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German Pages 300 [270] Year 2022
Kaufmann/Gutmann Sanierung von Krankenhäusern in Krise und Insolvenz
RWS-Skript 388
Sanierung von Krankenhäusern in Krise und Insolvenz von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht Dr. Christian Kaufmann, Bremen/Oldenburg Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm., Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht Torsten Gutmann, Hannover/Hamburg/Braunschweig
unter Mitwirkung von Tobias Kersten, Dr. Stephan Laubereau, Uta Meyer, Dr. Ruth Rigol, Jürgen Schendel
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Köln
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Vorwort Im dritten Jahr der COVID-19-Pandemie geht es den deutschen Krankenhäusern wirtschaftlich so schlecht wie noch nie. „Eine Insolvenzwelle rollt auf Deutschlands Kliniken zu“, warnte unlängst Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), als Reaktion auf das Ende 2022 erschienene Krankenhaus Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft sieht gar 80 % der Krankenhäuser in Niedersachsen als in ihrer Existenz gefährdet an. Dass es den deutschen Kliniken schlecht geht, ist hierbei kein neuer Befund. Seit Jahren erwirtschaftet ein großer Teil der Krankenhäuser Verluste, rund 10 % sind jedes Jahr akut insolvenzgefährdet. Die Ursachen hierfür liegen in den Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens. Jährlich steigenden Personal- und Sachkosten steht eine reglementierte Erlösseite gegenüber, die es den Krankenhäusern nicht ermöglicht, sich finanzielle Spielräume zu verschaffen, um die für die weitere Wettbewerbsfähigkeit zwingend erforderlichen Investitionen zu tätigen, für die eigentlich die Bundesländer sorgen müssten, diesem Auftrag jedoch seit Jahren nicht hinreichend nachkommen; dies alles in einem harten Wettbewerb um immer weniger stationäre Fälle und vor allem Fachkräfte bei zudem häufig vorliegenden Ineffizienzen in den betrieblichen Prozessen. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser noch einmal erheblich verschlechtert, indem insbesondere die stationären Fallzahlen während der Pandemie deutlich rückläufig waren und sich nach allgemeiner Ansicht auch nicht wieder auf das Vorkrisenniveau bewegen werden. Und zuletzt erschwerten noch zusätzliche Belastungen durch erhöhte Rohstoffpreise und gestörte Lieferketten infolge des Kriegs in der Ukraine ein kostendeckendes Wirtschaften. In dieser Situation kann insbesondere das Insolvenzverfahren mit seinen zahlreichen Sanierungsinstrumenten, die es so nur innerhalb eines Insolvenzverfahrens gibt (z. B. Insolvenzgeld, erleichterte Beendigung nachteiliger Verträge, Erleichterung bei Personalanpassungsmaßnahmen, Obstruktionsverbot beim Insolvenzplan etc.), einen sehr guten, der Allgemeinheit jedoch oft noch weitgehend unbekannten Rahmen bieten, um ein in die Krise geratenes Unternehmen neu aufzustellen und nachhaltig zu sanieren. Dies gilt insbesondere auch für Krankenhäuser. Die für den operativen Betrieb von Krankenhäusern und deren Verbesserung Verantwortlichen – Geschäftsführer und Vorstände, kommunale Amtsträger und Aufsichtsratsmitglieder, Entscheider und Mitarbeiter der öffentlichen Hand, Mitglieder der Krankenkassen und Fördermittel-Behörden, Restrukturierungs- und Sanierungsberater – sollten daher neben außergerichtlichen Sanierungsmöglichkeiten stets auch die Möglichkeiten einer Sanierung des KrankenV
Vorwort
hauses durch ein Insolvenzverfahren in Betracht ziehen. Dies gilt insbesondere nach den durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) gestärkten Instituten der Eigenverwaltung und des Insolvenzplans, die die Restrukturierung eines Unternehmensträgers in eigener Regie unter Aufsicht eines Sachwalters ermöglichen. Von dieser Möglichkeit haben in den letzten Jahren zahlreiche Krankenhäuser Gebrauch gemacht. Das vorliegende Werk möchte nach einer Einführung in die aktuelle Situation der Krankenhauswirtschaft in Deutschland, deren Kenntnis für das Verständnis der wirtschaftlichen Probleme von Krankenhäusern wichtig ist (Kapitel A.), vor allem die Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren aufzeigen – von den nur im Insolvenzverfahren vorhandenen Sanierungsinstrumenten über die verschiedenen Arten einer Sanierung im Insolvenzverfahren bis hin zu den spezifischen Problemen einer Krankenhaussanierung im Insolvenzverfahren (Kapitel D.). Da eine Sanierung im Insolvenzverfahren jedoch nur nachhaltig ist, wenn zugleich auch strategische und operative Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden, werden nach einer Darstellung des typischen Krisenverlaufs und der typischen Krisenindikatoren (Kapitel B.) mögliche Ansatzpunkte für strategische und operative Sanierungsmaßnahmen dargestellt (Kapitel C.). Ist die Krise noch nicht weit fortgeschritten, können und sollten auch außergerichtliche Sanierungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. In Kapitel C. wird hierbei auch auf die neuen Sanierungsmöglichkeiten eingegangen, die sich seit Anfang des Jahres 2021 durch die Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierung- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) ergeben. Im Kapitel E. werden Praxisfälle erfolgreicher Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren, die von unserer Kanzlei in der Vergangenheit betreut wurden, aus verschiedenen Blickwinkeln – CRO/CIO in der Eigenverwaltung, Insolvenzverwalter, Sachwalter – dargestellt. Das Werk endet mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse aus den durchgeführten Krankenhaussanierungen (Kapitel F.). Die Verfasser hoffen, hiermit einen guten Überblick über die verschiedenen Aspekte einer Sanierung von Krankenhäusern, insbesondere im Insolvenzverfahren, aber auch außergerichtlich zu geben. Wir danken den Kollegen, die an diesem Werk mitgewirkt haben, sowie Frau Vanessa Block, Frau Rechtsanwältin Veronique Hoffmann und Frau Nele Gollmer für ihre Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts. Dem RWS-Verlag um Herrn Markus Sauerwald danken wir für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Ein großer Dank gebührt last but not least unserer Lektorin Frau Magdalena Zander.
Oldenburg und Hannover, im März 2023
VI
Dr. Christian Kaufmann Torsten Gutmann
Inhaltsverzeichnis Rn.
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Vorwort ............................................................................................................ V Autorenverzeichnis .................................................................................. XVII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................. XIX Literaturverzeichnis ................................................................................ XXIII A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland .................................. 1 ........ 1 I.
Die Krankenhauswirtschaft in der Krise ..................................... 1 1. Extensiver Verdrängungswettbewerb durch hohen Konkurrenzdruck .................................................................. 4 a) Überkapazitäten auf dem deutschen Krankenhausmarkt ....................................................................... 4 b) Fachkräftemangel .......................................................... 9 c) Zunehmende Privatisierung ........................................ 11 2. Kosten-Erlös-Schere ........................................................... 13 3. Ineffizienzen in den betrieblichen Prozessen im Primär-, Sekundär- und Tertiärbereich von Krankenhäusern .................................................................. 24 4. Unterfinanzierung deutscher Krankenhäuser ................... 26 5. Besonderheiten im Bereich der Corporate Governance von Krankenhäusern ........................................................... 31 6. Auswirkungen der Coronapandemie auf die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser ..................................................................... 33
........ 1 ........ 3 ........ 3 ........ 7 ........ 8 ...... 10
...... 15 ...... 16 ...... 17
...... 17
II. Systematik der Krankenhäuser in Deutschland ........................ 40 ...... 19 III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung ................................ 1. Allgemeines ......................................................................... 2. Grundlagen der Finanzierung, Krankenhausförderung und Landeskrankenhauspläne ............................................. 3. Investitionsfinanzierung und -förderung .......................... 4. Erlöse für die Krankenhausleistungen ............................... 5. Ausblick: Krankenhausreform 2023 ..................................
54 ...... 23 54 ...... 23 59 65 74 85
...... ...... ...... ......
25 26 28 31
IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern ..... 90 ...... 32 1. Krankenhaus-Buchführungsverordnung ........................... 90 ...... 32 2. Gliederungsvorschriften ..................................................... 94 ...... 33
VII
Inhaltsverzeichnis
3.
Rn.
Seite
Krankenhausspezifische Posten des Jahresabschlusses .... 98 a) Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens ............................................ 98 b) Ausgleichsposten nach dem KHG ........................... 101 c) Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsrecht ............................... 105 d) Krankenhausspezifische Rückstellungen ................. 109
...... 35 ...... 35 ...... 36 ...... 37 ...... 39
B. Typischer Krisenverlauf und Krisenindikatoren bei Krankenhäusern ................................................................ 110 ...... 41 I.
Typischer Krisenverlauf bei Krankenhäusern ......................... 110 ...... 41
II. Krisenindikatoren bei Krankenhäusern ................................... 1. Indikatoren einer Stakeholderkrise .................................. 2. Indikatoren einer Strategiekrise ....................................... 3. Indikatoren einer Ergebnis-, Bilanz- und Liquiditätskrise .................................................................. 4. Zusammenfassung .............................................................
114 ...... 42 115 ...... 42 116 ...... 43 126 ...... 45 128 ...... 45
C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz ......................................................... 130 ...... 47 I.
Strategische, operative und finanzielle Sanierungsmaßnahmen ............................................................................... 1. Strategische Maßnahmen .................................................. a) Erlössteigerung .......................................................... b) Kostensenkung .......................................................... c) Kapazitätsanpassung .................................................. 2. Operative Maßnahmen ..................................................... a) Operative Maßnahmen zur Kostensenkung ............ aa) Operative Maßnahmen im Primärbereich ....... bb) Operative Maßnahmen im Sekundärbereich ..... cc) Operative Maßnahmen im Tertiärbereich ....... b) Operative Maßnahmen zur Erlössteigerung ............ 3. Finanzwirtschaftliche Maßnahmen .................................. 4. Fazit ...................................................................................
II. Sanierung mittels StaRUG ....................................................... 1. Einführung ......................................................................... 2. Möglichkeiten der Sanierung ohne Inanspruchnahme des Restrukturierungsgerichts .......................................... 3. Sanierungsmoderation ...................................................... 4. Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ............... a) Einleitung ................................................................... b) Restrukturierungsplan ............................................... c) Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente ....
VIII
132 132 134 138 142 145 145 145 149 152 155 157 163
...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......
47 47 48 49 49 49 49 49 50 51 52 52 53
166 ...... 54 166 ...... 54 171 173 181 181 183 187
...... ...... ...... ...... ...... ......
56 57 60 60 60 62
Inhaltsverzeichnis Rn.
d) Restrukturierungsbeauftragter .................................. e) Sonstige Regelungen .................................................. f) Steuerliche Auswirkungen einer Sanierung mittels Sanierungsmoderation und einer Restrukturierungssache ........................................................................... g) Relevanz für die Sanierung von Krankenhäusern ....
Seite
194 ...... 64 199 ...... 66
203 ...... 66 204 ...... 67
D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz ....................................................................... 205 ...... 69 I.
Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren ................ 1. Arten der Sanierung im Insolvenzverfahren .................... a) Übertragende Sanierung ............................................ b) Insolvenzplan ............................................................. c) Übersicht zum Vergleich übertragende Sanierung/ Insolvenzplan ............................................................. d) Vor- und Nachteile der übertragenden Sanierung und des Insolvenzplans ............................................. 2. Verfahrensarten ................................................................. a) Regelinsolvenzverfahren und Eigenverwaltung ....... aa) Grundgedanke der Eigenverwaltung ............... bb) Praktische Bedeutung der Eigenverwaltung bis zum Jahr 2012 .............................................. cc) Stärkung der Eigenverwaltung durch das ESUG im Jahr 2012 .................................... dd) Reform des Eigenverwaltungsverfahrens durch das SanInsFoG ....................................... b) Stellung der Beteiligten in der Eigenverwaltung ...... c) Vorteile der Eigenverwaltung gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren ................................... d) Kritik an der Eigenverwaltung .................................. e) Vergleich §§ 270b, c InsO/§ 270d InsOVerfahren .................................................................... f) Voraussetzungen für die Anordnung einer (vorläufigen) Eigenverwaltung ................................. aa) Grundsätzliche Voraussetzungen, zu stellende Anträge und beizufügende Unterlagen ........... bb) Eigenverwaltungsplanung und Erklärungen nach § 270a Abs. 2 InsO ................................... cc) Fazit ................................................................... 3. Sanierungsinstrumente im Insolvenzverfahren ............... a) Liquiditätsschonende Sanierungsinstrumente ......... aa) Insolvenzgeld gemäß §§ 165 ff. SGB III ......... bb) Nutzungsbefugnis für künftige Aus- und Absonderungsgüter nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO .........................................................
206 206 207 212
...... ...... ...... ......
69 69 69 70
218 ...... 73 219 235 235 237
...... ...... ...... ......
73 77 77 77
239 ...... 77 241 ...... 78 247 ...... 80 256 ...... 82 260 ...... 83 262 ...... 83 265 ...... 84 270 ...... 86 270 ...... 86 276 282 285 291 292
...... ...... ...... ...... ......
88 90 91 92 92
297 ...... 93 IX
Inhaltsverzeichnis Rn.
4.
5.
6.
cc) Aufwertung von Verbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten durch Einzelermächtigung ................................................................. dd) Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen .......................................................... b) Leistungswirtschaftliche Sanierungsinstrumente .... aa) Lösung von wirtschaftlich nachteiligen schwebenden Verträgen nach §§ 103 ff. InsO ... bb) Sanierungsarbeitsrecht gemäß §§ 113, 120 – 128 InsO ................................................... c) Sonstige insolvenzspezifische Sanierungsinstrumente ................................................................ aa) Vollstreckungsschutz im Antragsverfahren und eröffneten Verfahren ................................. bb) Rückgängigmachen insbesondere von Vollstreckungen durch Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO und Rückschlagsperre nach § 88 InsO .................................................. cc) Kostenbeiträge der Absonderungsberechtigten nach §§ 170 ff. InsO ......................................... dd) Verfahren bei Masseunzulänglichkeit gemäß §§ 208 ff. InsO .................................................. Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens .......................................................................... a) Insolvenzverfahrensfähigkeit nach §§ 11 f. InsO .... b) Zulässiger Insolvenzantrag nach §§ 13 ff. InsO ...... c) Vorliegen eines Insolvenzgrunds (§§ 16 ff. InsO) .... aa) Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO ........... bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO ........................................................... cc) Überschuldung nach § 19 InsO ....................... dd) Zusammenfassung ............................................. d) Vorliegen einer verfahrenskostendeckenden Masse nach § 26 InsO ........................................................... Ablauf eines Insolvenzverfahrens (Überblick) ............... a) Insolvenzantragsverfahren ........................................ b) Insolvenzeröffnung ................................................... c) Berichts- und Prüfungstermin, Erörterungs- und Abstimmungstermin beim Insolvenzplan ................ d) Schlusstermin ............................................................. Kosten der insolvenzrechtlichen Sanierung ....................
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301 ...... 94 306 ...... 95 307 ...... 95 308 ...... 96 312 ...... 97 318 ...... 99 318 ...... 99
322 ...... 99 326 .... 100 328 .... 101 329 330 332 338 342
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101 101 102 104 105
353 .... 107 359 .... 110 364 .... 111 365 370 372 380
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111 112 115 116
383 .... 117 387 .... 117 390 .... 118
II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren .............................................................. 403 .... 122 1. Anspruch gegenüber Kommune oder Land auf Übernahme des insolventen Krankenhauses? ................. 404 .... 122 X
Inhaltsverzeichnis Rn.
2.
3.
4.
5. 6.
7.
Herausnahme aus dem Krankenhausplan und Kündigung von bestehenden Versorgungsverträgen bei Insolvenz? .................................................................... a) Herausnahme eines insolventen Krankenhauses aus dem Krankenhausplan? ....................................... b) Kündigung von bestehenden Versorgungsverträgen bei Insolvenz? ............................................................ Fördermittel in der Insolvenz eines Plankrankenhauses und deren Rückforderung ................................................ a) Förderung von Investitionskosten durch Einzelförderung .................................................................... b) Förderung von Investitionskosten durch Pauschalförderung .................................................................... c) Rückforderung von Fördermitteln und deren insolvenzrechtliche Einordnung ............................... d) Dinglich gesicherter Rückforderungsanspruch ....... Weitere Fördermittel: Schließungsförderung und Eigenmittelausgleich ......................................................... a) Schließungsförderung ................................................ b) Eigenmittelausgleich .................................................. Pflegesatzrecht: Minder- und Mehrerlösausgleichsansprüche in der Insolvenz ............................................... Verrechnungsfragen .......................................................... a) Grundsätzliches zur Aufrechnung in der Insolvenz, insbesondere im Insolvenzplanverfahren ................. b) Verrechnungen in der Krankenhausinsolvenz ......... aa) Verrechnungen der Krankenkassen ................. bb) Verrechnungen der Förderbehörde ................. Übertragende Sanierung oder Insolvenzplan in der Krankenhausinsolvenz? .............................................. a) Vermeidung des Entstehens einer Gegenwertforderungen der VBL ................................................ aa) Allgemeines zur VBL und zum Entstehen einer Gegenwertforderung ............................... bb) Behandlung im Insolvenzverfahren ................. (1) Beendigung der Beteiligung ...................... (2) Im Insolvenzverfahren zu berücksichtigende Forderungen .......................... (3) Behandlung der Gegenwertforderung ...... cc) Konsequenzen für die Frage Insolvenzplan oder übertragende Sanierung ............................ b) Vermeidung der Rückforderung von Fördermitteln und der Herausnahme aus dem Krankenhausplan bei einem Trägerwechsel ........................................... c) Fazit ............................................................................
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411 .... 125 411 .... 125 418 .... 127 422 .... 128 425 .... 128 432 .... 130 436 .... 131 441 .... 132 445 .... 133 447 .... 133 462 .... 137 464 .... 137 471 .... 139 473 477 478 480
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140 141 141 143
483 .... 144 485 .... 144 485 .... 144 493 .... 147 494 .... 147 496 .... 148 499 .... 149 502 .... 149
503 .... 152 511 .... 154
XI
Inhaltsverzeichnis Rn.
8.
9.
10. 11. 12. 13.
Aufbewahrung von Patientenakten .................................. a) Verpflichtung des Insolvenz- bzw. Eigenverwalters ................................................................... b) Ende der Verpflichtung ............................................. aa) Ablauf der Aufbewahrungspflicht während des Insolvenzverfahrens ................................... bb) Aufhebung/Einstellung des Insolvenzverfahrens .......................................................... cc) Besonderheiten bei übertragender Sanierung .... Besonderheiten bei der Betriebsfortführung von Krankenhausbetrieben im Insolvenzverfahren ................ a) Vom Vertrauen der Patienten und von der einweisender Ärzte abhängigen Akquise ...................... b) Abhängigkeit der Umsatzplanung von Fallzahlen und Schweregrad einschließlich Kontrolle durch den Medizinischen Dienst ......................................... c) Abhängigkeit der Personalplanung von der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) ........ d) Insolvenzgeldvorfinanzierung unter Berücksichtigung der unsteten Bezüge von Ärzten und Pflegekräften .............................................................. e) Abhängigkeit des Beschaffungswesens von Einkaufsverbänden .................................................... f) Fehlende Kostensensibilität der für den Einkauf verantwortlichen Mitarbeiter und unkoordinierte Lagerhaltung .............................................................. g) Koordination der bestehenden Software-Programme mit den insolvenzrechtlichen Anforderungen ......... Begleichung von Sozialversicherungsbeiträgen im Eigenverwaltungs-Antragsverfahren ................................ Zahlung von Steuern im Eigenverwaltungs-Antragsverfahren ............................................................................ Besonderheiten bei der Insolvenzgeldvorfinanzierung ..... Öffentlichkeitsarbeit (besonderer Kundenkreis, politischer Bezug) .............................................................
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512 .... 154 512 .... 154 515 .... 155 515 .... 155 516 .... 155 520 .... 157 525 .... 157 528 .... 158
529 .... 158 531 .... 159
532 .... 159 533 .... 159
534 .... 160 535 .... 160 539 .... 161 547 .... 165 552 .... 166 559 .... 169
E.
Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren .................................................................................. 570 .... 175
I.
Sanierung eines kommunalen Krankenhauses durch Insolvenzplan aus Eigenverwaltungssicht ............................... 1. Wirtschaftliche Ausgangslage ........................................... a) Unternehmen ............................................................. b) Wirtschaftliche Lage im Frühjahr vor der Antragstellung .......................................................................
XII
570 .... 175 571 .... 175 571 .... 175 578 .... 176
Inhaltsverzeichnis Rn.
2.
3. 4.
Sanierungsidee ................................................................... a) Sanierungsidee für den Fall der Nichtförderung ..... b) Beantragung des Schutzschirmverfahrens ................ Ablauf des Verfahrens im Überblick ............................... Die Phasen im Einzelnen .................................................. a) Vorbereitungsphase ................................................... b) Antragstellung ........................................................... c) Antragsverfahren ....................................................... d) Eröffnetes Verfahren ................................................. e) Nach der Insolvenz/Planüberwachungsphase .........
581 581 583 584 585 585 593 597 606 614
Seite
.... .... .... .... .... .... .... .... .... ....
176 176 177 178 179 179 180 181 183 184
II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses durch Insolvenzplan aus Insolvenzverwaltersicht ............................. 1. Wirtschaftliche Ausgangslage ........................................... a) Unternehmen ............................................................. b) Wirtschaftliche Lage im Frühjahr der Antragstellung ....................................................................... 2. Sanierungsidee ................................................................... 3. Ablauf des Verfahrens im Überblick ............................... 4. Die Phasen im Einzelnen .................................................. a) Vorbereitungsphase und Antragstellung .................. b) Antragsverfahren ....................................................... aa) Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung .... bb) Vollumfängliche Betriebsfortführung ............. cc) Zweifel am Sanierungskonzept der Eigenverwaltung ......................................................... dd) Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung ... ee) Betriebsfortführung und Intensivierung des M&A-Prozesses ......................................... c) Eröffnetes Verfahren ................................................. aa) Eröffnung des Verfahrens als Regelinsolvenzverfahren ............................................................ bb) Fortsetzung des Investorenprozesses .............. cc) Insolvenzplanverfahren .................................... dd) Aufhebung des Insolvenzverfahrens ............... d) Nach der Insolvenz ...................................................
641 642 644 648 652
.... .... .... .... ....
191 192 192 193 194
III. Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sachwaltersicht ................................................................................. 1. Wirtschaftliche Ausgangslage vor dem Insolvenzantrag .... 2. Sanierungsidee ................................................................... 3. Ablauf des Eigenverwaltungsverfahrens .......................... 4. Die Verfahrensabschnitte im Einzelnen .......................... a) Vorbereitungsphase ................................................... b) Insolvenzantrag ..........................................................
654 655 660 662 663 663 665
.... .... .... .... .... .... ....
194 194 195 196 197 197 197
617 .... 185 618 .... 185 618 .... 185 622 625 628 629 629 630 630 631
.... .... .... .... .... .... .... ....
185 186 188 189 189 189 189 189
633 .... 189 635 .... 190 637 .... 191 641 .... 191
XIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
c) Antragsverfahren ....................................................... d) Eröffnetes Verfahren ................................................. aa) Herausforderungen ........................................... bb) Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen .......... cc) Dual-Track ........................................................ dd) Insolvenzplanverfahren .................................... e) Nach der Insolvenz/Planüberwachungsphase ......... IV. Sanierung einer Kurklinik im Regelinsolvenzverfahren durch Gesellschafterwechsel im Verwalter-Insolvenzplan .... 1. Wirtschaftliche Ausgangslage ........................................... a) Unternehmen ............................................................. b) Wirtschaftliche Lage im Herbst vor der Antragstellung ....................................................................... 2. Sanierungsidee ................................................................... a) Einstieg eines Investors bei Erhalt des Rechtsträgers ......................................................................... b) Ergriffene Sanierungsmaßnahmen ............................ 3. Ablauf des Verfahrens im Überblick ............................... 4. Die Phasen im Einzelnen .................................................. a) Vorbereitungsphase und Antragstellung .................. b) Insolvenzantragsverfahren ........................................ aa) Investorenprozess ............................................. bb) Sicherstellung des reibungslosen Geschäftsablaufs ................................................................ c) Eröffnetes Insolvenzverfahren ................................. aa) Auftrag an Insolvenzverwalter zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans .................. bb) Inhalte des Insolvenzplans ............................... cc) Insolvenzplan – Vergleichsrechnung ............... dd) Ergebnisse des Insolvenzplans ......................... V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht ................................................................... 1. Wirtschaftliche Ausgangslage ........................................... a) Unternehmen ............................................................. b) Wirtschaftliche Lage im Spätsommer vor der Antragstellung ..................................................... 2. Sanierungsidee ................................................................... a) Frühere Sanierungsmaßnahmen ............................... b) Sicherstellungszuschlag als Rettungsplan ................ 3. Ablauf des Verfahrens im Überblick ............................... 4. Die Phasen im Einzelnen .................................................. a) Antragstellung ...........................................................
XIV
666 670 671 672 677 680 685
Seite
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197 198 198 198 199 199 200
686 .... 200 687 .... 200 687 .... 200 691 .... 200 699 .... 201 699 703 710 711 711 713 713
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201 202 203 204 204 204 204
715 .... 204 718 .... 205 718 719 725 726
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205 205 206 206
729 .... 207 730 .... 207 730 .... 207 737 742 742 744 757 758 758
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209 211 211 211 214 215 215
Inhaltsverzeichnis Rn.
b) Insolvenzantragsverfahren ........................................ aa) Sicherstellung der Fortführung des Geschäftsbetriebs ....................................... bb) Erstellung eines tragfähigen Sanierungskonzepts ............................................................ c) Eröffnetes Verfahren ................................................. aa) Betriebsfortführung und umgesetzte Sanierungsmaßnahmen ..................................... bb) Umsetzung der Sanierung durch Asset Deal .... cc) Stolperstein: Altersversorgung ........................ dd) Anfechtung gegenüber dem Dritten ................ d) Nach der Insolvenz ................................................... F.
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759 .... 215 759 .... 215 767 .... 216 775 .... 217 775 781 785 791 792
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217 218 219 220 221
Lessons learned ........................................................................ 795 .... 223
Stichwortverzeichnis ................................................................................... 227
XV
Autorenverzeichnis Torsten Gutmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Dipl.-Kfm. (Univ.), Bankkaufmann, ist Gesellschafter und Geschäftsführer der PLUTA Rechtsanwalts GmbH. Herr Gutmann wird seit 1999 zum Insolvenzverwalter und Sachwalter von verschiedenen Gerichten in Norddeutschland bestellt. Darüber hinaus berät er vorinsolvenzlich und übernimmt in Eigenverwaltungsverfahren die Geschäftsleitung als CIO, auch bei Krankenhausinsolvenzen. Dr. Stephan Laubereau, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Dipl.-Kfm. (Univ.), Bankkaufmann, ist Gesellschafter und Niederlassungsleiter der Niederlassung Frankfurt am Main der PLUTA Rechtsanwalts GmbH. Herr Dr. Laubereau wird seit mehr als 20 Jahren als Insolvenzverwalter und Sachwalter im Rhein-Main-Gebiet bestellt. Dabei ist er immer wieder mit Fällen aus dem Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich befasst. Dr. Christian Kaufmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, ist Gesellschafter und Geschäftsführer der PLUTA Rechtsanwalts GmbH. Herr Dr. Kaufmann wird seit 2009 zum Insolvenzverwalter und Sachwalter von verschiedenen Gerichten in Norddeutschland bestellt. Darüber hinaus berät er vorinsolvenzlich und übernimmt in Eigenverwaltungsverfahren die Geschäftsleitung als CIO. Herr Dr. Kaufmann hat in verschiedenen Rollen bereits zahlreiche Insolvenzverfahren aus dem Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich, hierunter mehrere Krankenhäuser und Altenheime, begleitet. Tobias Kersten, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater/Rechtsanwalt, ist geschäftsführender Partner bei der FIDES Treuhand GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Bremen u. a., und verantwortet dort den Bereich Sanierung und Restrukturierung. Er berät seit vielen Jahren Unternehmen des Gesundheitswesens in Krisensituationen und hat in dieser Funktion vielfach Stakeholder in ihren Entscheidungsprozessen, ein Insolvenzverfahren als Sanierungsinstrument einzusetzen, sowie die Durchführung des Insolvenzverfahrens betriebswirtschaftlich begleitet. Uta Meyer, Dipl.-Kffr./Wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin, ist Partnerin bei der FIDES Treuhand GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Bremen u. a. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte bilden seit rund 20 Jahren die Prüfung und Beratung von Unternehmen im Sozialund Gesundheitswesen. Dabei zählen insbesondere freigemeinnützige und kommunale Krankenhausträger zu den von ihr betreuten Einrichtungen.
XVII
Autorenverzeichnis
Dr. Ruth Rigol ist Gesellschafterin, Prokuristin und Leiterin der Niederlassungen Köln und Solingen der PLUTA Rechtsanwalts GmbH. Tätigkeitsschwerpunkte von Frau Dr. Rigol sind die Sanierung und Fortführung von Unternehmen in Eigenverwaltungs- und in Regelinsolvenzverfahren, insbesondere im Gesundheitsbereich. Daneben berät Frau Dr. Rigol aufgrund langjähriger Erfahrung in Restrukturierungsmandaten. Frau Dr. Rigol hat in verschiedenen Rollen bereits mehrere Krankenhaussanierungen begleitet. Jürgen Schendel, Dipl.-oec., Steuerfachangestellter, ist Leiter der Abteilung Betriebsfortführung der PLUTA Rechtsanwalts GmbH in Norddeutschland. Seit 1995 ist er mit allen betriebswirtschaftlichen Themen bei Insolvenzverfahren (Eigenverwaltungen und Regelverfahren) befasst, so der Installierung eines insolvenzrechtlichen Controllings und der Aufstellung und Anpassung einer integrierten Unternehmensplanung sowie eines Reportings für die Beteiligten. Herr Schendel hat in dieser Rolle bereits mehrere Betriebsfortführungen bei Krankenhäusern begleitet.
XVIII
Abkürzungsverzeichnis AD AO ATV Aufl.
Ärztlicher Dienst Abgabenordnung Tarifvertrag Altersversorgung Auflage
BayKrG BB BeckRS BGB BGBl. BPflV BremKrhG
Bayerisches Krankenhausgesetz Betriebs-Berater Beck-Rechtsprechung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundespflegesatzverordnung Bremisches Krankenhausgesetz
CM COVInsAG CovidlfSGAnpG 2022
Casemix COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19
die bank DKG DKI DRG DStR
Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis Deutsche Krankenhausgesellschaft Deutsches Krankenhausinstitut Diagnosebezogene Fallgruppen Deutsches Steuerrecht
EStG ESUG
Einkommensteuergesetz Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen Magazin für Finanzen, Restrukturierung, Sanierung und Wirtschaft
EXISTENZ
f&w FTR
führen und wirtschaften im Krankenhaus Flugmedizin – Tropenmedizin – Reisemedizin
GewO GewStG ggf. GKV
Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz gegebenenfalls Gesetzliche Krankenversicherung
HBKG
Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen e. V. Handelsgesetzbuch
HGB
XIX
Abkürzungsverzeichnis
Hrsg.
Herausgeber
InEK InsbürO InsO InsVV i. S. d. i. S. v.
Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus Zeitschrift für die Insolvenzpraxis Insolvenzordnung Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung im Sinne der/des im Sinne von
KHBV KHEntG KHG BW KHG KHGG NRW
Krankenhaus-Buchführungsverordnung Krankenhausentgeltgesetz Krankenhausgesetz Baden-Württemberg Krankenhausfinanzierungsgesetz Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen Der Krankenhaus-JUSTITIAR Krankenhaustrukturgesetz Kommunal-Kassen-Zeitschrift Klinik Management aktuell Key Performance Indicator Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung Zeitschrift für Insolvenzrecht Krankenhaus-Umschau Gesundheitsmanagement
KH-J KHSG KKZ kma KPI KSI KTS KU Gesundheitsmanagement LVwVfG
Landesverwaltungsverfahrensgesetz
MBO-Ä
(Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigten Ärztinnen und Ärzte Medizinrecht Milliarden
MedR Mrd. NJW NKG NKHG NZA NZI NZS
Neue Juristische Wochenschrift Niedersächsische Krankenhausgesellschaft Niedersächsisches Krankenhausgesetz Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht
PpSG PpUGV
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung
return RWI
Transformation und Turnaround in Unternehmen Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
XX
Abkürzungsverzeichnis
S. SanInsFoG SanInsKG SGB III SGB V StaRUG
Seite Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen
TV-L
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
u. a.
unter anderem
VBL VBL-Satzung
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Satzung der VBL in der Fassung vom November 2022 vergleiche Vollzeitkräfte Verweildauer
vgl. VK VWD Ziff. ZInsO ZIP ZMGR ZTR ZRI ZVG
Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Medizin- und Gesundheitsrecht Zeitschrift für Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz Zwangsversteigerungsgesetz
XXI
Literaturverzeichnis Kommentare, Handbücher Beck’scher Online-Kommentar Insolvenzrecht InsO, EGInsO, COVInsAG, InsVV, EuInsVO, Spezialthemen und Länderberichte, 28. Edition [Stand: 15.7.2022], hrsg. v. Fridgen/Geiwitz/Göpfert (zit.: BeckOK-Bearbeiter, InsR) Beck’scher Online-Kommentar StaRUG 7. Edition [Stand: 1.1.2023], hrsg. v. Skauradszun/Fridgen (zit.: BeckOK-Bearbeiter, StaRUG) Berndt/Nordhoff Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, 2. Aufl., 2019 Bieg/Borchardt/Frind Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, Handbuch, 2021 (zit.: Bieg/Borchardt/Frind-Bearbeiter, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung) Bork/Hölzle (Hrsg.) Handbuch Insolvenzrecht, 2. Aufl., 2019 (zit.: Bork/Hölzle-Bearbeiter, Handbuch Insolvenzrecht) Braun Insolvenzordnung, Kommentar, 9. Aufl., 2022 (zit.: Braun-Bearbeiter, InsO) Buth/Hermanns Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 5. Aufl., 2022 (zit.: Buth/Hermanns-Bearbeiter, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz) Chmielewicz/Schweitzer (Hrsg.) Handwörterbuch des Rechnungswesens, 3. Aufl., 1993 Dettling/Gerlach Krankenhausrecht, Kommentar, 2. Aufl., 2018 (zit.: Dettling/Gerlach-Bearbeiter, Krankenhausrecht) Dietz/Bofinger Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Kommentar, Loseblattwerk, 74. EL, 3/2022 (zit.: Dietz/Bofinger-Bearbeiter, KHG) Flöther StaRUG – Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, Kommentar, 2021 (zit.: Flöther-Bearbeiter, StaRUG) Gottwald/Haas Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., 2020 (zit.: Gottwald/Haas-Bearbeiter, InsR-Hdb.)
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XXXIII
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise Kaufmann
Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser in Deutschland ist schlecht. Die 1 verschiedenen jährlich erscheinenden Studien (z. B. „Krankenhaus Rating Report“ des RWI, „Krankenhausstudie“ der Unternehmensberatung Roland Berger oder Krankenhaus Barometer des DKI) zeigen dies sehr deutlich. Danach erwirtschafteten in den letzten Jahren im Durchschnitt rund 40 % der Krankenhäuser in Deutschland keinen Überschuss, rund 20 % gar einen Verlust. Circa 10 % weisen eine erhöhte Insolvenzgefahr auf. In den letzten beiden Jahren hat sich die Situation noch einmal erheblich verschlechtert. Jahresergebnis der Krankenhäuser 2021 und 2020 (Krankenhäuser in %) Jahresfehlbetrag
Ausgeglichenes Ergebnis
Jahresüberschuss
29 % 43 % 44 %
2021
60 %
2020
11 % 13 %
Quelle: Krankenhaus Barometer 2022
Dabei unterscheidet sich die wirtschaftliche Lage zum Teil ganz erheblich 2 danach, wo sich das Krankenhaus befindet, wie viele Betten es hat, um welche Art von Krankenhaus es sich handelt und wer Träger des Krankenhauses ist. So ist die Lage der ostdeutschen Krankenhäuser deutlich besser als die der westdeutschen. Am schwierigsten ist die Lage in Hessen und Baden-Württemberg. Besonders betroffen sind Häuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, während Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft besser abschneiden.1) Besonders schwierig ist die Lage für Häuser der Grundversorgung, insbesondere auf dem Land. Aber auch bei städtischen Häusern der Grundversorgung ist die Insolvenzgefahr hoch. Grundsätzlich schneiden größere Kliniken besser ab ___________ 1)
Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; zu den Gründen siehe Rn. 11 ff.; ferner Kraemer/Vallender/ Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 20.
Kaufmann
1
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
als kleine, Kliniken einer Klinikkette besser als einzelner Häuser, spezialisierte Kliniken besser als „Wald- und Wiesen-Kliniken“, wobei sich zuletzt auch die Situation größerer Krankenhäuser verschlechtert hat. Jahresergebnis der Krankenhäuser 2021 nach Bettengrößenklassen (Krankenhäuser in %)
Jahresfehlbetrag Ausgeglichenes Ergebnis 30
Jahresüberschuss 48
50
16
13
12
38
54
39
KH mit 100 – 299 Betten
KH mit 300 – 599 Betten
KH ab 600 Betten
Quelle: Krankenhaus Barometer 2022
3 Gründe für die schlechte wirtschaftliche Situation vieler Krankenhäuser sind dabei im Wesentlichen: x
Ein extensiver Verdrängungswettbewerb aufgrund bestehender Überkapazitäten, Fachkräftemangel sowie zunehmender Privatisierung und dadurch bedingtem erhöhtem Konkurrenzdruck.
x
Kosten-Erlös-Schere durch das bestehende System der Krankenhausfinanzierung.
x
Ineffizienzen in den betrieblichen Prozessen im Primär-, Sekundär- und Tertiärbereich von Krankenhäusern.
x
Unterfinanzierung deutscher Krankenhäuser.
x
Besonderheiten im Bereich der Corporate Governance von Krankenhäusern.
x
Verschärfung der ohnehin bestehenden Probleme durch die COVID-19Pandemie.
2
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
1. Extensiver Verdrängungswettbewerb durch hohen Konkurrenzdruck a) Überkapazitäten auf dem deutschen Krankenhausmarkt Der deutsche Krankenhausmarkt ist durch Überkapazitäten geprägt. Zwar ver- 4 ringert sich die Anzahl der Krankenhäuser seit dem Jahr 2000 beständig und ist im Jahr 2013 erstmals unter die Zahl von 2.000 Krankenhäusern im Bundesgebiet gefallen. Im Jahr 2020 gab es noch 1.903 Krankenhäuser.2) Trotz dieser Reduzierung um über 340 Krankenhäuser in den letzten 20 Jahren fand eine nennenswerte Reduzierung der Bettenzahl nicht statt. Sie war in den letzten Jahren beständig über 500.000 und fiel erst im Jahr 2015 leicht darunter. Im Jahr 2020 gab es 487.783 Betten. Dadurch pendelte sich die Bettenauslastung in den letzten Jahren bei um die 77 % ein, statt der anzupeilenden 85 %3) (im Jahr 2020 aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie bei sogar nur 67,3 %). Sehr anschaulich wird diese Entwicklung in den Schaubildnern zu den ver- 5 schiedenen Statistiken der Jahre 2000 bis 2020 dargestellt:
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft
___________ 2) 3)
Deutsche Krankenhausgesellschaft, Krankenhausstatistik 2022. Rürup, Sanierungsfall Krankenhaus in: Handelsblatt (2017) Nr. 247, S. 12.
Kaufmann
3
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft
6 Trotz einer erheblichen Reduzierung von Krankenhäusern ist es somit zu keiner nennenswerten Verringerung der Bettenanzahl zugunsten einer höheren Bettenauslastung gekommen. Und dies, obwohl die Fallzahlen seit 2006 bis zum Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020 deutlich angestiegen sind bei gleichzeitig deutlich zurückgegangenen durchschnittlichen Verweildauern der Patienten, die zuletzt bei 7,2 Tagen lag.4)
___________ 4)
4
Deutsche Krankenhausgesellschaft, Krankenhausstatistik 2022. Im Jahr 2019 betrugen die Fallzahlen demnach im stationären Bereich 19,14 Mio. Fälle, die im Jahr 2020 aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie um 13,5 % auf 16.793.962 Fälle zurückgegangen sind.
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft
Vielmehr ist es zu einer spürbaren Marktkonsolidierung gekommen, bei dem wirtschaftlich effiziente Krankenhäuser zusätzliche Kapazitäten aufgebaut haben und somit in einem schrumpfenden Markt wachsen konnten. Entwicklung der Eckdaten deutscher Krankenhäuser 115 +9%
Index 2009 = 100
110
105
+0%
100
–2% –1% 95 –8% 90 – 10 % 85 2009 KH
2010 Betten
Verweildauer
2011
2012
Fallzahl
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
Berechnungs- und Belegungstage
Bettenauslastung
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft
Kaufmann
5
7
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
8 Die hohe Versorgungsdichte in Deutschland durch Krankenhäuser wird im Vergleich mit anderen Ländern deutlich: 600 Niederlande
500
NW
Israel
Einwohner/qkm
400
SL
Belgien
BW
300
HE Luxemburg
200
Slowenien
100
Schweden
0 0
50
Italien
CH
SN
SH,HH Deutschland RP BY NI,HB
BE,BB EUROCZ OECD TH Polen Frankreich SK H P ST A GR Spanien Türkei MV Irland USA NZ N RCH Estland Finnland Island CDN
100
150
200
250
300
Krankenhausdichte (Krankenhäuser/10 Mio. Einwohner)
Quelle: Krankenhaus Rating Report 2016
6
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
b) Fachkräftemangel Schon heute existiert ein erheblicher Fachkräftemangel, insbesondere im Be- 9 reich der Pflege, aber auch im Bereich der Ärzteschaft, der sich Untersuchungen zur Folge bis zum Jahr 2030 dramatisch verschärfen wird.5) Nicht besetzte Vollkraftstellen im Ärztlichen 2011–2022 (Mittelwert für Krankenhäuser mit Stellenbesetzungsproblemen) 14,3
8,1 7,0
6,7
6,8
5,6 5,0
4,6
4,1
3,9
3,5 3,0
2,8
2,4
2,3 1,6
KH gesamt
2022
KH mit 100–299 Betten 2019
2016
KH mit 300–599 Betten
KH ab 600 Betten
2011
Quelle: Krankenhaus Barometer 2022
___________ 5)
Pressmitteilung der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft zum DKI-Gutachten „Situation und Entwicklung der Pflege bis 2030“ v. 22.10.2019, https://www.dkgev.de/dkg/ presse/details/pflegekraeftebedarf-steigt-immens-an/ [19.1.2023].
Kaufmann
7
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
10 Die (finanziellen) Folgen für die Krankenhäuser sind erheblich. Zum Teil müssen Pflegekräfte, insbesondere, aber nicht nur bei Krankenhäusern auf dem Land, über Tarif entlohnt werden, damit Stellen besetzt werden können.6) In ländlichen Regionen liegen Arztgehälter zum Teil 25 % über Marktniveau oder es müssen, da offene Stellen des ärztlichen Dienstes ansonsten überhaupt nicht besetzt werden können, erhebliche Mehraufwendungen für Honorarärzte getätigt werden.7) Die fehlende Arzt-Patienten-Bindung bei Honorarärzten ist eine weitere negative Folge für die Akzeptanz und Auslastung eines Krankenhauses. Der bestehende Fachkräftemangel in Kliniken hat bereits dazu geführt, dass Krankenhausträger nicht nur einzelne Abteilungen schließen mussten, sondern ganze Krankenhäuser.8) c) Zunehmende Privatisierung 11 Der Konkurrenzdruck wird zusätzlich noch erhöht durch einen in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden kontinuierlichen Trend hin zur Privatisierung von Krankenhäusern.
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft
___________ 6)
7) 8)
8
Vgl. Interview mit Prof. Dr. Jens Scholz zur Finanzlage der Unikliniken v. 13.1.2022, kma Online, https://www.kma-online.de/aktuelles/management/detail/unikliniken-finanzlage-versorgungszuschlag-jens-scholz-46951. Zum Umfang des Einsatzes von Honorarärzten siehe Krankenhaus Barometer 2022, S. 76 ff. So die Ankündigung für die Paracelsus Klinik Bad Ems, https://www.kma-online.de/ aktuelles/klinik-news/detail/aus-fuer-die-paracelsus-klinik-bad-ems-49122 [19.1.2023].
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
Wie eingangs erwähnt, zeigen die diversen Studien, dass private Krankenhäuser 12 häufig erfolgreicher arbeiten. Dies insbesondere deshalb, weil sie aufgrund ihrer Größe – 60 % der Krankenhäuser gehören heute bereits einem Träger mit mindestens zwei Gesellschaften an9) – Kostenvorteile und Synergieeffekte durch eine verbesserte Nutzung gemeinsamer Ressourcen nutzen können sowie ein umfangreicheres medizinisches Leistungsportfolio anbieten können. Ferner können in der Regel ebenso die notwendigen finanziellen Mittel für Investitionen in effizientere Prozesse einfacher und ohne langwierige Abstimmungsprozesse in öffentlichen Aufsichtsgremien generiert werden. Durch die zunehmende Privatisierung und die damit einhergehenden Folgen (Wanderungen von Patienten und Fachkräften) wird der Druck auf die freigemeinnützigen und insbesondere die öffentlichen Krankenhäuser weiter erhöht, wenngleich auch private Krankenhäuser infolge der COVID-19-Krise zunehmend Verluste erwirtschaften. 100 80
39,0
42,1
32,1
20,2
35,1
39,5
60 40
34,7 38,8
20
37,7
28,9
30,2
21,7
0 Privat
Alle
Eigenkapital
Fgn.
Öff.rechtl.
Fremdkapital
Sonderposten
Quelle: Krankenhaus Rating Report 2016
___________ 9)
Krankenhaus Rating Report 2013, S. 165.
Kaufmann
9
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
JAHRESERGEBNIS 2019
ART DER TRÄGERSCHAFT
2020
2020 67 % –29 pp
48 % 36 %
–18 pp 23 %
Überschuss
Ausgeglichen
38 %
20 %
16 %
23 %
19 % 13 %
63 % +27 pp
49 %
38 % 32 % Defizit 14 %
Freigemeinnützig Öffentlich-rechtlich Privat
+xx pp Entwicklung zu Vorjahr (2019)
Quelle: Roland Berger Krankenhausstudie 2021
2. Kosten-Erlös-Schere 13 Der beschriebene Konkurrenzdruck durch die bestehenden Überkapazitäten wird noch dadurch verschärft, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Krankenhäuser in Deutschland seit der Einführung des DRG-Systems im Jahr 2003 (näher zum DRG-System siehe unter Rn. 74 ff.) durch eine divergierende Entwicklung von Erlösen und Kosten gekennzeichnet ist.
10
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
Während die Kostenseite (Sachkosten, Personal) marktwirtschaftlichen Bedin- 14 gungen unterliegt, ist die Erlösseite durch die Einführung von Fallpauschalen auf Basis von Landesbasisfallwerten und Budgetverhandlungen regulatorisch begrenzt worden. Dabei sind die Kosten in den letzten Jahren stärker gestiegen als die Landesbasisfallwerte, was zu der allgemein als Kosten-Erlös-Schere bezeichneten Situation geführt hat, die sich beständig verschärft.10) Tariflohn-Erlös-Schere der Jahre 2006 – 2018 145 % + 39,4 % 140 % Δ 25,4 % = 8,9 Mrd. €
135 % 130 % 125 %
+ 25,4 %
120 % 115 % 110 % 105 %
17
18 20
16
15
20
20
14
13
12
20
20
20
10
11
20
20
09
20
07
08
20
20
20
20
06
100 %
TVöD-Anstieg gew. Landesbasisfallwert (inkl. Ausgleiche) Quelle: Destatis
Diese Kosten-Erlös-Schere führt dazu, dass nur effizient agierende Kranken- 15 häuser profitabel arbeiten. Die mit der regulatorischen Begrenzung der Einnahmenseite mittel- bis lang- 16 fristig verbundene Ressourcenverknappung durch Fusionen oder aber (zwangsweise oder freiwillige) Marktaustritte ist hierbei politisch durchaus gewollt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 3 KHG). Wie bereits erwähnt, ist die Krankenhausdichte in Deutschland im internationalen Vergleich hoch. Entsprechend hoch sind die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland.
___________ 10) Roland Berger Krankenhausstudie 2021, S. 7; vgl. auch Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwi-essen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhaus-rating-report-2022 [19.1.2023].
Kaufmann
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
Krankenhausfallzahlen 2010
57
83
107 Japan1
100
102
116 Niederlande
131
155 OCED-Durchschnitt
128
155 Australien1
150
136
169
163 Schweden
169 Schweiz
Frankreich
175
172 Dänemark
178
Norwegen2
182
Belgien
Griechenland1
200
Finnland1
203
195
Polen2
261
250
240
Pro 1000 Einwohner 300
50
1
2
Mexiko1
Kanada1
Spanien1
Italien
USA2
Großbritanien
Deutschland
Österreich1
0
außer Fallzahlen gesunder im Krankenhaus geborener Säuglinge (zwischen 3 – 7 % aller Fallzahlen); enthält Tagesfälle
Quelle: Ärzteblatt 16/2016 Laufende Gesundheitsausgaben in der EU 2018 Länderauswahl, in % des BIP Deutschland (EU max)
11,47 11,26
Frankreich
10,32
Österreich 8,99
Spanien
8,67
Italien 7,65
Tschechien 6,33
Polen
5,56
Rumänien
5,29
Luxemburg (EU min)
© Statistisches Bundesamt (Destatis), 2021
12
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise Ausgaben für Krankenhausbehandlung, Arzneimittel und Ärztliche Behandlung Angaben in Mrd. Euro 100 80,34 Krankenhausbehandlung
72,95
74,90
77,16
36,53
38,09
39,42
41,08 Ärztliche Behandlung
34,89
36,27
37,70
38,67
41,04 Arzneimittel
34,84 2015
2016
2017
2018
2019
80 70,25 60
40
Darstellung: GKV-Spitzenverband
Eine vielbeachtete und zugleich heftig umstrittene Studie der Bertelsmann 17 Stiftung kam im Jahr 2019 zu dem Ergebnis, dass es einer deutlichen Reduzierung auf unter 600 Krankenhäusern bedürfe.11) Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina kam unter Hinweis auf die dänische Krankenhausstruktur sogar nur auf 330.12) Die stetig steigenden Kosten führen dabei zunehmend zu Problemen bei den 18 gesetzlichen Krankenkassen und den Ländern, die nach dem derzeit geltenden System beide gemeinsam die Krankenhäuser finanzieren.13) So entwickelt sich auch bei den gesetzlichen Krankenkassen eine immer größere Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben.14) Bei den Ländern führen die immer höheren Ausgaben in den verschiedenen 19 Bereichen zu Spardiktaten in den Länderhaushalten.
___________ 11) Pressemitteilung der Bertelsmann Stiftung v. 15.7.2019, https://www.bertelsmannstiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2019/juli/eine-bessere-versorgung-ist-nurmit-halb-so-vielen-kliniken-moeglich#c161737 [19.1.2023]. 12) Leopoldina, Thesenpapier „Zum Verhältnis von Medizin und Ökonomie im deutschen Gesundheitssystem“, S. 10; zustimmend z. B. Rürup, Sanierungsfall Krankenhaus in: Handelsblatt (2017) Nr. 247, S. 12. 13) Zum dualen System der Krankenhausfinanzierung siehe ausführlich Rn. 54 ff. 14) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; Pressemitteilung von krankenkasse-direkt.de, https:// www.krankenkassen-direkt.de/news/Finanzentwicklung-im-1-Halbjahr-2022-Defizitder-Krankenkassen-klettert-auf-knapp-300-Millionen- Euro-1266695.html [19.1.2023].
Kaufmann
13
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
20 Um die politisch gewollte Schließung von Krankenhäusern zu befördern, ist neben der in den Krankenhausgesetzen vorgesehenen Schließungsförderung (siehe Rn. 447 ff.) durch das am 1.10.2016 in Kraft getretene Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) vom 10.12.201515) ein Krankenhausstrukturfonds für die Jahre 2016 – 2018 mit einem Volumen von 500 Mio. € eingeführt worden, der insbesondere dem Abbau von Überkapazitäten und der Konzentration von Krankenhausstandorten dient. 21 Dabei ist eine Schließung eines Krankenhauses oft sehr teuer aufgrund der in Tarifverträgen vorgesehenen langen Kündigungsfristen und Abfindungsansprüche. Ein Gutachten des GKV-Spitzenverbandes kommt dementsprechend zu dem Ergebnis, dass die hohen Schließungskosten Marktaustritte verhindern würden.16) 22 Hieran ändert auch die in den Krankenhausgesetzen vorgesehene Schließungsförderung nichts. Bei nur fünf der 74 (echten) Marktaustritte zwischen den Jahren 2003 und 2013 – in der Statistik sind es 204 Marktaustritte; hierbei handelt es sich jedoch nicht immer um wirkliche Schließungen, sondern um Zusammenlegungen von Standorten, ohne dass diese geschlossen wurden17) – haben die Länder Schließungsförderung bewilligt, wobei diese sich zwischen 400 T€ und 3 Mio. € bewegten. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung kritisiert dann auch die Schließungsförderung der Länder als „sehr intransparent und kaum planbar“.18) 23 Zusätzlich wird eine Krankenhausschließung oftmals durch die Beteiligten vor Ort verhindert. So haben in der Vergangenheit die Weigerung der Politik vor Ort oder aber massive Proteste der Bevölkerung schon die eine oder andere Schließung eines Krankenhauses verhindert.19)
___________ 15) 16) 17) 18) 19)
14
BGBl. 2015 I S. 2229. Mau, kma 2/2015, 30. Mau, kma 2/2015, 30, 32 f. Mau, kma 2/2015, 30, 33. Mau, kma 2/2015, 30, 33.
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
3. Ineffizienzen in den betrieblichen Prozessen im Primär-, Sekundärund Tertiärbereich von Krankenhäusern Die vielerorts wirtschaftlich schlechte Situation von Krankenhäusern resultiert 24 maßgeblich auch durch Ineffizienzen in den betrieblichen Prozessen, die aufgrund der zuvor beschriebenen Kosten-Erlös-Situation dazu führt, dass viele Krankenhäuser nicht profitabel arbeiten und damit wirtschaftlich nicht überlebensfähig sind. Die Ineffizienzen bestehen dabei sowohl im Primärbereich, also dem medizinisch pflegerischen Kerngeschäft, als auch im Sekundärbereich (ärztliche und pflegerische Unterstützung) sowie im Tertiärbereich (unterstützende Infrastrukturleistungen). Die anschließende Übersicht zeigt typische Ineffizienzen in Krankenhäusern: Ineffizienzen in betrieblichen Prozessen
Primärbereich (Medizinisch pflegerisches Kerngeschäft)
Sekundärbereich (Ärztliche und pflegerische Unterstützungen)
Tertiärbereich (Unterstützende Infrastrukturleistungen)
• Fehlende oder unklare strategische Ausrichtungen des medizinischen Leistungsangebotes
• Fehlen eines strategischen Einkaufs mit entsprechendem Lieferantenmanagement
• Überkapazität in der Verwaltung
• Vorhaltung von zu großer stationärer Kapazität
• Hohe Bestände an teuren Prothesen und Implantaten
• Unwirtschaftliche Stationsgrößen und unwirtschaftliche Stationsarchitektur
• Vorhalten von nicht notwendigen Laborkapazitäten
• Fehlende Zentralisierung von Küchenstandorten und daraus resultierende Überkapazitäten
• Fehlende medizinische Leitlinien, sogenannte Clinical Pathways oder SOP
• Überkapazitäten im Bereich Sterilisation
• Zu teure (eigene) Reinigungskräfte
• Unzureichendes medizinisches und kaufmännisches Controlling
• Unzureichendes Patientenmanagement
• Überkapazität im OP-Bereich • Überkapazität in den Intensivstationen • Ineffizienzen im Bereich der Notaufnahme • Unzureichendes Verweildauermanagement • Übermäßiger Einsatz von Honorarärzten (Fachkräftemangel)
Kaufmann
15
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
25 Als wesentliches Verbesserungspotenzial wird von Experten hierbei immer wieder insbesondere die Optimierung des OP-Kostenmanagements sowie des Verweildauermanagements genannt.20) 4. Unterfinanzierung deutscher Krankenhäuser 26 Dass bestehende Ineffizienzen nicht beseitigt werden können, liegt maßgeblich begründet in der Unterfinanzierung deutscher Krankenhäuser. Die für die Investitionen in die Optimierung betrieblicher Prozesse notwendigen Investitionsmittel sind bei den Krankenhäusern nicht vorhanden und können von diesen oftmals auch nicht besorgt geschweige denn erwirtschaftet werden. 27 Grund hierfür ist wiederum das duale System der Krankenhausfinanzierung in Deutschland, wonach die Finanzierung der Investitionen von Krankenhäusern durch die Bundesländer erfolgt, während die Finanzierung der Betriebskosten von den Krankenkassen/Patienten getragen wird.21) Dieser Finanzierungsverantwortung der Länder werden diese jedoch seit Jahren aufgrund der Spardiktate in den Länderhaushalten nur noch unzureichend gerecht. So betrug der Investitionsbedarf der deutschen Krankenhäuser (ohne Universitätskliniken) nach den Berechnungen des RWI im Jahr 2016 jährlich 5,8 Mrd. € (2015: 5,4 Mrd. €; 2014 5,5 Mrd. €).22) Die Länder stellen jedoch nur rund die Hälfte der benötigten Fördermittel zur Verfügung (2016: 2,8 Mrd. €; 2015: 2,8 Mrd. €; 2014: 2,7 Mrd. €), sodass jährlich eine Investitionslücke in erheblichem Ausmaß entsteht (2016: 3 Mrd. €; 2015: 2,6 Mrd. €; 2014: 2,8 Mrd. €).23) Die Folge ist ein erheblicher Investitionsstau in deutschen Krankenhäusern, der sich im Jahr 2014 bereits auf 27,8 Mrd. € kumuliert hat.24) 28 An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Die Investitionsfördermittel der Länder beliefen sich im Jahr 2020 auf 3,27 Mrd. €, das waren 3°% mehr als im Vorjahr. Bezogen auf die gesamten Krankenhauserlöse entspricht dies 3,4 %. Zum Erhalt der Unternehmenssubstanz sollten jedoch jährlich 7 bis 8 % der Erlöse in Investitionen fließen.25) 29 Da der DRG-Katalog Investitionskosten nicht vorsieht, sind fremdfinanzierte Investitionen nur möglich, wenn Krankenhäuser effizienter arbeiten, als die Normalkalkulationen es vorsehen. ___________ 20) Der Ehrenpräsident der deutschen Krankenhausgesellschaft Dr. Kösters auf dem 9. Berliner Restrukturierungsforum 2016, EXISTENZ, Sommer 2016, S. 17; ausführlich zum Verweildauerquotienten als Krisenindikator siehe Rn. 116 ff. 21) Ausführlich zum System der Krankenhausfinanzierung in Deutschland siehe Rn. 54 ff. 22) Krankenhaus Rating Report 2016, S. 154, 2017, S. 153 und Krankenhaus Rating Report 2018, S. 19, 157, 160, 190. 23) Krankenhaus Rating Report 2016, S. 154, 2017, S. 153 und Krankenhaus Rating Report 2018, S. 19, 157, 160, 190. 24) Krankenhaus Rating Report 2016, S. 16, 156. 25) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; siehe auch Krankenhaus Barometer 2022, S. 23 ff.
16
Kaufmann
I. Die Krankenhauswirtschaft in der Krise
Dies führt dazu, dass ein Großteil der Krankenhäuser nicht investitionsfähig 30 ist. Nach früheren Untersuchungen des RWI sind lediglich 67 % (2016) der Kliniken voll investitionsfähig.26) Nach der „Krankenhausstudie 2017“ der Unternehmensberatung Roland Berger verfügen knapp 60 % der Krankenhäuser nicht über ausreichende Investitionsmittel.27) Dies führt dazu, dass eine Vielzahl von Kliniken von der Substanz lebt. Investitionen in die Optimierung der Prozesse zur Kostensenkung oder moderne Infrastrukturen unterbleiben. Dies gilt insbesondere für die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung.28) An diesem Befund hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert.29) 5. Besonderheiten im Bereich der Corporate Governance von Krankenhäusern Krankenhäuser unterliegen im Allgemeinen einem sehr hohen öffentlichen In- 31 teresse. Bei kommunalen und freigemeinnützigen Krankenhäusern sind daher Gesellschafter und Aufsichtsgremien oft mit Kommunalpolitikern, Kirchenamtsträgern oder sonstigen Personen des öffentlichen Lebens besetzt. Zudem erfolgt die Besetzung von Schlüsselrollen zuweilen nach dem Parteibuch. Die Entscheider weisen daher nicht immer die erforderliche Qualifikation, Unabhängigkeit und Entscheidungsgeschwindigkeit auf, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Experten sehen hierin auch einen wesentlichen Grund für die „Perpetuierung der Überversorgung“.30) Stützen können sich die kommunalen Mandatsträger hierbei oft auf die Be- 32 völkerung, die häufig ebenso vehement gegen die Schließung des Krankenhauses vor Ort protestiert. 6. Auswirkungen der Coronapandemie auf die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser Die seit März 2020 weltweit grassierende COVID-19-Pandemie hat die wirt- 33 schaftliche Lage vieler deutscher Krankenhäuser hierbei zusätzlich verschärft. Zwar hat sich die wirtschaftliche Situation zahlreicher Krankenhäuser im Jahr 34 2020 durch die staatlicherseits gewährten Ausgleichszahlungen und andere Hilfen im Rahmen der COVID-19-Pandemie zum Teil zunächst noch – zum Teil deutlich – verbessert. Verbessern konnten sich kleinere Krankenhäuser, Einrichtungen mit unterdurchschnittlicher Fallschwere (Casemixindex) und ___________ 26) 27) 28) 29)
Krankenhaus Rating Report 2018, S. 160. Roland Berger Krankenhausstudie 2017, S. 2, 12. Roland Berger Krankenhausstudie 2017, S. 2, 13. Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; Roland Berger Krankenhausstudie 2021, S. 3, 11; Krankenhaus Barometer 2022, S. 23 ff., insbesondere S. 29 ff. 30) Mau, kma 2/2015, 30.
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17
A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
nicht private Krankenhäuser.31) Die Verbesserungen basieren allerdings nicht auf langfristig wirksamen strukturellen Veränderungen, sondern ausschließlich auf den Ausgleichszahlungen und anderen Hilfen von Bund und Ländern.32) 35 Demgegenüber ist jedoch die stationäre Fallzahl im Jahr 2020 durch die staatlichen Beschränkungen einerseits und die Zurückhaltung bei den Patienten aufgrund der Sorge, sich beim Krankenhausaufenthalt mit dem COVID-19Erreger anzustecken, anderseits außerordentlich stark um 13,5 % gesunken und im zweiten Pandemiejahr 2021 auf diesem Niveau geblieben.33) Experten zufolge ist fraglich, ob das Vor-Krisen-Niveau je wieder erreicht werden wird, mit dann entsprechenden negativen Aussichten für die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser.34) 36 Zudem konnten in den Pandemie-Jahren viele Operationen auch deshalb nicht durchgeführt werden, weil Personal aufgrund einer Corona-Erkrankung fehlte. 37 Hierdurch ist es nicht nur bei Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zu Umsatzrückgängen und negativen Jahresergebnissen gekommen, sondern auch bei Häusern in privater Trägerschaft.35) 38 Schließlich hat die hohe Belastung, insbesondere des Pflegepersonals, während der Pandemie dazu geführt, dass viele Pflegekräfte dem Beruf den Rücken gekehrt haben und sich das Problem des Fachkräftemangels mit all seinen negativen Folgen (siehe Rn. 11) noch verschärft.36) 39 Insgesamt wird daher in den kommenden Jahren mit einer deutlichen Verschärfung der wirtschaftlichen Lage deutscher Krankenhäuser gerechnet.37)
___________ 31) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; Krankenhaus Barometer 2021, S. 7; siehe auch das Schaubild unter Rn. 1. 32) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]. 33) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; siehe auch Krankenhaus Barometer 2021, S. 14, 19 f. und Krankenhaus Barometer 2022, S. 7, 10 f. 34) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; Roland Berger Krankenhausstudie 2021, S. 7. 35) Roland Berger Krankenhausstudie 2021, S. 4 f.; Krankenhaus Barometer 2022, S. 15 ff. 36) Zum Umfang der unbesetzten Pflegestellen im Jahr 2022 vgl. Krankenhaus Barometer 2021, S. 27 ff.; Krankenhaus Barometer 2022, S. 66 ff. 37) Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwiessen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhausrating-report-2022 [19.1.2023]; Roland Berger, Krankenhausstudie 2021, S. 7; Krankenhaus Barometer 2021, S. 9 ff.; Krankenhaus Barometer 2022, S. 19.
18
Kaufmann
II. Systematik der Krankenhäuser in Deutschland
II. Systematik der Krankenhäuser in Deutschland Gutmann
Die Einrichtungen für eine stationäre Versorgung von Patienten und andere 40 zu pflegende Personen können in Krankenhäuser, Versorgungs- und Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeeinrichtungen gegliedert werden. Krankenhäuser sind laut der Legaldefinition in § 2 Nr. 1 Krankenhausfinan- 41 zierungsgesetz (KHG)38) Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), dem Gesetz über die gesetzliche 42 Krankenversicherung, wird der Begriff abgegrenzt zu den Versorgungs- und Rehabilitationseinrichtungen (siehe § 107 SGB V, Abs. 1 zu Krankenhäusern, Abs. 2 zu Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen). Im Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), dem Gesetz über die soziale Pflege- 43 versicherung, werden die hier nicht näher interessierenden Pflegedienste und die stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) definiert, Letztere als selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige durch ausgebildete Pflegefachkräfte voll- oder teilstationär untergebracht und verpflegt werden können.
___________ 38) Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG), zuletzt geändert durch Art. 4 CovidlfSGAnpG 2022 vom 16.9.2022, BGBl. I S. 1454.
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
44 Die Krankenhäuser können nach Versorgungsstufen unterschieden werden:
Grundversorgung
• allg. Krankenhaus • ortsnah • klassische Fachabteilung
Regelversorgung
• allg. Krankenhaus • regional • klassische und zusätzliche Abeilung
Schwerpunktversorgung
• allg. Krankenhaus • überregional • komplexe Verfahren
Zentralversorgung
• allg. Krankenhaus • überregional • Versorgung in Grund- und Spezialeinheiten
Maximalversorgung
• allg. Krankenhaus • überregional • alle klassischen Fachrichtungen, hohe Spezialisierung
Fachkrankenhäuser
• auf eine medizinische Fachrichtung spezialisiert
Sonderkrankenhäuser
• spezielle Patienten, überwiegend Reha
45 Für die Sanierungsoptionen von Krankenhäusern ist die Unterscheidung nach der Art der Trägerschaft und der Rechtsform bedeutsam:
Öffentliche Trägerschaft
Private Trägerschaft (frei gemeinnützige und nicht frei gemeinnützige)
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• rechtliche unselbstständige (Regie-)Betriebe, die Bestandteil des jeweiligen Haushalts sind • rechtlich unselbstständige (Eigen-) Betriebe, die im Anhang eines Haushaltsplans aufgenommen werden • rechtlich selbstständig in öffentlich-rechtlicher Form (Zweckverbände, Anstalten, Stiftungen) • rechtlich selbstständig in privatrechtlicher Form (öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen halten mehr als 50 % der Kapitalanteile)
• Kapitalgesellschaften • Personengesellschaften • Stiftungen, Vereine
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II. Systematik der Krankenhäuser in Deutschland
Regelmäßig sind nur die in privatrechtlicher Form konstituierten Kranken- 46 häuser insolvenzfähig (siehe hierzu im Einzelnen Rn. 330 ff.) Bei den anderen bleiben ausschließlich die außerhalb eines Insolvenzverfahrens verbleibenden Sanierungsoptionen. Krankenhäuser 1991 bis 2020
1200 1000 800 600 400 200 0 1991
2001
2011
2020
Öffentliche Einrichtungen Private Einrichtungen Freigemeinnützige Einrichtungen
Die Entwicklung der Krankenhausstruktur ist eindeutig: Die Bettenanzahl 47 nimmt ebenso wie die Anzahl der Krankenhäuser ab, die privat betriebenen Krankenhäuser nehmen zu. Im Jahre 1991 gab es insgesamt noch 2411 Krankenhäuser, im Jahre 2020 1903.39) 48 Der Anteil der privat betriebenen Krankenhäuser lag 1991 bei 14,9 %, 2020 bei 38,5 %, derjenige der freigemeinnützigen veränderte sich von 1991 bis 2020 von 39,1 % auf 32,6 %, derjenige der öffentlichen Krankenhäuser sank von 46,0 % auf 28,9 %.40) Von den öffentlichen Krankenhäusern werden zunehmend mehr in privatrecht- 49 licher Form betrieben. So waren 2017 59,8 % und 2002 nur 28,3 % in privater Rechtsform tätig.41)
___________ 39) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 11. 40) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 16. 41) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 17 (Werte nur zwischen 2002 und 2017 dargestellt).
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
50 Die öffentlichen Einrichtungen haben 48 % der insgesamt in Deutschland 487.783 vorhandenen Betten, die freigemeinnützigen 32 % und die privaten Einrichtungen 20 %.42) Im Durchschnitt hat ein Krankenhaus in öffentlicher Trägerschaft (öffentlich-rechtlich und privatrechtlich) 421 Betten, ein freigemeinnütziges Krankenhaus 256 und ein privates Krankenhaus 133 Betten.43) Die öffentlichen Einrichtungen sind eher groß und decken viele Bereiche ab, die freigemeinnützigen und privaten sind häufig in kleineren Einheiten tätig und sind spezialisiert. 51 Wichtig für das Verständnis der jeweiligen Struktur des Krankenhauses ist die Einteilung nach der Zulassung. Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) dürfen Krankenhausbehandlungen nur in zugelassenen Krankenhäusern erbringen lassen, d. h. in x
Krankenhäusern, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind (§ 108 Nr. 1 SGB V),
x
Krankenhäusern, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser, § 108 Nr. 2 SGB V), oder
x
Krankenhäusern, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben (§ 108 Nr. 3 SGB V).
52 Die Versorgungsverträge gelten bei den Hochschulkliniken durch die landesrechtliche Anerkennung als abgeschlossen, bei den Plankrankenhäusern durch die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG. Die anderen Krankenhäuser müssen schriftliche Verträge mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen abschließen. Dies bestimmt § 109 SGB V.
___________ 42) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 8. 43) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 16.
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III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung
900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Öffentliche Krankenhäuser
Private Krankenhäuser
Hochschulkliniken
KHG
Freigemeinnützige Krankenhäuser
Vertrag
Sonstige
Von den 551 öffentlichen Krankenhäusern werden 35 als Hochschulkliniken 53 gefördert, 495 nach dem Krankenhausplan, zwölf aufgrund eines Vertrags mit den Kassen und 41 auf sonstige Weise. Von den 620 freigemeinnützigen Krankenhäusern sind 564 im Krankenhausplan eines Landes aufgenommen, 14 haben Verträge mit den Kassen unterzeichnet und 46 werden auf sonstige Weise finanziert. Bei den 732 privaten Krankenhäusern sind zwei als Hochschulkliniken anerkannt, 443 sind in die Krankenhauspläne aufgenommen, 94 sind Vertragskliniken und 288 werden auf sonstige Weise finanziert.44) III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung 1. Allgemeines Das Recht der Krankenhausfinanzierung unterlag in den letzten Jahrzehnten 54 tiefgreifenden Änderungen. Aufgrund der auf dem Sozialstaatsprinzip verankerten Anforderung einer Daseinsvorsorge ist das Krankenhausrecht einer vielschichtigen Regulatorik aus einer Vielzahl von Rechtsquellen unterworfen,45) die sich von vielen anderen Wirtschaftsbereichen unterscheidet. ___________ 44) Statistisches Bundesamt (Destatis), Grunddaten der Krankenhäuser, Fachserie 12 Reihe 6.1.1 v. 22.4.2022, S. 18 (Überschneidungen bei der Finanzierung möglich). 45) Dettling/Gerlach-Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, Einl. Rn. 2 ff.
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55 Seit Einführung der Sozialversicherungen in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts durch den Deutschen Reichstag auf Initiative von Bismarck gab es die eingliedrige Finanzierung durch die Kostenerstattung der Leistungen durch die Krankenkassen. Diese Struktur blieb fast 100 Jahre erhalten. 56 Die durchgehende Unterfinanzierung und die Überalterung der Krankenhäuser führten dann in der Bundesrepublik mit der Einführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) zu der sog. dualen Finanzierung des Krankenhauswesens ab 1972.46) Danach werden die Investitionskosten durch die Länder gefördert, während die Betriebskosten durch leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen durch die Kostenträger finanziert werden, § 4 KHG. 57 Die Krankenhausfinanzierung unterliegt der konkurrierenden Gesetzgebung, Art. 74 Nr. 19a GG. Regelungsgegenstand dieser konkurrierenden Gesetzgebung ist danach „die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze“. Die Länder führen Bundesrecht aus, haben aber auch zur Verwirklichung der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser Krankenhauspläne und Investitionsprogramme aufzustellen und Näheres in Landesgesetzen zu regeln, § 6 KHG. In Ausübung dieser Kompetenz haben die Länder jeweils Krankenhausgesetze erlassen.47) In diesen Gesetzen wird die Investitionsförderung mit der Aufstellung von Krankenhausplänen und von Investitionsprogrammen geregelt (Investitionsfinanzierung, § 4 Nr. 1 KHG). Die Erlöse sollen aus den Pflegesätzen und weiteren Vergütungen finanziert werden (§ 4 Nr. 2 KHG). 58 Die Finanzierung der Krankenhäuser wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie teilweise ergänzt durch Regelungen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes48) und des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG).49) Die Krankenhäuser sind durch die Auswirkungen der Pandemie und die Personalnot unter Druck geraten, weswegen von Verbandseite eine Reform der Krankenhausversorgung und des Finanzierungssystems gefordert wird.50)
___________ 46) Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) vom 29.6.1972, neugefasst am 10.4.1991, BGBl. I S. 886, und zuletzt geändert am 16.9.2022, BGBl. I S. 1452; siehe zur Geschichte, Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 1 ff. 47) Siehe die Übersicht z. B. bei https://medinfoweb.de/detail.html/uebersicht-landeskrankenhausgesetze-nach-bundeslaendern.70116 [19.1.2023]. 48) BGBl. 2020 I S. 580. 49) BGBl. 2020 I S. 2208. 50) Siehe die Forderungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft, des Bundesverbandes von 28 Mitgliedsverbänden von Krankenhausträgern unter https://www.dkgev.de.
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III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung
2. Grundlagen der Finanzierung, Krankenhausförderung und Landeskrankenhauspläne Ausgangspunkt für die Finanzierung ist das KHG. Darin definiert der Bund 59 in § 1 KHG als Ziel die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und eine hochwertige Versorgung der Bevölkerung. Die Förderung nach dem KHG gilt grundsätzlich den Plankrankenhäusern, 60 zu schließen ist das aus § 5 Abs. 1 KHG51) und aus den – siehe § 6 KHG – Landeskrankenhausgesetzen.52) Hierbei handelt es sich um die Krankenhäuser, die in den Landeskrankenhausplan aufgenommen worden sind, § 8 Abs. 1 Satz 2 KHG. Ausgeschlossen von der Förderung sind insbesondere Kliniken, die nach Hoch- 61 schulrecht gefördert werden, ebenso Krankenhäuser i. S. v. § 108 SGB V, die durch (echte) Versorgungsverträge mit Landesverbänden der Krankenkassen (§ 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und nicht durch fingierte Versorgungsverträge aufgrund der Aufnahme des Krankenhauses in den Landeskrankenhausplan (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V) finanziert werden. Weiterhin fallen nicht unter diese Finanzierung Krankenhäuser, die eine Konzession nach § 30 GewO für den Betrieb von Privatkranken- und Privatentbindungsanstalten oder Privatnervenkliniken erhalten haben, sowie solche, die nicht die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllen, d. h., bei denen nicht ein wesentlicher Teil der Unternehmensleistung auf den stationären Bereich mit Vollverpflegung oder auf den teilstationären Bereich entfällt. Im Ergebnis müssen daher nach § 67 AO private Krankenhäuser, die in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) oder der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) fallen, mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage für Patienten verwenden, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden; bei privaten Krankenhäusern, die nicht in den Anwendungsbereich des KHEntgG oder der BPflV fallen, müssen mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als bei den Entgelten für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet wird. Nach Landesrecht kann aufgrund von § 5 Abs. 2 KHG aber auch den nach § 5 Abs. 1 KHG ausgenommenen Krankenhäusern (außer Hochschulkliniken) eine Förderung nach § 5 Abs. 1 KHG gewährt werden. Die Finanzierung der Hochschulkliniken erfolgt inzwischen allein durch die 62 Länder, bis 2006 (mit Auslaufen der Regelungen bis 2019) gab es eine Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern. Die Länder können die Finanzierung z. B. in den Landeskrankenhausgesetzen regeln oder über das Hochschulrecht.53) ___________ 51) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 6. 52) Im Einzelnen siehe Stollmann, NZS 2004, 350. 53) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 9.
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
63 Bei Versorgungsvertragskrankenhäusern i. S. v. § 108 SGB V erfolgt in der Regel keine Finanzierung über die Länder. Aufgrund der Versorgungsverträge steht ihnen ein Betriebskostenfinanzierungsanspruch zu.54) Private Krankenhäuser müssen ihre Investitionsmittel selbst erwirtschaften, wenn sie nicht die oben genannten Voraussetzungen nach § 67 AO (Ausschluss bei Nichtvorliegen der dortigen Voraussetzungen, § 5 Abs. 1 Nr. 2 KHG) erfüllen. 64 Das KHG gliedert die Finanzierung in die Grundsätze der Investitionsförderung (§§ 8 – 15) und die Krankenhauspflegesätze (§§ 16 – 20). 3. Investitionsfinanzierung und -förderung 65 Die maßgebliche und besondere Finanzierung ist die nach den Krankenhausplänen der Länder, § 6 KHG. Der Landeskrankenhausplan ist eine innerdienstliche Anweisung zur Steuerung der Entscheidungen der Landesbehörden.55) Es gibt keinen Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan, § 8 Abs. 2 KHG. Wenn nicht sowieso aufgenommen, kann eine Aufnahme bei einer Ermessensausübung, auch bei Ermessensreduzierung auf Null, möglich werden. Die Förderung und damit die Aufnahme in den Landeskrankenhausplan erfolgt in einem Antragsverfahren nach § 9 KHG. Die Aufnahme oder Nichtaufnahme wird nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG beschieden, gegen den Bescheid ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. 66 Die Qualitätsanforderungen für die Aufnahme werden in § 8 Abs. 1a KHG und § 136c Abs. 1 SGB V umrissen. Sie sind dann nach § 6 Abs. 1a KHG Bestandteil des Krankenhausplans. Entweder sind das die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu den planungsrelevanten Qualitätsindikatoren oder aber im Landesrecht vorgesehene Qualitätsvorgaben. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Er ist sowohl für die Festlegung der von den gesetzlichen Krankenkassen zu erbringenden Leistungen als auch für die Qualitätssicherung u. a. der stationären medizinischen Versorgung zuständig.56) 67 Nicht gefördert werden die Kosten des Erwerbs, der Erschließung und der Finanzierung des Grundstücks einschließlich der Kosten der Telematikinfrastruktur, § 2 Nr. 2 KHG. 68 Förderfähig sind hingegen die im Gesetz genannten Investitionskosten, definiert als Kosten der Errichtung von Krankenhäusern (einschließlich Umbau und Erweiterungsbau) und der Wirtschaftsgüter außer den Gebrauchsgütern. Ebenso förderungsfähig ist die Wiederbeschaffung der förderungsfähigen Güter. §§ 2 Nr. 2, 9 Abs. 1 KHG. Im Einzelnen sind die Unterscheidungsmerkmale in der Verordnung über die Abgrenzung der im Pflegesatz nicht zu berück___________ 54) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 10. 55) Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 2. 56) Weitere Informationen siehe Gemeinsamer Bundesausschuss, https://www.g-ba.de [19.1.2023].
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III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung
sichtigenden Investitionskosten von den pflegesatzfähigen Kosten der Krankenhäuser genannt.57) Nicht zu den Investitionskosten gehören die Wirtschaftsgüter mit einer durch- 69 schnittlichen Nutzungsdauer bis zu drei Jahren, ebenso wenig die Instandhaltungskosten, §§ 17 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 4b KHG. Diese sind im Pflegesatz zu berücksichtigen, es sei denn, es geht nicht nur um die Erhaltung und Wiederherstellung von Anlagegütern, sondern um Substanzvermehrungen, die eine wesentliche Wesensänderung oder Verlängerung der Nutzungsdauer ermöglichen, arg. ex § 4 AbgrV. Nachträgliche Herstellungskosten sind nicht explizit genannt, werden aber aufgrund der Verwaltungspraxis der Länder den förderfähigen Investitionskosten zugerechnet.58) Den Investitionskosten gleichgestellt werden die Nutzungsentgelte für förder- 70 fähige Investitionen, d. h., es kommt nicht darauf an, ob die Kosten durch Anschaffung oder durch Nutzung der förderfähigen Güter entstehen, § 2 Nr. 3 KHG. Ebenso gleichgestellt sind Tilgungs-, Zins- und Abschreibungskosten für Investitionen. Solche fallen an, wenn – siehe § 9 Abs. 2 Nr. 3 KHG – Darlehen vor Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan aufgenommen worden waren. Die weiteren gleichgestellten Kosten sind in den §§ 2 Nr. 3, 9 Abs. 2 KHG beschrieben. Alle Landeskrankenhausgesetze sehen die Zweckbindung der investiven För- 71 dermittel vor, § 9 KHG i. V. m. den jeweiligen Landesgesetzen, so z. B. § 17 KHGG NRW. Die Fördermittel können abgesichert werden, wenn die Landesgesetzgebung das vorsieht, wie z. B. Grundpfandrechtsbestellungen zur Absicherung eines möglichen Rückforderungsanspruchs in § 18 Abs. 3 BayKRG oder – nicht bei der sog. Pauschalförderung – in § 9 NKHG.59) Beim Verstoß gegen die zweckgebundene Verwendung sehen die Landesgesetze Sanktionen vor, Rückforderungen, Widerrufe, Kürzungen oder die Herausnahme aus dem Krankenhausplan. Man unterscheidet die Einzelförderung nach § 9 Abs. 1 und 2 KHG und die 72 Pauschalförderung nach § 9 Abs. 3, 3a und 4 KHG. Bei der Einzelförderung werden konkrete Finanzierungsvorhaben gefördert, die den Anforderungen des KHG entsprechen. Die Einzelheiten richten sich nach Landesrecht, wobei es die Festsetzungsförderung (Fördermittel decken die Investitionskosten) und die Festbetragsförderung (es wird projektbezogen ein Festbetrag gewährt) gibt. Mit der Pauschalförderung werden vor allem kurzfristige Anlagegüter und kleine bauliche Maßnahmen durch feste jährliche Beträge gefördert. Die Bemessungsgrundlagen sowie die Einzelheiten werden in den Landesgesetzen geregelt, § 11 KHG. ___________ 57) Abgrenzungsverordnung – AbgrV vom 12.12.1985, BGBl. I S. 1613. 58) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 26. 59) Niedersächsisches Krankenhausgesetz vom 19.1.2012, gültig bis 31.12.2022, dann § 14 Abs. 6 des Gesetzes zur Neufassung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes vom 28.6.2022, Nds. GVBl. 2022, S. 376.
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
73 Schließlich ist eine Förderung der Schließung von Krankenhäusern möglich, § 9 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 15 KHG (Schließungsförderung). Einzelheiten werden in Landesgesetzen geregelt, so in § 12 der Neufassung des NKHG oder § 21 LKHG.60) 4. Erlöse für die Krankenhausleistungen 74 Die Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Krankenhauses hängt davon ab, ob es sich um eine Leistung für einen Privatpatienten oder einen gesetzlich versicherten Patienten handelt. 75 Der Privatpatient bezahlt die Behandlung aus dem Behandlungsvertrag nach § 630a Abs. 1 BGB selbst. 76 Der über eine gesetzliche Krankenversicherung versicherte Patient schuldet nicht selbst die Vergütung, sondern die Krankenkasse. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es eine ausdrückliche gesetzliche Rechtsgrundlage für die Vergütungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Krankenhausbehandlung nicht gibt.61) Eine Rechtsgrundlage wird jedoch in § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorausgesetzt, dort heißt es: „Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 [SGB V]) der Versicherten verpflichtet“. Maßgeblich sind das SGB V, das KHG, das KHEntG und die BPflV, siehe § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V. 77 Die Kosten für die allgemeinen Krankenhausleistungen sind für alle Versicherten, d. h., sowohl für die gesetzlich als auch für die privat Versicherten gleich.62) Dies ergibt sich aus § 17 Abs. 5 Satz 1 KHG und § 8 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG. Wahlleistungen müssen gesondert mit dem Krankenhausträger oder anderen Leistungserbringern (Ärzten) vereinbart werden. Die allgemeinen Krankenhausleistungen sind die notwendigen Leistungen. Wahlleistungen sind krankenhausrelevante Zusatzleistungen, wie z. B. die Unterbringung in Ein- oder Zweibettzimmern, Besonderheiten der Ausstattung, die Behandlung durch Chefärzte oder die Aufnahme von Begleitpersonen.63) Die Grundsätze, Voraussetzungen und Details für die Wahlleistungen sind in § 17 KHEntgG geregelt, die Entgelte werden außerhalb der Pflegesatzvereinbarungen krankenhausindividuell festgelegt, dürfen nicht patientenindividuell, sondern nur einheitlich berechnet werden und sie müssen angemessen sein.64)
___________ 60) Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg vom 29.11.2007, zuletzt geändert am 28.6.2022, GVBl. 2022, 346. 61) Im Einzelnen Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 2 mit Verweis darauf, dass dies anders ist als für manche ambulanten Behandlungen im Krankenhaus. 62) Siehe die Klarstellung Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 66, auch https://www.bundesgesundheitsministerium.de/krankenhausfinanzierung.html [19.1.2023]. 63) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 67. 64) Huster/Kaltenborn-Prütting, Krankenhausrecht, § 5 Rn. 72.
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III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung
Kern der zweiten Säule der Krankenhausfinanzierung ist das Recht der Kran- 78 kenhauspflegesätze. Der Begriff ist „historisch überkommen“,65) da es nur bis 2003 das Vergütungssystem auf der Basis tagesgleicher Pflegesätze gab, seitdem gibt es das auf § 17b KHG beruhende durchgängige leistungsorientierte und pauschalierende Vergütungssystem auf Basis von Fallpauschalen (DRG-Vergütung auf der Grundlage der „Diagnosis Related Groups“). Bei den psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern erfolgt die Vergütung auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten, § 17d KHG. Den Fallpauschalen liegt eine Fallpauschalenvereinbarung zwischen dem GKV- 79 Spitzenverband, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die jährlich weiterentwickelt wird, zugrunde, § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG.66) Dort werden Regelungen zur Verweildauer, der Wiederaufnahme, der Verlegung, den Zusatzentgelten, den teilstationären Leistungen, den sonstigen Leistungen und den tagesbezogenen Pflegeentgelten getroffen. Die Ermittlung der Fallpauschalenvergütung funktioniert wie folgt: Es wird 80 die Hauptdiagnose ermittelt, eventuell eine Nebendiagnose und Prozeduren, d. h. die Operationen und sonstigen Maßnahmen.67) Danach sind Alter und Geschlecht des Patienten anzugeben und die Verweildauer, der Abteilungstyp, die Aufnahmeart, der Aufnahmeanlass und die Entlassungsart. Aus allen Parametern wird dann die DRG-Fallpauschale ermittelt. Dazu werden die Daten in einen – so die Fachsprache – „Grouper“ eingegeben, der anhand eines Algorithmus die einschlägige DRG-Fallpauschale ermittelt. Dieser wird eine Bewertungsrelation zugeordnet, die sich bei Unterschreiten der festgelegten unteren Grenzverweildauer verringert, bei einer erforderlichen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer erhöht. Wenn die Grenzverweildauer eingehalten wird, gibt es keine Verminderung oder Erhöhung des Werts.68) Das sei durch das bei Lungstras/Bockholdt verwendete Beispiel vereinfacht dargestellt:69) Beispiel: Der Grouper ermittelt die Fallpauschale G67A (Gastroenteritis mit äußerst schweren CC (Complication oder Comorbidity) oder Alter >74 Jahre, mehr als ein Belegungstag, mit komplizierender Diagnose). G. steht für die Hauptdiagnosegruppe (MDC) 06 „Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane“ und folgt der Hauptdiagnose ICD-10-GM A 09.0 (Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis usw.), dort gibt es die dann die Untergruppe G67 (verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane). Dann wird der Schweregrad eingegeben, ___________ 65) Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 2. 66) Zum Beispiel die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2022 vom 22.9.2021, https://www.g-drg.de [19.1.2023]. 67) Siehe im Einzelnen Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 8 ff. 68) Siehe im Einzelnen mit Beispielsrechnung Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 10. 69) Siehe Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 10 über eine Entscheidung des SG Frankfurt, Urt. v. 12.1.2015 – S 28 KR 590/11, BeckRS 2015, 68072.
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
hier A. (höchster Schweregrad). Hieraus ergibt sich eine Bewertungsrelation (im Beispiel 0,724). Da die untere Grenzverweildauer bei eins und die oberste Grenzverweildauer 13 ist, hier eine Verweildauer von neun Tagen vorlag, wurde die Bewertungsrelation nicht vermindert oder erhöht. Die Bewertungsrelation wird dann mit dem sog. Landesbasisfallwert multipliziert. Die Landesbasisfallwerte unterscheiden sich, wenn auch nicht sehr, von Bundesland zu Bundesland.70) Für 2021 belaufen sich die Werte zwischen 3.738,74 € (niedrigster Wert, Thüringen) und 3.750,41 € (Baden-Württemberg). In dem dargestellten Fall ergäbe sich im Jahr 2021 bei einem Landesbasiswert von 3.740,21 € ein Wert von 2.707,91 €. 81 Denkbar wären noch Zusatzentgelte oder gesonderte Zusatzentgelte, siehe § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 KHEntgG. Das DRG-System wurde ab 2020 insofern verändert, als durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) die Pflegepersonalkosten gesondert durch tagesbezogene Pflegeentgelte gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden, § 6a KHEntgG, § 17b Abs. 4 KHG.71) Die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem sind um die Summe der Bewertungsrelationen für die Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern, die Pflegepersonalkosten sind in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll- oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen, § 17b Abs. 4 Satz 4 und 5 KHG. Hintergrund für die Regelung war die Erkenntnis, dass das DRG-System Fehlanreize förderte, indem es die Ausweitung von lukrativen Leistungen und den Abbau von Pflegeleistungen vorantrieb.72) 82 Grundlage der Finanzierung des Krankenhausbetriebs ist die Festlegung eines Krankenhausbudgets. Es setzt sich aus dem Erlösbudget nach § 4 KHEntgG, den Zu- und Abschlägen nach § 5 KHEntgG, sonstigen Entgelten nach § 6 KHEntgG und – seit der Herauslösung der Pflegekosten ab 2020 aus den Fallpauschalen – dem Pflegebudget nach den § 6a KHEntgG, § 17b Abs. 4 KHG zusammen. Mehr- oder Mindererlöse werden nach § 4 KHEntgG ermittelt. Auf Bundesebene vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft u. a. die Kataloge für die Fallpauschalen, Zusatzentgelte, Pflegeerlöse, § 9 KHEntgG. Auf Länderebene vereinbaren die Landeskrankenhausgesellschaft und die Landesverbände der Krankenkassen, Ersatzkassen und der Landesausschuss des Verbandes der privaten Krankenversicherung die landesweit geltenden Basisfallwerte, § 10 KHEntgG. Vertragsparteien des Erlösbudgets sind die Krankenhausträger und die Sozialleistungsträger, §§ 11 Abs. 1, 18 Abs. 2 KHG. In § 18 Abs. 1 KHG ist von den Pflegesätzen die Rede, dieser Begriff beschreibt jedoch heutzutage nur noch die Abrechnungsgröße gegenüber dem Zahlungspflichtigen. In der Praxis werden die Verein___________ 70) Siehe die Übersicht für die 2021 geltenden Werte unter https://www.gkv-spitzenverband.de. 71) Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) vom 11.12.2018, BGBl. I S. 2394, dort Art. 9. 72) Siehe Wagner/Knittel-Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Vor §§ 107 – 114 Rn. 20.
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Gutmann
III. Grundzüge der Krankenhausfinanzierung
barungen – obwohl als Festlegungen für das kommende Kalenderjahr gedacht (siehe § 11 Abs. 2 und Abs. 3 KHEntgG)– häufig erst im laufenden Jahr für das Jahr geschlossen.73) Das Erlösbudget ist keine feste Grenze und kann nicht eins zu eins eingehalten werden. Entweder wird das Budget unterschritten oder überschritten. Das Erlösbudget und die Erlössumme werden zusammengefasst und anschließend werden Mehr- oder Mindererlöse74) und die sich daraus ergebenden Ausgleiche berechnet: Mindererlöse werden zu 20 % ausgeglichen, d. h., es gibt einen Ausgleich in Höhe von 20 % des vereinbarten Entgelts für nicht durchgeführte Behandlungen.75) Es sollen die nicht entstandenen variablen Kosten vom Budget abgezogen oder – umgekehrt betrachtet – lediglich die Fixkosten getragen werden. Mehrerlöse aus Zusatzentgelten für Arzneimittel und Medikalprodukte und einige Behandlungen werden zu 25 %, andere Behandlungen werden zu 65 % ausgeglichen. Es sollen dabei nur die zusätzlich entstandenen variablen Kosten getragen werden, ohne dass Fixkostenanteile dabei wären, die ja schon im Budget berücksichtigt wurden. Aufgrund des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes ist die Vergütung im Jahr 2020 83 auf eine Kombination von den oben beschriebenen Fallpauschalen und einer sog. Pflegepersonalkostenvergütung umgestellt worden. Die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen werden nun unabhängig von den Fallpauschalen vergütet, § 17b Abs. 4 Satz 1 KHG. Die Fallpauschalen werden ohne diese Pflegekostenanteile ausgewiesen. Für die Pflegepersonalkosten wurde durch tagesbezogene Bewertungsrelationen ein Pflegeerlöskatalog berechnet, der als separate Spalte im Fallpauschalen-Katalog integriert wurde, § 17b Abs. 4 Satz 4 und 5 KHG. Auf dieser Basis verhandelt der jeweilige Krankenhausträger mit den Sozialleistungsträgern individuell das Pflegebudget, § 6a KHEntgG. Für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen gibt es ein eigenes 84 leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, welches nun in § 17 d KHG geregelt ist. Dieses beruht auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten, § 17d Abs. 1 Satz 21 KHG. 5. Ausblick: Krankenhausreform 2023 Am 5.1.2023 hat die Bund-Länder-Gruppe für die Krankenhausreform zum 85 vierten Mal getagt. Das Gremium diskutierte die von der Regierungskommission am 6.12.2022 vorgestellten Vorschläge zu einer generellen Krankenhausfinanzreform. Die Vorschläge verknüpfen eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung der Länder mit einer neuen Vergütungssystematik, die zu einem deutlich reduzierten Anteil leistungs- und mengenabhängig ist. Das Konzept ___________ 73) Wagner/Knittel-Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Vor §§ 107 – 114 Rn. 14. 74) Zur Behandlung von Mehr- oder Mindererlösen in der Rechnungslegung siehe Rn. 105 ff., zur insolvenzrechtlichen Behandlung siehe Rn. 464 ff. 75) Details und andere Sätze, z. B. bei Zusatzentgelten oder besonderen Behandlungen, siehe § 6 Abs. 3 KHEntgG.
Gutmann
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
sieht eine Honorierung nach den Kriterien Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen vor:76) 86 Die Regierungskommission empfiehlt, künftig einen festen Betrag als Vorhaltekosten zu definieren, den Krankenhäuser je nach ihrer Zuordnung zu verschiedenen Versorgungsstufen (Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung, Maximalversorgung) und zu definierten Leistungsgruppen erhalten. Damit sollen die Krankenhäuser wirtschaftlich entlastet werden. 87 Künftig sollen Krankenhäuser in drei Krankenhaus-Versorgungsstufen, „Leveln“ (Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung, Maximalversorgung), eingeordnet werden und entsprechend gefördert werden. An jede Stufe sollen einheitlich geltende Mindestvoraussetzungen geknüpft werden, um so einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausgestaltung zu schaffen. 88 Zudem soll die lediglich grobe Zuweisung von Fachabteilungen durch genauer definierte Leistungsgruppen abgelöst werden. Dies soll vor dem Hintergrund umgesetzt werden, dass Behandlungen künftig nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Voraussetzung hierfür ist die Erfüllung genau definierter Strukturvoraussetzungen, z. B. für die personelle oder apparative Ausstattung. Für jede Leistungsgruppe wird ein sog. Vorhalteanteil festgelegt werden. 89 Es ist geplant, das parlamentarische Verfahren im September 2023 zu starten und im Dezember 2023 abzuschließen, sodass die Reform zum 1.1.2024 in Kraft treten kann. An dem Reformvorhaben wird von Verbandsvertretern Kritik geübt, sodass sich die Umsetzung verzögern und die Schwerpunkte verschieben könnten.77) IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern 1. Krankenhaus-Buchführungsverordnung Gutmann/Kersten/Meyer
90 Die für den Krankenhaussektor charakteristische duale Finanzierung führt zu Besonderheiten in der Rechnungslegung von Krankenhäusern, denen der Gesetzgeber durch die speziellen Bestimmungen der Krankenhaus-Buchführungsverordnung (KHBV) Rechnung trägt. Die Rechnungslegung und Finanzierung von Krankenhäusern können insoweit nicht separat betrachtet werden, sondern bedingen einander.78) 91 Die KHBV regelt für alle Krankenhäuser die Rechnungs- und Buchführungspflichten unabhängig von der Rechtsform und rechtlichen Selbstständigkeit ___________ 76) Siehe https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/krankenhausreform.html [19.1.2023]. 77) Siehe z. B. die Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V., „DKG blickt auf 2023“, https://www.dkgev.de/dkg/presse [19.1.2023]. 78) Schmidt-Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 7.
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Gutmann/Kersten/Meyer
IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern
des Krankenhauses (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KHBV). Als lex specialis bestimmt die KHBV für alle Krankenhäuser, die in ihren Anwendungsbereich fallen, u. a. Vorgehensweisen zur Neutralisierung der Erträge und Aufwendungen im Krankenhaus, die durch gewährte Fördermittel entstehen könnten, und konkretisiert die Form der Handelsbücher eines Krankenhauses durch einen speziellen Kontenrahmen, der auf die besonderen Erfordernisse des Krankenhausfinanzierungsrechts abgestellt ist (§ 3 Satz 2 KHBV, Anlage 4 KHBV).79) Im Übrigen verweist die KHBV für die externe Rechnungslegung auf die allgemeinen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches – HGB (§ 3 KHBV). Kersten/Meyer
Daneben enthält die KHBV auch Vorschriften zur internen Rechnungsle- 92 gung und unterwirft damit ein Steuerungselement der Geschäftsführung gesetzlichen Regelungen.80) So hat ein Krankenhaus eine Kosten- und Leistungsrechnung zu führen, die eine betriebsinterne Steuerung sowie eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit erlaubt und die Ermittlung der pflegesatzfähigen Kosten ermöglicht (§ 8 Satz 1 KHBV). Im Folgenden werden die gesetzlichen Grundlagen für die Bilanzierung von 93 Krankenhäusern dargestellt, die in den §§ 1 – 6 KHBV geregelt sind und deren Zweck in der Sicherstellung von einheitlichen, branchenspezifischen Regelungen zur Rechnungslegung besteht, um die Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse von Krankenhäusern zu verbessern.81) 2. Gliederungsvorschriften Der Jahresabschluss eines Krankenhauses umfasst nach § 4 Abs. 1 KHBV die 94 Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang einschließlich Anlagennachweis, für die besondere Formblätter (§ 4 KHBV) vorgesehen sind.82) Die nach Anlage 1 der KHBV zu gliedernde Bilanz unterscheidet sich von der Bilanz nach § 266 HGB in der Erweiterung um die folgenden krankenhausspezifischen Posten:83) x
Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsrecht.
x
Ausgleichsposten aus Darlehensförderung.
x
Ausgleichsposten für Eigenmittelförderung.
x
Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens.
x
Verbindlichkeiten aus sonstigen Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens.
___________ 79) 80) 81) 82) 83)
Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 4. Schmidt-Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 9. Chmielewicz/Schweitzer, Handwörterbuch des Rechnungswesens, S. 1292. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 13. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 7.
Kersten/Meyer
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
95 Die Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsrecht betreffen dabei sowohl den Investitionsbereich, der grundsätzlich durch öffentliche Fördermittel finanziert wird, als auch den Benutzerbereich, dessen Finanzierung durch die Kostenträger oder Selbstzahler erfolgt.84) Demgegenüber betreffen die Ausgleichsposten, die Sonderposten und Verbindlichkeiten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens ausschließlich den Investitionsbereich, der im Jahresabschluss eines Krankenhauses stets erfolgsneutral darzustellen ist.85) 96 Die Gewinn- und Verlustrechnung nach Anlage 2 KHBV zeichnet sich im Vergleich zum Gliederungsschema nach § 275 HGB durch eine tiefere Untergliederung aus. Sie enthält neben einer Auffächerung der Umsatzerlöse die nachfolgend aufgeführten Posten, die für die erfolgsneutrale Abbildung des Investitionsbereichs vorgesehen sind:86) Erträge • Zuweisungen und Zuschüsse der öffentlichen Hand, soweit nicht unter Nr. 11 • Erträge aus Zuwendungen zur Finanzierung von Investitionen • Erträge aus der Einstellung von Ausgleichsposten aus Darlehensförderung und für Eigenmittelförderung • Erträge aus der Auflösung von Sonderposten/Verbindlichkeiten nach dem KHG und auf Grund sonstiger Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens • Erträge aus der Auflösung des Ausgleichspostens für Darlehensförderung Aufwendungen • Aufwendungen aus der Zuführung zu Sonderposten/Verbindlichkeiten nach dem KHG und auf Grund sonstiger Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens • Aufwendungen aus der Zuführung zu Ausgleichsposten aus Darlehensförderung • Aufwendungen für die nach dem KHG geförderte Nutzung von Anlagegegenständen • Aufwendungen für nach dem KHG geförderte, nicht aktivierungsfähige Maßnahmen • Aufwendungen aus der Auflösung der Ausgleichsposten aus Darlehensförderung und für Eigenmittelförderung
Abbildung des Investitionsbereichs in der Gewinn- und Verlustrechnung nach KHBV87)
97 Durch die Bebuchung dieser Positionen wird sichergestellt, dass das Periodenergebnis eines Krankenhauses in Summe nicht durch investive Aufwendungen und Erträge im Zusammenhang mit gewährten Fördermitteln beeinflusst wird.88) ___________ 84) PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 70. 85) PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 70. 86) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 8 und Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. 87) PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 71. 88) Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2.
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Kersten/Meyer
IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern
3. Krankenhausspezifische Posten des Jahresabschlusses a) Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens Das Anlagevermögen eines Krankenhauses besteht in erster Linie aus Sach- 98 anlagen, die sich insbesondere aus Immobilien und technischen Anlagen zusammensetzen.89) Die Finanzierungsstruktur (Eigenmittel, Fördermittel, Zuschüsse) der Anlagegüter wird in der Position Anlagevermögen der KHBVBilanz selber nicht ersichtlich.90) Die Aktivierung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens erfolgt nach den Vorschriften der KHBV zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ohne Kürzung um erhaltene Zuwendungen.91) Wurden für Investitionen in aktivierte Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Investitionszuschüsse gewährt, sieht die KHBV die Bildung von Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens vor (§ 5 Abs. 2 und 3 KHBV).92) Sie beinhalten die zweckentsprechend für die Anschaffung von aktivierten Anlagegütern verwendeten Fördermittel93) und dienen dabei der erfolgsneutralen Verbuchung von Fördermitteln nach dem KHG bzw. den Landeskrankenhausgesetzen, Zuweisungen und Zuschüssen der öffentlichen Hand und Zuwendungen Dritter.94) Die Zuführung zu den auf der Passivseite zu erfassenden Sonderposten erfolgt 99 entsprechend der für die entsprechende Investition erhaltenen Fördermittel bzw. anderen Zuwendungen.95) Die Auflösung des Sonderpostens erfolgt jeweils laufzeit- und betragskongruent zur Abschreibungsdauer und -höhe des geförderten Vermögensgegenstandes96) bzw. der Abgänge zu Restbuchwerten der mit den Fördermitteln und anderen Zuwendungen finanzierten Anlagegenstände.97) Dadurch entsprechen die Sonderposten zum Jahresabschluss immer exakt den Restbuchwerten der damit finanzierten Vermögensgegenstände.98) ___________ 89) 90) 91) 92)
93) 94) 95) 96) 97) 98)
Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 75. Die Passivierung von Sonderposten ist nur insoweit zulässig, als eine Mittelbewilligung vorliegt. Werden Investitionen bereits in Erwartung von Mittelbewilligungen getätigt, so sind sie zunächst aus Eigenkapital bzw. Fremdkapital finanziert. Erst nach Vorlage der Bewilligung erfolgt eine Umfinanzierung zulasten der bewilligten Fördermittel bzw. anderen Zuwendungen, vgl. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 75. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 7. Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. Hentze/Kehres/Maier, Kosten- und Leistungsrechnung in Krankenhäusern, S. 83 – 85. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 75. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 13. Der Buchwert des nicht geförderten Anlagevermögens entspricht betragsmäßig mithin dem Buchwert des Anlagevermögens abzüglich des Sonderpostens für Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens, Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2.
Kersten/Meyer
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
100 Es ergibt sich somit folgende Beziehung:
ANLAGEVERMÖGEN Buchwerte des aus Zuwendungen finanzierten Anlagevermögens
=
Sonderposten
Buchwerte des nicht geförderten Anlagevermögens
b) Ausgleichsposten nach dem KHG 101 Bei den Ausgleichsposten nach dem KHG handelt es sich um krankenhausspezifische Bilanzierungshilfen, die vom Gesetzgeber zur Darstellung der ergebnisneutralen Verbuchung von Fördermitteln vorgesehen sind.99) Die KHBV differenziert dabei zwischen dem Ausgleichsposten aus Darlehensförderung und dem Ausgleichsposten für Eigenmittelförderung. 102 Der Ausgleichsposten aus Darlehensförderung resultiert aus den förderrechtlichen Bestimmungen des § 9 Abs. 2 Nr. 3 KHG100) und betrifft Fördermittel für Lasten aus Darlehen, die vor einer Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan für förderungsfähige Investitionskosten bewilligt wurden.101) Hierbei wird der Kapitaldienst des Darlehens gefördert, das zur Finanzierung der Anschaffung von Gegenständen des Anlagevermögens aufgenommen wurde.102) Die Förderung umfasst somit Zins und Tilgung. Da dem geförderten Zins ein Aufwand in gleicher Höhe gegenübersteht, stellt sich die Frage, wie die Erträge aus den geförderten Tilgungsbeträgen neutralisiert werden.103) Den Erträgen aus Tilgungsförderung entsprechen die Abschreibungen auf das geförderte Anlagevermögen.104) Der Ausgleichsposten fungiert auf der Aktivseite als Korrekturposten für den Fall, dass die Abschreibungsdauer der mit geförderten Darlehen finanzierten Vermögensgegenstände des Anlagevermögens kürzer ist als die Laufzeit des Darlehens.105) Ist im umgekehrten und in der Praxis häufiger auftretenden Fall der Tilgungsanteil der Fördermittel aus Darlehensförderung höher als die jährlichen Abschreibungen auf die mit diesen Mitteln finan___________ 99) 100) 101) 102) 103) 104) 105)
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Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 7. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 22. Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. Müller/Alten, Der Jahresabschluss im Krankenhaus, S. 80. Müller/Alten, Der Jahresabschluss im Krankenhaus, S. 80. Müller/Alten, Der Jahresabschluss im Krankenhaus, S. 80. Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2.
Kersten/Meyer
IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern
zierten Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, ist in der Bilanz in Höhe des überschießenden Betrags auf der Passivseite ein Ausgleichsposten aus Darlehensförderung zu bilden.106) Die Ausgleichsposten für Eigenmittelförderung dienen gemäß § 5 Abs. 5 103 KHBV zur Neutralisierung der Abschreibungsaufwendungen auf Anlagevermögen, welches vor Inkrafttreten des KHG im Jahr 1972 mit Eigenmitteln finanziert wurde.107) Es handelt sich hierbei nicht um einen Vermögensgegenstand,108) sondern um eine reine Bilanzierungshilfe, die den Abschreibungsaufwand ab Beginn der Förderfähigkeit durch die entsprechende Ertragsbuchung kompensiert.109) Hintergrund ist, dass der Anspruch auf Eigenmittelförderung frühestens dann entsteht, wenn das Krankenhaus aus dem Landeskrankenhausplan und damit aus der Förderung nach dem KHG ausscheidet.110) Die tatsächliche Gewährung von Fördermitteln ist somit an eine Bedingung geknüpft, die erst in ferner Zukunft oder gar nicht eintreten kann.111) Bei der Beurteilung der Werthaltigkeit des dann entstehenden Ausgleichsan- 104 spruchs ist zu berücksichtigen, dass vom Krankenhaus der Nachweis über die Existenz des Anspruchs zu erbringen ist.112) Da es sich um Investitionen handelt, die in den alten Bundesländern vor Inkrafttreten des KHG im Jahr 1972 getätigt worden sind, wird das möglicherweise nicht immer gelingen.113) Eine Forderung besteht darüber hinaus dann nicht mehr, wenn nach dem KHG oder dem Landesgesetz eine Ersatzinvestition gefördert wurde und die Mittel oder ihr Gegenwert noch im Vermögen des Krankenhausträgers vorhanden sind.114) In diesen Fällen ist ein in Vorjahren zutreffend aktivierter Ausgleichsposten zulasten der Aufwendungen aufzulösen.115) c) Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsrecht Unter den Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem KHG werden grund- 105 sätzlich zwei unterschiedliche Sachverhalte bilanziert.116) Zum einen sind das die Forderungen und Verbindlichkeiten, die mit der Gewährung von Fördermitteln in Verbindung stehen.117) Zum anderen sind das Forderungen und Ver___________ 106) 107) 108) 109) 110) 111) 112) 113) 114) 115) 116) 117)
Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 22. Rausendorf: Bonitätsbeurteilung von Krankenhäusern, S. 55. Vgl. IDW RS KHFA Tz. 37. Rausendorf, Bonitätsbeurteilung von Krankenhäusern, S. 56. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 19. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 19. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 20. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 20. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 20. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 74. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 30. Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 30.
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A. Der Krankenhausmarkt in Deutschland
bindlichkeiten, die nach den besonderen Budgetausgleichsregelungen des KHEntgG und der BPflV zu bilanzieren sind.118) 106 Unter den Forderungen aus Fördermitteln sind alle bewilligten Investitionszuschüsse auszuweisen, die am Bilanzstichtag noch nicht oder noch nicht vollständig ausgezahlt sind.119) Diese Forderungen entstehen bei Eingang eines Bewilligungsbescheids.120) 107 Bei Einstellung der Forderung ist ein gleichlautender Ertrag aus Fördermitteln zu buchen,121) der durch eine aufwandswirksame Bildung einer betragsmäßig übereinstimmenden Verbindlichkeit neutralisiert wird.122) Demnach beinhalten die Verbindlichkeiten aus Fördermitteln, insbesondere die gewährten, aber noch nicht zweckentsprechend verwendeten Fördermittel nach dem KHG.123) Ohne eine zweckentsprechende Verwendung müssten die Fördermittel zurückgezahlt werden.124) Die Verbindlichkeiten aus Fördermitteln stellen damit den passiven Gegenposten zum Guthaben aus Fördermitteln dar.125) Sobald die bewilligten Fördermittel durch das Krankenhaus zweckentsprechend investiert werden, erfolgt ein Passivtausch zwischen den Verbindlichkeiten und dem Sonderposten nach dem KHG.126) 108 Forderungen bzw. Verbindlichkeiten nach dem KHEntgG und der BPflV beziffern Mindererlösausgleichsansprüche bzw. Mehrerlösausgleichverpflichtungen, die sich ergeben, weil die tatsächlich erbrachten Leistungen des Krankenhauses in Art und Menge von den mit den Kostenträgern prospektiv vereinbarten ___________ 118) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 30. Informationen zur Zusammensetzung der Forderungen und Verbindlichkeiten können den „davon-Vermerken“ der Bilanz entnommen werden. Die in den „davon-Vermerken“ ausgewiesenen Beträge betreffen dabei die Forderungen und Verbindlichkeiten, die sich aufgrund der Ermittlung von Mehr- bzw. Mindererlösen des laufenden Geschäftsjahrs und ggf. aus den fortgeführten Erlösausgleichen der Vorjahre ergeben. 119) Vgl. PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 71. Diese Forderungen können nur die Einzelförderung betreffen, da die Pauschalfördermittel zur Jahresmitte im Anspruchsjahr, also bei Fälligkeit, ausbezahlt werden, Rausendorf, Bonitätsbeurteilung von Krankenhäusern, S. 72. 120) Schmidt-Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 273. 121) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 31. 122) Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2. 123) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 30. Den Verbindlichkeiten sind ferner die Erlöse aus dem Verkauf geförderter Anlagegenstände, Versicherungsentschädigungen für abgegangene geförderte Anlagegenstände sowie Zinsen aus der Anlage noch nicht verwendeter Fördermittel und ggf. andere Erträge nach Maßgabe der landesspezifischen Vorschriften zuzuführen, PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 71. Außerhalb des KHG gewährte und noch nicht zweckentsprechend verwendete Zuwendungen werden unter den Verbindlichkeiten aus sonstigen Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens ausgewiesen. 124) PricewaterhouseCoopers AG, Leitfaden für Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, S. 77. 125) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 32. 126) Timmreck, Mergers & Acquisitions im Krankenhaussektor, Kap. 4.1.2.2.
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Kersten/Meyer
IV. Besonderheiten der Rechnungslegung von Krankenhäusern
Leistungen abweichen.127) Werden die erzielten Erlöse des Krankenhauses mit dem vereinbarten Erlös- und Pflegebudget bzw. den pflegebudgetrelevanten Personalkosten verglichen, führt dies in aller Regel zu Mehr- oder Mindererlösen, die gemäß § 5 Abs. 4 KHEntgG über Zu- oder Abschläge im anschließenden Budgetzeitraum verrechnet werden.128) Durch die Erlösausgleiche sollen die Krankenhäuser im Falle von Mehrerlösen nur die Mittel behalten, die den auf die Mehrleistungen entfallenden zusätzlich entstandenen (variablen) Kosten entsprechen.129) Bei Unterschreiten des vereinbarten Erlösbudgets sollen nicht abbaubare Fixkosten durch Ausgleichszahlungen gedeckt werden.130) d) Krankenhausspezifische Rückstellungen Der Ausweis von Rückstellungen im Jahresabschluss von Krankenhäusern 109 richtet sich nach § 249 HGB i. V. m. § 4 Abs. 3 KHBV. Für die Bewertung der Rückstellung ist § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. § 4 Abs. 3 KHBV heranzuziehen. Insofern ergeben sich grundsätzlich keine Besonderheiten bei der Rechnungslegung von Krankenhäusern. Aufgrund gesonderter Prüfrechte des Medizinischen Dienstes und ergänzender Vorschriften zur Aufbewahrung von Unterlagen (z. B. Landeskrankenhausgesetze, Röntgen-, und Strahlenschutzverordnung) sowie im Hinblick auf Rückzahlungsrisiken von Fördermitteln bei Fehlverwendung der erhaltenen Fördermittel ergeben sich bei den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten i. S. d. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB allerdings krankenhausspezifische Sachverhalte. Diese sind ergänzend zu betrachten. Die nachstehend aufgeführten Rückstellungen sollen hierfür exemplarisch benannt werden: x
Rückstellungen aufgrund von Prüfungen des Medizinischen Dienstes (MD).
x
Rückstellung für Schadensfälle.
x
Rückstellung für Fördermittelrückzahlungsrisiken.
___________ 127) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 34. 128) Berndt/Nordhoff, Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen, Kap. H Rn. 34; zur Behandlung dieser Forderungen/Verbindlichkeiten in der Insolvenz siehe Rn. 464. 129) Schmidt-Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 275. Seit dem Jahr 2020 gilt dies durch die Einführung des Pflegebudgets für Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen nicht mehr. Die nunmehr ausgegliederten Pflegepersonalkosten werden seitdem über das Pflegebudget gesondert vergütet, siehe Rn. 74 ff. 130) Schmidt-Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 275.
Kersten/Meyer
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B. Typischer Krisenverlauf und Krisenindikatoren bei Krankenhäusern I. Typischer Krisenverlauf bei Krankenhäusern Kaufmann
Unternehmenskrisen verlaufen regelmäßig gleich ab. Gemeinhin werden fol- 110 gende Krisenstadien unterschieden:131) hoch
Handlungsspielraum
Handlungsbedarf
gering
Stakeholderkrise Strategiekrise Erfolgskrise Bilanz- und Liquiditätskrise
hoch
Zahlungsunfähigkeit
gering
Die eigentliche Krise beginnt demnach mit einer Strategiekrise, oft ausgelöst 111 durch eine Stakeholderkrise, also Konflikten auf der Ebene der an einem Unternehmen beteiligten Interessengruppen (Mitglieder der Unternehmensleitung, Anteilseigner, Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, Kreditinstitute und andere Gläubiger).132) Auf die Strategiekrise folgt – jeweils ohne entsprechende Maßnahmen – die 112 Erfolgskrise, es entstehen wirtschaftliche Verluste. Auf die Erfolgskrise wiederrum folgt ohne Gegensteuern die (Bilanz- und) 113 Liquiditätskrise, die schließlich in der Zahlungsunfähigkeit und damit Insolvenz als letztem Krisenstadium mündet.133)
___________ 131) Die hier vorgenommene Einteilung entspricht weitgehend der des IDW-Standards S 6; zu weiteren Modellen, die sich alle jedoch ähneln, Evertz/Krystek in: Evertz/Krystek (Hrsg.), Unternehmen erfolgreich restrukturieren und sanieren, S. 3, 6 ff. 132) Böhme/Giersberg, KSI 2022, 17 f., dort ausführlich zu Präventionsmaßnahmen einer Strategiekrise. 133) Ausführlich zu den verschiedenen Krisenstadien Bork/Hölzle-Niemann, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 28 Rn. 11 ff.
Kaufmann
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B. Typischer Krisenverlauf und Krisenindikatoren bei Krankenhäusern
II. Krisenindikatoren bei Krankenhäusern 114 Für die verschiedenen Krisenstadien gibt es verschiedene Indikatoren und Warnsignale. Im Krankenhausbereich sind insbesondere folgende Indikatoren relevant:134) 1. Indikatoren einer Stakeholderkrise 115 Neben den zudem außerhalb des Krankenhausbereichs zu beobachtenden Konflikten auf Stakeholderebene, wie Streitigkeiten zwischen Anteilsinhabern oder zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmerschaft, die oftmals jedenfalls zunächst nicht nach außen dringen, gibt es im Krankenhausbereich Stakeholderkonflikte, die nicht selten schnell publik werden. Derartige krankenhausspezifische Konflikte können sein: x
Interne Konflikte zwischen Anteilsinhabern, Geschäftsleitung und Chefärzten: Derartige Konflikte geraten häufig sehr schnell an die Öffentlichkeit und werden z. T. auch über die Medien ausgetragen. Dabei führen sie nicht selten zur Abwanderung des medizinischen Führungspersonals oder zu Kündigungen von Geschäftsleitern. Derartige Abwanderungen haben häufig erhebliche Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses (vgl. Praxisfall 2 unter Rn. 617 ff.).
x
Öffentlicher Streit zwischen politischen Parteien, Aufsichtsräten, Geschäftsführung, Krankenkassen und Bürgern über die medizinische Ausrichtung des Krankenhauses: Exemplarisch kann etwa der Streit um die wirtschaftlich notwendige Schließung einer Geburtsstation genannt werden. Derartige Streitigkeiten können ebenfalls zu einem negativen Image des Krankenhauses und in dieser Folge einer Abwanderung von Patienten führen. Warnindikatoren sind daher unter anderem die Häufigkeit und der Schweregrad negativer Presseartikel über das jeweilige Krankenhaus.135)
x
Keine ausreichenden oder sich verschlechternden Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten:
Niedergelassene Ärzte und ihr Überweisungsverhalten sind von entscheidender Bedeutung für die elektiven Fallzahlen. Daher sind Beziehungspflege und im Idealfall Kooperationsverträge zu Zuweisern wichtig (vgl. Praxisfall 2 unter Rn. 617 ff.). Es bietet sich an, die Zuweisungen einzelner Zuweiser zu erfassen, um Fehlentwicklungen zu erkennen und denen zu begegnen. ___________ 134) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 37 ff.; Puke/Mall/Hartwig, die bank 8/2021, 52, 53 ff. 135) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 38.
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Kaufmann
II. Krisenindikatoren bei Krankenhäusern
x
Anderweitige Patientenorientierung und -abwanderung: Die Orientierung von lokalen Patienten zu anderen Krankenhäusern ist eine der drastischsten Frühwarnhinweise, führt sie doch zwingend zu einem Verlust von potenziellen Einnahmen. Daher sollten hauseigene Patientenund Mitarbeiterbefragungen mit externen, öffentlich zugänglichen Qualitäts- und Umfragebenchmarks (z. B. IQM Initiative Qualitätsmedizin, Gesundheitsnavigator der AOK, Qualitätsmonitor des WIdO) abgeglichen werden. Fehlen derartige hauseigene Patienten- und Mitarbeiterbefragungen, ist dies allein schon ein deutliches Warnzeichen.136)
2. Indikatoren einer Strategiekrise Krankenhäuser befinden sich heute – wie unter Rn. 4 ff. näher ausgeführt – in 116 einem intensiven Wettbewerb um die Patienten. Von daher ist eine klare Strategieformulierung zwingend, deren Fehlen oder Unzulänglichkeit ein schwerwiegendes Warnsignal. Erforderlich ist das Vorliegen eines medizinischen Zielkonzepts, dass extern evaluiert und regelmäßig überarbeitet wird.137) Die Wettbewerbsfähigkeit eines einzelnen Krankenhauses kann bereits durch 117 den Weggang eines Chefarztes negativ beeinflusst werden (vgl. Praxisfall 2 unter Rn. 617 ff.). Warnsignale für einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit sind: x
Kontinuierliche Fallzahlverluste,
x
sinkende Marktanteile und
x
ein kontinuierlich sinkender Schweregrad (CMI).
Vor allem ist die Strategiekrise im Krankenhausbereich jedoch eine Struktur- 118 krise. Denn die krankenhausinternen Strukturen und Prozesse determinieren in hohem Maße, zu welchen Personal- und Sachkosten ein Krankenhaus eine Behandlung erbringen kann. Und da die Preise für Krankenhausbehandlung keine freien Marktpreise sind, sondern staatlich geregelte Fallpauschalen, kommt dem Prozess- und Kostenmanagement für die Zukunftsfähigkeit von Kliniken die entscheidende Bedeutung zu.138) Vor diesem Hintergrund sind die folgenden beiden KPIs (Key Performance 119 Indicator) von erheblicher Bedeutung, die im Jahres-/Quartalsvergleich und im Krisenfall monatlich monitort werden sollten:139)
___________ 136) 137) 138) 139)
Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 38. Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 38. Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 39. Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 39.
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B. Typischer Krisenverlauf und Krisenindikatoren bei Krankenhäusern
120 Dies ist zum einen die Verweildauer als der zentrale und wichtigste Prozessindikator. Denn die Verweildauer bestimmt in hohem Maße, wie viele Personal- und Sachressourcen gebraucht und verbraucht werden. Liegen Patienten einen Tag länger, z. B. aufgrund verschobener Diagnostik wegen unkoordinierter Einbestellungsplanung (ein häufiger Grund), dann verursacht das zusätzliche Kosten, indem Ärzte sowie Pflegepersonal den Patienten länger überwachen und betreuen müssen und hierbei mehr Arznei-, Pflege- und Nahrungsmittel verbraucht werden. Gleichzeitig steigen die Erlöse des Krankenhauses hierfür grundsätzlich nicht.140) 121 Die Kennzahl für die Verweildauer, die fortlaufend im Rahmen eines Monitorings überprüft werden sollte, errechnet sich als der Quotient aus der tatsächlich erreichten durchschnittlichen Verweildauer (VWD IST) und der mittleren Katalog-Verweildauer deutschlandweit nach InEK. Liegt dieser > 1, signalisiert das tendenziell Prozessschwächen und damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für operative Verluste, stellt also ein Warnsignal dar. Liegt er < 1, ist dies befriedigend. Angestrebt werden sollte jedoch ein Zielwert von < 0,9, und damit eine um 10 % dauerhafte und stetig kürzere IST-Verweildauer als der Katalogdurchschnitt.141) 122 Der weitere maßgebliche KPI ist die Personalproduktivität. Relevant ist hier hauptsächlich die Produktivität des ärztlichen Dienstes, da aufgrund der Einführung des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG), wonach seit dem Jahr 2020 die Krankenhauspflege außerhalb des Fallpauschalen-Systems vergütet wird (siehe hierzu Rn. 81), im Bereich der Pflege durch dieses besondere Budget prinzipiell für eine Kostendeckung und damit vollständige Refinanzierung unabhängig von etwaigen Ineffizienzen eines Krankenhauses gesorgt ist.142) 123 Die Kennzahl errechnet sich hier als Quotient aus der Summe der Bewertungsrelationen der erbrachten DRG-Fälle (Casemix [CM]) zu den Vollkräften (VK) im Ärztlichen Dienst (ÄD). 124 Eine Bewertung dieser ermittelten Kennzahl ist insofern schwierig, als es – anders als bei der Verweildauer – keine allgemeingültigen Zielwerte gibt, sondern diese sehr vom medizinischen Portfolio und der Trägerschaft (öffentlich, frei-gemeinnützig oder privat) abhängen und daher individuell anhand von Benchmarks und dem Leistungsportfolio der Klinik festgelegt werden sollten. Als grober Anhaltspunkt kann herangezogen werden, dass nach einer Analyse des Krankenhaus Rating Reports die durchschnittliche Produktivität, abhängig vom medizinischen Portfolio und der Trägerschaft, im Jahr 2019 auf G-DRG-Basis zwischen 135 und 175 CM/VK lag.
___________ 140) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 39. 141) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 39. 142) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 40.
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II. Krisenindikatoren bei Krankenhäusern
In jedem Fall stellt eine kontinuierliche Abnahme des Quotienten CM/VK ÄD 125 ein deutliches Warnsignal dar. Ferner sollte bei Krisenanzeichen aus der Verweildaueranalyse und negativer Margenentwicklung beim EBITDA eine kontinuierliche Erhöhung der ärztlichen Produktivität durch Personalabbau oder Casemix-Steigerung eingefordert und überwacht werden.143) 3. Indikatoren einer Ergebnis-, Bilanz- und Liquiditätskrise Signale einer Ergebnis- oder Bilanz- und Liquiditätskrise wie x
rückläufige Umsatzerlöse,
x
sinkende Margen (z. B. EBITDA-/EAT-Marge),
x
negative Entwicklung von Eigenkapital/Fremdkapitalquoten und
x
eine Verschlechterung des Cashflows (Quick-/Current-Ratio)
126
ergeben sich aus der klassischen Kennzahlenanalyse. In diesem Fall sollte ein Frühwarnsystem auf Quartals- und bei fortschrei- 127 tender Verschlechterung auf Monatsbasis umgestellt werden mit einem verstärkten Fokus auf die Liquiditätsanalyse.144) 4. Zusammenfassung Die Krisenindikatoren im Krankenhausbereich lassen sich wie folgt schaubild- 128 artig zusammenfassen: Selbst bei einer fortgeschrittenen Krise bleibt noch viel Raum für eine Sanierung 129 des Krankenhauses, wie in den Kapiteln C. bis E. (Rn. 130 – 794) gezeigt wird.
___________ 143) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 40. 144) Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 3/2022, 36, 40.
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Zunehmende Prognosekraft als Frühindikator
1
2
Strategiekrise
3 Erfolgskrise
4 Bilanz-/Liquiditätskrise
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5 Zahlungsunfähigkeit
Quelle: Puke/Mall/Hartwig, KU Gesundheitsmanagement 2022, 36, 40
Signale der klassischen Kenntahlenanalyse, u. a. • Rückläufige Umsatzerlöse • Sinkende Mengen (z. B. EBITDA- / EAT-Marge) • Negative Entwicklung Eigenkapital-/Fremdkapitalquoten • Verschlechterter Cash Flow (Quick-/Current-Ratio)
„Harte“ Frühwarnsignale • Sinkende Fallzahlen und Marktanteile, sinkender Schweregrad (CMI) der Behandlungen • KPIs Krankenhäuser: • Zu hohe Verweildauer im InEK-Vergleich als zentraler Prozessindikator für Kostennachteile • Schwache Personalproduktivität (CM/ VK ÄD, etc.) • Schlechte Position in Qualitäts- und Patientenbefragungs-Ranking
„Welche“ Frühwarnsignale • Konflikte zwischen Chefärzten, Geschäftsführung und Politik 1 • Abwanderung lokaler Patienten • Keine ausreichende sektorenübergreifende Kooperation • Kein/schwaches strategisches Medizinkonzept
Stakeholderkrise
(Früh-)Warnsignale „Weiche“ und „harte“ Indikatoren aus Banken- und Krankenhaussicht B. Typischer Krisenverlauf und Krisenindikatoren bei Krankenhäusern
C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz Kaufmann
Grundsätzlich könnten zur Sanierung eines in eine wirtschaftliche Schieflage 130 geratenen Krankenhauses sämtliche klassischen Sanierungsstrategien ergriffen werden, die auch für Unternehmen außerhalb des Krankenhausbereichs gelten.145) Aufgrund der legislatorischen Vorgaben wie der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) und den Besonderheiten eines stark regulierten Marktes sind allerdings nur einzelne der klassischen Sanierungsstrategien bei Krankenhaussanierungen erfolgversprechend.146) Die folgenden strategischen, operativen und finanziellen Sanierungsmaßnahmen 131 sind bei Krankenhaussanierungen außerhalb – und auch innerhalb – eines Insolvenzverfahrens denkbar:147) I. Strategische, operative und finanzielle Sanierungsmaßnahmen 1. Strategische Maßnahmen Zwingende Wertevorgaben des Krankenhausträgers und die hohe Regulierungs- 132 dichte im Gesundheitssektor verkleinern den strategischen Spielraum von Krankenhäusern. Kommunale Träger widersetzen sich beispielsweise oftmals aus politischen Gründen einer überregionalen strategischen Ausrichtung zum Nachteil ihrer Kommune. Zudem unterliegt der Krankenhaussektor aufgrund des DRG-Systems keiner freien Preisbildung.
___________ 145) Ausführlich zu Sanierungsmaßnahmen in den verschiedenen Bereichen der Leistungswirtschaft und der Finanzen z. B. Buth/Hermanns-Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, §§ 12 ff. 146) Schmitz/Emmerich, KSI 2011, 69. 147) Vgl. auch Schmitz/Emmerich, KSI 2011, 69, 73; Hofmann/Wortmann in: Evertz/Krystek, Unternehmen erfolgreich restrukturieren und sanieren, S. 341, 356 ff.; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 87 ff.
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
133 Ungeachtet dessen ist eine strategische Neuausrichtung möglich. Diese baut auf drei Säulen auf, die sich gegenseitig ergänzen. Die möglichen strategischen Ansätze sind in der folgenden Übersicht dargestellt: Drei Säulen der strategischen Sanierung von Krankenhäusern
Erlössteigerung
• Anpassung des medizinischen Leistungsspektrums • Spezialisierung durch interdisziplinäre Zentren
Kostensenkung
• Unternehmenszusammenschlüsse • Joint Ventures • Servicegesellschaften
• Ansiedlung profitabler medizinischer Leistungen
Kapazitätsanpassung an den täglichen Bedarf • Schließung von Krankenhäusern innerhalb eines Klinikverbundes • Zusammenlegung und Schließung von Stationen • Anpassung der Anzahl der Planbetten
• Marketingmaßnahmen
a) Erlössteigerung 134 Zunächst sollte sich die strategische Ausrichtung daran orientieren, Erlöse langfristig und nachhaltig zu steigern. 135 Erforderlich ist hierfür oftmals eine Anpassung des angebotenen medizinischen Leistungsspektrums. Neben der zu gewährleistenden Grundversorgung richtet sich eine erlössteigernde Strategie auf die Ansiedlung profitabler medizinischer Dienstleistungen. Diese sowie relevante medizinische Zukunftsfelder müssen durch eine umfassende Marktanalyse identifiziert werden. In den letzten Jahren ist in der Praxis vor allem der Ausbau des ambulanten Portfolios, z. B. in MVZ-Strukturen oder der ambulanten, spezialärztlichen Versorgung zu beobachten.148) 136 Des Weiteren können Erlöse durch langfristige Marketingmaßnahmen erhöht werden, welche das Image des Krankenhauses nachhaltig verbessern und auf diesem Wege sowohl Fachkräfte als auch Patienten dauerhaft an das Krankenhaus binden (Etablierung einer Marke). 137 Zu bedenken gilt es allerdings, dass die erlössteigernde strategische Neuausrichtung in der Regel mit Investitionen verbunden ist (siehe z. B. Praxisfall 3 unter Rn. 654). Neben der Anschaffung neuer medizinischer Geräte wird neues Personal erforderlich oder es müssen Angestellte umgeschult werden. Darüber hinaus können Umbaumaßnahmen notwendig werden. ___________ 148) Roland Berger Krankenhausstudie 2021, S. 9; siehe auch Pressemitteilung des RWI zum Krankenhaus Rating Report 2022, https://www.rwi-essen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhaus-rating-report-2022 [19.1.2023].
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I. Strategische, operative und finanzielle Sanierungsmaßnahmen
b) Kostensenkung Neben der Erlössteigerung basiert eine nachhaltige Strategie auf der Kosten- 138 senkung. In Betracht kommt ein Zusammenschluss zwischen mehreren Krankenhäusern 139 in einer Region. Ressourcen können als Konsequenz effizienter genutzt werden. Zudem kann die Ansiedlung der profitablen medizinischen Dienstleistungen an den jeweiligen Standorten ohne Konkurrenzdruck vollzogen werden. Außerhalb des medizinischen Kerngeschäfts, beispielsweise im Laborbereich, 140 bei der Verpflegung oder der Reinigung, sind außerdem Joint Ventures oder andere informelle Formen der Kooperation möglich. Als Folge dieser Kooperation kommt es ebenfalls zu einer effizienteren Nutzung der Ressourcen und einer größeren Flexibilität. Allerdings stellen Krankenhäuser häufig einen bedeutenden Arbeitgeber in der 141 Region dar. Bei Maßnahmen, welche die Verringerung von Arbeitsplätzen mit sich bringen, ist oftmals mit Widerstand vonseiten der Kommunalpolitik und der Angestellten zu rechnen. c) Kapazitätsanpassung Die dritte strategische Säule bildet die Kapazitätsanpassung an den prognos- 142 tizierten Bedarf. Zu berücksichtigen ist bei der Anpassung die demographische Entwicklung. 143 Als langfristige Folge werden durch eine erfolgte Anpassung Kosten reduziert, da Überkapazitäten vermieden werden. Zur Umsetzung von Kapazitätsanpassungsmaßnahmen können ggf. Förder- 144 mittel der Länder generiert werden (sog. Schließungsförderung).149) 2. Operative Maßnahmen a) Operative Maßnahmen zur Kostensenkung aa) Operative Maßnahmen im Primärbereich Im Bereich der Medizin und Pflege ist es zwingend notwendig, die betroffenen 145 Prozesse effizienter zu gestalten und somit Kosten zu reduzieren, da – wie gezeigt – die Möglichkeiten zur Erlössteigerungen aufgrund der Reglementierung begrenzt sind. Typische strukturelle Defizite zeigen sich insbesondere durch Überkapazitäten 146 und ein fehlendes Prozessmanagement. Dementsprechend ist der tatsächliche ___________ 149) Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 106 ff. Zur Frage, inwieweit nicht nur außerhalb, sondern auch im Insolvenzverfahren Schließungsförderung zu gewähren ist, siehe ausführlich Rn. 445 ff.
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
Kapazitätsbedarf zu prognostizieren und ggf. zu reduzieren. Typischerweise besteht ein Reduktionspotenzial im OP-Bereich und auf Intensivstationen. Wesentliche Sanierungsmaßnahme ist auch eine Optimierung der Verweildauer (siehe Rn. 120 und Rn. 155). 147 Darüber hinaus verursacht der Fachkräftemangel hohe Personalkosten. So sollte möglichst auf Honorarkräfte verzichtet werden, um eine bessere Planbarkeit der Ausgaben zu gewährleisten. Zudem gilt es, Anreize zu schaffen, um qualifiziertes Personal zu binden. 148 Insgesamt sind Abläufe zu standardisieren (Standard Operating Procedures) und die Effizienz zu steigern. Gelingen kann dies durch die Erstellung medizinischer Leitlinien und durch eine Sensibilisierung der Mitarbeiter hin zu einem gesteigerten Kostenbewusstsein. Hierbei kann der Einsatz entsprechender Software behilflich sein.
Vermeidung von Überkapazitäten im OP-Bereich und auf Intensivstationen
Einführung von medizinischen Behandlungspfaden, sogenannten Operating Procedures
Operative Ansätze im Primärbereich
Optimierung des OP-Managements, der Notaufnahmen und des interdisziplinärem CaseManagements
Verbesserung des Verweildauermanagements
bb) Operative Maßnahmen im Sekundärbereich 149 Im Bereich der ärztlichen und pflegerischen Unterstützung sollte der Fokus der Prozessoptimierung ebenfalls auf der Kostenreduktion liegen. 150 Möglich sind Einsparungen beispielsweise durch die Optimierung von Lagerbeständen. Hohe Bestände, gerade teurer Medizinprodukte, verursachen nicht nur Lagerkosten, sondern bergen zusätzlich das Risiko, dass Materialien ungenutzt verderben. 151 Die Krankenhausleitung sollte zudem analysieren, inwiefern Kapazitäten für Labore und Sterilisation im eigenen Hause erforderlich sind und ob nicht Kooperationen mit auswertigen Anbietern zu Einsparungen und zu mehr Flexibilität führen könnten. Außerdem kann die Gründung eines Einkaufsverbundes oder der Beitritt zu einem solchen zur Gewährung besserer Konditionen führen.
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I. Strategische, operative und finanzielle Sanierungsmaßnahmen
Einführung eines strategischen Einkaufs
Gründung oder Anschluss an einen großen Einkaufsverbund
Operative Ansätze im Sekundärbereich
Optimierung der Lagerbestände
Outsourcing der Laborkapazitäten
cc) Operative Maßnahmen im Tertiärbereich Auch im Bereich der unterstützenden Leistungen können mittel- und kurz- 152 fristig Kosten reduziert werden. Regelmäßig beschäftigen Krankenhäuser eigene Reinigungskräfte und unter- 153 halten eine eigene Dienstleistungsinfrastruktur zur Verpflegung der Patienten. Die Ausgliederung dieser Bereiche an externe Dienstleister (Outsourcing) senkt die Personalkosten und setzt räumliche Kapazitäten frei, die bisher zur Lagerung von Lebensmitteln und zur Nahrungszubereitung genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die bestehenden Küchenkapazitäten 154 und die vorhandenen Angestellten zu erhalten und gewinnbringend örtliche Ganztagsschulen, Kindergärten und Seniorenheime mit Verpflegung zu beliefern. Hierdurch können wiederum bessere Einkaufskonditionen generiert werden.
Verbesserung von Codierung und Patientenmanagements
Zentralisierung oder Outsourcing von Küchendienstleistungen
Operative Ansätze im Tertiärbereich
Outsourcing der Reinigungsdienste
Vermeidung von Überkapazitäten in der Verwaltung
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
b) Operative Maßnahmen zur Erlössteigerung 155 Erlöse können kurz- und mittelfristig bereits mit geringem finanziellem Aufwand gesteigert werden. Ein erster Ansatz ist, die stationäre Behandlungsdauer (Verweildauer) von Patienten zu optimieren. Der Spielraum der Krankenhäuser ist allerdings aufgrund der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung und Überwachung eingeschränkt. 156 Vielversprechend erscheinen außerdem Marketingmaßnahmen, die auf Weiterempfehlungen durch Patienten beruhen. Eine höhere Zufriedenheit kann unter anderem durch eine Verbesserung der Verpflegung und des Ambientes des Krankenhauses erreicht werden. Im Rahmen der Wahlleistungen ist darüber hinaus zu erwägen, Privatstationen mit einem gehobenen Standard zu gründen, welche sich deutlich von den übrigen Stationen absetzen. Diese Stationen sind in der relevanten Zielgruppe zu bewerben.
Erlössicherung
•
durch Optimierung der Verweildauer
•
durch gezielte Weiterempfehlungen durch – höhere Qualität der Verpflegung – Verbesserung des Ambientes – Einweisermanagement Aufbau einer hotelähnlichen, modernen Privatstation
Erlössteigerung •
3. Finanzwirtschaftliche Maßnahmen 157 Die oben beschriebenen notwendigen Investitionen erfordern den Einsatz neuer finanzieller Mittel. Zugleich muss der Schuldenbestand an den erzielbaren Umsatz angepasst werden. Eventuell sind Umschuldungsmaßnahmen erforderlich. Die zur Verfügung stehenden finanzwirtschaftlichen Ansätze sind abhängig vom Umfang der bestehenden Schulden, der Dringlichkeit und dem Umfang der geplanten Investitionen. 158 Bei kurzfristig bevorstehenden Liquiditätslücken kann eine Übergangsfinanzierung mit einem Kreditinstitut oder einem Finanzdienstleister vereinbart werden. Regelmäßig müssen hierfür weitere Sicherheiten gestellt werden. Als Beispiele sind Bürgschaften und Grundpfandrechte zu nennen. 159 Zudem stellt das Factoring eine Finanzierungsmöglichkeit dar, wobei hier den schützenswerten Interessen der Patienten Rechnung zu tragen ist und
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I. Strategische, operative und finanzielle Sanierungsmaßnahmen
bereichsspezifische datenschutzrechtliche Vorschriften einzuhalten sind.150) Darüber hinaus kann durch ein Sale-and-Lease-Back teurer medizinischer Geräte kurzfristig Liquidität generiert werden.151) Ebenso können kurzfristige Liquiditätsengpässe durch Vereinbarungen mit Lie- 160 feranten und anderen Gläubigern vermieden werden. Infrage kommen Stundungsvereinbarungen und Lieferantenkredite. Eine langfristige Verbesserung der finanziellen Lage kann darüber hinaus durch 161 Forderungsverzichte oder einen Debt-to-Equity-Swap erreicht werden. Forderungsverzichte können hierbei insbesondere auch im Rahmen eines StaRUGVerfahrens (hierzu Rn. 166 ff., insbesondere Rn. 186) gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden. Schließlich kommt eine Kapitalerhöhung oder die Aufnahme neuer Gesell- 162 schafter in Betracht. 4. Fazit Zur Sanierung eines Krankenhauses außerhalb eines Insolvenzverfahrens stehen 163 wie gezeigt verschiedene Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Für deren Erfolg ist es jedoch notwendig, die Probleme möglichst frühzeitig zu identifizieren und nachhaltig zu beseitigen. Neben der kurzfristigen Beschaffung von Liquidität durch die aufgezeigten finanzwirtschaftlichen Ansätze sind in der Regel Investitionen erforderlich, um die Krisenursachen langfristig zu beheben. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Kostenreduktion sowie der Steigerung der Erlöse. Die zur Umsetzung derartiger Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Mittel 164 können allerdings oftmals nicht vom Träger aufgebracht werden. Hier bietet das Insolvenzverfahren neben weiteren Vorteilen (hierzu ausführlich Rn. 285 ff.) durch den Insolvenzgeldvorteil – dem Einsparen der Personalkosten für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten – einen Hebel, um die zur Umsetzung der dargestellten Sanierungsmaßnahmen erforderliche Liquidität zu generieren. Erschwert wird die Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens zudem oft- 165 mals dadurch, dass die Krankenhausleitung mit Widerständen der Belegschaft und der Kommunalpolitik zu kämpfen hat. Außerdem müssen Investoren von der langfristigen Profitabilität des Krankenhauses überzeugt werden. Aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Rolle von Krankenhäusern ist stets ein besonderes Augenmerk auf die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der Beteiligten zu legen. Derartige Probleme begegnen einem naturgemäß auch im Rahmen der Sanierung innerhalb eines Insolvenzverfahrens, wenngleich durch die Tatsache der Insolvenzanmeldung die Stakeholder (z. B. Belegschaftsvertreter) häufig gesprächsbereiter sind als im Rahmen einer Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens. ___________ 150) Näher Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 87 ff. 151) Ausführlich hierzu Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 100 ff.
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
II. Sanierung mittels StaRUG 1. Einführung Gutmann
166 Das seit dem 1.1.2021 geltende StaRUG152) wurde aufgrund der Umsetzungsverpflichtung der Restrukturierungsrichtlinie153) eingeführt. Durch dieses Gesetz werden Unternehmen Möglichkeiten eingeräumt, Restrukturierungen mit und ohne Hilfe des Restrukturierungsgerichts durchzuführen und dabei ggf. widerstrebende Gläubiger durch Mehrheitsentscheidungen einbeziehen zu können. Weiterhin werden durch das Gesetz aber auch Verhaltensanforderungen an Geschäftsleiter und für Berater bei Erstellung von Jahresabschlüssen formuliert. 167 Anknüpfungspunkt dafür, die Maßnahmen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch nehmen zu dürfen, ist das Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit.154) Diese ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) vom 22.12.2020, durch das u. a. auch das StaRUG eingeführt wurde, näher konkretisiert worden. In Abgrenzung zur insolvenzrechtlichen Überschuldung, bei der kumulativ zu einem Vermögensstatus ebenso wie bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit eine Fortführungsprognose über die zukünftige Zahlungsfähigkeit zu erstellen ist, beträgt der Prognosezeitraum in aller Regel 24 Monate.155) 168 Das StaRUG sieht in § 1 zunächst einmal vor, dass Geschäftsleiter bei Erkennen einer Krise Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den Überwachungsorganen Bericht zu erstatten haben. Eine Sanktion ist mit dieser Pflicht nach dem StaRUG nicht verbunden. Die ursprünglich im Regierungsentwurf enthaltenen Paragrafen, die ein „Shift of Duties“ und damit die besondere Berücksichtigung der Gläubigerinteressen durch den Geschäftsleiter bei Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorsahen, wurden kurz vor Verabschiedung des SanInsFoG aus dem Gesetz gestrichen.156) Gemäß dem Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 16.12.2020 erfolgte die Streichung jedoch lediglich vor dem Hintergrund, dass es schon solche Verhaltensanforderungen gibt.157) Dabei wird immer auf die direkte und entsprechende ___________ 152) Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz vom 22.12.2020, BGBl. I S. 3256, geändert durch Artikel 38 des Gesetzes vom 10.8.2021, BGBl. I. S. 3436, und Artikel 12 des Gesetzes vom 20.7.2022, BGBl. I S. 1166. 153) Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenzund Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132, ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 18. 154) Anders bei der Sanierungsmoderation, die ebenfalls im StaRUG geregelt ist. 155) Zu den Insolvenzeröffnungsgründen siehe im Einzelnen Rn. 338 ff. 156) §§ 2, 3 RegE-StaRUG, BT-Drucks. 19/24181, S. 14. 157) BT-Drucks. 19/25353, S. 6.
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Gutmann
II. Sanierung mittels StaRUG
Anwendung des § 93 AktG Bezug genommen.158) Diese Anwendung bedeutet, dass es für die Geschäftsleiter im Falle der Nichtberücksichtigung von Gläubigerinteressen ab Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit und eines Schadens der juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaften zu einer persönlichen Haftung kommen kann.159) Das StaRUG bietet daher nicht nur Optionen zur Restrukturierung und 169 Sanierung von Unternehmen, sondern das Gesetz und die hierzu ergangenen Stellungnahmen konkretisieren die Pflichten der Geschäftsleiter und Hinweispflichten für Berater. Die verschiedenen Module zur Sanierung sind:
Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement, § 1
• Überwachung von bestandsgefährdenden Entwicklungen • Ergreifen von Gegenmaßnahmen • Berichterstattung an Überwachungsorgane
Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, §§ 2–93
• • • • • •
Sanierungsmoderation, §§ 94–100
Frühwarnsysteme, §§ 101, 102
170
Restrukturierungsplan Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente Restrukturierungsbeauftragter Öffentliche Restrukturierungssachen (erst ab 17.7.2022) Anfechtungs- und Haftungsrecht Arbeitnehmerbeteiligung; Gläubigerbeirat
• Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung wirtschaftlicher oder finanzieller Schwierigkeiten • Sanierungsmoderator • Sanierungsvergleich
• von öffentlichen Stellen bereitgestellte Instrumentarien zur Identifizierung von Krisen • Hinweispflicht von Beratern auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und der sich daran anknüpfenden Pflichten
___________ 158) Siehe RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 108. 159) Siehe hierzu Flöther-Goetker, StaRUG, § 1 Rn. 102; d’Avoine/Michels, NZI 2022, 1, 7.
Gutmann
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
2. Möglichkeiten der Sanierung ohne Inanspruchnahme des Restrukturierungsgerichts 171 Das Wesen der Sanierungsmöglichkeiten des StaRUG besteht darin, dass Schuldner und Gläubiger bzw. die sog. Planbetroffenen in einem gerichtlichen Verfahren außerhalb des Insolvenzverfahrens ihre Rechtsverhältnisse regeln. Dennoch ist es natürlich möglich und vom Gesetz angelegt, dass der Restrukturierungsplan (siehe Rn. 181 ff.) auch ohne Inanspruchnahme des Gerichts und damit der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens verwendet wird.160) Das StaRUG räumt den Beteiligten sehr viele Spielräume ein, im Regierungsentwurf ist von der privatautonomen Organisation des Planprozesses die Rede.161) Alternative zur gerichtlichen Bestätigung ist die einstimmige Entscheidung der Planbetroffenen. In diesem Fall reicht für die Beteiligten die Dokumentation des Planverfahrens durch den Schuldner und die Zustellung an die Planbetroffenen aus. 172 Die Durchführung des außergerichtlichen Planverfahrens ist dann ein vorbereitender Schritt, um ggf. bei nicht einstimmiger Entscheidung durch die gerichtliche Bestätigung den Erfolg herbeizuführen.
___________ 160) BeckOK-Kramer, StaRUG, § 29 Rn. 46. 161) RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 89.
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II. Sanierung mittels StaRUG
3. Sanierungsmoderation 173 Was ist das?
• der Versuch des Unternehmens, mithilfe der Vermittlung eines vom Gericht bestellten, unabhängigen Sanierungsmoderators bestehende wirtschaftliche oder finanzielle Schwierigkeiten zu überwinden
Ziel/Ergebnis
• Überwindung von Schwierigkeiten
Mittel
Verfahren
• Einigung mit einzelnen (steht nicht explizit im Gesetz) • Sanierungsversuch ohne Bestätigung des Gerichts • Sanierungsvergleich mit Bestätigung des Gerichts
• Antrag des Schuldners (nicht eines Gläubigers) • Angabe: Gegenstand des Unternehmens und Art der Schwierigkeiten • Erklärung, dass nicht zahlungsunfähig (beschränkte Haftungsmassen, auch nicht überschuldet) • Verzeichnis des Vermögens und der Gläubiger • Zuständiges Gericht: Restrukturierungsgericht
Die Sanierungsmoderation der §§ 94 – 100 StaRUG ermöglicht eine Sanierung 174 mit einem gerichtlich bestellten Moderator, unter dessen Mithilfe ein Vergleich geschlossen werden kann, der auf Antrag des Unternehmens gerichtlich bestätigt wird. Der Sanierungsmoderator ist unabhängig. Der Vergleich ist, wenn er gerichtlich bestätigt wird, nur unter ganz engen Voraussetzungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nach der InsO oder außerhalb dessen nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbar. Dies sind die Vorteile zu einem außergerichtlichen Vergleich.162) Im Unterschied zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumenten 175 ist für die Einleitung einer Sanierungsmoderation nicht das Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nötig. Es reichen die in § 94 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG genannten „wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten“, die dort allerdings nicht weiter konkretisiert werden. Die Eingangshürde ist ___________ 162) BeckOK-Hänel, StaRUG, § 94 Rn. 7.
Gutmann
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C. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern außerhalb der Insolvenz
daher nicht hoch. Gleichwohl wird ein Unternehmen die Sanierungsmoderation nur anstreben, wenn Aussichten darauf bestehen, dass alle einbezogenen Gläubiger einem Vergleich auch zustimmen. Dies wird der Fall sein, wenn den Gläubigern die Notwendigkeit angesichts einer Krise des Schuldners klargemacht wird oder diese für sie ersichtlich ist. Abzugrenzen ist diese Eingangsschwelle von einer Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO oder – bei Schuldnern mit beschränkter Haftungsmasse – einer Überschuldung nach § 19 InsO, die allerdings nach dem Gesetzeswortlaut nur „offensichtlich“ sein muss, § 94 Abs. 1 StaRUG. Der bestellte Sanierungsmoderator hat dem Restrukturierungsgericht anzuzeigen, wenn eine Zahlungsunfähigkeit oder bei entsprechender Antragspflicht bei Überschuldung eine Überschuldung vorliegt, § 96 Abs. 4 StaRUG. In diesem Fall hat das Gericht den Sanierungsmoderator abzuberufen, was gleichbedeutend ist mit dem Ende der Sanierungsmoderation, § 99 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG. 176 Der Sanierungsmoderator muss eine natürliche Person und geeignet sein, § 94 Abs. 1 Satz 1 StaRUG. Diese Voraussetzungen sind die gleichen wie beim Restrukturierungsbeauftragten im Falle der Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens oder beim Insolvenzverwalter oder Sachwalter im Insolvenzverfahren (§ 74 Abs. 1 StaRUG, §§ 56 Abs. 1 Satz 1, 274 Abs. 1 InsO). Allerdings hat das Gesetz kein Vorschlagsrecht von Schuldner- oder Gläubigerseite formuliert wie beim Restrukturierungsbeauftragten, Insolvenzverwalter oder Sachwalter (§ 74 Abs. 2 StaRUG, § 56 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 InsO i. V. m. 56a InsO, §§ 270d Abs. 2, 274 Abs. 1 InsO). Sinnvollerweise bezieht das Restrukturierungsgericht aber den Schuldner bei der Bestellungsentscheidung ein. Denn dieser hat das Recht, ohne Angabe von Gründen die Abberufung des Sanierungsmoderators zu beantragen, was dann aber zur Beendigung der Sanierungsmoderation führt (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StaRUG). Bei einem Übergang in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen kann der Sanierungsmoderator auch zum Restrukturierungsbeauftragten, bei einem Insolvenzverfahren sogar zum Insolvenzverwalter oder Sachwalter bestellt werden; im Insolvenzverfahren aber nur mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses, wenn ein solcher zu bestellen ist (siehe § 100 Abs. 2 StaRUG, §§ 56 Abs. 1 Satz 2, 274 Abs. 1 InsO). Der Gesetzgeber hat sich vorgestellt, dass es für eine Sanierung förderlich sein kann, wenn eine neutrale Vermittlerperson zur Verfügung steht. 177 Die Aufgabe des Sanierungsmoderators besteht darin, zwischen dem Schuldner und den einbezogenen Gläubigern zu vermitteln. Er hat das Gericht über Art und Ursachen der Schwierigkeiten, über die Verhandlungen und deren Ziel sowie ggf. über den Eintritt der Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu berichten, § 96 Abs. 3 StaRUG. Ziel der Sanierungsmoderation ist eine Lösung der Probleme: Ohne einen Vergleich, mit einem
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II. Sanierung mittels StaRUG
nicht durch das Gericht bestätigten Vergleich163) oder – das ist im StaRUG idealtypisch angelegt – durch einen gerichtlich bestätigten Vergleich. An den Vergleich werden anders als an den Restrukturierungsplan oder den 178 Insolvenzplan keine besonderen Anforderungen an Form und Inhalt gestellt. Ausgehend von dem Gesetz muss man die Schlüssigkeit eines dem Vergleich zugrunde gelegten Sanierungskonzepts fordern. Ein solches Sanierungskonzept muss die Gegebenheiten richtig widerspiegeln und Aussichten auf Erfolg haben, § 97 Abs. 1 StaRUG. Diese Voraussetzungen korrespondieren zu den Anforderungen an die Bestätigungen von Restrukturierungsplänen in § 63 Abs. 3 StaRUG. Der Gesetzgeber des StaRUG hat dabei die Rechtsprechung des BGH zu Sanierungsplänen vor Augen, in der die Schlüssigkeit, die tatsächliche Wiedergabe der Gegebenheiten und die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg gefordert werden.164) Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so hat das Restrukturierungsgericht die Zustimmung zu versagen. Die Entscheidung ergeht zwar nach einer Stellungnahme des Sanierungsmoderators, aber in eigener Prüfungskompetenz.165) Aus dem Vergleich kann nicht vollstreckt werden. Eine Regelung wie in § 71 StaRUG für den Restrukturierungsplan oder in § 257 InsO für den Insolvenzplan gibt es nicht. Der Sanierungsvergleich ist auch nicht ein Prozessvergleich.166) Die besondere Attraktivität des gerichtlich bestätigten Vergleichs besteht darin, 179 dass dieser nur in ganz engen Grenzen in einem späteren Insolvenzverfahren nach der InsO oder außerhalb eines Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger nach dem AnfG angefochten werden kann (§ 97 Abs. 3 StaRUG i. V. m. § 90 StaRUG). Eine Anfechtung ist daher nur möglich, wenn die Bestätigung auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte und den Planbeteiligten dies bekannt war (§ 90 Abs. 1 StaRUG). Der Anfechtungsschutz gilt nicht für Regelungen zu Gesellschafterdarlehen oder für Sicherheitsleistungen gegenüber Dritten, die gleichzeitig von Gesellschafterseite eine Sicherheit oder eine Bürgschaft erhalten hatten. Die Sanierungsmoderation ist daher nicht im ausschließlichen Interesse des Schuldners, sondern ebenfalls im Interesse desjenigen Geschäftspartners, der Zugeständnisse macht, dabei aber auch Gegenleistungen erhalten möchte, ohne diese später der Anfechtbarkeit auszusetzen. Für die Sanierungsmoderation ist eine Dauer von drei Monaten vorgesehen, die 180 auf Antrag des Moderators um bis zu drei weitere Monate verlängert werden kann, wenn Schuldner und einbezogene Gläubiger zustimmen, § 95 Abs. 1 ___________ 163) Das ist aus § 97 Abs. 1 Satz 1 StaRUG herzuleiten („…kann auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden“). 164) Ständige Rechtsprechung, z. B. BGH, Urt. v. 14.6.2018 – IX ZR 22/15, NZI 2018, 840; Röper/Denkhaus, ZRI 2021, 1043, 1045. 165) BeckOK-Hänel, StaRUG, § 97 Rn. 69; a. A. Morgen-Ziegenhagen, StaRUG, § 97 Rn. 7, der nur eine Schlüssigkeitsprüfung fordert. 166) BeckOK-Hänel, StaRUG, § 97 Rn. 10.
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StaRUG. Wird innerhalb dieses Zeitraums die gerichtliche Bestätigung eines Sanierungsvergleichs beantragt, so verlängert sich die Sanierungsmoderation bis zu dieser Entscheidung. Die Bestellung des Sanierungsmoderators und damit die Sanierungsmoderation selbst werden nicht öffentlich bekannt gemacht, § 95 Abs. 2 StaRUG. Die Wahrung der Vertraulichkeit von Gericht und Sanierungsmoderator ist selbstverständlich, für den Schuldner gilt das naturgemäß nicht, für die Gläubiger nur dann, wenn sie nicht aufgrund von Sonderregelungen wie der Wahrung eines Bank- oder Steuergeheimnisse der Schweigepflicht unterliegen.167) 4. Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen a) Einleitung 181 Kern des neuen Restrukturierungsrechts ist der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen. Dieser setzt sich aus den nachfolgend genannten Regelungsinhalten zusammen:
Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, §§ 2– 93
• Restrukturierungsplan, §§ 5 – 28 StaRUG • Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente, §§ 29 – 72 StaRUG • Restrukturierungsbeauftragter, §§ 73 – 83 StaRUG • Öffentliche Restrukturierungssachen (erst ab 17.7.2020), §§ 84 – 88 StaRUG • Anfechtungs- und Haftungsrecht, §§ 89 – 91 StaRUG • Arbeitnehmerbeteiligung; Gläubigerbeirat, §§ 92, 93 StaRUG
182 Dabei handelt es sich nicht um ein einheitliches Restrukturierungsverfahren, sondern, wie es im Regierungsentwurf heißt, um einen „modularen Rahmen von Verfahrenshilfen“, die einzeln in Anspruch genommen werden können.168) Initiator ist ausschließlich der Schuldner, nicht etwa ein Gläubiger. Letzterer kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, ein Insolvenzverfahren, nicht aber Verfahrenshilfen nach dem StaRUG beantragen. Im Unterschied zum Insolvenzverfahren kann durch die Beantragung von Instrumenten des StaRUG auch nicht die Berechtigung zum Bezug vom Insolvenzgeld entstehen. Diese Unterstützung eines Sanierungsprozesses fällt somit weg. b) Restrukturierungsplan 183 Der Restrukturierungsplan, seine Inhalte und das Abstimmungsverfahren sind an die Regelungen zum Insolvenzplan angenähert. Gestaltet werden können Restrukturierungsforderungen, das sind Forderungen von Gläubigern, die ___________ 167) Siehe BeckOK-Hänel StaRUG, § 95 Rn. 45, 46. 168) BT-Drucks. 19/24181, S. 93.
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schon entstanden sind, ebenso Rechte mit Aussonderungs- oder Absonderungscharakter, § 2 Abs. 1 StaRUG. In Vertragsverhältnisse greift das StaRUG nicht ein, auf Intervention des Bundesrats wurden diese im Entwurf enthaltenen Regelungen gestrichen. Ebenso wenig kann durch den Restrukturierungsplan in Rechte aus Arbeitsverhältnissen eingegriffen werden, weiterhin ist eine Regelung über Forderungen aus unerlaubter Handlung oder von Geldbußen und ähnliche Gläubigerforderungen nicht möglich (§§ 3, 4 StaRUG). Ebenso wie der Insolvenzplan besteht der Restrukturierungsplan aus einem 184 darstellenden und einem gestaltenden Teil, §§ 6 und 7 StaRUG. In der Anlage zum StaRUG werden die zwingend notwendigen Angaben aufgeführt (Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG). Der darstellende Teil dient der Information für die Planbetroffenen, im gestaltenden Teil werden Rechtswirkungen festgelegt.169) Beizufügen sind eine Erklärung zu den Aussichten der Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit und zur Sicher- oder Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit, weiterhin eine Vermögensübersicht und einen Ergebnis- und Finanzplan.170) Kern des Plans ist der Eingriff in die Rechte der Planbetroffenen durch Kürzung, Stundung oder sonstige Eingriffe hinsichtlich der Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften. Weiterhin ist eine Vergleichsrechnung vorzulegen, in der Auswirkungen auf die Befriedigungsaussichten dargestellt werden. Die Besonderheit ist, dass hier – wie beim Insolvenzplan – bei einem Fortführungsplan als Alternative auch die Fortführung zu unterstellen ist und nicht die Liquidation. Das gilt nur dann nicht, wenn die Fortführung oder ein Verkauf des Unternehmens aussichtslos ist (§ 6 Abs. 2 StaRUG). Die betroffenen Gläubiger („Planbetroffenen“) müssen aufgeführt und die 185 Gruppeneinteilung vorgenommen werden. Ebenso wie in § 222 InsO erfolgt die Unterscheidung in § 9 StaRUG nach Absonderungsberechtigten, nicht nachrangigen und nachrangingen Gläubigern sowie Inhabern von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten. Die Gruppen müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden. Die Gruppeneinteilung dient dazu, eine unterschiedliche Behandlung nach unterschiedlichen Rechtspositionen vornehmen zu können. Dass an die Betroffenen gerichtete Planangebot muss aufzeigen, mit welchen Forderungen oder Rechten die Beteiligten einbezogen werden, wie die Gruppenaufteilung erfolgt und welche Stimmrechte den Forderungen und Rechten gewährt werden, § 17 Abs. 2 StaRUG. Planangebot und Planannahme unterliegen im Regelfall der Schriftform. Beruft der Schuldner keine Versammlung zur Abstimmung ein, kann ein Planbetroffener eine Versammlung der Planbetroffenen zur Erörterung des Plans verlangen, § 17 Abs. 3 StaRUG. Im Zweifel steht das Planangebot unter der Bedingung, dass alle Planbetroffenen zustimmen oder der Plan gerichtlich bestätigt wird, § 18 StaRUG. Die Stimmrechte richten sich nach dem Betrag der Restrukturierungsforde- 186 rungen, dem Wert der Absonderungsrechte oder dem jeweiligen Anteil am ___________ 169) Siehe z. B. nähere Ausführungen BeckOK-Fridgen, StaRUG, § 5 Rn. 2. 170) Zu den Einzelheiten und Anforderungen an eine Planung Gutmann, NZI 2022, 457 ff.
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Kapital bei Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten, § 24 Abs. 1 StaRUG. Der Plan ist angenommen, wenn alle Gruppen zugestimmt haben, § 25 Abs. 1 StaRUG. Dabei erfordert eine Mehrheit in einer Gruppe die Zustimmung von mindestens drei Viertel der Stimmrechte der betroffenen Gläubiger (Forderungsmehrheit, keine Kopfmehrheit zusätzlich erforderlich). Im Unterschied zum Abstimmungsverfahren über einen Insolvenzplan reicht nicht die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger, sondern der insgesamt dieser Gruppe zugeordneten Gläubiger, nicht nur der erschienenen Gläubiger.171) Stimmen nicht alle Gruppen zu, dann kann bei Zustimmung der Mehrheit der Gruppen oder bei Zustimmung einer Gruppe von nur zwei gewählten Gruppen172) die Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Hierzu ist dann vom Schuldner die gerichtliche Planbestätigung zu beantragen. Die Zustimmung kann ersetzt werden, wenn die Gruppe nicht schlechter gestellt wird als ohne Plan und sie angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt wird, § 26 Abs. 1 StaRUG. Diese Anforderungen sind dem Obstruktionsverbot im Insolvenzplanverfahren nachgebildet. c) Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente 187 Kern des Restrukturierungsrechts ist die Absicherung des Sanierungswegs durch den Einsatz von Instrumentarien, die das Gericht anordnet oder durchführt. Das Gesetz sieht verschiedene Möglichkeiten vor, die miteinander kombiniert werden können. Die Gesetzesbegründung spricht von einer privatautonomen Organisation des Planerstellungs-, -aushandlungs- und -abstimmungsprozesses und davon, dass es sich nicht um ein integriertes Verfahren, sondern um einen „modularen Verfahrensrahmen“ handelt.173) 188 Es gibt die folgenden Instrumentarien oder Instrumente, die in § 29 StaRUG aufgezählt werden:
• Gerichtliche Planabstimmung, §§ 45, 46 StaRUG Stabilisierungs- und • Gerichtliche Vorprüfung, §§ 47, 48 StaRUG Restrukturierungsinstrumente • Stabilisierung, §§ 49 – 59 StaRUG • Planbestätigung, §§ 60 – 72 StaRUG
189 Die Instrumente können von jeder insolvenzfähigen Person in Anspruch genommen werden, auch von natürlichen Personen, wenn sie unternehmerisch tätig sind, § 30 Abs. 1 StaRUG. Sie erfordern die Anzeige des Vorhabens beim zuständigen Gericht, § 31 StaRUG. Nach § 34 StaRUG ist das Amtsgericht am Sitz eines Oberlandesgerichts zuständig, wenn dieses nicht Insolvenzgericht ___________ 171) Siehe RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 127. 172) Wobei die zustimmenden Gruppen nicht nur aus Anteilsinhabern oder nachrangigen Restrukturierungsgläubigern bestehen dürfen, § 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG. 173) BT-Drucks. 19/24181, S. 89.
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ist, dann das für diesen Sitz zuständige Insolvenzgericht oder aber ein durch Rechtsverordnung einer Landesregierung bestimmtes Gericht. Der Anzeige ist der Entwurf eines Restrukturierungsplans oder ein Restrukturierungskonzept beizufügen, der Verhandlungsstand mit Gläubigern und die Fähigkeit zur Durchführung des Restrukturierungsvorhabens ist darzustellen, § 31 Abs. 2 StaRUG. Bei der Beantragung der gerichtlichen Planabstimmung setzt das Gericht 190 einen Erörterungs- und Abstimmungstermin fest, § 45 StaRUG. Die Frist zur Ladung der Planbetroffenen ist 14 Tage. Auf gesonderten Antrag des Schuldners wird ein Vorprüfungstermin durchgeführt, hierfür ist die Ladungsfrist sieben Tage, § 46 StaRUG. Das Erörterungs- und Abstimmungsverfahren ist dasselbe wie bei der außergerichtlichen Planabstimmung (siehe Rn. 183 ff.) und im Übrigen genauso wie beim Insolvenzplanverfahren nach der InsO. Es kann außerdem die gesonderte Vorprüfung zur Prüfung eines Restruktu- 191 rierungsplans, der nicht im gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung gebracht wird, beantragt werden, § 47 StaRUG. Dann prüft das Gericht mit oder ohne Anhörung der Planbetroffenen den Plan und gibt zwei Wochen nach Antragstellung oder nach der Anhörung, für die auch die Ladungsfrist von sieben Tagen gilt, einen Hinweis zum Plan ab. Die sog. Stabilisierungsanordnung zur Absicherung des Sanierungswegs 192 StaRUG-Restrukturierung kann Vollstreckungs- oder – bei beweglichen Gegenständen, an denen Aus- oder Absonderungsrechte bestehen – Verwertungssperren beinhalten, § 49 StaRUG. Hier ist neben einem Entwurf des Restrukturierungsplans oder des Restrukturierungskonzepts ein Finanzplan für die nächsten sechs Monate beizufügen, § 50 Abs. 2 StaRUG.174) Damit soll dargelegt werden, dass die Finanzierung im Planungszeitraum sichergestellt ist und die einschneidenden Maßnahmen durch die Stabilisierungsanordnung nicht bei schlecht vorbereiteten Restrukturierungen erfolgen. Die Anordnung kann versagt werden, wenn die Planung auf unzutreffenden Tatsachen beruht, die Restrukturierung aussichtslos ist, der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig oder die Anordnung nicht erforderlich zur Erreichung des Restrukturierungsziels ist (arg. ex § 51 StaRUG). Die Anordnungshöchstdauer ist insgesamt drei Monate, auch bei Folge- und Neuanordnungen kann diese Höchstfrist nicht überschritten werden, § 53 Abs. 1 StaRUG. Eine Ausnahme bildet nur der Umstand, dass den Gläubigern ein Planangebot unterbreitet wurde und mit einer Planannahme innerhalb eines Monats zu rechnen ist; dann verlängert sich die Höchstfrist auf vier Monate. Wenn allerdings die Gläubiger das Planangebot bereits angenommen haben und der Schuldner nun noch die gerichtliche Planbestätigung beantragt hat, kann die Anordnung noch bis zur ___________ 174) Zu den Einzelheiten und Anforderungen Gutmann, NZI 2022, 457, 458. Durch die Änderung des COVInsAG in das sog. SanInsKG wird bis zum 31.12.2023 der Planungszeitraum auf vier Monate verkürzt, BGBl. 2022 I S. 1968.
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rechtskräftigen Planbestätigung ergehen, nicht jedoch länger als insgesamt (gesamter Anordnungszeitraum) acht Monate (§ 53 Abs. 3 StaRUG). 193 Eine gerichtliche Planbestätigung erfolgt nur auf Antrag des Schuldners, § 60 Abs. 1 StaRUG. Der Antrag kann, muss aber nicht im Erörterungs- und Abstimmungstermin gestellt werden, wenn denn überhaupt eine gerichtliche Abstimmung erfolgte (§ 50 Abs. 1 Satz 2 StaRUG). Bei einer nur außergerichtlichen Abstimmung sind mit dem Antrag alle erforderlichen Unterlagen (Plan und Dokumentation über das Abstimmungsergebnis) einzureichen, in diesem Fall hat das Gericht zwingend eine Anhörung der Planbetroffenen in einem Termin vorzunehmen; sonst kann es das tun, muss es aber nicht (§§ 60 Abs. 1 Satz 3, 61 Satz 2 StaRUG). Die Bestätigung erfolgt nur, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung der Instrumente vorliegen, Planerstellung, -erörterung und -abstimmung gemäß den Vorschriften erfolgten und nicht auf Antrag eines Planbetroffenen, der bereits gegen den Plan gestimmt hat, die Versagung erfolgt, weil er durch den Plan schlechter gestellt wurde und keine angemessenen Mittel zum Ausgleich im Plan vorgesehen sind (arg. ex § 63 StaRUG). Die Bestätigung des Gerichts erfolgt durch Beschluss, der entweder in einem stattgefundenen gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin oder Anhörungstermin erfolgt oder „alsbald“ in einem zu bestimmenden besonderen Termin, § 65 StaRUG. Gegen den Beschluss kann bei Ablehnung der Schuldner, bei Bestätigung können die Planbetroffenen Beschwerde einlegen, § 66 StaRUG. Für die Beschwerde von Planbetroffenen müssen dieselben Voraussetzungen vorliegen wie beim Antrag auf Versagung des Plans. Mit der rechtskräftigen Bestätigung gelten die Wirkungen des Plans für alle Planbetroffenen, § 67 StaRUG. Wird der Plan nicht eingehalten, so werden die Stundung oder der Erlass der einbezogenen Restrukturierungsforderungen hinfällig. Voraussetzung dafür ist, dass beim Rückstand der Schuldner gemahnt und ihm eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt wurde (§ 69 StaRUG). d) Restrukturierungsbeauftragter 194 Ein Restrukturierungsbeauftragter ist von Amts wegen, auf Antrag des Schuldners oder – bei Übernahme der Kosten – auf Antrag von Gläubigern, die mehr als 25 % der Stimmrechte einer Gruppe innehaben, zu bestellen, §§ 73, 77 StaRUG, und zwar, wenn x
Rechte von Verbrauchern oder kleine, mittlere oder Kleinstunternehmen betroffen sind,
x
eine Stabilisierungsanordnung beantragt wurde, die sich gegen alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger richten soll,
x
die Überwachung des Restrukturierungsplans vorgesehen oder
x
absehbar ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Willen von Planbetroffenen erreichbar ist.
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Er kann außerdem von Amts wegen bestellt werden, wenn bestimmte Prüfun- 195 gen im Rahmen der Planbestätigung vorzunehmen sind. Diese können sich darauf beziehen, ob die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht vorliegt, ob bei erforderlicher Neufinanzierung das Restrukturierungskonzept unschlüssig ist, nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine Erfolgsaussicht zur Umsetzung besteht. Weiter könnte die Bestellung erfolgen, um die voraussichtliche Schlechterstellung eines Planbetroffenen bei dessen Versagungsantrag zu prüfen. Der von Amts wegen bestellte Restrukturierungsbeauftragte hat dem Gericht 196 Umstände mitzuteilen, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen. Er hat zu entscheiden, wie über den Plan abgestimmt wird (gerichtlich oder außergerichtlich) und er prüft die Rechte der Planbetroffenen. Das Gericht kann ihn damit beauftragen, die wirtschaftliche Lage zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen sowie die sog. Kassenbefugnis an sich zu ziehen, weiterhin kann das Gericht einen Zustimmungsvorbehalt für außergewöhnliche Rechtsgeschäfte anordnen. Wenn eine Stabilisierungsanordnung getroffen wird, hat der Beauftragte fortlaufend die Anordnungsvoraussetzungen zu überprüfen. Er nimmt vor Bestätigung oder – wenn er dann schon bestellt ist – vor der Planabstimmung Stellung zum Restrukturierungsplan. Der nicht von Amts wegen bestellte, im Gesetz als „fakultativer“ Restruktu- 197 rierungsbeauftragter bezeichnete Beauftragte hat Schuldner und Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Konzepts und Plans zu unterstützen. Wird dies bei der Beantragung eines fakultativen Beauftragten beantragt, kann er eine oder mehrere Aufgaben erhalten, die der von Amts wegen bestellte Beauftragte hat. Restrukturierungsbeauftragter kann ein in Restrukturierungs- und Insolvenz- 198 sachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder eine Person mit vergleichbarer Qualifikation sein.175) Der Schuldner kann ebenso wie die Gläubiger oder Gesellschafter Vorschläge unterbreiten, § 74 Abs. 2 StaRUG. Dem Vorschlag des Schuldners ist – wenn die Person nicht offensichtlich ungeeignet ist – zu folgen, wenn der Schuldner eine Bescheinigung einer qualifizierten Person über die Einhaltung in § 51 StaRUG normierten Voraussetzungen für Stabilisierungsanordnungen beifügt. Besteht eine solche Bindung des Gerichts nicht, können Gläubiger einen bindenden Vorschlag machen: Dieser ist bindend, wenn Planbetroffene, die in jeder Gruppe mehr als 25 % der Stimmrechte innehaben, einen gemeinschaftlichen Vorschlag machen. Die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten erfolgt auf Stundenbasis, dies gilt ebenso für den Einsatz qualifizierter Mitarbeiter.
___________ 175) Die Formulierung in § 74 StaRUG ist nahezu wortgleich wie diejenige in der InsO für Insolvenzverwalter, siehe § 56 InsO.
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e) Sonstige Regelungen 199 Die Restrukturierungssachen werden nur auf Antrag des Schuldners öffentlich bekannt gemacht, § 84 StaRUG. 200 Wichtig für die Akzeptanz einer Restrukturierungssache ist die eingeschränkte Anfechtbarkeit des Erhalts von Leistungen aufgrund der Durchführung des Restrukturierungsplans im Falle eines späteren Insolvenzverfahrens oder aber bei Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz. Dies ist in den §§ 89 – 91 StaRUG geregelt. 201 Durch das StaRUG werden die kollektivarbeitsrechtlichen Vorschriften nicht eingeschränkt, § 92 StaRUG. Die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer gelten – man möchte fast sagen selbstverständlich – fort. Es gibt hier keine Besonderheiten, zumal durch die Regelungen des StaRUG kein Eingriff in Arbeitnehmerrechte erfolgt, siehe § 4 StaRUG. 202 Dem Gläubigerausschuss in Insolvenzverfahren nachgebildet ist der sog. Gläubigerbeirat, der gemäß § 93 StaRUG dann vom Gericht eingesetzt werden kann, wenn alle Gläubiger einbezogen werden und die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist. Der Gläubigerbeirat unterstützt und überwacht den Schuldner. Schlägt er einstimmig eine Person als Restrukturierungsbeauftragten vor, dann ist das Gericht an den Vorschlag unter denselben Grundsätzen wie in der Insolvenzordnung bei Vorschlag eines Insolvenzverwalters oder Sachwalters gebunden, d. h., nur dann nicht, wenn die Person offensichtlich ungeeignet ist (§ 93 Abs. 2 StaRUG i. V. m. § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG). f) Steuerliche Auswirkungen einer Sanierung mittels Sanierungsmoderation und einer Restrukturierungssache 203 Die durch einen Sanierungsvergleich oder einen Restrukturierungsplan angestrebte Sanierung wird in aller Regel durch Forderungsverzichte zu einem Buchgewinn führen. Dadurch stellt sich die Frage, ob dieser ein steuerfreier Sanierungsertrag nach § 3a EStG ist, der über § 8 KStG auch auf Kapitalgesellschaften Anwendung findet. Auch hier sind grundsätzlich die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungseignung und die Sanierungsabsicht gemäß § 3a Abs. 2 EStG nachzuweisen.176) Dasselbe gilt natürlich auch für einen Gewerbeertrag, der nach § 7b GewStG steuerfrei wäre. Dies ist natürlich nur von Relevanz, wenn das Rechtssubjekt nicht als gemeinnützig anerkannt ist und daher gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder § 3 Nr. 6 oder Nr. 20 GewStG steuerbefreit ist.
___________ 176) Siehe hierzu Fischer, NZI-Beilage 2021, 69, 71.
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g) Relevanz für die Sanierung von Krankenhäusern Der Abschluss eines Sanierungsvergleichs oder eines Restrukturierungsvor- 204 habens nach StaRUG wäre dann der richtige Sanierungsweg für Krankenhäuser, wenn die Sanierung nicht den Eingriff in nachteilige Verträge oder eine arbeitsrechtliche Umstrukturierung erfordert. In diesen Fällen bietet ausschließlich das Insolvenzverfahren Instrumentarien an (siehe hierzu ausführlich Rn. 285 ff.). Ist das Problem des Rechtsträgers ausschließlich eine ungünstige Finanzierung, insbesondere durch zu hohe Finanzierungslasten, dann kommt eine StaRUGSanierung in Frage. Diese setzt natürlich voraus, dass schon eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt und noch keine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz Kaufmann
Im Folgenden werden unter Abschnitt I. (Rn. 206 ff.) zunächst die Möglich- 205 keiten der Sanierung im Insolvenzverfahren allgemein dargestellt, bevor unter Abschnitt II. (Rn. 403 ff.) auf besondere Fragestellungen im Fall von Krankenhausinsolvenzen eingegangen wird. I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren 1. Arten der Sanierung im Insolvenzverfahren Der Erhalt eines Unternehmens im Insolvenzverfahren kann auf zwei Wegen 206 erreicht werden, erstens durch eine sog. übertragende Sanierung, zweitens durch einen Insolvenzplan. a) Übertragende Sanierung Unter der übertragenden Sanierung177) versteht man die Übertragung der für 207 die Fortführung des Unternehmens oder Teilen hiervon wesentlichen Vermögensgegenstände auf einen neuen Rechtsträger gegen Entgelt. Es handelt sich mithin um einen „Asset Deal“. Die übertragende Sanierung stellt eine Form der Verwertung des Schuldnervermögens dar. Während die Aktiva auf den neuen Rechtsträger übertragen werden, verbleiben die Verbindlichkeiten in der Regel beim alten Unternehmensträger, der im Insolvenzverfahren abgewickelt wird; der für die Vermögensgegenstände gezahlte Kaufpreis dient der Befriedigung der Gläubiger. Es kommt also zu einer Trennung von Aktiva und Passiva: Die zur erfolgreichen Fortführung des Unternehmens gehörenden Vermögensgegenstände (Aktiva) werden von den bei dem Unternehmensträger verbleibenden Schulden (Passiva) gelöst. Bei einer übertragenden Sanierung handelt es sich mithin – anders als der Begriff 208 vermuten lässt – nicht um eine umfassende Sanierung im eigentlichen Sinne, sondern im Wesentlichen um eine Entschuldung des Unternehmens. Erforderlich ist regelmäßig darüber hinaus die Umsetzung leistungswirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen, die zum Teil bereits vom Insolvenzverwalter,178) häufiger jedoch erst vom Erwerber umzusetzen sind. Treffender wäre daher der Begriff „übertragene Sanierung“.
___________ 177) Ausführlich zur übertragenden Sanierung z. B. Bork/Hölzle-Bieg/König, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 14; ferner Wellensiek, NZI 2002, 233 ff.; Hagebusch/Oberle, NZI 2006, 618 ff. Der Begriff der übertragenden Sanierung geht auf Karsten Schmidt zurück, der ihn Anfang der achtziger Jahre geprägt hat, ZIP 1980, 328 ff. 178) Zu möglichen leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen siehe Rn. 132 ff.; zum leistungswirtschaftlichen Sanierungsinstrumentarium der Insolvenzordnung siehe Rn. 285 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
209 Eine übertragende Sanierung stellt in aller Regel einen (Teil-)Betriebsübergang i. S. d. § 613a BGB dar. § 613a BGB gilt zudem im Insolvenzverfahren, was eine übertragende Sanierung nicht selten erheblich erschwert. Allerdings sieht die Insolvenzordnung unter bestimmten Voraussetzungen gewisse Kündigungserleichterungen vor.179) 210 Die übertragende Sanierung wird dabei in der Regel nach Eröffnung vollzogen, weil nur dann eine Privilegierung der Haftung des Erwerbers nach § 25 HGB, § 75 AO, § 613a BGB erfolgt.180) Auch aus diesem Grund warten manchmal übernahmewillige Investoren die sich ankündigende Insolvenz ab, um das Unternehmen sodann aus der Insolvenz heraus zu übernehmen.181) 211 Die übertragende Sanierung ist innerhalb eines Regelinsolvenzverfahrens in der Praxis die am häufigsten durchgeführte Variante einer Unternehmenssanierung.182) b) Insolvenzplan 212 Neben der übertragenden Sanierung kann ein Unternehmen auch durch Insolvenzplan erhalten werden. 213 Beim Insolvenzplan handelt es sich um ein spezifisch insolvenzrechtliches Instrument, mit dem die Gläubigergesamtheit als eine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zusammengefügte Schicksalsgemeinschaft183) ihre Befriedigung aus dem Schuldnervermögen organisiert.184) Das Insolvenzplanverfahren ermöglicht eine vom Regelverfahren abweichende Art der Verwertung, Verteilung, Haftung und Verfahrensabwicklung (§ 217 InsO) und soll und kann damit dazu dienen, die für die Beteiligten beste Lösung unabhängig von den starken Vorschriften des Regelverfahrens zu finden und verbindlich festzulegen. Dabei orientiert es sich an wirtschaftlichen Gesichtspunkten und der Privatautonomie, wahrt aber gleichzeitig die Interessen auch der Minderheiten.185) Das Insolvenzplanverfahren ist in der Insolvenzordnung in den §§ 217 ff. InsO geregelt.186) ___________ 179) Bork/Hölzle-Bieg, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 14 Rn. 59 f.; Wellensiek, NZI 2002, 233, 235; zu den Erleichterungen der Insolvenzordnung bei Personalanpassungsmaßnahmen siehe auch Rn. 312 ff. 180) Ausführlich hierzu Bork/Hölzle-Bieg, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 14 Rn. 53 ff. 181) Es existiert hierzu das geflügelte Wort „Der Kenner kauft vom Insolvenzverwalter.“ 182) Bork/Hölzle-Bieg, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 14 Rn. 5. 183) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02, Rn. 15, ZIP 2006, 39. 184) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39, näher zur Rechtsnatur des Insolvenzplans Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 11 m. w. N. 185) Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 1. 186) Eine ausführliche Darstellung des Insolvenzplanverfahrens siehe z. B. Bork/HölzleWienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 oder Mohrbutter/Ringstmeier/MeyerBähr, Insolvenzverwaltung, Kap. 14.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
Anders als bei der übertragenden Sanierung steht im Insolvenzplanverfahren 214 in aller Regel der Erhalt des ursprünglichen Rechtsträgers im Vordergrund (Sanierungspläne). Der Insolvenzplan ermöglicht hierbei eine finanzwirtschaftliche Restrukturierung des verschuldeten Rechtsträgers durch Stundung oder Erlass der Gläubiger unter den im Insolvenzplan genannten Bedingungen. Gleichzeitig bringt er das gesamte leistungswirtschaftliche Sanierungsinstrumentarium des Insolvenzverfahrens187) zur Anwendung und ermöglicht darüber hinaus seit der Änderung der Insolvenzordnung durch das ESUG188) zusätzlich die gesellschaftsrechtliche Restrukturierung von Unternehmen.189) Da die Beteiligten in dem von den §§ 217 ff. InsO gesetzten Rahmen jedoch 215 in der Gestaltung weitgehend frei sind, sind auch andere Regelungen als der Erhalt des Rechtsträgers in einem Insolvenzplan denkbar. Insbesondere kann in einem Insolvenzplan eine übertragende Sanierung (Übertragungspläne) oder die Liquidation des Rechtsträgers (Liquidationspläne) geregelt werden. Wenngleich im Einzelfall gute Argumente dafür sprechen mögen, eine übertragende Sanierung oder Liquidation durch Insolvenzplan zu regeln,190) rechtfertigen die Vorteile in aller Regel nicht den mit dem Insolvenzplanverfahren verbundenen erhöhten Aufwand, weswegen in der Praxis derartige Pläne sehr selten sind.191) Daneben sind seit den Änderungen durch das ESUG nunmehr nicht nur verfahrensbeendende, sondern auch verfahrensleitende und verfahrensbegleitende Insolvenzpläne möglich (§§ 217 Abs. 1 Satz 1, 258 Abs. 1 InsO).192) Die große Besonderheit am Insolvenzplanverfahren ist, dass eine Sanierung 216 sogar gegen den Willen einzelner Gläubiger oder Gläubigergruppen möglich ist. Gemäß § 243 InsO erfolgt die Abstimmung über den Insolvenzplan in Gruppen, die nach Maßgabe des § 222 InsO vom Planersteller zu bilden sind. Unter den in § 245 InsO (Obstruktionsverbot) genannten Voraussetzungen wird hierbei die fehlende Zustimmung einer Gruppe ersetzt. Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn eine oder sogar mehrere Gruppen dem Plan nicht zustimmen, der Insolvenzplan immer noch zustande kommen kann, wenn die Voraussetzungen des § 245 InsO vorliegen und die Mehrheit der Gruppen mit den erforderlichen Mehrheiten für den Plan stimmt (§ 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO mit § 244 Abs. 1 InsO). Auch ohne die Inanspruchnahme des Obstruktionsverbotes kann bereits durch geschickte Gruppenbildung die Annahme ___________ 187) Zum leistungswirtschaftlichen Sanierungsinstrumentarium der Insolvenzordnung siehe Rn. 285 ff. 188) Zu nennen ist hier insbesondere § 225a InsO; näher hierzu u. a. Bork/Hölzle-Wienberg/ Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 115 ff.; ausführlich auch Hölzle, Praxisfaden SanInsFoG, S. 669 ff. Einen Überblick über die Änderungen des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG gibt z. B. Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 3 ff.; Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 7. 189) Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 2. 190) Beispiele siehe Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 13 ff. 191) Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 14 m. w. N. 192) Hierzu z. B. Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 16 m. w. N.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
des Plans erreicht werden, wenn in jeder Gruppe die Kopf- und Summenmehrheit für die Annahme des Plans stimmt (§ 244 Abs. 1 InsO). Der strategischen Gruppenbildung kommt damit im Insolvenzplanverfahren im Hinblick auf die zur Annahme eines Insolvenzplans erforderlichen Mehrheiten entscheidende Bedeutung für dessen Gelingen oder Misslingen zu; die taktische Gruppenbildung ist daher eine der Kernaufgaben des Planerstellers.193) 217 Zur Vorlage eines Insolvenzplans berechtigt sind im Regelinsolvenzverfahren gemäß § 218 Abs. 1 InsO der Insolvenzverwalter und der Schuldner. Zudem kann die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter gemäß § 218 Abs. 2 InsO mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragen und ihm dabei ein Ziel vorgeben (§ 157 Satz 2 InsO).194) Im Eigenverwaltungsverfahren (§§ 270 ff. InsO) hat zunächst der Schuldner ein eigenes Recht zur Vorlage eines Insolvenzplans (siehe Rn. 236). Umstritten war lange Zeit, ob daneben außerdem dem Sachwalter ein Planvorlagerecht zusteht.195) Nach der Neuregelung durch das am 1.1.2021 in Kraft getretene Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungsund Insolvenzrechts (SanInsFoG)196) kann ein eigenes Planvorlagerecht des Sachwalters nunmehr endgültig verneint werden. Es kann jedoch gemäß § 284 Abs. 1 InsO die Gläubigerversammlung (Satz 1) oder im Antragsverfahren der vorläufige Gläubigerausschuss (Satz 2) sowohl den Schuldner als auch den Sachwalter bzw. den vorläufigen Sachwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beauftragen.197) Reicht der Schuldner bereits mit dem Insolvenzantrag den Insolvenzplan ein (§ 218 Abs. 1 Satz 2 InsO), spricht man von einem Prepackaged Plan.198)
___________ 193) Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 50. 194) Siehe auch Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 197 ff., dort auch zu den zu beteiligenden Mitwirkungsberechtigten (Rn. 199) sowie zu dem Problem etwaiger konkurrierender Insolvenzpläne (Rn. 200). 195) Nach herrschender Auffassung war dies nicht der Fall; siehe zum Meinungsstand Bork/ Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 204, Fn. 223. 196) Zu den Änderungen im Insolvenzplanrecht durch das SanInsFoG Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 7 ff. 197) Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, § 218 Rn. 3. 198) Thies/Lieder in: HambKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 25. Ein solcher ist aufgrund der engen Frist von drei Monaten zur Vorlage des Insolvenzplans im Rahmen des Schutzschirmverfahrens (§ 270d InsO, siehe Rn. 235) besonders bedeutsam, Bork/HölzleWienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 195.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
c) Übersicht zum Vergleich übertragende Sanierung/Insolvenzplan Die Unterschiede zwischen übertragender Sanierung und Insolvenzplan sind 218 in der anschließenden Übersicht noch einmal zusammengefasst:
Insolvenzplan
Übertragende Sanierung
• Asset deal, d. h. Verkauf der für die Fortführung wesentlichen Vermögensgegenstände • Passiva verbleiben beim insolventen Rechtsträger und werden aus Kaufpreis befriedigt • Form der Verwerfung • Stellt Betriebsübergang i. S. v. § 613a BGB dar • Zustimmungspflichtige Rechtshandlung des Insolvenz-/„Eigen“-Verwalters (§ 160 InsO)
• Abweichende Regelungen vom Regelinsolvenzverfahren möglich • Dient primär der Sanierung des Rechtsträgers • Möglich aber auch Übertragungs- und Liquidationspläne • Gruppenbildung (§ 222 InsO) • Ersetzen der Zustimmung einzelner Gläubigergruppen möglich • Eingriffe in Gesellschafterrechte möglich (§ 225a InsO)
d) Vor- und Nachteile der übertragenden Sanierung und des Insolvenzplans Sowohl die übertragende Sanierung als auch der Unternehmenserhalt durch 219 Insolvenzplan haben jeweils wechselseitige Vor- und Nachteile. Die Vor- und Nachteile der übertragenden Sanierung werden im nachfolgenden 220 Schaubild dargestellt:
Vorteile
Nachteile
• Keine Übernahme von Verbindlichkeiten
• Keine automatische Übernahme von Vertragsverhältnissen (mit Ausnahme von Arbeitsverhältnissen (§ 613a BGB)) • § 613a BGB
• Auch keine Haftung nach § 25 HGB und § 75 AO • Sanierung zeitlich relativ schnell möglich (Erforderlich grds. nur Abschluss Kaufvertrag und Zustimmung Gläubigerausschluss/-versammlung; ggf. Transfergesellschaft oder Erwerberkonzept
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
221 Der Vorteil der übertragenden Sanierung liegt zunächst darin, dass die mit Bezug auf das schuldnerische Vermögen begründeten Verbindlichkeiten durch den Unternehmensübergang abgestreift werden können. Der Erwerber haftet also – sofern nicht vertraglich anders geregelt – nicht für Altverbindlichkeiten. § 25 HGB und § 75 AO gelten bei einem Kauf aus der Insolvenzmasse ebenfalls nicht.199) 222 Hinzu kommt, dass eine übertragende Sanierung zeitlich in aller Regel deutlich schneller durchgeführt werden kann als ein Insolvenzplanverfahren, das deutlich aufwendiger und komplexer ist. So kann ein Unternehmenskaufvertrag in der Praxis oftmals unmittelbar mit Insolvenzeröffnung oder kurz danach abgeschlossen werden, zumal die erforderliche (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO) Zustimmung der Gläubigerorgane (Gläubigerausschuss/Gläubigerversammlung) in aller Regel sehr zeitnah eingeholt werden kann. Hingegen dauert die Umsetzung eines Insolvenzplans selbst im besten Fall mehrere Wochen.200) 223 Einen deutlichen Nachteil der übertragenden Sanierung gegenüber dem Insolvenzplan stellt in bestimmten Fällen die Tatsache dar, dass mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse, die kraft Gesetzes nach § 613a BGB übergehen, andere Vertragsverhältnisse oder aber auch Genehmigungen oder Konzessionen, die am Rechtsträger hängen, nicht automatisch auf den Erwerber übergehen. Hier bedarf es der Mitwirkung des Vertragspartners. Liegt der Wert eines Unternehmens also insbesondere in bestimmten Vertragsverhältnissen (z. B. Mietverhältnissen oder vorteilhaften Lieferverträgen) oder Genehmigungen/Konzessionen, und sollen diese erhalten werden, muss ein Erhalt des Rechtsträgers im Wege des Insolvenzplans angestrebt werden.201)
___________ 199) Wellensiek, NZI 2002, 233, 235; Bork/Hölzle-Bieg, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 14 Rn. 52 ff. jeweils m. w. N. 200) Siehe zum Ablauf eines Planverfahrens Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 194. 201) Rieger, NZI 2013, 671, 672.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
Dies leitet über zu den Vor- und Nachteilen des Insolvenzplans, die wieder- 224 um im Überblick im nachfolgenden Schaubild dargestellt werden:
Nachteile
Vorteile
• Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten • Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen auch gegen einzelne Gläubiger(gruppen) möglich • Oftmals sehr zeitnaher Abschluss des Insolvenzverfahrens möglich
• Verfahren gegenüber übertragender Sanierung deutlich aufwendiger • Frage der Behandlung von Sanierungsgewinnen • Tatsache der Insolvenz behindert z. T. künftige Geschäftsbeziehungen (Banken (keine Kredite), Kunden (insb. Konzerne))
Der große Vorteil des Insolvenzplans sind die vielfältigen Gestaltungsmög- 225 lichkeiten, die dieser den Beteiligten bietet – seit den Änderungen durch das ESUG auch in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht. Zudem kann das Insolvenzverfahren innerhalb sehr kurzer Zeit beendet werden, während Regelinsolvenzverfahren auch nach einer übertragenden Sanierung oftmals noch Jahre weiterlaufen. Ein großes Problem im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens war lange Zeit 226 die ungeklärte Frage der Behandlung von Sanierungsgewinnen.202) Sanierungsgewinne entstehen durch das Wirksamwerden des Insolvenzplans, 227 soweit dem Schuldner im Plan – was regelmäßig der Fall ist – Verbindlichkeiten erlassen werden, die zuvor ertragswirksam passiviert wurden. Sanierungsgewinne sind grundsätzlich – sofern diese nicht, etwa durch Verrechnung mit laufenden Verlusten, Verlustvorträgen oder Verlustrückträgen, neutralisiert werden können – zu versteuern. Die Steuerlast aus den Sanierungsgewinnen ist eine sonstige Masseverbindlichkeit gemäß § 55 InsO und somit gemäß § 258 Abs. 2 InsO zu zahlen. Damit wäre eine Vielzahl von Insolvenzplanverfahren im Ergebnis nicht durchführbar, weil unmittelbar mit der Entschuldung des Unternehmens durch den Insolvenzplan eine neue, oftmals den Schuldner überfordernde Verbindlichkeit entstehen würde. Um dieses Problem zu lösen, erließ die Finanzverwaltung mit dem BMF- 228 Schreiben vom 27.3.2003 eine Verwaltungsanweisung (sog. Sanierungserlass),203)
___________ 202) Zur Historie siehe ausführlich Bork/Hölzle-Wienberg/Dellit, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 298 f.; Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Bähr, Insolvenzverwaltung, Kap. 14 Rn. 361 ff., siehe auch Denkhaus in: HambKomm-InsO, § 155 Rn. 85. 203) BMF-Schreiben v. 27.3.2003 – V A 6-S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben v. 22.12.2009 – IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl. I 2010, 18.
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wonach unter den dort näher definierten Voraussetzungen Steuern auf Sanierungsgewinne auf Antrag abweichend festgesetzt, gestundet bzw. erlassen werden. 229 Durch Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2016204) wurde der Sanierungserlass auf Basis des BMF-Schreibens vom 27.3.2003 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für unzulässig erklärt. 230 Hierauf reagierte der Gesetzgeber umgehend. Im Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen, das am 27.6.2017 verabschiedet wurde, ist die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen daraufhin in den neu geschaffenen § 3a EStG und § 7b GewStG gesetzlich festgelegt worden.205) Das Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde jedoch gemäß Art. 6 von einem (gesondert bekanntzumachenden) zustimmenden förmlichen Beschluss der EU-Kommission abhängig gemacht. 231 Eine Reaktion der EU-Kommission ließ zunächst lange auf sich warten. Im August 2018 stufte die EU-Kommission die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen nicht als eine rechtswidrige Beihilfe ein, erlies allerdings dazu keinen formellen Beschluss, sondern äußerte ihre Auffassung in einem sog. „Comfort Letter“. 232 Der deutsche Gesetzgeber hat daraufhin das Erfordernis der Zustimmung der EU-Kommission durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 aufgehoben und die Regelungen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen unmittelbar in Kraft gesetzt. 233 Überwiegend wird angenommen, dass die erforderliche Rechtssicherheit damit (wieder) erreicht ist.206) Dennoch empfiehlt es sich, im Zweifel noch eine verbindliche Auskunft des zuständigen Finanzamtes gemäß § 89 Abs. 2 AO einzuholen.207) 234 Ein Nachteil, der aber generell für die Sanierung von Unternehmen im Insolvenzverfahren im Vergleich zur außergerichtlichen Sanierung gilt, ist der, dass aufgrund des nach wie vor in Deutschland bestehenden „Makels der Insolvenz“ künftige Geschäftsbeziehungen, z. B. neue Kreditverträge mit Banken, behindert sein können. Für die hier interessierende Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren wiegt dieser Nachteil, insbesondere im Vergleich mit den Vorteilen durch die vielfältigen Sanierungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung, indes nicht so schwer, wie die in der Zwischenzeit zahlreichen erfolgreichen Insolvenzverfahren von Krankenhausträgern zeigen. ___________ 204) BFH, Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15, ZIP 2017, 338 ff. 205) BGBl. 2017 I S. 2074; zu den Tatbestandsvoraussetzungen von § 3a EStG neben der steuerrechtlichen Literatur siehe Denkhaus in: HambKomm-InsO, § 155 Rn. 86 ff. 206) So die Reaktionen im Schrifttum auf den Comfort Letter der EU-Kommission: de Weerth, ZInsO 2018, 2131, 2133 und 1893, 1895; Haarmeyer, ZInsO 2018, 1881; Crezelius, NZI 2018, 740, 741 f. 207) Siehe auch Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Bähr, Insolvenzverwaltung, Kap. 14 Rn. 370.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
2. Verfahrensarten a) Regelinsolvenzverfahren und Eigenverwaltung Die Sanierung des Unternehmens im Insolvenzverfahren kann unter der Fremd- 235 verwaltung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters im Regelinsolvenzverfahren, aber auch unter Eigenregie im Eigenverwaltungsverfahren, welches in den §§ 270 ff. InsO geregelt ist, erfolgen. Bei der Eigenverwaltung verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 236 beim Schuldner und geht nicht auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO). Der Schuldner bleibt mithin im „Driver Seat“ und kann die Sanierung steuern, wobei er sich wie ein Insolvenzverwalter am Ziel des Insolvenzverfahrens, der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO), zu orientieren hat. Dies kann die Durchführung eines parallelen M&A-Prozesse im Falle einer an sich beabsichtigten Eigensanierung erforderlich machen (sog. Dual-Track) oder gar eine (Teil-)Liquidation.208) aa) Grundgedanke der Eigenverwaltung Insbesondere die Möglichkeit, den Sanierungsprozess im Eigenverwaltungs- 237 verfahren selbst zu steuern, soll für den Schuldner Anreiz sein, frühzeitig den Weg einer Sanierung des Unternehmens im Insolvenzverfahren zu wählen – sofern die Voraussetzungen für eine Beantragung des Verfahrens vorliegen.209) Die Eigenverwaltung wurde mit der Insolvenzordnung im Jahr 1999 eingeführt. 238 Hiermit beabsichtigt war eine Optimierung des Insolvenzverfahrens, sowohl im Hinblick auf Zeit und Kosten als auch auf die für die Gläubiger zu erwartende Quote. Man ging von einer erheblichen Zeitersparnis aus, da es für den Schuldner – im Gegensatz zu einem Fremdverwalter – nicht erforderlich ist, sich in die spezifischen Geschäfts- und Betriebsabläufe einzuarbeiten. Eine Kostenreduktion sollte sich daraus ergeben, dass die Vergütung des Sachwalters gegenüber der des Insolvenzverwalters erheblich reduziert ist (vgl. §§ 12, 12a InsVV). Zudem sollte die Eigenverwaltung dem Schuldner einen Anreiz zu einer frühzeitigen Antragstellung bieten, da er nicht befürchten muss, aus seinem Unternehmen verdrängt zu werden, wodurch bessere Sanierungschancen eröffnet und damit höhere Quoten erzielt werden sollten.210) Vorbild war hierbei das US-amerikanische „Chapter-11“-Verfahren, bei dem ebenfalls der Schuldner die Kontrolle über sein Unternehmen behält, um dieses mithilfe eines Plans zu sanieren. bb) Praktische Bedeutung der Eigenverwaltung bis zum Jahr 2012 Tatsächlich blieb die Eigenverwaltung jedoch in der Praxis der Ausnahmefall, 239 die hauptsächlich im Rahmen medienwirksamer Großinsolvenzen (Agfa Photo ___________ 208) Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 994 w. w. N. 209) Zu den Voraussetzungen für eine Beantragung des Insolvenzverfahrens siehe Rn. 329 ff. 210) Begr. RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 223.
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GmbH, Ihr Platz GmbH & Co. KG, Babcock Borsig AG, Kirch Media GmbH & Co. KGaA) Anwendung fand. Kernproblem war einerseits die fehlende Akzeptanz der Eigenverwaltung bei den Beteiligten. Der Vorwurf lautete, hiermit werde der „Bock zum Gärtner“ gemacht. 240 Andererseits litt das Verfahren unter dem Webfehler, dass eine Eigenverwaltung im Antragsverfahren nicht vorgesehen war, mithin in dieser Phase immer ein vorläufiger Insolvenzverwalter dem Unternehmen an die Seite gestellt wurde und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners in dieser Phase eingeschränkt war. Mit Insolvenzeröffnung fand dann oftmals trotz ursprünglich beantragter Eigenverwaltung kein Wechsel der Verfahrensart statt, sondern das Insolvenzverfahren wurde als Regelinsolvenzverfahren eröffnet und abgewickelt. cc) Stärkung der Eigenverwaltung durch das ESUG im Jahr 2012 241 Mit dem bereits erwähnten ESUG wollte der Gesetzgeber im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren als Sanierungsverfahren stärken und insbesondere der nach wie vor zu späten Antragstellung,211) die Sanierungsaussichten oftmals von vornherein vereitelt, entgegenwirken. Hiermit verbunden sein sollte auch ein Paradigmenwechsel hin zu einer neuen Sanierungskultur, die die Insolvenz nicht mehr als Scheitern, sondern als einen möglichen Weg zur Restrukturierung des Unternehmens begreift.212) 242 Im Mittelpunkt der Reformbemühungen stand hierbei das Eigenverwaltungsverfahren. Es wurden vom Gesetzgeber zum einen die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung gelockert, sodass nach dem Gesetzeswortlaut die Eigenverwaltung nunmehr der Regelfall sein soll.213) War im ursprünglichen § 270 InsO noch vorgesehen, dass die Eigenverwaltung nur anzuordnen war, wenn dies nicht zu „Nachteilen für die Gläubiger“ führte, und der die Eigenverwaltung beantragende Schuldner für diesen Negativbeweis vollständig darlegungspflichtig war, sah § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO in der Fassung des ESUG nunmehr vor, dass die Eigenverwaltung auf Antrag des Schuldners anzuordnen ist, wenn „keine Umstände bekannt sind, die Nachteile für die Gläubiger erwarten lassen“. 243 Zum anderen wurde die Eigenverwaltung in das Antragsverfahren vorverlagert und damit die Schwäche des alten Rechts behoben, wonach der Schuldner im Antragsverfahren zunächst einmal die Zügel aus der Hand geben musste. Die Insolvenzordnung sah nunmehr zwei verschiedene Arten der Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren vor – die „normale“ vorläufige Eigenverwal___________ 211) Vor Inkrafttreten des ESUG wurden Insolvenzanträge durchschnittlich erst zehn Monate nach Eintritt der materiellen Insolvenzreife gestellt, Kirstein, ZInsO 2006, 966, 967. 212) Meschede/Albrecht, ZInsO 2018, 1645; Jacoby u. a., Kurzbericht Evaluierung ESUG, S. 1. 213) Zur Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses durch die Neuregelung Fiebig in: HambKomm-InsO, § 270 Rn. 2; Hölzle, Praxisfaden SanInsFoG, S. 745 ff.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
tung214) gemäß § 270a InsO in der Fassung des ESUG und das sog. Schutzschirmverfahren gemäß § 270b InsO in der Fassung des ESUG. Zehn Jahre nach Inkrafttreten des ESUG kann festgehalten werden, dass die 244 vom Gesetzgeber bezweckten Ziele weitgehend als erfüllt anzusehen sind,215) wenngleich sich eine gänzlich neue Sanierungskultur noch nicht etabliert konnte.216) Es ist jedoch ein deutlicher Trend zu einer veränderten Wahrnehmung des Insolvenzverfahrens, insbesondere des in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahrens, als Sanierungsverfahren festzustellen.217) Dies gilt insbesondere bei Bezügen zum Ausland, wo das Eigenverwaltungsverfahren durch seine Nähe zum US-amerikanische „Chapter-11“-Verfahren ein deutlich besseres Ansehen besitzt. Die Eigenverwaltung hat sich hierbei zum Standardverfahren bei den großen Unternehmensinsolvenzen entwickelt.218) Der Anteil von Eigenverwaltung unter den Top-100-Insolvenzen liegt in den letzten Jahren bei durchschnittlich rund 45 %.219) Andererseits zeigten sich auch Missbrauchsfälle, insbesondere zu Beginn nach 245 Inkrafttreten des ESUG. „5 vor 12“-Eigenverwaltungen – getreu dem Motto „Wenn schon Insolvenz, dann aber bitte in Eigenverwaltung“ – ohne großartige Vorbereitung des Verfahrens, „Family and Friends“-Gläubigerausschüsse, viele von vornherein nicht für ein Eigenverwaltungsverfahren geeignete Fälle, die dann alsbald mehr oder weniger desaströs in ein Regelinsolvenzverfahren überführt werden mussten (hiervon zu unterscheiden sind allerdings Verfahren, die nach Abschluss der Sanierung für die Restabwicklung bewusst in ein Regelinsolvenzverfahren überführt werden) und die Tatsache, dass eine einmal angeordnete Eigenverwaltung nur unter engen Voraussetzungen wieder aufgehoben werden konnte, führten bei vielen am Insolvenzgeschehen Beteiligten, insbesondere vielen Insolvenzgerichten, dazu, dass es zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen Eigenverwaltungsverfahren gab.220) ___________ 214) Strenggenommen gab es ebenso wenig wie ein vorläufiges Insolvenzverfahren ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren, sondern im Falle des § 270a InsO a. F. sah das Insolvenzgericht lediglich davon ab, dem Schuldner im Antragsverfahren Verfügungsbeschränkungen aufzuerlegen. Allerdings hat sich der Begriff „vorläufige Eigenverwaltung“ durchgesetzt, und wurde nunmehr auch durch das SanInsFoG in das Gesetz übernommen (vgl. § 270b InsO n. F.). 215) Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571 f. 216) Zu beachten ist, dass eine Insolvenz als Eingeständnis des unternehmerischen Scheiterns in Deutschland seit Jahrhunderten stigmatisiert ist, vgl. Vallender, NZI 2010, 838 ff., der zu Recht vor allem eine Bewusstseinsänderung der Akteure verlangt, um dies zu ändern. 217) Vgl. 10 Jahre ESUG: Praktiker ziehen Bilanz, https://www.finance-magazin.de/transformation/insolvenz/10-jahre-esug-praktiker-ziehen-bilanz-111342/ [19.1.2023]. 218) Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571; Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993; BeckOK-Ellers, InsR, § 270 InsO Rn. 6 ff. 219) Vgl. 10 Jahre ESUG: Praktiker ziehen Bilanz, https://www.finance-magazin.de/transformation/insolvenz/10-jahre-esug-praktiker-ziehen-bilanz-111342/ [19.1.2023]. 220) Kaufmann in: E-Book GmbH-Geschäftsführung 2021, S. 55, 56.
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246 Die im ESUG vorgesehene Evaluation nach fünf Jahren kam daher zu dem Ergebnis, dass eine Abkehr von dem neuen Recht der Eigenverwaltung in Gänze zwar nicht angezeigt ist, weil es sich bewährt habe, jedoch in Einzelaspekten Korrekturbedarf besteht. Diesen Korrekturbedarf hat der Gesetzgeber mit dem am 1.1.2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungsund Insolvenzrechts (SanInsFoG) umgesetzt. dd) Reform des Eigenverwaltungsverfahrens durch das SanInsFoG 247 Entsprechend der im Rahmen der ESUG-Evaluation identifizierten Schwachpunkte hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG), welches am 1.1.2021 in Kraft getreten ist, den Zugang zur Eigenverwaltung genauer geregelt und die Voraussetzungen verschärft, um den vereinzelt vorgekommenen Missbrauch der Regelungen zu unterbinden.221) Die Anforderungen an die Vorbereitung, die Dokumentation aber auch den Zustand des Unternehmens im Zeitpunkt der Antragstellung wurden erhöht.222) Die Eigenverwaltung soll nach der Neuregelung vor allem Schuldnern offenstehen, die das Verfahren rechtzeitig, gewissenhaft und gut vorbereiten223) und die für das Verfahren geeignet sind.224) 248 Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen so geschärft, dass Schuldnern ein rechts- und planungssicherer Zugang zur Eigenverwaltung geboten wird.225) Das abstrakte Kriterium des Fehlens von Nachteilen für die Gläubiger, welches zuvor von den Insolvenzgerichten unterschiedlich gehandhabt wurde und so zu Rechtsunsicherheiten und einem (grundsätzlich unerwünschten) Insolvenztourismus zu Gerichten, die Eigenverwaltungen positiver gegenüberstanden, geführt hat,226) wurde gestrichen. 249 Zugleich wurden konkrete Voraussetzungen eingeführt, bei deren Vorliegen grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die beantragte Eigenverwaltung an den Interessen der Gläubiger ausgerichtet sein wird. Wesentliches Element ist die bei Antragstellung vorzulegende Eigenverwaltungsplanung, die unter anderem ein Finanzplan für die nächsten sechs Monate umfasst.227) 250 Gleichzeitig wurde die Gläubigerautonomie gestärkt, indem der vorläufige Gläubigerausschuss in den §§ 56a Abs. 1 Satz 2 und 270b Abs. 2 und Abs. 3 InsO das letzte Wort für die Durchführung eines Verfahrens in Eigenverwaltung erhält.228) Dem entspricht auch die erleichterte Möglichkeit der jederzei___________ 221) Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 996; Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Landry, Insolvenzverwaltung, Kap. 15 Rn. 4. 222) Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 996. 223) Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Landry, Insolvenzverwaltung, Kap. 15 Rn. 4. 224) Kaufmann in: E-Book GmbH-Geschäftsführung 2021, S. 55, 56. 225) Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Landry, Insolvenzverwaltung, Kap. 15 Rn. 4. 226) Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571. 227) Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Landry, Insolvenzverwaltung, Kap. 15 Rn. 4. 228) Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 996.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
tigen Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung auf mehrheitlichen Beschluss des Gläubigerausschusses, § 270e Abs. 1 Nr. 4 InsO (vgl. hierzu Praxisfall 2 unter Rn. 617 ff.). Die bereits nach altem Recht bestehende Unterscheidung zwischen dem Schutz- 251 schirmverfahren (§ 270b InsO a. F., jetzt § 270d InsO n. F.) und einem „normalen“ vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren (§ 270a InsO a. F., jetzt § 270b, c InsO n. F.) wurde beibehalten, allerdings ist das Schutzschirmverfahren nunmehr konzeptionell stärker als bisher als Unterfall der vorläufigen Eigenverwaltung anzusehen. Der wesentliche Vorteil des Schutzschirmverfahrens ist die weitgehende Bindung des Insolvenzgerichts an den Vorschlag des Schuldners bezüglich der Person des vorläufigen Sachwalters, § 270d Abs. 2 Satz 3 InsO, sowie eine Disziplinierungsfunktion aufgrund der auf Antrag des Schuldners vom Insolvenzgericht gesetzten Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans, die höchstens drei Monate betragen darf, § 270d Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO. Nach altem Recht stellte sich die Systematik folgendermaßen dar:
252
§ 270 InsO a. F. Anordnung der Eigenverwaltung mit Eröffnung
§ 270a InsO a. F. „Vorläufige Eigenverwaltung“ im Antragsverfahren
§ 270b InsO a. F. Schutzschirm
Nunmehr stellt sich die neue gesetzliche Systematik wie folgt dar:
§ 270 Grundsatz
§ 270a Eigenverwaltungsplanung
§ 270f Anordnung der Eigenverwaltung
253
§ 270b Anordnungsvorraussetzungen vorläufige Eigenverwaltung
§ 270c Rahmenbedingungen
§ 270e Aufhebungstatbestände
§ 270d Schutzschirmverfahren
Auf die neuen Vorschriften der §§ 270a – 270f InsO n. F. wird ausführlicher 254 unter Rn. 272 ff. eingegangen.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
255 Die neuen Regelungen sind grundsätzlich zu begrüßen, führen sie doch durch die höheren Anforderungen zu einer größeren Akzeptanz bei den Beteiligten. Anders als nach altem Recht ist eine „5 vor 12“-Eigenverwaltung nach neuem Recht in der Regel nicht mehr möglich.229) Wer die Eigenverwaltung als Sanierungsverfahren nutzen möchte – wofür, wie noch zu zeigen sein wird, sehr viele gute Gründe bestehen –, muss diese Option daher rechtzeitig prüfen.230) Dies ist deshalb sinnvoll, weil dem Schuldner nur in einem frühen Krisenstadium auch noch die anderen im Kapitel C. (Rn. 130 – 204) dargestellten Optionen zur Verfügung stehen. Nach sorgsamer Analyse kann dann der für das Unternehmen in der konkreten Situation beste Sanierungsweg ermittelt werden.231) b) Stellung der Beteiligten in der Eigenverwaltung 256 Mit der Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung wird der Schuldner „Eigenverwalter“. Das heißt, der Schuldner führt das Verfahren und ist „Amtswalter mit gesetzlich bestimmten Rechten und Pflichten“, der bei der Verwaltung seines Vermögens die Gläubigerinteressen zu berücksichtigen hat. Eigeninteressen des Schuldners treten in den Hintergrund. Verfahrenszweck ist auch hier die bestmögliche Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO). Bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit liegt die Verantwortung bei ihrem Vertretungsorgan. Aufsichtsorgane haben – nach Antragstellung – keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung des Schuldners (§ 276a Abs. 1, 3 InsO). 257 In der Eigenverwaltung treffen den Schuldner zahlreiche Pflichten, die ansonsten im Regelinsolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter obliegen. Dies sind insbesondere: x
Führen der Verzeichnisse der §§ 151 ff. InsO (§ 281 Abs. 1 InsO).
x
Berichterstattung im Berichtstermin (§ 281 Abs. 2 InsO).
x
Ausübung der Wahlrechte der §§ 103 ff. InsO (§ 279 InsO).
x
Verteilung der Masse an die Gläubiger (§ 283 Abs. 2 InsO) u. a.232)
258 Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedarf der Schuldner, der ja in aller Regel insolvenzunerfahren ist, grundsätzlich Unterstützung durch einen insolvenzerfahrenen Berater oder Insolvenzverwalter, der regelmäßig beim Schuldner als CRO (Chief Restructuring Officer) oder CIO (Chief Insolvency Officer) eine Organfunktion übernimmt. Nach dem neuen Recht ist die Insolvenzexpertise im Rahmen der Eigenverwaltungsplanung nachzuweisen, § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO. 259 Der Schuldner wird bei der Durchführung des Verfahrens durch einen (vorläufigen) Sachwalter beaufsichtigt (vgl. §§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO i. V. m. ___________ 229) 230) 231) 232)
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So auch die Vermutung von BeckOK-Ellers, InsR, § 270 InsO Rn. 7. BeckOK-Ellers, InsR, § 270 InsO Rn. 7. Kaufmann in: E-Book GmbH-Geschäftsführung 2021, S. 55, 58. Weitere Aufgaben siehe BeckOK-Ellers, InsR, § 270 InsO Rn. 13.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
§§ 274 Abs. 2 und 3, 275, 270c, 274 Abs. 2, 275 InsO. Den (vorläufigen) Sachwalter trifft die Pflicht, das Gericht und die Gläubiger bei nachteiligen Entwicklungen zu informieren (§ 274 Abs. 3 InsO). Er kann die Kassenführung an sich ziehen (§ 275 Abs. 2 InsO) – was in der Praxis in der Regel nicht geschieht, vielmehr einigt man sich im Regelfall auf eine sog. faktische Kassenführungsbefugnis, bei der der Sachwalter zuvor die Bestellungen und Zahlungen zur Freigabe erhält –, führt die Insolvenztabelle und prüft die Forderungen (§§ 270f Abs. 2, 283 InsO) sowie die insolvenzrechtlichen Sonderaktiva und erklärt die Insolvenzanfechtung (§ 280 InsO). c) Vorteile der Eigenverwaltung gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren Die Vorteile der Eigenverwaltung für den Schuldner liegen zum einen darin, 260 dass er die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis behält und den weiteren Restrukturierungsprozess aktiv steuern kann, er also im „Driver Seat“ bleibt. Zum anderen spricht für die Eigenverwaltung die deutlich positivere öffentliche Wahrnehmung. Der Eigenverwaltung haftet längst nicht ein so großer Makel an wie dem Regelinsolvenzverfahren. Häufig wird – inhaltlich natürlich unzutreffend – das Eigenverwaltungsverfahren gar nicht als Insolvenzverfahren wahrgenommen. Ein weiterer Vorteil der Eigenverwaltung ist, dass durch das Einbinden aller Be- 261 teiligten, insbesondere aber auch der Gesellschafter, Sanierungslösungen beschleunigt werden können. Dies gilt z. B., wenn Gesellschafter eine Sanierung faktisch verhindern oder blockieren können, etwa bei der Aufspaltung eines Unternehmens in eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft. Dadurch, dass den Beteiligten eine aktivere Rolle bei der Sanierung zugedacht wird, besteht eine größere Bereitschaft, Sanierungslösungen mitzutragen. d) Kritik an der Eigenverwaltung An der Eigenverwaltung wurde und wird generelle Kritik geübt und geltend 262 gemacht, es werde der „Bock zum Gärtner gemacht“. Das Management, das die Insolvenz verschuldet habe, bleibe weiter im „Driver Seat“, benötige jedoch für die Durchführung des Verfahrens externe insolvenzrechtliche Expertise, sodass nicht erkennbar sei, worin dann eigentlich der Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren bestehe.233) Diese Kritik ist mitunter sicherlich zutreffend, vermag jedoch nicht die posi- 263 tiven Effekte der Eigenverwaltung, vor allem die deutlich positivere Außenwahrnehmung der Eigenverwaltung gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren, aufzuwiegen, zumal die Nachteile oft vermeidbar sind. So ist ein Austausch oder eine Ergänzung der Geschäftsleitung im Eigenverwaltungsverfahren möglich ___________ 233) Blankenburg, ZInsO 2016, 1337, 1343; siehe auch die entsprechend lautende Kritik des AG Duisburg, ZIP 2002, 1636, anlässlich des Falls „Babcock Borsig AG“ vor Inkrafttreten des ESUG.
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und findet oftmals statt234) – häufig durch einen insolvenzerfahrenen CRO oder CIO (siehe bereits Rn. 258). Mit dem Sachwalter überwacht zudem eine unabhängige Person die Abwicklung des Verfahrens. Jedenfalls bei frühzeitiger Einschaltung professioneller und seriöser Berater bestehen daher keine Bedenken gegen die Eigenverwaltung. Will man die volkswirtschaftlich nachteilige zu späte Insolvenzantragstellung vermeiden, muss man Unternehmen die Möglichkeit und den Anreiz bieten, den Sanierungsprozess unter Aufsicht eines Sachwalters und des Insolvenzgerichts sowie der Gläubiger selber zu steuern. Andernfalls wird man nur schwerlich eine neue Insolvenzkultur in Deutschland etablieren können. 264 Im Rahmen von Krankenhausinsolvenzen jedenfalls bestehen in aller Regel keine Bedenken gegen die Eigenverwaltung, zumal ein Managementversagen hier deutlich seltener vorliegt, sondern die wirtschaftliche Krise oft auf die in Kapitel A. (Rn. 1 – 39) beschriebenen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Die bisherigen Insolvenzen von Krankenhäusern erfolgten daher ganz überwiegend als Eigenverwaltungen. Entscheidend ist nur nach neuem Recht, dass diese Verfahren deutlich besser vorbereitet werden müssen als dies noch nach altem Recht der Fall war (vgl. Rn. 241 ff. und 247 ff.). e) Vergleich §§ 270b, c InsO/§ 270d InsO-Verfahren 265 Wie weiter oben dargelegt, gibt es im Insolvenzeröffnungsverfahren zwei Arten der vorläufigen Eigenverwaltung – erstens die „normale“ vorläufige Eigenverwaltung nach §§ 270b, c InsO, zweitens das sog. Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO. Die Unterschiede zwischen den Verfahren sind überblicksartig in dem nachfolgenden Schaubild dargestellt:
§ 270d
§§ 270b, c
• Etwas weniger aufwendig und kostenintensiv als § 270d InsO-Verfahren • Keine Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO erforderlich • Auch bei schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit möglich
• Bedarf guter Vorbereitung, daher i. d. R. kostenintensiver • Notwendig § 270d InsO-Bescheinigung • Nur möglich bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
• Für Sachwaltervorschlag des Schuldners gelten die allgemeinen Vorgaben
• Weitgehende Bindung des Gerichts an den Sachwaltervorschlag des Schuldners
• Keine strikte Frist zur Vorlage des Insolvenzplans
• Strikte Frist zur Vorlage des Plans von maximal drei Monaten
___________ 234) Nach den Untersuchungen von BCG erfolgt dies in 72 % aller Fälle, siehe The Boston Consulting Group, Sechs Jahre ESUG, S. 14.
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Der wesentliche Vorteil des Schutzschirmverfahrens (§ 270d InsO-Verfahren) 266 aus Schuldnersicht ist wie bereits erwähnt die weitgehende Bindung des Gerichts an den Vorschlag des Schuldners bezüglich der Person des vorläufigen Sachwalters.235) Der Schuldner kann sich mithin den vorläufigen Sachwalter weitestgehend aussuchen. Es darf sich bei diesem nur nicht um eine offensichtlich ungeeignete Person handeln. Die Möglichkeit der weitgehenden Beeinflussung der Sachwalterbestellung erhöht die Planbarkeit des Verfahrens erheblich. Hinzu kommt eine gewisse Disziplinierungsfunktion der vom Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners gesetzten Frist von maximal drei Monaten zur Vorlage des Insolvenzplans auf die am Restrukturierungsprozess beteiligten Personen (vgl. Praxisfall 1 unter Rn. 570 ff.). Nachteilig am § 270d InsO-Verfahrens ist, dass dieses Verfahren durch die 267 zwingend erforderliche sog. „§ 270d InsO-Bescheinigung“ – hierbei handelt es sich um eine Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist – etwas aufwendiger und kostenintensiver ist, und das Verfahren auch nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, nicht jedoch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit möglich ist. Anders als nach dem alten Recht, wonach die Anforderungen an eine „normale“ 268 vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO a. F. sehr gering waren, ist durch die Erhöhung der Anforderungen an eine „normale“ vorläufige Eigenverwaltung nach neuem Recht, insbesondere durch das Erfordernis einer Eigenverwaltungsplanung, der Unterschied zwischen den beiden Verfahrensarten bezüglich des Umfangs der Vorbereitung nicht mehr so groß, sodass heute wieder viele Argumente für ein Schutzschirmverfahren sprechen, wenn die Voraussetzung, dass noch nicht Zahlungsunfähigkeit eigetreten ist, im konkreten Einzelfall erfüllt ist.
___________ 235) Das Vorschlagsrecht verdrängt die subsidiäre Regelung des § 56a InsO, also der Beteiligung der Gläubiger an der Verwalterauswahl. Erst mit Eröffnung des Verfahrens kann der Gläubigerausschuss von seinem Vorschlagsrecht nach §§ 274, 56a InsO wieder vollumfänglich Gebrauch machen, mithin dann u. U. auch eine andere Person zum Sachwalter vorschlagen, BeckOK-Ellers/Martini, InsR, 270d InsO Rn. 48 ff. In der Praxis erfolgt dies jedoch nur sehr selten, weshalb der Schuldner im § 270d-Verfahren die Plansanierung nicht nur im Antragsverfahren, sondern auch nach Eröffnung mit einer für ihn vertrauenswürdigen, aber unabhängigen Person durchführen kann.
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269 Nach altem Recht war dies anders. Hier war das Schutzschirmverfahren im Vergleich zum „normalen“ vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren deutlich aufwendiger. In der Regel überwogen die Vorteile des Schutzschirmverfahrens alter Fassung daher nicht dessen Nachteile,236) zumal es zum verantwortungsvollen Umgang mit dem Institut der Eigenverwaltung gehörte und gehört, die Person des (vorläufigen) Sachwalters nicht bei Gericht „durchzuboxen“, sondern mit den Beteiligten (Gericht, Gläubigerausschuss) Einvernehmen über die Person herzustellen. In der Praxis war das § 270a InsO-Verfahren nach altem Recht deshalb das deutlich häufiger gewählte Verfahren.237) Zum Teil ist sogar bezweifelt worden, ob das § 270b-Verfahren in der Fassung des ESUG überhaupt weiter benötigt werde.238) Gerade in der Corona-Krise ist es dann jedoch nochmal zur Renaissance des Schutzschirmverfahrens gekommen.239) f) Voraussetzungen für die Anordnung einer (vorläufigen) Eigenverwaltung aa) Grundsätzliche Voraussetzungen, zu stellende Anträge und beizufügende Unterlagen 270 Zunächst ist erforderlich, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen (siehe Rn. 329 ff.), also insbesondere ein Eröffnungsgrund vorliegt. 271 Ferner sind stets ein entsprechender Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie ein Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung erforderlich, § 270a Abs. 1 InsO.240) Fakultativ kann der Schuldner weitere Anträge stellen auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (siehe Rn. 297 ff. und Rn. 301 ff.). 272 Darüber hinaus wird die (vorläufige) Eigenverwaltung nur angeordnet, wenn die Voraussetzungen der §§ 270a – 270f InsO (je nach gewählter Verfahrensart) erfüllt sind. Insbesondere ist – unabhängig davon, welche Verfahrensart gewählt wird – eine „vollständige und schlüssige“ Eigenverwaltungsplanung beizufügen, die auf zutreffenden Tatsachen beruht (§§ 270a Abs. 1, 270b Abs. 1 InsO). Darüber hinaus sind gemäß § 270b Abs. 2 InsO weitere Angaben vom Schuldner zu machen.
___________ 236) So auch das Ergebnis der Praktikerbefragung im Rahmen der ESUG-Evaluation, Jacoby u. a., Kurzbericht Evaluierung ESUG, S. 7. 237) Nach den Untersuchungen von BCG ist das Verhältnis 80 zu 20, siehe The Boston Consulting Group, Sechs Jahre ESUG, S. 19. 238) Jacoby u. a., Kurzbericht Evaluierung ESUG, S. 12. 239) Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993. 240) BeckOK-Ellers, InsR, § 270 InsO Rn. 11.
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Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die vorläufige Eigenverwaltung nach 273 dem Gesetz regelhaft anzuordnen, und damit den antragstellenden Unternehmen ein rechtssicherer Weg in die vorläufige Eigenverwaltung eröffnet.241) Die Systematik stellt sich wie folgt dar: § 270b Abs. 1 Nr. 1 vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung
§ 270b Abs. 1 Nr. 2 Eigenverwaltungsplanung beruht nicht auf unzutreffenden Tatsachen (keine Anhaltspunkte)
(Regelhafte) Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung, § 270b Abs. 1 InsO
Keine Negativkritierien des § 270b Abs. 2 InsO • Fehlende Kostendeckung • Kosten höher als bei Regelinsolvenz • Zahlungsrückstände AN • Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach InsO oder StaRUG • Verstoß Offenlegungspflichten
Aber:
Auffangoption durch Wertung der Gesamtumstände (§ 270b Abs. 2 a. E.)
Bei einem angestrebten § 270d InsO-Verfahren ist darüber hinaus ein Antrag 274 auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans zu stellen.242) Zudem muss eine Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO vorgelegt werden. Zusammengefasst sind neben dem eigentlichen Insolvenzantrag regelmäßig 275 folgende Anträge zu stellen und Unterlagen beizufügen: x
Immer:
Ggf. Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses, unter Beifügung von Bereitschaftserklärungen der potenziellen Mitglieder und Einverständniserklärungen dieser Mitglieder zur Person des Verwalters und einer etwaig beantragten (vorläufigen) Eigenverwaltung (vgl. § 270b Abs. 3 Satz 3 InsO) oder eines Schutzschirmverfahrens.
Ggf. Vorschlag zur Person des Verwalters unter Übersendung einer Bereitschaftserklärung des vorgeschlagenen Verwalters (am besten mit ausgefülltem Fragebogen des BRAK-InsO zur Unabhängigkeit des Sach-/Insolvenzverwalters).
___________ 241) Begr. BT-Drucks. 19/24181, 203; Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 994. 242) BeckOK-Ellers/Martini, InsR, 270d InsO Rn. 12; Mohrbutter/Ringstmeier/MeyerLandry, Insolvenzverwaltung, Kap. 15 Rn. 87.
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x
x
Ggf. Antrag auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und ggf. 5 InsO, ggf. i. V. m. § 270c Abs. 3 InsO n. F. bei beantragter Eigenverwaltung bzw. Schutzschirm (dort gilt zusätzlich § 270d Abs. 3 InsO n. F.)
Bei beabsichtigter (vorläufiger) Eigenverwaltung zudem:
Antrag auf Eigenverwaltung gemäß §§ 270, 270f InsO.
Antrag auf vorläufige Eigenverwaltung gemäß §§ 270a ff. InsO unter Beifügung einer Eigenverwaltungsplanung (§ 270a Abs. 1 InsO) und einer Erklärung zur Eigenverwaltungswürdigkeit (§ 270a Abs. 2 InsO).
Ggf. Antrag, Masseverbindlichkeiten begründen zu können (§ 270c Abs. 4 InsO).
Bei beabsichtigtem Schutzschirmverfahren gemäß § 270d InsO zusätzlich zu allen vorherigen Punkten:
Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans (§ 270d Abs. 1 Satz 1 InsO).
Vorlage eines Bescheinigers i. S. v. § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO.
bb) Eigenverwaltungsplanung und Erklärungen nach § 270a Abs. 2 InsO 276 Nach § 270a Abs. 1 InsO muss der Schuldner dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung beifügen. Der Gesetzestext des § 270a Abs. 1 InsO lautet dabei wie folgt: § 270a Antrag; Eigenverwaltungsplanung (1) Der Schuldner fügt dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei, welche umfasst:
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1.
einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll,
2.
ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden,
3.
eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,
4.
eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und
5.
eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
Die Eigenverwaltungsplanung setzt sich mithin aus fünf Teilen zusammen:
1) Finanzplan
• Mindestzeitraum: 6 Monate • Nachvollziehbare Liquiditätsplanung zur Darlegung der voraussichtlichen Fortführungs- und Verfahrenskosten
2) Verfahrensdurchführungskonzept
• Darstellung von Art, Ausmaß und Ursache der Krise • Defintion des Eigenverwaltungsziels • Maßnahmenplanung zur Erreichung des Ziels
3) Verhandlungsstand
• Darstellung von Verhandlungsstand mit den Gläubigern, Gesellschaftern, Dritten
4) Sicherstellung insolvenzrechtlicher Pflichten
• Darstellung der Vorkehrungen zur Sicherstellung der Erfüllung insolvenzrechtlicher Pflichten der Eigenverwaltung
5) Kostenvergleichsrechnung
• Darstellung der Mehr- oder Minderkosten der Eigenverwaltung
277
Bezüglich der Einzelheiten herrscht dabei – wie bei jedem neuen Gesetz – 278 noch Unklarheit. So etwa zu der Frage, ob hinsichtlich des Finanzplans eine Grobplanung ausreicht243) oder ein Finanzplan im Rahmen einer integrierten Unternehmensplanung vorgelegt werden muss.244) Unstreitig ist jedoch, dass insolvenzrechtliche Besonderheiten (z. B. Insolvenzgeld, Verbot der Begleichung (künftiger) Insolvenzforderung, Umstellung der Lieferanten auf Vorkasse, Eigenverwaltungs- und Beraterkosten; Separierung der Zessionserlöse oder Vereinbarung darüber245)) zu berücksichtigen sind.246) Der Diskussionsstand zu den einzelnen, ungeklärten Fragen kann hier nicht 279 wiedergegeben werden, zumal sich die Klärung dieser Fragen derzeit im Fluss
___________ 243) So Frind, ZIP 2021, 171, 175, Fn. 29. 244) So Gutmann, NZI 2022, 457, 460. 245) Zu berücksichtigen bei jeder Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren – und damit auch im Eigenverwaltungsverfahren – ist, dass sicherungszedierte Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht ohne entsprechende Vereinbarung mit dem Sicherungsgläubiger verwendet werden dürfen (BGH, Urt. v. 24.1.2019 – IX ZR 110/17, ZIP 2019, 472, es sei denn, die Zession ist anfechtbar (siehe Rn. 322 ff.) Gleiches gilt für sicherungsübereignete Vorräte. 246) Gutmann, NZI 2022, 457, 461; Harig/Höfer/Reus, NZI 2021, 993, 994; BeckOK-Ellers, InsR, § 270a InsO Rn. 12c, wobei dann bereits wieder streitig ist, ob Kosten, die erst nach den sechs Monaten fällig werden, im Finanzplan zu berücksichtigen sind (Rn. 12c.1); siehe auch insgesamt zu den Anforderungen an den Finanzplan BeckOK-Ellers, InsR, § 270a InsO Rn. 12 ff.
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befindet.247) Es wird von Einzelnen gefordert, die Anforderungen an die Eigenverwaltungsplanung nicht zu übersteigern.248) Andererseits ist richtigerweise eine solide Planung Voraussetzung für jede gelungene Sanierung.249) 280 Der Prognosezeitraum gemäß § 270a InsO beträgt sechs Monate.250) 281 Des Weiteren hat der Schuldner weitere Erklärungen gemäß § 270a Abs. 2 InsO abzugeben. Der Gesetzeswortlaut lautet wie folgt: (2) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären, 1.
ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet,
2.
ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet wurden und
3.
ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 – 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist.
cc) Fazit 282 Die genannten Anforderungen belegen zum einen, dass eine Eigenverwaltung künftig in jedem Fall erhebliche Vorbereitung benötigt, zu der sich das Unternehmen in aller Regel sachverständiger Berater bedienen muss. 283 Ferner darf sich das Unternehmen nicht bereits in einem erheblichen Vermögensverfall befinden, sondern muss die wesentlichen Verpflichtungen (Arbeitnehmer, Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Lieferanten, Buchführungspflichten) zumindest noch weitgehend erfüllen (vgl. § 270b Abs. 2 Nr. 1, 3 InsO). 284 Will die Geschäftsleitung die Eigenverwaltung nutzen, muss sie also frühzeitig diese Sanierungsalternative in Betracht ziehen und ggf. umsetzen; bei nicht rechtzeitiger Befassung droht sonst am Ende das Regelinsolvenzverfahren unter Fremdverwaltung, in dem die Geschäftsleitung kaum noch Einfluss auf den Verlauf der Sanierung hat. „5 vor 12“-Eigenverwaltungen, womöglich ___________ 247) Vgl. zum Stand der derzeitigen Diskussion etwa Frind, ZIP 2021, 171 ff.; Harig/Höfer/ Reus, NZI 2021, 993 ff.; Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571 ff.; Blankenburg, ZInsO 2021, 753 ff. 248) Zehn Thesen zu zehn Jahren ESUG des Forum 270, https://www.forum270.de/de/ [19.1.2023]; siehe auch Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571 ff. 249) Gutmann, NZI 2022, 457, 462. 250) Das SanInsKG sieht als Reaktion auf die Krise infolge des Ukraine-Kriegs 2022 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2023 einen verkürzten Zeitraum von vier Monaten vor (§ 4 Abs. 2 SanInsKG).
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
noch ohne insolvenzrechtlichen Sachverstand in der Geschäftsleitung, gehören damit der Vergangenheit an.251) 3. Sanierungsinstrumente im Insolvenzverfahren Wie bereits zu Beginn des Buches erwähnt, bietet die Insolvenzordnung eine 285 ganze Reihe von Sanierungsinstrumenten, die es so nur innerhalb eines Insolvenzverfahrens gibt, und die es ermöglichen, selbst solche Unternehmen zu sanieren, die kaum noch über Liquidität verfügen.252) Zunächst soll ein Überblick über diese Sanierungsinstrumente gegeben werden, bevor auf die einzelnen Sanierungsinstrumente näher eingegangen wird. Zahlreiche Instrumente dienen zunächst der Schonung der zum Zeitpunkt der 286 Insolvenzantragstellung per definitionem angegriffenen Liquidität. Andere haben auch leistungswirtschaftliche Effekte, wieder andere schließlich ermöglichen die von Vollstreckungen ungestörte Durchführung des Verfahrens und damit die Umsetzung der Sanierung. Liquiditätsschonende Sanierungsintrumente: x
Liquiditätsschonende Fortführung des Geschäftsbetriebs für bis zu drei 287 Monate durch Zahlung der Personalkosten über das Insolvenzgeld durch die Bundesagentur für Arbeit, §§ 165 ff. SGB III.
x
Liquiditätsschonung durch eingeschränkte Nutzungsentgelte für künftige Aus- und Absonderungsgüter, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO.
x
Möglichkeit, einzelne Verbindlichkeiten durch Einzelermächtigung zu Masseverbindlichkeiten aufzuwerten.
x
Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen.
Leistungswirtschaftliche Sanierungsintrumente: x
Lösung von wirtschaftlich nachteiligen schwebenden Verträgen, §§ 103 ff. 288 InsO, insbesondere Sonderkündigungsfristen für Miet- und Leasingverträge (praxisrelevant für langfristige Immobilienmietverträge) gemäß § 109 InsO (maximal drei Monate).
x
Sanierungsarbeitsrecht, §§ 113, 120 – 128 InsO, insbesondere Sonderkündigungsfristen für Arbeitnehmer gemäß § 113 InsO (maximal drei Monate) sowie Begrenzung des Volumens eines Sozialplans auf maximal 2,5 Monatsgehälter (§ 123 Abs. 1 InsO).
___________ 251) Kaufmann in: E-Book GmbH-Geschäftsführung 2021, S. 55, 58. 252) In diesem Zusammenhang soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass eine Sanierung natürlich umso eher gelingt, je früher sie eingeleitet wird, so auch statt aller Kraemer/Vallender/ Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 72.
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Sonstige insolvenzspezifische Sanierungsinstrumente: 289 x
Vollstreckungsschutz im Antragsverfahren, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsO, § 30d Abs. 4 ZVG.
x
Vollstreckungsschutz im eröffneten Verfahren, §§ 89, 165 ff. InsO.
x
Rückgängigmachen, insbesondere von Vollstreckungen durch Insolvenzanfechtung, §§ 129 ff. InsO, und Rückschlagsperre, § 88 InsO.
x
Verfahrenskostenbeiträge der Absonderungsberechtigten, §§ 170 ff. InsO.
x
Verfahren bei Masseunzulänglichkeit, §§ 208 ff. InsO.
290 Die vorgestellten Sanierungsinstrumente gelten unabhängig von der gewählten Verfahrensart, mithin auch im Eigenverwaltungsverfahren. a) Liquiditätsschonende Sanierungsinstrumente 291 Die Insolvenzordnung bzw. das Insolvenzrecht enthalten einige Sanierungsinstrumente, die der Schonung der im Antragsverfahren ohnehin in der Regel angegriffenen Liquidität dienen. Auf die wichtigsten wird nachfolgend näher eingegangen. aa) Insolvenzgeld gemäß §§ 165 ff. SGB III 292 Das Insolvenzgeld ermöglicht für einen Zeitraum von maximal drei Monaten nach Insolvenzantragstellung die Fortführung des Geschäftsbetriebs weitgehend ohne Zahlung von Personalkosten. Hierdurch wird die Liquidität erheblich geschont, insbesondere bei personalintensiven Unternehmen wie Krankenhäusern. 293 Das Insolvenzgeld dient zum einen dem Schutz der Arbeitnehmer vor dem Ausfall ihrer Lohnforderungen im Falle einer Insolvenz, zum anderen ausdrücklich auch der Wiederherstellung der Liquidität beim insolventen Unternehmen, um Sanierungen zu ermöglichen.253) Es ist als Sanierungsinstrument von überragender praktischer Bedeutung. Das Insolvenzgeld wird durch die Bundesagentur für Arbeit gewährt und ist in den §§ 165 – 172 SGB III sowie in den Durchführungsanweisungen zum Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit geregelt. 294 Insolvenzgeldberechtigt sind alle Arbeitnehmer, die im Inland beschäftigt waren, wenn ein Insolvenzereignis vorliegt und wenn für die vorausgehenden
___________ 253) BSG, Urt. v. 22.3.1995 – 10 Rar 1/94, SozR3-4100 § 141k Nr. 2 = ZIP 1995, 935; Ahrendt in: HambKomm-InsO, Anhang zu § 113 Rn. 1.
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drei Monate des Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Arbeitsentgelt offen sind (§ 165 SGB III).254) Nach der gesetzlichen Konzeption wird das Insolvenzgeld also erst nach einer 295 Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag, also im Nachhinein gewährt. Da diese Konzeption in der Praxis Schwierigkeiten aufwirft – die wenigsten Arbeitnehmer können drei Monate lang auf Ihr Gehalt warten – sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, das Insolvenzgeld über ein Kreditinstitut vorzufinanzieren. Eine Insolvenzgeldvorfinanzierung erfordert eine entsprechende Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit, die erteilt wird, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt. Dies muss in der Regel zu Beginn des Antragsverfahrens, jedenfalls jedoch bis unmittelbar vor dem Insolvenzereignis gegenüber der Bundesagentur für Arbeit dargelegt werden. Durch das Prognoseelement sind die Anforderungen an den Überzeugungsgrad deutlich herabgesetzt, sodass in der Praxis die Zustimmung zur Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes durch die Bundesagentur in aller Regel erteilt wird. Neben der zeitlichen Begrenzung auf drei Monate gibt es eine betragsmäßige 296 Begrenzung des Insolvenzgeldes. Nach § 167 Abs. 1 SGB III wird Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gezahlt, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Dies bedeutet, dass für die Mitarbeiter, die über der Beitragsbemessungsgrenze zur Sozialversicherung liegen – im Falle der Insolvenz eines Krankenhauses betrifft dies insbesondere Chefund Oberärzte – hinsichtlich des überschießenden Teils eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden muss. Dies gilt auch für Personen, die nicht unter den Arbeitnehmerbegriff (i. S. d. Sozial- und nicht des Arbeitsrechts) fallen. Diese sind nicht insolvenzgeldfähig, sodass es bei diesem Personenkreis ebenfalls einer gesonderten Vereinbarung über ein im Antragsverfahren zu zahlendes Arbeitsentgelt bedarf. Dies können die Organe juristischer Personen sein, sofern sie wie ein Unternehmer entscheidenden Einfluss auf Abschluss, Verlängerung und Gestaltung ihres Dienstvertrags haben und ihnen nicht genehme Weisungen verhindern können, was regelmäßig bei Anteilen von über 50 % oder einer Sperrminorität der Fall ist. Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft sind stets nicht insolvenzgeldfähig. bb) Nutzungsbefugnis für künftige Aus- und Absonderungsgüter nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO Ein weiteres liquiditätsschonendes Sanierungsinstrument der Insolvenzordnung 297 im Antragsverfahren ist die in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO vorgesehene ___________ 254) Ausführlich zu den Voraussetzungen und Detailfragen des Insolvenzgeldes Ahrendt in: HambKomm-InsO, Anhang zu § 113 InsO, Rn. 1 ff.; Bork/Hölzle-Plagemann, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 22 Rn. 109 ff.
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Möglichkeit der Anordnung eines Verwertungsstopps und der Nutzungsbefugnis für künftige Aus- und Absonderungsgüter. 298 Der etwas schwer zu verstehende Wortlaut der Vorschrift besagt im Ergebnis, dass Gegenstände, die im Eigentum Dritter (Leasinggeber, Vermieter [aussonderungsunberechtigte Gläubiger]) stehen oder an denen Sicherungsrechte (Vermieterpfandrecht, Sicherungsübereignungen etc. [absonderungsunberechtigte Gläubiger]) bestehen, vom Schuldner weiter genutzt werden dürfen, und zwar, ohne dass die hierfür vereinbarten vertraglichen Entgelte vom Schuldner zu zahlen sind. Es ist lediglich Ersatz für einen entstehenden Wertverlust zu leisten.255) Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung, die das Insolvenzgericht vorzunehmen hat, ist nur, dass der Gegenstand für die Betriebsfortführung von erheblicher Bedeutung ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass einige der gemieteten oder geleasten Mobilien oder Immobilien für einen Zeitraum von maximal drei Monaten häufig zu einem geringeren Entgelt als dem vertraglich vereinbarten Entgelt durch den Schuldner genutzt werden können. Es empfiehlt sich, mit den Gläubigern über den Wertersatz Einigkeit zu erzielen. 299 Die Gegenstände, auf die sich die Sicherungsmaßnahme beziehen soll, müssen im Beschluss im Einzelnen konkret genannt sein; eine pauschale Anordnung ist wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam.256) Die Gegenstände sind folglich vom Schuldner in dem Antrag, mit dem die Sicherungsmaßnahme beim Insolvenzgericht beantragt wird, hinreichend bestimmt aufzuführen. 300 Die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO ist verschiedentlich angezweifelt worden, jedoch durch Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof bestätigt worden.257) cc) Aufwertung von Verbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten durch Einzelermächtigung 301 Eine weitere Möglichkeit im Antragsverfahren, die zu Beginn eines Verfahren regelmäßige geringe Liquidität zu schonen, besteht darin, einzelne Verbindlichkeiten durch eine sog. Einzelermächtigung zu Masseverbindlichkeiten aufzuwerten. Dadurch dürfen diese Verbindlichkeiten, die – da vor Eröffnung begründet – ja eigentlich Insolvenzforderungen sind und nach Eröffnung nicht mehr beglichen werden dürften, nach Eröffnung als Masseverbindlichkeiten gezahlt werden. Hierdurch kann man die Zahlung von für die Betriebsfortführung im Antragsverfahren wichtigen Verbindlichkeiten zeitlich nach hinten schieben. ___________ 255) Die Höhe des Wertersatzanspruchs bemisst sich nach der Differenz des Werts der betroffenen Gegenstände bei Beginn und Ende der Nutzung, BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 52/15, Rn. 9, ZIP 2016, 2131. 256) BGH, Urt. v. 3.12.2009 – IX ZR 7/09, ZInsO 2010, 136, Rn. 19 f. 257) BVerfG, Beschl. v. 22.3.2012 – 1 BvR 3169/11, ZInsO 2012, 1220, 1221 f.; BGH, Urt. v. 3.12.2019 – IX ZR 7/09, ZInsO 2010, 136, Rn. 43.
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Nicht zulässig sind hierbei Globalermächtigungen, wohl jedoch sog. Gruppen- 302 ermächtigungen (Bsp.: „… alle Energielieferungen an die Schuldnerin …“), sowie Projektermächtigungen (Bsp.: „… alle Lieferungen und Leistungen für das Bauvorhaben …“).258) Das Gericht muss bei der Erteilung von Einzelermächtigungen prüfen und sich 303 deshalb vom vorläufigen Verwalter bzw. dem eigenverwaltenden Schuldner darlegen lassen, inwieweit die neu zu begründenden Verbindlichkeiten erfüllt werden können, um so Vermögensschäden bei den künftigen Vertragspartnern möglichst zu vermeiden. Dieser Nachweis hat in der Regel durch eine entsprechende Liquiditätsvorschau zu erfolgen.259) Ist eine Einzelermächtigung erteilt, entstehen die von ihr erfassten Verbindlich- 304 keiten analog § 55 Abs. 2 als Masseverbindlichkeit, d. h., der vorläufige Verwalter bzw. der eigenverwaltende Schuldner hat kein Wahlrecht, ob er erteilte Einzelermächtigungen in Anspruch nehmen will oder nicht.260) Wichtig ist, dass eine Einzelermächtigung immer vor der Begründung der Ver- 305 bindlichkeit erteilt wird. Wie andere Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO kann eine Einzelermächtigung nicht rückwirkend erteilt werden.261) dd) Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen Eine weitere Schonung der Liquidität im Antragsverfahren ergibt sich aus der 306 Tatsache, dass Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr vorgenommen werden müssen. Es handelt sich hierbei – wie bei allen Forderungen aus dem Zeitraum vor der Eröffnung, sofern diese Forderungen nicht wegen § 55 Abs. 2 InsO (analog) in den Rang einer Masseverbindlichkeit gehoben werden (siehe Rn. 301 ff.) – um Insolvenzforderungen (§ 38 InsO), die nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt werden können, also vom Gläubiger zur Insolvenztabelle angemeldet werden müssen und über die Insolvenzquote befriedigt werden (§§ 87, 174 ff. InsO). Sofern allerdings – wie in der Praxis oft üblich – Sicherungsrechte zugunsten des Gläubigers bestehen, haftet das Sicherungsgut auch für diese Forderungen. Es handelt sich dann bei der Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen lediglich um einen Liquiditätsvorteil. b) Leistungswirtschaftliche Sanierungsinstrumente Neben den zuvor dargestellten Sanierungsinstrumenten, die einer Schonung 307 der Liquidität im Antragsverfahren dienen, gibt es zusätzlich Sanierungsinstru___________ 258) Schröder in: HambKomm-InsO, § 22 Rn. 100 m. w. N.; kritisch KPB/Blankenburg, InsO, § 22 Rn. 161 f. 259) Schröder in: HambKomm-InsO, § 22 Rn. 101. 260) Schröder in: HambKomm-InsO, § 22 Rn. 102. 261) Schröder in: HambKomm-InsO, § 22 Rn. 102.
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mente, die eine leistungswirtschaftliche Sanierung des insolventen Unternehmens ermöglichen. Die wichtigsten werden nachfolgend beschrieben. aa) Lösung von wirtschaftlich nachteiligen schwebenden Verträgen nach §§ 103 ff. InsO262) 308 Die §§ 103 ff. InsO verfolgen den Zweck, dem Verwalter bzw. im Falle der Eigenverwaltung dem Schuldner einerseits die Möglichkeit einzuräumen, sich schnell von Vertragsverhältnissen lösen zu können, um die Verwertung des Schuldnervermögens zügig betreiben zu können oder wenn dies für eine Sanierung nötig ist. Andererseits soll er an Vertragsverhältnissen festhalten können, wenn dies wiederrum für die Fortführung des Geschäftsbetriebs oder eine Sanierung sinnvoll und nützlich ist und damit im Gläubigerinteresse liegt.263) Die §§ 103 ff. InsO ermöglichen damit die Auflösung von nachteiligen schwebenden Verträgen, wie z. B. langfristigen, nicht mehr benötigten oder zu teuren Miet-, Leasing- oder Pachtverträgen oder sonstigen Dauerschuldverhältnissen, wie beispielsweise Dauerbezugsverträgen oder auch Dienst- und Arbeitsverhältnissen (zu Letzterem ausführlich Rn. 312 ff.). Die §§ 103 ff. InsO sind in der Sanierungspraxis von enormer Bedeutung. 309 Den §§ 103 ff. InsO liegt hierbei dogmatisch der Grundsatz zugrunde, dass die Verträge trotz Insolvenzeröffnung nicht erlöschen, sondern bestehen bleiben.264) Der Verwalter hat sodann die Möglichkeit, im Gesamtgläubigerinteresse weiter an den Verträgen festzuhalten und Sie durchzuführen oder sie nicht durchzuführen bzw. zu beenden. Dies erfolgt abhängig vom Vertragstyp entweder durch Ausübung des Wahlrechts (Erfüllungswahl bzw. -ablehnung), geregelt in §§ 103 – 107 InsO, oder durch (Nicht-)Kündigung, geregelt in den §§ 108 – 114 InsO. §§ 115 – 117 InsO sehen mit Ausnahmen das automatische Erlöschen von Aufträgen, Geschäftsbesorgungsverträgen und Vollmachten mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor. § 118 InsO behandelt die Auflösung von Gesellschaften, § 119 InsO die Frage der Wirksamkeit von sog. Lösungsklauseln. Im Überblick stellt sich die Regelungssystematik wie folgt dar: x
§§ 103 – 107 InsO: Gegenseitige, nicht vollständig erfüllte Verträge Beispielsweise Kaufverträge, Miet-, Leasing- und Pachtverträge über bewegliche Sachen, Dauerbezugsverträge, Versicherungsverträge, Werk- und Werklieferungsverträge.
___________ 262) Im Folgenden werden nur die wesentlichen Punkte erwähnt. Zu Einzelheiten zu den Vorschriften wird auf die einschlägigen Kommentierungen bzw. Abhandlungen verwiesen, z. B. Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Kaufmann, Insolvenzverwaltung, Kap. 7; Bork/HölzleHöpfner/v. Buchwaldt, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 8. 263) Zum Normzweck Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Kaufmann, Insolvenzverwaltung, Kap. 7 Rn. 2. 264) Näher zur – nach wie vor nicht abschließend geklärten – Dogmatik Mohrbutter/ Ringstmeier/Meyer-Kaufmann, Insolvenzverwaltung, Kap. 7 Rn. 10 ff.
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x
§§ 108 – 114 InsO: Dauerschuldverhältnisse des § 108 InsO Miet- oder Pachtverträge über unbewegliche Gegenstände oder Räume, Dienstvertrag, Darlehensvertrag, bei denen der Schuldner Darlehensgeber ist.
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§§ 115 – 117 InsO: Aufträge, Geschäftsbesorgung, Vollmachten
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§ 118 InsO: Auflösung von Gesellschaften
x
§ 119 InsO: Lösungsklauseln
Liegt ein gegenseitiger Vertrag vor, der bei Eröffnung von beiden Seiten noch 310 nicht vollständig erfüllt ist, und handelt es sich nicht um einen Vertrag i. S. d. § 108 InsO, unterliegt der Vertrag dem Wahlrecht des Verwalters nach § 103 InsO, sofern nicht eine Ausnahme der §§ 104 ff. InsO vorliegt. Wählt der Verwalter Nichterfüllung, wird der Vertrag nicht durchgeführt. Der Vertragspartner ist mit seinem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur Insolvenzgläubiger. Wählt der Verwalter hingegen Erfüllung, wird der Vertrag durchgeführt. Der Anspruch des Gläubigers wird zur Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), und zwar grundsätzlich auch hinsichtlich bereits erbrachter Leistungen. Eine Ausnahme besteht nur bei teilbaren Leistungen, § 105 InsO. In diesem Fall ist der Vertragspartner mit seinem Anspruch für die bereits erbrachten Teilleistungen ebenfalls nur Insolvenzgläubiger. Da die meisten Verträge teilbare Leistungen haben, stellt § 105 InsO den Regelfall dar. Wichtige Fälle sind in der Praxis Sukzessivlieferungs- sowie Dauerlieferungs- und -bezugsverträge. Handelt es sich hingegen um einen Fall des § 108 InsO, also um einen Miet- 311 oder Pachtvertrag über unbewegliche Gegenstände oder Räume oder um Dienstverhältnisse, so bestimmt die Vorschrift, dass diese Vertragsverhältnisse zunächst einmal grundsätzlich fortbestehen. Offene Ansprüche für die Zeit vor Eröffnung sind hierbei jedoch lediglich Insolvenzforderungen (§ 108 Abs. 3 InsO). Für die Zeit nach Eröffnung stellen die Ansprüche hingegen Masseverbindlichkeiten dar. Von diesem Grundsatz normieren die §§ 109 – 114 InsO gewichtige Ausnahmen in §§ 109 und § 113 InsO, nämlich das Recht des Verwalters, derartige Verträge mit einer maximalen Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende zu beenden. Dies bedeutet, dass unabhängig von längeren Laufzeiten bzw. Kündigungsfristen derartige Verträge zeitnah beendigt werden können. bb) Sanierungsarbeitsrecht gemäß §§ 113, 120 – 128 InsO Grundsätzlich gelten die individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Bestim- 312 mungen auch im Insolvenzverfahren; das Insolvenzverfahren hat per se keinen Einfluss auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses, § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO. Das Sanierungsarbeitsrecht der §§ 113, 120 – 128 InsO bietet jedoch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einige Erleichterungen für den häufig im Rahmen
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einer Sanierung zwingend erforderlichen Personalabbau. Dies sind im Wesentlichen die folgenden Erleichterungen: 313 Nach § 113 InsO beträgt die maximale Kündigungsfrist im Insolvenzverfahren drei Monate zum Monatsende. Ist eine kürzere Frist maßgeblich, gilt diese (§ 113 Satz 2 InsO). Die maximale Kündigungsfrist von drei Monaten gilt dabei unabhängig von der Vertragsdauer oder einem individual- oder tarifvertraglichen (z. B. durch Standortsicherungsvereinbarungen) oder gesetzlichen (befristetes Arbeitsverhältnis) Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung (§ 113 Satz 1 InsO (analog)). Erfasst werden mithin alle Arbeitnehmer. 314 Nach § 123 InsO ist das Volumen eines abzuschließenden Sozialplans in der Insolvenz in zweierlei Hinsicht gedeckelt. Zum einen wird das Volumen pro Arbeitnehmer auf 2,5 Monatsverdienste265) beschränkt (§ 123 Abs. 1 InsO). Zum anderen darf das Volumen des Sozialplans insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Insolvenzmasse, die ohne den Sozialplan zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde (mithin der Verteilungsmasse), betragen. 315 Ferner schafft § 125 InsO Erleichterung beim Interessenausgleich mit Namensliste. Grundsätzlich gilt im Insolvenzverfahren das Kündigungsschutzgesetz mit der hieraus erwachsenden Anforderung einer Sozialauswahl, wobei diese durch eine Namensliste im Interessenausgleich insoweit eingeschränkt werden kann, als dann vermutet wird, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann in diesem Fall nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die insoweit geltende Rechtslage außerhalb der Insolvenz (§ 1 Abs. 5 KSchG) gilt auch im Insolvenzverfahren, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. § 125 InsO geht jedoch darüber hinaus, indem eine ausgewogene Personalstruktur durch den Interessenausgleich nicht nur erhalten, sondern zudem geschaffen werden kann, § 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Ferner erstreckt sich die Vermutung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO im Falle eines Betriebsübergangs gemäß § 128 Abs. 2 InsO auch darauf, dass die Kündigung nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgte. § 125 InsO ermöglicht damit das Halten von Leistungsträgern im Unternehmen und das Erreichen eines niedrigeren Durchschnittsalters der Belegschaft nach Sanierung. Außerdem ist ein Betriebsrat aufgrund der Insolvenzsituationen häufig eher zum Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste bereit als außerhalb der Insolvenz. 316 Abschließend zu nennen ist die Möglichkeit nach § 120 InsO, vor Insolvenz abgeschlossene nachteilige Betriebsvereinbarungen zu kündigen. 317 Insgesamt ermöglichen die Vorschriften des Sanierungsarbeitsrechts, notwendige arbeitsrechtliche Umstrukturierungen schneller und mit deutlich geringeren Kosten als außerhalb einer Insolvenz umzusetzen. ___________ 265) Die Berechnung des Monatsverdienstes richtet sich nach § 10 Abs. 3 KSchG. Näher Ahrendt in: HambKomm-InsO, § 123 Rn. 6.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
c) Sonstige insolvenzspezifische Sanierungsinstrumente aa) Vollstreckungsschutz im Antragsverfahren und eröffneten Verfahren Das Insolvenzrecht gewährt in zahlreichen Vorschriften in der InsO und dem 318 ZVG Schutz vor einer Vollstreckung durch die Gläubiger in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Schuldners. Hierdurch soll das Vermögen des Schuldners zusammengehalten werden, um Sanierungsmöglichkeiten auszuloten und umsetzen zu können. Im Antragsverfahren gewährt § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO für bewegliche Ge- 319 genstände die Möglichkeit, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einzustellen. Erfasst werden sowohl aus- und absonderungsberechtigte als auch ungesicherte Gläubiger. Zwangsvollstreckungen in das unbewegliche Vermögen können gemäß § 30d Abs. 4 ZVG untersagt werden.266) Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbietet § 89 InsO die Zwangsvoll- 320 streckung durch die Insolvenzgläubiger, also die ungesicherten Gläubiger der §§ 38, 39 InsO. Aber auch absonderungsberechtigte Gläubiger sind durch die §§ 49, 165 ff. InsO, §§ 30d ff., 153b ff. ZVG bei der Verwertung ihres Sicherungsrechts beschränkt. Bei beweglichen Gegenständen liegt das Verwertungsrecht grundsätzlich beim Insolvenzverwalter bzw. in der Eigenverwaltung beim Schuldner, § 166 InsO. Bei unbeweglichem Vermögen kann die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung einstweilen eingestellt werden, § 30d Abs. 1 – 3 ZVG bzw. § 153b ZVG.267) § 90 InsO sieht ein Vollstreckungsverbot vor für bestimmte Gläubiger von 321 Masseverbindlichkeiten (Massegläubiger), nämlich solche, auf deren Entstehung der Insolvenzverwalter oder im Eigenverwaltungsverfahren der Schuldner keinen Einfluss hat (sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten), § 210 InsO für nachrangige Masseverbindlichkeiten im Falle der Masseunzulänglichkeit (hierzu sogleich) und § 123 Abs. 3 Satz 2 InsO ein dauerhaftes Vollstreckungsverbot für Gläubiger eines Sozialplans.268) bb) Rückgängigmachen insbesondere von Vollstreckungen durch Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO und Rückschlagsperre nach § 88 InsO Die soeben dargestellten Regelungen zum Schutz vor Vollstreckungen werden 322 flankiert von der sog. Rückschlagsperre des § 88 InsO und von den Regelungen zur Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO).
___________ 266) Zu Einzelheiten siehe z. B. Schröder in: HambKomm-InsO, § 21 Rn. 59 ff. 267) Näher zum Ganzen z. B. Schmidt in: HambKomm-InsO, § 165 Rn. 34 ff. m. w. N. 268) Näher z. B. Kuleisa in: HambKomm-InsO, § 90 Rn. 1 ff.
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323 Nach § 88 InsO werden Sicherungen, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt (z. B. eine Sicherungsgrundschuld), mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam. 324 Weitergehend als § 88 InsO ermöglichen die Vorschriften der Insolvenzanfechtung nicht nur die Rückgängigmachung von Sicherungen, sondern auch von Befriedigungen nicht nur, aber auch aus Zwangsvollstreckungen. Die Vorschriften der §§ 129 ff. InsO dienen der Verwirklichung des weltweit geltenden Grundsatzes eines Insolvenzverfahrens, der par conditio creditorum, dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz.269) Alle Gläubiger sollen in einem Insolvenzverfahren grundsätzlich gleichmäßig befriedigt werden. Sicherungen oder Befriedigungen, die Gläubiger im Vorfeld der Insolvenz – zu Recht (kongruente Deckungen) oder zu Unrecht (inkongruente Deckungen) – bekommen haben, können unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO zugunsten der Gesamtgläubigerschaft rückgängig gemacht werden. 325 Die vom Anfechtungsrecht erfassten Fallkonstellationen sind äußerst vielfältig und nicht nur auf Sicherungen und Befriedigungen durch Zwangsvollstreckungen und Zahlungen nach vorausgegangenen Androhungen mit solchen (sog. Druckzahlungen) beschränkt.270) cc) Kostenbeiträge der Absonderungsberechtigten nach §§ 170 ff. InsO 326 Zu Zeiten der vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung geltenden Konkursordnung konnte eine Vielzahl von Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden, unter anderem, weil oft – wie auch heute noch – sämtliches Schuldnervermögen mit Sicherungsrechten belastet war und daher keine freie Masse zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens vorhanden war.271) 327 Diesen Zustand hat die Insolvenzordnung geändert. Hiernach müssen die absonderungsberechtigten Gläubiger Kostenbeiträge in Höhe von 4 % Feststellungskostenpauschale und regelmäßig 5 % Verwertungskostenpauschale aus dem Verwertungserlös leisten, §§ 170, 171 InsO. Dies dient der Kostendeckung und damit Durchführbarkeit des Insolvenzverfahrens.272)
___________ 269) Zur Anfechtung als Kernstück der Gläubigergleichbehandlung Bork, ZIP 2014, 797. 270) Einen Überblick über typische, dem Anfechtungsrecht unterfallende Fallkonstellationen einschließlich der einschlägigen Rechtsnormen findet sich z. B. bei Rogge/Leptien in: HambKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 37. 271) Zuletzt war der Anteil der nicht eröffneten Konkursverfahren unter Geltung der KO auf über 75 % gestiegen, vgl. Kaufmann, Die Berücksichtigung sonstiger Masseverbindlichkeiten, S. 40. 272) Schmidt in: HambKomm-InsO, § 1 Rn. 36.
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dd) Verfahren bei Masseunzulänglichkeit gemäß §§ 208 ff. InsO Aufgrund der zum Teil weiter oben beschriebenen sowie weiteren Maßnahmen 328 zur Bekämpfung der nach früherem Recht herrschenden Masselosigkeit und somit einer erleichterten Eröffnungsfähigkeit von Insolvenzverfahren nach neuem Recht273) gibt es zwangsläufig nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung viele Verfahren, in denen die Masse nicht ausreicht, um sämtliche Masseverbindlichkeiten zu befriedigen. Dies liegt zugleich daran, dass der Gesetzgeber der Insolvenzordnung die sog. oktroyierten Masseverbindlichkeiten, also kraft Gesetzes aus fortbestehenden Dauerschuldverhältnissen (insbesondere Arbeitsund Mietverhältnissen) herrührende Masseschulden (§ 55 Abs. 1 InsO), die der Insolvenzverwalter (oder bei der Eigenverwaltung der Schuldner) nach Eröffnung erfüllen muss, obwohl er die Leistung nicht zur Masse zieht, nicht abgeschafft hat. In derartigen Fällen von Masseunzulänglichkeit ermöglichen die §§ 208 ff. InsO die weitere Abwicklung und Beendigung des Insolvenzverfahrens, indem gewisse Masseverbindlichkeiten in den Nachrang eingestuft werden, § 209 InsO, und die Vollstreckung wegen nachrangiger Masseverbindlichkeiten verboten ist, § 210 InsO. Da ein Insolvenzplan ebenso bei Masseunzulänglichkeit möglich ist, § 210a InsO, können auch solche Unternehmen saniert werden, bei denen die Masse nicht ausreicht, um sämtliche oktroyierten Masseverbindlichkeiten zu bedienen. Als Beispiel kann der Falle eines Personalabbaus im größeren Umfang, etwa bei einer Teilbetriebsstillegung genannt werden. Soll z. B. ein Teilbetrieb mit 100 Mitarbeitern erhalten werden, während der größere Betriebsteil mit 600 Mitarbeitern geschlossen werden soll, und reicht die Masse nicht aus, die Auslauflöhne für sämtliche 700 Mitarbeiter zu zahlen, so kann über die Vorschriften der §§ 208 ff. InsO der sanierungswürdige Betriebsteil trotzdem erhalten werden und das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß beendet werden. 4. Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Die zuvor dargestellten Sanierungsinstrumente kann nur derjenige nutzen, der 329 die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt. Ein Insolvenzverfahren kann nur eröffnet werden, wenn der Schuldner insolvenzverfahrensfähig ist (§§ 11 f. InsO) sowie ein zulässiger Insolvenzantrag (§§ 13 ff. InsO) und ein Eröffnungsgrund (§§ 16 ff. InsO) vorliegen. Ferner müssen die Verfahrenskosten gedeckt sein, § 26 InsO. a) Insolvenzverfahrensfähigkeit nach §§ 11 f. InsO Die Insolvenzverfahrensfähigkeit ist in § 11 InsO geregelt. Nach dessen Ab- 330 satz 1 ist das Insolvenzverfahren zulässig über das Vermögen jeder natürlichen oder juristischen Person (also z. B. Einzelpersonen, GmbH (einschließlich ___________ 273) Überblick über die vom Gesetzgeber mit der InsO ergriffenen Maßnahmen gegen die Massearmut bei Schmidt in: HambKomm-InsO, § 1 Rn. 35 ff.
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gGmbH), UG, AG, Stiftung) sowie gemäß Absatz 2 auch über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (OHG, KG, GbR). § 12 InsO regelt gegnüber diesem Grundsatz einschränkend, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes unterstehen, nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sein können, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Hiervon haben zahlreiche Länder Gebrauch gemacht, z. B. Bremen, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen.274) 331 Da in Deutschland Krankenhäuser von ganz verschiedenen Trägern – Kirchen, Kommunen, Privaten sowie den Bundesländern selbst – betrieben werden,275) ist die Frage, in welcher Organisationsform im konkreten Fall das Krankenhaus betrieben wird, damit eine vorrangig zu beantwortende Frage bei den Überlegungen, ob ein Krankenhaus im Insolvenzverfahren überhaupt saniert werden kann. Betreibt eine Gebietskörperschaft ein Krankenhaus als Regiebetrieb oder organisatorisch verselbstständigt als Eigenbetrieb, ist dieses als Teil des Vermögens des öffentlichen Trägers anzusehen; sämtliche Aktiva und Passiva sind unmittelbar dem Vermögen der Gebietskörperschaft zuzurechnen und im Insolvenzfall findet die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO Anwendung;276) ein Insolvenzverfahren ist ausgeschlossen. Öffentliche Krankenhäuser sind also nur insolvenzfähig, wenn sie zumindest formell privatisiert wurden. b) Zulässiger Insolvenzantrag nach §§ 13 ff. InsO277) 332 Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt einen wirksamen Insolvenzantrag voraus, § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO, und zwar entweder des Schuldners (Eigenantrag) oder eines Gläubigers (Fremdantrag), § 13 Abs. 1 Satz 2 InsO. 333 Die gesetzliche Systematik stellt sich wie folgt dar: x
§ 13 InsO: Grundnorm, insbesondere Schuldnerantrag (Eigenantrag).
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§ 13a InsO: Gruppen-Gerichtsstand.
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§ 14 InsO: Besonderheiten beim Gläubigerantrag (Fremdantrag).
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§ 15 InsO: Besonderheiten beim Antrag einer jur. Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, siehe ferner § 18 Abs. 3 InsO.
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§ 15a InsO: Gesetzliche Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung.
___________ 274) Zur Übersicht siehe Vuia in: MünchKomm-InsO, § 12 Rn. 22 ff. 275) Die Vielfalt der Trägerschaft ist einer der tragenden Grundsätze des Krankenhausrechts und spiegelt sich sowohl im Bundesrecht (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 KHG) als auch in den Landesgesetzen wider, vgl. z. B. § 3 Abs. 1 Satz 2 BremKrhG, § 1 Abs. 1 Satz 2 NKHG, § 1 Abs. 3 Satz 1 KHG NRW. 276) Vallender, ZInsO 2016, 773. 277) Ausführlich zu den Anforderungen an einen wirksamen Insolvenzantrag, Bork/HölzleNissen, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 4 Rn. 7 ff.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
In der hier relevanten Konstellation, in der eine Sanierung des Unternehmens 334 im Insolvenzverfahren (i. d. R. in Eigenverwaltung) angestrebt wird, geht es um den wirksamen Eigenantrag, mithin um die Voraussetzungen des § 13 InsO und – in aller Regel – die der § 15 f. InsO.278) Hierbei sind die Anforderungen an einen zulässigen Eigenantrag durch das 335 ESUG erheblich verschärft worden, weswegen eine Begleitung der Antragstellung durch einen Insolvenzrechtsexperten dringend angeraten ist.279) Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InsO ist ein Gläubigerverzeichnis stets obligatorisch. Bei einem laufenden Geschäftsbetrieb ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4, 5 und 7 InsO darüber hinaus ein qualifiziertes Gläubigerverzeichnis mit den dort genannten „SollAngaben“ erforderlich, bei einer beantragten Eigenverwaltung (Satz 5 Nr. 1) oder einem sog. Größenklassenverfahren (Satz 5 Nr. 2) – wenn also die Merkmale der § 22a InsO, § 267 Abs. 2 HGB erfüllt sind – oder, wenn die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschuss beantragt ist (Satz 5 Nr. 3), sind diese Angaben zwingend, § 13 Abs. 1 Satz 4, 5, 6 und 7 InsO. Bei einem Antrag einer juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechts- 336 persönlichkeit sind darüber hinaus die Voraussetzungen des § 15 InsO zu beachten. Danach ist antragsberechtigt gemäß § 15 Abs. 1 InsO jedes Mitglied des Vertretungsorgans oder jeder persönlich haftende Gesellschafter (bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit). Wird der Antrag nicht von allen vertretungsberechtigten Mitgliedern gestellt, ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird, § 15 Abs. 2 Satz 1 InsO. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans zu hören, § 15 Abs. 2 Satz 3 InsO. Bei einer Antragstellung aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit (hierzu sogleich) ist § 18 Abs. 3 InsO zu beachten. § 15a InsO normiert die Antragspflicht im Falle eingetretener Zahlungsun- 337 fähigkeit und/oder Überschuldung. Hierbei sind die Fristen zu beachten, die nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) nunmehr drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen bei Überschuldung betragen. Nach dem Sanierungs- und insolvenzrechtlichen Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG) beträgt die Höchstfrist im Falle der Überschuldung vorübergehend, bis zum 31.12.2023, acht Wochen.
___________ 278) Zu den Voraussetzungen eines wirksamen Gläubigerantrags vgl. z. B. Linker in: HambKomm-InsO, § 14 InsO. 279) Untersuchungen haben ergeben, dass zu Beginn nach Inkrafttreten des ESUG 90 % der Anträge fehlerhaft waren, später immer noch rund 50 %, siehe Frind, ZInsO 2016, 2376 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz Praxistipp: Bei einem Antrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ist nach herrschender Meinung überdies im Innenverhältnis ein zustimmender Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeizuführen, weil andernfalls der den Antrag stellende Geschäftsführer/Vorstand sich im Innenverhältnis gegenüber den Gesellschaftern haftbar machen kann.280) Überdies sind generell vor einer Insolvenzantragstellung etwaige, nach der Satzung vorgesehene Zustimmungserfordernisse durch Aufsichtsgremien etc. zu beachten.
c) Vorliegen eines Insolvenzgrunds (§§ 16 ff. InsO) Gutmann
338 Ferner setzt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß § 16 InsO voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist. Nur dann sind die weitreichenden Eingriffe, die das Insolvenzverfahren für den Schuldner, aber auch die Gläubiger mit sich bringt – Übergang von dem einzelzwangsvollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip zum Gesamtvollstreckungsverfahren im Sinne der Gläubigergleichbehandlung und Erhöhung der Sanierungschancen durch koordiniertes Vorgehen – gerechtfertigt.281) 339 Das Gesetz unterscheidet hierbei drei Insolvenzgründe: a) Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO b) Drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO c) Überschuldung, § 19 InsO 340 Bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit besteht bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung für die Organe der Gesellschaft die Pflicht, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder von sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung,282) die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen, § 15a Abs. 1 InsO. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit besteht hingegen nur ein Antragsrecht. Dieses steht nur dem Schuldner zu, § 18 Abs. 1 InsO, ein Gläubiger kann seinen Antrag nicht darauf stützen. 341 Die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) wird dabei als allgemeiner Eröffnungsgrund bezeichnet (vgl. § 17 Abs. 1 InsO), weil er für alle gemäß § 11 InsO insolvenzfähigen Rechtsträger und sowohl bei einem Eigen- als auch einem Fremdantrag gilt, während Überschuldung (§ 19 InsO) und drohende Zah___________ 280) Mit Nachweisen, auch zur Gegenmeinung, Braun-Bußhardt, InsO, § 18 Rn. 17. 281) Näher Schröder in: HambKomm-InsO, § 16 Rn. 3 m. w. N. 282) Durch das Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz – SanInsKG), BGBl. 2022 I S. 1968, wird die Frist für die Zeit bis zum 31.12.2023 auf acht Wochen verlängert.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
lungsunfähigkeit (§ 18 InsO) als besondere Eröffnungsgründe bezeichnet werden, weil sie nicht in allen Fällen einen Eröffnungsgrund darstellen (Überschuldung nur bei juristischen Personen und Personen ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; drohende Zahlungsunfähigkeit nur bei einem Eigenantrag).283) Liquidität
Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantragspflicht
0
Zeit
Drohende Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantragsrecht
aa) Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist ein Schuldner zah- 342 lungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ist Zahlungsunfähigkeit dabei in der Regel anzunehmen – wird also vermutet –, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (Zahlungseinstellung als gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 24.5.2005284) 343 näher definiert, wann Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne vorliegt. Danach liegt Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne regelmäßig jedenfalls dann vor, wenn der Schuldner 10 % oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten länger als drei Wochen nicht erfüllen kann, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist. Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke weniger als 10 %, liegt Zahlungsunfähigkeit nur vor, wenn bereits absehbar ist, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. ___________ 283) Schröder in: HambKomm-InsO, InsR, § 16 Rn. 5 f. 284) BGH, Urt. v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, NZI 2005, 547.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
344 Dies führt in der Praxis zu der folgenden zweistufigen Prüfungsreihenfolge: 1. Prüfungsschritt (Stichtag) 1. Prüfungsschritt (Stichtag)
2. Prüfungsschritt (+ 3 Wo.)
Liquide Mittel Liquide Mittel + Einzahlungen
Fällige Verbindlichkeiten
345 Im ersten Schritt ist eine stichtagsbezogene Betrachtung vorzunehmen. Danach werden zu einem bestimmten Stichtag die liquiden Mittel zu diesem Stichtag den fälligen Verbindlichkeiten zu diesem Stichtag gegenübergestellt. Können die fälligen Verbindlichkeiten mit den liquiden Mitteln vollständig ausgeglichen werden, liegt Zahlungsfähigkeit vor. Weiterer Prüfungsschritte bedarf es dann nicht. 346 Besteht hingegen eine Deckungslücke in Höhe von 10 % oder mehr, müssen in einem zweiten Schritt im Rahmen einer Prognose zu den liquiden Mitteln am Stichtag die Zahlungseingänge und zu den fällig werdenden Verbindlichkeiten am Stichtag die fällig werdenden Verbindlichkeiten der dem Stichtag folgenden drei Wochen (Aktiva II und Passiva II) addiert werden.285) Die lange Zeit unklare Streitfrage, ob bei der Fortschreibung des Liquiditätsstatus im Dreiwochenzeitraum nicht nur die neue freie Liquidität (sog. Aktiva II), sondern auch die neuen fälligen Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) zu berücksichtigen sind, ist durch die Entscheidung des für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Senats des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2017286) im Sinne der herrschenden Literaturmeinung entschieden worden. Es werden also in dem zweiten Schritt die Aktiva I und II den Passiva I und II gegenübergestellt. 347 Ergibt sich, dass die prozentuale Unterdeckung innerhalb des Drei-WochenZeitraums nicht beseitigt werden kann, kommt es darauf an, wie hoch die verbleibende prozentuale Unterdeckung ist. 348 Ist sie 10 % oder größer, so ist grundsätzlich von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zumutbar ist. Dieser Zeitraum kann in Ausnahmefällen drei bis sechs Monate betragen.287) Denkbare Fälle hierfür sind insbesondere Unternehmen mit Saisongeschäft (Weihnachtsmänner, Bademoden). 349 Ist die Deckungslücke kleiner als 10 %, liegt regelmäßig Zahlungsstockung vor. Der Liquiditätsplan ist aber weiter zu entwickeln für die nächsten drei ___________ 285) Ampferl/Kilper, NZI 2018, 191. 286) BGH, Urt. v. 19.12.2017 – II ZR 88/16, NJW 2018, 1089. 287) Graf-Schlicker/Bremen, InsO, § 17 Rn. 23 (drei Monate).
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
bis sechs Monate („demnächst“). Zeigt sich daraus eine dauerhafte Deckungslücke, liegt nicht nur eine Zahlungsstockung, sondern Zahlungsunfähigkeit vor, wobei es dann nicht mehr darauf ankommt, ob die noch bestehende Deckungslücke die 10 %-Grenze überschreitet oder nicht.288) Diese Rechtsprechung hat Kritik erfahren aufgrund ihrer Manipulationsan- 350 fälligkeit der Ausgangsgrößen, der Vermischung von Bestands- und Flussgrößen, der Verwendung von aufsummierten Zahlen, die die tatsächliche Liquiditätslage nicht abbilden, und des nicht mit einem Buchungszeitraum übereinstimmenden Zeitraums der Betrachtung.289) Die Rechtsprechung wurde im Jahr 2022 durch zwei Entscheidungen des Bun- 351 desgerichtshofs modifiziert, deren Auswirkungen derzeit noch unterschiedlich bewertet werden. Dennoch sind diese für die Praxis von erheblicher Tragweite. Der für das Insolvenzrecht zuständige IX. Senat hat im Urteil vom 28.4.2022 ausgeführt, dass die Zahlungsunfähigkeit durch einen Status mit darauf aufbauendem dreiwöchigen Finanzplan festgestellt werden kann, in dem tagesgenau die Einzahlungen und Auszahlungen gegenübergestellt werden und aus dem sich ergibt, dass an keinem der Tage die Liquiditätslücke geringer als 77 % ist.290) Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Senat hat im Urteil vom 28.6.2022 entschieden, es reiche aus, wenn von dem am Stichtag eine erhebliche Unterdeckung ausweisenden Status an keinem der im Prognosezeitraum von drei Wochen liegenden drei bilanzierten Tagen im Wochenrhythmus die Lücke in relevanter Weise geschlossen wird.291) Daher sollte sich der verantwortliche Geschäftsleiter nicht darauf verlassen, die 352 bisherige, intransparente und prospektiv nur schwer zu erfassende Liquiditätsbilanz-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Fokus zu haben. Sinnvollerweise ist ein Finanzplan mindestens im Monatsrhythmus, bei Eintritt von Krisensymptomen dann wochen- und bei absehbaren Liquiditätsschwierigkeiten im Tagesrhythmus aufzustellen. bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO Weiterer Insolvenzeröffnungsgrund ist die drohende Zahlungsunfähigkeit. 353 Diese liegt vor, wenn ein Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage ist, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit berechtigt nur den Schuldner selbst, einen Antrag zu stellen, nicht jedoch einen Gläubiger (siehe § 18 Abs. 1 InsO). Die ___________ 288) BGH, Urt. v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, NZI 2005, 547; ebenso IDW S 11, Tz. 14 ff. 289) Vgl. die Darstellung bei Gutmann, NZI 2021, 473 ff. mit Vorschlag eines neuen Modells; Scholz-Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 29 mit dem Hinweis, man sollte sich auf die realistischere Perspektive des Liquiditätsplans verlassen und nicht auf die „Liquiditätsbilanz“ des BGH; siehe auch VID-Empfehlungen zum Insolvenzrecht – Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit, ZRI 2022, 660. 290) BGH, Urt. v. 28.4.2022 – IX ZR 48/21, NZI 2022, 733 mit Anm. Bangha-Szabo. 291) BGH, Urt. v. 28.6.2022 – II ZR 112/21, NZI 2022, 787 mit Anm. Gutmann.
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drohende Zahlungsunfähigkeit ist weiterhin der einzige Eintrittsgrund für die Nutzung des modularen Rahmens nach dem StaRUG, einer Sanierungsmoderation oder Restrukturierung (siehe §§ 94, 29, 30 StaRUG).292) 354 Der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit wurde mit der Insolvenzordnung am 1.1.1999 eingeführt. Eine Zahlungsstockung soll ebenso außer Betracht bleiben wie eine geringfügige Liquiditätslücke.293) Der Gesetzgeber gab vor, dass die gesamte Entwicklung der Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten einbezogen werden soll, der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss dann bejaht werden, wenn er wahrscheinlicher ist als deren Vermeidung.294) Die Einschätzung, ob die Zahlungsunfähigkeit „voraussichtlich“ eintritt, muss „überwiegend wahrscheinlich“ sein, meint eine Wahrscheinlichkeit von über 50 %.295) Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss wahrscheinlicher sein als ihre Vermeidung.296) Mit dieser Wertung kommt man in der Praxis nicht immer weiter. Es muss die Grundsatzfrage geklärt werden, ob eine einwertige (meint nur einen Verlauf) oder eine mehrwertige (meint mehrere Verläufe) Prognose abgegeben werden soll.297) In der Praxis werden häufig mehrwertige Verläufe angewendet, die h. M. hält jedoch nur die Entscheidung für einen Wert für richtig.298) Bei den Prognosen im Rahmen der Sanierungskonzepte legt die höchstrichterliche Rechtsprechung offenbar keine unterschiedlichen, alternativen Wege zugrunde.299) 355 Teilweise werden Unterschiede zu der Fortführungsprognose beim Überschuldungstatbestand ausgemacht, weil es in § 18 InsO nur um die Fähigkeit geht, die jetzigen, d. h., „bestehenden“ Verbindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu begleichen; dies wird dann jedoch wieder relativiert, da zur Ermittlung der Fähigkeit zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten ja auch die weiteren entstehenden und fälligen Verbindlichkeiten berücksichtigt werden müssen.300) 356 Es ist ein Finanzplan aufzustellen, der sinnvollerweise die erwarteten Ein- und Auszahlungen künftiger Perioden abbildet und aus Plan-GuV-Rechnungen und Plan-Bilanzen abgeleitet wird.301) Bei den auftretenden Liquiditätslücken und der Folgeprüfung sollte dabei nicht auf die Ermittlung auf Basis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 17 InsO abzustellen sein, sondern es ___________ 292) Das Gesetz spricht von einem restrukturierungsfähigen Schuldner und meint damit den Eintrittsgrund und die Insolvenzfähigkeit. Siehe hierzu Rn. 187. 293) Begründung des RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 114. 294) Begründung des RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 114. 295) K. Schmidt-K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 21. 296) OLG Hamm, Urt. v. 23.9.2014 – 27 U 149/13, ZInsO 2014, 2275, 2278. 297) Gutmann, NZI 2022, 457, 460. 298) Uhlenbruck-Mock, InsO, § 18 Rn. 26. 299) BGH, Urt. v. 12.5.2016 – IX ZR 65/14, NZI 2016, 636; BGH, Urt. v. 3.3.2022 – IX ZR 78/20, NZI 2022, 385. 300) Bitter in: Scholz, GmbH-Gesetz, Vor § 64 Rn. 111; K. Schmidt-K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 22. 301) Drukarczyk in: MünchKomm-InsO, § 18 Rn. 32, 33.
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erfolgt ausschließlich ein Vergleich der liquiden Mittel zu den fälligen Verbindlichkeiten zu den jeweiligen Zeitpunkten.302) Die angeblich h. M. wendet jedoch auch hier die Berechnung zu § 17 InsO im Rahmen der Prüfung des § 18 InsO an.303) Hergeleitet wird dies mit den Ausführungen im Regierungsentwurf zur InsO aus dem Jahr 1992, welcher bei den Grundsätzen zur Ermittlung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in Hinblick auf eine vorübergehende Zahlungsstockung und ganz geringfügige Liquiditätslücken auf die Begründung zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit verweist.304) Eine solche Konzeption ist jedoch „reine Theorie“305) und wird in der Unternehmenspraxis nicht angewendet.306) Es ist daher zu empfehlen, schon bei Liquiditätslücken im Finanzplan – auch ohne Hinzurechnung der Beträge aufgrund der Rechtsprechung des BGH zu Ermittlung der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit – die Konsequenzen zu ziehen, sprich Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu ergreifen.307) Die Länge des Prognosezeitraums war immer umstritten. Die wohl h. M. ging 357 davon aus, dass sich die Prognose auf das laufende und das darauffolgende Geschäftsjahr bezieht.308) Der Gesetzgeber hat nun mit Inkrafttreten des SanInsFoG für die drohende Zahlungsunfähigkeit „in aller Regel“ einen Zeitraum von 24 Monaten festgelegt, um die Unsicherheiten über die Länge auszuschließen.309) Bei Besonderheiten des Geschäftsbetriebs kann dabei auf einen kürzeren oder längeren Zeitraum abzustellen sein.310) Bei der Aufstellung eines Finanzplans für ein Krankenhaus sind die Besonder- 358 heiten bei den Umsätzen und Aufwendungen aus der Gewinn- und Verlustrechnung auf die Ein- und Auszahlungen zu übertragen. Die Leistungen des Krankenhauses können erst nach vollständiger und zeitnaher Dokumentation und Codierung, was häufig lang dauert und nicht selten erst nach der Entlassung des Patienten passiert, somit nicht fallbegleitend erfolgt, abgerechnet werden. Diese tatsächlichen Gegebenheiten sind bei der Erstellung der Planrechnungen zu berücksichtigen. Auch Sondereffekte, so in jüngster Vergangenheit die Regelungen zur Coronapandemie, sind zu berücksichtigen, weiterhin Drittmittel und Trägerzuschüsse; ebenso sind bei den relevanten Auszahlungen Besonderheiten zu beachten, z. B., was die Sonderzahlungen an Arbeitnehmer und die üblichen Rhythmen bei den Materialbestellungen angeht.311) ___________ 302) Gottwald/Haas-Gundlach, InsR-Hdb., § 6 Rn. 18; entschieden, K. Schmidt-K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 12; Uhlenbruck-Mock, InsO, § 18 Rn. 18, 19. 303) Hier wird immer zitiert Frankfurter Kommentar/Schmerbach, InsO, § 18 Rn. 11. 304) RegE zur InsO, BT-Drucks.12/2443, S. 114. 305) K. Schmidt-K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 12. 306) IDW S11, Stand 23.8.2021, Tz. 59; Gutmann, NZI 2022, 457, 462. 307) Scholz-Bitter, GmbHG, Vor 64 Rn. 116 mit Verweis auf Rn. 28. 308) Drukarczyk in: MünchKomm-InsO, § 18 Rn. 63. 309) Begründung zum RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 196. 310) Begründung, zum RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 196; kritisch Bitter in: Scholz, GmbH-Gesetz, Vor 64 Rn. 116 mit Verweis auf Rn. 28. 311) Siehe Lütcke/Marke/Horn, KU Gesundheitsmanagement 8/2021, 68, 71.
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cc) Überschuldung nach § 19 InsO 359 Der jetzt geltende Überschuldungsbegriff wurde mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz 2008 eingeführt. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich. Durch das SanInsFoG wurde dann gleichfalls die Streitfrage geklärt, wie lange der Prognosezeitraum ist: Dieser ist auf zwölf Monate festgelegt worden. Abweichendes galt im Jahr 2021, als der Prognosezeitraum auf vier Monate begrenzt wurde, wenn die Überschuldung auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen war (§ 4 COVInsAG, in der ab 1.1.2021 geltenden Fassung). Durch das SanInsKG soll der Prognosezeitraum für die Zeit bis zum 31.12.2023 auf vier Monate begrenzt werden.312) Ob das SanInsKG eingreift, ist sorgfältig zu prüfen.313) 360 Sinnvollerweise ist im ersten Schritt zu prüfen, ob die Fortführungsprognose für den maßgeblichen Zeitraum positiv ist.314) Kann dies bejaht werden, ist die Prüfung zu Ende. Die Fortführungsprognose soll letztlich den Fortbestand des Rechtsträgers beurteilen, es kommt daher nicht auf eine Ertragsfähigkeit an, sondern auf die Zahlungsfähigkeit im Zeitlauf.315) Dabei wird auch hier – ebenso wie bei der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit – ein Finanzplan aufgestellt, anhand dessen die Finanzplanüberschüsse oder -defizite gemessen werden.316) Die Berechnung hat nach denselben Grundsätzen zu erfolgen wie bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit. In der Begründung zum Regierungsentwurfs des SanInsFoG ist ausschließlich von den Unterschieden bei der Dauer des Prognosezeitraums und der Berücksichtigung einer erfolgreichen Umsetzung der Sanierung (bei Überschuldung: ja, bei drohender Zahlungsunfähigkeit: nein) die Rede; im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die anderen Voraussetzungen identisch sind.317) 361 Ist die Fortführungsprognose im maßgeblichen Prognosezeitraum negativ, weil im Finanzplan ein Defizit ausgewiesen wird, welches nicht mehr ausgeglichen werden kann, so ist im zweiten Schritt in einem Vermögensvergleich zwischen Aktiv- und Passivvermögen zu prüfen, ob das Vermögen die Schulden deckt. Hierbei sind die Liquidationswerte anzusetzen, weil ja gerade die Fortführung nicht von Dauer sein kann.318) Die Liquidationswerte sind diejenigen, die bei ___________ 312) § 4 des SanInsKG (Nachfolgegesetz des COVInsAG) mit der Ausnahme, dass der verkürzte Zeitraum dann nicht maßgeblich sein sollte, wenn vor Inkrafttreten des Gesetzes die Frist für die Antragstellung abgelaufen war. 313) Differenzierend Gutmann/Michels, NZI 2023, 7. 314) Zur Prüfungsreihenfolge K. Schmidt-K. Schmidt/Herchen, InsO, § 19 Rn. 14 f. 315) K. Schmidt-K. Schmidt/Herchen, InsO, § 19 Rn. 46; Drukarczyk/Schüler in: MünchKommInsO, § 19 Rn. 95; Schröder in: HambKomm-InsO, § 19 Rn. 10. 316) Drukarczyk/Schüler in: MünchKomm-InsO, § 19 Rn. 79 ff., 90. 317) RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, 197. 318) Drukarczyk/Schüler in: MünchKomm-InsO, § 19 Rn. 112; Uhlenbruck-Mock, InsO, § 19 Rn. 65; KPB/Pape, InsO, § 19 Rn. 56.
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
einer regulären und außergerichtlichen Liquidation erzielt werden, nicht etwa bei einer Liquidation im Rahmen eines Insolvenzverfahrens.319) Im Überschuldungsstatus sind insbesondere die Pensionsverpflichtungen und 362 bei Plankrankenhäusern die „Sonderposten aus Fördermitteln nach dem KHG“ mit den häufig hohen Beträgen zu passivieren.320) Bei der Fortführungsprognose soll es auch darauf ankommen können, ob ein 363 Sanierungskonzept mit überwiegender Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden kann.321) Diese Integration des beabsichtigten Konzepts in die Prognose, ob eine Zahlungsunfähigkeit eintritt, unterscheidet neben dem Prognosezeitraum die beiden Insolvenzeröffnungsgründe drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. dd) Zusammenfassung Die Unterschiede der drei Insolvenzgründe können durch das nachfolgende 364 Schaubild dargestellt werden:
Droh. Zahlungsunfähigkeit: Prognosezeitraum ZU 24 Monate
Überschuldung: Prognosezeitraum ZU 12 Monate & Vermögensvergleich
ZU eingetreten
ZU eingetreten
d) Vorliegen einer verfahrenskostendeckenden Masse nach § 26 InsO Gutmann/Kaufmann
Damit ein Insolvenzverfahren, auch ein Eigenverwaltungsverfahren, überhaupt 365 eröffnet werden kann, müssen zudem die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sein, § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO. Ist dies nicht der Fall, so wird der Antrag „mangels Masse“ abgewiesen. ___________ 319) Schröder in: HambKomm-InsO, § 19 Rn. 32. 320) Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 66. 321) Siehe RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 197; Brinkmann, ZIP 2020, 2361, 2362.
Gutmann/Kaufmann
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
366 Kosten des Insolvenzverfahrens sind die in § 54 InsO aufgeführten Kosten, also x
die Gerichtskosten nebst Auslagen (hierzu gehören auch die Kosten der vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachverständigen, z. B. des Insolvenzsachverständigen),
x
die Vergütung und Auslagen des vorläufigen sowie des endgültigen Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters im Falle der Eigenverwaltung sowie schließlich
x
die Vergütung und die Auslagen des Gläubigerausschusses, sofern ein solcher eingesetzt ist. Kaufmann
367 Die Kosten der Berater im Eigenverwaltungsverfahren, plus die eines CRO oder CIO, stellen keine Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO dar. Hierbei handelt es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 InsO. 368 Sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 InsO müssen für die Verfahrenskostendeckungsprüfung nicht gedeckt sein. Dies gilt auch für sog. unausweichliche Masseverbindlichkeiten.322) 369 Im Rahmen des Finanzplans der Eigenverwaltungsplanung sind jedoch die Beratungskosten zu berücksichtigen, jedenfalls, sofern sie im Planungszeitraum fällig werden (siehe Rn. 276 ff.). 5. Ablauf eines Insolvenzverfahrens (Überblick) 370 Sind alle genannten Voraussetzungen gegeben, kann das Insolvenzverfahren eröffnet werden. 371 Der grobe Ablauf eines Insolvenzverfahrens im Allgemeinen untergliedert sich in drei große Abschnitte – Vermögensermittlung, Vermögensverwertung und Vermögensverteilung – und stellt sich schematisch wie folgt dar:
___________ 322) Ausführlich hierzu Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Meyer/Karlström, Insolvenzverwaltung, Kap. 5 Rn. 10 ff. sowie Kaufmann, Die Berücksichtigung sonstiger Masseverbindlichkeiten, S. 71 ff.; Kaufmann, ZInsO 2006, 961, 962 f.
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Kaufmann
Insolvenzantrag durch Unternehmen oder Gläubiger
Kaufmann
grundsätzlich max. 3 Monate
Bei Eigenverwaltung: • Unternehmen bleibt verwaltungs- und verfügungsbefugt • unter Aufsicht Sachwalter
Übergang Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf Insolvenzverwalter
Insolvenzeröffnung
• Prüfung 1. Eröffnungsgründe 2. Verfahrenskostendeckende Masse • Ggf. Sicherungsmaßnahmen (§§ 21 ff. InsO), insb. vorläufiger Insolvenzverwalter • i. d. R. Betriebsfortführung unter Aufsicht eines vorläufigen IV • Verhandlung über Nachfolgelösung + Gespräche mit BR/ Gewerkschaft
Insolvenzantragsverfahren
Bei vorläufiger Eigenverwaltung: • Unternehmen führt das Verfahren • unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters
Verwertung der Masse
• Bericht über Insolvenzverfahren und Sanierungsaussichten • Neuwahl des Insolvenzverwalters möglich • Abstimmung über bedeutsame Rechtshandlungen (§ 160 ff. InsO) • Verbindung mit Prüfungstermin und Abstimmungs- und Erörterungstermin beim Planverfahren (§§ 235, 236 InsO)
Berichtstermin
Bei Eigenverwaltung: • GLV kann über Aufhebung entscheiden, § 272
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Ggf. gesonderter Abstimmungs- und Erörterungstermin beim Insolvenzplan
Verwertung der Masse
Ggf. gesonderter Prüfungstermin Einreichung Schlussunterlagen durch IV
Schlusstermin
Bei Eigenverwaltung • Einreichung Schlussrechnung durch Eigenverwalter, sofern nicht im Plan auf die Schlussrechnung verzichtet wurde • Verteilung grds. durch Unternehmen, § 283 InsO
Aufhebung/Einstellung des Verfahrens
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Kaufmann
I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
a) Insolvenzantragsverfahren Damit ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, muss ein Insolvenzantrag 372 gestellt werden. Das Insolvenzverfahren ist ein Antragsverfahren. Der Antrag kann hierbei durch den Schuldner (Eigenantrag) oder einen Gläubiger (Fremdantrag) gestellt werden (zu den jeweiligen Anforderungen siehe Rn. 332 ff.). Das Insolvenzgericht bestellt daraufhin regelmäßig einen Insolvenzsachverstän- 373 digen mit dem Auftrag, zu prüfen, ob die Eröffnungsvoraussetzungen (Vorliegen eines Insolvenzgrunds, Vorliegen einer die Verfahrenskosten deckenden Masse) vorliegen. Handelt es sich um einen laufenden Geschäftsbetrieb, und/oder gibt es zu si- 374 chernde Vermögensgegenstände, und/oder kommt der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht nach, ordnet das Insolvenzgericht vorläufige Maßnahmen zur Sicherung der Masse an. Die häufigste Sicherungsmaßnahme ist in derartigen Fällen die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Hierbei wird in der Regel ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (sog. schwacher vorläufige Insolvenzverwalter) bestellt. In diesem Fall bedürfen die Rechtshandlungen des Schuldners der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, um Rechtswirkungen zu entfalten. Handelt der Schuldner obstruktiv, ist auch die Bestellung eines sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters möglich, auf den bereits im Antragsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht. Ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter kann dann schon im Antragsverfahren ohne Mitwirkung des Schuldners für die künftige Insolvenzmasse handeln. Ein laufender Geschäftsbetrieb wird im Antragsverfahren regelmäßig zunächst 375 fortgeführt.323) Dies aus mehreren Gründen: Zum einen verpflichtet die Insolvenzordnung den (vorläufigen) Insolvenzverwalter, einen laufenden Geschäftsbetrieb fortzuführen (§§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 158 InsO). Dies dient der Gläubigerautonomie, weil die Gläubiger im Berichtstermin, der in den ersten drei Monaten nach Eröffnung stattfindet (§ 29 Abs. 1 Nr. I InsO), über den Fortgang des Verfahrens und damit auch die Fortführung des Unternehmens des Schuldners entscheiden können sollen (§ 157 InsO), was zwingend die einstweilige Fortführung des Geschäftsbetriebs erfordert. Nur für den Fall, dass eine erhebliche Verminderung des Vermögens durch die Fortführung droht, kann der Geschäftsbetrieb mit Zustimmung des Insolvenzgerichts im Antragsverfahren bzw. des Gläubigerausschusses nach Eröffnung eingestellt werden (§§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 158 InsO). Zum anderen dient die Fortführung des Geschäftsbetriebs dem Ziel der Insolvenzordnung, der bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 1 InsO). Regelmäßig lässt sich durch eine Fortführung des Betriebs mit im Idealfall anschließender Nachfolgelösung (Insolvenzplan oder übertragende Sanierung, siehe Rn. 206 ff.) das beste Ergebnis für die Gläubiger ___________ 323) Zu den zu beachtenden Besonderheiten bei der Fortführung eines Krankenhausbetriebs im Insolvenzverfahren siehe Rn. 525 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
erzielen. Zudem werden und lassen sich Insolvenzverwalter heute daran messen, inwieweit sie Unternehmen erhalten. Moderne Insolvenzverwalter verstehen sich als Sanierer. 376 Bei einer vorläufigen Eigenverwaltung führt der Schuldner unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters das Verfahren. 377 Das Insolvenzantragsverfahren ist von enormer praktischer Bedeutung, werden doch in diesem Zeitraum bereits die wesentlichen Weichenstellungen für das weitere Verfahren getroffen. So wird in dieser Phase die Umsetzung der wesentlichen Sanierungsmaßnahmen bereits vorbereitet, z. B., Kaufvertragsverhandlungen im Falle eines Asset Deals oder Vorverhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans mit den Arbeitnehmervertretern geführt (vgl. Praxisfälle 1 und 2 unter Rn. 570 ff. und 617 ff.). Der Hintergrund hierfür liegt darin, dass nur im vorläufigen Insolvenzverfahren die unter Rn. 291 ff. dargestellten Sanierungsprivilegien wie die Entlastung von den Personalkosten durch das Insolvenzgeld oder von Miet- und Leasingkosten durch eine Anordnung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO gelten. Nach Eröffnung muss der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb hingegen unter Vollkosten weiterführen, was mitunter betriebswirtschaftlich schlicht nicht möglich ist. Daher ist er oft gezwungen, bis zur Insolvenzeröffnung eine Nachfolgelösung vorzubereiten. 378 In größeren Verfahren wird regelmäßig ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt. Erreicht das Unternehmen gewisse Größenklassen, ist ein derartiger vorläufiger Gläubigerausschuss zwingend (§ 22a Abs. 1 InsO). 379 Grundsätzlich dauert das Insolvenzantragsverfahren maximal drei Monate, determiniert durch die Regelung über das Insolvenzgeld, welches maximal für drei Monate gewährt wird. Ist eine Nachfolgelösung innerhalb der drei Monate noch nicht gefunden, kommt im Einzelfall eine sog. Rollierung des Insolvenzgeldzeitraums infrage. Bei der Rollierung wird der erste Monat des Insolvenzgeldes durch die zwischenzeitlich gebildete Masse abgelöst, sodass sich der Insolvenzgeldzeitraum nach hinten verschiebt (vergleiche die Praxisfälle 2 und 5 unter Rn. 617 ff. bzw. 729 ff.). b) Insolvenzeröffnung 380 Kommt die Prüfung des Insolvenzantrags durch das Insolvenzgericht, das sich bei seiner Entscheidung hierbei regelmäßig auf das Gutachten des Insolvenzsachverständigen stützt, zu dem Ergebnis, dass die Eröffnungsvoraussetzungen vorliegen, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht mit Insolvenzeröffnung auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO), welcher zur Durchführung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten begründen kann, die vorrangig vor den Insolvenzgläubigern befriedigt werden (§§ 53, 55 InsO).
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I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
Bei einer Eigenverwaltung bleibt der Schuldner unter Aufsicht des Sachwalters 381 verwaltungs- und verfügungsbefugt (§ 270 Abs. 1 InsO). Jedenfalls bis zum Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter den Geschäfts- 382 betrieb einstweilen fortzuführen aus den unter Rn. 375 genannten Gründen. c) Berichts- und Prüfungstermin, Erörterungs- und Abstimmungstermin beim Insolvenzplan Im Berichtstermin erstattet der Insolvenzverwalter Bericht über das Insolvenz- 383 verfahren und die Sanierungsaussichten sowie die Möglichkeiten von Nachfolgelösungen. Dabei ist es möglich, einen neuen Insolvenzverwalter zu wählen. Weiter wird über bedeutsame Rechtshandlungen i. S. d. §§ 160 ff. InsO abgestimmt. Hierzu gehört z. B. der Verkauf des Unternehmens im Ganzen. Bei einer Eigenverwaltung kann die Gläubigerversammlung gemäß § 272 Abs. 1 Nr. 3 InsO über die Aufhebung der Eigenverwaltung entscheiden. Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur In- 384 solvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstehen, § 159 InsO. Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen geprüft.
385
Beim Insolvenzplanverfahren findet ein Erörterungs- und Abstimmungster- 386 min statt, in dem der eingereichte Insolvenzplan erörtert und über diesen nach Gruppen abgestimmt wird. Berichts-, Prüfungs- sowie Abstimmungs- und Erörterungstermin können gemäß §§ 29 Abs. 2 Satz 1, 235, 236 InsO verbunden werden, wenngleich dies in größeren Verfahren nicht ratsam ist. d) Schlusstermin Nach der Verwertung der Vermögensmasse und abschließender Prüfungen aller 387 angemeldeten Insolvenzforderungen reicht der Insolvenzverwalter einen Schlussbericht und die Schlussrechnung beim Insolvenzgericht ein. Das Gericht prüft die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters. In größeren Verfahren bedient sich das Gericht hierbei oftmals der Hilfe externer Schlussrechnungsprüfer.324) Es folgt der Schlusstermin (§ 197 InsO). Abschließend werden die Gläubiger befriedigt. Bei der Eigenverwaltung muss, sofern nicht im Insolvenzplan auf die Schluss- 388 rechnung verzichtet wurde, die Schlussrechnung durch den Eigenverwalter eingereicht werden. Die Verteilung erfolgt gemäß § 283 Abs. 2 Satz 1 InsO grundsätzlich durch den Schuldner. Schlussendlich wird das Verfahren aufgehoben (§ 200 InsO) oder ggf. einge- 389 stellt (§§ 211 ff. InsO). ___________ 324) Hierzu näher Bork/Hölzle-Niemann, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 35.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
6. Kosten der insolvenzrechtlichen Sanierung Gutmann
390 Die Aufteilung der Kosten einer insolvenzrechtlichen Sanierung hängt von der Verfahrensart ab. Bei einer Regelinsolvenz bestehen die Kosten aus x
den Gerichtskosten,
x
den Kosten für die vom Insolvenzgericht bestellten Sachverständigen (Insolvenzgutachten, Schlussrechnungsprüfung),
x
der Vergütung und den Auslagen des vorläufigen Verwalters und des Insolvenzverwalters,
x
der Vergütung und den Auslagen eines (vorläufigen) Gläubigerausschusses einschließlich der Kosten für die Kassenprüfung und
x
der Vergütung für weitere Sachverständige und Beauftragte (z. B. für Wertgutachten, für einen Veräußerungsprozess).
391 Bei einer Eigenverwaltung fallen im Unterschied zum Regelverfahren keine Kosten für den vorläufigen Verwalter und den Insolvenzverwalter an, jedoch Kosten für x
den vorläufigen Sachwalter und nach Eröffnung des Verfahrens bestellten Sachwalter,
x
den oder die in der Regel vom Unternehmen für die Begleitung im Insolvenzverfahren hinzugezogenen Insolvenzexperten sowie
x
den im Unterfall des Schutzschirmverfahrens erforderlichen Bescheiniger nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO.
392 Die Gerichtskosten hängen von der Insolvenzmasse ab, aus der sich dann die Gebühren errechnen.325) Obwohl die Gerichte in Insolvenzplanverfahren Mehrarbeit haben, ändert das nichts an den anzusetzenden Gebühren. 393 Hinzu kommen die Auslagen. Dazu gehören die Auslagen für den Sachverständigen, der die Insolvenzgründe zu ermitteln hat.326) Diese Kosten werden – soweit ein vorläufiger Insolvenzverwalter den Sachverständigenauftrag erhalten hat – nach einem Stundensatz von 80 € berechnet (siehe § 9 Abs. 3 JVEG).327) In der Regel fallen hier Beträge im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich an. Das Insolvenzgericht kann und wird zur Prüfung einer Schlussrechnung ___________ 325) Drei Gebühren bei Schuldnerantrag und Insolvenzeröffnung, siehe Nr. 2310 – 2322 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz i. V. m. § 34 GKG. 326) Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Ermittlung der Verfahrensgründe ist wegen der Bedeutung eines Insolvenzverfahrens „im Allgemeinen nötig“, so BGH, Urt. v. 5.11.1956 – III ZR 139/55, BeckRS 1956, 31202630. 327) Wenn die Aufgabe isoliert von einem Sachverständigen wahrgenommen wird, was bei zu sanierenden Unternehmen nicht vorkommen wird, oder von einem vorläufigen Sachwalter, dann ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zuzuordnen, § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG, in der Regel zwischen 80 und 95 €, Vuia in: MünchKomm-InsO, § 16 Rn. 69.
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Gutmann
I. Allgemeines zur Sanierung im Insolvenzverfahren
ebenfalls einen Sachverständigen einsetzen.328) Dessen Vergütung richtet sich nach denselben Grundsätzen. Die Vergütung des vorläufigen Verwalters und des im eröffneten Verfahren 394 bestellten Verwalters richtet sich nach der InsVV. Die Bemessungsgrundlagen können unterschiedlich sein, da bei einer erheb- 395 lichen Befassung mit durch Drittrechten belasteten Gegenständen diese bei der vorläufigen Verwaltung hinzugerechnet werden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV). Ansonsten kommt es auf den Wert der Insolvenzmasse an, auf die sich die 396 Schlussrechnung bezieht, beim Insolvenzplanverfahren auf den Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens, § 1 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 InsVV. Da es im Unterschied zu dem Regelverfahren mit der Verwertung aller Vermögensgegenstände (einschließlich eines Kaufpreises für den Geschäftsbetrieb im Rahmen eines „Asset Deals“) beim Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Eigensanierung keine abschließende Verwertung gibt, ist die gesetzliche Formulierung des „Schätzwerts der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens“ auslegungsbedürftig. Es kommt hierbei weder auf die Realisierung etwaiger Ansprüche noch auf die Befassung im Insolvenzverfahren an.329) Immaterielle Vermögenswerte werden ebenso hinzugerechnet.330) In der Kommentarliteratur wird häufig darauf abgestellt, dass als Schätzwert derjenige anzugeben ist, der sich bei einer Verwertung aller Einzelgegenstände ergeben hätte.331) Sinnvollerweise ist dieser Schätzwert gleich den Werten der Vermögensübersicht, die bei einem Fortführungsinsolvenzplan gemäß § 229 InsO beizufügen ist.332) Am Ende ist es die in der Insolvenzrechnungslegung immer wieder anzutreffende Problematik der Bewertung unter Fortführungsgesichtspunkten.333)
___________ 328) Dies war und ist teilweise heute noch umstritten, gleichwohl gängige Praxis, die durch gerichtliche Entscheidungen gestützt wird, siehe statt vieler OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.10.2009 – 8 W 265/09, NZI 2010, 191. Die Kosten sind Verfahrenskosten, siehe K. Schmidt-Rigol, InsO, § 66 Rn. 22. 329) BGH, Beschl. v. 17.3.2011 – IX ZB 145/10, II. 2. b., Rn. 12, NZI 2011, 445. 330) BGH, Beschl. v. 8.7.2004 – IX ZB 589/02, II. 2. c, NZI 2004, 626. 331) Vgl. statt vieler Riedel in: MünchKomm-InsO, § 1 InsVV Rn. 14. 332) So auch Haarmeyer/Mock, InsVV, § 1 Rn. 34. 333) Siehe hierzu grundlegend Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, S. 88 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
397 Diese Kosten verlaufen bei ansteigender Berechnungsgrundlage degressiv: Regelvergütung 140.000
120.000 100.000 80.000
60.000
40.000 20.000
0 0
500.000
1.000.000
1.500.000
2.000.000
2.500.000
398 Im Verhältnis zur Berechnungsgrundlage entwickelt sich die Regelvergütung von nahezu 50 % bei sehr geringer Insolvenzmasse auf bis zu 5 % bei einer Insolvenzmasse von z. B. 2,5 Mio. €: Prozentuale Vergütung 0,5 0,45 0,4 0,35 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0 0
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500.000
1.000.000
1.500.000
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2.000.000
2.500.000
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Entscheidenden Einfluss auf die Vergütung haben jedoch die auf Antrag beim 399 Gericht weiterhin festgesetzten Zu- und Abschläge. Diese sind in § 3 InsVV nur unzureichend geregelt. Daher kommt der Rechtsprechung, insbesondere derjenigen des Bundesgerichtshofs, große Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber hat sich dabei vorgestellt, dass nicht pauschal Zu- oder Abschläge vorzunehmen sind, sondern maßgebliches Kriterium „sollte der tatsächlich gestiegene oder geminderte Arbeitsaufwand des Insolvenzverwalters sein“.334) Damit ist das Spannungsfeld eröffnet, innerhalb dessen sich die schwierige Materie der Vergütungsfestsetzung bewegt: Einerseits soll es auf die Berechnungsgrundlage, vergleichbar dem Gegenstandswert bei der Rechtsanwaltsvergütung (§ 2 Abs. 1 RVG) oder dem Streitwert bei den Gerichtskosten (§ 3 Abs. 1 GKG) ankommen. Andererseits soll aber doch auch der Arbeitsaufwand abgegolten werden. Die Festsetzungen der einzelnen Gerichte weichen teilweise erheblich voneinan- 400 der ab. Manche Gerichte setzen auf den Antrag des Insolvenzverwalters oder Sachwalters Erhöhungsfaktoren von drei bis vier (sprich 300 % – 400 %) oder sogar mehr an. Andere Gerichte wiederum tun sich schwer, bei komplexen Verfahren mit schwierigen Betriebsfortführungen und Sanierungen auch nur eine Erhöhung von eins (100 %) festzusetzen. Auf die Einzelheiten kann im Rahmen dieser Veröffentlichung nicht eingegangen werden. Richtig ist oder wäre, bei der Festsetzung der Vergütung der gerichtlich be- 401 stellten Person (Insolvenzverwalter oder Sachwalter) zu berücksichtigen, welchen Aufgabenkreis sie wahrgenommen und welche Aufgaben sie dabei selbst ausgeführt hat – im Unterschied zur Fremdvergabe von Teilleistungen. Die Fremdvergabe kann sich z. B. auf die insolvenzrechtliche Begleitung der Betriebsfortführung beziehen, auf die Restrukturierungsleistung und etwaige Übernahmeverhandlungen und -verträge ebenso wie auf einfache Einzelleistungen. Bei Eigenverwaltungen ist es üblich, die Beratungshonorare „des Eigenverwal- 402 ters“ an die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung zu koppeln. Das ist dann akzeptabel, wenn der Eigenverwalter die Aufgaben übernimmt, die im Regelverfahren der Insolvenzverwalter übernehmen würde, mit Ausnahme des Aufgabenkreises des Sachwalters.335) Die Schwierigkeit liegt dann darin, den richtigen „Satz“, sprich die richtigen Zu- und Abschläge, anzusetzen. Da es ein Honorar ist, welches zwischen dem Unternehmen und den Beratern vereinbart ist, erfolgt keine gerichtliche und damit neutrale Festsetzung von Zu- und ___________ 334) Amtliche Begründung zur Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung, abgedruckt bei Stephan/Riedel, InsVV, Anhang 4, I., B. zu § 3. 335) Die Vereinbarungen sehen dann vor, dass die Vergütung geschuldet wird, die ein vorläufiger und ein nach Eröffnung bestellter Verwalter erhalten würde, abzüglich der tatsächlich vom Gericht festgesetzten Vergütung für den Sachwalter. Dies führt zu der Situation, dass der Eigenverwalter mehr bekommt, wenn der Sachwalter weniger bekommt – und umgekehrt.
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Abschlagsfaktoren. In der Regel wird die Vereinbarung dem Gläubigerausschuss vorgelegt, bei Eigenverwaltungen außerdem dem Sachwalter. Dennoch steht zu Beginn des Verfahrens noch nicht fest, welche Schwierigkeiten entstehen und welche Zu- und Abschlagsfaktoren angemessen sein werden. Daher ist die Höhe der Verfahrenskosten für die Beteiligten bei einer Eigenverwaltung noch weniger einzuschätzen als bei der Regelverwaltung. Zu beachten ist auch, dass bei einer Rücknahme des Antrags im laufenden, eröffneten Verfahren neben der Vergütung für den Eigenverwalter und für den Sachwalter zusätzlich noch ein Vergütungsanspruch für die Regelinsolvenzverwaltung entsteht – hier kann es dann sehr schnell zu höheren Kosten der Durchführung des Verfahrens kommen als bei dem ausschließlich im Regelverfahren durchgeführten Verfahren. II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren Gutmann/Kaufmann
403 Nachfolgend werden einige Problemfelder dargestellt, die üblicherweise in Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Krankenhauses auftreten. Hierbei handelt es sich nicht durchweg um krankenhausspezifische Themen, sondern auch um allgemeine Themen, die jedoch in Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Krankenhauses besondere Bedeutung haben, insbesondere in Eigenverwaltungsverfahren. Hierbei sind viele Fragen höchstrichterlich noch nicht geklärt, sodass nur der – oftmals zudem sehr spärliche – Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur dargestellt werden kann. 1. Anspruch gegenüber Kommune oder Land auf Übernahme des insolventen Krankenhauses? 404 Zunächst stellt sich im Falle der Insolvenz eines Krankenhauses die Frage, ob es nicht eine Insolvenzabwendungspflicht der Kommune oder des Landes gibt – mit der Folge eines vermögenswerten Anspruchs des insolventen Krankenhauses, der in einem Überschuldungsstatus zu aktivieren wäre.336) 405 Eine solche Pflicht wird zum Teil in der Literatur als Ausfluss vornehmlich des Rechts- und insbesondere Sozialstaatsprinzips vertreten, ganz überwiegend jedoch grundsätzlich verneint.337) 406 Zwar trifft den Staat im Gesundheitswesen eine Mindestgewährleistungspflicht. Dies folgt aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 21 GG) und ist vergleichbar mit der Pflicht in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge, wie etwa der Versorgung mit Energie oder Telekommunikationsleistungen. In Deutschland trifft diese Sicherstellungs___________ 336) Vgl. Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 75. 337) Vallender, ZInsO 2016, 773, 774; Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 74 ff.; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 116 ff.; jeweils mit Nachweisen zur Gegenauffassung; ferner Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
verantwortung („Letztverantwortung“) die Bundesländer als Träger der Krankenhausplanung. Dabei sind die Länder nicht selbst zur Erbringung der Leistung verpflichtet, sondern müssen nur dafür sorgen, dass es eine effektive Krankenhausversorgung in den Ländern gibt. Dies erfolgt durch die Krankenhausplanung und -finanzierung (vgl. etwa § 4 NKHG), wobei zentrales Element der Krankenhausplanung das Primat einer Mindestausstattung an Krankenhausstandorten innerhalb einer bestimmten Entfernung ist, der die stationäre Notfallversorgung gewährleistet. Dies führt allerdings nicht zu einer Bestandsgarantie für das einzelne Krankenhaus, sondern nur für alle Krankenhäuser in ihrer Gesamtheit, die zur Sicherstellung dieser Mindestanforderung notwendig sind.338) Die Letztverantwortung wurde hierbei durch die Landeskrankenhausgesetze auf die Kommunen übertragen (vgl. z. B. § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW; § 1 Abs. 1 NKHG; § 3 Abs. 4 BremKrhG). Kaufmann
Daraus folgt, dass eine Insolvenzabwendungspflicht als Reflex der sozialstaat- 407 lichen Versorgungspflicht nur im Ausnahmefall entstehen kann, nämlich insbesondere dann, wenn es aufgrund einer beabsichtigten oder erfolgten insolvenzbedingten Schließung tatsächlich zu einer Unterversorgung käme.339) Nur soweit die Unterversorgung reicht, wäre ggf. der Betrieb des Krankenhauses zu übernehmen oder die Leistungserbringung anderweitig zu organisieren, wobei die Kommune grundsätzlich frei darin ist, wie sie die Letztverantwortung umsetzt.340) Die danach im Einzelfall bei gegebenem Bedarf bestehende Verpflichtung zur Übernahme des Betriebs eines bereits bestehenden Krankenhauses kann über den Weg der Kommunalaufsicht erzwungen werden.341) Eine Insolvenzabwendungspflicht des kommunalen Gesellschafters ergibt sich 408 auch nicht aufgrund des Gemeindewirtschaftsrechts. Aus den Vorschriften der Gemeindeordnung, nach denen der öffentliche Zweck der Eigengesellschaften nachhaltig erfüllt werden muss, folgt kein subjektiv-rechtlicher Anspruch, der zu einer entsprechenden Verlustausgleichs- bzw. Insolvenzabwendungspflicht des kommunalen Gesellschafters führt.342) Es gibt mithin kein spezifisch öffentlich-rechtliches Haftungsregime ver- 409 gleichbar einer Gewährträgerhaftung.343) Die Haftung bestimmt sich stattdessen nach den Vorschriften des Zivilrechts, insbesondere des Gesellschafts- und Anfechtungsrechts. Zu nennen sind hier hauptsächlich die gesellschaftsrecht___________ 338) Zu allem ausführlich Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 76 ff., zusammenfassend 271 f.; siehe auch Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 74 ff.; Vallender, ZInsO 2016, 773, 780. 339) Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494. 340) Vallender, ZInsO 2016, 773, 781. Eine Möglichkeit wäre ein dauerhafter Defizitausgleich, Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 80; Vallender, ZInsO 2016, 773, 781. 341) Prütting, Krankenhausgestaltungsgesetz NRW, § 1 Rn. 55; Vallender, ZInsO 2016, 773, 781; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 86. 342) Vallender, ZInsO 2016, 773, 781; Kuhl/Wagner, ZIP 1995, 433, 445. 343) Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 93; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 86.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
lichen Regelungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung sowie der Existenzvernichtungshaftung als Fallgruppe der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB.344) Eine derartige unangemessene Missachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens i. S. d. § 826 BGB kann die kompensationslose Verlagerung der staatlichen Sicherstellungsverantwortung auf die Eigengesellschaft zulasten der Gesellschaftsgläubiger im Einzelfall darstellen;345) eine nur unzureichende Kapitalisierung der Gesellschaft allein reicht grundsätzlich allerdings nicht aus.346) 410 Des Weiteren kommt eine Haftung nach dem Recht der Gesellschafterdarlehen und -sicherheiten der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO in Betracht. Danach sind vom Gesellschafter gewährte Darlehen in der Insolvenz des Darlehensnehmers grundsätzlich nachrangig und müssen etwaige Rückzahlung im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag an die Insolvenzmasse zurückerstattet werden.347) Hier stellt sich insbesondere bei insolventen kommunalen Krankenhäusern die spannende Frage, inwieweit die Kommune nach den vorgenannten Vorschriften für Darlehensgewährungen von Schwestergesellschaften in kommunalen Einrichtungs- und Unternehmensverbünden – insbesondere kommunalen Sparkassen im Verhältnis zum kommunalen Krankenhaus – haftet. Das OLG Brandenburg348) hat eine entsprechende Haftung in einem Fall angenommen, in dem eine Sparkasse einen Kredit an eine sich in einer Krise befindliche Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH vergeben hat; Rechtsträger der kreditgebenden Sparkasse war ein Landkreis, der zugleich eine Beteiligung an der kreditierten GmbH in Höhe von 20 % hielt. Grundsätzlich wird man aufgrund des besonderen Organisationsrechts der Sparkassen eine Einbeziehung in den Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO jedoch nicht annehmen können, jedenfalls, sofern nicht eine tatsächliche – und damit letztlich die rechtlichen Vorgaben missachtende – Beherrschung und insbesondere Beeinflussung der Kreditvergabe an die später insolvente Eigengesellschaft nachgewiesen werden kann.349)
___________ 344) Ständige Rechtsprechung seit BGH, Urt. v. 16.7.2007 – II ZR 3/04 (Trihotel), ZIP 2007, 1552; näher zur Existenzvernichtungshaftung z. B. Schmidt in: HambKomm-InsO, Anhang II: F. Rn. 1 ff. 345) Vgl. Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 93. 346) Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 86; näher Schmidt in: HambKomm-InsO, Anhang II: F. Rn. 10, 37. 347) Das Recht der Gesellschafterdarlehen und -sicherheiten geht über die genannten Fälle noch deutlich hinaus und kann hier in allen Einzelheiten nicht ansatzweise dargestellt werden. Siehe dazu überblicksartig z. B. Bork/Hölzle-Naraschewski, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 24 Rn. 113 ff.; umfassend Scholz-Bitter, GmbHG, Anhang § 64 Gesellschafterdarlehen. 348) OLG Brandenburg, Urt. v. 12.1.2015 – 7 U 97/04, ZIP 2006, 184; hierzu Neuhof, ZIP 2007, 2153 ff. 349) Näher Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 85 ff., insbesondere S. 89 m. w. N.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
2. Herausnahme aus dem Krankenhausplan und Kündigung von bestehenden Versorgungsverträgen bei Insolvenz? a) Herausnahme eines insolventen Krankenhauses aus dem Krankenhausplan? Jedes Krankenhaus strebt die Aufnahme in den Krankenhausplan an. Denn in 411 diesem Fall ist das Krankenhaus als sog. Plankrankenhaus zur Behandlung gesetzlich krankenversicherter Personen bereits auf Basis eines sog. fingierten Versorgungsvertrags berechtigt, §§ 108 Nr. 2, 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Und nur bei einer Aufnahme in den Krankenhausplan hat das Krankenhaus Anspruch auf Förderung seiner notwendigen Investition aus den Landeshaushalten (§ 8 Abs. 1 KHG). Als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots in § 12 SGB V setzt die Auf- 412 nahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan dessen Bedarfsgerechtigkeit voraus. Daran fehlt es, wenn ein Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung liefert. Damit stellt sich die Frage, ob bereits die Tatsache der Beantragung der Eröff- 413 nung eines Insolvenzverfahrens die Herausnahme des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan rechtfertigt. In diesem Fall wäre eine Sanierung eines Krankenhauses über ein Insolvenzverfahren regelmäßig ausgeschlossen. Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 28.7.2008350) festgestellt, 414 dass ein i. S. v. § 30 GewO unzuverlässiger Krankenhausträger nicht die Gewähr für eine leistungsfähige Krankenhausbehandlung bietet. Aus diesem Grund kommt dann kein Abschluss eines Versorgungsvertrags in Betracht. Für den Fall der Insolvenz führt das Bundessozialgericht wie folgt wörtlich aus: „Schon eine überschuldete und daher am Rande eines Insolvenzverfahrens stehende GmbH besitzt nicht die erforderliche gewerberechtliche Zuverlässigkeit zum Betrieb eines Krankenhauses (…). Eine ungünstige wirtschaftliche Situation begründet jedenfalls dann die Annahme der Unzuverlässigkeit des Unternehmers, wenn zu befürchten steht, dass der Unternehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht (mehr) erfüllen kann. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Situation eingetreten ist, wenn sich eine GmbH in Liquidation befindet, weil mangels Masse die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens rechtskräftig abgelehnt worden ist.“
Damit ist nur festgestellt, dass bei einer endgültigen Einstellung des Geschäfts- 415 betriebs infolge der Insolvenz oder bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse die Herausnahme dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde entspricht.351) Dies versteht sich von selbst. In ___________ 350) BSG, Urt. v. 28.7.2008 – B 1 KR 5/08 R, MedR 2009, 353. 351) Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1582 m. w. N.; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 124 f.; Gerloff/Wernick, f&w 2001, 156, 160.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
derartigen Fällen ist die Versorgung der Patienten hochgradig gefährdet, sodass das Krankenhaus zu schließen ist. 416 Im Übrigen sieht die herrschende Meinung zu Recht in der Insolvenz per se noch keine Rechtfertigung für eine Herausnahme aus dem Krankenhausplan.352) Vielmehr sei die Herausnahme, die im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehe, wenn die Erbringung der Krankenhausleistungen der erforderlichen Qualität nicht dauerhaft gesichert erscheint, ultima ratio.353) Diese Auffassung ist zutreffend, da die bereits durchgeführten Insolvenzverfahren von Krankenhäusern vor allem in Eigenverwaltung gezeigt haben, dass die Insolvenz die Qualität der Krankenhausleistungen nicht beeinträchtigt. Diese herrschende Meinung entspricht im Übrigen dem Grundsatz, dass kein Bundesland ein Krankenhaus einfach aus dem Krankenhausplan nehmen darf, sondern grundsätzlich nur auf Antrag.354) 417 Dass die Insolvenz an sich keinen Grund für eine Herausnahme darstellt, zeigt sich auch in § 12 GewO für gemäß § 30 GewO erteilte Klinik-Konzessionen.355) Derartige Konzessionen nach der Gewerbeordnung erlauben nur die Behandlung von privat krankenversicherten oder selbstzahlenden Patienten, nicht jedoch von gesetzlich krankenversicherten Patienten, für die es der gesonderten Zulassung nach den Vorgaben der §§ 108 ff. SGB V bedarf.356) Gemäß § 12 GewO scheidet ein Widerruf der Konzession gemäß § 49 VwVfG wegen einer auf wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit beruhenden Unzuverlässigkeit aus während x
eines Insolvenzverfahrens, also von seiner Eröffnung (vgl. § 27 InsO) bis zu seiner Beendigung (vgl. §§ 200, 207 InsO),
x
der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind,
x
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (vgl. § 260 InsO).
___________ 352) Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1582 f.; Quaas, ZMGR 2004, 179, 181.; Gerloff/Wernick, f&w 2001, 156, 160; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 124; Huster/KaltenbornWernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 32.; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 165 f.; Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 63; a. A. Tetzlaff, jurisPR-InsR 25/2008, Anm. 3: Insolvenz eindeutiger Hinweis auf Unzuverlässigkeit mit den entsprechenden Folgen; wohl auch Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 493 unter Hinweis auf das dargestellte Urteil des BSG. 353) So Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1583; Quaas, ZMGR 2004, 179, 181; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 166 f. 354) Gerloff, NZI 2015, 432; siehe auch Gaede, kma 2/2015, 35; Stollmann, NZS 2004, 352, 353. 355) Ebenfalls auf die Wertung des § 12 GewO zur Begründung verweisend Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 166, 169. 356) Näher, auch zur Frage, welche Krankenhausträger einer Konzessionspflicht unterliegen, Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 490; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 161 ff.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
b) Kündigung von bestehenden Versorgungsverträgen bei Insolvenz? Dieselbe Fragestellung wie soeben bei der Frage der Herausnahme eines in- 418 solventen Krankenhauses aus dem Krankenhausplan stellt sich bei bestehenden echten – im Gegensatz zu den gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V fingierten – Versorgungsverträgen i. S. d. §§ 109 Abs. 1 Satz 1, 108 Nr. 3 SGB V zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen und dem Krankenhausträger. Gemäß § 109 Abs. 3 Satz 1 SGB V darf ein (echter) Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 SGB V nicht abgeschlossen werden, „wenn das Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet“. Tritt die Leistungsunfähigkeit später ein, können die Landesverbände der Kran- 419 kenkassen und der Ersatzkassen, allerdings nur gemeinsam, den echten wie den fingierten Versorgungsvertrag gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB V kündigen. Nach zutreffender Auffassung gelten hier jedoch die gleichen Grundsätze wie 420 bei der oben dargestellten Frage der Herausnahme aus dem Krankenhausplan. Demnach ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst noch kein Kündigungsgrund.357) Nach anderer Auffassung soll hingegen schon die drohende Insolvenz einen Kündigungsgrund darstellen können.358) Praxistipp: Angesichts dieser Unsicherheiten ist es – wie auch im Zusammenhang mit anderen Fragestellungen im Rahmen einer Krankenhausinsolvenz (siehe z. B. Rn. 447 ff. und Rn. 478 f.) – sinnvoll, sehr frühzeitig Kontakt zu den Vertragspartnern des Versorgungsvertrags, also den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen, aufzunehmen und diese Frage zu besprechen. Gerade bei einem schlüssigen Sanierungskonzept dürfte ein Kündigungsgrund weder bestehen noch dürften die Vertragspartner Interesse an einer Kündigung haben.
Eine – reguläre – Kündigungsmöglichkeit besteht nach § 110 Abs. 1 SGB V 421 übrigens auch für den Krankenhausträger. Fraglich ist indes, ob der Insolvenzverwalter eines insolventen Krankenhausträgers zur Kündigung des Versorgungsvertrags berechtigt ist. Hiergegen spricht, dass es sich nach herrschender Meinung beim Versorgungsvertrag um einen öffentlich-rechtlichen, statusbegründenden Vertrag handelt, der für den Krankenhausträger ein höchstpersönliches Recht begründet und daher nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eines Insolvenzverwalters unterliegt.359) Bei einer Eigenverwaltung dürfte die Kündigungsmöglichkeit des Krankenhausträgers unzweifelhaft bestehen, sollten jedoch grundsätzlich mit dem (vorläufigen) Sachwalter abgestimmt werden. ___________ 357) Quaas, ZMGR 2004, 179, 181; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 167; Gerloff/Wernick, f&w 2001, 156, 160; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 124; Huster/KaltenbornWernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 32. 358) Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1583; Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 493, beide unter Hinweis auf Dettling/Gerlach-Schrinner, Krankenhausrecht, § 110 SGB V Rn. 7. 359) Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 493.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
3. Fördermittel in der Insolvenz eines Plankrankenhauses und deren Rückforderung 422 Eine weitere Frage, die sich in der Insolvenz eines Plankrankenhauses, also eines öffentlich geförderten Krankenhauses, stellt, ist, ob das Krankenhaus weiter nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und dem jeweiligen Landeskrankenhausgesetz gefördert wird, oder ob, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen Fördermittel zurückgefordert werden und wie diese Rückforderung insolvenzrechtlich einzuordnen ist. Weder das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) noch die jeweiligen Krankenhausgesetze der Länder enthalten für den Fall der Krankenhausinsolvenz hierfür ausdrückliche Regelungen. 423 Bei der Beantwortung der Frage ist zu unterscheiden zwischen der Förderung von Investitionskosten durch Einzelförderung (§ 9 Abs. 1 KHG) und der Förderung von Investitionskosten durch Pauschalförderung (§ 9 Abs. 3 KHG), ferner danach, ob die Investition bereits durchgeführt wurde oder noch ganz oder abschließend durchzuführen ist sowie, ob der Krankenhausbetrieb fortgeführt wird oder eingestellt wird. 424 Zur Erinnerung: Eine Einzelförderung gemäß § 9 Abs. 1 KHG wird für konkrete Investitionsmaßnahmen, die Pauschalförderung nach § 9 Abs. 3 KHG für kurzfristige Anlagegüter und den kleinen baulichen Aufwand gewährt.360) a) Förderung von Investitionskosten durch Einzelförderung 425 Entscheidend für die Frage, ob eine weitere Förderung möglich ist oder nicht, ist die Rechtsnatur von Fördermitteln. Sie werden zur Förderung eines bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks gewährt, sind also zweckbestimmt und zweckgebunden. Folglich ist entscheidend, ob der Zweck noch erreicht werden kann. Hierbei ist nicht entscheidend, ob die Mittel noch für die Investitionen verwendet werden können, sondern vielmehr, ob diese Investitionen dem Zweck, der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung (siehe § 1 Abs. 1 KHG), zugutekommen.361) 426 Kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden, insbesondere, weil der Krankenhausbetrieb eingestellt wird und damit das Krankenhaus aus dem Krankenhausplan ausscheidet, kann die Förderbehörde nach dem Landeskrankenhausgesetz die Fördermittel für die Zukunft, zum Teil selbst rückwirkend, widerrufen, vgl. etwa § 11 NKHG:
___________ 360) Ausführlich zu den Fördertatbeständen siehe Rn. 54 ff.; ferner Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 25 ff., 170 ff. 361) Quaas, ZMGR 2004, 179, 183; Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494. In diesem Sinne schreiben einzelne Landeskrankenhausgesetze diese Zweckbindung ausdrücklich vor, z. B. § 6 Abs. Satz 1 NKHG. Weitere Nachweise bei Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 171.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren § 11 Widerruf von Förderbescheiden Ein Förderbescheid ist mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen, wenn das Krankenhaus aus dem Krankenhausplan ausscheidet. Der Förderbescheid kann auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, soweit im Zeitpunkt des Ausscheidens 1.
der bewilligte Betrag noch nicht zweckentsprechend verwendet wurde oder
2.
die regelmäßige Nutzungsdauer der geförderten Anlagegüter noch nicht abgelaufen ist.
Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn das Krankenhaus im Einvernehmen mit dem Fachministerium aus dem Krankenhausplan ausscheidet. Im Übrigen bleibt § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unberührt.
Kann der Zweck, die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung, hingegen 427 noch erreicht werden, kommt eine weitere Förderung grundsätzlich in Betracht. Weder die Insolvenzantragstellung noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen daher nach zutreffender Meinung für sich genommen einen Grund zum Widerruf wegen Zweckverfehlung dar.362) Problematisch ist freilich die jedem Insolvenzverfahren innewohnende Unsicherheit: Ob eine Sanierung im Insolvenzverfahren letztlich gelingt, lässt sich zu Beginn des Verfahrens nie mit abschließender Sicherheit sagen.363) Letztlich ist die Frage einer weiteren Förderung zwischen der Förderbehörde 428 und dem Insolvenzverwalter bzw. der Eigenverwaltung zu Beginn des Verfahrens zu besprechen. Da jedenfalls in Eigenverwaltungsverfahren die Antragsteller aufgrund der Neu- 429 regelungen der (vorläufigen) Eigenverwaltung und der hierdurch eingeführten Notwendigkeit einer Eigenverwaltungsplanung (§ 270a InsO) ein klares Sanierungskonzept im Vorfeld der Insolvenzantragstellung ausgearbeitet haben müssen (siehe Rn. 247 ff.), wird eine Sanierung, zumeist über einen Insolvenzplan, in der Regel gelingen. Oftmals wird die weitere Förderung auch maßgeblicher Baustein des Sanierungskonzepts sein und die weitere Förderung daher mit der Förderbehörde im Vorfeld der Insolvenzantragstellung besprochen worden sein.364) In allen anderen Fällen empfiehlt sich, die Investitionsmaßnahme einstweilen 430 einzustellen bzw. nicht zu beginnen, bis Klarheit über den Ausgang des In-
___________ 362) Bornheimer/Krumm, KTS 2008, 145, 148; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 187; Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494 f. 363) Quaas, ZMGR 2004, 179, 183 f.; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 125. 364) Auf die Gefahr, dass ein Rückforderungsanspruch einem Insolvenzplan jede Erfolgschance berauben kann, weisen zu Recht Bornheimer/Krumm, KTS 2008, 145, 149, sowie Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 191 f., hin.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
solvenzverfahrens herrscht.365) Angesichts der oftmals kurzen Verfahrensdauer einer Sanierung im Insolvenzverfahren mittels Insolvenzplan366) stellt dies in der Regel kein Sanierungshindernis dar.367) 431 Beharrt der Insolvenzverwalter jedoch auf einer Durchführung der Investitionen, so wird die Förderbehörde die Bewilligung von Fördermitteln gemäß § 49 Abs. 2 des jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes mit Wirkung für die Zukunft widerrufen368) oder – als milderes Mittel – die Förderung durch Änderungsbescheid aussetzen, bis Klarheit über den Fortbestand des Krankenhauses besteht.369) Sie kann sich dabei darauf stützen, dass sie aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Bewilligung nicht zu erteilen und dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (vgl. § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG).370) b) Förderung von Investitionskosten durch Pauschalförderung 432 Auch hier ist entscheidend, ob der mit Gewährung einer Pauschalförderung verfolgte Zweck noch erreicht werden kann. 433 Wird das Krankenhaus nicht weiterbetrieben, dürfen bewilligte, jedoch noch nicht ausgezahlte Pauschalmittel nicht mehr ausgezahlt werden, da sie nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden.371) 434 Fraglich ist, ob dies ebenfalls in Fällen eines sog. Fördermittelvorgriffs gilt. Von einem Fördermittelvorgriff spricht man, wenn ein Krankenhaus zunächst eigene Mittel einsetzt, weil der jahresbezogene Pauschalbetrag nicht die angefallenen Investitionskosten gedeckt hat, und diese eigenen Mittel in den Folgejahren mit den pauschalen Förderbeträgen verrechnet werden.372) Hier sind mithin eigene Mittel des Krankenhausträgers zu Investitionszwecken eingesetzt worden, sodass man von einer zweckentsprechenden Verwendung sprechen kann. Problematisch ist jedoch, dass diese Mittel nicht mehr der bedarfsgerechten Krankenhausbehandlung dienen, sondern – da der Krankenhausbetrieb eingestellt ist oder wird – allein den Insolvenzgläubigern nutzen würden. In der ___________ 365) Quaas, ZMGR 2004, 179, 183; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 125; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586; Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 191. 366) Der Durchschnitt lag nach einer Erhebung der BCG 2018 zwischen 7 und 9 Monaten nach Eröffnung, The Boston Consulting Group, Sechs Jahre ESUG, S. 12. 367) Zutreffend Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 495. 368) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 125; a. A. Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 195 f., der einen Widerruf nicht mehr für möglich hält. 369) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 125; Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 191. 370) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184. 371) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 189. 372) Quaas, ZMGR 2004, 179, 183; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 190; zur bilanziellen Verbuchung siehe Rn. 105 ff.; ferner Schmidt/Graumann, Rechnungslegung und Finanzierung der Krankenhäuser, S. 278.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Literatur ist daher strittig, ob der Insolvenzverwalter/Eigenverwalter die Mittel zur Masse verlangen kann.373) Wird das Krankenhaus zunächst im Rahmen des Insolvenzverfahrens weiter- 435 betrieben und im Krankenhausplan belassen, so sind auch die Pauschalmittel zunächst grundsätzlich weiter zu gewähren.374) Allerdings hat die Förderbehörde nach Landesrecht die Möglichkeit, die Pauschalmittel bei einem absehbaren geringeren Bedarf im Wege der Ausnahmeentscheidung zu kürzen bzw. anzupassen.375) c) Rückforderung von Fördermitteln und deren insolvenzrechtliche Einordnung Alle Landeskrankenhausgesetze sehen die Möglichkeit der Rückforderung von 436 Fördermitteln vor.376) In der Regel wird die Rückforderung an das Ausscheiden aus dem Krankenhausplan geknüpft. Einige Landeskrankenhausgesetze sehen darüber hinaus vor einer Rückforderung den Widerruf des Bewilligungsbescheides vor.377) Umstritten ist, ob die Behörde nach Insolvenzeröffnung überhaupt noch be- 437 rechtigt ist, den ursprünglichen Bewilligungsbescheid durch Verwaltungsakt zu widerrufen. Überwiegend wird dies bejaht.378) Der Widerruf muss nach Insolvenzeröffnung dem Insolvenzverwalter bzw. im Fall der Eigenverwaltung dem Schuldner zugehen, andernfalls entsteht kein Rückforderungsanspruch.379) Unstreitig ist die Behörde – wie bei der vergleichbaren Thematik der Unzu- 438 lässigkeit des Erlasses von Steuerbescheiden nach Eröffnung durch die Steuerbehörden380) – nach Insolvenzeröffnung nicht mehr berechtigt, einen Rückforderungsbescheid zu erlassen.381) Der Rückforderungsanspruch stellt eine Insolvenzforderung dar, die von der Behörde zur Tabelle anzumelden ist (§ 87 InsO), und für die das in der Insolvenzordnung vorgesehene Forderungsfest___________ 373) Bejahend: Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494. Verneinend: Quaas, ZMGR 2004, 179, 184 („bedarf landesgesetzlicher Regelung oder gerichtlicher Entscheidung“); Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 190 („dogmatisch nicht tragbar“). 374) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184. Gerloff/Wernick, f&w 2001, 156, 160 gehen sogar weitergehend davon aus, dass keine Rechtsgrundlage besteht, in diesem Fall Pauschalmittel zurückzuhalten. 375) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 125. 376) Zum Beispiel § 11 NKHG; § 18 BremKrhG. 377) Zum Beispiel § 11 Satz 1 NKHG; § 18 BremKrhG. 378) VG Magdeburg, Urt. v. 26.10.2016 – 3 A 147/16, BeckRS 2016, 55604; Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; a. A. Bornheimer/Krumm, KTS 2008, 145, 152 f., Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 195 f. 379) Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; a. A. Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 196. 380) Hierzu z. B. Kuleisa in: HambKomm-InsO, § 87 Rn. 8. 381) Unstreitig, vgl. Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 193 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
stellungsverfahren gilt (§§ 174 ff. InsO).382) Denn entscheidend für die Einordnung ist der Zeitpunkt der Mittelgewährung, nicht der Schließung des Krankenhausbetriebs; damit ist der Rückforderungsanspruch bereits vor Insolvenzeröffnung i. S. v. § 38 InsO begründet.383) 439 Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob der Krankenhausbetrieb bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt wurde384) oder nach Eröffnung (einstweilen) weiterbetrieben wird. Im letzteren Fall kann die Behörde zunächst eine aufschiebend bedingte Forderung zur Insolvenztabelle anmelden (§§ 38, 41, 87 InsO), die unter der aufschiebenden Bedingung des Ausscheidens des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan und – je nach Landesrecht – den Widerruf des Bewilligungsbescheids steht; ihre Behandlung bei einer Verteilung der Masse ist in § 191 InsO geregelt.385) 440 Im Falle eines Bestreitens muss die Behörde die Feststellung zur Tabelle vor den Verwaltungsgerichten betreiben, § 185 Satz 1 InsO.386) d) Dinglich gesicherter Rückforderungsanspruch 441 Einige Landeskrankenhausgesetze sehen zum Teil eine Sicherung für die latenten Rückzahlungsverbindlichkeiten des Krankenhausträgers vor, hauptsächlich in Form einer Grundschuld, z. B. § 9 NKHG: §9 Zweckbindung der Förderung, Nebenbestimmungen (1) … (6) 1Die Bewilligungsbehörde kann vor der Auszahlung der Fördermittel verlangen, dass Sicherheit für einen möglichen Erstattungsanspruch geleistet wird, insbesondere durch die Bestellung von Grundpfandrechten. 2Dies gilt nicht bei pauschaler Förderung nach § 7 und bei Auszahlungen an eine der Kommunalaufsicht unterliegende Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts.
442 Dies geschieht allerdings in der Regel nur bei privaten Krankenhausträgern.387)
___________ 382) Unstreitig, vgl. nur Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 494; Huster/ Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 35. Von einer Darstellung des Feststellungsverfahrens wird hier abgesehen. Näher hierzu etwa Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; ausführlich Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 192 ff., insbesondere S. 196 ff. 383) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 201 m. w. N. 384) Zu vor Verfahrenseröffnung bereits ergangenen Rückforderungsbescheiden siehe Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 197 f. Die Forderung stellt ebenfalls eine Insolvenzforderung dar, für die dann jedoch bereits ein Titel existiert, so dass es gemäß § 179 Abs. 2 InsO dem Bestreitenden obliegt, seinen Widerspruch zu verfolgen. 385) Quaas, ZMGR 2004, 179, 185 f.; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 126. 386) Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 197. 387) Quaas, ZMGR 2004, 179, 186.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
In der Insolvenz des Krankenhauses stellt die Grundschuld ein Absonderungs- 443 recht dar, welches das Land zur vorzugsweisen Befriedigung berechtigt (§ 49 InsO).388) Die Insolvenzfestigkeit der Sicherheit richtet sich nach den Vorschriften über 444 die Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO). Zumeist wird das Land keine Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit haben. Zudem erfolgt die Sicherung zeitgleich mit der Förderung, sodass keine inkongruente Deckung und somit in der Regel auch kein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz i. S. d. § 133 InsO vorliegt. Die Sicherheiten sind daher in aller Regel insolvenzfest. 4. Weitere Fördermittel: Schließungsförderung und Eigenmittelausgleich Besteht über die Behandlung von Fördermittel nach § 9 Abs. 1 und Abs. 3 KHG 445 in der Insolvenz des Plankrankenhauses in Rechtsprechung und Literatur noch weitgehend Einigkeit, ist die Frage, ob einem insolventen Krankenhausträger Schließungsförderung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 KHG gewährt werden kann, höchst umstritten. Hingegen besteht bei der Behandlung des Anspruchs auf Eigenmittelausgleich 446 i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 4 KHG kein Dissens. a) Schließungsförderung Das Krankenhausfinanzierungsgesetz sieht neben der Möglichkeit der Förde- 447 rung von Investitionskosten durch Einzel- bzw. Pauschalförderung (§ 9 Abs. 1 und Abs. 3 KHG) auch die Bewilligung von Fördermitteln zur Erleichterung der Schließung von Krankenhäusern (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 KHG) vor. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz setzt hierbei den gesetzlichen Rahmen, während die Ausgestaltung im Detail durch die jeweiligen Landeskrankenhausgesetze erfolgt, § 11 Satz 1 KHG. Die Landesgesetze haben die Vorgaben des § 9 Abs. 2 Nr. 5 KG unterschiedlich 448 umgesetzt. Zum Teil knüpfen die Gesetze an das Ausscheiden aus dem Krankenhausplan an, z. B. § 16 BremKrhG: § 16 Ausgleichszahlung bei Schließung oder Umstellung auf andere Aufgaben (1) Krankenhäuser, die aus Gründen des fehlenden Bedarfs im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde aus dem Krankenhausplan ausscheiden, können auf Antrag Ausgleichszahlungen erhalten, um die Schließung des Krankenhauses oder seine Umstellung auf andere Aufgaben zu erleichtern. (2) Die Ausgleichszahlungen können mit Zustimmung des Krankenhausträgers auch pauschal geleistet werden.
___________ 388) Quaas, ZMGR 2004, 179, 186.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
449 Andere Länder gewähren Schließungsförderung im Sinne einer Härtefallregelung, z. B. Niedersachsen: §8 Ausgleichszahlungen für ausscheidende Krankenhausträger (1) Um die Schließung von Krankenhäusern zu ermöglichen, sind Ausgleichszahlungen zu bewilligen, soweit diese erforderlich sind, um unzumutbare Härten zu vermeiden. Ausgleichszahlungen sind insbesondere zu bewilligen für 1.
unvermeidbare Kosten für die Abwicklung von Verträgen,
2.
angemessene Aufwendungen für den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die den im Krankenhaus Beschäftigten infolge der Schließung oder Umstellung entstehen, und
3.
Investitionen zur Umstellung auf andere, insbesondere soziale Aufgaben, soweit diese nicht anderweitig öffentlich gefördert werden.
Die Ausgleichszahlungen können mit Zustimmung des Krankenhausträgers als Pauschalbetrag bewilligt werden. (2) ….
450 Inhaltlich reicht die Gestaltungsfreiheit der Länder von einer Vollförderung bis hin zu einer strengen Härtefallregelung, von einer Einzelförderung bis zur Pauschalierung.389) 451 Die Schließungsförderung verfolgt den Zweck, einen Anreiz zu schaffen, Krankenhäuser zu schließen, um Überversorgung und -kapazitäten abzubauen.390) 452 Ob auch einem insolventen Krankenhaus Schließungsförderung gewährt werden kann bzw. muss, ist fraglich und hoch umstritten. 453 Vereinzelt schließen die Landesgesetze eine Schließungsförderung im Falle einer Insolvenz explizit aus (so Art. 17 Abs. 1 Satz 2 BayKrG). Nach dem Wortlaut der übrigen Landeskrankenhausgesetze wäre eine Schließungsförderung in der Insolvenz hingegen möglich,391) da – wie in § 9 KHG – nur von „Schließung“ die Rede ist. Der Gesetzesbegründung lässt sich zu der Frage ebenfalls nichts entnehmen.392) 454 Während eine Auffassung in der Literatur daher die Möglichkeit der Gewährung von Schließungsförderung auch in der Insolvenz grundsätzlich bejaht hat, zum Teil ohne nähere Begründung und ohne auf die Unterschiede in den einzelnen Landesgesetzen einzugehen,393) schließen andere Stimmen eine Schlie___________ 389) Vgl. Stollmann/Quaas/Dietz, PdK Bu H-10, § 9 KHG; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 173, Fn. 1127. 390) OVG Lüneburg, Urt. v. 11.2.2015 – 13 LC 107/14, NZI 2015, 430; Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 495; Gerloff, NZI 2015, 432, der auf die wohl einmalige Situation im Krankenhausrecht hinweist, dass mit öffentlichen Mitteln zunächst geschaffene Kapazitäten durch Fördermittel wieder abgebaut werden, s. dazu auch Dettling/Gerlach-Kamp/Nayebagha, Krankenhausrecht, § 9 KHG Rn. 49. 391) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 177. 392) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 176. 393) Ohne weitere Begründung Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 35; wohl auch Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
ßungsförderung für ein insolventes Krankenhaus mit der Begründung aus, der Gesetzeszweck würde nicht erreicht, da das Krankenhaus nicht freiwillig, sondern insolvenzbedingt schließe.394) Soweit ersichtlich existiert mit Ausnahme einer Entscheidung des Oberverwal- 455 tungsgerichts Lüneburg395) zu dieser Frage keine obergerichtliche Rechtsprechung. In der Entscheidung verneint das Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine Schließungsförderung für ein insolventes Krankenhaus. Der Leitsatz des Gerichts lautet: „Die Bewilligung von Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs. 1 NKHG dient der Förderung des (freiwilligen) Ausscheidens eines Krankenhauses aus dem Krankenhausplan und damit dem Abbau überflüssiger Krankenhauskapazitäten. Dieser Steuerungszweck schließt einen Anspruch eines wirtschaftlich nicht überlebensfähigen oder gar insolventen Krankenhauses auf Gewährung von Ausgleichszahlungen aus.“
Zur Begründung führt das Gericht aus: Erfolge die Einstellung des Betriebs 456 eines Krankenhauses allein aufgrund der Insolvenz des Krankenhausträgers, fehle es sowohl an einer vorausgehenden behördlichen Planungsentscheidung als auch an einer nachfolgenden freiwilligen Schließung des betroffenen Krankenhauses. Zudem fehle es an einer unzumutbaren Härte, die nach dem beschriebenen Gesetzeszweck dann vorliegen könne, wenn die Schließung Folge einer (ggf. auch einvernehmlichen) Herausnahme des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan wegen eines Überangebots zur Verfügung stehender Krankenhauskapazitäten sei, das Krankenhaus selbst im Grundsatz aber wirtschaftlich überlebensfähig wäre. Sei dies jedoch nicht der Fall, so bestehe kein Anlass, die aus ökonomischen Gründen ohnehin erforderliche Schließung durch die Gewährung von Ausgleichszahlungen abzufedern. M. a. W.: „Die öffentlichen Mittel sollen fließen nicht weil, sondern damit ein Krankenhaus schließt“.396) Nahezu gleichlautend hat in der Folge das Verwaltungsgericht Arnsberg in 457 einem vergleichbaren Fall entschieden.397) Diese Rechtsprechung vermag jedenfalls in der Pauschalität nicht zu über- 458 zeugen.398) ___________ 394) Quaas, ZMGR 2004, 179, 184; Müller/Sperber in: Festschrift Plagemann, S. 481, 495. 395) OVG Lüneburg, Urt. v. 11.2.2015 – 13 LC 107/14; hierzu Kaufmann, EWiR 2015, 389 f.; Gerloff, NZI 2015, 432 f. 396) OVG Lüneburg, Urt. v. 11.2.2015 – 13 LC 107/14, NZI 2015, 430, 431. 397) VG Arnsberg, Urt. v. 5.7.2016 – 11 K 2181/14 (unveröffentlicht); hierzu Stollmann/ Hermanns, NZS 2017, 851, 858. 398) So bereits Kaufmann, EWiR 2015, 389, 390; ebenso – ausführlich – Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 176 ff.; Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 77; Gerloff, NZI 2015, 432 f., der gar ein politisch motiviertes Urteil vermutet, weil das Land Niedersachsen seit Jahren für diese Förderung keine Fördermittel in den Haushalt eingestellt habe, obwohl erhebliche Überkapazitäten bestünden; siehe auch die Titelgeschichte über die geringe Zahl von Klinikschließungen und die hierzu seitens der Länder bereitgestellten Gelder, Mau, kma 2/2015, 30 ff.; kritisch zum Urteil des OVG Lüneburg auch Rein/Koch, NZI 2016, 294, 299.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
459 Eine Sanierung unter Insolvenzschutz kann wie bereits gezeigt sehr frühzeitig, nämlich im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit, eingeleitet werden. Nach der Neufassung der Insolvenzgründe durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ist klargestellt, das bereits zu einem sehr frühen Datum, nämlich 24 Monate vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, ein Insolvenzverfahren beantragt werden kann (§ 18 Abs. 2 Satz 2 InsO n. F.).399) 460 Strebt der Krankenhausträger bei drohender Zahlungsunfähigkeit eine Sanierung unter Insolvenzschutz im Wege des Eigenverwaltungsverfahrens mittels Insolvenzplan an und sieht das Sanierungskonzept die Aufgabe des Versorgungsauftrags und damit des Ausscheidens aus dem Krankenhausplan für einen Teil der Betten vor, ist der Gesetzeszweck – und das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit (sofern überhaupt entscheidend) – sehr wohl erfüllt.400) Ferner ist durch die sehr frühe Antragstellung bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit nicht festgestellt, dass das Krankenhaus selbst nicht wirtschaftlich überlebensfähig wäre, da dem Krankenhausträger in diesem Fall ggf. auch noch außergerichtliche Sanierungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, sodass die Schließung eine unzumutbare Härte i. S. d. § 8 Abs. 1 NKHG darstellt.401) 461 Bei einer frühzeitigen Sanierung unter Insolvenzschutz, die die Schließung eines unrentablen Betriebsteils vorsieht, insbesondere weil offensichtlich kein Bedarf für das Krankenhaus mehr besteht (sonst wäre es vermutlich nicht in die Insolvenzsituation gekommen),402) kann mithin ein Anspruch auf Schließungsförderung bestehen, insbesondere zur Finanzierung der Schließungskosten in Form von Sozialplankosten und einer etwaigen Transfergesellschaft.403) Dieser Anspruch ist eine Masseforderung und durch den Insolvenzverwalter/ Schuldner im Falle der Eigenverwaltung geltend zu machen.404)
___________ 399) Zuvor war die Frage der Dauer des Prognosezeitraums umstritten, dieser umfasste allerdings nach h. M. zumindest das laufende und das kommende Geschäftsjahr, siehe Rn. 357. 400) Kaufmann, EWiR 2015, 389, 390; so auch Gerloff, NZI 2015, 432, 433; zustimmend Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 178 ff., 181; Kraemer/Vallender/VogelsangBornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 77. 401) Kaufmann, EWiR 2015, 389, 390; siehe auch Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 77. 402) Zutreffend der Hinweis auf den Wertungswiderspruch durch Gerloff, NZI 2015, 432, 433 sowie Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 180, dass nach Auffassung des OVG Lüneburg Schließungsförderung nur bei einem durch die Behörde festgestellten fehlendem Bedarf fließen soll, nicht hingegen, wenn sich dieser fehlende Bedarf in der wirtschaftlichen Krise oder gar Insolvenz des Krankenhausträgers dokumentiere. 403) Kaufmann, EWiR 2015, 389, 390; weitergehend Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 181 und Gerloff, NZI 2015, 432 f., die grundsätzlich (mit Ausnahme in Bayern) eine Schließungsförderung in der Insolvenz bejahen. Siehe auch § 21 Abs. 3 Nr. 3 und 4 KHG BW. 404) Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 181; Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 35.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
b) Eigenmittelausgleich Bei der Gewährung des Eigenmittelausgleichs geht es nicht um die Förderung 462 künftiger Investitionen und deren zweckentsprechende Nutzung. Vielmehr handelt es sich bei dem Eigenmittelausgleich um einen seit Jahren bestehenden und zu bilanzierenden, aufschiebend bedingten Anspruch des Krankenhauses,405) der bei seinem Ausscheiden aus dem Krankenhausplan realisiert wird (vgl. z. B. § 8 Abs. 2 NKHG; § 15 BremKrhG; § 20 KHG BW). Der Eigenmittelausgleich ist ein Ausgleich für Investitionen, die vor Beginn der Förderung des Krankenhauses mit Eigenmitteln des Trägers finanziert worden sind. Er stellt einen Ausgleich dafür da, dass das Krankenhaus während der Förderzeit keine Investitionsaufwendungen (AfA) in die Pflegesätze einbeziehen konnte.406) Der Anspruch des Krankenhauses auf Eigenmittelausgleich gehört zur Insol- 463 venzmasse (§ 35 InsO) und ist durch den Insolvenzverwalter/Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren geltend zu machen.407) 5. Pflegesatzrecht: Minder- und Mehrerlösausgleichsansprüche in der Insolvenz Unstreitig kommt, solange ein unter Pflegesatzrecht fallendes Krankenhaus im 464 Insolvenzverfahren weiterbetrieben wird, weiterhin Pflegesatzrecht zur Anwendung. Das heißt, es werden die für den laufenden Pflegezeitraum genehmigten Pflegesätze erhoben, die Kostenschuldner haben diese an die Insolvenzmasse zu leisten. Nach Ablauf des Pflegesatzzeitraums sind neue Pflegesätze zu vereinbaren (Budgetverhandlungen), Verhandlungspartner während des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter,408) bei Eigenverwaltung weiterhin der Krankenhausträger. Unklar und umstritten ist jedoch die Behandlung sog. Mehrerlösausgleiche 465 im Insolvenzverfahren. Zur Erinnerung: Bei Leistungssteigerungen über dem vereinbarten Budget erzielt das Krankenhaus Mehrerlöse. Solche Mehrerlöse409) sind auszugleichen, führen also zu einer „Forderung“ der Krankenkasse. Mindererlöse führen spiegelbildlich bei nicht erreichtem Budget zu einem Anspruch des Krankenhauses gegen die Krankenkassen. Außerhalb der Insolvenz sind Mehrerlöse über ein nachfolgendes Budget abzurechnen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 5 BPflV, §§ 3 Abs. 6, 4 Abs. 9 KHEntgG).410) ___________ 405) Zur bilanziellen Behandlung siehe Rn. 101 ff. 406) Vgl. nur Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 181 f. 407) Unstreitig, vgl. nur Quaas, ZMGR 2004, 179, 185; Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 182; Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 35. 408) Quaas, ZMGR 2004, 179, 182; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 126. 409) Zum uneigentlichen Mehrerlösausgleich, der hier nicht behandelt wird, siehe Quaas, ZMGR 2004, 179, 182; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 235 f. 410) Näher zur Berechnung von Minder- und Mehrerlösausgleichen und der Gestaltung in nachfolgenden Budgets Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 215 ff. m. z. N.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
466 Eine Meinung in der Literatur vertritt daher die Auffassung, dass die Ausgleichsregelung des Pflegesatzrechts (BPflV und KHEntgG) nicht zu einem Gläubiger-Schuldner-Verhältnis i. S. v. § 38 InsO führten, sondern zu einer „kollektiven Verrechnungsforderung“, welche nur in einem nachfolgenden Budget berücksichtigt werden könne.411) Gäbe es kein nachfolgendes Budget (z. B. aufgrund einer Schließung des Krankenhauses infolge der Insolvenz) würde der Ausgleich folglich ins Leere gehen.412) 467 Eine andere Auffassung in der Literatur vertritt demgegenüber die Auffassung, dass Mehrerlösausgleiche in die insolvenzrechtlichen Forderungskategorien eingeordnet werden müssen. Andernfalls würden die Krankenkassen im Vergleich zu anderen Gläubigern des Krankenhauses bevorzugt. Mehrerlösausgleiche, die vor Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, sind danach Insolvenzforderung; nach Eröffnung entstandene Mehrerlösausgleiche sind als Verbindlichkeiten aus der Unternehmensfortführung Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.413) Entstanden sind die Forderungen dabei bereits mit Überschreitung der definierten Leistungsmenge.414) Auf den Stichtag der Einleitung des Insolvenzverfahrens habe eine Abgrenzung der Leistungszeiträume zu erfolgen.415) Die Auffassung hat für das insolvente Krankenhaus den Vorteil, dass das künftige Budget nicht mit Ausgleichsansprüchen belastet würde,416) hätte also unmittelbar einen Sanierungseffekt.417) 468 Kapras418) hat diese Frage in seiner 2019 erschienen Dissertation eingehender untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der zweitgenannten Ansicht zu folgen ist.419)
___________ 411) Quaas, ZMGR 2004, 179, 182, der darauf hinweist, dass in der Vergangenheit allerdings Krankenkassen Ausgleichsansprüche als Insolvenzforderung vorsorglich zur Tabelle angemeldet hätten; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 127 f. 412) Quaas, ZMGR 2004, 179, 182 f.; Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 127 f., die allerdings auf die Regelungen des § 5 Abs. 5 KHEntgG hinweisen. 413) Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 34; zustimmend Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586. 414) So die Auffassung von Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 34; zustimmend Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586. 415) Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 34. Unklar bleibt hierbei, was mit „Einleitung des Insolvenzverfahrens“ gemeint ist. Unstreitig hat zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Abgrenzung zu erfolgen. Bei Anordnung einer sog. starken vorläufigen Verwaltung ist eine solche Abgrenzung daneben auch zum Stichtag der Anordnung der vorläufigen Verwaltung vorzunehmen. 416) Quaas, ZMGR 2004, 179, 182. 417) Siehe auch Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586, der diese rechtspolitische Zielsetzung – dogmatisch nicht haltbar – zur Begründung der Einordnung des Mehrerlösausgleichs in die insolvenzrechtlichen Kategorien anführt; zu Recht kritisch Kapras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 227, Fn. 1470. 418) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 220 ff. 419) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 234.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Relevant wird die Thematik bei der Frage, inwieweit derartige Forderungen 469 gegen andere Forderungen aufgerechnet werden können. Hierzu sogleich ausführlich. Einigkeit herrscht hingegen bei der Behandlung von Mindererlösausgleichs- 470 forderungen. Diese stellen Forderungen des Krankenhauses gegen die Krankenkassen und damit Insolvenzmasse i. S. v. § 35 InsO dar und sind vom Insolvenzverwalter bzw. im Eigenverwaltungsverfahren vom Krankenhausträger einzuziehen.420) Mindererlösausgleichsansprüche entstehen mit Ablauf des budgetrechtlichen Vereinbarungszeitraums, also in der Regel am Ende eines Kalenderjahres, wenn feststeht in welchem Umfang das vereinbarte Leistungsziel verfehlt wurde.421) 6. Verrechnungsfragen Der Befund, dass auch Mehrerlösausgleichsforderungen in die insolvenzrecht- 471 lichen Forderungskategorien eingeordnet werden können (dazu soeben unter Rn. 464 ff.) leitet über zu der äußerst praxisrelevanten Frage, inwieweit auf der einen Seite Forderungen der Krankenkasse oder des Landes gegen Forderungen des Krankenhauses auf der anderen Seite aufgerechnet werden können. Hier sind vielfältige Konstellationen denkbar, wie die nachfolgende Übersicht zeigt:
Krankenhaus
Krankenkasse
• Rückständige Sozialversicherungsbeiträge
• Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (KHEntgG)
• Mehrerlösausgleiche
• Mindererlösausgleiche
• Rückforderungsansprüche aus MD-Prüfungen
• AAG • Überbezahlte Sozialversicherungsbeiträge
Krankenhaus
Land
• Rückforderung von Fördermitteln
• Anspruch auf Fördermittel (insb. bei Förderungsmittelvorgriff)
• Steuern
• Schließungsförderung
• …
• Eigenmittelausgleich
___________ 420) Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 34; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 235. 421) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 235.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
472 Die Zulässigkeit der Aufrechnung richtet sich zunächst nach den zivilrechtlichen Vorschriften über die Aufrechnung, mithin den §§ 387 ff. BGB. In der Insolvenz werden diese Vorschriften modifiziert durch die §§ 94 ff. InsO.422) Fraglich ist, inwieweit im Falle der Krankenhausinsolvenz daneben noch die Vorschriften über die Aufrechnung in den Landeskrankenhausgesetzen zu beachten sind. a) Grundsätzliches zur Aufrechnung in der Insolvenz, insbesondere im Insolvenzplanverfahren 473 Für eine Aufrechnung ist zunächst eine Aufrechnungslage i. S. d. §§ 387 ff. BGB erforderlich. Eine solche setzt voraus:423) x
Gegenseitigkeit der aufzurechnenden Forderungen.
x
Gleichartigkeit der aufzurechnenden Forderungen.
x
Gegenforderungen gültig und durchsetzbar, Hauptforderungen zumindest erfüllbar.
x
Nichtvorliegen eines Aufrechnungsverbots.
474 Den §§ 94 ff. InsO liegt der Grundsatz zugrunde, dass derjenige Gläubiger, der bei Verfahrenseröffnung bereits eine gesicherte Rechtsposition hat, diese behalten soll. Besteht die Aufrechnungslage und damit -befugnis bereits bei Verfahrenseröffnung oder konnte der Insolvenzgläubiger auf den sicheren Eintritt der Aufrechnungsbefugnis nach Eröffnung vertrauen, kann er auch nach Verfahrenseröffnung aufrechnen. § 94 InsO regelt hierbei den Fall, dass die Aufrechnungsbefugnis bereits vor Eröffnung entstanden ist. Tritt die Aufrechnungslage erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, ist die Aufrechnung unter den Voraussetzungen des § 95 InsO möglich. § 96 Abs. 1 InsO enthält dann wiederrum vier insolvenzspezifische Unzulässigkeitsgründe, die die § 94 und § 95 InsO einschränken.424) Es ergibt sich folgende Systematik:
___________ 422) Neben den einschlägigen Kommentaren zum Insolvenzrecht siehe den Überblick über die Regelungen und Systematik der §§ 94 ff. InsO bei Höhn/Kaufmann, JuS 2003, 751 ff. 423) Näher Höhn/Kaufmann, JuS 2003, 751, 752. 424) Höhn/Kaufmann, JuS 2003, 751, 752 ff.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Aufrechnungslage bestand bei Verfahrenseröffnung schon
Aufrechnungslage entsteht erst nach Verfahrenseröffnung
• § 94 InsO schützt derartige Aufrechnungslagen • Einschränkung durch § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Möglichkeit der Aufrechnung wurde durch anfechtbare Rechtshandlung erlangt Entscheidend: Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Insolvenzantrag (P): vorl. Eigenverwaltung muss nicht zwingend veröffentlicht werden • Erweiterung durch § 95 Abs. 2 InsO
• Geschützt gemäß § 95 Abs. 1 InsO nur, wenn Aufrechnungslage bei Eröffnung schon angelegt war und durch Schuldner nicht mehr verhindert werden kann und • Forderung des Gläubigers darf nicht erst nach Eröffnung entstanden sein oder Gläubiger darf nicht erst dann die Forderung erworben haben, und Begründung der Aufrechnungslage darf nicht anfechtbar erfolgt sein (Einschränkungen durch § 96 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 4 InsO) • Erweiterung durch § 95 Abs. 2 InsO
Die Aufrechnung in der Insolvenz hat für den Insolvenzgläubiger den Vorteil, 475 dass er seine Forderungen in dem Umfang, in dem sich die Forderungen decken (§ 389 BGB), durchsetzen kann und nicht nur auf die Insolvenzquote verwiesen wird. Hierin wird die Sicherungsfunktion der Aufrechnung deutlich.425) Die §§ 94 ff. InsO finden hierbei im Ergebnis ebenfalls nach Beendigung des 476 Insolvenzplanverfahrens weiter Anwendung. Diese Frage war lange Zeit und ist weiterhin umstritten, wurde vom Bundesgerichtshof jedoch vor einiger Zeit entsprechend höchstrichterlich entschieden.426) Der Bundesgerichtshof hält die Aufrechnung also – nach Maßgabe der §§ 94 ff. InsO – nicht nur für insolvenzfest, sondern auch für planfest und lässt folglich die Aufrechnung des Insolvenzgläubigers selbst dann in voller Höhe zu, wenn dessen Gegenforderung nach dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan (teilweise) als erlassen gilt.427) b) Verrechnungen in der Krankenhausinsolvenz Aus den soeben dargestellten Grundsätzen folgt für Verrechnungskonstella- 477 tionen in der Krankenhausinsolvenz Folgendes: aa) Verrechnungen der Krankenkassen Grundsätzlich ist eine Verrechnung der Krankenkassen mit rückständigen So- 478 zialversicherungsbeiträgen, Mehrerlösausgleichsforderungen oder Rückforderungen aus MD-Prüfungen möglich. Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit sind gegeben. Beschränkungen ergeben sich aufgrund der § 96 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 InsO. ___________ 425) Höhn/Kaufmann, JuS 2003, 751, 755. 426) BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08, ZIP 2011, 1271; hierzu – kritisch – z. B. Huber/ Madaus in: MünchKomm-InsO, § 254 Rn. 22. 427) Huber/Madaus in: MünchKomm-InsO, § 254 Rn. 22.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
479 Im Einzelnen dürfte gelten: x
Stammt die Forderung der Krankenkasse aus dem Zeitraum nach Eröffnung, ist eine Verrechnung sowohl gegen Forderungen des Krankenhauses aus dem Zeitraum vor Eröffnung als auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich.
x
Stammt die Forderung der Krankenkasse aus dem Zeitraum vor Insolvenzantragstellung und Kenntnis des Antrags, kann die Krankenkasse i. d. R. mit Forderungen des Krankenhauses aus dem Zeitraum vor Insolvenzantragstellung und Kenntnis des Antrags verrechnen. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO wird dem regelmäßig nicht entgegenstehen, weil die Krankenkasse zu diesem Zeitpunkt kaum Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit gehabt haben dürfte.
x
Stammt die Forderung der Krankenkasse aus dem Zeitraum zwischen Kenntnis vom Antrag und Eröffnung – hierzu gehören auch die (aufgrund der Anfechtung im Ergebnis) nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge im Falle der Eigenverwaltung und schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung (hierzu Rn. 539 ff.) –, kann die Krankenkasse weder mit Forderungen des Krankenhauses vor Kenntnis des Antrags noch mit Forderungen zwischen Kenntnis vom Antrag und Eröffnung und erst recht nicht mit denen nach Eröffnung aufrechnen. Denn die Aufrechnungslage dürfte dann in anfechtbarer Weise hergestellt worden seien mit der Folge, dass die Aufrechnung unwirksam ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Praxistipp: Zutreffend der Hinweis von Rigol428), die auf die Schwierigkeit hinweist, die sich für die Sicherstellung der Liquidität und damit der Finanzierung der Betriebsfortführung ergeben könnte, wenn Krankenkassen aufgrund von Verrechnungsthemen Zahlungen verzögern. Der Insolvenzverwalter bzw. Schuldner in der Eigenverwaltung wird daher frühzeitig Einvernehmen mit den Krankenkassen suchen müssen, um einerseits keine Probleme bei der Finanzierung der weiteren Betriebsfortführung zu bekommen, andererseits den insolvenzrechtlichen Vorgaben in Form der Beachtung des Grundsatzes der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung und der Vermeidung eines insolvenzzweckwidrigen Verhaltens und damit auch der Vermeidung einer persönlichen Haftung nachzukommen.
___________ 428) Rigol, Düsseldorfer Krankenhausrechtstag 2017, 89, 97.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
bb) Verrechnungen der Förderbehörde Bei der Frage, inwieweit die Förderbehörde gegen Forderungen des Kranken- 480 hauses, insbesondere auf Schließungsförderung und Eigenmittelausgleich (hierzu Rn. 445 ff.) aufrechnen kann, ist zunächst zu berücksichtigen, dass verschiedene Landeskrankenhausgesetze Bestimmungen hinsichtlich der Aufrechnungsbefugnis der Förderbehörde vorsehen. So heißt es etwa in § 18 Abs. 4 BremKrhG: § 18 Widerruf von Bescheiden, Erstattung und Verzinsung (1) … (4) Erstattungsansprüche können mit Förderleistungen nach diesem Gesetz verrechnet werden.
Insoweit ist allerdings zu beachten, dass derartige landesrechtliche Vorschriften 481 gegenüber den bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff. BGB, 94 ff. InsO über die (Un-)Zulässigkeit der Aufrechnung im Insolvenzverfahren nachrangig sind429), letztlich für die hier zu klärende Fragestellung also unbeachtlich sind. Die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung entscheidet sich also auch bei Ver- 482 rechnungskonstellationen mit dem Land allein anhand der §§ 387 ff. BGB, §§ 94 ff. InsO. Insoweit gilt für die relevanten Tatbestände der Schließungsförderung und des Anspruchs auf Eigenmittelausgleich Folgendes: x
Der Anspruch auf Schließungsförderung entsteht wie gezeigt erst mit einem entsprechenden Antrag des betroffenen Krankenhausträgers, der in der Regel erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden wird. Damit wird die Behörde erst nach Eröffnung im Hinblick auf den Anspruch des Krankenhausträgers auf Schließungsförderung etwas zur Masse schuldig. Einer Aufrechnung steht damit das Verbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO entgegen.430)
x
Bei dem Anspruch auf Eigenmittelausgleich ist zu beachten, dass es sich um einen auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Krankenhausplan aufschiebend bedingten Anspruch handelt. Ebenso handelt es sich bei dem Rückforderungsanspruch um einen aufschiebend bedingten Anspruch auf den Zeitpunkt des Widerrufs des Bewilligungsbescheides. Die Frage der Aufrechnung beurteilt sich in diesem Fall nach § 95 Abs. 1 InsO. Entscheidend ist demnach, welche Forderungen zuerst unbedingt und fällig, also durchsetzbar werden.431) Bezogen auf die hier zu beantwortende Frage kommt es also entscheidend darauf an, ob in zeitlicher Abfolge zunächst das Ausscheiden aus dem Krankenhausplan oder zunächst vorgelagert der Widerruf des Bewilligungsbescheides erfolgt. Nur, wenn der Widerruf des Bewilligungsbescheides vor dem Ausscheiden aus dem Krankenhausplan
___________ 429) Huster/Kaltenborn-Wernick, Krankenhausrecht, § 20 Rn. 35 a. E.; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1586; näher Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 207. 430) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 205. 431) Höhn/Kaufmann, JuS 2003, 751, 754.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
und damit dem Entstehen des Anspruchs der Masse auf den Eigenmittelausgleich erfolgt, ist die Aufrechnung nach § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO zulässig.432) 7. Übertragende Sanierung oder Insolvenzplan in der Krankenhausinsolvenz? 483 Bei der Frage, ob eine übertragende Sanierung oder die Sanierung über einen Insolvenzplan der richtige Weg in der Insolvenz des Krankenhauses ist, ist zunächst auf die allgemeinen Ausführungen unter Rn. 218 ff. hinzuweisen. 484 Darüber hinaus gibt es jedoch im Rahmen einer Krankenhausinsolvenz noch Besonderheiten, die bei der Beantwortung dieser Frage zu berücksichtigen sind, und die in aller Regel den Ausschlag für eine Sanierung des Krankenhausträgers über einen Insolvenzplan geben. Dies sind die Vermeidung des Entstehens einer Gegenwertforderung der VBL sowie die Vermeidung der Rückforderung von Fördermitteln und der Herausnahme aus dem Krankenhausplan bei dem im Rahmen einer übertragenden Sanierung zwingenden Trägerwechsel. a) Vermeidung des Entstehens einer Gegenwertforderungen der VBL aa) Allgemeines zur VBL und zum Entstehen einer Gegenwertforderung 485 Bei Krankenhausträgern, insbesondere in kommunaler, jedoch oftmals auch in freigemeinnütziger Trägerschaft, besteht aufgrund der Bindung an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-L), der in § 25 auf den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV) verweist, eine Pflichtversicherung der beim Krankenhausträger Beschäftigten bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). 486 Die VBL ist die größte deutsche Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes.433) Sie ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Karlsruhe, § 1 VBL-Satzung. Zweck der VBL ist es, als eine nicht im Wettbewerb stehende Einrichtung den Beschäftigten der Beteiligten im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, § 2 VBL-Satzung. Die Beteiligung erfolgt hierbei auf Basis einer schriftlichen Beteiligungsvereinbarung mit der VBL, §§ 19 Abs. 1, 20 VBL-Satzung. Der Kreis der Beteiligten ist in § 19 VBL-Satzung geregelt. Danach können kommunale Arbeitgeber Beteiligte sein, während insbesondere bei juristischen Personen des Privatrechts Einschränkungen gelten, § 19 Abs. 2 Satz 1 Buchst. e und Satz 2 VBL-Satzung. Damit eine juristische Person des Privatrechts Beteiligte sein kann, muss die juristische Person das für einen Beteiligten i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a – c geltende Tarifrecht oder ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts anwenden (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Buchst. e VBL-Satzung) und ___________ x
432) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 206 f. 433) Cisch in: Münch Hdb. ArbR, § 214 Rn. 3; Reschka, ZTR 2013, 171.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
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an diesem Unternehmen eine juristische Person des öffentlichen Rechts überwiegend beteiligt sein oder nach der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag maßgeblichen Einfluss ausüben (§ 19 Abs. 2 Satz 2 VBL-Satzung i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 der Ausführungsbestimmung zu § 19 Abs. 2 Satz 1 Buchst. e VBL-Satzung) und
x
das Unternehmen oder die Einrichtung überwiegend Aufgaben wahrnehmen, die sonst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts obliegen würden, und sie mindestens 20 Beschäftigte bei der VBL zu versichern haben (§ 19 Abs. 2 Satz 2 VBL-Satzung i. V. m. § 1 Nr. 1 Buchst. a und b der Ausführungsbestimmung zu § 19 Abs. 2 Satz 1 Buchst. e VBL-Satzung).
Rein privatrechtlichen Krankenhausträgern ist damit der Zugang zur VBL 487 grundsätzlich verwehrt.434) In Betracht kommt jedoch etwa bei der Übernahme eines kommunalen Krankenhauses durch einen Privaten der Abschluss einer besonderen Beteiligungsvereinbarung gemäß § 20 Abs. 3 VBL-Satzung.435) Dies erfordert jedoch x
entweder eine unwiderrufliche Verpflichtungserklärung einer oder mehrerer juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Insolvenzfähigkeit durch Gesetz ausgeschlossen ist, im Falle einer Beendigung der Beteiligung für die Erfüllung aller finanziellen Verpflichtungen des Beteiligten gegenüber der VBL einzustehen (Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Ausführungsbestimmung zu § 20 Abs. 3 VBL-Satzung)436) oder
x
die Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 15 % zur jeweiligen Umlage (Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Ausführungsbestimmung zu § 20 Abs. 3 VBLSatzung) oder
x
eine Bürgschaft einer Bank oder eines Versicherungsunternehmens (Abs. 1 Satz 2 der Ausführungsbestimmung zu § 20 Abs. 3 VBL-Satzung).
Angesichts der für derartige Bürgschaften von dem Privaten zu hinterlegenden 488 Beträge scheidet der letztgenannte Weg in aller Regel aus wirtschaftlichen Gründen aus.437) Die Finanzierung der VBL erfolgt hierbei seit dem Jahr 1967 über ein um- 489 lagefinanziertes Abschnittsdeckungsverfahren. Dabei wird die gesamte Rentenlast eines Deckungsabschnitts von den Beteiligten als Umlagegemeinschaft ___________ 434) Dies gilt auch bei anderen Zusatzversorgungskassen, z. B. der Pensionskasse der Caritas, vgl. Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 81. 435) Klemm/Frank, BB 2013, 2741, 2742; Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 68. 436) Derartige Erklärungen sind im Rahmen von Privatisierungen kommunaler Unternehmen zu beobachten, siehe Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 68. Eine derartige Bürgschaft der privatisierenden Kommune wird in der Regel mit einem dinglich gesicherten Heimfallrecht verbunden, Hebing in: Ipsen, Rekommunalisierung von Versorgungsleistungen, S. 69, 74. 437) Siehe auch Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 69.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
getragen. Ohne Bedeutung für den Umlagebeitrag ist hierbei die Risikostruktur der Beteiligten. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es sich um sog. Nettozahler handelt, d. h., Beteiligte, die eine höhere Umlage entrichten, als Leistungen von der VBL an Rentner des betreffenden Beteiligten erbracht werden. Im Laufe der Zeit hat sich die Situation des Umlageverfahrens zulasten der Nettozahler immer weiter verschoben, weshalb immer mehr Nettozahler ein Ausscheiden aus der VBL in Erwägung ziehen, da sie durch diese Entwicklung erheblich benachteiligt werden.438) Die Gewährung einer Altersvorsorge über die VBL ist daher regelmäßig deutlich teurer als vergleichbare sonstige Zusatzversorgungsmodelle, wie z. B. Direktversicherungen.439) Allerdings ist ein Ausstieg aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes wegen des in diesem Fall zu zahlenden Ausgleichsbetrags (Gegenwert) oft finanziell nicht möglich.440) 490 Im Falle des Ausscheidens des Beteiligten aus der VBL hat der Beteiligte, der aus der VBL ausscheidet, wie soeben erwähnt einen Gegenwert an die VBL für die dort verbleibenden Leistungsansprüche und unverfallbaren Anwartschaften, die ihm zuzurechnen sind, zur Sicherung der Umlage- und Solidargemeinschaft zu zahlen, § 23a VBL-Satzung. Die Beteiligung endet, wenn sie vom Beteiligten oder der VBL mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalenderjahres gekündigt wird, wobei die VBL nur kündigen kann, wenn eine der in § 19 VBL-Satzung oder den Ausführungsbestimmungen hierzu festgelegten Voraussetzungen der Beteiligung weggefallen ist, § 22 Abs. 1 und 2 VBLSatzung. Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet ist, § 22 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Buchst. e VBL-Satzung. 491 Eine Verpflichtung zur Zahlung eines (anteiligen) Gegenwerts kann ebenfalls durch Personalübertragungen ausgelöst werden. Hierbei handelt es sich um die Übertragung von Arbeitsverhältnissen mit Pflichtversicherten von einem VBL-Beteiligten auf einen nicht beteiligten Arbeitgeber entweder kraft Rechtsvorschrift (Gesetz, Verordnung, Satzung) oder aufgrund einer Vereinbarung (einschließlich Betriebsübergang und Fusion), wenn hierdurch ein wesentlicher Teil von Pflichtversicherten des Beteiligten aus der VBL ausscheidet, § 23d Abs. 1 Satz 1 VBL-Satzung. In diesem Fall ist ein anteiliger Gegenwert zu zahlen. Ein wesentlicher Teil von Pflichtversicherten ist dabei gegeben, wenn in den vergangenen zehn Jahren 10 % der Pflichtversicherten des Beteiligten oder 500 Pflichtversicherte übertragen worden sind, § 23d Abs. 1 Satz 2 Buchst. a VBL-Satzung. Bei Personalübertragungen zwischen Beteiligten der ___________ 438) Schipp/Wortmann, NZA 2010, 546; siehe auch Wollenschläger/von Harbou, NZA 2005, 1081, 1082, Fn. 14. 439) Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 67; siehe auch Wollenschläger/von Harbou, NZA 2005, 1081, 1082. 440) Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 67; Schipp/ Wortmann, NZA 2010, 546, 547.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
VBL gilt § 23e VBL-Satzung. Danach wird der Übertragende von seiner Einstandspflicht nur frei, wenn er zeitnah eine schriftliche unwiderrufliche Verpflichtungserklärung des jeweils neuen Arbeitgebers beibringt, § 23e Abs. 1 VBL-Satzung. Die Gegenwertforderungen sind regelmäßig erheblich.441) So betrugen die 492 prognostizierten Gegenwertforderungen in den von uns bearbeiteten und unter Rn. 570 ff. und 617 ff. dargestellten Praxisfällen 1 und 2 rund 43,6 Mio. € bzw. 14,9 Mio. €; der anteilige Gegenwert bei einer Übertragung von 80 der insgesamt 360 Pflichtversicherten im Praxisfall 1 (Rn. 570 ff.) sollte immerhin noch 9,67 Mio. € betragen. Die Gegenwertforderung stellt im Insolvenzverfahren zwar regelmäßig nur eine Insolvenzforderung dar (siehe zur Behandlung im Insolvenzverfahren sogleich). Aufgrund der Höhe hat sie jedoch erhebliche Auswirkung auf die Quote und damit auch auf die Vergleichsrechnung im Rahmen eines Insolvenzplans (siehe Rn. 502). bb) Behandlung im Insolvenzverfahren Für das Insolvenzverfahren gilt bezüglich der angesprochenen Punkte Fol- 493 gendes:442) (1) Beendigung der Beteiligung Durch die Insolvenzeröffnung wird die Beteiligungsvereinbarung – als ein „üb- 494 riges“ Dauerschuldverhältnis i. S. d. § 103 InsO – nicht automatisch beendet. Die Beteiligung endet daher x
entweder durch einen Nichteintritt i. S. v. § 103 Abs. 2 InsO durch den Insolvenzverwalter bzw. Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren mit entsprechender Abmeldung der Pflichtversicherten,
x
durch einvernehmliche Beendigung mit Abmeldung des letzten Pflichtversicherten oder
x
durch fristlose Kündigung seitens der VBL.
In diesem Fall sind die Mitarbeiter, ggf. rückwirkend auf den Tag der Insol- 495 venzeröffnung, mit dem Abmeldegrund „21“ (Ausscheiden des Arbeitsgebers aus der Beteiligung) aus der Pflichtversicherung abzumelden.
___________ 441) Siehe auch Huster/Kaltenborn-Lambrecht/Vollmöller, Krankenhausrecht, § 16 Rn. 67. 442) Die nachfolgend dargestellten Ausführungen stammen aus diversen Schreiben der VBL in den in Kapitel E. (Rn. 570 – 794) dargestellten Praxisfällen und zeigen – unabhängig von deren dogmatischen Richtigkeit – die Rechtsauffassung der VBL.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
(2) Im Insolvenzverfahren zu berücksichtigende Forderungen 496 Im Insolvenzverfahren sind regelmäßig folgende Forderungen der VBL zu beachten: x
Etwaige offene Aufwendungen zur Pflichtversicherung gemäß §§ 64 und 65 VBL-Satzung (Umlage – einschließlich Arbeitnehmeranteil – sowie ggf. Sanierungsgeld),
x
eine etwaige Gegenwertforderung.
497 Insoweit gilt hinsichtlich deren Einordnung in die insolvenzrechtlichen Forderungskategorien: x
Sofern die Beteiligung spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet, sind sämtliche Forderungen der VBL – Gegenwert, offene Aufwendungen – Insolvenzforderungen nach § 38 InsO.
x
Für den Fall, dass die Pflichtversicherungen der Beschäftigten jedoch über den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortgesetzt werden (hierin kann ohne weitere Erklärung des Insolvenzverwalters/Eigenverwalters ein Nichteintritt liegen), gilt:
Die Aufwendungen zur Pflichtversicherung gemäß §§ 64 und 65 VBL-Satzung (Umlage – einschließlich Arbeitnehmeranteil – sowie ggf. Sanierungsgeld) sind bis zur Beendigung der Beteiligung weiter zu entrichten.
Nicht gezahlte Aufwendungen, die den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung betreffen, werden von der VBL als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet.
Nicht gezahlte Aufwendungen, die den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung betreffen, macht die VBL als Masseforderungen geltend.
Die Beschäftigten sind in diesem Fall zum Vortag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Abmeldegrund „29“ (Ende der Versicherung aus sonstigem Grund) aus der Pflichtversicherung ab- und zum Tag der Insolvenzeröffnung wieder anzumelden. 498 Für den Insolvenzgeldzeitraum gilt, dass für diesen Zeitraum für die pflichtversicherten Beschäftigten keine Umlagen an die VBL zu zahlen sind. Insolvenzgeld ist als Lohnersatzleistung gemäß § 3 Ziff. 2 Buchst. b EStG kein steuerpflichtiger Arbeitslohn und damit kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt i. S. d. § 64 Abs. 4 VBL-Satzung. Der Insolvenzgeldzeitraum ist der VBL daher in den Jahresmeldungen mit dem Versicherungsmerkmal (VM) „40“ (Fehlzeiten) zu melden. Entgelte sind für den Insolvenzgeldzeitraum nicht zu melden. Ebenso wenig sind die Versicherten aus der Pflichtversicherung abzumelden.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
(3) Behandlung der Gegenwertforderung Im Falle einer Beendigung der Beteiligung im Laufe des Insolvenzverfahrens 499 ist bei der Gegenwertforderung zu differenzieren: x
Der Gegenwert für diejenigen Renten und Rentenanwartschaften, die sich aus den Versicherungszeiten bis zur Insolvenzeröffnung ergeben, meldet die VBL als Insolvenzforderung an.
x
Der Gegenwert für diejenigen Renten und Rentenanwartschaften, die sich hinsichtlich der über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hinaus fortgesetzten Pflichtversicherungen aus den Versicherungszeiten vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bis zur Beendigung der Beteiligung ergeben, macht die VBL als Masseforderung geltend.
Bei einem reinen Personalabbau macht die VBL keine Gegenwertforderungen 500 geltend, solange der Beteiligte noch wenigstens einen versicherungspflichtigen Beschäftigten bei der VBL versichert hat und somit kein Grund zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c VBL-Satzung vorliegt. Wie oben dargestellt, fällt bei einer Personalübertragung – wie im Rahmen 501 einer übertragenden Sanierung – ein anteiliger Gegenwert an. Sofern die Übertragung erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgt – was bei einer übertragenden Sanierung zur Vermeidung einer Haftung des Erwerbers nach § 25 HGB, § 75 AO, § 613a BGB regelmäßig der Fall ist (siehe Rn. 210) – macht die VBL den anteiligen Gegenwert als Masseforderung geltend. Hier muss der Insolvenzverwalter/Eigenverwalter also regelmäßig zwingend den Nichteintritt in die Beteiligungsvereinbarung gemäß § 103 Abs. 2 InsO erklären mit der zwingenden Folge des Entstehens einer (dann als Insolvenzforderung zu berücksichtigenden) Gegenwertforderung. cc) Konsequenzen für die Frage Insolvenzplan oder übertragende Sanierung Für die hier zu untersuchende Frage, welcher Sanierungsweg der bessere ist 502 – Insolvenzplan oder übertragende Sanierung –, lassen sich demnach folgende Grundsätze festhalten: x
Grundsätzlich ist ein Insolvenzplan gegenüber der übertragenden Sanierung auf einen neuen Rechtsträger vorteilhafter, weil hier in aller Regel eine Gegenwertforderung vermieden werden kann. Ein Insolvenzplan hat – wie gezeigt (siehe Rn. 212 ff.) – in der Regel die Eigensanierung des Rechtsträgers, ggf. unter Austausch der Gesellschafter (vgl. § 225a Abs. 3 InsO), zum Gegenstand. Zwar gibt es auch Übertragungsinsolvenzpläne. Allerdings rechtfertigt der Nutzen derartiger Pläne regelmäßig nicht den Mehraufwand gegenüber einer „normalen“ übertragenden Sanierung. Im Übrigen gelten in derartigen Fällen die Ausführungen zur übertragenden Sanierung (siehe unten).
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
Im Falle der Eigensanierung bleibt der Rechtsträger und damit VBL-Beteiligte im Gegensatz zur übertragenden Sanierung, bei der die Assets auf einen anderen Rechtsträger übergehen, erhalten. x
Dass ein Insolvenzplan gegenüber der übertragenden Sanierung auf einen neuen Rechtsträger vorteilhafter ist, gilt jedenfalls bei einer Eigensanierung durch Insolvenzplan, bei der die Gesellschafterstruktur unverändert bleibt – zumindest, solange die VBL aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht fristlos kündigt (§ 22 Abs. 3 Satz 2 Buchst. e VBL-Satzung), was sie jedoch grundsätzlich zunächst einmal nicht tut. Bei einer Eigensanierung unter Beibehaltung der Gesellschafterstruktur entsteht selbst bei einem Personalabbau keine Gegenwertforderung – jedenfalls sofern nicht noch ein bei der VBL versicherter Beschäftigter weiterbeschäftigt wird und damit der außerordentliche Kündigungsgrund des § 22 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c VBL-Satzung nicht greift. Hingegen sind in den im Insolvenzplan vorzunehmenden Vergleichsrechnungen (§ 220 Abs. 2 InsO) für die Alternativszenarien der Liquidation bzw. der übertragenden Sanierung auf einen Nicht-VBL-Beteiligten (z. B. einen privaten Betreiber) die in der Regel immensen Gegenwertforderungen zu berücksichtigen, sodass die Vergleichsrechnung nahezu immer zugunsten des Insolvenzplans ausfallen dürfte. Etwas anderes mag im Einzelfall gelten, wenn eine übertragende Sanierung auf einen anderen VBL-Beteiligten möglich ist. Hier muss der Übernehmer zeitnah eine schriftliche unwiderrufliche Verpflichtungserklärung des jeweils neuen Arbeitgebers beibringen, § 23e Abs. 1 VBL-Satzung, was dieser in der Regel kaufpreismindernd geltend machen wird, wodurch das Szenario übertragende Sanierung im Vergleich zum Plan wiederrum regelmäßig schlechter für die Gläubiger ausfallen dürfte. Für den Fall, dass die VBL nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der Eröffnung fristlos kündigt (§ 22 Abs. 3 Satz 2 Buchst. e VBLSatzung), der Rechtsträger (und damit VBL-Beteiligte) jedoch durch Insolvenzplan saniert und damit erhalten werden soll, findet sich in der VBLSatzung und deren Ausführungsbestimmungen keine explizite Regelung, wie in derartigen Fällen zu verfahren ist. Allerdings kündigt wie erwähnt die VBL in der Praxis aufgrund der Insolvenz nicht unmittelbar, jedenfalls in den von uns betreuten Verfahren (siehe Rn. 570 ff. und 617 ff.). Vielmehr teilt die VBL zunächst den potenziellen Gegenwert und die verschiedenen zu beachtenden Punkte im Insolvenzverfahren mit. Bei einer angestrebten Eigensanierung des Rechtsträgers unter Beibehaltung der bisherigen Gesellschafterstruktur wird die reguläre Beteiligung in der Regel ohne Kündigung fortgesetzt.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
x
Bei einem Auswechseln der Gesellschafter im Insolvenzplan muss man unterscheiden. Denn hierin kann ein Entfallen der Beteiligungsvoraussetzung i. S. d. § 20 Abs. 3 Buchst. b VBL-Satzung liegen. Ein Insolvenzplan ist jedoch außerdem in den Fällen vorteilhafter, in denen der Insolvenzplan den Wechsel von einem privaten zu einem öffentlichrechtlichen Gesellschafter des VBL-Beteiligten vorsieht (Rekommunalisierung) und die VBL fortgeführt wird. Auch hier fällt keine Gegenwertforderung an, da der Beteiligte nicht aus der VBL ausscheidet – solange die VBL nicht aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fristlos kündigt (§ 22 Abs. 3 Satz 2 Buchst. e VBL-Satzung), was sie regelmäßig zunächst nicht tut (siehe oben) –, weil der Rechtsträger ja durch den Insolvenzplan saniert wird und bestehen bleibt. Die Beteiligungsvoraussetzungen des § 19 VBL-Satzung sind dann weiter gegeben. Die reguläre Beteiligung wird in diesen Fällen in aller Regel fortgesetzt
x
Problematischer ist hingegen ein Insolvenzplan mit Austausch der Gesellschafter, wenn der neue Gesellschafter ein Privater ist. Hier greift § 20 Abs. 3 Buchst. b VBL-Satzung mit den oben beschriebenen Folgen ein. Das heißt, es ist, um eine Fortsetzung der Versicherungen bei der VBL zu ermöglichen, eine unwiderrufliche Verpflichtungserklärung einer oder mehrerer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eine Bankbürgschaft beizubringen oder zukünftig ein Zuschlag zur jeweiligen Umlage in Höhe von 15 % zu zahlen. In derartigen Fällen wird eine Übernahme der Pflichtversicherungen durch den Privaten regelmäßig nicht erfolgen und folglich eine Gegenwertforderung anfallen. Der Insolvenzverwalter bzw. der Schuldner in Eigenverwaltung sollte in derartigen Fällen den Nichteintritt gemäß § 103 Abs. 2 InsO in die Beteiligungsvereinbarung erklären.
x
Hingegen kommt es bei einer übertragenden Sanierung zwingend zu einem Rechtsträgerwechsel und damit zur Anwendbarkeit der §§ 23d, 23e VBL-Satzung, je nachdem, ob der neue Rechtsträger Beteiligter der VBL ist oder nicht. Bei Personalübertragungen von Arbeitsverhältnissen mit Pflichtversicherten von einem VBL-Beteiligten auf einen nicht beteiligten Arbeitgeber ist ein anteiliger Gegenwert zu zahlen, § 23d Abs. 1 Satz 1 VBLSatzung. Bei Personalübertragungen zwischen Beteiligten der VBL gilt § 23e VBL-Satzung. Danach wird der Übertragende von seiner Einstandspflicht nur frei, wenn er zeitnah eine schriftliche unwiderrufliche Verpflichtungserklärung des jeweils neuen Arbeitgebers beibringt, § 23e Abs. 1 VBLSatzung. Da die VBL im Falle einer übertragenden Sanierung, die erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgt – was bei einer übertragenden Sanierung zur Vermeidung einer Haftung des Erwerbers nach § 25 HGB, § 75 AO, § 613a BGB regelmäßig der Fall ist – den anteiligen Gegenwert als Masseforderung geltend macht, muss der Insolvenzverwalter/Eigenverwalter in Kaufmann
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
diesen Fällen regelmäßig den Nichteintritt in die Beteiligungsvereinbarung gemäß § 103 Abs. 2 InsO erklären. Praxistipp: Angesichts der gravierenden Folgen ist es ratsam, dass der Insolvenzverwalter/ Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren schon im Antragsverfahren Kontakt zur VBL aufnimmt und mit Insolvenzeröffnung klarstellt, dass mit der Fortsetzung der Betriebsfortführung kein Eintritt in die Beteiligungsvereinbarung verbunden ist und er sich zur Fortsetzung der Beteiligungsvereinbarung erklären wird, sobald feststeht ist, in welche Richtung die Sanierung geht. Bei einer übertragenden Sanierung ist regelmäßig der Nichteintritt in die Beteiligungsvereinbarung gemäß § 103 Abs. 2 InsO zu erklären.
b) Vermeidung der Rückforderung von Fördermitteln und der Herausnahme aus dem Krankenhausplan bei einem Trägerwechsel 503 Für die Frage, welcher Sanierungsweg (Insolvenzplan oder übertragende Sanierung) sich zur Sanierung des Krankenhauses besser eignet, sind auch die Folgen einer übertragenden Sanierung im Hinblick auf gewährte Fördermittel und die Beibehaltung des Krankenhauses im Krankenhausplan zu berücksichtigen. 504 Denn beides – die Vermeidung der Rückforderung von Fördermitteln und der Herausnahme aus dem Krankenhausplan – lässt sich durch einen Insolvenzplan, jedenfalls sofern es sich um den Regelfall des rechtsträgererhaltenen Insolvenzplans und nicht um den Ausnahmefall eines Übertragungsinsolvenzplans handelt, erreichen, da es hier nicht zu einem Trägerwechsel kommt, selbst, wenn die Gesellschafterstruktur durch den Insolvenzplan geändert wird (vgl. § 225a Abs. 3 InsO). 505 Anders verhält es sich hingegen bei einer übertragenden Sanierung, handelt es sich hier doch zwingend um einen Trägerwechsel. Ein Trägerwechsel führt nach den Landeskrankenhausgesetzen regelmäßig zum Ausscheiden des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan. So heißt es in § 12 NKHG etwa: § 12 Trägerwechsel (1) Wechselt der Träger eines geförderten Krankenhauses, so scheidet es mit dem Wechsel aus dem Krankenhausplan aus. Wird das Krankenhaus auf Antrag des neuen Trägers in den Krankenhausplan aufgenommen, so gehen die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz und aus den auf seiner Grundlage erlassenen Bescheiden auf den neuen Träger über. (2) Der bisherige Krankenhausträger ist verpflichtet, noch nicht verwendete Fördermittel dem neuen Krankenhausträger zu überlassen.
506 Ferner kann in Fällen eines Trägerwechsels eine Zweckverfehlung zu bejahen sein mit der Folge, dass die Fördermittel zurückzufordern sind. Dies liegt darin begründet, dass eine jedenfalls mittelbare Verknüpfung zwischen dem Wirtschaftsgut, auf das das Förderverhältnis zielt, und dem Rechtsträger be152
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
steht und der stets latent vorhandene Rückforderungsanspruch aufgrund der Zweckbindung jedem Förderungsrechtsverhältnis immanent ist. Realisiert aber der Insolvenzschuldner mit der übertragenden Sanierung den in den geförderten Wirtschaftsgütern enthaltenen Sachwert, entfällt in aller Regel der Anlass für eine Aufrechterhaltung der Förderung, sodass bezogen auf den jeweils konkret Begünstigten eine Zweckverfehlung anzunehmen ist.443) So sieht etwa § 11 NKHG bei einem Ausscheiden des Krankenhauses aus dem 507 Krankenhausplan, was wie gezeigt nach § 12 NKHG zwingend bei einem Trägerwechsel der Fall ist, den Widerruf erlassener Förderbescheide für die Zukunft und ggf. Vergangenheit vor: § 11 Widerruf von Förderbescheiden Ein Förderbescheid ist mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen, wenn das Krankenhaus aus dem Krankenhausplan ausscheidet. Der Förderbescheid kann auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, soweit im Zeitpunkt des Ausscheidens 1.
der bewilligte Betrag noch nicht zweckentsprechend verwendet wurde oder
2.
die regelmäßige Nutzungsdauer der geförderten Anlagegüter noch nicht abgelaufen ist.
Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn das Krankenhaus im Einvernehmen mit dem Fachministerium aus dem Krankenhausplan ausscheidet. Im Übrigen bleibt § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unberührt.
Zwar regeln einige Landesgesetze, dass von einer Rücknahme oder einem Wi- 508 derruf bei einem Trägerwechsel abgesehen werden kann.444) Hintergrund derartiger Regelung ist, dass aus krankenhausplanerischer Sicht ein Trägerwechsel mit einem Fortbestand der Bewilligung von Fördermitteln oftmals wünschenswert ist, insbesondere wenn es um die wirtschaftliche Sicherung eines finanziell angeschlagenen, bedarfsnotwendigen Krankenhauses geht.445) Ähnliches gilt bezüglich der mit den Krankenkassen abgeschlossenen Versor- 509 gungsverträge i. S. v. § 108 Nr. 3 SGB V. Meist legen die Versorgungsverträge ausdrücklich fest, dass sie nur für den bisherigen Krankenhausträger gelten.446) Auch hier ist im Falle des erwünschten Trägerwechsels die Übertragung des Versorgungsvertrags auf einen anderen Krankenhausträger mithin nicht sicher. Dieser nicht unmittelbar von den §§ 108 ff. SGB V geregelte Fall erfordert ebenfalls eine an den Kriterien von § 109 SGB V angelehnte Prüfung der Be-
___________ 443) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 188 f. m. w. N.; Bornheimer in: Festschrift Görg, S. 71, 90 f. 444) Zum Beispiel § 28 Abs. 1, 2 KHGG NRW; ähnlich auch Art. 20 BayKrG. 445) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 189 m. w. N. 446) Quaas, ZMGR 2004, 179, 182.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
darfsgerechtigkeit.447) Die Krankenkassen stimmen einer Übertragung regelmäßig jedoch nicht zu. 510 Daher empfiehlt es sich bei einer angestrebten übertragenden Sanierung, die zuständigen Stellen, d. h. die zuständige Landesbehörde als Planungsbehörde sowie die Vertragspartner des Versorgungsvertrags, das sind die Landesverbände der Krankenkassen nach § 108 Nr. 3 SGB V, rechtzeitig in die Überlegungen betreffend einen Trägerwechsel mit einzubeziehen sowie eine Klausel in den Übertragungsvertrag mit aufzunehmen, die das Wirksamwerden der Übertragung von der Zustimmung der zuständigen Stellen abhängig macht.448) c) Fazit 511 Die vorangegangenen Ausführungen haben deutlich gezeigt, dass zur Sanierung eines Krankenhauses in der Regel ein Erhalt des Rechtsträgers über einen Insolvenzplan einem Asset Deal vorzuziehen ist. Zwar kann unter Umständen auch bei einem Trägerwechsel das Krankenhaus im Krankenhausplan aufgenommen bleiben bzw. neu aufgenommen werden und müssen Fördermittel nicht zwingend widerrufen werden. Auch Versorgungsverträge können auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden. Zwingend ist dies alles jedoch nicht. Ebenso besteht im Falle eines Trägerwechsels die Gefahr hoher Gegenwertforderungen der VBL. Daher kommt eine übertragende Sanierung in aller Regel nur bei kleineren Einheiten, die allein nicht überlebensfähig sind und von größeren Einheiten übernommen werden, in Betracht. 8. Aufbewahrung von Patientenakten a) Verpflichtung des Insolvenz- bzw. Eigenverwalters 512 Im Regelinsolvenzverfahren trifft den Insolvenzverwalter aufgrund des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 80 InsO) die Pflicht, die Behandlungsunterlagen aufzubewahren und zu schützen. In der Eigenverwaltung trifft diese Pflicht den Schuldner bzw. dessen Organe. 513 Die Pflicht zur Aufbewahrung ergibt sich zum einen aus § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach den Insolvenzverwalter die Pflicht zur handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung trifft. In diesem Zusammenhang hat der Insolvenzverwalter sämtliche Geschäftsunterlagen, und hierzu zählen auch nicht kaufmännische Unterlagen, wie z. B. Patientenakten, in Besitz zu nehmen und zu verwalten.449)
___________ 447) LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.10.2011 – L 4 KR 2877/11 ER-B, Rn. 46, BeckRS 2011, 77635. 448) Leber/Pfeiffer, Krankenhausfinanzierung, S. 105; Ziegler, ZInsO 2014, 1577, 1583. 449) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 238.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Zum anderen stellt § 36 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 InsO klar, dass die gesetzlichen 514 Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen unberührt bleiben.450) Bezogen auf die in Rede stehenden Patientenunterlagen sehen sowohl § 10 Abs. 3 MBO-Ä als auch § 630f Abs. 3 BGB vor, dass ärztliche Aufzeichnungen für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren sind, wenn nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht.451) Diese Aufbewahrungspflicht wird durch manche Landeskrankenhausgesetze noch konkretisiert.452) b) Ende der Verpflichtung aa) Ablauf der Aufbewahrungspflicht während des Insolvenzverfahrens Läuft die Aufbewahrungspflicht während des Insolvenzverfahrens ab, ist der 515 Insolvenzverwalter zur Vernichtung der Unterlagen befugt, wobei die jeweils einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind.453) Da dem Patienten jedoch als Spiegelbild zur Aufbewahrungspflicht ein Einsichtsrecht in die Patientenakte gemäß § 630g BGB zusteht, sollten die Unterlagen nicht vernichtet werden, bevor ein Ersuchen des Patienten auf Akteneinsicht beschieden worden ist.454) bb) Aufhebung/Einstellung des Insolvenzverfahrens Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) endet die Aufbewah- 516 rungspflicht des Insolvenzverwalters und das schuldnerischen Unternehmen erhält das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Im Falle der Fortführung – also im Falle der Sanierung durch rechtskräftige 517 Bestätigung eines rechtsträgererhaltenden Insolvenzplans – obliegt dem Schuldner nun wieder die Pflicht, die gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften zu erfüllen. Der Insolvenzverwalter hat die nicht mehr benötigten Geschäftsunterlagen/Patientenkarteien an den Schuldner herauszugeben.455) Im Eigenverwaltungsverfahren treffen die Pflichten den Schuldner bzw. dessen Organe, weswegen es hier zu keinem Wechsel der Verantwortlichkeiten kommt; insbesondere ist der (vorläufige) Sachwalter insoweit nicht verpflichtet. Wird der Geschäftsbetrieb nicht fortgeführt, sondern im Insolvenzverfahren 518 liquidiert, trifft den Insolvenzverwalter nach Vollziehung der Schlussverteilung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 InsO eine Pflicht zur Einhaltung der Aufbewahrungsfristen.456) Denn in diesem Fall gibt es ___________ 450) 451) 452) 453) 454) 455) 456)
Rigol, Düsseldorfer Krankenhausrechtstag 2017, 89, 98. Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 238. Beispiel bei Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 239. Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 239. Vallender, NZI 2013, 1001, 1003, 1005. Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 239 m. w. N. Vallender, NZI 2013, 1001, 1003; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 239.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Vollabwicklung und der Löschung des Rechtsträgers aus dem Handelsregister von Amts wegen (§ 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG) keinen Rechtsträger mehr, der die Verpflichtung übernehmen könnte. Eine Rückgabe an den Gesellschafter scheidet aus mehreren Gründen aus.457) Der Insolvenzverwalter hat daher für die Archivierung der patientenbezogenen Unterlagen Sorge zu tragen und ist verpflichtet, bei entsprechenden Anfragen von Patienten oder Dritten diese über den Aufenthaltsort und den Ansprechpartner zu unterrichten.458) In der Regel wird der Insolvenzverwalter sich zur Erfüllung dieser Pflicht externer Dienstleister bedienen, die dann entsprechend vertraglich verpflichtet werden müssen.459) Bei der Schlussrechnung und Verteilung hat der Insolvenzverwalter diese Kosten der Archivierung zu berücksichtigen und entsprechende Rückstellungen zu bilden. 519 Ist das Verfahren masseunzulänglich (§ 211 InsO) und sind dementsprechend keine liquiden Mittel zur Erfüllung dieser Kosten vorhanden, steckt der Insolvenzverwalter in einem Dilemma. Eine – grundsätzlich mögliche – insolvenzrechtliche Freigabe der Patientenunterlagen hilft hier nicht weiter, da selbst eine Freigabe nichts an der in § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO geregelten Anordnung zur Beachtung gesetzlicher Aufbewahrungspflichten ändern kann.460) Und selbst, wenn eine bloße Lagerung in dem ehemaligen Krankenhausgebäude noch möglich sein sollte – nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Göttingen begründet dies für sich genommen noch keinen konkreten Gefahrentatbestand461) –, so schützt dies den Insolvenzverwalter ggf.462) nicht vor einer – im Ergebnis nach zutreffender Ansicht allerdings zu verneinenden463) – Inanspruchnahme gemäß § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz und gemäß § 847 BGB auf Schmerzensgeld mit der Argumentation, dass es dem Patienten wegen einer nicht ordnungsgemäßen Sicherung der Unterlagen nicht mehr möglich war, sich Klarheit über seine gesundheitliche Situation und den medizinischen Behandlungsablauf im Krankenhaus zu verschaffen. Eine befriedigende Lösung für dieses Problem existiert bislang de lege lata nicht.464) Insolvenzverwaltern kann daher nur empfohlen werden, diese Kosten von Anbeginn des Verfahrens im Auge zu behalten und bei nicht hinreichenden liquiden Mitteln rechtzeitig die Masseunzulänglichkeit anzuzeigen. Gleiches gilt für den Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren, sofern die Sanierung nicht gelingt und die Liquidation ausnahmsweise im Eigenverwaltungsverfahren fortgesetzt wird. ___________ 457) Näher Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 241 f. 458) Vallender, NZI 2013, 1001, 1005; Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 242. 459) Dies sieht etwa § 39 Abs. 6 des LKHG M-V ausdrücklich vor. Näher zu den Problemen beim Einsatz von externen Dritten Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 242. 460) Näher Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 243. 461) VG Göttingen, Beschl. v. 8.5.2015 – 1 B 127/15, BeckRS 2015, 45586. 462) Vallender, NZI 2013, 1001, 1006. 463) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 243; Ziegler, ZInsO 2014, 1677, 1588. 464) Zu Lösungsansätzen de lege ferenda Vallender, NZI 2013, 1001, 1007, Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 244 ff.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
cc) Besonderheiten bei übertragender Sanierung Besondere Probleme stellen sich auch im Fall einer sog. übertragenden Sanie- 520 rung, also der vollständigen oder teilweisen Veräußerung der materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände des Unternehmens auf einen Dritten (Asset Deal), während die Passiva im Unternehmen verbleiben.465) Denn der Insolvenzverwalter darf keine Unterlagen, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, ohne Zustimmung des Patienten auf Dritte übertragen.466) Die Erfüllung der Aufbewahrungspflicht ist daher mit dem Übernehmer im 521 Übernahmevertrag zu regeln. In der Praxis bieten sich zwei Wege an: Zum einen kann der Veräußerer/Insolvenzverwalter dem Erwerber Patienten- 522 akten in einem verschlossenen Karteischrank übergeben, wobei sich der Erwerber in dem Übernahmevertrag zu verpflichten hat, die Dokumente für den bisherigen Krankenhausträger/Insolvenzverwalter zu verwahren – sog. Verwahrungsklausel – und nur dann auf sie Zugriff zu nehmen, wenn der Patient ihrer Nutzung entweder schriftlich zugestimmt oder jedenfalls konkludent mit der Einsichtnahme einverstanden ist (sog. Zwei-Schrank-Modell).467) Zum anderen behält der Insolvenzverwalter auch nach dem Übergang der Assets 523 den alleinigen Gewahrsam an den Unterlagen, was, soweit diese unter Verschluss gehalten werden, in den bisherigen Krankenhausräumlichkeiten geschehen kann.468) Sofern die Patienten die Vertragsverhältnisse fortsetzen, kann dann hierin ggf. eine jedenfalls konkludente Einwilligung in die Einsichtnahme durch den Erwerber gesehen werden.469) Werden die Patientenakten mittels EDV archiviert, muss der alte Datenbestand 524 gesperrt und mit einem Passwort versehen werden. Der Zugriff auf den Datenbestand ist nur zulässig, wenn der Patient zustimmt.470) 9. Besonderheiten bei der Betriebsfortführung von Krankenhausbetrieben im Insolvenzverfahren Kaufmann/Schendel
Zu den ersten und wichtigsten Maßnahmen nach Anordnung der vorläufigen 525 Insolvenzverwaltung (bei der vorläufigen Eigenverwaltung wird dies bereits im Vorfeld erfolgen) gehört die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs. Wie in allen anderen Unternehmensinsolvenzen auch ist ein möglichst reibungslos laufender Geschäftsbetrieb Basis und Voraussetzung für eine erfolgreiche Sanierung. Es gilt, sich schnellstmöglich einen Überblick zu verschaffen über die ex___________ 465) Näher zur übertragenden Sanierung siehe Rn. 207 ff. 466) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 239 f. 467) Befürwortend Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 86. 468) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 240. 469) Umstritten, so Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 240 mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 470) Kaspras, Die Krankenhausinsolvenz, S. 241 m. w. N.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
ternen und internen Rahmenbedingungen, um das Heft des Handelns möglichst geräuschlos und ohne große Reibungsverluste an sich zu ziehen. Schendel
526 Jedes Unternehmen hat seine individuellen internen Strukturen, die sich in Abhängigkeit von der Branche, von der eigenen Historie und von den verantwortlichen Personen herausgebildet haben. Dennoch hebt sich der Krankenhausbetrieb in vielfacher Hinsicht noch einmal ganz besonders von Produktionsunternehmen, Handelsgesellschaften oder Dienstleistungsbetrieben ab. 527 Das liegt unter anderem an folgenden Faktoren, die dabei die Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren vor besondere Herausforderungen stellen: a) Vom Vertrauen der Patienten und von der einweisender Ärzte abhängigen Akquise 528 Im Krankenhaus geht es um das höchste Gut der Menschen, ihre Gesundheit. Umso mehr hängt die Entscheidung der potenziellen Patienten für ein bestimmtes Krankenhaus vom guten Ruf des Hauses und der dort behandelnden Ärzte sowie vom damit einhergehenden Vertrauen ab. Im Insolvenzverfahren steht beides in besonderem Maße auf dem Spiel. Die übliche Gerüchteküche, z. B. bezüglich des anstehenden Ausscheidens der besten Mitarbeiter, Professoren und behandelnden Ärzte, hat hier ganz besonderes Gewicht, sodass auch die einweisenden Ärzte einmal mehr überlegen, ob sie ihre Patienten in eine in der Insolvenz befindlichen Klinik überweisen. Diese Unsicherheit zu beseitigen und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen, ist daher eine Herausforderung. Mit guter Öffentlichkeitsarbeit (hierzu ausführlich Rn. 559 ff.) kann dieser Herausforderung jedoch begegnet werden. b) Abhängigkeit der Umsatzplanung von Fallzahlen und Schweregrad einschließlich Kontrolle durch den Medizinischen Dienst 529 Die für eine Betriebsfortführung erforderliche Ertrags- und Liquiditätsplanung wird unter anderem durch die soeben unter Rn. 528 genannten Faktoren erheblich erschwert. 530 Jedoch auch dann, wenn die Krisenkommunikation gelingt und die Patienten weiterhin in das Krankenhaus kommen, ist nur sehr schwer vorhersehbar, welche Schweregrade die jeweiligen Behandlungen haben. Die vom Krankenhaus vorgenommene Einordnung der Behandlungen in den DRG-Fallpauschalenkatalog wird häufig von den Krankenkassen hinterfragt. Diese beauftragen den Medizinischen Dienst, die Notwendigkeit und Art und Dauer der Krankenhausbehandlung in einer gutachterlichen Stellungnahme zu überprüfen. Diese Prüfungen dauern oft viele Wochen und Monate. Wenn dann im Ergebnis die abgerechneten Leistungen als zu hoch bewertet wurden, nehmen die Krankenkassen entsprechende Abschläge vor, die sie direkt bei der Bezahlung der aktuellen Leistungen in Abzug bringen. Diese Praxis erhöht die Planungsunsicherheit erheblich.
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Schendel
II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
c) Abhängigkeit der Personalplanung von der PflegepersonaluntergrenzenVerordnung (PpUGV) Der Gesetzgeber hat mit der PpUGV ein Mindestmaß der Personalausstattung 531 in diversen Leistungsbereichen eines Krankenhauses definiert, um eine werte-, qualitäts- und patientengerechte Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Da die Personalplanung sich in den meisten Fällen aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin bereits am unteren Rand der gebotenen Mindestbelegung bewegt, sind krankheitsbedingte Ausfälle oder gar Kündigungen von Mitarbeitern im Krankenausbetrieb schwerwiegend. Sofern die vorgeschriebenen Verhältnisse von Pflegekräften zu Patienten nicht mehr aufrechterhalten werden können, müssen ggf. ganze Abteilungen geschlossen werden. d) Insolvenzgeldvorfinanzierung unter Berücksichtigung der unsteten Bezüge von Ärzten und Pflegekräften471) Die sog. unsteten oder unständigen Bezüge, zu denen z. B. Feiertagszuschläge 532 oder Zuschläge für Nachtschichten zählen, beziehen sich regelmäßig auf die Vormonate. Da wie gezeigt der Insolvenzgeldzeitraum rückwirkend von der Verfahrenseröffnung (bzw. rückwirkend von einer vorherigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses) maximal drei Monate erfasst, bilden die unsteten Bezüge einen besonderen Unsicherheitsfaktor bei der Absicherung der Arbeitsentgelte. Da sich die Arbeitsentgeltansprüche des Krankenhauspersonals ohnehin oftmals nahe an der für die Insolvenzgeldfähigkeit maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung bewegen, können die unsteten Bezüge dann das Zünglein an der Waage bilden. Um die Mitarbeiter nicht noch zusätzlich zu verunsichern, muss ggf. ein erhöhter Personalaufwand aus der Insolvenzmasse eingeplant werden. e) Abhängigkeit des Beschaffungswesens von Einkaufsverbänden Im Beschaffungsbereich findet man in der Regel langfristige Rahmenverträge 533 mit marktbeherrschenden Einkaufsverbänden für die erforderlichen medizinischen Grundmaterialien vor. Je nach Abhängigkeit von diesen Verbänden wird es insbesondere bei hohen aufgelaufenen Verbindlichkeiten schwierig, die Bestellungen in Abwägung von Sicherstellung der Patientenversorgung einerseits, und der zu beachtenden insolvenzrechtlichen Rahmenbedingungen andererseits zu steuern. Es ist eine besondere Herausforderung, die meist sehr angespannte Liquiditätssituation mit den geforderten Vorkassezahlungen und avisierten Preiserhöhungen durch geschickte Verhandlungen in Einklang zu bringen. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass diese Einkaufverbände in ihren Abrechnungen teilweise Warenlieferungen berechnen, die bereits Monate zuvor stattgefunden haben. Bei der Überprüfung dieser Angaben ist das Klinikpersonal nicht selten überfordert. ___________ 471) Zu den Besonderheiten der Insolvenzgeldvorfinanzierung siehe auch Rn. 552 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
f) Fehlende Kostensensibilität der für den Einkauf verantwortlichen Mitarbeiter und unkoordinierte Lagerhaltung 534 Bei der Bestellung der für die Patientenversorgung notwendigen Medikamente und Materialien steht das Kostenbewusstsein oft hintenan. Dieses Verhalten, bei dem jeder Chefarzt zunächst einmal seine eigene Abteilung im Blick hat, führt zu ineffizienten Einkäufen (siehe Rn. 24 und Rn. 149 ff.). Hier muss man – gerade zu Beginn eines Verfahrens auch gegen erhebliche Widerstände – die diversen Einkaufsaktivitäten zentralisieren und neue Verantwortlichkeiten schaffen, um eine koordinierte Lagerhaltung und einen Soll-IST-Vergleich hinsichtlich der Planungsrechnungen zu ermöglichen. g) Koordination der bestehenden Software-Programme mit den insolvenzrechtlichen Anforderungen 535 Die Koordination der bestehenden Software-Programme, insbesondere auch des KIS (Krankenhausinformationssystem), mit den insolvenzrechtlichen Anforderungen, stellt regelmäßig eine besondere Herausforderung dar: 536 Die insolvenzrechtlich vorgeschriebene Abgrenzung von x
Altforderungen, die bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung begründet wurden,
x
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die im Eröffnungsverfahren entstehen und
x
den erst im eröffneten Verfahren erwirtschafteten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
ist extrem schwierig, da sich die Patientenbehandlungen regelmäßig über diese Stichtage hinaus hinziehen. Die für die Leistungsabrechnung genutzten Programme im KIS sind naturgemäß für Insolvenzsituationen nicht erstellt worden. Ebenso schwierig ist die Dokumentation des Einzugs dieser unterschiedlichen Forderungskategorien, da die Krankenkassen (wie oben beschrieben) regelmäßig Verrechnungen vornehmen mit Fällen, die aus einer anderen insolvenzrechtlichen Periode stammen. 537 Im Fall einer Nachfolgelösung (Insolvenzplan, übertragende Sanierung) ist in dieser Hinsicht ebenso das Problem der Abgrenzung zwischen Masse und Nachfolger im Hinblick auf sog. Überlieger, also Patienten, die über den Stichtag hinaus behandelt werden, relevant und zu lösen. 538 Schließlich ist die Datenschutzverordnung zu nennen, die bezüglich der Patientendaten die Erfüllung der Anforderungen der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung konterkariert. Da die Patientendaten natürlich keinem fremden Dritten bekannt werden dürfen, ist die lückenlose beleghafte Dokumentation der Zahlungseingänge für das Insolvenzgericht und den Schlussrechnungsprüfer nicht möglich.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
10. Begleichung von Sozialversicherungsbeiträgen im EigenverwaltungsAntragsverfahren Kaufmann
Kein spezifisches Problem des Insolvenzverfahrens eines Krankenhauses – dort 539 aufgrund der in der Regel vielen Mitarbeiter jedoch ein besonders zu Tage tretendes Problem – ist die Frage der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Antragsverfahren, deren Nichtzahlung bezüglich der Arbeitnehmeranteile472) bekanntlich strafbewehrt ist, § 266 StGB, und ferner über § 823 Abs. 2 BGB zu einer persönlichen Haftung der Organe führt.473) Im Regelinsolvenzverfahren ist es zumindest bei der in der Praxis regelmäßig 540 angeordneten sog. „schwachen“ vorläufigen Verwaltung – also in den Fällen, in denen ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt wird (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 Halbs. 2 InsO) – herrschende Auffassung, dass derartige Forderungen zunächst unbeglichen bleiben, um die Liquiditätslage des Unternehmens zu schonen und eine Masseschmälerung zu verhindern, ohne dass sich die agierenden Personen – also die Organe und der vorläufige Insolvenzverwalter – Strafbarkeits- oder Haftungsrisiken aussetzen. Hier dürfen bzw. können die den entsprechenden Pflichten unterliegenden Verantwortlichen des insolventen Unternehmens aufgrund der angeordneten Verfügungsbeschränkungen die Zahlungen nicht mehr leisten, während den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter gerade keine straf- oder haftungsbewehrte Verpflichtung zur Zahlung der entsprechenden Beträge trifft.474) In Fällen einer sog. „starken“ vorläufigen Verwaltung – also dem Fall, dass die 541 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die (Arbeitgeberfunktion)475) auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht (§§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 Halbs. 1, 22 Abs. 1 InsO) – treffen die Organe des insolventen Unternehmens aufgrund der angeordneten Verfügungsbeschränkungen und der damit einhergehenden rechtlichen Unmöglichkeit unzweifelhaft keine Strafbarkeits- und Haftungsrisiken mehr. Umstritten ist in dieser Konstellation ___________ 472) In straf- und haftungsrechtlicher Hinsicht ist nur die Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile, nicht hingegen die der Arbeitgeberanteile des Gesamtsozialversicherungsbeitrags problematisch. Bei den Arbeitgeberanteilen überwiegt die Massesicherungspflicht, KüblerHofmann, HRI, § 7 Rn. 180. 473) Ein ähnliches Problem galt in der Vergangenheit für die Zahlung von Steuern, sofern sie unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung und den Insolvenzgeldregelungen zu zahlen waren. Auch hier droht bei Nichtzahlung eine Haftung, und zwar nach § 69 AO. Nach der Rechtslage bis zum 31.12.2020 galt § 55 Abs. 4 InsO in einem Eigenverwaltungsverfahren nicht. D. h., die Steuern aus dem Antragszeitraum waren nicht automatisch Masseverbindlichkeiten, sondern (weiterhin) Insolvenzforderungen. Damit stellte sich die hier aufgeworfene Frage für die Umsatzsteuern und die Lohnsteuer auf die Arbeitsentgelte, die über die oder unabhängig von den Insolvenzgeldregelungen gezahlt wurden. Durch die Neuregelung des § 55 Abs. 4 InsO entfällt künftig die Problematik bezüglich Steuerverbindlichkeiten und ist nur noch für Arbeitnehmeranteile relevant. Näher zur Neuregelung siehe Rn. 547 ff. 474) H. M., vgl. Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 178 m. w. N.; Arend/Tenbergen, InsbürO 2019, 241 m. w. N.; a. A. jedoch Laroche/Wollenweber, ZInsO 2016, 2225, 2229 f. 475) H. M., siehe Schröder in: HambKomm-InsO, § 22 Rn. 129.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
jedoch, ob der starke vorläufige Verwalter zur Vermeidung persönlicher Haftung und Strafbarkeit verpflichtet ist, die Arbeitnehmeranteile zu zahlen. Nach zutreffender Auffassung ist der starke vorläufige Verwalter nicht verpflichtet, weil andernfalls eine ungerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber einer schwachen vorläufigen Verwaltung eintreten würde, für die kein nachvollziehbarer Grund erkennbar ist.476) 542 Demgegenüber ändert die vorläufige Eigenverwaltung nichts an der Rechtsmacht der Geschäftsleiter des insolventen Unternehmens, sodass deren öffentlich-rechtliche Pflichten – einschließlich der an eine Nichtzahlung anknüpfenden Strafbarkeits- und Haftungsrisiken – fortbestehen.477) Gleichzeitig ist allgemeiner Konsens, dass den Geschäftsleiter mit Beantragung der Eigenverwaltung die insolvenzrechtliche Massesicherungspflicht trifft.478) Der Geschäftsleiter befindet sich damit in einer Pflichtenkollision zwischen insolvenzrechtlichen Sicherungspflichten einerseits und sozialversicherungsrechtlichen Zahlungspflichten andererseits. 543 Um dieses Problem, das in der Krise eines Unternehmens oftmals noch durch fehlende Liquidität verschärft wird, zu lösen, sind in der Vergangenheit drei Lösungswege vorgeschlagen worden:479) x
„Anfechtungslösung“ Die Arbeitnehmeranteile des Gesamtsozialversicherungsbeitrags werden bei Fälligkeit zunächst gezahlt, nachdem die Sozialversicherungsträger zuvor bösgläubig gemacht wurden, sie also über die Insolvenzantragstellung und die dann folgende Zahlung unter Vorbehalt der späteren Insolvenzanfechtung informiert wurden, idealiter sowohl durch den Schuldner als auch den vorläufigen Sachwalter. Diese Bösgläubigmachung ist zu dokumentieren, sodass sie in einem späteren Anfechtungsprozess bewiesen werden kann. Nach der Eröffnung des Verfahrens werden diese Zahlungen dann im Wege der Insolvenzanfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO zugunsten der Insolvenzmasse rückgängig gemacht.
x
„Kassenführungslösung“ Das Amtsgericht Hamburg480) hat zur Lösung des Problems hingegen vorgeschlagen, dass das Insolvenzgericht die Kassenbefugnis (§ 275 Abs. 2
___________ 476) Zutreffend Schmidt, ZIP 2017, 1357, 1361, der von „Zweiklassengesellschaft“ spricht; zustimmend z. B. Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Kaufmann, Insolvenzverwaltung, Kap. 7 Rn. 96, Fn. 142 m. w. N., auch zur Gegenmeinung; a. A. jedoch etwa Laroche/ Wollweber, ZInsO 2016, 2225, 2229, die dann konsequenterweise – entgegen der h. M. – auch eine Strafbarkeit des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bejahen. 477) Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 178. 478) Kübler-Hofmann HRI, § 7 Rn. 178 m. w. N. 479) Näher hierzu Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 179 ff.; Arend/Tenbergen, InsbürO 2019, 241 ff. 480) AG Hamburg, Beschl. v. 14.7.2014 – 67b IN 196/14, ZIP 2014, 2101.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
InsO) durch Beschluss auf den vorläufigen Sachwalter übertragen kann. Dann soll das Organ wegen „fehlender Verfügungsbefugnis exkulpiert“ sein. x
„Zustimmungsvorbehaltslösung“ Auf Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2014481) hat sich als eine weitere Lösung der Problematik die insolvenzgerichtliche Anordnung eines besonderen Zustimmungsvorbehalts hinsichtlich der Zahlungen an Sozialversicherungsträger herausgebildet. Stimmt der vorläufige Sachwalter der Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge nicht zu, soll eine Haftung der Geschäftsleiter wegen der Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge – wie im dann vergleichbaren Fall der Beschränkung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch die Bestellung eines „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters – ausscheiden.482)
In den ersten Jahren nach der soeben aufgeführten Entscheidung des Amts- 544 gerichts Düsseldorf wurde die Zustimmungsvorbehaltslösung in der Praxis von vielen Insolvenzgerichten angewandt und entsprechende Zustimmungsvorbehalte angeordnet.483) In der Zwischenzeit hat sich in der Praxis jedoch die Anfechtungslösung wegen der vielen ungeklärten Haftungsfragen für alle Beteiligten im Zusammenhang sowohl mit der Zustimmungsvorbehaltslösung als auch der Kassenführungslösung484) durchgesetzt. Der maßgebliche Nachteil der Anfechtungslösung, nämlich der zusätzliche Liquiditätsbedarf im Antragsverfahren,485) ist nach dem neuen Recht durch die Notwendigkeit der Eigenverwaltungsplanung (§ 270a InsO n. F.), die einen Finanzplan für einen Zeitraum von sechs Monaten fordert, in der Praxis nicht mehr so bedeutend, da Eigenverwaltungsverfahren künftig in der Regel ohnehin nur noch bei frühzeitiger Antragstellung in einem frühen Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit durchgeführt werden können. Die zunächst zu erfolgende Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge muss somit im Finanzplan schlicht eingeplant werden;486) dafür entfällt durch die Erstreckung des § 55 Abs. 4 InsO auf das Eigenverwaltungsverfahren durch die Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO ab dem 1.1.2021 die Notwendigkeit, Steuerzahlungen im Antragsverfahren zu leisten; diese sind erst nach Eröffnung zu zahlen. ___________ 481) AG Düsseldorf, Beschl. v. 10.7.2012 – 504 IN 124/14, BeckRS 2014, 22230. 482) Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 191 m. N. 483) Beispiele bei Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 189, Fn. 210; zuletzt AG Ludwigshafen, Beschl. v. 12.12.2022 – 3a IN 389/22 Lu, ZInsO 2023, 107 m. w. N. 484) Vgl. Arend/Tenbergen, InsbürO 2019, 241; Laroche/Wollenweber, ZInsO 2016, 2225, 2230; Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 185 ff., 190. 485) Auch wenn die Zahlungen der Arbeitnehmerbeiträge durch Insolvenzanfechtung nach Eröffnung zugunsten der Masse rückgängig gemacht werden können, sind die Arbeitnehmeranteile zunächst zu zahlen, muss also eine entsprechende Liquidität vorhanden sein. Fehlt diese, kommt ggf. noch eine Stundung der Arbeitnehmerbeiträge in Betracht, wobei Sozialversicherungsträger dem in der Praxis eher abgeneigt gegenüberstehen, auch wenn sie so Zinszahlungen auf den Anfechtungsanspruch vermeiden könnten. 486) Vgl. Kübler-Hofmann, HRI, § 7 Rn. 181.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz Praxishinweis: § 270b Abs. 3 InsO a. F., der nach herrschender Auffassung nur im Schutzschirmverfahren Anwendung fand, sah die Möglichkeit einer Globalermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, d. h., bei einem entsprechenden Antrag wurden alle vom Schuldner begründeten Verbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten.487) Dies galt auch für Sozialversicherungsbeiträge.488) Dies führte zur Nichtanwendbarkeit der Anfechtungslösung, da es sich dann bei den Sozialversicherungsträgern nicht mehr um Insolvenzgläubiger handelte, mithin die Zahlungen nicht mehr nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbar waren. Daher wurde die Beantragung der Globalermächtigung des § 270b Abs. 3 InsO zuletzt als „Kunstfehler“ bezeichnet.489) Dieses Problem entfällt in Verfahren, die nach dem 1.1.2021 unter Inanspruchnahme des neuen Rechts eröffnet werden, weil die nunmehr in § 270c Abs. 4 Satz 1 und 3 InsO n. F. vorgesehene Möglichkeit, dass der Schuldner zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt wird, trotz insoweit unveränderten Wortlauts nur noch Einzelermächtigungen umfassen soll.490)
545 Die Problematik der Zahlung von Arbeitnehmeranteilen wurde – leider – auch nicht durch die Einführung des § 15b Abs. 8 InsO am 1.1.2021 gelöst. § 15b Abs. 8 InsO normiert den grundsätzlichen Vorrang der Massesicherungspflicht vor der Abführungspflicht nämlich ausdrücklich nur für steuerrechtliche Zahlungspflichten. Für Sozialversicherungsbeiträge dagegen findet sich zwar in der Begründung des Regierungsentwurfs des SanInsFoG der Passus, wonach die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nach Antragstellung hinter die Massesicherungspflicht zurücktritt.491) Eine klarstellende, dem § 15b Abs. 8 InsO entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber jedoch insoweit nicht getroffen. Ob sich angesichts dieser Sachlage der Vorrang der Massesicherungspflicht bereits aus § 15b Abs. 2, 3 InsO bzw. § 15b Abs. 8 InsO analog ableiten lässt, ist daher zweifelhaft.492) 546 Auch unter der seit dem 1.1.2021 geltenden Rechtslage ist somit aus Vorsichtsgründen nach der sog. Anfechtungslösung vorzugehen und die für die zunächst erforderliche Bezahlung der Arbeitnehmeranteile erforderliche Liquidität in der Eigenverwaltungsplanung zu berücksichtigen.
___________ 487) Vgl. etwa Fiebig in: HambKomm-InsO, 5. Aufl., § 270b Rn. 33; daneben bestand jedoch nach zutreffender Auffassung die Möglichkeit von Einzelermächtigungen, Fiebig in: HambKomm-InsO, 5. Aufl., § 270b Rn. 34. 488) BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15, ZIP 2016, 1295. 489) Undritz, BB 2016, 1809 f. 490) Siehe Begründung zu § 270c-RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 207; Fiebig in: HambKomm-InsO, § 270c Rn. 9. 491) RegE SanInsFoG, BT-Drucks. 19/24181, S. 190 f. 492) Schmidt in: HambKomm-InsO, § 15b Rn. 57; ebenso KPB/Bork/Kebekus, InsO, § 15b Rn. 56 „dürfte … an der für die Analogie erforderlichen Regelungslücke fehlen.“ Für eine Analogie hingegen z. B. Bitter, ZIP 2021, 321, 328; ausdrücklich gegen eine Analogie Schmidt, ZRI 2021, 389.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
11. Zahlung von Steuern im Eigenverwaltungs-Antragsverfahren Gutmann
Ein Vorteil der Eigenverwaltung im Unterschied zum Regelverfahren war in 547 der Vergangenheit die Tatsache, dass die im Antragsverfahren zwischen der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung und der Insolvenzeröffnung begründeten Steuerverbindlichkeiten nach der Insolvenzeröffnung in der Regel nicht als Masseverbindlichkeiten galten.493) § 55 Abs. 4 InsO a. F. sah die Qualifizierung dieser vor Insolvenzeröffnung begründeten Verbindlichkeiten in Masseverbindlichkeiten lediglich dann vor, wenn ein vorläufiger Verwalter gehandelt oder zugestimmt hatte. Die Geltung als Masseverbindlichkeit kam daher nur noch in den Fällen zum Zuge, in denen das Insolvenzgericht im Schutzschirmverfahren nach altem Recht eine Einzel- oder Globalermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten erteilt hatte und diese auch Steuerverbindlichkeiten erfasste.494) Der mit dem SanInsFoG495) neu formulierte § 55 Abs. 4 InsO erweitert die Geltung ebenso für vorläufige Eigenverwaltungsverfahren, beschränkt jedoch den Anwendungsbereich für alle Verfahrensarten auf die Umsatz- und Lohnsteuer und einzelne andere Steuerarten.496) Das bedeutet, dass dieser Sanierungsvorteil nun wegfällt. Dies betrifft alle In- 548 solvenzverfahren ab dem 1.1.2021. Die vom Gesetzgeber im COVInsAG normierte Geltung der Eigenverwaltungsregeln vor dem 1.1.2021 für pandemiebedingte Insolvenzen im Jahre 2021 bezog sich nicht auf die steuerliche Regelung nach § 55 Abs. 4 InsO a. F.497) Die Umsatz- und Lohnsteuern sind daher nach der Insolvenzeröffnung als Masseverbindlichkeiten zu bezahlen und somit in der Liquiditätsrechnung zu berücksichtigen. Die Bezahlung von Lohnsteuern ist nur relevant für die nicht lohnsteuerbe- 549 freiten Zahlungen aus der Zeit des Antragsverfahrens, d. h., die Arbeitsentgelte, die nicht durch die Insolvenzgeldregelungen abgedeckt sind. Das Insolvenzgeld ist nach § 3 Nr. 2 Buchst. b EStG steuerfrei, hier fällt keine Lohnsteuer an und diese muss daher nicht über den Arbeitgeber abgeführt werden. Fallen Mitarbeiter nicht unter das Insolvenzgeld498) oder haben sie höhere Ansprüche,499) ___________ 493) Dies galt für alle Steuerarten. 494) Siehe Schmidt, DStR 2021, 693, 696 mit Verweis auf die Rechtsprechung des BFH vom 7.5.2020 – V R 14/19, DStR 2020, 1674 und FG Münster vom 13.8.2020 – 5 K 96/17, NZI 2020, 1125. 495) Dieses gilt für alle Insolvenzverfahren, die nach dem 31.12.2020 beantragt worden sind, siehe Art. 103m EGInsO. 496) Siehe § 55 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 – 3 InsO n. F., Ein- und Ausfuhrabgaben, bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, Luftverkehr- und Kraftfahrzeugsteuer. 497) So auch Schmidt, DStR 2021, 693, 694. In § 5 Abs. 1 COVInsAG ist geregelt, dass für Insolvenzverfahren, die zwischen dem 1.1.2021 und 31.12.2021 beantragt worden sind, die alten Regeln gelten, Ausnahmen davon stehen in den §§ 5 und 6 COVInsAG. 498) Das wäre dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis nicht als arbeitsförderungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen ist, sprich der Anspruchsteller nicht als Arbeitnehmer, sondern als Arbeitgeber anzusehen ist. Dies wird nur bei Krankenhäusern in privater Trägerschaft vorkommen, wegen ihrer unabhängigen Stellung bei Vorstandsmitgliedern einer AG immer. 499) Das Insolvenzgeld sichert nur Ansprüche des Nettoarbeitsentgelts, welches sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur allgemeinen Rentenversicherung ergibt, § 167 Abs. 1 SGB III i. V. m. § 341 Abs. 4 SGB III.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
müssen bei Bezahlung der Ansprüche die insoweit anfallenden Lohnsteuern beglichen werden. Bei einem Krankenhaus wird dieser Fall häufiger auftreten, da nicht wenige Ärzte höhere Gehälter haben, auf der Bezahlung dieser Gehälter – und nicht nur eines Teilbetrags, der durch das Insolvenzgeld abgesichert ist – bestehen und ihre Weiterbeschäftigung für die Fortführung des Betriebs wichtig ist. Die dann entstehende Lohnsteuer gehört nach § 55 Abs. 4 InsO zu den Verbindlichkeiten, die nach der Insolvenzeröffnung als Masseverbindlichkeiten zu bezahlen sind. Zur Absicherung der handelnden Personen sollten diese Lohnsteuern aber schon im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit ohne Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Einordnung bezahlt werden. Nach Eröffnung könnte ggf. die Masseunzulänglichkeit eintreten, die dann die Bezahlung hindert. Die Abführung der Lohnsteuer ist jedoch besonders geschützt und die Nichtabführung könnte so zur persönlichen Haftung nach den § 42d EStG, § 69 AO führen.500) 550 In der Insolvenz des Krankenhauses ist dies für alle genannten Steuerarten, nicht jedoch für die Umsatzsteuer relevant, wenn und soweit ausschließlich Leistungen nach § 4 Ziffer 14 UStG von den dort genannten befreiten Rechtsträgern erbracht werden. Dazu gehören die Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, weiterhin die Krankenhäuser, die nach § 108 SGB V zugelassen sind. Andere Krankenhäuser fallen ebenso unter diese Norm, wenn sie unter vergleichbaren Bedingungen wie diese beiden Fallgruppen Leistungen erbringen: Dies ist dann der Fall, wenn das Leistungsangebot gleich ist und die Kosten voraussichtlich zu mindestens 40 % auf Patienten entfallen, bei denen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet wird oder die Eingliederungs- oder vergleichbare Hilfen erhalten. Weiterhin gilt die Umsatzsteuerbefreiung für die weiteren in § 14 Ziffer 14 genannten Einrichtungen.501) Die Umsatzsteuer ist dann gemäß § 55 Abs. 4 InsO nach der Insolvenzeröffnung als sonstige Masseverbindlichkeit zu bezahlen. 551 Die Steuerpflicht trifft die gesetzlichen Vertreter, im Falle der Insolvenz bei entsprechender Einsetzung den Vermögensverwalter (§ 34 AO). Vermögensverwalter in diesem Sinne wäre der vorläufige Verwalter bei Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots, nicht jedoch der „schwache“ vorläufige Verwalter oder der vorläufige Sachwalter.502) 12. Besonderheiten bei der Insolvenzgeldvorfinanzierung 552 Das Sanierungsinstrument des Insolvenzgeldes und der Vorfinanzierung desselben wird unter Rn. 292 ff. beschrieben. In Krankenhausinsolvenzen gibt es Besonderheiten. ___________ 500) Gottwald/Haas-Frotscher/Schulze, InsR-Hdb., § 121 Rn. 24. 501) § 4 Ziffer 14, dort b) bb) bis ii), z. B. Zentren für ärztliche Heilbehandlung. 502) Ebenso wäre bei einem eröffneten Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter Vermögensverwalter nach § 39 AO, nicht aber der Sachwalter, siehe Sonnleitner/Witfeld, Insolvenzsteuerrecht, Kap. 3 A. II. Rn. 20 ff.
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3 Monate
• § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III „… bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.“
Insolvenzantragsverfahren
Insolvenzeröffnung
Berichtstermin
II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
553 Bei Vorliegen der Voraussetzungen, der Zustimmung der Agentur für Arbeit aufgrund der Annahme, dass dadurch ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt, können die Insolvenzgeldansprüche vorfinanziert werden (§ 170 Abs. 4 Satz 2 SGB III).503) Gerade bei gut vorbereiteten Insolvenzverfahren wird es keine oder nur im Ausnahmefall Zahlungsrückstände gegenüber Arbeitnehmern, jedenfalls wegen des regulären Arbeitsentgelts, geben. In den Eigenverwaltungsverfahren erfolgt eine Anordnung der Eigenverwaltung sogar nur dann, wenn es gerade keine Rückstände gibt, es sei denn, die Geschäftsführung kann trotz dieses Umstands an den Gläubigerinteressen ausgerichtet werden (siehe § 270b Abs. 2 Nr. 1 InsO). Von dem Zeitraum von drei Monaten – rückwärts gerechnet von der späteren Entscheidung über den Insolvenzantrag (also i. d. R. die Eröffnung) – werden daher in den auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzverfahren noch mindestens zwei Monate genutzt werden können, in sehr gut vorbereiteten Verfahren drei Monate. 554 Bei Krankenhausinsolvenzen haben jedoch die erst später errechneten und abgerechneten Vergütungen für die Überstunden, die Samstags- und Sonntagsarbeit und die Tätigkeit an Feiertagen sowie die Bereitschaftsdienste eine große Bedeutung.504) Diese werden in der Regel erst im Folgemonat fällig. Ist daher im Folgemonat der Insolvenzantrag schon vor Fälligkeit und Bezahlung gestellt worden, können diese Bestandteile des Arbeitsentgelts nicht durch das Insolvenzgeld abgedeckt werden, wenn dieser Folgemonat der dritte Monat vor dem Insolvenzereignis, der Insolvenzeröffnung, sein soll. Eine Absicherung von Ansprüchen für Arbeitsleistungen, die im „vierten Monat vor dem Insolvenzereignis“ erbracht wurden, sehen die Regelungen zum Insolvenzgeld nicht vor. 555 Eine ähnliche Thematik gibt es bei den Arbeitsentgeltansprüchen, die über der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung liegen.505) Für diese gibt es kein Insolvenzgeld. Nicht nur für diejenigen des Vormonats (den „vierten Monat vor dem Insolvenzereignis“), sondern auch für die Leistungen im Monat der Insolvenzantragstellung bis zum Tag des Insolvenzantrags kann keine Bezahlung erfolgen. Für die Zeit nach dem Insolvenzantrag kann es ebenso wie für andere Dienstleistungen oder Warenlieferungen506) dann zu einer Bezahlung der den Insolvenzgeldanspruch in der Höhe übersteigenden Beträge kommen, wenn der Schuldner die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.507) ___________ 503) Siehe Einzelheiten in der Fachlichen Weisung der BA zu § 170 SGB III unter https:// www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba026820.pdf [19.1.2023]. 504) Auch „unständige oder unstete Bezüge“ genannt (siehe bereits Rn. 532). 505) Siehe dazu den Verweis in § 167 Abs. 1 SGB III auf § 341 Abs. 4 SGB III; im Jahr 2022 sind das 7.050,00 € in den westlichen, 6.750,00 € in den östlichen Bundesländern, siehe § 3 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2022 (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022). 506) Bei diesen dann, insbesondere bei Anordnung, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründen darf, § 270c Abs. 4 InsO. 507) Siehe den Verweis in § 270c Abs. 4 Satz 3 InsO auf die Regelung bei Regelinsolvenzverfahren, § 55 Abs. 2 InsO.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Die Fortführung eines Krankenhauses wird unter diesen Umständen sehr er- 556 schwert oder gar unmöglich sein. Die Pflegekräfte, die trotz der in der Regel schweren und anspruchsvollen Arbeit jedenfalls in den unteren Tarifgruppen508) wenig verdienen, werden die Einbußen durch die fehlende Bezahlung der unständigen Bezüge nicht hinnehmen wollen und unter Umständen kündigen. Diejenigen Mitarbeiter, deren Gehälter oberhalb der Beitragsbemessungsbegrenze liegen, häufig Ärzte, werden für die Weiterführung des Krankenhauses ebenso unabkömmlich sein. Die Lösung dieses Problems kann darin liegen, die insolvenzrechtlich auf den 557 ersten Blick nicht zulässigen Zahlungen auf diese rückständigen oder noch nicht fälligen Arbeitsentgelte mit folgender Begründung dennoch zu tätigen: Es gibt schon bisher in Ausnahmefällen die Möglichkeit, den Insolvenzgeld- 558 zeitraum „zu verschieben“ oder ihn zu „rollieren“.509) Das Amtsgericht Hamburg hat diese Vorgehensweise in einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 für zulässig erachtet und die Grundsätze zur Durchführung formuliert.510) Eine Bezahlung von rückständigen Arbeitsentgelten ist im Insolvenzantragsverfahren möglich, wenn zuvor eine Anzeige an das Insolvenzgericht erfolgte und die Bezahlung aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zu der Erbringung der Arbeitsleistung nicht zu einer Anfechtung führt. Ein enger Zusammenhang ist gegeben, wenn der Zeitraum drei Monate nicht übersteigt.511) Macht es die Gesamtsituation erforderlich und lässt es die Liquiditätslage des Unternehmens zu, so können diese rückständigen Ansprüche bezahlt werden. Dies erfordert dann eine Anpassung an die Planungs- und Vergleichsrechnungen, die bei Gericht vorzulegen sind. 13. Öffentlichkeitsarbeit (besonderer Kundenkreis, politischer Bezug) Der Erfolg einer Restrukturierung, auch im Insolvenzverfahren, hängt davon 559 ab, ob und wie die beteiligten Personen eingebunden und informiert werden. Dies kann und muss jeweils bilateral erfolgen, je größer die involvierten Gruppen sind, muss auf öffentlichkeitswirksame Medien zurückgegriffen werden. Es ist dabei zunächst zu unterscheiden, ob das Insolvenzgericht, in Eigenver- 560 waltungsverfahren das Unternehmen und der Sachwalter oder in Regelinsolvenzverfahren das Unternehmen und der Insolvenzverwalter informieren.
___________ 508) Damit sind die Tarifgruppen des TVÖD gemeint, wobei die Krankenhäuser, bei denen der TVÖD Anwendung findet, damit meist besser bezahlen als die anderen. 509) Siehe hierzu z. B. Bieg/Borchardt/Frind-Göttsch, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, Teil 3, I. Rn. 63; siehe bereits Rn. 379. 510) AG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 21.1.2014 – 67g IN 428/13, ZIP 2014, 1091. 511) Dies ist seit dem 5.4.2017 in § 142 Abs. 2 Satz 2 InsO ausdrücklich normiert.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
561 Das Insolvenzgericht hat qua Gesetz in einer Vielzahl von Fällen die Pflicht zur öffentlichen Bekanntmachung.512) In Restrukturierungssachen nach dem StaRUG ist die Veröffentlichung durch das Restrukturierungsgericht nur dann möglich, wenn der Schuldner dies beantragt (siehe §§ 84 – 88 StaRUG).513) Darüber hinaus kann es ratsam sein, dass das Gericht in Verfahren von öffentlicher Bedeutung durch die Pressestelle des Gerichts oder durch das Insolvenzgericht selbst informiert.514) 562 Dass die allgemeine Berichterstattung in Insolvenzverfahren sinnvoll sein kann, darüber besteht Einigkeit.515) Im Vordergrund der Diskussion steht dabei die Rolle der bestellten Personen zum Insolvenzgericht und der Informationsgehalt für die Beteiligten, zu beachten sind aber auch die Rechte des Unternehmens und seiner Gläubiger. Die Pressearbeit ist in der Sanierung des Unternehmens einerseits mit den Gerichten und den von ihnen bestellten Sachwaltern oder Insolvenzverwaltern, andererseits mit den Geschäftsführungsorganen des Unternehmens abzustimmen. 563 In der Sondersituation Restrukturierung und Insolvenz kann sich bei Beginn kein Beteiligter sicher sein, seine Rechtsposition wie in der Vergangenheit zu behalten. Es entsteht eine Verunsicherung, je nach Wichtigkeit des insolventen Geschäftspartners muss eine Ersatzstrategie entwickelt werden. Der Kunde oder Lieferant und Dienstleister muss abwägen, wie schnell und mit welcher Konsequenz für die Liefer- oder Abnahmetreue er den Geschäftspartner wechselt. Der Arbeitnehmer lotet seine Chance aus, einen anderen Arbeitsplatz bei einem nicht insolventen Arbeitgeber zu erhalten. Der durch besondere Rechte an Vermögensgegenständen des Krisenunternehmens abgesicherte Gläubiger hat einen dringenden Informationsbedarf, wie es mit diesen seinen Gegenständen und Rechten weitergehen soll. 564 Die Krisenkommunikation muss daher folgende Elemente beinhalten:516) x
Wahre und zutreffende Angaben.
x
Beschreibung der Probleme zur Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit.
x
Nennung der Restrukturierungsziele sowie die Notwendigkeit und geplante Dauer ihrer Umsetzung.
x
Bedeutung und Chancen einer Insolvenz mit einfachen Worten erläutert.
___________ Die Aufstellung siehe Ganter/Bruns in: MünchKomm-InsO, § 9 Rn. 7. Die Normen sind gemäß Art. 25 Abs. 3 Nr. 1 SanInsFoG am 17.7.2022 in Kraft getreten. Dazu Schmittmann, ZInsO 2010, 2044, 2045. Frind, NZI 2005, 654; Huff, NZI 2005, 661; Akhamal/Jantos/Panthel/Simon, InsbürO 2009, 406; Bieg/Borchardt/Frind-Borchardt, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, Teil 3, B. Rn. 81. 516) Siehe teilweise hierzu, Kübler-Frege/Nicht, HRI, § 5 Rn. 79 ff. 512) 513) 514) 515)
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
x
Darstellung der geplanten Einschnitte, die mit der Restrukturierung für die betroffenen Personen verbunden sind.
x
Vorstellung der die Sanierung begleitenden Personen und Teams sowie der Ansprechpartner für Anfragen.
Bei börsennotierten Unternehmen kommen die weitergehenden Informations- 565 pflichten hinzu.517) In der Insolvenz bestehen besondere Verpflichtungen eines Insolvenzverwalters, diese Pflichten durch die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu unterstützen (siehe § 24 WpHG [der frühere § 11 WpHG]). Diese Verpflichtungen treffen das insolvente Unternehmen originär, auch in der Insolvenz in Eigenverwaltung, sodass auch in diesem Verfahren die Durchführung sichergestellt sein muss. Die allgemeinen Grundsätze zur Informationspolitik in Insolvenzverfahren von 566 erheblicher Bedeutung gelten selbstverständlich auch Krankenhausinsolvenzen. Dennoch gibt es hier Besonderheiten, die eine noch größere Aufmerksamkeit bei der Öffentlichkeitsarbeit erfordern. Zuallererst ruft die Insolvenz eines Krankenhauses, gerade eines, welches eine Grund- und Regelversorgung anbietet, bei der Bevölkerung eine große Besorgnis hervor. In der Regel wird die Politik gefordert. Hat das Krankenhaus dann noch das Alleinstellungsmerkmal, die einzige Geburtshilfe an dem Ort anzubieten, so ist das dann ein zusätzliches „Politikum“. Den mit der Insolvenz verbundenen Sorgen über eine in Zukunft möglicherweise eingeschränkte Patientenversorgung ist in ganz besonderer Weise Rechnung zu tragen, zumal der Kreis der „Kunden“, die potenziellen Patienten, sehr weit zu ziehen ist. Neben die Sorge um die Arbeitsplätze, die die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen bedroht, tritt die Angst vor dem Verlust einer angemessenen, zeitnahen und hochwertigen Gesundheitsfürsorge. Die politischen Entscheidungsträger sind gefordert, zumal die Gesundheitsversorgung Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist und daher nicht nur eine mittelbare, sondern unmittelbare Verantwortung besteht. Es ist daher zwingend geboten, die Beteiligten einzubinden und die wirtschaft- 567 liche und juristische Neugliederung mit einer gut strukturierten Öffentlichkeitspolitik zu verbinden.518) Falschmeldungen ist mit einer guten und positiven anderen Pressepolitik zu begegnen, die die Kernbotschaften klar kommuniziert.
___________ 517) Schuster/Friedrich, ZInsO 2011, 321. 518) Zur Krise und Einbindung der Stakeholder vgl. Bork/Hölzle-Niemann, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 28 Rn. 15 ff.
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D. Möglichkeiten der Sanierung von Krankenhäusern in der Insolvenz
Kunden
Lieferanten
Banken
Dienstleister
Shareholder
Geschäftsleitung
Mitarbeiter
Unternehmen
Betriebsrat
Investoren
Politik
Gewerkschaften
Konkurrenten Kommunen
Behörden
568 Die Vorbereitung einer Sanierung eines Krankenhauses in der Insolvenz beinhaltet daher eine gute Kommunikationsstrategie, die nicht allein mit der sonst anzutreffenden routinierten Delegierung der Pressearbeit an einen professionellen Dienstleister erfüllt werden kann. Wichtig ist die Abstimmung der Inhalte mit der Belegschaftsvertretung und der Politik. Aufgrund der besonderen Lage des Arbeitsmarktes Pflege519) ist offene und ehrliche, aber auch motivierende Kommunikation mit den Betriebsräten, Gewerkschaften und überhaupt allen Mitarbeitergruppen Basis für die Fortführung. Die Mitarbeiter sind daher nach der Entscheidung über den Sanierungsweg rechtzeitig zu informieren. Parallel haben die Gespräche mit dem Land und den Krankenkassen, die vorrangig die Finanzierung des Krankenhauses übernehmen,520) stattzufinden. Neben den aufeinander abgestimmten Ablaufplänen „operative Sanierung“ und „finanzwirtschaftliche Neuaufstellung“ gehört die Kommunikationsplanung für die Zeitdauer des Verfahrens zur Gesamtstrategie. Auf bereits vorhandene Kommunikationswege in Form der „Social Media“ sollte zurückgegriffen werden.521) Große Klinikbetriebe haben selbst ein gutes Netz an solchen Kanälen, auf die dann gemeinsam mit den für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stellen im Unternehmen zurückgegriffen werden sollte.
___________ 519) Seit Jahren wird der „Pflegenotstand“ thematisiert (siehe bereits Rn. 9 f.), vgl. statt vieler den Beitrag über den 18. Kölner Sozialrechtstag, Rupprecht-Flacke, NZS 2021, 56. 520) Zur dualen Finanzierung siehe Rn. 54 ff. 521) Siehe z. B. die Social-Media-Kanäle der Medizinischen Hochschule Hannover, https:// www.mhh.de/zentrale-webredaktion.
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II. Besonderheiten bei der Sanierung von Krankenhäusern im Insolvenzverfahren
Ein besonderes Augenmerk ist in der Kommunikation bei Einleitung eines 569 Schutzschirmverfahrens auf die Information der Kreditinstitute zu legen.522) Wenn das Kreditinstitut nach Kenntnis der beabsichtigten Einleitung des Verfahrens die Kredite wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse noch vor dem Insolvenzantrag kündigt, kann dieses keine Schutzschirmanordnung mehr treffen.523) Dann bleiben nur zwei Handlungsalternativen, um diese Verfahrensart erfolgreich durchzuführen: Entweder das Verhältnis ist zu den Kreditinstituten so gut, dass die Ankündigung nicht zu einer Abwehrhaltung und Kündigung führt, oder aber der Schutzschirmantrag muss ohne Ankündigung gestellt werden, was anschließend sofortige Kommunikationsmaßnahmen gegenüber den Kreditinstituten erforderlich macht.
___________ 522) Ein Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO kann nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, nicht aber bei schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit eingeleitet werden. 523) Nr. 19 AGB-Banken und Nr. 26 AGB-Sparkassen. Bei beiden geht es um die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse und Gefährdung der Sicherheiten, interessanterweise bei den AGB-Banken nur dann, wenn gleichzeitig „dadurch die Rückzahlung des Darlehens … gefährdet ist“.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren I. Sanierung eines kommunalen Krankenhauses durch Insolvenzplan aus Eigenverwaltungssicht Kaufmann
Der erste der vorgestellten Praxisfälle zeigt die Sanierung eines kommunalen 570 Krankenhauses durch Insolvenzplan aus Sicht der Eigenverwaltung.524) 1. Wirtschaftliche Ausgangslage a) Unternehmen Die Schuldnerin, eine Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH, betrieb an 571 zwei Standorten Akut-Krankenhäuser. Am größeren Standort wurde ein Akut-Krankenhaus der Grund- und Regel- 572 versorgung mit den Hauptabteilungen Innere Medizin, Chirurgie, Orthopädie, Anästhesie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie den Belegabteilungen Urologie und Hals-Nasen-Ohren (HNO) betrieben, das mit 127 Planbetten im Krankenhausplan des betreffenden Bundeslandes aufgenommen war (44 im Bereich Chirurgie, 61 Innere, 10 Geburtshilfe, 3 HNO und 9 Urologie). Am weiteren Standort wurde ein Akut-Krankenhaus der inneren Medizin mit 573 Schwerpunktbehandlungen in den Bereichen Geriatrie (akutgeriatrie und geriatrische Frührehabilitation) und Suchtmedizin mit Akutentgiftung und qualifiziertem Entzug betrieben. Dieses Krankenhaus war mit 48 Betten im Krankenhausplan des betreffenden Bundeslandes aufgenommen. An diesem Standort betrieb die Schuldnerin zudem noch eine Fachklinik als Rehabilitationseinrichtung für Langzeittherapien mit 35 Plätzen für die stationäre und sieben Plätzen für die ganztägig-ambulante Rehabilitation. Ferner wurde von der Schuldnerin eine Schule für Krankheit und Gesund- 574 heitspflege mit 38 Ausbildungsplätzen betrieben. Gesellschafterin der Schuldnerin war eine Krankenhaus-GmbH, deren Ge- 575 sellschafterin war wiederum eine Kommune (Stadt). Das Unternehmen beschäftigte zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung ins- 576 gesamt 363 Mitarbeiter. Es gab einen Betriebsrat. Der Umsatz im Geschäftsjahr vor der Antragstellung hatte bei einer Bilanzsumme von 18 Mio. € bei 25 Mio. € gelegen. Ferner gab es eine 100 %ige Tochtergesellschaft als Servicegesellschaft, zugleich 577 in der Rechtsform der GmbH. Diese GmbH beschäftigte 116 Mitarbeiter. Dort existierte ebenfalls ein Betriebsrat. ___________ 524) Siehe hierzu auch Beck/Gutmann/Kaufmann, KKZ 2022, 121 ff.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
b) Wirtschaftliche Lage im Frühjahr vor der Antragstellung 578 Die wirtschaftliche Lage im Frühjahr vor der Antragstellung war durch eine seit Langem bestehende Ertragskrise der Gesellschaft gekennzeichnet. So hatte die Gesellschaft nicht erst seit der Übernahme der Geschäftsanteile durch die jetzige Gesellschafterin drei Jahre zuvor nur Verluste erwirtschaftet (zuletzt –1.682 T€ im Jahr 1 nach der Übernahme, –3.020 T€ im Jahr 2 und –1.749 T€ im ersten Halbjahr des Jahres 3), die bislang durch die Mutter und damit letztlich die Kommune ausgeglichen worden waren. 579 Der Grund für die wirtschaftliche Schieflage der Gesellschaft lag insbesondere in der ungünstigen Kostenstruktur am größeren Standort, an dem die Personalkosten deutlich über dem Bundesdurchschnitt lagen (ca. 3 Mio. € pro Jahr über den Kosten vergleichbarer Krankenhäuser (!)), während der kleinere Standort Gewinne erwirtschaftete. 580 Im Frühjahr vor der Antragstellung im Sommer befand sich die Schuldnerin zudem in einer Liquiditätskrise. Zu dem Zeitpunkt war die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zwar noch für einige Monate gesichert. Die Gesellschafterin wollte (und konnte) jedoch für den Fall, dass die von der Schuldnerin erwartete Förderung einer „Einhäusigkeit“ durch den Neubau einer Klinik am Standort des defizitären Standortes, in der dann beide Standorte zusammengeführt worden wären, durch das zuständige Bundesland nicht zeitnah genehmigt, sondern ggf. sogar endgültig abgelehnt werden würde, die Verluste der Schuldnerin nicht länger tragen. Die Förderung der „Einhäusigkeit“ durch das Land war bereits Jahre zuvor noch vor der Übernahme der Schuldnerin durch die jetzige Gesellschafterin beantragt worden. Es wurde erwartet, dass durch die Schaffung der Einhäusigkeit eine nachhaltige Wiederherstellung der Renditefähigkeit der Gesellschaft erfolgen würde. Nach dem Erwerb der Geschäftsanteile an der Schuldnerin durch die jetzige Gesellschafterin hatte die Geschäftsleitung der Schuldnerin kurzfristig mit einer positiven Entscheidung gerechnet, doch die Entscheidung verzögerte sich und es zeichnete sich im Frühjahr zunehmend ab, dass die beantragte Förderung fraglich werden könnte. 2. Sanierungsidee a) Sanierungsidee für den Fall der Nichtförderung 581 Für den Fall, dass sich herausstellen sollte, dass die erwartete Förderung jedenfalls nicht zeitnah umgesetzt werden würde, wurde im Frühjahr ein Alternativszenario in Form eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung vorbereitet. Die Schuldnerin sollte hierbei in einem Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO a. F.), die Tochtergesellschaft in einem Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO a. F. saniert werden.
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I. Sanierung eines kommunalen Krankenhauses aus Eigenverwaltungssicht
Das Sanierungskonzept sah hierbei die Schließung des unrentablen und veral- 582 teten größeren Standorts und die Neuausrichtung und Stärkung des verbleibenden kleineren Standorts durch die Konzentration von Fachrichtungen, die Verlagerungen von Betten und der Schaffung einer auskömmlichen Kostenstruktur vor. Der hierdurch erforderliche Personalabbau sollte durch einen Interessenausgleich mit Namensliste und Sozialplan im Rahmen des Insolvenzverfahrens erfolgen, womit deutlich geringere Schließungskosten einhergehen. b) Beantragung des Schutzschirmverfahrens Nachdem sich die Befürchtung, dass die Förderung der Einhäusigkeit nicht 583 zeitnah erfolgen würde, durch ein entsprechendes Schreiben des zuständigen Landesministeriums bewahrheitete, wurde am 25.7. wegen drohender Zahlungsunfähigkeit die vorläufige Eigenverwaltung für die Schuldnerin in Form des Schutzschirmverfahrens (§ 270b InsO) sowie deren Tochtergesellschaft als „reguläre“ vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a InsO) beantragt, nachdem tags zuvor der Aufsichtsrat der Gesellschafterin beschlossen hatte, der Schuldnerin keine weiteren finanziellen Mittel mehr zukommen zu lassen, wodurch die Fortführungsprognose für die Schuldnerin entfallen war.
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• Gespräche mit Land und Krankenkassen über Förderung • Parallel: Entwicklung eines Insolvenzszenarios für den Fall der Nichtförderderung • Zahlungsunfähigkeit drohte nur, lag noch nicht vor • Vorbereitung Insolvenzantrag + Schutzschirmverfahren
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Erörterungs-/ Abstimmungstermin
18.12.
• Bestätigung des Plans durch Gericht, § 252 InsO • Rechtsmittelfrist: 2 Wochen, § 253 InsO
nur ca. 3 Monate
• Insolvenzeröffnung in Eigenverwaltung 27.10. • Ladung Gläubiger, § 235 InsO
Plandurchführung
Einreichung des Plans
24.10.
Ergebnis: Sanierung des Unternehmens • in nur 6,5 Monaten • bei Erhalt des Rechtsträgers und • innerhalb des Insolvenzverfahrens
nur ca. 3 Monate
• Fortführung Geschäftsbetrieb • Durchführung Investorenprozess („Dual-Track“) • Erstellung des Insolvenzplans mit Planungsrechnungen • Abstimmung des Insolvenzplans mit Hauptgläubigern und Gericht • Umsetzung von Sanierungsmaßn. (Schließung Standort A)
strategische Maßnahmen
Insolvenzantrag
Vorbereitung
Maßnahmen
25.7.
Seit Februar
• Rechtsabwicklung • Auszahlung Quote
Rechtskraft des Plans u. Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 11.5.
14.1. des Folgejahres
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
3. Ablauf des Verfahrens im Überblick
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I. Sanierung eines kommunalen Krankenhauses aus Eigenverwaltungssicht
4. Die Phasen im Einzelnen a) Vorbereitungsphase Der Insolvenzantragstellung ging eine vergleichsweise lange Phase der Vor- 585 bereitung des Eigenverwaltungsverfahrens seit Ende Februar voraus, wie sie auch in den USA im Chapter 11-Verfahren üblich ist (lange Vorbereitungszeit, kurze Verfahrensdauer). Dabei handelte es sich bei den Überlegungen über die Beantragung des Eigen- 586 verwaltungsverfahrens um einen Plan B für den Fall der Nichtförderung der sog. Einhäusigkeit. Durch die Einhäusigkeit sollte die Renditefähigkeit wieder nachhaltig hergestellt werden. Die Summe der beantragten Fördermittel betrug 17,5 Mio. €, dazu kamen Eigenmittel von rund 6 Mio. €. Der Antrag auf Förderung der Eindeutigkeit war dabei von der Schuldnerin bereits vor rund zehn Jahren gestellt worden. Eine abschließende Entscheidung über die Förderung der Einhäusigkeit wurde für Mitte des Jahres erwartet. Die Insolvenz als ein Plan B war seit Anfang des Jahres im Gespräch, seit Ende 587 Februar unter unserer Begleitung. Die entsprechenden Gespräche fanden zunächst mit der Gesellschafterin und dem bisherigen Geschäftsführer des Unternehmens statt. Zur Vorbereitung möglicher Eigenverwaltungsverfahren der Schuldnerin und 588 deren Tochter, der Krankenhausservicegesellschaft, wurde sodann zunächst ein neuer, sanierungserfahrener Geschäftsführer gesucht. Die Gespräche mit zwei Kandidaten fanden in der Zeit von Mitte März bis Mitte April statt. Am 24.4. erfolgte die erste Vorstellung des Plans B, bereits in Anwesenheit des 589 neuen Geschäftsführers der Schuldnerin sowie deren Tochter, im Sanierungsbeirat, der mit Vertretern der Kommunalpolitik (Oberbürgermeister, Fraktionsvorsitzender etc.) besetzt war. Ferner wurde die Sanierungsidee außerdem dem Sozialministerium und den 590 Krankenkassen vorgestellt. In den Gesprächen Ende Mai ging es zugleich um eine mögliche Förderung der Schließung durch das Sozialministerium und die Krankenkassen. Hintergrund war, dass das Krankenhaus in einer Region mit einer überdurchschnittlich hohen Bettenzahl lag und es sowohl vonseiten des Sozialministeriums als auch der Krankenkassen ein Interesse gab, die Bettenzahl in dieser Region zu reduzieren. Ende Juni wurde schließlich ein Eigenverwaltungsverfahren als Sanierungsidee 591 ebenso dem Krankenhaus-Planungsausschuss vorgestellt. Dieser erklärte, alle Möglichkeiten seien weiter offen und kündigte eine abschließende Entscheidung für den 21.7. an. Unter der Hand ging jedoch keiner von einer Förderung der Einhäusigkeit aus. Parallel wurden die Arbeiten zur Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens in 592 Eigenverwaltung intensiviert. Der Aufsichtsrat der Gesellschaft hatte für den
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
24.7. eine Entscheidung darüber angekündigt, ob im Falle einer Nichtförderung der Einhäusigkeit die Verluste der Gesellschaft weiter durch die Gesellschafterin getragen würden. Im Vorfeld waren Signale gesendet worden, dass dies wohl nicht der Fall sein wird. b) Antragstellung 593 Am 21.7. folgte sodann – wie erwartet – die Ablehnung der Förderung der Einhäusigkeit durch den Krankenhaus-Planungsausschuss und am 24.7. die Entscheidung des Aufsichtsrats der Gesellschafterin, die Verluste der Schuldnerin nicht weiter zu finanzieren. 594 Dazwischen, konkret in der Zeit zwischen dem 22.7. und dem 24.7., wurden die Insolvenzanträge final vorbereitet. Hierzu fand am 22.7. ein weiteres Treffen mit dem Sozialministerium und dem Verband der Ersatzkassen statt. Am 24.7. wurde ein Partner unserer Sozietät zum zweiten Geschäftsführer (CIO) sowohl der Schuldnerin als auch deren Tochter bestellt. Hierbei war das Erfordernis der Zustimmung durch den Aufsichtsrat zu beachten, und zwar sowohl bei der Gesellschaft als auch bei deren Gesellschafterin. Am gleichen Tag fand noch ein in der Praxis bei der Einleitung von Eigenverwaltungsverfahren in der Größenordnung übliches, bei Insolvenzrichtern früher mitunter nicht gern gesehenes, nunmehr aber gesetzlich vorgesehenes (§ 10a InsO) Vorgespräch mit dem zuständigen Insolvenzrichter statt. Ferner wurden mögliche Gläubigerausschussmitglieder angesprochen und es wurde für die Schuldnerin eine Bescheinigung nach § 270b InsO (a. F.) eingeholt. 595 Als Verfahrensart wurde bewusst das Schutzschirmverfahren gewählt, um alle Beteiligten zu disziplinieren, die Sanierung innerhalb kurzer Zeit umzusetzen. Denn mit Anordnung eines Schutzschirmverfahrens ist von der Schuldnerin binnen einer Frist von maximal drei Monaten ein Insolvenzplan vorzulegen (§ 270b Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO a. F./§ 270d Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO n. F.). Auch wenn die Nichtvorlage innerhalb der gesetzten Frist zumindest nach altem Recht weder die Vorlage eines Insolvenzplans zu einem späteren Zeitpunkt noch die Anordnung einer Eigenverwaltung mit Insolvenzeröffnung unmöglich machte,525) so führt doch die gesetzte Frist, insbesondere bei Personen, die mit dem Insolvenzrecht nicht so vertraut sind, zu einem erheblichen Disziplinierungseffekt entsprechend der Drohung „Sanierung muss innerhalb von drei Monaten stehen, andernfalls droht die Abwicklung“. ___________ 525) Zu den Folgen eines nicht (rechtzeitig) eingereichten Plans nach altem Recht vgl. z. B. Kern in: MünchKomm-InsO, § 270b Rn. 78 f.; zum neuen Recht siehe BeckOK-Ellers, InsR, § 270d InsO Rn. 68 ff. Nach neuem Recht erfolgt eine Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung in jeglicher Form – und nicht nur wie nach altem Recht des Schutzschirmverfahrens, §§ 270b Abs. 4 Satz 1 InsO a. F. –, wenn die angestrebte Sanierung des Schuldners aussichtslos geworden ist, § 270e Abs. 1 Nr. 3 InsO. Entscheidend ist der ursprüngliche Sanierungsplan, wobei geringfügige Änderungen unbeachtlich sind und es sich vielmehr um ein Scheitern des Gesamtplans handeln muss, der nicht durch Fortschreibung der Planung aufgefangen werden kann, vgl. z. B. Graf-Schlicker/GrafSchlicker, InsO, § 270e Rn. 10.
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I. Sanierung eines kommunalen Krankenhauses aus Eigenverwaltungssicht
Am 25.7. wurde sodann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwal- 596 tung beantragt. Dieser Antrag wurde ergänzt um den Antrag, im Antragsverfahren lediglich einen Sachwalter zu bestellen (Antrag auf „vorläufige Eigenverwaltung“),526) und den Antrag, eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans zu bestimmen (Antrag auf Schutzschirmverfahren), ferner um die Anträge, Masseverbindlichkeiten zu begründen (Globalermächtigung gemäß § 270b Abs. 3 InsO)527), einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, bestehend aus drei Mitgliedern (Betriebsratsvorsitzender, Vertreter der Bank und der Bundesagentur für Arbeit) sowie auf Anordnung weiterer Sicherungsmaßnahmen, insbesondere gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nummer 5 InsO (siehe Rn. 271).528) Für die Tochtergesellschaft, die Servicegesellschaft für das Krankenhaus, wurde eine „reguläre“ vorläufige Eigenverwaltung beantragt. c) Antragsverfahren Noch am selben Tag, dem 25.7., wurden die beantragten Beschlüsse vom zu- 597 ständigen Insolvenzgericht erlassen. Insbesondere wurde bei der Schuldnerin die Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans wie beantragt auf drei Monate festgesetzt. Demnach war der Insolvenzplan bis zum 25.10. vorzulegen. Umgehend wurden die im Rahmen eines Antragsverfahrens in Eigenverwaltung 598 üblichen Maßnahmen in die Wege geleitet. Insbesondere wurde ein tägliches Controlling für den vorläufigen Gläubigerausschuss und den vorläufigen Sachwalter eingerichtet. Es wurde eine Buchführung eingeführt, die handels- und insolvenzrechtlichen Anforderungen genügt. Und es wurde ein System im Unternehmen installiert zur Freigabe aller ausgabewirksamen Rechtshandlungen, um sicherzustellen, dass tatsächlich nur noch mit dem Insolvenzrecht zu vereinbarende Zahlungen geleistet werden. Es wurde eine Insolvenzgeldvorfinanzierung für die Monate August bis Okto- 599 ber organisiert. Ferner wurden die sog. „unständigen Bezüge“ (zu dieser Besonderheit siehe Rn. 532, 552 ff.) für Juni und Juli in Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss und dem vorläufigen Sachwalter bezahlt. ___________ 526) Der Terminus „vorläufige Eigenverwaltung“ fand sich in der alten Fassung der InsO nicht, auch wenn in der Praxis immer von vorläufiger Eigenverwaltung gesprochen wurde. Nunmehr findet sich der Terminus ausdrücklich im Gesetz, § 270b Abs. 1 InsO. 527) Nach altem Recht war lange Zeit streitig, ob im Rahmen der „regulären“ vorläufigen Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO a. F. Einzelermächtigungen zur Begründung von Masseverbindlichkeiten möglich waren. Rechtssicher war dies daher in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des ESUG nur im Rahmen der Globalermächtigung im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens möglich. Nach der bereits zitierten Entscheidung des BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15, ZIP 2016, 1295, wonach auch Sozialversicherungsträger in diesen Fällen zu Massegläubigern werden und damit eine Anfechtung diesen gegenüber unmöglich war, wurde die Beantragung einer Globalermächtigung als „Kunstfehler“ bezeichnet, siehe Rn. 544. 528) Zu der Vielzahl der zu stellenden Anträge im Eigenverwaltungsverfahren vgl. auch Kern in: MünchKomm-InsO, § 270b Rn. 25.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
600 Angesichts des engen Zeitplans wurde unmittelbar nach Antragstellung mit den Arbeiten am Insolvenzplan begonnen. Die Gespräche mit dem Land und den Krankenkassen über eine Beteiligung des Landes und der Krankenkassen an den Schließungskosten wurde weitergeführt. Im Ergebnis unterstützte das Land die Schließung durch Gewährung einer Schließungsförderung (hierzu Rn. 447 ff.) in Höhe von 2,5 Mio. € gemäß § 8 NKHG und die Krankenkassen durch Leistung eines Mindererlösausgleichs in Höhe von 1 Mio. € über Budget. 601 Zudem gab es bereits sehr früh Vorverhandlung mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans bezüglich der Schließung des größeren Standortes und damit einhergehend eines Personalabbaus mit dem Ziel, diese Sanierungsmaßnahmen unmittelbar nach Insolvenzeröffnung umzusetzen, da eine weitere Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung nicht finanzierbar gewesen wäre. Für die vom Arbeitsplatzabbau betroffenen Mitarbeiter konnte aufgrund der Unterstützung der Schließung durch das Land und die Krankenkassen eine Transfergesellschaft für einen Zeitraum von sieben Monaten vorbereitet werden, was andernfalls nicht möglich gewesen wäre. Die vorläufigen Gläubigerausschüsse und vorläufigen Sachwalter stimmten dieser beabsichtigten Teilbetriebsstilllegung zu. 602 Parallel wurde ein Investorenprozess durchgeführt (sog. „Dual-Track“). Hierzu wurde eine branchenerfahrene M&A-Beratungsgesellschaft eingesetzt. Letztlich gab es jedoch keinen ernsthaften Interessenten, vor allem nicht für den größeren, defizitären Standort, allenfalls für den kleineren, wirtschaftlich gesunden Standort. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Krankenhausbereich, jedenfalls bei potenziellen Übernehmern, die nicht in der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sind, die im Plan durchzuführende Vergleichsrechnung durch die Gegenwertforderung der VBL fast immer zugunsten des Insolvenzplans ausfällt.529) 603 Bereits das Antragsverfahren war hierbei von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet, sowohl nach innen in Richtung der Mitarbeiter, hierunter insbesondere der Chefärzte, als auch nach außen gegenüber der Öffentlichkeit.530) So hatte sich zum Erhalt des Krankenhauses ein Förderverein gebildet, der u. a. wöchentliche Mahnwachen organisiert hatte. 604 Am 24.10. – und damit rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist – wurden die Insolvenzpläne für die Schuldnerin sowie deren Tochtergesellschaft beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht. Der Plan bei der Schuldnerin sah die Bildung von fünf Gruppen vor: x
Gruppe 1: Gläubiger mit Absonderungsrechten aufgrund von Grundpfandrechten an Grundstücken.
___________ 529) Vgl. ausführlich Rn. 485 ff. 530) Vgl. zu den besonderen Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit bei Krankenhausinsolvenzen Rn. 559 ff.
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I. Sanierung eines kommunalen Krankenhauses aus Eigenverwaltungssicht
x
Gruppe 2: Arbeitnehmer.
x
Gruppe 3: Institutionelle Gläubiger (Bundesagentur für Arbeit, Krankenkassen, Fiskus).
x
Gruppe 4: Sonstige Gläubiger (Dienstleister, Lieferanten, Vermieter, Leasinggeber, Kreditinstitute, Kaufvertragspartner), andere Vertragspartner und Sonstige, die nicht den anderen Gruppen zuzuordnen sind.
x
Gruppe 5: VBL, Pensionssicherungsverein (PSV).
Der Insolvenzplan sah im Hinblick auf das Problem der sog. Nachzügler531) 605 zwei Ausschüttungen vor. Die Ausschüttung einer festen Quote als erste Ausschüttung nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und eine zweite Ausschüttung als Besserungsschein nach Ablauf der Frist des § 259b InsO. d) Eröffnetes Verfahren Am 27.10. eröffnete das Insolvenzgericht die Insolvenzverfahren über das Ver- 606 mögen der Schuldnerin sowie deren Tochtergesellschaft jeweils in Eigenverwaltung. Die Berichtstermine wurden auf den 26.11., die Prüfungstermine mit anschließenden Erörterungs- und Abstimmungsterminen auf den 18.12. terminiert. Noch am selben Tag, dem 27.10., erfolgten die abschließenden Verhandlungen 607 und sodann der Abschluss der Interessenausgleiche und Sozialpläne mit den Betriebsräten der Schuldnerin und deren Tochtergesellschaft. Die mit Insolvenzeröffnung eingesetzten, zum Antragsverfahren personenidentische Gläubigerausschüsse sowie Sachwalter stimmten den abgeschlossenen Interessenausgleichen und Sozialplänen noch am selben Tag zu. Es wurde Massenentlassungsanzeigen an die zuständige Bundesagentur für Arbeit übersandt. Nach Bestätigung des Eingangs dieser Anzeigen bei der Bundesagentur für Arbeit wurden noch im Oktober die Kündigung für insgesamt 184 Mitarbeiter ausgesprochen, davon 104 Mitarbeiter bei der Schuldnerin und 80 bei der Tochtergesellschaft. 95 Mitarbeiter wechselten in der Folge in die Transfergesellschaft. Das geschlossene Krankenhaus schied auf Antrag mit Wirkung zum 31.10. aus 608 dem Krankenhausplan des zuständigen Landes aus. Dies war die Voraussetzung für die Gewährung der Schließungsförderung des Landes und den Beitrag der Krankenkassen zur Schließung (siehe Rn. 600). Zeitgleich wurde eine Verlagerung von 32 Betten von dem geschlossenen Standort zu dem verbleibenden Standort sowie die Förderung von Investitionen am verbliebenden Standort beantragt.
___________ 531) Siehe hierzu ausführlich Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer-Bähr, Insolvenzverwaltung, Kap. 14 Rn. 334 ff.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
609 Der Geschäftsbetrieb am verbliebenen Standort wurde seit Insolvenzeröffnung fortgeführt. Hierbei stellte es eine Herausforderung dar, die Verwaltung des Unternehmens neu aufzustellen. 610 Mit den Gläubigern, insbesondere dem Gläubigerausschuss, sowie dem Sachwalter wurden die Insolvenzpläne in der Folge erörtert und Änderungsanregungen aufgegriffen. Der Pensionssicherungsverein beanspruchte zum einen eine eigene Gruppe für sich,532) zum anderen verlangte er zum Abgleich der Rechte aus § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG eine zusätzliche Quote.533) Die VBL wurde folglich in Gruppe 3 eingeordnet. 611 Den Insolvenzplänen wurde im Erörterungs- und Abstimmungstermin am 18.12. mit 100 %iger Zustimmung zugestimmt. Noch im Termin bestätigte das Insolvenzgericht den Insolvenzplan der Schuldnerin (§§ 248, 252 InsO), sodass der Bestätigungsbeschluss am 14.1. des Folgejahres rechtskräftig wurde. Der Plan der Tochter wurde durch Beschluss vom 30.12. bestätigt. 612 Die ersten Planzahlungen an die Insolvenzgläubiger erfolgten sodann im März des Folgejahres. 613 Durch Beschluss vom 7.5. des Folgejahres mit Wirkung zum 11.5. wurde das Insolvenzverfahren der Schuldnerin schließlich aufgehoben, das der Tochter wenige Wochen später. e) Nach der Insolvenz/Planüberwachungsphase 614 Die Insolvenzpläne sahen eine Überwachung der Insolvenzpläne gemäß § 260 InsO vor. Im Aufhebungsbeschluss wurde die Planüberwachung durch die bisherigen Sachwalter angeordnet. 615 Die durch Insolvenzplan sanierte Schuldnerin positionierte sich in der Folge nach der Aufhebung der Insolvenzverfahren unter neuer Firma mit den Fachrichtungen Geriatrie, Innere und Schmerztherapietherapie erfolgreich neu. Die Ergebnisse lagen im Soll. Das zuständige Bundesland genehmigte die Verlegung von 32 Betten vom geschlossenen Standort zum verbliebenen Standort. Gleichzeitig wurden Investitionen am verbliebenen Standort in der Größenordnung von insgesamt 6 Mio. € durch das Land gefördert und ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Klärung der offenen Fördermittel abgeschlossen. 616 Die zweite Planzahlung erfolgte fristgerecht. ___________ 532) Das BetrAVG sah früher in § 9 Abs. 4 die Möglichkeit vor, eine eigene Gruppe für den PSV zu bilden. Nach der Neufassung des § 9 Abs. 4 seit dem 1.1.2021 ist für den PSV nunmehr zwingend eine eigene Gruppe im Insolvenzplan zu bilden. 533) Früher war eine Abgeltung der Besserungsklausel des § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG durch Gewährung einer höheren Quote mit dem PSV oft verhandelbar, vgl. Uhlenbruck, NZI 2020, 878, 882. Seit neustem achtet der PSV wieder verstärkt auf die Einhaltung des § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG.
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II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses aus Insolvenzverwaltersicht
II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses durch Insolvenzplan aus Insolvenzverwaltersicht Der nachfolgende Fall beschreibt die Rekommunalisierung eines vor Jahren 617 privatisierten Krankenhauses aus Sicht des zunächst als vorläufigen Sachwalters eingesetzten späteren (vorläufigen) Insolvenzverwalters.534) 1. Wirtschaftliche Ausgangslage a) Unternehmen Bei der Schuldnerin handelt es sich um die Trägergesellschaft eines ehemaligen 618 Kreiskrankenhauses, welches mehr als 15 Jahre vor dem Insolvenzantrag privatisiert worden war. Nachdem es zunächst eingebettet war in eine mittelständische Klinikstruktur, war es zwischenzeitlich Teil eines größeren ausländischen Klinikkonzerns, der damals einen Zugang in den deutschen Markt bekommen wollte und die Geschäftsanteile an der Schuldnerin übernommen hatte. Nachdem sich dieser Konzern wieder aus dem deutschen Markt zurückziehen wollte, wurden die Geschäftsanteile im Jahr vor der Antragstellung wieder an eine mittelständische Holding übertragen, die neben dem Krankenhausbetrieb der Schuldnerin zwei weitere Krankenhäuser in der Rechtsform der GmbH betrieb. Bei dem Krankenhaus handelt es sich um ein Krankenhaus der Grundversor- 619 gung, das mit 94 Betten im Krankenhausplan des zuständigen Bundeslandes geführt wird. Es gehört der Basisnotfallversorgungsstufe an. Das Krankenhaus unterhält vier bettenführende Fachabteilungen (drei Haupt- und eine Belegabteilung). Die Planbetten verteilen sich auf die getrennt ausgewiesenen Fachgebiete Innere Medizin (60), Chirurgie (20), Orthopädie (13) sowie Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde (1). Ferner gibt es sechs OP-Betten. Die Schuldnerin beschäftigte zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung 620 244 Mitarbeiter. Es gab einen Betriebsrat. Die Schuldnerin verfügt zudem über mehrere Beteiligungen, konkret ein MVZ 621 sowie ein Ambulantes Therapiezentrum, jeweils in der Rechtsform einer GmbH. Eine weitere Tochtergesellschaft, eine Krankenhaus Service GmbH, erbringt die im Rahmen des Klinikbetriebs notwendigen Begleittätigkeiten. b) Wirtschaftliche Lage im Frühjahr der Antragstellung Nachdem zunächst bei einer Gesamtleistung zwischen 18,3 Mio. € und 622 19,4 Mio. € – in der Spitze rund 985 T€ – positive Ergebnisse erzielt wurden, wurden in den Vorjahren nur noch – und zudem signifikante – Verluste erwirtschaftet. So betrug der Jahresfehlbetrag bei einer reduzierten Gesamtleistung von 17,4 Mio. € bis 18,7 Mio. € in den drei Jahren vor dem Insolvenzantrag ___________ 534) Siehe hierzu auch Kaufmann, KU Gesundheitsmanagement 8/2022, 43 ff.; Hanser, return, 2022, 60 ff.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
rund 1,9 Mio. €, 2,7 Mio. €, bis zur Übernahme durch die mittelständische Klinikholding rund 3,3 Mio. € und im letzten Quartal des letzten Jahres vor der Insolvenzantragstellung rund 2,3 Mio. €, wobei die Verluste in den Jahren bis zur Übertragung durch die damalige Mutter aufgrund eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag ausgeglichen worden waren. 623 Der Grund für die negative wirtschaftliche Entwicklung lag in einem kontinuierlichen Rückgang der Patienten-/Fallzahlen seit einigen Jahren. So lag die Fallzahl der stationär behandelten Patienten im Jahr vor der Insolvenz nur bei 3.247, während im Jahr davor noch 3.749 stationäre Behandlungen zu verzeichnen waren. 624 Für diesen Rückgang gab es mehrere Gründe. Zum einen hatten aufgrund von Unstimmigkeiten mit der damaligen Klinikleitung mehrere in der Bevölkerung beliebte Ärzte das Krankenhaus verlassen. Zum anderen waren die Beziehungen zu den zuweisenden Ärzten in der Region nicht mehr hinreichend gepflegt worden. Der ehemals gute Ruf des Hauses hatte in der Bevölkerung und Ärzteschaft der Region gelitten. Zuletzt kamen noch durch die Restriktionen aufgrund behördlich angeordneter Maßnahmen infolge der Coronapandemie (zu Beginn keine Durchführung von elektiven Behandlungen, nur Einzelzimmerbelegung, erhöhte Hygienevorschriften usw.) sowie die allgemeine Zurückhaltung bei Klinikaufenthalten aufgrund der Pandemie hinzu. Die Belegung lag daher zuletzt lediglich bei 50 bis 60 % statt der angestrebten und notwendigen 85 bis 90 %. Die für infolge der Coronapandemie erlittenen Umsatzeinbußen gemäß § 21 KHG gewährten Ausgleichszahlungen konnten weder die Einnahmeausfälle an sich noch das Delta zu den vorgesehenen Leistungssteigerungen kompensieren. Zudem profitierte das Krankenhaus aufgrund einer geringen Inzidenz in dem maßgeblichen Landkreis sowie anderer nicht erfüllter Bedingungen nicht von den Leistungen des Rettungsschirms II für die Krankenhäuser in Deutschland. Gleichzeitig waren sowohl die Personalkosten durch den Abschluss eines Haustarifvertrags im Jahr vor der Insolvenz als auch die Sachkosten durch die Beschaffung von Hygiene- und Schutzausrüstung stark gestiegen. Das Instrumentarium der Kurzarbeit konnte die Schuldnerin aufgrund des Versorgungsauftrags (Basisnot-/Basisgrundversorgung) nach Aussagen der Geschäftsleitung nicht in Anspruch nehmen. 2. Sanierungsidee 625 Aufsetzend auf den soeben beschriebenen Krisenursachen lag die Sanierungsidee der Gesellschafterin sowie Geschäftsleitung maßgeblich darin, den bereits seit dem Vorjahr unter der neuen Verwaltungsdirektorin begonnenen Restrukturierungsweg fortzusetzen. Neben der Besetzung vakanter Chefarztposten sollten hierbei zugleich wieder verstärkt die Beziehungen zu den Zuweisern in der Region gepflegt werden. Damit sollte das ermittelte Fallzahlpotenzial von rund 4.500 stationären Fällen pro Jahr erreicht werden. 626 Weitere Sanierungsmaßnahmen sah das Sanierungskonzept zunächst nicht vor. Insbesondere waren nach Aussagen der Gesellschafterin/Geschäftsleitung auf-
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II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses aus Insolvenzverwaltersicht
grund der Anforderungen an die Personalstärke aufgrund des Versorgungsauftrags nach den gesetzlichen Vorgaben (Stichwort: PflegepersonaluntergrenzenVerordnung – PpUGV (hierzu siehe Rn. 531)) Personalanpassungsmaßnahmen nicht möglich. Vonseiten der Personalvertretung wurde dies indes anders bewertet. Da die Schuldnerin über keine ausreichenden liquiden Mittel mehr verfügte, 627 und diese auch nicht von Gesellschafterseite zur Verfügung gestellt werden konnten, sollte die Restrukturierung im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens fortgesetzt werden. Ferner war die Beantragung einer Landesbürgschaft für die Aufnahme eines Kredits in Höhe von 6 Mio. € sowie eines Sicherstellungszuschlags beabsichtigt.
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• Belegungsrückgang durch Rufverlust in Bevölkerung und bei Zuweisern • Zusätzlich Rückgang durch Corona • Einstellung neuer Chefärzte • Aktive Kommunikation mit Zuweisern
Gründe/Maßnahmen
Krise des Unternehmens
Kaufmann 6 Monate
• Entscheidung für Rekommunalisierung • Einreichung Insolvenzplan mit Gesellschafterwechsel (Kommune statt Altgesellschafterin) • Große Zustimmung zum Plan; Stimmrechtsersetzung gemäß § 245 InsO bei Gruppe der Altgesellschafter • Scheitern sofortige Beschwerde
Umsetzung Sanierung
Insolvenzeröffnung
01.7.
Ergebnis: Sanierung des Unternehmens • in nur 9,5 Monaten • bei Erhalt des Rechtsträgers
knapp 3,5 Monate
• Nach Zweifel am Sanierungskonzept der Eigenverwaltung Überführung in Regelinsolvenzverfahren während des Antragsverfahrens • Intensivierung M&A-Prozess • Interimsklinikleitung • Umfangreiche Kommunikation • Idee einer Rekommunalisierung gewinnt an Fahrt
Maßnahmen
Insolvenzantrag
22.3.
• Erhalt aller Arbeirsplätze • VSS 100 %-Quote für die Insolvenzgläubiger
Rechtskraft + Aufhebung
Herbst/Winter
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
3. Ablauf des Verfahrens im Überblick
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II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses aus Insolvenzverwaltersicht
4. Die Phasen im Einzelnen a) Vorbereitungsphase und Antragstellung Mit Schreiben vom 22.3., dem zuständigen Insolvenzgericht am folgenden Tag 629 zugegangen, stellte die Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung nach der neuen, seit dem 1.1.2021 geltenden Rechtslage. Dem Antrag war hierbei eine Vorbereitungsphase von einigen wenigen Wochen vorangegangen. b) Antragsverfahren aa) Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung Durch Beschluss vom 24.3. ordnete das Insolvenzgericht daraufhin die vorläu- 630 fige Eigenverwaltung gemäß § 270b InsO an und bestellte einen vorläufigen Sachwalter. Es wurde zudem ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt, bestehend aus drei Mitgliedern, sowie weitere Sicherungsmaßnahmen angeordnet (u. a. Einzelermächtigungen zum Eingehen von Masseverbindlichkeiten gemäß § 270c Abs. 4 InsO; Untersagung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 270c Abs. 3 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO usw.). bb) Vollumfängliche Betriebsfortführung Der Geschäftsbetrieb wurde nach Antragstellung vollumfänglich weitergeführt. 631 Es wurde eine Insolvenzgeldvorfinanzierung für die Mitarbeiter für die Monate März bis Mai in die Wege geleitet. Die Insolvenzeröffnung hätte folglich spätestens am 1.6. erfolgen müssen. Die beteiligten Stakeholder wurden über die Insolvenzantragstellung und im Weiteren über den Stand des Verfahrens informiert. Insbesondere gab es einen Jour fixe der Eigenverwaltung mit der Kommunalpolitik, da naturgemäß die Antragstellung zu Verunsicherung in der Bevölkerung geführt hatte. In der ersten Gläubigerausschusssitzung Ende März wurde beschlossen, dass 632 angesichts des vorgelegten Sanierungskonzepts der Schuldnerin kein strukturierter Investorenprozess eingeleitet werden solle, jedoch Interessenten, die sich von sich aus bei der Eigenverwaltung oder Sachwaltung melden, nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung mit den notwendigen Informationen und Unterlagen zur Prüfung eines Erwerbs der Geschäftsanteile bzw. der Assets der Gesellschaft versorgt werden sollten (eingeschränkter Dual Track). cc) Zweifel am Sanierungskonzept der Eigenverwaltung Anfang Mai fand die zweite Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses unter 633 Anwesenheit der Eigenverwaltung und des vorläufigen Sachwalters statt. In der Sitzung wurden die aktuellen Belegungszahlen vorgestellt. Danach lag die durchschnittliche Auslastung bis Ende April bei lediglich 50,01 %, im April sogar nur bei 44,96 %. Insgesamt verfehlten alle Fachabteilungen des Hauses
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
ihre Planwerte deutlich. Ferner wurde, zur Überraschung des vorläufigen Gläubigerausschusses und des vorläufigen Sachwalters, mitgeteilt, dass die Verwaltungsdirektorin um Aufhebung ihres Vertrags zum 31.5. gebeten habe. 634 Aufgrund der in dieser Sitzung erlangten Informationen und der in der Folge geäußerten maßgeblichen Bedenken leitender Mitarbeiter an dem von der Gesellschafterin bzw. Geschäftsleitung verfolgten Sanierungskonzepts sowie der Tatsache, dass die Finanzierung der weiteren Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung, insbesondere unter Zugrundelegung der geringen Auslastung, nicht sichergestellt war – eine Entscheidung über den beantragten Kredit war seitens der angefragten Bank noch nicht gefällt worden; die Wahrscheinlichkeit der Gewährung eines Sicherstellungszuschlags wurde als gering eingeschätzt; Finanzierungszusagen der Gesellschafter lagen nicht vor –, wuchsen die Zweifel und Bedenken hinsichtlich des von der Gesellschafterin bzw. Geschäftsleitung der Schuldnerin vorgelegten Sanierungskonzepts. Hinzu kam, dass sich mehrere Kaufinteressenten, die sich zu Beginn des Verfahrens bereits beim vorläufigen Sachwalter gemeldet hatten und von diesem entsprechend der gesetzlichen Aufgabenteilung an die Eigenverwaltung verwiesen worden waren, sich beim vorläufigen Sachwalter über den schleppenden Investorenprozess und die fehlende Zurverfügungstellung aktueller Unterlagen beschwert hatten. In einer weiteren Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses beschloss der vorläufige Gläubigerausschuss daraufhin die Beantragung der Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 270e Abs. 1 Nr. 4 InsO. dd) Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung 635 Durch Beschluss vom 19.5. bestellte das Insolvenzgericht den bisherigen vorläufigen Sachwalter zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter, da es aufgrund der Vorkommnisse eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und vorläufigem Insolvenzverwalter nicht mehr vermutete. Die gegen die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung gerichtete Beschwerde der Schuldnerin wurde vom örtlich zuständigen Beschwerdegericht zurückgewiesen und diese Entscheidung vom Bundesgerichtshof bestätigt.535) 636 Die Mitarbeiter wurden über den Verfahrenswechsel und den weiteren Fortgang des Verfahrens unmittelbar und in der Folge immer wieder in regelmäßigen Abständen informiert. Insgesamt kam es trotz des derzeitigen Arbeitnehmermarktes für ärztliches und pflegerisches Personal kaum zu einer Personalfluktuation.
___________ 535) BGH, Beschl. v. 27.1.2022 – IX ZB 41/21, ZIP 2022, 433.
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II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses aus Insolvenzverwaltersicht
ee) Betriebsfortführung und Intensivierung des M&A-Prozesses In Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss wurde umgehend der 637 Investorenprozess stark intensiviert. Hierzu wurde eine branchenerfahrene M&A-Beratungsgesellschaft engagiert, die in der Folge 46 potenzielle Investoren angesprochen hat. Da jedenfalls eine langfristige Finanzierung der Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung nicht sichergestellt war, wurde in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss und vor allem der Bundesagentur für Arbeit der Vorfinanzierungszeitraum verschoben und die Märzarbeitsentgelte aus der vorhandenen Masse bezahlt (sog. revolvierende Insolvenzgeldvorfinanzierung oder Rollierung des Insolvenzgeldes) und dies dem Insolvenzgericht angezeigt. Neuer Insolvenzgeldzeitraum war der Zeitraum April bis Juni. Der Geschäftsbetrieb wurde auch nach Anordnung der vorläufigen Insolvenz- 638 verwaltung vollumfänglich fortgeführt. Als Ersatz für die zu Ende Mai ausgeschiedene Verwaltungsdirektorin wurde eine interimistische Leitung durch eine entsprechend qualifizierte Beratungsgesellschaft installiert. Die Belegung des Krankenhauses konnte in der Folge wieder gesteigert werden, sodass nun eine längere Betriebsfortführung nach Eröffnung möglich erschien. Parallel wurde der Investorenprozess unter Hochdruck fortgesetzt. Von den 639 angesprochenen 46 potenziellen Interessenten hatten 14 eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnet und Zugang zum Datenraum erhalten. Gleichzeitig wurde der wöchentliche Jour fixe mit den Vertretern der Kom- 640 munal- und Landespolitik fortgesetzt, nunmehr mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter. In der Kommunalpolitik setzte sich zunehmend die Auffassung durch, dass das Krankenhaus wieder in kommunale Trägerschaft überführt werden solle, weil man das Krankenhaus, auch unter dem Eindruck der Erfahrungen der Coronapandemie, gern vor Ort erhalten wollte. Die Kommune beteiligte sich daraufhin offiziell am Bieterprozess, wobei zu beachten war, dass die Kommune sich bei der damaligen Privatisierung ein dinglich gesichertes Heimfallrecht hatte einräumen lassen, also insoweit einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern hatte. Eine Rekommunalisierung war zu Beginn des Verfahrens bereits von der Gewerkschaft gefordert worden. Neben der Gewerkschaft und Politik traf die Idee der Rekommunalisierung ebenso in der Belegschaft und in der Öffentlichkeit auf breite Zustimmung. In dieser Phase fanden diverse Runden in der Kommunalpolitik statt, an denen der vorläufige Insolvenzverwalter zum Teil teilgenommen hat. c) Eröffnetes Verfahren aa) Eröffnung des Verfahrens als Regelinsolvenzverfahren Am 1.7. eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren als Regelinsol- 641 venzverfahren und bestellte den ehemals vorläufigen Insolvenzverwalter zum Insolvenzverwalter. Der vorläufige Gläubigerausschuss wurde bestätigt und um zwei weitere Mitglieder erweitert.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
bb) Fortsetzung des Investorenprozesses 642 Der Investorenprozess wurde fortgesetzt. Es kristallisierte sich heraus, dass das Angebot der Kommune das für die Gläubiger und Mitarbeiter beste Angebot sein würde, weshalb es mit Zustimmung des Gläubigerausschusses letztlich den Zuschlag erhielt. Ein wesentlicher Grund hierfür war neben dem Kaufpreis, den die Kommune zu zahlen bereit war, dass die Kommune die Pflichtversicherungen und Versorgungsanwartschaften der Beschäftigten bei der VBL Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder übernehmen würde (/musste), wodurch eine Gegenwertforderung als Insolvenzforderung in nennenswerter Millionenhöhe vermieden wurde, die bei der Übertragung an einen privaten Erwerber höchstwahrscheinlich angefallen wäre.536) 643 Angesichts der Beteiligungen der Schuldnerin, die mit übertragen werden sollten, wurde ein Vorgehen über einen Gesellschafterwechsel im Rahmen eines Insolvenzplans bei der Schuldnerin gegenüber einem reinen Asset Deal bei der Schuldnerin und jeweils einem Share Deal bei den Tochtergesellschaften präferiert. In der Folge wurde dieser Insolvenzplan entworfen und Details mit den anwaltlichen Vertretern der Kommune besprochen und verhandelt. cc) Insolvenzplanverfahren 644 Der vom Insolvenzverwalter ausgearbeitete Insolvenzplan wurde Anfang August beim Insolvenzgericht eingereicht und Ende August noch einmal aktualisiert. Diese aktualisierte Fassung wurde am 1.9. auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niedergelegt. Der Plan sah einen Gesellschafterwechsel durch vereinfachte Kapitalherabsetzung auf null vor mit anschließender Kapitalerhöhung. Zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile wurde nur die Kommune zugelassen, das Bezugsrecht der Altgesellschafter wurde ausgeschlossen. Der Plan sah eine Aufteilung der Gläubiger in acht Gruppen vor: x
Gruppe 1: Gläubiger mit Absonderungsrechten aufgrund von Grundpfandrechten an Grundstücken.
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Gruppe 2: Arbeitnehmer.
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Gruppe 3: Institutionelle Gläubiger (Bundesagentur für Arbeit, Krankenkassen, Fiskus).
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Gruppe 4: Sonstige Gläubiger (Dienstleister, Lieferanten, Leasinggeber, Kaufvertragspartner, andere Vertragspartner) und Sonstige, die nicht den anderen Gruppen zuzuordnen sind.
___________ 536) Zum Problem der Gegenwertforderung von Zusatzversorgungskassen am Beispiel der VBL Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder bei der Sanierung kommunaler Unternehmen siehe Rn. 485 ff.
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II. Rekommunalisierung eines privaten Krankenhauses aus Insolvenzverwaltersicht
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Gruppe 5: Anteilsinhaber.
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Gruppe 6: Nachrangige Gläubiger.
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Gruppe 7: VBL Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.
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Gruppe 8: Pensionssicherungsverein (PSV).
Aufgrund des von dem neuen Gesellschafter im Falle der Planbestätigung zu 645 zahlenden Kaufpreises sowie eines größeren Anfechtungsanspruchs gegen den Alt-Altgesellschafter sah der Plan eine feste Quote von 50 % und einen Besserungsschein nach Ablauf der Frist des § 259b InsO von prognostizierten weiteren 50 %, mithin eine voraussichtliche Vollbefriedigung der Gläubiger vor. Am 9.9. fand der Berichts- und Prüfungstermin, am 16.9. der Erörterungs- und 646 Abstimmungstermin statt. Mit Ausnahme der Gruppe 5, der zwingend (§ 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO) zu bildenden Gruppe für die Altgesellschafterin, stimmten alle Gruppen – mit Ausnahme einer Gruppe, in der die Altgesellschafterin einfache Insolvenzgläubigerin war, in dieser Gruppe aufgrund der Gegenstimme der Altgesellschafterin nur mehrheitlich – einstimmig für den Plan. Zugleich kündigte der anwaltliche Vertreter der Altgesellschafterin die sofortige Beschwerde für den Fall an, dass das Gericht den Insolvenzplan bestätigen wird. Der Insolvenzverwalter beantragte die Stimmrechtsersetzung für die Gruppe 5 gemäß § 245 InsO und beantragte bereits im Termin, die sofortige Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Das Gericht bestätigte daraufhin noch im Termin den Insolvenzplan gemäß 647 §§ 248, 252 InsO, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der Stimmrechtsersetzung gemäß § 245 InsO vorlagen. Durch Beschluss vom 21.9. half das Insolvenzgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab und legt dem zuständigen Beschwerdegericht die Akten zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vor. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde am 1.10. als unzulässig zurück, nachdem der Insolvenzverwalter noch einmal die Unzulässigkeit (und hilfsweise Unbegründetheit) der sofortigen Beschwerde schriftsätzlich gegenüber dem Beschwerdegericht geltend gemacht und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt hatte. Am 1.10. trat damit die Rechtskraft des Insolvenzplans ein. dd) Aufhebung des Insolvenzverfahrens Nach Rechtskraft des Insolvenzplans waren die gesellschaftsrechtlichen Maß- 648 nahmen (Kapitalherabsetzung, Kapitalerhöhung, Satzungsänderung) zur ihrer Wirksamkeit noch zum Handelsregister anzumelden. Die Eintragung erfolgte am 16.11. Die erste Quotenzahlung von 50 % wurde fristgerecht Ende November ge- 649 leistet.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
650 Ferner mussten noch die Vergütungsanträge der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses sowie des vorläufigen Sachwalters und des vorläufigen und endgültigen Insolvenzverwalters festgesetzt und die Beschwerdefrist (§ 67 Abs. 3 InsO) abgewartet werden. 651 Durch Beschluss vom 31.1. des Folgejahres hob das Insolvenzgericht schließlich das Insolvenzverfahren gemäß § 258 Abs. 1 InsO auf. d) Nach der Insolvenz 652 Seit der Beendigung des Insolvenzverfahrens konnten einige Ärzte, die das Krankenhaus vor Jahren verlassen hatten, wieder zurückgewonnen werden. Auch im pflegerischen Bereich waren einige als positiv zu bewertende Personalzugänge zu verzeichnen. 653 Die Gläubiger haben Ende des Folgejahres die zweite Planzahlung in Höhe von 50 % und damit eine 100 %ige Befriedigung ihrer Forderung erhalten. III. Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sachwaltersicht 654 Nachfolgend wird die Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sicht des eingesetzten Sachwalters beschrieben. 1. Wirtschaftliche Ausgangslage vor dem Insolvenzantrag 655 Bei dem Unternehmen handelte es sich um eine Fachklinik für Amputationsmedizin in der Rechtsform der GmbH. Das ehemalige Kreiskrankenhaus mit einer langen Historie war vor Jahren zunächst formell, später auch materiell privatisiert worden. Die Fachklinik hatte 35 Betten in der Akutmedizin und 35 Betten in der Rehabilitation. Die Akutabteilung war im Landeskrankenhausplan berücksichtigt. Es bestand ein Versorgungsvertrag als AHB- und Rehabilitationseinrichtung. 656 Gesellschafterin war eine Holding mit einem Mehrheits- und einem Minderheitsgesellschafter. Der Geschäftsbetrieb war aufgespalten, die Betriebsimmobilie war von einer Tochtergesellschaft, einer Immobilien GmbH & Co. KG, gepachtet. 657 Die Schuldnerin beschäftigte 115 Mitarbeiter. Es gab einen Betriebsrat mit sieben Mitgliedern. 658 In den drei Jahren vor dem Geschäftsjahr vor der Insolvenz hatte die Fachklinik noch positive Ergebnisse erzielt. Die Umsatzrendite lag bei 3 %. Im Geschäftsjahr vor der Insolvenz wurde dann bei einem Umsatz von 5,1 Mio. € ein Verlust von 300 T€ erwirtschaftet. Die Gründe hierfür lagen in einer starken Unterbelegung im Akutbereich, die wegen der höheren Fallpauschalen in diesem Bereich zu starken Ergebniseinbrüchen führte, sowie einem zu geringen unternehmerischen Denken beim Belegungsmanagement auf Chefarztebene.
194
Kaufmann
III. Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sachwaltersicht
Diese Ergebniskrise führte letztlich zur Liquiditätskrise im Herbst des Jahres 659 der Insolvenzantragstellung. 2. Sanierungsidee Die Sanierungsidee bestand darin, eine neue Klinikleitung zu installieren und 660 Maßnahmen zur Erhöhung der Belegungszahlen zu ergreifen. Hierzu sollte wieder eine aktivere Kommunikation gegenüber den Zuweisern erfolgen, um die in der Vergangenheit eingetretene Rufschädigung, die negative Folgen für die Belegung hatte, zu beseitigen. Ferner sollte die Bettenkapazität in der Akutmedizin von 35 Betten auf 48 Betten erhöht werden. Schließlich sollte das Haus durch den Aufbau einer Abteilung für multimediale Schmerztherapie neu ausgerichtet werden. Zur Finanzierung der Maßnahmen wurde eine Überbrückungsfinanzierung bei 661 der Hausbank beantragt. Sofern die beantragte Überbrückungsfinanzierung scheitern sollte, sollte die Sanierung in einem „normalen“ Eigenverwaltungsverfahren gemäß § 270a InsO a. F. weiter umgesetzt werden. Die Eigenverwaltung kam auch deshalb in Betracht, weil der Minderheitsgesellschafter eine hohe Sanierungskompetenz im Krankenhaussektor durch mehrere erfolgreiche Krankenhaussanierungen mitbrachte.
Kaufmann
195
196
• Wechsel der Klinkleitung • Bemühen um Überbrückungsfinanzierung • Parallel: Entwicklung eines Insolvenzszenarios für den Fall der Nichtüberbrückung • Zahlungsunfähigkeit lag vor • Vorbereitung Insolvenzantrag + Antrag auf Eigenverwaltung
Kaufmann
Erörterungs-/ Abstimmungstermin
Einreichung der Plans
• Bestätigung des Plans durch Gericht, § 252 InsO • Rechtsmittelfrist: 2 Wochen, § 253 InsO
nur ca. 3 Monate
• Ladung Gläubiger, § 235 InsO
Plandurchführung
30.7.
26.5.
Ergebnis: Sanierung des Unternehmens • bei Erhalt des Rechtsträgers und • innerhalb des Insolvenzverfahrens
1½ Jahre
Fortführung Geschäftsbetrieb Sanierungsmaßnahmen Erstellung des Insolvenzplans Nach durchgeführtem Investorenprozess kein Interessent • Kapitalherabsetzung auf Null Kapitalerhöhung: Neuer Gesellschafter ist bisheriger Minderheitengesellschafter
• • • •
strategische Maßnahmen
Insolvenzantrag und -eröffnung
Vorbereitung
Maßnahmen
8.11. und 1.1. des Folgejahres
Herbst
• Rechtsabwicklung • Auszahlung Quote mit Besserungsschein
Rechtskraft des Plans u. Aufhebung des Insolvenzverfahrens
9.11.
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
3. Ablauf des Eigenverwaltungsverfahrens
662
III. Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sachwaltersicht
4. Die Verfahrensabschnitte im Einzelnen a) Vorbereitungsphase Parallel zur der Beantragung der Überbrückungsfinanzierung bei der Haus- 663 bank wurde ein Insolvenzszenario für den Fall der Nichtgewährung der Finanzierung entwickelt. Hierzu hatte sich die Geschäftsleitung eine Beratung mit insolvenzrechtlicher Expertise an ihre Seite geholt. Mit dieser zusammen analysierten die Gesellschafter und die Geschäftsführung die wirtschaftliche Lage. Es wurden diverse Gespräche mit den Chefärzten, der Pflegedienstleitung sowie dem Betriebsrat geführt. Ferner wurde mit dem Land und den Krankenkassen gesprochen. Es wurde ein Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Eigenverwal- 664 tung vorbereitet. Da bereits Zahlungsunfähigkeit vorlag, war nur ein Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO a. F. möglich. Dies war allerdings insoweit unproblematisch, als die Begründung von Masseverbindlichkeiten im vorliegenden Fall nicht erforderlich war. b) Insolvenzantrag Nachdem die beantragte Überbrückungsfinanzierung abgelehnt worden war, 665 weil die Hausbank kein Vertrauen in die Sanierung hatte, stellte die Schuldnerin am 8.11. den Insolvenzantrag verbunden mit dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung, woraufhin die entsprechenden Beschlüsse durch das Insolvenzgericht ergingen. c) Antragsverfahren Im Antragsverfahren wurde der Geschäftsbetrieb vollumfänglich fortgesetzt. 666 Der Insolvenzgeldzeitraum umfasste den Zeitraum von Oktober bis Dezember, da die Gehälter für Oktober zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung rückständig waren. Die bereits vor Antragstellung herausgearbeiteten Sanierungsmaßnahmen wur- 667 den weiter umgesetzt. Die Klinikleitung wurde interimistisch durch einen erfahrenen Chefarzt a. D. auf Honorarbasis besetzt. Ferner fanden Gespräche mit den Krankenkassen, die ein Interesse an der Aufrechthaltung der Spezialeinrichtung hatten, über die in der Vergangenheit zum Teil schleppenden Zahlungen und auf Rechnungen mit Gegenforderungen aus MD-Prüfungen statt. Mit der Bank konnte eine kalte Zwangsverwaltung zu günstigen Bedingungen, 668 geknüpft an das EBITDA, verhandelt werden, da die Bank Interesse an der Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs hatte, da es sich bei der Immobilie um eine Spezialimmobilie „auf dem flachen Land“ handelte. Die Budgetverhandlungen konnten erfolgreich fortgesetzt werden. Die Arbeitnehmerseite unterstütze die Sanierung.
Kaufmann
197
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
669 Aufgrund des Insolvenzgeldvorteils verfügte die Schuldnerin zum Ende des Antragsverfahrens über eine vergleichsweise hohe Liquidität. Gleichzeitig hatten sich die Belegungszahlen deutlich verbessert. d) Eröffnetes Verfahren 670 Am 1.1. des Folgejahres wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. aa) Herausforderungen 671 Die Herausforderungen zu Beginn des eröffneten Insolvenzverfahrens waren x
die dauerhafte Lösung der Chefarztproblematik,
x
die nachhaltige Steigerung der Belegung,
x
der Aufbau einer weiteren Abteilung zur Diversifizierung des medizinischen Leistungsspektrums sowie
x
die Weiterfinanzierung der Klinikimmobilie.
bb) Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen 672 Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Geschäftsbetrieb 1,5 Jahre weiter vollumfänglich fortgeführt und in dieser Zeit wurden die geplanten operativen Sanierungsmaßnahmen umgesetzt: 673 Der Honorarchefarzt konnte für ein längerfristiges Engagement gewonnen werden. Ferner wurde ein zweiter Chefarzt mit überregionaler Reputation für den Aufbau der neuen Abteilung während des Verfahrens gefunden. Hierbei war die gewählte Verfahrensart der Eigenverwaltung ein entscheidender, positiv wirkender Faktor. 674 Der Aufbau der neuen Abteilung stellte sich insoweit als Herausforderung dar, als eine gewisse Nähe zum bisherigen Leistungsspektrum erforderlich und die Investitionen überschaubar sein mussten, da der Abruf von Fördergeldern im Insolvenzverfahren nur schwierig bis gar nicht möglich ist. Vorliegend war der Förderbescheid widerrufen. Im Ergebnis gelang der Aufbau der neuen Abteilung jedoch, diese war bereits nach wenigen Monaten Cash positiv. 675 Die angestrebte Erhöhung der Planbettenzahl wurde durch die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren erreicht. Die Krankenkassen hatten die Mehrerlösregelung angewandt und bei den Budgetverhandlungen rückwirkend eine erhöhte Planbettenzahl berücksichtigt. Auch diese Lösung war nur aufgrund der gewählten Verfahrensart der Eigenverwaltung möglich. 676 Bezüglich der Klinikimmobilie wurde mit dem Land, zu dessen Gunsten eine Sicherheit in Form einer Grundschuld auf dem Grundstück für die gewährten Fördermittel bestand, mit Blick auf die Perspektive eines Insolvenzplans im Rahmen eines „Gentlemen’s Agreement“ vereinbart, dass während des Insolvenzverfahrens einstweilen auf die Zwangsvollstreckung verzichtet wird. 198
Kaufmann
III. Sanierung einer Fachklinik durch Insolvenzplan aus Sachwaltersicht
cc) Dual-Track Das Ziel war es, einen Investor im Rahmen eines Insolvenzplans mit Kapital- 677 erhöhung zu beteiligen. Eine Eigensanierung war deshalb sinnvoll, weil die Fachklinik im Landeskrankenhaus geführt wurde und die GmbH Vertragspartner des Versorgungsvertrags mit den Krankenkassen war (siehe zu diesen Vorteilen einer Eigensanierung Rn. 503 ff.). Hierzu wurde ein Investorenprozess durchgeführt. Nach anfänglich hohem 678 Interesse gab es am Ende nur Angebote mit einem für die Immobilienfinanzierer nicht akzeptablen Haircut. Die Lösung bestand dann darin, einen Insolvenzplan mit dem bisherigen Min- 679 derheitsgesellschafter als Investor umzusetzen. dd) Insolvenzplanverfahren Am 26.5. des auf die Insolvenzeröffnung folgenden Jahres wurde der Insol- 680 venzplan beim Insolvenzgericht eingereicht. Der Plan sah eine finanzielle Sanierung und einen Gesellschafterwechsel durch vereinfachte Kapitalherabsetzung auf null mit anschließender Kapitalerhöhung vor. Gleichzeitig wurde die Kapitalrücklage aufgelöst und erfolgte eine Zuzahlung in eine (neue) Kapitalrücklage. Investor war der Minderheitsgesellschafter der Holding, der außerdem die Betriebsimmobilie von der zwischenzeitlich ebenfalls insolventen Besitz-KG kaufte. Die Altgläubiger sollten danach einen Kapitalschnitt hinnehmen und eine Quote von 15 % mit einem Besserungsschein von weiteren 18 % aus dem EBITDA erhalten. Der Plan sah folgende Gruppen vor:
681
x
Gruppe 1: Finanzierer.
x
Gruppe 2: Öffentlich-rechtliche Gläubiger (Land, Krankenkassen, Kostenträger).
x
Gruppe 3: Arbeitnehmer, Bundes Agentur für Arbeit.
x
Gruppe 4: Sonstige ungesicherte Gläubiger.
x
Gruppe 5: Gesellschafter.
Als Beitrag der Gruppe 1 sah der Plan eine Fortfinanzierung der Betriebsimmo- 682 bilie zu gleichen Konditionen bei der neuen Grundstücksholding und der Betriebsgesellschaft vor. Beitrag der Gläubiger der Gruppe 2 sollte die Rücknahme des Widerrufs des Förderbescheids sein. Die Gläubiger der Gruppe 5 sollten dem Kapitalschnitt und der anschließenden Kapitalerhöhung zustimmen. Am 30.7. fand der Erörterungs- und Abstimmungstermin statt. Der Insol- 683 venzplan wurde mit nahezu 100 %iger Zustimmung in allen Gruppen durch die Gläubiger angenommen und im Termin durch das Gericht bestätigt.
Kaufmann
199
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
684 Am 9.11. erfolgte daraufhin die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, nachdem der Insolvenzplan zuvor rechtskräftig geworden war. Die Gläubiger erhielten die im Plan vorgesehene Quote von 15 %. e) Nach der Insolvenz/Planüberwachungsphase 685 Der Insolvenzplan sah eine Planüberwachung vor. Innerhalb der Planüberwachung wurde der Besserungsschein an die Gläubiger ausbezahlt. IV. Sanierung einer Kurklinik im Regelinsolvenzverfahren durch Gesellschafterwechsel im Verwalter-Insolvenzplan Lauberau
686 Im Folgenden wird die Sanierung einer Rehabilitationsklinik im Regelinsolvenzverfahren durch einen vom Insolvenzverwalter initiierten Insolvenzplan beschrieben. 1. Wirtschaftliche Ausgangslage a) Unternehmen 687 Bei der Schuldnerin handelte es sich um eine Rehabilitationsklinik für stationäre, teilstationäre und ambulante Rehabilitation sowie Anschlussheilbehandlungen in den Bereichen Innere-Medizin, Orthopädie, Rheumatologie und Geriatrie. Es bestanden Versorgungsverträge mit diversen Krankenversicherungen und Rentenversicherungsträgern für die Bereiche Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. 688 Die Klinik mit 176 Betten, in einem hessischen Kurort gelegen, betreute überwiegend Patienten aus den Krankenhäusern des Rhein-Main-Gebiets nach dort erfolgten Operationen. 689 Insgesamt beschäftigte die Klinik 140 Mitarbeiter, die überwiegend fest angestellt waren. Um den Personalbedarf decken zu können, waren darüber hinaus in den letzten Jahren zunehmend zusätzlich Kräfte über Zeitarbeitsfirmen eingestellt worden. Die Mitarbeiter wurden durch einen Betriebsrat vertreten. 690 Der Umsatz im Jahr vor Insolvenzantragstellung belief sich auf rund 5 Mio. €. b) Wirtschaftliche Lage im Herbst vor der Antragstellung 691 Bereits in den letzten drei Jahren vor der Insolvenzantragstellung verzeichnete die Klinik negative Ergebnisse mit stark steigender Tendenz. Im Jahr vor Insolvenzantragstellung musste ein Verlust von 3 % des Umsatzes (160 T€) verkraftet werden. 692 Die Gründe hierfür waren vielfältig. Zum einen bestand in diesem Bereich der medizinischen Versorgung ein starker Kostendruck, wobei die Klinikleitung nur geringen Einfluss auf die Erlösseite nehmen konnte.
200
Lauberau
IV. Sanierung einer Kurklinik im Regelinsolvenzverfahren durch Gesellschafterwechsel
Die mit den Versicherungen abgeschlossenen Versorgungsverträge waren (und 693 sind) weitgehend standardisiert und orientierten sich an den durchschnittlich vereinbarten Sätzen der Krankenkassen für Anschlussheilbehandlungen. Aufgrund des Wegfalls der klassischen Kuraufenthalte erhöhte sich der Wett- 694 bewerbsdruck im Marktsegment der Klinik. Hinzu kam, dass ein bereits 15 Jahre zuvor vorgenommener Schuldenschnitt 695 nicht ausreichend war, sodass die Zins- und Tilgungslasten der verbliebenen Altschulden die Möglichkeit zur Sanierung und Renovierung des im Eigentum der Klinik stehenden Gebäudes stark einschränkten. Über die Jahre hatte sich dort ein erheblicher Investitionsstau gebildet. Durch die fehlende Modernisierung der Einrichtung kam es zu einer schleichenden Abnahme der Belegungszahlen. Darüber hinaus war die Familie des Gründungsgesellschafters der Klinik be- 696 reits vor Jahren aus dem Unternehmen ausgeschieden. Ein Investor, der in die Klinik investiert hätte, wurde damals nicht gefunden, sodass der auf Anraten der finanzierenden Bank eingesetzte Sanierungsgeschäftsführer letztlich auch die Gesellschaftsanteile des Unternehmens übernommen hatte. Zu einem signifikanten finanziellen Engagement dieses Geschäftsführers kam es jedoch nicht. Die finanzierende Bank war ausschließlich über die Betriebsimmobilie abgesichert. Die vom Sanierungsgeschäftsführer auf Betreiben der finanzierenden Bank 697 durchgeführte Investorensuche scheiterte kurz vor Insolvenzantragstellung. Nach diesem Scheitern der Investorenlösung kündigte die finanzierende Bank 698 schließlich die Kreditlinie. Dies führte zwangsläufig zu einer Liquiditätskrise des Unternehmens, die den Geschäftsführer zwang, einen Insolvenzantrag zu stellen. 2. Sanierungsidee a) Einstieg eines Investors bei Erhalt des Rechtsträgers Relativ schnell wurde deutlich, dass lediglich eine Sanierung des Unternehmens 699 bei Erhalt des Rechtsträgers unter Gewinnung eines Investors sowohl den Interessen der finanzierenden Bank als auch den der Mitarbeiter und übrigen Gläubiger gerecht werden würde. Denn der finanzierenden Bank war bewusst, dass nur eine Fortführung des 700 Klinikbetriebs und ein Verkauf der Immobilie mit einem laufenden Geschäftsbetrieb zu einer nennenswerten Befriedigung ihrer Forderung führen würde. Bei einer Stilllegung des Klinikbetriebs wären sämtliche Betriebserlaubnisse und der damit verbundene Bestandsschutz für die Brandschutzvorrichtungen erloschen.
Lauberau
201
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
701 Eine Umwidmung der Immobilie, beispielsweise in Wohneigentum, wäre mit Umbaukosten verbunden gewesen, die den Wert des in die Jahre gekommenen Gebäudes bei Weitem überstiegen hätten. 702 Auch eine sog. übertragende Sanierung kam in diesem Fall nicht in Betracht. Die Überleitung des Klinikbetriebs auf einen neuen Rechtsträger hätte zur Folge gehabt, dass für diesen Rechtsträger sämtliche Zertifizierungen und gesundheitsrechtlichen Genehmigungen sowie die Versorgungsverträge mit den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern hätten neu ausgehandelt werden müssen. Dies wäre mit erheblichen Kosten und einer kaum absehbaren monatelangen Übergangsphase verbunden gewesen. b) Ergriffene Sanierungsmaßnahmen 703 Zur Erleichterung des Investoreneinstiegs wurden bereits während der vorläufigen Insolvenzverwaltung und der sich daran anschließenden Insolvenzverwaltung einige Sanierungsmaßnahmen ergriffen. 704 Nach einer Wirtschaftlichkeitsanalyse der einzelnen Klinikbereiche wurde eine Rückführung des Leistungsangebots im Bereich der Geriatrie veranlasst, da diese Leistungen nicht kostendeckend abgerechnet werden konnten. 705 Darüber hinaus wurde mit der finanzierenden Bank für den Fall der erfolgreichen Investorensuche eine weitere Entlastung von Verbindlichkeiten vereinbart. 706 Durch die Inanspruchnahme einer Insolvenzgeldvorfinanzierung konnte Liquidität zur Stabilisierung des Geschäftsbetriebs gewonnen werden. 707 Auch wurde verstärkt die Neueinstellung von Mitarbeitern betrieben, um die Kosten für die im Laufe der Zeit überhandgenommenen Leiharbeitsverhältnisse zu sparen. 708 Durch den Rückzug des Sanierungsgeschäftsführers entfielen ebenso dessen beachtlichen monatlichen Honorarrechnungen. 709 Die Aufgaben des Geschäftsführers wurden vom (vorläufigen) Insolvenzverwalter sowie von Mitarbeitern des Insolvenzverwalters vor Ort übernommen.
202
Lauberau
Maßnahmen
• Gespräche mit Hausbank • Investorensuche (kein Ergebnis) • Sanierungsgeschäftsführer in Abstimmung mit Hausbank
Krise des Unternehmens
Lauberau
Erörterungs-/ Abstimmungstermin
Einreichung der Plans
• Ladung Gläubiger, § 235 InsO
5 Monate
• Bestätigung des Plans durch Gericht, § 252 InsO • Rechtsmittelfrist: 2 Wochen, § 253 InsO • Auszahlung 1. Rate Juli
Plandurchführung
7.5.
12.4.
Ergebnis: Sanierung des Unternehmens • bei Erhalt des Rechtsträgers und • innerhalb des Insolvenzverfahrens
5 Monate
• Sicherungsmaßnahmen • Fortführung Geschäftsbetrieb durch Insolvenzverwalter • Vereinbarung eines echten Massekredits (Rückführung vor Insolvenzeröffnung) • Neueinstellung von Mitarbeitern • Erfolgreiche Investorensuche • Insolvenzplan mit Gesellschaftertausch
strategische Maßnahmen
Insolvenzantrag und -eröffnung
10.11. und 1.2. des Folgejahres
• Auszahlung 2. Rate Juni des Folgejahres
Rechtskraft des Plans u. Aufhebung des Insolvenzverfahrens
15.9.
IV. Sanierung einer Kurklinik im Regelinsolvenzverfahren durch Gesellschafterwechsel
3. Ablauf des Verfahrens im Überblick 710
203
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
4. Die Phasen im Einzelnen a) Vorbereitungsphase und Antragstellung 711 Für den Fall des Insolvenzverfahrens waren weder vom Geschäftsführer/Gesellschafter noch von der finanzierenden Bank Vorbereitungen für ein Insolvenzverfahren getroffen worden. Nachdem die vorinsolvenzliche Investorensuche gescheitert war, wurde ohne weitere Vorbereitungen das Insolvenzverfahren beantragt. 712 Da der geschäftsführende Gesellschafter nicht in nennenswertem Umfang finanziell engagiert war, bestand seinerseits keine Bereitschaft, sich persönlich oder wirtschaftlich für den Fortbestand des Unternehmens einzusetzen. b) Insolvenzantragsverfahren aa) Investorenprozess 713 Die Suche nach einem Investor oblag somit der Insolvenzverwaltung. In Abstimmung mit der finanzierenden Bank wurde ein neuer, interner Prozess zur Investorensuche (Longlist, Shortlist etc.) aufgesetzt. 714 Dazu wurde in regelmäßigen Abständen der Bank, dem Betriebsrat und der ärztlichen Klinikleitung berichtet und die weitere Vorgehensweise mit den Beteiligten abgestimmt. bb) Sicherstellung des reibungslosen Geschäftsablaufs 715 Um die Attraktivität der Klinik in einem Investorenprozess zu erhalten, musste der laufende Geschäftsbetrieb der Klinik möglichst uneingeschränkt aufrechterhalten werden. 716 Insbesondere galt es das Klinikpersonal weiter für die Mitarbeit zu motivieren. Neben einer pünktlichen Auszahlung der Gehälter wurden deshalb bewusst kleinere, aber sichtbare Investitionsmaßnahmen als Zeichen des Vertrauens der Insolvenzverwaltung zur Sicherung einer dauerhaften Fortführung des Klinikbetriebs veranlasst. So wurde noch während der vorläufigen Insolvenzverwaltung die vorinsolvenzlich ins Stocken geratene Fertigstellung einer neuen Aufzugsanlage realisiert. Auch kleinere Verbesserungen in den Klinikzimmern, wie neue Vorhänge oder der Einbau von Flachbildfernsehern, wurden vorgenommen. Dabei wurden die Liquiditätsplanung sowie die Kostenrechnung laufend durch einen Wirtschaftsprüfer der Insolvenzverwaltung überwacht. 717 Eine im Vergleich zum vormaligen Geschäftsführer verstärkte Präsenz der Insolvenzverwaltung vor Ort motivierte die Belegschaft an einen Fortbestand der Klinik zu glauben und verhinderte deren Abwanderung. Dazu wurden zahlreiche Gespräche mit der Klinikleitung, einzelnen Mitarbeitern und dem Betriebsrat geführt. Zur Entlastung des Personals wurden auch neue Mitarbeiter eingestellt und der Einsatz von Leiharbeitern reduziert.
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Lauberau
IV. Sanierung einer Kurklinik im Regelinsolvenzverfahren durch Gesellschafterwechsel
c) Eröffnetes Insolvenzverfahren aa) Auftrag an Insolvenzverwalter zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans Im Berichtstermin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhielt der Insol- 718 venzverwalter den Auftrag, nach einer erfolgreichen Investorensuche einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Dieser wurde dann nach knapp drei Monaten der Gläubigerversammlung zur Erörterung und Abstimmung vorgestellt. bb) Inhalte des Insolvenzplans Der Insolvenzplan sah vor, die Immobilie der Klinik aus dem Vermögen der 719 Gesellschaft herauszulösen und an einen Investor unter der aufschiebenden Bedingung der Rechtskraft des Insolvenzplans zu verkaufen. Aus dem Verkaufserlös sollte die finanzierende Bank abgefunden werden. Zugleich sollten die Geschäftsanteile der Gesellschaft nach Maßgabe des § 225a 720 InsO gegen Zahlung einer Abfindung von 1°% des Nominalwerts an den Altgesellschafter auf den Investor übertragen werden. Die Planüberwachung und Auszahlung der Abfindungsbeträge sollte über den 721 Insolvenzverwalter erfolgen. Zudem wollte der Investor der Gesellschaft einen Abfindungsbetrag für die 722 nicht gesicherten Gläubiger zur Verfügung stellen. Die durch Grundpfandrechte gesicherte Bank stimmte einem Verzicht auf wei- 723 tere Forderungen gegenüber der Gesellschaft unter der Maßgabe der Auskehr des Verkaufserlöses aus der Immobilie zu. So wurde sichergestellt, dass auch die nicht gesicherten Gläubiger bei Annahme des Insolvenzplans eine nennenswerte Quote auf ihre Forderungen erhalten würden. Damit war die Annahme des Insolvenzplans – wie sich aus beigefügter Ver- 724 gleichsrechnung ergibt – für alle Beteiligten im Vergleich zur Regelabwicklung vorteilhaft. Im entsprechenden Abstimmungstermin wurde der Insolvenzplan deshalb auch von allen Gläubigern einstimmig angenommen.
Lauberau
205
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
cc) Insolvenzplan – Vergleichsrechnung 725
Posten
Buchwert
Wert gemäß Vermögensübersicht § 153 InsO per 1.2.
Fortführungsszenario (Insolvenzplan) 30.4.
Liquidationsszenario (Einstellung nach Versagung Insolvenzplan)
3.048.437,21
2.898.903,55
3.091.000,00
2.322.000,00
Aus- und Absonderungsrechte
–
2.599.553,49
2.150.000,00
1.500.000,00
Freie Masse
–
299.350,06
941.000,00
822.000,00
Verfahrenskosten
–
257.854,88
408.255,87
256.255,87
Masse abzgl. Verfahrenskosten
–
41.495,18
532.744,13
2556.255,13
Sonstige Masseverbindlichkeiten
–
23.000,00
200.000,00
800.000,00
Masse abzgl. Masseverb.
–
18.495,18
332.744,13
–234.255,87
Summe Aktiva
–
18.495,18
332.744,13
–234.255,87
4.319.812,81
2.415.546,18
1.100.000,00
3.600.000,00
Quote für Verfahrenskosten
–
100,00 %
100,00 %
100,00 %
Quote für Masseverbindlichkeiten
–
100,00 %
100,00 %
70,72 %
70,57 %
0,77 %
30,25 %
0,00 %
Verteilungsmasse Insolvenzforderungen
vorauss. Quote f. Insolvenzford.
dd) Ergebnisse des Insolvenzplans 726 Der Insolvenzplan sah eine zweistufige Ausschüttung an die nicht gesicherten Gläubiger vor. Die erste Ausschüttung (20 %) erfolgte einen Monat nach Bestätigung des Insolvenzplans. Eine weitere Ausschüttung erfolgte wegen der Regelungen in § 259b InsO nach einem weiteren Jahr (weitere rund 20 %). 727 Insgesamt erhielten die Gläubiger somit etwas über 40 % ihrer angemeldeten Forderung. Bei der so gefundenen Regelung erhielt die finanzierende Bank sogar mehr als bei der ursprünglich vorinsolvenzlich geplanten, aber gescheiterten Investorenlösung. 728 Auch ohne Vorbereitung konnte dieses Insolvenzverfahren innerhalb von zehn Monaten unter bestmöglicher Befriedigung der Gläubiger und unter Erhalt sämtlicher Arbeitsplätze abgeschlossen werden.
206
Lauberau
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht Rigol
Der anschließend vorgestellte Fall zeigt die Sanierung eines privatisierten Kran- 729 kenhauses durch einen Asset-Deal im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens aus Sicht der eingesetzten Sachwalterin. 1. Wirtschaftliche Ausgangslage a) Unternehmen Das von der Schuldnerin, einer GmbH, betriebene Krankenhaus, eine Klinik 730 der Grund- und Regelversorgung, existierte als Krankenhaus bereits seit dem Jahr 1895. Das Krankenhaus verfügte zum Zeitpunkt der Antragstellung u. a. über zwei aseptische und einen septischen Operationssaal, 5 Intensivbetten und 118 Betten. Neben dem Bereich Innere Medizin deckte es noch die Bereiche chirurgische Medizin und orthopädische Medizin ab. Im medizinischen Bereich beschäftigt das Krankenhaus 28 Ärzte und 110 Pflegerinnen und Pfleger. Daneben hatten die örtlich niedergelassenen Ärzte für Augenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren (HNO) Belegbetten im Krankenhaus. In den letzten 20 Jahren wurden für 2,1 Mio. € die Bereiche Röntgen, Labor 731 sowie Sterilisationsabteilung und der Pflegebereich umgebaut. Bei den baulichen Maßnahmen wurde gleichzeitig die Intensivstation verlegt und erneuert sowie ein neuer Kreißsaal gebaut. Parallel hierzu wurde an den Verwaltungstrakt des Krankenhauses eine Psychiatrische Klinik angebaut. Die Baukosten betrugen rd. € 5,3 Mio. Betrieben wird die psychiatrische Klinik durch einen Dritten, der bei Insolvenzantragstellung keine Nutzungsentschädigung für die Nutzung des neu erbauten Traktes gezahlt hat. Bis Ende des Vorjahres vor Antragstellung verfügte das Krankenhaus noch über 732 eine gynäkologische Abteilung und die Geburtshilfe. Beide Abteilungen wurden wegen fehlender wirtschaftlicher Tragfähigkeit geschlossen. Zwar versuchte die Geschäftsleitung auch noch in der Insolvenzantragsphase in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Gynäkologen und Hebammen die Geburtshilfe wieder zu eröffnen, jedoch blieben die Gespräche insoweit ohne Erfolg als eine wirtschaftliche Machbarkeit trotz Bemühungen von allen Seiten nicht dargestellt werden konnte. In den letzten Jahren lagen die Geburtenzahlen bei ca. 180 pro Jahr. Um eine Geburtshilfe betriebswirtschaftlich erfolgsneutral führen zu können, sind mehr als 500 Geburten pro Jahr notwendig. Im Jahr zuvor war die Gesellschaft von einem privaten Betreiber übernommen 733 worden. Zuvor war die Gemeinde alleiniger Gesellschafter des Krankenhauses. Das Krankenhaus war Mitglied in einem Krankenhauszweckverband. Dieser 734 vertrat mehr als 160 Krankenhäuser und veröffentlichte jährlich für jedes Krankenhaus unter anderem den CMI-Wert (Summe aller Relativgewichte einer Abteilung beziehungsweise eines Krankenhauses in einem definierten Zeit-
Rigol
207
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
raum, dividiert durch die Fallzahl. Der CMI bildet also ab, ob ein Krankenhaus überwiegend leichte oder schwere Fälle behandelt) und die Verweildauer spezifisch nach medizinischer Fachrichtung. Demnach hatte die Schuldnerin seit 2008 in allen Fachrichtungen, mit Ausnahme der unternehmerisch wenig relevanten Augenheilkunde, durchweg unterdurchschnittliche CMI-Werte im Vergleich zu den anderen Verbandsmitgliedern. Insbesondere die bereits geschlossene Frauenheilkunde wies über die Jahre einen lediglich halb so hohen CMI aus wie der Verbandsdurchschnitt. 735 Die Verweildauer gibt die Zeit an, die ein Patient in einem Krankenhaus stationär behandelt wird. Hierbei ist der Aufnahmetag und jeder weitere Tag maßgeblich, nicht aber der Verlegungs- oder Entlassungstag. Durch die in 2004 eingeführten DRG-Fallpauschalen stiegen bei gleichbleibendem Erlös die Kosten eines Falles für ein Krankenhaus umso höher, je länger ein Patient im Krankenhaus stationär behandelt wird. Dies gab den Krankenhäusern den wirtschaftlichen Anreiz, einen Patienten möglichst früh vollständig oder in die ambulante Weiterbehandlung zu entlassen. Um zu frühe Entlassungen zu vermeiden und längere Sonderfälle zu honorieren, wurde eine obere und untere Grenzverweildauer eingeführt. Die untere Grenzverweildauer bestimmt die Zeitspanne, die ein Patient mindestens im Krankenhaus verbringen sollte. Wird diese untere Grenze nicht überschritten, werden deutliche Abschläge an der üblichen Fallpauschale vorgenommen. Wird die obere Grenze hingegen überschritten, zahlen die Krankenkassen Zuschläge an das Krankenhaus. 736 Auffallend war, dass die durchschnittliche Verweildauer von den Patienten der Schuldnerin, dem CMI gleich, größtenteils geringer ausfiel als die Verweildauer an den vergleichbaren Abteilungen der Verbandskrankenhäuser. Insbesondere in der größten Abteilung des Krankenhauses, der Inneren Medizin, blieben die Patienten im Schnitt bis zu 2,6 Tage kürzer stationär behandelt, als in vergleichbaren Abteilungen. Ähnliches galt für die anderen Abteilungen mit Abstrichen in der Allgemeinen Chirurgie über einen gewissen Zeitraum und in der HNO. Dies deutet augenscheinlich, sofern wiederholt und konstant die Grenzverweildauer unterboten wurde, auf eine überdurchschnittlich gute und kosteneffiziente Arbeit innerhalb der Abteilung hin. Dies birgt aber Gefahren: Nach Aussage der behandelnden Ärzte führte dies dazu, dass die Patienten teilweise zurückkehrten, weil der Genesungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Folglich litt auch der Ruf des Krankenhauses.
208
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
b) Wirtschaftliche Lage im Spätsommer vor der Antragstellung In den letzten Jahren vor der Insolvenzantragstellung hatten sich die Umsatz- 737 erlöse kontinuierlich von 8,8 Mio. € auf 12,6 Mio. € gesteigert. Die sonstigen betrieblichen Erträge variierten teilweise stark zwischen rund 1,1 Mio. € und 3,3 Mio. €. Bis zu 68 % der jeweiligen sonstigen Erträge können auf Zuschüsse von Gesellschaftern oder durch Forderungsverzicht der Gemeinde zurückgeführt werden. Dementsprechend stark sind die sonstigen Erträge von den Zuschüssen abhängig. Geschäftsjahr
20 . .
*
20 . .
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20 . .
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20 . .
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*
BWA
in Tausend)
Umsatz Gesamt
Aug. 20 . .
(Angaben
12.958,4
11.697,0
11.869,2
12.601,4
8.110,7
Umsatzerlöse
9.381,3
72 %
9.744,7
83 %
9.795,8
83 %
10.714,4
85 %
7.588,8
94 %
Sonst. Erträge &
2.748,3
21 %
1.108,5
9%
1.354,8
11 %
1.094,2
9%
522,0
6%
828,4
6%
843,8
7%
718,6
6%
792,7
6%
–
–
Zinsen Fördermittel/ Zuwendungen
Kosten Gesamt
12.682,3
Personalaufwand
7.419,2
59 %
13.359,0 7.673,5
57 %
14.163,6 7.294,8
52 %
14.757,0 8.261,8
56 %
5.434,3
8.944,0 61 %
Roh-, Hilfs- und
1.709,5
13 %
1.835,5
14 %
1.940,1
14 %
2.242,1
15 %
1.320,4
15 %
683,1
5%
932,5
7%
1.641,7
12 %
1.726,4
12 %
722,3
8%
1.996,0
16 %
2.137,7
16 %
2.509,6
18 %
1.655,4
11 %
1.433,5
16 %
Abschreibungen
874,6
7%
779,8
6%
777,3
5%
871,3
6%
33,6
0%
Jahresüberschuss/
276,1
Betriebsstoffe bezogene Leistungen Sonst. Aufw., Zinsen & Steuer
–1.662,1
–1.432,5
–2.155,6
–838,6
-fehlbetrag
Der Personalaufwand war der größte Kostenfaktor im Krankenhaus. Während 738 der Personalaufwand in den letzten sechs Jahren vor dem Jahr der Insolvenzantragstellung von nominal 7,6 Mio. € auf 8,3 Mio. € gestiegen ist, sank der proportionale Kostenanteil des Personals augenscheinlich von 69 % auf 56 %. Dagegen ist der Aufwand für bezogene Leistungen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, insbesondere in den beiden Jahren vor dem Jahr der Insolvenzantragstellung, stark gestiegen. Der Anstieg von bezogenen Leistungen kann zum Großteil auf die vermehrten Ausgaben für externe Vertretungsärzte und Honorarkräfte zurückgeführt werden, die unbesetzte Stellen im ärztlichen Dienst ersetzten.
Rigol
209
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
Gesamtleistung/Umsatz Gesamtkosten
Materialaufwand & bezogene Leistungen Sonst. betrieb. Aufw., Zinsen & Zinsen
.. 20 .. 20 .. 20 .. 20 .. 20 .. 20 .. G es ch 20 . ät zt . 20 ..
20 .
.
Personalaufwand
20
Millionen
Umsatz/Kostenfaktoren 16 € 14 € 12 € 10 € 8€ 6€ 4€ 2€ 0€
739 In den letzten neun Jahren vor dem Jahr der Insolvenzantragstellung konnten viermal Jahresüberschüsse erzielt werden. Allerdings waren diese stark bedingt durch Zuschüsse Dritter, und nicht allein durch die Kerntätigkeit aus DRGFallpauschalen, Wahlleistungen und ambulanter Leistungen. Wenn man das Jahresergebnis von den Zuschüssen der Gesellschafter und der Forderungsverzichte der Gemeinde bereinigt, wurde in den Jahren kein positives Ergebnis ohne Zuschüsse oder Forderungsverzicht erzielt.
..
.. G
es
ch
ät
zt
20
20
.. 20
.. 20
. 20 .
.. 20
.. 20
.. 20
20
20
..
2,5 € 1,5 € 0,5 € –0,5 € –1,5 € –2,5 €
..
Millionen
Jahresüberschuss/-fehlbetrag
Bereinigter Jahresüberschuss
Jahresüberschuss/-fehlbetrag
740 Der Grund für die wirtschaftliche Schieflage zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung war die geringe Auslastung des Krankenhauses von weniger als 60 % in den Jahren vor der Insolvenzantragstellung. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Bettenauslastung an allen Krankenhäusern im Durchschnitt bei rund 77 % (siehe auch Rn. 4). 741 Die Insolvenzursachen der Krankenhaus GmbH lagen mithin in der geringen Auslastung und in der Höhe der für eine Grundversorgung notwendigen Vorhaltekosten. Ein vereinbarter Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen noch für die nächsten drei Jahre erschwerte die Sanierung. Außerdem gab es einige ungünstige Verträge, die lange Kündigungsfristen vorsahen (Leasingverträge, Nutzungsverträge, Kooperationsverträge usw.).
210
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
2. Sanierungsidee a) Frühere Sanierungsmaßnahmen Erste Maßnahmen zur besseren Auslastung und Umsatzsteigerung waren be- 742 reits vor der Insolvenzantragstellung ergriffen worden. So wurde z. B. der Bereich der orthopädischen Chirurgie ausgebaut. Die eingeleiteten Maßnahmen reichten jedoch nicht aus, damit das Kranken- 743 haus nachhaltig ein positives Ergebnis erzielte. Aufgrund der ländlichen Lage war eine höhere Auslastung kaum zu erreichen. Auch wegen der sehr geringen Spezialisierung, hier kann nur die Orthopädie erwähnt werden, suchten keine Patienten aus entfernten Gebieten das Krankenhaus für Operationen gezielt auf. b) Sicherstellungszuschlag als Rettungsplan Schon vor der Insolvenzantragstellung war klar, dass die Schuldnerin mit den 744 vorhandenen Gegebenheiten eine höhere Auslastung nicht erreichen konnte. Der daraus zu erzielende Umsatz reichte bei Weitem nicht aus, um wirtschaftlich zu arbeiten. Daraufhin hatte die Krankenhaus GmbH bereits Ende März im Jahr der An- 745 tragstellung Verhandlungen mit den Krankenkassen aufgenommen und einen Sicherstellungszuschlag nach § 5 Abs. 2 KHEntG beantragt. Zur Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, die aufgrund des geringen Versorgungsbedarfs mit den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten nicht kostendeckend finanzierbar ist, können die Vertragsparteien gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG Sicherstellungszuschläge nach § 17b Abs. 1a Nr. 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren. Im Ergebnis führt ein solcher Sicherstellungszuschlag dazu, dass das Krankenhaus mehr Gelder von den Krankenkassen für die durchgeführten Behandlungen erhält. Die Verhandlungen mit den Krankenkassen blieben jedoch ergebnislos, die Parteien konnten sich nicht auf einen Sicherstellungszuschlag und dessen Höhe einigen. Da sich die wirtschaftliche Lage des Krankenhauses weiter zuspitzte, stellte 746 die Schuldnerin einen Antrag auf Sicherstellungszuschlag gemäß Krankenhausentgeltgesetz bei der zuständigen Bezirksregierung. Dies war der nächste sinnvolle Schritt, da mit den Krankenkassen kein positives Ergebnis zu erzielen war. § 5 Abs. 2 KHEntgG in der derzeitigen Fassung lautet:
747
Zur Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, die auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs mit den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten nicht kostendeckend finanzierbar ist, vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 bei Erfüllung der Vorgaben nach den Sätzen 2, 4 und 5 sowie der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Sicherstellungszuschläge nach § 17b Absatz 1a Nummer 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung ergänzende oder abweichende Vorgaben zu erlassen, insbesondere um
Rigol
211
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren regionalen Besonderheiten bei der Vorhaltung der für die Versorgung notwendigen Leistungseinheiten Rechnung zu tragen; dabei sind die Interessen anderer Krankenhäuser zu berücksichtigen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf oberste Landesbehörden übertragen. Voraussetzung für die Vereinbarung eines Sicherstellungszuschlags ist zudem, dass das Krankenhaus für das Kalenderjahr vor der Vereinbarung ein Defizit in der Bilanz ausweist. Die zuständige Landesbehörde prüft auf Antrag einer Vertragspartei nach § 11, ob die Vorgaben für die Vereinbarung eines Sicherstellungszuschlags nach Satz 1 erfüllt sind, und entscheidet, ob ein Sicherstellungszuschlag zu vereinbaren ist; sie hat dabei auch zu prüfen, ob die Leistung durch ein anderes geeignetes Krankenhaus, das diese Leistungsart bereits erbringt, ohne Zuschlag erbracht werden kann. Im Falle einer Krankenhausfusion erfolgt bei Krankenhäusern mit unterschiedlichen Betriebsstätten die Prüfung der Weitergewährung eines Sicherstellungszuschlags durch die zuständige Landesbehörde betriebsstättenbezogen, sofern folgende Kriterien erfüllt sind: 1.
die Betriebsstätte ist im Krankenhausplan als gesonderter Standort ausgewiesen,
2.
an diesem gesonderten Standort werden mindestens drei im Krankenhausplan ausgewiesene, organisatorisch selbständig bettenführende Fachgebiete betrieben und
3.
das negative wirtschaftliche Ergebnis der Betriebsstätte ist aus der Bilanz des Krankenhauses eindeutig ersichtlich und wird von einem Jahresabschlussprüfer im Auftrag der Krankenkassen bestätigt;
….
748 Im Feststellungsbescheid der Bezirksregierung wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die „Leistungen der Fachabteilungen Allgemeine Chirurgie und Innere Medizin aufgrund des geringen Versorgungsbedarfs mit den Fallpauschalen nicht kostendeckend finanziert sind. Da die Vorhaltung dieser Leistungen zur Sicherstellung der Bevölkerung notwendig sind, ist von den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG für diese Leistungen nach § 5 Abs. 2 KHEntgG a. F. ein Sicherstellungszuschlag zu vereinbaren.“ Damals waren in § 5 Abs. 2 KHEntgG noch nicht die im letzten Satz enthaltenen Kriterien aufgeführt (siehe § 5 Abs. 2 Satz 6 Ziff. 2 KHEntgG) und es reichten die beiden im Krankenhaus vorhandenen Fachgebiete aus. 749 Für die Vorhaltung von Leistungen der Grundversorgung der Fachabteilungen Allgemeine Chirurgie und Innere Medizin ist die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung notwendig. Gegen den Bescheid wurde seitens der Krankenkassen keine Klage erhoben, sodass dieser rechtskräftig wurde. 750 Gleichwohl erfolgten keine Zahlungen der Sozialkassen, sodass sich die Liquidität des Krankenhauses dramatisch verschlechterte. Die Geschäftsführung stellte dann zusammen mit dem Sanierungsberater, der in die Geschäftsführung eingetreten war, einen Insolvenzantrag mit dem Ziel, das Krankenhaus in Eigenverwaltung zu sanieren.
212
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
Der Geschäftsführer des Krankenhauses hatte unmittelbar nach der Insolvenz- 751 antragstellung am 3.9. als Eigenverwalter die zuständigen Krankenkassen aufgefordert, die Verhandlungen über die Höhe des Sicherstellungszuschlags wiederaufzunehmen. Eine erste Verhandlungsrunde fand bereits unmittelbar nach Insolvenzantragstellung und eine weitere Runde einen Monat später statt. Eine Einigung über die Höhe eines Sicherstellungsbetrags wurde nicht getroffen. Die Krankenkassen gingen davon aus, dass der zuständige Kreis, vertreten durch 752 den Landrat, den Geschäftsbetrieb des Krankenhauses fortführen würde, und sahen daher keine Notwendigkeit, schnelle Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Es wurde u. a. darüber gestritten, ob der tatsächlich im Jahr der Antragstellung 753 zu erwartende Verlust auszugleichen oder eine quasi fiktive Betrachtung anzustellen sei. Bei der fiktiven Betrachtung sollte eine Mindestgrundversorgung angenommen werden, deren rechnerischen Verluste dann durch die Krankenkassen als notwendig und damit für den Sicherstellungszuschlag maßgeblich betrachtet werden sollten. Dabei blieb aus Sicht des Krankenhauses aber unberücksichtigt, dass vielen Mitarbeitern, die auf Teile ihres Entgeltes verzichtet hatten, im Gegenzug eine vertragliche Unkündbarkeit eingeräumt worden war. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens konnten diese folglich nicht gekündigt werden. In der zweiten Runde lehnten die Kostenträger das auf einem Deckungsbei- 754 tragsprinzip hergeleitete Konzept sowohl der Höhe als dem Grunde nach ab. Besonders die elektiven Endo-Prothetik-Leistungen waren nach Auffassung der Krankenkassen nicht Bestandteil einer Grundversorgung, sie müssten ertragsund aufwandsseitig rausgerechnet werden. Der Eigenverwalter folgte beiden Forderungen und stellte Anfang November 755 den Kassen eine entsprechende Ausarbeitung zur Verfügung, auf die innerhalb der Antragsphase keine Antwort erfolgte. Parallel zu den Verhandlungen wurden Vorbereitungen für das Einleiten eines 756 Schiedsstellenverfahrens getroffen. Ein Verhandlungstermin vor der Schiedsstelle war für Ende Januar des Folgejahres geplant. Ein erster Termin blieb ergebnislos und ein zweiter ebenso. Erst danach wurden Vergleichsverhandlungen geführt, die ein Ergebnis brachten. Es wurden Zahlungen geleistet, die über einen Aufschlag auf die neuen Fälle gezahlt wurden.
Rigol
213
214
Maßnahmen
• Teilverzicht auf Entgelt im Rahmen eines Sanierungstarifvertrages • Ausbau der orthopädischen Chirurgie (Cash Cow) • Sanierungsgeschäftsführer • Sicherstellungszuschlag
Krise des Unternehmens
Rigol Ergebnis: Sanierung des Unternehmens • im Rahmen eines Asset Deals • Erhalt des Krankenhausbetriebes
15 Monate
• Uneingeschränkte Fortführung des Betriebs • Reduzierung Personal durch Interessenausgleich • Sanierung Schuldnerin durch Insolvenzplan – gescheitert wegen Steuerrisiken (Gemeinnützigkeit Schuldnerin) • Asset Deal • Abstimmung über Verkauf Vermögenswerte Krankenhaus
• Sicherungsmaßnahmen • Fortführung Geschäftsbetrieb durch Eigenverwaltung • Gespräche mit Mitarbeitern • Vertrauensaufbau bei Einweisern • Gespräche Krankenkassen wegen Sicherstellungszuschlag • Insolvenzplan Asset Deal
3 Monate
Umsetzung Maßnahmen
Kaufvertrag/Zustimmung Gläubigerversammlung
25.9./15.10. des Folgejahres
strategische Maßnahmen
Insolvenzantrag/ Insolvenzeröffnung
3.9./24.11.
• Verkauf/Erhalt Krankenhaus nach Erfüllung alle Bedingungen Kaufvertrag
Wirtschaftlicher Übergang
1.3.2016 des nachfolgenden Jahres
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
3. Ablauf des Verfahrens im Überblick
757
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
4. Die Phasen im Einzelnen a) Antragstellung Die Insolvenzantragstellung erfolgte durch die Geschäftsführung des Kranken- 758 hauses am 3.9. b) Insolvenzantragsverfahren aa) Sicherstellung der Fortführung des Geschäftsbetriebs Der Krankenhausbetrieb und die Notarztversorgung liefen zum Zeitpunkt 759 der Einleitung des Insolvenzverfahrens in vollem Umfang. Sämtliche ärztlichen und pflegerischen Leistungen wurden uneingeschränkt erbracht. Die Eigenverwaltung legte eine umfangreiche Liquiditätsplanung und ein vorläufiges Sanierungskonzept vor. Die (vorläufige) Sachwalterin wurde über die bereits geführten Gespräche mit den Krankenkassen über den Sicherstellungsbetrag unterrichtet. Sie unterstützte und beriet die Eigenverwaltung im Rahmen des gesamten Verfahrens. Die Lieferanten waren trotz des Insolvenzantrags bereit, weiterhin ihre Leis- 760 tungen zu erbringen. Einige Lieferanten verlangten jedoch Vorkasse. Somit konnten die Patienten ohne Komplikationen weiter versorgt und auch die geplanten Operationen durchgeführt werden. Nach der vorliegenden und immer wieder aktualisierten Liquiditätsplanung 761 waren durch den Sondereffekt des Insolvenzgeldes und den laufenden Einnahmen auf dem Geschäftskonto bis zur Insolvenzeröffnung Mitte November Barmittel in Höhe von rund 1,2 Mio. € vorhanden. Das Konto der Schuldnerin wurde aufrechterhalten, um es nicht zu einer Ver- 762 zögerung der Zahlungen, insbesondere der Krankenkassen, kommen zu lassen. Die Ausgaben wurden von einem neu eingerichteten Konto getätigt. Die Übernahme der Kassenführung durch die außenstehende Sachwalterin erwies sich als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Vertragspartnern des Krankenhauses. Wesentlicher Teil der Kontrolle der Eigenverwaltung war der Zahlungsver- 763 kehr. Sämtliche beabsichtigte Zahlungen wurden von der Eigenverwaltung in Zahlungslisten übermittelt und von der Sachwalterin geprüft und nach Kenntnisnahme und Rücksprache Überweisungen veranlasst. Die Zahlungen sollten sowohl den Fortbestand des Betriebs und weitere Sanierungsmaßnahmen ermöglichen als auch gleichzeitig die insolvenzrechtlichen Besonderheiten nach Insolvenzantragstellung in der vorläufigen Eigenverwaltung berücksichtigen. In der gesamten Zeit fand ein regelmäßiger und intensiver Informationsaus- 764 tausch zwischen der Sachwalterin und dem Eigenverwalter statt, wobei in wesentlichen Fragen die Entscheidungen abgestimmt wurden und/oder es wurde der vorläufige Gläubigerausschuss herangezogen.
Rigol
215
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
765 Für die Fortführung des Geschäftsbetriebs stand zum Zeitpunkt der Antragstellung Bankguthaben zur Verfügung. Wären die Arbeitsentgelte für den Monat vor der Antragstellung gezahlt worden, hätte dies zur Folge gehabt, dass die Lieferanten für die neu benötigten Leistungen nicht hätten bezahlt werden können, was zur Einstellung des Krankenhausbetriebs geführt hätte. Daher hat sich die Geschäftsführung entschlossen, die Arbeitsentgelte nicht zu zahlen und Insolvenzgeld zu beantragen. Daraufhin hat die Geschäftsführung mit Unterstützung der vorläufigen Sachwalterin einen Antrag auf Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Monate August bis Oktober bei der Agentur für Arbeit gestellt, dem innerhalb von zwei Tagen zugestimmt wurde. Eine Bank hatte sich bereit erklärt, die Vorfinanzierung vorzunehmen, jedoch unter der Voraussetzung, dass die Schuldnerin ermächtigt wurde, Masseverbindlichkeiten hierzu zu begründen. Mit Beschluss des Amtsgerichts wurde eine entsprechende Möglichkeit geschaffen. Bereits wenige Tage später konnte die Vorfinanzierung der Entgelte für den Monat August durchgeführt werden. Die Vorfinanzierung des Septemberentgeltes wurde fristgerecht angewiesen. Damit wurde verhindert, dass weitere Unruhe bei der Mitarbeiterschaft entsteht. 766 Da sich die Verhandlungen mit den Krankenkassen über den Sicherstellungszuschlag hinzogen, und um mehr Zeit für die Sanierungsmaßnahmen zu haben, wurde der Vorfinanzierungszeitraum bis Ende November verschoben und das Augustentgelt nachträglich aus der freien Liquidität bezahlt. Diese rollierende Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes (hierzu Rn. 379 und 558) dann für die Monate September bis November wurde dem zuständigen Insolvenzgericht angezeigt. bb) Erstellung eines tragfähigen Sanierungskonzepts 767 Mit Insolvenzantragstellung wurde ein vorläufiges Sanierungskonzept vorgelegt. Neben einem Personalabbau sollte der Bereich Geriatrie ausgebaut werden und das Leistungsspektrum im Krankenhaus auf Gastroenterologie erweitert werden. Auch die bisherige Kooperation mit einer Klinik in Umfeld sollte im kardiologischen Bereich erweitert werden. Weiterhin standen Überlegungen an, den orthopädischen Bereich, der bereits einen positiven Trend zeigt, anders zu strukturieren, um eine bessere Auslastung zu erreichen. 768 Zur Absicherung einer nachhaltigen Fortführung musste ein adäquates Sanierungskonzept, wie das zur Antragstellung vorgelegte, alle wirtschaftlichen Aspekte, d. h. Erlösverbesserungen und Kosteneinsparungen, berücksichtigen. Im vorliegenden Fall bedeutet dies die Schließung der unrentablen Abteilungen Augen und HNO sowie der Nichtwiedereröffnung der Geburtshilfe, der Ausbau an geriatrischen Leistungen und der Endo Prothetik, die Zusammenlegung der Abteilungen Chirurgie und Orthopädie, deutliche Einsparungen bei Dienstleistern sowie zugehörige Personalanpassungen.
216
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
Bereits zu Beginn des Antragsverfahrens informierte der Eigenverwalter den 769 Betriebsrat über das Sanierungskonzept inklusive der vorgesehenen Personalmaßnahmen. Parallel begann er mit den notwendigen intensiven Verhandlungen in Einzelgesprächen, um die Schlüsselpersonen von der Fortführung zu überzeugen bzw. mit einvernehmlichen Regelungen einen gezielten Personalabbau herbeizuführen. Wesentliche Synergien ergaben sich dabei insbesondere durch die Zusammenlegung der Abteilungen Chirurgie und Orthopädie. Weiterhin konnten durch die Entscheidung die Abteilungen Augen und HNO 770 zu schließen, weitere Ressourcen, z. B. in der Abrechnung, eingespart werden. Zur Verbesserung der Kommunikation wurden neben einer proaktiven Presse- 771 arbeit regelmäßig Gespräche mit dem Bürgermeister und der Gemeinde geführt, mit dem Ziel die Akzeptanz des Krankenhauses in der Bevölkerung zu verbessern bzw. eventuellen Gerüchten einer sofortigen Schließung entgegenzuwirken. Nach Bekanntgabe der Insolvenz war ein interessanter Effekt zu beobachten. 772 So nahm das Krankenhaus nach Bekanntgabe mehr Patienten als vorher auf. Ein hochrangiger Politiker der Gemeinde ließ extra entgegen seiner ursprünglichen Planung eine Operation medienwirksam bei der Schuldnerin vornehmen. Dies, eine aktive Informationspolitik bei den niedergelassenen Ärzten und 773 eine konsequente Einbindung der Notfallärzte hatten zu einer deutlichen Belegungssteigerung in der Abteilung Innere Medizin geführt. Auch die orthopädischen Leistungen konnten gesteigert werden. Lediglich die Chirurgie blieb hinter den Erwartungen zurück. In Summe hatten die implementierten Maßnahmen zu einer deutlichen Ver- 774 besserung der wirtschaftlichen Situation geführt, für einen nachhaltigen „Turnaround“, insbesondere zur Absicherung von kurzfristigen Belegungseinbrüchen, z. B. ausgelöst durch die temporäre Stilllegung von Stationen aufgrund von Noroviren, war jedoch die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags ausschlaggebend. c) Eröffnetes Verfahren aa) Betriebsfortführung und umgesetzte Sanierungsmaßnahmen Über die Insolvenzeröffnung hinaus liefen die ärztlichen und pflegerischen 775 Leistungen in den Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie sowie der Ambulanz und Notarztversorgung uneingeschränkt weiter. Die Mitarbeiter des Krankenhauses hatten vor der Insolvenz auf Teile ihres 776 Entgeltes im Rahmen eines Sanierungstarifvertrags verzichtet, umso ihren Sanierungsbeitrag zu leisten. Im Gegenzug war auf den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen für die nächsten drei Jahre verzichtet worden. Die Unkündbarkeit der Mitarbeiter wurde durch das Insolvenzverfahren quasi 777 ausgehebelt (vgl. § 113 InsO). Damit wurden Personalmaßnahmen wieder
Rigol
217
E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
möglich. Solche wurden wie folgt umgesetzt: x
Im Pflegebereich wurden insgesamt sechs Mitarbeiter gekündigt und in der Krankenhausküche nochmals drei Mitarbeiter. Weitere fünf Stellen sparte man im Bereich der Verwaltung sowie zwei Stellen im Bereich Haustechnik und Altenpflege ein.
x
Die bisherige Trennung zwischen Chirurgie und Orthopädie wurde aufgehoben. Zur Insolvenzantragstellung waren in diesen Bereichen drei Chefärzte beschäftigt. Durch die Zusammenlegung bestand die Chance, eine Chef-, eine Ober- und eine Facharztstelle einzusparen.
778 Die personellen Maßnahmen waren mit dem Betriebsrat bereits durch den eigenverwaltenden Geschäftsführer diskutiert worden. Der Abschluss eines Interessenausgleichs mit Sozialplan erfolgte nach der Insolvenzeröffnung. 779 Parallel zu den Verhandlungen mit den Krankenkassen wurden Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern der zuständigen Bezirksregierung und dem Landrat geführt. Bei Letzterem wurde der mögliche Fall angesprochen, dass der Geschäftsbetrieb eingestellt werden müsste und damit die Versorgung der Patienten in der ländlichen Region nicht mehr sichergestellt sei. Insbesondere wurde dabei auf den Bescheid der Bezirksregierung abgestellt, in dem die Sicherstellung der Abteilungen Allgemeine Chirurgie und Innere Medizin aufgeführt war. 780 Leider war der Landrat nicht bereit, mit dem Eigenverwalter oder der Sachwalterin weiter über einen möglichen Fall des Eintritts des Kreises in die Verantwortung537) zu diskutieren, wenn der Betrieb des Krankenhauses hätte eingestellt werden müssen. Dabei war im Rahmen des gesamten Insolvenzverfahrens, das sich bis zu einem Verkauf des Betriebs des Krankenhauses über anderthalb Jahre hinzog, die Fortführung des Betriebs nicht immer gewiss. bb) Umsetzung der Sanierung durch Asset Deal 781 Die Gläubiger haben letztlich der Übertragung der Vermögenswerte des Krankenhauses im Rahmen eines Asset-Deals auf eine neu gegründete Gesellschaft zugestimmt. Ursprünglich war vorgesehen, die Schuldnerin durch einen Insolvenzplan zu sanieren.538) Dies scheiterte jedoch zuletzt an Steuerrisiken, denn die Schuldnerin war als gemeinnützig eingestuft. Keiner der Interessenten wollte aber die nach einem Insolvenzplan sanierten Anlagen der Schuldnerin übernehmen, wenn die steuerlichen Risiken aus der Beendigung der Gemeinnützigkeit noch auf ihr lasteten. Wenn die Gemeinnützigkeit wegfällt, weil diese durch einen Verkauf aufgegeben wird, sind steuerliche Risiken im Hinblick auf ___________ 537) Siehe zu der Frage, inwieweit Kommunen ggf. verpflichtet sind, den Geschäftsbetrieb eines insolventen Krankenhauses zu übernehmen, ausführlich Rn. 404 ff. 538) Zu den verschiedenen Möglichkeiten der Sanierung im Insolvenzverfahren siehe Rn. 206 ff.
218
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
die Nachversteuerung gegeben, deren insolvenzrechtliche Behandlung noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Also wurde ein Asset-Deal verhandelt, bei dem das gesamte operative Geschäft 782 samt Immobilie und aller Vermögensgegenstände an die übernehmende Gesellschaft übertragen wurde. Dazu gehörte auch der Umstand, dass die bei der Schuldnerin vorhandene Liquidität mit übertragen wurde bis auf einen Betrag, der für die Gläubiger vorgesehenen war. Der Vertrag stand unter diversen aufschiebenden Bedingungen. So mussten die Gläubigerversammlung und die Kartellbehörde zustimmen, eine verbindliche steuerliche Auskunft musste eingeholt werden. Die Bezirksregierung musste ebenfalls ihre Genehmigung für den Vertrag erteilen und die Betten der neuen Gesellschaft in den Landesbettenplan aufnehmen. Insgesamt ist festzuhalten, dass der Vertrag und dessen Abwicklung kompli- 783 ziert war, letzten Endes konnte aber der Betrieb des Krankenhauses erhalten werden. Der Vertrag hat die Zustimmung aller Gläubiger gefunden. Nachdem eine weitere Bedingung erfüllt war, nämlich eine Lösung für die zu- 784 sätzliche Altersversorgung zu finden, wurde ein Änderungsvertrag zum Kaufund Übernahmevertrag zwischen der Schuldnerin und der Käuferin geschlossen. cc) Stolperstein: Altersversorgung Als problematisch erwies sich die zusätzliche Altersversorgung, die bei der 785 Schuldnerin bestand. Die Schuldnerin hatte eine zusätzliche Altersversorgung über eine Zusatzversorgungskasse für die Mitarbeiter abgeschlossen.539) Zusatzversorgungskassen sehen in ihren Satzungen regelmäßig den Ausschluss 786 des Mitgliedskrankenhauses vor, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird. Die Auflösung einer Gesellschaft ist aber immer Folge der Insolvenzeröffnung, vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG. Will die insolvente Gesellschaft oder das Nachfolgeunternehmen Mitglied in der Zusatzversorgungskasse bleiben oder richtiger wieder werden, werden nicht selten Sicherheitsleistungen gefordert, die sich an der Höhe der Abfindungsbeträge für die Altersversorgung orientieren. Solche Sicherheiten sind aber durch einen Erwerber oder ein Unternehmen, das sich gerade im Insolvenzverfahren befindet, nicht zu leisten. Daher muss entweder ein anderer Weg durch eine frühzeitige Einbindung der Versorgungskasse gefunden werden oder es bleibt nur die Einigung mit den Arbeitnehmer(n)/-innen über eine geänderte Altersversorgung.
___________ 539) Ausführlich zu diesem Problemkreis, am Beispiel der Altersversorgung über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), siehe Rn. 485 ff.
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E. Praxisfälle von Krankenhaussanierungen im Insolvenzverfahren
787 Im Vorfeld der Transaktion waren Gespräche gelaufen, wonach der neue Investor ebenfalls Mitglied bei der Zusatzversorgungskasse werden sollte. Damit hätte er die Altersversorgung quasi einfach weiterführen können. Dann jedoch wurde seitens der Kasse gefordert, dass für den geplanten Asset-Deal eine Sicherheitsleistung vom Investor für eine mögliche Insolvenz, wobei die Art und Höhe der Besicherung noch zu verhandeln war. Die Verhandlungen zwischen dem Investor und der Zusatzversorgungkasse führten nicht zu einer Einigung. Alsdann wurde in der Gläubigerversammlung unter Mitwirkung aller Beteiligten die Eigenverwaltung angewiesen, die Verhandlungen zwischen dem Erwerber und der Kasse darüber herbeizuführen, dass die Erwerberin die Mitgliedschaft in der Zusatzversorgungskasse erhalten sollte. Diese Verhandlungen scheiterten. 788 Die Erwerberin hatte aber mit Zustimmung der Gläubigerversammlung bereits Verhandlungen über eine Zusatzversorgung der Mitarbeiter bei anderen Unternehmen geführt, sodass eine nahtlose Zusatzversorgung der Mitarbeiter sichergestellt werden konnte. 789 Folge war, dass für die außerordentliche Mitgliedschaft, die das Krankenhaus während der Zeit des eröffneten Insolvenzverfahrens bei der Zusatzversorgungskasse genossen hatte, um dem vertraglichen Anspruch der Mitarbeiter auf eine zusätzliche Altersversorgung Genüge tun zu können, endete. Die Krankenhaus GmbH i. I. war danach verpflichtet, an die Kasse einen Ausgleichsbetrag als Masseverbindlichkeit zu zahlen. Zwischen den Parteien bestanden jedoch hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichsbetrags Unstimmigkeiten über die insolvenzrechtliche Einordnung von Teilbeträgen; man einigte sich auf einen Vergleichsbetrag, ein Teil sollte sofort gezahlt werden, ein anderer Teilbetrag bei Beendigung des Verfahrens. 790 Zur teilweisen Absicherung des später fällig werdenden Teilbetrags hat die Schuldnerin den Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Finanzamt, der im Falle einer Unwirksamkeit der pauschalen Versteuerung des Ausgleichsbetrags besteht, in voller Höhe an die Kasse abgetreten. dd) Anfechtung gegenüber dem Dritten 791 Die Schuldnerin hatte mehrere Jahre vor der Insolvenzantragstellung, mit öffentlichen Mitteln gefördert, einen Anbau errichtet, in dem ein Dritter eine Klinik betreibt. Diese Nutzungsüberlassung erfolgte unentgeltlich und wurde von der Sachwalterin angefochten. Ziel der Anfechtung war es, eine ordnungsgemäße Miete für die Nutzung der Räumlichkeiten zu erhalten, die im Eigentum des Krankenhauses standen und denen grundbuchrechtliche Absicherungen zugunsten des Landes wegen der Förderung bestanden. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens könnte die Vereinnahmung der Mieten zu einer deutlich höheren Quote im Rahmen des Insolvenzverfahrens führen.
220
Rigol
V. Sanierung eines privaten Krankenhauses durch Asset-Deal aus Sachwaltersicht
d) Nach der Insolvenz Zum damaligen Zeitpunkt im Insolvenzverfahren wurde bereits geplant, welche 792 operative und strategische Ausrichtung das Krankenhaus in der Zukunft anstreben würde. Immer mit dem Ziel verbunden, einen gesunden wirtschaftlichen Betrieb aufrechtzuerhalten, der allen Patienten, Mitarbeitern und Lieferanten ein gutes Miteinander ermöglicht. Heute, Jahre nach dem Verkauf, ist dies zu großen Teilen umgesetzt. Das Krankenhaus hat seine Hausaufgaben gemacht, auch wenn eine stetige Weiterentwicklung gegeben sein muss, denn das Krankenhaus wird nie mit Kliniken in einer Großstadt konkurrieren können. Das Krankenhaus erfüllt aber seinen Versorgungsauftrag. Darüber hinaus dient es als Träger von medizinischen Versorgungszentren 793 (MVZen). Gesellschafter eines MVZs können nämlich Ärzte, zugelassene Krankenhäuser und weitere an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer sein, § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V. Der größte Lerneffekt für die verantwortlichen Mitarbeiter wurde sicherlich 794 durch die Entscheidung geprägt, während der gesamten Zeit das Krankenhaus in Eigenverwaltung zu belassen und beratend eine Sachwalterin zur Seite zu haben. Durch die Neuausrichtung und die gesammelten Erfahrungen ist das Krankenhaus gut aufgestellt, um in Zukunft solche Situationen zu meistern und bereits bei den ersten Anzeichen besonnen reagieren zu können.
Rigol
221
F. Lessons learned Kaufmann
Was sind die wesentlichen Punkte, die aus den in Kapitel E. (Rn. 570 – 794) 795 dargestellten Praxisfällen für künftige Sanierungen mitgenommen werden können? Hervorzuheben sind: x
796
Bei Restrukturierung eines Krankenhauses nicht an ein Insolvenzverfahren zu denken, ist ein Kunstfehler:540) Das Insolvenzrecht bietet vielfältige Möglichkeiten zur Sanierung eines Unternehmens und Sanierungsinstrumente, die es nur in der Insolvenzordnung gibt (Insolvenzgeld, Beendigung wirtschaftlich ungünstiger Verträge, Erleichterung bei arbeitsrechtlichen Restrukturierungen, usw.). Insbesondere Teilbetriebsstilllegungen lassen sich mit dem Insolvenzrecht gut umsetzen. Das häufig gegen eine Sanierung im Insolvenzverfahren vorgebrachte Argument des „Stigmas der Insolvenz“ ist nach unseren Erfahrungen im Bereich der Krankenhausinsolvenzen nicht so bedeutend, Rückgänge bei der Belegung sind nicht zu verzeichnen.541) Im Gegenteil wird ein Insolvenzverfahren oft als Aufbruch wahrgenommen.
x
Wenn Sanierung im Insolvenzverfahren, dann in Eigenverwaltung: Zwar gelingt eine Sanierung eines Krankenhauses auch im Regelinsolvenzverfahren, wie die Praxisfälle 2 und 4 unter Rn. 617 ff. und 686 ff. zeigen. Die Eigenverwaltung wird als Sanierungsinstrument jedoch deutlich positiver bewertet als die Sanierung im Regelinsolvenzverfahren, dem doch immer ein wenig das Stigma der Zerschlagung anhaftet. Dies belegen immer wieder entsprechende Studien.542)
x
Ein Schutzschirmverfahren wirkt disziplinierend: Das Schutzschirmverfahren ist im Vergleich zur normalen Eigenverwaltung aufwendiger. Dies galt allerdings nach dem alten Recht mehr als nach dem neuen Recht, wonach normale Eigenverwaltungsverfahren durch das Erfordernis der Eigenverwaltungsplanung deutlich aufwendiger sind als nach altem Recht. Nach neuem Recht ist der Mehraufwand für ein Schutzschirmverfahren nicht mehr so erheblich, dafür bietet das Verfahren ver-
___________ 540) So auch Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 62. 541) So auch die Erfahrungen von Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 72 a. E. 542) Vgl. Bernsau/Weniger, BB 2020, 2571 f.
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schiedene Vorteile (siehe Rn. 265 ff.).543) Allerdings ist ein Schutzschirmverfahren nur möglich, wenn noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Das Schutzschirmverfahren trägt durch den hohen Zeitdruck maßgeblich dazu bei, alle am Prozess Beteiligten auf den engen Zeitplan einzuschwören. Ohne diesen zeitlichen Druck, den Insolvenzplan innerhalb von drei Monaten einreichen zu müssen, wäre die Restrukturierung im Praxisfall 1 (siehe Rn. 570 ff.) wahrscheinlich nicht gelungen. x
Ohne ein überzeugendes Sanierungskonzept scheitert eine Eigenverwaltung nach neuem Recht: Durch die gegenüber dem alten Recht geringeren Anforderungen an eine Beendigung einer Eigenverwaltung (§ 270e InsO, insbesondere § 270e Abs. 1 Nr. 2 bis 4 InsO) wird eine Eigenverwaltung letztlich nur mit einem überzeugenden Sanierungskonzept gelingen, welches hinreichende Maßnahmen zur operativen Sanierung und deren gesicherte Finanzierung vorsieht. Daher ist im Vorfeld einer Antragstellung ausreichend Zeit in eine entsprechend überzeugende Eigenverwaltungsplanung (§ 270a InsO) zu investieren und eine Eigenverwaltung letztlich nur bei Vorliegen einer solchen anzustreben. Erfolgreiche Eigenverwaltungen bedürfen daher noch mehr als nach altem Recht einer ausreichend langen Vorbereitungszeit und sollten daher schon in einem frühen Stadium der Krise in die Überlegungen einbezogen werden. Dies gilt dann, wenn man die Vorteile eines Schutzschirmverfahrens nutzen will, weil dieses nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung genutzt werden kann.
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Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Insolvenzplan erfordern ein hohes Maß an gesellschafts- und insolvenzrechtlichem Know-how: Mit Insolvenzplänen können umfangreiche gesellschaftsrechtliche Maßnahmen umgesetzt werden (vgl. die Praxisfälle 2, 3 und 4 unter Rn. 617 ff., 654 ff., 686 ff.). Die Umsetzung im Plan erfordert jedoch ein gehöriges Maß an gesellschafts- und insolvenzrechtlichem Know-how, insbesondere in Bezug auf die der rechtskräftigen Planbestätigung nachfolgenden Schritte im Hinblick auf das Wirksamwerden der Maßnahmen und die dabei einzuhaltende Abfolge und den Zeitplan.
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Konsequente Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen als Erfolgsfaktor:
Maßgeblicher Erfolgsfaktor ist die konsequente Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen. So erfolgte in Praxisfall 1 (Rn. 570 ff.) die Stilllegung des einen Standorts bereits mit Ende des Antragsverfahrens, mithin vor der Beschlussfassung der Gläubiger über den Fortgang des Insolvenzverfahrens im Berichtstermin und über den Insolvenzplan im Erörterungs- und Abstimmungsverfahren. ___________ 543) So auch die Einschätzung von Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 71.
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Intensive Kommunikation mit allen Beteiligten als Erfolgsfaktor: Eine gute Krisenkommunikation ist in allen Restrukturierungen von enormer Bedeutung, im Falle einer Restrukturierung im Insolvenzverfahren jedoch noch einmal mehr. Dies gilt besonders in der Insolvenz eines Krankenhauses. Die große Zahl der Beteiligten – Gesellschafter, Aufsichtsgremien, Mitarbeiter, Betriebsräte, Gewerkschaften, Land, Krankenkassen, Öffentlichkeit, Gericht, Sachwalter, Gläubigerausschuss – und die besondere Rolle des Krankenhauses vor Ort – häufig einer der größten Arbeitgeber, zudem Krankenhaus als Standortfaktor für Privatpersonen und Unternehmen, häufig emotionale Bindung der Bevölkerung an das Krankenhaus (Verlustängste) – machen ein hohes Maß an Kommunikation nötig.
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Problem Betriebsimmobilie: Soll die Betriebsimmobilie Teil des Verkaufs/der Planlösung sein, ist deren baulicher Zustand möglichst schnell und umfassend zu erfassen. Gerade in Zeiten knapper Kassen wird hier im Vorfeld mit Investitionen in den Erhalt (Brandschutz, Aufzuganpassungen, Wasseraufbereitung, Zimmermodernisierung etc.) gespart. Je umfassender der Gebäudezustand dokumentiert ist, desto einfacher ist es für mögliche Interessenten, sich schnell ein Bild vom Erhaltungszustand der Immobilie zu machen. Spezialimmobilien bergen ein höheres Ausfallrisiko für die Grundpfandgläubiger, wenn der Betrieb nicht fortgeführt wird.544) Dies führt bei ihnen zu einer höheren Flexibilität bei der Bewertung der Sicherheiten.
___________ 544) Siehe auch Kraemer/Vallender/Vogelsang-Bornheimer, Handbuch zur Insolvenz, Kap. 1 Rn. 66.
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Stichwortverzeichnis
Absonderungsrechte
CIO (Chief Insolvency Officer)
– Antragsverfahren, Vollstreckungsschutz 319 f. – Kostenbeiträge 326 f. Altersversorgung 485 ff. Arbeitsrechtliche Umstrukturierungen – Erleichterungen in der Insolvenz 312 ff. Arbeitsverhältnisse – verkürzte Kündigungsfrist in der Insolvenz 313 Asset Deal 207 siehe auch Übertragende Sanierung Aus- und Absonderungsrechte – Nutzungsbefugnis 297 ff. – Verwertungsstopp 297 ff. Ausgleichsposten – bilanzielle Behandlung 101 ff.
258 Corporate Governance 3, 31 COVID-19-Pandemie – Auswirkungen 38 ff. CRO (Chief Restructuring Officer) 258
Belegschaft – Widerstände bei der Sanierung 165 Berechnung – Verweildauer und Personalproduktivität 119 ff. Berichts- und Prüfungstermin 383 ff. Betriebliche Prozesse – Ineffizienzen 24 ff. – Key Performance Indicator (KPI) 119 ff. – Primärbereich 24 f. – Prozess- und Kostenmanagement 118 – Sekundärbereich 24 f. – Tertiärbereich 24 f. Betriebsfortführung – Vollkosten 377 Betriebskosten 57 Betriebsübergang 209, 223 Bilanzkrise 126
Darlehensförderung – bilanzielle Behandlung 102 Datenschutz 538 Dauerschuldverhältnisse – vorzeitige Lösung 308 ff. Debt-to-Equity-Swap 161 Diagnosis Related Group (DRG) – Grundzüge 78 ff. Drohende Zahlungsunfähigkeit – Definition 353 ff. – Prognose 167 – Prüfung durch Restrukturierungsbeauftragten 195 – Restrukturierungsplan 184 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen 167 f. Dual-Track 236
Eigenantrag 332, 372 Eigenmittelausgleich – Behandlung in der Insolvenz 445 f., 462 ff. – bilanzielle Behandlung 101 ff. – Verrechnung 480 ff. Eigenmittelförderung – bilanzielle Behandlung 103 f. Eigenverwalter – Pflichten 257 f. – Rolle 256 ff. Eigenverwaltung – § 270d-Bescheinigung 267 – Eigenverwaltungsplanung 249, 276 ff. – erforderliche Anträge 270 ff. – Grundgedanke 237 f. 227
Stichwortverzeichnis
– – – –
Kosten 391 Krankenhausinsolvenzen 264 Kritik 239, 245, 262 ff. Notwendigkeit einer frühzeitigen Befassung 255, 282 ff. – positivere Wahrnehmung 244, 260 – praktische Bedeutung 239, 244 – regelhafte Anordnung 273 – Stärkung durch das ESUG 241 ff. – Stellung der Beteiligten 256 ff. – Stellung des Eigenverwalters 256 ff. – Stellung des Sachwalters 259 – Steuern 547 ff. – Systematik 252 – Vergleich §§ 270b, 270c und 270d InsO 265 ff. – Verschärfung durch das SanInsFoG 247 ff., 268 f., 282 ff. – Vorteile 260 f. Eigenverwaltungsplanung 249 – Berücksichtigung von Beratungskosten 278, 369 – Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen 544 – Inhalte 276 ff. Einkaufsverbund 151, 533 Einweiser – Beziehungspflege 115, 528, 625, 660 Einzelermächtigung 301 ff. Einzelförderung – Behandlung in der Insolvenz 425 ff. – Unterscheidung zur Pauschalförderung 72 Erfolgskrise 112 f. Ergebniskrise 126 Erlösbudget 82
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Erörterungs- und Abstimmungstermin – Insolvenzplan 386 – Restrukturierungsplan 190
Fachkräftemangel
3, 9 f. – COVID-19-Pandemie 38 Factoring 159 Fallpauschale 14 – Krankenhausbudget 82 f. – Schweregrad 80 – System 80 – Verweildauer 80 Fallpauschalenvereinbarung 79 Finanzierung – duale 56 – Einzelförderung und Pauschalförderung 72 – Finanzierungsverantwortung der Länder 27 f. – Grundlagen 60 f. – Grundzüge 54 ff. – Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) 41 – Mehrerlösausgleichsansprüche 464 ff. – Mindererlösausgleichsansprüche 82, 464 ff. – Schließungsförderung 445 ff. Finanzplan – Restrukturierungsplan 184 – Stabilisierungsanordnung 192 Fördermittel – Behandlung in der Insolvenz 422 ff. – bilanzielle Behandlung 95 ff., 105 ff. – dingliche Sicherung 441 ff. – Eigenmittelausgleich 445 f. – Fördermittelvorgriff 434 – Passivierung im Überschuldungsstatus 362
Stichwortverzeichnis
– Rückforderung 71, 422 ff., 436 ff. – Schließungsförderung 445 ff. – Zweckbindung 71 f., 441 Fördermittelvorgriff – Behandlung in der Insolvenz 434 – bilanzielle Behandlung 105 ff. Forderungsverzichte 161 Fremdantrag 332, 372 Frühwarnsystem – StaRUG 170
Gegenwertforderung
489 ff. – Auswirkung auf Vergleich übertragende Sanierung versus Insolvenzplan 502 Gemeinnützigkeit 203 Gemeinsamer Bundesausschuss 66 Gerichtskosten 366 siehe auch Kosten des Insolvenzverfahrens Gesellschafterdarlehen – Haftungsrisiken bei Rückzahlung 410 GKV-Spitzenverband – Fallpauschalenvereinbarung 79 Gläubigerausschuss – Größenklassen 378 Gläubigerbeirat 202 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen 170 Größenklassen – Gläubigerausschuss 378 Grundversorgung 44
Haftung – Geschäftsleiter nach StaRUG 168 ff. Hochschulklinik – Abschluss von Versorgungsverträgen 52 f. – Finanzierung 61 f. Honorarkräfte – als Krisenursache 10 – Einsparung 147
Ineffizienzen – betriebliche Prozesse 24 ff. Insolvenzabwendungspflicht – der Kommune 404 ff. Insolvenzanfechtung – Rückgängigmachung von Rechtshandlungen 322 ff. – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen 170 – Vergleich im Rahmen einer Sanierungsmoderation 174, 179 Insolvenzantrag – Antragsberechtigung 336 – Antragspflicht 337 – Begründetheit 338 ff. – bei drohender Zahlungsunfähigkeit 337 – Eigenantrag 332 ff., 372 – Fremdantrag 332 f., 372 – Vorliegen eines Insolvenzgrundes 338 ff. – Zulässigkeit 332 ff. Insolvenzantragsverfahren – praktische Bedeutung 377 Insolvenzgeld 292 ff. – Beitragsbemessungsgrenze 555 – Berechtigung 294 – Insolvenzgeldvorfinanzierung 295 – praktische Bedeutung 293 – Rollierung 379 – Umfang 296 Insolvenzgeldeffekt – Liquiditätsgewinnung zur Sanierung 164 Insolvenzgeldvorfinanzierung – unstete/unständige Bezüge 532, 552 ff. – Verfahren 295, 552 ff. Insolvenzgründe 339 ff. Insolvenzplan – Definition 212 ff. – Erörterungs- und Abstimmungstermin 386
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Stichwortverzeichnis
– gesellschaftsrechtliche Maßnahmen 214 – Krankenhausinsolvenzen 511 – Liquidationspläne 215 – Masseunzulänglichkeit 328 – Nachteile 226, 234 – Obstruktionsverbot 216 – Prepacked Plan 217 – Restrukturierungsplan im Vergleich 184 f. – Sanierung gegen den Willen von Gläubigern 216 – Sanierungspläne 215 – Übertragungspläne 215 – Vergleich übertragende Sanierung 218 – vorlageberechtigt 217 – Vorteile 224 f. Insolvenzverfahren – Ablauf (Schema) 370 ff. – Dual-Track 236 – Eigenverwaltung 235 ff. – Eröffnungsvoraussetzungen 329 ff. – Fremdverwaltung 235 – Insolvenzantragsverfahren 372 ff. – „Makel der Insolvenz“ 234 – Möglichkeiten der Sanierung 206 ff. – Regelvergütung 397 – Sanierungsinstrumente 285 ff. – Sanierungsinstrumente, leistungswirtschaftliche 288, 307 ff. – Sanierungsinstrumente, liquiditätsschonende 287, 291 ff. – Sanierungsinstrumente, sonstige 289, 318 ff. – Stadien 370 ff. – übertragende Sanierung versus Insolvenzplan 218 ff., 502, 503 ff. – verfahrenskostendeckende Masse 365 ff. – Vorteile 285 ff.
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Insolvenzverfahrensfähigkeit 330 f. Instandhaltungskosten 69 Instrumente – StaRUG 187 ff. Interessenausgleich – mit Namensliste 315 Investitionen 163 – unterbleibende 26 ff. Investitionskosten 56 f. – Einzelförderung und Pauschalförderung 72 – Förderfähigkeit 68 ff. Investitonszuschüsse – Rechnungslegung 98
Jahresabschluss – Verhaltensanforderungen an Geschäftsleiter und Berater 166
Kapazitätsanpassung – der Bettenzahl 142 – im OP-Bereich 146 Kapitalerhöhung 162 Kommune – Insolvenzabwendungspflicht 404 ff. – Letztverantwortung 406 Kosten des Insolvenzverfahrens 390 ff. – Deckung als Eröffnungsvoraussetzung 365 – Gerichtskosten 366 – Kosten der insolvenzrechtlichen Beratung 367 – Vergütung (vorläufiger) Gläubigerausschuss 366 – Vergütung (vorläufiger) Insolvenzverwalter 366 Kosten-Erlös-Schere – Krankenhäuser 13 ff. siehe auch Überkapazitäten – Krankenkassen 18 Krankenhaussanierung – Marketingmaßnahmen 156
Stichwortverzeichnis
Krankenhaus – Art der Zulassung 51 – öffentliches 53 Krankenhaus-Buchführungsverordnung 90 ff. Krankenhausbudget 82 ff. – Fallpauschale 82 – Zusatzentgelte 82 Krankenhausdichte – hohe 16 Krankenhäuser – außergerichtliche Sanierungsmöglichkeiten 130 ff. – Investitionslücke 27 ff. – Investitionsstau 27 ff. – Krisenindikatoren 114 ff., 118 – Krisenverlauf, typischer 110 – Outsourcing Dienstleistungen 153 ff. – Rechnungslegung, Besonderheiten 90 ff. – Überkapazitäten 4 ff. – Unterfinanzierung 26 ff. – Verlust an Wettbewerbsfähigkeit 117, 119 ff. Krankenhausförderung 60 f. Krankenhausinformationssystem (KIS) 535 Krankenhausinsolvenzen – Besonderheiten bei der Betriebsfortführung 525 ff. – übertragende Sanierung versus Insolvenzplan 502 ff., 511 Krankenhausleistungen – Erlöse 74 ff. – Wahlleistungen 77 f. Krankenhausplan – Aufnahme oder Nichtaufnahme 65 f. – Herausnahme 411 ff. Krankenhausschließungen – Bevölkerung, Widerstand 23, 32 – hohe Schließungskosten 21 – Kommunalpolitik, Widerstand 23, 31, 165
– politisch gewollte 20 Krankenhausstrukturfonds 20 Krankenhauswirtschaft – Krise 1 f. – Krisenursachen 3 ff. Krisenfrüherkennung und -management – Möglichkeiten der Sanierung 170 Krisenkommunikation – Beteiligte 567 – börsennotierte Unternehmen 565 – Elemente 564 – Vorbereitung der Sanierung 568 f.
Lagerbestände – Optimierung 150, 534 Landesbasisfallwert 14 Landeskrankenhauspläne 60 f. Lieferantenkredite 160 Liquiditätskrise 113, 126
Marketingmaßnahmen 156 Marktkonsolidierung 7 Masseunzulänglichkeit – Patientenakten 519 – Verfahren 328 – Vollstreckungsschutz 321 Masseverbindlichkeit – Einzelermächtigung 301 ff. – oktroyierte 328 – Vollstreckungsverbot bei Masseunzulänglichkeit 321 Maximalversorgung 44 Medizinischer Dienst – Rückstellungen 109 – Verrechnungen 530 Medizinisches Leistungsportfolio – Anpassung 135 – verbessertes 12 Mehrerlös – Ausgleich 82 Mehrerlösausgleichsansprüche 231
Stichwortverzeichnis
– Behandlung in der Insolvenz 464 ff. – bilanzielle Behandlung 108 Mindererlösausgleichsansprüche – Behandlung in der Insolvenz 464 ff. – bilanzielle Behandlung 108
Nutzungsentgelt – Gleichstellung mit Investitionskosten 70
Öffentlichkeit – Sanierungshindernis 165 Öffentlichkeitsarbeit 559 ff. OP-Management – fehlendes als Krisenursache 25 – Verbesserung als Sanierungsmaßnahme 146
Patientenakten – Aufbewahrungspflicht 512 ff. – Berücksichtigung der Aufbewahrungskosten 518 – Masseunzulänglichkeit 519 – übertragende Sanierung 520 – Vernichtung 515 Pauschalförderung – Behandlung in der Insolvenz 432 ff. – Unterschied zur Einzelförderung 72 f. Pensionssicherungsverein – eigene Gruppe im Plan 610 Personalabbau – in der Insolvenz 312 ff. – Sanierungstarifvertrag, Standortsicherungsvertrag 313 Personalkosten – steigende 14 Personalproduktivität 122 ff. Pflegebudget 82 Pflegepersonalkosten 81
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Pflegepersonal-Stärkungsgesetz 81 ff. Pflegesätze – Abgrenzung zu Investitionskosten 68 f. – Fallpauschalen 78 ff. Planbetroffene – Restrukturierungsplan 184 f. – StaRUG 171 Plankrankenhaus 51 f., 411 – Förderung 60 Politik – Kommunikationsstrategie 566 ff. PpUGV (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung) 130, 531 Primärbereich – operative Sanierungsmaßnahmen 145 ff. Privatisierung 11 f.
Rechnungslegung
90 ff. – Abgrenzung Leistungszeiträume im Insolvenzverfahren 536 f. – Ausgleichsposten 101 ff. – Darlehensförderung 102 – Eigenmittelförderung 103 f. – Fördermittel 95 ff., 105 ff. – Investitionszuschüsse 98 – krankenhausspezifische Posten des Jahresabschlusses 98 ff. – krankenhausspezifische Rückstellungen 109 – Rechnungslegung 108 – Sonderposten 98 ff. Rechtshandlungen – Rückgängigmachung von 322 ff. Regelversorgung 44 Ressourcenverknappung – politisch gewollte 16 Restrukturierung – mittels StaRUG 166 f. – Module zur Sanierung 169 ff.
Stichwortverzeichnis
Restrukturierungsbeauftragter 194 ff. – Anforderungen 198 – Vergütung 198 Restrukturierungsplan – Absonderungsrechtsanwartschaften 183 ff. – Insolvenzplan im Vergleich 184 – Kürzung von Restrukturierungsforderungen 184 – Planbestätigung 193 – Planbetroffene 193 – Stimmrechte 186 f. – Stundung 184 Rollierung des Insolvenzgeldzeitraums 558 siehe auch Insolvenzgeldvorfinanzierung Rückschlagsperre 322 f. Rückstellungen – bilanzielle Behandlung 109
Sachkosten – Steigerung 14 – Verringerung durch Einkaufsverbund 151 Sachwalter – Aufgaben 259 – Bindung an den Vorschlag des Schuldners 251, 266 – Kassenführung 259 Sale-and-Lease-Back 159 Sanierung – mittels StaRUG 166 ff. Sanierungsarbeitsrecht 312 ff. Sanierungserlass 228 Sanierungsgewinne 203, 226 ff. Sanierungsmaßnahmen – außergerichtliche 130 ff. – Erlössteigerung 134 ff. – finanzwirtschaftliche 157 ff. – Kapazitätsanpassung 142 ff. – Kostensenkung 138 ff. – Marketingmaßnahmen 136
– operative 145 ff. – Optimierung Lagerbestände 150 – strategische 132 ff. – übertragende Sanierung versus Insolvenzplan 218 ff., 502, 503 ff. Sanierungsmoderation 173 ff. – Dauer 180 – drohende Zahlungsunfähigkeit 175 – Modul zur Sanierung 170 – Überschuldung 175 f. – Vergleich 178 SanInsFoG – Sanierung mittels StaRUG 167 f. Schließungsförderung 20 ff., 73 – Anpassung von Kapazitäten 144 – Behandlung in der Insolvenz 445 ff. – Verrechnung 480 ff. Schlussrechnung 387 f. Schlusstermin 387 Schutzschirmverfahren – § 270d-Bescheinigung 267 f. – Begriff 251 – Kosten 391 – Nachteile 267 – Vorteile 265 ff. Schwerpunktversorgung 44 Sonderposten – Rechnungslegung 98 ff. Sozialplan – Deckelung Volumen in der Insolvenz 314 – Vollstreckungsverbot 321 Sozialversicherungsbeiträge – „Anfechtungslösung“ 543 – Eigenverwaltungsplanung 544 – Insolvenzverfahren 539 ff. – „Kassenführungslösung“ 543 – „Zustimmungsvorbehaltslösung“ 543
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Stichwortverzeichnis
Stabilisierungsanordnung 192 – Verwertungssperre 192 – Vollstreckungssperren 192 Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen 167, 170 f. – Arbeitnehmer 181 – Gläubigerbeirat 181 – Haftung 181 Stakeholderkrise 111, 115 Standard Operating Procedures 148 StaRUG – Arbeitnehmerrechte 201 – Sanierung 166 ff. Steuern – Besonderheiten bei Krankenhäusern 550 – Eigenverwaltung 547 ff. – Sanierung mittels StaRUG 203 Strategiekrise 111 f., 116 f. Stundungsvereinbarungen 160
Trägerschaft – Wahl der Sanierungsoption anhand der Trägerschaft 45
Überkapazitäten
4 ff. – Förderung Abbau 20 Überlieger 537 Überschuldung 359 ff. – Ausschlusskriterium für StaRUG-Sanierung 204 – Sanierung mittels StaRUG 167 – Sanierungsmoderation 175 Übertragende Sanierung 207 ff. – Begriff 207 f. – Krankenhausinsolvenzen 511 – Nachteile gegenüber Insolvenzplan 220, 223 – Vergleich Insolvenzplan 218 – Vorteile gegenüber Insolvenzplan 220 ff. Umschuldung 157
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Unständige Bezüge 532, 554 Unstete Bezüge 532, 554
Vergleichsrechnung – Insolvenzplan 492, 502, 602 – Sanierung mittels StaRUG 184 Vergütung – Berechnung 397 ff. Verrechnung – bei Krankenhausinsolvenzen 477 ff. – Eigenmittelausgleich 480 ff. – im Insolvenzplanverfahren 476 – im Insolvenzverfahren 471 ff. – Schließungsförderung 480 ff. Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) 485 ff. – Behandlung im Insolvenzverfahren 493 ff. Versorgungsvertrag – echter 418 – fingierter 411, 418 – Kündigung bei Insolvenz 418 ff. – Kündigung, reguläre 421 Verweildauer – Krisenursache 6 f. – Optimierung 120, 146, 155 Verweildauermanagement – Sanierungsmaßnahme 120 f. – mangelnde Verweildauer als Krisenursache 25 Vollstreckung – Vollstreckungsschutz 318 ff. Vorläufiger Insolvenzverwalter – Arten 374 – schwacher 374 – starker 374, 635
Wahlrecht des Verwalters 308 ff. Wettbewerbsdruck 3 f., 12 Wettbewerbsfähigkeit – Verlust 117
Stichwortverzeichnis
Zahlungsunfähigkeit – Ausschlusskriterium für StaRUG-Sanierung 204 – Definition 342 ff. – Sanierung mittels StaRUG 167 f. – Sanierungsmoderation 175 Zentralversorgung 44 Zins- und Tilgungsleistungen – Aussetzung 306
– Sanierungshindernis 695 Zusatzentgelte – Krankenhausbudget 82 Zuweiser – Beziehungspflege 115, 528, 625, 660 „Zwei-Schrank-Modell“ – übertragende Sanierung/ Asset Deal 522
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