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German Pages 96 [104] Year 2018
für caro
Benjamin Swiczinsky
Architekt
aus
Leidenschaft
Drei Jahrzehnte Architektur- und Zeitgeschichte
Max Gruber
Text und dramaturgische Beratung
Martin Schwanzer Herausgeber
birkhäuser basel
g n u t i e l n i e Wien, Anfang der 1970er-Jahre. Die Stadt ist durch die Zeitläufe ein wenig an den Rand geraten. Der „Eiserne Vorhang“ verläuft nur wenige Kilometer östlich. Wien ist „ein bisserl“ grau und schwer, ein zu groß gewordener, abgetragener Anzug. Die Bevölkerungszahl sinkt. Der Untergang der Donaumonarchie liegt lange zurück, doch die imperiale Pracht der Habsburger ist no ch überall gegenwärtig. In dem launigen Befund, dass man in Wien voll Zuversicht in die Vergangenheit blickt, steckt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Ganz anders in der Seilergasse 16, in Wiens Bezirk Innere Stadt: Hier befindet sich das Atelier des Architekten Karl Schwanzer. Sein Blick ist nach vorne gerichtet. Weit nach vorne. Über alle Grenzen und Konventionen hinweg. Das Architekturbüro ist eines der führenden dieser Zeit. Karl Schwanzer arbeitet gleichzeitig an der Realisierung mehrerer Projekte, darunter seine bislang größten, wie das WIFI St. Pölten und die Firmenzentrale von BMW in München, die seinen endgültigen internationalen Durchbruch bedeuten werden. Do ch trotz prall gefüllter Auftragsbücher sieht Karl Schwanzer die Zeit gekommen, sein Atelier neu zu orientieren. Das geeignete Instrument dafür scheint ihm ein Buch über sein Werk und seine Vorstellungswelt. Mit einer sehr persönlichen, höchst unkonventionellen Gestaltung und Projektauswahl soll es nicht nur Werkbericht und Akquisitionsbroschüre sein, sondern auch künftige Entwicklungsrichtungen aufzeigen. Dieser Comic erzählt die Geschichte der Entstehung dieses Buchs, das 1973 unter dem Titel „Architektur aus Leidenschaft“ erschien. Es war Karl Schwanzers Credo und sollte zu seinem Vermächtnis werden.
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1 7 9 1 wien
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Grüß Gott, wenn Sie bitte einen Augenblick warten, der Herr Professor ist gleich frei.
Hilde, ich werd‘ am Wochenende ins Büro müssen. Es ist zurzeit einfach so viel zu tun.
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Herr Professor …
… der Herr wegen des Buchs … Ah, Sie sind schon da! Sehr gut …
Na dann gehen wir’s an!
Und da ist gleich einmal die Frage, wie fangen wir an?
Sie wissen ja, ich wünsch’ mir ein wirklich ungewöhnliches Buch. Wie’s über Architektur noch keines gegeben hat.
Mit Ihrer Kindheit, würd’ ich sagen.
Na ja, ich bin Jahrgang 1918 und das waren nicht immer die einfachsten Zeiten damals.
Auf diesem Foto schauen Sie aber schon sehr ernst.
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1918
Ich bin ja noch in der Monarchie auf die Welt gekommen. Ein paar Monate vor ihrem Untergang …
1918 war ja eine ungeheure Zeitenwende. In dem Jahr sind auch der Moser, der Schiele, der Klimt und der Otto Wagner gestorben.
Aufgewachsen bin ich im Bezirksamt vom VII. Bezirk, in dem gab es auch ein Gefängnis …
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Dort hat mein Vater gearbeitet.
Er war Justizwachebeamter.
Mein Vater hat ein gutes Gespür für meine Interessen und Begabungen gehabt und mich immer gefördert.
Meine Mutter hat dort geko cht. Für uns und auch für die Häftlinge.
Und vielleicht hätt’ ich auch Musiker werden können. Ich hab’ sehr gerne Geige gespielt und eine komplette Ausbildung auf dem Instrument gemacht.
… witzige Form, irgendwie.
Ich hab‘ einen Plan für das Häus chen meiner Eltern gezeichnet…
Aber am liebsten habe ich gezeichnet.
Aha …
Karli, was hast Du denn da?
Und da hab’ ich wirklich Glück mit meinem Lehrer gehabt. Der Professor Scheerpeltz hat neben mir auch Karl Kupsky und viele andere spätere Architekten gefördert.
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Zusammen mit meinem Onkel, der Zimmermann war, hab‘ ich mein erstes Haus gebaut. Ein S chrebergartenhäus chen für die Familie, das ich selber entworfen hab‘. Mit 16.
Architektur will er studieren … Na ja, wenn ich ihn mir so anschau‘…
Mein Vater war da ganz anders, er hat mich immer ermutigt und in allem unterstützt, obwohl er keine Ahnung von Architektur gehabt hat. Aber er hat da eine wirklich außergewöhnliche Aufgeschlossenheit und Offenheit gezeigt.
Meine Eltern nahmen meinen Berufswunsch sehr unterschiedlich auf. Meine Mutter war eher ängstlich und besorgt. Auch was die Kosten eines Studiums betraf.
Der Bub MUSS studieren!
Sollt‘ der Bub nicht do ch lieber Beamter werden? Das ist etwas Sicheres …
1937
Ja und dann hab’ ich Architektur studiert. An der Technis chen Ho chs chule. Wir waren gerade einmal sechs Studenten im Semester. Die Berufsaussichten waren damals ja wirklich s chlecht. Aber ich war der Erste, der in unserer Familie studiert hat.
1938
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Wirkliche Anregungen hat es damals nicht gegeben. Nur handwerklich hab’ ich ein bisschen was gelernt.
Und natürlich war man damals mit dem Baustil des Fas chismus konfrontiert, und zwar nicht erst nach dem „Ans chluss“.
… und hab’ mit dem Thema eine Konzession an die Zeit gemacht …
Sie sind ja bald nach dem Diplom einberufen worden, oder? Ja, …ich hab‘ zwar versucht mit der Arbeit an einer Dissertation um den Wehrdienst herumzukommen …
… hat allerdings nicht hingehaut.
Dissertation Karl Schwanzer Neues Bauen im befreiten Oberschlesien. Der Ring in Sohrau. Entschandelung und Gestaltung
Nach einer kurzen Täti gkeit im Kreisbauamt in Rybnik im besetzten Obers chlesien wurde ich zum Russlandfeldzug eingezogen.
Meine Arbeit wurde von den Prüfern Ilz und Theiss, die überzeugte Nazis waren, verrissen und als oberflächlich, nicht ganz ernst und „gerade noch genügend“ beurteilt.
Mein Hauptprüfer Karl Holey wollte mir helfen und hat meine Arbeit sehr positiv bewertet.
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Nach meiner Genesung kam ich zum zivilen Baudienst der Luftwaffe in Breslau, wo ich als Bauleiter beim Bau von Flughäfen und Flakstellungen mitarbeitete.
Aber statt an die Front kam ich ins Krankenhaus, mit einer akuten Nierenerkrankung. Die hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet.
1941
Und dort, fernab der Front, haben wir immer wieder „Feindsender“ hören können.
ist Hier nd… a En gl
Damals habe ich auch den Wiener Architekt Oswald Haerdtl kennengelernt, der an der Tarnung von Fabriksgebäuden gearbeitet hat.
Als die Front dann näher gerückt ist, wurde meine Abteilung nach Prag verlegt.
1945
Do ch nach dem Prager Aufstand war dieser Standort nicht mehr zu halten. Und kurz vor dem Ende des Krieges flüchtete ich mit dem Fahrrad aus der Stadt.
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Es waren s chlimme Jahre. Dass ich sie überstanden hab‘ und nicht einen einzigen Schuss hab‘ abgeben müssen, war wohl reines Glück.
Ich bin dann so weit es ging Richtung Westen, bis ich von den US-Truppen aufgegriffen worden bin. Und der verdammte Krieg war endlich vorbei!
8. Mai 1945
Die Zeitenwende war unbeschreiblich. Und ich bin dann gleich von der amerikanischen Militärregierung beim Wiederaufbau in Regensburg eingesetzt worden.
Gegen Ende des Kriegs bin ich ja immer Richtung Westen geflüchtet, aber dann hat es mich wieder nach Hause gezogen.
Erst an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien sollte dann meine wahre Ausbildung beginnen. Und zwar bei einem alten Bekannten …
Links von dem Gebäude würde gut ein neuer Trakt hinpassen.
Ich habe als Assistent bei Prof. Oswald Haerdtl zu arbeiten begonnen.
1946
Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich den Zubau fünfzehn Jahre später tatsächlich bauen werde, gemeinsam mit Eugen Wörle.
Die dort aufliegenden internationalen Zeitschriften waren für mich eine Offenbarung ...Endlich hab’ ich einen Einblick bekommen, was es auf der Welt überhaupt an moderner Architektur gibt ... Diese Freiheit und Unbekümmertheit des Ausdrucks muss man nach seiner schulischen Ausbildung erst wieder neu entdecken.
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In dieser Zeit ist auch meine Vorstellung gereift, Architektur wie die großen Vorbilder als etwas Großes, als Gesamtkunstwerk zu begreifen.
GEBÄUDE
TÜRGRIFFE
ZUCKERDOSE
ARCHITEKTUR ALS
OTTO WAGNER
ADOLF LOOS
MÖBEL
GESAMTKUNSTWERK
JOSEF HOFFMANN OSWALD HAERDTL
Und als mir mein Schwiegervater meinen ersten Wagen, einen Scheunenfund, finanzierte, konnte ich es kaum erwarten im Auftrag Haerdtls aus dem grauen Wien rauszukommen.
KAR L SCHWANZER
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Paris 1946
Paris war für mich von einer derart überwälti gen Pracht … Ich hab’ bis dahin ja nur zerbombte Städte gesehen…
Und in einem kleinen Kloster in der Rue de Sévres hab’ ich einen weltberühmten Architekten besucht…
Bonjour Monsieur Le Corbusier! Ich würde mich gerne bei Ihnen als Architekt bewerben …
Für Corbusier hätte ich wirklich gerne gearbeitet. Französisch hab’ ich auch gut können. Aber ohne Bezahlung? Ich hab’ damals ja schon Familie gehabt.
Sie können gerne für mich arbeiten. Aber bitte ohne, dass es mich mehr als eine Unterkunft für Sie kostet.
Über Ihre Familie haben wir no ch gar nicht gespro chen. Soll die auch im Buch vorkommen, zum Beispiel Ihre Frau?
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Meine Frau?
Also meine Frau und ich …
Wir haben uns sehr früh kennengelernt.
Ich lernte Hilde in der Tanzschule kennen, wo wir als einzige zwei ohne Tanzpartner übrig geblieben sind … Wir stammten beide aus einfachen Verhältnissen.
Ich hab’ die kaputtesten Schuhe der ganzen Tanzschule gehabt.
1943 ist dann der Berthold auf die Welt gekommen.
Das war nicht zu übersehen … Aber die Hilde hat sich trotzdem für mich interessiert.
Mitten im Krieg …
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Und ein paar Jahre später haben wir geheiratet.
1940
Aber das ist ei gentlich kein Thema für das Buch. Reden wir lieber über meine Anfänge als Architekt.
wien 1948
Herein!
Herr Professor, Sie müssen meinen Modesalon für französisch inspirierte Haute Couture entwerfen!
Ich hab’ dafür leider zu wenig Zeit, Frau Ungar. Aber ich kenne da jemanden.
Warum ruft denn keiner an?
Atelier Schwanzer, guten Tag!
Der Umbau des Modesalons „Elegance“ ist eines Projekte meines neu gegründeten geworden.
der ersten Ateliers
Auch die heruntergefallene Decke hat Frau Ungars Begeisterung für meine Arbeit nicht gemindert.
Der neue Rillenplafond sieht ja no ch viel besser aus.
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1948 Auf der Kärntner Straße haben sich die Leute die Nase an der Auslage platt gedrückt …
… denn hier gab es zum ersten Mal Mode wie aus Paris zu sehen.
Ihr neuer Salon sieht ja toll aus!
Und da in Frau Ungars Salon die Damen der „besseren Gesellschaft“ verkehrten, bin ich rasch weiterempfohlen worden und zu weiteren Finden Sie? Ich kann Aufträgen für Geschäftslokale gekommen, aber auch für Kinos.
den jungen Architekten nur empfehlen.
Mit Kino sollte auch eine meiner nächsten Reisen zu tun haben…
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„Wenn man sich entschlossen hat, Architekt zu sein, muss man den Mut aufbringen, Visionen erfüllen zu wollen.“
1950
bin ich für die Gestaltung einer österreichischen Messebeteiligung zum ersten Mal in die USA geflogen.
In Chicago hab’ ich dann die ersten Wolkenkratzer gesehen …
In meinem Hotel war ein gi gantis ches Kino, wie ich es in Europa no ch nie gesehen hab’.
I ch hab’ dann begonnen, meine Reiseeindrücke fürs Radio niederzus chreiben …
In den Vereini gten Staaten gibt es Architekturbüros mit bis zu hundert Angestellten …
wien 1951
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Ich hab’ in der Zeit damals intensivste Akquise betrieben und dafür pro Jahr mehr als 1000 Bewerbungss chreiben verfasst. Dadurch bin ich aber zu Aufträgen gekommen.
Dafür hab’ ich wirklich alle meine Fähi gkeiten eingesetzt. Und meine Freude an verblüffenden Inszenierungen …
MESSEGELÄNDE, WIEN 1951
Willkommen auf der Gewerbeausstellung, meine Herrschaften. Bei dieser Ausstellung werden Gewerbe nicht nur ausgestellt…
…sondern sie werden vor Ort auch ausgeführt!
Die Ausstellung war ein Sensationserfolg und erhielt prominenten Besuch. Bundeskanzler
FIGL
Bundespräsident
KÖRNER
Aber für die meisten Aufträge war die andauernde Teilnahme an Wettbewerben erforderlich.
… und ich habe mir einen Namen machen können.
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„Die beste Spezialisierung ist die Nicht-Spezialisierung, ist die Universalität.“
Mein Team ist damals stetig gewachsen und wir haben an den unterschiedlichsten Projekten gearbeitet, vor allem aber wollte ich an größere Aufgaben heran …
Der Gewerbeausstellung folgten Ausstellungen wie „Dienst am Volk“ oder die Energieausstellung in Linz.
1952
1954 I ch habe zu der Zeit viele Messebeteiligungen entworfen und umgesetzt, u. a. in Paris, Brüssel, Toronto, Mailand, Chicago und auch in Sto ckholm.
In Schweden habe ich die Familie Wittgenstein kennengelernt, die wiederum mit Bruno Kreisky befreundet war.
Jag anser att…*
1952 *I ch bin der Meinung …
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Die Arbeit an der Lösung eines Problems, an einem Entwurf, habe ich nie als Arbeit empfunden, sondern immer als etwas Lustvolles.
1952 wurde mein Sohn Martin geboren
Wenn ich nicht genug gearbeitet habe, war ich unglücklich.
Meine beiden Buben waren immer Fixpunkte für mich.
Nur leider hab‘ ich nicht immer alles von ihnen mitbekommen, ich war damals schon sehr viel auf Reisen.
Ich hab’ damals auch immer wieder überlegt, ganz ins Ausland zu gehen …
Aber jedes Mal hat mich ein neuer, interessanter Auftrag davon abgelenkt …
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wien 1955,
ÖSTERREICH IST FREI!
belvedere
Das neue Österreich wollte sich in Brüssel bei der ersten Weltausstellung nach dem Krieg ganz anders präsentieren.
Der Industrielle und Kunstfreund Manfred Mautner-Markhof ist zum Regierungskommissär für die Weltausstellung ernannt worden. Unter seiner Leitung wurde ein Wettbewerb für den österreichischen Pavillon ausgeschrieben.
Dabei ging es darum, der jungen 2. Republik ein neues Image zu verschaffen.
Das bisherige Bild lag ja irgendwo zwischen k. u. k.-Monarchie und „3. Reich“.
Juryvorsitzender CLEMENS HOLZMEISTER
Meine Idee war, die Räume des Pavillons mit zeitgenössis chen österreichis chen Künstlern, die ich aus gesucht habe, zu gestalten. Unter anderen waren das …
FRITZ WOTRUBA
HERBERT BOECKL
OSKAR KOKOSCHKA 25
1958 Es war ein großes Glück und eine Auszeichnung inmitten großartiger Architektur den österreichischen Pavillon gestalten zu dürfen, der genau gegenüber von Le Corbusiers Bau gestanden ist. Und mein Entwurf hat dann auch no ch den Grand Prix für Architektur gewonnen …
Im „s chwebenden“ oberen Teil konnten Besucher u. a. über Kopf hörer die Musikakademie bei ihrer Arbeit belaus chen. Karajan war einer der Lehrer.
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Im unteren Teil befand sich ein Wiener Kindergarten, in dem Expo-Gäste ihren Nachwuchs abgeben konnten.
Einen weiteren großen Erfolg auf der Weltausstellung 1958 hab‘ ich mit dem Entwurf und dem Bau des Europarat-Pavillons gehabt. Auch da hab’ ich den Wettbewerb gewonnen und das Gebäude stand an einer ganz prominenten Stelle im Areal.
In Brüssel hab’ ich Bruno Kreisky wieder getroffen, der damals Staatssekretär im Bundeskanzleramt war.
Mir war wichtig, dass das Gebäude wiederverwertbar ist.
1962 ist der Pavillon in Wien dann auch als Museum des 20. Jahrhunderts im Schweizergarten wiederaufgebaut worden.
Erster Direktor
WERNER HOFMANN
Das war dann das legendäre
20er Haus.
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1962
HUNDERTWASSER
WILHELM LEHMBRUCK
AUSSTELLUNGEN IM 20er HAUS
HAUS-RUCKER-CO
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POP ART E.T.C.
Nach Brüssel und dem 20er Haus hat das nächste Großprojekt nicht lange auf sich warten lassen. Als Roland Rainer Wiens oberster Stadtplaner war, haben die Planungen für ein Bürogebäude der Firma Philips auf der Triester Straße begonnen.
1 962
ROLAND RAINER
Mit Hilfe von außenliegenden Spannbetonträgern ist es gelungen, im Inneren flexibel gestaltbare Räume frei von Stützen zu schaffen. Rainer war auch dafür zu gewinnen, dem Bauvorhaben eine ganz entscheidende Wende zu geben, indem das Gebäude um 90 Grad gedreht wurde, was es zur markantesten „Ortstafel“ Wiens gemacht hat.
1 964
Diese Ortstafel” ist heute aber ” unter anderem Namen bekannt …
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… das Philips-Haus! Spannbeton-Brückenbauelemente, die sämtliche Lasten auf die vier Hauptpfeiler umleiten.
Das „typische“ Schwebeelement 32
Das Philips-Haus ist wirklich ein Zeichen.
Was gibt‘s denn, Frau Manhardt? Entschuldigen Sie wenn ich Sie unterbreche, Herr Professor!
Na, der ist aber früh da! Sagen‘s ihm, er soll no ch ein bisserl warten.
Herr Hubmann für die FotoPortraitserie wäre s chon hier.
Also, wo war ich? Ahja! Das Philips-Haus war...
Ich bin gleich ferti g.
Herr Professor, könnten Sie sich vor Ihrem nächsten Termin no ch bitte kurz die BMW-Pläne ansehen?
Na gut, die Arbeit ruft wieder. Aber wenn sie Lust haben, zeige ich Ihnen no ch schnell das Atelier.
Gerne!
A be r …
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ENTWURFSTEAM
ERICH REISER
BORIS PODRECCA
K AR L FLEISCHER HARDO RASLAGG
RO LAND STARZEN
HELMUT SCHIMEK
HEINZ NEUMANN
LAURIDS ORTNER
SEPP F R ANK GERNOT NA LBACH
GERHARD KRAMPF
TADEUSZ SPYCHA LA
ERICH HO FBAUER
Ich finde, das Büro schaut fast wie ein Modesalon aus.
Ich mag das markante Grün und den orangen Boden.
Der Eindruck, den das Atelier erweckt, der ist mir schon sehr wichtig.
Sie werden lachen, erst letzte Wo che haben wir hier eine Modes chau gehabt.
1 971
Sie ist aber nur eine von vielen Veranstaltungen, für die ich das Atelier regelmäßig verwende.
Das hier ist eine Ausstellung zu Le Corbusier, die ich zusammengestellt habe.
Ich lade potenzielle Auftraggeber ein und auch Kollegen, von denen aber selten eine Gegeneinladung kommt …
Hört sich nach viel SpaB an …
Ja, war‘s auch meistens. Nur nicht zu meinem 40er …
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1 958
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„Begeisterung, Leidenschaft, die mitunter zur Besessenheit ausartet, macht nicht immer viele Freunde.“
Herr Professor?
Herr Professor!
Ich wär‘ jetzt soweit!
Den Herrn Hubmann kann ich jetzt nicht länger warten lassen. Ich schlage vor …
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… wir treffen uns das nächste Mal an meinem anderen Arbeitsplatz, dem Institut für Gebäudelehre an der Technischen Ho chschule.
karlsplatz
1972
Die TH? Da vorne!
Das Institut für Gebäudelehre? Da drinnen! In der grauesten Schule von allen.
Der S chwanzer? Keine Ahnung! Der ist ja NIE da.
Der Herr Professor? Der ist wahrscheinlich hinten in seinem Büro.
Kommen’s herein, keine Angst. Hier am Institut wird nur mit Platzpatronen geschossen …
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Wie lange lehren Sie denn s chon hier an der TH?
Ah da schau’ her, die neuen Layouts für das Buch …
Das kann ich Ihnen gerne erzählen …
wien
1959
Das Wichtigste war mir, dass meine Studenten eine bessere Ausbildung erhalten, als ich sie 20 Jahre davor genossen habe …
Nach dem Erfolg in Brüssel bin ich 1959 hierher an die TH berufen worden.
Sie waren es von meinem Vorgänger gewohnt, dass der Herr Professor immer sein Mittagss chläfchen hält …
Als ich das Institut übernommen hab’, haben sich die Assistenten immer zur selben Zeit diskret zurückgezo gen …
Mir war schnell klar, dass es hier einiges zu ändern geben wird …
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Das Modernste daran: ein elektris cher Türöffner.
I ch hab‘ das Institut auf ei gene Kosten völli g umbauen lassen.
… Wie s chon im Büro Haerdtls lagen alle internationalen Architekturzeits chriften auf.
Außerdem neu: keine Sprechstunden mehr. Die Studenten konnten jederzeit kommen.
So wie in meinem Atelier, wo Mitarbeiter markieren müssen, was sie gelesen haben. Studienreisen haben wir auch gemacht, wie ich das von Haerdtl an der Angewandten gekannt hab‘.
Meine Studenten sollten die ganze Welt sehen …
Aber Herr Kollege Kupsky, das geht do ch nicht!
Mit den ganzen Neuerungen hab’ ich mir nicht nur Freunde gemacht.
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Herr Kollege, die Studienreisen sind ergiebig, insoferne sich hier Einblicke in die Art des Sehens und Verwertens durch einen immer auf Ho chtouren laufenden schöpferischen Geist bieten.
1964 habe ich eine Studienreise in die USA organisiert. Das war damals eine Sensation. Finanziert wurde das teure Unterfangen, indem ich den Studenten Fors chungsaufträge aus der Bauwirts chaft vers chafft habe. Und manch einem habe ich etwas Geld vorgestreckt.
USA 1964
In Amerika haben wir dann eini ge bedeutende Architekten besucht, wie den aus Österreich emi grierten F RIEDRICH KIESLER …
Auch an der TH selbst habe ich für mehr Internationalität gesorgt. Mit Vortragenden aus anderen Ländern …
… und andere herausragende Persönlichkeiten, wie LOUIS KAHN oder PHILIP JOHNSON.
… aber auch aus anderen Disziplinen. Mit Hans Hass haben wir Unterwasserhäuser entworfen. Für den „Spiegel“ war das „Tiefes Blödeln“ …
Einer meiner bewährten Mitarbeiter war Günther Feuerstein, ein ziemlicher Freigeist, der auch mit den Wiener Aktionisten befreundet war.
Immer wenn ich auf Reisen war, haben’s ihn hinausgeworfen …
1 968
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Ich habe ihn jedes Mal wieder zurückgeholt. Wir waren zwar nicht immer einer Meinung, konnten aber sehr gut miteinander.
Entgegen der akademischen Praxis habe ich Gruppenarbeiten zugelassen, was nicht alle gut fanden, „weil halt immer einer dabei ist, der nur Kaffee kocht …“
Wenn Sie meinen …
Aber die Methode hatte Erfolg, denn in diesem Klima sind einige sehr interessante Architektengruppen entstanden.
HAUSRUCKER gegr. 1967
COOP HIMMELBLAU gegr. 1968
ZÜND-UP gegr. 1969
MISSING LINK gegr. 1970
Meine Studenten haben mich dann auch immer zu ihren Präsentationen eingeladen und ich bin auch immer gerne gekommen. Zum aufblasbaren Haus „Villa Rosa“ von Coop Himmelblau …
Ihr wollt das also so machen? Hm … Ich würde es zwar anders machen, aber wenn Ihr es professionell argumentiert und präsentiert, akzeptiere ich die Arbeit …
1 968
… oder zum „Autoflipper“ der Gruppe Zünd-Up. In einer Wiener Tiefgarage gemeinsam mit dem Harley-Davidson-Club präsentiert.
1 969
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Was haben Sie denn im legendären StudentenJahr 1968 gemacht?
Vindobona 2000? Wo sollte das stehen?
Na, hier! at z! denpl A m S chwe
Gearbeitet, wie immer … Unter anderem an
VINDOBONA 2000.
Für die Feier „50 Jahre Bundeshauptstadt Wien“ hab’ ich einen großen Ausstellungsbau entworfen.
1 968
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„Realisierung muss das Ziel des Architekten sein. Gedachtes kann auf die Dauer nicht befriedigen.“
Die Ausstellungsinhalte sollten in Form von Fotos und Filmen auf verschiedene Kugeln projiziert werden.
Dieser temporäre Bau sollte den Donaukanal überspannen.
Leider ist nichts daraus geworden …
Ich hab‘ das Projekt dann no ch umgeplant, als City Center am selben Standort, aber das ist auch nichts geworden. Die haben‘s einfach nicht verstanden …
Aber lassen wir es für heute gut sein und den Abend bei mir ausklingen.
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„Die prägendsten, wichti gsten Erfahrungen und Einsichten verdankt man der Teilnahme an Wettbewerben und dabei vor allem jenen Projekten, die nicht gewonnen, die es nicht zur Realisierung gebracht haben. Sie sind für die ei gene Standortbestimmung von unschätzbarem Wert.“
etwas später in der
hawelgasse 23…
Ich lad’ immer gern Leute nach Hause ein …
Wir sind gerade no ch am Vorbereiten. Wo soll ma‘s denn hinstellen, Herr Wotruba?
Das Haus ist ursprünglich als „ Lehrbau neues Wohnen“ gebaut worden …
Köstlich!
Hier tummelt sich ja die Prominenz …
RUDOLF HOFLEHNER
Wenn Herr Schwanzer kommt, geht das Licht an.
WILHELM SCHÜTTE
RICHARD NEUTR A
BOB GUTMANN
JOHANNES PETER PERZ
WOLFGANG DENZEL OTTO SCHENK
F RITZ WOTRUBA
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Denk ich an Schwanzer, denk ich an Großes. Frei von Pomp.
Ich bespiele gerne unser Haus. Es verträgt auch ein großes Publikum und ich lade die unterschiedlichsten Leute ein.
… und auch die Studenten der Abschlussklasse.
Was? Schon so spät? In drei Stunden muss ich im Flieger sitzen …
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Das Haus wurde auch mehrmals als Filmkulisse genutzt; Curd Jürgens und Lilli Palmer waren da …
2 tonstudio 197 Als Architekt, der keiner Clique angehört, steht man abseits. Auch mit seiner Meinung.
Haben Sie sich no ch gut unterhalten auf der Party? Ich hab’ ja zum Flieger müssen …
Ah! Sie sind schon da!
Ich war eh schon spät dran …
Ich reise oft und gern. Ich bin ja die halbe Zeit im Ausland …
… und ich such‘ immer nach guter Architektur.
Da fühl’ ich mich freier, fröhlicher …
Waren Sie auf Ihren Reisen zusammen mit Ihrer Familie unterwegs?
Die Freude über die Heimkehr hält sich dann immer in Grenzen …
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Nein, meistens alleine oder mit einem meiner Söhne.
Aber in Montreal ist es mir gelungen, mit meinem Interesse an Inszenierung, multimedialen Konzepten und dem Einsatz von Film und Foto grafie einen wirklich s chönen Erfolg zu landen. Sie wissen ja, seit meiner ersten USA-Reise hab’ ich diese riesi gen KinoAls Architekt, paläste geliebt ... der keiner
Montreal ?
In den 60er Jahren war es trotz aller Erfolge no ch ein stetiges Auf und Ab ...
Clique angehört, steht man abseits.
OK! Eine weitere Story …
Auch mit seiner Meinung.
... zum Beispiel über die Bewahrung von Bausubstanz in unserer Stadt ...
Ich hab’ den Wettbewerb für den Österreich-Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal gewonnen …
Bundespräsident
FRANZ JONAS
1 967
auch von Karl S chwanzer: der EXPO-Kindergarten … mit der Idee, im Inneren des Pavillons keine Exponate zu zei gen, sondern eine von mir entwickelte Multimedia-Show, die „AUSTROVISION“.
Für die komplexe Show wurden sogar spezielle Projektoren gebaut und Otto Schenk hat bei der ganzen Sache Regie geführt.
Der Pavillon selbst hat das Bild Österreichs ebenfalls geschärft … … allerdings hat er im Wettbewerb noch ganz anders ausgeschaut.
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Vorher gab es Zuhause viel Kritik an den Wettbewerbsentwürfen. Vor allem von Friedrich A chleitner. tt bine er te! a k l W se r ter Gru Ein stituie pro Ein bauliches Ringelspiel Ein A
lptra
um!
Die Kritik war insofern berechtigt, als man immer no ch etwas verbessern kann und das Projekt eine lange Phase der Formfindung durchlaufen hat, mit vielen Studienmodellen …
Wir nehmen Modell Nummer 346 A-3.
Wegen meiner Gewohnheit auch bereits fertige Pläne wieder komplett zu verwerfen, spricht man in meinem Atelier schon von „goldenen Papierkörben“.
Der Rest wandert in den Papierkorb!
A chleitners Kritik hat mich schon geärgert, aber mein schärfster Kritiker war immer ich selber. In Wien ist es heute Mode, dass fast alles, was vor 1925 entstanden ist, prinzipiell erhaltungswürdig ist.
Andere Kritiken amüsieren mich dafür enorm …
Relativ mehr Mittel werden meines Erachtens zur Erhaltung alter Bauten aufgewendet,
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1 964
Vor ein paar Jahren habe ich in Pötzleinsdorf eine Kirche bauen dürfen, der Pfarrer dort hat meinen Entwurf voll unterstützt … Die Kritik dazu war allerdings köstlich.
Kritisiert den armen Architekten erst, wenn die Kirche fertig ist. Das Dach fehlt ja jetzt no ch …
Ich werde ja auch oft um meine Meinung gefragt, meist als Juror bei internationalen Architektenwettbewerben. Diesen Austausch schätze ich sehr …
PFARRER ZETNER
… und die Wände sind noch gar nicht verputzt.
… dabei kommen mir natürlich auch meine Sprachkenntnisse zugute.
GUT!
BON!
BUONO!
GÜNTHER DOMENIG
EILFRIED HUTH
LOUIS KAHN GOOD!
Und ich organisiere auch Wettbewerbe. So zum Beispiel die Auss chreibung für den neuen UNOStandort in Wien.
Zu jener Zeit hatten wir auch die Idee, international mehrere Architekturbüros unter dem Namen EUROPLAN“ zusammenzuschließen. ”
HENRI CALSAT (Frankreich)
Generalsekretär
U THANT
WALTER HENN (Deutschland)
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MAURICIO VITALE (Italien)
ICH
PIERRE VAGO (Frankreich)
MARC SAUGEY (Schweiz)
Hört sich so an, als war dauernd was los …
Naja, es gab auch ruhige Phasen …
WEIHNACHTEN 1967
Das sind aber karge Geschenke dieses Jahr …
Ja, nichts gegen das ferngesteuerte Auto letztes Jahr …
Alles ist im fertig werden. Was ist, wenn keine neuen Aufträge nachkommen?
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Wenn Projekte abgeschlossen waren, kam dann aber auch immer gleich die Sorge, wie es weitergehen wird.
Als ich wieder einmal von einer meiner vielen Reisen zurückgekommen bin … Wir befinden uns im Landeanflug auf Wien. Bitte stellen Sie das Rauchen ein und …
Wir haben den Wettbewerb für ST. PÖLTEN GEWONNEN!
AHA?!?
Was ist denn hier los?
Na das WIFI Niederösterreich. Wir haben’s abgegeben, während Sie weg waren.
WIFI-ST. PÖLTEN
PL ÄNE
Nein! Nein! Nein! Das machen wir ganz anders!
WAS? Do ch nicht so!
A be r
…
Eine Schule muss von außen erkennbar sein. Da gehört ein markantes, kräftiges Zeichen her! Etwas Skulpturales! In einer internationalen Formensprache!
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1 966
Die Pläne sind alle wieder in den „goldenen Papierkörben“ gelandet und das Gebäude ist dann ganz im Stil der „ARCHITECTURE BRUT“ in St. Pölten gebaut worden.
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MITARBEITER
Anfang der 1970er Jahre hatte Karl Schwanzers Atelier über 100 Mitarbeiter.
„Architektur darf sich eigentlich nicht davon entfernen, künstlerisches Werk zu bleiben.“
Ich glaube wir haben alles aufgenommen. In ein bis zwei Wo chen sollte die Schallplatte fertig sein.
Wunderbar!
Wer hatte denn die Idee, eine Platte mit Architekturtexten aufzunehmen?
Hallo?
Er … Anlässlich des Jahres des Denkmalschutzes.
Ist für Sie! Hollywood …
United Artists! In meinem Gebäude! Kommen’s do ch auch!
I ch muss nach München. United Artists will einen Science-Fiction-Film drehen. Bei BMW!
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Hatten Sie einen guten Flug?
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Wow! Ein neuer BMW! Haben Sie deshalb den BMW-Auftrag bekommen?
In den 60ern gab es einen Bauboom in München. Aus gelöst durch die Olympischen Spiele. Das BMW -Areal lag genau gegenüber dem Olympia-Park.
Ich wollt‘ ja schon immer in Deutschland bauen und mein erstes Auto war immerhin auch ein BMW.
Haha! Naja, ganz so einfach war‘s nicht …
Und ich hab’ ja auch schon mehrere Projekte für Wolfgang Denzel realisiert.
1 956
Denzel hatte hervorragende Kontakte zu BMW – er hat ja einmal ein sehr wichti ges Modell entwickelt und er konnte darauf hinwirken, dass ich zum Wettbewerb eingeladen wurde.
BMW 700
Apropos Wettbewerb. Haben Sie Lust auf einen Olympischen Wettbewerb?
Gerne!
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HERBERT QUANDT
Das ist ja toll! Von hier aus kann ich schon Ihr Gebäude sehen.
Stimmt, man kann so gar das BMWLo go erkennen.
Ei gentlich hätten wir das Lo go gar nicht montieren dürfen. Der zuständige Stadtbaurat Uli Zech hat getobt und BMW hat so gar Strafe zahlen müssen.
ULI ZECH
Aber man sieht während der Spiele das Gebäude mit dem Lo go auf der ganzen Welt im Fernsehen, das ist die Strafe allemal wert. Diese Werbung ist unbezahlbar!
Was ist den das für eine Schüssel?
Das zei g ich Ihnen gleich. Fahren wir mal hin …
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Was ist denn hier los?
Na, dann kann ich Ihnen ja die BMWGeschichte weiter erzählen …
Ein Vor fall im Olympiador f. Wenn Sie bitte hier warten …
Wie schon bei der EXPO in Montreal haben wir zuerst einmal mit allen möglichen Formen, Konzepten und Ideen gespielt und erst als wir verschiedene Entwürfe ausgearbeitet hatten, entschied ich mich für einen. In dem Fall für einen ganz speziellen …
Den nehmen wir!
Mir war es wichtig, keine herkömmlichen Großraumbüros zu s chaffen. Das bietet zwar viele Vorteile, wie das vermehrte gemeinsame Arbeiten, aber auch Nachteile. Zum Beispiel bekommen nicht alle gleich viel Licht ab.
… und haben ihn deshalb in kleinere, humanere Segmente aufgeteilt.
Deshalb haben wir nach einer neuen Art von funktionalem Grundriss gesucht, weg vom Legebatterien-Modell, …
Aus dieser Grundrisslösung haben wir dann eine starke, wiedererkennbare Form in der dritten Dimension entwickelt.
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Der Wettbewerb hatte keinen Sieger, nur zwei 2. Preise. Einen davon gewann ich.
Ich habe jeden BMW-Aufsichtsrat zuhause besucht, um meinen Entwurf zu bewerben … Mir war schnell klar: Ich MUSS diesen Auftrag haben!
… und das wären die Grundrisse … Runde Büros?! Ja, das ist Kommunikativer.
PLÄNE
ein Wieptikum! Pano
Tut mir leid, das werden sich die anderen nicht vorstellen können.
Der Verkaufsvorstand Paul Hahnemann war schnell auf meiner Seite, aber bei den anderen Herrschaften war ich mir da nicht so sicher …
Bitte, was sollen wir hier?
Der Architekt Schwanzer will mit uns ins Filmstudio …
Im E
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Damit man sich unter meinem Konzept eines runden Großraumbüros etwas vorstellen konnte, habe ich in den Bavaria-Studios das 1:1-Modell einer Viertel-Etage bauen lassen und bis ins kleinste Detail ausgestattet, samt Ausblick auf München vor den Fenstern und Statisten für die Mitarbeiter, um die Büroatmosphäre perfekt zu simulieren. Das war ein teurer Spaß …
HAHAHA! Ich hab‘ mich fast wie ein Filmstar gefühlt …
Der teure Spaß hat sich ausgezahlt …
Der Entwurf sieht wie vier Maß Bier nebeneinander aus …
Das kann man wohl sagen. Ich hab‘ den Auftrag no ch vor Ort bekommen.
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Wenn es Ihnen s chon in der Filmkulisse so gut gefallen hat, wie glauben Sie, ginge es Ihnen erst in einem echten Gebäude?
Trägerkopf d. Hängehauskonstruktion
Aber sehen Sie einfach selbst …
Architektur muss schweben …
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Das 100 m hohe Verwaltungsgebäude ist ein sogenanntes Hängehaus. Über vier Arme eines Trägerkreuzes wurden die einzelnen runden Geschosse nach oben gezogen.
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Ich habe in meinen Plänen immer dieses Gebäude hier hineingezeichnet, als optisches Gegengewicht zum Turm. Das musste einfach her! Es war nie Teil der Ausschreibung – aber dann ist daraus der zusätzliche Auftrag für das BMW-Museum entstanden.
Es war weltweit das erste durchinszenierte Werksmuseum eines Automobilherstellers. Etwas vollkommen Neues! Kein anderer Hersteller hat etwas Vergleichbares …
Und was ist aus der Filmkulisse geworden?
In der haben wir no ch einen Imagefilm gedreht …
Aber jetzt müssen wir zum Flughafen, es liegt ja no ch einiges vor Ihnen …
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BAUHERREN
K AR L SCHWANZER
OTTO K. EITEL
RUDOLF SALLINGER
MANF RED MAUTNER MARKHOF JUN.
MANF RED MAUTNER MARKHOF SEN.
HERBERT QUANDT WOLFGANG DENZEL
PAUL G.
HAHNEMANN
F REDERIK JACQUES PHILIPS
… Wir befinden uns im Landeanflug auf Wien …
Allein die unglaubliche Anzahl von Projekten, die er verwirklicht hat. Und immer nonkonformistisch, frei und groß …
… der enorme Einfluss, den er auf die nächste Architektengeneration hat …
Na viel Zeit ist nicht mehr … Wenn ich denk‘, was in das Buch no ch alles rein muss …
Seine Internationalität und Weltgewandtheit …
Die Teamarbeit im Atelier, sein großzügiges, offenes, interdisziplinäres Denken, das Architektur als Gesamtkunstwerk im Dienste des Menschen begriffen hat …
Sein lustvolles, spielerisches, freies Arbeiten. Und seine scheinbar unerschöpflichen Kräfte.
Sein herausragender, solitärer Rang.
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Tut mir leid, aber das ist mir alles viel zu brav, viel zu konventionell.
Hmmmm…
Es soll kein Architekturbuch werden, wie man es kennt, es soll zugleich Biografie und Monografie, Roman, Bild- und Gedichtband werden, mit Skizzen und Naturaufnahmen, schlicht mein Credo …
Ja, Herr Professor?
FRAU MANHARDT!
Fragen Sie bitte Frau Hareiter und Herrn Kapfinger, ob sie an meinem Buch mitarbeiten wollen.
Gerne, die beiden sind eh gerade da. Und die Koordination könnte ich übernehmen. Heißt das, ich bin raus aus dem Projekt?
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Keineswegs! Aber mir schweben noch so viele Änderungen vor. Die s chaffen wir nur im Team.
Wie soll sich denn das jetzt bitte alles no ch aus gehen? Haben Sie überhaupt s chon einen Verlag?
Ich hab‘ da eine andere Idee ...
Frau Manhardt, gründen wir doch bitte einen eigenen Verlag … den modul-Verlag!
Wie kommen Sie auf den Namen „modul”?
Wird gemacht!
So heißen unsere jährlichen Werkberichte, die ich seit ein paar Jahren herausbringe.
Und die Geschäftsführerin dieses Verlags können Sie auch gleich werden.
Oh! Sehr gerne.
Der Gedanke, dass ein Architekturbüro ein umfassendes Image besitzen sollte, zu dem ein Werkbericht wesentlich beiträgt, ist mir zum ersten Mal bei Ove Arup in London gekommen. OVE ARUP
Also, gehen wir’s an, Kinder ... In einem Monat müssen wir fertig sein!
Sie sind aber schon no ch dabei? Sicher, gern!
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1973, ein monat später …
Danke! Das Buch ist gelungen!
Und was ist Ihr nächstes spannendes Projekt?
Saudi-Arabien … Mitten in der Ölkrise?
Ein städtebauliches Projekt. Der Masterplan für den Universitätscampus in Riad.
Wieder ein Wettbewerb?
Ja, es ist eine wirklich große Ges chichte. Und wenn’s gut geht, werden wir unseren Masterplan nicht nur erstellen, sondern die einzelnen Gebäude auch errichten können.
Nein, die beiden Herren sind plötzlich vor der Tür gestanden. Aufgrund von Empfehlungen …
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„Mit der Lösung eines Problems ist man verkettet bis zur Selbstaufgabe. Man vergisst alles um sich herum, vergisst zu essen, zu s chlafen, zu lieben.“
Das Köni greich plant in Riad ein großes Universitätszentrum, das ein Anziehungspunkt für die ganze Golf-Region sein soll. Ove Arup ist bei den Planungen auch mit an Bord.
Bei diesem Projekt setzen wir zum ersten Mal Computer ein.
Mithilfe vielfältigster und komplexer Daten, wie z. B. der Zusammensetzung der Studenten, der Studienfächer und der Anzahl und Größe der Fakultäten, haben wir berechnet, wie wir die Bauflächen auf dem Gelände aufteilen müssen.
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Wir haben alle Hauptabschnitte des Masterplans – Programm, physischer Plan und Durchführungsstudie – fast fertiggestellt. Mit einer Ausdehnung über eine Fläche von 9 km2 ist das unser bislang größtes Projekt. Für ein österreichisches Architekturbüro schon etwas Außergewöhnliches ...
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Aber davon nicht genug. In Brasilien habe ich die Ehre, die österreichische Botschaft zu planen!
... in München plane ich die Bayeris che Landesbank!
… in Graz ein Spital …
… und in Wien das Zoologische Institut und ein Bankgebäude.
Auf Wiedersehen!
Jetzt muss ich aber los.
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Die Auftragslage ist so gut wie no ch nie.
„Das Hinabtauchen in die ei gene Tiefe, der Wahrheit auf den Grund gehen, kann man nur selbst.“
1 975 Keine Ahnung! Wahrscheinlich irgendwo in einem Studio.
Wo haben die das denn gedreht?
Das war nicht im Studio … Das war ECHT!
Schon lange nichts mehr von Herrn Schwanzer gehört. Wie es ihm wohl geht?
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8 1 0 2 wien ag
karl
urtst b e g . 0 10 s r schwanze
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21. Mai 2018
Hiermit übergebe ich den Nachlass des Vaters an das Wien Museum!
ordnen planen formen rechnen bauen hüben – drüben, unten – oben, vorne – hinten licht und dunkel – schwer und leicht räume bilden, daten messen, längen loten zeiten schöpfen! …
NICHOLAS OFCZAREK
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…„schön“ erleben – glücklich sein.
nachtrag
DENKMALgeschützte
gebäude
von karl schwanzer
1 961
Erweiterung der Kapuzinergruft („Neue Gruft“) Wien 1, Tegetthoffstraße 2
1 962
Museum des 20. Jahrhunderts
1 964
Wien 3, Schweizergarten (heute Belvedere 21)
Christkönigskirche Pötzleinsdorf und Kindergarten Wien 18, Schafberggasse 2
1 964
Philips-Haus
1 965
Wien 10, Triester Straße 64-66
Erweiterungsbau der Universität für angewandte Kunst
Wien 1, Oskar-Kokoschka-Platz 2 (mit Eugen Wörle)
1 972
Wirtschaftsförderungsinstitut (Wifi)
1 972
Niederösterreich, St. Pölten
Pfarrzentrum Leopoldau mit Pfarrkirche Auferstehung Christi Wien 22, Saikogasse 8
1 973
Thomaskirche, Evang.
BMW Verwaltungsgebäude und BMW Museum
1 977
Evangelisches Gemeindezentrum A.B in der Per-Albin-Hansson-Siedlung (Entwurf 1974-75), Wien 10, Pichelmayerg. 2 (Ausf.: G. Krampf)
München, Am Olympiapark 1
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biografi 21. Mai 1918 geboren in Wien Studium an der Technischen Ho chschule Wien
1940 Diplom 1941 Dr. techn.
seit 1947 freischaffender Architekt in Wien 1947-1951 Assistent an der Akademie für angewandte Kunst Wien
1954 Josef Hoffmann – Ehrung der Wiener Secession
1958 Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich Grand Prix für Architektur auf der Weltausstellung Brüssel Chevalier de I‘Ordre de Léopold, Belgien
1959 Preis der Stadt Wien für Architektur
Berufung als ordentlicher Professor an die Technische Ho chschule Wien, Vorstand des Institutes für Gebäudelehre und Entwerfen 5 1963 Honorary Corresponding Member of the RIBA (Royal Institute of British Architects) 1964-1965 Gastprofessor an der Technischen Ho chschule Darmstadt
1965 Officier du Mérite Touristique, Frankreich
1965-1966 Dekan der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Technischen Ho chschule Wien 1967 Gastprofessor an der Technischen Ho chschule Budapest Gründung eines Ateliers in München Honorary Fellow of the AIA (American Institute of Architects) 1969 Korrespondierendes Ehrenmitglied des BDA (Bund Deutscher Architekten) Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
1972 Gastvorlesungen Universität Riad, Saudi-Arabien
1973 Gastvorlesungen an den Ho chschulen in Darmstadt und Budapest
BDA Preis Bayern 1975 Architekturpreis Beton des Bundesverbandes der Deutschen Zementindustrie 20. August gestorben in Wien posthum verliehen: Großer Österreichischer Staatspreis
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KARL SCHWANZER 21.5.1918 — 20.8.1975
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BENJAMIN SWICZINSKY (*1982) ist Trickfilmer und Zeichner in Wien. Er ist einer von drei Partnern im Studio „Neuer Österreichischer Trickfilm“. Sein Film „Heldenkanzler“ wurde auf internationalen Filmfestivals prämiert.
MAX GRUBER (*1957) ist Lyriker, Dramatiker, Filmautor und Regisseur. Er lebt in Wien. Neben seiner schreibenden und filmischen Tätigkeit agiert Gruber als Texter, Mastermind und Frontman seines Ensembles „Des Ano“.
MARTIN SCHWANZER (*1952) ist Architekt und Projektentwickler in Wien. Er ist Karl Schwanzers jüngerer Sohn und der Ideengeber für dieses Comic.
impressum Nach einer Idee von Martin Schwanzer und Mirko Pogoreutz Dank an Salomea Engländer, Dr. Franz Gangelmayer, Rüdiger Lainer, Dr. Dinah Marin, Mirko Martinovic, Antonia Petric, Caroline Schwanzer A cquisitions Editor: David Marold, Birkhäuser Verlag, A-Wien Project and Production Editor: Angelika Heller, Birkhäuser Verlag, A-Wien Korrektorat: Philipp Rissel, A-Wien Layout und Zeichnungen: Benjamin Swiczinsky, A-Wien Tusche/Farben: Benjamin Swiczinsky, Sascha Vernik, Conrad Tambour, Johannes Schiehsl, A-Wien Buchsatz und Typographie: Studio Gabriel, A-Wien Druck: Holzhausen Druck GmbH, A-Wolkersdorf Library of Congress Control Number: 2018959385 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Dieses Werk ist urheberrechtlich ges chützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfälti gung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfälti gung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässi g. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichti g. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-0356-1852-5 e-ISBN (PDF) 978-3-0356-1866-2 Englis ch Print-ISBN 978-3-0356-1853-2 © 2019 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, S chweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
9 8 7 6 5 4 3 2 1
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www.birkhauser.com
EMPFEHLUNG
Weitere Bücher zu Karl Schwanzer im Birkhäuser Verlag
Karl schwanzer Anthologie
Karl Schwanzer
Spuren. Eine Bestandsaufnahme
Nachlassarchiv Karl Schwanzer (Hrsg.)
Stefan Oláh, Ulrike Matzer (Hrsg.)
Fotos und Dokumente aus 28 Jahren Architektur- und Zeitgeschichte
Seine markantesten Bauten und Möbelentwürfe in hochwertigen Farbaufnahmen
59,95 EUR [D] / ISBN: 978-3-0356-1899-0 Erscheint im Mai 2019
49,95 EUR [D] / ISBN: 978-3-0356-1839-6 Erscheint im Januar 2019
Das Karl Schwanzer-Archiv im Wien Museum: www.wienmuseum.at/de/sammlungen/ kunst/architektur/karl-schwanzer-archiv
Karl Schwanzer auf Instagram: instagram.com/karl_schwanzer
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„Si ginficant Others“, Mitwirkende in Karl S chwanzers Lebensfilm, die für Begegnungen, Zusammenarbeit, Freunds chaft, gemeinsame Wegstrecken und Verbundenheit mit dem Architekten aus Leidens chaft stehen: Kurt A ckermann, Nikolaus Amiras, Max Bill, Peter Blake, Charlotte Blauensteiner, Arnold Bode, Peter M. Bode, Alberto Camenzind, George Candilis, Carlo de Carli, Lucca Chmel, Josine de Cressonieres, Justus Dahinden, Donald J. Devine, Heinrich Drimmel, Maria Fellner-Dobler, Ulrich Finsterwalder, Martha Foitl, Karl Fuhry, Bertrand Goldberg, Ernö Goldfinger, Annette Grailer, Victor Gruen, Kurt Hamtil, Josef Holaubek, Jürgen Joedicke, Anton Jüttner, Gerhard Karplus, Abdul-Aziz Al-Khuwaiter, Robert Krapfenbauer, Alfred Kunz, Hannes Lintl, Josep Rodríguez Lloveras, Sigrid Neubert, Ernst Neufert, Hermann Ölkrug, Anni Patay-Artaker, Barbara Pflaum, Eleuterio Población Knappe, Gio Ponti, Gerhard Richter, Paul Rudolph, Manfred Sack, Alfred Schmeller, Georg Schmid, Johann Schwanzer, Heikki Sirén, Franz-Heinrich Sobotka, Sir Basil Spence, Hans Jürgen Steffen, Kenzo Tange, Carl Waidelich, A gnes Willert, Karoline Wolf, Maria Wölfl