen, horsehair, pollution, etc. These are passive tendencies or liabilities of the animate organism. Dispositions of health are susceptibilities of the organism, exhibited in the physiological reactions of the body. They are aspects of the physiological nature of the person. Like the dispositional properties of the inanimate, they are called forth by characteristic circumstances, defined by their causes and by what they are dispositions to do or undergo, and hence too by their characteristic manifestations.
mans to wear togas and is customary for men in western society to wear trousers, but it was not a habit of Romans to wear a toga and is not a habit of ours to wear trousers – although a Scotsman may be in the habit of wearing a kilt. What is a social (or medical) requirement (e.g. that one regularly brush one’s teeth) is not a habit.
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Dourness, taciturnity, cheerfulness, melancholy, vivacity, stolidity, sensitivity, delicacy, excitability, placidity, irascibility and irritability are very different. They are dispositions of temperament, and as the etymology of “temper” suggests, they are aspects of the nature of a person. They are dispositions concerning attitudes and modes of responsiveness, traits defined by what they are dispositions to be, feel, become or do, by the manner of one’s actions and reactions, e.g. to be stern or sullen, sensitive, delicate or excitable in one’s responses, to become annoyed with but little reason or to lose one’s temper. They are manifest in one’s facial expressions, tone of voice, gestures and demeanour, and in the way one reacts to what befalls one. Traits of personality, such as gentleness, brashness, timidity, pedantry, as well as sociable characteristics such as courteousness, politeness, tactfulness, and perhaps self-evaluative traits such as conceit, vanity, pride, humility are also dispositions. They verge upon, and in the case of the latter group, cross the boundary into, the sphere of the virtues and vices. Whether the virtues and vices are also dispositions is a disputed matter. Prudence, fortitude, industry, temperance, courage are among the self-regarding virtues, honesty, generosity, kindness, benevolence, charity, justice among the other-regarding virtues. We do say such things as “He is of a prudent (kindly, benevolent, charitable) disposition”. The virtues and vices are character traits, and one may be inclined to consider character traits and traits of temperament alike as human dispositions. Von Wright (1963, 142f.) has questioned this on the grounds that no act-category (i.e. category of acts named after the generic state of affairs instances of which result from their performance) or specific activity answers to a virtue or vice. Almost any act could, in some circumstance or other, be courageous. An act which is courageous in one circumstance and done by A need not be so in the same or different circumstances if done by B. The results of courageous acts need have no overt feature in common – what makes them courageous is not their result. Indeed, the result of any courageous act could also have been achieved through action which was not courageous. Hence virtuous acts cannot be characterized in terms of their results, and the virtues cannot be characterized in terms of their achievements. Rather, the acts which manifest a virtue or vice are characterized by reference to the virtue or vice
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they exemplify. This marks a conceptual difference between the virtues and vices on the one hand and habits on the other. However, dispositions of temperament are similarly not defined by an act-category which answers to each trait. And habits are not dispositions. Unlike human dispositions, habits are not generally viewed as aspects of the nature, personality or character of a human being, as both traits of temperament and the virtues and vices are. The habit of taking a walk every afternoon is not a trait or aspect of the temperament, personality or character of a person, although if done with clockwork regularity (as in Kant’s case), the habit may exemplify his rigorous punctuality. One may, like Kant, be of an orderly, reliable disposition, but not of a taking-a-walk-inthe-afternoon disposition. But it is true that concepts of traits of temperament and personality approximate tendency or frequency concepts. Someone who but rarely manifests charm, courtesy or tact in his social relations is not a charming, courteous or tactful person, but rather a person who can be charming, courteous or tactful. It seems true of at least some of the virtues and vices that they are less closely tied to tendency and frequency than traits of temperament and personality. A magnanimous or courageous man, by contrast with an irascible man, an alcoholic or a pedant, is not a person who has a tendency to do anything in particular, for the occasions in which magnanimity or courage is called for may be rare in his life. If that is correct, it may be a symptom of a deeper difference, namely that the exemplification of the virtues and vices is linked with motivation and reasons for action in a way in which the exemplification of the other traits is not. Consequently, the characterization of manifestations of traits of temperament and personality does not always involve reference to the motivation or rationale of the act which exemplifies the trait. Whether such differences justify denying that the virtues and vices are dispositions need not be settled here. The indisputable cases of dispositions suffice for drawing a variety of conclusions which can be brought to bear on the question of whether believing something is a disposition. Human dispositions may be innate or acquired, permanent or impermanent, modifiable or unmodifiable. Even if impermanent and modifiable, they are, at any rate, relatively abiding. Unlike inanimate dispositions, one cannot have a kindly, dour or cheerful disposition for only a few minutes, although one may feel cheerful for a few minutes and be disposed to be
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kind to A for only a few minutes. It is important to note that in the case of human beings, having a disposition to V is not the same as being disposed (inclined, or tempted) to V. One may indeed be and feel disposed to do something for a few moments, until one learns of a good reason not to, but one cannot have, for a few moments, a disposition to do something. Whereas one may be disposed to do a particular act on an occasion, e.g. go to the cinema tonight, one cannot have a disposition to perform a specific act on a given occasion, for dispositions are inherently general. While a vase can be fragile yet never be broken, a book inflammable yet never be burnt and a cyanide tablet poisonous yet never poison anyone, a person cannot have a cheerful disposition yet never be or feel cheerful, have a placid temperament but never be placid, be irritable by nature yet never get irritated. A timid man hesitates to speak in company, lacks confidence, shrinks from peril, etc., just as a pedant insists on dotting every “i” and crossing every “t” and a tactful person avoids embarrassing others. Roughly speaking, the criterion for whether a person has a certain disposition is whether, in appropriate circumstances, it is regularly exhibited as a manifestation of his temperament and personality. If, with respect to some disposition, no circumstance arises for A to exhibit it, then other things being equal, he cannot be said to have that disposition – the most one can say is that were circumstances to be or to have been different, then he would be or would have been … Finally, note that disposition names are typically abstract nouns, and that dispositions are essentially specified by what they are dispositions to do, to be, to feel, etc., i.e. by an infinitive and not by a that-clause. 6 Why Believing is not a Disposition Is believing that p a disposition? It seems evident that it is not. There are doxastic dispositions, to be sure. Gullibility and credulity are such. They are not dispositions to act, but rather dispositions to believe. One may say such things as “I believe any bad news these days”, and that, like “I am very irritable these days”, arguably does specify a disposition – credulity with respect to bad news. But “believing that p” is no disposition.
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First, dispositions are essentially characterized by what they are dispositions to do or undergo. Beliefs are essentially characterized by reference to what is believed to be so. The dispositionalist will respond that he is proposing an analysis of “A believes that p” – it means the same as “A has a disposition to V (or to V1 if C1, V2 if C2, etc.)”. But this is wrong. If A believes that p, he may be disposed to V. But (a) as we have seen, to be disposed to V is not the same as having a disposition to V. If one believes that N is arriving on the 12:53, one may be disposed (feel inclined) to meet him. But one cannot have a disposition to meet N today at 12:53, since dispositions are inherently general. Of course, one may have a kindly disposition, which is exemplified in one’s feeling disposed to meet one’s friend and, accordingly, in meeting him. But equally, one may have no such disposition, but be acting out of character. (b) If one is so disposed, it is because one believes that N is arriving on the 12:53 – it is not what having that belief consists in. Second, to explain behaviour by reference to a disposition is to explain it by reference to the nature, temperament or personal traits of a person. It is typically to explain it as instantiating a tendency, proneness or liability of the person. We explain A’s surprising response by pointing out that A is excitable, so tends to over-react, or that he is unflappable and dour, so is prone not to show his feelings, or that he is tactless, and so liable to drop clangers. But to explain A’s V-ing by reference to his belief that p is to explain it in terms of what A took as his reason for V-ing. “A V-ed because he has a disposition to V (is X-ful or Y-able)” explains A’s V-ing as instantiating a trait, tendency or liability of A. “A V-ed because he believed that p” explains A’s V-ing by reference to its rationale. Third, and correspondingly, one can justify or try to justify one’s Ving, on a certain occasion, by reference to what one believes. One’s V-ing may exemplify one’s disposition to V, but that one has a disposition to V cannot justify V-ing as citing what one believes may justify one’s V-ing. For if one believes that p, then that p may feature in one’s reasons for acting, reacting or thinking in a certain way. Fourth, attributing a disposition to a person, saying that he is dour or cheerful, placid or excitable, polite or tactless, timid or rash, is ascribing a trait to him. It is to characterize his nature, temperament or personality. To ascribe a belief to a person is to do no such thing, although the fact that he
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believes what he believes may reflect his credulous, gullible or suspicious nature. Believing that p may manifest different dispositions, but it is not itself a trait of any kind. Fifth, to know that A has a certain disposition, that he is irascible, gentle, timid, etc., is to know that he is prone or liable to act or react in certain ways in response to certain circumstances. But one can know that A believes that p without having any idea of what, if anything, A is prone or liable to do. A may believe that it will rain this afternoon – but there is no saying what A will therefore do (unless we also know his goals). He may stay at home or go for a walk, with or without an umbrella; bring in the deckchairs or leave them outside; tell someone that rain is likely or not tell anyone; answer the question whether it will rain truthfully or tell a lie, etc. – and none of these is what believing that it will rain consists in. Sixth, to know of one’s own dispositions is to know oneself, to know something about one’s own character and personality. One’s ability to say what dispositions one has typically rests on one’s knowledge of one’s past behaviour, feelings and responses. But one’s ability to say truthfully that one believes something or other is not typically an aspect of self-knowledge, and has no such grounds. Seventh, one may believe that p for a few moments, until one realises that what one was told cannot be true or until the triviality one read in the newspaper slips from one’s mind and is forgotten. But, as has been argued, it does not follow that one has a disposition of any kind for a few moments. Indeed, unlike inanimate objects, a person cannot have a disposition to V (as opposed to feeling disposed to V) for a few moments. Similarly, many of the passing beliefs one has never get expressed. But a human being, unlike an inanimate object, cannot have a disposition (as opposed to a liability) which is never manifested. Eighth, the criteria for whether a person has a disposition to V consist in what he says and does. Similarly, the criteria for whether a person believes that p consist in what he says and does. But that no more shows believing that p to be a disposition than does the fact that the criteria for whether a person is in pain also consist in what he says and does shows that being in pain is a disposition. Ninth, “I believe that p, but it is not the case that p” is a (kind of) contradiction. But “I have a disposition (or, better, I tend, am inclined or
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prone) to behave as if it were the case that p, but it is not the case that p” is not a contradiction of any kind, even though it calls out for an explanation of why one has such a tendency, given that one knows that it is not the case that p. It is easy enough to imagine appropriate explanations. (To be prone to behave as if it were the case that Stalin was a great and benevolent leader, even though he was not, was a dictate of self-preservation in Stalinist Russia.) Tenth, as noted above, if A believes that p then it follows that A is right if it is the case that p or wrong if it is not the case that p. But ascription of a disposition to A does not generally involve any such thing. But, if one ingenious dispositional account of belief is correct, this objection can be turned. L. J. Cohen (1992, 1-39) has married the merits of Hume’s analysis of belief as a feeling with the merits of the dispositional account of belief, while also preserving the crucial feature that believing that p involves being right or wrong about how things are. According to his analysis, to believe that p is a disposition, when attending to the issues raised by the proposition that p, normally to feel it true that p and false that not-p, whether or not one is willing to act, speak or reason accordingly. One discovers whether one believes that p by introspecting whether one is normally disposed to feel it true that p when considering the matter. To acquire new beliefs is to widen the range of credal feelings one is disposed to have. Contrary to Hume, belief is a disposition, not a current feeling. Many beliefs antedate their first being felt. One may have beliefs one never feels, and some beliefs may last only a few moments (as a glass which is smashed as soon as made was fragile for a few moments). Despite the ingenuity of this account, it is incorrect. Believing that p does not stand to feeling it true that p as being irascible stands to feeling angry. (i) To be of an irascible temperament is indeed to have a disposition, namely a disposition to lose one’s temper with minimal provocation. It is actualized when one becomes or feels angry. The criteria for being or feeling angry are behavioural manifestations of anger. The recurrent display of such behaviour in circumstances of minimal provocation constitute criteria for having the disposition. By contrast, believing that p is not a disposition which is actualized in feeling it true that p, for to feel it true that p is to have a hunch, intuition, intimation or suspicion that it is true that p (for brevity’s sake the prefix “that it is true” will be omitted henceforth).
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But, (a) to have a hunch or intuition that p is to feel some inclination to believe that p. Hence to explain what it is to believe that p by claiming that it is a disposition to feel some inclination to believe that p is either circular or generates an infinite regress. (b) the criteria for feeling that p, i.e. for having a hunch or intuition that p, are avowing or averring such a hunch or suspicion. But the criteria for believing that p are not recurrent manifestations of a feeling that p (of having a hunch that p), but rather asserting or assenting to the assertion that p, justifying or explaining one’s action by reference to its being the case that p, dissenting from the denial that p, etc. (ii) An irascible person is one who has a disposition to feel angry on the slightest provocation. If one is irascible, one may feel and become angry because, for example, A made a noise just now. But one cannot have a disposition to feel angry because A made a noise just now, although one may be liable to be angry if A makes a noise and prone to feel angry whenever A makes a noise. One may believe that A is making a noise now. But one cannot have a disposition to feel that A is making a noise now – for dispositions are general. So too, one may perhaps have a disposition to have hunches, intimations, presentiments, intuitions. One may clearly have a tendency or proneness to have hunches. But one cannot have a disposition, tendency or proneness to have a hunch that A is making a noise now. Of course, one may feel inclined (even disposed) to believe that he is. But it is not clear that it even makes sense to feel inclined or disposed to feel that A is making a noise now. For to feel that A is making a noise now is itself to feel inclined to believe that – so being disposed or inclined to feel would be a second-order felt inclination, and it is not obvious that there is any such thing as feeling inclined to feel inclined. (iii) One can have a vague feeling that p, i.e. a hunch or intimation. One can have a very strong feeling that p. But to believe that p is not a disposition to feel that p. For to have a vague feeling that p is not to believe that p, a fortiori not to have a disposition to do so, but to be inclined to believe that p. And to have a strong feeling that p is not to realize a disposition which believing that p is alleged to be, but rather to believe or to be strongly inclined to believe that p without adequate grounds. So one can feel very strongly that Jack and Jill will be happy. But while one can believe that they have been married (it was announced in the press), one cannot then feel very strongly that they have, any more than one can feel very
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strongly that if winter is here spring can’t be far behind or than, on seeing the wet pavement, one can feel very strongly that it has been raining. (iv) “Why do you believe that p?” is a request for one’s reasons for believing, or evidence for its being the case, that p. “Why do you feel that p?” or (if it makes sense) “Why do you have the disposition to feel that p?” is not a request for one’s reasons or evidence that p, but rather for an explanation of what induced the hunch or feeling (or the disposition to have it, if there is any such thing). (v) One may believe rationally, reasonably, wisely or foolishly that p if one’s reasons for believing that p are good or foolish ones. But one cannot rationally, reasonably, wisely or foolishly have a feeling or hunch that p, let alone the more dubious disposition to have such a feeling, since credal feelings and hunches do not rest on reasons, a fortiori not on good or foolish ones, the general proneness or tendency to have hunches or intuitions does not rest on reasons, and it is doubtful whether it makes sense to say that one has a disposition to have a hunch or intuition that p. Hence, (vi) one can ask “What should I believe about X ?” But that is not to ask “What disposition to feel true should I have about X ?” (which makes dubious sense) or “What should I be disposed to feel true about X ?”, which, like “What hunch should I be disposed to have?” can have no answer. For were an answer forthcoming it would be a reason for believing, not for being disposed to feel something to be true, i.e. for being inclined to have a hunch (if there is any such thing). Similarly, “What reasons are there to believe that p?” does not mean the same as “What reasons are there for having a disposition to feel it true that p?”. For even if there is such a disposition to have a particular hunch, the reasons for believing that p – if there are adequate reasons – eliminate any need for a hunch. What of the alternative dispositional analyses of believing? Is believing that p a disposition to act as if it were true that p or as if it were the case that p? The same verdict must be returned. For it is clear that believing that p is not, in the ordinary sense of the term, a disposition of any kind. It is not a trait of temperament, personality or character. Believing that p is no feature of the nature of a person. Explaining behaviour by reference to a person’s beliefs is not explaining his behaviour by reference to his dispositions to behave. What one believes when one believes that p, one may take to be a reason for V-ing in certain circumstances, but what
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one has a disposition to do cannot as such be taken as a reason for one’s doing anything, even though that one has such a disposition may be a reason for doing certain things, e.g. striving to eradicate it. And so forth. Nevertheless, it might be argued, the claim that to believe that p is a disposition to act as if p is not intended to equate belief with a disposition in the ordinary sense of the term. Rather it equates believing that p with a proneness or tendency to act in a certain way, namely to act as if it were the case that p or as if it were true that p. To claim, as Ryle did, that the concept of belief is a dispositional one is merely to classify the concept as a tendency or frequency concept. But this too is unsatisfactory. First, it is unclear whether one can obtain any grip on the phrase “acting as if it were true that p” or “acting as if it were the case that p” other than in terms of the explanation “acting as if one believes that p”. For what is it to act as if it were true that p? When one walks or jumps, is one acting as if the laws of gravity are true? Evidently, that is not what is meant. One might suggest that acting as if it is true that p is to act as if one took the putative fact that p as one’s reason (or part of one’s reason) for acting. But that is to act as if one believed that p, and there is no mileage in explaining what it is to believe that p in terms of acting as if one believed that p. Second, one decides to act, and consequently acts, as if it were the case that p precisely when one does not believe that p, indeed sometimes when one knows that it is not the case that p. It was rational, in Stalinist Russia, to resolve always to act and speak as if Stalin were a benevolent leader. More commonly, one may act as if it is the case that p despite knowing that not-p, precisely in order to prove that it is not the case that p – which, if Popper is right, is standard scientific methodology. If one believes that p, by contrast, one may decide to act, and consequently act, not as if it were the case that p, but because it is (unless one is mistaken, as far as one knows) the case that p. Third, one may have a tendency or proneness to act as if it were true that p without having any belief in the matter at all. Carnivores act as if it were true that proteins are nutritious, and herbivores act as if it were true that vegetable vitamins are beneficial. But it would be absurd to ascribe any such beliefs to foxes or rabbits. Fourth, one may believe that p, yet have no tendency whatsoever to act as if p. For what one believes in a particular case may have no bearing
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on anything one does. One may remember the trivial bit of news or gossip too briefly for it to enter into any piece of practical reasoning. Of course, one might be asked whether Kublai Khan was married to a Nestorian Christian, and answer that that is so. But one such answer no more makes a tendency than one swallow a drunk. Certainly, to believe that p is not the same as having a tendency to bet that p. For one may tend to bet on horses with pretty names, without believing that they will win. Equally, one may believe that Roaring Forties will win the 3:30 and not be the slightest disposed or feel in the least inclined to bet on it, since one is not a betting man; and there is no such thing as having a tendency to bet on Roaring Forties in today’s 3:30. To this it might be replied that if believing that p is not a tendency, surely it is at least a liability. If someone believes that p, then he is liable to act as if p if the occasion arises, i.e. if such and such circumstances were to arise, then he would act as if p. But this too does not work. For (a) someone may believe that p, but be sworn to secrecy or otherwise committed to not revealing that, unless he is mistaken, p. And (b) in so far as someone who believes that p is liable to act “as if ” p, that is precisely because he believes that p. The liability to act, if such there be, is not what believing that p consists in, but that A believes that p explains why he is liable to V if such and such circumstances arise. 7 The Moral of the Tale Having a belief is not a feeling or a mental state or a disposition. It is neither a behavioural tendency or proneness nor a liability to behave. What then is it? It is not at all obvious that there is any categorial term under which believing can illuminatingly be subsumed. There is certainly no reason for thinking that there must be. Our concepts evolved to meet the needs we have, not to satisfy the classificatory demands of a concept-classifying, category-hungry, Linnaeus. Our investigation has, as promised, given us a distinct idea of the nature of belief – or so I hope. But it has not yielded a clear idea. For that what must be done is to examine the needs which the concept of belief satisfies, what purposes it fulfils. We need to look closely at the use of the verb and the contexts of its use. That is an exercise for an-
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other occasion, but our investigation has at least thrown up some directions and guidelines. It should be evident that one primary use of the verb is to serve as a qualifier on assertions. The function of the qualifier is to indicate that the information being conveyed is not certain (which is not the same as the speaker’s not being certain) – that the possibility of things being otherwise cannot, on the speaker’s available evidence or sources, be excluded. Far from the speaker’s feelings, state of mind or behavioural dispositions being thereby described, it is the evidential weight behind, or grounds of, the qualified assertion that are being indicated. This is one centre of variation, around which some of the uses of “I believe” can be illuminatingly arranged, and with which the corresponding uses in the third-person and in other tenses can be juxtaposed. Here belong the parenthetic uses of “I believe”, as in “Things are, I believe, thus-and-so” and “Things are thus-andso, I believe”. Here “I believe” converges on one facet of “I think”. It is plausible to view this as the prototype. Having learnt the use of assertoric sentences, the child can then learn qualifiers such as “I believe” and “I think”, and the rather different uses of their third-person cognates. A second centre of variation is not far removed from the first. This is the use of “I believe” not so much to qualify an assertion, but to indicate the derivative source of the information being conveyed. Here “I believe” approximates “I gather”, and diverges from “I think”. “I believe (gather) that you have a beautiful garden” indicates information imparted by others, “I think that your garden is beautiful” is the expression of a judgement or opinion after seeing for oneself (see Rundle 1997, 77f.). Here the use of “I believe” emphatically eschews taking a stand on the matter. Rather, the speaker indicates that he is taking it on trust that things are so – that is what he has heard. A very different role of “I believe” is being fulfilled when the phrase is used as a prefix to an assertoric sentence to indicate endorsement or commitment. Here the speaker manifestly does take a stand. Here, unlike the previous cases, the utterance is also, and may be primarily, autobiographical. In this use, the phrase “I believe” is not happily moved to a parenthetical position, for the content of the declarative sentence operated on is not being qualified. Rather the speaker’s stand is being announced. Hence too, “I believe”, thus used, is unlike the more tentative “I think”. It
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is often linked with having faith, trust or confidence in something or someone. And, of course, that is no coincidence, in as much as it connects the use of “I believe that” with “I believe A” and “I believe in A”. These are the directions to explore – not the futile search for an appropriate category, let alone an unreflective commitment to an inappropriate one. What we shall find will be, as it were, an untidy scatter of points on a graph. But, as Wittgenstein observed, if we try to tidy them up so that a line can be drawn through them, we shall do no more than falsify the grammatical facts and distort the very concept we are trying to survey. Bibliography Bain, A. 1859: The Emotions and the Will, John W. Parker and Son: London. Bain, A. 1872: Mental and Moral Science, 3rd ed., Longmans: London. Braithwaite, R. B. 1932-33: “The Nature of Believing”, in: Proceedings of the Aristotelian Society 33, 129-146. Cohen, L. J. 1992: An Essay on Belief and Acceptance, Clarendon Press: Oxford. Collins, A. W. 1987: The Nature of Mental Things, University of Notre Dame Press: Notre Dame / Indiana. Davidson, D. 2001a: “The Myth of the Subjective”, repr. in his Subjective, Intersubjective, Objective, Clarendon Press: Oxford, 39-52. Davidson, D. 2001b: “Indeterminism and Antirealism”, repr. in his Subjective, Intersubjective, Objective, Clarendon Press: Oxford, 69-84. Hume, D. 1739: A Treatise of Human Nature, Oxford University Press: Oxford 1976. Hunter, J. F. 1980: “Believing”, in: Midwest Studies in Philosophy 5, 239-260. Hunter, J. F. 1990: Wittgenstein on Words as Instruments, Edinburgh University Press: Edinburgh. James, W. 1890: The Principles of Psychology, Vol. II, Henry Holt and Co.: New York. Price, H. H. 1969: Belief, Allen and Unwin: London. Quine, W. V. O. 1990a: The Pursuit of Truth, Harvard University Press: Cambridge/ Mass. Quine, W. V. O. 1990b: Quiddities, Penguin Books: London. Quine, W. V. O. 1995: From Stimulus to Science, Harvard University Press: Cambridge/Mass. Ramsey, F. P. 1931: “Facts and Propositions”, repr. in The Foundations of Mathematics and Other Logical Essays, Kegan Paul, Trench, Trubner and Co. Ltd.: London, 138-155. Rundle, B. 1997: Mind in Action, Clarendon Press: Oxford. Rundle, B. 2001: “Objects and Attitudes”, in: Language and Communication 21, 143156. Russell, B. 1921: Analysis of Mind, Allen and Unwin: London.
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„Nach Leibniz’ Gesetz ergibt sich …“ Über einen verbreiteten Fehlschluss Benjamin Schnieder (Hamburg)
Dieser Beitrag diskutiert eine unter Philosophen durchaus beliebte, jedoch fehlerhafte Schlussform. Man muß freilich eingestehen, dass ihre Fehlerhaftigkeit außerordentlich gut verborgen ist. Bedient sich doch selbst Wolfgang Künne eines Schlusses dieser Form, wenn er in seiner Studie Conceptions of Truth dafürhält, dass man das, was jemand mit einer Äußerung eines beliebigen Satzes sagt (d.h. die Proposition, die mit der Äußerung des Satzes ausgedrückt wird), niemals mit der Bedeutung des geäußerten Satzes gleichsetzen darf. Das zentrale Argument, das er dafür anführt, lautet wie folgt:1 What Ann said […] may be plausible or implausible, remarkable or trivial, well supported or completely unsubstantiated, but a sentential meaning does not have any of these virtues or vices. What Ben […] said may be confirmed or repudiated, endorsed or challenged, it may be universally acknowledged or contradicted in some quarters, but no sentence-meaning ever undergoes any of these vicissitudes. What is said in an utterance of a sentence has ever so many properties that are not shared by the meaning of the sentence uttered even if the sentence is stable. Hence, by Leibniz’ Law, propositions are not sentential meanings. (Künne 2003, 372) Die Schlussform, um die es mir gehen wird, ist durch ein bestimmtes inference ticket, das „by Leibniz’ Law“, gekennzeichnet. Von Prämissen 1
Das Argument übernimmt Künne im Wesentlichen von Richard Cartwright (1962, 50).
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einer bestimmten Art, so die Idee, rechtfertigt ein bestimmtes Prinzip, eben Leibniz’ Gesetz, den Übergang zu einer bestimmten Konklusion. Doch bevor ich im Detail auf dieses Argumentationsmuster eingehe, widme ich meine Aufmerksamkeit dem vermeintlichen Geburtshelfer, indem ich im nächsten Abschnitt die Frage beantworte, was eigentlich mit diesem Gesetz von Leibniz gemeint ist. Erst im übernächsten Abschnitt komme ich, nach erfolgter Bekanntmachung mit besagtem Prinzip, auf Künnes Argument und ähnliche Fälle zu sprechen – und auf ihre Fehlerhaftigkeit. 1 Leibniz’ Gesetz(e) Ich werde in diesem Abschnitt die These, die in den erwähnten Argumenten als Leibniz’ Gesetz in Anspruch genommen wird, von einigen anderen Prinzipien unterscheiden, die leicht mit ihr verwechselt werden. In Bezug auf das hauptsächliche Anliegen dieses Aufsatzes enthalten die folgenden Seiten daher in erster Linie Vorgeplänkel, doch sollte eine Klärung des Feldes in jedem Fall auch zum Verständnis der Bedeutung und der Grenzen des relevanten Prinzips, Leibniz’ Gesetz also, beitragen. 1.1 Prinzipien über Identität, Ununterscheidbarkeit und Unterschiedslosigkeit Was dieser Tage als Leibniz’ Gesetz firmiert, ist gar nicht ein einzelnes Prinzip; vielmehr gibt es verschiedene Gruppen von jeweils drei eng verwandten Prinzipien, die jedes für sich genommen dann und wann unter diesem Titel anzutreffen sind. Meistens werden die Prinzipien, die als Leibniz’ Gesetz gehandelt werden, auch noch mit einem alternativen Titel versehen: Einerseits ist die Rede vom (PUI) Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen, andererseits vom (PIU) Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren.2 2
In der meist englischsprachigen Fachliteratur: „The Principle of the Indiscernibility of Identicals“ bzw. „The Principle of the Identity of Indiscernibles“.
„Nach Leibniz’ Gesetz ergibt sich …“
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Die Titel suggerieren, dass die benannten Prinzipien Antwort geben auf die Frage: Welcher Zusammenhang besteht zwischen (i) der Ununterscheidbarkeit von x und y und (ii) der Identität von x und y (wobei x und y beliebige Gegenstände seien)? Man sollte erwarten, als (PUI) in etwa die folgende Antwort anzutreffen: (1.i)
Was identisch ist, ist ununterscheidbar;
und als (PIU) wiederum diese: (1.ii) Was ununterscheidbar ist, ist identisch. Die Konjunktion der beiden Prinzipien wäre dann: (1.iii) Was identisch ist, ist ununterscheidbar, et vice versa – womit bereits ein Trio von Thesen benannt wäre, die manchmal den Titel „Leibniz’ Gesetz“ erhalten. Aber ich habe von mehreren Gruppen von Prinzipien gesprochen. Kurioserweise ist in Ausformulierungen der (PUI) und (PIU) betitelten Thesen häufig keine Rede von Ununterscheidbarkeit. Der Begriff ununterscheidbar hat offensichtlich einen epistemischen Aspekt. Etwas zu unterscheiden ist eine kognitive Handlung, die von einem denkenden Wesen vollzogen wird.3 Doch was man meistens antrifft, sind Formulierungen, in denen die Identität von x und y in Zusammenhang mit dem Umstand gebracht wird, dass x alle Eigenschaften mit y gemein hat. Unter Verwendung eines Terminus technicus, nämlich „exemplifizieren“ (man exemplifiziert Eigenschaften, und zwar genau die, die man hat oder besitzt), erhält man die folgenden drei Prinzipien: (2.i)
∀x ∀y (x = y → ∀z (x exemplifiziert z ↔ y exemplifiziert z))
(2.ii) ∀x ∀y (∀z (x exemplifiziert z ↔ y exemplifiziert z) → x = y) (2.iii) ∀x ∀y (x = y ↔ ∀z (x exemplifiziert z ↔ y exemplifiziert z))4 3
4
Siehe Williamson 1990, Kap. 1, für eine Diskussion verschiedener Begriffe von Unterscheidbarkeit und der Handlung des Unterscheidens. Manchmal steht bei diesen Prinzipien anstelle des Doppelpfeils im Teilsatz „∀z (x exemplifiziert z ↔ y exemplifiziert z)“ nur ein einfacher Pfeil. Die entsprechende
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Hier ist keine Rede von irgendwelchen erkennenden Subjekten, weder exnoch implizit. Insofern ist es allemal irreführend, im Titel dieser Thesen auf Ununterscheidbarkeit abzuheben. Besser verträglich mit ihrem Gehalt wäre die Rede von Unterschiedslosigkeit. Ein Unterschied zwischen x und y, so liegt nahe, besteht darin, dass x eine Eigenschaft hat, die y abgeht (oder umgekehrt). Der Begriff des Unterschieds ist frei von epistemischen Konnotationen. Es scheint also, als ob es den meisten Philosophen, wenn sie vorgeben, Prinzipien der Ununterscheidbarkeit zu diskutieren, eher um Prinzipien der Unterschiedslosigkeit geht. Freilich könnte man Prinzipien zum Verhältnis der Unterschiedslosigkeit und der Identität auch ganz analog zu den Thesen (1.i) bis (1.iii) formulieren: (3.i)
Was identisch ist, ist unterschiedslos.
(3.ii) Was unterschiedslos ist, ist identisch. (3.iii) Was identisch ist, ist unterschiedslos, et vice versa. Die beiden Thesen-Gruppen (1.i)-(1.iii) und (3.i)-(3.iii) unterscheiden sich zumindest begrifflich voneinander. Allerdings stehen sie sicherlich in einem engen Zusammenhang: Zu sagen, x und y seien unterscheidbar, impliziert, dass es zumindest eine mögliche Situation gibt, in der ein denkendes Wesen einen Unterschied zwischen x und y erkennen könnte. Somit folgt (1.i) aus (3.i) – wenn x und y unterschiedslos sind, so kann auch niemand, unter welchen Umständen auch immer, einen Unterschied zwischen x und y erkennen (sondern höchstens einen vermeintlichen Unterschied zwischen ihnen ausmachen). Nimmt man ferner an, dass kein Unterschied prinzipiell dem Erkenntnisvermögen jedweden Subjekts verschlossen ist, dann folgt auch (3.i) aus (1.i) – womit die Thesen, wenn auch verschieden, auf dasselbe hinauslaufen würden. Vielleicht erklärt das die verbreitete Unterschiedslosigkeit im Umgang mit beiden Formulierungen; allerdings rechtfertigt es sie wohl kaum. Und man beachte, dass die Thesen nur unter bestimmten Annahmen zur relevanten Bedeutung von „ununterscheidbar“ und „unterschiedslos“ auf dasselbe hinauslaufen. Es könnte AusbuchstaFormel ist allerdings zur obigen logisch äquivalent (beide sind wechselseitig auseinander ableitbar).
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bierungen der beiden Begrifflichkeiten geben, die ein anderes Ergebnis zeitigen. 1.2 Leibniz und Leibniz’ Gesetze Selbst wenn man die Thesen-Gruppen (2.i)-(2.iii) und (3.i)-(3.iii) miteinander gleichsetzt, verbleiben noch immer sechs Anwärter auf den Titel „Leibniz’ Gesetz“. Möglicherweise ist der Name allerdings in allen diesen Fällen eine gleichermaßen schlechte Wahl. Saul Kripke hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Heilige Römische Reich keines von beidem war: weder heilig noch römisch. Mit den „Leibniz’ Gesetz“ getauften Thesen scheint es sich ähnlich zu verhalten: dass Leibniz als Namensgeber für sie herhalten muss, ist historisch fragwürdig.5 Wieso das? Was die Prinzipien (2.i) bis (2.iii) anbelangt, ist es wichtig festzustellen, dass sie eine Ontologie von Eigenschaften voraussetzen – ansonsten wären sie trivialerweise wahr. Und sie setzen nicht bloß irgendeine Ontologie von Eigenschaften voraus, sondern eine ganz bestimmte: Bei dem, worüber man hier quantifiziert, sollte es sich um Eigenschaften handeln, die zumindest im Prinzip verschiedenen Dingen zugleich zukommen können (Universalien wie Weisheit, Sterblichkeit, etc.). Es sollte sich mithin nicht um partikularisierte Eigenschaften – oder: individuelle Akzidenzien – handeln, denn solche Entitäten kommen ihrem Wesen nach nur einem Träger zu.6 Dass x identisch ist mit y, wenn x alle partikularisierten Eigenschaften von y hat, ist trivial – der Schluss auf die Identität ist wegen der Trägerspezifität von Akzidenzien bereits dann gerechtfertigt, wenn x irgendein Akzidens von y hat. Nun ist zwar allgemein akzeptiert, dass Leibniz die Kategorie individueller Akzidenzien anerkannte,7 doch wurde 5
6
7
Einige der Thesen stehen zudem unter dem Verdacht, falsch zu sein – und mithin keine Gesetze. Insbesondere Prinzip (1.ii) ist Gegenstand einer langen und kontroversen Diskussion (das gilt auch für seine Verwandten (2.ii) und (3.ii)), auf die ich hier nicht weiter eingehen will. Als beispielhafte Diskussionsbeiträge siehe Khamara 1988 und Foster & Landini 1991. Partikularisierte Eigenschaften tauchen in der Literatur auch als individuelle Momente, Adhärenzen, tropes, etc. auf (vgl. Mulligan et al., 292f.; und Künne 1998, 235f.). – Ich beziehe mich hier nur auf monadische Akzidenzien. Für eine Diskussion des Prinzips der Trägerspezifität von Akzidenzien siehe Schnieder 2004. Zu Leibniz’ Konzeption individueller Akzidenzien siehe Clatterbaugh 1973.
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im Gegenzug bestritten, dass er überdies auch universelle Eigenschaften in seiner Ontologie beheimatete. Tat er es nicht, ist das allein ein guter Grund, davon auszugehen, dass keines der Prinzipien (2.i)-(2.iii) eine adäquate Wiedergabe von Leibniz’ Thesen zum Verhältnis von Identität und Ununterscheidbarkeit oder Unterschiedslosigkeit ist (vgl. Clatterbaugh 1971). Die Thesen-Gruppen (1.i)-(1.iii) und (3.i)-(3.iii) hängen hingegen – zumindest auf den ersten Blick – nicht unbedingt an einer Konzeption von Universalien; sie scheinen keine spezielle Ontologie vorauszusetzen. Findet man nun irgendwelche Pendants bei Leibniz? Er hat wiederholt und explizit ein Prinzip vertreten, das eine spezifische Ausprägung von (1.ii) oder (3.ii) zu sein scheint: Es trifft nicht zu, daß irgend zwei Substanzen sich vollständig ähneln und sich ausschließlich numerisch, der Zahl nach, unterscheiden […]. (IV, 433)8 Allerdings ist dies eben eine dem Wortlaut nach auf individuelle Substanzen eingeschränkte Version – eine gänzlich uneingeschränkte Fassung dieses Prinzips scheint man bei Leibniz nicht zu finden.9 Dass Leibniz nun auch mindestens eines der anders ausgerichteten Prinzipien (1.i), (2.i) oder (3.i) vertreten hat, haben viele seiner Exegeten unter Rekurs auf Stellen wie die folgende belegen wollen: Dinge, von denen man das eine unter Erhalt der Wahrheit an die Stelle des anderen einsetzen kann, sind dieselben. (VII, 219)10 Doch ist das Zitat ein wenig dunkel, und es ist fraglich, ob Leibniz hier tatsächlich gesagt hat, was er zu sagen beabsichtigte. Es scheint, als vermische er in unglücklicher Weise die Ebene sprachlicher Ausdrücke und die Ebene dessen, worauf sich sprachliche Ausdrücke beziehen. Was man un8
„[I]l n’est pas vray que deux substances se ressemblent entierement, et soyent differentes solo numero […].“ – Die römische Ziffer bezieht sich auf die entsprechende Nummer des Bandes aus Gerhardts Sammlung Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz (Leibniz 1875-90). 9 Vgl. Parkinson (1965, 129f.) und Mates (1986, 132ff.), die Leibniz’ Prinzip beide in einen engen Zusammenhang mit seiner Auffassung von Substanzen und ihren Begriffen stellen. 10 „Eadem sunt quorum unum in alterius locum substitui potest, salva veritate.“
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ter „Erhalt der Wahrheit“ für etwas anderes „einsetzen“ kann, sind Ausdrücke, die Dinge bezeichnen; man sollte also den Nebensatz (entgegen dem Wortlaut) auf Ausdrücke beziehen. Andererseits sind aber zwei Ausdrücke nicht alleine deshalb dieselben, weil sie salva veritate austauschbar sind; man sollte daher also nicht einfach das ganze Zitat auf Ausdrücke beziehen. Was tun? Eine sinnvolle Lesart ist die folgende: Ausdrücke, die gewissen Bedingungen der Ersetzbarkeit genügen, bezeichnen denselben Gegenstand. Leibniz’ Diktum scheint ein Versuch zu sein, das folgende metasprachliche Prinzip auszudrücken:11 ∀x ∀y ((x und y sind singuläre Terme & x und y können in allen Kontexten salva veritate durcheinander ersetzt werden) → x und y bezeichnen denselben Gegenstand) Dies Prinzip ist nun allerdings klar verschieden von jeder der Thesen (1.ii), (2.ii) und (3.ii), die allesamt keine metasprachlichen Prinzipien sind. Wenn auch ein interessanter Zusammenhang zwischen Leibniz’ These und diesen Prinzipien bestehen mag, so scheint es doch allemal abwegig, die explizit nicht metasprachlichen Prinzipien mit Leibniz’ Namen zu versehen – zumindest, wenn sich diese Reminiszenz allein auf Leibniz-Zitate wie das obige beruft. 1.3 Das relevante Gesetz Aber auf welches der genannten Prinzipien beruft sich denn nun eigentlich Künne im eingangs zitierten Argument? Was ihm Leibniz’ Gesetz heißt, ist Prinzip (2.i): Wenn x identisch ist mit y, so hat x alle Eigenschaften, die y hat, und umgekehrt. Der Einfachheit halber werde ich es beim inzwischen eingebürgerten Titel „Leibniz’ Gesetz“ belassen; auf die fragliche historische Adäquatheit der Benennung habe ich bereits hingewiesen. Oben habe ich Leibniz’ Gesetz wie folgt formuliert: (LG) ∀x ∀y (x = y → ∀z (x exemplifiziert z ↔ y exemplifiziert z)) 11
Für eine Alternative zu dieser klassischen Lesart von Leibniz’ diesbezüglichen Aussagen siehe Feldman 1970 sowie die Repliken in Curley 1971 und Mates 1986, 124ff.
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Bewusst habe ich für die dritte Variable in (LG) den Buchstaben gewählt, der auf die ersten beiden folgt; ebenso wie bei den ersten Variablen, „x“ und „y“, handelt es sich bei der letzten um eine gewöhnliche, erststufige Variable. Allerdings sollte ihr Wertebereich, wie schon erwähnt, (universelle) Eigenschaften umfassen – ansonsten wäre die Formel trivialerweise wahr (er muss allerdings nicht nur Eigenschaften umfassen; man kann die von mir verwendeten Variablen als uneingeschränkte Variablen verstehen, die alle über denselben universellen Wertebereich laufen). Mitunter wird (LG) allerdings in der Notation der Prädikatenlogik zweiter Stufe wiedergegeben: (LG*) ∀x ∀y (x = y → ∀F (Fx ↔ Fy)) Einer verbreiteten Interpretation von höherstufiger Quantifikation zufolge sind (LG) und (LG*) lediglich notationelle Varianten voneinander. Zwar ist es kein Selbstgänger, dass diese Interpretation zutrifft; doch gleichviel, ob sie es tut oder auch nicht, spielen etwaige Unterschiede zwischen (LG) und (LG*) für mein momentanes Anliegen keine Rolle.12 2 Leibniz’ Gesetz im Einsatz Genug der Präliminarien. Ich komme zum eigentlichen Punkt des Aufsatzes: der Untersuchung eines Argumenttyps, in dem Leibniz’ Gesetz eine zentrale Rolle spielt. Wir sind einem solchen Argument im anfangs angeführten Zitat von Künne begegnet. Aber, wie bereits gesagt, er ist nur einer unter vielen, die Argumente dieser Bauart ins Feld führen; ich beginne mit zwei weiteren Beispielen. 2.1 Einige einschlägige Argumente Manchmal findet man einen ebenso expliziten Rekurs auf Leibniz’ Gesetz wie bei Künne; so schreibt beispielsweise Helen Steward: 12
Im Appendix diskutiere ich eine Alternative zu der klassischen Interpretation von Variablen zweiter Stufe und die Konsequenzen, die sich unter der alternativen Interpretation für das Verhältnis von (LG) und (LG*) ergeben.
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[P]rocesses have properties which it would be inappropriate to ascribe to events, and vice versa. For example […] the humming of my computer in the process sense can be persistent; but it does not really make sense to think of an event as persistent. And events, it is natural to say, take time, while the same does not seem to be true of processes. Smith’s pushing of the cart to the top of the hill, for example, took four hours; but his pushing of the cart for hours did not take four hours, though it lasted four hours. Arguments from Leibniz’s Law, then, can be straightforwardly brought to bear against any proposals for the identification of processes with events. (Steward 1997, 96) Doch auch wo Leibniz’ Gesetz nicht explizit erwähnt wird, trifft man auf den obigen Argumenttyp und darf sich den Rekurs auf Leibniz stillschweigend hinzudenken. Beispielsweise argumentiert Nicholas Wolterstorff mit den folgenden Beispielen dafür, dass man die Art ϕ (Beispiele für Arten wären etwa: das Drama, der Mensch, der Löwe) nicht mit der Eigenschaft, ein ϕ zu sein, identifizieren solle: The Apple Blossom is the state flower of Michigan, but certainly it is not the case that the property of being an apple blossom is the state flower of Michigan. And the Lion is a symbol of strength, whereas it is not the case that the property of being a Lion is a symbol of strength. (Wolterstorff 1970, 260) Wenngleich die drei vorgestellten Argumente nur mit Beispielen arbeiten, sollen sie allgemeine Thesen belegen; sie sollen einen Unterschied zwischen zwei disjunkten Kategorien etablieren. In Künnes Fall sind die als disjunkt zu erweisenden Kategorien die der (a) Satzbedeutungen und der (b) Propositionen (Dinge, die in einer Aussage gesagt werden), in Stewards Fall die der (a) Ereignisse und der (b) Prozesse, in Wolterstorffs Fall schließlich die der (a) Eigenschaften und der (b) Arten. Die Argumente beginnen, wie gesagt, mit Beispielen; soweit handelt es sich bei ihnen um Einsetzungen des folgenden Schemas: (1) x ist so-und-so. (2) y ist nicht so-und-so.
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Benjamin Schnieder (K) x ≠ y.
Was an die Stelle des „so-und-so“ eingesetzt wird, kann ein komplexer Ausdruck sein, der modale Operatoren enthalten darf. Leibniz’ Gesetz betrifft auch modale Eigenschaften: Wenn x ein F hätte sein können, y hingegen kein F hätte sein können, dann folgt die Nichtidentität von x und y. Zwei der drei Argumente will ich hier beispielhaft festhalten. Da wäre zuerst Künnes Argument:13 Angenommen, Ann macht eine Behauptung, indem sie Satz s äußert. Dann gilt: (1) Die Proposition, die Ann ausdrückt (das, was sie sagt), kann plausibel oder unplausibel sein. (2) Die Bedeutung von s kann nicht plausibel oder unplausibel sein. (K) Die Proposition, die Ann ausdrückt ≠ die Bedeutung von s. Und Wolterstorffs Argument lautet: (1) Der Löwe ist ein Symbol für Stärke. (2) Die Eigenschaft, ein Löwe zu sein, ist kein Symbol für Stärke. (K) Der Löwe ≠ die Eigenschaft, ein Löwe zu sein. Dadurch, dass ich die Zitate von Künne und Wolterstorff auf diese beiden Argumente reduziere, verknappe ich das von ihnen offerierte Material. Künne präsentiert ja gleich eine umfangreiche Liste davon, was die von Ann ausgedrückte Proposition alles sein kann, was die Bedeutung des von ihr geäußerten Satzes hingegen nicht sein kann. Verpasse ich durch die Verkürzung auf nur einen Fall nicht vielleicht einen entscheidenden Aspekt? Eigentlich ist kaum zu ersehen, wie das angehen sollte – außer vielleicht dadurch, dass ich einen missglückten Fall aus einer Reihe tadelloser Beispiele gewählt habe (was keine Absicht wäre). Wenn auch nur einer der von Künne angeführten Unterschiede zutrifft, muss doch wohl, wenn an 13
Die Wiedergabe von Stewards Argument erspare ich mir, da auch so die gemeinsame Struktur deutlich werden sollte (und zudem die Wiedergabe ihres Arguments im Deutschen nicht unproblematisch ist).
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dem Argument nichts auszusetzen ist, die Konklusion folgen. Dafür bräuchte es dann tatsächlich keinen zusätzlichen Fall, und erst recht keine ganze Liste. Wie dem auch sei; die beispielorientierten Argumente müssen jedenfalls mit einem verallgemeinernden Schritt verbunden werden, damit tatsächlich die kategorialen Thesen folgen. Ich werde diesen Schritt nicht problematisieren, sondern seine Möglichkeit einfach – dem Argument zuliebe – voraussetzen. Auch dann verbleibt, wie ich im Folgenden ausführen werde, ein gravierendes Problem. 2.2 Ein weiteres einschlägiges Argument: Das Marta-Argument An dieser Stelle muss ich meine Leserschaft um ein wenig Phantasie bitten, denn ich möchte sie zu einem kleinen Gedankenexperiment einladen. Man stelle sich einmal eine Gesellschaft vor, in der soziale Konventionen sich noch viel stärker als bei uns üblich in der Sprachpraxis niederschlagen. Wie genau? Nun, es gibt da beispielsweise eine Familie, deren weibliches Familienoberhaupt eine ehrenwerte Richterin ist. Diese Position, die sie innehat, wirkt sich entscheidend darauf aus, wie ihre Kinder und ihr Mann unter welchen Umständen über sie sprechen. Wenn ausschließlich Familienmitglieder anwesend sind, wird die Frau stets Marta genannt. Sobald aber andere Personen zugegen sind, wird sie ausschließlich Ihre Gnaden genannt – gleichviel, ob sie angesprochen wird oder über sie geredet wird. Der Rede-Kodex, dem bei Anwesenheit familienfremder Leute gefolgt wird, ist umfassend. Bestimmte Tätigkeiten sind mit würdevollen Worten belegt; Ihre Gnaden pflegt beispielsweise zu dinieren, wo Marta isst. Der Kodex ist zudem strikt und eingebürgert; die Familienmitglieder brechen ihn niemals. Das bedeutet, sie äußern wahlweise „Marta isst“ oder „Ihre Gnaden diniert“ – aber was sie niemals äußern, sind die Sätze „Marta diniert“ und „Ihre Gnaden isst“. Diese Sätze kämen ihnen weder in den Sinn noch über die Lippen; es gibt für die Sprachgemeinschaft keine Situation, die von den Sätzen angemessen beschrieben werden könnte. Alles, was sie leisten könnten, ist Heiterkeit (oder womöglich Empörung) zu erregen. Kann man dann nicht wie folgt argumentieren? (1) Ihre Gnaden diniert.
234
Benjamin Schnieder (2) Aber Marta diniert nicht (vielmehr isst sie). (K) Also folgt nach Leibniz’ Gesetz: Ihre Gnaden ≠ Marta.
Natürlich kann man es nicht, zumindest nicht zu Recht. Wir wissen ja, dass die Konklusion falsch ist, denn die beschriebene Familie hat nur ein weibliches Oberhaupt, das wahlweise „Marta“ oder „Ihre Gnaden“ genannt wird. Doch wenn an diesem Argument etwas faul ist, dann müssen wir damit rechnen, dass es sich bei Künnes, Wolterstorffs etc. Argumenten ähnlich verhält. Strukturell scheinen sie sich vom Marta-Argument nicht zu unterscheiden. 2.3 Und noch eins: Das Marcuse-Argument Die Anwendung von Leibniz’ Gesetz im Marta-Argument ist irgendwie verfehlt. Deshalb ist auch mit den zuvor angeführten Argumenten Vorsicht geboten – zumindest solange man keinen entscheidenden Unterschied zwischen ihnen und dem Marta-Argument ausmachen kann. Nun könnte durch diesen Missstand eine gewisse Skepsis gegenüber Leibniz’ Gesetz aufkommen. Teilt es das angebliche Schicksal vieler ähnlich basaler Prinzipien: Ist es wahr, aber nutzlos? Das ist es nicht. Es gibt Situationen, in denen es legitimerweise zur Anwendung kommt, und obendrein sind wir mit solchen Situationen – und also der korrekten Anwendung von Leibniz’ Gesetz – durchaus vertraut. Man kennt diese Gespräche, in denen von einer abwesenden dritten Person die Rede ist; der Gesprächspartner erzählt beispielsweise von einer eigenartigen Begegnung mit einer alten Frau. Irgendwann entsteht der Verdacht, die beschriebene Person sei niemand anders als, sagen wir mal, die leicht schrullige Nachbarin aus dem ersten Stock, Frau Marcuse. Was macht man, um Klarheit zu kriegen? Man stellt Fragen wie: „War die Person klein und rundlich und hatte einen leicht gebückten Gang?“ Die Antwort ist negativ: „Die Person war zwar nicht groß, aber auffällig hager.“ – „Nein, dann kann es sich nicht um Frau Marcuse handeln. Denn die ist nun beileibe nicht hager.“ Hier kommt Leibniz’ Gesetz in einem alltäglichen Schluss vorbildlich zur Anwendung. Nennen wir die unbekannte Person, von der die Rede ist, kurz NN, so lautet der Schluss:
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(1) NN ist hager. (2) Frau Marcuse ist nicht hager. (K) NN ≠ Frau Marcuse. Implizit, so könnte man sagen, wird hierbei von Leibniz’ Gesetz oder vielleicht einem Spezialfall davon Gebrauch gemacht, wie etwa: (3) NN = Frau Marcuse → (NN ist hager ↔ Frau Marcuse ist hager). Aus den Prämissen (1), (2) und (3) folgt die Konklusion auf trivialem Weg. Man kann aber auch mit Leibniz’ Gesetz in allgemeiner Form beginnen und die Konklusion prädikatenlogisch korrekt ableiten. Leibniz’ Gesetz hat mithin eine propere Verwendung in Alltagsschlüssen (und gewiss auch in weniger alltäglichen Schlüssen: Analoge Schlüsse spielen beispielsweise eine sehr wichtige Rolle in der Mathematik). 2.4 Eine Problemanalyse: Verschiedene Arten der Verneinung Im Gegensatz zum Marta-Argument ist das Marcuse-Argument einwandfrei. Was aber geht im erstgenannten Fall schief? Das Folgende ist der Versuch einer Fehleranalyse: Der Satz „Marta diniert“ ist für Sprecher unserer fiktiven Sprachgemeinschaft nicht akzeptabel, ebenso wenig wie der Satz „Ihre Gnaden isst“. Mit der Frage konfrontiert, ob Marta diniere, könnten die Familienmitglieder reagieren, indem sie (lachend oder verwirrt) sagen: „Marta diniert nicht (sie isst).“ Sie würden dann die im Marta-Argument formulierte Prämisse (2) unterschreiben, und man kann ihnen gute Gründe für ihr Verhalten attestieren – es erklärt sich aus den Konventionen ihrer Sprache. Dennoch kann die Äußerung von (2) missverständlich sein. Wenn ein Satz der Form „x ϕ-t nicht“ wahr ist, dann liegt das normalerweise daran, dass x eine andere Tätigkeit ausübt als die zu ϕ-en (oder vielleicht gar keine Tätigkeit ausübt, sondern schläft). Aber das trifft im Fall von Marta nicht zu. Als Außenstehende können wir zu Recht sagen, dass mit den Prädikaten „dinieren“ und „essen“ dieselbe Tätigkeit zugeschrieben wird und dass diese von Marta ausgeübt wird. Dennoch lehnt die Familie den Satz „Marta diniert“ ab. Wenn die Familienmitglieder nun ihre Ablehnung des Satzes durch die Äußerung von (2) kundtun, so nicht, weil sie den Satz als
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falsch, sondern als verfehlt (oder inakzeptabel) beurteilen. Er kommt in ihrer Sprachpraxis nicht vor. Wenn sie also (2) äußern, dann gebrauchen sie das „nicht“ anders als im Normalfall; denn im Normalfall fügt man ein „nicht“ in Sätze ein, die man sprachlich akzeptabel findet, deren Aussage man aber für falsch hält. Doch die Verlockung, das „nicht“ auch anderenfalls zu gebrauchen, ist groß, und manchmal geben ihr auch Philosophinnen nach.14 In Helen Stewards bereits angeführtem Buch lesen wir an anderer Stelle das Folgende: Gerundive nominals seem to need to be prefaced by the phrase “the property of …” before they can be said to refer to properties. For properties ought to be things which an individual can be said to have – and a thing cannot have being solid, though it can have the property of being solid. (Steward 1997, 107, Fn. 4) Muss man Ausdrücke der Form „F zu sein“ mit einem kategorialen Präfix der Art „die Eigenschaft“ (oder: „die Beschaffenheit“, „das Attribut“, etc.) versehen, damit man zu Recht von ihnen sagen kann, sie würden Eigenschaften bezeichnen? Steward würde dafürhalten, dass man es muss. Ihre exemplarische Begründung lautet:15 (1) Dinge können nicht fest zu sein besitzen. (2) Dinge können sehr wohl die Eigenschaft, fest zu sein, besitzen.
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Dass Sätze manchmal nicht aus dem Grund verneint werden, dass sie als falsch beurteilt werden, sondern weil sie in einer anderen Dimension als inakzeptabel angesehen werden, ist übrigens ein Phänomen, das nicht auf die fiktive Familie bzw. den philosophischen Diskurs beschränkt ist. Es ist durchaus auch in unserem Alltag anzutreffen. Indem wir einen Satz verneinen, können wir beispielsweise ablehnen, was von ihm (im griceschen Sinne) implikiert wird. Ein fiktiver Wortwechsel: „Wo kommt dieser Köter her?“ – „Das ist kein Köter; das ist mein Hund.“ Die Verneinung im ersten Teil der Antwort spielt nicht die gewöhnliche Rolle, denn der Ausdruck „Köter“ bezeichnet nun einmal Hunde, wie ein Blick ins Wörterbuch lehrt (freilich bezeichnet er sie in abwertender Weise). Vielmehr wird die Negation hier benutzt, um die pejorative Implikatur zurückzuweisen. Bei der Rekonstruktion verwende ich „besitzen“, wo Steward „have“ benutzt, weil bei den folgenden Aussagen unter Verwendung von „haben“ eine eventuell irritierende Mehrdeutigkeit auftritt.
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Wahrscheinlich würde Steward daraus die Konklusion ziehen: (K) Fest zu sein ≠ die Eigenschaft, fest zu sein. Doch dass an diesem Argument etwas schief ist, ersieht sich bereits daraus, dass die erste Prämisse überhaupt keine wohlgeformte Aussage ist. Wenn Steward schreibt „a thing cannot have being solid“, dann verstößt sie gegen die Grammatik des Englischen. Aber es ist einfach zu sehen, was sie bei ihrem Versuch im Sinn hat; sie will eine Aussage wie die folgende machen: (1*) Der Ausdruck „x besitzt fest zu sein“ ist kein sinnvoller (weil kein wohlgeformter) Ausdruck. Angenommen, wir ersetzen das sprachliche Missgebilde (1) durch diese korrekte Prämisse. Das Argument, das wir dann erhalten, ermangelt der Schlüssigkeit. Wie sollte aus dem Zusammenspiel der metasprachlichen Beobachtung (1*) und der ziemlich basalen Wahrheit (2) die Konklusion folgen? Auch Leibniz’ Gesetz kann hier nichts ausrichten; denn damit man es anwenden kann, bedarf es einer anderen Kombination von Prämissen. Übrigens ist die vermeintliche Konklusion (K) ebenso falsch wie Stewards Behauptung, Ausdrücke der Form „F zu sein“ würden nur mit einem geeigneten Präfix versehen Eigenschaften bezeichnen. Dass der Ausdruck „fest zu sein“ durchaus auch ohne ein kategoriales Präfix eine Verwendung als singulärer Term aufweist, in der er eine Eigenschaft bezeichnet, zeigt die folgende wohlgeformte und überdies wahre Aussage: (4) Fest zu sein ist eine Eigenschaft. Darin bezeichnet der Ausdruck offensichtlich eine Eigenschaft – ansonsten wäre (4) nicht wahr. Doch wenn „fest zu sein“ in (4) eine Eigenschaft bezeichnet, so sicherlich keine andere als die Eigenschaft, fest zu sein; (K) ist falsch. Vergleicht man das diskutierte Steward-Zitat mit dem Marta-Argument, fallen eine wichtige Gemeinsamkeit und ein ebenso wichtiger Unterschied auf. Der eher ungewöhnliche Gebrauch einer Negation ist beiden Fällen gemein. Allerdings resultiert er bei Helen Steward in einer Aussage, die nicht einmal wohlgeformt ist, während die Prämisse „Marta diniert nicht“ grammatisch einwandfrei ist. Der Unterschied ergibt sich daraus,
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dass verschiedene Faktoren für die Inakzeptabilität der verneinten Sätze verantwortlich sind. Während in Stewards Fall ein Verstoß gegen die Grammatik vorliegt, handelt es sich bei dem Problem, das die Familienmitglieder mit dem Satz über Marta haben, nicht darum, dass eine Konvention der Grammatik verletzt wird. Dadurch wird freilich der Status, den die Verneinung von „Marta diniert nicht“ im Munde der Familienmitglieder hat, stärker verschleiert. Von der Form her sieht der Satz wie eine einfache Negation aus; wir wissen aber, dass er eine andere Rolle spielt. – Das sei, für den Augenblick, genug von dieser Familie. Wenden wir uns einmal uns selbst und den Konventionen unserer Sprache zu. 2.5 Ein Mangel an Perfektion: Natürliche Sprachen und Idealisierungen Natürliche Sprachen sind gewachsene Gebilde. Ihre heutige Form ist das Ergebnis einer komplexen historischen Entwicklung. Und es ist kein Ende abzusehen: So wie wir bei einigen Sätzen des Luther-Deutsch erstaunt aufhorchen, weil sie hinsichtlich des Satzbaus oder der Bedeutung bestimmter Komponenten nicht unserem heutigen Sprachgebrauch entsprechen, so mag in ein paar hundert Jahren der eine oder die andere über bestimmte Sätze der Gegenwart stolpern und darüber brüten, wie sie zu verstehen sind. Nun hätten sich durchaus sprachliche Konventionen ausbilden können, die uns in eine ähnliche Lage versetzen wie die der Mitglieder der Marta-Familie. Es hätte sich kontigenterweise ergeben können, dass wir für Dinge einer bestimmten Art zwei kategoriale generelle Terme haben, die nach bestimmten Regeln mit jeweils einem eigenen Umfeld von Wortgruppen interagieren. Ein Beispiel: Neben dem Wort „Eigenschaft“ hätte ein weiterer Ausdruck, „Stans“ beispielsweise, zur Bezeichnung von Eigenschaften verwendet werden können. Zusätzlich hätte sich ein unterschiedliches Umfeld von Idiomen entwickeln können, in denen die Ausdrücke verwendet werden. Während man zum Beispiel sagt: „NN hat die Eigenschaft x“, sagt man andererseits: „NN befindet sich in Stans x“. Das allein würde reichen, ein Argument des diskutierten Typs zu formulieren: (1) In Stansen kann man sich befinden. (2) In Eigenschaften kann man sich nicht befinden.
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(K) Also folgt nach Leibniz’ Gesetz: Stansen sind keine Eigenschaften. Aber wir wissen, dass dies kein gutes Argument ist; die Konklusion ist schlicht falsch. Wiederum haben wir eine fiktive Situation, in der sprachliche Konventionen dazu verleiten können, eine Aussage zu verneinen („In Eigenschaften kann man sich befinden“), die mit unserer Sprachpraxis nicht konform geht. Angesichts dessen, wie die fiktive Situation beschrieben wurde, kann man aber als Außenstehender (wiederum analog zum Marta-Fall) feststellen, dass „Eigenschaft“ dasselbe bezeichnet wie „Stans“ und dass man daher in derselben charakteristischen Relation zu Eigenschaften und zu Stansen steht – wenngleich zum Ausdruck der Relation im einen Fall das relationale Prädikat „hat“, im anderen „ist in“ verwendet wird. Das alles hat sich so nicht ergeben; zumindest nicht genau so. Aber möglicherweise hat sich doch etwas sehr Ähnliches ergeben. Schwer vorstellbar? Vielleicht ist „Zustand“ ein Wort, das sich genau wie „Stans“ in der fingierten Geschichte verhält. Es gibt Wendungen, die man typischerweise in Verbindung mit dem Wort „Zustand“ (man befindet sich in Zuständen), und andere, die man typischerweise mit dem Wort „Eigenschaft“ verwendet (man hat Eigenschaften). Aber Zustände und Eigenschaften sind allemal Entitäten eng verwandter Arten. Vielleicht sind sie sogar von derselben Art, und wir befinden uns mit unserer Art zu reden in einem MartaSzenario.16 2.6 Zurück zu den Argumenten Was folgt aus dem bisher Gesagten mit Hinblick auf die drei oben angeführten Argumente von Künne, Wolterstorff und Steward? Meines Erachtens sind sie solange defizitär, solange nicht gezeigt werden kann, dass es sich bei ihnen um Marcuse-, nicht um Marta-Fälle handelt. Möglicherweise machen sie gar nicht auf einen Unterschied zwischen Arten und Eigen16
Tatsächlich sagt man von einigen Entitäten, die gewöhnlich als Zustände eingeordnet werden, durchaus, dass man sie hat: beispielsweise von Hunger, Angst und Schmerzen. Zum Zusammenhang von Eigenschaften und Zuständen siehe Steward 1997, 107-110, passim; sowie Schnieder 2002, 37-43.
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schaften, Prozessen und Ereignissen etc. aufmerksam, sondern lediglich auf einen besonderen Zug der Sprache. Meine Kritik an den diskutierten Argumenten ist in ihrer Grundidee nicht neu. Cartwright (bei dem Künne, wie erwähnt, mit seinem Argument eine Anleihe macht) hat den potentiellen Kritikern an seinem Argument für die Nichtidentität von Satzbedeutung und Proposition den folgenden Einwand vorweggenommen: [The critics] will grant that we never in fact speak of sentential meanings in the ways just mentioned; but they will claim that this is, somehow, only a point of usage – a linguistic accident which could well be avoided […]. (Cartwright 1962, 50) Cartwright hält freilich nicht viel von dem angedeuteten Einwand: But in spite of its familiarity, this objection is not easily understood. One wonders in the first place how it could be a mere fact of usage that, for example, meanings cannot be asserted. Usage of what? The fact that meanings cannot be asserted, if it is a fact, is not a fact about particular words in some particular language […]. And one wonders, in the second place, how to tell those points of usage which are merely that from those which are something more. (Ebd.) Der bei Cartwright auf einen Slogan reduzierte Einwand – „it is merely a point of usage“ – bedarf sicherlich einer detaillierteren Ausarbeitung. Die vorangehenden Abschnitte dieses Aufsatzes enthalten eine solche und stellen den Stoff für eine Antwort auf Cartwrights erste Frage bereit. Gewiss, wenn es eine Tatsache ist, dass Satzbedeutungen eine bestimmte Eigenschaft abgeht (die Eigenschaft, behauptbar zu sein), dann ist dies eine sprachunabhängige Tatsache. Was aber eine rein sprachliche Angelegenheit sein könnte, ist der Umstand, dass wir denjenigen Entitäten, die wir manchmal „Satzbedeutungen“ nennen, nur dann nachsagen, behauptbar zu sein, wenn wir auf sie mit bestimmten Ausdrücken Bezug nehmen – und es ihnen gerade dann nicht nachsagen, wenn wir auf sie mit dem Ausdruck „(Satz-)Bedeutung“ Bezug nehmen. Diese Tatsache, falls es denn eine Tatsache ist, würde die zweite Prämisse in Künnes (und Cartwrights) Argu-
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ment noch immer vertretbar machen, ohne allerdings ein gültiges Argument abzugeben. Aber ist es denn eine Tatsache? Cartwrights zweite Frage ist zentral für die endgültige Bewertung der obigen Argumente: Wie kann man innerhalb der oberflächlich ähnlichen Argumente die guten von den schlechten, die Marta- von den Marcuse-Argumenten unterscheiden? Ein charakteristisches Merkmal von Marta-Argumenten scheint darin zu bestehen, dass eine der Prämissen in der Verneinung einer schon sprachlich sonderlich wirkenden Aussage besteht. Prototypische Marcuse-Argumente hingegen haben als zweite Prämisse die Verneinung einer Aussage, die sprachlich einwandfrei ist und bei der man eine klare Vorstellung davon hat, was für eine (kontrafaktische) Situation sie beschreibt. Auch wenn Frau Marcuse so gar nicht hager ist, haben wir doch keine Schwierigkeiten zu verstehen, wie es wäre, wenn Frau Marcuse hager wäre. Doch bei den diskutierten Argumenten von Cartwright/Künne, Steward und Wolterstorff verhält es sich anders. Deren zweite Prämissen bestehen in der Verneinung von Aussagen, deren Verständnis allemal Schwierigkeiten bereitet und die mindestens Kandidaten für sprachliche Ungereimtheiten sind. Im erstgenannten Fall bestätigt interessanterweise bereits ein Blick in Cartwrights Text diese Diagnose; seine Version des Arguments unterscheidet sich in einem Punkt von Künnes. So liest man bei Cartwright: [I]t is obvious on very little reflection that ever so many things predicable of what is asserted cannot (on pain of nonsense) be predicated of the meaning of a sentence. (Cartwright 1962, 50) „On pain of nonsense“ – die Klammerbemerkung ist verräterisch. Was man meinen könnte, wenn man sagt, eine Satzbedeutung sei plausibel (behauptbar, etc.) ist schwierig auszumachen. Dem sprachlich Hellhörigen sträuben sich bei einer solchen Aussage die Nackenhaare. Aber genau das ist ein Indiz, dass wir es nicht mit einem unproblematischen Marcuse-Fall zu tun haben. Ohnehin gehört es ja nun wirklich nicht zum Alltag des Durchschnittssprechers, über Bedeutungen von Sätzen zu reden und ihnen Eigenschaften zuzuschreiben. Was wären überhaupt unkontroverse Beispiele für Eigen-
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schaften von Satzbedeutungen? Mir fällt gerade mal ein vereinzelter Kandidat ein: die Bedeutung von diesem oder jenem Satz zu sein.17 Selbst bei dem unter Philosophen beliebten Beispiel, Wahrheit, hört es mit der Sprachkonformität auf: Man sagt sehr wohl manchmal, dass gewisse Sätze und Aussagen wahr seien; auch, dass etwas, was jemand gesagt hat, wahr sei, oder bestimmte Thesen, Theoreme, etc. Aber es ist durchaus nicht üblich zu sagen, dass die Bedeutung dieses oder jenes Satzes wahr sei. – „Weil Bedeutungen eben nicht wahr sind“, würden Künne und Cartwright sagen. Aber sie sollten ihre Überzeugung nicht allein auf der sprachlichen Sonderlichkeit einer Aussage wie „Die Bedeutung dieses Satzes ist wahr“ gründen – denn diese Sonderlichkeit kann tatsächlich ein kontingenter Zug der Sprache sein. Wie das möglich ist, habe ich oben ausgeführt. 2.7 Schluss Die diskutierten Argumente taugen nicht dazu, ihre Beweisziele zu erbringen. Wie aber steht es denn nun um Eigenschaften und Zustände, um Propositionen und Satzbedeutungen, um Ereignisse und Prozesse? Offen gesagt, ich weiß es nicht – zumindest weiß ich es, was einige dieser Oppositionen angeht, nicht. Aber diese Frage zu beantworten war ja auch gar nicht das Ziel meiner Ausführungen. Was sie zeigen sollen, ist vielmehr, wie man die Frage nicht beantworten kann. Die Suche nach einer besseren Antwort muss bei einer anderen Gelegenheit erfolgen. Appendix: Ein Prinzip oder zwei? Leibniz’ Gesetz und Quantifikation zweiter Stufe Ich habe in Abschnitt 1.1 darauf hingewiesen, dass dasjenige Prinzip, das uns in diesem Aufsatz als Leibniz’ Gesetz beschäftigt hat, häufig als „das 17
Eines kann man von der Bedeutung eines Satzes in jedem Fall auch noch sinnvoll sagen: dass sie von diesem oder jenem Sprecher gekannt wird. Allerdings bereitet das Prädikat „x kennt die Bedeutung von Satz s“ dadurch Schwierigkeiten, dass es einen intensionalen Kontext erzeugt. Wer die Bedeutung von „Schnee ist weiß“ kennt, muss nicht eo ipso die Bedeutung von „Snow is white“ kennen – obwohl die beiden Sätze dasselbe bedeuten.
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Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen“ bezeichnet wird – was keine gute Idee ist; am Terminus „Ununterscheidbarkeit“ habe ich bereits weiter oben herumgemäkelt. Doch auch wenn man dieses Bedenken einmal hintanstellt, gibt es vielleicht noch immer etwas zu bemängeln: Richard Cartwright (1979, 201ff.) hat darauf verwiesen, dass es fraglich ist, ob der bestimmte Artikel (das Prinzip der …) hier angebracht ist. Es gibt unzählige Prinzipien, die man (wenn man bei der Rede von Ununterscheidbarkeit bleiben will) Ununterscheidbarkeits-Prinzipien nennen könnte; jedes Prinzip der Form (UU) ∀x ∀y (x = y → (… x … ↔ … y …)) ist dazu qualifiziert. Man beachte, dass (UU) selbst kein Prinzip ist, sondern lediglich ein Schema – Instanzen dieses Schemas sind Prinzipien. Man erhält sie, indem man die schematischen Ausdrücke „… x …“ und „… y …“ durch zwei offene Sätze ersetzt, die sich nur darin unterscheiden, dass im ersten Fall „x“ und im zweiten Fall „y“ als offene Variable vorkommt. Eventuelle weitere freie Variablen sind dabei durch das Hinzufügen von Quantoren vor das Bikonditional zu binden. Instanzen von (UU) sind beispielsweise: (U.1) ∀x ∀y (x = y → (x ist ein Griesgram ↔ y ist ein Griesgram)) (U.2) ∀x ∀y (x = y → ∀z (x küsst z ↔ y küsst z)) (U.3) ∀x ∀y (x = y → ∀z (z ist ein Fan von x ↔ z ist ein Fan von y)) Alle solchen Instanzen sind mustergültige Wahrheiten; denn wenn x niemand anderes ist als y, dann ist jeder Fan von x ein Fan von y, dann wird jeder, der von x geküsst wird, auch von y geküsst, und dann ist x ein Griesgram eben dann, wenn y ein Griesgram ist. Freilich werden die Ununterscheidbarkeits-Prinzipien (U.1) bis (U.3), sowie auch tausende ähnlicher Fälle, philosophisch totgeschwiegen; und im Gegensatz zu (LG) würde wohl kein Philosoph jemals eines von ihnen herausgreifen und es als das Ununterscheidbarkeits-Prinzip bezeichnen. Aber warum eigentlich? (LG) ist eine Instanz des Schemas (UU), eine unter vielen; welcher Umstand zeichnet diese Instanz vor ihren Artgenossen dergestalt aus, dass gerade (LG) als das Ununterscheidbarkeits-Prinzip zu deklarieren ist?
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Eine nahe liegende Idee wäre die folgende: (LG) ist ein umfassendes Prinzip, weil jede Instanz von (UU) mithilfe eines gewissen Brückenprinzips aus einem Spezialfall von (LG) ableitbar ist. Ein Beispiel muss her, um diesen abstrakt gefassten Gedanken zu verdeutlichen. Betrachten wir also eine beliebige Instanz von (UU): (U.1) ∀x ∀y (x = y → (x ist ein Griesgram ↔ y ist ein Griesgram)) Das Prädikat, das auf den beiden Seiten des Bikonditionals zur Anwendung kommt, signifiziert eine Eigenschaft, nämlich die Eigenschaft, ein Griesgram zu sein.18 Dieser Umstand kommt in folgendem Brückenprinzip zum Ausdruck: (B.1) ∀x ( x hat die Eigenschaft, ein Griesgram zu sein ↔ x ist ein Griesgram) Nun gibt es ferner den folgenden Spezialfall von (LG): (U.1*) ∀x ∀y ( x = y → (x hat die Eigenschaft, ein Griesgram zu sein ↔ y hat die Eigenschaft, ein Griesgram zu sein)) Aus diesem Spezialfall und dem Brückenprinzip (B.1) können wir die anfangs erwähnte Instanz von (UU), also (U.1), ableiten. Und Analoges scheint für alle Instanzen zu gelten. Um nur ein weiteres Beispiel zu geben: Man kann (U.2) aus dem folgenden Spezialfall von (LG): (U.2*) ∀x ∀y ( x = y → ∀z (x hat die Eigenschaft, z zu küssen ↔ y hat die Eigenschaft, z zu küssen)) sowie dem dazugehörigen Brücken-Prinzip: (B.2) ∀x (∀z (x hat die Eigenschaft, z zu küssen ↔ x küsst z)) ableiten. Wenn nun bei einer genügend großzügigen Konzeption von Eigenschaften jedes Prädikat eine Eigenschaft signifiziert, dann decken wir, wenn wir in (LG) über alle Eigenschaften quantifizieren, alle Instanzen von (UU) ab – was (LG) tatsächlich vor den übrigen Instanzen auszeichnet. 18
Zur Terminologie: Ein Prädikat signifiziert die Eigenschaft, die von einer Nominalisierung des Prädikats bezeichnet wird (vgl. Künne 2003, 4, passim).
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So attraktiv dieser Gedankengang auch sein mag, er scheitert. Denn die Konzeption von Eigenschaften, die er voraussetzt, ist zu großzügig, um wahr zu sein. Dass jedes Prädikat eine Eigenschaft signifiziert, würde bedeuten, dass es auch das Prädikat „kommt sich nicht selbst zu“ tut – die Eigenschaft eben, sich nicht selbst zuzukommen. Doch eine solche kann es nicht geben; sie würde ein paradoxes Dasein führen, da man zeigen kann, dass sie sich eben dann selber zukäme, wenn sie es nicht täte. Dieser Umstand diskreditiert zwar die Annahme einer Eigenschaft, die von „kommt sich nicht selbst zu“ signifiziert wird, nicht zugleich aber das Prädikat selbst. Denn das bleibt ein sinnvolles Prädikat mit wahren und falschen Anwendungen: Mut kommt sich nicht selbst zu, denn Mut ist sicherlich nicht mutig; hingegen kommt die Eigenschaft, kausal impotent zu sein, sich selbst zu, da sie kausal impotent ist. Weil das Prädikat „kommt sich nicht selbst zu“ also nicht zu beanstanden ist, ist auch das folgende Ununterscheidbarkeits-Prinzip einwandfrei: (U.4) ∀x ∀y ( x = y → (x kommt sich nicht selbst zu ↔ y kommt sich nicht selbst zu)) Demnach gibt es aber Ununterscheidbarkeits-Prinzipien, die nicht von (LG) abgedeckt werden. Und Cartwright schließt, dass (LG) keinen Anspruch darauf hat, das Prinzip der Ununterscheidbarkeit genannt zu werden – so wie auch (U.3), das Prinzip der Ununterscheidbarkeit der Fan-Gemeinde, keinen Anspruch darauf hat. Da man (LG) üblicherweise als Lesart von (LG*) zählt, hätte auch (LG*) keinen Anspruch darauf. Und, so darf man hinzufügen, wohl auch kein anderes ähnliches Prinzip; zwar stechen einige solcher Prinzipien durch eine gewisse Allgemeinheit hervor, aber eben keine umfassende Allgemeinheit. Ich möchte an dieser Stelle allerdings für (LG*) in die Bresche springen – nicht aber für (LG). Wie das? Auch wenn Prädikatvariablen in der zweitstufigen Logik häufig einen Wertebereich von Eigenschaften zugewiesen bekommen, kann man sich fragen, ob es nicht Alternativen dazu gibt. Sicherlich bedarf es einer Semantik für solche Quantoren. Nun weist zwar das Deutsche keine Konstruktionen auf, die einer Quantifikation in Prädikatposition entsprechen, aber durchaus eine ganze Reihe anderer nicht-nominaler Quantifikationen. („Nicht-nominal“ heißt, dass diese
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Quantifikationen nicht die Position eines Namens (oder allgemeiner: eines singulären Terms) verwenden). Beispielsweise gibt es eine Reihe von Ausdrücken zur Quantifikation in die Position von Adverbialphrasen; eine deutsche Popsängerin hat gleich drei Beispiele solcher Ausdrücke in ihrem Liedtitel „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ vereinigt. Man kann Existenz-Quantifikationen mit NämlichKlauseln anreichern, die eine konkrete Instanz der quantifizierten Aussage benennen: Es gibt einen schwedischen Regisseur, den ich über die Maßen schätze, nämlich Ingmar Bergman. Dass nun die Quantorenphrasen „irgendwann“ etc. keine Namenposition einnehmen, kann man sich an den passenden Nämlich-Klauseln verdeutlichen: Wir werden uns irgendwann noch einmal wiedersehen – nämlich in zwei Jahren (oder auch: um Mitternacht, an Deinem Hochzeitstag, etc.). Für diese Klauseln führen wir nicht etwa einen singulären Term an, der eine Zeit bezeichnet, sondern eine adverbiale Zeitbestimmung (die freilich einen singulären Term für eine Zeit enthalten mag). In analoger Weise kann man in die Position genereller Terme quantifizieren. So verlangt etwa der alldieweil vernehmbare Seufzer „Ich bin etwas geworden, was ich nie sein wollte“ als Nämlich-Klausel einen generellen Term: nämlich ein Arbeitstier, nämlich satt und müde, etc.19 Viele Philosophen würden solche nicht-nominalen Quantorenphrasen als verkappte Quantifikation über Entitäten dieser oder jener Sorte ansehen: über Eigenschaften oder Mengen im Fall der Quantifikation in die Position genereller Terme, über Orte, Zeiten sowie Arten und Weisen im Fall der Quantifikation in Adverbial-Position durch „irgendwo“, „irgendwann“, „irgendwie“ und so weiter. Aber warum eigentlich? Kauft man sich durch diese Formen der Quantifikation tatsächlich derartige ontologische Verpflichtungen ein? Angenommen, man verfügt über ein primitives Verständnis solcher nicht-nominaler Quantorenphrasen, das weder über entsprechende gegenständliche Quantifikationen in die Position singulärer Terme (mit geeignetem Wertebereich) vermittelt ist, noch rein substitutioneller Natur ist.20 In 19
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George Boolos (1984, 1985) machte überdies auf die Verfügbarkeit von pluralischen Quantifikationen aufmerksam, die ebenfalls anderen Gesetzen gehorchen als die Quantifikation in die Position singulärer Terme. Für eine detaillierte Verteidigung dieser These siehe Rayo & Yablo 2001.
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dem Fall könnte man diese Phrasen für die Formulierung einer Semantik von zweitstufigen Variablen in Anschlag bringen: „∃F (Fx)“ könnte man etwa lesen als „Es gibt etwas, das x ist bzw. tut“. Das „tut“ soll dafür sorgen, dass die Menge der möglichen Instanzen nicht bloß solche Verbalphrasen umfasst, die das Hilfsverb „ist“ enthalten, sondern auch solche, die auf Vollverben basieren (vgl. Prior 1970, 36). Entsprechend kann man dann (LG*) lesen als: (LG**) ∀x ∀y ( x = y → y ist bzw. tut alles, was x ist bzw. tut, et vice versa) Ich kann die beschriebene Position zur nicht-nominalen Quantifikation hier nicht in extenso verteidigen. Aber wenn die entsprechende Quantorenphrase in (LG**) keine verkappte Quantifikation über Entitäten dieser oder jener Sorte ist (Mengen, Klassen, Eigenschaften, Begriffe, etc.), sondern vielmehr eine wirklich eigenständige Form der Quantifikation, dann hat (LG**) eine Allgemeinheit, welche die Bezeichnung als das Prinzip der Ununterscheidbarkeit rechtfertigen würde. Denn alle bisher genannten Ununterscheidbarkeits-Prinzipien wären Einzelfälle dieser Allquantifikation; das gilt sowohl für (U.4), das nicht als Spezialfall von (LG) angesehen werden kann, wie auch für (LG) selbst. Obwohl ich also Cartwrights Kritik an der Auffassung, (LG) sei ein derartig allgemeines Ununterscheidbarkeits-Prinzip, teile, gibt es trotzdem noch einen anderen, und aussichtsreicheren, Kandidaten für diesen Status. Literatur Boolos, G. 1984: „To be is to be a Value of a Variable (Or to be Some Values of Some Variables)“, in: The Journal of Philosophy 81, 430-449. Boolos, G. 1985: „Nominalistic Platonism“, in: The Philosophical Review 94, 327344. Cartwright, R. 1962: „Propositions“, in: R. J. Butler (Hrsg.), Analytical Philosophy, 1st series, Clarendon Press: Oxford, 81-103; Seitenangaben nach der Veröff. mit „Addenda“ in: Cartwright 1987, 33-54. Cartwright, R. 1979: „Indiscernibility Principles“, in: Midwest Studies in Philosophy 4, 293-306; Seitenangaben nach der Veröff. in: Cartwright 1987, 201-215. Cartwright, R. 1987: Philosophical Essays, The MIT Press: Cambridge/Mass. & London.
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Diskrepanzen: Wie Sprache und Welt zueinander stehen Peter Simons (Leeds)
Denn als Gott der Herr gemacht hatte von der Erde allerlei Tiere auf dem Felde und allerlei Vögel unter dem Himmel, brachte er sie zu dem Menschen, daß er sähe, wie er sie nennete; denn wie der Mensch allerlei lebendige Tiere nennen wür1. Mose 2, 19 de, so sollten sie heißen.
1 Die Harmonie-These Es wird in der Philosophie sowie in der Sprachwissenschaft des 20. Jahrhunderts oft angenommen, dass die Struktur der Sprache und die Wortklassen einen zuverlässigen Hinweis darauf geben, wie die Welt und die darin vorkommenden Dinge an sich sind. Dies nenne ich die Harmonie-These. Die Annahme bleibt zumeist implizit. Sie zeigt sich in der so genannten linguistischen Wende und wird oft – zu Unrecht – der analytischen Philosophie als solche beigelegt. Viele Philosophen, die ansonsten wenig im Einklang sind, teilen diese These. Wir finden sie etwa in der Semantik Carnaps sowie in der ordinary language philosophy Austins. In der Semantik der idealen Sprache drückt sich die Harmonie-These darin aus, dass die Modelltheorie an die Stelle einer Ontologie tritt. Anstatt von den Ergebnissen der empirischen Wissenschaften zu profitieren oder ontologische Analyse für sich zu betreiben, findet der Semantiker die Kategorien der Dinge a priori unter den semantischen Werten der Ausdrücke, die ihnen in der Semantik zukommen. Namen bezeichnen in der mengentheoretischen Modelltheorie Individuen, Sätze bezeichnen Wahrheitswerte, Prädikate bezeichnen Mengen von Individuen oder Mengen von Tupeln
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von Individuen. In einer anderen Semantik kann der Satz einen Sachverhalt bezeichnen und die Prädikate Universalien. Die verschiedene Versionen haben gemein, dass sich die Kategorien der Dinge nach den Kategorien der Ausdrücke richten. Auch kompliziertere Semantiken, die intensionale Aspekte der Sprache berücksichtigen, bleiben bei diesem Paradigma. Nur die semantischen Werte werden andere, das Prinzip der Aufteilung nach der grammatischen Kategorie bleibt bestehen. In der ordinary language philosophy wird die Harmonie-These in einer weniger systematischen, aber ebenso bestimmenden Weise aufrechterhalten. Sie findet sich in einer sehr einflussreichen Form in Strawsons deskriptiver Metaphysik.1 Dort wird der Metaphysik die Aufgabe erteilt, die konzeptuelle Struktur unseres (tatsächlichen, tagtäglichen) Denkens über die Welt zu untersuchen. In der sprachanalytichen Transzendentalphilosophie Strawsons wird es für ausreichend gehalten, die Verknüpfungen unter unseren Begriffen zu untersuchen – die Kategorien und Verknüpfungen der Dinge erledigen sich damit von selbst. Obwohl die ordinary language philosophy nicht mehr en vogue ist, hält ihr Einfluss in der Kognitionswissenschaft an. Die Untersuchungen der kognitiven Kompetenzen der Menschen etwa in der Psycholinguistik oder in der so genannten naiven Physik tendieren dazu, relativistischer als Strawsons Metaphysik zu sein, weil sie meistens nur für uns Menschen Gültigkeit beanspruchen. Sie nehmen aber an, dass unsere Sprache sowie die Welt, die wir vorfinden, wesentlich im Einklang sind und zueinander passen. In diesem Aufsatz zeige ich, dass die Harmonie-These grundsätzlich falsch ist. Die Welt und die Sprache passen in vielen Hinsichten nicht zueinander. Es geht nicht darum, dass Worte „bloß Worte“ und keine Dinge sind. Worte sind sehr wohl Dinge, wenn auch weniger vielfältig als andere Dinge in der Welt. Es geht auch nicht darum, dass Worte nicht ihren entsprechenden Dingen ähnlich sind. Diese Vorstellung hat schon Platon verworfen. Die Diskrepanz zwischen Sprache und Welt liegt darin, dass die Struktur der Sprache und die Struktur der Welt in vielen Hinsichten ganz
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Wolfgang Künnes bekannten Respekt vor der Philosophie Strawsons teile ich: Mit Individuals hat die Metaphysik im englischsprachigen Raum angefangen, sich wieder zu etablieren. Ich bin in meiner Metaphysik jedoch, in Kontrast zu Strawson und Künne, eher Revisionist.
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verschieden sind – und dass die Wortklassen wenig Hilfe dabei bieten, die Klassen der Dinge herauszufinden. Die schlechte Nachricht ist also, dass Sprache und Welt schlecht zusammenpassen. Die gute Nachricht aber ist, dass trotzdem ein Sprechen über die Welt möglich und erfolgreich ist. Wir können deswegen über die Welt sprechen, weil wir über die Sinneswahrnehmung genug Informationen über sie erhalten, die wir in der Sprache enkodieren, fixieren und extrapolieren. Die Sprache passt also nicht zur Welt an sich, sondern zu unserer Erfahrung der Welt. Deswegen kann die linguistische Transzendentalphilosophie eines Strawson viel Interessantes sagen. Sie lässt uns aber in der Metaphysik im Stich. Wegen der Diskrepanzen gibt es keine Harmonie zwischen Sprache und Erfahrung einerseits und Welt andererseits. Deswegen muss die Metaphysik heute revisionär sein, und sie wird vielleicht nie anders sein können, falls wir als denkende Wesen die Diskrepanzen nicht gänzlich werden überwinden können. 2 Beispiele In diesem Abschnitt zeige ich einige Sprachphänomene auf, die keinerlei Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Einige dieser Diskrepanzen sind offensichtlich, andere sind mehr oder weniger kontrovers. Für eine Widerlegung der Harmonie-These genügt eine einzige bedeutende Diskrepanz. Je gewichtiger und umfangreicher die Diskrepanzen, desto mehr muss getan werden, um unseren Erfolg im Sprechen zu erklären. 2.1 Vagheit Vagheit kommt in der Sprache fast überall vor. Fast jeder Term, fast jedes Prädikat ist vage. Als „vage“ bezeichne ich ein Prädikat, bei dem es uns unklar ist und bleibt, welche Dinge darunter fallen und welche nicht. So sind z.B. „groß“ und „kahlköpfig“ vage Prädikate, weil es Menschen gibt, bei den es unklar ist, ob sie darunter fallen oder nicht. „Berg“ ist vage, weil gewisse Erhöhungen bestimmt Berge sind, andere sind es bestimmt nicht, und bei weiteren ist es unklar. Vagheit ist ein Phänomen, das überall dort anzutreffen ist, wo man von Dingen in der raumzeitlichen Welt sowie von mentalen Akten und Zuständen spricht („Ist dieses Gefühl Liebe, Zunei-
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gung oder Wollust?“). Bloß in der Mathematik scheint es keine Vagheit zu geben, was ein weiteres Indiz für die Andersartigkeit der Mathematik ist. Vagheit ist ein Modegegenstand der Sprachphilosophie. Man findet dort verschiedene Theorien. Die Fuzzy-Theorie und die SupervaluationsTheorie – zwei semantische Theorien – orten Vagheit in der Beziehung der Sprache zur Welt. Obwohl die Welt an sich exakt ist, sind unsere Unterscheidungsfähigkeiten beschränkt, so dass es für uns weder möglich noch nützlich ist, Menschen genau zu beschreiben. Anstatt die genaue Anzahl der Haare auf einem männlichen Kopf zu benennen, gebe ich mich damit zufrieden, den Mann als „kahlköpfig“ zu bezeichnen. Diese Ungenauigkeit spiegelt sich in der Semantik der Prädikate wider: Der Ausdruck „kahlköpfig“ hat keine genaue Extension, sondern einen Halbschattenbereich zwischen der positiven und der negativen Extension. Nach epistemischen Theorien hingegen liegt die Vagheit nicht in der Sprache, sondern in uns: Ein Prädikat wie „kahlköpfig“ hat, allem Anschein zum Trotz, eine genaue Extension, nur sind wir nicht und nie in der Lage, diese zu kennen. Es ist hier unwichtig, welche von diesen Theorien richtig ist. Ich weise nur darauf hin, dass sie gemeinschaftlich eine Diskrepanz zwischen Welt und Sprache annehmen, nämlich, dass die Sprache ungenau, die Welt aber genau ist. Es gibt zwar die Möglichkeit, die Harmonie-These dadurch zu retten, dass man die Welt an sich als vage oder unbestimmt ansieht. In der Tat wird diese Theorie der metaphysischen Vagheit auch vertreten. Sie ist aber wesentlich unpopulärer als die semantischen und epistemischen Theorien. Selbst wenn Vagheit als Merkmal der Welt bei Prädikaten zu verkraften wäre, bleibt die Vagheit der Gegenstände als größeres Problem. Viele werden sagen, mit der Prädikatenvagheit lasse sich deswegen leben, weil Prädikate ohnehin Menschenwerk sind. Wenn aber die Gegenstände Gottesgeschöpfe sind, wie sind vage Dinge möglich? Säkular ausgedrückt: Wie kann es Entitäten ohne Identität geben? Ein Ding A ist vage, wenn es ein Ding B gibt, so dass es unklar ist, ob A = B oder nicht. Es gibt dann vage Dinge, wenn das Identitätsprädikat vage ist. Für die epistemische Auffassung der Vagheit, ist diese Idee annehmbar, denn das Prädikat ist nicht metaphysisch, sondern nur epistemisch vage. In der Tat ist entweder A = B oder A ≠ B, nur wissen wir halt nicht, welcher dieser entgegenge-
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setzten Sätze wahr ist. Insofern wissen wir nicht genau, welches Ding A ist. Bei einer metaphysischen Vagheitstheorie hingegen muss die Welt vage Dinge enthalten. Die Sonne z.B. wäre ein solches Ding: Es gibt Abermillionen von Teilchen, bei denen es zu einem bestimmten Zeitpunkt unklar ist, ob sie zur Sonne gehören oder nicht. Es sei S die Sonne und T ein solches Teilchen. Dann sind die mereologisch definierten Dinge S + T und S − T bestimmt verschieden, weil das eine T zur Gänze enthält, während das andere T ausschließt. Ob S = S + T oder S = S − T, ist jeweils unklar; nur kann S nicht beides sein, und es gibt keinen Grund, sich für die eine oder andere Alternative zu entscheiden. Also gibt es drei Möglichkeiten: Es gibt mehrere Sonnen, es gibt keine Sonne, es gibt genau eine Sonne. Der gesunde Menschenverstand sagt, dass es genau eine Sonne gibt. Die Sonne kann aber dann kein genau abgegrenztes Ding sein; sie muss vage sein. Der gesunde Menschenverstand sagt aber auch, dass es keine vagen Dinge gibt. Wer versucht, dieses Problem zu lösen, kommt meist (nicht immer) zum Ergebnis, dass es eine Diskrepanz zwischen einer Welt der genauen Dinge und einer ungenauen Sprache gibt. 2.2 Indexikalität Indexikalische Ausdrücke, wie „ich“, „gestern“, „zwei Kilometer von hier“, und indexikalische Elemente, wie die Tempora und die Aspekte, erlauben einen Gegenstandsbezug durch Inanspruchnahme der raumzeitlichen Beziehungen des Sprechers und dessen Ausdruck zum bezeichneten Gegenstand. Wie die Vagheit ist die Indexikalität nicht aus unserer Sprache wegzudenken – auch Hegel hat die Schlüsselrolle der Indexikalität in der Erkenntnis erkannt. In der Welt gibt es aber keine Indexikalität. Alle Orte, alle Zeiten sind ontologich gleich, alle Subjekte sind gleich wirklich. Ein Ort ist nicht weniger wirklich, weil er weit weg ist. In der Metaphysik des Raumes wird wohl niemand einen „Hicismus“ vertreten, obwohl es in der Metaphysik der Zeit einen Standpunkt gibt, nämlich den Präsentismus, der diesen „Blick von Nirgendwo“ (Nagel) ablehnt. Auch die Bezeichnung eines Subjekts, eines Ichs, als etwas, das grundsätzlich dem anderen entzogen wird (anders als die Person oder der Mensch), setzt eine Art metaphysische Zentriertheit in der Welt voraus. Ohne dies hier lange zu diskutie-
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ren, behaupte ich, dass der Blick von Nirgendwo die richtige Weltauffassung ist, dass weder Raum noch Zeit noch Personen irgendwelche Elemente enthalten, die bloß aufgrund ihrer Position einen Anspruch auf irgendeine metaphysische Priorität besitzt. Der unzentrierte Standpunkt ist zwar nicht unanfechtbar, aber ich wage es zu sagen, dass er nicht nur richtig, sondern die Mehrheitsauffassung unter den Philosophen ist. 2.3 Relativität und Relationalität Wir reden von Orten und Zeitpunkten, als ob sie Dinge in der Welt wären. Sie sind es aber nicht. Wenn ich meinen Geburstort besuche, kehre ich nicht zu einem Ding namens „Ort“ zurück, denn wo könnte es sein? Ich kehre zwar zu einer Stadt, zu einem Haus, ja vielleicht sogar zu einem Zimmer zurück, aber Städte, Häuse und Zimmer sind nicht Teile des Raumes, sondern Dinge im Raum, die zwar meist immobil sind, aber nur relativ zur Erde. Im Weltraum haben sich Erde und Sonne seit meiner Geburt sehr weit bewegt. Durch die Kontinentalverschiebung bewegt sich mein Geburtsort, wenn auch sehr langsam, relativ zu anderen Erdteilen. Wer an Bord eines Schiffes, Flugzeugs oder Raumschiffes „zur Welt“ kommt, kann seinen Geburtsort entweder relativ zum beweglichen Gegenstand („hier in Kabine 23“) oder relativ zu anderen Punkten oder Koordinatensystemen (40 Grad Nord, 12 Grad West) angeben. Der Bezeichnung „am selben Ort“ fehlt eine absolute Bedeutung, es sei denn, Newtons absoluter Raum existiert. Ich wage es zu sagen, dass es den absoluten Raum nicht gibt. Deswegen gehören Raumpunkte nicht als Gegenstände zur Welt, obwohl wir so reden. Bei Zeitpunkten ist es, wegen der speziellen Relativitätstheorie, ähnlich. „Jetzt“ hat nur lokale Bedeutung: Bei Beobachtern, die sich relativ zueinander schnell bewegen, sind die Ereignisse, die jeweils „jetzt“ stattfinden, nicht absolut gleichzeitig. 2.4 Sekundäre Qualitäten Wenn es irgendwelche sekundären Qualitäten gibt, wie z.B. die Farben, dann täuscht uns unsere Erfahrung und unsere Sprache darin, dass wir sie als objektive Eigenschaften der Dinge in der Welt annehmen, während sie in der Tat das Produkt einer Interaktion zwischen der Welt und uns sind. Dass es etwas in der Welt gibt, das der Grund unserer Erfahrung der se-
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kundären Qualitäten ist, wird nicht geleugnet. Locke fasste sie als Dispositionen auf, nämlich Dispositionen der Dinge, in uns bestimmte Erfahrungstypen hervorzurufen. Die Röte einer Tomate ist keine Eigenschaft in der Tomate, wie wir sie wahrnehmen, obwohl wir die Tomate deswegen als rot wahrnehmen, weil die Oberfläche Eigenschaften besitzt, die verursachen, dass wir die Tomate (unter normalen Umständen) als rot sehen. Wir wissen durch Experimente mit Farbenblinden sowie mit Tieren, die Farben sehen können, dass nicht alle Farben sehenden Wesen dieselben Dinge in derselben Weise wahrnehmen. Manche sehen Dinge als farbgleich, die ein anderer nicht als farbgleich sieht. 2.5 Qualia im Allgemeinen Die phänomenalen Qualitäten, die wir wahrnehmen – wie Farbqualitäten, Tonqualitäten, Geräusche, Gerüche, Geschmäcke –, werden von manchen Philosophen als letzte Hoffnung des Dualismus oder mindestens eines Antiphysikalismus betrachtet. Nach vielen Physikalisten gibt es an sich keine phänomenalen Qualitäten oder Qualia, sondern nur physikalische Zustände und Ereignisse im Gehirn. In einer wissenschaftlichen Weltbeschreibung wird es keinen Platz für Qualia geben. Ich selbst bin der Auffassung, dass Qualia sehr wohl Elemente der Wirklichkeit sind, und zwar Elemente der erlebten Wirklichkeit, so dass eine Reduktion der Qualia auf ihre physikalische Basis nicht möglich ist. Es soll nicht geleugnet werden, dass die Erfahrung eines Quale oder mehrerer Qualia mit einem Vorgang im Gehirn identisch ist. Aber diese Vorgänge unterscheiden sich dadurch, dass sie eine „Innenseite“ oder ein subjektives Erfahrungsmoment besitzen. Ein Physikalist aber wird die Qualia als ein weiteres täuschendes Moment unserer Erfahrung ansehen. 2.6 Das Mentale Für eliminativistisch gesinnte Materialisten oder Physikalisten gibt es nichts Mentales außer den physiologischen Vorgängen im Gehirn. Ein mentales Leben, das aus Qualia, Gefühlen usw. besteht, gibt es nicht, sondern es gibt nur diese physikalischen Vorgänge. Wir täuschen uns, wenn wir meinen, es gibt etwas Subjektives. Ich selbst kann diesen Standpunkt nicht vertreten.
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2.7 Lokale Antirealismen: Moral, Modalität, Mathematik In vielen Bereichen reden wir so, als ob es Sachen gäbe, die objektiv vorhanden sind und objektive Wahrheiten begründen. Dass Genozid objektiv übel ist, dass ein sprechender Esel möglich ist, dass 31 eine Primzahl ist – das alles scheint wahr zu sein. Wer von Wahrheit spricht, wird annehmen, dass diese Wahrheiten ihren Grund, ihre Wahrmacher, in den Dingen selbst haben: Genozid besitzt die objektive moralische Eigenschaft, übel zu sein, ein sprechender Esel existiert in einer anderen möglichen Welt, und die Zahl 31 besitzt objektiv die Eigenschaft, nur durch sich selbst und 1 dividierbar zu sein. Die Tendenz unserer Sprache und unserer Praxis führt zu einem Realismus im Hinblick auf solche Wahrheiten: Sie sind deswegen wahr, weil die Dinge so sind, wie sie beschrieben werden. Auf der anderen Seite gibt es viele Philosophen – darunter mich –, die in diesen Gebieten einen Antirealismus vertreten. Der Schein der Objektivität und der objektiven Existenz trügt. In manchen Bereichen ist dies offensichtlich. Wenn ein Mensch süßen Wein herbem Wein bevorzugt, während ein anderer die umgekehrte Präferenz hat, gibt es keine objektiv richtige Präferenz. De gustibus non est disputandum. Was für den Geschmack gilt, gilt beim Antirealisten auch für die weiteren Sachen, die er nicht realistisch auffasst. Ich will hier nicht die jeweiligen Antirealismen verteidigen, sondern nur das Schema klarstellen. Wer im Hinblick auf ein (angebliches) Gegendstandsgebiet G einen Antirealismus vertritt, ist entweder der Auffassung, dass es überhaupt keine Gegenstände der Sorte G gibt, oder aber, dass solche Gegenstände von unserer Erfahrung und Sprache irgendwie abhängen. Auch wenn alle oder fast alle Menschen der Auffassung sind, dass Genozid2 etwas Übles ist, bedeutet das nicht, dass wir es mit einer objektiven Tatsache zu tun haben. Zum einen ist Konsens keine Garantie für Wahrheit. Zum anderen können Menschen auch dann übereinstimmen, wenn es nicht um Wahrheit geht, sondern etwa um gleiche Gefühle. Also ist die Übereinstimmung nur ein Indiz und keine Gewähr dafür, dass es sich um wahre Sätze handelt.
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Ich sage nicht „Völkermord“, weil das Wort „Mord“ in diesem Ausdruck steckt und er daher keine wertfreie Bezeichnung ist.
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2.8 Sachverhalte Klassische und moderne Korrespondenztheorien der Wahrheit postulieren so etwas wie eine Harmonie zwischen wahren Sätzen bzw. Propositionen einerseits und den entsprechenden nicht-linguistischen Entitäten andererseits. Diese Entitäten, manchmal als „Tatsachen“ („facts“), manchmal als „Sachverhalte“ bezeichnet, sollen die in der Welt vorhandenen Sachen sein, aufgrund derer die Propositionen (Sätze) wahr sind: ihre Wahrmacher. Die Frage nach der Art und Weise sowie der Breite der Korrespondenz ist, von Aristoteles bis heute, eine sehr komplizierte Angelegenheit.3 Zumeist werden Tatsachen oder Sachverhalte als Wahrmacher eingesetzt, weil (i) irgendetwas als Wahrmacher verlangt wird und (ii) die sonst zur Verfügung stehenden Entitäten nicht ausreichen, die Wahrheit eines Satzes zu begründen. Falls z.B. Hans Maria liebt, kann es Hans, Maria und die Liebe geben, ohne dass es eine Liebe von Hans für Maria gibt. Nur wenn Hans, Maria und die Liebe zusammen in einem bestehenden Sachverhalt, „dass Hans Maria liebt“, vorkommen, ist der Satz wahr. Das Verlangen nach einem Wahrmacher ist zwar nicht unumstritten, aber ich setze hier voraus, dass es im Prinzip richtig ist – dass es also Wahrmacher gibt, wenn auch nicht für jeden wahren Satz. Dass man aber für Sätze eine eigene Kategorie braucht – was der Harmonie-These entspricht –, scheint mir falsch zu sein. Ich werde diese ablehnende Haltung hier nicht begründen (vgl. Simons 1999), sondern weise nur darauf hin, dass eine Ablehnung von Sachverhalten (oder Ähnlichem) mit sich bringt, dass es keine Entitäten gibt, die der linguistischen Kategorie des Satzes entsprechen. Wir hätten somit eine weitere Diskrepanz zwischen den linguistischen und den ontischen Kategorien. 2.9 Substanz und Attribut Der Eckpfeiler einer harmonistischen Metaphysik ist die Übereinstimmung zwischen Subjekt und Prädikat einerseits und Substanz und Attribut andererseits. Selbst wenn keine Eins-zu-eins-Übereinstimmung angenommen wird (zu jedem Subjekt eine Substanz und umgekehrt), wird zumindest ei3
Vgl. dazu die meisterhafte Darstellung in Künne 2003, Kap. 3: „Varieties of Correspondence“.
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ne generische Übereinstimmung konstatiert. Substanzen sind vielleicht nicht die einzige Art von logischem Subjekt, aber doch die wichtigste. Der Gedanke geht so: In der Erkenntnis bzw. in der Sprache nehmen wir mental bzw. linguistisch Bezug auf ein Ding und prädizieren etwas davon. Von Hans prädizieren wir, dass er ein Mensch ist, dass er fließend Spanisch kann, dass er gerade lächelt, dass er in Rostock geboren wurde, dass er Maria liebt, dass er drei Töchter hat, dass er für den HSV spielt, usw. Hans steht seinen Attributen gegenüber. Die paradigmatische Art eines logischen Subjekts ist, laut Aristoteles und Kant, die Substanz. Diese Analyse in Individuen einerseits (darunter primär individuelle oder erste Substanzen) und Universalien (Attribute) andererseits ist, meine ich, eine linguistisch motivierte Teilung. Wenn man die Harmonie-These skeptisch betrachtet, stellen sich andere Analysen zur Wahl. Ich glaube z.B., dass die Attribute nicht Universalien, sondern Einzeldinge sind, und im einfachsten Fall das, was die Tradition „individuelle Akzidenzien“, Husserl „Momente“ und die moderne analytische Metaphysik „tropes“ nennt. Diese Akzidenzien sind es, die bei einer einfachen atomaren Prädikation die Rolle des Wahrmachers einnehmen, weil sie nur dann existieren, wenn das Subjekt so-und-so ist. „Hans lächelt“ ist wahr, weil es ein individuelles Lächeln gibt, das in bzw. an Hans existiert. Sein Lächeln kann nicht einem anderen inhärieren; selbst dann nicht, wenn der Andere ebenfalls gerade lächelt. Es gibt dann zwei Lächel-Akzidenzien, und ein Akzidenz wird nicht von seinem Subjekt prädiziert, sondern ist, wie Aristoteles (1958, 1a24f.) in den Kategorien sagt, im Subjekt: Es ist etwas, das „zwar nicht wie ein Teil in etwas ist, aber doch nicht ohne das sein kann, worin es ist“. Die Substanz fasse ich – wie Husserl – als Ganzes auf, das aus Momenten besteht. Der Unterschied zwischen substantiellen und nicht-substantiellen Ganzen liegt darin, dass die substantiellen Ganzen (relativ) unabhängig sind, während ihre Momente voneinander sowie von anderen Ganzen abhängig sind (Simons 1994). Substanz gehört somit nicht mehr zu den Grundkategorien des Seienden (Simons 1998a). Der Unterschied zwischen Subjekt und Prädikat lässt sich – typenmehrdeutig im Sinne Russells – auf jeder ontologischen Ebene anwenden. Auch abstrakte Gegenstände – falls es sie gibt – sind gewiss keine Sub-
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stanzen; sie lassen sich aber mit Namen bezeichnen, und von ihnen lassen sich Attribute prädizieren (vgl. Künne 1983, 175-185). 3 Wie man sich dennoch in der Welt zurechtfindet Obwohl die Struktur, die Kategorien und Eigenschaften der Sprache der Struktur, den Kategorien und Eigenschaften der Welt nicht analog sind, finden wir uns offensichtlich in der Welt zurecht. Es fragt sich wie. Folgende Eigenschaften der Sprache, obwohl sie keine Entsprechungen in der Wirklichkeit haben, tragen dazu bei, dass wir zurechtkommen. 3.1 Die Sprache setzt das Wahrnehmen voraus Ohne Menschen, oder allgemeiner: ohne intelligente Wesen, gibt es keine Sprache. Die Sprache setzt aber nicht nur intelligente Wesen, sie setzt auch einen kognitiven Zugang dieser Wesen zur Welt voraus. Die sinnliche Wahrnehmung ist es, die die sprachliche Repräsentation ermöglicht. Ohne Wahrnehmung sind wir kognitiv nichts. Die Sprache macht von den kognitiven Leistungen der Wahrnehmung wesentlich Gebrauch. Die Dinge, über die wir reden, werden von uns ursprünglich durch die Wahrnehmung ausgemacht und identifiziert. Die Wahrnehmung liefert uns Informationen über deren Attribute (Akzidenzien), die wir in der Sprache festhalten. Die Wahrnehmung kann nicht völlig irreführend sein, weil sie dem Überleben dient und weil wir das Produkt einer ununterbrochenen Reihe von erfolgreich Überlebenden sind. Die Wahrnehmung muss ausreichend gute Informationen über die Umwelt liefern, um unseren Ahnen das Überleben ermöglicht zu haben. Die Wahrnehmung muss keine perfekte Repräsentation der Welt bieten, sie muss nur gut genug sein, damit wir die Nase gegenüber unseren Konkurrenten vorn haben. Eine zu exakte Wahrnehmung wäre sogar von Nachteil, denn sie würde dem Gehirn zu viel Rechenkapazität und Energie abverlangen. „Gerade gut genug“ ist die Devise bei der Wahrnehmung. 3.2 Die Sprache ist allgemein Sherlock Holmes wusste nicht, dass die Erde um die Sonne kreist und nicht umgekehrt. Er brauchte es nicht zu wissen, um seine Kriminalfälle zu lö-
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sen, und er wollte es sofort wieder vergessen, nachdem ihn Doktor Watson aufgeklärt hatte, um sein Gehirn nicht mit irrelevantem Material zu belasten. Der Mensch brauchte dieses Wissen auch nicht, um Feldbau, Technik und städtische Zivilisation im Zweistromland aufzubauen; aber durch Beobachten, Rechnen und Theoretisieren kamen die Menschen, nach Jahrtausenden, doch darauf, dass die Erde um die Sonne kreist. Dazu war die Wahrnehmungsgrundlage zwar notwendig, aber keinesfalls hinreichend. Für diese wissenschaftliche Entdeckung war die Sprache unerlässlich. Sie erlaubt es, die Wiederholungen in der Natur durch ein Wiederholen in den gesprochenen Lauten zu imitieren. Die Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit der Welt wird genutzt. Wer einen Wolf sieht, hört oder riecht, denkt „Wolf!“. Fast alle Wörter der Sprache sind allgemein, sie bezeichnen Dinge, die mehrere Male bzw. in mehreren Instanzen vorkommen. Es gibt viele Wölfe, so wie es viele Vorkommnisse des Worttyps „Wolf“ gibt. Wie Locke bereits meinte, wäre es höchst unpraktisch, für jedes Einzelding einen Eigennamen zu haben. Wiederum wäre die geistige Belastung bzw. die Belastung des Gehirns zu groß. Stattdessen haben wir Wörter, die in vielen Situationen mit verschiedenen Einzeldingen Verwendung finden. Nehmen wir für den Augenblick an, dass es kein universelles Element gibt, das bei einem bestimmten wahren Satz wie „Dieser Apfel ist grün“ oder „Dieser Pilz ist genießbar“ als Wahrmacher oder Teilwahrmacher dient. Die Wörter, die in den Sätzen vorkommen, können etliche Male wieder verwendet werden, in vielen anderen Sutuationen; aber was sie bei einem bestimmten Gebrauch wahr macht, sind Einzelwesen. Dann ist die Diskrepanz zwischen Sprache und Welt offensichtlich, aber gerade die Allgemeinheit bzw. Wiederverwendbarkeit der Bestandteile der Sätze macht sie so nützlich. Wir brauchen nicht für diesen Apfel oder diesen Pilz einen Eigennamen. Es genügt ein Demonstrativpronomen, ein Name, eine Kopula und ein Adjektiv, und alles funktioniert. Die Individualität der Dinge wird durch die Allgemeinheit der Wörter nicht angetastet, aber für den reflektierenden Philosophen wird eine Falle gelegt. Diese Ansicht, dass nämlich die Sprache allgemein, die Dinge partikulär sind, nenne ich „Brentanos These“, weil sie – in der Form „universell Denkendes und individual Seiendes“ – aus seinem Nachlass in die zweite Auflage seiner Psychologie durch Oskar Kraus aufgenommen wurde (Brentano 1874, Bd. 2, 199-203). Sie ist ein besonderer Ausdruck der Dis-
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krepanz zwischen Sprache und Welt. Sogar Eigennamen sind in der Hinsicht allgemein, dass sie bei wiederholten Erscheinungen desselben Individuums verwendbar sind. 3.3 Die Sprache ist zentriert Alle Sprechenden, die wir kennen, sind relativ kompakte Körper, die die umliegende Welt von einem räumlich sehr begrenzten Standpunkt aus wahrnehmen. Dieses Wahrnehmen geschieht durch die Lokalität der kausalen Verbindung. Der grüne Apfel, den ich vor mir sehe, reflektiert das Licht in die Netzhaut meiner Augen, und die sich fortpflanzende neuronale Tätigkeit leitet die kausale Kette so in das Gehirn, dass ich ein Seherlebnis genieße. Alles, was ich wahrnehme, ist, wie es Aristoteles ausdrückt, ein „dieses etwas“ (von einer bestimmten Art). Die „Diesheit“ drückt sich durch das Demonstrativpronomen aus, die Art durch den Namen. Beide Aspekte wirken zusammen, damit ich von dem bestimmten Apfel etwas aussagen kann und meinen Gedanken anderen mitteilen kann, die nicht unmittelbar mit dem Apfel konfrontiert sind. Hegel und Bradley machten viel aus dem Zusammenwirken und der gegenseitigen Abhängigkeit der indexikalischen und der allgemeinen Wörter. Die Welt aber ist nicht zentriert. Es gibt keine metaphysisch ausgezeichnete räumliche Stelle, kein Zentrum. Allein wenn es den Urknall gegeben hat, ist dieser eine kosmologisch ausgezeichnete Stelle im vierdimensionalen Universum. Die richtige Auffassung der Welt ist der Blick von Nirgendwo und von Niemals. Selbst „die“ Gegenwart (welche?) hat keine ausgezeichnete Stelle, obwohl die so genannten Präsentisten die Existenz nicht-gegenwärtiger Dinge ablehnen. 3.4 Die Sprache ist vage, die Welt ist nicht vage Wir haben diese wichtige Diskrepanz schon in Abschnitt 2.1 besprochen. Hier geht es darum, den Vorteil der Vagheit nochmals hervorzuheben. Ohne vage Ausdrücke müssten wir entweder sehr lange überlegen, welcher Ausdruck auf eine bestimmte Situation passt, oder wir müssten sehr oft die Unwahrheit sagen. Die Vagheit erlaubt es uns, ohne zu langes Überlegen ein richtiges Wort bzw. eine richtige Aussage zu finden.
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Es wird manchmal behauptet, die Welt sei wegen der Quantenunbestimmtheit an sich vage. Obwohl es zwischen Vagheit einerseits und Quantenunbestimmtheit andererseits einige Gemeinsamkeiten gibt, meine ich, dass sie grundverschiedene Phänomene sind. Selbst wenn die Welt klassisch exakt wäre, würden wir vage Sprachen brauchen, und eine Sprache der Quantentheorie ist im Prinzip völlig exakt, d.h. sie kann die Welt so präzise beschreiben, wie es möglich ist. Quantenexaktheit ist aber etwas anderes als klassische Exaktheit. 3.5 Die Sprache enthält emotive und axiologische Komponenten Wir sind Geschöpfe, die fühlen und die manches gern, anderes ungern haben. Diese nicht-kognitiven Einstellungen fließen in die Sprache ein, obwohl die Welt an sich (abgesehen von den fühlenden Wesen, wie wir es sind) wertfrei ist. Die Welt zergliedert sich für uns in attraktive, neutrale und abstoßende Aspekte. Wie Hume (1751, Anh. 1) meint, „färben“ wir dadurch die Gegenstände unserer Erfahrung, obwohl die Dinge an sich nicht „gefärbt“ sind. Dieses „Färben“ dient dem Überleben. 3.6 Die Sprache leitet zu Nominalisierungen Um über komplexe und abstrakte Dinge zu sprechen, greifen alle menschlichen Sprachen zur Operation der Nominalisierung. Was wir sonst durch Verben, Adjektive, ganze Sätze usw. zum Ausdruck bringen, wird nominalisiert und zum grammatischen Subjekt gemacht: Der Tod ist besser als die Schmach. Die Geschwindigkeit des Flugzeugs brach alle Rekorde. Sein Gewicht hat sich in zwei Jahren verdreifacht. Tugenden lassen sich nicht in der Schule unterrichten. Die Wachstumsrate der deutschen Wirtschaft hat sich verlangsamt. Die Farbe deines Wagens ist die gleiche wie die Farbe meiner Küche. Was du sagst ist wahr. Die Bedeutung der Nominalisierung für die Sprache hat Husserl und, ihm folgend, Künne (1983, 175-185) hervorgehoben. Solche Nominalisierungen scheinen für uns unentbehrlich zu sein, sie erlauben es uns, mehr zu sagen, als sonst möglich oder zumindest einfach wäre. Aber die Tatsache,
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dass wir hier Nomina haben, bedeutet nicht unbedingt, dass dadurch etwas benannt wird. Nominaliserungen sind oft – vielleicht nicht immer – façons de parler, die keine ontologischen Verpflichtungen mit sich bringen. Manchmal lassen sie sich durch Paraphrase eliminieren, manchmal nicht. Hier teile ich Künnes Auffassung nicht, dass abstrakte Nomina normalerweise abstrakte Gegenstände bezeichnen. Sie tun so, als ob sie das leisten, aber die Frage, ob abstrakte Gegenstände metaphysisch erforderlich sind, lässt sich nicht allein durch den Hinweis auf linguistische Tatsachen beantworten. 4 Zusammenfassung der Diskrepanzen Sprache
Welt
ist überwiegend vage ist zentriert und braucht Indexikalia gründet auf Wahrnehmung
ist durchaus exakt ist unzentriert
projiziert Qualiäten als primär ist eng gebunden an unsere Bedürfnisse ist moralisch und modal geprägt ist überwiegend allgemein suggeriert eine Substanz/AttributMetaphysik redet viel von abstrakten Gegenständen suggeriert Sachverhalte als Satzgegenstände
ist gegenüber der Wahrnehmung indifferent enthält viele sekundäre Qualitäten ist gegenüber unseren Bedürfnissen indifferent ist moralisch neutral und amodal ist überwiegend oder gänzlich partikulär Substanz und Attribut keine Grundkategorien abstrakte Gegenstände sind fiktiv keine Sachverhalte oder Tatsachen
Diese Liste der Diskrepanzen ist nicht vollständig und sicherlich strittig. Sie soll nicht definitiv sein, obwohl ich zu allen Eintragungen stehe. Es genügt, wenn sie die Harmonie-These in Frage stellt. Wenn man dieser ver-
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meintlichen Harmonie nicht mehr unkritisch gegenübersteht, öffnen sich die metaphysischen Möglichkeiten viel breiter als in der deskriptiven Metaphysik. Es tun sich deswegen aber auch neue Gefahren auf (vgl. Simons 1998b). Trotz der Unstimmigkeiten zwischen Sprache und Welt sind wir dazu in der Lage, nicht nur von den Dingen und Geschehnissen der Welt zu reden, sondern auch über die wissenschaftliche Erkenntnis tief ins Innere des Weltgeschehens einzudringen. Dass so etwas möglich ist, verdanken wir den Leistungen der Generationen von Neugierigen und Wissenschaftlern, die jeweils auf der schmalen, aber unerlässlichen Basis ihres epistemischen Zugangs zur Welt über die Wahrnehmung aufbauten. Die Konstruktion oder Konstitution eines wissenschaftlichen Weltbildes auf der Basis der subjektiven Erfahrung – ein Aufbau – ist ein nobles Unternehmen, das sowohl von Husserl als auch vom jungen Carnap unternommen wurde. Beide scheiterten, weil sie dem entscheidenden Beitrag der intersubjektiven Sprache nicht ausreichend Rechnung trugen und den externen Beitrag der Welt unterdrücken wollten. Im Prinzip muss eine subjektive Konstitution jedoch möglich sein, weil jeder von uns im Verlauf seines Lebens eine solche Konstitution durchführt. Die linguistische Wende im 20. Jahrhundert hat zuerst die Metaphysik zu vernichten gedroht, sie dann aber über die Semantik wieder zum Leben erweckt. Wenn meine Kritik der Harmonie-These stimmt, dann kann die analytische Metaphysik nicht länger allein auf einer sprachphilosophischen Grundlage stehen, sondern muss in einer feinen Ausgewogenheit zwischen Sprache, Wissenschaft und common sense betrieben werden.4 Literatur Aristoteles 1958: Kategorien. Lehre vom Satz, Hamburg. Brentano, F. 1874: Psychologie vom empirischen Standpunkt, Hamburg 1971. Hume, D. 1751: Eine Untersuchung der Grundlagen der Moral, Göttingen 2002. Künne, W. 1983: Abstrakte Gegenstände. Semantik und Ontologie, Frankfurt/M. Künne, W. 2003: Conceptions of Truth, Oxford. Simons, P. M. 1994: „Particulars in Particular Clothing. Three Trope Theories of Substance“, in: Philosophy and Phenomenological Research 54, 553-576.
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Wolfgang Künne ist mein erster und bester Freund aus Deutschland. Wir teilen viele Ansichten, aber nicht alle. Diesen Aufsatz widme ich ihm in tiefer Freundschaft.
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Simons, P. M. 1998a: „Farewell to Substance: A Differentiated Leave-Taking“, in: Ratio N.S. 11, 235-252. Simons, P. M. 1998b: „Metaphysical Systematics: A Lesson from Whitehead“, in: Erkenntnis 48, 377-393. Simons, P. M. 1999: Rezension von David M. Armstrong, A World of States of Affairs, in: European Journal of Philosophy 7, 119-124.
Ontologie und Semantologie Daniel von Wachter (München)
Das Hamburger Philosophische Seminar ist berühmt für eine Art von Ontologie, die viel mit Semantik zu tun hat. Als ich dort hinkam, um in einer Doktorarbeit eine Art von Ontologie zu betreiben, die mit Semantik wenig zu tun hat, hat Wolfgang Künne mich dennoch mit offenen Armen aufgenommen. Es mag für meine Starrköpfigkeit sprechen, dass ich Ontologie und Metaphysik immer noch von der Semantik fern halte. Im Folgenden möchte ich demonstrieren, wie sich der semantische Zugang vom ontologischen, nicht-semantischen Zugang unterscheidet und dass es ein von der Semantik ganz verschiedenes Projekt der Ontologie gibt. Das werde ich anhand der Theorie der Eigenschaften und der Theorie der Verursachung demonstrieren. Ich werde jene auch von Künne betriebene Art von Ontologie, die viel mit Semantik (und mit Willard V. O. Quine) zu tun hat, „Semantologie“ und die andere Art von Ontologie (deren bekanntester Vertreter in der analytischen Philosophie David Armstrong ist) „Ontologie“ nennen – in dem Versuch, diese Bezeichnung für das mich interessierende Projekt zu vereinnahmen. Statt von Ontologie werde ich manchmal auch von metaphysischer Ontologie oder von Metaphysik sprechen, denn Semantologie wird wohl öfter als „Ontologie“ denn als „Metaphysik“ bezeichnet. Die Semantologie gehört zur „analytischen“ Philosophie im engeren Sinne (in dem deutsche Lexika oft „analytische Philosophie“ auffassen), d.h. im Sinne der sprachanalytischen Philosophie und des „linguistic turn“. Ontologie wird aber natürlich auch innerhalb der analytischen Philosophie betrieben, d.h. innerhalb der angelsächsischen Philosophie, wie sie z.B. im Journal of Philosophy veröffentlicht wird.
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1 Eigenschaften Wolfgang Künne behauptet in seinem Buch Abstrakte Gegenstände, dass es abstrakte Gegenstände gibt. Unter „abstrakten“ Gegenständen versteht er, Quines Wortschöpfung folgend, Gegenstände wie Eigenschaften (z.B. Tapferkeit), Propositionen, Zahlen oder Mengen (vgl. Künne 1983, 11). Er meint, dass es nicht eines gibt, was alle diese Gegenstände gemeinsam haben (vgl. ebd., 94). Für diejenigen „abstrakten Gegenstände“, die mich hier interessieren, nämlich Eigenschaften, ist jedenfalls typisch, dass sie (nach Künnes Auffassung) unzeitlich sind, dass sie also (in traditioneller Terminologie) ideale Gegenstände sind. Künnes Argument für die Existenz abstrakter Gegenstände ist, dass es abstrakte Gegenstände gibt, da es wahre „abstrakte Aussagen“ gibt, die sich nicht auf andere Aussagen zurückführen lassen. Eine abstrakte Aussage ist eine, die abstrakte Terme enthält, d.h. Terme, die sich auf abstrakte Gegenstände beziehen. In „Tapferkeit ist eine Tugend“ beispielsweise (Künne 1983, 19) ist „Tapferkeit“ ein abstrakter singulärer Term und „Tugend“ ein abstrakter genereller Term. Die Frage für Künne ist nun, ob sich durch semantische Transformationen und Paraphrase alle abstrakten Terme aus wahren Aussagen eliminieren lassen. Er kommt zu dem Schluss, dass dies nicht so sei. „Rot ist eine Farbe“ ist eine wahre, irreduzibel abstrakte Aussage. „Rot ist eine Farbe, also gibt es mindestens eine Farbe; Farben sind Eigenschaften, Eigenschaften sind abstrakte Entitäten, also gibt es mindestens eine abstrakte Entität“ (ebd., 137). Nun will ich zunächst einräumen, dass es wahr und nicht ganz trivial ist, dass es mindestens eine Farbe gibt. Existenzbehauptungen wie „Es gibt solche Sachen wie Farben“ sind wahr und klar, klarer vielleicht als so manche andere Existenzbehauptung in der Philosophie, wie z.B. „Es gibt Mengen“, „Es gibt Universalien“ oder „Es gibt mögliche Welten“. Aber es gibt eine ganze Menge anderer Fragen über Eigenschaften, die die semantische Herangehensweise, die Künne verfolgt, unbeantwortet lässt. Eine dieser Fragen ist, ob Eigenschaften Individuen oder Universalien sind (oder ob es sowohl individuelle Eigenschaften als auch Eigenschaftsuniversalien gibt). Wenn F ein Eigenschafts-Universale ist und die Dinge a und b beide F instantiieren, dann sind das F-Sein von a und das F-Sein von b numerisch identisch (das wird etwa in Armstrong 1978b und 1997 ver-
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treten). Wenn Eigenschaften von Dingen hingegen Individuen (Momente, engl. „tropes“) sind, dann sind die Eigenschaften von verschiedenen Dingen immer numerisch verschieden, auch wenn sie sich exakt ähneln (so in Campbell 1990, Williams 1953). Künne (1983, 83) führt gegen die Theorie der individuellen Eigenschaften an, dass diese für Sätze wie (S) „Der Briefkasten und das Telefonhäuschen haben dieselbe Farbe“ eine „Lesart“ postuliere, „bei der man mit ihnen stets etwas Falsches sagt“. Er will darauf hinaus, dass man mit (S) sage, die Farbe des Briefkastens und die Farbe des Telefonhäuschens seien numerisch identisch, wohingegen die Theorie der individuellen Eigenschaften behaupte, sie seien numerisch verschieden. Hier kommt ein Unterschied zwischen Semantologie und Ontologie zum Vorschein. Die ontologisch verstandene Theorie der individuellen Eigenschaften sagt gar nicht, dass es eine bestimmte „Lesart“ für Sätze wie (S) gibt. Sie handelt gar nicht von Lesarten und Bedeutungen, sondern von Eigenschaften, d.h. von bestimmten ontologischen Bestandteilen von Dingen. Sie beschäftigt sich mit der Struktur der Dinge, wie sie sind, unabhängig davon, wie sie beschrieben werden und wie auf sie Bezug genommen wird. Sie handelt nicht von Aussagen und deren Lesarten, sondern von Wahrmachern. Sie besagt, dass Dinge Eigenschaften haben und dass diese individuell sind.1 Die Röte dieses Briefkastens (wenn das eine Eigenschaft ist) ist numerisch verschieden von der Röte jenes Telefonhäuschens. Die beiden Röten gleichen sich zwar völlig, aber das liegt daran, dass die beiden Röten einander völlig ähneln, und nicht daran, dass es ein Universale „Röte“ gäbe, das beide Dinge exemplifizierten. Genau genommen besagt die Theorie nicht einmal, dass es eine Eigenschaft „Röte“ des Briefkastens gibt. Sie besagt nur, dass es keine Universalien gibt und dass Dinge Eigenschaften haben, die wie die Dinge individuell sind und die den Eigenschaften anderer Dinge mehr oder weniger ähneln.
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Roman Ingarden (1965, 236) z.B. hält es für selbstverständlich, dass die Eigenschaften von individuellen Gegenständen individuell sind, da nicht an einem Gegenstand etwas Individuelles mit etwas Universellem zusammen sein kann. Ingarden nimmt aber zusätzlich zu individuellen Eigenschaften auch Universalien an, die er „ideale Qualitäten“ nennt. Vgl. Wachter 2000a, Kap. 2.
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2 Semantologie und Ontologie Ich will versuchen, die Methode des Semantologen allgemein zu beschreiben (ohne dabei Wolfgang Künne zu unterstellen, er würde dies alles unterschreiben). Der Semantologe möchte herausfinden, welche „Ontologie“ in unserer Sprache oder in unserem Denken eingebaut ist. Er unterscheidet verschiedene Arten von Termen, z.B. konkrete und abstrakte Terme, und untersucht dann die Aussagen, die wir gemeinhin als wahr annehmen, daraufhin, welche Arten von Termen darin vorkommen. Lässt sich eine bestimmte Art von Termen nicht durch Transformation der Aussagen eliminieren, sagt der Semantologe, es gäbe die betreffenden Gegenstände. Quines Prinzip des „ontological commitment“ folgend, sagt er, es gäbe Eigenschaften, mögliche Welten, etc., weil wir darüber „quantifizieren“ (vgl. Künne 1983, 102-128). Er nimmt an, dass man die ontologische Struktur der Welt an unseren Aussagen ablesen kann. John Heil (2003, Kap. 3) nennt die dieser Annahme zugrunde liegende Auffassung des Verhältnisses von Sprache und Welt die Bildtheorie der Sprache. Nach ihr spiegelt die Struktur der Sprache die Struktur der Welt wider. Diese Auffassung äußert sich auch darin, dass der Semantologe annimmt, dass jedem Prädikat eine Eigenschaft entspricht. „Die Rose ist rot“ ist wahr, also gibt es eine Eigenschaft „Rotsein“; „Großmutter ist weise“ ist wahr, also gibt es eine Eigenschaft „Weisheit“. Dass das Prädikat „F“ auf einen Gegenstand zutrifft, heißt für den Semantologen soviel wie, dass der Gegenstand die Eigenschaft „F-heit“ hat und dass jeder Gegenstand, auf den das Prädikat zutrifft, diese Eigenschaft hat. Sehen wir uns dagegen den Ansatz des Ontologen (also etwa von Armstrong (1978b) oder Campbell (1990)) an. Ein Universalienrealist wie David Armstrong nimmt an, dass es Eigenschaften gibt und dass Eigenschaften Universalien sind, aber er nimmt nicht an, dass jedem Prädikat eine Eigenschaft entspricht. Es kann sein, dass das Prädikat „F“ auf ein Ding a zutrifft, weil a das Universale Q instantiiert, und auf ein Ding b, weil b das Universale R instantiiert.2 Der Annahme, dass jedem Prädikat eine Ei-
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Heil (2003, 26) kritisiert die Semantologen in diesem Sinne dafür, dass sie folgendes Prinzip annehmen: „When a predicate applies truly to an object, it does so in
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genschaft entspricht, liegt oft eine stillschweigende Identifikation von Universalien mit Bedeutungen von Prädikaten zugrunde. Armstrong hält dies für eine große Verwirrung: I believe that the identification of universals with meanings (connotations, intensions) […] has been a disaster for the theory of universals. A thoroughgoing separation of the theory of universals from the theory of the semantics of general terms is in fact required. Only if we first develop a satisfactory theory of universals can we expect to develop fruitfully the further topic of the semantics of general terms. Philosophers have all too often tried to proceed in the opposite way. (Armstrong 1978a, xiv) Welche Universalien es gibt, haben für Armstrong die Naturwissenschaften zu entdecken. Jedenfalls ist es nicht a priori, im Lehnstuhl des Philosophen, zu klären. Armstrong nennt seine Auffassung daher „aposteriorischen Realismus“. Der Ontologe erkennt an, dass es irreduzibel abstrakte Aussagen gibt, aber das legt ihn noch nicht auf eine bestimmte Ontologie (z.B. den Universalienrealismus) fest. Wenn er annimmt, dass es Eigenschaften gibt, dann nicht deshalb, weil es irreduzibel abstrakte Aussagen gibt, sondern deshalb, weil sich am Verhalten von Dingen in kausalen Zusammenhängen zeigt, dass Dinge ontologisch komplex sind. Wie stark zwei Planeten einander anziehen, hängt von ihrer Masse ab, aber nicht von ihrer Temperatur. Es lassen sich verschiedene kausal relevante Aspekte von Dingen unterscheiden, und das spricht dafür, dass Dinge ontologische Bestandteile, Eigenschaften, haben, von denen jedes dem Ding ein bestimmtes kausales Vermögen verleiht. Wie oben erklärt, lässt sich für den Ontologen die Frage, ob Eigenschaften Individuen oder Universalien sind, nicht durch die semantische Untersuchung von Aussagen klären. Es mag schon sein, dass die Aussage (S) „Das Telefonhäuschen und der Briefkasten haben dieselbe Farbe“ sich nicht transformieren lässt, aber das kann man anerkennen und dennoch behaupten, dass es keine Universalien gibt, sondern dass die Aussage wahr virtue of designating a property possessed by that object and by every object to which the predicate truly applies (or would apply).“
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ist, weil die beiden Dinge bestimmte individuelle Eigenschaften haben, die einander exakt ähneln. Ein Ontologe, der Nominalist ist (d.h. annimmt, es gebe keine Universalien), verteidigt seine Auffassung nicht, indem er behauptet, dass irgendwelche Aussagen transformierbar sind, sondern indem er behauptet, dass zum Wahrmacher von (S) keine Universalien gehören. Vielmehr sei (S) wahr (gemäß der nominalistischen Momententheorie), weil das Telefonhäuschen und der Briefkasten individuelle Eigenschaften haben, die sich ganz gleichen. Ähnlich lassen sich auch die anderen Fragen in der Ontologie der Dinge und Eigenschaften nicht durch die semantische Untersuchung von Aussagen beantworten. Zum Beispiel die Frage, ob Universalien immanent (d.h. in den Dingen, raumzeitlich lokalisiert) oder transzendent (d.h. außerzeitlich) sind, oder die Frage, ob Dinge Bündel von Eigenschaften sind oder ob sie Substrate enthalten, welche die Eigenschaften tragen. Vertritt ein Ontologe beispielsweise eine Bündeltheorie, meint er damit nicht, dass sich eine Aussage wie „Die Rose ist rot“ irgendwie in eine Aussage transformieren lässt, die nicht auf die Rose Bezug nimmt. Vielmehr meint er, dass Dinge aus nichts als Eigenschaften bestehen. Ziel des Ontologen ist es, die Struktur der Wirklichkeit zu beschreiben. Wenn Metaphysiker sagen, sie wollen die Wahrmacher von Aussagen finden, ist damit gemeint, dass sie beschreiben wollen, was vorliegt; und zwar wollen sie es so beschreiben, dass damit etwas Interessantes, etwas über die Aussage Hinausgehendes gesagt ist. Wenn man zum Beispiel sagt, dass „Fa“ durch das F-Sein von a wahr gemacht wird, ist das vielleicht eine richtige, aber jedenfalls eine uninteressante Beschreibung des Wahrmachers. Wenn hingegen gesagt wird, dass Müllers Halluzination durch ein gewisses Ereignis in Müllers Gehirn wahr gemacht wird, dann ist das eine interessante Angabe des Wahrmachers. Semantologen missverstehen die Rede von Wahrmachern manchmal und meinen, ein Wahrmacher impliziere („entails“) die Aussage, die er wahr mache. Doch Wahrmacher implizieren gar nichts, denn nur Aussagen implizieren etwas. Der Wahrmacher für die Aussage „Die Rose ist rot“ mag Universalien beinhalten oder auch Elementarteilchen in bestimmten Konstellationen, jedenfalls impliziert er nicht „Die Rose ist rot“, denn nur etwas, das einen Wahrheitswert hat, impliziert etwas, und weder Universa-
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lien noch Elementarteilchen haben einen Wahrheitswert (wie dargelegt von Heil 2003, Kap. 6.2. und 7). Impliziert eine Beschreibung eines Wahrmachers die Wahrheit der wahr gemachten Aussage? Eine interessante Beschreibung eines Wahrmachers impliziert die Aussage nicht, oder zumindest sagt sie noch mehr als die Aussage. Peter Strawson bezeichnet sein Projekt der Semantologie als „deskriptive Metaphysik“. Dem stellt er die „revisionäre Metaphysik“ gegenüber: „Deskriptive Metaphysik begnügt sich damit, die tatsächliche Struktur unseres Denkens über die Welt zu beschreiben, revisionäre Metaphysik hat das Ziel, eine bessere Struktur hervorzubringen“ (Strawson 1959, 9). Doch das ist nicht die Alternative. Die Alternative zur deskriptiven Metaphysik besteht nicht in dem Versuch, die Struktur unseres Denkens zu verbessern und ein besseres Begriffssystem hervorzubringen. Der Ontologie geht es gar nicht um Begriffssysteme, sondern darum, die Wirklichkeit zu beschreiben! Wie andere Wissenschaften auch, will die Ontologie wahre Theorien über die Dinge dieser Welt entwickeln. Der Semantologe befasst sich mit Begriffen, der Ontologe hingegen befasst sich mit allen möglichen Dingen. Nun ist damit freilich nicht gesagt, dass das Projekt der Semantologie fruchtlos und das der Ontologie fruchtbar ist. Gibt es denn überhaupt so etwas wie eine allgemeine Struktur der Welt zu entdecken? Hat nicht die Rede von Dingen und Eigenschaften immer etwas damit zu tun, wie wir die Welt beschreiben und auffassen? Gibt es ein für die Philosophie durchführbares Projekt der Erforschung der Struktur der Welt, oder können da nicht nur die Naturwissenschaften Einsichten bringen? Meine eigene Einschätzung ist, dass Philosophen von der Physik etwas über die Struktur der materiellen Welt lernen können und daraus ein philosophisches, allgemein verständliches Modell der Struktur der materiellen Welt entwickeln können. (Ein Versuch dazu ist Wachter 2000b.) Das halte ich für ein lohnendes Projekt, das den Namen „Ontologie“ verdient. Aber auch die Erforschung der Funktion unserer Sprache und der Zusammenhänge zwischen unseren Begriffen und den Gegenständen an sich ist ein lohnendes Projekt. Wie beispielsweise verfolgen wir Gegenstände durch Raum und Zeit mit Hilfe von sortalen Begriffen? Kann ein und derselbe Gegenstand unter verschiedene sortale Begriffe gefasst werden? Wie
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funktionieren paradigmengestützte Terme, z.B. „Wasser“? Künnes Werk und Peter Strawsons Individuals beispielsweise, sowie Arbeiten von Sprachwissenschaftlern, haben sicher Wichtiges zur Klärung solcher Fragen beigetragen und vielleicht schon diejenigen dieser Fragen, die für die Philosophie interessant sind, weitgehend beantwortet. Ich behaupte aber, dass es ein Fehler ist, wenn man versucht, Ontologie durch Semantologie zu betreiben. Die Struktur der Welt lässt sich nicht an der Struktur unseres Denkens über die Welt ablesen. Man findet nicht heraus, wie die Dinge sind und was es gibt, indem man Aussagen transformiert, reduziert, etc. Wenn man die Struktur unseres Denkens untersucht, kann man etwas über die Struktur unseres Denkens entdecken. Wenn man etwas anderes herausfinden möchte, muss man es anders anstellen. Um dies zu verdeutlichen, möchte ich nun erörtern, wie man in der Metaphysik untersucht, was existiert, und am Beispiel von David Lewis erläutern, wie man es verkehrt macht. Viele zeitgenössische Philosophen meinen, ob Gegenstände einer bestimmten Art existieren, habe man in der Philosophie zu untersuchen, indem man wahre Aussagen auf ihre „ontological commitments“ abklopfe. Sie sagen dann, dass es mögliche Welten, Zahlen, Eigenschaften, etc. gibt, weil wir über sie „quantifizieren“. Dies halte ich für die falsche Methode, um die Existenz von etwas zu untersuchen. Dies möchte ich an Lewis’ Theorie der Verursachung demonstrieren und dann skizzieren, wie man Existenzfragen richtig beantwortet. 3 Wie man die Frage, ob es kausale Verbindungen gibt, verkehrt beantwortet David Lewis glaubt, dass alles, was es gibt, nichts als einzelne Raum-ZeitStellen mit bestimmten Qualitäten sind. Die Welt besteht aus nichts als lokalen Qualitäten. Diese metaphysische These nennt Lewis „Humean supervenience“: All there is to the world is a vast mosaic of local matters of particular fact, just one little thing and then another. [There is] an arrangement of qualities. And that is all. There is no difference without difference in the arrangement of qualities. All else supervenes on that. (Lewis 1986, ixf.)
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Das heißt insbesondere, dass Lewis wie David Hume annimmt, dass es keine kausalen Verbindungen gibt, keine „causal connexions“. Kein Ereignis bringt ein anderes hervor. Wenn beispielsweise eine Billardkugel an eine andere stößt, ist da nach Lewis und Hume nur die Bewegung der ersten Kugel und dann die Bewegung der zweiten Kugel, aber es gibt da keinen Stoß, keine Übertragung von Energie, keinen Einfluss der ersten Kugel auf die zweite. Was zu einer Zeit geschieht, hat keinen Einfluss darauf, was danach geschieht. Jedes Ereignis findet an einer Stelle im Raum und in der Zeit statt und hat keinen Einfluss darüber hinaus (vgl. Hume 1748, 7; 1739, 1.3.14). Im Rahmen seiner Verteidigung der humeschen Supervenienz-These trägt Lewis seine kontrafaktische Theorie der Kausalität vor, die vereinfacht gesagt Folgendes besagt (vgl. Lewis 1973). A hat B genau dann verursacht, wenn A und B geschehen sind und wenn es wahr ist, dass B nicht geschehen wäre, wenn A nicht geschehen wäre. Kausalaussagen sind auf kontrafaktische Aussagen zurückzuführen. Kontrafaktische Aussagen analysiert Lewis mit Bezug auf mögliche Welten, so dass für zwei Ereignisse A und B (wobei B zu der Zeit beginnt, zu der A endet) gilt: Wenn A Ursache von B war, dann gibt es eine mögliche Welt ohne A und ohne B, die der aktuellen Welt näher ist als jede Welt ohne A und mit B (also auch die Welt, die sich von der aktuellen Welt nur dadurch unterscheidet, dass A nicht geschieht). Damit, meint Lewis, habe er die Annahme kausaler Verbindungen vermieden und eine mit der humeschen Supervenienz-These kompatible Theorie der Verursachung vorgestellt. Lewis’ Gedankengang ist, dass diese Theorie die „ontologische Verpflichtung“ auf kausale Verbindungen vermeidet. Kausale Aussagen legen prima facie die Annahme kausaler Verbindungen nahe. Die kontrafaktische Theorie analysiert Kausalaussagen aber so, dass jede Quantifikation über kausale Verbindungen eliminiert wird. Also, so nimmt Lewis an, vermeidet man mit dieser Theorie die Annahme kausaler Verbindungen. Dieser Gedankengang ist verkehrt, wie ich meine. Angenommen, in der aktuellen Welt geschehen A und B. Wieso soll dann eine mögliche Welt ohne A und B der aktuellen Welt näher sein als jede andere Welt ohne A? Wieso ist nicht die Welt, die sich von der aktuellen nur dadurch un-
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terscheidet, dass A in ihr nicht geschieht („Aktuell-minus-A“), der aktuellen Welt näher als jede Welt, in der sowohl A als auch B nicht geschehen? Wenn man A und B wegnimmt, dann führt das weiter von der aktuellen Welt weg, als wenn man nur A wegnimmt. Aussagen der Form „Wäre A nicht geschehen, dann wäre auch B nicht geschehen“ sind immer falsch. Also gibt es gemäß Lewis’ Definition keine Fälle von Verursachung. Es gibt aber Fälle von Verursachung, also ist Lewis’ Theorie falsch. Lewis (1973, 163) versucht dieser Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen, indem er sagt, dass in Aktuell-minus-A andere Naturgesetze gelten und dass Ähnlichkeiten zwischen Welten nicht nur von den Einzeltatsachen, sondern auch von den Naturgesetzen abhängen. Doch gemäß der humeschen Supervenienz-These bestehen die Naturgesetze in nichts als Einzelfakten. Daher ist auch nicht anzunehmen, dass sie einen Einfluss auf die Ähnlichkeitsordnung zwischen möglichen Welten haben, außer durch die Einzelereignisse, die unter die Naturgesetze fallen. Ich mache einen anderen Vorschlag, weshalb jene mögliche Welt ohne A und ohne B der aktuellen Welt näher ist als die Welt Aktuell-minusA: Die humesche Supervenienz-These ist falsch, und es gibt kausale Verbindungen. An ihnen liegt es, dass „Wäre A nicht geschehen, wäre B nicht geschehen“ wahr ist – oder auch (für den, der an mögliche Welten glaubt) „Eine mögliche Welt ohne A und ohne B ist der aktuellen Welt näher als jede andere Welt ohne A“. Jene Welt ohne A und ohne B ist näher an der aktuellen Welt als Aktuell-minus-A, denn in Aktuell-minus-A fehlt nicht nur A, sondern auch die kausale Verbindung, die in der aktuellen Welt vorliegt. Lewis’ kontrafaktische Theorie der Verursachung ist entgegen seiner Absicht inkompatibel mit der humeschen Supervenienz-These und kompatibel mit der Annahme von kausalen Verbindungen. Lewis nimmt fälschlicherweise an, dass die kontrafaktische Theorie der Verursachung mit der humeschen Supervenienz-These vereinbar ist, weil er davon ausgeht, dass man herausfindet, ob es kausale Verbindungen gibt, indem man die Methode der „ontologischen Verpflichtung“ anwendet und untersucht, worüber wir „quantifizieren“.3 Stattdessen müsste er ange3
Eine Darstellung und Verteidigung dieser Methode, Existenzfragen in der Philosophie zu beantworten, findet sich in Jackson 2000, eine Kritik dieser Methode in Heil 2003, Kap. 6.
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ben, was die von ihm angenommenen kontrafaktischen Aussagen wahr macht und warum die Ähnlichkeitsordnung unter den möglichen Welten so ist, wie er es annimmt. Lewis’ semantologische Methode hat ihn in die Irre geführt. Das Umformen von Aussagen und Eliminieren von Quantifikationen ist nicht die richtige Methode, um zu entdecken, was existiert. 4 Wie untersucht man, was existiert? Wenn nicht die Methode der ontologischen Verpflichtung, was ist dann die richtige Methode, um herauszufinden, was existiert? Donald Williams weist in die richtige Richtung: Metaphysics is the thoroughly empirical science. Every item of experience must be evidence for or against any hypothesis of speculative cosmology, and every experienced object must be an exemplar and test case for the categories of analytic ontology. (Williams 1953, 3) Armstrong geht in eine ähnliche Richtung, wenn er von „ontologischer Erklärungskraft“ spricht: [T]he theory that explains the phenomena by means of the least number of entities and principles (in particular, by the least number of sorts of entities and principles) is to be preferred. (Armstrong 1989, 19f.) Existenzannahmen müssen in der Philosophie nach denselben epistemologischen Methoden untersucht werden wie in anderen Wissenschaften und wie andere Hypothesen auch. Wenn die Dinge (d.h. das, was wir wissen und annehmen, und das, was wir als Indizien verwerten) so sind, wie die Hypothese es erwarten lässt, spricht das für die Hypothese. Wenn unter der Annahme, dass die Hypothese falsch ist (und eine alternative Hypothese wahr ist), zu erwarten wäre, dass die Dinge anders wären, als sie es sind (wenn also die Tatsachen schwer ohne die Hypothese zu erklären sind), spricht das für die Hypothese. Ferner ist eine einfache Hypothese einer komplizierten vorzuziehen, und eine Hypothese, die weniger Entitäten annimmt als eine andere, ist dieser ebenfalls vorzuziehen. Diese Prinzipien,
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angewandt auf Fragen der Metaphysik, hat Richard Swinburne (1987, Kap. 1-3) im Rahmen seiner Untersuchung der Frage, ob es einen Gott gibt, ausführlich erörtert. Die Frage nach der Existenz von kausalen Verbindungen steht nach diesen Methoden anders da als nach der Methode der ontologischen Verpflichtung. Es ist zu fragen, ob die These, dass es kausale Verbindungen gibt, erklärt, dass viele Ereignisse in regelmäßigen Zusammenhängen geschehen und dass viele Ereignisse mithilfe von Naturgesetzen vorhersagbar sind. Wenn die Annahme kausaler Verbindungen dies erklärt, spricht das für diese Annahme. Wenn man kausale Verbindungen ablehnt, muss man die Regelmäßigkeiten in unserem Universum anders erklären. Dem arabischen Philosophen al-Ghazali (1058-1111) war das noch klar. Er lehnte die Existenz kausaler Verbindungen ab und nahm stattdessen als Erklärung für die Regelmäßigkeiten im Universum an, dass Gott jedes Ereignis direkt hervorbringt, und das in ordentlicher, vorhersagbarer Weise. David Hume lehnte ebenfalls die Existenz kausaler Verbindungen ab, blieb uns aber eine Erklärung für die Regelmäßigkeiten schuldig, so wie David Lewis uns eine Erklärung dafür schuldig bleibt, weshalb, wenn A Ursache von B ist, es wahr ist, dass B nicht geschehen wäre, wenn A nicht geschehen wäre. Vielleicht fing mit Hume der Irrweg zur semantologischen Methode der ontologischen Verpflichtung an.
Literatur Armstrong, D. M. 1978a: Universals and Scientific Realism I: Nominalism and Realism, Cambridge. Armstrong, D. M. 1978b: Universals and Scientific Realism II: A Theory of Universals, Cambridge. Armstrong, D. M. 1989: Universals: An Opinionated Introduction, Boulder. Armstrong, D. M. 1997: A World of States of Affairs, Cambridge. Campbell, K. 1990: Abstract Particulars, Oxford. Heil, J. 2003: From an Ontological Point of View, Oxford. Hume, D. 1739: A Treatise of Human Nature, hrsg. v. L. A. Selby-Bigge, 2. Aufl., Oxford 1978. Hume, D. 1748: An Enquiry concerning Human Understanding, hrsg. v. T. L. Beauchamp, Oxford 1999. Ingarden, R. 1965: Der Streit um die Existenz der Welt II/1: Formalontologie, Tübingen.
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Jackson, F. 2000: From Metaphysics to Ethics, Oxford. Künne, W. 1983: Abstrakte Gegenstände. Semantik und Ontologie, Frankfurt/M. Lewis, D. K. 1973: „Causation“, in: Lewis 1986, 159-172; urspr. veröff. in: Journal of Philosophy 70, 556-567. Lewis, D. K. 1986: Philosophical Papers II, Oxford. Strawson, P. F. 1959: Einzelding und logisches Subjekt, übers v. F. Scholz, Stuttgart 1972; Orig.: Individuals. An Essay in Descriptive Metaphysics, London. Swinburne, R. 1987: Die Existenz Gottes, Stuttgart. Wachter, D. v. 2000a: Dinge und Eigenschaften: Versuch zur Ontologie, Dettelbach. Wachter, D. v. 2000b: „A World of Fields“, in: J. Faye, U. Scheffler & M. Urchs (Hrsg.), Things, Facts and Events (Poznan Studies in the Philosophy of the Sciences and the Humanities 76), Amsterdam & Atlanta, 305-325. Williams, D. C. 1953: „On the Elements of Being“, in: Review of Metaphysics 7, 3-18, 171-192.
Platons Dialoge als „Erinnerungen“ Zur Methodik der Platondeutung Dorothea Frede (Hamburg)
1 Kriterien der „Erinnerung“ Wie der Titel andeuten soll, geht es hier um eine der Kernfragen aller Platondeutung, nämlich wie mit seinen Dialogen umzugehen ist, wenn man die Vorbehalte gegen das Schreiben ernst nimmt, die er im Phaidros zum Ausdruck bringt (274b-278c). Er erklärt dort, dass der Philosoph sein Bestes nur mündlich weitergibt und Schriftliches nur „zum Scherz ausstreut und niederschreibt“ (paidia) wie auch „als Erinnerungen (hypomnêmata) gegen die Vergesslichkeit des Alters für sich selbst und für andere, die das wahre Wissen besitzen“ (bes. 276d). Diese Abqualifizierung des geschriebenen – gegenüber dem gesprochenen – Wort wird heutzutage unter dem Titel „Schriftkritik“ viel diskutiert.1 Da die Debatte über die Schriftlichkeit weithin bekannt ist, dürften wenige Worte zur Erinnerung an den Kontext der Schriftkritik im Phaidros genügen. Nach einer langen Erklärung, warum Rhetorik nichts wert ist, wenn sie nicht auf Wissen beruht, wendet sich Sokrates der Frage der geschriebenen, im Unterschied zur gesprochenen, Rede zu. Hier liegt das Problem nicht im Wissen oder Nichtwissen des Autors, das Problem ist vielmehr der Leser. Der Schreiber kann sich nicht dagegen versichern, dass sein Text in falsche Hände gerät, da jeder diesen verstehen kann, wie er will. Ein einmal geschriebener Text „sagt immer nur noch dasselbe“; einen Schutz vor Missbrauch gibt es nicht. Der Kundige weiß daher, dass die le1
Dass es Platon mit dieser Kritik ernst ist, lässt sich kaum bezweifeln, denn er wiederholt den Angriff in einer Passage im 7. Brief (431a-345c) mit explizitem Bezug auf sein eigenes Philosophieren. Vgl. Harder 1960, Kullmann & Reichel 1990, Erler 1985, Szlezak 1985.
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gitime, die mündliche Rede immer direkt an die Seele des Wissenden gerichtet sein muss, nur dort lebt sie. – Die Tatsache, dass Sokrates die Diskussion wenig später mit der Bemerkung abschließt, es sei nun „genug gescherzt über das Reden“ (pepaistho, 278c),2 deutet an, dass Platon diese Kritik auch auf sich selbst bezieht (nicht auf Sokrates, der ja spricht und nicht schreibt). Auch Platon betrachtet sich somit als einen „Logographen“, dessen Schriften nur als seine illegitimen Kinder zu betrachten sind. Sie sind immer nur Abbilder der wahren Rede, die sich direkt an die Seele des Gesprächspartners wenden müsste, dienen also bestenfalls als Erinnerung für diejenigen, welche die Wahrheit schon kennen (277a-278a). Gegen diese Kritik würde auch der Verweis nicht viel helfen, dass Plato keine Traktate schreibt, sondern Dialoge, und dass er darin nicht selbst auftritt. Denn zum einen sind auch aufgeschriebene Dialoge Schriften, die „immer nur dasselbe sagen“, und zum anderen bleibt die Frage bestehen, was Platon von dem, was er anderen in den Mund legt, denn nun selbst akzeptiert. Auch bei größter Zurückhaltung seinerseits ist es unwahrscheinlich, dass er gut 50 Jahre seines Lebens damit verbracht haben sollte, Dinge aufzuschreiben, von denen er überhaupt nicht überzeugt war. Dass Platon unüberhörbar seine eigenen Dialoge herabwürdigt, ist die schlechte Nachricht aus dem Phaidros. Die gute Nachricht besteht darin, dass sie immerhin Erinnerungen an die Wahrheit, ja sogar einen ganzen „Schatz“ davon (276d: thêsaurizomenos) enthalten sollen. Wenigstens manche der Gedanken in den Dialogen müsste Platon daher als seine eigenen an- und wiedererkennen können. Wenn die Dialoge Abbilder (eidôla) sind, so sind sie doch wenigstens das! Obwohl dieser Gedanke etwas Ermutigendes hat, bringt er uns doch nicht viel weiter, sondern wirft vielmehr neue Fragen auf. Denn welche Art von hypomnêmata hat Platon im Sinn?3 Gibt es Kriterien zur Hebung des Schatzes, d.h. zur Unterscheidung zwischen ernst gemeinten „Erinnerungen“ und „scherzhaftem Beiwerk“? Wie können wir uns anmaßen, das Urbild aus dem Abbild rekonstruieren zu 2
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Von Scherzen ist in diesem Dialog auch sonst auffällig oft die Rede (vgl. 229b-c, 234d, 262d, 265c-d). Zur Bedeutung von hypomnêma vgl. Montinari 1998. Zu Platon vgl. auch Thiel 1993. Diese von Derrida inspirierte Monographie untersucht zwar die Bedeutung des Wortes hypomnêma, hat aber zum Umgang mit Platons Dialogen selbst wenig zu bieten.
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wollen, wir, die wir doch nie unmittelbare Gesprächspartner Platons gewesen sind?4 Glücklicherweise enthält der Phaidros aber mehr als diese kalte Dusche. Er enthält z.B. Vorschriften, die als solche vor Missbrauch durch ungeeignete Leser geschützt sind, denn letztere werden sie gar nicht anzuwenden wissen. Das gilt etwa für die Anweisungen zum korrekten dialektischen Verfahren durch Zusammenfassungen (synagôgê) zu generischen Einheiten und durch kunstgerechtes Aufteilen (diakrisis) in ihre Unterarten (262c-266d).5 Das ist aber noch nicht alles. Wir erfahren überdies, dass der Dialektiker auch die Unterschiede zwischen den Seelen der jeweiligen Partner beachten und den Typus der Untersuchung dem Typ der Seele anzupassen hat (277c).6 Somit sind verschiedenartige „Erinnerungszeichen“ von den verschiedenen Dialogen zu erwarten, je nachdem, wes Geistes Kind die Partner sind. Dass diese Erwartung berechtigt ist, wird aus dem Phaidros selbst deutlich. Denn Sokrates betont im Lauf der Diskussion immer wieder, dass er seinen Stil ganz dem Geschmack und den Erwartungen des jungen Phaidros anpasst. So ist er nicht nur Phaidros zuliebe ausnahmsweise in die freie Natur hinausgegangen und dort unter den Einfluss der Nymphen und anderer Lokalgottheiten geraten, sondern er behauptet auch wiederholt, dass er sich nur Phaidros zu Gefallen so unsokratisch poetisch ausdrückt (242e, 257a).7 So ist für verschiedene Dialoge, je nach Partner, nicht nur ein Unterschied im Stil der Diskussion zu erwarten, sondern auch in ihrem philosophischen Niveau. Dass Platon diese Differenzierung auch wirklich praktiziert, müsste ein Vergleich der verschiedenen Dialoge erweisen, der die Unterschiede 4
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Dieses Problem stellt sich weniger für die frühen, aporetischen Dialoge, da diese, jedenfalls offiziell, keine Doktrin befürworten, wohl aber für die mittleren und späten Schriften. Zur Form platonischer Dialoge gibt es eine immense Literatur. Zur Frage der sokratischen Dialoge sei auf Kahn 1996, zur Form überhaupt auf die Beiträge in Klagge & Smith 1992 und zu den Spätdialogen auf die in Gill & McCabe 1996 verwiesen. Die Ergebnisse dieser Methode sind dann noch zusätzlich durch Befragen (anakrisis) und weitere Belehrung (didachê) zu vertiefen (277e). Zum Text vgl. Heitsch 1997. Die einfache Melodie für die einfache, die volle Symphonie für die differenzierte Seele. Zu diesem Aspekt des Dialogs vgl. Ferrari 1987.
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zwischen den Partnern berücksichtigt: zwischen ihrem Charakter und ihrer Vorbildung, soweit sie klar als Persönlichkeiten gekennzeichnet sind. Die Einsicht, dass der Partner einen Unterschied macht, ist natürlich nicht neu. Sie ist aber deswegen hervorzuheben, weil darauf oft nicht genug Rücksicht genommen wird. So wäre in der Debatte über den „esoterischen Platon“ zu beachten, dass es für „Aufschreibbares“ keine festen Grenzen gibt, sondern dass Platon jeweils mit Bedacht auf ganz verschiedenem Niveau argumentiert und nichts grundsätzlich „verschweigt“.8 Dies ist nun die erste Vorbemerkung zur Methode. Die zweite Vorbemerkung betrifft einen weiteren Vorbehalt Platons gegenüber Schriftlichem. Nicht nur betrachtet er die geschriebene Rede als eine Art „Stiefoder Findelkind“, weil diese Sprösslinge, wenn sie einmal in der Welt sind, sich wie verlassene Waisenkinder nicht vor Missbrauch schützen können. Vielmehr betrachtet er Bücher grundsätzlich als unzureichend zur Wissensvermittlung, weil man die entscheidende, harte Arbeit selbst machen muss.9 Man wird nicht schon allein dadurch zum Arzt, dass man ein Buch oder auch mehrere über Medizin liest, und ebenso wenig macht einen das Studium von entsprechenden Handbüchern zum Mathematiker oder Musiker.10 Dazu bedarf es vielmehr ausgedehnter Studien, Übung und langer Erfahrung.11 Platon selbst deutet des Öfteren an, dass zum wirklichen Wissen die Aneignung des ganzen Faches erforderlich ist. In seinen späteren Schriften begründet er das gern anhand des Beispiels von Musik und Schreibkunst. So hebt er im Dialog Theaitetos den Unterschied hervor, der zwischen dem wirklichen Wissen des Schreiblehrers und den unsicheren 8
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Für den „esoterischen Platon“ repräsentativ ist noch immer Gaiser 1968 wie auch Szlezak 1985. Vgl. Phaidros, 268c, über Rhetorikbücher und die Medizin. Zur Unflexibilität des Geschriebenen vgl. auch Politikos, 295a ff. Auch Geisteswissenschaftlern sollte das Phänomen vertraut sein. Man denke etwa an Rekonstruktionsversuche der altgriechischen Musik aufgrund von Aristoxenos’ Elementa Harmonica o.Ä. Als „Erinnerung“ taugt die Schrift offensichtlich nur für den, der die griechische Musik kennt. Uns, die wir keine einschlägige Erfahrung haben, keine Stücke hören, spielen oder gar komponieren können, vermittelt auch das gründliche Studium dieses Buches nicht viel mehr als ein rudimentäres Verständnis für das Wesen dieser Musik. Die timiôtera, die nicht aufgeschrieben werden, sondern dem mündlichen Unterricht vorbehalten bleiben, betreffen das volle Wissen der Gesetzgeber und Philosophen, keine „Geheimlehre“ (Phaidros, 278d). Vgl. Heitsch 1989.
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Buchstabierversuchen des Schülers besteht. Letzterer mag zwar vielleicht mit gutem Glück Th-e-a-i-t-e-t-o-s richtig schreiben, kommt aber bei dem ähnlichen Wort „Theodoros“ schon wieder ins Stolpern (207b-208b). Nur wer sich auf „schreibkundige Weise“ verhalten und entsprechende Erklärungen abgeben kann (207b: echein te kai legein grammatikôs), hat das fragliche Expertenwissen. Auf die Notwendigkeit des aktiven Engagements wird auch im Phaidros selbst hingewiesen. Ein solches Studium wird dort nicht nur für die Dialektik gefordert, sondern auch für die Rhetorik. So macht Sokrates drei Faktoren für den überragenden Erfolg des Perikles als Redner verantwortlich (269d): sein natürliches Talent (physis), sein Wissen (epistêmê) und das Training (meletê). Alle drei betrachtet er anscheinend als gleich notwendig. Wissen und Übung lassen sich zwar erwerben, dafür reicht aber das Lesen von Handbüchern nicht aus. Das ließe sich im Prinzip an einem Tag bewerkstelligen. Solches „Lesen“ taugt aber allenfalls zur Vermittlung des fraglichen Jargons. Wirkliches Verständnis setzt eine gründliche eigene Beschäftigung mit der Sache voraus. Auf diese Tatsache legt Platon großen Wert. Es sei nur an die lange Lehrzeit erinnert, die er in der Politeia für die zukünftigen Philosophen-Könige vorsieht. Auch im Phaidros selbst betont Sokrates die Notwendigkeit einer gründlichen Beschäftigung, wenn er die Scheinblüten, die in acht Tagen in einem „Adonisgärtlein“ zum Blühen kommen (dazu Baudy 1986), mit den echten Früchten vergleicht, die der Landmann bei fachgerechter Arbeit in acht Monaten erzielt (276b). Auch in der Philosophie gibt es keine Abkürzungen, sondern die Denkarbeit ist selbst zu leisten. Das gilt auch für das Ideenwissen. Dieses wird nicht durch einmaliges visionäres Aufblicken zu einem Ideenhimmel erworben, wie die Redensart von der „Ideenschau“ suggeriert (vgl. Frede 2002), sondern durch die Art von Übungen, von deren Ausführlichkeit und Mühsal die Dialoge Parmenides, Sophistes, Politikos oder Philebos eine gute Vorstellung vermitteln. Auch im Phaidros finden sich entsprechende Andeutungen: Der wissenschaftliche Rhetoriker muss sich außer der dialektischen Methode auch gründliche Kenntnisse über die menschliche Seele verschaffen, über ihre verschiedenen Arten wie auch über die Möglichkeiten, sie zu beeinflussen. Reflexionen auf die beteiligte Person oder die Personen können folglich auch Aufschluss über die Grenzen eines Dialogs vermitteln. Sie lassen erkennen, warum eine Diskussion eine bestimmte Richtung einschlägt und
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warum sie über einen bestimmten Punkt nicht hinauskommt. Zudem lassen sich daraus auch Anregungen zur eigenständigen Fortentwicklung der Problematik beziehen. Das ist aber noch nicht alles. Wenn sachliche Diskrepanzen zwischen verschiedenen Dialogen festzustellen sind, so dürfte es manchmal die falsche Frage sein, was denn Platon nun selbst meint – ob er vielleicht seine Auffassung geändert hat und in welcher zeitlichen Reihenfolge das geschehen sein mag. Viel fruchtbarer sind oft Überlegungen darüber, ob scheinbar verschiedene Auffassungen nicht bloß zwei Seiten einer Medaille sind, weil Platon verschiedene Aspekte eines Problems oder verschiedene Möglichkeiten zu dessen Lösung herausstellen will, eine Verschiedenheit, die er durch die Auswahl der jeweiligen Gesprächspartner markiert.12 Das soll natürlich nicht heißen, dass Platon nie seine Meinung geändert hätte oder dass unsere Bemühungen um eine Chronologie seiner Schriften umsonst wären.13 Auch sind Aspektunterscheidung oder die Annahme eines Komplementärverhältnisses keine Allheilmittel. In manchen Fällen führen sie aber zu neuen und besseren Lösungen strittiger Fragen. 2 Arbeitsteilung im Symposion und Phaidros Ein solcher Fall scheint mir das Problem der Stellung des Symposions innerhalb von Platons Werken zu sein. Seiner undifferenzierten Seelenlehre wegen wird es meistens der früh-mittleren Phase zugeschrieben, vor der Politeia und womöglich auch noch vor dem Phaidon, obwohl die Konzeption des Eros im Symposion eher für seine Nähe zum Phaidros sprechen würde. Denn beide Dialoge betrachten das physisch Schöne als Anreiz zum Höheren und Besseren. Den Phaidros datiert man aber heutzutage seiner Erklärungen zur dialektischen Methode wegen relativ spät, sehr viel später als das Symposion. Die positive Rolle, die den Sinnendingen in der scala amoris der Diotima zugeschrieben wird, spricht aber nicht nur grundsätzlich dagegen, das Symposion vom Phaidros zu trennen, sondern auch gegen seine Zuordnung zur asketischsten und weltabgewandtesten Periode in Platons Philosophieren, die der Phaidon und vor ihm schon der Gorgias repräsentieren. Denn 12 13
Zum Gedanken der Aspektunterscheidung vgl. Gaiser 1968, bes. 579-581. Zu dieser Auseinandersetzung vgl. die Beiträge in Annas & Rowe 2002.
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dort betrachtet Sokrates die körperliche Existenz als ein Gefängnis, aus dem einen nur der Tod befreit. Für das Leben wird daher die größtmögliche Enthaltsamkeit von allem Körperlichen empfohlen. Auch das Bild in der Politeia ist nicht viel positiver, wenn man an das Alltagsleben in der Höhle denkt. Eine Befreiung bewirkt allein der mühselige Aufweg durch das Lernen. Von einem natürlichen „Zug nach oben“ durch die Liebe zum Schönen, das unsere Sinne anspricht und beflügelt, ist dort nicht die Rede.14 Dass Platon zugleich mit diesen doch sehr „weltflüchtigen“ Dialogen die Botschaft von der Inspiration durch physische Schönheit verfasst haben sollte, um sie dann wieder fallen zu lassen und erst sehr viel später im Phaidros wieder zu neuem Leben zu erwecken, muss eigentlich ganz unplausibel erscheinen. Will man aber eine zeitliche Nähe zum Phaidros annehmen, so muss man den Argumenten begegnen, die gegen eine relativ späte Datierung des Symposions zu sprechen scheinen. Da ist zuerst die unbestreitbare Tatsache, dass im Symposion eine Dreiteilung der Seele nicht zu finden ist, die der Phaidros ausdrücklich voraussetzt. Zweitens besteht das Problem, dass die Unsterblichkeit im Symposion strikt auf die Errungenschaften in diesem Leben beschränkt bleibt. Die Vorstellung von einer diesseitigen, immanenten Unsterblichkeit der Seele durch Selbstvervollkommnung scheint schwer mit der transzendenten Unsterblichkeit des Phaidros zu vereinbaren. Stattdessen wird dort die Seelenwanderung in aller Ausführlichkeit beschrieben. Dass diese Unterschiede aber keine unüberwindlichen Hindernisse für eine zeitliche und inhaltliche Nähe von Phaidros und Symposion darstellen, erhellt daraus, dass sich die gleiche Aspektunterscheidung, was die Natur der Seele und die Unsterblichkeit angeht, auch in zwei anderen Dialogen findet, die beide in die gleiche, späte Periode gehören. Diese beiden Dialoge sind der Timaios und der Philebos. Die Seele im Timaios hat drei Teile und ist unsterblich in dem Sinne, dass sie den Tod überlebt und einen Zyklus von Reinkarnationen durchmacht.15 Im Philebos fällt kein Wort 14
15
Der Eros zur Wahrheit beflügelt nur diejenigen, die sich durch die Vielfalt der Erscheinungen und die Meinungen der Menge nicht beirren lassen (Politeia, 490a-b). Vgl. dazu auch Kahn 1987. Auf pädagogische Gründe für den Glauben an die Unsterblichkeit verweist auch Briefe VII, 335a, und die Begründung für die Atheistengesetze in den Nomoi X, bes. 903b-905e.
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über eine Dreiteilung und auch keines über eine Abtrennbarkeit der Seele vom Körper. Diese Auslassung erklärt sich nicht etwa durch einen Mangel an Gelegenheit. Der Philebos beschäftigt sich ausführlich mit der Natur der Seele, bietet also reichlich Gelegenheit, auf eine Einteilung der Seelenvermögen oder auf die Unsterblichkeit einzugehen, zumal er auf menschliche und göttliche Elemente in der Menschennatur rekurriert. Platon vermeidet dort aber jeden Ausflug ins Jenseits. Den „göttlichen“ Zustand der Seele sieht er allein in der ungestörten Harmonie in diesem Leben. Wenn er dabei mit keiner Silbe auf ein Weiterleben der Seele nach dem Tod eingeht, so muss er diesen Aspekt hier bewusst ausgespart haben. Wir haben also einen Parallelfall von „Arbeitsteilung“, d.h. dass zwei Dialoge komplementäre Züge an der Seele herausstellen. Daher ist man auch nicht ex silentio für das Symposion zur Annahme eines frühen Datums gezwungen, weil hier die Selbstvervollkommnung im Leben im Mittelpunkt steht, während die Dreiteilung der Seele und ihr Weiterleben nach dem Tode nicht erwähnt werden. Man sollte die Unterschiede in der Seelenlehre im Symposion und im Phaidros vielmehr aus den Unterschieden des Aspektes und der Gesprächssituation zu erklären versuchen, statt sie als Anzeichen für eine Sinneswandlung Platons zu werten. Wenn, wie im Symposion, der Schüler Sokrates heißt und die Lehrerin Diotima, dann ist von vornherein eine andere Behandlung der Natur der Seele und der Rolle des Eros zu erwarten,16 als wenn Sokrates der Lehrer ist, der den unkritischen, jungen Phaidros erst einmal dem Einfluss des Redners Lysias entziehen muss. In diesem Zusammenhang ist daher der Nachweis angebracht, dass das frostige Plädoyer eines angeblichen „Nichtliebhabers“ durchaus nicht das echte Phänomen der Liebe trifft, welche die Seele weit über die normalen Grenzen des irdischen Lebens und des Leibes hinauszutragen vermag. Eine entsprechende Beobachtung erklärt auch den Unterschied zwischen dem Timaios und dem Philebos. Während Timaios über die kosmische Natur der Seele zu einem Zuhörerkreis spricht, dem solche Überlegungen wohl vertraut sind, hat Sokrates im Philebos eine Gruppe junger 16
Sokrates lernt hier, erstmals bei Platon, dass es auch im Sinnlichen einen Weg zum Schönen/Guten gibt, selbst wenn dieser Weg für den Menschen, als einem „dämonischen“ Jäger nach Schönheit, nie zu einem endgültigen Ziel führt. Die Frage der Jenseitigkeit wird hier daher ausgespart.
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Athener vor sich, für die das Gute im Leben zunächst fraglos in der Lust besteht. Daher hält er die Diskussion im Rahmen dessen, was zu solch einer Zuhörerschaft passt. – Das soll nun natürlich nicht heißen, dass Platon sich und die Diskussionen eng auf den Horizont der Gesprächspartner beschränkt hält. Er überschreitet ihn oft und macht das ja auch ganz klar, wenn er die Partner um Aufklärung bitten oder ihre Verwirrung zugeben lässt. Das Niveau der Partner ist immer nur ein ungefährer Rahmen; es liefert aber ein Kriterium, das man bei der Interpretation nicht übergehen sollte.17 3 Arbeitsteilung im Philebos und Timaios Auf die übrigen Probleme der angenommenen Verwandtschaft zwischen Symposion und Phaidros ist hier nicht einzugehen (vgl. dazu Frede 1993). Stattdessen seien noch weitere Beispiele für die Fruchtbarkeit der Arbeitshypothese einer Aspekt-Ergänzung vorgestellt. Für die Verwandtschaft zwischen dem Philebos und dem Timaios gibt es noch eine weitere Vergleichsmöglichkeit. In beiden Gesprächen spielen Seelenzustände eine wichtige Rolle. Ein signifikanter Unterschied scheint aber in der Vorstellung über die Natur von Lust und Schmerz zu liegen. Da die Rekonstruktion von Platons Spätphilosophie ganz wesentlich davon abhängt, ob sowohl der Philebos als auch der Timaios in seine späteste Zeit fallen, würde eine gravierende Diskrepanz in seiner Auffassung über die Natur von Lust und Schmerz für ihre Datierung ein echtes Hindernis darstellen, zumal die Lust das Hauptthema des Philebos ist. Der Unterschied, der das gut nachbarliche Verhältnis zwischen beiden Dialogen stören könnte, besteht darin, dass Lust und Schmerz im Timaios 17
Die Arbeitsteilung bzw. die Komplementarität bei der Problembehandlung ist natürlich kein Rezept für eindeutige Interpretationen der Dialoge. Auch ihre Berücksichtigung gestattet kein fugenloses Anpassen wie von Stücken eines Puzzles. Die Ergebnisse eines Dialogs lassen sich nicht einfach in einen anderen „hineinlesen“, als Ergänzung dessen, was dort womöglich fehlt. Da jeder Dialog einen neuen Anfang macht, kann Platon die gleichen Probleme immer wieder neu präsentieren, ohne an die Ergebnisse anderer Gespräche gebunden zu sein. Er verzichtet auf ein einheitliches Bild, sondern überlässt es der Vorstellungsgabe seiner Leser, sich einen Reim auf die verschiedenen Varianten zu machen.
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zusammen mit den Wahrnehmungen erklärt und auf rein körperliche Ursachen zurückgeführt werden. Platon behandelt sie dort als „dem ganzen Körper gemeinsame Affekte“ (64a-65b) und stellt sie scheinbar den übrigen Wahrnehmungen gleich.18 Lust und Schmerz werden im Timaios also auf die Sinneswahrnehmungen und damit auf den so genannten „sterblichen“ Seelenteil beschränkt. Ganz anders im Philebos. Zwar geht Platon auch dort von Wahrnehmungen aus, um zu zeigen, dass der Schmerz immer in einer Störung des natürlichen Gleichgewichtes, die Lust dagegen in seiner Wiederherstellung besteht. Es wird aber sehr bald klar, dass die körperlichen Freuden und Schmerzen nur eine und keineswegs die wichtigste Art dieser Affekte darstellen. Statt simpler Freuden wie der am Essen und Trinken steht alsbald als eigentliche Art diejenige Lust im Mittelpunkt, welche die Seele unabhängig vom Körper erfährt. Und nicht nur das: Die Analyse zeigt, dass selbst die einfachen „körperlichen“ Freuden weitere Seelenfunktionen wie das Erinnerungsvermögen und das Streben nach Erfüllung involvieren. All diese psychologischen Differenzierungen ignoriert der Timaios ganz. Bei näherem Hinsehen erweist sich jedoch schnell, dass es sich hier nicht um einander ausschließende Positionen handelt. Vielmehr ergänzen sich die beiden Auffassungen von der Natur der Lust sehr wohl, wenn man die jeweilige Perspektive berücksichtigt. Der Timaios betrachtet die Phänomene von Lust und Schmerz als rein körperliche Vorgänge, die auf der physiologischen Ebene zu erklären sind, weil dieser Teil des Dialogs sich auf die mechanischen Einwirkungen der atomar strukturierten Elemente auf die Sinnesorgane konzentriert. So bleibt die Behandlung der Empfindungen von Lust und Schmerz zwangsläufig auf die körperlichen Vorgänge, bzw. den sterblichen Teil der Seele, beschränkt. Platon hätte nun natürlich auch noch erwähnen können, dass es daneben auch rein seelische Freuden und Leiden gibt. Wenn er das nicht tut, so offensichtlich deswe18
Lust und Schmerz entstehen wie die Wahrnehmungen nur in den leicht veränderbaren Körperteilen. In den festen – in Haaren, Knochen, Nägeln – haben wir dagegen keine Empfindungen und verspüren dort auch weder Lust noch Schmerz. Mit normalen Wahrnehmungen sind weder Lust noch Schmerz verbunden, gewaltsame Einwirkungen sind dagegen schmerzhaft; die Wiederherstellung des körperlichen Gleichgewichts wird als lustvoll empfunden, wenn dieser Prozess hinreichend intensiv ist.
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gen, weil Affekte dieser Art hier nicht sein Thema sind. Im Philebos haben wir einen anderen Ansatzpunkt. Es geht dort um das gute Leben und um den Stellenwert der Lust darin. So sind statt physiologischer hier ethische Gesichtspunkte von zentraler Wichtigkeit, und deshalb spielen diejenigen Arten von Freuden und Schmerzen die Hauptrolle, die für die Lebensführung besonders wichtig sind, weil sie eine moralische Beurteilung zulassen. Es geht daher um Arten von Lust, die das seelische Gleichgewicht stören, insbesondere um moralisch so zweifelhafte Emotionen wie Rachedurst und Schadenfreude. Nicht nur das Thema erklärt aber die unterschiedliche Behandlungsweise. Ebenso wichtig ist auch die Zuhörerschaft. Der „höchst astronomisch gebildete“ Timaios (27a: astronomikôtatos) spricht zu erfahrenen Zuhörern, Sokrates, Kritias und Hermokrates, die seinen – auch mathematisch anspruchsvollen – Darstellungen folgen können, wie Timaios auch selbst betont (53c). Diese Zuhörerschaft bedarf keines Hinweises darauf, dass es außer den körperlichen Lüsten und Unlüsten auch noch seelische gibt und dass die atomistische Theorie der Wahrnehmungen zu deren Erklärung nicht geeignet ist. Die Frage der Entstehung von Krankheiten und Störungen der Seele wird später im Timaios für sich behandelt, freilich nicht unter ausdrücklichem Bezug auf seelische Arten von Lust und Schmerz. Der Fragestellung des Timaios entsprechend geht es lediglich um die Genese von Störungen als solchen. Im Philebos dagegen handelt es sich um eine jugendliche Zuhörerschaft, die von Sokrates darüber aufgeklärt werden muss, was Lust und Schmerz eigentlich sind. Für diesen Zweck reicht eine allgemeine Bestimmung des Schmerzes als „Störung der natürlichen Harmonie“ und der Lust als ihre „Wiederherstellung“ völlig aus (31d-32e; vgl. dazu Frede 1992; 1997, 233-245). Eine genauere physiologische Bestimmung der körperlichen Störungen durch eine „Atomlehre“ würde den Rahmen dieser Diskussion sprengen und die Fassungskraft der Zuhörer überfordern. Gleichwohl ergänzen sich die Analysen von Lust und Schmerz in den beiden Dialogen aufs Beste. Von einer Meinungsänderung Platons kann keine Rede sein, da für keine der beiden Betrachtungsweisen ein Exklusivanspruch erhoben wird. Platon geht offensichtlich in dem Maße auf Details ein, in dem es das Thema und die Zuhörerschaft erfordern und zulassen.
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4 Arbeitsteilung im Timaios und Politikos Nach dem Vorbild Platons soll hier das „gebührende Maß“ der Diskussion nicht überschritten werden. Vielmehr soll nur noch ein weiteres Beispiel zur Veranschaulichung der „Arbeitsteilung“ bei Platon folgen. Es betrifft die beiden kosmologischen Mythen aus dem Timaios und dem Politikos. Ein solcher Vergleich mag nun zunächst ganz abwegig erscheinen. Denn der Schöpfungsmythos aus dem Timaios ist schließlich kein bloßer Mythos, sondern er ist, wie Platon immer wieder betont, die wahrscheinliche Erklärung (eikôs logos) einer rationalen Weltordnung. Was kann man sich also von einem Vergleich mit der viel kürzeren und ziemlich bizarren Geschichte von den periodischen „Weltumkehrungen“ aus dem Politikos versprechen? Dort wechseln einander eine Periode paradiesischer Ordnung unter der Kuratel des Kronos und eine gottlose Periode zunehmender Auflösung ins Chaos ab. Welche Gemeinsamkeiten kann es also zwischen dem „Demiurgen“ aus dem Timaios geben, dem göttlichen Hersteller einer stabilen Weltordnung, und dieser Gottheit aus dem Politikos, welche die Welt bald in rationaler Kontrolle „eine Rolle vorwärts“ machen lässt und dann wieder „eine Rolle rückwärts“, wobei alles aus dem Ruder zu laufen droht? Der Grund für diesen Vergleich besteht eben darin, dass die beiden Bilder so verschieden sind. Gerade diese Verschiedenheit sollte zu Überlegungen über ihre Beziehung zueinander anregen. Denn wenn der Politikos und der Timaios beide aus Platons Spätzeit stammen, so ist zu fragen, was er mit diesen so radikal verschiedenen Schilderungen der Weltordnung und der Wirkungsweise der Gottheiten zum Ausdruck bringen will. Warum gibt es bei ihm einen Gott, der alles in eine harmonische Ordnung bringt, daneben aber noch einen anderen, der zunächst alles aufs Beste ordnet, dann aber das „Ruder“ loslässt und die Auflösung dieser Ordnung zulässt? Vor einem Erklärungsversuch sind aber zunächst die beiden Modelle für sich genommen zu betrachten. Zunächst zum Timaios: Ob man die Rede von einem „Demiurgen“ und seinem Schöpfungsakt nun wörtlich nimmt oder nicht, es geht um ein Weltganzes, das zwar im Prinzip zerstörbar ist, wie jeder zusammengesetzte Gegenstand, in seiner harmonischen Grundstruktur aber erhalten bleibt. Warum wird trotz dieser Stabilität betont, dass die physikalische Welt im Prinzip vergänglich ist? Platon will offensichtlich klarstellen, dass in einer materiellen Welt nicht alles einer streng rationalen Ordnung folgen kann. Sie enthält auch Faktoren, die Veränderung
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und Unordnung zur Folge haben. Im Timaios wirken diese Faktoren sich auf die harmonische Weltordnung nicht nachhaltig aus, weil die „Widerspenstigkeit“ der Materie von vornherein mit einkalkuliert ist (47e ff.). Sie fügt sich – jedenfalls im Großen und Ganzen – dem guten Zweck, selbst wenn es immer ein gewisses Ausmaß an Störungen und Zerstörungen gibt, wie Platon schließlich anhand der Erklärung von Krankheit und Tod des menschlichen Körpers klarstellt. Das Universum insgesamt bleibt aber ein in sich geschlossenes, harmonisches und autonomes System.19 Die Betonung dieser Koordination erklärt wohl auch, warum Platon den Timaios, trotz seiner naturwissenschaftlichen Ausrichtung, als einen Schöpfungsmythos verfasst hat. Er braucht sich kein Wissen darüber anzumaßen, ob und wie die Welt wirklich entstanden ist. Die Fiktion eines Schöpfergottes, der sich die „Ideen“ zu Vorbildern bei der Erschaffung der Welt nimmt, dient ihm aber dazu, die Wirksamkeit seiner Ideen von einer neuen Seite zu zeigen. Wenn die Ideen einem Hersteller zum Bauplan dienen könnten, weil sie die richtigen Proportionen festlegen, dann sind sie nicht so „vornehm untätig“, wie das Platon vielleicht vorgeworfen wurde.20 Vielmehr wird dann plausibel, dass die platonische Metaphysik sehr wohl ein Modell liefert, das auch Naturwissenschaftler ernst nehmen können.21 Es demonstriert, dass mechanische Notwendigkeit, mathematische Genauigkeit und vernunftgemäße Zweckgebundenheit sich als Erklärung einer sinnvollen Weltordnung vereinbaren lassen. Soviel also zur naturwissenschaftlichen Rolle des Demiurgen. Ferner ist da noch der politische Aspekt des Timaios. Und der spielt bei diesem Vergleich eine wichtige Rolle. Nur zur Erinnerung: Die geplante, aber nicht vollendete Trilogie Timaios, Kritias, Hermokrates ist eigentlich die Antwort auf die Bitte des Sokrates, ihm die realen Lebensbe19
20 21
Die Frage, ob der Schöpfungs-Mythos im Timaios wörtlich zu verstehen ist, wird seit der Antike kontrovers diskutiert; vgl. den Überblick bei Zeyl (2000, xx-xxv). Zum Charakter des Timaios im Allgemeinen vgl. die immer noch klassische Studie von Vlastos (1975). Sophistes, 248e-249a; vgl. auch Parmenides, 133b-134e. Die Notwendigkeit, das zu tun, dürfte für Platon dringend geworden sein, als die Akademie bedeutende Naturwissenschaftler anzog und sein spiritualistisches Weltbild in Gefahr geriet, gegenüber ihren raffinierten, mathematisch-mechanistischen Erklärungen naiv und altmodisch zu wirken. Der Timaios, so scheint es, war Platons Antwort auf diese wissenschaftliche Herausforderung.
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dingungen seines besten Staates zu veranschaulichen (Timaios, 19b-20c).22 Die Kosmogonie des Timaios selbst beschränkt sich auf die Randbedingungen dazu: Er stellt die Natur-Prinzipien der Welt dar, in der wir leben, bis hin zur menschlichen Physiologie und Psychologie. Dass den Lesern oft über den vielen Details dieser Beschreibung der ursprünglich geforderte politische Zweck des Ganzen aus dem Sinn kommt, ist nicht verwunderlich, weil die Trilogie ja ein Torso geblieben ist. Hätte Platon sein Projekt zu Ende geführt, so gäbe es sicher keine Zweifel an der politischen Relevanz des Timaios. Aber auch so lässt sich doch etwas mehr über den Beitrag sagen, den der Timaios zu Sokrates’ Projekt leisten kann. Die harmonische Weltordnung scheint u.a. den Zweck zu haben, zu verdeutlichen, dass und wie eunomia in der Natur funktioniert. Wie der Vorspann klarmacht, soll der beste Staat auf der Herrschaft guter Gesetze beruhen (23b, 24d). Was Timaios für seine Rolle prädestiniert, ist dann auch, dass er aus einer Stadt mit besonders guten Gesetzen kommt (20a: eunomotatê polis). So steht zu vermuten, dass er zeigen soll, dass die Weltordnung selbst eine Art von eunomia ist, die als Vorbild des besten Staates dienen kann. Die Kombination von Vernunft und Notwendigkeit im Kosmos sollte also zugleich ein Modell für den Staat und seine Ordnung liefern, indem sie zeigt, dass Vergängliches nicht vergehen muss. Der Timaios legt also den Grund für die Schilderung einer menschlichen Gemeinschaft, die nicht in Niedergang und Zerfall endet, wie die Politeia (VIIIf.) dies als unvermeidbar hinstellt. Der Timaios enthält vielmehr das Vorbild für eine stabile Ordnung, die innere Störungen auszugleichen vermag. Wenn Platon im Timaios Werbung für eine „kosmische Eunomie“ betreiben will, so scheint er zunächst in dem viel kürzeren Mythos des Politikos genau das Gegenteil zu tun (268d-274e). Was den kosmologischen Aspekt angeht, so könnten wir uns fragen, warum wir diese phantastische Geschichte überhaupt ernst nehmen sollen, von einer Welt, die sich einmal vorwärts dreht und dann wieder rückwärts, im ewigen Wechsel. Denn sagt nicht Platon selbst, er habe die Geschichte „zum Scherz“ (paidia) hinzugefügt? Der Eleatische Fremde präsentiert sie als besonders geeignet für das jugendliche Alter von „Sokrates dem Jüngeren“, dem Namensvetter des al22
Zur Einleitung des Gesprächs vgl. Erler 1997.
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ten Sokrates, weil er kaum dem Kindesalter entwachsen und noch nicht zu alt für Märchen ist (268d-e). Zunächst scheint die Geschichte von der Regierung des Kronos und ihrer Revision gar nicht als Erklärung für die Entstehung und das Funktionieren des Kosmos gedacht zu sein, sondern lediglich als Erklärung dafür zu dienen, welche Funktion ein menschlicher König oder Staatsmann nicht erfüllen kann. Er kann nicht, wie Kronos, die Menschheit wie ein guter Hirte vor allen Fährnissen bewahren (274e276b).23 So könnte man meinen, es wäre von vornherein verfehlt, dieses „Märchen“ mit der „wahrscheinlichen Geschichte“ des Astronomen Timaios zu vergleichen.24 Es gibt nun aber mehrere Gründe für diesen Vergleich. Auch wenn die Politik im Politikos im Zentrum und im Timaios nur am Rande steht, sollte man die Frage der politischen Relevanz beider Dialoge dennoch ausleuchten. Dann ist da noch der theologische Hintergrund beider Dialoge, der auch im Timaios nicht zu übersehen ist und der die Bezeichnung als „Mythos“ rechtfertigt. Es mag sehr wohl sein, dass für Platon manche seiner Mythen der Wirklichkeit näher kommen als andere. Das bedeutet aber nicht, dass wir den einen Mythos als repräsentativ auswählen und den anderen als irrelevant beiseite schieben können. Wenn Platons Vorbehalte gegenüber der Schriftlichkeit auch auf seine eigenen Dialoge zutreffen, dann gilt das für den Timaios genauso wie für den Politikos. Nach dieser captatio benevolentiae für den seltsamen Mythos im Politikos jetzt zur eigentlich wichtigen Frage: Was können/sollen wir daraus machen? Der darin auftretende Gott hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem aus dem Timaios. Auch er wird als Demiurg (270a, 273b) und als Vater (273b) bezeichnet, der alles leitet und bestimmt. Der eigentliche Unterschied zwischen beiden Geschichten besteht darin, dass im Politikos die harmonische Ordnung zu einem vorbestimmten Zeitpunkt ihr Ende finden muss (269d). Danach lässt der Demiurg das Steuer fahren und die rückläufige Bewegung der Welt führt ins Chaos. Die geordnete Bewegung vor-
23 24
Zur Herrschaft des Kronos vgl. auch Nomoi IV, 713a-714a. Zum Aufbau des Politikos vgl. Rowe 1996. Zur Deutung dieses Mythos sind in den letzten Jahren höchst unterschiedliche Vorschläge gemacht worden; vgl. etwa Carone 1993, Ferrari 1995. Die Literatur zum „Mythos“ des Timaios ist kaum mehr zu überschauen; vgl. Osborne 1996.
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wärts unter göttlicher Kontrolle verleiht der Welt Unsterblichkeit, die Umkehrbewegung ist dagegen die Phase der Sterblichkeit. Was ist der Grund für die Schilderung einer Phase von zunehmendem Chaos? Der Eleatische Fremde macht dafür das Körperliche als solches verantwortlich (273b). Allein die materielle Komponente und ihre Formlosigkeit liefern die Welt der Zerstörung aus; Platon schreibt ihr eine inhärente Unordnung, eine grundsätzliche anharmostia zu (273c). Um die Folgen dieser Formlosigkeit zu korrigieren, muss der Demiurg schließlich das Ruder wieder übernehmen. – Zur Erklärung dieses Wechsels erklärt der Fremde aus Elea abschließend, er solle die grundsätzlich prekäre Lage der Menschheit illustrieren, die dazu verurteilt ist, für sich selbst zu sorgen. Damit wird zugleich auch die Rolle des Staatsmannes klarer definiert und der Vergleich mit einem Völkerhirten korrigiert, der seine Herde umsorgt (274e-275c). Diese altehrwürdige Metapher ist irreführend, weil nur ein Gott derartige Vorsorge leisten könnte. In unserer unordentlichen Welt gehören die Regierenden zur gleichen Spezies wie die Regierten. Daher kann kein Staatsmann die Rolle des Kronos ausfüllen und die Menschheit so hegen und pflegen, dass ihr jede Sorge und Mühe erspart bleibt.25 Diese Eigen-Deutung des Mythos im Politikos kann aber nur auf den ersten Blick als ausreichend erscheinen. Denn wenn Platon lediglich zeigen wollte, warum von einem Staatsmann nicht der Himmel auf Erden zu erwarten ist, stünde der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Zum Beweis, dass der Staatsmann kein Hirte einer Herde ist, hätte es keiner so langen und bizarren Geschichte bedurft. Welche weiteren Folgerungen sollen wir aus der Geschichte ziehen? Platon selbst erwähnt als weiteren Zweck seines Mythos die Demonstration, dass Dialektik sich nicht in monotoner Aufzählung endloser Reihen von Dihäresen erschöpft, von denen auch der Politikos voll ist. Der Dialektiker muss nicht nur umfassendes Wissen besitzen, sondern er muss, wenn nötig, auch Phantasie an den Tag legen.26 25
26
Im Politikos ersetzt Platon inter alias die homerische Metapher vom „Völkerhirten“ (poimên laôn) durch eine sehr viel bescheidenere: Der ideale Staatsmann wird als „königlicher Weber“ (281a: hyphantês) beschrieben, der das Staatsgewebe zusammenwebt (311b-c). Der Eleatische Fremde verweist zur Erklärung der Schwierigkeiten und der Ausführlichkeit des dialektischen Vorgehens auch explizit auf die Langwierigkeit der
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Der Mythos im Politikos bietet aber noch mehr als eine Illustration der Breite und Tiefe des dialektischen Geschäftes. Dies zeigt ein genauerer Vergleich der Voraussetzungen dieses Mythos mit der kosmischen Ordnung des Timaios. Der Timaios hat die Bedingungen einer zwar störbaren, aber gleichwohl beständigen Weltordnung zum Ziel. Der Politikos konfrontiert eine ideale, absolut stetige Ordnung mit Unbeständigkeit und zunehmendem Verfall. Was meint Platon denn nun wirklich? Hat er seine Meinung geändert, ist er pessimistischer geworden – oder auch optimistischer, falls der Timaios der spätere Dialog sein sollte? Oder ist das die falsche Frage? Von Letzterem ist in der Tat auszugehen und auch hier ein Komplementärverhältnis anzunehmen. Das bedeutet nicht, dass sich die beiden Mythen einfach zusammenfügen ließen wie zwei Stücke eines Zauberrings. Es gibt aber gewisse Züge in den beiden Mythen, die einander tatsächlich ergänzen. Um das zu sehen, muss man freilich die Trennung der beiden Weltzyklen im Politikos aufheben. Arbeitet man die beiden Weltphasen „ineinander“, dann ergibt sich eine Mischung aus vernünftiger Ordnung und Unordnung der Materie, die genau der Weltordnung des Timaios entspricht. Denn auch dort wirkt die Herrschaft der Vernunft der inneren Formlosigkeit der Materie entgegen. Sie korrigiert diese ständig. Von einem Zustand chaotischer Ungeordnetheit ist im Timaios daher nur in der vor-demiurgischen Phase die Rede; sie ist beseitigt, sobald die Materie sich den Anordnungen der Vernunft fügt. Die Willkür einer Aufhebung der Phasentrennung im Politikos ist nun nicht wesentlich größer als die Willkür, die darin liegt, den einmaligen Schöpfungsakt durch den Demiurgen im Timaios als „nicht wörtlich gemeint“ wegzuerklären. Das aber tut die Mehrzahl von Platons Interpreten ohne sonderliche Gewissensbisse, unter der Annahme, dass dieser Schöpfungsmythos nur zeigen soll, wie es wäre, wenn jemand die Welt aus vorher ungeformtem Stoff nach ewigen Vorbildern zusammenbaute. Nach der allegorischen Deutung will Platon lediglich den Beitrag deutlich machen, den jeweils die Vernunft und die materielle Notwendigkeit zur kosmischen
Bestimmung des Sophisten im vorherigen Gespräch hin, also im Sophistes (Politikos, 284b, 287b-288a). Auch der Phaidros fordert für die Dialektik ein allumfassendes Wissen (270c-e).
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Ordnung leisten. Dieser Deutung zufolge gibt es für Platon aber keinen Urzustand, keine Zeit vor der Zeit, in der beide getrennt waren. In Analogie zu der Kooperation der beiden kosmischen Faktoren, aus der im Timaios eine harmonische Weltordnung resultiert, lassen sich auch die beiden getrennten kosmischen Zyklen im Politikos miteinander verbinden und zu einer Synthese bringen, so dass Tendenzen zum Abgleiten ins Chaos ausgeglichen werden. Wenn Platon es anders darstellt, so tut er das, um mit der unordentlichen Phase zu veranschaulichen, welchen Verlauf die Dinge ohne eine ständige Korrektur durch die Kräfte der Vernunft nehmen würden, während die Herrschaft des Kronos eine Welt ohne Störung und Verfall zeigt. Jede der beiden Phasen illustriert also einen Aspekt der Wirklichkeit, der für sich genommen gar nicht besteht; zusammengenommen bringen sie uns zur Weltordnung des Timaios, in der die blinden Kräfte der Materie durch die Prinzipien der Vernunft in Schach gehalten werden. Wenn diese Faktoren die Komplementärität der kosmologischen Seite der Mythen erklären, was ist dann über ihren politischen Aspekt zu sagen? Es wurde oben vorgeschlagen, im Timaios gehe es um die kosmische eunomia als implizites Vorbild für die menschliche Gemeinschaft. Letzteres wird im Timaios selbst aber nicht weiter ausgeführt. Ohne Sokrates’ „politischen Vorspann“ würde wohl kaum jemand solche Folgerungen ziehen. Der Politikos macht diesen Übergang vom kosmologischen Mythos zum politischen Logos dagegen ganz explizit. Er erklärt, dass eine hierarchische Ordnung und eine Funktionsteilung in der Politik genauso nötig sind wie im Kosmos. Der ideale Staatsmann ist dabei nur der „Architekt“ des Ganzen; für die Verwaltung hat er Helfer, an die er verschiedene Aufgaben delegiert27 – so wie auch der Demiurg im Timaios die jüngeren Götter einsetzt. Die Tatsache, dass der ideale Staatsmann als „Weber des Staatsgewebes“ definiert wird, bestätigt überdies, dass Platon im Politikos an dem pessimistischen Bild des zunehmenden Chaos in unserer Welt nicht festhalten will, das der Mythos zunächst suggeriert. Liest man den Politikos „rückwärts“, so wird klar, dass der Mythos nur ein Kann-Szenarium entwirft. Nicht alles geht notwendigerweise zugrunde, um auf das Eingreifen eines Deus ex machina am Ende des Weltzyklus zu warten. Gelingt es dem 27
Das ist der Sinn des Vergleiches der Staatskunst mit der Webkunst und ihren Hilfskünsten (280b, 281d-e: synaitiai).
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Staatsmann, die „sterblichen“ und die „unsterblichen“ Elemente im Staat miteinander so zu verweben, dass die aggressiven und die sozialen Tugenden einander ausbalancieren, dann herrscht eine stabile Ordnung. Dass das pessimistische Bild des Mythos nicht Platons eigener Vorstellung über die Natur der herrschenden Weltordnung entspricht, ist aber nicht nur dem positiven Ausblick am Ende des Dialogs zu entnehmen. Eine Revision deutet sich schon in der selbstkritischen Bemerkung des Eleatischen Fremden an, der Mythos sei nicht nur für ihre Belange überproportioniert und unvollständig, sondern die Farben seien auch nicht richtig vorbereitet und „nicht in der richtigen Mischung“ angebracht worden (277bc). Es wird also gleich anschließend angedeutet, dass eine Korrektur des Bildes möglich ist, wenn da die richtige Mischung stattfindet. Damit ist angezeigt, dass eine stabilere Ordnung möglich ist, wenn der Staatsmann mit seiner Weberei Erfolg hat.28 Wenn das der Sinn der Sache ist, dann bleibt aber noch die Frage, warum Platon zunächst einen so dramatischen Mythos mit gegenläufigen Weltphasen entwirft, um ihn anschließend recht prosaisch durch den „königlichen Weber“ zu korrigieren. – Man muss sich dazu auf die Dialogsituation besinnen. Der Eleatische Fremde hat einen sehr jungen Partner, dessen Alter ein phantasievoller Mythos am ehesten entspricht. Der Verweis auf das jugendliche Alter des Partners war also ernst gemeint und rechtfertigt das Vorgehen im Dialog: Der „Völkerhirte“, mit dem jeder griechische Schuljunge von Homer her vertraut war, wird erst mit Hilfe des dialektischen Aufteilungsverfahrens „aufgebaut“ und dann durch den königlichen Weber ersetzt. Die Brücke, die hier zwischen den beiden Mythen des Timaios und des Politikos durch eine Kombination von Kosmologie und Politik gebaut wurde, ist natürlich das Ergebnis von Spekulation. Es wäre aber doch gar 28
Im Timaios wird uns das Bild eines relativ stabilen, harmonischen kosmischen „Gewebes“ geboten, in dem die Kräfte der Zerstörung gebremst und dem Ganzen dienstbar gemacht sind. Das zeigt die Darstellung der verschiedenen Verwendungen der Materie zu rationalen Zwecken; all das findet unter der wohltätigen Steuerung des göttlichen Planes statt. Im Politikos findet das kosmologische eunomia-Modell des Timaios seine Anwendung auf die menschliche Sphäre, freilich mit einer klaren Einschränkung: Anders als im Kosmos müssen wir bei uns selbst für Ordnung sorgen, wie das auch der Timaios andeutet (41a ff.).
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zu seltsam, wenn Platon selbst keine solche Verbindung im Auge gehabt hätte, falls die beiden Dialoge aus der gleichen Zeit stammen. Denn er müsste schon ein ausnehmend schlechtes Gedächtnis gehabt haben, wenn er den einen Mythos beim Komponieren des anderen nicht mehr im Kopf hatte. Es ist daher sehr viel wahrscheinlicher, dass er bewusst zwei Varianten zum gleichen Thema präsentieren wollte. Da ist einmal der Gesichtspunkt der allumfassenden Ordnung des Timaios, und da ist andererseits der spektakuläre Wechsel zwischen Ordnung und Unordnung im Politikos, der veranschaulichen soll, warum die Menschheit bei sich stets ordnend tätig werden muss. Anders als im stabilen Makrokosmos sind in so unvollkommenen Systemen wie den menschlichen Gesellschaften ständige Korrekturen angezeigt. 5 Die Grenzen der Arbeitsteilung Warum aber geht Platon überhaupt so vor, dass er wichtige Sachverhalte in ganz verschiedenen Geschichten „verpackt“ präsentiert und dabei noch so vieles im Dunkeln lässt? Anfangs wurde vorgeschlagen, dass er damit verschiedene Aspekte herausstellen und seinen Lesern gerade kein vollständiges Bild vorlegen will. So wird man gezwungen, selbst in den dialektischen Prozess mit einzutreten, der all denjenigen Erfolg verspricht, die sich lang genug mit den Problemen befassen. – Wie diese Hypothese funktioniert, konnte hier nur an einigen Beispielen veranschaulicht werden. Damit lassen sich natürlich nicht alle offenen Fragen an Platon lösen, noch kann man davon ausgehen, dass Aspektverschiedenheit und Komplementarität Platons einziges Mittel zur Darstellung von Problemen und ihrer Lösung sind. Die Annahme einer Arbeitsteilung in Platons Texten kann zudem nicht mehr als Plausibilitäten liefern. Denn, wie schon oben angedeutet, erzählt Platon keine sauber abgegrenzten „halben Geschichten“, die man nur zusammenzufügen bräuchte wie Zauberringe im Märchen. Solche perfekten Pass-Formen scheint er vielmehr absichtlich zu vermeiden, nicht um irgendetwas zu verschweigen, sondern damit seine Leser sich aufgefordert sehen, die harte philosophische Arbeit selbst zu tun. So nötigt etwa die Frage nach dem Verhältnis zwischen den beiden Mythen zugleich auch zu weiterer Reflexion über die Angemessenheit der beiden Bilder. Platon erzwingt also eigene Stellungnahmen, statt gewissermaßen auf dem Silber-
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tablett Theorien anzubieten, die man ohne weiteres nachlesen, nachsprechen oder gar auswendig lernen könnte, wie der junge Phaidros die Rede des Lysias. Wenn man dennoch oft autoritativ auftritt und behauptet „Platon sagt …“, dann sollte man es wenigstens mit schlechtem Gewissen tun. Damit sind die Dialoge aber nicht zu bloßen Präliminarien herabgestuft. Sie führen uns in die Probleme ein und bieten auch mehr oder weniger ausgefeilte Lösungen an, je nach der Kapazität der Partner. Sie alle machen jedoch deutlich, dass und warum philosophische Einsichten nicht passiv zu konsumieren sind, sondern nur aktiv in lebendiger Auseinandersetzung erfasst werden können, wenn schließlich „die Funken sprühen“ sollen, wie es der 7. Brief ausdrückt. Platon will seinen Lesern die Denkarbeit nicht abnehmen, sondern gibt nur Hinweise, wie sie eigentlich gemacht werden müsste. Um bleibende Resultate zu erzielen, muss man sich gründlich in die Problematik hineinknien, und diese Arbeit lässt sich nicht auf die Länge eines Dialogs komprimieren. Man muss also die achtmonatige „Feldarbeit“ selbst auf sich nehmen, von der im Phaidros die Rede ist (272c). Dazu stellen die Dialoge nur die hypomnêmata bereit, die diejenigen erinnern, wie es geht, die solche Arbeit nicht scheuen. Auch die Dihäresen, die manchmal serienweise und ohne weitere Begründung aus dem Ärmel geschüttelt werden, geben nicht vor, Resultate einer geduldigen Beackerung zu sein: In der lebendigen Diskussion müsste darum Schritt für Schritt gerungen werden (vgl. Politeia, 533c-534c).29 Zum Schluss noch eine selbstkritische Bemerkung. Wenn das Prinzip der Komplementarität so viel den Eigenbemühungen des Lesers überlässt, wo liegen die Grenzen ihrer Anwendung bei Platon? Um das erste Beispiel noch einmal aufzunehmen: Am Anfang stand die Behauptung, dass die Konzeption der Erziehung durch die Liebe zum Schönen das Symposion mit dem Phaidros zusammenbringt und klar vom Phaidon trennt. Wie lässt sich aber ausschließen, dass die Vorstellung vom erzieherischen Wert des Eros im Symposion nicht bereits als Komplement zu der puristischen, rationalen Wiedererkennungslehre aus dem Phaidon gedacht war? Platon könnte doch zur gleichen Zeit zwei verschiedene Arten von Erziehung Sei29
Begründungen und Rechtfertigungen lassen die Dihäresen im Sophistes und im Politikos durchweg vermissen. Der Wegweiser geht also nicht selbst in die Richtung, in die er zeigt. Dies kann ein informelles Gespräch grundsätzlich nicht liefern.
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te an Seite präsentiert haben. Die eine Art von Erziehung nimmt uns ganz aus diesem Leben heraus (Phaidon), die andere macht das Beste aus den materiellen Gegebenheiten im Leben (Symposion). Die eine besteht in rein intellektueller Aufklärung, die andere in emotionaler Attraktion und ästhetischer Bezauberung. Die Antwort ist, kurz gefasst, dass die Distanz zwischen den Voraussetzungen im Phaidon und dem Symposion zu groß ist, als dass von Arbeitsteilung die Rede sein könnte. Sokrates lehnt im Phaidon kompromisslos jedes Nachgeben gegenüber den Verlockungen des Körperlichen ab. Wie man es auch drehen und wenden mag, diese radikale Askese passt nicht zur Vorstellung des Symposions, dass wir von den Eindrücken durch die Sinne nur in der richtigen Weise Gebrauch machen müssen, um auf der scala amoris eine Stufe zu erreichen, auf der die Attraktionen des Sinnlichen insignifikant erscheinen. Sokrates hat also von Diotima sichtlich etwas Neues gelernt; wenn er sie als seine „Lehrerin in Fragen der Liebe“ bezeichnet, so ist das nicht lediglich eine façon de parler. An die Stelle der Askese ist vielmehr die Sublimation getreten! Arbeitsteilung und Komplementarität sind also keine Mittel, die jeden Unterschied zu überbrücken gestatten. Mit einem solchen Anspruch würden sie sich auch selbst ad absurdum führen. Ihre kritische Anwendung macht vielmehr klar, dass es unüberwindliche Diskrepanzen zwischen manchen Vorstellungen in Platons Dialogen gibt und wo diese liegen. Nicht alles mischt sich mit allem. Zur Unterscheidung bedarf es jeweils sorgfältiger Abwägungen ohne die Anmaßung autoritativer Deutungen. Bei der Platon-Exegese sind also Fingerspitzengefühl und Sebstbescheidung immer dringend angezeigt. Und in diesem Sinne sollten wir wohl grundsätzlich Platons Warnung vor dem Ungenügen der Schriftlichkeit in Bezug auf seine eigenen Dialoge verstehen. Literatur Annas, J. & Rowe, C. (Hrsg.) 2002: New Perspectives on Plato, Modern and Ancient, Cambridge/Mass. Baudy, G. 1986: Adonisgärten, Frankfurt/M. Calvo, T. & Brisson, L. (Hrsg.) 1997: Interpreting the Timaeus-Critias. Proceedings of the Symposium Platonicum IV, Sankt Augustin. Carone, G. 1993: „Cosmic and Human Drama in Plato’s Politicus“, in: Polis 12, 99121.
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Die Selbigkeit des Erinnerten – Zu einem Dilemma des Lockeschen Konzeptualismus Rolf W. Puster (Hamburg)
1 Die Disparatheitsthese Das in der metaphysica generalis sive ontologia beheimatete, um die Frage nach der Natur des Allgemeinen kreisende Universalienproblem steht unter den zahllosen Problemen, mit denen sich die Philosophie auseinander setzt, besonders wenig im Verdacht, durch Beibringung empirischer Instanzen einer Lösung näher gebracht werden zu können. Diese Einschätzung lässt sich zur These (aDT), der allgemeinen Disparatheitsthese, zuspitzen: (aDT) Ontologische Positionen, die als Lösungen für das Universalienproblem angeboten werden, sind durch Beiziehung empirischer Daten bzw. durch Berufung auf empirische Theorien weder zu stützen noch zu unterminieren. Prima facie kommt (aDT) eine hohe Plausibilität zu.1 Unter der folgenden doppelten Voraussetzung (deren Triftigkeit hier unerörtert bleiben soll) verlöre sich diese Plausibilität jedoch alsbald, da (aDT) dann zur Falschheit verurteilt wäre: (i) Korrekte semantische Befunde – wie etwa der, dass einige irreduzibel abstrakte Aussagen wahr sind2 – sind qua „linguistische Tatsachen“ empirische Fakten. (ii) Zumindest in einigen linguistischen Tatsachen schlägt sich das nieder, was man seit 1959, dem Erschei1
2
Der auf der Linie des Wiener Kreises liegenden Tendenz, aus der präsumtiven Wahrheit von (aDT) auf die Sinnlosigkeit der betreffenden Problemstellung und der für sie angebotenen Lösungen zu schließen, wird im Folgenden hartnäckig widerstanden. Dieser Befund spielt in dem von Künne (1983) vorgetragenen Plädoyer für den Universalienrealismus eine tragende Rolle.
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nungsjahr von Peter F. Strawsons Individuals, „deskriptive Metaphysik“ zu nennen pflegt. – Kurz: Gäbe es metaphysikträchtige (und das heißt hier auch: ontologieträchtige) linguistische Tatsachen, so hätte die allgemeine Disparatheitsthese falsifizierende Gegeninstanzen und wäre somit offenkundig falsch. Andererseits scheint mit (aDT) ein Gedanke anvisiert zu sein, der durch die Wahrheit von (i) und (ii) nicht berührt würde, der Gedanke nämlich, dass die Befunde „gewöhnlicher“, metaphysik-unverdächtiger Erfahrungswissenschaften wie der Physik oder der Psychologie ohne jede inferenzielle Relevanz für unsere Positionen zum Universalienproblem sind. Da uns die Erörterung der Annahmen (i) und (ii) in rahmensprengende Diskussionen verwickeln würde, liegt es nahe, sie tentativ für zutreffend zu halten und den mit (aDT) – offenbar verunglückt – anvisierten Gedanken so zu reformulieren, dass er der skizzierten Widerlegung entgeht. Dafür bietet es sich an, den Empiriebegriff stipulativ so zu verengen, dass linguistische Tatsachen nicht mehr unter ihn fallen; damit wird zugleich die Frage nach deren potenzieller Metaphysikträchtigkeit obsolet. Auf diese Weise gelangen wir zu (sDT), der speziellen Disparatheitsthese: (sDT) Ontologische Positionen, die als Lösungen für das Universalienproblem angeboten werden, sind durch Beiziehung außerlinguistischer empirischer Daten bzw. durch Berufung auf außerlinguistische empirische Theorien weder zu stützen noch zu unterminieren. Ersichtlich ist die spezielle Disparatheitsthese intuitiv noch erheblich plausibler als ihre allgemeinere Vorläuferin. Umso brisanter ist es daher, dass sogar diese speziellere These in der folgenden Untersuchung ins Wanken gerät. Das hierfür benötigte Material soll nun in einem historischen Exkurs aus der Konfrontation der Lockeschen Erinnerungslehre mit seiner konzeptualistischen Universalienauffassung gewonnen werden. 2 Das Gedächtnis – Fähigkeit versus Lagerhaus Als Verfasser einer Naturgeschichte des menschlichen Verstandes kommt Locke am Phänomen des Gedächtnisses nicht vorbei. Er traktiert es im
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zweiten Buch des Essay concerning Human Understanding im Rahmen einer Erörterung, in welcher er diejenigen Tätigkeiten bzw. Fähigkeiten des Geistes behandelt, die für den Aufbau unseres Wissens unentbehrlich sind. In den Kapiteln IX-XI und der Abfolge ihrer thematischen Schwerpunkte zeichnet er gleichsam die Genese unserer Erkenntnis nach: Der Weg führt vom Wahrnehmen über das Behalten, Unterscheiden, Vergleichen und Zusammensetzen bis hin zum Abstrahieren. Da Lockes Einlassungen der Erstauflage3 von denen der (von ihm noch selbst bearbeiteten) Folgeauflagen4 signifikant abweichen, wenden wir uns zunächst seiner ursprünglichen Sicht der Dinge zu. Bezüglich des Behaltens, der retention, unterscheidet Locke zwei Teilfähigkeiten bzw. -leistungen: Die erste, die contemplation, ist die aufmerksame Fixierung einer Idee über einen gewissen Zeitraum hin (vgl. Locke 1975, 149, II.x.1). Die zweite, die von nun an in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen rückende memory, besteht dem gegenüber in der Fähigkeit, bereits früher gehabte und inzwischen aus dem aktuellen Blickfeld geratene Ideen wieder zu beleben (vgl. ebd., 149, II.x.2). Im Anschluss daran erläutert Locke die memory auf eine sprachlich wie sachlich unerwartete (nur durch eine „sozusagen“-Klausel abgeschwächte) Weise, indem er sie – nach ihrer Einführung als Fähigkeit – mit einem Lagerhaus vergleicht: This is Memory, which is as it were the Store-house of our Ideas. For the narrow Mind of Man, not being capable of having many Ideas under View and Consideration at once, it was necessary to have a Repository, to lay up those Ideas, which at another time it might have use of. (Locke 1975, 150, II.x.2) Diese Zweigleisigkeit in der Explikation der memory ist nun offenbar kein Fall der bei Locke häufig anzutreffenden Akt-Objekt-Ambiguität; sie ist vielmehr vermutlich dem Umstand geschuldet, dass er auf die (sich einem naiven Leser leicht aufdrängende) Frage, wo sich die Ideen zwischen ichrem Ersterwerb und ihrer Wiedererinnerung befinden, eine Antwort in 3
4
Sie wird nach der Jahreszahl ihres Titelblattes meist ins Jahr 1690 datiert, ist jedoch bereits im Dezember 1689 erschienen. 2. Aufl. 1694, 3. Aufl. 1695, 4. Aufl. 1700 und 5. Aufl. 1706.
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petto haben wollte, ohne schon in der Erstauflage zu bemerken, auf welche Abgründe er mit der unkritisch übernommenen Raummetaphorik jener Frage zusteuert (vgl. Aaron 1971, 136-139, bes. 137f.). Zu zeigen, dass die besagte Zweigleisigkeit in Lockes Memory-Explikation nicht nur eine der vielen Inkonzinnitäten seines Essay ist, sondern im Lichte von dessen zentralen Doktrinen ein gravierendes Problem aufwirft, ist das Verdienst des englischen Malebranchisten John Norris.5 In den 1690 erschienenen Reflections upon a late Essay concerning Human Understanding erhebt er folgendes Bedenken: Wenn man Lockes Magazintheorie des Gedächtnisses beim Wort nimmt, dann sieht sie Ideen vor, die „im Geist“ sind, ohne von diesem bemerkt zu werden; das aber würde (davon abgesehen, dass diese Implikation mit dem Lockeschen Ideenbegriff schwerlich vereinbar ist6) den Anti-Innatismus des ersten Essay-Buches insofern empfindlich schwächen, als ein dem Bewusstsein verborgen bleibender Aufenthalt im Geist auch für angeborene Ideen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen werden kann, wenn ein solcher für aktuell nicht erinnerte Ideen erst einmal konzediert ist.7 Unter dem Eindruck von Norris’ Kritik rudert Locke kräftig zurück, indem er von der zweiten Auflage des Essay an einen Zusatz in den Text einfügt, der direkt an den zuletzt zitierten Passus anschließt: But our Ideas being nothing, but actual Perceptions in the Mind, which cease to be any thing, when there is no perception of them, this laying up of our Ideas in the Repository of the Memory, signifies no more but this, that the Mind has a Power, in many cases, to revive Perceptions, which it has once had, with this additional Perception annexed to them, that it has had them before. And in this Sense it is, that our Ideas are said to be in our Memories, when indeed, they are actually no where, but only there is an ability in the Mind, when it will, to revive them again; and as it
5 6 7
Vgl. hierzu Rogers 1988, 279f., und bes. Aaron 1971, 137f. Vgl. z.B. Locke 1975, 47, I.i.8; 104, II.i.1. Beide Arten von Ideen – die angeborenen wie die aktuell nicht erinnerten – lassen sich nämlich in einem guten Sinne als „latent Ideas“ bezeichnen; so drückte sich Locke zwar nicht mehr im Essay, wohl aber noch im Retention/memory-Abschnitt (§ 23) des 1671 entstandenen Draft B aus (Locke 1990, 134f.).
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were paint them anew on it self, though some with more, some with less difficulty; some more lively, and others more obscurely. (Locke 1975, 150, II.x.2) Lockes Reparaturversuch ist – gemessen an den von Norris aufgezeigten Gefahren – überaus zweckmäßig: Zum einen unterstreicht er den essenziellen, dem Bewusstsein jederzeit transparenten Aktcharakter der Ideen, und zum anderen deklariert er die räumliche Metaphorik seines Magazinvergleichs zu einer harmlosen façon de parler, mit welcher letztlich kein anderer theoretischer Gehalt verbunden sei als mit der dispositionalen Gedächtnistheorie; damit wird die oben konstatierte Zweigleisigkeit der Memory-Explikation durch den neuen Passus der Zweitauflage zu einem rein verbalen, sachlich belanglosen Schein umgeprägt. Die mit Lockes „sprachkritischer“ Diskreditierung des Lagerhausmodells geleistete Problembehebung hat jedoch – wie sich nun zeigen wird – nicht nur Licht-, sondern auch Schattenseiten. 3 Das Problem der Selbigkeit des Erinnerten Spätestens seit der Vereindeutigung seiner Memory-Lehre in der zweiten Auflage des Essay sieht Locke in der Erinnerung eine Fähigkeit zur Wiederbelebung früher gehabter Ideen. Auch wenn diese dispositionale Charakterisierung ihren Gegenstand noch nicht erschöpft, so ist sie doch erkennbar vom Entitätengeiz Ockhamscher Prägung inspiriert. Man kann sich leicht ausmalen, worin der Rasiermesserfreund den Vorzug der Dispositions- gegenüber der Lagerhaustheorie erblickt: Beide erbringen, so will es scheinen, die gleiche Erklärungsleistung, aber erstere tut dies mit wesentlich sparsameren Mitteln als letztere. Hier lediglich der mit Wiederbelebungsfähigkeiten ausgestattete Verstand; dort ein Lagerhaus mit Abertausenden von deponierten Ideen, ganz zu schweigen von den mentalen Logistikproblemen, welche der unausgesetzte Hin- und Hertransport von Ideen im Magazinmodell heraufbeschwört. Darüber hinaus legt Locke der von ihm glücklich überwundenen Theorie zur Last, dass sie unsere sorglose Rede, Ideen seien im Gedächtnis, auf viel zu vordergründige Weise räumlich auffasse und naiv buchstäblich nehme, wohingegen die Disposi-
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tionstheorie sich von dieser semantischen Fata Morgana nicht irreleiten lasse.8 Die vorstehende Bilanz (welche offensichtlich Lockes Billigung hat) vermag allerdings nicht zu überzeugen. Denn in ihr ist ein wichtiger Punkt unberücksichtigt geblieben, ein Punkt, der für den Vergleich der explanatorischen Leistung beider Theorien von beträchtlicher, wenn nicht von ausschlaggebender Relevanz ist. Gliche nämlich der Erinnerungsvorgang der Hervorholung eines zuvor im Magazin abgelegten Gegenstandes, so wäre es kein Problem zu verstehen, wie es kommt, dass in jeder echten Erinnerung die erinnerte Idee mit der schon früher gehabten identisch ist: Denn die eingelagerte Idee würde ja während der ganzen Zeitspanne bis zu ihrem Rücktransport ins Bewusstsein unverändert fortexistieren; in ihrer transtemporalen Persistenz läge der Garant dafür, dass die früher gehabte Idee dieselbe ist wie die später wiedererinnerte. Nach dem Lagerhausmodell wird also die Selbigkeit des Erinnerten auf numerische Identität zurückgeführt: Es ist eben ein und dieselbe Idee, die zunächst deponiert und dann erneut hervorgeholt wird. Wie erklärt nun der Ockhamist Locke die Selbigkeit des Erinnerten, wo doch seiner Sparsamkeit das Ideenmagazin samt Inhalt zum Opfer gefallen ist? Die Dispositionstheorie gibt nur die spärliche Auskunft: [T]he Mind has a Power […] to revive Perceptions, which it has once had, with this additional Perception annexed to them, that it has had them before. (Locke 1975, 150, II.x.2) Natürlich kann auch Locke die Identität von ursprünglicher und erinnerter Idee nicht fallen lassen, denn ohne diese Identität (deren Vorliegen laut der zuletzt zitierten internalistischen Kautele dem sich Erinnernden überdies epistemisch zugänglich sein muss) wäre Erinnerung keine Erinnerung. Er 8
Man hat in der Forschung auf die Parallele hingewiesen, die zwischen Lockes Erinnerungsauffassung und Ockhams Sicht des Sprechens besteht (vgl. Specht 1989, 46-48): So wenig wie ein Sprecher Worte in einem Kehlsack aufbewahrt, die er dann, wenn er spricht, aus dem Kehlsack hervorholt und danach wieder in ihn zurücklegt, so wenig lagert eine Person Ideen in ihrem Gedächtnis ein, die sie dann, wenn sie sich erinnert, aus dem Gedächtnis hervorholt und danach wieder in es zurücklegt. In beiden Fällen soll eine jeweils spezifisch gefasste – einmal auf Wörter, einmal auf Ideen bezogene – Reproduktionsfähigkeit die fraglichen Phänomene erklären.
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muss daher behaupten, dass bei der Wiederbelebung genau diejenige Idee reanimiert wird, die schon früher einmal im Bewusstsein war. Doch genau wie rekonstruiert Locke in seinem Gedächtnismodell den zentralen Punkt einer jeden ideistischen Erinnerungslehre, nämlich die Identität von ursprünglicher und erinnerter Idee? Sehen wir uns diesen Punkt ein wenig näher an. Als Erstes fällt auf, dass Locke für seine Dispositionstheorie der Erinnerung implizit zwischen Idee als Akt und Idee als Inhalt unterscheidet und für seine Gedächtnistheorie von der Inhaltsseite der Idee Gebrauch macht. Denn wären in dem referierten Essay-Abschnitt Ideen lediglich als flüchtige Bewusstseinsepisoden aufzufassen, so ließe sich die Identität des Erinnerten nicht mehr erklären: Psychische Akte tauchen im Bewusstsein auf und vergehen wieder – niemals aber kehren sie als identische wieder, denn mentale Episoden sind ontologische Eintagsfliegen. Daher kann es – anders als im Lagerhausmodell – keine numerische Identität zwischen einer jetzt gehabten und später erinnerten Idee geben, wenn diese als bloßer Bewusstseinsakt verstanden wird. Wollen wir also Locke nicht bescheinigen, mit seiner Memory-Lehre gerade das Herzstück derjenigen Erklärung verfehlt zu haben, die zu geben er angetreten ist, so müssen wir seine Auskünfte so deuten, dass sie auf die Inhaltsseite der Idee Bezug nehmen. Versuchen wir daher, Lockes dispositionale Gedächtnistheorie mit Hilfe der Inhalte der involvierten Ideen zu rekonstruieren. Sie muss dann besagen, dass die Identität von ursprünglicher und erinnerter Idee genau dann vorliegt, wenn der Inhalt der ersten Idee derselbe ist wie der der zweiten, späteren Idee; dass beide von numerisch verschiedenen Akten getragen werden, ist ebenso wahr wie für die Inhaltsidentität belanglos. Doch was heißt es, dass zwei Ideen denselben Inhalt haben? Welche Art von Identität liegt hier vor? Erwägen wir zunächst den Vorschlag, für die besagte Inhaltsselbigkeit wiederum numerische Identität ins Spiel zu bringen. Doch welche Kandidaten kommen überhaupt dafür in Frage, im Inhalt verschiedener mentaler Episoden einer Person als numerisch identische Etwasse wiederzukehren? Wenn nicht alles täuscht, lässt der in Rede stehende Vorschlag nur Kandidaten zu, die ontologisch als abstrakte Gegenstände zu charakterisieren sind; einzig von ihnen kann man in einem guten Sinne sagen, dass sie stric-
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tissime dieselben sind oder bleiben, wenn sie in verschiedenen Erinnerungsakten als Inhalte auftreten. Dieses Resultat unserer Überlegungen macht allerdings den Vorschlag, die inhaltliche Selbigkeit des Erinnerten auf numerische Identität zurückzuführen, für den Konzeptualisten Locke unannehmbar, welcher darauf festgelegt ist, die ontologische Akkreditierung abstrakter Gegenstände zu verweigern. – Es bleibt zu prüfen, über welche anderen theoretischen Ressourcen der Lockesche Konzeptualismus noch verfügt, der vertrackten Selbigkeit des Erinnerten gerecht zu werden. 4 Erinnerungslehre versus Konzeptualismus Wie sich gezeigt hat, verbietet es sich im Rahmen der theoretischen Philosophie Lockes (teils aus begrifflichen, teils aus doktrinalen Gründen), zur Rekonstruktion der Selbigkeit des Erinnerten auf die numerische Identität von Ideen zu rekurrieren; ganz gleich, ob man Letztere als Akte oder als deren Inhalte auffasst, gelangt man entweder zu einem sachlich unhaltbaren oder zu einem für Locke inakzeptablen Vorschlag. In dieser Lage bleibt, will man sein Heil nicht in idiosynkratischen Ad-hoc-Konstruktionen suchen, nur die Option, auf generische Identität zu setzen. Da auch in diesem Kontext die Idee sinnvollerweise nicht als Akt, sondern als Inhalt zu behandeln ist, laufen unsere Überlegungen darauf zu, der Memory-Lehre Lockes die folgende Konzeption zu substruieren: Da wir von generischer Identität dort sprechen, wo wir numerisch verschiedene Entitäten als gleichartig ansehen, so folgt daraus, dass der ursprüngliche Ideeninhalt und der erinnerte Ideeninhalt derselben Art oder Gattung zuzurechnen sind. Wie bekannt, pflegen Konzeptualisten zu betonen, dass sie mit ihrer Rede von Arten und Gattungen keine ontologischen Verpflichtungen eingehen, die als Wasser auf den Mühlen der Universalienrealisten verstanden werden könnten. Genera sind in ihren Augen nichts Reales, sondern etwas begrifflich Gestiftetes; sie basieren demnach nicht auf naturhaft-unverrückbaren Grenzen zwischen bestimmten Klassen von Dingen, sondern sie sind Ausfluss der menschlichen Verstandestätigkeit, die nach pragmatischen Gesichtspunkten arbiträre Grenzziehungen vornimmt. In Sonderheit stehen
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wir unter den Zwängen der Sprachökonomie: Man kann nicht jedes der unzähligen individuellen Dinge einzeln benennen, sondern man muss sie mittels einer überschaubaren Zahl von Gattungsnamen zu Gruppen zusammenfassen. Im Idiom Lockes nimmt sich dies so aus, dass die vorgeblich gattungsfundierenden „Wesenheiten“ der Schulphilosophie nichts anderes sind als abstrakte Ideen, welche der Verstand nach Maßgabe der Ähnlichkeit9 zwischen individuellen Dingen mehr oder minder willkürlich gebildet hat; unsere „general words“ verweisen daher nicht auf ideale Essenzen oder Spezies, sondern lediglich auf Ideen, die wir dadurch zu allgemeinen Ideen machen, dass wir sie durch Abstraktion von ihren individuellen Zügen für eine Mehrzahl von realen Einzeldingen stehen lassen (vgl. Locke 1975, 409-420, III.iii). Das vorstehend umrissene (Essay-konforme) konzeptualistische Verständnis von generischer Identität wirft indes – auf das Erinnerungsphänomen angewandt – ein Dilemma auf, welchem Locke nicht entrinnen kann. Wenn er als Konzeptualist dabei bleibt, dass die generische Identität zweier Entitäten nicht auf deren objektiven Beschaffenheiten, sondern auf subjektiven Setzungen beruht, bzw. wenn er sie auf das Vorliegen einer Ähnlichkeitsrelation zwischen ihnen zurückführt, welche nach dem Motto „ähnlich ist, was mir ähnlich vorkommt“ zugesprochen wird, dann folgt daraus, dass der Inhalt der ursprünglichen Idee zum Inhalt der erinnerten Idee eben auch nur in diesem so charakterisierten Ähnlichkeitsverhältnis steht. Damit würde ein Akt der Assoziation, in welchem die spätere Idee einer früher gehabten bloß ähnelt, zu einem Akt des Erinnerns deklariert – die essenzielle Selbigkeit des Erinnerten würde sich in Luft auflösen.10 Essenziell ist diese Selbigkeit für Locke, weil seine ganze ockhamistische Rede von der – in der Erinnerung sich vollziehenden – Wiederbelebung ei9
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Am besten fährt der Konzeptualist, wenn er „Ähnlichkeit“ bzw. das entsprechende relationale Prädikat dergestalt zu einem basalen Begriff erklärt, dass er die für ihn prekäre Rede von Ähnlichkeitshinsichten möglichst vermeiden kann. Zu beachten ist, dass hier (im Sinne der Lockeschen Begrifflichkeit) von erinnerten Ideen(inhalten), und nicht etwa von Erinnerungs-„Bildern“, die Rede ist. Von Letzteren mag durchaus gelten, dass bloß ähnliche – wie aus unterschiedlichen Perspektiven aufgenommene Fotografien – mich an dasselbe zu erinnern vermögen; das aber ist ersichtlich grammatisch wie sachlich ein ganz andersartiger Fall.
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ner Idee semantisch darauf angewiesen ist, dass das reanimierte Etwas dem präreanimierten Etwas nicht nur ähnlich ist, sondern dass das erste Etwas kein anderes ist als das zweite. Der fatalen Konsequenz, die Assoziation einer Idee, die einer früheren Idee ähnelt, als die wiederbelebende Erinnerung ein und derselben Idee ausgeben zu müssen, vermag Locke auch durch die (oben bereits zitierte und nunmehr kursivierte) Zusatzkautele [T]he Mind has a Power […] to revive Perceptions, which it has once had, with this additional Perception annexed to them, that it has had them before. (Locke 1975, 150, II.x.2; Herv. von mir) nicht zu entkommen – und zwar deshalb nicht, weil diese (zu jener als „Wiederbelebung“ getarnten Assoziation hinzutretende) „additional Perception“ das Problem nur iteriert: Lockes Forderung, bei der Wiederbelebung einer Idee in der Erinnerung müsse man zusätzlich „wahrnehmen“, dass man sie (!) bereits früher gehabt habe, kann zum Verständnis, wie die Selbigkeit des Erinnerten in seiner dispositionalen Gedächtnistheorie zu rekonstruieren ist, nichts beitragen, weil sie ihrerseits von jener Selbigkeit des Erinnerten wie selbstverständlich, aber gänzlich ungeklärt Gebrauch macht. Auf einen kurzen Nenner gebracht, sieht Lockes Dilemma so aus: Entweder bleibt er ein konsequenter Konzeptualist; dann scheitert er mit seiner Erinnerungslehre – insbesondere mit ihrer dispositionalen Sparsamkeitspointe –, weil er die von ihr benötigte „harte“ Identität von ursprünglicher und erinnerter Idee nicht überzeugend konzipieren kann. Oder aber er macht seine Memory-Lehre konsistent, indem er auf die numerische Identität von Ideeninhalten rekurriert (welche eine zufrieden stellende Konzeption der Selbigkeit des Erinnerten erlaubt), und bricht damit – wegen des in dieser Option implizierten Universalienrealismus – mit seinem Konzeptualismus. 5 Zur Disparatheit von Ontologie und Empirie – ein tentativer Ausblick Der in den Abschnitten 2-4 durchlaufene Exkurs zur theoretischen Philosophie John Lockes hat ein auf den ersten Blick überaus merkwürdiges
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Resultat erbracht: Eine empirische Gedächtnistheorie (deren wissenschaftliche Relevanz und Stichhaltigkeit uns nicht interessieren muss) ist unvereinbar mit einer bestimmten Position zum Universalienproblem. Damit scheint jedoch die spezielle Disparatheitsthese (sDT) verletzt zu sein, die ja besagt, dass Ontologie und Empirie sich nicht ins Gehege kommen können.11 An diesem Punkt unserer Untersuchung tut sich somit eine Spannung auf zwischen dem Geltungsanspruch von (sDT) und dem gewonnenen Befund ihrer Verletztheit, einem Befund also, dessen Stichhaltigkeit die Falschheit von (sDT) zu implizieren scheint. Zwei Optionen bieten sich an, der eben aufgewiesenen Spannung zu entkommen; beide seien abschließend kurz diskutiert. (1) Die erste – in meinen Augen weniger attraktive – Option könnte man die „Holismus-Option“ nennen. Sie zeichnet sich durch die These aus, dass man zwischen Sätzen (bzw. Theorien) ontologischen und empirischen Inhalts ebenso wenig sauber unterscheiden könne wie nach Quines Auffassung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen; mit einiger Berechtigung ließe sie sich demnach auch als Option charakterisieren, die zwischen Ontologie und Empirie nur „fließende Grenzen“ sieht. Diese Option löst die besagte Spannung ganz einfach dadurch auf, dass sie (sDT) unter Berufung auf ihren Holismus für falsch erklärt: Da Sätze ontologischen und Sätze empirischen Inhalts sich nicht auf streng disparate Gegenstandsbereiche beziehen, ist das Auftreten von Inkompatibilitäten zwischen ontologischen und empirischen Sätzen (wie wir es bei Locke beobachtet haben) nicht verwunderlicher als das zwischen verschiedenen empirischen Sätzen, und infolgedessen gibt es zwischen ihnen auch genau jene Stützungs- bzw. Unterminierungsverhältnisse, die ihnen in (sDT) – fälschlich – abgesprochen werden. Einige Plausibilität scheint mir diese Option nur dann zu haben, wenn eine ihr innewohnende Konfusion unbemerkt bleibt: Es wird in ihr die Frage, ob es eine scharfe Grenze zwischen Sätzen ontologischen und solchen empirischen Inhalts (verkürzt: zwischen ontologischen Sätzen und Erfahrungssätzen) gibt, mit der Frage vermengt, wie gut oder sicher wir eine 11
Dass Lockes Memory-Theorie, wie hanebüchen auch immer sie als Beitrag zur Psychologie sein mag, eine außerlinguistisch empirische Theorie ist, kann schwerlich in Abrede gestellt werden.
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derartige Grenze erkennen können. Diese für die Holismus-Option geradezu konstitutive Konfusion scheint mir die verfehlte Reaktion auf einen Punkt zu sein, in welchem man in der Tat ein Problem erblicken kann: Die Grenzziehung zwischen empirisch stützbaren (bzw. unterminierbaren) Erfahrungssätzen und empirisch nicht stützbaren (bzw. unterminierbaren) ontologischen Sätzen kann offenbar nicht apriorisch vorgenommen werden. Vielmehr ist die Frage, wo diese Grenze verläuft – sie konvergiert mit der Frage, welche Kriterien eine randscharfe Trennung von Sätzen ontologischen und solchen empirischen Inhalts ermöglichen –, selbst eine offene empirische Frage, auf welche wir nur über vorläufige Antworten verfügen. Sie ist deshalb empirisch, weil neue und auf empirischer Forschung basierende Einsichten uns möglicherweise darüber belehren werden, dass sich jene Grenze nicht mehr so wie bisher ziehen lässt, etwa weil ein traditionell als ontologisch geltender Problemkomplex sich ganz oder teilweise einer erfahrungswissenschaftlichen Behandlung als zugänglich erweist.12 Aus dem Umstand, dass wir hic et nunc außer Stande sind, eine definitive Grenze zwischen Ontologie und Empirie zu ziehen, folgt in keiner Weise, dass es keine solche Grenze gäbe bzw. dass sie fließenden Charakter hätte. Ähnlich verfehlt wäre es, wenn ein konsequenter Fallibilist schließen würde, es müsse zwischen empirisch wahren und empirisch falschen Sätzen deswegen fließende Übergänge geben, weil wir uns bezüglich keines einzigen solchen Satzes für seine Wahrheit oder Falschheit verbürgen können. Analog können eben Sätze empirisch stütz- bzw. unterminierbar sein (oder auch nicht), ohne dass wir jetzt und heute definitiv wissen, dass sie es sind. Eine Unterscheidung ist nicht schon deswegen hinfällig oder gegenstandslos, weil ihre erkenntnisbasierte Applikation fallibel ist. Da die Holismus-Option im Lichte der vorstehenden Überlegungen mitnichten als zwingend dasteht, sehe ich keinen Anlass, die spezielle Disparatheitsthese (sDT) aus den dort genannten Gründen aufzugeben. (2) Die Option, für die ich hier tentativ plädieren möchte, nenne ich „Verzahnungs-Option“. Verwirft man (wie oben geschehen) die Holismus12
Bezüglich der in der metaphysischen Nachbardisziplin der rationalen Kosmologie behandelten Thematik der Weltentstehung etwa ist in den letzten Jahrzehnten die Neigung sicherlich gewachsen, sie prinzipiell für erfahrungswissenschaftlich bearbeitbar zu halten. Dass man derlei für ontologische Fragen mit guten Gründen ausschließen kann, scheint mir fraglich.
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Option und hält daran fest, dass Sätze ontologischen und empirischen Inhalts scharf voneinander geschieden sind, ohne jedoch apriorisch als scharf voneinander geschieden erkennbar zu sein, dann bleibt zu klären, wie dies vereinbar ist mit einem Inkompatibilitätsbefund, wie er sich uns hinsichtlich Lockes Auffassungen über die Natur der Universalien und des Gedächtnisses aufdrängte. Meine These hierzu ist die, dass Ontologie und Empirie zwar nicht ineinander fließen, wohl aber ineinander greifen können. Sie sind distinkt, aber – zumindest gelegentlich – verzahnt. Eine solche Verzahnung kann dadurch zustande kommen, dass in die sach-adäquate begriffliche Fassung eines empirischen Phänomens (z.B. in die der Erinnerung) eine ontologische Hypothek eingeht, die das Phänomen auch als Explanandum empirischer Wissenschaften (z.B. als eines der Psychologie) nicht abstreifen kann. (Die hier in Rede stehende Adäquatheit ist nicht zu verwechseln mit bloßer, von kompetenten Sprechern bescheinigter „Sprachrichtigkeit“ beim Reden über Erinnerungsphänomene.) So scheint das empirische Phänomen der Erinnerung an seine Konzeptualisierung extremste Adäquatheitsbedingungen zu stellen, wenn es um die Rekonstruktion der Selbigkeit des Erinnerten geht: Bereits der Schatten des Verdachts, ursprünglicher und erinnerter Bewusstseinsinhalt seien einander bloß ähnlich, macht es zweifelhaft, dass überhaupt ein Akt des Erinnerns vorliegt. So lange wir das Phänomen des Erinnerns nicht vergewaltigen wollen (bzw. es im platonischen Sinne zu „retten“ beanspruchen), so lange bleiben wir an die ontologische Hypothek gebunden, die Selbigkeit des Erinnerten so streng wie irgend möglich konzipieren zu müssen. Und das kann – wie bei Locke gesehen – unter bestimmten theoretischen Umständen bedeuten, bei der Stellungnahme zum Universalienproblem nicht mehr freie Hand zu haben. Aus diesen meinen Überlegungen folgt zwar ebenfalls die Falschheit von (sDT), aber die Begründung dafür widerstreitet derjenigen der Holismus-Option, da sie an der Disparatheit von Ontologie und Empirie festhält. Mag auch die Verwerfung der speziellen Disparatheitsthese intuitiv erwartungswidrig sein, so stärkt sie doch die Hoffnung, in Fragen der Ontologie philosophisch materiale Fortschritte erzielen zu können, ohne allein auf „linguistische“ Argumente angewiesen zu sein. Der letztgenannte Punkt gibt Anlass zu einer wichtigen Klarstellung: Dass Locke sich zur konsistenten Durchführung seiner dispositionalen Memory-Lehre eigentlich vom konzeptualistischen Saulus zum universalienre-
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alistischen Paulus hätte wandeln müssen, verdankt sich keineswegs irgendeinem Umstand, den man sinnvoll als „linguistische Tatsache“ bezeichnen könnte. Es ist vielmehr – sit venia verbo – das Erinnerungsphänomen selbst (welches es in seiner empirischen Eigenart zu treffen gilt), das nicht nur zur Beurteilung der ihm geltenden erfahrungswissenschaftlichen Theorien herangezogen wird, sondern auch – gewissermaßen indirekt – zur Beurteilung von ontologischen Hintergrundtheorien auf ihre Tauglichkeit hin, die Bildung adäquater Erinnerungstheorien überhaupt zuzulassen. Angesichts des Scheiterns seiner dispositionalen Memory-Theorie sehen wir im Blatt des Konzeptualisten jedenfalls wesentlich weniger Trümpfe, als es der von Eidophobie getrübte Blick Lockes erkennen konnte.13 Literatur Aaron, R. I. 1971: John Locke, 3. Aufl., Oxford, 1. Aufl. 1937. Künne, W. 1983: Abstrakte Gegenstände. Semantik und Ontologie, Frankfurt/M. Locke, J. 1975: An Essay concerning Human Understanding, hrsg. v. P. H. Nidditch, Oxford. Locke, J. 1990: „Draft B“, in: Drafts for the “Essay concerning Human Understanding”, and other Philosophical Writings, Bd. 1, hrsg. v. P. H. Nidditch & G. A. J. Rogers, Oxford, 85-270. Rogers, G. A. J. 1988: „Die Cambridger Platoniker“, in: J.-P. Schobinger (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts, Bd. 3, Basel, 240-290. Specht, R. 1989: John Locke, München.
13
Die Diskussionen mit Benjamin Schnieder und Edith Puster haben mir aufgrund ihrer sachlichen Erträge entscheidend dabei geholfen, meine hier vorgetragenen Behauptungen auf der Skala zwischen Tollkühnheit und Feigheit genau dort einzupegeln, wo sie nun liegen.
Intuitions: The Theories of Kant and Bolzano Rolf George (Waterloo/Canada)
Bolzano credits Kant with impressing on the philosophical public the distinction between intuition (Anschauung) and concept (Begriff ). But making the distinction is one thing, explaining it is another. Bolzano is not happy with Kant’s account (WL I, § 77),1 but his critique does not connect well with Kant’s theory. The gulf between them, in both substance and terminology, is too deep. Despite the divergence between the two philosophers on almost any topic, Bolzano paid more attention by far to Kant and Kantian logicians than any other tradition or school, for good reasons. When Bolzano wrote the Wissenschaftslehre in the 1830s, Kant’s was no longer a “ruling” philosophy.2 But since the major and most influential German logics and philosophical handbooks of the generation after Kant were written by his students and followers, he could demand much attention. J. F. A. Calker (1822, 189) could say with good reason that “Kant gained a pervasive influence upon the history of logic”.3 1 2
3
Bolzano 1837. The Wissenschaftslehre is cited as WL plus number of volume. Kantianism had declined, and Kant’s work was generally neglected at the time of Bolzano’s writing. The University of Königsberg, for instance, offered no lectures on Kant from 1807 to 1865, Kant’s writings did not sell well (in 1832, 1200 copies of Eternal Peace were still unsold), and in 1851 Rosenkranz (1851, 160f.) could find only four German professors who admitted to being Kantians. Although the fortunes of Kantianism had declined, his theories had spread through handbooks and logic texts, eg. by Kiesewetter, Jacob, Calcer and others. Bolzano defended his view against current opinion which was of Kantian pedigree. The logics of Kiesewetter and Jakob have as much claim to Kantian authenticity as does the logic published under the master’s name (edited by Gottlob Benjamin Jäsche in 1800, Vol. 9 of the Academy Edition). Both were Kant’s students and neither thought much of Jäsche’s efforts.
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Kant made several claims and distinctions that were followed by all Kantian logicians of the next generation. I note, first, his division of logic into “organon” and “canon”. Niceties aside, the first stands for the older ars inveniendi, art of discovery. It occurs occasionally in phrases like “heuristic organon” (Refl. 1600, 16.31).4 Logic, he says, serves as a critique of the understanding, but not for creation (Hervorbringung) and is thus not an organon (Refl. 1602, 16.32), a point he repeatedly makes in his published work. In the Jäsche logic he says that an organon is a “directive as to how a certain cognition [knowledge, Erkenntnis] is to be brought about” (Logik, 9.13). But this presupposes a grasp of the special science in which the discovery is to be made. There is no general art of discovery, and since logic is to be general, paying attention only to form and not to content, it cannot be an organon, but only a canon, that is, a decision method (diiudicatio; Refl. 1585, 1769, 16.26). This is the old ars iudicandi, containing the “necessary laws and conditions of the correct use [of the understanding]” (Logik, 9.13). The effect of this is that the contentious art of discovery is removed from the field of logic. A further point Kant makes is that the notion of a natural logic is incoherent. The study of the actual inferential habits of the mind of a person has to be an empirical inquiry. Kiesewetter puts it this way: One divides logic into natural and school logic (naturalis and artificialis). In the first case it is viewed as a natural ability (habitus), in the latter as a science. Only the latter is our concern, since the former belongs in psychology. (Kiesewetter 1824, Vol. 1, 7) The “artificial logic” of earlier logicians now becomes “pure logic”, accessible a priori and containing the “necessary” part of the logical machinery that performs the function of “natural” logic. The content of pure logic is the same as that of artificial or school logic, but there is now a new grounding of the supposed necessity of its laws. In the context of Critical Philosophy, logic, under the name of transcendental logic, plays a founding 4
References to the Critique of Pure Reason (CPR) are to the first and second editions (A/B). All other references are to the Academy Edition (Akademieausgabe). For example, “9.116” refers to Vol. IX, p. 116. “Refl. 1585, 1769, 16.26” refers to Kant’s Reflection 1585 from 1769 (in Erich Adickes’s estimation) in Vol. 16, p. 26.
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role in the very constitution of reality. In the view of Kant and the Kantians, it can therefore not itself be an empirical science, but is, rather, a condition of all science. This is why the laws of logic are necessary and apply to all things, while the discoveries of psychology can only be contingent. There is, however, an ambiguity in the concept of a natural logic. When Kant claims that there is no such thing, he says no more than that logical doctrine cannot be discovered through psychological investigation. He does not mean to deny that the mind is programmed to follow the rules of logic, and that they are the software on which it runs. In this second sense the artificial or pure logic codifies the activity of the sober mind in reasoning. Unfortunately, the mind does not always obey the laws of logic. It is sometimes “pathologically” determined. Passion, lack of attention, forgetfulness, prejudice can get in the way. There should therefore be another branch of logic, or logic instruction, the so-called applied logic. Kant discusses it in the First Critique (A 54 / B 78), and Kiesewetter describes it thus: Applied general logic must know the subjective conditions of the human use of the understanding, and therefore it needs as auxiliary sciences empirical psychology, anthropology, critique of pure reason. (Kiesewetter 1824, Vol. 2, 2) This part of logic aims to deal with the proper implementation and unhindered application of the rules of “pure” logic. In sum, Kant and the Kantians held that logic is not an art of discovery, but a “canon”, that there is no “natural logic” or, rather, that this is a misnomer since empirical investigation cannot yield logical insight. They claim that logic properly conceived is not based on psychology but that it is “pure”, that is, a priori, and that there is an applied branch dealing, basically, with obstructions that can get in the way of logical thinking. The working out of this program is disappointing, particularly the way in which the claim for the necessity of the laws of logic is supported. It is worth a moment’s digression to understand what is not argued here. It is not merely claimed that one’s own inferential habits must appear valid to oneself, that even the discovery of an inferential error, accepting that a
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mistake was made, presupposes acknowledgment of the law that has been violated. Though there is a sort of subjective necessity to the logical routines I unearth when I reflect on my reasoning, Kant and his followers wanted a stronger conclusion, namely, that the a priori laws of pure logic are objectively necessary and universal, i.e. intersubjective. But their arguments disappoint. The law of contradiction, variously phrased, plays a central role in all these logics as the law, it is claimed, that validates all others. How is the necessity of this law argued? Jakob says this: The understanding cannot think anything that contradicts itself. Contradictory representations cannot be united in one consciousness […]. Contradictory representations are representations, one of which denies the other. Hence they destroy each other when one attempts to unite them. (Jakob 1800, 32) Kiesewetter (1824, Vol. 1, 9, 14), after claiming that “the understanding itself is the source of pure general logic”, goes on to say that “a whole that is inconsistent [das sich widerspricht] cannot be united in a unity of thought”. In a note he remarks “round and circular can be thought together, round and quadrangular cannot. One representation destroys the other” (ibid., 48). Born gives an incomprehensible reason why we cannot think the contradictory: Neither the matter nor the form can be thought by itself, because the former is merely in the object, and the latter merely in the subject: from this we can understand [but how?] why it is that the contradictory can simply not be thought. For the contradictory consists in the combination of predicates, one of which is diametrically opposed to the other so that positing one of them thwarts positing the other. (Born 1791, 7) I First a few words on terminology. Kant used the term “Vorstellung” (representation) as the most general expression denoting mental occurrences. It seems that anything at all that goes on in the mind is called a representa-
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tion. The word had been introduced into the German philosophical vocabulary by Christian Wolff, and suited his convictions, among which was the Leibnizian tenet that all mental episodes are representations of objects. This astonishing view is succinctly explained and justified by his student Gottsched: Since we know for certain that the soul has the power to represent, and since, being a simple thing, it cannot have more than one power, it must be possible to explain all other occurrences in the soul on the basis of this power. (Gottsched 1750, 524f.)5 Kant and others rejected this thesis chiefly because they realized that much goes on in the mind, e.g. sensational states such as pains, smells, tastes, colour sensations, etc. or “literary” sentiments like love, joy, fear, pride, etc. which apparently represent nothing. For instance, Tetens (1777, 9) complained that “Joy, hunger, longing, fear and all emotions and desires and passions are [claimed to be] representations” and wonders what is gained if “the formation of representations is seen as basic to all forms of mental activity”. But while Kant rejected the theory, he retained the term “Vorstellung”, with the result that he speaks, incongruously, of representations that do not represent. For example in the Critique of Pure Reason (A 320 / B 376), in the course of a polemic against the misuse of the term “idea”, he gives an inventory of mental acts or occurrences. The summum genus is representation (an undefinable concept, as he thinks), which divides into two subsets, viz. “Empfindungen”, sensations, which represent nothing, and “Erkenntnisse”, cognitions.6 The latter are either intuitions or 5
6
Leibniz makes the point in Monadology, § 50, Principles of Nature and Grace, § 2. For a more detailed account of this terminological development cf. my “Vorstellung und Erkenntnis in Kant” in Gram 1982 and also George 1981. Leibniz (1838, 379) had suggested the German “Kenntnis” as a translation of the Latin “terminus simplex”, and Adelung’s dictionary of 1793 still gives as the most common meaning of “Erkenntnis” “to represent a thing to oneself ”. In German, this is rendered in a direct object or genitive construction. Adelung thought that the construction with dependent clause “Erkenntnis, dass …”, best translated as “to know” or “to come to know”, was rare. It is now common, which has lead to the misleading translation of the Kantian “Erkenntnis” as “knowledge”.
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concepts, depending on whether they have one or several objects. Sensations as such cannot serve as elements of judgments or in any other logical capacity, whereas intuitions and concepts play the familiar roles of singular and general terms. Kant’s scheme avoids some of the more outlandish consequences of the Leibnizian view, e.g. that a pain must represent some object (as does a term of a judgment, only more confusedly), typically an injury or physiological disorder. Because he recognizes the special role of sensations, Kant also stays clear of the Humean dispensation in which all mental occurrences are impressions or ideas, so that being passionately in love, for instance, is having a certain idea before one’s mind. It is an experience more intense, but otherwise not fundamentally different from thinking about the moon. Despite these improvements, one must question the wisdom of postulating a common genus of mental events. On could of course have a concept simply for the union of different types of heterogeneous mental events, but Kant’s notion of a representation is not so innocent. He holds that sensations are the material elements in cognitions; they are the manifolds that constitute intuitions (though of course not all sensations play that role). Thus, while he is not of the opinion that everything that goes on in the mind is strictly of the same kind, all sorts of mental contents can play a role as immediate or remote parts of judgments: concepts occupy either the subject or the predicate positions, intuitions are always subjects, while sensations are the stuff from which the latter are made. The thesis of the uniformity of the mind stuff has been powerfully attractive. But it is perhaps more reasonable to think of the mind in analogy to a pond in which many different beings live together. The pond-dwelling mammals, fishes, amphibians, insects, plants, algae, bacteria, etc. have in common just their habitat. Biology would be a curious science if it postulated a common nature on the basis merely of their cohabitation. In the philos-ophy of mind, just this assumption has been common. In contrast to Kant, Bolzano did not entertain the thought that the diverse ongoings in our minds are all of one basic sort, or can be reduced to one kind; he seems never even to have played with the idea of giving a common name to all mental events. “Representation”, in complete divergence from Kant, is defined as any component of a sentence not itself a
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sentence (WL I, § 48.2). Representations always have a logical function. In addition to them, the mind also has affective and sensational states, usually described as “changes that take place within myself ”. These states and events, like outer things, can be objects, but are never constituents of representations and judgments. In WL III, § 286.1, 84f., Bolzano distinguishes two kinds of objects of intuition, inner and outer. An inner object is itself a representation, whereas an outer object is a change in the mind “which is not yet itself a representation”. He calls it “outer” because when we ask for its origin, we are immediately lead to an object outside ourselves. Bolzano’s terminology follows a strict division between the logical functions of the mind, its referring, judging and inferring on the one hand, and all other mental ongoings, sensations, affective responses, on the other. If in one act of judgment I make reference to a representation or another judgment, I move within the inner circle of cognitive activity. By contrast, a feeling, no matter how intimate or personal, is an “outer” object. The mind’s inner precincts are its judgments and inferences; feelings and affections belong to the periphery. To form judgments about them is not much different from forming judgments about outer objects. I find it difficult to accept the view, which I take to be implied here, that I am most myself when I assert, judge, infer, etc. and that my feelings and affections are “outer”. It is in line, however, with much recent thinking about the mind, e.g. Daniel Dennett’s, and, further, the clear division between the logical functions of the mind and other mental occurrences yields a rich dividend in clarity, which contrasts with the murkiness of Kant’s theories. The technical vocabulary of Kant and Bolzano is thus quite different. Bolzano has no expression corresponding to Kant’s “representation”. His own use of that word is roughly the same as that of Kant’s “cognition” (Erkenntnis), while this last word, in Bolzano, is defined as “a judgment containing a true sentence” (WL I, § 36, 163), roughly corresponding to Kant’s “Wissen”, “knowledge” (CPR, A 822 / B 850), and the contemporary use. There are similarly large differences in their respective uses of “Anschauung”. I will now briefly expound Kant’s teaching on that subject, and Bolzano’s critique of it.
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As we saw, Kant had characterized intuitions as singular representations (Logik, § 1, 9.91; CPR, A 320 / B 376), which, in contrast to concepts, always stand in an “immediate relation” to their object: Since no representation, save when it is an intuition, is in immediate relation to an object, no concept is ever related to an object immediately, but to some other representation of it, be that other representation an intuition, or itself a concept. (CPR, A 68 / B 93)7 Kant’s account of this immediacy is perfunctory. Bolzano considers two interpretations. He first takes the relation between intuition and object to be semantic: to say that an intuition or concept is “related” to an object just means that it is “of ” that object. Given this reading, Kant is criticised as follows: concepts are claimed to relate mediately to objects “by means of ” intuitions or other, subordinate, concepts. But, Bolzano points out, the concepts “human” or “living being” and the like represent real things just as immediately as any representation we call an intuition, e.g. the intuition “Socrates”. Can one reasonably say that the persons Socrates, Plato, etc. fall under the representation “human” only because their intuitions fall under that representation? (WL I, § 77.2) He then inveighs against the mistake of taking an intuition, rather than the object denoted by it, to fall under a concept. Kant does indeed suggest this when he claims that the predicate stands in the same relation to the subject of the sentence as the latter stands to its object. Bolzano correctly points out that the predicate is not a representation of the subject, but, just like the subject itself, of some object or objects. Finding the semantic reading wanting, Bolzano then interprets the relation epistemically, drawing on Kant’s adage that through intuitions objects are given, through concepts they are thought (e.g. CPR, B 126). 7
Bolzano gives a paraphrase of this in WL I, § 77.2. Cf. also CPR, A 19 / B 33.
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Kant’s language, indeed the word “Anschauung” itself, suggests that he is concerned with the “immediate awareness of particulars”8, as in perception: intuitions are the first effects of external stimuli; the cognitive process, whatever its other features, begins with them. The epistemic reading achieves an air of specious plausibility because the distinction between direct awareness and indirect or mediated knowledge is familiar and pervasive. The semantic interpretation, by contrast, seems contrived, since there seems to be no use for notions of immediacy or indirectness of reference: a term just refers to its object(s), and that’s that. No wonder, then, that the epistemological reading has behind it the weight of most Kant scholarship. I believe, nonetheless, that it is wrong, and I shall briefly describe what I take to be Kant’s meaning before I turn to the discussion of what, according to Bolzano, an intuition must be if immediacy is epistemic rather than semantic. It appears that Kant allowed only a single semantic relation, “having an object” or “representing” (remember, though, that not all representations represent). If one holds such a view, it is tempting to conclude (Kant and many others succumbed to that temptation) that in a judgment the subject and predicate represent the same object(s), and that judgments are equations (criticized by Bolzano in WL I, § 22.20).9 Ploucquet, for instance, says this: It is necessary that every affirmative sentence is identical, since the predicate cannot be different from the subject, i.e. since the subject cannot be the non-subject. For example “All lions are animals”. Here, i.e. in a sentence, “animal” does not have a greater extension than “lion”, although without reference to this sentence “animal” does have a greater extension, which comprises, for example, horses, tigers, dogs, etc. (Ploucquet 1765, 29) Kant evidently held a similar view. In a Reflection he said that “in every judgment two concepts apply to one thing. The thing which I think through 8 9
Walker 1978, 43. Cf. also Falkenstein 1991, passim. Hobbes thought that sentences are concatenations of names. Since subject and predicate should, of course, name the same thing, he construed sentences as equations.
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the concept A, that very thing I also think through the concept B – is a judgment” (Refl. 3933, 1769, 17.353f.). This holds whether the subject term of the judgment is an intuition or a concept.10 If the predicate B, taken by itself, has a greater extension than the subject A, as is usually the case in a true judgment, it will not have a greater extension on this occasion. Thus we are lead to the notion of an “extension in use” which, for a predicate, is determined by the subject of the sentence. Kant puts this by saying that a “judgment is the mediate cognition of an object”, making the same point as the Reflection just cited, but then continues “hence the representation of a representation of it” (CPR, A 68 / B 93). The first part of the sentence states that the predicate is a cognition of the object (albeit mediate), the second clause that it is a representation of the subject term. It can’t very well be both. While the subject term plays a role in determining the referent of the predicate, the latter does not thereby become a cognition of it: Bolzano’s complaint that Kant confounded concept and object is fully justified. Perhaps there is a deeper theory that explains why concept and object are the same (a Hegelian contention), but I will not pursue the matter here. Thus in Kant’s view, subject and predicate at least of some judgments refer to the same object(s). Call this the co-referential theory of judgment.11 Although both subject and predicate are thought to refer to the same object, judgments are not identities as we understand them: the sub10
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In the early logic lectures transcribed in the Logik Blomberg (before 1771) he had still used the term “conceptus singularis” in contrast to “conceptus communis” (24.257). From the Inaugural Dissertation of 1769 on he replaced the former with “intuitus” or “Anschauung”, both in his lectures (e.g. the Logik Philippi of 1772, 24.451) and his writings, the latter simply with “conceptus” or “Begriff ”. But this is not just a terminological move: in saying that all conceptus singulares are intuitions, Kant affirms their image-character, as we shall see. In the present Reflection, “concept” should be read as covering both singulares and communes, i.e. intuitions, as it sometimes does even in CPR. The co-referential theory is suggested by many more passages, e.g. Refl. 3921, 1769, 17.345: “The predicate is not a part-concept of the subject, but a representation of the [entire] subject through a partial concept [of it].” Evidently, this theory does not apply to all types of judgment. The paradigms of Kant (and all others who thought of judgments as equations) must have been singular and universal affirmative judgments.
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ject determines on each occasion the extension of the predicate. We can therefore not, as in proper identities, reverse their order. Kant characterizes this special role of the subject by calling its relation to the object “immediate”. In other words, he did not have in mind perceptual immediacy when he claimed that intuitions stand in an immediate relation to their objects. The point is, rather, a syntactic one. This is borne out by his examples of intuitions and conceptus singulares: “Rome”, “Bucephalus” (Logik Blomberg, before 1771, 24.257), “Julius Caesar” (Dohna-Wundlacken, 1792, 24.755), “the sun”, “the earth” (Wiener Logik, 1794, 24.905). Bucephalus or Caesar were not present to Kant’s senses, and judgments about them are not reports of direct perceptions. In the earliest of his logic lectures (Logik Blomberg, ibid.) he had maintained that “the representations of immediate experience are all conceptus singulares”. This is in fact an Aristotelian tenet,12 which might be put, approximately, by saying that all intuitions (as presented by the senses) are singular representations. Beginning with the Dissertation and subsequent lectures Kant also maintained the converse, namely, that all singular representations, including such items as “Bucephalus”, are intuitions.13 The champions of the epistemic reading will have difficulty with this, but it is, in fact, a plausible doctrine, given his other assumptions. If we follow Kant and take “the sun” to be an intuition, we must also allow that it has the same grammatical function in the sentence “The sun is bright” (uttered in full view of the sun) as in the sentence “The sun is hidden by clouds” (uttered when it is so hidden). He held that on both occasions we have an image of the sun in the mind, and this image is the intuition. That a gram-
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Anal. post., 87b37: “Perception must be of the particular”. Logik Philippi, 1772, 24.451: “A singular representation is intuition”. The same is maintained in all subsequent publications: Pölitz, 1789, 24.565: “Cognition is either intuitus or conceptus; intuitus if I have single representations, conceptus when I have representations that are common to many.” Wiener Logik, 1794, 24.905: “It is not necessary to say conceptus communis; this is a tautology since every conceptus is also a communis.” If this expression is a tautology, then conceptus singularis is oxymoronic, which explains why Kant eschewed that expression.
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matical entity should be thought to have image character does not surprise: ideas, in the British tradition have the same dual nature.14 It follows that, for Kant, intuitions, being images, cannot be simple; reference to objects results only as the consequence of an act of synthesis. A judgment like “This is a triangle” requires that I should have received certain sensations, that I should not have forgotten them and that I apply to such a sequence of sensations a concept, that is, that I should interpret this sequence as representing a triangle. These mental acts he sometimes describes summarily as “making pictures from impressions” (Refl. 327, 177076 (?), 15.129). Only when such a picture has been generated is there an object, a this. Only at this point do we intuit something. My mind is always engaged in forming itself a picture of the manifold by running through it […]. This depicting capacity is the formative [bildende] capacity of intuition. (Metaphysik L1, 28.235)15 Perception itself can be called an intuition, as Kant does in CPR, B 162, where he has in mind a person who simply observes a house. To understand this we must note that for Kant the difference between perceiving and judging is not great; he took a judgment about an absent thing to be very much like the perception of a present one. In both cases the mind conjures up an image of an object, in perception with the aid of the senses, in other cases through the imagination, the vicar of the senses, the “faculty of representing in an intuition an object that is not itself present” (CPR, B 151, my emph.). It is Kantian doctrine that these images could not be formed, or at any rate would represent nothing, if they were not brought under a concept in a judgment. Whatever is perceived or represented is perceived or represented as something; this is the “recognition in a concept” of the First Edition Deduction (CPR, A 103ff.). At one point Kant defines judgment as “the act 14 15
Cf. Antony Flew’s (1961) criticism of such theories. Kant repeatedly affirms the image character of intuitions: CPR, A 469 / B 497, A 525 / B 553 and elsewhere. Cf. especially the polemic against Eberhard: About a Discovery […], 8.201, 8.205.
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through which alone given representations become cognitions that refer to objects” (Metaphysical First Principles of Science, A 20, 4.475). Kant does not tire to tell us that intuitions are always complex, always contain a manifold in them. The concept, as it were, holds this manifold together and gives it unity. As well we hear repeatedly that without concepts intuitions would be blind, which, I suppose, means that they fail to refer. We do not learn, however, what the exact nature of this failure is. Does the image not form at all, i.e. do its elements like so many bits of pigment remain scattered, ununified? Or is it, rather, that an image forms, but as a phantasm rather than a depiction? Further difficulties arise. It seems that not all concepts are suitable to consummate the synthesis of intuitions. An object, says Kant, is that “in whose concept the manifold of a given intuition is united” (CPR, B 137). But in a judgment like “Caius is mortal” the concept of mortality is not suited to establish the unity of the intuition, unlike the “is human” in “Caius is human”. Kant saw this and contemplated the following refinement: When I say “Caius is mortal”, I envisage in the first place mortality in the total extension of the concept under which Caius is contained, i.e. human, and then I subsume the former [Caius] in this extension in order to determine it. (Refl. 5553, 1779, 18.229) Notice that Kant speaks of the concept under which Caius is contained, which is the infima species, the kind to which Caius belongs. He evidently thinks that many judgments contain hidden terms, without which they could not have functioning intuitions. Fully articulated, the judgment has the form “Caius, who is human, is mortal”. This is a consequence of the view that judgments have not only the function of asserting or affirming, but also of generating the unity in such intuitions as they contain. Without these hidden elements there would be no reference to objects at all. The elements of the “manifold” that enter into the synthesis are in themselves (if the mind did not operate on them with its higher functions) merely subjective representations, “where one can be conscious only that the subject is affected” (CPR, B 207). Kant lists such items as taste of a wine, colour (A 28), sound, warmth (B 44), red colour, weight (A 169 / B 211), red, black, sweet, hard, warm (Refl. 3958, 1769, 17.366).
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It seems to me to be a consequence of this view that there can be no judgments of the form “This (which I just now sense) is red” or “This (which I just now smell) is pleasant”, which, for Bolzano, are paradigms of sentences containing intuitions. In Kant’s scheme there is no room at all for judgments about simple qualia or sensations, since singular terms, intuitions, can only have complex referents. This leaves just two options: the reference can be either to (a) external objects like “this apple” or (b) myself. Thus “This apple is red” is allowed, as is “I am (appeared to) red(ly)”.16 Qualia, i.e. particular manifestations of qualities, cannot be referred to if, indeed, they are simple. In the language of the times, they are “assigned” to objects as properties. “This”, in Kant, cannot refer to a quale, but only to a thing, or, reflexively, to myself. Anything referred to at all is a bundle of qualia. So much for an interpretation of the Kantian phrase that intuitions stand in a direct relation to their objects. We have come to reject the epistemic reading of this statement and have instead interpreted it in terms of Kant’s peculiar co-referential theory of judgment. We have seen, further, that for Kant intuitions (all singular terms are intuitions) have image character and are invariably complex (in contrast to Bolzano, who defined intuitions as singular and simple). Without synthesis there is no reference to objects. It follows that qualia cannot be the objects of singular judgments; there are no terms referring to them, since no singular term can be simple. We have also noted that intuitions have referents only in the context of judgments, indeed, it has been claimed that Kant is the discoverer of the context principle which is generally attributed to Frege.17
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“Sensory representations are either sensations […] or appearances […]. [T]he former are changes in the state of the subject, […] the latter representations of the object” (Refl. 650, 1769/71, 15.287). Condillac (1754, 61), the fountain head of the sensationalist tradition, captures this in the following way: a report of a subject who experiences a sensation of smell is not “This (which I just now smell) is a rose odour”, but rather “I am rose odour”. Hans Sluga (1980) has traced the context principle expressed in Frege’s (1884, 71) “Nur im Satz hat der Name eigentlich eine Bedeutung” via Lotze to Kant.
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III We saw that Bolzano favoured the epistemic reading of “immediate” in Kant’s phrase that intuitions stand in an immediate relation to their objects. He thought that Kant made the same point in the adage that through intuitions objects are given, through concepts they are thought (WL I, § 77, 347).18 This, according to Bolzano, meant that “if we have an intuition, we can be sure that a corresponding object exists” (ibid.). We shall see that Bolzano did not merely mean that this object “intentionally inexists” or that it has being in the way in which sentences in themselves are, but that it has empirical existence. We should note that this cannot be Kant’s intention. While he probably meant that, except in intuition, no empirical object can be “given”, he would hardly have subscribed to the converse, i.e. that every intuition assures us of the existence of an object. There are, after all, pure intuitions of mathematical objects, like the triangle referred to in CPR, A 713 / B 741, which might be constructed merely in the imagination, or on paper. Representations satisfying Bolzano’s condition that their object necessarily exists turn out to be singular and simple. He argues that while every subjective representation (i.e. representation as a mental episode) must have a sufficient cause, in the case of intuitions this cause is the represented object itself: “If a simple representation refers to a single object we may infer a cause which is precisely the real object itself that we represent” (ibid.). Since the cause of the representation must exist (otherwise there would be no representation), its object exists as well. A typical proposition containing an intuition is “This (which I just now see) is the sensation or representation[19] red” (WL I, § 72, 326). 18
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Kant does occasionally say as much, e.g. in CPR, A 253. Much more prominent, however, is his assertion that objects are given through sensibility and thought through the understanding (A 15 / B 29). Intuition is not the same thing as sensibility, though the epistemic reading tends to conflate the two. The use of “representation” (“Vorstellung”) is an unfortunate lapse. No sensation can be a representation in the official sense, since it cannot be a part of a proposition; the red which I sense can only be the object of a representation, not itself part of a proposition.
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Early in the Wissenschaftslehre Bolzano had argued against scepticism by pointing to the proposition “I have representations”, whose truth, he thought, must be evident to everyone (WL I, § 40). This may do as a minimalist refutation of radical scepticism, but the proof, such as it is, lacks scope. A comprehensive (foundationalist) response to scepticism must go much beyond this and identify a set of undoubtedly true propositions from which we may derive the rest (or at least a good deal) of what we commonly deem to be true. Bolzano lays out the rudiments of such a system in WL III, §§ 302f., in which judgments containing intuitions play the role of foundational propositions. In Bolzano’s view, this is also the epistemic role Kant assigned to them, but, as we saw, this is doubtful. I will now turn to Bolzano’s discussion of the logical structure and epistemic function of intuitions. We noted that the subject of the sentence “This (which I just now see) is the sensation or representation red” is an intuition. More precisely, the intuition is rendered by the demonstrative “this”. Demonstratives are discussed in WL I, § 59, the simplicity of representations in § 61, singular representations in § 68, and intuitions, i.e. singular and simple representations, in §§ 72-76. I shall comment on these topics in that order. IV In § 59.3 Bolzano distinguishes the ostensive use of “this” from the anaphoric. I shall digress briefly because the topic has some current interest. Our main concern, however, will be the ostensive function of the demonstrative. “This A” is used ostensively whenever “this” expresses the “main part” of the representation. An example is “this fragrance” in “This fragrance is pleasant” (WL I, § 59, 258). In such a case, when the rose is under our nose, the word “fragrance” has the force merely of a comment, and it would be better to say “This (which is a fragrance) is pleasant”. The “this” alone identifies the object, “fragrance” occurs only to facilitate communication. Bolzano evidently has anaphora in mind when he draws a distinction between this sort of locution and a sentence containing a backward reference like “These assertions …” when we have just talked about cer-
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tain assertions. But there is a muddle; Bolzano’s example does not fit his explanation. Contrast the following: (a) Kant once said: “Frenchmen require almost as much forbearance as women.” This statement is insulting. (b) First I saw two men … These men … Then I saw a man and a woman. This man … (a) is a case of “internal ostension”, (b) is a case of anaphora. In (a) the reference is to something currently under our eyes, and is not much different from the talking about this fragrance. In fact, Bolzano says as much when he points out that an (inner) object of an intuition is another mental representation or proposition (WL III, § 286.1, 85). The second sentence in (a) refers to the quoted sentence preceding it, which we may take to be a proposition that has just been thought. Hence the “this” in (a) expresses an “inner” intuition. In (b), “this” refers to a man. Moreover, without the occurrence of the word “man”, there would be no unambiguous reference. Bolzano put this by saying that “man” (rather than “this”) is the “main part” of the representation. In other words, “man” does not occur merely as a comment on “this”. It would be incorrect to rephrase “this man” in (b) by saying “this (which is a man)”. Anaphora, in other words, takes place when a demonstrative refers back to an object referred to in an earlier sentence, rather than to an earlier representation or sentence. It is clear, at least I find it clear, that Bolzano’s explanation only fits the case of anaphora, whereas his unfortunate example (“These assertions …”) is a case of internal ostension. Anaphora, however, is a side issue for us. Ostension is the main business at hand. Before going on, we must remind ourselves, if that is necessary, of the four different sorts of entity to be distinguished in Bolzano’s logical ontology, namely (a) sentences in themselves or propositions, as well as their parts, i.e. representations in themselves;
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Rolf George (b) the manifestation of propositions (and their parts) in judgments or thought episodes, of which the propositions are said to be the content; (c) the expression of propositions as sentences in a language, i.e inscriptions; and (d) the objects of representations, which can be things, mental states or other representations and propositions.
Bolzano’s usual strategy for identifying elements of sentences in themselves is to take cues from their linguistic expression, which is then adjusted as the analysis dictates. Consider an example: the canonical form of all propositions is “A has b”, where “A”, the subject, is a “concrete” representation, whereas the predicate “b” is “abstract” (WL I, § 60). The linguistic expression often conceals this canonical form, as when we say “A is B”, instead of “A has (the property of a B or) b” (WL II, § 127, 11). The abstract concept b (e.g. “animalhood”, WL I, § 60, 261) is viewed as more basic than the concrete concept B (e.g. “animal”). “B” is defined as “something that has b”, which shows it to be more complex, even though in ordinary language concrete terms tend to have simpler expressions: “animal” is simpler than “animalhood” (§ 60). Thus logical analysis corrects surface grammar, generating canonical forms of sentences that show forth the forms of the sentences in themselves. This said, we note a difficulty: “This” expresses, as Bolzano puts it, a certain representation. Now “horse” in “Northern Dancer is a horse” also expresses a representation. But here we put the expression “horse” in exactly the same grammatical category as the subjective (mental) representation and the representation in itself which is the content of both of them. Of all of them we would say that they are sortal terms, that they are predicates, etc. They differ, as it were, only in location: the first is an inscription, the second a mental episode, the third lies in the realm of the in itself. With “this” it is different: “This has b” cannot reflect the structure of a sentence in itself. There are several reasons for thinking so. The first is that sentences in themselves cannot have indexical elements. My understanding is that their being is detached from any thinking mind. Even if God knows, and thus thinks, all truths in themselves (WL I, § 25, 113), they form the content of
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His thought just as some of them are the content of human thought. They are not realized only in His mind, but have independent being. But if they are not, as sentences in themselves, present in a mind, then they can contain no indexical elements: there is no one to do the pointing.20 A second, related, point is that no token-type distinction applies to them: each distinct proposition, as sentence in itself, has only one (abstract) realisation. They therefore contain no representations that depend on the occasions of their use. Hence they can have no token-reflexive elements in them. The third reason, relating specifically to “this”, is that Bolzano claims that there are “millions” or “infinitely many” intuitions (WL I, § 72, 328), that is representations, each of which “fits precisely” one object. All are expressed by the same word, “this”. These millions or infinitely many intuitions are the subjects of as many sentences in themselves. If fragrances have been judged pleasant millions of times, there is not just one sentence in itself “This fragrance is pleasant”, but millions of them, each with a distinct sentential subject. These intuitions can never be recalled into the mind; they can occur only once. But “this” occurs over and over. As a further reason I mention that Bolzano removes token-reflexivity when he develops canonical forms: tensed sentences become “A at t has (tenselessly) b” (WL II, § 127.5, 15). Also, his doctrine of the changelessness of truth (WL I, § 25; WL II, § 125) does not seem to allow that “This has b” is the correct form of a sentence in itself. If it were, that sentence would have changing truth values, and even many truth values at the same time. In short, Bolzano translates context-dependent sentences into context-free ones, and seems to assume that such a program can be generally carried out.21
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I have dubbed the claim that sentences in themselves contain indexical elements the “Hamburg Heresy”. Professor Künne seems to embrace it, and Mark Textor has spiritedly, if unconvincingly, argued for it (in an unpublished communication). Carnap (1961, 14-21) holds that all scientifically meaningful sentences are contextindependent and are about “structures”. He was only one of many who took the eliminative definition of token-reflexive expressions to be one of the tasks of philosophical analysis. We may suppose that Bolzano was similarly motivated.
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It would seem, then, that “this” is syntactically unlike the objective representations which it expresses. Moreover, these representations belong to several different kinds. While Bolzano calls representations “for whose expression we choose the form ‘This (or that) A’” a “noteworthy species” (merkwürdige Gattung, WL I, § 59), they are certainly an odd species. If the ostended object is a present sensation, the objective representation is a pure intuition; if an external object is pointed to, it is a mixed representation, which may be either intuition or concept (§ 73.3, 330). If the reference is to something not concretely existing, as in “this (i.e. the present) moment” (§ 79, 361), it is a concept, and presumably a pure one. I will return to these problems. V § 61 offers an existence proof, not a constructive one, for simple representations. Even if everything here said were true, we would not know how to identify such representations. Regrettably, I also find Bolzano’s argument unpersuasive, though perhaps worth more attention that I can give it here. As I understand him, Bolzano argues as follows: Compositeness is a property which could not exist if there were no parts (WL I, § 61, 264). If we think of compositeness “in a respect”, the parts will be “of a certain sort”, and need not be simple. The parts of an orchestra, regarded in the usual manner, are its musicians, who are, relative to this division, the simple parts. They are, however, composite in a different respect. But, Bolzano thinks, compositeness überhaupt presupposes simple parts. He has no further argument to that effect, only an example: parts of a line in a certain respect (like bisecting or trisecting, I suppose) are its segments, and are themselves composite. But the parts of the line überhaupt are points, which are simple. Even if granted, this argument leads to an unhelpful conclusion. Bolzano himself notes, correctly, that there is a categorial distinction between points and lines: they are heterogeneous (nicht gleichartig). He assumes without argument that this finding can be generalized to any composite entity, specifically to representations; but his example gives pause. He certainly did not mean to suggest that the simple constituents of representations could be heterogeneous with our concepts and intuitions,
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i.e. that our concepts might finally be made up of elements unfamiliar to us, elements that perhaps have no logical function at all and are as different from concepts as normally understood as points are from lines.22 What Bolzano must have had in mind can be gleaned, for instance, from WL III, § 350, where he discusses procedures for determining the parts of a conscious representation: We conjecture that a given representation A has the same sense as another M, which we know to be composed of parts m, n, o. We test this conjecture by systematically replacing A with M in sentential contexts: If this replacement generates only equivalent sentences, then A and M are synonymous, and A has the parts we know M to have. (The procedure is experimental; we make the substitution in as many sentences as we can think of.) If after careful and sustained efforts we are unable to find a composite concept M synonymous with a given concept A, then we may conclude that A is simple. Bolzano stipulates some psychological machinery to carry out this task: we must form an intuition of A and keep it in view while we seek a replacement M, etc., but more important is the introduction of what we would now perhaps call “representation forming operators”, which he calls “connecting concepts” (Bindebegriffe, § 350, 399). A complex concept may have the form, for example, “something which has m and n”. “Which”, “has”, “and” are such connecting concepts; “something” is the most general concept, repeatedly said to be simple.23 There are two steps in the proposed procedure, one is to construct the concept M, the second is to compare it with A by the substitutional method indicated. Think of the construction for a moment in a more modern way. It is plain that Bolzano would wish to subscribe to a recursive account of it, i.e. “If m and n are concepts, then ‘something which has m and n’ is also a concept”. If we could discover all the connecting concepts there are, and detail the rules governing them, then we could be sure that the parts of rep22
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For Bolzano they would technically still be representations. In WL I, § 48, he defines a representation as any part of a sentence that is not itself a sentence. Presumably, any part would qualify, even “A has” in “A has b”, and also sublogical atoms, if there are such. E.g. in WL III, § 277, 20. The compounding of propositions is discussed also in WL I, § 64, 271.
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resentations we discover by this procedure are always themselves representations; we could subscribe to the usual recursion clause: nothing else is a part of a representation. We would not be lead to “sublogical” particles, that is, to components that cannot themselves be subjects or predicates or other logical components of sentences. Usually Bolzano argues as if he had something like this in mind, except only in the atomism argument of this chapter, where, it seems to me, the concept of “part überhaupt” is the denial of any recursive procedure, which must fix and delineate the ways in which compounds may be formed. This is not just idle speculation. Some philosophers, Bolzano is one, Brentano another, have thought that in subjective sentences certain thought episodes follow each other: first comes the subject, then the copula, then the predicate. Bolzano also thought that if the subject, for instance, is composite, then its parts, also present in the mind albeit not consciously, are themselves concepts, and could form subjects or predicates of other sentences even if simple. We have already seen that Kant denied this: certain mental elements must be gathered, there must be compoundings and syntheses of such parts before a mental content is generated that is suited to play a grammatical role. Bolzano’s atomism argument allows for just such a scenario, but we can be sure that he did not intend it. Bolzano’s atomism argument thus fails in the sense that it leads to a conclusion unacceptable to him. I note that he himself could not have thought much of it, since in a footnote he seeks support from the dubious authority of Hegel, the only time he does so, I believe.24 VI In § 68 Bolzano discusses singular representations, i.e. representations with only one object. Simon Dähnhardt has contrasted Bolzano’s singular repre-
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I have discussed Bolzano’s atomism argument at length with Mark Textor, who thinks it more plausible than I do. He has helped me in clarifying my thought about it, but even his kind offices have not elevated my thought on this to a level of clarity with which I can be comfortable.
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sentations with singular terms as we understand them.25 The concepts do not coincide. Of the several subspecies of singular representations we are interested only in those expressed by “this A” in the sense of § 59. There appear to be two other kinds. In the case of “the philosopher Socrates” Bolzano allows that we “think of ” only one object, but the representation that we have in mind may fit others as well. Here the fact that we “mean” or “intend” only one object seems decisive. Other cases include representations which “obviously have, and can have, only one object” (WL I, § 68, 307). Perhaps it is not just the grammatical form “the so-and-so”, e.g. “the totality of all P” or “the largest S”, which matters, but also the obviousness of the existence and uniqueness assumption demanded by the phrase “have and can have only one object”. The phrase “it lies in their form” that “if they represent anything, then only one object” I take to mean the following: A representation is singular if and only if (a) its form dictates that it refer to at least and at most one object, and (b) that object actually exists. Thus, “the present Queen of England” is a singular representation, but “the present King of France” is not. So the property of being a singular representation is not just a matter of form, with the consequence that we do not know, in many cases, if a representation is singular. For instance, we do not know, at this time, whether “the largest prime twin” is a singular representation, or whether it is without object (gegenstandlos). The phrase “this A”, it seems, expresses a singular representation whenever A is a sensation or another representation, for, by virtue of its form it can have only one object, and because the sensation or representation is both the cause and the object of the representation, it will in fact have an object. VII Finally, intuitions. In § 72 Bolzano describes intuitions in two separate and non-equivalent statements: (a) An intuition is a representation that is simple and singular. 25
In a seminar presentation, Hamburg, summer 1991.
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Rolf George (b) An intuition is a representation that is the next and immediate effect of our attending to a change that is just now taking place within us; it is expressed by a locution such as “this, which I now smell”.
The present changes referred to in (b) include, as noted, not only sensations, but also thoughts, i.e. subjective judgments, and representations. In fact, to have a clear concept, according to WL III, § 280, 29, is to have an intuition of it. Although (a) is entered as the official definition, much of Bolzano’s argument is oriented on (b). He argues (I shall enlarge on his argument presently) that the items that fall under (b) are indeed single and singular, but he does not show the converse. Concepts are defined as representations that are not intuitions. Thus concepts, if simple, must have more than one object, and if singular must be complex. This agrees with the observation that extensions of concepts tend to decrease as their complexity increases. We know, however, that this is not always so, leaving the possibility that there might be representations that satisfy (a) but not (b). Would they be intuitions or concepts? Bolzano does not say. For the singularity of intuitions Bolzano refers back to § 68 (there should also be a reference to § 59, which is lacking): “this fragrance” is to be construed as “this (which is a fragrance)”. Thus, although “fragrance” is general, it is not really part of the intuition. Bolzano seems to suggest that first the intuition arises in the mind, expressed by “this”, and then, directly afterwards, other representations associate themselves with it: “this which is a fragrance”, and judgments arise as more parts are added: “This, which is a fragrance, is pleasant”. On this occasion, through the continued activity of the soul diverse other representations, occasionally representations that are not singular, and also entire judgments are generated […]. (WL I, § 72, 326) Intuitions have as their objects fleeting mental episodes, be they sensations or other representations. It follows that they never recur: “we cannot reproduce a single intuition we once had” (§ 75, 334); although each subjective intuition must have an objective representation as its content, the latter can never be recaptured. This would seem to make impossible the procedure
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outlined in WL III, § 350, and discussed above, for determining the simplicity of representations: to determine if a conscious representation is simple or compound, we must form an intuition of it, which we must sustain as long as possible (ibid., 398). Only if repeated attempts to discern parts have failed are we entitled to declare a representation to be simple. Bolzano could perhaps argue that this recipe can be applied to concepts, since they can be repeated (i.e. the same objective concept can be called into the mind several times and, presumably, maintained there for inspection), but there can be no argument that the simplicity of intuitions can be ascertained by forming secondary intuitions of them. The transient and non-repeating character of primary intuitions would make this impossible. (Nor does Bolzano argue, to my knowledge, that we can have subjective representations of all our representations, and I doubt that he countenanced intuitions of intuitions). The simplicity of intuitions is thus established not by the painstaking process of analysis he outlines in § 350, but by summary argument. This argument cannot rely on the simplicity of the objects of intuitions (if indeed they are simple), since simplicity or complexity of objects has no bearing on the corresponding character of their representations. Rather, representations of the form “this (which is a colour I just now experience …)” are claimed to be simple merely on the grounds that they are the “next and immediate” effect following upon the sensation that is their object: “If they had parts, they would not be the next and immediate effect following upon the inspection of the change that just now takes place within ourselves” (WL I, § 72, 327); rather, one of these parts would have to be the next and immediate effect. This clashes with another conviction of Bolzano’s. The phrase “next and immediate” implies that the sensation, or our attending to it, has a unique successor episode in the mind, and this in turn suggests that mental episodes are linearly ordered, a view that Bolzano repeatedly denies, and rightly so. The linearity thesis has plagued the philosophy of mind for a long time – one can discern it in Berkeley, Hume, Kant, Brentano and, if the latter’s word is anything to go by, also in Aristotle. Unlike these, Bolzano insists that the mind can hold many representations at the same time
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(WL III, § 274, 15)26, also many, albeit unconnected (unverbunden), intuitions (§ 287, 101).27 But this does not go well with his summary argument. It is, first of all, not introspectively evident that intuitions are the next and immediate effects of our attending to sensations, and even if they are, it is possible that each such sensation, or our attending to it, has a plurality of effects that are combined in a given intuition, making it complex. Remember that the compositeness of representations is not an obvious feature of them: we can be, and often are, unaware of the parts of our representations (WL III, § 277, 19). There is nothing in the intuition that assures us that it is simple. Consider also Bolzano’s talk about the great speed of mental episodes, which does not allow their individual apprehension.28 Connect this with his atomism argument, and you must wonder why there could not be a multitude of simultaneous, or cascade of succeeding, perhaps “heterogenous”, subthreshold parts (all of them representations according to Bolzano’s definition), the whole of which is the intuition expressed by “this”? So once we admit unconscious parts of representations together with parallel processing and/or the inapprehensible speed of mental episodes, Bolzano’s argument to simplicity loses its force. 26
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If one judges that an equilateral triangle is equiangular, is the concept of equality, and that of an angle, in the mind once or twice? Bolzano asks rhetorically why we should think of them as occurring twice, if it is thinkable “that one of them suffices which acts in different relations, just as one and the same point can belong to several intersecting lines” (WL III, § 275, 16). Consider also the following: intuitions are the effects of sensations. We can experience several sensations at the same time: in WL I, § 72, 330, Bolzano talks about “this red” and “that red” as simultaneous; in § 75, 335, he similarly mentions colour, fragrance and pain; and in WL III, § 284, 60, and elsewhere he speaks of “simultaneously awakened” representations. This should not surprise us. In WL III, § 286, 88f., he claims that colour concepts, for instance, are “concepts of certain laws, which govern the changes in our soul that are the object of our intuition”. I find this doctrine difficult to understand. Perhaps he means to suggest that in a short time a great many impressions strike the receptive organ, where a given state is “repeated several times in equal or unequal, increasing or decreasing intervals”. The yellow would then be the subjective representation whose objective counterpart is the concept in itself of that pattern. We are unaware of the repeated stimulations because “the speed with which the individual representation hurry past is much too great” (ibid., 90).
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VIII Philosophers who concern themselves with problems of intentionality have for some time pondered questions like “What makes my thought of you a thought of you?” or “What makes my thought of Caesar a thought of Caesar?”. Some have answered that just my intending it to be a thought of you or Caesar makes it that thought. But what if Caesar never existed? Then there would be, in some dispensations, still the intentional object of my thought. But that is not helpful. If I mean to refer to a real thing, but that thing does not exist, then my thought was not of that thing. For Bolzano it goes without saying that the intuition “this (which is a fragrance)” intends a change within me. But did this change occur? If it did not, then the intuition intended the change, but was not “of ” such a change. To refer back to Section 6 above: if intuitions are really singular representations, then all of them must have objects. Unlike other representations that purport to refer to precisely one thing, intuitions always succeed in doing so. Bolzano offers the following line of argument. When we form the judgment “This (which is a fragrance) is pleasant”, or some such, the intuition expressed by “this” has the odour sensation both as its cause and its referent. The following is meant to establish the identity of cause and object: If a representation despite its simplicity is to represent only a single object, then it must have a peculiar feature (a feature which relates it exclusively to this object) so that its occurrence in the mind can hardly be explained except by assuming that it is related to that object as the effect is to its cause. (WL I, § 74, 331) Elsewhere Bolzano maintains that intuitions occur as next and immediate and thus not further explicable effects of changes that take place within us, and therefore have these changes as their objects (WL III, § 286, 84). He claims it to be a self-evident judgment, i.e. one not supportable by further premisses, that “every intuition which arises in me or in any other finite being presupposes the existence of a real thing which is its cause” (§ 300, 132).29 29
This is not a very exciting message, since it is true of any subjective representation
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If this supposition is granted, the following may be concluded: Intuitions belong to class of representations called gegenständlich, that is “with object”. It follows further that they are all different, despite their simplicity, because every intuition is caused by a different sensation, and “different causes will have different effects”. The mental episodes that are the causes of intuitions will, of course, also not be exactly alike unless their causes are alike, and so forth. So two intuitions would be alike only if they were caused by two sensations which were indistinguishable because they had indistinguishable causal pedigrees, a scenario Bolzano rejects (cf. WL I, § 72). We may draw the further conclusion that intuitions cannot be communicated. Communication, for Bolzano, takes place when the same objective sentence or representation is produced in someone else through the employment of signs. Since the same objective intuition cannot reoccur in the same mind, nor occur in another mind (this follows from the way they are caused), there is no way in which my intuition can be evoked in another (WL I, § 76, 340f.). One might think that a serious communication problem results, but I do not think that this is so. In fact, if we compare Bolzano with, for example, Kant or Carnap, we find that certain mental phenomena which they thought incommunicable, he thought could be conveyed. The problem as they saw it was that (to use Aristotelian terminology) the proper objects of the senses are private. “Proper (vs. common) objects of the senses” are the sense specific impressions: light and colours for sight, odour for smell, taste for the gustatory sense, and so on. (Shape is not sense-specific since it can be detected by sight or by touch.) They thought that there is no way of finding out whether you perceive subjectively the same colour when you see the same rose as I do. Perhaps if you see red, I see blue. (This was often thought to be a meaningless problem, but it has persisted.) The way out was to grant that, indeed, there is no objective truth connected with colour perception in this sense, but that objective and scientific truth must rely on the structures that result through the order of such incommunicable entiwhatever (or any other real occurrence, for that matter). Bolzano must have had in mind to say that this cause is also the referent of the intuition.
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ties. Kant says that “In the relation between sensations lies something that is generally valid, even thought each sensation has only private validity [Gültigkeit]” (Refl. 653, 1769/70, 15.289), and Carnap avers: Even though the material of the individual streams of experience is completely different, or rather altogether incomparable, since it is absurd to compare the sensations or feelings of different subjects as far as their immediately given qualities are concerned, nonetheless certain structural properties are analogous for all streams of consciousness. (Carnap 1967, 107) Bolzano is far more generous. He claims that colour concepts are pure concepts, that is without admixture of intuition, and are therefore perfectly communicable. They are concepts of certain laws according to which the changes take place which are the objects of our intuitions. (WL III, § 286, 89) These laws, we may assume, are the same for everyone, so that whenever the same colour stimulus is presented to two subjects, the same sensation results (cf. fn. 27). We may say that Bolzano conjectures the existence of structure, where Kant and Carnap only see sensation (or “matter” in Kant’s terminology). If there is underlying matter in Bolzano’s scheme, it does not belong to the conscious content of the mind. It is not something that we could want to convey to another. Bolzano thus does not subscribe to the classic or standard version of privacy or incommunicability. When I say to you “This (which I experience visually) is red”, you can experience that specific shade of red. What I cannot convey is the subject of the sentence in itself, which has only a veiled presence in my own mind, and which I myself cannot recapture once it is gone. IX In WL III, § 303, Bolzano sketches an account of “how we actually come by our most general judgements of experience, or at least could come by them” (140). I cannot review this chapter here even if it is of central impor-
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tance for his epistemology. It contains his view of the origin of internal time consciousness, the construction of “my body”, of external objects, etc. Unfortunately, throughout the chapter more often than not “intuition” is used in the sense of “sensation”. In § 303.11 he speaks of “similar” intuitions. Intuitions are similar if they fall under the same concept. He then refers to “yellow” as if this could be such a concept and, indeed, speaks of the “intuition yellow”. But from what he had said earlier, yellow can neither be a property of an intuition nor itself an intuition. It cannot be a property because subjects of sentences are not coloured, and it cannot be an intuition because a colour cannot be a subject of a sentence. In § 303.21, 151, Bolzano says that “if from time to time the same collection [Inbegriff ] of intuitions A, B, C, D, … is aroused within me, I conclude that it is one and the same object that causes them”. But we have heard that it is impossible to have the same intuition more than once. Nor need similar sensations be represented by similar intuitions, any more than look-alike people need to have like-sounding names. It seems to me that in this context Bolzano means to talk about sensations; he once uses “intuition” and “sensation” interchangeably (§ 303.21, 152), and in the following passage (and several others) “intuition” should really be replaced by “sensation”: If the two collections of intuitions A, B, C, D, … and M, N, O, P, …, one of which I reckon to be the effect of a body X, the other as the effect of a body Y, always occur simultaneously or the one very shortly before or after the other, […] then I surmise that the two bodies are very close to each other or touch. (§ 303.22, 152) If we adjust § 303, and express the theory in terms of sensations, it becomes a sketch of a constructional system in the sense of Carnap (1967). It seems to me that what Bolzano had said about intuitions when he discussed their logical properties has no bearing on the teaching of § 303. Rather, in the latter section he reverts to an earlier understanding of “intuition” which equates it with sensation or sensory content: The Beyträge zu einer begründeteren Darstellung der Mathematik of 1810 has an appendix in which he discusses Kant’s doctrine of the construction of concepts through intuitions. I shall have more to say about this later, but note now that Bolzano
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(1810, 140) there defines intuitions as the objects of sentences like “I perceive X”, rather than as terms of them, much like in § 303. Much more could be said about Bolzano’s theory of intuition, especially also about the way in which intuitions together with concepts can be parts of “mixed” representations. For instance, if by “human” one means any rational animal, wherever it may live and whatever its shape, “human” is a pure concept. But if by “human” one means a rational being living on earth, then the term “human” is mixed, since “earth” is a proper name and like all proper names of external objects has an intuition as a component (WL I, § 75, 337f.). X If one knows Bolzano only by reputation as the “logical Plato”, or has read only about his contributions to logical theory, one must be surprised, when finally taking up the Wissenschaftslehre, how much psychology and epistemology is in it. Sentences in themselves, after having served splendidly to manifest logical relations in the second volume, become contents of judgments in the third. We learn now that not only is there a relation of deducibility, probabilification and of ground and consequence among them, but also that premisses are so related to conclusions that their appearance in the mind will (if the case is not too complex) cause the conclusion to appear there as well (WL III, § 300). The mind would not be a properly working logical machine if this were not so. Indeed, it is unerring in the sense that it never deduces false conclusions from true premisses. When that apparently happens, there is always some unrecognized false premiss which lurks in the depths of the mind. If it were not so, “we would not be justified to trust even a single judgment” (ibid., 130). In other words, the conclusion is caused to occur because the argument is valid; the factual relation is a consequence of the logical. With intuitions and sensations the relation is the other way round: here the logical relation of reference is a consequence of causal dependency; intuitions refer to sensations because they are caused by them. But there might be, in the back of Bolzano’s mind, or perhaps not that far in the back, a similar argument from design: the mind
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would not be a satisfactory epistemological machine if reference did not reflect causation. We should not forget that the professed aim of the Wissenschaftslehre is to produce, among other results, an epistemology. It is not the case that, as one might have hoped, pure logic is looked after before epistemology is taken up. Rather, in some cases, intuition is one of them, epistemological and psychological concerns intrude where we would expect syntactic distinctions: a logical entity is so defined that its occurrence in the thinking mind guarantees reliable cognition. This ends my sketch of Bolzano’s theory of intuition. I now return to the theme with which I began, the relation between Kant’s and Bolzano’s views. XI In the Wissenschaftslehre Bolzano goes to great lengths to stress positive contributions to logical theory even of those earlier authors whose overall effect on logic or mathematics he thought controversial or worse. We have seen that he gave much credit to Kant for emphasizing the distinction between intuition and concept, and for giving at least one defensible characterization of what an intuition is. But while he acknowledges Kant’s contribution (WL I, § 77), he avoids all mention of the doctrine of pure intuition on that occasion. It is obvious that in his own dispensation, there can be no such things. More importantly, that doctrine is elsewhere described as if it were the single most misleading, and unhappily widespread, fallacy in the philosophy of mathematics. As early as 1810, he had written: As for me, I gladly admit that there must be a ground quite distinct from the law of contradiction, on the basis of which the understanding connects the predicate of a synthetic judgment a priori with the concept of the subject. But how this ground can be, or can be called, intuition, and, in the case of a priori judgments, pure intuition, I find not at all obvious. (Bolzano 1810, 138f.) “Pure intuition” is, for Bolzano, a contradiction in terms. The Kantian theory develops from a misunderstanding, which Bolzano describes thus:
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Kant apparently wants to say: “If I connect a general concept, e.g. of a point, or a direction, or a distance, with an intuition, i.e. if I represent to myself a single point, a single direction or distance, then I discover in these single objects that this or that predicate applies to them, and feel at the same time that the same is the case with all other objects that fall under that concept.” […] I ask: How does the feeling arise that what we notice in the intuition of a single object must hold for all other objects? Through the single and individual, or through what is general in this object? Obviously it is the latter, i.e. the concept, not the intuition. (Bolzano 1810, 145f.) Bolzano stuck with this simple and persuasive conclusion. It is well known that this denial of the role of intuition in mathematics continued to inform, and indeed was the very essence, of his mathematical work. He always maintained that mathematics is a purely conceptual science, and everyone rightly sees his endeavours in the arithmetization of analysis in this light. The doctrine of pure intuition is rooted in the belief that intuitions are mental images in which manifolds are arranged. These manifolds can be non-sensory, according to Kant, in which case the resulting intuition is “pure”. In this case, the intuition will be said to be “constructed”; its analysis is analogous to the analysis of a picture: one sees what its features are. Bolzano saw two confusions in this: In such an analysis the object of the investigation, a triangle, let us say, is confounded with the representation of it, a confusion inherent in all idealistic philosophy, its proton pseudos (Bolzano 1843, 81). Hand in hand with this confusion goes an error without which the whole procedure is impossible, viz. that the parts of the representation correspond to parts of the object. Mark Textor has pointed to the profound difference between Kant’s subjectivist starting point and Bolzano’s (see fn. 20). It is sketched, for example, in “Logische Vorbegriffe”. After some clarificatory remarks, he introduces as his first premiss: “There are truths [in themselves] – Es gibt überhaupt Wahrheiten” (Bolzano 1814/15, 178). By contrast, “It is well known that the founder of Critical Philosophy began with the fact of experience. In a way ‘There are experiences’ was the first proposition which he assumed in his system” (ibid., 184).
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This epistemic starting point leads in the end to confusions about the nature of the a priori. Textor draws attention to WL II, § 133, 37: I find the distinction [between propositions a priori and a posteriori] important enough to be retained […] but I do not believe that we should discard, for its sake, another distinction which rests, not on their relation to our cognitive faculty, but on their inner attributes, namely, between those that are composed merely of concepts, and those for which this is not the case [i.e. those containing intuitions]. I even dare to assert that at bottom it is just this distinction which one had in mind […] without being clearly aware of it. Mathematical propositions are purely conceptual, and so intuitions will play no role in their proof or analysis. They can be established a priori because they are purely conceptual. Bolzano’s theory of intuition supports this profoundly important tenet of his thought. His redefinition of “Anschauung” was thus not merely an exercise in persuasive definition, and the appropriation of a popular and important expression for different purposes. According to Bolzano (and in truth, I might add) there are no such things as Kantian intuitions. Bolzano’s construal of the word, whatever its shortcomings, certainly removes the temptation to seek geometrical and arithmetic truth in intuitions, yet preserves the root connotation that Anschauungen are those thought episodes that represent our direct empirical awareness. Bibliography Adelung, J. C. 1793: Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, Leipzig, article “Erkenntnis”, 1906f. Bolzano, B. 1837: Wissenschaftslehre, 4 vols., Sulzbach. Bolzano, B. 1810: Beyträge zu einer begründeteren Darstellung der Mathematik, Prague; repr. Darmstadt 1974. Bolzano, B. 1814/15: “Logische Vorbegriffe”, in: Bernard-Bolzano-Gesamtausgabe, Vol. 2A 5, ed. by J. Berg, Stuttgart–Bad Cannstadt 1977, 177-185. Bolzano, B. 1831: “Zur Lebensbeschreibung”, in: Bernard-Bolzano-Gesamtausgabe, Vol. 2A 12/1, ed. by J. Berg, Stuttgart–Bad Cannstadt 1977, 67f. Bolzano, B. 1843: Über den Begriff des Schönen. Eine philosophische Abhandlung, Prague.
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Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? Edgar Morscher (Salzburg)
Die in der Überschrift gestellte Frage scheint rein rhetorischer Natur zu sein, denn: Indexikalität ist ein sprachliches Phänomen, die Welt 3 ist jedoch streng getrennt, ja sogar unabhängig von allem Sprachlichen. Auf der anderen Seite enthält die Welt 3 alle Wahrheiten (sowie alle Falschheiten) und damit auch eine vollständige Darstellung unserer aktualen Welt; wie aber soll eine solche vollständige Darstellung unserer aktualen Welt ohne jede Spur von Indexikalität möglich sein? Der gelernte Philosoph durchschaut sofort, warum man sich zwischen diesen beiden Argumenten hin und her gerissen fühlt: weil sich jede(r) dabei selbst aussuchen kann, was sie (bzw. er) sich dabei unter „Welt 3“ und unter „Indexikalität“ vorstellt. Es gilt daher zunächst einmal, einige grundlegende Klarstellungen über Welt 3 und Indexikalität zu treffen. Hierauf werde ich einige Voraussetzungen erörtern, die den klassischen Welt-3Lehren von Bolzano und Frege zugrunde liegen. Erst dann werde ich mich der Frage zuwenden, ob – und falls ja: wo – im Rahmen dieser klassischen Welt-3-Lehren die Indexikalität einen Platz findet. 1 Welt 3 Der Terminus „Welt 3“ (im folgenden kurz: W3) wurde von Popper (1979, 264, 329) auf Vorschlag von Sir John Eccles eingeführt und ersetzt den von Popper selbst früher (in der Originalausgabe von Popper 1973) dafür verwendeten Terminus „dritte Welt“ sowie Freges (1918/19, 69) von der Geschichte überholte Redeweise von einem „dritten Reich“. Popper stellt seine W3 der Welt 1 (W1) der physischen Objekte und physikalischen Prozesse sowie der Welt 2 (W2) der psychischen Phänomene und subjektiven Erlebnisse gegenüber. Obwohl er sich dabei ausdrücklich auf Bolzano und
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Frege beruft,1 weicht er dennoch in ganz wesentlichen Stücken von deren W3-Lehren ab. Außerdem bleibt Poppers W3-Lehre in vielen Punkten unklar oder gar ambivalent: Die wichtigsten Bewohner von W3 sind zwar auch bei Popper – ebenso wie bei Bolzano und Frege – Theorien (und zwar wahre ebenso wie falsche) und Argumente (gültige ebenso wie ungültige). Alle Bewohner von W3 sind jedoch nach Popper – ganz im Gegensatz zu Bolzanos und Freges Auffassung – Produkte des Menschen: Sie werden vom menschlichen Geist erschaffen bzw. von menschlichen Tätigkeiten erzeugt; dennoch gibt es sie insofern „objektiv“, als sie von W2 zumindest partiell unabhängig sind.2 Trotz Poppers Versuch, diese Doppelnatur der W3-Bewohner durch Analogien und Metaphern (u.a. aus dem Tierreich) zu erläutern, bleibt sie philosophisch weitgehend unaufgeklärt. Hinzu kommen noch Zwittergebilde wie Bücher, Zeitschriften und Kunstwerke, deren physische „Verkörperung“ zwar zu W1 gehört, deren Gehalt aber in W3 existiert und erhalten bleibt, selbst wenn ihre physische Grundlage vernichtet wird.3 In gleicher Weise „ragt“ bei Popper auch die Sprache von W1 und W2 in W3 hinein. All das macht Poppers 3-Welten-Lehre ziemlich unübersichtlich und undurchsichtig. Hinzu kommt noch, dass Popper für semantische Fragen nie viel Interesse und Verständnis zeigte. Ich werde daher im Folgenden von Poppers W3-Lehre nur die Bezeichnung übernehmen, im Übrigen aber ganz von ihr absehen und mich auf die klassischen W3-Lehren von Bolzano und Frege konzentrieren. Zum leichteren Umgang mit diesen klassischen W3-Lehren treffe ich zunächst ein paar terminologische Festlegungen. Der Einfachheit halber fasse ich hier W1, W2 und W3 als Mengen auf, welche die Bewohner der jeweiligen Welt als Elemente enthalten. Da es im Folgenden meist nicht auf den Unterschied zwischen W1 und W2 ankommt, sondern nur auf den Unterschied zwischen W1 und W2 auf der einen und W3 auf der anderen Seite, führe ich für die Vereinigung der beiden Mengen W1 und W2 einen eigenen Terminus ein, nämlich „W1+2“, der folgendermaßen definiert ist: W1+2 := W1 ∪ W2. 1 2 3
Popper 1973, 74, 110, 130, 159; 1979, 263f. Popper 1973, 114-122, 138, 142f., 152, 164ff.; 1979, 267f., 271f. Popper 1973, 114, 119, 121, 126, 142, 160, 171f.; 1979, 266ff., 284ff.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? Hier ergibt sich ein kleines terminologisches Problem: Eine Menge von beliebigen Dingen, seien diese auch selbst von physischer oder psychischer Art, ist selbst niemals etwas Physisches oder Psychisches. Wäre die Einteilung der Dinge in W1, W2 und W3 erschöpfend, müssten somit alle Mengen Elemente von W3 sein, auch W1 und W2, d.h. W1 ∈ W3, und W2 ∈ W3. Um diese etwas eigenartige Konsequenz zu vermeiden, fassen wir alle Mengen von Elementen von W1, also von physischen Dingen und Prozessen, und Mengen von solchen Mengen usw. in einer „Überwelt“ Ü1 von W1 und alle Mengen von Elementen von W2, also von psychischen Phänomenen, und Mengen von solchen Mengen usw. in einer „Überwelt“ Ü2 von W2 zusammen. Aus der Vereinigung der Welt W1 bzw. W2 mit der jeweiligen Überwelt Ü1 bzw. Ü2 erhalten wir die umfassenderen Welten W+Ü1 und W+Ü2: W+Ü1 := W1 ∪ Ü1, und W+Ü2 := W2 ∪ Ü2. Schließlich können wir auch noch diese beiden umfassenderen Welten miteinander zu W+Ü1+2 vereinigen: W+Ü1+2 := W+Ü1 ∪ W+Ü2. Ich habe diese Konstrukte hier nur eingeführt, um dadurch nahe liegenden begrifflichen Einwänden vorzubeugen, werde im Folgenden davon jedoch keinen Gebrauch machen, sondern immer nur auf eine der drei Welten einzeln oder auf W1+2 Bezug nehmen. 2 Indexikalität Bei der Indexikalität handelt es sich bekanntlich nicht um ein einfaches und einheitliches Phänomen. Vielmehr tritt die Indexikalität sprachlich in vielfältiger Form auf. Es ist daher für die folgenden Überlegungen erforderlich, einen Überblick über die verschiedenen Formen von Indexikalität zu geben und sie zumindest grob zu sortieren. Gemeinsam ist diesen unterschiedlichen Arten von Indexikalität nach gängiger Auffassung, dass es sich dabei um sprachliche Ausdrücke handelt, die in verschiedenen Situationen zwar einheitlich – d.h. gemäß einer bestimmten sprachlichen Konvention und somit in derselben sprachlichen Bedeutung – verwendet werden, aber dennoch verschiedene Dinge bezeichnen können, je nachdem, von wem sie wann, wo und unter welchen Begleitumständen geäußert bzw. produziert werden, ohne deswegen mehrdeutig zu werden. Beispiele von
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indexikalischen Ausdrücken (unter absichtlicher Einbeziehung von Austriazismen) sind etwa: (a) Personalpronomina: „ich“, „du“, „er/sie/es“ (b) Possessivpronomina: „mein“, „dein“, „sein“ (c) Demonstrativpronomina: „dies/e/r/es“, „jene/r/s“ (d) Zeitangaben: „jetzt“, „heute“, „gestern“, „morgen“, „heuer“ (e) Ortsangaben: „hier“, „dort“, „drüben“, „herüben“, „droben“, „drunten“, „herunten“ Bei den Demonstrativpronomina genügt im Allgemeinen die Kenntnis von Produzent, Zeitpunkt und Ort der Äußerung allein noch nicht zur Identifizierung des Referenzobjektes, sondern dazu ist darüber hinaus noch die Kenntnis weiterer Begleitumstände wie Gestik und Mimik erforderlich. Diese Eigenheit ist aber nicht auf die Demonstrativpronomina beschränkt, sondern kann auch bei anderen indexikalischen Ausdrücken auftreten (vgl. Künne 1982, 44f.). 3 Prinzipien, welche die Welt 3 regieren In den klassischen W3-Lehren gelten gewisse Prinzipien, die von ihren Autoren – Bolzano und Frege – zwar nie explizit aufgestellt wurden, die sich aber aus ihren Auffassungen ableiten oder zumindest indirekt belegen lassen. KOMPOSITIONALITÄT. Alle W3-Bewohner sind aus (echten oder unechten) Bestandteilen (T) zusammengesetzt, d.h. (etwas vereinfacht ausgedrückt): ∀x (x ∈ W3 → ∃y1 … ∃yn∃f (y1Tx ∧ … ∧ ynTx ∧ x = f(y1, …, yn))) Diese triviale These wird dahin gehend zugespitzt, dass die W3-Bewohner letztlich aus atomaren Bestandteilen aufgebaut sind: ATOMIZITÄT. Alle W3-Bewohner sind letztlich in atomare Bestandteile zerlegbar, aus denen sie rekursiv aufgebaut sind, d.h. (wiederum etwas vereinfacht):
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? ∀x (x ∈ W3 → ∃y1 … ∃yn∃f (Oy1 ∧ … ∧ Oyn ∧ y1Tx ∧ … ∧ ynTx ∧ x = f(y1, …, yn))) „Oy“ – d.h. „y ist atomar“ – ist dabei wie folgt definiert: Oy :↔ ∀z (zTy → z = y) Frege hat diese Idee explizit entwickelt und konsequent umgesetzt. Bei Bolzano findet man sie jedoch nur ansatzweise angedeutet. Es ist das große Verdienst von Jan Berg, diese Intention bei Bolzano aufgedeckt und – soweit im Rahmen von Bolzanos W3-Lehre möglich – ausgearbeitet zu haben. Nach dem von Berg entwickelten Programm lassen sich Bolzanos Vorstellungen an sich ausnahmslos aus einer vorgegebenen Grundmenge von einfachen bzw. primitiven Vorstellungen an sich rekursiv zusammensetzen, und alle Sätze an sich sind aus Vorstellungen an sich und somit letztlich wieder aus einfachen Vorstellungen an sich rekursiv aufgebaut. Im „Krebsgang“ ergibt sich daraus eine eindeutige Zerlegung aller Sätze und Vorstellungen an sich in letztlich einfache Vorstellungen an sich. Der Unterschied zu Frege besteht hauptsächlich in folgendem Punkt: Bolzano setzt voraus, dass die Menge der atomaren Bewohner von W3 (d.h. bei ihm: die einfachen Vorstellungen an sich) objektiv vorgegeben ist, auch wenn wir Menschen nur von ganz wenigen Vorstellungen an sich mit einiger Sicherheit wissen, dass sie einfach sind. Bolzano war somit ein deklarierter Verfechter eines absoluten Atomismus, während Frege das Atomizitätsprinzip nur in seiner relativen Form vertreten hat. In diesen letzten Überlegungen hat schon ein weiteres Prinzip „mitgespielt“, das wir nunmehr gesondert festhalten: HOMOGENITÄT. Alle W3-Bewohner sind, sofern sie überhaupt zusammengesetzt sind, ausschließlich aus anderen W3-Bewohnern aufgebaut, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → ∀y (yTx → y ∈ W3)) Hinter diesem Prinzip verstecken sich manchmal allgemeinere, zum Teil nicht unproblematische Homogenitätsprinzipien. Es ist leicht einzusehen, dass ein totales Homogenitätsprinzip nicht haltbar ist, das von allen Teilen eines Ganzen verlangen würde, dass sie in jeder Hinsicht von derselben Art sind wie das Ganze selbst, denn man wird ja nicht ausschließen wollen,
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dass etwas, was zusammengesetzt ist, auch aus einfachen Teilen bestehen kann, die selbst nicht zusammengesetzt sind (was ja vom Atomizitätsprinzip ausdrücklich gefordert wird). Aber auch bescheidenere Ausweitungen des Homogenitätsprinzips können zu gravierenden Problemen führen. So betont z.B. Bolzano immer wieder, dass alle Inbegriffe von wirklichen Dingen und auch alle Beschaffenheiten von wirklichen Dingen selbst etwas Wirkliches sind. Von welcher Art sind dann aber Inbegriffe, die teils aus wirklichen und teils aus nicht-wirklichen Dingen bestehen? Oder sind solche Inbegriffe gar nicht zugelassen? Und von welcher Art sind Beziehungen bzw. Verhältnisse (d.h. nach Bolzano: äußere Beschaffenheiten) zwischen etwas Wirklichem und etwas Nicht-Wirklichem, z.B. zwischen einem lebenden Mathematiker und einer Primzahl, an die er gerade denkt? Solche Beschaffenheiten kann Bolzano jedoch gar nicht ausschließen, denn er macht in seiner eigenen W3-Lehre von ihnen wesentlich Gebrauch: Eine subjektive Vorstellung kann nämlich etwas Nicht-Wirkliches (wie z.B. eine Zahl) zum Gegenstand haben, und jede subjektive Vorstellung „erfasst“ etwas Nicht-Wirkliches (nämlich eine Vorstellung an sich). Auf solche allgemeinen ontologischen Fragen möchte ich hier jedoch nicht eingehen, da das Homogenitätsprinzip, wie es hier formuliert wurde, einen wesentlich engeren Anwendungsbereich hat, bei dem der problematische Hintergrund, vor dem es bei Bolzano steht, ausgeblendet bleiben kann. Das Homogenitätsprinzip in der hier gewählten moderaten Form schließt aus W3 hybride Entitäten aus, die das Resultat von Kreuzungen aus W1+2-Dingen und Angehörigen von W3 sind, wie z.B. die von Russell (1903, 45, 54f.) in The Principles of Mathematics konstruierten Propositionen, die aus einem leibhaftigen Menschen aus Fleisch und Blut (wie z.B. Sokrates) und einer begrifflichen Komponente (wie dem durch das Prädikat „is human“ ausgedrückten Begriff) bestehen. Auf der anderen Seite wird durch unser Homogenitätsprinzip noch nicht ausgeschlossen, dass in der Proposition [13 ist eine Primzahl] die Zahl 13 als Bestandteil enthalten ist, während nach Bolzano und Frege im betreffenden Satz an sich bzw. Gedanken nicht die Zahl 13, sondern der Begriff [13] vorkommt. Ihr Homogenitätsprinzip beschränkt sich somit nicht auf den ontologischen Status, sondern enthält auch eine funktionale Komponente. Wir könnten dem dadurch Rechnung tragen, dass wir mathematische Objekte wie Zahlen,
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? geometrische Figuren, Zeitpunkte, Orte usw. aus W3 herausnehmen und in eine Überwelt Ü3 von W3 oder in eine separate Nebenwelt W4 verweisen. DISJUNKTHEIT. Kein Bewohner von W3 ist zugleich ein Bewohner von W1+2, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → ¬(x ∈ W1+2)) Mengentheoretisch ausgedrückt: W1+2 ∩ W3 = ∅. Dieses Prinzip folgt aus den beiden Thesen, dass kein Element von W3, jedoch jedes Element von W1+2 wirklich (R) ist: T1. ∀x (x ∈ W3 → ¬Rx) T2. ∀x (x ∈ W1+2 → Rx) Der Begriff [Wirklichkeit] ist einfach und daher nicht leicht zu vermitteln. Wir können ihn aber durch den zwar komplexeren, aber dafür gängigeren Begriff [Wirksamkeit] ersetzen, der denselben Umfang hat wie [Wirklichkeit]: Genau dieselben Dinge, die wirklich sind, sind auch wirksam, wobei gilt: x ist wirksam :↔ ∃y (x ist Ursache von y); bzw.: x ist wirksam :↔ ∃y (y ist Wirkung von x). Wirksam sind also genau diejenigen Dinge, welche Vorderglieder der Kausalrelation sind. Zwar sind alle Elemente von W1+2 wirklich bzw. wirksam, aber umgekehrt sind – zumindest nach Bolzano – nicht alle wirklichen bzw. wirksamen Dinge Bewohner von W1+2: Gott ist nach Bolzano etwas Wirkliches, gehört aber nach der üblichen Auffassung nicht zu W1+2. (Dasselbe gilt eventuell auch noch für weitere rein geistige Wesen wie z.B. Engel.) Das Disjunktheitsprinzip schließt „Wanderer“ zwischen W3 und den anderen Welten (à la Poppers 3-Welten-Lehre) und auch Zwittergebilde (à la Meinongs Gegenstandstheorie) aus. UNABHÄNGIGKEIT. Kein Bewohner von W3 ist ontologisch (d.h. in seiner Existenz, kurz: E!) von einem W1+2-Bewohner abhängig, d.h.: ∀x∀y ((x ∈ W3 ∧ y ∈ W1+2) → ¬N (E!x → E!y)) bzw. ¬∃x∃y (x ∈ W3 ∧ y ∈ W1+2 ∧ N (E!x → E!y)) Hinter diesem Prinzip steht folgende Idee: W3 ist die Welt des Logischen, das – wenn es überhaupt existiert – nur notwendigerweise existieren kann.
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W1+2 hingegen ist die aktuale Welt des Tatsächlichen und Zufälligen. Würde ein W3-Bewohner in seiner (notwendigen!) Existenz von einem W1+2-Bewohner abhängen, müsste auch dieser – entgegen unserer Voraussetzung – notwendigerweise existieren. Im Rahmen von Bolzanos Metaphysik ist diese Überlegung folgendermaßen zu ergänzen: Gott existiert notwendigerweise, so dass alles von ihm existenziell abhängt, auch die W3-Bewohner. Da aber Gott nicht zu W1+2 gehört, gilt auch für Bolzano: Die W3-Bewohner sind zwar nicht von allem Wirklichen, wohl aber von allen W1+2-Bewohnern existenziell unabhängig. Aus dem allgemeinen Unabhängigkeitsprinzip, wie es hier formuliert wurde, folgt als Sonderfall die Unabhängigkeit der W3-Entitäten von W2Entitäten, also die Unabhängigkeit des Logischen vom Psychischen und damit in weiterer Folge die Unabhängigkeit der Logik bzw. der logischen Gesetze von der Psychologie, auf welche Bolzano und Frege bekanntlich ganz besonderen Wert legten. ERFASSBARKEIT. Alle W3-Bewohner können im Prinzip (d.h. rein logisch) von W2-Bewohnern erfasst (E) werden, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → M ∃y (y ∈ W2 ∧ yEx)) Die Ausdrücke „fassen“, „erfassen“ und „auffassen“ werden von Bolzano und Frege in metaphorischem Sinn für eine undefinierte Grundrelation verwendet.4 Es handelt sich dabei um eine Relation zwischen gewissen W2Bewohnern (Denkakten wie Urteilen, Vorstellungen usw.) und entsprechenden W3-Bewohnern, nämlich Propositionen (d.h. bei Bolzano: Sätze an sich, und bei Frege: Gedanken) und deren Bestandteilen (d.h. Vorstellungen an sich bzw. Sinngebilde). Von einem wesentlichen Unterschied zwischen Bolzanos und Freges Art des Erfassens will ich hier absehen: Nach Bolzano kann ein Satz an sich nur durch ein Urteil erfasst werden (jedes Erfassen eines Satzes an sich beinhaltet bei ihm also bereits die Zustimmung bzw. das Fürwahrhalten). Bei Frege ist jedoch das Erfassen eines Gedankens bloß notwendige, aber keineswegs auch schon eine hinreichende Bedingung für das entsprechende zustimmende Urteil.
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Bolzano 1837, Bd. 1, 154, Bd. 3, 108, 115; Bolzano & Exner 1935, 84ff.; Frege 1918/19, 74; vgl. auch Popper 1973, 160.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? Wenn man von Bolzanos metaphysischer Voraussetzung, dass Gott alle Vorstellungen an sich und alle wahren Sätze an sich erfasst und auch alle falschen Sätze an sich kennt bzw. vorstellt, einmal absieht, kommt einem diese These höchst fragwürdig vor. Dieser Eindruck verschwindet jedoch oder wird zumindest gelindert, wenn man bedenkt, dass dabei „M“ nur im Sinne einer logischen Möglichkeit zu verstehen ist. Die These besagt also nur, dass es logisch nicht ausgeschlossen ist, dass es zu jedem W3-Bewohner einen ihn erfassenden W2-Bewohner gibt. Unproblematischer ist aber auf jeden Fall das folgende Prinzip: ERFASSUNG. Einige – ja sogar zahlreiche – W3-Bewohner werden tatsächlich von W2-Bewohnern erfasst, d.h.: ∃x∃y (x ∈ W3 ∧ y ∈ W2 ∧ yEx) Hingegen bringt das folgende Prinzip noch eine Verschärfung des ohnehin schon problematischen Erfassbarkeitsprinzips: INTERSUBJEKTIVITÄT. Alle W3-Bewohner können im Prinzip (d.h. rein logisch) von allen mit ausreichender Denkfähigkeit ausgestatteten Wesen (D) erfasst werden, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → ∀y∀z M ((Dy ∧ z ∈ W2 ∧ y hat z) → zEx)) Dieses Prinzip ist in dieser Allgemeinheit höchstens dann vertretbar, wenn dabei wieder „M“ im Sinne einer rein logischen Möglichkeit verstanden wird; außerdem lässt die vage Rede von einer ausreichenden Denkfähigkeit genügend Spielraum für die Interpretation von „D“. (Bolzanos Anschauungen wären andernfalls eindeutige Gegenbeispiele gegen dieses Prinzip; vgl. Bolzano 1837, Bd. 1, 335, 337.) KOMMUNIZIERBARKEIT. Alle W3-Bewohner können im Prinzip (d.h. rein logisch) sprachlich ausgedrückt und dadurch kommuniziert (K) werden, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → M ∃y (y ∈ W1 ∧ yKx)) Dieses Prinzip ist am fragwürdigsten von allen, und dagegen scheinen auch explizite Äußerungen von Bolzano und Frege zu sprechen (vgl. z.B. Bolzano 1837, Bd. 1, 335, 341). Zu seiner Rechtfertigung kann nur wieder die
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sehr schwache, rein logische Interpretation von „M“ ins Treffen geführt werden, durch welche das Prinzip allerdings weitgehend seine Aussagekraft verliert. Realistischer und völlig unproblematisch ist hingegen folgende Abschwächung: KOMMUNIKATION. Einige – ja sogar zahlreiche – W3-Bewohner werden tatsächlich sprachlich ausgedrückt bzw. kommuniziert, d.h.: ∃x∃y (x ∈ W3 ∧ y ∈ W1 ∧ yKx) Schließlich noch ein letzter Punkt: Aufgrund des Disjunktheits-Prinzips und in Ermangelung einer kausalen Brücke zu W1+2 scheint die Welt 3 mit ihren Bewohnern für uns zur Belanglosigkeit verurteilt zu sein. Demgegenüber vertreten Bolzano und Frege einhellig folgende Auffassung:5 BEEINFLUSSUNGSFÄHIGKEIT. Alle W3-Bewohner können im Prinzip (d.h. rein logisch) auf W1+2-Bewohner in dem Sinne Einfluss nehmen, dass sie von einem W2-Bewohner erfasst werden, der eine kausale Wirkung in W1+2 ausübt, d.h.: ∀x (x ∈ W3 → M ∃y∃z (y ∈ W2 ∧ z ∈ W1+2 ∧ yEx ∧ yUz)) Die Relation der Beeinflussung (F) wird dabei als Relationsprodukt der Relation des Erfasstwerdens (das ist die zur Grundrelation E des Erfassens konverse Relation) und der „normalen“ Kausalrelation (U) definiert: xFz :↔ ∃y (yEx ∧ yUz). Popper (1973, 130, 160f., 169ff.) hat sich zwar wiederholt darüber beklagt, dass Bolzano uns eine Erklärung der Beziehung zwischen W3 und W1+2 schuldig geblieben sei, seine eigenen Erläuterungen (ebd., 153, 160) gehen aber nicht über das hinaus, was man bei Bolzano und Frege dazu findet, sondern bleiben eher dahinter zurück. Auch hier können wir eine konkretisierende These anfügen, die eine faktische Beeinflussung von W1+2-Bewohnern durch W3-Bewohner behauptet: BEEINFLUSSUNG. Einige – ja sogar zahlreiche – W3-Bewohner beeinflussen tatsächlich W1+2-Bewohner, d.h.: ∃x∃y∃z (x ∈ W3 ∧ y ∈ W2 ∧ z ∈ W1+2 ∧ yEx ∧ yUz) 5
Vgl. Bolzano 1837, Bd. 3, 16; Zimmermann 1847, 135, 137-139., 143; Frege 1918/19, 76f.; 1969, 149f.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? 4 Die Vertreibung der Indexikalität aus dem logischen W3-Paradies Aufgrund der dargelegten Prinzipien, welche die W3-Lehren von Bolzano und Frege bestimmen, wird verständlich, warum Indexikalität in ihrer W3 nichts verloren hat: „Indexikalische Elemente“ sind entia non grata in ihrer Welt 3 und werden von ihnen als lästige Eindringlinge empfunden, die es gilt, aus dieser Welt auszuweisen bzw. gar nicht erst in sie einzulassen. Die Prinzipien der Atomizität, Homogenität, Disjunktheit und Unabhängigkeit schotten W3 gegen indexikalische Unterwanderungen ab und gewährleisten den rekursiven Aufbau aller W3-Bewohner aus atomaren Elementen, die allesamt frei von Indexikalität sind. (Die weiteren Prinzipien sorgen bloß für geregelte Verhältnisse im Verkehr zwischen W3 und W1+2.) Durch das in diesen Prinzipien zum Ausdruck gebrachte Programm wird Indexikalität von W3 fern gehalten. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Programm erfolgreich umgesetzt werden kann. Das Kriterium, das über Gelingen oder Misslingen dieses Programms entscheidet, liegt darin, ob die Menge aller indexikalitätsfreien Propositionen (Sätze an sich bzw. Gedanken), die wir in Bolzanos bzw. Freges W3 vorfinden, zumindest für eine vollständige Darstellung unserer aktualen Welt ausreicht, ob wir also zu allem, was wir über unsere Welt – eventuell auch mit Hilfe von indexikalischen Ausdrücken – aussagen können, eine entsprechende Proposition in W3 namhaft machen können, die der Sinn der betreffenden Aussage selbst oder wenigstens einer damit logisch äquivalenten Aussage ist. Für eine systematische Behandlung dieses Problems ist die Analyse der sprachlichen Aussagen einerseits und der Aufbau der ihnen entsprechenden Propositionen von ausschlaggebender Bedeutung. Während Bolzano dabei sowohl auf der sprachlichen Ebene der Aussagesätze als auch auf der logischen Ebene der Sätze an sich der traditionellen Subjekt-Prädikat-Analyse verhaftet blieb, hatte Frege die geniale Idee, dafür das Prinzip der Ergänzung von Funktionen durch Argumente bzw. (bildlich gesprochen) das Prinzip der Sättigung von Ungesättigtem heranzuziehen. In diesem Punkt liegt der wesentliche Unterschied zwischen Freges und Bolzanos W3-Lehren, die im Übrigen – insbesondere auch in der mit ihnen verbundenen Intention – weitgehend übereinstimmen.
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Nach Bolzano hat jeder Satz an sich die Form [A hat b], wobei [A] die Subjektvorstellung, [b] die Prädikatvorstellung und [hat] die Kopula ist. Die Ergänzung der Kopula [hat] durch eine Subjektvorstellung [A] und eine Prädikatvorstellung [b] ergibt den Satz an sich [A hat B]. Wenn wir die Ergänzungs- bzw. Verbindungsoperation durch „∗“ darstellen, können wir das auch so ausdrücken: [A hat b] = [A]∗[hat]∗[b]. Zwei Sätze an sich [A hat b] und [A′ hat b′] sind also genau dann miteinander identisch, wenn [A] = [A′] und [b] = [b′]. Gegeben einen rekursiven Aufbau beliebiger Vorstellungen an sich aus einfachen bzw. primitiven Ausgangsvorstellungen, erhalten wir so ein einfaches Verfahren, auch jeden Satz an sich rekursiv in einfache Vorstellungen an sich zu zerlegen. Für diese – über die traditionelle Dreiteilung jedes Satzes an sich hinausgehende – Analyse verfügt Bolzano allerdings im Gegensatz zu Frege über kein systematisches Instrument. Aus diesem Grund muss er sich mit einer Art Indizienbeweis begnügen, indem er für eine größere Anzahl verschiedener Typen von sprachlichen Sätzen zeigt, dass und wie sie in synonyme oder zumindest logisch äquivalente Sätze der Form „A hat b“ übersetzt werden, welche ihre logische Struktur und damit die Struktur [A hat b] der durch sie ausgedrückten Sätze an sich widerspiegeln. (Dieser Aufgabe sind die §§ 132-146 und 169-184 von Bolzano 1837, Bd. 2, gewidmet.) Bolzano wendet bei diesen Übersetzungen sprachlicher Sätze in ihre „kanonische Form“ bereits Methoden an, die zum Teil auch heute noch gang und gäbe sind. Im Folgenden sei dieses Verfahren am Beispiel der indexikalischen Zeitangaben erläutert, die sich dafür besonders gut eignen: Bezüglich der Zeitangaben ist nämlich die Gefahr von Missverständnissen besonders groß, weshalb sich Bolzano ebenso wie Frege explizit damit auseinandersetzen musste, wobei ihr Vorgehen fast völlig übereinstimmt. (1) In unvollständigen Formulierungen, in denen die erforderlichen Zeit- und/oder Ortsangaben fehlen und die daher gar keinen vollständigen Sinn ergeben, ist das Wann und Wo zu ergänzen – so etwa in Sätzen wie „Das Scheffel Korn kostet 3 Rthlr.“ bzw. „Es schneit“ (Bolzano 1837, Bd. 1, 113), „Die Einwohnerzahl des Deutschen Reiches beträgt 52.000.000“ bzw. „Es regnet“ (Frege 1969, 147) oder „Dieser Baum ist grün belaubt“ (Frege 1918/19, 76). Eine nahe liegende (wenn auch für unsere Zwecke natürlich nicht zielführende) Methode benutzt zur Vervollständigung indexi-
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? kalische Zeit- und Ortsangaben; so etwa ergänzt Bolzano „Es schneit“ zu „Heute, an diesem Orte schneit es“. Das Beispiel ist gerade im vorliegenden Kontext besonders aufschlussreich, weil es zeigt: Um die erforderliche Ergänzung möglichst allgemein und zugleich auch möglichst genau auszudrücken, bedient man sich in manchen Fällen am besten indexikalischer Ausdrücke. Wenn die „Lücke“ in einer sprachlichen Formulierung in einem ersten Zwischenschritt zweckmäßig durch einen indexikalischen Ausdruck ausgefüllt wird, so ist dieser dann selbst in weiterer Folge durch eine objektive Angabe – in unserem Beispiel durch eine objektive Raum-ZeitAngabe – zu ersetzen. Auch wenn eine solche Ersetzung im Prinzip immer möglich ist, steht sie jedoch dem jeweiligen Sprecher selbst nicht immer zur Verfügung. (Auch – und gerade – in einer solchen Situation ist der Sprecher auf den indexikalischen Ausdruck angewiesen. Man denke z.B. an einen Verschütteten oder einen im Hochgebirge Verirrten, der dem Suchtrupp durch lautes Zurufen des performativ analytischen Satzes „Ich bin hier“ eine wichtige, ja für ihn selbst vielleicht sogar lebensrettende Information übermitteln kann. Man sieht allerdings sofort, dass es dabei gar nicht auf die indexikalischen Ausdrücke „ich“ und „hier“ ankommt, denn dieselbe Wirkung könnte auch durch Zuruf des performativ kontradiktorischen Satzes „Ich bin nicht hier“ erreicht werden – zu dem einem in einer solchen Situation allerdings der dafür erforderliche Humor fehlen dürfte.) (2) Die in der Äußerung eines Satzes versteckt oder explizit enthaltenen indexikalischen Zeit- und Ortsangaben sind durch „objektive Daten“ zu ersetzen – so wie Frege seinen Beispielsatz über die Einwohnerzahl Deutschlands durch die genaue Zeitangabe „am 1. Januar 1897 mittags MEZ“ ergänzt. Diese Möglichkeit beruht darauf, dass Örter, Zeitpunkte und Zeiträume in logischer Hinsicht Gegenstände und ihre Bezeichnungen Eigennamen sind (Frege 1892, 42). (Nicht immer kann jedoch bekanntlich die Ergänzung bzw. die Ersetzung der indexikalischen Zeitbestimmung durch das jeweilige Datum erfolgen. Dies würde nämlich aus dem informativen Satz „Heute ist der 14. 7. 2004“ die Trivialität „Der 14. 7. 2004 ist der 14. 7. 2004“ machen. Glücklicherweise stehen uns auch noch andere Mittel für objektive Zeitangaben zur Verfügung wie z.B. „Wolfgang Künnes 60. Geburtstag ist der 14. 7. 2004“.) Freges (1904, 657f.) Forderung, dass Ausdrücke wie „der König von Spanien“ durch Zeitangaben ergänzt werden müssen, findet man übrigens
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bereits bei Bolzano: Wie schon erwähnt, ist für ihn jeder Satz an sich von der Form [A hat B]. Wenn nun aber die Subjektvorstellung [A] die Vorstellung von etwas Veränderlichem ist (und alles Wirkliche außer Gott ist nach Bolzano 1837, Bd. 1, 363, veränderlich), dann muss sie eine Zeitbestimmung enthalten, d.h. die Subjektvorstellung eines solchen Satzes an sich ist gar nicht [A] selbst, sondern [A zu t]. Nur so lässt sich nämlich ausschließen, dass ein und demselben Gegenstand A sowohl eine Beschaffenheit b als auch die entgegengesetzte Beschaffenheit Nicht-b zukommen könnte bzw. dass zwei konträre Sätze [A hat b] und [A hat Nicht-b] wahr sein können. Durch die Hinzufügung der Zeitbestimmung ergeben sich nämlich in einem solchen Fall nunmehr die beiden Sätze [A zu t1 hat b] und [A zu t2 hat Nicht-b]. Sie haben zwei verschiedene Subjektvorstellungen – nämlich [A zu t1] und [A zu t2] –, deren Gegenstände verschieden sind, sobald t1 von t2 verschieden ist (Bolzano 1837, Bd. 1, 202), weshalb die beiden Sätze auch nicht mehr zueinander konträr sind. Bolzano definiert sogar die Zeit als diejenige Bestimmung, welche eine notwendige Voraussetzung von Veränderung bzw. dafür ist, dass ein und demselben Gegenstand einander widersprechende Beschaffenheiten zukommen können.6 Das zuvor geschilderte Verfahren, das von Bolzano ebenso wie von Frege bezüglich indexikalischer Zeitangaben angewandt wird, lässt sich mutatis mutandis auch auf andere Arten von indexikalischen Ausdrücken übertragen. Häufig sind etwa bei elliptischen Formulierungen Personalpronomina zu ergänzen. Diese können oft – ebenso wie Demonstrativpronomina – durch Eigennamen ersetzt werden, die sich aus dem sprachlichen Kontext ergeben – so etwa in „Maria und Peter haben geheiratet; er (bzw. dieser) stammt aus Salzburg, sie (bzw. jene) aus Tirol“, oder: „Wenn Erwin Schrödinger Nobelpreisträger war, dann war er Nobelpreisträger für Physik“. (Manchmal sind Personalpronomina aber – wie man in Logikkursen lernt – durch gebundene Variablen wiederzugeben wie etwa in „Wenn es einen österreichischen Nobelpreisträger gibt, dann ist er schon tot“.) Indexikalität kommt jedoch erst dann ins Spiel, wenn sich die betreffenden Ergänzungen nicht allein schon aus dem sprachlichen Kontext ergeben, sondern wenn dazu die Kenntnis des Produzenten der Äußerung und even6
Bolzano 1834, Bd. 1, 162; 1837, Bd. 1, 364f., Bd. 2, 15, 239, 243f.; vgl. dazu Frege 1904, 658.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? tuell auch noch zusätzlich des Zeitpunktes und/oder des Ortes und/oder weiterer Begleitumstände der Produktion erforderlich ist. Wie weit ist es aber Bolzano und Frege mit den Methoden, die hier andeutungsweise skizziert wurden, tatsächlich gelungen, ihr Programm umzusetzen und Indexikalität aus den alltagssprachlichen Formulierungen „auszutreiben“? Vor allem aber: Konnten sie ihre kanonische Sprache und damit auch die Sätze an sich bzw. die Gedanken ihrer W3 wirklich von jeder Indexikalität freihalten? Wir können diese Frage in mehrere Teilfragen zergliedern: (1) Können nach der Analyse von Bolzano und Frege alle indexikalischen Ausdrücke auf einige wenige oder vielleicht gar einen einzigen zurückgeführt werden? (2) Ist eine Beschreibung von W1 ohne diese grundlegenden indexikalischen Ausdrücke und somit ganz ohne indexikalische Ausdrücke möglich? (3) Gilt dasselbe auch für W2? (4) Und schließlich: Kommt die Erkenntnistheorie – und speziell die Theorie der empirischen Erkenntnis – ohne solche indexikalischen Ausdrücke aus? Bevor ich mich diesen Fragen im nächsten Abschnitt zuwende, möchte ich noch eine Klarstellung vorausschicken: In der heutigen Diskussion über indexikalische Ausdrücke geht es häufig um deren Verständnis und Analyse in natürlich-sprachlichen Kontexten. Das aber war – wenn überhaupt – nicht das primäre Anliegen von Bolzano und Frege. Beiden ging es in erster Linie um die Analyse der wissenschaftlichen Sprache und um eine präzise „objektive“ und damit indexikalitätsfreie Bestimmung des Sinnes von wissenschaftlichen Sätzen. 5 Die Rückkehr der Indexikalität Angesichts der in Abschnitt 3 herausgearbeiteten Prinzipien und der in Abschnitt 4 erläuterten Strategien ist es verwunderlich, dass in Bolzanos Hauptwerk (der Wissenschaftslehre) ein indexikalischer Ausdruck – näm-
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lich „dieses“ (in Bolzanos damaliger Schreibweise: „dieß“) – eine derart dominierende Rolle spielt7 und dass Frege ausgerechnet in seiner ersten logischen Untersuchung unter dem Titel „Der Gedanke“ den indexikalischen Ausdrücken im Allgemeinen und speziell dem Wörtchen „ich“ ein besonderes Augenmerk zuwendet. Mehr als 100 Jahre nach Bolzanos Wissenschaftslehre spielt der indexikalische Ausdruck „dieses“ bzw. seine englische Übersetzung „this“ eine Hauptrolle in Bertrand Russells An Inquiry into Meaning and Truth. Nach Russell (1940, 108) kann man alle indexikalischen bzw. egozentrischen Ausdrücke, wie er sie nennt, auf „this“ zurückführen bzw. mit Hilfe von „this“ – oder alternativ auch mit Hilfe von „I-now“ – definieren. Zwar hat weder Bolzano noch Frege die Rückführbarkeit aller indexikalischen Ausdrücke auf einen oder zwei grundlegende indexikalische Ausdrücke wie „dieses“ oder „ich“ behauptet. Wenn man allerdings zeigen kann, wie man mit diesen beiden indexikalischen Ausdrücken im Rahmen einer W3-Lehre angemessen umgehen kann, wäre schon sehr viel erreicht; und wenn man es nicht zeigen kann, ist dies sicher kein gutes Zeichen für die betreffende W3-Lehre. Ich werde mich daher im Folgenden weitgehend auf die beiden indexikalischen Ausdrücke „ich“ und „dieses“ beschränken. Eine vollständige Darstellung der physikalischen Welt W1 durch W3Propositionen, die frei von jeder Indexikalität sind, erscheint ohne weiteres als möglich, wenn man damit nicht die These verbindet, dass zu jedem alltagssprachlichen Satz über W1 ein sinngleicher Satz in einer reglementierten Sprache ohne einen indexikalischen Ausdruck angebbar sein muss, dessen Sinn eine identifizierbare W3-Proposition ist. Gilt dasselbe aber auch für eine vollständige Darstellung von W2, also der Welt der mentalen bzw. psychischen Phänomene? Ist auch sie und damit das ganze Universum W1+2 vollständig durch Sätze beschreibbar, die keine indexikalischen Ausdrücke enthalten? Dies zu zeigen ist das erklärte Ziel von Russell in An Inquiry into Meaning and Truth (vgl. Russell 1940, 113, 115, 126, 139). Derselbe Gedanke liegt jedoch unausgesprochen auch den W3-Lehren von Bolzano und Frege zugrunde: W3-Propositionen ohne jede Spur von Indexikalität reichen aus, um das ganze Universum W1+2 darzustellen.
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Vgl. Bolzano 1837, Bd. 1, 257-259, 326f., 336, Bd. 3, 21f., 131, 139.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? In diesem Zusammenhang kommt es wesentlich darauf an, wie wir mit Sätzen umgehen, in denen die Wörter „ich“ und „dieses“ vorkommen. Der Ausdruck „ich“ teilt mit allen anderen indexikalischen Ausdrücken gewisse charakteristische Eigenheiten: In allen solchen Fällen ist der bloße Wortlaut, wie er schriftlich festgehalten werden kann, nicht der vollständige Ausdruck des Gedankens, sondern man bedarf zu dessen richtiger Auffassung noch der Kenntnis gewisser das Sprechen begleitender Umstände, die dabei als Mittel des Gedankenausdrucks benutzt werden. […] Der gleiche das Wort „ich“ enthaltende Wortlaut wird im Munde verschiedener Menschen verschiedene Gedanken ausdrücken, von denen einige wahr, andere falsch sein können. (Frege 1918/19, 64; vgl. Frege 1969, 146) Dieses Spezifikum des Sinnes von Sätzen, die indexikalische Ausdrücke wie „ich“ enthalten, gerät jedoch in Konflikt mit Freges allgemeinen semantischen Prinzipien, nämlich: (1) Der Sinn von sprachlichen Ausdrücken ist zugleich der kognitive Gehalt der mit ihnen verbundenen Denkakte (das ist die Doppelrolle der Bewohner von Freges ebenso wie Bolzanos W3). (2) Der Sinn eines zusammengesetzten sprachlichen Ausdrucks (speziell eines Satzes) ist eindeutig bestimmt durch den Sinn seiner Bestandteile und die Art seiner Zusammensetzung. (3) Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks (speziell eines Satzes) ist eindeutig bestimmt durch die Bedeutung seiner Bestandteile und die Art seiner Zusammensetzung. (4) Der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks bestimmt eindeutig seine Bedeutung. (5) Der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks ist die Art des Gegebenseins seiner Bedeutung. (6) Die Bedeutung eines Behauptungssatzes ist sein Wahrheitswert. Von verschiedenen Autoren wurde mehrfach aufgezeigt, dass sich diese Prinzipien bei der Beantwortung der Frage nach dem Sinn eines Satzes, der
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einen indexikalischen Ausdruck wie „ich“ enthält, gegenseitig im Weg stehen.8 Was kann – unter Voraussetzung dieser semantischen Postulate – der Fregesche Sinn eines indexikalischen Ausdrucks wie „ich“ sein? Ganz offenkundig nicht das, was man üblicherweise den sprachlichen Sinn solcher Ausdrücke nennt, der ja bei verschiedenen Äußerungen solcher Ausdrücke derselbe bleibt, selbst wenn diese Ausdrücke jeweils etwas anderes bezeichnen. Positiv wird der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks von Frege als die Art des Gegebenseins seiner Bedeutung charakterisiert, weshalb aus der Forderung, dass jeder Eigenname genau einen Sinn hat, für ihn folgt, dass mit jedem Eigennamen eine einzige Weise verknüpft sei, wie der, die oder das durch ihn Bezeichnete gegeben sei. […] Nun ist jeder sich selbst in einer besonderen und ursprünglichen Weise gegeben, wie er keinem anderen gegeben ist. (Frege 1918/19, 66) Daraus ergibt sich, dass ein Satz, in dem das Wort „ich“ so verwendet wird, einen Gedanken ausdrückt, der nur vom jeweiligen Sprecher selbst und sonst von niemandem erfasst und daher auch nicht anderen mitgeteilt werden kann. Mitteilbar an andere wäre nur ein damit äquivalenter Gedanke, in dem das Wort „ich“ im Sinne von „derjenige, der in diesem Augenblicke zu euch spricht“ verwendet wird (ebd.). Dabei wird das Wort „ich“ allerdings durch einen Ausdruck ersetzt, in dem gleich zwei andere indexikalische Ausdrücke vorkommen. Das Problem dabei liegt weniger bei den Prinzipien der Erfassbarkeit, Intersubjektivität und Kommunizierbarkeit, die ja ohnedies nur in einem sehr schwachen Sinn aufrechtzuerhalten sind. (Empirisch bzw. faktisch gilt nämlich wohl von sehr vielen W3-Bewohnern, dass sie wegen ihrer enormen Komplexität für alle Menschen unfassbar und unkommunizierbar sind.) Viel problematischer ist die Gefährdung des Unabhängigkeitsprinzips, die allerdings nicht speziell von den indexikalischen Ausdrücken ausgeht, sondern vielmehr von Freges Annahme, dass der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks, also ein W3-Bewohner, mit der Art des Gegebenseins seiner Bedeutung, die unter Umständen ein W1+2 Bewohner sein kann, identisch ist. Allerdings haben nach Frege ja auch leere Eigennamen, die nichts bezeichnen (also keine Fregesche Be8
Vgl. z.B. Perry 1977, 1993, 1997; Blanchette 1988.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? deutung haben), einen Sinn – und dieser kann in Ermangelung eines Gegenstandes ja nicht die Art des Gegebenseins dieses Gegenstandes sein, sondern nur die Art, wie der Sinn seine Bedeutung, falls es sie gäbe, präsentieren würde (vgl. Frege 1969, 133f.). Frege betont aber sofort, dass dies zwar in der Dichtung, nicht aber in der Wissenschaft zulässig ist, wo immer Vorsorge zu treffen ist, dass jeder Eigenname eine Bedeutung und jeder Satz einen Wahrheitswert hat. Aus diesem Grund kann er sich wohl für wissenschaftliche Zwecke auch beim Wort „ich“ mit einem Ersatz-Sinn begnügen. Wenden wir uns nun Bolzano und seinen Analysen von „Sätzen, die eine psychische Erscheinung aussagen“ zu (Bolzano 1837, Bd. 2, 67-69). Er versteht diese Sätze als Aussagen über „geistige Wesen“, denen gewisse psychische Erscheinungen wie Vorstellungen, Urteile, Wünsche usw. als Beschaffenheiten, die sie haben, zugeschrieben werden. Indexikalische Ausdrücke kommen bei dieser Analyse Bolzanos überraschenderweise gar nicht ins Spiel. Im Rahmen von erkenntnistheoretischen Überlegungen spielen aber bei Bolzano gewisse Sätze eine wesentliche Rolle, für deren sprachliche Wiedergabe die indexikalischen Ausdrücke „ich“ und „dieses“ wesentlich sind. Es handelt sich dabei um so genannte unvermittelte oder unmittelbare Urteile, die zwei sprachliche Formen annehmen können, nämlich: a) Die eine dieser Formen ist: Ich – habe – die Erscheinung A; d.h. das Subject aller dieser Urtheile ist das sie aussprechende Wesen (Ich) selbst, während das Prädicat den Besitz irgend einer in diesem Wesen so eben vor sich gehenden Erscheinung, z.B. einer so eben vorhandenen Vorstellung, eines so eben gefällten Urtheiles, einer so eben gegenwärtigen Empfindung, eines Willensentschlusses u. dgl. vorstellt. b) Die andere Form lautet: Dieß (was ich jetzt eben anschaue) – ist – ein A; d.h. die Subjectvorstellung ist hier eine in dem urtheilenden Wesen so eben gegenwärtige Anschauung, welche dasselbe einem gewissen Begriffe A unterstellt; indem es z.B. sagt: Dieß (was ich jetzt eben anschaue) ist etwas Rothes, oder ein Wohlgeruch, u. dgl. (Bolzano 1837, Bd. 3, 131).
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Unmittelbare Urteile der beiden angeführten Typen erfassen offenbar Sätze an sich der Art [Ich – habe – die Erscheinung A] bzw. [Dieses – ist – ein A], deren Subjektvorstellungen Vorstellungen an sich von der Art [ich] und [dieses] sind. Wir bedienen uns dabei einer Notation, die wir hier gar nicht offiziell eingeführt und erläutert, sondern deren wir uns einfach stillschweigend – in Anlehnung an Quine – bedient haben. Dieser Notation entsprechen Bolzanos Formulierungen wie „Die Vorstellung an sich: …“, „Der Satz an sich: …“ usw. und bei Frege Formulierungen der Art „Der Sinn des Ausdrucks ‚…‘“ (Frege 1892, 28). Wenn wir einen Namen für eine Vorstellung oder einen Satz an sich mit Hilfe der eckigen Klammern bilden wollen, müssen wir offenbar innerhalb der eckigen Klammern denjenigen Ausdruck schreiben, der in der Notation von Bolzano oder von Frege an Stelle der drei Punkte zu setzen ist, also denjenigen Ausdruck, dessen Sinn die betreffende Vorstellung bzw. der betreffende Satz an sich ist. Wir bilden einen Anführungsnamen eines sprachlichen Ausdrucks (eines Eigennamens oder eines Satzes), indem wir ihn in Anführungszeichen setzen, etwa: „Bernard Bolzano“, „Bernard Bolzano am 20. 1. 1820 um 12 Uhr MEZ – hat – Gelassenheit“. Analog bilden wir Anführungsnamen von Vorstellungen und Sätzen an sich, indem wir die betreffenden Ausdrücke in eckige Klammern setzen: [Bernard Bolzano], [Bernard Bolzano am 20. 1. 1820 um 12 Uhr MEZ – hat – Gelassenheit]. Wenn wir den Anführungsnamen eines sprachlichen Ausdrucks bilden, können wir einen ganz x-beliebigen Ausdruck, ja jede beliebige Buchstabenkombination in Anführungszeichen setzen und erhalten einen Anführungsnamen von ihm bzw. ihr, z.B.: „sjflsdjfldksjf “. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass wir auch einen jeden x-beliebigen Ausdruck in eckige Klammern setzen können und dadurch den Anführungsnamen einer Vorstellung an sich erhalten, etwa: [sjflsdjfldksjf], und erst recht natürlich: [ich], [dieses], [jetzt], [heute] etc. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass Bolzano auch bei sprachlichen Ausdrücken, die rein grammatikalische Funktionen in einem Satz erfüllen, wie z.B. dem Relativpronomen „welche/r/s“, davon spricht, dass sie eine Vorstellung an sich ausdrücken, nämlich – in unserer Notation – die Vorstellung an sich [welche/r/s] (Bolzano 1837, Bd. 1, 254, 257, Bd. 3, 111). Aber es ist ganz klar, dass hier ein wesentlicher Unterschied zwischen den Anführungsnamen von sprachlichen Ausdrücken (seien damit Types
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? oder Tokens gemeint) und den Anführungsnamen von Vorstellungen und Sätzen an sich besteht. Für Anführungsnamen von sprachlichen Ausdrücken können wir folgendes Schema angeben: „…“ (bzw. ↓…↓) ist derjenige Type (bzw. Token), der an Stelle der drei Punkte zwischen die jeweiligen Anführungszeichen gesetzt wird. Für Anführungsnamen von Vorstellungen an sich können wir folgendes Schema aufstellen: […] ist diejenige Vorstellung an sich, welche der Sinn des an Stelle der drei Punkte stehenden sprachlichen Ausdruckes ist. Wenn wir statt der drei Punkte – in Anlehnung an Bolzano – einen Buchstaben wie „A“ verwenden, erhalten wir: (a) [A] ist die Vorstellung an sich, die der Sinn des an Stelle von „A“ stehenden sprachlichen Ausdrucks ist, oder (was man bei Bolzano sogar noch häufiger findet): (b) [A] ist die Vorstellung an sich von A (also von dem Gegenstand, der durch den an Stelle des Buchstabens „A“ stehenden Ausdruck bezeichnet wird). Die beiden Erläuterungen (a) und (b) sind jedoch alles andere als gleichwertig, da die betreffende Vorstellung an sich ja auch leer sein kann wie z.B. [Pegasus], [goldener Berg] oder [rundes Viereck]. Hier haben wir es mit derselben Zweideutigkeit zu tun wie bei Frege, wenn er den Sinn eines sprachlichen Ausdrucks mit der Art des Gegebenseins des durch den Ausdruck bezeichneten Gegenstands identifiziert. Der langen Rede kurzer Sinn: Wir müssen genaue Festlegungen für die Bildung von Anführungsnamen von Vorstellungen (und Sätzen) an sich treffen. Diese Regeln können ohne weiteres besagen, dass zwischen den eckigen Klammern jede beliebige Buchstabenkombination geschrieben werden kann, also auch „sjflsdjfldksjf “, und dass in einem solchen Fall der so entstandene Ausdruck – d.h. „[sjflsdjfldksjf]“ – nichts oder ein willkürlich gewähltes Objekt bezeichnet. Wir brauchen aber auf jeden Fall eine klare Festlegung, unter welchen Bedingungen ein Ausdruck von der Art
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„[A]“ tatsächlich eine Vorstellung an sich bezeichnet, und die so bezeichnete Vorstellung an sich muss den Gesetzen entsprechen, denen Bolzanos Vorstellungen an sich unterliegen, nämlich vor allem den folgenden Gesetzen: (1) Wenn zwei Vorstellungen an sich (V) miteinander identisch sind, haben sie genau dieselben Gegenstände (G), d.h.: ∀x∀y ((Vx ∧ Vy ∧ x = y) → ∀z (zGx ↔ zGy)) (2) Der Wahrheitswert eines Satzes an sich (S) bleibt erhalten, wenn seine Subjektvorstellung (SV) durch eine gleichgeltende Vorstellung an sich (d.h. eine Vorstellung an sich mit denselben Gegenständen) ersetzt wird, d.h. (hier nur für Wahrheit, kurz: W): ∀x∀y∀v∀w ((Sx ∧ vSVx ∧ Sy ∧ y = x[w/v] ∧ ∀z (zGv ↔ zGw)) → (Wx ↔ Wy)) (3) Ein Satz an sich ist wahr genau dann, wenn jeder Gegenstand seiner Subjektvorstellung mindestens eine Beschaffenheit hat, die von seiner Prädikatvorstellung (PV) vorgestellt wird, und wenn es mindestens einen solchen Gegenstand gibt, d.h.: Wenn x ein Satz an sich ist (d.h. x = [A hat b]), v die Subjektvorstellung von x (d.h. v = [A]) und w die Prädikatvorstellung von x (d.h. w = [b]), dann gilt: Wx :↔ ∀y (yGv → ∃z (zGw ∧ y hat z)) ∧ ∃y (yGv) Diese konditionale Definition lässt sich folgendermaßen in eine nicht-konditionale Definition umformen: Wx :↔ Sx ∧ ∀v∀w ((vSVx ∧ wPVx) → ∀y (yGv → ∃z (zGw ∧ y hat z))) ∧ ∃y (yGv) Nach der üblichen Verwendungsweise der indexikalischen Ausdrücke „ich“ und „dieses“ dürfte klar sein, dass „[ich]“ und „[dieses]“ keine Vorstellungen an sich bezeichnen können, die den angeführten Gesetzen genügen, dass also [ich] und [dieses] gar keine Vorstellungen an sich sind. Man könnte nun versuchen, dieses Manko dadurch zu beheben, dass man den indexikalischen Ausdruck durch Angabe des Produzenten des jeweiligen Ausdruckstokens und des Zeitpunktes der Produktion (also von
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? Sprecher/in s und Zeitpunkt t der Äußerung) ergänzt, etwa: [ich (s, zu t)] bzw. [dieses (s, zu t)]. Diese Zeitangaben sehen zwar ähnlich aus wie bei Bolzano, wenn wir etwa unterscheiden zwischen [Bernard Bolzano am 19. 1. 1820] und [Bernard Bolzano am 21. 1. 1820], aber sie sind von ganz anderer Art: Der Gegenstand von [Bernard Bolzano] ist ein raumzeitlich ausgedehnter Gegenstand, der ein bestimmtes zusammenhängendes RaumZeit-Gebiet einnimmt; die Gegenstände von [Bernard Bolzano am 19. 1. 1820] und [Bernard Bolzano am 21. 1. 1820] sind bestimmte zeitliche Phasen des Gegenstandes von [Bernard Bolzano]. Demgegenüber gibt es aber gar keine Gegenstände von [ich] oder [dieses], von denen man eine bestimmte Phase durch die Zeitangabe „zu t“ herausschneiden könnte, da [ich] und [dieses] gar keine Vorstellungen an sich sind. Die Schreibweise [ich (s, zu t)] bzw. [dieses (s, zu t)] gaukelt einen Anführungsnamen vor, wo eigentlich eine neue Notation eingeführt werden müsste, etwa: [ich]s,t bzw. [dieses]s,t. Dabei fungieren die eckigen Klammern gar nicht mehr als Funktoren zur Erzeugung von Anführungsnamen, sondern – in Verbindung mit den Indizes – zu einer Bezeichnung von Vorstellungen an sich, die sich von ihren Anführungsnamen wesentlich unterscheidet. So könnte man „[ich]s,t“ etwa folgendermaßen verstehen: [ich]s,t ist diejenige Vorstellung an sich v, welche der kognitive Gehalt (bzw. „Stoff “) derjenigen subjektiven Vorstellung v′ ist, welche die Person s zum Zeitpunkt t hat, wenn sie den Ausdruck „ich“ ernsthaft und unter normalen Umständen zu t äußert (wobei s zu t der Gegenstand von v ist). Ähnlich ergäbe sich dann für „[dieses]s,t“: [dieses]s,t ist diejenige Vorstellung an sich v, welche der kognitive Gehalt (bzw. „Stoff “) derjenigen subjektiven Vorstellung v′ ist, welche die Person s zum Zeitpunkt t hat, wenn sie den Ausdruck „dieses“ ernsthaft und unter normalen Umständen zu t äußert (wobei dasjenige unmittelbare Erlebnis bzw. derjenige Sinneseindruck, das bzw. den s zu t hat, der Gegenstand von v und zugleich die Ursache von v′ ist9).
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Vgl. Bolzano 1837, Bd. 1, 347, Bd. 3, 21f., 89ff., 131, 139.
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Diese (bloß vorläufigen und verbesserungsbedürftigen) Beispiele sollen nur dazu dienen, eine besondere Art von Bezeichnungen für Vorstellungen an sich zu erläutern: Hier handelt es sich nämlich nicht um Anführungsnamen, sondern – wenn man so will – um strukturell-deskriptive Namen von Vorstellungen an sich. Diese strukturell-deskriptiven Namen von Vorstellungen an sich sind aber frei von indexikalischen Ausdrücken (indexikalische Ausdrücke werden darin nämlich nur erwähnt, nicht aber verwendet). Die angeführten strukturell-deskriptiven Namen, für die ich die Notation „[ich]s,t“ bzw. „[dieses]s,t“ verwendet habe, liefern keine Zerlegung oder Definition von [ich] oder [dieses] – denn das sind ja gar keine Vorstellungen an sich. Ähnlich heißt es bei Russell (1940, 109), „this“ sei zwar „a name which we give to the object to which we are attending“, wir könnten aber dennoch „this“ nicht durch „the object to which I now attend“ definieren. Für eine vollständige Darstellung unserer aktualen Welt – einschließlich W2 – durch W3-Propositionen ist es nun aber keineswegs erforderlich, dass wir über Anführungsnamen von allen Vorstellungen an sich verfügen, die durch W2-Bewohner erfasst werden; vielmehr genügen dafür die deskriptiv-strukturellen Namen der angeführten Art. Dies gilt aber nicht nur für eine Darstellung von W2, sondern insbesondere auch für epistemologische Untersuchungen, wie sie gerade Russell (1940) über die Grundlagen der empirischen Erkenntnis anstellt, wobei für ihn die „egocentric particulars“ von ausschlaggebender Bedeutung sind. Mit ungewöhnlicher Polemik kritisiert, ja verhöhnt Russell (1940, 137-149) die im Wiener Kreis – vor allem von Neurath – vertretene Lehre von den Protokollsätzen. Bolzanos Lehre von der Begründung empirischer Erkenntnisse findet sich erst im 3. Band seiner Wissenschaftslehre, zu dem die Leser auch heute nur eher selten vorstoßen. Hätte Russell diese Ausführungen (speziell in Bolzano 1837, Bd. 3, 121-205) kommentiert, hätte er wohl viel weniger Anlass zu Polemik und Häme als bei seinen Kommentaren über den Wiener Kreis gehabt (ausgenommen Bolzanos Substanzlehre, die für Russell inakzeptabel gewesen wäre). Bolzano geht es dabei genau um das Problem, das im Zentrum von Russells An Inquiry into Meaning and Truth steht: Wie gelangen wir von rein subjektiven, privaten Erlebnissen und Sinneseindrücken zu einigermaßen verlässlichen empirischen Daten? Die privaten Sinneseindrücke sind
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? nach Bolzano Gegenstände von Vorstellungen an sich, die wir durch strukturell-deskriptive Namen der Art „[dieses]s,t“ bezeichnen können; Bolzano selbst verwendet dabei allerdings ohne spezielle Notation Bezeichnungen, die unserem Pseudo-Anführungsnamen „[dieses]“ entsprechen. Bolzano versucht in sorgfältigen Analysen zu zeigen, dass wir von einer subjektiven Vorstellung mit einem kognitiven Gehalt von der Art [dieses]s,t, der einen rein privaten Gegenstand hat, schrittweise unter Einbeziehung von Gedächtnisurteilen usw. zu einigermaßen verlässlichen und objektiven Urteilen über Gegenstände außerhalb von uns gelangen. So können wir eine gewisse Rechtfertigung für den Übergang von der Anerkennung eines Sinneseindrucks „Rot“ zu einem außer uns gegebenen roten Gegenstand finden, der unseren Sinneseindruck verursacht hat. Gerade bei diesen Untersuchungen über die Grundlagen des empirischen Erkennens droht die Gefahr, dass eines der eingangs aufgestellten Prinzipien aufgegeben werden muss – nämlich das Prinzip der Unabhängigkeit: Vorstellungen an sich von der Art [dieses]s,t scheinen – wie alle Anschauungen im Sinne Bolzanos, d.h. einfache Vorstellungen mit genau einem Gegenstand – ihren eigenen Gegenstand „mitzuliefern“ und damit ihre eigene Nicht-Leerheit zu garantieren. Das allgemeine Unabhängigkeitsprinzip wird aber bei Frege und ebenso auch bei Bolzano durch ein spezielles semantisches Unabhängigkeitsprinzip ergänzt: SEMANTISCHE UNABHÄNGIGKEIT (Bolzano). Keine Vorstellung an sich ist von einem ihrer Gegenstände, der selbst nicht notwendig existiert, ontologisch abhängig, d.h.: ∀x∀y∀z ((Vx ∧ yGx ∧ ¬N E!y) → ¬N (E!x → E!y)) SEMANTISCHE UNABHÄNGIGKEIT (Frege). Der Sinn (S) eines sprachlichen Ausdrucks ist von seiner Bedeutung (B), sofern diese selbst nicht notwendig existiert, ontologisch unabhängig, d.h.: ∀x∀y∀z ((xSz ∧ yBz ∧ ¬N E!y) → ¬N (E!x → E!y)) Nun folgt zwar daraus, dass eine Vorstellung an sich eine Anschauung ist bzw. dass sie vom speziellen Typ [dieses]s,t ist, dass sie notwendigerweise einen Gegenstand hat. Keine Vorstellung an sich ist aber notwendigerweise eine Anschauung oder vom Typ [dieses]s,t. In diesem Zusammenhang ist
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eine Unterscheidung hilfreich, die Bolzano gelegentlich anwendet, ohne sie explizit einzuführen. Ich möchte sie am Beispiel der so genannten Beschaffenheitsvorstellungen erläutern. (Das Beispiel selbst hat nichts mit Indexikalität zu tun.) Unter einer Beschaffenheitsvorstellung stellt man sich vordergründig eine Vorstellung an sich von einer Beschaffenheit vor. Diese Auffassung führt zu einer Reihe von Schwierigkeiten. Wenn wir nämlich damit meinen, dass eine Vorstellung genau dann eine Beschaffenheitsvorstellung ist, wenn mindestens einer ihrer Gegenstände eine Beschaffenheit ist, dann wären auch Vorstellungen wie [etwas] Beschaffenheitsvorstellungen, weil zu ihren Gegenständen auch Beschaffenheiten gehören. Legen wir aber fest, dass eine Vorstellung genau dann eine Beschaffenheitsvorstellung ist, wenn alle ihre Gegenstände Beschaffenheiten sind, so wären alle gegenstandlosen Vorstellungen an sich automatisch Beschaffenheitsvorstellungen. Diese Überlegungen legen eine Definition von „Beschaffenheitsvorstellung“ (BV) mit Hilfe von „Beschaffenheit“ (B) nahe: BVx :↔ Vx ∧ ∀y (yGx → By) ∧ ∃y (yGx). Dabei setzen wir aber voraus, dass wir den Begriff einer Beschaffenheit unabhängig vom Begriff einer Beschaffenheitsvorstellung definieren können. Nun gilt zwar: x ist eine Beschaffenheit von y genau dann, wenn y x hat (wobei „hat“ im Sinne von Bolzanos Kopula zu verstehen ist), aber wir haben damit noch nicht den Begriff einer Beschaffenheit selbst definiert. Nahe liegende Versuche wie die beiden folgenden scheitern jedoch: Bx :↔ ∃y (y hat x), oder: Bx :↔ M ∃y (y hat x), da es Beschaffenheiten gibt, die kein Gegenstand hat (wie z.B. die Beschaffenheit, ein Österreicher oder eine Österreicherin von mehr als 2,64 m Länge zu sein oder gewesen zu sein), und sogar solche, die prinzipiell kein Gegenstand haben kann (wie z.B. die Beschaffenheit, zugleich länger und kürzer als 2,64 m zu sein, oder die Beschaffenheit, von sich selbst verschieden zu sein). Es scheint daher ratsam, von einem Begriff einer Beschaffenheitsvorstellung auszugehen, der noch nicht beinhaltet, dass sie gegenständlich ist (weil sie Beschaffenheiten als Gegenstände hat), sondern bloß zu definieren, was der Form nach eine Beschaffenheitsvorstellung ist. Eine solche Beschaffenheitsvorstellung (im weiteren Sinn des Wortes) ist einfach eine
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Prädikatvorstellung eines Satzes an sich. Nach Bolzano hat ein jeder Satz an sich die Form [A hat b], wobei [b] die Prädikatvorstellung (PV) des Satzes ist. Wir können somit folgendermaßen definieren, was es heißt, dass eine Vorstellung an sich der Form nach eine Beschaffenheitsvorstellung, oder kurz: eine Beschaffenheitsvorstellung im weiteren Sinn (BV), ist: BVx :↔ ∃y (Sy ∧ xPVy) Eine Beschaffenheitsvorstellung in diesem Sinn kann sogar gegenstandlos sein wie z.B. [diejenige Beschaffenheit, die Bolzano am 20. 1. 1820 um 12 MEZ zugleich gehabt und nicht gehabt hat]. Diese Vorstellung ist der Form nach offenkundig eine Beschaffenheitsvorstellung, weil sie Prädikatvorstellung eines Satzes an sich (wenn auch keines wahren Satzes an sich) sein kann, sie ist aber nicht gegenständlich. Umgekehrt gehören zu den Gegenständen der Vorstellung an sich [etwas] auch Beschaffenheiten, sie ist aber der Form nach keine Beschaffenheitsvorstellung. Eine Beschaffenheitsvorstellung im engeren Sinn (oder eine echte Beschaffenheitsvorstellung, wie Bolzano oft sagt) ist eine Vorstellung an sich, die der Form nach eine Beschaffenheitsvorstellung und außerdem gegenständlich ist. Dieses Vorgehen führt auch zu einer Antwort auf die Frage nach der Definition des Begriffs einer Beschaffenheit (B) selbst: Bx :↔ ∃y (BVy ∧ xGy) Die hier erläuterte Unterscheidung ist auch auf viele andere Begriffe übertragbar, so auch auf Bolzanos Begriff der Anschauung und unseren Begriff einer Vorstellung der Art [dieses]s,t. Solange wir nicht wissen, ob eine dieser Vorstellungen an sich tatsächlich genau einen Gegenstand der erforderlichen Art hat, dürften wir streng genommen nicht sagen, es handle sich dabei um eine Anschauung bzw. um eine Vorstellung der Art [dieses]s,t, sondern nur, es handle sich dabei der Form nach um eine Anschauung bzw. um eine Vorstellung der Art [dieses]s,t. Ganz ähnlich sagt auch Frege (1969, 133), der Ausdruck „Nausikaa“ bezeichne zwar wahrscheinlich nichts, er „tue aber so“, als ob er ein Mädchen bezeichne, und sichere sich damit einen Sinn. Wie kann aber ein Name oder ein Sinn bzw. eine Vorstellung an sich „so tun als ob“ oder nur „so aussehen wie“, ohne so zu sein? Dass eine
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Vorstellung an sich „so tut, als wäre sie eine Vorstellung bestimmter Art“ oder „so aussieht wie eine Vorstellung bestimmter Art“, heißt offenbar, dass sie der Form nach von dieser Art ist, aber vielleicht gar keine Gegenstände – und daher auch keine Gegenstände der betreffenden Art – hat. So ist [goldener Berg] offenbar der Form nach eine Vorstellung von einem Berg und [geflügeltes Pferd] der Form nach eine Vorstellung von einem Pferd. Dass eine Vorstellung an sich v so aussieht wie eine Vorstellung von X, heißt somit, dass v der-Form-nach-eine-Vorstellung von X (abgekürzt: vFX) ist: vFX :↔ N ∀y (yGv → Xy) Dieser Gedanke lässt sich ohne weiteres auf singuläre Vorstellungen bzw. „Einzelvorstellungen“, die zusammengesetzt sind, übertragen: [diejenige Österreicherin, die 2,64 m lang war] ist der Form nach eine Vorstellung von einer bestimmten Frau, auch wenn es eine solche Frau vielleicht nie gegeben hat. (Martina Hinterberger aus Pfaffstätt, 1906-1931, war angeblich 2,64 m groß.) Gehen wir noch einen Schritt weiter und wenden wir diese Überlegung auch auf Anschauungen im Sinne Bolzanos (d.h. einfache Einzelvorstellungen) an: [Nausikaa] ist der Form nach eine Anschauung an sich von Nausikaa und somit von einem Mädchen, [Pegasus] ist der Form nach eine Anschauung an sich von Pegasus und somit von einem Pferd. Dass eine Anschauung an sich v so aussieht wie eine Vorstellung von x, heißt somit, dass v der-Form-nach-eine-Vorstellung von x (abgekürzt: vFx) ist. (Bolzano hat bekanntlich den Großbuchstaben „A“ ohne Unterschied als Platzhalter für allgemeine Namen und für singuläre Namen verwendet. Zur besseren Unterscheidung verwende ich den Großbuchstaben „X “ als Platzhalter für generelle Namen und den Kleinbuchstaben „x“ als Platzhalter für einfache singuläre Namen.) vFx :↔ N ∀y (yGv → y = x) Spätestens jetzt wird sichtbar, in welchem Zusammenhang meine Ausführungen mit den Arbeiten von Wolfgang Künne über Indexikalität stehen und wie viel sie ihm verdanken. Man braucht dazu nur meine letzten symbolsprachlichen Erläuterungen mit Künnes Definitionen von „ego-
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? mode of presentation“ oder „nunc-mode of presentation“ zu vergleichen (Künne 1997, 55, 64). Ebenso ist die Anlehnung meiner strukturell-deskriptiven Bezeichnungen von Vorstellungen an sich an Künnes hybride Eigennamen unverkennbar (Künne 1982, 65; vgl. auch 1992). Der Unterschied liegt nur darin, dass ich mich hier dieser Frage in erster Linie von Bolzanos W3-Lehre her angenähert habe; aber dieser Zugang ist ja auch Wolfgang Künne alles andere als fremd. 6 Schlussbemerkungen Ich habe zu zeigen versucht, dass die Indexikalität tatsächlich keine Spuren in W3 selbst, sondern nur in den strukturell-deskriptiven Beschreibungen und Bezeichnungen von W3-Bewohnern hinterlässt. Diese „Spuren“ bestehen darin, dass in solchen Bezeichnungen indexikalische Ausdrücke zwar nie verwendet werden, wohl aber erwähnt werden können. In der neueren Diskussion um Indexikalität bekommt man gelegentlich den Eindruck, es werde Bolzano und Frege zum Vorwurf gemacht, dass ihre W3-Lehren kein taugliches Instrument für eine angemessene Analyse indexikalischer Ausdrücke bieten, ja dass gewisse W3-Prinzipien einer solchen Analyse sogar im Weg stehen. Der Gerechtigkeit halber muss man dem entgegenhalten, dass Bolzano und Frege ihre W3-Lehren gerade für Zwecke entwickelt haben, denen umgekehrt die Indexikalität im Wege steht und für welche indexikalische Ausdrücke Störenfriede sind. Es ging ihnen also eher um deren Eliminierung als um deren Analyse. Dass sich aus ihren W3Lehren gewissermaßen als erfreulicher, aber unbeabsichtigter Nebeneffekt einige wertvolle Hinweise für die Behandlung des Indexikalitäts-Problems ergeben, ist eher ein Wunder als der mit ihren W3-Lehren primär verfolgte Zweck. Dies sollte man nicht übersehen, wenn man – zu Recht – feststellt, dass die W3-Lehren von Bolzano und Frege (wie überhaupt W3-Lehren) keine taugliche Lösung des Indexikalitätsproblems bieten (können). Die Probleme, die Bolzano und Frege mit ihren W3-Lehren lösen wollten, waren primär logischer Art. Gerade bei Bolzano zeigt sich, dass er im Rahmen seiner W3-Lehre und mit deren Hilfsmitteln auch epistemologische Fragen – u.a. auch die Frage nach den Grundlagen der empirischen Erkenntnis – lösen wollte, wobei sich interessante Parallelen zu Russells
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An Inquiry into Meaning and Truth ergeben. Einige Hindernisse, die sich diesem Programm in den Weg stellten, habe ich durch die Unterscheidung zwischen Anführungsnamen und strukturell-deskriptiven Namen von Sinngebilden bzw. Vorstellungen an sich zu beseitigen versucht. Sollte die von mir vorgeschlagene strukturell-deskriptive Schreibweise für den Sinn gewisser indexikalischer Ausdrücke auch keinen weiteren Nutzen haben, so dient sie mir doch zumindest jetzt zum Schluss meiner Ausführungen als „Verpackung“ für den folgenden Satz an sich, der mein Geburtstagsgeschenk an Wolfgang Künne ist: [Ich wünsche dir, dass alle deine Wünsche, die du am heutigen Tag hast, sowie auch dieser mein eigener Wunsch in Erfüllung gehen]Edgar, Wolfgang, 14. 7. 2004 Literatur Blanchette, P. 1988: Fregean Thoughts and Indexicals, Stanford (= CSLI 88-134). Bolzano, B. 1834: Lehrbuch der Religionswissenschaft, 4 Bde., Sulzbach. Bolzano, B. 1837: Wissenschaftslehre, 4 Bde., Sulzbach. Bolzano, B. & Exner, F. 1935: Der Briefwechsel B. Bolzanos mit F. Exner, Prag. Frege, G. 1892: „Über Sinn und Bedeutung“, in: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik N.F. 100, 25-50; Nachdr. in: Frege 1967, 143-162. Frege, G. 1904: „Was ist eine Funktion?“ in: Festschrift Ludwig Boltzmann gewidmet zum sechzigsten Geburtstage, 20. Februar 1904, Leipzig, 656-666; Nachdr. in: Frege 1967, 273-280. Frege, G. 1918/19: „Der Gedanke. Eine logische Untersuchung“, in: Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus 1, 58-77; Nachdr. in: Frege 1967, 342-362. Frege, G. 1967: Kleine Schriften, hrsg. v. I. Angelelli, Darmstadt. Frege, G. 1969: Nachgelassene Schriften, hrsg. von H. Hermes, F. Kambartel & F. Kaulbach, Hamburg. Künne, W. 1982: „Indexikalität, Sinn und propositionaler Gehalt“, in: Grazer Philosophische Studien 18, 41-74. Künne, W. 1992: „Hybrid Proper Names“, in: Mind 101, 721-731. Künne, W. 1997: „First Person Propositions: A Fregean Account“, in: W. Künne, A. Newen & M. Anduschus (Hrsg.), Direct Reference, Indexicality, and Propositional Attitudes, Stanford, 49-68. Perry, J. 1977: „Frege on Demonstratives“, in: The Philosophical Review 86, 474-497. Perry, J. 1993: The Problem of the Essential Indexical and Other Essays, New York & Oxford; 2. Aufl. Stanford 2000.
Kann es in der Welt 3 Indexikalität geben? Perry, J. 1997: „Indexicals and Demonstratives“, in: B. Hale & C. Wright (Hrsg.), A Companion to the Philosophy of Language, Oxford, 586-612. Popper, K. R. 1973: Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf, Hamburg; 4. Aufl. 1984. Popper, K. R. 1979: Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung, Hamburg; 4. Aufl. 1992. Russell, B. 1903: The Principles of Mathematics, Cambridge; 9. Aufl. London 1972. Russell, B. 1940: An Inquiry into Meaning and Truth, London; 7. Aufl. 1966. Zimmermann, R. 1847: Leibnitz’ Monadologie, Wien.
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Essence and Modality The Quintessence of Husserl’s Theory Kevin Mulligan (Geneva)
1 Introduction Even the most cursory reader of Husserl’s writings must be struck by the frequent references to essences (“Wesen”, “Essenzen”), Ideas (“Idee”), kinds, natures, types and species and to necessities, possibilities, impossibilities, necessary possibilities, essential necessities and essential laws. What does Husserl have in mind in talking of essences and modalities? What did he take the relation between essentiality and modality to be? In the absence of answers to these questions it is not clear that a reader of Husserl can be said to understand him. Thus in the first part of Husserl’s first major work, the “Prolegomena” to the Logical Investigations (P, LI), he mentions the essence of logic, of knowledge, the rational essence of deductive science (Preface), the essence of truth, falsity, generality, particularity, ground and consequence, affirmation and denial (§ 18), of colours and tones (§ 40), of numbers (§ 46), the essence of theoretical connections (§ 66), of process, cause, effect, time and thinking (§ 71 A). And he continues in this style throughout his later writings (cf. Smith 1989). Husserl often mentions essences in the course of making claims to the effect that some universal proposition holds in virtue of the essence of this or that. He says that such propositions are grounded in the essence of this or that. We therefore need to understand what expressions of the form “the essence of x” mean, what Husserl took their extension to be, what he understands by “ground” and how modality, essence, grounding and universality or generality stand to one another. Answers to all these questions are
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required, it may seem, before we can even begin to understand Husserl’s account of the epistemology of essences and essential connections. 2 Essence, Instantiation and Grounding 2.1 Essence, Species and Instances Essences and species are ideal objects. But not every ideal object is an essence or a species. If an ideal object has possible instances it is an essence or a species. Essences and species are named by a peculiar type of singular term. Examples of such singular terms are “red” (“Rot”) and “the tone C”. Such singular terms typically occur in a type of proposition Husserl calls “überhaupt” propositions, for example Red is a colour, Orange lies between red and yellow, Man is rational, Pleasure is good. Some “überhaupt” propositions do not have the apparent form of singular predications, for example A man is rational, A self-evident judging is good, An emotion has an intellectual basis, A proposition contains a concept. What are the instances of essences and species? What is instantiation? Husserl sometimes talks of “the primitive relation” (“das primitive Verhältnis”) between a species and an indidual case (“Einzelfall”), he sometimes says that an individual case is a realisation (“realisiert”) of a species or a “Vereinzelung” thereof (LI II, § 1). Sometimes he calls this relation “unterstehen” (LI II, § 3). Sometimes he says that an individual case falls under a species (“das unter [die Spezies] fallende Einzelne”; LI I, § 31). What are these individual cases? Husserl often says that what he calls “moments” (“Momente”) are cases of species. A moment is a temporal
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particular which is not a substance. Some examples of moments are events or processes, others are not. Thus he says that In the actual experience of meaning an individual feature, a singular case of [a] species […] corresponds to the unitary meaning, just as to the specific difference redness [Röte] there corresponds a red moment [Rotmoment] in the object. (LI I, § 34; cf. transl. 332; cf. LI V, § 2) Here Husserl distinguishes two species and two moments. One species is what he here calls “redness” (and elsewhere “red”) and its instantiation is something in an object. The other species is a meaning species, perhaps a propositional meaning species, a proposition; its instantiation is an actual experience of meaning. This experience is not only something that takes place, it has a rich internal structure, as rich as that of which it is an instance; it is made up of other moments.1 One of Husserl’s most careful readers, Ingarden (1996, 301ff.), has pointed to the predominance of qualities in the examples Husserl gives in the Investigations of instantiations of species. But, as we have seen, experiences also instantiate essences. Do substances such as trees and women instantiate essences or species? That this is the case is implied by Husserl’s account of identity (LI II, § 3) and by his account of material things and of “concreta” in the third Investigation (cf. LI III, § 12 A). But as important as all these examples are the instantiations of Truth and Law by particular truths and particular laws. Are moments properties? Husserl sometimes talks of moments as properties (LU Annotationen, 820). But he does not think that all moments are properties (EU, § 32a). What makes this claim difficult to understand is that Husserl very often treats properties as what have been called “unitproperties”. On this conception of properties and relations they are specific to their bearers. So understood, it is clear that at least some unit-properties cannot be identical with moments. For example, the property of being a number which 2 alone enjoys, which is numerically distinct from the prop1
This part of Husserl’s theory of Meanings and their psychological instantiations is the foundation of his first major anti-psychologistic theory of meaning (cf. Willard 1977). Husserl changed his mind about this theory, but a version of it was to be developed later by Ramsey.
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erty of being a number which 3 alone enjoys, could not be identical with any temporal particular. And Husserl’s considered view seems to be that no unit-property is ever identical with a moment – even the red moment in a thing, mentioned above, is not identical with the bearer-specific property of being red of the same thing – although he does not always respect his own distinction. Is talk of instantiation not a rather confused way of talking about the relation between a property and its bearer which is often called “exemplification”? Many philosophers use “exemplifies” and “instantiates” as synonyms. But for Husserl “is a case of ” and “exemplifies” express two different relations. On the one hand there is the conceptual pair, attribute [Beschaffenheit] and bearer or subject of the attribute. The relation of attribution [Zukommen] or the predicative relation corresponds to this pair. (Logic 1896, 61) On the other hand, This individual red does not have the attribute of being red! It is a case of red. (Ibid., n. 1) Sometimes Husserl understands by “attribute” or “property” a unit-property, sometimes a multiply exemplifiable property. If no property were ever identical with a species, it would follow that instantiation of a species and exemplification of a property could not be identified. Many passages suggest that this is Husserl’s view. But some formulations are perhaps incompatible with this interpretation. Thus he talks of “attributes in specie” (“Attribut in specie”, LI II, § 21, heading; cf. §§ 4, 10). Are these multiply exemplifiable properties or species corresponding to attributes (red, the property of being red)? What is instantiation if it is not predicative attribution? As we have seen, Husserl calls it a primitive relation. As far as I can see, the only other thing he says about it is that it is an “eidetic connection” (Ideas, § 7). This perhaps means that it is not a bearer-specific connection. 2.2 Grounding and Because Instances of
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x grounds y, y is grounded in x are as common in Husserl’s writings as are references to species and essences, and we find one wherever we find the other. Such instances invariably consist of “grounds” flanked by nominalizations such as “the fact that p”, “the truth that p” and “the essence of x”. If we denominalise the singular terms and ask what connective connects the resulting sentences, we see that “ground” and “explain” derive from “because”. In his 1896 logic lectures (§ 58) Husserl follows the tradition of calling the propositions formed when “because” takes two sentences “causal propositions”. “Causal” here refers not or not only to causal relations between events since, as Husserl knows, many instances of q because p, in particular the instances he is after, have nothing whatsoever to do with events. Husserl notes that If B because A, then A is true & B is true. He says that (1) B because A is equivalent to but not identical with (2) (If A, then B) & A, and is equivalent to but not identical with (3) (If A, then B) & A & B. Someone might hold (3) or (2) to be true without judging that (1). To judge that (1) is to judge that one truth grounds another, he says. (He does not explain how this fits with another claim he makes, that predications of truth need not be parts of causal propositions). He says that the difference between the meaning of (1) and its equivalents has an exact analogue, the difference in meaning between what he calls universal propositions and
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their equivalents. For the thoughts expressed by the sentences on each side of the equivalence All As are B iff there are As & there is no A which is not B are not the same. In the thought expressed by the right-hand side, “the inner relation according to which one truth is a fundament for another truth is lost” (Logic 1896, 233). Causal propositions enjoy a central role in Husserl’s philosophy of logic, for they form the “objective content of all” of what he calls “inferences” (“Schlüsse”).2 As we shall see, they are in fact central to his entire philosophy of essence. Once we have seen how Husserl understands the connection between grounding and essence, we shall return to his account of “because” (section 4). 3 Essentiality and Modality Many twentieth-century philosophers have used “necessarily” and “essentially” as synonyms. This is surprising. For the multiplicity of the family possible, necessary, impossible, contingent differs from that of the family essential, inessential. The concept of possibility plays three distinct syntactic roles. It occurs as a functor, as a predicate-forming predicate and as a simple predicate: It is possible that Sam is sad, Sam is possibly sad, That Sam is sad is possible. It is not entirely obvious that what is true of “possible” is true of “necessary”. But the important point is that at least one member of the family of the alethic modalities is a triple-role concept (as are, for example, “true”, “ought”, “certain”). The concept of essentiality, on the other hand, occurs only in one of these three roles: 2
Logic 1896, 233; cf. 251; P, § 63; Logic 1908/09, 206ff.
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Sam is essentially a man. If we say It is essential that Sam is a man, That Sam is a man is essential, “essential” is elliptic. Perhaps we mean that it is essential for the success of the party that Sam be a man. Or that it is essential to Sam that he be a man, that is to say, that he is essentially a man. To say of something that it is essentially F is to conceive of essentiality predicatively. A variant on this way of talking about essentiality is to say that something essentially exemplifies a property. Husserl sometimes talks about essentiality in this way. A second way of talking about essentiality, at the heart of Kit Fine’s (1994a, 1994b, 1994-95, 1995) remarkable recent account of essence and modality, employs the primitive expression x makes it true that p in virtue of the essence of x. There is another way of talking about essentiality, one which is central in Husserl’s scheme of things: something instantiates an essence or species. As we shall see, Husserl very often says things of the form That p is grounded in the essence of x, that is to say, p because x instantiates the essence it instantiates. (And, as we shall see, he does not take such locutions to be primitive.) Thus he says that all objects can stand in two kinds of relation, the partwhole relation and the relation between coordinated parts of a whole, and that these two kinds of relation are “grounded a priori in the idea [Idee] of an object” (LI III, § 1). Similarly, The propositions of universal arithmetic – the nomology of arithmetic as we may call it – are laws grounded purely in the ideal essence of the genus number. (P, § 46; cf. transl. 181)
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In addition to such examples of formal essences as grounds, Husserl gives many examples of material essences which play the same role. His favourite is: [T]he proposition “all material bodies are extended” […] says what is grounded in the essence of a material thing and in the essence of extension. (Ideas, § 6) Here we have two examples where a universal or general proposition is grounded in the essences of the objects it mentions.3 But Husserl also thinks there are universal propositions grounded not in the essences of the objects the proposition quantifies over but in the essences of the concepts, meanings or categories occurring in the proposition. Thus What is analytic from the logical point of view [sic] is what has its ground in the essence of the formal analytic categories (what has so to speak its ground in the empty essences). (Logic 1917/18, 294) There are also numerous passages where Husserl gives as examples of essential grounds not the essence of this or that but rather concepts and even properties. Thus The purely logical laws are truths which are grounded purely in the concept of truth and in the concepts essentially akin to it. (P, § 50) Such propositions are “propositions to the sense of which it belongs to state what lies, in a law-like way, in the concept of truth” (P, § 50). What are the concepts akin to that of truth? They are the concepts which are constitutive of the logical laws, e.g. truth and falsity, assertion and denial, generality and particularity, ground and consequence, and so on (P, § 18). In some passages Husserl seems to treat “concept of ” or “sense of ” and “essence of ” as interchangeable:
3
What a proposition mentions is a function of the theory of predication applied to the proposition. Husserl adheres to a version of the two-name theory of predication: the copula takes two names to make a sentence.
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By purely logical laws […] I understand all the ideal laws which are grounded purely in the sense (in the “essence”, “content”) of the concepts of truth, proposition, object, property, relation, connection, law, fact […]. (P, § 37; cf. §§ 67f.)4 Part of the hermeneutic problem here is due to the fact that Husserl sometimes uses “concept” for property and sometimes calls the semantic value of a concept a “property” and, as we have seen, does not always respect his distinction between species or essences and properties. In annotations to the Investigations he wonders, as well he might, “How is the word ‘Begriff’ used in the Logical Investigations?” (LI Annotationen, 821). In all the examples quoted of essential grounding Husserl clearly has in mind only a priori grounding by the a priori essences of objects. This is also what he has in mind when he claims, for example, that the self-identity of an object is rooted in its essence or that the exact, transitive similarity between the possible instances of a species is grounded in the fact that they are instances of the species. Thus the claim mentioned in section 1 above, to the effect that Husserl’s theory of essence must be understood before his account of the epistemology of essence, of a priori knowledge, can be understood, must be qualified. Husserl’s philosophy of logic and of ontology is inseparable from certain epistemological claims and independent only of the ways these are spelled out. Although a priori “knowledge of possibilities must precede knowledge of actualities” (Ideas, § 79), Husserl does provide the beginnings of an account of how his theory of essence and modality applies to a posteriori knowledge and to “empirical necessity”.5 But in what follows this part of his theory is ignored. 4
5
Both Husserl and Frege argue, against formalist theories, that sense or meaning understood as constituted by rules or prescriptions is grounded in sense or meaning which is not so constituted. Thus Husserl says that differently shaped and coloured things become chess-figures “durch die Spielregeln, welche ihnen ihre feste Spielbedeutung geben. Und so besitzen auch die arithmetischen Zeichen neben ihren originären Bedeutung sozusagen ihre Spielbedeutung” (LI I, § 20), and that meaning of the former sort grounds meaning of the latter sort (P, § 9; cf. Logic 1902/03, 30f.). And Frege says: “Suchen wir uns das Wesen der formalen Arithmetik noch klarer zu machen! […] Wie unterscheidet sie sich von einem bloßen Spiele? […] Wenn man auf die Bedeutungen zurückgehen wollte, so fänden die Regeln in eben diesen Bedeutungen ihre Begründung” (Frege 1903 II, § 90; cf. § 91). Cf. LI III, § 12 A, § 25; P, §§ 65f.; LI II, Introduction, § 7; Ideas, §§ 6, 46 n.
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As we have seen, there are syntactic differences between “essentially” and “necessarily”. But one may also argue from non-syntactic intuitions to the conclusion that essentiality and necessity should not be identified. Fine (1994a), for example, argues that, if Socrates exists, then he is necessarily numerically distinct from the Eiffel Tower, but that this does not belong to the essence or nature of Socrates. Husserl’s pupils make very similar claims: From the essence of a sphere with a diameter of 1 meter there follows with absolute necessity its being smaller in comparison with every cube whose edge is 1 meter long, but this does not belong to its essence, for its essence is what it is, whether there are other bodies or not. (Hering 1921, 500) [O]ne may not confuse two different standpoints: that of the essentiality of a determination for an object and that of the necessity of something for the object. (Ingarden 1965, 402) How, then, does Husserl understand necessity? In the “Prolegomena” he endorses the two equivalences It is necessary that p iff it is a law that p and It is necessary that p iff it is grounded in a law that p. Necessity, so understood, “dominates and constitutes all theoretical unity” (P, § 39; cf. transl. 53; cf. §§ 23, 63, 68). Yet Husserl thinks that, strictly speaking, no law, ideal or empirical, is a necessary truth. Only the particularisations of laws are necessary truths or states of affairs: Necessity as an objective predicate of a truth (which is then called a necessary truth) is tantamount to the law-governed validity of the state of affairs in question. […] A natural equivocation, of course, leads us to call every general truth which expresses a law a necessary truth […]. [I]t would have been better to call such a truth an explanatory law, a ground, from which a class of necessary truths follows. (P, § 63; cf. transl. 227f.)
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The equivocation consists in the fact that we call laws which are the source of necessity necessary. (Husserl 1996, § 43, 220) In § 7 of the third Investigation Husserl says in the first edition that The essence of objective necessity lies in and finds its definition in a particular definite law-like connection. (LU III, § 7 A) In the second edition, he says in the same section that objective-ideal necessity, the not-being-able-to-be-otherwise, and a certain, pure law-like connection are “correlative” and “of the same value”. He repeats the claim that to say of a particularisation of such a law that it is necessary is just to say that it is governed by the law, but not his claim that, strictly speaking, only such particularisations can be said to be necessary (LU III, § 7). In § 12 he sharply distinguishes between laws and their particularisations. The particularisations of analytic laws are analytic necessities, the particularisations of synthetic a priori laws are synthetic a priori necessities. Some of these laws are logical, some of them are ontological. Necessities are particularisations of laws, then, but only of laws of one kind. Husserl sometimes marks the distinction between laws that give rise to non-empirical necessities and other laws by calling the former “pure” laws. He also marks the distinction by distinguishing between general laws and individual laws. A general law is a law grounded in the essences of the objects it mentions or in the essences of the concepts it contains. It mentions no matters of fact as does an individual law. A pure law is a general proposition which contains no reference to temporal individuals (Husserl 1996, § 44, 222). But not every proposition wears on its face its law-like nature. Singular mathematical judgements “are not laws. But they are equivalent to laws”. And the same is true, for example, of judgements about tone types, colours and other species: [E]very judgement of essence, every purely conceptual judgement, has the value of a law even if it does not always have the form of a law. (Ibid., § 44, 223f.) Necessities are the particularisations of laws which are grounded in essences. Neither general propositions nor essential propositions are modal propositions. How, then, do essence, generality and modality hang togeth-
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er? The following reconstruction is, as far as I can see, faithful to Husserl’s views in all except one respect – it abstracts from the details of Husserl’s two-name theory of predication.6 Consider any essential proposition which has the apparent form of an atomic proposition. For example, one of Husserl’s favourites, (1) Self-evident judging is valuable. Since this is an essential proposition, it has the “value of a law”. It implies (2) (∀x) (Self-evident judging (x) → Valuable (x)). But (1) also refers to self-evident judging and, Husserl thinks, tells us that (2) is grounded. “— is a self-evident judging” is a predicate. Self-evident judging is a species or essence. It is an object we will refer to as “SEJ”. (1) therefore says (3) (∀x) ((Self-evident judging (x) → Valuable (x)) because Instantiates (x, SEJ)). Husserl comments on (1): The essence of such a judgement does not consist in having value; value is no component of the essence, of the idea “judgement” and just as little of the idea “insightful judgement”. But possession of value, of positive value, is grounded in the essence of such judging […] and this not accidentally but a priori. (Husserl 1996, § 65c, 295) Consider now a “particularisation” of (3). By a “particularisation” or an “empirical particularisation” of a positive universal proposition Husserl refers to the particular or singular proposition the falsity of which would directly falsify the universal proposition (LI III, § 12). Suppose, then, (4) (∃x) (Self-evident judging (x)). From (3) and (4), Husserl thinks, it follows that
6
Perhaps the clearest and fullest accounts of the relation between essence and modality given by Husserl are at Logic 1902/03, 142-183, and in Husserl 1996.
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(5) (∃x) (x is necessarily valuable). It seems likely that Husserl also thinks that from (3) and (4) it follows that (6) (∃x) (Good (x) because Self-evident judging (x)). The “because” in (6) might be called the “essential because”. It differs from the “because of essence” in (3), which mentions an essence, and also from the “inessential because”, as in (7) Sam is sad because Mary did not smile. The “essential because” is what Husserl and his pupils have in mind when they say things of the form (8) x makes y true/valuable/obligatory/necessary/probable. Thus Husserl (1988, 256) says that different non-axiological properties, for example natural properties, may make something valuable. Husserl seems to have thought that the because of essence together with the particularisation of a law give rise to the essential because. The inessential because, as in (7), does not hold in virtue of the a priori essence of anything. And the same is true of (9) The fact that Mary did not smile makes Sam sad. (1) is an essential, axiological proposition. Although Husserl thinks that essence, grounding, universality and necessity hang together in the same way in the case of both axiological and of “theoretical” propositions, he does not think that the “because” of axiological essence and the “because” of non-axiological essence should be identified. Normative and nonnormative grounding and necessity are very different things (Husserl 1988, Mulligan 2004). If the above reconstruction of Husserl’s account of necessity and of the essential because is correct, it illuminates his theory of foundation or existential dependence (“Fundierung”), the topic of the third Investigation.7
7
On the role of “because” in the analysis of dependence, see Correia 2002; Schnieder 2002, Ch. 6.
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For as he points out in 1908, the notion of foundation comprehends two ideas 1)
being based on something (“sich auf etwas bauen”),
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presupposing it as necessary (Husserl 1988, 252).
What is the bearer of necessity and possibility, for example in our modal particularisation, (5)? In one of the more interesting developments of Husserl’s account of modality and essence, Reinach (1989) argues that the primary bearers of modality are states of affairs (cf. Künne 1987, § 8). This claim is part of a larger claim: logical laws are laws which range over states of affairs and only secondarily over truth-bearers. Husserl’s position with respect to these claims is not easy to make out. Thus he says that “possible” and “impossible” belong, with “true, false, general, singular, determinate, indeterminate” to the class of “ideal determinations which are primarily applicable only to meanings” (LI I, § 31) and that “what is properly speaking possible is the existence of objects falling under concepts” (P, § 66). But he also says that “possibilities are ideal objects” (LI II, § 4) and that states of affairs are the bearers of probability: In the vast majority of cases we lack this absolute knowledge of truth, in whose place we make use […] of the self-evidence of a higher or lower degree of probability for our state of affairs, with which, if probability levels become high enough, a firm judgement is usually associated. The self-evidence of the probability of a state of affairs A does not ground the self-evidence of its truth, but does ground those comparative and self-evident value-assessments, through which, in accordance with positive or negative probability values, we can distinguish the reasonable from the unreasonable. […] The self-evidence which stamps one presented state of affairs as obtaining, or the absurdity which stamps it as non-obtaining (and the same, likewise, in regard to probability and improbability), occurs in fact only in the case of a relatively quite limited group of primitive states of affairs […]. (P, § 6; cf. § 66)
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As the reference to the truth of a state of affairs indicates, this passage is one of many in the early parts of the Investigations in which Husserl does not yet distinguish sharply between the obtaining of states of affairs and the truth of propositions. 4 Essence, Modification and Ascent Husserl employs his account of essential grounding in his theory of modification. This is indeed perhaps the single most important application of his account because it is presupposed by all other applications. By “modification” he refers to two different albeit connected phenomena. It belongs, he thinks, to the essence of intentional states and acts that they can be modified. And it belongs to the essence of propositions and sentences that they and their parts can be modified. One clue to the meaning of “modification” is that, at least in the case of sentences and their parts, modification is or involves the operation of nominalization (cf. on the “law of nominalization”, Ideas, § 119). Consider the difference between judging that p and performing the act permitted by the first rule of Natural Deduction, to wit that of supposing that p, of make-believedly judging that p. The transition from one to the other is an example of act-modification. After the Investigations Husserl (2000, § 3, 13) seems to have come round to Meinong’s view that a similar transition is possible in the affective and conative spheres. The counterpart of serious regret that p or of serious desire that p is make-believedly regretting or desiring that p.8 Modifications of acts are distinct from “modifications of meaning, which are rooted in the essence of expressions or meanings” (LI IV, § 11, heading) although the two types of modification are connected. Thus he says that “plural consciousness can by its very nature [wesensmäßig] be transformed into singular consciousness” (Ideas, § 119). Thus if I judge that 8
In LI V, §§ 39f., Ideas, §§ 109-112, and elsewhere Husserl distinguishes between two types of modification of acts, qualitative modification (the neutrality-modification) and imaginative modification. The second but not the first can be iterated. Husserl thinks Meinong failed to grasp this distinction and that it is of immense importance for Husserl’s later philosophy.
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Kevin Mulligan The Channel Islands are wonderful,
I judge plurally. But if I judge that The Channel Islands, the Alps and the Pyrenees, are the three most favourite tourist destinations, “the Channel Islands” now refers to a plurality-as-one, whereas before it referred to a plurality-as-many. By “modifications of meaning and expression” Husserl refers to conceptual, lexical, logical and syntactic transformations: It naturally happens […] that certain meaning-changes belong to the grammatical normal stock-in-trade of every language. (LI IV, § 11; cf. transl. 513) [W]e are here dealing with alterations in meaning or, more precisely, alterations in acts of meaning which are rooted in the ideal nature of the meaning-realm itself. They have their roots in meaning-modifications in a certain other sense of “meaning” which abstracts from expressions, but which is not unlike that of arithmetical talk of “transforming” arithmetical patterns. In the realm of meaning there are a priori laws allowing meanings to be transformed into new meanings while preserving an essential kernel. (Ibid.; cf. transl. 515) Suitably adjusted, his main examples of the modifications of (1) Sam is sad fall into two categories, in each of which we find modifications which are truth-bearers and modifications which are merely parts of truth-bearers. In the first category, we find that Sam is sad, Sam’s sadness, the being sad of Sam (LI V, § 33), sad Sam (the passing postman, ibid., § 35), and also the modification of
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Sam resembles Mary, which is the similarity between Sam and Mary (Ideas, § 119). The second category of modifications comprises: the proposition that Sam is sad (Logic 1902/03, 89f.), the state of affairs that Sam is sad (ibid.), the fact/circumstance that Sam is sad (ibid.; LI V, §§ 33, 36), the property of being sad, the concept of sadness, the class of the sad, the extension of the concept man (Logic 1902/03, 92), the content of the concept man (ibid.),9 and The proposition that Sam is sad is true, The state of affairs that Sam is sad obtains, The object, Sam, has the property of being sad, Sam has the property of being sad (Husserl 1987, 98), “Sam is sad” [sic] is a statement (LI IV, § 11; cf. transl. 514), and the modification of part of Sam and Mary are sad, which is The group Sam and Mary (“Die Mehrheit …”, Ideas, § 119). A distinction between two types of predicate allows Husserl to isolate one class of modifications. Predicates such as “is a fiction”, “true” and “ex9
For a discussion of the view that “the property of wiliness”, for example, is a definite description and an account of its logical form, cf. Schnieder 2002, Ch. 1.
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ists” have to combine with expressions the meanings of which are modified meanings: All expressions to which “modifying” rather than “determining” predicates attach, function abnormally in the above described or some similar sense: the normal sense of our utterance is to be replaced by another […] so that its apparent subject (on a normal interpretation) is replaced by some sort of idea of itself, a logical idea [meaning] or an empirical-psychological idea. […] E.g. The centaur is a fiction of the poets. With a little circumlocution we can instead say: Our ideas (i.e subjective presentations with the meaning-content “centaur”) are poetic fictions. The predicates is, is not [exists, does not exist], is true or false and the like modify meaning. They do not express properties of the apparent subjects, but properties of the corresponding subject-meaning. E.g. that 2 × 2 = 5 is false means that the thought is a false thought, the proposition is a false proposition. (LI IV, § 11; cf. transl. 514f.) The second class of modifications, unlike the first, contains expressions of formal concepts, formal common nouns. We may call modification of the second kind examples of formal ascent. The semantic values of these formal concepts, propositions, truths, concepts, properties, states of affairs, groups, sets, are, together with their essences, just the subject-matter of formal logic, the different formal ontologies and their philosophies, as Husserl conceives of these disciplines. Modifications provide the “fundamental conceptual material” for these disciplines (Ideas, § 119). Thus, if Husserl’s account of modification is successful and if we can understand it, then we will have won the right to refer to and quantify over propositions, states of affairs and their ilk. What is the form of the definite descriptions to which modification gives rise? Husserl says at one point: If we take the expression “the proposition 2 × 2 = 5”, this is not a proposition but a name. What of the constituent proposition? Here it is clear that the propositional expression functions here as a name of the proposition, just as, in the expression “The colour red”, red [sic] functions as a name of red, and the idea red, not
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red itself, is part of the nominal idea. Thus, in the expression “The proposition 2 × 2 = 5”, what is underlined is a name of the proposition not the proposition itself. (Logic 1902/03, 89) Here and elsewhere, as far as I can see, Husserl is silent about the first part of “the proposition that 2 × 2 = 5” and thus about its relation to the second part and to the name of which they are both parts. His two examples, “the colour red”, “the proposition 2 × 2 = 5”, differ in one important respect. The former but not the latter is the nominal result of ascent from a name: Orange lies between red and yellow, The colour orange lies between the colour red and the colour yellow, and so comparable with the ascent from 2 lies between 1 and 3 to The number 2 lies between the number 1 and the number 3, except for the fact that “the number 2”, unlike “the colour red” and “the tone C”, is a result of formal ascent and belongs to the same family as “the object Sam”, “the group Sam and Mary” etc. Although Husserl says very little about the internal structure of the descriptions resulting from formal ascent, he does add one claim about their semantics. He sometimes claims that “the assertion that the Boers have won” has two objects: the primary and authentic object is the opinion, but the meant state of affairs is the indirect and secondary object of the sense of the description (Logic 1902/03, 94).10 What is it to be a modification of meaning? In some of my initial examples I referred to transitions possible for me or for you. But this concept of possibility is not the concept of possibility at work in Husserl’s account of modification. Even in the case of modifications of acts we are not to understand talk of modification and its origin or starting point 10
This claim seems to lie behind the view of many phenomenologists that the truthpredicate expresses a relation; it connects the two objects of such descriptions as “the assertion that the Boers have won”.
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Kevin Mulligan in an empirical-psychological, biological sense but as expressing a peculiar relation of essence grounded in the phenomenological content of the experiences. (LI V, § 35; cf. transl. 629)
The relevant sense of “possibility” is that in which there is a possibility which is a priori grounded in the essence of a geometrical figure that “one” can turn it about in space, distort it into certain other figures etc. (Ibid., § 36; cf. transl. 633) We are, then, to think of that which is modified and the resulting modifications as ideal entities, essences, each with its own ideal extension of possible instantiations. Just as there ideal proofs so too, there are ideal modifications. Instances of one essence ground the “ideal, essential possibility” (ibid.; cf. transl. 633) that another essence is instantiated. This is as hard to swallow as Husserl’s parallel claim that every truth-bearer can be verified or falsified where “can” is an ideal possibility (Husserl’s ideal verificationism). But in many cases his claims can be given a slightly more palatable form. For example, Husserl accepts The proposition that p is true iff the state of affairs that p obtains iff p,11 The proposition that p is true because the state of affairs that p obtains and, if the above reconstruction is correct, (The proposition that p is true because the state of affairs that p obtains) because (Instantiates (the proposition that p, Proposition) & Instantiates (the obtaining state of state of affairs that p, Fact)). That certain modifications ground other modifications in virtue of the essences of some of the objects they mention is perhaps acceptable if Husserl’s account of essence is acceptable. The problem, however, is to be found in the very first step. Consider the inference Sam is sad. Therefore, the proposition that Sam is sad is true. 11
“If we take any proposition, ‘S is P’, it is equivalent to the proposition, ‘That S is P is true’, or with the further proposition, ‘The state of affairs that S is P obtains, is’” (Logic 1902/03, 154, cf. 90).
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Or the “causal proposition” The proposition that Sam is sad is true because Sam is sad. It is obvious that (The proposition that Sam is sad is true because Sam is sad) because … cannot be completed so as to yield a truth by any sentence referring to the essence of what “Sam is sad” refers to. Similarly, no essential ground of the inference is forthcoming. I suspect that all Husserl has to offer by way of motivating the inference or the causal proposition is of the order of an indirect motivation. It belongs to the essence of any judging that or meaning (“Meinen”) that Sam is sad that it is possible to judge or mean that the proposition that Sam is sad is true. Perhaps Husserl did not even take this to be merely an indirect motivation, for, as we have seen, the author of the Investigations takes the acts of meaning that p to be instances or tokens of types, namely Meanings. It is noteworthy that Husserl regularly wobbles between saying that modifications of logico-grammatical meaning are grounded in the essence of Meanings (“Bedeutungen”) – the ideal entities – and saying that they are grounded in the essence of signifying or meaning (“Bedeutens”, LI V, § 35; cf. transl. 630 n.) – the intentional acts. The reason for denying that Husserl’s account of modification can get off the ground is that (The proposition that Sam is sad is true because Sam is sad) because … cannot be completed in the right way. The objection presupposes that “because” takes two sentences to make a sentence. But in fact Husserl denies this. In “Because Sam is sad”, “Sam is sad” is not, he thinks, a sentence. What is it? Some of Husserl’s formulations suggest the curious view that it occurs as a name, a positing name, and that in a hypothetical sentence, the antecedent is a non-positing name. Someone who makes a judgement of the form “if p then q” does not judge that p, Husserl says in the first Investigation (LI I, § 11) and goes on
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to claim that the antecedent is not an “Aussage”, although it “says” something. Later in the same work he says that the antecedents of hypotheticals and of causal propositions (“because S is P”) are not “judgements”, do not have the “meaning of a complete, independent proposition”: The “because” may point back to a judgement that asserted S to be P, but this judgement is not again enacted within the causal sentence itself. We no longer assert that S is P. Rather, on the basis of a straightforward presenting – which, as an antecedent, is characterised in its very sense as the modification of a judging synthesis – a second thesis, the consequent is grounded […]. (LI V, § 36; cf. transl. 634)12 With “only a little elaboration”, the sense of the causal proposition can be said to be that the being of the grounding state of affairs grounds the being of the ensuing state of affairs […]. (LI V, § 36; cf. transl. 634) But the “little elaboration” is a little too much. Husserl here fails to respect sufficiently the distinction which, as we have seen (section 2), he observes in 1896 between “because” and “grounds”. “Grounds” is flanked by two names which are the result of modification. In 1896 Husserl notes that the parts of causal propositions need not be predications of truth. The same is true of predications to the effect that states of affairs obtain. In fact, Husserl’s claim that the antecedent of a causal proposition is not a sentence looks very like the claim that Because S is P, q means Because of the P-ness of S, q.
12
In a letter to Husserl (30. 10. – 1. 11. 1906) Frege writes that neither the antecedents nor the consequents of hypotheticals are “eigentliche Sätze”, by themselves they do not express thoughts. The same letter also makes very clear that Frege, unlike Husserl, attaches little logical importance to what Husserl calls differences of meaning between equivalent propositions.
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In the Investigations, as far as I can see, Husserl does not explicitly claim that the antecedents of “because” (and of hypotheticals) are names,13 but the language he uses about these antecedent is just the language he consistently uses to describe the way names, as opposed to sentences, function. Elsewhere, he seems to say of the antecedents of causal propositions that these are “not nominal modifications but analogous to these”, “the modification has […] the character of a non-independent judgement” (Husserl 2002, 158; cf. Logic 1908/09, 206ff.). But it is not clear what place there is in the categorical grammar of the Investigations for expressions which are neither names nor sentences and which cannot be defined in terms of these. If the antecedent of a causal proposition is a name, whether or not it is a name of the form “the P-ness of S”, then it can occur in a predication of essence, it can be used to say that its bearer instantiates an essence. And then the account given in section 3 of Husserl’s theory of grounding and essence must be modified accordingly. But if the antecedent of a causal proposition is neither a sentence nor a name but more like a name than a sentence, in ways remaining to be specified, then it is not clear whether such a modification is required. Hitherto we have talked of the problem of ascent in terms of how to get to talk of formal entities from ordinary talk which mentions no such entities. Husserl, however, thinks that the origin of our reference to formal entities is not to be found in talk at all. Thus although he thinks that ordinary judgings, beliefs and assertings are “directed towards” states of affairs, he does not think that the former involve any conceptual representations of the latter: We note […] that a nominal meaning by itself says nothing to the effect that its object exists, that it does not predicate this, just as little as a proposition [Satz] predicates that its state of affairs is a really obtaining state of affairs. This would lead to an infinite regress. If we say “S is P”, then we say about S that it is P, but we do not say that the state of affairs that S is P really obtains; other13
He says: “…we shall put antecedents of the form ‘Because S is p`..in the same relation to hypothetical antecedents that we have recognised as obtaining between positing and non-positing names” (LI V §36, tr. 634). On the “because” of motivation, cf. (LI I §2).
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Kevin Mulligan wise the last statement would in turn state that the state of affairs that the state of affairs that S is P really obtains really obtains, and so on in infinitum. (Logic 1902/03, 96, cf. 91)
Thus Husserl could agree with the first of the following two claims made by the author of a later Austrian account of states of affairs, Wittgenstein, but he would reject the second, on one natural reading of it: The proposition [Satz] shows how things stand [wie es sich verhält], if it is true. And it says, that they do so stand. (Tractatus, 4.022)14 Similarly, Husserl notes, if we say that “every judgement claims to be true” this does not mean that every judgement really contains the thought of truth, hence that it says that what it states is true or that the state of affairs about which it states something exists. Otherwise we would have an infinite regress. (Logic 1902/03, 166f.) 14
Of course, Husserl does not reject all of logical atomism, as I have pointed out elsewhere: he allows for “simple meanings as elements” (LI IV, § 1) and “ultimately foundational absolute elements” (LI III, § 22 n.; cf. transl. 479f.) amongst the objects of meanings. As possible examples of the latter he mentions visual elements, just the candidates sometimes put forward as examples of Tractarian simples. He writes: “a logical theory of forms […] a theory of the forms of propositions […] is a sort of anatomy of the idea of a proposition. […] For propositions are so to speak molecules out of which all science is constructed and these molecules combine to form complex molecules, the inferences, the theories, and the simple ones amongst them still have parts, so to speak the meaning-atoms [Bedeutungsatome]. We want to determine the general kinds or forms of such possible molecules and atoms” (Logic 1902/03, 80). Nor does Wittgenstein reject all of the early Husserl. Many if not all of the universal modal claims in the Tractatus are presented as flowing from the essence of propositions, states of affairs, things etc. One of Wittgenstein’s most distinctive claims is that it belongs to the essence of a proposition to be such that it can be true and it can be false (cf. NB, 98). This is not a claim endorsed by Husserl, au contraire. But it is formulated in the language of Husserl’s theory. (It may even have its justification in the view that the specification of an essence may be conjunctive but cannot be disjunctive). For Wittgenstein, as for Husserl, essentiality precedes modality and is the source of the fundamental type of generality – essential, logical generality (Tractatus, 6.1232). On modality and essence in the Tractatus, cf. Plourde 2004.
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What, then, does it mean to say that in judging that it is raining one aims at the truth of propositions and is intentionally directed towards states of affairs and their obtaining although none of this is represented by the conceptual content of the judgement? Husserl provides two elements of an answer to this question. First, the relation between a judging and “its” state of affairs is an example of a much more widespread phenomenon. Consider regret or desire. Sam’s regret that p or his desire that p stands in the same relation to That p is regrettable, That p is desireable as his judgement that p to The state of affairs that p obtains. Sam’s regret is right or appropriate iff and because the Wertverhalt obtains, as his judgement is right iff and because the state of affairs obtains. Secondly, there is one type of mental state or act in which our relation to obtaining states of affairs is more intimate than in the case of mere judging or regret. In judging and in regret there is the possibility of ascent to judgements to the effect that a state of affairs obtains, that it is regrettable that p. In cognising (“Erkennen”), on Husserl’s account, we identify a thought fact with a perceived fact and so must already be actually aware of these objects, even if we do not ascend to an explicit identity judgement (LI VI, §§ 8, 39). 5 From Bolzano to Aristotle and Plato The direct ancestor of Husserl’s account of essence, modality, generality and grounding is the account of these matters set out in what Husserl calls Bolzano’s “admirable book”, the Wissenschaftslehre (WL).15 Bolzano gives what he calls an “Erklärung” of essentiality, which may be summarised as follows. Suppose that the proposition that A has the attribute b is true. Then 15
LI, P, appendix to § 61. On Bolzano on modality, cf. Textor 1996, Ch. 5; on Bolzano on grounding, cf. Tatzel 2003.
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Kevin Mulligan the attribute b, represented by [the attribute b], of the object(s) A, represented by [A], is an essential attribute of this or these objects iff [A] is a pure concept & the attribute b is exemplified by the objects which stand under [A] by virtue of the mere concept through which we grasp these objects (“vermöge des bloßen Begriffes, unter den wir sie aufffassen”; WL, § 111; cf. §§ 113.2, 209, 180).
A pure concept is a concept containing no intuitions (WL, § 73). But what does “by virtue of the mere concept” mean? Bolzano also uses “folget”, “herleiten” and “ableiten” in § 111. His example runs as follows Thus I call the possession by an organic body of certain limbs an essential attribute of it because this attribute follows from the just mentioned mere concept of the organic body, or because the proposition “Every organic being has limbs” is true and because the idea “every organic being” is a pure concept. (WL, § 111) Attributes which are not essential are “extra-essential”, the representation of an essential attribute is an essential representation. Whether a representation represents an essential attribute of an object depends in part on the object whose attribute the representation is supposed to represent, in part on the concept we form of the object. (WL, § 111) Bolzano mentions that some of his readers may find that the decision whether an attribute is essential or extra-essential turns on a merely arbitrary circumstance and replies in what is, by his if not by Husserl’s standards, a somewhat elliptic fashion: As far as our knowledge is concerned, an object is no more than what we represent in our minds, whenever we believe we represent it. Thus in logic its idea constitutes its essence. (Ibid.) Bolzano, we noted, glossed “in virtue of a concept” in § 111 with “folget”, “herleiten” and “ableiten”. When he summarises his account of essence at § 502, he refers at first to deducibility (“Ableitbarkeit”) and so to generality: “the essence of a thing [is] the totality [Inbegriff] of all the at-
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tributes of the thing which are deducible from its mere concept”.16 He goes on to distinguish between a wide and a narrow sense of essence. He says that in the first sense the essence of a thing is opposed to what is contingent and in the second to all deduced (“abgeleitete”) attributes of it. Essence in the narrow sense is a basic essence. In the account of a basic essence Bolzano appeals to the “Abfolge” relation between grounds and consequences, the relation corresponding to the “because” connective, which holds only between truths. The basic essence of a thing is the totality of all and only the attributes which result [ergebende] from its mere concept, which cannot be inferred objectively (that is, as consequences from their ground § 198) from any other concept. In this narrower meaning it is an essential attribute of a creature to be a substance which has the ground of its existence outside itself, but the property of having forces which are merely finite is not a basic essential property of a creature but only a deduced attribute; for that the forces of this substance are finite is a truth which is objectively derivable [herleitbar] from the truth that this substance has the ground of its existence outside itself. (WL, § 502) Bolzano notes that “essential attributes are often called necessary, extra-essential attributes contingent” (WL, § 111; cf. § 182). He prefers to reserve “necessity” and “contingent” in the strict sense for what holds of what is real, that is, causally efficacious. The proposition that every proposition is something complex does not therefore attribute a necessary attribute. The attributes of real objects are permanent or transient. The essential, that is to say, necessary attributes of “an object that exists in time are permanent attributes of it”, although not every permanent attribute of an object in time is an essential or necessary attribute of it (ibid.). And one sees that in the strict sense it can be said of all things that have reality that every essential attribute of such things is a necessary attribute and vice versa. (WL, § 502)
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On Bolzano on deducibility, cf. Siebel 2002.
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“In a wider sense” the same holds of all things (ibid.), that is, of real and non-real objects. This very brief sketch of Bolzano’s account of essence and modality17 suffices, perhaps, to make possible a brief account of the central similarities and differences between what Husserl and Bolzano have to say. As we have seen, Bolzano notes that it might be objected to his account of the distinction between what is essential and what is extra-essential that it seems to make the distinction look arbitrary. Bolzano’s reply to the objection, as we have also seen, is the claim that As far as our knowledge is concerned, an object is no more than what we represent in our minds, whenever we believe we represent it. Thus in logic its idea constitutes its essence. (WL, § 111) Husserl’s own development of this claim runs as follows: [A]ll actual cognising […] presupposes meanings that are intuitively fulfilled. Where there is talk of a knowledge “springing from the analysis of the mere meanings of words” more is meant than these words suggest. The knowledge meant is one whose self-evidence calls only for pure representation of the “conceptual essences”, in which the general word-meanings find their perfect fulfilments; all question as to the existence of objects corresponding to such concepts, or falling under such conceptual essences, is ruled out. But these “conceptual essences” are not the verbal meanings themselves, so that the phrases “grounded purely in the concepts (essences)” and “springing from a mere analysis of 17
A fuller account would take into account, for example, the following passage: “However, whether a proposition is strictly universal or not, and whether we can say that its predicate belongs to the subject by necessity, these are circumstances which depend on the inner characteristics of the proposition itself and have nothing to do with its accidental relation to our cognitive faculty. […] Beck (Logik § 67) states explicitly that a judgement can be objectively a priori although it is subjectively only a posteriori, and I do not think that much can be said against this” (WL, § 133). It would also have to determine just why Bolzano was not entirely happy with his accounts of “Abfolge” and of “determining propositions” in the Wissenschaftslehre.
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word-meanings” are only by equivocation equivalent. Conceptual essences are rather the fulfilling sense which is “given” when the word-meanings […] terminate in corresponding, directly intuitive presentations. […] Such analysis is not therefore concerned with empty thought-intentions, but with the objects and forms by which they are fulfilled. What it therefore offers us are not mere statements concerning mere parts of or relations among meanings, but rather evident necessities concerning the objects thought of in these meanings and thought of as thus and thus determined. (LI I, § 21; cf. transl. 307) Husserl’s account of knowledge differs in very many ways from that given by Bolzano. But they agree that in logic the essence of an object is an idea of it and that logic gives essential knowledge. Husserl’s account of the roles of grounds and of general laws in his analysis of essence have clear but distant analogues in Bolzano’s account of essence and necessity. Bolzano’s distinction between essentiality and necessity is not that made by Husserl, but both Austrian philosophers agree that essentiality comprehends necessity. The relations between Bolzano’s ideas and their extensions are semantic relations. Husserl’s essential laws also contain concepts which are the terms of semantic relations. But the relation of instantiation, which in Husserl’s account makes a universal hypothetical an essential law, is not any sort of semantic relation and has no counterpart in Bolzano’s account of essence. Yet even in this connection we find a Bohemian echo. Bolzano distinguishes sharply between ideas or representations which are conceptual and ideas which are intuitions or contain intuitions. Husserl develops this distinction in his account of proper names and demonstratives. These, he argues, often designate “directly” because they have a simple, non-attributive or non-descriptive sense which depends on non-conceptual, perceptual content. Similarly, Husserl claims that the names “white” and “justice” express non-conceptual ideas, are “so to speak proper names” and name “directly” in “überhaupt” propositions such as White is a colour, Justice is a virtue (Logic 1902/03, 110).
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Bolzano thinks it “probable” that his account of essence is just what Aristotle understood by the essence of an object (WL, § 117.2). Husserl’s account of “moments” clearly stands in the Aristotelian tradition, as Künne (1983, 76f.) points out. But Husserl’s appeal to instantiation may make us wonder whether his account of essence and explanation is not closer to that given by Plato than to that given by Aristotle.18 Husserl’s writings on a variety of topics throw a great deal of light on his understanding of essence and modality – for example his accounts of the difference between internal and external relations, of the distinctions between the synthetic a priori and the analytic a priori and between possible and impossible meanings (LI VI, § 30). The same is true of his changing views about what essences are and of the different varieties of species and of essence. Thus he distinguishes between exact and inexact essences (LU III, § 9), and between essences and empirical types. He came to think that Meanings should not be understood as ideal entities but as entities which begin to exist at a time but are, like many ideal entities, multiply instantiable. He also came to think of the essence of an individual as particular and temporal and came to call what such an essence instantiates an idea (Ideas, § 2). Similarly, much is to be learned from the developments of Husserl’s account of essence and modality and of a posteriori necessities by Reinach, Scheler, Schapp, Ritzel, Pfänder, Stein, Hering, Pöll, Spiegelberg, Ingarden, Kaufmann and the Hartmanns. Four of the more interesting developments in this tradition are Pfänder’s essentialist account and defence of the truth-maker principle, Nicolai Hartmann’s arguments in favour of the necessity-maker principle, the thesis that all necessity is relative,19 the defence by Scheler and Nicolai Hartmann of the distinction between normative and theoretical necessity already mentioned and Ingarden’s attempt to set out a philosophy of idealia which does not fall foul of the objections by Lesniewski to theories of essence like Husserl’s. Here, however, my goal has been to provide the quintessence of Husserl’s theory.20
18
19 20
On essence and explanation in Aristotle and Plato, cf. Politis 2004, 42-48, 295ff.; 2005. On these two developments, cf. Mulligan 2005. This paper is based on a talk given in Paris in 2001, “De l’essence, de la nécessité et de leurs rapports chez Bolzano, Husserl et leurs héritiers”. Thanks to the editors, Pe-
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On the Origin of Wittgenstein’s Tractatus Gerd Graßhoff (Bern)
1 Getting Inspired A first trace of Wittgenstein’s initial philosophical interests can be found in a recently discovered notebook of the early 1930s in which Wittgenstein refers to an important moment of insight that he describes as the beginning of a new epoch: When I had the thought sixteen years ago that the law of causality is intrinsically meaningless [an sich bedeutungslos] and there is a view of the world that one doesn’t have one’s eye on, I had the feeling that a new epoch was beginning. (Wittgenstein 1997, 25; diary entry after 6 May 1930; my transl.) Not only had an idea of some importance occurred to Wittgenstein sixteen years earlier, that is, in 1914 during his first year at Cambridge; the idea must also have been profound, since he felt that it heralded nothing less than the arrival of a new epoch. And we shall soon see that this was no momentary illusion or intellectual deceit. Wittgenstein did solve a fundamental problem of philosophy and science, which would direct his approach to philosophy for the rest of his life. At first glance the problem is very much in line with many other philosophical challenges to the foundations of science: the insight that the law of causality is intrinsically meaningless seems to bear consequences only for philosophers (many of them considered it an a priori truth while others treated it as a valuable axiom of thought). Why should Wittgenstein consider this insight to be so important? There have to be grave consequences for every general philosophical approach when of one of the most important principles of natural philosophy is rejected as meaningless.
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One of the formulations of the law (or principle) of causality is that there is “no event without a cause”. It should be noted that this is not the same as the principle of determinism, which states that the same causes have the same effects. A valid law of causality could still allow processes with some degree of random variation. That Wittgenstein considered the law to be meaningless implies more than that the law is useless. Such an interpretation of the law of causality could still make it true, only that it is without use or misleading. Wittgenstein has a different sense of “meaningless” in mind here: an expression without meaning could, using the terminology of the Tractatus, be either senseless or nonsensical. Tautologies or contradictions are senseless propositions. The law of causality is not of that kind, hence it must be nonsensical. Wittgenstein’s monumental phrase of the start of a new epoch related to that insight requires more elucidation. Fortunately, the moment in which he gained this insight can be traced back exactly sixteen years earlier to a letter Wittgenstein wrote to Russell. At that time Wittgenstein had started on his first philosophical work, later known as Notes on Logic. He had already convinced Russell, who by then was feeling that his logical powers were diminishing, of his extraordinary abilities. In his Notes on Logic Wittgenstein does indeed mainly address issues of symbolism. So could it have been Russell who discussed the current issues of causality with his talented pupil? What might have been the precise nature of the insight that the law of causality is nonsensical and that there is a philosophical point of view which neglects that law? The latter qualification not only renders the law of causality nonsensical, but also asks for a new kind of philosophy which is no longer dependent on the law. It seems to be the latter aspect alone that can qualify as an indication of the beginning of a new epoch. Russell (1913, 193) did publish at the time a well-known article about the status of causal laws in which he describes them, or more generally causality as such, as a superfluous notion: “The law of causality, I believe, like much that passes muster among philosophers, is a relic of a bygone age, surviving, like the monarchy, only because it is erroneously supposed to do no harm.” Like Wittgenstein, Russell too considered the law of causality to be superfluous. For Russell it is sufficient to substitute all its meaningful applications for the modern representation of a functional calculus, which describes the changes of a mechanical system by using ana-
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lytical equations to restrict any changes in position. So was it Russell who convinced Wittgenstein of the potential confusion that could arise from carelessly applying the law of causality? After all, Russell’s article appeared in 1913, and it was only one year later that Wittgenstein gained this profound new insight. Fortunately, a letter from Wittgenstein proves this not to be the case. It is the beginning of 1914, and an excited Wittgenstein writes to Russell from Sjkolden in Norway: Now for a question: isn’t what the “principle of sufficient reason” (law of causality) says simply that space and time are relative? I now think this is quite obvious, because all the events which, according to this assertion, are not meant to be possible could only occur, if at all, in an absolute time and space. (Admittedly this wouldn’t in itself be an adequate reason for my assertion.) But think of the case of a particle that is the only thing existing in the world and that has been at rest for all eternity and that suddenly, at time A, begins to move. Think of this and similar cases and you will see, I believe, that it is NOT an a priori insight that makes such events seem impossible to us unless it is the case that space and time are relative. Please write and tell me your opinion on this point. (Wittgenstein 1995, 67, 69; letter no. 36, dated by the editors to January 1914) Unfortunately, there is no record of Russell’s answer – if there was one. However, it is clear that the stimulus to that insight did not come from Russell. Rather, it was Wittgenstein’s own solitary reflections in Norway that led him to connect the law of causality with the question of the existence of absolute space and time. Wittgenstein would like to hear Russell’s opinion on what follows after “Think of this”. In the English translation it appears that Wittgenstein is excited about the realization that it is not an a priori insight that space and time are relative. The German original uncovers a different subject: Jetzt noch eine Frage: Sagt der „Satz vom zureichenden Grunde“ (law of causality) nicht einfach, daß Raum und Zeit relativ sind? Dies scheint mir jetzt ganz klar zu sein; denn alle die Ereignisse von denen dieser Satz behaupten soll, daß sie nicht eintreten kön-
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Gerd Graßhoff nen, könnten überhaupt nur in einer absoluten Zeit und einem absoluten Raum eintreten. (Dies wäre freilich noch kein unbedingter Grund zu meiner Behauptung.) Aber denke an den Fall des Massenteilchens, das, allein in der Welt existierend, und seit aller Ewigkeit in Ruhe, plötzlich im Zeitpunkt A anfängt sich zu bewegen; und denke an ähnliche Fälle, so wirst Du – glaube ich – sehen daß KEINE Einsicht a priori uns solche Ereignisse als unmöglich erscheinen läßt, außer eben in dem Fall daß Raum und Zeit relativ sind. Bitte schreibe mir Deine Meinung in diesem Punkte.
According to this passage, the impossibility of a certain event cannot be known a priori, except that space and time are relative. The mentioned event is that a solitary mass-particle (“Massenteilchen”) at rest has suddenly begun to move. Wittgenstein’s use of the notion of mass-particle is highly significant, for it is one of the very rare occasions in which he uses this term and not the related notion of a material point (“materieller Punkt”), which would be the standard term of the physical description of elementary mechanical objects. The mentioned problem is not addressed by Russell in his “On the Notion of Cause” and must therefore be an original thought of Wittgenstein’s. However, before we go into the details of the problem, I shall reveal how newly discovered archival documents expose Wittgenstein’s deep involvement in the developments of the physics of his time and explain how he could consider his new interpretation to be the beginning of a new epoch for philosophy. There is little surviving biographical information on Wittgenstein besides his philosophical notebooks of 1913, the Notes on Logic, Notes Dictated to G. E. Moore in Norway, the Proto-Tractatus and the various typescripts of his Logisch-Philosophische Abhandlung.1 Only a few of his letters have been published (Wittgenstein 1980, 1995, 1996), among them the aforementioned letter to Russell. The origin of Wittgenstein’s new insight cannot be reconstructed from these sources. However, unpublished documents from the Nachlass of Paul Engelmann, who from 1916 until 1929 was a close friend of Wittgenstein and his family, does provide further clues. 1
The various typescripts of the Tractatus and an examination of their genesis is published in Graßhoff & Lampert 2004.
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Engelmann was born 1891 in Olmütz, Moravia, then an Austrian province. He abandoned his studies at the Technische Hochschule (Technical University) in Vienna to enrol as one of Adolf Loos’s first pupils in the latter’s school of civil engineering in 1911. He later worked for Karl Kraus and his well-known magazine Die Fackel. He spent the time up until the end of the First World War in his hometown, which is where Loos introduced him to Wittgenstein, who during the war served in the Austrian Army and was stationed in Olmütz for officer training. They discussed religion, which, in view of the war and their reading of Tolstoy, preoccupied them both. With Engelmann, Wittgenstein worked out his philosophical thoughts for his Abhandlung on which he was working. As early as 1917, the Wittgenstein family asked Engelmann to carry out the interior decoration of the family house in Neuwaldegg. As Engelmann spent more and more time with them, he was accepted into their homes as a member of the family. In the mid-1920s Margarete Stonborough asked him to lead the construction work on a house in the Kundmannsgasse in Vienna for her. At that time Wittgenstein accompanied Engelmann in a professional capacity, so it was inevitable that Wittgenstein joined him in this housing project, eventually taking over the task completely. With the worsening political climate, Engelmann emigrated to Palestine, where he made a poor living from the occasional contracts he obtained as an interior designer and architect. With the exception of the exchange of a few letters, their close friendship came to an end. Engelmann died in Tel Aviv in February 1965, after having partly arranged his numerous manuscripts, notebooks and biographical sketches. His collection of Wittgenstein letters and some of his reminiscences were published posthumously (Engelmann 1967). Engelmann ironically acknowledged the strong influence Kraus, Wittgenstein and Loos had on him (Wijdeveld 1994, 61): “If I attribute to myself merits in respect to spiritual activities, then I had the fortune to have the best teachers of my generation and learned something from all of them: from Kraus not to write, from Wittgenstein not to speak, from Loos not to build.” Engelmann clearly did not consider himself to be on the same level as his teachers. From 1916 until the end of the construction of the Wittgenstein house in the Kundmannsgasse, Ludwig Wittgenstein, as the one with the brilliant mind, was an example to him.
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When Friedrich A. von Hayek, a Nobel prizewinner in economic sciences and a relative of Wittgenstein, was preparing a biographical sketch of Wittgenstein, he contacted Engelmann in Tel Aviv for additional information. On 6 February 1953 Hayek wrote: I acquired your postal address from my relative Paul Wittgenstein, who referred me to you, since you might be able to help me collect material for a short biographical sketch about Ludwig Wittgenstein, which I am writing for a purely philosophical English journal. I knew L. W. for almost thirty years, but only superficially. However, through our kinship and the fact that we have similar careers, I am probably more accustomed with his milieu than most other people; and since nobody else has undertaken the task, I felt that I should try and curb the formulating of myths by writing a brief description of his life.2 In his answer Engelmann describes his close contact with the Wittgenstein family, which often brought him to the Alleegasse 16 and the nearby family estate. Their friendship brought them together after the war. Engelmann’s Nachlass, preserved in the Jewish National Library in Jerusalem, includes several of his diaries which show his keen orientation towards Wittgenstein’s thinking. Engelmann’s notes often reveal an ambitious desire to imitate the working style and views of Wittgenstein, particularly when it comes to Engelmann’s own attempt to formulate a fundamental theory of psychology (cf. Graßhoff & Lampert 1996/97). He often repeats Wittgenstein’s views word for word: Engelmann was renowned for his excellent memory. But Wittgenstein too needed and sought out Engelmann to exchange ideas. On Wittgenstein’s frequent return visits to Vienna it was often Engelmann whom he first called on, which explains why even Wittgenstein’s own brother referred Hayek to Engelmann for details on Wittgenstein’s life. In the following letters Hayek tries to clarify some biographical aspects for his article. In a letter of 25 February 1953 he asks Engelmann about Wittgenstein’s religious attitudes, which Engelmann answers on 8 2
The correspondence between Engelmann and Hayek is unpublished. The letters are held in the Brenner Archiv Innsbruck. The translations are my own.
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March. As a follow-up, on 21 March Hayek inquires about two remaining gaps in his Wittgenstein biography: This leaves two gaps that interest me because it seems possible that he studied mathematics in the natural sciences at a German university. I do not know whether he knew Heinrich Hertz, by whom he appears to have been influenced, personally: however, he supposingly visited Gotthold [sic!] Frege, the founder of mathematical logic, in 1911, who sent him to Russell. Engelmann answers: I don’t know anything of a longer stay of L. W.’s in Germany after the one at the Charlottenburg University and I do consider it to be very unlikely. He didn’t know the physicist Herz [sic!] personally, whom he greatly admired (as well as the English physicist Maxwell), particularly because of the classical linguistic expression of their thoughts, which was the main thing for W.; he told me once that he had recently seen a picture of Heinrich Herz, and so forth. Engelmann speculates in his answer about Wittgenstein’s training: Since he wanted to learn how to construct aeroplanes in Cherlottenburg [sic!] and, as I believe, again in Maenchester [sic!] (as far as I understand, while a secondary school pupil he invented something ingenious in that field), his entire later training in mathematics and the natural sciences must have taken place at Cambridge. It is clear that neither Hayek nor Engelmann had any more precise knowledge of Wittgenstein’s studies in Berlin, and so Hayek closes the topic with an apology in his letter of 23 May 1953: The question about Heinrich Hertz was, of course, a “blunder” of mine, since he died, as I now know, very young back in 1896 [1894]. However, when and where Wittgenstein acquired his apparently very considerable knowledge of physics remains a prob-
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Gerd Graßhoff lem. He doesn’t seem to have worked in this field at Cambridge – except for logic he seemed to have practised only psychology.
On 12 June 1953 Engelmann confirms this conjuncture: It is true that Wittgenstein understood physics exceptionally well. Despite that, I consider it very unlikely that he did any normal university studies of that subject. Likewise, he had a such a professional understanding of music that one would presume that he attended a conservatory. His knowledge of physics only comes presumably or mainly from the unusually intense, passionate reading of the writings of Maxwell and Hertz. That the two also inspired him linguistically was a prerequisite for the influence they had on him. It is significant that Engelmann himself never studied any of the natural sciences, although it was clear to close friends of Wittgenstein who his heroes were. It is also clear from the letter that Engelmann was unaware of Wittgenstein’s early studies at the Technische Hochschule Charlottenburg in Berlin and so could only speculate as to where Wittgenstein had acquired the deep understanding of Hertz’s work to which everybody close to Wittgenstein attested. So it is surprising to find among Engelmann’s papers a page in which he tries to explain the importance of Wittgenstein’s philosophical contribution. He does so by drawing a comparison between Wittgenstein and Hertz, which is quoted here in full because of its significance. The last impressive example of this type is the natural science of the nineteenth century. One attempt to gather all the new facts into one single new physical system is the field theory of Heinrich Hertz. And the general result of this account – relativity theory – achieves its results by the attempt to establish a measurement system without reference to something other than measurable quantities, and it only measures them relative to each other. The philosophy of the epoch begins with that new physical conception of the world. We see philosophy pursuing similar attempts, increasingly freeing itself from standards outside the measured qualities – from the subject – and rather changing to a view [suitable] to the phenomena. As in the former [physics], where spatial points are
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arranged by their mutual positions and their movements to each other in a general picture, in here [philosophy] the phenomena are related to each other without a subject as its coordinate system. Engelmann continues then to compare Hertz’s contribution to Wittgenstein’s: An important attempt in this direction is that taken by Wittgenstein. The philosophical conception of the world, which is left over after such an elimination of the subjective point of reference, is given by declarative sentences of natural science. Its content is identical to that of natural science. But it means something else and it is philosophy if this picture is seen in its relationship to a representing subject. But it does not try to bring this relationship into the picture again or to talk about the relationship. The pure and perfectly exact scientific representation provides, as it were, the first objective picture. The second step is coordinating this picture with the thus far omitted subject: and so arises the interests of philosophy. Engelmann’s comparison of Wittgenstein’s philosophical innovation to that of Hertz is in many respects revealing: the exchange of letters between Hayek and Engelmann shows that Wittgenstein did not study any physics-related subjects to any great extent after he had become acquainted with Engelmann. Yet all his friends knew that he was very interested in and had proven substantial knowledge of mechanical science, especially of Hertz’s highly endorsed field theory. Since it is also clear from the citations that Engelmann never studied physics nor developed any expertise in the subject, he must have relied on Wittgenstein for his views. Details of the comparison of Hertz’s innovation in physics with Wittgenstein’s early philosophy must be seen as a direct echo of Wittgenstein himself rather than as an independent description written by another expert in the field. This echo is particularly apparent in the previous citation. To sum up: 1. Engelmann compares Hertz’s new world view in physics to Wittgenstein’s new philosophy in exactly the same way as Wittgenstein had recorded it in his 1930 notebook, by which time their friendship had broken off. Engelmann also calls both theoretical attempts to provide
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Gerd Graßhoff a single uniform world view the beginning of a new epoch, “the philosophy of the epoch begins with that new physical conception of the world”. 2. He describes Hertz’s theory of mechanics as a “field-theory”. Given that the underlying image of a mechanical theory is a space filled with point-like particles, this is a remarkable statement for somebody who had probably never read Hertz. All of Engelmann’s knowledge about Hertz comes directly from Wittgenstein. Hertz defined “massparticle” as a property of space, a “Merkmal” of space, not something in space. 3. According to Engelmann, besides the introduction of a single uniform world view, Hertz’s physics “achieves its results by the attempt to establish a measurement system without reference to something other than measurable quantities, and it only measures them relative to each other”. Here the key contribution is the concept of relative space, the starting point for the new philosophy, which again mirrors Wittgenstein’s later attribution.
The citation shows how accurately Engelmann recorded the conceptual starting point of Wittgenstein’s philosophy, which provides us with two sources. It also emphasizes how important this moment of insight was for Wittgenstein. Finally, Engelmann’s description reveals that Wittgenstein cannot have acquired this knowledge after he had started studying philosophy at Cambridge in 1913; rather, he must have picked it up during his engineering studies at Charlottenburg. 2 Wittgenstein at the Technische Hochschule Charlottenburg Wittgenstein enrolled at the Technische Hochschule Charlottenburg (TH) in Berlin for a degree in mechanical engineering in the winter semester of 1906. He had to master a demanding curriculum, which included many courses in theoretical mechanics and mathematics. In addition, during his studies in Berlin he stayed at the home of one of the TH’s mathematics professors, Stanislaus Jolles, with whom he became friends: during the First World War Jolles sent Wittgenstein’s favourite chocolate to him, and
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their correspondence was warm in tone. Jolles specialized in projective geometry and the variation methods used in theoretical mechanics, such as, for example, in Hertz’s Prinzipien der Mechanik (The Principles of Mechanics). Given this environment and the fact that the concept of material points was one of the key subjects in the TH examination, it is highly likely that it was during this period that Wittgenstein became involved in Hertz’s mechanics in such detail. Wittgenstein was fortunate enough to be able to supplement his regular curriculum by attending lectures given by the Privatdozent (a lecturer who is not a member of the salaried university staff) Joseph Petzoldt, who was lecturing on the concepts of matter and relative space and time during Wittgenstein’s second semester at Berlin. He studied philosophy, psychology, mathematics and physics at Jena, Munich, Geneva, Leipzig, Göttingen and Zurich, where he submitted his dissertation Maxima, Minima und Oekonomie (Maximums, Minimums and Economics).3 While studying he came into contact with the philosophical works of Richard Avenarius and Ernst Mach; he saw himself as a loyal pupil of both and published and edited their works. Petzoldt started to lecture on foundational topics of mechanics at the TH. The manuscripts of his first course of lectures have been preserved, although the entire archives of the TH were destroyed during a bombardment of Berlin during the Second World War. During the summer semester of 1907 – Wittgenstein’s second semester – Petzoldt’s course of lectures dealt with the foundational concepts of mechanics: substance, space, time, matter, force and inertia. Whether Wittgenstein attended these lectures is not documented, although Petzoldt timed them so that regular students of engineering could participate. Given that Wittgenstein showed a great interest in foundational themes as well as in the work of Boltzmann, and given the fact that Petzoldt was the only one who taught these subjects at the TH, it is quite likely that Wittgenstein did attend this course of lectures – particularly when we consider that their content mirrors Wittgenstein’s early subjects of interest.
3
From Petzoldt’s curriculum vitae, which he was required to submit for habilitation. Petzoldt’s manuscripts are held in the archives of the Technical University Berlin and are quoted with their kind permission. Cf. Hentschel 1991.
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Petzoldt gave eight lectures in the summer of 1907 in which he discussed the meaning of the fundamental notions of mechanics. He divides the notions into two groups. All notions related to force come in the first group; the second group is related to inertia, to what is called the “Galilean Law of Inertia”, which is also known as “Newton’s Lex I”: a material point without external forces stays at rest or in linear uniform motion (cf. Neumann 1870, 91). Following Carl Neumann’s inaugural lecture in 1869, the interpretation of its exact meaning had stirred up first the physicists and then the philosophical community. Neumann critically points out that a precise meaning of the spatial condition (being at rest or in linear uniform motion) was not given and that a reference to absolute space was not at all clearly defined. Yet providing a relative spatial position to another body in space might lead to a linear and uniform motion of a particular material point, while a reference to a third point might yield a non-linear motion. What is the right frame of reference for measuring space and time? Neumann’s answer is that there must be a unique body of reference in the world – which he calls the body alpha – as a standard for the spatial and temporal reference frame. Neumann’s contribution was quickly picked up. Ludwig Lange published a series of influential papers on the law of inertia, in which he introduced a special frame of reference called “inertial system” relative to which motion is defined. Lange’s adoption of the notion of a “sich selbst überlassener materieller Punkt” (a free material point) became a standard expression for the inertial condition: the existence of a material point upon which no external forces act. The justification of the law of inertia is then closely related to the law of causality – as Lange (1885, 292) points out in his discussion. External forces are the causes of changes in the spatial positions of “rest” – and without external causes such changes would not occur. Hence it was argued that, with the additional assumptions about what a state of rest looks like, the law of inertia could be deduced from the law of causality. Mach then extended the idea of relative space and argued that all spatial attributions must be given relative to other bodies in space and that all motions in space can be reduced to such relative inertial systems. Petzoldt now presents all these major contributions, including Mach’s relativistic solution, to his audience in 1907 (see fig.). His course of lectures was published under the title “Die Gebiete der absoluten
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Figure: Passage of page V.28 of Petzoldt’s 1907 course of lectures.
und der relativen Bewegung” in Annalen der Naturphilosophie (Petzoldt 1908). In his fourth lecture Petzoldt presents considerations that are identical to those Wittgenstein mentioned to Russell in his letter of 1914: Let us imagine the following. We have in space a fixed coordinate system, and let a single material point (otherwise the space is empty) get into an arbitrary motion of an arbitrary curvilinear path. In addition we have an individual A which is juxtaposed to this single material point without being able to recognize us or the fixed coordinate system. We are in the position to move the individual A somehow against the fixed system. The individual would not recognize such motion but considers himself as being at rest, and he could only make statements about the motion of that material point relative to his own body (that of A). He would not know anything about that “absolute” motion. This is always the case when we consider a situation where we should determine the motion of a material point in empty space without reference to that coordinate system. In the case of two points one could determine only their mutual approximation or removal and one could not dis-
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Gerd Graßhoff criminate whether only P1 or only P2 “really” is moved or both of them and to which extent. The same for the rotation of a body. A reference to absolute space is therefore physically nonsense. We only have a relative change of position and relative rotation. (Petzoldt 1907, V.4; my transl.)
Petzoldt’s description corresponds exactly to Wittgenstein’s analysis of the statement of a lonely material point as being nonsensical. What Wittgenstein later realizes is that he can provide a symbolism which shows that this expression is nonsensical. Furthermore, the law of causality, which had appeared to be a meaningful statement of philosophical interest and which seems to exclude the possibility of a lonely material point (which Wittgenstein then correctly calls a “mass-particle”) being set in motion, disappears within the context of relative space mechanics as part of Hertz’s fundamental law of motion. 3 Hertz’s Principles of Mechanics: A General Theory of the Physical World Hertz envisaged mechanics as a universal science that, in principle at least, describes all the external states of the world and their motion. It was one of Hertz’s undertakings to reduce the electrodynamic laws, expressed in Maxwell’s Laws, to a mechanical equivalent. As a pupil of Helmholtz, it was clear to Hertz that it should be possible to express all physiological facts, such as those of sense perception, in terms of a mechanical theory. Hertz’s intentions in writing the Mechanics went beyond the wish to construe a universal, true theory. The book was also intended to be a conceptual criticism of an insufficiently clarified system of definitions in theoretical physics. In his Principia Mathematica, Newton had formulated his mechanical laws on the basis of four fundamental concepts: space, time, mass and force.4 Hertz, like many other physicists of his time, believed that Newton’s definition of force was conceptually superfluous.
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Leaving aside that Newton defined masses according to the density of their particles.
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3.1 The Fundamental Notions of Mechanics In the beginning of the first part, Hertz defines physics as the branch of science concerned with the three fundamental notions of space, time and mass. The notion of mass is introduced in the first definition. One needs to be especially careful with the translation of the technical terms related to masses as they are an easy source of confusion. Therefore, I shall quote the translations of the key passages and then comment on them. Definition 1. A mass-particle [Massenteilchen] is a characteristic by which we associate without ambiguity a given point in space at a given time with a given point in space at any other time. Every mass-particle is invariable and indestructible. The points in space, which are denoted at two different times by the same massparticle, coincide when the times coincide. Rightly understood, the definition implies this. (Hertz 1956, 45f.) In the German original, Hertz describes a Massenteilchen as a characteristic property (Merkmal) of space and time. The usual English translation of “Massenteilchen” as “material particles” is misleading and can easily be confused with “material points”, as defined in definition 3. Since a number of Massenteilchen are identified with the numerical value of mass, I prefer to use “mass-particles” rather than “material particles”. Mass-particles are a characteristic of space-time locations; they are not material objects in space and time and have no spatial extension. It is rather unusual to define the basic concepts of mass as properties of space and time, and not as kinds of entities in space and time. So what does it mean for a space-time location to have this particular property? Since the notion of a mass-particle is fundamental to Hertz and cannot be reduced to other physical concepts, one cannot say that a particular space-time location (or a mass-particle) is a location with a property X. It is interesting to note that the common associations with mass definition, such as the property of being heavy, are not used in the definition of mass-particle. The function of mass-particles at this point is just to mark uniquely a spacetime location, so that such points are countable. Only this is required to define the concept of mass.
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Mass is a measure of the (relative) number of mass-particles. The definition of a mass of a space volume is given as the numerical ratio of massparticles compared with a reference space. According to this definition, it is impossible to determine the mass of an object without reference to a standard measure of mass. The number of mass-particles in the standard region must be indefinite if the numerical value of the mass in an arbitrary space is to have any real value. Hertz’s definition of mass is as follows: Definition 2. The number of mass-particles [Massenteilchen] in any space, compared with the number of mass-particles in some chosen space at a fixed time, is called the mass contained in the first space. We may and shall consider the number of mass-particles in the space chosen for comparison to be infinitely great. The mass of the separate mass-particles will therefore, by definition, be infinitely small. The mass in any given space may therefore have any rational or irrational number. (Hertz 1956, 46) 3.2 Wittgenstein’s World of Mechanics In the Tractatus Logico-Philosophicus (TLP), Wittgenstein refers only to the notion of “materieller Punkt” (material point), for example, in TLP 6.3432: We must not forget that the description of the world by mechanics is always quite general. There is, for example, never any mention of particular material points in it, but always only of some points or other.5 Wittgenstein characterizes the general structure of mechanics as a physical theory. “Die Weltbeschreibung durch die Mechanik” (“the description of the world by mechanics”) is a singular term referring to the one description of the world by means of mechanical theory. Like Hertz, Wittgenstein considers mechanics to be a general theory applicable to all empirical propositions. Thus mechanics is the scientific means by which we can give an all5
All quotations from the TLP are from Wittgenstein 1933 unless otherwise indicated.
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embracing picture of the world. In the first sentence of the above quote, Wittgenstein qualifies this description of the world, namely that it is always quite general (“immer ganz allgemein”): the theory never contains names referring to individual things. The theory contains only variables and class terms for those names that are instantiated when the theory is applied to concrete situations. Wittgenstein’s “always” emphasizes that the generality holds for all theorems within mechanics (that is, within one single scientific theory). “Always” is not meant in a temporal sense or as a quantifier for various scientific theories. Incidentally, Wittgenstein (1983, 35) gave his translator Ogden a clue as to how to translate the technical terms of these passages when he wrote: “To get the right expression, please look up the English translation of Hertz’s ‘Principles of Mechanics’.” Hertz defines mass-particles as the smallest, unchangeable and indivisible attributes of space-time. A number of them in a space region is called a material point. Does Wittgenstein’s use of the same term match Hertz’s understanding? When Wittgenstein speaks of material points he means external things. A true description of the world through language relies on correctly depicting states of affairs by elementary sentences, which are composed of names. And these names denote simple objects: 4.0311 One name stands for one thing, another for another thing, and they are connected together. And so the whole, like a living picture, presents the atomic fact. Yet what is a thing? Is it a simple object? Did Wittgenstein know an example of a thing and how one refers to a thing? The key problem to interpreting the TLP adequately is determining the types of objects and their concatenation within a state of affairs. In a much-quoted passage from the Notebooks, Wittgenstein seems to address these difficulties and to answer them in a straightforward fashion: Our difficulty was that we kept on speaking of simple objects and were unable to mention a single one. If a point in space does not exist, then its coordinates do not exist either, and if the coordinates exist, then the point exits too. That is how it is in logic.
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Gerd Graßhoff The simple sign is essentially simple. […] It always looks as if there were complex objects functioning as simples, and then also really simple ones, like the material points of physics, etc. That a name stands for a complex object can be seen from the indefiniteness of the sentence in which it occurs [my transl.]. This comes of the generality of such propositions. We know that not everything is yet determined by this proposition. For the generality notation contains a proto-picture. All invisible masses, etc. etc. must come under the generality notation. (Wittgenstein 1961, 68f.; 21 June 1915)
What appears in the first sentence to be explicit evidence of Wittgenstein’s lack of examples for simple objects turns out to be the opposite, as I shall now demonstrate. The quoted passage uses “material points” and “invisible masses” as examples of simple things. The notes of June 1915 are very detailed. They contain long argumentative passages, written daily; it seems that Wittgenstein succeeded in escaping the worst of the war and was able to work on the central theses of the TLP. Many of the lines that he wrote at this time were later excerpted for its first version, known as the Proto-Tractatus, and then for the TLP itself. The day before he wrote the previous quotation, Wittgenstein asked the rhetorical question: Can we justly apply logic just as it stands, say in Principia Mathematica, straightaway to ordinary propositions? (Wittgenstein 1961, 66e; 20 June 1915) When one analyses expressions of ordinary language by logical means, one must determine whether these expressions have meaning or one must take into account that, when trying to make sense of complex sentences, as Wittgenstein says, “there is a possibility of failure” (ibid., 66f.; 20 and 21 June 1915). What does it mean that a sentence fails to make sense? In its fully analysed form, an empirical sentence must refer to external objects and their relations. Only then can the truth-value of the sentence be determined. Therefore, in order to be able to judge the meaningfulness of a sentence,
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the complex objects need to be analytically broken down into their atomic components: The division of the body into material points, as we have it in physics, is nothing more than analysis into simple components. (Wittgenstein 1961, 67; 20 June 1915) Wittgenstein emphasizes the terms “material points” and “simple components”. How could the meaningfulness of physical sentences be decided by a mechanical theory such as that of Hertz? Sentences in ordinary language are often about complex objects, their properties and their relations. Yet physical language defines systems of small objects with atomic dimensions.Thus one has to determine which sets of these atomic objects – the things in the world – are part of the complex body. Wittgenstein struggled with the problem of reducing propositions about the external world to physics. Even when the physical concept of material points and their kinetics has been theoretically solved, it is still an arduous task to explain the physics of complex bodies using ordinary language. At least in principle, the physical behaviour of a complex body can be predicted deterministically, when all its components have been determined in space, time and mass. This system of material points, together with the conditions of the environment, is then subjected to the mechanical theory. Wittgenstein’s insertion “as we have it in physics” elucidates this procedure: the division of bodies into material points as defined in physics amounts to the process of breaking down complex objects into more simple components. Wittgenstein does not reflect on the physical analysis of complex bodies as an example among other known methods of analysis. Rather, it is the other way round: all ordinary bodies of the external world are analysed in such a way that their elementary components are made out of material points, as we know them in physics. There could be no closer alliance between Wittgenstein’s obvious use of a physical terminology and Hertzian physics. Wittgenstein embraces Hertz’s mechanical analytical method by identifying the most simple components as material points: Things, as simple objects in the external world, are material points.
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3.3 The First Theses of the TLP The TLP starts with the following three statements: 1 The world is everything that is the case. 1.1 The world is the totality of facts, not of things. 1.11 The world is determined by the facts, and by these being all the facts. According to the first sentence, the world is a collection of components of which one can say that they are the case. TLP 1.1 specifies these components as facts and not as things. Why is the world not made up by the set of things which apparently populate it? First of all, they do not unambiguously characterize the world. Knowing just the simple things in the world – material points – does not help us to differentiate between worlds with the same material points in different relations to each other. Taking into account that, for Wittgenstein, simple objects are unchangeable and indestructible, our world has the same set of simple objects as a million years ago. Only the arrangement of these objects has changed. Thus the set of simple things is a cosmological constant that is fixed once and for all, remaining invariant. According to the definition of mass, it is impossible to form a proposition about one space-time location alone without reference to a standard measure of mass. According to the definition, mass is a relational concept which requires the minimum of two space-time locations set in relation to each other. The first group of theses in the TLP introduces the metaphysical conception of things and their concatenation. The second group elaborates the nature of the concatenated things in more detail: 2 What is the case, the fact, is the existence of atomic facts. 2.01 An atomic fact is a combination of objects (entities, things). 2.011 It is essential to a thing that it can be a constituent part of an atomic fact. 2.012 In logic nothing is accidental: if a thing can occur in an atomic fact the possibility of that atomic fact must already be prejudged in the thing. […]
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2.013 Everything is, as it were, in a space of possible atomic facts. I can think of this space as empty, but not of the thing without the space. In TLP 2 a fact is defined as the existence of atomic facts. A fact is necessarily a complex, with atomic facts as elementary components. Atomic facts obtain their structure from a combination of objects. Wittgenstein divides objects into “Sachen” and “Dinge” – entities and things. There is a simple interpretation of Wittgenstein’s elementary sentences. It is that the temporal notions and the attribution of mass should be analysed along the lines of Hertz’s definitions. A material point, according to Hertz’s definition, is still very complex and includes references to many other material points, all of which would not be fully expressed by the notion of a mass particle, including a numerical attribute m for its mass. Hence, “material point” can be analysed still further to its logical form. Wittgenstein repeats on a number of occasions, for example, in a letter to Ogden commenting on the English translation (Wittgenstein 1983, 23), that the relation sign R has no additional sense besides the denotation of singular expressions: “2.03 Here, instead of ‘hang one on another’ it should be ‘hang one in another’ as the links of a chain do! The meaning is that there isn’t anything third that connects the links but that the links themselves make connexion with one another.” Two different states of affairs are logically independent of each other: 5.135 In no way can an inference be made from the existence of one state of affairs to the existence of another entirely different from it. It is interesting to note that the name for a material point requires further reference to other points in space. The relational definition of mass, space and time requires that a comparison be made with a standard measure of mass and the position of other particles. Otherwise, a mass would be undefined and the assignment of a value would be purely subject to convention. 3.4 Wittgenstein’s Simple Objects Until now the introductory theses of the TLP have been interpreted by reformulating the Wittgensteinian notions for simple objects and elementary
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propositions in Hertzian terminology. Can we find in the TLP a direct reference to Hertzian material points as examples of simple objects? Many interpreters deny that Wittgenstein ever succeeded in giving such an example. Yet the Proto-Tractatus proves otherwise. In the latter, TLP 2.013 has an additional thesis that elaborates on the thing as a simple object: 2.0141 Let the thing be the material point surrounded by infinite space. It is obvious that the material point cannot be imagined without indefinite space. (My transl.) One cannot imagine a more unambiguous statement on simple objects! Wittgenstein uses the Hertzian notion of material points and defines them as things – the simple objects of the external world. Conventions decide on the connections between simple names and their counterparts in the world. Only after agreements have been made, are statements on states of affairs possible and either true or false. Wittgenstein precisely expresses the normative nature of the assignment of material points as being simple external objects by using the imperative form “Let the thing be the material point” (“Das Ding sei der materielle Punkt”) instead of “The thing is the material point” (“Das Ding ist der materielle Punkt”). When, in the discussed passage of the Notebooks, Wittgenstein speaks of things being, “for instance” (“z.B.”), material points, he again emphasizes the conventional status of his statement. The application of logic decides which elementary sentences exist, and a fortiori which simple objects exist (TLP 5.557). This choice is decided by science, and here Wittgenstein had a clear prototype in Hertz’s Mechanics. In addition, Hertzian material points can be analysed as a spatial distribution of mass-particles. It is significant that in Proto-Tractatus 2.0141 Wittgenstein places his material point within space without characterizing its temporal qualifications any further. Considering Wittgenstein’s remarks on relative space and time in TLP 6.3611 (see below), temporal orders and dimensions can be defined only in relation to other processes in the world. As these involve changes in position, the spatial position and its changes are fundamental. If the material properties are then analysed according to Hertz’s definition, the latter appear as totals of simple material points at a definite point in space, defined relative to the position of other material points. Although mass-particles are nothing more than attributes (Merkmale) of space, once
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they are placed in space relative to others, they form physical properties by clustering in a special region with a well-defined density. Though different from Hertz’s definition, one could interpret Wittgenstein’s material points as being singular mass-particles with a well-defined position in space. States of affairs are defined by the spatial position of a material point relative to others. Wittgenstein uses a strikingly analogous illustration to support this interpretation: 6.341 Newtonian mechanics, for example, brings the description of the universe to a unified form. Let us imagine a white surface with irregular black spots. We now say: Whatever kind of picture these make, I can always get as near as I like to its description if I cover the surface with a sufficiently fine square network and now say of every square that it is white or black. This image of spots on a white surface is the projection of the distribution of simple material points in space. They are points in space, summing up to form spots. The network itself is the coordinate system by which the distribution of spots is defined. Yet this definition is not given in absolute space but essentially in a relative space, defined by a selection of other material points. The resolution of the initial problem of the motion of a lonely massparticle is finally given in TLP 6.3611: We cannot compare any process with the “passage of time” – there is no such thing – but only with another process (say, with the movement of the chronometer). Hence the description of the temporal sequence of events is only possible if we compare it with another process. This also applies in exactly the same way to space. When, for example, we say that neither of two events (which mutually exclude one another) can occur, because there is no reason why one should occur and not the other, it is really because we are unable to describe one of the two events without the existence of some sort of asymmetry. And if such asymmetry does exist, we can regard this as the cause of the occurrence of the one and of the other event not occurring.
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The relativity of space and time is first introduced by Wittgenstein in his criticism that there is no concept of “passage of time” without reference to another process, as defined, for example, by a chronometer. The second sentence of section 6.3611 claims that a description of a temporal order is only possible with reference to another such process. Hence all expressions making claims about temporal sequences are nonsensical. Yet time definitions require spatial motion (“the movement of the chronometer”), which is consequently the more fundamental notion and is finally analysed in the last section of TLP 6.3611. This is the section that deals with the subject on which Wittgenstein wrote to Russell and which initiated the epochal new kind of philosophy that Wittgenstein would recall in his diary sixteen years later. The section is composed of three steps. The first starts with what looks like a meaningful sentence and the second shows that there is an equivalent formulation which clarifies its meaning. By doing so, the specific role of causality in that sentence becomes apparent in the third step. I.
An event E instead of F cannot happen because there is no cause.
II.
An event E instead of F cannot happen because we are unable to describe E instead of F without an asymmetry A.
III. If there is such an asymmetry A, this can be regarded as the cause of E instead of F. Step I is now nothing more than the principle of causality: all events have causes. Step II reformulates this principle by an equivalent sentence introducing “asymmetry” as a replacement of “cause”. Such an asymmetry is then identified with a cause in step III. What sort of asymmetry is Wittgenstein referring to? The context makes it clear that it is related to the relativity of space. It was stated that the relativity of time means that there is no proper definition of a temporal extension unless there is another temporal process. So, if Wittgenstein draws the same analogy for spatial positions, it must mean – although Wittgenstein doesn’t in fact say so – that no spatial position can be defined without reference to another spatial position. Spatial positions are neither purely geometrical points in an abstract space nor points in an absolute space; these positions are only provided by material points in space. The for-
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mulation of II restates the position of a relativistic interpretation of space: event E differs from event F. In the mechanical world, such a difference is spatial. Hence E differs from F by its position. However, since positions are only defined in relation to spatial reference points R, there is a different spatial relation of E to R compared with F. This difference is what Wittgenstein calls “asymmetry A”. And since E happens instead of F, or vice versa, one might regard that difference as its cause. How does this relate to the lonely mass-particle? Let us recall that it is only in this section that Wittgenstein speaks of Massenteilchen and not of material points. A material point would only be given within the context of a Sachverhalt (atomic fact), of which an elementary sentence is a description. The intention of such a sentence is to describe the position of the material point by reference to another material point, otherwise its relative position would be undefined and the referring expression meaningless. Since the thought experiment of a lonely mass-particle imagines a world without accompanying mass-particles, this lonely particle not only misses its comrades but also lacks a well-defined spatial location. It doesn’t qualify as a material point, hence it cannot form Sachverhalte, hence it is not an object of the world. The envisioned possibility of a lonely mass-particle starting to move in empty space is exposed as an illusion. The expressions describing such a pseudo-event imply that there is a well-defined position of that lonely mass-particle, and if it moves, then its position changes. However, since there is no other mass-particle, no position can be defined, hence “motion” or the beginning of it is nonsensical: 6.362 What can be described can happen too, and what is excluded by the law of causality cannot be described. Thus the law of causality adds no additional insight into the processes of the world. This analysis now leads Wittgenstein to formulate the impression that philosophy can treat the fundamental problems of nature in a completely different way. That a mass-particle can start moving seems not to be a possible event – which is what Petzoldt argued in Berlin. If physics wants to exclude such events, it needs something like Newton’s first law or the closely related law of causality. A particle stays at rest or in uniform motion unless there is an external cause: all events require causes. From this point of view, the law of causality is a useful additional truth to the
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other axioms of motion. But Wittgenstein’s analysis shows this to be nonsense. Once the conceptual definitions have been clarified, there is no additional need for a law of causality, since the motions of a lonely massparticle are badly defined and the rest – the motions of systems of material points – can be properly described, if Hertz was right, by just one empirical principle, Hertz’s Grundgesetz. What appeared to be a deep philosophical problem – the status of the law of causality – completely dissolves once the meaning of scientific language has been clarified. Wittgenstein understands that the problem of the lonely mass-particle is tantamount to a whole range of subjects exposed in important philosophical debates. And he is convinced that he has found a completely different way of treating these subjects: 6.321 “Law of Causality” is a class name. And, as in mechanics, there are, for instance, minimum-laws, such as that of least action, so in physics there are causal laws, laws of the causality form. Thus, by clarifying non-philosophical language, purportedly philosophical problems are resolved. And in this, Wittgenstein’s new epochal step towards a philosophy of language is in complete accordance with Hertz’s ambition to construe a comprehensive picture of the world with all superfluous, potentially confusing notions banned. What remains is everything that can be said. Wittgenstein’s project for the Logisch-Philosophische Abhandlung starts with the recognition that a lonely mass-particle in empty space is nothing more than the hallucinations resulting from conceptual confusions.6 Bibliography Engelmann, P. 1967: Letters from Ludwig Wittgenstein. With a Memoir, Blackwell: Oxford.
6
This contribution is based on a lecture given on 11 June 2002 at the College de France, Paris.
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Graßhoff, G. & Lampert, T. 1996/97: “Paul Engelmanns Psychologie graphisch dargestellt ”, in: Grazer Philosophische Studien 52, 93-126. Graßhoff, G. & Lampert, T. 2004: Ludwig Wittgensteins Logisch-Philosophische Abhandlung. Entstehungsgeschichte und Herausgabe der Typoskripte und Korrekturexemplare, Springer: Wien & New York. Hentschel, K. 1991: Die Korrespondenz Petzoldt – Reichenbach: Zur Entwicklung der "wissenschaftlichen Philosophie” in Berlin, ERS-Verlag: Berlin. Hertz, H. 1956: The Principles of Mechanics, Dover: New York. Lange, L. 1885: “Ueber die wissenschaftliche Fassung des Galileischen Beharrungsgesetzes”, in: Berichte der Königlichen Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Mathematisch-physikalische Classe, 266-297. Neumann, C. 1870: Ueber die Principien der Galilei-Newton'schen Theorie. Akademische Antrittsvorlesung, Teubner: Leipzig. Petzoldt, J. 1907: Grundbegriffe der Mechanik (Ms. Pe 408b), Archiv der Technischen Universität Berlin. Petzoldt, J. 1908: “Die Gebiete der absoluten und der relativen Bewegung”, in: Annalen der Naturphilosophie 7, 29-62. Russell, B. 1913: “On the Notion of Cause”, in: The Collected Papers of Bertrand Russell 6: Logical and Philosophical Papers 1909-13, ed. by J. G. Slater, Routledge: London & New York, 190-210. Wijdeveld, P. 1994: Ludwig Wittgenstein, Architect, Thames and Hudson: London. Wittgenstein, L. 1933: Tractatus Logico-Philosophicus, ed. by C. K. Ogden et al., Kegan Paul, Trench, Trubner & Co.: London & New York. Wittgenstein, L. 1961: Notebooks 1914-1916, ed. by G. H. v. Wright et al., Blackwell: Oxford. Wittgenstein, L. 1980: Briefe. Briefwechsel mit B. Russell, G. E. Moore, J. M. Keynes, F. P. Ramsey, W. Eccles, P. Engelmann und L. von Ficker, ed. by Brian McGuinness, Suhrkamp: Frankfurt/M. Wittgenstein, L. 1983: Letters to C. K. Odgen with Comments on the English Translation of the “Tractatus Logico-Philosophicus”, ed. by C. K. Ogden, G. H. von Wright & F. P. Ramsey, Blackwell: Oxford. Wittgenstein, L. 1995: Ludwig Wittgenstein: Cambridge Letters. Correspondence with Russell, Keynes, Moore, Ramsey and Sraffa, ed. by B. McGuinness & G. H. von Wright, Blackwell: Oxford. Wittgenstein, L. 1996: Familienbriefe, ed. by B. McGuinness, M. C. Ascher & O. Pfersmann, Verlag Hölder-Pichler-Tempsky: Wien. Wittgenstein, L. 1997: Denkbewegungen. Tagebücher 1930-1932, 1936-1937 (MS 183), ed. by I. Somavilla, Haymon: Innsbruck.
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Mark Siebel / Mark Textor (Hrsg.)
Semantik und Ontologie Beiträge zur philosophischen Forschung
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